GESCHICHTE c
DER
LOGIK
ABENDLANDE.
VON
Dr. CARL PRANTL,
PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT UND MITGLIED DER AKADEMIE ZU MÜNCHEN.
ERSTER BAND.
LEIPZIG,
VERLAG VON S. H I R Z E L.
, 1855.
Xu<j+ /jrVtr
VORWORT.
Ein Gebiet der Wissenschaft, auf welohem der Forscher keine Vor
arbeit findet, zum erstenmale zu bearbeiten, ist sicher wenigstens ebenso
lohnend als schwierig, woferne nicht sogar das Gefühl der befriedigten
selbstständigen Arbeitslust weit über die bei jedem Schritte aufgewendete
Mühsal überwiegt; denn eine Schwierigkeit sollte man es eigentlich
gar nicht nennen, wenn man genöthigt ist, stets auf eigenen Füssen
zu stehen und überall nur mit eigenen Augen zu sehen, hingegen mühe
voll und von grossein Zeitaufwande ist ein derartiges Unternehmen gewiss,
zumal wenn das noch unbebaute Feld sehr ausgedehnt ist.
Dass aber der Verfasser einer Geschichte der Logik sich in dem
Falle befand, nicht nur an keinerlei Vorarbeit irgend sich anschliessen
zu können, sondern selbst auch den der Verarbeitung bedürftigen Roh
stoff grossentheils ohne alle fremde Reihülfe und oft aus den entlegen
sten Quellen herbeischaffen zu müssen, wird jeder nur einigermasscn
Kundige gerne zugehen. Denn dasjenige, was in der gelehrten Litteratur
über diesen Gegenstand sich findet , kann natürlich nicht als
„Geschichte der Logik" bezeichnet werden. Um den ersten Versuch
dieser Art, welchen Petrus Ramus machte*), mehr nur der Ehre
halber zu erwähnen, ist auch jenes, was Barthol. Keckermann
zusammenstellte**) und ein Jahrhundert später aus ihm Jac. Friedr.
Reimmann in burleskem Deutsch excerpirte ***) , nicht einmal als
*) In den ersten acht Capiteln des ersten Buches seiner Scholae dialecticae
(in d. Ausg. seiner Scholae in liberales artes. Basti. 1569. fol. in d. 2. Abthlg. p.
1—30).
**) Praecognitorum logicorum tractatus III o Bartholomaeo Keckermanno Danliscano
syslemati logico praemissi Hanov. 1598. n. 2. Aufl. 1604. 8., woselbst der
zweite tractatus handelt: De logicae disciplinae itwentoribus et auctoribus ab initio
mundi ad hunc usque editorum Praecognitorum annum.
***) Oitisirender Geschichts - Calender von der Logica, darin das Steigen und
IV Vorwort.
bibliographisches Hülfsmittel brauchbar; das Gleiche gilt auch von dem,
was sich bei Ga ss en d i*) findet. Eine reichhaltigere Bücherkenntniss
entfaltet allerdings Joh. Georg Walch in seiner Hisloria Logicae**),
jedoch einerseits liegt eine grosse Masse von Quellen, und gerade der
wichtigsten, vor, welche ihre Bedeutung für Geschichte der Logik nicht
schon auf dem äusseren Titel zur Schau tragen, eben darum aber bei
Walch unberücksichtigt blieben , und andrerseits ist der sachliche Inhalt,
welchen er in seiner Abhandlung gibt, überhaupt im höchsten Grade
armselig , abgesehen von häufigen directen Verstössen und einer durch
gängigen fehlerhaften Methode. Auf Walch's eigenlhüinlicher Gelehr
samkeit aber fussen ausschliesslich auch jene Neueren, welche wie z. B.
Troxler***) oder Bachmann u. A. es für nöthig fanden, ihren Compendien
der Logik einen sogenannten Ueberblick oder Abriss der Geschichte
dieser Disciplin beizufügen; die Quellen selbst hat keiner derselben
gesehen, geschweige denn forschend benützt. Ganz anderer Art als
die eben genannten ist, wie sich von selbst versieht, Trendelenburg's
Geschichte der Kategorienlehre (Berl. 1846.), welche wie alle Lei
stungen dieses Forschers sofort eine derartige allgemeine Anerkennung
fand, dass sie wahrlich nicht erst meines Lobes bedarf, welches jedoch
nicht ausschliessen konnte, dass ich in jenen Partien, welche diesen
einzelnen stofflichen Theil der gesammten Logik betreffen, nicht zuwei
len auch eine abweichende Ueberzeugung aussprach. Was einzelne
geschichtliche Abschnitte betrifft, so ist bekanntlich Aristoteles am reich
sten bedacht worden, und Jedermann weiss, was betreffs der aristotelischen
Logik (um von Biese abzusehen) durch Trendelenburg, Wailz, Heyder,
Zeller, Brandis, Bonitz u. A. geleistet wurde; der kundige Leser wird
Fallen dieser hochvorlrefflichen Disciplin von Anfang der Welt biss auf das Jahr
nach Christi Geburt 1600 ehlworffen, die Erfindung so wohl als die Erhallung der
selben bemercket, die Wandel - Fala erwogen, die Scriptores nach meriten beurtheilet,
und das gesamte Wesen dieser güldenen Wissenschaft in solcher Verfas
sung vorgestellet wird, dass der geneigte Leser benebst der längst verlangten Hi
storie auch eine zulängliche Bibliothecam Scriptorum Logicorum vor Augen haben
kan. Dem curieusen Seculo zur gütigen Censur überreichet von Jacob Friderich
Reimmann, Schol. Martin. Halberst. Rectore. Frankfurt am Mayn. Im Jahr 1699.
8. (102 Seilen.)
*) De logicae origine et varietate. In d. Gesainmtausg. s. WW. Lugd. 1658.
fol. Vol. I, p. 35 — 66.
**) Jo. Georg. Walchii Parerga Academka. Lips. 1721. 8. p. 453 — 848.
***) Im 3. Theile seiner Logik (Stuttg. 1830), woselbst jedoch auch den grös
seren Theil des Umfanges Dinge einnehmen, welche nicht hieher gehören.
Vorwort. v
beurtheilen, ob ich Recht thal, wenn ich auch hierin meinen selbst
ständigen Weg einschlug. Für eine den Umkreis der Logik umfassende
Geschichte musste überall von Vorne bei den Quellen selbst begon
nen werden, und es ergab sich auch ein immerhin lohnendes Resul
tat, denn es darf geradezu behauptet werden, dass z. B. die Entwick
lung, welche die Logik zwischen Aristoteles und Boethius erfuhr, bis
her völlig unbekannt war, insoferne hiebei nur von der bereits ver
öffentlichten gelehrten Litteratur die Rede sein kann; das Gleiche gilt
in Bezug auf das Mittelalter von dem Inhalte der logischen Schriften,
von welchen höchstens wohl die Titel und die Namen ihrer Verfasser
allgemeiner bekannt sein können.
Eine wirkliche Schwierigkeit kann in der Abgrenzung des Materiales
zu liegen scheinen. Jene Beschränkung zwar, welche ich schon
auf dem Titelblatte ausspreche, wird wohl weniger Bedenken erregen;
denn dass ich jene oft sehr umhüllten Keime oder selbst die entfalteteren
Darlegungen einer Logik, welche man aus der orientalischen Lit
teratur selbst in Handbüchern der Geschichte der Philosophie vorzu
führen beliebt, bei Seile liegen lasse, wird Niemand tadeln, der von der
Nothvvendigkeit der ausgedehntesten vorläufigen Detail-Studien überzeugt
ist und jene voreiligen Construclionen der Geschichte der Philosophie,
wornach dieselbe an dem bequemen Einen Faden abgesponnen wird,
mit Recht verwirft. Selbst auch bei der arabischen Episode der Geschichte
der Logik durfte ich die nemliche Abgränzung beibehalten , denn ich
konnte mich auf jene Bestrebungen und Erörterungen arabischer Phi
losophen beschränken, welche factisch einen Einfluss auf den Entwick
lungsgang der Logik im Abendlande ausübten, d. h. mit anderen Worten
auf jene Schriften, welche schon früh in die damalige Gelehrtensprache
des Ahendlandes übertragen wurden und in dieser Form, sei es in
Italien oder in Spanien, eine Wirkung äusserten. Die Geschichte der
arabischen Logik selbst muss eben so wie z. B. jene der indischen
u. s. w. bei der heutzutage unumgänglich nöthigen Arbeitstheilung den
mannigfachen Forschungen der Orientalisten überlassen bleiben. Hin
gegen eine anderweitige Art der Abgränzung mag bedenklicher erschei
nen ; nemlich jene vielen Berührungspunkte , welche erklärlicher Weise
in der Geschichte der Logik zunächst mit der Geschichte der Philoso
phie überhaupt sich zeigen, konnten hier bloss angedeutet werden, ja
es durfte nach dem jetzigen Standpunkte der Wissenschaft jede ausführ
lichere Kenntniss der Geschichte der Philosophie entschieden vorausge
VI Vorwort.
setzt werden; dennoch aber werden verschiedene Leser hierin verschie
dene Ansprüche machen, und schwerlich habe ich Allen genfigt. Dass
da^wo_di&.Jiogik wirklich in begrifflichem Zusammenhange mit dem
obersten philosophischen Principe steht, nemlich bei Aristoteles, eben
jenes selbst in höherem Grade beigezogen werderTmüssle, versteht sich
von selbst; ich muss es aber dem Urtheile der wahrhaft Kundigen über
lassen, ob ich sowohl dort hierin das richtige Mass getroffen habe,
als auch z. B. bei den Stoikern und überhaupt sonst, wo ich auf ontologische
oder selbst physikalische Annahmen der betreffenden Philoso
phen lediglich nur hinwies ; auch bezüglich des Nominalismus und Rea
lismus im Mittelalter kann und darf nicht die gesammte Ontologie hier
mitaufgenommen werden. Ein ähnliches Verhällniss besteht auch noch
bei anderen Berührungspunkten; ich musste es nemlich durchaus z. B.
der Geschichte der Rhetorik, der Geschichte der Grammatik, der Geschichte
der Schul-Pädagogik überlassen, jene sämmllichen Einflüsse zu erörtern,
welche die Entwicklung der Logik auf die genannten Oisciplinen aus
übte (dass sogar auch die Geschichte der Medicin nicht unberührt blieb,
zeigt sich aus nosologischen und therapeutischen Erörterungen hei Galenus)
; nur die in umgekehrter Richtung gehenden Einwirkungen durfte und
musste ich andeuten, insoferne nemlich die bereits vorliegende Rheto
rik oder Grammatik oder die schon bestehende Schul - Disciplin für
gewisse Modificationen der Logik entschieden bedingend auftrat. Freuen
aber sollte es mich, wenn ich Veranlassung gegeben hätte, dass nun
auch von den jenseitigen Nachbar -Gebieten aus die Gränz- Berührungen
untersucht würden.
Was die Darslellungsweise betrifft, so musste jedenfalls das Mas
senhafte des Materials so viel als möglich bewältigt werden, wenn auch
der Anblick desselben dem Leser am allerwenigsten verborgen bleiben
durfte. Dass eine derartige Untersuchung ohne Quellen - Cilate werlhlos
ist, weiss Jedermann; die Quellen - Stellen aber mit blossen Ziffer- Citaten
anzuführen, läuft hier fast auf das Nemliche hinaus, denn abge
sehen davon, dass derlei Verweisungen überhaupt seilen nachgeschlagen
werden , handelte es sich hier vielfach um ein Material , dessen selbst
mit dem besten Willen nur Wenige habhaft werden können (die ganze
Forschung, welche ich mir zur Aufgabe gemacht habe, konnte nur an
einem Orte angestellt werden, in welchem sich so bedeutende, an sel
tenen Drucken reiche, Bibliotheken befinden, wie diess in München der
Fall ist). Indem ich daher, um auch das Material allgemein zugänglich
Vorwort. VII
zu machen, die Quellen- Stellen selbst im Originale gab, konnte ich zu
gleich in dem aus denselben geschöpften Resultate mich so kurz und
präcis als möglich ausdrücken; und es findet auch, mit Ausnahme je
ner Stellen, welche ein subjectives Urlheil enthalten, jedes einzelne im
Haupt -Texte gebrauchte Wort seinen oft viel weitschweifigeren Beleg
im Noten -Texte. Ja ich glaube sicher erwarten zu müssen, dass die
zuweilen sehr gedrängte Kürze meines Stiles getadelt werden wird;
doch führt mich, woferne von der rechten Mitte überhaupt leicht ab
geirrt wird , innere Neigung mehr zu diesem Extreme als zu dem ent
gegengesetzten. Uebrigens dienen auch die zahlreichen wechselseitigen
Verweisungen von früheren Abschnitten auf spätere und umgekehrt nur
dieser nemlichen Kürze, und für den aufmerksamen Leser werden die
selben keineswegs ein müssiger Zierralh sein.
Missfallen wird meine Arbeil bei mancherlei Leuten erregen, —
ein Missfallen zwar, welches voraussichtlich kein Hinderniss sein wird,
dass nicht auch die Tadler das hier zurechtgerichtete Material nunmehr
in aller Bequemlichkeit benutzen werden —. Zunächst werden alle
Diejenigen, welche eine gemüthliche Schwärmerei als Motiv oder Aus
gangs - und Ziel -Punkt der Philosophie aufstellen, sowie Jene, welche
durch den jetzt fast zur Mode gewordenen Neuplatonismus einen erlo
genen Frieden von den unversöhnlichsten Gegnern der Philosophie zu
erkaufen bemüht sind, sämmtlich argen Anstoss an der starken Betonung
finden, welche hier durchweg auf die im Concreten thatkräftige Ver
ständigkeit gelegt wird. Wenigstens ebenso schlimmes aber werden
auch Diejenigen über mein Buch berichten, welche sich die kleinliche
Ansicht aufdrängen liessen und mit Wohlbehagen in derselben versumpf
ten , dass Alles und Jedes , was von den „classischen" zwei Völkern
ausgegangen ist, eben darum durchaus vortrefflich sein müsse, und es
werden alle diese , welche an der alleinseligmachenden Kraft des clas
sischen Alterthumes um jeden Preis festhalten, in ihrer gewohnten und
langst bekannten Weise über mich den Stah brechen *). Der historische
*) Welcherlei Beurlheilungen mir von Gelehrten jenes Schlages, zu welchem
Hr. Jul. Deuschle zu gehören scheint (s. Neue Jahrb. f. Philol. u. Pädag. 1855. p.
37 — 45.), zu Theil werden können, weiss ich sehr wohl. Aber ich habe auch nir
gends gesagt, dass ich gerade für solche Leute schreibe; auch finde ich in dem
Vorhandensein dieser und mancher anderen einseitigen Richtung gar nichts Beson
deres , sondern im Gegentheile erkenne ich hierin einen nach den Präcedentien
unserer jetzigen Culturstufe sehr erklärlichen Zustand, welcher als geschichtliches
Factum, aber hoffentlich doch nicht als Massstab für alle Menschen vorliegt.
VIII Vorwort.
Forscher aber wird sich sehr wenig um die gegenwärtigen Ansichten
jener zünftigen Philologen bekümmern, welche sich nicht dabei begnügen,
unserer Jugend manche „classischen" Producte von sehr zweifelhaftem
Werthe als geistige Nahrung darzubieten, sondern es auch niffht ertragen
können, wenn Jemand ausserhalb des engen Schul-Gesichtskreises es offen
ausspricht, dass in der sog. classischen Litteratur mehreres Schlechte, ja
sogar sehr Schlechtes enthalten ist. Als Gegenstand der geschichtlichen
Forschung hat Alles, was alle Nationen gethan oder geschrieben haben,
schlechthin den gleichen Werth und ist mit der gleichen emsigen Hingabe
und umfassenden Sorgfalt der Methode zu behandeln ; etwas anderes ist die
Werthschätzung vom allgemein menschlichen oder vom pädagogischen
Standpunkte aus; diese Werthschätzung aber kann nur der Historiker,
welcher das culturgeschichtliche Material kennt, geben, und er muss
sie geben unbekümmert um kleinliche Liebhabereien Einzelner oder gan
zer Glassen und Zünfte. Endlich aber auch werden Jene, deren gei
stige und besonders docirende Thätigkeit in dem gewöhnlichen Schul
betriebe der formalen Logik schlechthin aufgeht, überhaupt schon das
Factum, dass es eine Geschichte der Logik geben solle, mit grämlichen
Blicken betrachten, und noch ein grösseres Aergerniss daran nehmen,
wenn allenfalls sehr unsaubere Quellen jen^L_Schul^iscjplin , welcheallejn__£
ie__kennen , zu Tage kommen dürften. — Doch, wer überhaupt
durcli meine Arbeil sicli verletzt fühlt, dem konnte diese Verletzung,
an welcher er selbst die Schuld trägt, im Interesse des wissenschaft
lichen Resultates nicht erspart werden; denn ein Mangel an freier und
umsichtiger Beurtheilung und eine sicher sehr bequeme Befangenheit
in traditionellen Schul - Vorurtheilen treten gerade auf diesem Gebiete
noch so vielfach als hartnäckige Feinde der Wissenschaft auf; hiernach
möge sich auch die Schärfe meines Ausdruckes, welche zuweilen auf
fallen wird, rechtfertigen.
Das Urtheil jener Wenigen, welche ich bei derartigen Detail -For
schungen als competent anerkennen kann, möge über meine Arbeit rich
ten, und nur einer wenigstens auf dem gleichen Boden des Stoffes steh
enden Beurtheilung kann ich mich auch in Bezug auf die Form und
Construction des Stoffes unterwerfen.
München, am 20. Juni 1855.
C. Prantl.
ÜBERSICHT DES INHALTES.
Seite
Einleitung 1 — 5
I. Abschnitt. Die Eleaten und Sophisten ... 6 — 25
Xenophanes, Parmenides, Melissos 8; Zeno 9; die Sophisten 11
(Protagoras 12, Gorgias 14, Prodikos 15), ihr rhetorischer Nomi
nalismus 18, ihre Fang- und Trug-Schlüsse 20.
II. Abschnitt. Sokrates und die einseitigen Sokratiker,
unter letzteren besonders die
Megariker 26— 58
Sokrates 26; Aristippus 29; Rückfall des Anlisthenes in die Sopbistik
30. Die Megariker 33, ihr principieller Standpunkt 35 (die angeb
liche Ideenlehre derselben 36), die Tendenz ihrer Eristik 41, ihre
Fang- und Trug- Schlüsse 43. Die Elisch - Eretrische Schule 57.
III. Abschnitt. Plato und die ältere Akademie . 59— 86
Plato's principielle Auffassung und ihre Bedeutung für die Logik 59 ;
seine Stellung zu den Sophisten und Megarikern 64 ; Unterscheidung
der wahren Dialektik von der Sophislik und Eristik 66; Entwick
lung der wahren Dialektik 70 (das Unheil 72, Spuren von Katego
rien 73, die Ideen 75, Methode der Eintheilung 80).
Die ältere Akademie (Speusippus 84, Xenokrates 85).
IV. Abschnitt. Aristoteles 87—346
Allgemeines 87. Die logischen Schriften des Arist. 89.
Unterscheidung des Dialektischen und Apodeiktischen 95. Bedeu
tung der Dialektik und ihrer verwerflichen Unterarten 99 ; Bedeutung
der Apodeiktik 104; das menschliche Denken in seiner Unmittelbar
keit und Allgemeinheit 106, die menschliche Aussage 116, die wis
senschaftliche Aufgabe der Apodeiktik 120, die wesentlichen Momente
in dem begründenden Verfahren 125 , das angebliche prineipium
identitatis bei Arist. 130, das Princip der aristot. Logik 135, und
deren Stellung 136.
Uebersicht des Inhaltes.
Seite
Die Lehre vom Urlheile 140 ; Bejahung und Verneinung 143, sog.
Quantität der Urtheile 145, verschiedene Art der Verneinung 148,
Gegensalz und Widerspruch 154, Mängel der aristo!. Auffassung hierin
158; Urtheile der Möglichkeit und der Notwendigkeit 164, und
deren Verneinungen 177.
Die Kategorienlehre 182; Bedeutung der Kategorie überhaupt 184,
Bezeichnung der objectiven allseitig determinirten Wesen 186, die feste
Aussage der concreten Galtungsbestimmtheitcn 196, sprachliche
Function der Kategorien 203, angebliche Zehnzahl derselben 206.
Die Lehre vom Begriffe 210; das Ansichsein und dessen Form
213, die Wesenheit als Suhstrat und Subject 217; der Verwirklichungsprocess
des begrifflichen Seins 219, die Arien des Gegenüber
liegens, das Entblösstsein, der Unterschied als artbildend 221, die
begriffliche Form der individuellen Wesenheil 235 ; Causalität im
schöpferischen Begriffe 237, Vereinigung von Stoff und Form 241 ;
das einzeln Individuelle und das ewige Einfache 246, die begrifflichen
und die stofflichen Theile 250, begriffliches Sein der zusländlichen
Bestimmtheiten 253, und der Kategorien 256.
Die Lehre vom Syllogismus 263 ; Bedeutung und Notwendigkeit
des Schliessens 264, die Umkehrnng der Urlheile 266; die Formen
des Schliessens aus Urtheilen des Stattfindens 271 , aus Urlheilen
der Notwendigkeit und aus Urtheilen der Möglichkeit 278 , aus je
einem Urlheile des Slaltflndens und einem der Nolhwcndigkeit 280,
aus je einem Urtheile des Stattfindens und einem der Möglichkeit 283,
aus je einem Urtheile der Möglichkeit und einem der Nolhwcndig
keit 288; direktes und voraussetzungsweises Verfahren 294, Zahl
der Begriffe und Urtheile in einer Beweisführung 296. Praxis des
Schliessens 299 , weitere Ausbeulung eines Schlusses 304 , Wahr
heit des Schlusssatzes 305, Cirkel-Beweis 306, Umkehrung des Syl
logismus 308, apagogischer Beweis 309, Erschleichung des Ober
satzes 311, Trüglichkeil der blossen Annahme 313, Induclion 318,
Einwand, Indicium 320.
Das definitorische Wissen 321; unmittelbare Ausgangspunkte des
Schliessens 322, Bedeutung des Mittelbegriffes 324, das in ihm be
ruhende Verhältniss der Definition zum Syllogismus 333 , die den
Grund enthaltende Definition 337, Praxis des Definirens 339.
Die Topik 341.
V. Abschnitt. Die älteren Peripatetiker . . . 347—400
Die logischen Schriften des Theophraslus und des Eudemus 348';
Neuerungen in der Lehre vom Urtheile 352 , die Kategorien 360;
Neuerungen in der Syllogistilf betreffs der Umkehrung der Urtheile
361, und in den Schlussweisen, besonders der ersten Figur 365,
sowie in den Schlüssen aus Urtheilen verschiedener sogenannter
Uebersichl des Inhaltes. XI
Seit«
Modalität 370, die Formulirung der Voraussetzungsschlüsse 375 und
der Qualitäts-Schlüsse 389 ; die Topik 393 ; das Räthsel 399.
Stellung der Sekten-Philosophie 401. Der Epikureismus 402.
Die logischen Schriften der Stoiker 404. Stellung der Logik in
der Stoa 409, Rhelorismus derselben 413, und ihre Eintheilung 414.
Die Lehre vom Begriffe 420 ; Nominalismus 421, und Eintheilungs-
Methode 422, Kategorienlehre 426.
Die Lehre vom Urlheile 437 ; Eintheilung desselben 440, die ein
fachen Urtheile 443, die zusammengesetzten Urtheile 445, Wahrund
Falsch -sein der Urtheile 449, besonders der zusammengesetz
ten 453 ; Möglichkeit und Notwendigkeit 463.
Die Lehre vom Syllogismus 467 ; Vernachlässigung des sogenannten
kategorischen Schlusses 469, die Formen der Voraussetzungsschlüsse
(hypoth. u. disjunet.) 470, Wahr- und Falsch -sein der Schlüsse
482, die nicht-schlussfähigen Schlüsse 485, die Trug- und Fang-
Schlüsse 487.
VII. Abschnitt. Die neue Akademie und derSkep-
Karneades und Kleitomachus 497 ; Stellung der Logik bei den Aka
demikern 499 ; der Skepticismus 500.
VIII. Abschnitt. Die Rhetorik. Uebergang rheto
risch-logischer Lehre zu den Römern . . 505—527
EinDuss der Rhetorik 505. Die griechischen Rhetoren 507. Rö
mische Uebersctzungen (Varro, Cicero) 511, und die römische Ter
minologie 512.
IX. Abschnitt. Die späteren Peripatetiker . . .528—577
Die älteren Erklärer der aristot. Logik 529. Die pseudo - aristote
lische Schrift über die Kategorien 529. Uebergewicht der Topik
531; die Logik als Organon 533, das Wort „Logik" 535. Erör
terungen des Andronikus, Athenodorus, Cornutus, Boethus , Her
minus und A. über die Kategorien 537, desgleichen über die Lehre
vom Urtheile 547 , und über die Syllogistik 554.
Die logischen Schriften des Galenus 559 , desselben Lehre der
Logik im Einzelnen 561. (die sog. vierte galenische Schluss
figur 571).
VI. Abschnitt. Die Stoiker 401—496
ticismus 497—504
XII Uebersicht des Inhaltes.
Seite
X. Abschnitt. Syncretismus stoischer und peripatetischer
Logik 578—616
Appulejus 579. Pseudo - Galenus 591. Alcinous610. Plolinus 613.
Pseudo - Archytas 615.
XI. Abschnitt. Die Commentatoren und die spä
teren griechischen Compendien 617—659
Lucius, Nikostratus, Altikus, Achaikus, Solion 618. Alexander Aphrodisiensis
621. Porphyrius 625 (seine Isagoge und die quinque voces
627 , die übrige commentirende Thatigkeil desselben 632). Jamblichus,
Dexippus, Maximus, Themistius, Syrianus 638. Proclus, Ammonius,
David, Simplicius, Philoponus, Psellus, Job. Hains, Michael
Ephesius, Theod. Ptocboprodromus, Leo Magenlinus, und ihre' gesammte
commentirende Tbätigkeit 641. Die logischen Compendien
des Joh. Damascenus, Psellus, Nicephorus Blemmides, Georgius
Pachymeres u. A. 657.
XII. Abschnitt. Die spätere römische Logik . . 660—725
Marius Victorinus 661. Vegetitis (?) Prälextalus u. A. 664. Augustinus
665. Pseudo-Augustinus 670. Marcianus Capeila 672. Boethiu.. „«'9.
(seine Auffassungsweise681, die Lehre vom Begriffe 684, Eintheilung
und Definition 686, die Lehre vom Urtheile 690, die Syllogistik 699,
besonders die hypothetischen Schlüsse 700, die Topik 721). Cassiodorus
722.
: i
EINLEITUNG.
Man pflegt den geschichtlichen Darstellungen, welche den Verlauf
irgend einer einzelnen Wissenschaft entwickeln, meistens eine Detinition
dieser in historische Betrachtung gezogenen Wissenschaft vorauszuschicken.
Jedoch kömmt sehr viel darauf an, wie man hiebei verfährt, denn je
nach Umständen kann sich mancherlei Missliches ergeben. Die Begriffs
bestimmungen , welche wir von einzelnen Wissenschaften aufstellen,
fallen ja selbst wieder dem Verlaufe unserer geistigen Entwicklung anheim,
und dürfen daher schon in dieser Beziehung nicht von ihrer geschicht
lichen Umgebung isolirt herausgehoben werden, um sie etwa als unver
rückbare Grundsäule an den Anfang einer Untersuchung zu stellen ; denn
Ein und diese"- Wissenschaft wurde je nach Massgabe sowohl des ihr
vorliegenden Materials als auch des überhaupt vorhandenen systematischen
Bewusstseins in verschiedenen Zeiten stets verschieden definirt, und es
wird diess auch, so lange das wissenschaftliche Streben in Einem Ent
wicklungsgange sich fortsetzt, in Zukunft der Fall sein. Und andrerseits
wird eine Definition gerade je mehr sie auf einer umfassenden syste
matischen Anschauung beruht, um so unverständlicher sein, wenn sie aus
dieser ihrer speculativen Umgebung isolirt herausgehoben wird, denn in
dieser Beziehung wird Ein und dieselbe Wissenschaft auch bei gleichem
vorhandenen Materiale und gleicher geistiger Culturslufe in Ein und der
nemlichen Zeit dennoch verschieden definirt werden. Hat in dieser
Weise jede Definition ihre doppelten Voraussetzungen, nemlich sowohl
culturgeschichtliche Vorbedingungen als auch innere systematische Gründe,
so bringt sie, je specieller sie nach diesen beiden Seiten oder nach einer
der beiden ist, um so mehr die Gefahr mit sich, dass sie einseitig wirke,
sobald sie zum Massstabe gemacht wird, an welchem man einen histori
schen Verlauf misst; und selbst wenn eine Definition einer Wissenschaft
mit dem gerechten Selbstvertrauen ausgesprochen werden könnte, dass
sie in geschichtlicher und systematischer Beziehung den Ansprüchen auf
jede menschlich erreichbare Allseitigkeit wirklich genüge, so wird sie
gerade so lange hohl und leer bleiben, bis sie sich selbst innerhalb der
von ihr bezeichneten Wissenschaft vollständigst verwirklicht hat; diess
aber ist hinwiederum nicht Sache der geschichtlichen Darstellung, sondern
inuss der eigenen Produclion einer jeden Zeit überlassen bleiben.
Insofern aber, soweit unsere culturgeschichtliche Kenntniss reicht,
bei aller Menschheit zu jeder Zeit gewisse Momente überall auftreten,
und z. B. ein Beligions-Trieb, ein Kunst-Trieb, ein Rechts-Trieb, ein Wis-
Pbaktl, Gusch. I. 1
2 Einleitung.
sens-Trieb u. dgl. mehr in jeder geschichtlichen Erscheinungsweise des
Menschengeschlechtes sich offenhart, so bleibt, ohne dass wir von vorne
herein alle diese Triebe selbst systematisch construiren, ein gewisses
allgemein Menschliches uns als Basis , und wir werden , eben während
wir auf begriffliche Construction desselben absichtlich und ausdrück
lich verzichten, auch das allgemeine Zugeständniss eines solchen un
mittelbaren Bestandes erhalten. Es wird nemlich — um absichtlich un
systematisch und daher, wenn man will, unphilosophisch zu sprechen
— uns Jedermann zugeben, dass im Ganzen und Grossen, d. h. im
unmittelbaren Undeterminirten, sich die Menschen im Allgemeinen unter
demjenigen , wofür wir in unserer nationalen Bildungsstufe z. B. das
Wort Beligion haben, das Nemliche vorstellen, und ebenso z. B. bei Kunst,
Becht, Wissen u. dgl. mehr. Eine derartige Unmittelbarkeit des Da
seins aber ist der Ausgangspunkt der historischen Kunde jeder Art
überhaupt, und an diese ist die ideale methodische That des Erkennens
gebunden. Dieses Ideale und diese Form des Geistes ist als Ideales
und Formelles das Eine, Einheitliche; in abslracter Trennung ist es
das Ueber-räumliche und Ueber-zeitliche , d. Ii. eben das abstract Transscendente
; diess behauptet sich nach Menschen-Mass als Einheit in der
Vielheit, und für den Begriff als solchen ist es gleichgültig, bei wel
cher Nation und in welchem Zeitabschnitte der Menschengeschichte er
auftrete, und gleichgültig für ihn ist es, welchen Gegenstand er er
greife, denn bei dem höchsten Denkbaren und bei dem anscheinend
Geringfügigsten ist die methodische That des Begriffes Ein und die
selbe. Darum verhält sich's nicht so, dass das speculative Wissen,
weil es an historische Kunde gebunden ist, etwa stets von Vorne be
ginnen und bei jedem Auftreten die ganze empirische Vielheit nach Zeit
und Baum successive durchlaufen müsse, sondern die systematische Ein
heit quillt als solche unverwüstlich stets aus sich selbst heraus, und
von sich aus ergreift sie den objecliv empirischen Bestand; eben darum
aber muss sie diesen als einen noch unmittelbaren anerkennen, mit
dem inneren Berufe, ihn zur Vermittlung des Wissens zu führen. So
allein wird die historische Kunde noch nicht darum, weil sie aposte
riorisch ist, unphilosophisch sein, und ebenso die Speculation noch nicht
darum, weil sie apriorisch ist, unhistorisch.
In dieser Weise legen wir auch hier an Stelle einer Definition
eine Gemein-Vorstellung als Unmittelbares zu Grunde und lassen uns
vorläufig von dem Leser in aller Unmittelbarkeit zugestehen, dass er
bei dem in unserer Culturslufe eingebürgerten Worte „Logik" sich un
gefähr vorstelle, dass dieselbe im Ganzen und Grossen eine^Wjssenschaft
sei, welche die Formen und Gesetze'des''menschlichen Denkens.„zum
Gegenstand habe. Es soll uns diess ausdrücklich nur als eine populäre
Annahme gelten, denn wollten wir dieselbe als Definition der LogikTe'-
trächten, so käme jedes hiebei gebrauchte Wort in begrifflicher Be
ziehung in Frage, da sowohl festgestellt werden müsste, was Wissen
schaft und was Denken sei, als auch, was Form des Denkens sei und
wie sich dieselbe zum Inhalte verhalte, sowie in welchem Verhältnisse
Form und Gesetz zu einander stehen. Während wir aber in solch un
vermittelter Weise uns den geschichtlichen Stoff als solchen darbieten
Einleitung. 3
lassen , und auch die Abgrenzung desselben auf einem vorläufigen all
gemeinen Zugeständnisse beruhen mag, werden wir innerhalb der ge
schichtlichen Entwicklung von jenem andern Momente, ncmlich dem
der systematischen Einheit, den völlig freien und unbeengten Gebrauch
machen, welchen die Speculatiou stets für sich in Anspruch nehmen
muss; so dass jene vorläufige populäre Annahme gerade in jenen Haupt
punkten , welche nur durch begrifflich systematische Festigkeit eine
wissenschaftliche Bedeutung erlangen können, in und an dem unmittel
baren Stoffe selbst ihre Vermittlung zur systematischen Auffassung finden
soll; denn inwiefern die in der Geschichte mannigfaltig auftretende
Logik wirklich Wissenschaft sei, wie dieselbe den Bestand der Denkfor
men und Denkgesetze erfasse, wie und ob sie mit dem Begriffe des
Denkens zusammenhänge, und andere dergleichen Fragen mehr werden
wir an dem vorliegenden Materiale zu beantworten haben. Für diese
Darstellungsweise aber muss die eigene speculalive Auflassung des Dar
stellers die Verantwortung auf sich nehmen , denn während derselbe die
Berechtigung der historischen Unmittelbarkeit in obigem Sinne aner
kennt, muss seine methodische That des Erkennens auf der Stufe der
wissenschaftlichen Vermittlung stehen, durch die Art und Weise dieser
Stufe aber ist auch die Art und Weise der vermittelnden Darstellung be
dingt. Muss so die innere systematische Einheit bei der geschichtlichen
Erörterung mitwirken und dort je nach dem äusseren Befunde derselben
mehr oder weniger actuell hervortreten , so liegt andrerseits ihre volb
ständige Entfaltung neben und nach dem historischen Materiale; und
in diesem Sinne möchte auch ich es einer weiteren Gelegenheit vorbe
halten haben, meine systematischen Ueberzeugungen betreffs der Logik
vollständig zu entwickeln, wenn auch manche Grundanschauungen schon
in der Darstellung der Geschichte der Logik als mitwirkend deutlich
hervorblicken werden.
Die geschichtliche Erscheinung ist nie und nirgends das Absolute
selbst, sondern diess ist nach des Menschen Mass innerhalb des dem
Menschen zugänglichen stets nur, wie man sich ausdrückt, im Begriffe,
sich erst zu verwirklichen. Darum ist auch , so weit unsere culturgeschichtliche
Kunde reicht, auf dem Gebiete des Wissens noch nie der
höchste und umfassendste Gedanke — ich sage Gedanke, nicht Vorstel
lung — zuerst aufgetreten, so dass die begriffliche Gestaltung des übri
gen Einzelnen erst aus ihm bewussl abgeleitet worden wäre, sondern
der Verwirklichungsprocess des begrifflichen Denkens schritt zu jeder
Zeit und überall von einem mehr Vereinzelten zu dem Umfassenden
auf, der Art dass wohl die intensive Kraft bei dem einzelnen Aus
gangspunkte keine andere als die Kraft des Begriffs überhaupt war, aber
der expansive Umfang je nach Massgabe der Voraussetzungen stets erst
später erreicht wurde, d. h. die Philosophie ist nie zeitlich das erste,
sondern sowie dieselbe inhaltlich das nationale religiöse Bewusslsein
und überhaupt den Mythus in Bezug auf das Absolute als ihre Voraus
setzung und Vorbedingung besitzt, so gehen ihr auch betreffs der
begrifflichen Form mannigfache Versuche eines auf sich selbst vertrauen
den Wissens in einzelnen Gebieten voraus, natürlich ohne dass etwa
sämmtliche sogenannte Einzeln-Disciplinen vorher bereits vorliegen müss
1*
4 Einleitung.
teil, ehe die Philosophie den das Ansichseiende umfassenden Gedan
ken ergreifen könne ; wohl aber muss wenigstens an dem einen oder
anderen einzelnen Zweige die virtuelle Kraft des Wissens in irgend
einer Weise sich bethätigt haben, ehe die Philosophie als solche in
ihrem auf das Totale gerichteten Berufe sich ausspricht. So können, ab
gesehen von jener allen Menschen gemeinschaftliohen inhaltlichen Quelle
des Transsccndenten, welche in Religion und Mythus beruht und hierin
selbst wieder in verschiedener Weise sich manifestirt, verschiedene Völ
ker und Zeiten auf sehr verschiedenem Wege zur Philosophie gelangen.
Welche aber unter den vielen sogenannten Einzeln-Disciplinen gerade
bei irgend einem speciellen Volke diese Brücke zur umfassenden Philo
sophie bilde, hängt von den zeitlichen und räumlichen Voraussetzun
gen dieses Volkes ab. •
Jedenfalls aber ist darum in jenen Einzeln-Disciplinen, welche nicht
von ihrem ersten Auftauchen an von einer bereits bestehenden Gesammt-
Speculation gleichsam überwacht werden, eine gewisse particulare Selbst
ständigkeit grundwesentlich vorhanden, vermöge deren wir bei geschicht
licher Darstellung dieser Disciplinen uns zumeist aufgefordert fühlen
müssen , eben diesen particularen Momenten , welche innigst mit den
National - Eigentümlichkeiten des sie hervorrufenden Cultur - Bodens zu
sammenhängen müssen, nachzuspüren und ihre Bedeutung zum Bewusstsein
zu bringen. Solches allein ist wissenschaftliche Geschichte der
Einzeln- Wissenschaften ; jede andere Behandlung läuft entweder auf Bi
bliographie oder ein, höchstens excerpirendes, Facsimile des vorhandenen
Materials hinaus. Wir müssen uns ja der geistigen Motive bewusst werden,
aus welchen entsprossen die einzelnen Wissenschaften theils neben der
Gesamml-Speculation theils unter herrschenden Einflüssen derselben bis
in unsere weitschichtige Culturstufe herab sich erstreckten. Allerdings
mag durch ein solches Verfahren zumal bei einer Disciplin wie die Lo
gik, für welche man ja so gern nur ein Minimum äusserer geschichtli
cher Einflüsse annehmen zu dürfen glaubt, weil sie in formaler Reinheit
und Abgeschlossenheit gleichsam ewig die nemliche sei, gar manche
Illusion dieser Art zerstört und die bequeme Schul-Tradition in unange
nehmer Weise beunruhigt werden ; jedoch wer mag es uns verwehren,
wenn solches neben der wissenschaftlichen Aufgabe, welche wir uns
gestellt haben, sogar wirklich unsere Nebenabsicht wäre?
Vielleicht könnte durch die Geschichte der Logik die Einsicht ge
weckt werden , dass die Principien der logischen Theorie als solcher
— die Principie.n der ErkjanJniss Jheorie^ak^jüi&L^ü&gr ^gehörig
gar nicht zu erwähnen — im Zusammenhange mit der gegenwärtigen
Aufgäbe "der' Phnosophie überhaupt erst noch einer erneuten wissen
schaftlichen Gestaltung bedürfen. Wir werden, was das Princip betrifft,
sehen, dass in dem Verlaufe unserer abendländischen Cultur die Logik
aus dem rhetorischen Doctrinarismus der Griechen entspringt und hierauf
durch Aristoteles eine wahrhaft wissenschaftliche und speculative Gestal
tung erhält, welche jedoch in dem einen und anderen wichtigen Momente
ihren speeifisch griechischen Ursprung gleichfalls nicht verleugnet, und
ferner dass alsbald nach Aristoteles die logische Theorie in die ur
sprüngliche Einseitigkeit des Rhetorismus zurückfällt und hiedurch, so
Einleitung. 5
wie sie vorher nur der Ausdruck eines sopI^U^eiL-^ctrinarismus
gewesen war, nunmehr von den Stoikern und späteren Peripatetikern
an nur im Dienste eines scJjpJa^JjaJShjejL.Poctrinaxism steht, in wel
cher Gestalt sie dann unter mancherlei Modificationen des Inhalts als
Schul-Logik des Mittelalters in quantitativ grosser Ausdehnung fortwu
chert, bis sie nebenbei auch in dem idealistischen Subjectivismus der
neuen Zeit auf eigentümliche Art eine Aufnahme findet. Und wenn es
hiebei nolhwendiger Weise unser Hauptaugenmerk sein wird, die inne
ren Fäden, durch welche die verschiedenen Erscheinungsweisen der Lo
gik miteinander verknüpft sind, nie aus dem Gesichle zu verlieren, so
wird uns hiebei immer der Rückblick auf die ersten Keime offen blei
ben , und zuletzt stets sich wieder die Frage einstellen , inwiefern die
Logik ihren ursprünglichen griechischen Voraussetzungen treu geblieben
sei, Hnd ob wir hiernach auch für die gegenwärtige Aufgabe der
Wissenschaft diesen nemlichen Ausgangspunct im Principe als massgebend
anerkennen sollen oder nicht
I. ABSCHNITT.
DIE ELEATEN UND DIE SOPHISTEN.
Mit den Anfängen und ersten Keimen einer Logik können wir in
der Culturgeschichte des Abendlandes nicht weiter zurückgreifen, als bis
zu jenem Abschnitte, welchen in der Geschichte der Philosophie überhaupt
der Eintritt der Eleatischen Lehre bezeichnet.
Es zeigt die griechische Nation im Allgemeinen eine hervorragende
Begabung, in allen Verhältnissen eine rasche Gestaltung und Umbildung zu
schaffen, und sowie sich hiedurch die Erscheinung ergab, dass stets
jede eben erreichte Culturstufe alsbald Alles dasjenige zu wirklichem
actuellen Auftreten brachte, was noch als blosse Potenz in ihr gelegen
war, so hat auch die Culturgeschichte der Griechen überhaupt einen
schnellen Verlauf in ihren einzelnen Abstufungen, welche sämmtlich mit
einer gewissen kecken Zuversicht in sehr abgerundeten und augenfällig
greifbaren Formen sich ausprägen. Hatte ja auch der religiöse Mythus
der Griechen den grossen Dual zwischen Geist und Materie, diese Urpotenz
aller objcctiven und subjectiven Möglichkeiten, in reichster Man
nigfaltigkeit und verschlungenster Wechselbeziehung ausgesprochen. Und
ebenso fand nun auch die Speculation, welche aus erklärlichen Gründen
bei ihrem Ausgangspunkte eine realistische und dem natürlichen Stoffe
zugewendete gewesen war, sehr bald ihre Kehrseite in Anschauungen,
welche auf die Kraft des Intelligiblen selbst sich stützten. Nur drei Jahr
hunderle ungefähr hatten die Folgen, welche aus dem homerischen
Yolks-Evangelium und der hesiodischen Theogonie flössen, eine fast aus
schliessliche Herrschaft über die speculative Auffassung ausgeübt, als
dieselbe im sechsten Jahrhunderte v. Chr. mannigfach sich von dem Kosmogonischen
und Theogonischen wegwendete und auf das Innere des •
Menschen-Subjectes überzugehen begann (gerade auch Eleateu sind die
ersten, welche die homerische Poesie verwerfen oder verspotten). Man
kehrte von nun an mit der Speculation in die subjectiven Aeusserungen
des menschlichen Denkens und menschlichen Handelns ein und man gieng
ebenso auch von einem Subjectiven aus.
Dass aber bei solchen Anfängen einer subjectiven Richtung noch
nicht die Formen des Denkens selbst oder dessen Gesetze zum Bewusstsein
kamen, und also damals noch keine ausgesprochene Logik entstand,
versteht sich von selbst. Es waren ja vorerst nur Producle der inneren
subjectiven Thätigkeit, welche herausgestellt und als Principien des objectiven
Seins ausgesprochen wurden. Sowie auch schon im Pythago
I. Die Eleaten. 7
reismus der Gedanke einer harmonisch ebenmässigen Ordnung aller Dinge
und Verhältnisse eben ein Gedanke des menschlichen Subjectes war, so
ist es eine mit grösserer Verstandesschärfe gezogene Steigerung hievon,
wenn die Eleaten den nach umfassender Einheit strebenden Trieb des
menschlichen Denkens erfassen und das wahrhaft Seiende als ein aus
schliesslich Eines bezeichnen. Solche Grundgedanken sind wohl Producte,
welche von Innen heraus dem menschlichen Geiste erwachsen, sie ent
halten aber noch nicht das Moment der absichtlichen Selbstreflexion,
durch welche die Erscheinungen des Denkens selbst zum Gegenstande des
Denkens gemacht werden; daher sind sie wohl unerlässliche Voraus- /
Setzungen einer Logik, selbst aber noch keine logisch beabsichtigten An- 1
schauungen. Noch viel weniger aber andrerseits gehört es der Geschichte
der logischen Theorie an, wenn etwa auch bei den realistisch materiel
len Richtungen der Speculation sich bisweilen ein Versuch zeigt, eine
vereinzelte Definition irgend eines Objectes aufzustellen *), denn da Sol
ches ohne alle theoretisch logische Absicht geschieht, so fällt es wohl
dem Umstände anheim, dass die Wissenschaft überhaupt allmälig nach
der ihr adäquaten exacten Form strebt, nicht aber gehört es der Ge
schichte der Logik selbst an, da diese ja nicht alle logisch geformten
Urtheile zu registriren hat, sondern nur den Verlauf jener Grundsätze
entwickeln muss, welche als eine Erkenntniss der Denkgesetze und Denk
formen dargeboten werden.
Also nur jene Keime, welche als treibende Veranlassungen zu einer
theoretischen Auffassung der Logik führen mussten , können hier in Be
tracht kommen, und zwar blos als Keime. Wenn Aristoteles selbst sagt,
er habe für den hauptsächlichsten Theil der Logik durchaus keinerlei
Vorarbeiten vorgefunden, sondern habe mit vielem Zeitaufwande und vie
ler Mühe sie erst schaffen müssen2), so könnte es sogar den Anschein
haben, als dürfe von einer vor-aristotelischen Logik überhaupt gar nicht
gesprochen werden ; dennoch aber haben wir, ehe wir zur aristotelischen
Logik gelangen, noch Mancherlei zu betrachten 3), nur nicht in der Mei-
1) Arist. phys. Ii, 2, 194 a. 20.: inl jzixgbv yäg ri fiigog 'EfineäoxXrjg xal
dT\(iöxgirog rov etäovg xal rov rC r\v elvai yipavro. d. pari. an. I, 1, 642 a.
18.: Ivtci^ov oY nov «ürji xal 'EuneSoxXrjg ntgmtnrti äyö/xevog vri avrrjg
rfjg äXrj&elag, xal rfjv oialav xal rr\v ipvtfiv avayxäfrrat, tpävai rov Xoyov
tlvai, oiov öarovv anoäiSovg r( iöriV atrwv <fe rov fir\ IX&tTv roi>s
ngoytvtorfgovg Inl rov rgonov roirov, ori rb rl fjV ilvat, xal rb bqloao&ai
rijv ovotav ovx tjv, &XX' tfrparo ptv /Irjfiöxgtrog ngiürog, tag oix ävayxalov
Si Tjj (fvOixrj &ewglq, dXX' ixtpsgofievog in' avrov rov ngäyfiarog. Metaph.
M,4, '1078 b. 19.: rmv fiiv yäg (fväixäv inl fiixgbv /it)(i6xgirog i\\paro fiövov
xal mgtaaro nwg rb &eq[ibv xal rb ipvxgöv ol äk Ilv&ayöqsioi ngortgov
ntgi rivmv bXlymv, mV rovg Xöyovg slg rovg agiS-fiovg ävfjnrov, oiov rl
lari xaigbg rj rb Slxaiov rj yäfiog. Eben dahin gehört daher auch: H, 2, 1043b.
21.: bfxoCmg Sh xal otovg lAgxyrag anedi/t ro ogovg oiov rl iori vr\vifila;
ygeftlu iv nXij&ei atgog .... rl Ion yaXi\vr\ ; 6[iaX6rr\g S-aXärrijg. Was betreffs
dieser Detinilionen des Archytas Petersen ( „Ueber die stufenweise Ausbildung der gr.
Pbilos. v. Thaies bis Sokrates" im 1. Hefte s. Philol.-histor. Studien) behauptet, ist
ebenso verfehlt wie jene ganze Abhandlung überhaupt.
2) Soph. El. 34, 184b. 1.: negl rov avXXoyl&O&ai navreXtüg ovökv
ifyo/iev ngortgov aXXo Xiyiiv, äXX' tfrgißij £tjrovvreg noXvv xgövov tnovov/xtv.
3) Höchst unbedeutend istßwAle, de philosophorum graec. ante Aristotelem in arte
logica invenienda et perßcienda conaminibus in den Comment. soc.reg.Gotting.Xl,j).234tf.
S \ . y £. L.4)ie Eleata». ' t i
nung, dass es schon wirklich logische Theorie sei, sondern eben mit
stetem Festhalten der historischen Einsicht, dass wir hier Agentien vor
uns haben , welche nur im Hinblicke auf die später erwachsende wirk
liche Logik zu erörtern seien.
Und zwar begegnet uns in solchem Sinne zunächst eben jene Rich
tung auf den Begriff und das Wesen der seienden Dinge, welche bei
den Eleaten metaphysisch, bei den Sophisten aber mehr rhetorisch
und rhetorisch-praktisch auftritt.
Die Eleatische Lehre, dass das Seiende Eines sei, erscheint zwar
bei Xenophanes noch in sehr unbestimmter Weise, da derselbe noch
nicht einmal stoffliche Einheit vund begriffliche Einheit unterschied 4),
aber selbst liier schon trägt sie ih\ der Leugnung eines jeden Werdens 5)
den Character des schlechthin Abstsacten an sich. Parmenides hin
gegen stellte in seinem bekannten Ausspruche, dass Denken und Gegen
stand des Denkens das nemliche seien \, die Eins - Lehre auf das ent
schiedenste auf den Standpunkt des Intelffgiblen , und indem er das abstracte
Eine Sein dem concreten mannigfachen Werden in dem Verhält
nisse der wahren und der falschen Rede gegenüberstellt, begründet er
für die logische Auffassung die Annahme einer gegenseitigen Unverträg
lichkeit und Ausschliesslichkeit, welche zwischen xdem begrifflichen Einen
und dem materiellen Vielen bestehe 7). Hierin äber beruht der Kern
nicht bloss jener ontologischen Schwierigkeiten, deren Lösung Plato
durch die Ideenlehre und die Annahme eines „Theilhabens (jie&el-ig) der
concreten Vielheit an der idealen Einheit" beabsichtigt, Sondern auch —
was uns hier für unsern Gegenstand näher liegt — der^Kern aller jener
logischen Auffassungen, welche mit einseitigem HervorhebeiK^esBegriffes
dazu gelangen, die Existenz und Berechtigung des Urtheiles zubestreiten
, weil in demselben das Eine (das Substrat oder Subject) mit
dem Vielen (den Attributen oder Prädicaten) verflochten sei. Darum
wird auch, nachdem Parmenides dem Bestände der „Welt der Täuschung"
wenigstens die Berechtigung übrig gelassen hatte, dass sie eben als das
Unwahre neben dem Wahren existire, alsbald nach ihm mit aller einsei
tigen Schärfe der intelligiblen Thätigkeit förmlich destructiv gegen die
4) Arist. Metaph. A, 5, 986 b. 19. : IlaQixevCSrjg ptv yaQ %oixs tov xara tov
köyov ivög aniea&tti, MtluSOog Sh tov x«tü tt/v vlrjV Sevoqravrjg 6*t
ttqöitoq tovtioV ivCaag.... ovälv dieOcuprjViatv, oiiSt Trjg tfvOtwg xovxmv
ovShxioug ioixt S-iyeiv.
5) Euseb. Praep. Ev. I, 8. (aus Plutarch): Slvo<fävrjg .... ovts yivtdiv ovts
qj&oQav anoltCnH, &XX' elvai Xiyti to tc&v ctel b/xoiov sl yaQ yCyvoiro tovto,
tprjalv, ttvayxalov tiqo tovtov fxrj elvai, to fii] ov äk ovx av y("voiTO, oü(T
av to ntj äv noitjOai ti, ovt( lind tov fir) ö'vToff y£voiT' av ti (um abzu
sehen von Arist. d. Xen. Zen. Gorg. 3, da bekanntlich es als streitig gelten könnte,
ob die dortigen Worte sich auf Xenophanes beziehen).
6) Die Belegstellen betreffs der Eleatischen Philosophie sind in jedem guten
Compendium der Gesch. d. Philos. leicht zu finden. Jener Ausspruch lautet (Brandis,
Commenl. Eleal.) V. 95 ff.: tuvtov (T iart voelv re xal ovvexiv Ioti vörjjxa'
ov yan avev tov iövTog, Iv tp neqtaTKSfx^vov icfiiv, evQtjoeig to voeTv' ovSiv
yao iaTiv rj iOTat aXXo naQh'i tov iövrog, u. V. 147 ff.: rd yaQ ctiiTO taxtv
0716Q (pQovtei [kKüjv ipvOig avd-Q(6noiaiv xal näaiv xal navxi' to yciQ
■nXfov IotI vörjfia.
7) S. z. B. Brandis, Gr.-R. Philos. I, S. 382-85.
I. Die Eleaten. 9
Existenz einer jeden Mannigfaltigkeit überhaupt verfahren , und die Be
weise desMeJissos gegen das Vorhandensein eines Werdens und einer
Bewegung schlechthin 8) nehmen sämmtlich schpn_jiejQ.._j!^axakter _der
contenliösen_ ^r^iü^d^und des Eristisehea an, wejl„hjex.j!iejej^riire
..Sein" und „Einheit" eben schon völlig formal und dQCtrjnäiy nicht aber
idealistisch phüosqphis.ch,._,g£fasst jdnd. Und wir haben hier nur den
Heleg ilafür, wie sehr die griechische Nation dazu geneigt war, Alles
rasch aufzugreifen, aber auch mit jeder Auffassung schnell fertig zu sein,
und mit frivolem Doctrinarismus und genialer Rechthaberei Theorien zu
bilden, in welchen alles Nebenliegende vornehm ignorirt wurde.
In Zeno aber liegt bereits ein Uebergang des Elektischen in die
- Sophistik. Er soll .der ersteTgewesen sein, welcher in Dialogform, schrieb».
und es waren seine Dialoge in einzelne Begründungen (Ao'yoi), und diese
wieder in verschiedene Voraussetzungen (vno&£6£i.g) abgetheilt 9) ; auch
bezeichnete ihn selbst schon Aristoteles als den Urheber der Dialektik 10).
Er wählte bereits jene fragende Form, welche wir bei den Sophisten
und insbesondere bei den Me'garikern treffen und übte demnach
hiedurch schon jene Technik, welche darauf ausgieng, den GegnejMn
irgend einer festgehaltenen Zuspitzung des Ausdruckes zu fangen; und
vielleicht üü es" darum nicht ganz zufällig''" TfSss gerade Zeno in den
8) Ebend. S. 398—403.
9) Diog. L. III, 47.: dtaXoyovg xotvvv (fetal neuron ygütpai Zrjvwva tov
'EXtärtjV, ÜgidTOTiXrjg de Iv nqtaxa Uegl noirfztov HXe^afievbv 2?Togia rj
Tr)iov, eis xal cPaßo>gTvog iv lAnofivr\fiovevfx.aOi. I'lalo Parm. p. 127 C: tov
ovv XojxgaTr^v axovaavra näXiv ts xeXevoai rfjv ngoicrjV vnö&taiv tov1
TiQtörov Xöyov uvayvüvat.
10) Diog. L. IX, 25.: (frjal dh HgiaTOTe'Xrjg tv to} Zoif iari) evgeTrjv avrbv
yevio&ai diaXexTixijg, mgneg'EunedoxXia grjTogixijg (wörtlich ebenso VIII, 57.).
ebead. I, 18.: etnb ZrjVtavog tov EXeaTov to diaXexrtxöv. Sexl. Emp. adv. math.
VII, 7. : l4.gi0T0TiXr\g tov yvatgifiov axixov (nagpevidov) Zyvojva diaXexrixrjg
agxrjyöv vne(Xrj(f tv. Euseb. Pracp. Ev. XI. p. 509.: Ztjvmv de xcti näv tö
'EXearixbv tovto äidaGxaXelov xal «uro yvoigiftov inl rjj i^/vrj tojv Xöyoiv
ftdXtora anovdctOav (p. 510.) Tovg tgtOTixovg xivr\OaVTtg Xöyovg. Cramer
Anecd. Ox. IV, p. 239.
11) Arist. Soph. El. 10, 170 b. 20.: ei tfjj Tis nXeloi OrjfiaCvoVTog tov
ovöftarog oioiro fv arj/^a(veiv xal 6 intarwv xal 6 totoTaifievog, oiov Xötag to
ov rj tö e'v ttoXXcx ar\fiatvu, aXXa xal b &7ioxgivotuevog xal b IgaiToiv Zr)V(ov
?v oiöfievog elvai ^goirrjae, xal iOTiv b Xoyog bxi tv Ttavta, ovros x. t. X.
(Hier können übrigens nicht die Worte b artoxgtvofievog xal b igojrtöv zusammen
mit Zrrvoiv verbunden werden, da diess einerseits der Artikel ö bei loeoreov bindert,
und andrerseits das obige xal — xaC in xal ö tnioTtöv xal b igojTwfj.evog die
gleiche Behandlung auch liier fordert ; demnach gehört ZrjViav nur zu b igioTeöv.)
Ja, es ist uns .selbst ein gegen gleichmässig consequente Annahmen betreffs der
Xatur gerichteter Einwand Zeno's noch in Frage - uud Antwort - Form erhalten :
Simpl. ad phys. f. 255 a.: diä tovto Xvti (d. h. Arist. phys. VII, 5.) xal rbv
Zrjvmvos tov 'MXt aTov Xöyov, ov rigero IlgoiTayögav tov GoepiOT-qv ' eine yäg
fioi, t<f T), io IlgtoTayöga , äga b eig xiyxgog xaranectebv ipötpov noiel ij ib
fivmoarbv tov xiyxgov; tov de elnöviog fit) noielv, b de fiiäifivog, Sepr), tojv
xiyxgmv xaTuneoujv noiel \pö<pov rj ov; tov de xpoopsiv elnövTog tov tuiii/
ivov, t( ovv, £(pr) b Zr\vojv, ovx taTi Xoyog tov fxedCfivov tojv xiyxgojv
ngbg tov h>a xal to fivQioaibv tov ivog; tov öl (ptjdavTog elvai, tC ovv,
etf-tj b Zrjveov, ov xal tojv ipöepojv eaovTai Xoyoi ngbg aXXr)Xovg ol aiiToC ;
tag yäg t« \potpovvxa xal ol \\>6tpoi \ tovtov de ovTtog e^ovrog, el b (ie"diftvog
tov xiyxgov ipoipel, tporp^aei xal b eig xiyxgog xal to fxvgwOTÖv tov xiyxgov.
10 I. Die Eleaten.
Büchern des aristotelischen Organons, für welche die physikalische Po
lemik gegen die logische zurücktritt, so häufig erwähnt wird 12). Auch
Zeno hält so fest an dem abstracten eleatischen JEins, dass er in jeder
Annahme einer Mannigfaltfgkeitnür Widersprüche erblicken konnte, und
gegen Jene, welche die Eins-Lehre des Parmcnides als widersinnig verspottet
hatten, schrieb er ausdrücklich in der Absicht, nachzuweisen, dass die
Voraussetzung eines Mannigfaltigen noch weil widerspruchsvoller sei 13),
so dass Zeno sichtlich die schroffste Gegenüberstellung von"Ev und JToH«
nur förderte. In dem bekannten ihm zugeschriebenen Ausspruche, dass
er die seienden Dinge erklären wolle, sobald man ihm nur das Eins
gäbe 14), erkennen wir schon völlig jenen Standpunkt, auf welchem
später die Megariker mit bewusster und absichtlicher Polemik gegen die
Berechtigung des Urtheiles zeigen wollten, dass man sich in Widersprüche
verwickle, sobald man die abjtricle_£inzehiheit verlasse (s. Abschn. II,
Anm. 72.). Dass aber bei Zeno die begriffliche Auffassung des reinen Eins-
Seins schon jene einseitig distinctive Schärfe des Verstandes an sich trug,
welche den Blick für jede unmittelbare Tiefe verschliesst und mit Miss-
^e5ä£IL_^lr-j&^Ä4!°neren lebendigen Einheit überall nur Einzelnhciten
finden lässt, sehen wir an seTneh in *deT~^cliuI-TraQlfion berühmt gewöHeTieir
Beweisen, welche gegen die Existenz der Bewegung gerichtet
waren 15). Das Hauptmotiv derselben ist, dass Zeno eben den Begriff
der Continuität selbst aufhebt und daher bei der Linie nur von einzelnen
Punkten und bei der Zeit nur von einzelnen Augenblicken spricht, so
dass er bei der Bekämpfung der Bewegung gar nicht auf gleichem Boden
Imit demjenigen steht, was er bekämpft, sondern vielmehr die sich ihm
ergebenden Widersprüche gerade schlagend auf seinen eigenen Atomis
mus, welcher das Continuum in abgerissene Stücke zerbröckelt, zurück
fallen. Eben dieses Zertrümmern aber des Allgemeinen und Zusammen
hängenden in das Particulare und momentan Einzelne, d. h. eben dieses
Umschlagen- der■ particulären Abstractiop in einen rohen^ Empirismus des
jeweili^Fac^gcJieji, werden wir fortan noch oft genug in den logischen
Annahmen aller JDerjenigen treffen, welche dem rhetorischen[.Doctrinarisnius
näher stehen, als der Philosophie. Hier aber bei Zeno sind
diese Grundsätze noch nicht in logisch" theoretischer Absicht ausgespro
chen, sondern sie erweisen sich nur als Erzeugnisse einer mit kindischer
t2) Ausser der eben angef. Stelle noch: Anal. pr. II, 17, 65b. 18. Top.
VIII, 8, 160 b. 8. Soph. El. 11, 172 a. 9.; 24, 179 b. 20.; 33, 182 b. 26. Bei Plato,
Phaedr. p. 261 C, ist unter der Bezeichnung „ Elealischer Palamedes" Zeno gemeint.
13) Plato Pom. p. 128 C. : eaxi öi rd ye AXrj&eg ßoTj&eia Tig xavra xa
yQafj.fiara tö> IlaofievCdov i.6yq> nnog Toiig ini%eiQovvxag ttvibv xwfitpäelv,
u>g et IV ion, nollä xai yekoia av/xßaCvei naOxeiv T<j5 loyio xai tvavxla
avtäi' aVTikfyei äi] ovv tovto to yqäjifia nnog Tovg tä noXXa Xe'yovxag
xai ävxanoäiococfi xavxa xai nkelo), tovto ßovXo/uevov drjlovv, tag exi ye-
XoiÖTeoa naOxoi av avTtäv t; vnö&taig rj ei nolla ioxw, fj y tov IV elvai,
et Tig txaväg tnetloi. Vgl. ebend. p. 135 E.
14) Simpl. ad pliys. f. 21a.: xal ZrjViavä (f.aai leyeiv, et Tis uvTip xo IV
anodoCtj tC noxe laxl, iSeiV xä ovxa Xiyeiv. ebend. f. 31a.: tfiö xai Zyvtov
'iXeyev, et xig avx<p to IV imSeCSoi, avTog anoStöoei to bv.
15) Arisf. phys. ausc. VI, 9. (s. m. Ausg. S. 515 f.). Brandis a. a. 0. S. 413 fl".
Auch aus dem Grösser- und Kleiner-Werden nahm Zeno einen Einwand gegen
die Existenz des Mannigfaltigen (Arist. Metaph. B, 4.; Brandis S. .416.).
I. Die Sophisten. 11
Eitelkeit auftretenden Verstandesschärfe, welche gerne au der vorhergehen
den materialistischen Naturphilosophie sich reiht; darum muss es genü
gen , auf jene Zenonischen Beweise wegen ihrer Verwandtschaft mit
den in der Geschichte der Logik alsbald vorkommenden Erscheinungen
nur hinzudeuten; Weiteres gehört nicht mehr hieher. Einen Analogie-
Schluss Zeno's werden wir unten Abschn. II, Anm. 49 anzuführen haben.
Hatten die Eleaten dasjenige hervorgehoben, was in den äusserlich
materiellen Dingen als solchen nirgends handgreiflich oder sinnenfällig
erscheint, nemlich das Wesen und das Eine Sein, und hatten sie dieses
in einer Weise zur Geltung gebracht, dass es den realistischen Annah
men gegenüber als unwirkliche Abstraction auftreten musste, so war
eben von ihnen mit durchgreifend doctrinärer Einseitigkeit allesjGewicht
auf die abstrahireude Tbätigkeil des snhjectiven Denkens gelegt worden,
und sowie diesem ausschliesslich subjectiven Produkte gegenüber die
Ohjectivität als solche zum leeren Scheine und zum Gebiete der Täuschung
und des Widerspruches gemacht worden war, so bleibt nur das subjective
Rcchlhaben_tles Denkens übrig, welches in formaler Dialektik hethätigt
werden muss. Und diess ist die Bedeuimia der S o phTsten
für die Geschichte der Logik. Sowie man mit sclhslgenügsamer" Vorliebe
bloss dem Scharfsinne der Abstraction huldigte , war das ontologis'che
Interesse schon weggefallen, und es blieb nur das formale Ver
hallen des Denkens zum Objecto übrig, womit aus erklärlichen Gründen
sich das Gelüste einstellte, das subjective Belieben überhaupt beizuziehen
und die praktischen Interessen des einzelnen Subjcctes auf gleiche Weise
zur Geltung zu bringen. So ist die Sophistik aus einem doppelten Mo
tive innigst an die Rhetorik 17) geknüpft; einerseits aus einem inneren
Grunde, weil das in^ffiactea auszusprechende Denken, wenn es einmal
Jen _Rcichthuu) der Ohjectivität durch die Wortbildung selbst aufgenom
men hat, sich in undankbarer Selbstständigkeit und Sprödigkcit innerhalb
der Worte fortbewegen kann, und diess auch wirklich um so mehr tbun
wird, je eigensinniger aas Denken auf sich selbst sich beschränken zu :
dürfen meint, und so entsteht die einseitig formal sprachliche Betäti
gung18); andrerseits aber aus einem in den praktischen Verhältnissen
liegenden Grunde, indem durch die Kraft der Worte eine .Herrschaft
über Andere zum Behufc der Erreichung eigener individueller Zwecke
ausgeübt werden kann, und diess in dein öffentlichen Leben um so mehr
wirklich geschehen wird, je reicher die Veranlassungen hiezu in den
allgemeinen politischen Verhältnissen vorliegen, — und so entsteht die
16) Die cu Uurhistorischc Stellung der Sophistik im Allgemeinen ist vortrefflich—
dargestellt bei K. Fr. Hermann, Gesch. u. Syst. d. Plat. Philos. S. 179—231.
17) Betreffs des Einflusses der Sophisten auf die Geschichte der Rhetorik s.
vor Allen Spenge!, Arlium Scriptorcs. S. 39—88.
18) Xen. d. Venat. 13.: O-avuä^u) dt läv Ooqioiwv xaXov/j.(vcuv, bxnfiaal
ftiv In' uQtrriy etytiv ot noXXoi rovg ve'ovg , äyovOi d" int xovvavrtov ....
8tt iv rote övgji^iaoj^ovTiuxai & T0'f vorjfiuOi. Isoer. d. permut. §. 84.:
ot yHv~yaq naoaxaXovOiv jrjv &Q(Tr]V xta rfjv ifoövrjOiv .... xäxetvoig
fikv &7io%Qri toOovtov, rjv inayaydadjKi nvag jrj d'df;; ry riäv ovofittTiav
<Suvrj3-wOi. Plato Eutltyd. p. 305 A. : olg ovätv fiiXu bzi äv Xiymdi, navxog
de QrjfictTog avj^xuvxai' S, Abschn. III, Anm. 32 ff.
I. Die Sophisten.
praktisch rhetorische Bcthätigung 10). Inheiden Fällen j^r_Jst„gs,„ein^_
particular in^g4ll£Üea-J&£.ciithaben, gestützt durch einseitige Verstand§§„-,^
schärfe der Abstraction ; es halte sich ja ein solches Moment selbst sehr
Dedeutend sogar iji die,J(^rik jejjer, Zeit eingedrängt.
Protagoras, unter dessen Schriften mehrere einer derartigen
formalen Dialektik angehört zu haben scheinen 20), sprach wohl die Rich
tung seiner Zeit, welche in das menschliche Subject einkehrte und im
Menschen die Quelle des menschlichen Erkennens suchte, am entschie
densten und schärfsten in seinem bekannten Salze aus: „der Mensch ist
das Mass der Dinge, der seienden, dass sie sind, und der nicht seienden,
dass sie nicht sind"21). Dieser Grundsatz jedoch, welcher an sich der
ausschliesslich einzige Ausgangspunkt einer wahrhaft vernunftgemässen
Philosophie ist22), war von Protagoras nicht in jenem edlen und tiefen
Sinne gemeint, in welchem er Princip und Methode der Philosophie ist,
sondern dort ist er cbj3n_jmxjterAusdruck des iiniiyjduejlen Rechthabens ;
und zwar beachte man wohl, dass Protagoras nicht sagj. ..das Deinen ist
das Mass dej;J)inge u. s. f."; Protagoras nemllcTi Tiat nur^die Fo_rm der
subjectiven Gewissheit dem Eleatischen Standpunkte abgelernt^ uncT inJem
d*ie doctrinäre Hast in ihrem knabenhaften Triumphgeschrei zu eilfertig
ist, um sich in den ganzen ungetheilten „Menschen" des Anthropologis
mus zu vertiefen, wird die frivole Zuversicht des subjectiven Rechthabens
in jene eine Seite des Menschen verlegt, welche jedenfalls auf das be
quemste und zugleich genussreichste ausgebeutet wird, nemlich in das
sensuale Moment. Und indem Protagoras das Erkennen gänzlich in die
slfinTIche Wahrnehmung als sjojche verlegt und ein gegenständliches Sein
in.jeder Beziehung schlechthin verneint, da der objective Bcslänif'ganzlich
von dem jeweiligen subjectiven Eindrucke der Wahrnehmung ab
hänge23), so ergibt sich in Folge dieses subjectiven Particularismus
19) Arist. Soph. El. 34, 183 b. 2fi. : ontq xul ntol rovg QrjTogixovg Xöyovg
avfißißrjxs ol äh vvv evöoxtpoDvTeg nagaXaßövTeg nag« noXXmv oiov ix
SiaSo/rjg xaia fitgog ngoayayövjoiv ovxcog rji^xaat, Ttaiag fiiv fittct rovg
■ngoizovg, Bgaavpa/og äi fiera TiOlav, BtöSwgog <F£ fiera tovxov, xtcl
noXXoi noXXa awernvö^aai fitg*! xal yag rtöv negl zotig tgiorixovg
Xöyovg fiiad-agvovvriav öfioCa Tig r\v fj naCStvaig rij roQylov ngayfiareltt'
Xöyovg yag ol fiiv grjiogixovg ol äi igiarvrixovg tStSodav Ixfiav&äveiv,
etg ovg nXeiOrdxig Ifininreiv tp-q&rio'av ixdregoi rovg äXXqXoiv Xöyovg. Cic.
Brut. 12. : Itaque, ait Aristoteles, cum sublatis in Sicilia tyrannis res privatae longo
intervallo iudieiis repeterentur, tum primum quod esset acuta illa gens et conlroversa
natura, artem etpraeeepta Siculos Coracem et Tisian conscripsisse ; nam antea neminem
solilum via nec arte , sed accurate tarnen et de scripta plerosque dicere, scriptasque
fuisse et paratas a Protagora rerum illustrium disputationes quae nunc communes
appellantur loci; quod idem fecisse Gorgiam, cum singularum rerum laudes vituperationesque
conscripsissel , quod iudicarel hoc oratoris maximc esse proprium, rem
augere posse laudando vituperandoque rursus affligere. Plato Phaedr. p. 266 ff., Phaed.
p. 92, Prot. p. 312 D, Gorg. p. 459 B.
20) Diog. L. IX, 55.: Ti/yn igidrixiSv (s. d. vorige Anm.) , Hegi riöv
fiaS-nfidriov, Hegt rrjg Iv agxy xaraordoeiog, HvriXoyiüv 6vo.
21) Plato Theaet. p. 152. u. öfters, Crat. p. 385. f. d. Legg. IV, p. 716.
Arist. Metaph. T, h, &, 3, i, 1, K, 6. Sext. Emp. pyrrh. hyp. 1, 216. Diog. L.
IX, 51.
22) Vgl. m. Schrift: „Die gegenwärtige Aufgabe der Philosophie" 1852.
23) Diess die bekannten Grundsätze der protagoreischen Sensual - Theorie ; s.
z. B, Brandis a. a. 0. S. 527—29.
I. Die Sophisten. 13
sogleich jene unphilosophische Vermengung zweier Standpunkte, indem
einerseits die individuelle Gewissheit abstract fest gehalten wird und
andrerseits der jeweilige Eindruck der Wahrnehmung doch nur durch
den objectiven concreten „ Fluss " der Erscheinungswelt bedingt ist. /
Berechtigt das subjective Scheinen schon an sich zum Aussprechen eines
wahren Unheiles 24), so gibt es keine falsche Meinung, und hiemit auch
keine Möglichkeit einer Widerlegung oder eines Widerspruches 25), sowie
eben darum andrerseits über jeden Gegenstand zwei einander gegenüber
stehende Meinungen, d. h. also wahre Urtheile, ausgesprochen werden
können 26). Wie sich von selbst versteht, wird hiedurch auch jede
Continuität einer objectiven Entwicklung überhaupt aufgehoben, da nur
der jeweilig actuelle Bestand im einzelnen Momente berücksichtigt wer
den kann27), und die Veranlassung zu leichtfertigem Tändeln mit dem
Causalitätsbegriffe liegt nahe genug28). In all diesem aber ist schon ein
24) Arist. Metaph. r,4, 1007 b. 22. : xa&änen ttva.yy.fi T0V ÜQioTayÖQov
XiyovOi Xöyov ei yao t<j> Soxel fit) elvcti Tpnjpj/j ö avfi-Qwnog , tfijXov öti
oix IgtI TQi^QTjg, wäre xal saxiv, ttneg ij aVTlipaaig aXr\9-i\g. Alex, ad Metaph.
p. 247, 11. Bonitz: xarci ti)v IxeCvov (ÜQioTctyÖQov) Söiav Xfyovrog näv tö
if.aivöfxevov (p (faCvtTtti aXij&eg elvai. ebend. 228, 11. u. 258, 14. Ar. An.
post. I, 33, 89a. 26.: xai yag dökav aXrjd-rj xal xpevärj, mg fiiv Ttveg Xtyovoi,
tov avTov slvai aioTia avitßaCvei aigeTa&ai aXXa re xal fit) äo^aCeiv « do£af£i
tfjt vdcög.
25) Plalo Euthyd. p. 286 C. : xal yag ol afupl IlguiTayögav CHföäqa
AS » T I / ~ ? / ' " / ^ I
yttQ ; all ij XiyoVTtx TaliiS-rj Xiyeiv 1) ur\ Xiyeiv; Zwe/aigei. HoTegov ovv
rog SieCXexTat, xafra (fi]Gt IlXärwv iv Ei&vor)[io). Vgl. Plalo Cral: p. 429 C. :
ttga Sri xf/evdij Xiyuv tö nagänav ovx iOTiv ; aga tovto Ooi Svvarui ö Xöyog;
av/vol yag Tiveg ol Xiyovieg, d iplXe KqaTvXe, xai vvv xal naXai.
26) Diog. L. XI, 51.: ngÜTog ttpri ävo Xoyovg elvai negl navzbg ngäyfiaTog
itVTixtifiivovg aXXijXoig' oig xal awrjgwTa, ngwTog tovto ngä$ag (vgl. Sen:
Ep. 88. Steph. Byz. v. 'jißärjga. Clem. AI. Strom. VI, p. 674 A.). Auf das IgioTäv
bezieht sich Alex, ad Soph. El. f. 27 a.: ovzia xal Hgiorayogag xal @gaOviiu%
og xal aXXoi noXXol Tag cmoxglaeig (f aivovxai noiovfievoi ' to yag „Iffuig"
rj xö „taxio" xal tu ToiavTa ov Soxovdiv elvai avyx<ogovvi(ov, aXXa fii)
ageaxofiivtov Ty igioTTjaef Tvyöv S\ xal fii) anoxgivöfievoi aXXa aiyäVTtg
(faCvovTtti Sedioxivai xal diu tovto xal iXiyyeO&ai (faCvoVTai, ov xvnCvog äi
IXfyxoVt at. Insofern aber hiebei überall es auf das bloss Wahrscheinliche (rö eixog)
ankam, so mussle die rhetorische Praxis auf dieses sich werfen, wie schon
Aristoteles (Rhet. II, 24. g. Ende) völlig richtig angibt, dass hierin die Kunst des
I'rotagoras, tov r\TT<o Xöyov xqcCtto} notelo'&ai , bestanden habe.
27) Arist. Metaph. 0, 4, 1047a 6: wäre tov UnojTayÖQov Xöyov Ovfißrjöerai
Xiyuv avzolg ei ovv TvtpXöv tö fii) i%ov öxpiv, neqwxög de xal
otc Titfq vxe xal ?rt öv, ot avTol Tvtf Xol iaovTai noXXaxig Trjg rijxiqag xal
y.bxfot. Alex, ad Metaph. p. 541, 15. Bon.: avfißaivei tö tov IlQuiTayöoov,
äo~Te xar' avTovg otcsv tcc f(>5a w^vwtt/j xal oix aia&ävrjTat, ovfie iveQyij
negl Tag ala&ijGeig , oi/ e^ei alad-riOiV ei yao tötc Tag Swaiieig e"%o[xev
otov iveoy(5/j.ev, ärjXov ojg oTav invioTTiofxev xal oix tveoytöftev neql ti)v
otfiiv, ovx fyofiev Svvajxiv tov naXiv ßXtyai' diOTe ei rvtfXov Igti tö netpvxög
tyeiv oxpiv xal fii) tyov ort nfyvxe xal tri ov, fiy <p&aolv, ol avTol Tvtf Xol
laoVTtti noXXäxig Tr\g r\fiiqag.
28) Plut. fericl. 36.: fifiigav oXrjv avaXäoai (istu JlQUTayögov diano14
I. Die Sophisten.
reiches Vorspiel zu jenen Ansichten, welche bei den Antistheneern und
Megarikern ausgesprochen werden, um dort die einseitige Auflassung
des logischen Begriffes zu stützen (s. z. 1$. Abschn. II, Anm. 1 3 f. u. 34.).
— Uebrigens fasste aucli schon Protagoras den Sprachschatz der Worte mit
abstract formaler Festigkeit auf (vgl. Abschn. II, Anm. 6.), hiedurch al
lerdings eine verstandesmässige Präcision fördernd ; so z. B. verwarf er
(wie Euklides, s. Abschn. II, Anm. 26.) die gleichnissweisen Ausdrücke 2 9),
und strebte überhaupt nach formaler Richtigkeit der Oiction 30), wo
durch er selbst auf grammatische Erwägungen und eine Einlheilung
der rhetorischen Satzformen geführt wurde 3 *) ; zugleich aber
hatte er auch die Gewandtheit , seine Grundsätze einer grösstmöglichen
Schärfe des Sprachausdruckes zu rabulislischer Beredtsamkeit an
zuwenden 32).
Gorgias, dessen litterarische Thätigkeit mit Ausnahme der be
rühmten Schrift „Ueber das Nichtseiende oder die Natur" 33) ganz über
wiegend dem Gebiete der Rhetorik angehört, gieng allerdings von vorne
herein vom Standpunkte der Eleatischen Abstraction aus und geiiel sich
in der capriciösesten und petulantesten Darlegung jener an sich einseiti
gen Annahmen. Wenn er nemlich in genannter Schrift nachweisen
wollte, dass erstens überhaupt Nichts sei, zweitens, wenn auch Etwas
wäre, es nicht erkennbar sei, und drittens dass, wenn es selbst ein Sei- -
endes und Erkennbares gäbe, es doch nicht ausgesprochen und mitgeqovvxa,
nöxegov xo äxövxiov rj xov ßaXövxa tj xoiig ayiavoü-ixag xaxä xbv
og&öxaxov Xöyov aixCovg %Qt\ xov na&ovg r)yeiad-ai.
29) Hermias ad Phaedr. p. 192. Ast: xvQioXel~ia' diu yuq xwv xvqCiov ovo-
(xäxa>v iiexr\qxexo 6 üqcoxayöqag xov Xoyov xal ov <ft« nuqußoXiäv xul
tni&hiov.
30) Plato Crat. p. 391 B.: oWafßt ae xr)v oqD-öxrjxa ntgl xiuv xoiovxtav,
ijv iuafre jtccq« Ilqtoxuyöqov. Themisl. Or. 4.: enel xal üqöäixog xal Jlqutxayoqag
6 Idßdrjqixrjg b uev bq&oe"ntiav xe xal 6q&oqqrifioovvi)V iiiod-ov
lötäuaxov rovg vfovg, 6 oe xu ZiiuovlSov xe xal ctXXiov noirjfiaxa (Üriyovuevog,
ttotfitixal oiitog xal ijaxrjv xal lXeyio9i)V (ich glaube, dass von Beiden
Beides zu verstehen ist, wenn auch die Notiz betreffs der Gedichte des Simonides
bloss aus dem Platonischen Protagoras genommen ist). Ja er legte einen derartigen
Massstab der Präcision auch an Homer an: Arist. Poet. 19, 1456b. 15.: Hq<oxayöqag
IniTifiii , oxi ev/eod-at oiofievog inixäxxei einutv „tir)viv ittiöe
#£«", tö yctq xeXevOui, (ptjol, noieiv xi rj firj lnCxu'£tg ioxiv.
31) Arist. Rhet. III, 5, 1407 b. 7.: Ilqmxayöqag xa ytvr\ xwv bvofiäxmv
äinqu, aqqeva xal ÜTjlttt xal Gxevr). Soph. El. 14, 173b. 19.: xa&aneq 6
n'gojxayÖQag eXeyev, ei b firjvig xal 6 nriXrfi uqqev iaxl. (Vgl. Arisloph. Nub.
632 ff.) Diog. L. IX, 53.: äieiXe" xe xöv Xoyov nqäxog elg xixxuqa- tv/<oXr)v
iqoixt)atv anöxqiaiv ivxoXrrv (ot Se tlg enxd' dvrryi\Giv Iqoixrjaiv anöxqicliv
IvxoXrjV unuyyeXiuv evxioXrjV xXrjaiv), ovg xal nv&fxe'vag eine Xoyiov. Vgl.
die so eben angeführte Stelle Arist. Poet.
32) Diog. L. IX, 52. : xal nqäxog (J.t'Qt) /qovov ditoqiae xal xaiqov <fi5-
vafj.iv Ig'e'&eio xal Xöyiov ayrnvag tnotrjGuxo xal aöt^ia/xa xolg nqayiiuxo-
Xoyovoi nqogfiyaye xal xr\v äiuvoiav cupelg nqbg xovvofia ditXtyihi xal xt>
vvv ininöXuiov yivog xwv Iqiaxixwv ly£vvr\aev.
33) Sext. Emp. adv. math. VII, 65. : roqyCag de 6 Aeovxlvog iv yaQ
X(ö iniyoatfofit'vip Ueql xov fir) ovxog rj neql ifvaeiag xqCu xaxa xb i£r)g
xetfäXaia xaxaaxsvä&f i'v ftiv xal nnüxov, ort oiiäev iaxtv äevxsQov, ort
ti xal iaxtv, axaxaXr\nxov av&Qiönut' xqCxov, oxi ei xal xaxaXrrnxov, aXXd xot
ye ccve"Soiaxov xal avtqitrjvevxov T(p ne"Xag, Vgl. Olympiod. ad Gorg. p. 567.
ed. Routh. *
I. Die Sophisten. 15
theilt werden könne 34), so hob er bei dem Beweise des ersten Punktes
den Begriff des Werdens und der Veränderung überhaupt auf, sowie er bei
dem dritten Punkte eine Gefährdung der abstracten Einheit in der Man
nigfaltigkeit der Subjecte, welche einen Begriff vernehmen, und in der
VieUieit der menschlichen Rede erblickte, so dass also dem abstracten
Begriffe gegenüber auch bei Gorgias der Process einer Entwicklung und
der logische Werth des Urtheiles mit Füssen getreten werden. Hinge
gen in der Ausführung des zweiten Punktes zeigt er, dass das Seiende
nicht gedacht werden könne, weil ja ausserdem das Gedachtwerdende ein
Seiendes sein müsste, nun aber könne Vieles gedacht werden, was kein
Seiendes sei ; und indem er hiebei das bekannte Beispiel eines auf dem
Wasser fahrenden Wagens gebraucht, welcher wohl gedacht werden, nie
aber sein könne 35), zeigt er deutlich, dass er einerseits mit dem gröb
sten Doctrinarismus ein jedes aus der inneren Thätigkeit des Menschen-
Subjectes Üiessende Produkt schon gleich als einen auf objective Wahr
heit Anspruch machenden Gedanken nimmt, sowie andrerseits dass er
gerade hiedurch doch wieder auf dem gewöhnlichsten Empirismus der
sinnlichen Eindrücke steht, indem er ebenso wenig wie Protagoras das
specifische Wesen des Denkens vom Wahrnehmen oder den in der Phan
tasie nachklingenden Folgen des Wahrnehmens zu scheiden vermag. Die
gleiche Wendung eines abstract verfahren wollenden Nominalismus, wel
cher aber doch nirgends einen höheren Begriff zu erfassen vermag, son
dern in das empirische Detail zurückfällt, erkennen wir darin, dass Gor
gias z. B. nicht einen einheitlichen Tugendbegriff aufstellte, sondern die
einzelnen Tugenden bloss aufzählte36). Betreffs seiner eristisch - rhe
torischen Disciplin, welche auf derartigem Particularismus begründet sein
musste, s. oben Anm. 19.
Hauptsächlich aber auf die Prä eis ion des Sprachausdruckes warf
sich Prodikos37), und er mochte wohl vielfach hiedurch der abstract
formalen Auffassung des Begriffes bei den Megarikern vorgearbeitet ha
ben -, denn wenn sich auch Spuren davon zeigen , dass er dem Verhält
nisse coordinirter Artbegriffe zum höheren Gattungsbegriffe seine Auf-
34) Sext. Emp. a. a. 0. 66—85. Arist. d. Xen. Zen. et Gorg. 5 f. Ausführ
licheres z. B. b. Brandis a. a. 0. S. 534—38.
- 35) Arist. a. a. 0. 980 a. 9.: <fet yaq ra ifqovovfieva elvai xal to ufj
ov, tlneq urj ftm, /irjdf <pqoveZa&af ei <T ovTtog, oväiv av elvai xpeviog
oväeCg ifr\Btv, ovS' ei iv Tip neXdyei ifaCt) äfiiXXSO&ai aquaTW nävT« yaq
av tuvtu e^tj. Sext. E. 82. : ei ovv (pqovel %ig iv ntXdyii aquaTa Tqfyeiv
xaX ei /xrj ßke'nti xavTa, öipeiXei niBteveiv ort aq/xaTa iaTiv iv neXdyei iqt'-
/ovicc' tttonov <ft zovxo' oiix aqa t6 ov (pQoveiTai xal xaTaXa/ißäveTat.
Den Grundsatz, dass alles Gedachte ein Seiendes sein müsste, erwähnt auch Plato
Euthyd. p. 284 ff. Ebendarauf bezieht sich Arist. Soph. El. 5, 167 a. 1.: olov
ei z6 fti) ov iOTi äoiaOTbv, oti to fii) ov e*OTiv. Alex, ad Soph. El. f. 26 b.:
Xiyei yaq 6 aoif iOTrjg " oM q TqayiXaipog utj ov iaxlv; ov/t 6 TqayiXaipog
3oSaaTov tan; To fit) ov dpa eOTiv. Vgl. ebend. f. 65a.. Ar. Met. II, 24, 1402a.
5.: ort iarl to ufj ov iarl yicQ to fii) Sv ur\ ov.
36) Arist. Polit. I. 13, 1260 a. 25.: xa&oXov yaq oi Xfyovxeg t%anaT<äaiv
eavTovg, ort to ev 'tyeiv TTjV ifiv/ijv aoerii fj to öqd-onqayelv r\ ti Ttäv
toiovtiov' noXv yaq d/ieivov Xiyovaiv oi i'iaqi&fiovVTeg Tag dqeTag, tligneq
37) Plato Eulhyd. p. 277 D.: nq&Tov yaq, äg iptjai Uqödtxog , neql ÖVO'
16 I. Die Sophisten.
merksamkeit zuwendete, so scheint er hier mehr die Gattung in die Un
ter-Arten zersplittert, als diese unter jene vereinigt zu haben38). Es
enthalten wenigstens die Berichte über Prodikos, welche wir in Bezug
auf Keime einer Logik hier beizuziehen haben, sämmtlich nur den Grund
zug, dass derselbe mit einer gewissen Schärfe sinnverwandte Worte
distinguirtc, so z.B. ytvEG&ai und elvai 39), ceya&ov und öuvov 4U), noieiv
und nQatrsiv 4 '), relivvr) uniiteoag und h'a%arov 42), &Qct6v und avÖQEWV 43).
38) Arist. Top. II, 6, 112 b. 22.: xa&aneg HQoäixog äirjgetTO ra; rjäoväs
eis /UQav xal Ttgiptv xai ev<fgoavvr)V , TavTa yag naVTa tov uvtov Tr)s
rjäovrjg dvöfiaiä iOTiv. Alex. Aphr. ad Top. p. 96. : Tavra yag xara to vnoxeCfxevov
ts xal arjfiaivöfievov r)äovr) xal /aga xt" evifooavvr] xal liqijiif
Tlgoäixog äe InetQÜTo exäoio) tiöv AvofiaTtav tovtiov iätov ti orj/naivö^ievov
inoxauauv, mgneQ xal oi ano riji £Toüg, /agäv fiev XiyovTeg evXoyov
tnagaiv, rjäovr)v äe aXoyov inagatv, xiQtyiv äe Tr)v oV ärmv rjäovr)v,
evu-goavvrjV äe Tr)v äia Xöyiov vo/iod-eToiivTiov äe" Ioti tovto (über letzteren
Ausdruck s. Absclin. VI, Anm. 24). Abweichend hievou berichtet Hermias ad
Phacdr. p. 191. Ast : Ineiär) 6 Ilgoäixog rrjv tiöv övopäztov evgev äxg(ßeiav,
oia äiaqogav Te"gipetos, ^agäs, ei(f goovvrjs , Te"g\piv xaXojv Trjv äi ojtiov
äxor)v, %agäv Trjv Trjg ipv/fjg, eiitfgoavvrjv Tr)v äia jojv dftfiätcov. In der
bekannten Parabel des Gorgias hingegen (Xen. Mem. II, 1, 24.) kömmt folgender
Satz vor: rl av xe^agia/je'vov rj alxov rj noTov evgoig, rj tC äv läiav rj tC
äxovßag Teg(ffhetr]g , rj jCvaiv do<pQaiv6[xevog rj änTofievos i)a&eCr)s, tCoi äe
naiäixoig ofiiXäv fiaXiOT' äv ed<fgavfre(r]s x.x.X. Plato Prot. p. 337 B. (wo
selbst Prodikos spricht): eiHf QaCvta&at fxhi yäg toxi fiav&ävovxä ti xal fpQOvrjatojg
fxexaXafißävovxa avxij xij äiavoia, fjäeo&at äe ladCovTa ti rj aXJLo
i)äv näo/ovTU avx<j> xo) atifiart. Vgl. ebend. p. 353 A.: xr)v äe ügoäCxov
xoväe äiaCgeaiv tojv ovofiä-iwv nagaiTov/xai' ehe yäg r)äv ttzt Tegnvbv
Xiyeig ein /uqtÖv etre önö&ev xal onus Ja xoiavxa bvofiä^tov, a>
ße"Xxißxe ügöäixe, tovto fioi x. T.l.
39) I'lato Prot. p. 340 A. : rairöv aoi äoxeT elvai to yeve"a&ai xal ro
elvai rj aXko; 'JiXXo vr) di , ttpn 6 IlQoäixos eari dt ov xavtov, m
HQtorayoQa, äs <f>r)<si IlgöSixos Sie, to elvai xal to yeve"a&ai. Es hängt
diess natürlich mit der Richtung der Elealen und des Gorgias zusammen.
40) Ebend. p. 341 A. : äsneg ntgl tov äeivov Ilgoäixös ne ovToal
vov&eTel exäaTOTe, oi av InaivtHv iyo) ae rj ctXXov Tiva Xeyoj ort IIocoTayögas
Ooif ös xal äecvos taTiv avr)q, (quTif ti oix aifj^vvofjai Taya&u SeiVtt xaXmv '
to vag Seivov, (prjol, xaxov Iotiv' ovfiels yovv X(yei txäaTOTe deivov tiXovtov
oväi äetvrjs etgrjvrjs oväi äeivrjs vyielas, äXXä oeivijs vöaov xal äeivov no-
Xifiov xal deivrjs nevCas, lös tov Seivov xaxov övtos.
41) Plat. Charm. p. 163 A. : roß*' ojfioXöyrjxa, tos oi r« tujv aXXoiv ngaTroVTes
OuxfQovovOiv, rj tovs TcoiovVTas lafioXöyryaa ; ehe uoi, rjv o*" iyia,
ov TavTÖv xaXeis to noielv xal to ngaTteiv; ov fie"vToi, eif r), oiäi ye tö
{Qyä^ea&ai xal to noielv (c): ii KqitIu, r,v d" iyo), xal evd-iis äqj(ofie"
vov ßov a%edöv 1/^avS-avov tov Xöyov oti tcc oixeTä tc xal r« avTov
äyu&ov xaXoCrjs xal Tag tö>v aya&öiv Troirjaeis ngäSeig' xal yaQ ÜQodlxov
fivgCa Tivä axrjxoa negl ovouaTiov diaigovVTOs.
42) Plat. Meno p. 75 0.: Xtyeyao fioi' xeXtvTrjv xaXeis ti; Toiöväe Xiym
oiov nigag xai eö/azoV nävTa TavTa TavTÖv ti Xiyw laug 6" av r)uiv
IIqoSixos äia(figoixo' aXXä o~v yi nov xaXeig nenegav&ai ti xal TeTeXevirjxivai;
TO toiovtov ßovXofiai Xfyeiv, ovdev notxiXov.
43) Plat. Lach. p. 197 A. : lyiö äe avägtag fiev xal ngo[ir]&elag navv
Tt&lv öXiyoig olfiai fteTeivaf S-gaOVTrjiog if£ xal ToXfirjg xal tov aipößov
/tera ango/irjS-eiag navv noXXoig xal avägiöv xal yvvaixwv xal nalSiov xal
ihfgCoiV tuvt' ovv a ov xaXeig uvdgeT« xal oi noXXol, lyu> f)-gaa(a xaXä,
ttvogeia fik Ta<<pg6vi[itt negl ojv Xfyio , worauf erwiedert wird: xal yag fioi
iSoxelg oväk fir) r)o}>r)ad-tti oti Säe TavrrjV TrjV aotf Cav nagä däfimvog tov
rifieTigov eTuCgoxi naQe(Xrj(pev, 6 äe däfiatv JlQoäixtfi noXXa itXr\aiä^ei §s
I. Die Sophisten. 17
Prodikos halte diese Untersuchungen, deren verdienstliche Seite Niemand
leugnen wird, welche aber doch nicht so sehr überschätzt werden dür
fen, dass man alles Ernstes den Sokrates betreffs des richtigen Gebrauches
der Worte zu einem Schüler des Prodikos macht, in seiner sogenannten
Fünfzigdrachmen-Rede niedergelegt, von deren Inhalt er auch mit grosser
Gewandtheit Gebrauch zu machen verstand 44).
Es hat die Sophistik, wie sie durch diese eben genannten drei
Hauptvertreter geübt wurde , allerdings verschiedene Anknüpfungspunkte
an vorhergehende sehr disparate Stufen, indem die Protagoreische Lehre
an den Atomismus und Sensualismus sich anschliesst, der Standpunkt
des Gorgias hingegen ebenso entschieden von der Eleatischen Abstrak
tion ausgeht, und Prodikos dem eigcnllich rhetorischen Betriebe und den
hieran sich anschliessenden praktischen Erwägungen am nächsten steht.
Aber gerade dasjenige , was bei aller solcher Verschiedenheit ihnen ge
meinschaftlich einwohnt, ist das an die Logik hinstreifende, insoferne es
als Karikatur einer begrifflichen Auffassung dem edleren und wissen
schaftlicheren Gehalte der sokratisch- platonischen Annahme vorhergeht.
Das parliculare Rechthaben nemlich vermittelst eines einseitig festgehaltenen
AbstHctmus Ist ^'"^fMr^trggKBn'nteii" Sophisten, so wie alle übrigen
überhaupt , sich geltend zu machen wussteh. Der Wunsch des Redners
und des rhetorischen Docfrinäres, sich gegen jeden Widerspruch die Beistiinmung
von vorneherein zu sichern, wird ja so ausserordentlich leicht
dadurch befriedigt, dass jede von jedem Einzelnen gefasste Annahme
( — Protagoras und Gorgias — ) oder jede irgend aufgestellte Begriffs-
Unterscheidung (— Prodikos —) eben wegen der bei beiden obwaltenden
scharfen Abgränzung nach Aussen in sich selbst ihre eigene Gewähr
leistung habe. Und es läuft alle. Sophistik für die Methode in den Satz
aus, dass j:s ljei^^ und dass man nicht wider-
'^icchen^Jfeößftfe*,^ d. h. jedes forscTiende und prüfende Eingehen in
die Vielheit der Erfahrungs-Gcgenstände und hiemit jede wissenschaftliche
Gestallung des Uj&eiJfi&~«S^ lnj'eJer einzelnen
Behauptung die begriffliche Abstraction schon als fertige mit dem Anär)
doxti ztöv <to(f i<ST(Sv xäXXiOTa xa TomvTu dvofjaTtt SiaiosTv. Hieraus geht
hervor, dass auch die ganze Stelle Protag. p. 351. der Disciplin des Prodikos an
gehört.
44) Plat. Crat. p. 384. Arist. Rhet. III, 14. s. Spenge!, Artt. Seriptt. p. 47.;
wohl nicht richtig scheint Welcker (Rhein. Mus. 1833, S. 25.) die aristotelische
Stelle zu erklären. Auf Welcker's Darstellung des Prodikos überhaupt hier einzu
gehen , haben wir keine Veranlassung ; für die Logik hat Prodikos im Principe
durchaus Nichts vor den übrigen Sophisten voraus, schwerlich irgend Etwas im
l'ebrigen.
45) s. oben Anm. 25. ; hiezu : Plat. Euthyd. p. 283 E. : r) äoxtT aoi oiövr eJvai
tytväio&ai ; nönoov Xfyovra rb noäyua nsol ov av 6 Xöyog y rj fir)
Uyovra; Xfyovra, MM. Ovxovv ttnen Xfytc avrb , ovx äXXo Xtysi t(3v
ovtiov rj ixeTvo oneg X(yu "Ev firjv xaxtlro y' toxi rüv bvrtov, o Xiyti,
/wpic j<Sv iiXXorv. JTävv ye. Ovxovv 6 (xiTvo Xtyiov rb ov, ty>), Xfyti ;
Nat. HXXit fir)V o ys rb ov Xfytov xal ra bvra raXrj&i) Xtysi. übend. 285 /).:
wc ovtos , itf Tj , toü avriXiysiV, m Krrjainnt , noist rovg Xöyovg : Ilävrmg
<fij iiov, stfrj, xal 0(föd*oa ys. rj Ov, fiL .diovvaodioQS, ovx oiei tlvai ävri-
Xfytiv; Ovxovv Ov y* av, liprj , anodstlgaig niänots dxovoag ovSsvbg ävri-
Xiyovrog srigov i-THjio. Vgl. p. 286 C.
Prastl, Gesch. I. 2
18 I. Die Sophisten.
' spruc^e, auf Wahrheit auftritt. Folgerichtig also klammert sich dieses
lTfecKthaberi"=an das rhetorisch gesprochene Wort an, und die einzelne
Namensbezeichnung gilt als ahstracter Begriff statt des Iteichthums der
factischen Dinge 4e), womit sich jedoch zum Behufe der Sicherung eines
fortwährenden Tummelplatzes für den Sophisten sogleich die Auffassung
verbindet, dass alle Sprache — sowie die Principicn der Ethik und die
, < Gesetze — ja doch nur Produkte einer willkürlichen Satzung sei und
f nur eine eben angenommene Geltung besitze, daher auch in jedem Au
genblicke anders angeordnet werden könne 41). Entsteht aber auf diese
Weise ein rhetorischer Nominalismus des Begriffes, so glaube ich, dass
von diesem Standpunkte aus auch der «ngpnannin r^^£j^!!$CWE!ZJ'^
erklären sei. • Es wird nemlich schon bei Plato selbst als ein Einwand
gegen die Ideenlehre hervorgehoben, dass hei der angenommenen Aehnlichkeit,
welche zwischen dem concreten Dinge und dessen Idee bestehe,
das eine und das andere dieser zwei einander ähnlichen Wesenheiten
ebendarum wieder an Einer Idee Theil haben müssten, und so sich eine
dritte Wesenheit, und ebenso dann eine vierte u. s. f. ergebe48); und
es wird dieses Verhältniss dann mit dem technischen Namen zqItos av-
&qamog bei Aristoteles erwähnt49), dessen Commentator Alexander ganz
richtig die Erklärung gibt, dass sowohl von dem einzelnen Menschen
„Mensch" prädicirt werde als auch ebenso das allgemeine allen Menschen
zu Grunde liegende Wesen (die Idee) ebenfalls „Mensch" genannt werde,
so dass eben diese Bezeichnung der „dritte Mensch" neben dem allge
meinen Menschen und dein concreten Menschen sei 50). Hält man nun
46) Plat. Crat. p. 435 D.: Xöiog yeco ... rö ToiövSe Xtytig , oig IneiSäv
Tig elfiij to ovofiaolov Iotiv — (ari oiöv nto to 7ioay{ia —, etaerai ärj
xal rö no&yfia, Inelneq bfioiov Tvy^ävei ov Tip övöfiaTi, Te/vrj d"k fila ao'
iarlv T) avitj nävTiov tojv aXXrjXotg o/xoliov xenä tovto djj fioi doxelg Xiyeiv
lag og av Ja dvöfiuTa eldfj , efoerai xal tu nqäyfiaTu. Ehend. 437 C:
luv olrjötCri av av näXiv röv ra övöfiaTtc Ti9e'uevov oü/i iövTtt ovrfi ipegöfieva
uXXa fiivoVTa tu TiQt'tyfxaza arj/jalveiv. Legi). XII, p. 964 A.: axoniajxev
tov tlfiöra txaviSg neql lüvriviovovv, oig eazi fiiv ovo/xa, e<STi cTi av xal Xöyog,
nÖTeqov fiövov (nlaiaaS-ai rovvopu /qeibv, xbv dl Xöyov äyvoetv, r\ tov ye
ovra ii x. x. X.
47) Plat. Crat. p. 384 E. : ov yaq ipvaei exätJTip neitvxivai övo/ia oiidlv
oitievl, aXXcc vbfiq) xal ?#£i rtov e&ioävTtov re xal xuXovvtiov. Ebend. p.
437 /).: ifiqe, rovg xci dvöuara Iv Talg nöXeai Tt&euevovg txc'tOTOTe, ev ts
Talg 'EXXr)VixaTg xal ßaqßaqixaig, oiix äqrdog mfioXoyovfiev vo/io-thirag elvai
xal TtjV xe"xvrlv TfjV tovto ävvafie'vrjv vofiofteTixrjv ; vgl. p. 389/).
48) Parmcn. p. 132 D. : el ovv ti, tqrj, eoixe tiö etöei, oiöv Te Ixeivo to
eläog /*■!] bfioiov elvai Tip elxaa&e'vTt, xk#' baov avTip äif tofioitoffri ; >; eon
Tig firj%avr) to bfioiov fit) öfiolip buoiov elvai; Ovx eoxiv. Tb de bfioiov xip
ouotw aq' ov ßieyäXr) avayxt) ivog tov aizov eMovg fiexej^eiv; 'Aväyxij.
Ov ä' av ik bftoia fieTfyovra bfioia 5, oix Ixeivo eOTai aixb to eläog ;
HaVTanaßi fiiv ovv. Oix «pre oiöv Ti ti Tip eidei bfioiov elvai ovii tö
eläog aXXii)' el äh fit), nanu tö elifog äel aXXo ävaifartjaeTai eld'og, xal av
Ixeivo Tip Bfioiov 5, %tiqov av, xal oidtnoTe navßeTKi ael xaivbv elSog
yiyvö/nevov, tav to elifog Tip eavTov fieTe"/ovTi bfioiov yCyvrjxai.
49) Metaph. A, 9, 990b. 15.: cri öh ol äxoiße'aT cqoi tüv löytov ol plv
tüv nQÖg Ti noiovaiv ?dY«f, luv ov qafiev elvai xa&* avxb yivog , ot äi
tov tqCtov av&Qionov XtyovOiv. &. Bonitz z. d. St.
50) ad Metaph. p. 62, 20. ed. Bon. : tjv äi Tig Xöyog vnb tiBv Ooif iOTiüv
Xeyöftevog tqCtov av9oio7iov elgayiav ToiovTog' el Xiyovreg „av&Qtanog
I. Die Sophisten. 19
Obiges fest, dass die Sophisten auf die Namensbezeichnung als solche
sich stützten, so waren sie einerseits von dem abstract idealistischen
Sein (ov, ovöia) der Eleaten schon abgewichen und in das rhetorische
Gebiet eingekehrt, und andrerseits mussten sie eben darum das schlecht
hin coucrete Ding vorerst durch die Namensbezeichnung gleichsam aus
prägen , um es zum rhetorischen Begrifft zu stempeln. Somit scheint
mir dieser tp/rog av&Qcmog der Sophisten 51) schon völlig dasselbe zu
sein, was wir bei den Stoikern als das kexrov trelfen werden (Abschn.
VI, Anm. 47 ff.). Jedenfalls aber erkennen wir die gleiche nominalistisehe
Zersplitterung darin, dass die Sophisten bei dem individuellen Wesen
(z. B. Sokrates) eine formale Schwierigkeit erhoben, indem sie das
concret gewordene Wesen als solches von dem Sein trennten und hiedurch
iu den wesentlichen Inhärenzien des Individuums einen Wider
spruch fanden (das "Ev und Ilollä) ; es wurde nemlich behauptet, dass,
falls z. B. Sokrates und Sokrates-Sein verschieden sei, dann der einheit
liche Sokrates ein von sich selbst verschiedener sein müsse, falls aber
Sokrates und Sokrates-Sein identisch sei , dann auch Sokrates-Sein und
„helle Hautfarbe besitzend Sokrates sein" identisch sein müsse, also
Substrat und Attribut zusammenfalle 52). Natürlich war hiemit eine
TttQiTrmu ovxe xbv mg tSiav äv>onov ntoinaxitv Xfyofiev (äxivtjXog
yäq txe(vij) ovxe xtäv xa&' ixaaxa tivic (nmg yäq ov fxri yvwnlfr/xev ; to
ftiv yaq avO-Q(onov ncomaxeiv yviooC£ofiev, xig eft x(3v ixaaxa iaxiv
lif ' <p Xiyofiev, ov yvtoo(£ofiev) aXXov xivä nagä xovxovg tqitov äv&Qionov
Uyofiev tieqmaTeiv' xolxog aga av&Qwnog iaxai, ov tb neqinuxeiv xaxrjyogrjOa/
xev .... Xiyei de 'PctvCag Iv X(T> ngbg diodmqov IloXvl-evov xbv
aotfiaxtjV tov tqCtov av&gionov elgäyeiv Xfyovxa „ei xaxa jxexo^v xe xal
fitxovolctv xfjg idtag xal tov avxoav&gänov b ävS-gwnog iori, o*ei xiva
ehai clv&Qwnov og ngbg xrjv iäe'av i'iei xb elvai' oiixe äe b avxoäv&gionog,
5 lönv ioia, xaxu. fiexo/ijv <oVaj, obre b xig av>anog' XeCnexai aXXov
rirä eivai xqCtov ccv&qwtiov xbv nobg xijV iäe"av rb elvai e/ovxa." öelxvvxai
xal ovxbig b xolxog av&gwnpg • ei ib xaTr\yogovfievov xiväiv nXeiövcov <Ujj#c5s
xal iaxiv aXXo naga xä <hv xaxr\yoouxai xe^wqia/j.e"vov avxüv (xovxo yag
Tiyovvxai äeixvvvai ot xag iäiag Tibe'fievoi' diu xovxo yaQ ioxC xi aixoüv&
Qwnog xctx' avxovg, ort 6 äv&gwnog xaxa xwv xa&' ixaaxa av&gionmv
Tiltiövüiv ovxtov uXrjft-üis xaxrjyogeixai xal aXXog xäv xad-' ixaaxa av&gcänuv
toxi), äXX'^el xovxo, eexai xig xqCxos äv&gainog- et yag aXXog b xaxryyo-
Qovpitvog wv xaxrjyogeixai xal xax' iätav {xpeoxajg, xaxrjyogeixai Sk xaxä
Tt xtäv xaS-' ixaaxa xal xaxa xrjg läiag o av&q<onog , i-axui xgtxog xig
uvO-Qwnos nagä xe Tovg xa&' ixaaxa xal xr)v iSe"av ovxmg äe xal ie~Tagxog
b xaxa TS tovtov xal Trjg iSiag xal xwv xa&' 'ixaOxu xaxr^yoQovjXSVog,
bfioimg ds xal nifiiiTog xal xovxo in' antiQov.
51) Da in der oben angeführten Stelle nicht bloss überhaupt von Sophisten,
sondern sogar von einem einzelnen bestimmt genannten Sophisten gesprochen wird,
aber anderwärts in den Commentaren Alexander's ausdrücklich die Megariker er
wähnt werden (sei es dass er deren Schriften selbst vor sich hatte oder aus den
Werken der älteren Peripatctiker schöpfte), so scheint hiemit kein Zweifel zu sein,
dass der Tofrog uv&q(07iog wjrklich. dm Sophisten „angehöre Die Gründe Stallbaum's
, welcher diese Aü/fassüng den Megarikern zuweist, halte ich für nichtig.
Keinenfalls wird ein Grund einer Unmöglichkeit gegen jenes Zcugniss Alexander's
vorgebracht werden können. — Vielleicht hat Plato selbst diesen Nominalismus im
Ange, wo er, Soph. p. 244 C, von den Schwierigkeiten spricht, welche sich erheben,
wenn man Gegenstand und ovofia identificirt.
52) Arist. Metaph. Z, 1 , 1032 a. 5.: ort /ilv ovv Inl twv nqiuTasv xal
aviä Xtyofiivuiv to txdaxip tlvai xal ixaaxov xb avxb xal iv toxi,
2*
20 L Die Sophisten.
I
Zersplitterung eines jeden allgemeineren Begriffes in sein einzelnes Auf
treten gegeben, so dass bei jedem Vorkommen eines concreten Gegen
standes der blosse Gebrauch eines bezeichnenden Wortes genügte, um
sich dem Wahne hinzugeben , dass hiemit schon der abstracte Begriff
getroffen sei, was selbstverständlicher Weise eben wieder in den ge
wöhnlichsten Empirismus zurückschlägt. Nur eine etwas stark aufgetra
gene Darstellung hievon ist es, wenn z.B. auf die Frage, was das Schöne
sei, geantwortet wird: „eine schöne Jungfrau"53). So betrieben die
Sophisten ihre stets prunkend hervorgehobene Begriffsschärfe ohne allen
Sinn für das wahrhaft höhere Allgemeine. Eine nothwendige Folge
aber hievon war, dass das Wesen und die Bedeutung des Urtheiles nicht
verstanden wurde, und um dem geglaubten Missverhältnisse, dass in dem
selben ein einheitliches Subject (ev) mit der Vielheit der Prädicate (nokka)
verbunden und so die Einheit getrübt werde , zu entgehen , schlug L y -
kophron vor, das „ist" aus den Urtheilen zu tilgen, weil bei Weg
lassung dieser Copula das Prädicat nicht mehr einen „ Zusatz " zu dem
seienden Einheitlichen bilden könne 54).
Das Motiv des particularen Rechthabens erscheint nun, abgesehen
von der rhetorischen Praxis, auch in mehreren Fang - und Trug-Schlüs
sen, welche zwar dem Interesse der Logik näher liegen, aber doch nur
die Bedeutung äusserlicher logischer Kunststücke haben, indem sie wohl
von einer ganz zersplitterten Auffassung des Begriffes ausgehen, schwer
lich aber schon mit bewusster Absicht dem Nachweise derselben dienen ;
letzteres scheint erst bei den Megarikern zu geschehen, und hierin der
Unterschied der megarischen Sophismen von jenen der eigentlichen So
phisten zu liegen (s. d. folg. Abschn.). Jene sophistischen Fechterkünste
nun, in welchen nur das formale • Rechthaben zur Schau getragen wird,
legt Plato dem Euthydemos und dem Dionysodoros in den Mund,
welche beide allerdings der späteren Generation der Sophisten angehört
zu haben und wohl eher blosse Rabulisten als irgend wissenschaftliche
Leute gewesen zu sein scheinen, wobei sie übrigens nur die Consequenzen
verfolgen, welche aus dem Standpunkte eines Protagoras, Gorgias
und Prodikos nothwendig von selbst sich ergeben. Aber wenn Schleier-
SfjXov' ol rfi Oo(pio"Tixol ekeyxoi nobg tt\v (MOiv tavxrjv (paveqbv Sri rrj
airy kvovrai kioei , xal el rai/Tb Eoixocarig xal 2a>XQÜtu elvai. Alex, ad
Metaph. p. 453, 4. Bon.: ikeyov yao ol aoipiaral , nÖTeoov b Ziaxnarri; xal
To 2xoxQarti elvai raiib rj oii. xal el fiiv ereoov, tneiäfi rb Siüxoärei elvai
To rl r\v elvai ZmXQÜTti fori xai rj (fvoig tov Ztaxoarovg, tarai 6 2a>XQttrr\g
ereoog eavrov' et rfl 6 avrbg, lorl d" 6 ZtoxpaT-qg xai Xevxds, earai xal
to Swxpärei tlvai r(j5 kevxiji elvai Ztaxoaiei to avrb , ij oidCa Tip avjxßeßt]
xÖTi Sticq akoyov. S. Abschn. II, Anm. 88.
53) Hipp. maj. p. 287 0. Achnlich ist z. B. Theaet. p. 146 C. die Antwort
auf die Frage, was Wissenschaft sei.
54) Arist. phys. ausc. I, 2, 185b. 26.: 19-oQvßovvro St xal ol vareqoi rdäv
äp%a(iov öniag fir\ apia yivrjrai airolg t6 avrb i'v xal noXXä' Sib ol /xhv
to eoriv atpeikov, ägnep ^IvxötfQtav, ol äe ti\v XQiv (iereppv{)-jj.t£ov (über
letzteres s. Abschn. II, Anm. 110.). Simpl. ad phys. f. 20 a.: d Avxöif'pwv '(prjoei
to ton TiSv xttTtiyoQri/täTiov, Xiytav „2u>xoaTi\g Xevxög", (ig aiiriüv xa&'
avrb TtSv OvfißeßijXoTüiv ävev tov iOTi fiij noiovvTiov ovrog noogO-^xrjv.
Lykophron ist Soph. El. 15, 174 b. 32. ziemlich deutlich, Mit. III, 9, 1280 b. 10.
aber ausdrücklich als Sophist bezeichnet.
I. Die Sophisten. , 21
macher und Andere 55) annahmen, dass Plato unter jenen beiden So
phisten, welche wir in der That auch fast nicht anderswoher kennen, nur
die Megariker gemeint habe, so gestehen wir zwar zu, dass das Material
der logischen Kunststücke bei den Megarikern durchaus ein äusserliches
sophistisches ist, aber der Zweck derselben dürfte bei jenen, wie wir
unten nachzuweisen hoffen, doch ein logischer (wenn auch ein verkehr
ter) sein ; hingegen der Eindruck, welchen die platonische Charakteristik
des Euthydemos macht, möchte doch entschieden darauf hinweisen, dass
es sich hier um eine schlechtin bodenlose Klopffechtern handelt. Dann
auch scheint unter jenen Megarikern , welche hauptsächlich mit Fang
schlüssen sich beschäftigten, Eubulides schon sehr nahe an das Lebens
ende Plato's zu gehören, Alexinos aber über die Lehenszeit desselben
bereits hinauszureichen ; ja es ist auch nicht sehr glaublich , dass Plato
noch im späteren Alter jene Eristik, welche er wirklich selbst noch er
lebt haben konnte, für würdig gehalten hätte, sie zum Gegenstande eige
ner Polemik zu machen. Uebrigens insoferne eine völlig sichere Ent
scheidung hierüber wohl unmöglich ist und in Bezug auf das Material
der Trug-Schlüsse weder aus der historischen Ueberlieferung noch aus
inneren Gründen ein Unterschied zwischen den Megarikern und den
Sophisten gewonnen werden kann, so möchten wir uns an den ganz
äusserlichen Unistand der Ueberlieferung halten , dass die einen Sophis
men schon bei Plato erwähnt werden, und wir besprechen demnach diese
letzteren gleich hier und behalten die Anführung der übrigen dem fol
genden Abschnitte vor, woselbst sich dieses Gebiet einseitig logischer
Spitzfindigkeit aus den Berichten bei Aristoteles ergänzen und abschliessen
wird.
Was Plato als einen Grundsatz des Euthydemos bezeichnet 56), dassj
für Alle Alles in gleicher Weise zugleich und immer sei, ist eben der!
schroffste und ausgedehnteste Ausdruck des unentreissbaren Rechthabens]
welcher auch absichtlich dazu angewendet wurde, um von dem Nem-j
liehen zugleich Gegenteiliges auszusagen57), jedoch in der Art, dass
neben einem solchen Verfahren gerade wieder der Begriff einer jeden
Verbindung von Verschiedenem, wodurch dasselbe gegenseitig qualitativ
bestimmt werde, auf das ausdrücklichste ausgeschlossen wird 5S). Durch
55) z. B. Socher, Uebor Plalo's Schriften, S. 256. und Cousin in d. Einl. z.
s. Uebers. des Euthydemus.
56) Crat. p. 386 D.: ai.Xa fii]V ovdk xar' EvO-vSrjfiöv ye, olfiai, Ool äoxel
nüoi navra bfiotmg elvai tifia xal ael.
57) Eulhyd. p. 293 6'.: Ovxoiv i^iorrifiiav el , eXneo InCarutSai; Havv
ye, tovtov ye avrov. Ovdev äia(pe"oei. aXV ovx avayxrj ot i/ei nuvxa
InCartia&ai {ntairi^iova ye ovxa. Ma /IC , i\v d" lyd , Inel noXXä aW
ovx tnCOTtt/juu. Ovxovv et ti fit] InCaiaaat , ovx iniairj/xav el. 'ExeCvov
yt, o> flXe, rjV d" lyiö. IIttov ovv ti, $(ft], ovx ini<sxr\fi<av ei; apTi rfi
fniarrjuoov etf rjO&a elvai. xal ovtio ivy^äveig tov avrös ovtos ös et, xal
av 7iai.iv ovx el xara ravTa aua.
58) Ebend. p. 301 A. : ccXXa rCva tqÖtiov, t(fH) , eTtoov It^qc^ nuoaytvofiivov
t6 ?rfpov 'hegov av etr); Sext. Emp. adv. malh. VII, 64. : 6 <f£ 7iQoeior)[ie'vo(
äyijg (TTgmTayÖQag) ovre xaS-' avrö ti vnaQXov ovxe ipevSog anoXe'XoiTiev
TOtovToi ef£ yeyovivai XiyovTai xal ol negl löv Ev9-vSr)uov xal /fwvvoöiaiQov'
tcüv yaq tpqös ti xal ovtoi t6 tc Sv xai to äXij&is anoXeXoCnaaiv.
22 I. Die Sophisten.
diese Vereinigung eines abstracten Festhaltens und eines momentanen
Aufgreifens ergibt sich die Entstehung der sophistischen Fangschlüsse,
welche nur den Zweck hatten, die vermeintliche Ueberlegenheit des Ra
bulisten in allen Erörterungen zu zeigen.
So drückt sich z. B. das sophistisch absichtliche Misskennen einer
Verbindung zwischen Substrat und Attributen in dem Fangschlusse aus :
„Wer Jemanden belehrt, will bewirken, dass derselbe weise und nicht
mehr unwissend sei; er will also, dass jener werde, was er noch nicht
ist und dass er nicht mehr sei, was er jetzt ist; also will er ihn ver
nichten" 59). Der Begriff der Veränderung überhaupt oder der örtlichen
Entfernung wird in gleicher Absicht und Weise benutzt in einem von
Aristoteles ausdrücklich dem Euthydemos zugeschriebenen Sophisma,
welches im Deutschen etwa so ausgedrückt werden könnte : „Du bist in
Athen? Ja. Du verweilst also jetzt dort? Ja. Du weisst, dass Schiffe inSicilien
sind? Ja. Du weisst also jetzt in Athen Schiffe in Sicilien dort verwei
lend" 60) , wobei natürlich der Sprachausdruck zu Hülfe kommen muss,
um die Vertauschung der zwei Orte zu bewerkstelligen. Ueberhaupt ver
steht es sich von selbst, dass sprachliche Zwejdejüifikeit das vorzügliche
Gebiet war, auf welchem jene Spitzfindigkeiten zur Schau getragen wur
den. So ist dieses der Fall bei dem Fangschlusse, welcher auf der
doppelten Bedeutung des Wortes iiav&avsiv (Lernen und Verstehen) be
ruht, so dass zugleich bewiesen wird, dass die Unwissenden und dass die
Weisen die (nav&ävovreg sind61), oder ebenso dass das (lav&ävuv sich
auf ein Gewusstes und zugleich dass es sich auf ein Nichtgewusstes be-
(Die Erwähnung des Euth. und Dionys. , welche übrigens völlig richtig mit dem
Standpunkte des Protagoras in Verbindung gebracht werden , fliesst sicher nur aus
dem platonischen Dialoge selbst.) Vgl. auch Soph. p. 254 ff.
59) Euthyd. p. 283 D.: Nvv eft, r\ d" os, KleivCag nöreqov Ocxpög idtiv
rj ov ; Ovxovv (ptjOC yi not 'Yfiets äk, i(pr), ßovXead-e yeviö&cci avrbv
aoipbv, äfia&ij de firj elvai ■ 'QftoXoyov/ttv. Ovxovv os (*ev oix eßri, ßov-
Xeo&s avrbv yevia&ai, os d" eari viiv, urjxir' eh'cti .... aXXo ri ovv, B(prj,
inel ßovXeo&e avrbv, os vvv eart, /xr/xir eivai, ßovXeöd-e avrbv, tos eoixev,
dnoXiaXivai ;
60) Arist. Soph. El. 20, 177 b. 12. : xal 6 Ei&vdrjfioy äi Xöyos' cto'
oldas Ov vvv ovOas iv IleiQttitl rqnjqeis iv ZixeXCq äv ; Alex, ad Soph.
El. f. 56a.: rbv de Xoyov rjQwra 6 EiS-idy/tos iv üeiQaiel rvy%ava>v ort
ai rwv H&r)Va(ojv roirjoeis eis ZixeXiuv rjXS-oV 'iori. de r) rov ao(f(o/j.aros
ayioyrj roiaörrj' anä ye Ov vvv iv ITeioatet el ; vaC. aoa oMas lv ZtxeXCu
TQirjQtis ovOas; VaC. ao' oMag Ov Vvv ovßag iv IleigaieT roirfoeis iv JSTtxeXi'q
äv. Zu einer zweiten Anführung jedoch hei Arist. Hliel. II, 24, 1401 a. 27.:
eOri Se rovro EiOvSr\aov Xöyog , oiov rb elätvai ort rQirjqrjs iv Heiqaiei
iartv exaOrov yag oldev scheint diese Erklärung Alexanders nicht zu passen,
denn der Zusatz 'ixaarov yaq oldev lässt eine andere Gestaltung des Sophismas
erwarten.
61) Euthyd. p. 275 D. : noreqol tloi roiv ctV&QioTtiov ol /j.ctv&avovres , ot
öorpol rj ol a/ia&eTg ; (276 A.) 'liXXo ti ovv, r\vlxa i/^uv&ävere, ovnta
rjnCOTaO&e ravra a ifiav&avere ; Oix (kpr). lio' ovv Ooqpot qre bre T«5r'
oix rfnioraO&e ; Ov dfjra, r) d" os. Oixovv ei fir\ <So(pol, afta&cis ; Havv
ye. lY/j.eTs aqa fiav&ävovres a oix r)7i(araO&e, üfJa&eTs ovres ifiav&avere
ol apa&eTs ß'p« fiav&aVovOi (C). TI dal, hpr\, bnört anoOrofiar(£
oi ifitv b ypafifiariOrijs , noreooi ifiav&avov räiv natdiav ra dnoorofxari£
6[xeva, ol Oo(fol rj ol afia&eTg ; Ol Ootpol, lojij ö KXeivCas. Ol Gotpdi
aqa (lav&ävovo'iv aXX^ oix °' <*/*tt&ets.
I. Die Sophisten. 23
ziehe62); hiemit ist wegen Doppelsinnes des Wortes' „Wissen" der Aus
spruch verwandt, dass man weder dasjenige, was man wisse, noch je
nes, was man nicht wisse, suchen könne63); desgleichen Sophismen,
welche den Unterschied zwischen dem Verstellen einer Kunstfertigkeit
und der Ausübung des Verstehens verwischen 64).
Vielleicht auch gehört jener Richtung, welche im Platonischen Euthydemos
geschildert wird, der Grundsatz an, dass Alles in gleicher
Weise gesprochen werde, d. h. dass der sprachliche Ausdruck überall
auf alle Verhältnisse gleichmässig angewendet werden müsse, so dass
■l. B. wenn jenes, was weder gut noch schlecht ist, ein Mittelding zwi
schen Gut und Schlecht sei, ebenso auch dasjenige, was weder Schuh
noch Hand ist, ein Mittelding zwischen Schuh und Hand sein müsse 65).
Es würde diess wenigstens ebenfalls als ein überallhin sich ausdehnen
des Rechthaben gut zu dem obigen (Anm. 56.) Grundsatze des Euthydemos
passen; sicher aber läge darin das Motiv aller bloss auf den Sprach
ausdruck gegründeten Analogieschlüsse (s. z. B. Abschn. II, Anm. 47. f.).
Und wenn mit sophistischer Absichtlichkeit jene Mannigfaltigkeit verkannt
wurde, welche in Einer Form des Sprachausdruckes vereinigt sein kann,
so entstanden Fangschlüsse, welche eigentlich nur als Wortwitze zu be
zeichnen sind und gänzlich durch den Satzbau des Griechischen bedingt
62) Ebend. p. 276 D. : noxeqov yäq ol fiav&dvovxeg fiavS-dvovOiv a
hiaxavxai rj a fir) intoxuvxai (277 .4.) dqa ob ob fxav&dveig äxx'
«V anoaxofictTtt,r\ xig, 6 <fi fir) tmaxd/tevog yqdju/j.axa fiavS-dvei; Ovx,
all', r) ä' os, [lavS-dvio. Ovxovv ti Inlaxaaai, tipri, fiav&dveig , einen ye
anavxa xu yqd/j-fiaxa tntoxaoai (C) nöxeQov ovv eiolv ol kafißdvovxeg
önovv ol tyovxeg i/'cfjj rj ol av fxr); Ol av fir\ iywOiv. Ovxovv äifioköyrjxag elvai
towiuv xal tovs fir) inufTafievovg xiov fir) tydrxwv ; Kaxevevae. T(5v ka/nßavovx<
ov «(>' tlalv ot fiav&dvovxeg , akk' ov tiSv iyovxtov ; Swiipt). Ol ur)
hiaxdfievot kq,) eifrj, ftav&dvovoiv. Arisl. Soph. El. 4, 165b. 31.: oiov oxi
fictv&ävovoiv ol intoxdftevoi , xä ydq dnooxofiaxi^ofieva ftav&dvovoiv ol
yqafifjiuxtxoC. 19, 177 a. 13.: Iv äi xaj fir) OvvenioxaO&ai x6v IniOxdfievov
tv tüv fqmxrifidxiov ctfiiftCßolov, u. 27. : ovx äqa OvvenCaxavxai o xi tntaxavtm;
Vitt. dXk' oi/ ol ovxtog tniOxdfievot. Vgl. Alex, ad Soph. El. f. 53 a.
63) Plato Ueno p. 80 E. : bq^g xovxov tag Iqtaxixbv köyov xaxdyeig; mg
ovx uq« toxi tyxeiv aviyqwnm ovxe o oläev oiite o fir) oläev. ovxe ydq av
yt o oläe £rixol, oläe yctq xal oväev äel xoj ye xoiovxtp (rjxr]as(üg' ovxe o
fiy olätv, ovfie ydq owev o xi £r)xrjaet.
64) Arist. An. post. I, 6, 74 b. 23.: oiov oi ooipiaxal oxi xo irxlaxaoS-ai
tö lniaxr)uT)V t/eiv. Metaph. Q, 8, 1049 b. 30.: Sib xal äoxeT dävvaxov
efvot oixooöfiov tlvai fir) olxodofirjaavxa firjSev rj xi&aqiaxrjv firjäev xi&icolaavxa,
6 yaQ fiav&dvtov xi9aql£eiv xi&aqC£(ov fiavS-dvet xi&aol&iv, bfioCmg
ok tat oi äkkoi • 8&ev^ ö OoquOxixbg e"key%og iyCyvtxo Sri ovx tyiov xig xr)v
tniaxri/irtv notrjau ov r) iniaxrjfiri , 6 yäg {i.avd-äva>V ovx Z/ti. Alex, ad
Metaph. p. 557, 8. Bon. : r\omxtav ydo ol ootpiOzal, /xüXXov Sh xal vvv toatrwffii',
ciqd ye 6 urj tyiov IniaxrjfirjV xivbg noir]aei xr)v iniaxrjfirrv ; . . . .
(15.) ovxoj &e xbv Xöyov iqioxävxeg ol aoif total xal kafißdvovxeg naga xüv
VQogStaXeyofie'viov öxt ov noir\on xo xr)g intctzquijs 6 /xr) tyrnv xrjv tmffrtjp;)/
inrjyov oxi 6 [tav&dvoiV xt&aqfieiv (irj f^cuv xrjv tov xi&aqt&iv
im vxrjuriv xif)aQl(ei' ei yaq etyev, ovx av e"fidv&avtv 6 aqa juj ^(oj»
xivbg lniOxr)}ir}V xal noirjoei xal ov noir]oei xb xrjg IniaxrjfirjS, bneg axonov.
65) Arist. Melaph. i, 6, 1056b. 30.: äaxe ovx ön&oög inixifxmoiv oi vofil~
fovrtf bfioCtog Xiyeod-ai ndvxa, Saxe 'ioeo&ai vnoärjfiaxog xal yeiqbg fxexu%v
rö firjie vnoSrifia (irjxe yeTqa, etneQ xal xb firjxe dyad-bv fiijxe xaxbv roxi
«ya&ov xal xov xaxov, tag ndvxcov ioofiivov xivbg fiexaSv.
24 I. Die Sophisten.
werden, wie z. B. das so oft angeführte h'au aiymvxct ifyitv66), oder
das Sophisma, dass der gesehene Gegenstand selbst sehen könne67), oder
Dinge, welche auf der Zweideutigkeit des sog. Acc. c. Inf. beruhen 68).
Und so bewegen sich in Anwendung des Doppelsinnes eines Ausdruckes
überhaupt mehrere eben so einfältige als geschmacklose Fangschlüsse,
an welchen wir wohl am meisten das Eine bewundern müssen, dass
man sie der Aufbewahrung oder Besprechung je Werth gehalten hat;
so z. B.
Der Tüchtige bespricht die Dinge, wie sie sich verhalten.
Das Schlechte aber verhält sich schlecht.
Also bespricht der Tüchtige das Schlechte schlecht 69),
oder: Dieser Hund hat Junge
Also ist er Vater
Er ist aber Dein
Also ist er Dein Vater
Du schlägst ihn aber
Also schlägst Du Deinen Vater 70),
oder: Wenn es wahr ist, dass man des Guten nie zu Viel thun kann,
so muss der Kranke einen ganzen Wagen voll Arznei nehmen 7 1),
66) Euthyd. p. 300 B. : rH yag ovy oiöv re, eiftj ö zfiovvdööojgog, OiyiövTa
Xe'yeiv; Ovo" ötiiootwvv, ij <i" Sg o Kxr]oinnog. lig* oiäe Xfyovxu Oiyav ;
"Eti r)TTav, Itftj. "Oiuv ovv XCS-ovg Xfyrjg xul JtU« xal Oifirjgia, ov OiyäVTu
Xfyeig "Otuv Oiyifg, eift] 6 EvS-värj/xog , ov tiuvtu Oiyqg ; "Eytoye , ij
tf' og. Ovxovv xal ra Xfyovxa Oiyqg, etneg tojv utcuvtuiv (OtI tu Xfyovxu.
Arist. Soph. El. 4, J66a. 12.: «(>' eori oiyiävxu Xfyeiv; ämbv yug xal to
OiyiSvTU Xfyeiv to rs tov XfyoVTu aiyäv xal to tu Xeyöfievu. ebend. 10,
171a. 20.: eh' tgtoxr)aeii Tig et %an OiyävTU Xfyeiv rj ov. ebend. 19, 177 a.
12. u. 22. n. 25. Alex, ad Soph. El. /'.12 a.: to öi oö(f,iOfj.u to „ugu iOTi
Oiyojvxa Xfyeiv" ovtio Eb&vSrjfiog r)gojTW «p* eoxi Oiyiävxu Xfyeiv; ovdafiäg.
tI äe öxuv XC&ovg Xfyeig xal 1-vXa xal aCärjgov, ov OiytSvxa Xfyug;
vaC. eOTiv ugu OiymvTU Xfyeiv. eiTu nuXiv im%eigojv etg tovVuvtiov
iXeyev ag' iOTi XfyovTa Oiyav; oväaftdög. tC orav Oiyiig, ov nävTU öiyqg;
val. ovxovv xal tu XfyovTa Oiyag, eOTiv aga XfyovTa Oiyav. ebend. f. 33 a.,
4a., 8a., 10b., 27a. u. noch oft.'
67) Eulhyd. p. 300 A. : üoxegov <fi ögüaiv, etprj 6 Ev9-vSr)/j.og, xulZxv&ui
xal ol aXXoi uv&gionoi xu ävvaxu ögüv rj xu uävvaxa ; Tu ävvaxu ärj nov.
Ovxovv xal Ov, Itpri; K&yoi. 'Ogifg ovv tu r)fiixegu IfiaTia; NaC. Avvaxa
ovv ögäv iail xavxa. Ebenso Alex. a. a. 0. f. 15 b. n. 23 b.
68) Eulhyd. p. 301 D. : Jlgogrjxei äi ye, tag <fyg, tov fiäyeigov xutuxotttsiv
xal ixäigeiv SrjXov toCvvv, r) ä' og, oxi uv Tig Otfah'ag tov fiäyeigov
xul XttTaxöxpag hprjai) xal önTrjari, xu ngogrjxovxa noir\oei.
69) Ebend. p. 284 b. : Eial fiiv'xoi, i(fi}, ol xaXoC xe xuyuS-ol xul ol xaXrj&rj
Xfyovxeg. TC ovv, rj <P og. TüyaS-a oix ev, i<fr), e/ei, tu äe xuxä xuxtög;
^vve/togei. Tovg äe xalovg xe xaya&ovg öfioXoyeTg Xfyeiv tög tyei tu
nguyfittxa; 'OftoXoyä. Kaxüg ag\ ecprj, XfyovOiv, eJ KTr\ainne, ol äya&ol
tu xaxu, eineg mg 'fyet Xfyovaiv.
70) Ebend. p. 298 D. : Eine yüg fioi, eOTi Ooi xvojv ; Kai fiüXa novrjgög,
eqrj o KT^ainnog. "Eotiv ovv uvto) xvvlSia; Kul uäX>, etprj, eTega toiuvtu.
Ovxovv nazrjg Iotiv uvtwv 6 xviav ; .... TC ovv, ov aög lanv 6 xvwv; nüw
ye, eyr). Ovxovv 7iaTr)g tov aög Iotiv, <Saie oög naTr)g yCyveTai ö xvwv
xal Ov xvvugCiav aSeXtfög TvriTeig tov xvva toviov ; .... Ovxovv löv
OavTov nuTiga, tyr) , nnreig. Arist. Soph. El. 24, 179 a. 34.: oög ö xviov
nuTT\g -, (Alex, ad Soph. El. f. 25 a. ebenso wie bei Plato, nur mit Weglassung
des TvnTeiv.). Vgl. Abschn. II, Anm. 77 f.
71) Ebend. p. 299 B.: Ineidr) yug mjxoXoyeig uyu&öv elvui (pügfiaxov,
I. Die Sophisten. 25
oder: Thier ist, was Seele hat
Mein ist, womit ich nach Belieben schalten kann
Also mit meinen Thieren kann ich nach Belieben schalten
Meine Götter sind die väterlich angestammten Götter
Die Götter haben Seelen, und sind also Thicre
Mit meinen Göltern also kann ich nach Belieben schalten 72).
In allen diesen Sophismen ist sichtlich, dass nur mit dem rhetorisch
isolirten Begriffe getändelt wurde und jene organische Vielheit, in wel
cher Ein Begriff sein Leben mannigfaltig erweist, ausser Acht blieb, daher]
sich kaum ein Satz oder ein Urtheil denken lässt, an welches nicht eine!
derartige Verdrehung der Begriffe geknüpft, werden könnte. Dass aber
dieses in reichem Masse von den Sophisten auch geschah, scheint nur
auf der steten Ostentalion des rhetorischen Rechthabens zu beruhen, wo
bei keinerlei theoretische Anschauuug betreffs der logischen Functionen
vorliegt. Erst bei den Antistheneern hingegen und bei den Megarikern
scheint diese ganze Behandlungsweise und das gesammte Material der
Fang- und Trug -Schlüsse in Folge jener höchst einseitigen Weise, in
welcher dieselben die sokratische Begriffsbestimmung auffassten, einem
zwar capriciösen, aber immerhin schon mehr logischen Grundsätze
gedient zu haben.
Auch die Art und Weise, wie in den Platonischen Dialogen über
haupt die Sophisten bei den Untersuchungen über einzelne Begriffe, z. B.
den des Gerechten oder des Schönen, auftreten, gehört — ganz abge
sehen von der Frage über objectiv historische Richtigkeit bei Plato —
nur den Wirkungen des subjectiven Particularismus der Sophisten über
haupt an, nicht aber einem theoretischen Bewusstsein über die Functio
nen und Gesetze des Denkens. Es haLjiaher Jie fi&sxhMitfc dßt Logik
hiprjmr die Forrn jftnfis^ PajtiKplarisp'u? "l"'1'-'"|>t zu berichten , woge
gen die einzelnen Anwendungen desselben auf die verscTuedenen Gegen
stände des Wissens nicht hieher gehören.
brav 0V5 , nlvtiv av&QWTHp , äXXo zi zovzo to äyad-bv (ig nXiZazov Sit
ntvtiv, xal xaXmg ix(T ?f« , iäv zig aizb zqC\pag lyxtQaOrj tXXeßöaov
SfittSav; •, , i , -
72) Ebend. p. 302 A.\ Aq' ovv, t-eptj , zavza fjyeT da «Vm <I>v av «pljs
xal IS-ij Ooi aizolg %(irjo9cu o zi av ßovXi] ; xl Si, i<f% oi zavza
xaXtTg' a av ^]>v"/r\V NaC, itprjv. O/xoXoyüg ovv t(3v (<ö<ov zavza
fiöva elvai ff«, nenl & av Ooi l£ovO(a rj nävza ravza notiiv a vvv dr\
lyio fXeyov; 'O/xoXoyiS "Eozi yäo aoi, mg eoixev, ÜnöXXoiv ze xal
Ztvg xal lAd-r\vä. Hccvv, r\v <f" ly<o. Ovxovv xal ovzoi Ooi &eol av tliv. .'. . .
Ovxovv, i'frj, xal £<j>ä etoiv ovzoi oi &toC; löfioXoyrjxag yÜQ , oaa ifiv^V
tXui (Vtt &vat r&v °"f' y( (<p<»v, fyli WfioXSyrjxas zavz' elvai oä,
oaa av Ooi t£rj xal Sovvai xal anodoOttai xal &vOai av S-etp orijrj av
Bovin Intidr] abv 6/j.oXoyei; elvai zbv /IIa xal zovg aXXovg &eoi/g, «p'
iitOzl aoi avrovg anodoa&ai r\ äovvai, rj aXX' o zi av ßovXy /p7jo"#«i ägneq
rot; aXXoig ((pois ;
II. ABSCHNITT.
SOKRATES UND DIE EINSEITIGEN SOKRATIKER, UNTER
LETZTEREN RESONDERS DIE MEGARIKER.
Mitten in die Rethätigung des rhetorisch-formalen Scharfsinnes durch
die Retriehsamkeit der Sophisten fällt das Auftreten des Sokrates, und
mit diesem ein speculatives Princip, welches innerhalb der Begabung der
griechischen Nation und innerhalb der Entfaltung der griechischen Culturgeschichte
überhaupt erst von Aristoteles in dem damals erreichbaren
Masse der Fülle und Durchbildung verstanden und erfasst wurde, daher
denn auch erst die aristotelische Philosophie zu einer selbstständigen
und zugleich auf den obersten Grundsätzen beruhenden Theorie der Lo
gik gelangle. Die Anschauungsweise des Sokrates bildet den speculativen
Höhepunkt jener Richtung, welche in der Periode der Eleaten und So
phisten von den theogonischen und kosmogonischen Ausgangspunkten einer
das objective Sein erklärenden Naturphilosophie sich wegwendete und
mehr die subjective Praxis des menschlichen Denkens und Handelns im
Auge behielt *). Und in dieser Beziehung war Sokrates ein Kind seiner
Zeit und seiner Nation, sowie überhaupt kein Mensch völlig ausserhalb
dieser zeit-räumlichen Voraussetzungen stehen kann; aber andrerseits ist
es eben Sache des Genie's, dass es neben dieser nothwendigen particularen
Beschränkung eines der höchsten und allgemeinsten Momente des
menschlichen Wesens aus ursprünglichst eigenem Triebe entfalte. So
aber war auch Sokrates ein Genie und überragte in dieser genialen Be
gabung weit die Gränzen seiner Nation und Zeit.! Er sprach für die Speculation
jene durchaus allgemein menschliche Forderung aus, welche für
jede Philosophie schlechthmTn^'äBen'""Zelleii und allen Nationen die trei
bende Kraft sein muss, denn der Anthropologismus allein bewahrt der
Philosophie jene Besonnenheit und zifgleich jene Zuversicht, ohne welche
beide sie sowohl in der Methode fehl greifen als auch ihren Inhalt sich
selbst entstellen wird. Das Erkenntniss-Princip nemlich des Anthropolo
gismus — ich sage „Princip", nicht bloss „Methode" — ist des Sokrates
1) Arist. d. part. an. 1,1. 642 a. 24.: oltiov Sk tov fit) ll&etv Tovg novyevtaxiqovs
inX tov xqönov tovtov,oti tö tC rjv tlvai xal tö ootöaa&ai tt\v
oiolav ovx rjv, alV fjipaTO fiiv ji)fiöxQixog ngtozog, tag ovx avayxaCov
Trj (pvoixrj d-eonotcf, alV ixcpenöfievog in' airov tov noäy/uaTog , tnl Zoixqaxovg
8k tovto ulv Tjülijtfi)^ tö äi fijretv tu ntql (fvOewg Utjge, nqog
_ St Ttjv XQyätftov kqstijv xal Trjv noliTixriv anixlivav ol (pilodoipovvieg.
27
FväQi ßsuvrov. Wejnu4e es Gesetze des menschu^iea .Denkens und !
eine systematische Einsicht in diese Gesetze geJigjL. soll, S« müssün.jTigse i
ihre_lgi2le_Begr^rtung^j^ des menschhchelKErkennens
finden, und es wird demnach jener soTTrafische imperativ von seihst
zu einer Logik führen, welche |n_ der „Philosophie überhaupt" ihre '
Wurzel hat. Dass auch jene VerwirklTcliüng, welcTIe~7IeTr"'S'£andpunkt
des Sbkrates durch den P)_a^QiBjfarin^stoteles gefunden hat, nicht ausser
halb der Basis der „griechischen Philosophie überhaupt" stehe, ist leicht
erklärlich; und auch für uns heutzutage fragt es sich nur darum, ob
vielleicht in Folge eines erweiterten Gesichtskreises die Begabung unse
rer jetzigen Cultur-Periode in geringerem Grade für die „jetzige Philo
sophie überhaupt" an einer bestimmten Einseitigkeit leide, als diess bei
der griechischen Geistes-Cultur der Fall ist. D. h. auch Aristoteles entwickelt
nur dje nach. .. griechischem Massstabe erreichbare Theorie der
ßgüj, Tffezu befähigt aber ist er 'dureh sein Yorsländniss des sokratischen
Principes ; der Ruhm jedoch bleibt dem JSokraliker Aristoteles unge
schmälert, dass in dem Verlaufe der ganzeir^endTändiselien Culturgcschichte
keine Logik, ohne alle Ausnahme, sich der aristotelischen auch
nur an die Seile stellen darf; und wenn wir so eben die Frage berühr
ten, ob vielleicht heutzutage eine allscitigerc Vollziehung des sokratischen
Imperatives zu erwarten sei, so scheint vorläufig hiezu wenig Aussicht
ofTen zu stehen , da — um ganz abzusehen von Intoleranz und Fana
tismus gegen die Philosophie überhaupt — hiezu das erste Erforderniss
die unbefangene Einsicht wäre, dass wir durch die Schul • Tradition ge- j
rade keinen kleinen Theil der antiken Einseitigkeit mitschleppen.
Sokrates nun, aus dessen Anschauungsweise unter den Händen
lies Griechen Aristoteles ein, so zu sagen, fast wellbeherrschendes Ge
bäude der Logik sich entfaltete, stellte dem particularen Standpunkte und
rhetorischen Flitterwerke der Sophisten das allgemeine menschliche Er
kennen gegenüber, und es hat ihm das Wissen allein als ein Wissen
des begrifflich Allgemeinen einen unbedingten Werth. Iliebei macht er
allerdings auch die Werlhbestimmung des sittlichen Handelns von der
begrifflichen Einsicht abhängig 2) , und verfällt hiedurch für das Gebiet
der Ethik in den griechischen Erbfehler des Doctrinarismus und bereitet
die excentrischen Annahmen der Platonischen Republik vor; aber wäh
rend er hierin eben als Grieche sieh zeigt, spricht er in Bezug auf das
2) Arist. Eth. Nie. VI, 13, 1144b. 17.: SiöntQ rivig (pacfi näaag rag
KQtTttg (f.oovyöeis elvai, xai XwxQaTrjg rjji fiiv oniiwg Ityrei rij d° rjfiäoTavtV
ön fiiv yag <fQovqoeig iptto elvai nüoag rüg aotrag , fjfiaoTavev, Sri &'
ovx artv tp Qovriaiwg , oofhög eltytv Ztoxoäirjg uev ovv Xoyovg rag
«iptrAj gjsto iJvai, Iniarrjfiug yaQ tJvai näaag. cbend. III, 11, 1116b. 4.:
od-ev xai XcoxQc'crrjg tpri&rj lntaTr)firjV elvai ttjv avdoelav. Eth. End. I, 5,
1216b. 2.: ZiaxQartjg /tiv ovv 6 itQsaßvTt]g (per' elvai re"Xog tö yivtöaxeiv
rqv &pni]V xai ine^tei tCIotiv ij Sixaioavvtj xai rC 17 ävdoeCa xai exaorov
twv [lootmv airijg' inotei yetq r«Dr' eiXöymg, tmOTypag yäq oter' elvai
näaag rag einer äg , ctiaS-' afia ßv/jßa(veiv elätvai re rr/v äixaioavvrjv xai
tbm d(xaiov, ufia yao /.lefia&rjxafiev rrtv yetofieroCav xai olxoSofilav xai
tüfiiv oixoSöuoi xai yetoue'rQai■■• äiönen tCr/rei rl lariv aneri] , M.V ov
"SS yCverai xai Ix rCvoiv. Vgl. ebend. III, 1, 1229 a. 14. 11. VII, 13, 1246b.
33. Maijn. Mor. I, 1, 1182 a. 15. u. 35, 1198 a. 10. Xen. Mem. HI, '9, 4 f.
28 IL Sokrates.
Princip des Wissens selbst die tiefsten, umfassendsten und wahrsten
Grundlagen aus. Sokrates dringt nemlich überall und unablässig auf den
Begriff, aber in einer dem Wesen des Menschen absolut adäquaten
Weise, d. h. völlig richtig von der Selb'sterkenntniss des menschlichen Er
kennens ausgehend will er weder den Wesensbegriff ohne die Vielheit
der Erscheinung, noch die empirische Mannigfaltigkeit ohne intelligible
Einheit zulassen, sondern er beabsichtigt durch die von ihm aufgestellte
/ Forderung ein In-Eins-Bilden beider Momente, oder mit anderen Worten,
i das sokratische Princip enthält zugleich in innigster Durchdringung den
j apriorischen Begriff und die aposteriorische Induction; dessen aber war
! sich eben auch Aristoteles klar bewusst, dass dem Sokrates dieses Ver
dienst gebühre 3). Aber nicht bloss als Mittel zum Zwecke etwa war
nach des Sokrates Ansicht die Induction (die inaKtwoi Aoyot) zur Be
stimmung des allgemeinen Begriffes (zu dem xa&okov op^£<J#«i) dienst
bar, und nicht etwa glaubte er auf dem Wege des trivialen Empiris
mus zum Allgemeinen aufsteigen zu können, sondern während er an das
scheinbar Geringfügigste anknüpft und ihm Nichts zu gering für begriff
liche Fassung ist4), stellt er überall die Frage um den Begriff in einer
Weise an die Spitze, dass in der dialektischen Untersuchung zugleich von
der höheren Allgemeinheit abwärts gearbeitet werden muss ; d. h. So
krates scheint wohl von der richtigen Ueberzeugung durchdrungen ge-
I wesen zu sein, dass für den Menschen und für das menschliche Erken-
1 nen als menschliches es weder ein schlechthin vereinzelt Empirisches
1 noch eine schlechthin abstract allgemeine Einheit des Idealen gibt, son-
I dem dass das menschliche Erkennen alles Empirische augenblicklich un-
\ ler allgemeiner Form ergreift und ebenso augenblicklich alles Ideale in
\empirischem Ausdrucke ausspricht. Diess aber ist das _Erkenntniss-Prinfeip
des A,pH)ropolngisnins.
Aber Sokrates war eben nur von diesem Principe belebt und
3) Metaph. M, 4, 1078 b. 17.: ZwxQaTovg 3k ntQi Tag q&ixag agerag
7tQayfiaTtvo[t£vov xal ticqI tovtiov 6Q(£eO&tu xaS-oXov Cr)Tovvrog nQoiiov... .
ixtlvog siXoymg ICqTei rö il (cfriy, avXXoyCfro&at yaQ IC^zct, &qxh <W %fiv
avXXoyiOfiäv z6 tC Iotiv Sio yaQ iaxiv a zig airoSotri Zuixocitei.
ätxabog, xovg T* InaxTixovg Xoyovg xal xo ÖQCfra&ai xaS-oXov icivra yaQ
Idriv afUfta ntgl aQxhv iniaxr\fXTi\g. Xcn. Mcm. IV, 6, 1.: ZioxQaT-qg yaQ
tovg (ilv tiSotag, tC exaaxov eirj riSv ovrwv, lvöfit£i xal rolg aXXoig äv
tatiyeia&ai fivvaa&ai, xovg St fir) eldörag oidtv i(ft] S-avfiaOTov elvai
aitovg je 0<f<xXXeo"&ai xal äXXovg oyäXXetv ' iov 'ivtxa axontäv (Svv rotg
avvoüai, rC fxaaiov eirj rw ovra>v, ovätnmnor' tXrjyev. ebend. IV, 5, 12. :
t<ft) Si xal To iiaXfyea&ai dvopaa&ijvai ix tov awiövxag xoivrj ßovXevead-ai,
diaXtyoVTug xaTa yivij t« ngayfiara' 6eTv ovv neiQäa&ai oti /xaXiOTa
7iQog tovto iavxov 'ezoi/xov naQaaxevä^tiv.
4) Plat. Symp. p. 221 E. : ovovg yaQ xavt)t)X(ovg Xfyei xal /aXxiag Tivctg
xal öxvTOTÖfiovg xal ßvQOode"\pag xal äel äia twv avTcüv Tavra ipaCvtrai
Xiyeiv, iSotc aneinog xal avörjTog avfrQionog nag av tiöv Xoytav xaTayeXäßtie.
Xcn. Mcm. I, 2, 37.: 6 äi KQiiCag, äXXa TtSv dY toi Oe än^taS-ai, , e<ptj,
der]aei,_ to 2<öxQuitg, t<3v axvie'arv xal tköv TexTÖvwv xal tiöv xaXxttov, xal
yaQ olfiai avTovg rjd"r> xaTarerQCifS-ai Sia&QvXXovfie'vovg vno eov. ebend.
IV, 6, 15.: onÖTt Sk avxog ti tö> Xöytp äieftoi, Sia Ttüv fiaXiOxa ofioXoyovfiivwv
tnoQivsTo, vofil^mv TuvTtjV rrjV ao'qiäXeiav elvai Xöyou. Beispiele bievon
sind die Gespräche des Sokrates mit dem Maler Parrhasios , dem Bildhauer Klito,
dem Panzer-Verfertiger Pistias, der Hetäre Theodota Xen. Mem. III, 10 f.
II. Sokrates. Aristippus. 29
durchdrungen, und mehr hat eigentlich die Geschichte der Logik von
ihm nicht zu berichten 5). Den Process der Denk - Operationen, in wel
chen das so beschaffene menschliche Erkennen sich nothwendig entfalten
muss, untersuchte Sokrates n_och nicht, er hatte nur vermöge seiner ge
nialen BegaEung für jede concrete Anwendung seines Erkenntniss-
Principes die persönliche Fertigkeit und Gewandtheit ; d. h. er war im
vollsten Sinne des Wortes eine pädagogisch» Pprs,ön|jc|i|jejt und jeder,
mit welchem er sprach und welchen er hiedurch gleichsam zum Zög
linge im Gebiete des Erkennens machte , musste von selbst die ganze
sogenannte Lehre vom Urtheile, Begriffe und Schlüsse praktisch durch
laufen, ohne dass über diese Formen als Formen wäre reflectirt wor
den; gerade überall aber war es die ideale Seite des menschlichen
Erkennens , vermittelst deren Sokrates stets das Allgemeine festhielt
und es verstand, jede Particularisirung abzuweisen; so dass er auf
dem Gebiete der Denkoperationen eben jenes übte, was das erziehende
Individuum an dem zu erziehenden Individuum in allen Beziehungen zu
üben hat.
Mit so extensiv wenigen Worten wir hiemit den Sokrates in der
Geschichte der Logik zu erwähnen haben, da in ihm eben nur die, Real- ;
Potenz jflfir,,^ ebenso" intensiv mächtig war1
die .Nachwirkung dieses umfassenden Keimes in der platonischen Dialektik
und aristotelischen Philosophie.
Dass aber Sokrates von seinen Zeitgenossen und selbst seinen
Schülern theils gar nicht theils nur einseitig verstanden wurde, ist bei
der ganzen Art und Weise der Griechen leicht erklärlich. Und während
die Kyrenaiker fast ausschliesslich nur die subjective Praxis des indivi
duell Annehmlichen hervorhoben und hiebei Sokratiker zu sein glaubten,
zogen die Antistheneer das Motiv des Wissens in der von ihnen gleich
falls nur praktisch verstandenen Lehre des Sokrates bereits wieder in
einen rhetorischen Doctrinarismus hinüber; die Megariker aber, welche
sich allein auf die somatischen Auffassungen des Wissens und Erkennens
warfen, fielen mit denselben gänzlich in die Verranntheit der Abstraction
der Eleaten und in den bodenlosen Formalismus der rhetorischen Sophistik
zurück. Nur Plato erfasste das Erkenntniss-Princip des Sokrates
wenigstens in einer Weise, dass er den Durchgaugspunkt von diesem zu
Aristoteles hinüber bilden konnte.
Aristippus und überhaupt die Kyrenaiker hatten von Sokrates
Nichts anderes gelernt, als dass sie die Befriedigung des Subjectes mit
Consequenz und mit völlig bewusster Absicht in dem Genüsse der objecliven
Welt suchten; die Logik konnte in der Entwicklung ihrer An
sichten keine Stelle finden, sondern die unmittelbare sinnliche Wahrneh
mung war ihnen von selbst ein dialektisch nicht weiter zu erörternder
Ausgangspunkt, und höchstens konnte im Dienste einer derartigen sensualistischen
Ethik eben diess hervorgehoben werden, dass Alles nur durch
die Sinne seine Beglaubigung {rttoug) finde und dass gegenüber dem
5) Auch davon, dass Sokrates den Begriff vom Urtheile getrennt habe, wie
K. Fr. Hermann (Plat. Phil. I, p. 263 f.) meint, kann natürlich gar keine Rede
sein.
II. Aristippus. Antisthenes.
subjectiven Eindrucke nur die Namensbezeichnung des wahrgenommenen
Objectes eine gemeinschaftliche sei fi).
Auch Antisthenes muss bei seinem früheren Lehrer Gorgias je
den Sinn für eine tiefere speculative Auflassung so weil verloren haben,
dass er in seinem späteren Umgange mit Sokrates trotz aller Lobeser
hebungen desselben ") nur die gröblichste Verdrehung des sokratischen
Principes als Frucht des genossenen Unterrichtes davontrug. Selbst schon
die Titel seiner auf Logik bezüglichen Schriften haben das Gepräge
sophistischer Manier an sich; es werden uns neinlich genannt: Akrj&ua,
nigl rov dittXiyea&cu avukoyixog, 2ct&av w thqI rov uvuleyiiv u'ß'y,
Jltql diuksxTOv, IIsqi övofiÜTcov %Q7jGeag ij iqißrwog, IJegl ioarrjamg
tun cmoKqiamg, Uiq\ Sö^rjg xai imarr] fiir]g a ß y 8', Aötp.i i\ ioiorixog,
IIiqi rov ticcvdavHv TiQoßk^jjLaxa, und besonders in der zweiten dieser
Schriften, dem 2ü&mv, trat die Polemik gegen die idealistische Erkennt
nisslehre Plato's mit aller Sghärfe hervor und vereinigte sich schon in
der Wahl des Titels mit jenem pöbelhaften Gynismus, welcher den Antislheneern
überhaupt eigen ist °). — Man kann wahrlich sagen, dass Antisthe
nes mit dem begrifflichen Erkennen, welches Sokrates in der tiefsten Weise
gefordert hatte, diesem seinem zweiten Lehrer davonlief und in demselben
nur die Bestätigung und Stütze der unphilosophischen Ansichten seines
ersten Lehrers erblickte. Antisthenes isolirt nemlich das begriffliche Er
kennen mit der einseitigsten sprachlichen Abslraclion in die zersplittertste
6) Sext. Emp. adv. math. VII, 11.: Soxovat äe xara rivag xai ol anb rijis
Kvortvijs ftövov aanafcattai rö rj&ixbv fie"Qog, naoanifinuv de rb qvoixbv
xal rö Xoyixbv (dg firjälv nnbg rb (väaifibvios ßiovv avveqyovvru' xaCroi
neqirqiiKa&ai rovrovg evioi vevofjt'xaatv t$ <av rb fj&ixöv diutoovaiv (Tg
r( rov nenl r<3v aloerojv xai yevxitav lönov xal (Ig tbv tkqI r<Sv nu&üiv
xal in dg zbv ntol räv nquieiav xal ijärj rbv neql xtäv ali(mv xal r(X(vrawv
(lg rbv n(ol nov nlareiov' iv rovroig yan b neql ahtiov ronog,
waalv, ix rov if vaixoii fie'qovg irvyyavev, b 61 nenl nlaxttav Ix rov Xoyixov.
Diog. L. II, 92.: äqricfravro 61 xal räv tf vOtxtäv 6ia rr\v i/j<j aivo/jivrjv
axaraXrjibCav, riav 61 Xoyixojv diu rfjv (v/qrjOvi'av i\nrovxo' M(X('ayoog 61
Iv Tip tievTt-Qtj) ITeql io£<5v xai KXeirofja/og iv Trp TTgoirip Ileol riav
aloe'oeiav qaalv avroijg ä/qrjOra i)yeTnS-ai rö r( ifvGixbv fiiqog xal rb
äiaX(xrixöv 6vvao9ai yai> xal tv Xiyeiv xal 6eiat6«i/jov(ag Ixrbg eJvai
xal rbv n(ol &avärov ifößov ixyevydv rbv nenl ayci&<ov xal xaxwv Xoyov
lxfi([ia&r)x6ia. Vgl. Absein. VI, Anm. 2 ff. Sext. Emp. adv. math. VII, 195.:
ov6l XQirqqwv (f aOiv tJvai xotvbv av&Qiontav, bvöfiara 61 xoivä r(&eof>ai
roig XQifiaaiv' Xevxbv filv yäq rl xal yXvxv xaXovOi xoivoig navreg, xoivbv
6(" ri Xtvxbv rj yXvxv ovx e^ovßiv , exaorog yaq rov lätov näO-ovg avri-
Xaußäverai xrX. Wie diese Annahme bei den Epicureern sieh gestalte, s. Abschn.
VI, Anm. 5.
7) Diog. L. VI, 1 f.: ovrog (sc.iivriaOe'vtjg) xai" ctQ/ag plv i'ixovG( ToqyCov
rov QrjTOQog voreoov öl naQ("ßaX( ZioXQara xal roaovrov ävaro avrov
mar( naprjVd rolg fjct&riraTs y(V("o3-ai airtS nobg Ztoxpürnv avuua^rirag.
8) Ebe'nd. 16-17. ' '
9) Ebend. III, 35. : Xe'y(rai S ' ort xal \ivriaiHvi)g fiiXXtav avaytyvniaxeiv
ri räv y(ynafifjiviav air<p 7iuQ(xaX(Otv uvrbv (sc IlXäriovct) naQurv/(Xv
xal Tiv&ofMvog rt fiiXXu ävaytyviöaxav (Irrer Sri nsgl rov fir] elvat avri-
Xiyuv' rov &' einovrog „nojg oiv Ov Trepl avrov rovrov yqatpas xal
Sidaaxovrog Sri neQiToe'Tierai, iynaxpe äiäXoyov xura IlXäriovog £a&t»vu
Iniyqäxpag. Athen. V, p. 220 D. : xal IlXarwva de fierovo/jadag Zäd-iava
äovgms xal tpoQrixms rbv raxirriv i^ovra rijV IniyQMf ijV äiaXoyov l'i(S(oxe
xar avrov. Ebenso ebend. XI, p. 507 A.
II. Antisthenes. 31
Particularilät des Einzelnen, indem er annimmt es könne nur der einfach
vereinzelte Begriff (?v itf> ivog) als der eigenthümliche logische Ausdruck
(ofoeiog idyoj) eines jeden einzelnen Dinges ausgesprochen werden,
und es sei eine Mehrheit von Prädicaten , welche an das Ding in
der Sprache herangebracht würden, eine Störung jener abstracten
begrifflichen Einheit10). Hiedurch aber musste nothwendig aus dem
Standpunkte einer solchen Vereinzelnung sich eine Opposition gegen je
des definitorische Wissen erheben, welches durch den Reichthum der
wesentlichen Prädieale einen Begriff zu erschöpfen und abzugränzen
strebt ; und folgerichtig wurde nun auch in der That der Ausspruch gethan,
dass das Aufstellen einer Definition (das oqi&G&ca) unmöglich sei;
denn das eine Definition aussprechende Urtheil sei eben ein Zusammen
gesetztes, welches der schlichten Einfachheit des Dinges widerspreche, und
so könne wohl auch bei einer zusammengesetzten Wesenheit in einer
sogenannten Definition eben die Zusammensetzung derselben ausgespro
chen werden , hingegen die einfache Wesenheit müsse einfach bleiben,
und hier sei dann der logische Ausdruck des ihr Eigenthümlichen eben
ihre einzelne Namensbezeichnung (ovojta), nicht aber jenes, was man ge
wöhnlich Definition nenne 1 L). In diesem Sinne konnte dann Antisthenes
10) Arist. Melaph. /I, 29, 1024 b. 32.: dib Hvxta&e'vijg tjlexg evr)frtog [i-qdev
ä?i(Sv Xe~yea&ai nXrjV T(j> olxelta Xöyta £V t<p' Ivo;' ig täv Owlßaive fit)
dvxiXiyeiv, a%edbv de pr\dl tpevdeab-ai. Alex. ad. Melaph. p. 400, 26. Bon.:
aixiaxai Htvria&ivrfv eyrjb-tag XfyoVTa neql /j.rjdevbg äXXov XfyeO&a£ xiva
Xöyov rj neql IxeCvov ov olxelög loci, 7iaqaxqova&e"vxa imb tov tov rpevdij
Xöyov [irjdevbg anXtog etvai Xöyov' ov yaq et pr) anXtäg IotI ftijdk xvqCtog,
yd'tj xal ovx eaxiv' tjiero cTi ö lAvxiaS-ivr\g exaaxov xtav bvxtov Xe"yea&ai
xtji olxettp Xöytp fiövta xal eva exaaxov loyov elvcti, tov yaq olxetov xbv
de r\ atjfiuCvovi et xal jj.r\ övxa xovxov neql ov Xlyexai elvcti, aXXöxqtöv ye
ovxa avxov. I'lalo Soph. p. 251 B.: o&ev ye, oljxat, xotg re viotg xal xtäv
yeqövTtav Tolg dipijj.a&e'eli S-oCvrjV naoeaxr)xafiev ev&vg yaq ctt'TiXaße'a&ai
navTi nqö/eiQov tag advvaxov xa xe noXXd k'v xal xb ev noXXa etvai, xal
dr] nov %c((qovaiv ovx Itövxeg aya&bv Xlyeiv av<rqtonov, aXXä ib ftev ayad-bv
äya&dv, xbv de avS-Qtanov av&qtonov. Vgl. Phileb. p. 14 ff.
11) Arist. Metaph. H, 3, 1043b. 23.: taaxe fj anoqCa, fjv oi IdvxiafKveiat
xal ol oiixtag änatdevxoi r\nÖQOW, tyei xiva xaiqbv, oxi oix faxt xb xC
laxiv bqiaao&ai, xbv yaq oqov Xöyov elvat fiaxqbv, ctXXä noibv ulv xt
laxiv, ivdfyexai xal didäSai, ägneq^aqyvqov xl jj.lv laxiv ov, oxi cP oiov
xaxxCxeoog' toOx' ovOlag laxi /ulv tjg lväl%exai elvai oqov xal Xöyov, oiov
Tr)g ijw&lxov, läv xe aiaO-rjxrj lav xe vorjxrj y , #£ tov ä ' avxrj nqäxtov,
oix laxiv, etneq ti xaxa xtvog OTjfialvH b Xdyog b bqiaxixbg xal Sei xo
fiiv tagneq vXrjV elveu xb äh tag fioqtf ijv. Alex, ad Metaph. p. 523, 13. Bon. :
XvS-r]aexai tj xtäv 'AvxitsS-eveltav anoqCa' edxi tf' avxäv rj anoqCa, oxi oix
laxiv bqCaua&ai oüd" eaxiv öqiafiög xtvog. xovxo de xaxeaxevafrv tbä{'
ineiär) yat> 6 bqiafxbg ovx etsxiv bvofia, äXX' ix nXeiövtov (xovxo yttq ehe
Xöyov fxuxqov xb yaq £qiov Xoyixbv S-vrjrbv vov xal lntaxr\ur\g Sexxtxbv
Xoyog fiuxQÖg löxiv, &XX' ov/ tag xb av&qtonog bvo/zu), (neidi) oiiv 6
bqiaubg ovx larlv ovo/ia, ovx laxiv boioaa&ai. Xiyovai de oxi, oxav elntafiev
(tpov Xoyixbv, Ovvd-exöv ri Xiyoiiev l'i vXtjg xal eldovg, vXtjg fxlv tov
Ztpov, etäovg de tov Xoytxov, xal Iti nqoOTe&iv to Jrvrjxbv avv&exov ' ei <fi
xovxo, tu fiev avvO-exa ine^eQxöfie&a xal olovel aqiS-/xovfiev nbaa xiva
xvyyrävei, Ctjiov Xoyixbv Xfyovxeg xal naXiv ttjiov Xoyixbv &vr)Tov, bqtoubv
de ov tpauev. Plalo Theaet. p. 201 E. : lytb yaq av Idöxovv axovetv TivtSv
ort Ta jxev nqtäxa mgneqel tiToi%eTa, IS mv rifielg xe Ovyxet/xe&a xal xaXXi(;
Xöyov ovx tx°1' avxb yaq xa&' uvxb 'exaaxov ovofiäaai [lövov eirj, nqog
32 II. Antisthencs.
wohl sagen, der Begriff sei es, welcher das innere Wesen des Dinges
ausspreche 12), d. h. mit dieser Art der Leugnung des Definirens stehen
wir auf dem dürrsten . Noiniimlismus . welcher seinerseits nur an den
gröbsten Empirismus appelliren kann, um die mit dem Sprach-Ausdrucke
bezeichneten öhjecte zu erreichen; und so konnte auch Antisthenes dem
Idealismus Plato's — wahrlich nicht in aristotelischer Weise — diess
entgegen halten, dass er ja da, wo Plato z. B. die Idee eines Pferdes
sehe, eben nur ein Pferd finden könne 13). Uebrigens werden wir diese
nemliche . Verwischung des Nominalismus und Empirismus in reichstem
Masse hei den, Slpjkern wieder finden, welche überhaupt an diesen gan
zen neben-pfatonischen und neben-aristotelischen Standpunkt der cynischen
und megarischen Logik wieder anknüpfen ; s. in dieser Beziehung Abschn.
VI, Anm. 51, 59, 136, 150, 195. — Man sieht aber auch sogleich ein,
dass mit jener abstracten Isolirung des Begriffes die Existenz oder das
Verständniss des Urtheiles auf das höchste gefährdet ist ; und diesen Sinn
hat ein anderer, häufig im Allerthume angeführter, Ausspruch des An
tisthenes, nemlich: man könne nicht widersprechen (ovx sßriv avzdiyeiv)
— s. Abschn. I, Anm. 25. —, da ja der eigenthümliche logische Ausdruck
eines jeden Dinges nur Einer sei, und daher, wenn zwei Personen über
den nemlichen Gegenstand sprechen, sie nur das Nemliche sagen können,
oder, falls sie nicht das Nemliche sagen, sie eben nicht über den nem
lichen Gegenstand sprechen, sich also auch nicht widersprechen u). Ein
einelv Sk ovSkv aXXo Svvazbv , ovd-' wg eauv ovd-' a>s ovx eaxiv .... Selv
Sk eineo r)v Svvaxbv ctirb Xiyeo&cti xal ei^ev oixeiov aixov Xöyov, avev
xäv dXXoyv ändvxtov Xiyea&ai' vvv Sk aSvvetrov elvctt bxtovv xäv notaxuyv
(iri&fivtti Xöyqj, ov yuQ elvat avzip kXX' rj ovofict^eo&at fiövov, ovofia yäg
fiövov e%etv. Aus dieser platonischen Stelle hat schon Zeller (Phil. d. Gr. II,
p. 116.) mit Recht geschlossen, dass diese Ansicht wohl schon von Antisthenes
seihst, nicht erst von seinen Schülern, ausgesprochen worden sei ; auch liegt ja die
Conseqnenz aus dem ev evos hiefür so nahe, dass es kaum erklärlich wäre,
wenn erst Spätere sie gezogen hätten.
12) Diog. I. Vt, 3.: noiSzös xe looiaaxo Xöyov etneov „Xöyoq iariv 6
to x( r\v rj toxi Sr/Xciv", d. h. in Folge der eben angeführten Stellen kann hier
Xöyos nur als nominalistischer Begriff verstanden werden.
13) David Prolegg. ad Porph. Isug. b. Brand, p. 20 a. 2.: e"Xeye yao 6 Üvrt-
Oti-e'vTjs fii) tlvcti yivos fir]xe Mos, (ptioi yao av&nomov öqoj, ävS-tf.conöxrjxa
Sk ovx °("" > tnnov ÖQ(3, Innöxrrxa Sk ov% öqü>, äaxe ovv ovx eoxt zb xct-
&öXov. David ad Categ. h. Brand, p. 68 b. 26.: oV Hvxtci&e'vr]V xal rovs neol
avxbv Xfyovxas av&Qionov boto , ctv&Q(an6xr)xa Sk ovx boto (As avcttQOVVxas
xi)v änXtös noiöxrytct. Simpl. ad Cut. f. 54 B. cd. Basil. : xäv Sk naXatäv oi
fj.lv av>iQovv ras notöxryias xeXetus xb notbv dvyxooovvx es elvctt, äsnect
HlvxiOiKvrjs, os noxe JlXärtovt Stctutfigßrjiäv „to IlXaxwv, k(frj, 'innov ixhi
bqä, lnnöxr\xa Sk ovx bnä", xal bs einev ,fy('S fikv to Xnnos boeixat xoSe
xd b/ift«, cp äk Innoxrjs &e(ontixcu oiSt'nuj xixzrjOat". ebend. /. 54 Z.: xbv
fikv innov oq&v bfioXoyel 6 Xvxtrf&e'vris, xi(V Sk innöxrjxa firj oqSv. Tzets.
■Chil. VII, 605. : tptXcts ZvvoCus yccQ (f.rjOt xavxcts b Üvxta&e'vrjs Xfycov ßXinta
fikv av&Qconov xal 'innov Sk bfioltas, Innöxrjra ov ßXe'nta Sk oiS' avöQtonöxrjxä
ye. Diog. L. VI, 53. erzählt das Gleiche von Diogenes.
14) Arist. Metaph. in der oben, Anm. 10., angeführten Stelle. Ebend. Top. I,
11, 104 b. 20.: oix taxiv äyxtXiyetv xa&äntQ lyr) llvxiad-ivris. Alex- ad
Metaph. p. 401, 2. Bon. : £f tov xctl avvdyeiv IneiQctxo bxt firj edxiv avxi-
■Xt'yeiv' xoiis fikv yccQ ävxiXfyovxas neol xivos Sidipogce Xfyeiv ötpeCXeiv, fiy
Svvcta&ai Sk neol aixov Siaipöoovs xovs Xöyovs (peaeejS-cct xqi evet xbv
II. Antisthenes. Die Megariker. 33
närrischer Einfall wäre es, wenn man dem Antisthenes es zum Verdienste
anrechnen wollte , dass er hiemit ausschliesslich nur das identische Urtheil
A est A bestehen lässt. Vgl. übrigens auch hierüber Abschn. VI,
Anm. 139. — Eine weitere Begründung oder Ausführung einer Logik
war auf solcher Basis natürlich nicht möglich, und wir sehen, dass A_ntisthenes
im Umgang»' mit Spkrates Nichts gelernt und Nichts vergessen hat .
Audi die Schule der Megariker"), welche sich wenigstens ausschliesslicher
auf das von Sokrates angeregte Erkenntniss • Princip war
fen, förderte keineswegs den Weiterbau einer Logik , sondern gelangte
durch eine Carricalur dessen , was Sokrates für das begriffliche Wissen
gefordert hatte, nur dazu, dass sie sich schulmässiger in jene Auffas
sungen verrennen konnte, in welche sie von vorneherein zurückgefallen
war, nemlich in die eleatische und sophistische Lehre; und so treffen
wir auch bei den Megarikern in Bezug auf die Logik nur eineJBereicherung^
der hjfchst_mnseitigen,^infjjle. d^rJ,§i^histen , von welchen man
manche megarische Behauptung gar nicht mehr unterscheiden kann, und ei
nen gewissermassen mehr principmässigen Zusammenhang zwischen derlei
Einzelnheiten, insoferne das Eine, natürlich durchaus falsche, Grundprincip
mehr mit doctrinärem Eigensinne festgehalten und hiedurch auch zum
Entstehungsgrunde mancher Zusätze und Erweiterungen gemacht wird.
Ueber die schriftstellerische Thätigkeit der Megariker sind wir höchst
kärglich unterrichtet, so häufig auch einzelne Ansichten oder Sophismen der
selben erwähnt werden. E uk 1 i d e s schrieb sechs Dialoge, aus deren Titeln 16)
oixeTov exäarov elvai, iva yäq evög elvai xal röv Xiyovra neql avrov Xiyeiv
fiövov, diare el fiiv neql rov nqäy/xarog rov avrov Xiyoiev, rä avra av
Xiyoiev äXXrjXoig , eig yaq 6 neql evög Xöyog, Xiyovreg dl ravrä ovx av
ävriXiyoiev aXXrtXoig' el ö*k dtaipiqovra Xiyoiev, oiixiri Xi'Zsiv avrovg neql
ruvrov to~> elvai eva röv Xöyov röv neql avrov rov nqäyfiarog, rovg oe
ävnXiyovrag ötpslXeiv neql tov airov XiyeiV xal ovriag Ovvfjye rö fiij elvai
icvriXiyeiV a%edöv de [irjSe xpevSeaSai Site ro fiij oiöv re elvai neql nvog
üXXov 7iXrjV töv Xäiöv ts xal olxeiov elneiv Xoyov. Ebend. ad Top. p. 43. :
avaiqwv yaq Üvnad-ivrjg to elvai tivriXiyeiv eXeye Selv utv rovg neqC xwog
Xiyovrag ixelvo Xiyeiv xal ar\aatveiv cV mv XiyovOi to neql ov XiyovOiv,
uXXa xal rovg ävnXiyovrag äXXrjXoig neql tov avrov öq>e(Xeiv Xiyeiv. ravra
ngoXa/ußävtov iXeytv ol avriXiyeiv äoxovvreg aXXyXoig neql Tivog i\toi
afKf ÖTCQoi Xiyovreg tov tov nqay/narog Xöyov avnXiyovaiv rj oiäireqog rj
6 uiv Xiymv ö 61 ov Xiymv &XX' ovre el äftipöreqoi Xiyoiev töv tov
nqäyfiarog Xöyov, avriXiyoieiv av, ravrä yäq av Xiyoiev el TS firjdireqog
röv tov nqäyfiarog Xiyoi Xoyov, ovde rrjv äq/qv av Xiyoiev neql tovtov,
oi de ur\ Xiyovreg neol avrov tovtov ovd' av ävriXiyoiev neol avrov' el
d' 6 fiiv Xiyoi ö de fiij, ovd' oiircog av ävrtXiyoiev ö yäq fxtj Xiymv röv
tov nqäyfiarog Xöyov ovo*' SXmg av ri Xiyoi neol avrov, &XXa neol IxeCvov
S arifiaCvei diy (ov Xiyei' ovrmg d" ovo" av ävriXiyoi neql avrov. rovriov
de o&'rtüf työvTmv ovö" av avriXiyeiv eXtj. David ad Categ. Brand. 22b. 9.:
Avria&ivovg Sri ovx itirtv avriXiyeiv. Doxop. ad Aphlh. II, p. 532. Walz.
Schot, ad Aphlh. ebend. p. 58. Anon. ebend. III, p. 740. Isoer. Laus Hei. 1. : xal
xurayeyriQCtxaaiv ol fiev oi (pädxovreg oiöv t' elvai Tpeväfj Xiyeiv oiä' av
riXiyeiv ovSe Svo Xöyoi neol röiv airiSv nqayfiärcov avreineiv.
15) Nicht erschöpfend ist Deycks De Megaricorum doctrina. Bonn. 1827.,
durchaus verfehlt aber ist, was H. Ritter (Ueber d. Philosophie d. Megar. Schule,
Rhein. Mus. 1828., S. 295—335. u. in s. Gesch. d. Philos.) gibt.
16) Diog. I. II, 108.: Aafjinqtag, AloxCvns, 'f'olvii, KqCrmv, HXxißidörig,
'Eqonixög. Uebrigens wurde deren Aechtheit schon im Alterthume bezweifelt. Diog.
L. II, 64.
Plun, Gesch. I. 3
34 II. Die Megariker.
wir jedoch gar Nichts schliesscn können ; von E u b u 1 i d e s wird eine
Schrift gegen Aristoteles und eine über Diogenes erwähnt17), ihm übrigens
schrieb die Schul- Tradition die Erfindung mehrerer berühmter Fang
schlüsse zu, welche wir unten im Zusammenhange mit der megarischen
Eristik überhaupt zu betrachten haben (s. Anm. 82 — 90); ein gewisser
Kleinomachos von Thurii soll „als der erste über a^im^axa und
xuzriyoQrnicaa und dergleichen" geschrieben haben18); von Alexinos,
welcher wegen seiner eristischen Kunststücke bekanntlich vermöge eines
Wortspieles auch 'EXsy&vog genannt wurde, wird eine Schrift gegen den
Stoiker Zeno, sowie Memorabilien erwähnt, in welchen er eine gehässige
Gesinnung gegen Aristoteles zeigte19); auch von Diodoros Kronos,
welcher als Dialektiker in besonders hohem Rufe stand, wird nur in
Verbindung mit den Anekdoten über die Veranlassung seines Todes eine
Schrift über ein von ihm nicht gelöstes Sophisma angeführt20); von
S t i I p o endlich, welcher ganz Griechenland zu dem „Megarisiren" ver
führte, werden neun Dialoge genannt, deren Einer wahrscheinlich gleich
falls gegen die aristotelische Philosophie gerichtet war21). Ichthyas,
Apollonios Kronos und Thrasy machos von Korinth sind für uns
leere Namen. — Wir betrachten nun die auf Logik bezügliche Lehre der
Megariker in collectiver Weise als Gemeingut der ganzen Schule, indem
wir eben darzuthun hoffen, dass alles Einzelne, was in der Ueberlieferung
uns aufbewahrt ist, unmittelbar und wie von selbst aus Einem
Grundprincipe fliesst, innerhalb dessen in Bezug auf die Lehre vom be
grifflichen Wissen uns sicher keine Veränderung von Euklides bis Stilpo
vor sich gegangen zu sein scheint ; und wir wTerden dann, wo Einzelnes
in bestimmter Weise einzelnen hervorragenden Megarikern zugeschrieben
wird, diess in der gemeinsamen Entwicklung besonders hervorzuheben
haben, wodurch sich höchstens so viel ergeben wird, dass in der doctrinären
Zuspitzung der Grundsätze uein Djodornos dein Stilpoeifriger
17) Letztere b. Diog. L. VI, 20,. ersterc cbend. II, 109., Athen. VIII, p. 354 C.,
Themist. Or. 4., Euseb. Praep. Ev. XV, 2.
18) Diog. L. II, 112.: KXtivöjua/ög rs 6 GovQiog, og nqwrog nsni «ftojfiarcov
xai xciTT)yoQrifiÜT(DV xcel tojv ToiovTtov avvtynutyt. Diese Notiz ist
offenbar wie alle dergleichen in stoischer Terminologie geschrieben, und daher sicher
nicht zu schliessen, dass schon der erste Schriftsteller über diesen Gegenstand das
Unheil &iCtü{ta und das Prädikat xatrjyÖQri/xa genannt habe. Bei Suid. v. Hvqqojv
heisst Kleinomachos ein Lehrer des Bryson.
19) Diog. I. II, 109.: fXira^v dt aXXwv ovriov rijff EißovXCSov äiado/ijs
HXe^lvog iyeveto'HXewg, ccvrjQ (fiXovetxozarog, o°i6 xcti 'EXeySjivog InexXrf&i)'
äiecpioero äk fiaXiata nqog ZrjViova. ebend. 110.: yfyocape ov fiövov
nqbg ZrjViovct, ccXXä xcti ctXXa ßißX(a xai nqog "EtpoQov röv ictroqio^'qdifov.
Die unofivr)fiovevuara mit einer hämischen Stelle gegen Aristoteles erwähnt Euseb.
Praep. Ev. XV, 2. Einiges Einzelne, was betreffs seiner Lehre überliefert ist, s. unten
Anm. 38. 42. 49. 105.
20) AiaXtxuxtätajog b. Sext. Emp. adv. math. I, 310., vgl. Strabo XIV, p.
658. u. XVII, p. 838. lieber s. Tod Diog. L. II, 112.
21) Diog. L. II, 120.: iftqovrai d" airov äiaXoyoi Ivvfrt ipvxQoC'
Möo/og, IdnCtSTiTinog r/ KuXX(ag, IlroXt/tatog, Xaiqexqdrrjg , MtjTQOxXijg,
lÄva'iifi(vr\g, 'Eniytvrjg, Hoog rrjv eavrov -dvyar^qa, Siqtßtot^XTjg. Bei Athen.
IV, p. 1G2 C. werden auch Ü7io/^vr]Vo/j.tvfxaTa genannt. Diog. I. II, 113.:
toGovtov ä' tvqtaiXoylq xai aotf idTtly nqorjye rovg itXXovg, ibaxe /xixqov
derjßai nitOttV rrjv 'EXXdäa aifogwaav elg ciiröv fxtyaqiGai.
II. Die Megariker. 35
als Andere waren; sodann werden wir auch im Stande sein, die viel
fachen megarischen Fangschlüsse auf das gleiche Motiv des Einen Grundprincipes
zurückzuführen.
Die Megariker verstehen die sokratische Forderung als eine bereits
erfüllte und das begriffliche Wissen als ein überall schon fertiges und
abgeschlossenes , und indem sie die ideelle Conception eines Begriffes
mit der rhetorisch - sprachlichen Bezeichnung des Dinges verwechseln,
glauben sie dadurch ächte Sokratiker zu sein, dass sie mit der schroffsten
Schärfe des Doctrinarismus dasjenige festhalten , was Sokrates als ein
fiberall erst zu suchendes bezeichnet hatte. Sowie mit der bewussten
Kraft der Intelligenz, welche den Begriff erfassl und festhält, sich der
eitle und nur sich selbst gelten lassende Wunsch verknüpft, das je Erfasste
unweigerlich für immer festzuhalten, so ist bereits wieder jener
Particularismus zur Herrschaft gelangt, welcher mit der frivolsten Selbst
fiberhebung blind ist gegen die objective Fülle des Seienden und gegen
die ursprüngliche Vereinigung der Gegensätze im menschlichen Erkennen.
Dieser Particularismus ahoi; _istj dasi Gruiidjrjacjj^jhj^JlffiCTrikpr. Indem
dieselben das je einzeln Aufgegriffene , w'ie es eben durch den Sprach-
Ausdruck abgegränzt vorliegt, als Begriff festhalten wollten, alsit.rd|e_Efeetonsche
Verallaempjflfla»^^ dem lebendigen
üggriffe verwechselten (die Wiederkehr dieser Auffassung Tel den Stoi
kern s. unten Abschn. VI, Anm. 57—65.), gelangten sie dazu, dass sie
im Interesse der schroffsten doctrinären Geltendmachung dieses isolirten
Begriffes förmlich mit dem Kopfe gegen die Wand rannten und die Exi
stenz aller Bewegung leugneten, da ja durch diese eine Veränderlichkeit
des als unwandelbar fest genommenen Begriffes sich ergehe 22). Und so
dflfn die Megariker in_di e Eleat i s che n An s ch auiuiigen zurück und bezeich
neten das Seiende in schroffem Gegensätze gegen Jas Nicht-seiende aus
schliesslich als das Eine mit Leugnung eines Ueberganges vom Nicht-Sein
zum Sein (d. h. des Möglichen, s. unten Anm. 35), wobei sie ebenso
wie Jene die sinnliche Wahrnehmung (aXa&rjaig) in einen Gegensatz ge
gen die geistige Thätigkeit (Ao'yog) setzten 23) und wohl namentlich in j
letzterem das begriffliche Wissen des Sokrates zu besitzen vermeinten. I
lud ich glaube , dass die vielbesprochenen „intelligiblen unkörperlichen i
Arten" (tXdtj vorjta ußüfiurci) der Megariker sich höchst einfach erklä
ren und deren angebliche Verwandtschaft mit der platonischen Ideenlehre
in Nichts verschwindet; ich halte nemlich jene sogenannten „Ideen" der
22) Die Belegstellen für diese Annahme, welche in ihrem Detail mehr der Ge
schichte der Philosophie überhaupt, als der Geschichte der Logik angehört, sind
ad Phys. f. 225 b. Sext. Emp. adv. math. X, 85, 112 ff., 119 ff. pyrrh. hyp.
»> 245., III, 8.
23) Euseb. Praep. Ev. XIV, 17. : aXXoi lyivovro rovroig rfjv ivavrlav
fiovov fafifvTts • oiovrai yaq äetv rag ficv aiafh^aeig xal rag tpavraaCas
^(tßaXXeiv, «£'T(j3 cfi fiovov rä X6yq> niGTtveiv roiavra yäq riva nqörffov
Sivotfi&vrig xal JTaq/xsvCoTjg xal Zrivoiv xal Miliaaog iXtyov, vortqov
" ot ntql 2rlXnoiva xal rovg Meyaqtxovg' o&ev rj^Covv oiitoC ye rb ov
" ihai xal to fitj ov ertqov tlvai [it)ä£ yewäo&aC rt firidk (p&elqeo&ai
Pl^i xivilo&al xi naqänav. Plato Soph. p. 248 A. (s. Anm. 31.1 xal acäfian
JW TjjAÜs ytviaei oV alo&rjCteo>g xoivoivtlv, Siä XoyiOfiov de yv/ij nqög
*W> ovrtag ovalav, fjv atl xara rubra (ogavruig $%eiv (pari, yivsaiv «ff
nUore «XXtog.
3*
3« II. Die Megariker.
Megariker für weiter Nichts, als für den Ausdruck jenes dürren Nomi
nalismus, welcher uns so eben bei Antisthenes begegnete und, wie wir
sehen werden, durch die ganze stoische Logik sich zieht'24), jedesmal
aber für die Lehre vom Urtheile zum rohesten Empirismus des Factischen
sich wieder bekehren muss. Erwägen wir die Gesammtheit aller übrigen
Notizen über die Megariker sowie deren philosophische Nachbarschaft, nemlich
die gleichzeitigen Antistheneer und die nachfolgenden Stoiker, so
wird auch die vielbestriltene platonische Stelle, auf welcher die megarischen
Ideen beruhen sollen, in das rechte Licht gesetzt werden kön
nen. Zunächst nemlich ein sehr bequemer rhetorischer Doctrinarismus
ist es schon, wenn irgend ein Collectiv- Begriff in abstracter Weise so
festgehalten wird, dass ihm gegenüber jede speeifische Verschiedenheit
verwandter oder theilweisc untergeordneter Begriffe dahinschwinden soll ;
in solcher Weise aber verfährt Euklides mit dem Begriffe aya&ov ge
genüber den Begriffen rpq6vr]aig , &e6g, vovg'l:'). Dass aber hiebei die
Verstandesschärfe, welche mit all ihrer Einseitigkeit auch den Eleaten
und Sophisten Niemand absprechen wird , dem abstracten Erfassen zur
Seile stand, sehen wir daraus, dass der nemliche Euklides jede Begriffs
bestimmung, welche auf blosser Vergleichung {nuQußokri) beruht, aus
drücklich verwarf26) — s. Abschn. I, Anm. 29 — ; und hievon ist nur
die volle Consequenz deutlich ausgesprochen, wenn Diodoros sagt, es
gebe gar keine zweideutigen Worte, sondern höchstens dunkle, da ja
Niemand, während er Eines ausspreche, Zwei oder Mehreres sage21); d.
h. nach des Diodoros Ansicht liegt schon in dem Worte als solchem in
völlig bestimmter Weise das significante Moment eines Begriffes 2S). Hie-
24) Wenn H. Hilter (Rh. Mus. a. a. 0. S. 330.) sagt, dass die megarisehe
Philosophie der Richtung der stoischen Philosophie in den wichtigsten Punkten ganz
entgegengesetzt war, so darf dann die Logik und Erkenntniss - Theorie nicht zu den
wichtigsten Punkten gerechnet werden ; daraus aber, dass zwei hodenlose Schwätzer,
wie z. B. Alexinos und Zeno, über Einen Punkt rabulistisch Beweis und Gegenbeweis
gegeneinander stellen, folgt doch kein principieller Gegensalz, zumal da bei den
Megarikern sowie bei den Sloikern überhaupt mehr rhetorisches Geklimper als Phi
losophie sich zeigt.
25) Diog. L. II, 100.: ovxog (sc. EvxXe(äns) iv xb ayathbv anttfuiViTo
noXXoig ovöfiuai xaXovfxivov, bxt fxh' yäo tpQovqaiv ort dt &ebv xal ciXXoxe
vovv xal tu Xoina.
26) Ebend. 107.: xal rbv cFi« naQußoXijg Xöyov äryyei Xiyiov, rjxoi
bfioCoyv uvtov rj 1$ uvofioCiav (SvvCßxaa&ai , xal f> uiv öfxoltnv, ntfti
avxa <$eiv piäXXov rj ois opota Iotiv avaoxQttfto&at , tl <5" ü ävoixoiojv,
nctQiXxtiv (nttQokxr) ist stoischer Ausdruck, s. Abschn. VI, Anm. 204.) xr\v nttQaO-ioiv.
27) Gell, XI, 12.: Diodorus autem, cui Crono cognomenlum fuit, nulluni, inquit,
verbum est ambiguum, nec quisquam ambiguum dicit aul sentit, neque aliud dici
videri debet , quam quod se dicere sentit is , qui dicit; at quam ego, inquit, aliler
tensi, tu aliud aeeepisli, obscure magis dictum quam umbigue videri polest; ambigui
enim verbi natura illa esse debuit, ut qui id dkeret , duo cel plura dicerel, nemo
autem duo vel plura dicit, qui se sentit unum dicere.
28) Amman, ad Ar. d. interpr. f. 28b.: oix änoäe^ofie&a rbv äiaXexxixbv
dwöojQov näaav oiöfitvov (f üjvrjf ar\^tavxixryv tlvai, xcd nt>bg niüxiv tovtov
xaXtaavxa tojv cavxov xiva oixtxuv xtp avXXoyiarixo) avv8£Gfxq> „ÜXXa
ut\i'", xal üXXov aXXqi avväioutp. Das Beispiel von dem Sklaven, welcher
U.XXuftr]v genannt wurde, ist schlagend; vgl. bes. Plato Crat. p. 384 D. : oxi av
Tis xoj &r)xat bvofia, xovxo elvai xal tb __6q&ov, xav avfrts yt ert^ov fitra-
&t)tui , Ixelvo fir]x4xi xuXjj , oiälv r)xxov xb vdxtQOV öq&ojs fyt'V tov
II. Die Mcgarikcr. 37
mit aber stehen wir doch sicher auf einem Nominalismus der Lehre vom
Begriffe , wie wir denselben auch hei den kcxza oder iwo^fiuta der f
Stoiker treffen werden (Abschn. VI, Anm. 60), und ebenso sehr befinden
wir uns durch das von der Eindeutigkeit der Worte Gesagte auf dem
Standpunkte des Antisthenes, welcher das ävrileyet,v und eigentlich über
haupt das Urtheil aufhob. Und auch ausdrücklich wird von den Megarikern
überliefert, dass sie durch ihre Isolirung der Begriffe die Sub
stanzen, welche die Träger mehrerer Qualitäten sind, eben nach der j
Zahl dieser zerrissen 2!)), sowie insbesondere dass Stilpo wegen dieser
Trennung jede Bildung von Urlheilen geradezu als einen Irrthum bezeich- |
nele 30). Halten, wir niin___dieses . Allcs_ mit dem hei JL'laU). angegebenen
zusammen, so sc]iw7nttet der Nimbus einer megarisehen T.lppnlpl^^ völlig. _
Dort nenillcn wird nur gesagt 3 ') , dass es ausser den Eleaten und He-""
nooxe'QOv xeijxivov, ägneq xoig olxe"xai; r/fieig fJ.exuxi&e'iJ.eO-u' oi yaq avOei.
exäaxto n&fivxtvai ovo/na oiäev oiSevl, alla vöft(t> xal td-ei xiov l&tOavxwv
xe xal xalovvriov.
29) Simpl. ad l'hys. f. 2tia.: äiu de xrjv neql xavxa ayvoiav xal ol^MeyaQixoi
xlrj&e'vxeg (filöaoqoi laßovxeg <ög {vaoyij TiQoraaiv, oxi (av ol
löyoi exegoi xavxa ereoä iöri xal oxi r« erena xf^uQiajai. ccllrjltov, i&6~
xow Stixvvvai avxbv avxov xf^aipiOfifrov exaoxov Inel yap alias fh
löyog Zwxpäxovg fiovoixov, allog äe Zioxgäxovg levxov, elt) av xal Zmxpärijj
aixbg avrov xexwqiope'vog.
30) Plut.adv. Colot. 22. : xpayyStav Inäyu Ttji Zrtlniavt (sc. b Kol<örr)g)
xnl xov ßtov ccvaioeTa&aC (ft](t(V in' avrov liyovxog , eregov eriqov (jtr\
xaxriyoQiTo&at. ebend. 23.: ov fiijv ällä xb tnl xov Zxllntavoq xoiovxöv
laxiv et neql itmov xb rqtyeiv xarrtyoqov/xev, oi (irjol xavxöv tlvui rijj»
neql ov xaxr\yoqtixai xo xartjyoqov/ievov, äll' ereoov fiev avfrQtöntp rov xt r)v
ilvtu xov Xöyoi', ereqov de riö ayaf)v> (diess ist sogar das nemliche Beispiel, welches
wir oben, Anm. 10., in der antistbeneischen Lehre trafen), xal näliv rb'innov elvai
xov xntyovxa eivai fiaiptpeiv' ixare'qov yctq ctnairovjievot xov löyov oi xov
avrbv änoäCdojxev ineq ä/iipoiV oS-ev ä/uagräveiv xovg exeoov Ire'qov xaxtjyoqovvx
ag ' et fiiv yaQ xaixöv löri xtji üv&Qtönip xo äyaO-bv xal l'nna)
xo xqej(eiv, n,^S *f" Oixiov xal (faqfiaxov xo uya&bv xal, vtj Ata, naliv
Movxog xal xvvbg xb xofytiv xaxrjyooovfiev ; ei $' exeoov, oix oQ&iög av&qainov
aya&öv xai i'nnov xqtyeiv Ifyopiev. Der vernünftige Standpunkt, dass
aya&bv etwas Anderes ist, wenn es von äv&Qu>nog, und etwas Anderes, wenn es
von iiÜQjiaxov prädicirt wird (s. z. B. Arist. phys. ausc. VII, 4. 248 b. 7. betreffs
des d£v), liegt natürlich hier nicht vor, sondern nur die Marotte, die Begriffe zu
isoliren; diess geht aus dem auaqxaveiv xovg exeoov ire'qov xarrjyoqovvxag
deutlich hervor.
31) Soph. p. 245 E. : xovg uhv xoCvvv öiaxoißoloyovfie'vovg ovxog xe
n(qi xal fir\ nävv luv ov Sielr]lvO-a^tv, Ojiwg Sl Ixavtog i/e"x(o' xovg äi
alloig Kyovxag av 9-eaxt"ov, tv' Ix nävxoiv tläiäfiev oxi rb ov xov fifj
öviog oidev einoQüjxeqov eineTv Sri nox' tax(v. Der Zusammenhang des
ganzen Dialoges zeigt, dass die alliog Ifyovxeg (allwg bedeutet hier eben Nichts
anderes, als was es immer bedeutet, zumal wenn es enge mit av verbunden ist) jene
sind, welche die Frage über Seiendes und ISicht-seiendcs in Bezug auf die Erkenntniss
lehre anders, also in anderer Weise als die Eleaten und Herakliteer, besprachen. Und
nachdem unter diesen die Materialisten charakterisirt weiden, wird dann (p. 246 B.)
fortgefahren : xoiyapovv ol nqbg aixovg äfitpigßrjxovvxeg (dass diese eben die
Hegariker seien, hat völlig richtig zuerst Schleiermacher bemerkt, und vergeblicher
Scharfsinn wurde darauf verschwendet, diess zu widerlegen; nur hat man andrer
seits dann zu viel Merkwürdiges in dieser Stelle gesucht oder gefunden) /jäla eilaßäg
avwd-tv IS äoqärov nod-iv afivvovxai, votjxa axxa xal ctOmfiaxa fidij
ßta£öftevoi xhv alij&CvrjV oiaCav elvav xa de IxeCvtov aoi/jaxa xal xi]V leyoutvxf
» in aixdüv alri&eiav xarä rtfjixoa diafroavovreg tV xotg loyoig
38 II. Die Megariker.
rakliteeru auch noch Andere gebe, welche die Frage über das Seiende
und Nicht-seiende in anderer Weise besprechen, und unter diesen hielten
die Einen nur das äusserlich Körperliche für ein Seiendes (die Protagoreer
und die Kyrenaiker), diesen aber seien Jene entgegengesetzt, welche
„sehr vorsichtig hoch von oben herab und vom Standpunkte des Nicht
sichtbaren aus sich schützen und mit aller Gewalt es durchsetzen wollen,
dass irgend vom Denken ergriffene und unkörperliche Artbegriffe die
wahre Wesenheit seien"; und zwar sei diese letztere Secte nicht so roh
als die erstere durchaus materialistische. Diese Anspielung Plato's nun
auf die Megariker enthält nach dem Obigen für uns weder etwas Neues
noch etwas Auffallendes, denn ein vom Denken ergriffenes oder zu er
greifendes, d. h. ein vorjzov, ist doch wohl jenes, was Sache des Xöyog
im Gegensatze gegen die caa&rjdig ist (Anm. 23); ist aber ferner letztere
von ersterem schroff getrennt, so müssen die vorjra zuverlässig aGOftata
sein — nannten ja auch sogar die materialistisch rohen Stoiker ihr Xskrov
das einzige Unkörperliche (Abschn. VI, Anm. 51) — , und endlich
dass hiebei von den Artbegriffen, slStj, die Rede ist, zeigen die obigen
Beispiele (Anm. 29 u. 30) deutlich genug. Ja ganz natürlich musste, je
schroffer die Consequenz dieses Nominalismus gezogen wurde, sogar eine
ausdrückliche Polemik gegen die platonische Ideenlehre und ihren Rea
lismus — um hiemit die mittelalterliche Terminologie zu wählen —
hervortreten, da das Benennen und Aussprechen eines Dinges nur in dem
Momente, in welchem es vor uns liegt, vor sich gehen und nur auf die
ses einzelne Individuum, welches eben vor uns liegt, sich beziehen
könne, nicht aber bloss eine transscendente ewige Idee zum Prädikate
des Dinges machen dürfe 32). Auch diesen rohesten-Jjnd zersplitterten.
auf das sdiLej&Lhiji momentane Factum angewiesenen , Empirismus weryivtöiv
uvt' ovOlag <f(QOfievrjV Tivä itQogayoQevovaiv naget juiv xmv
iv etStatv avzr)v (r. ova(av) Tid-Sfitvaiv Qiiov (sc. Xoyov Xaßuv), i'iftiQaiztQoi
yaQ, naget äk xdv eis <smu(c navxa kXxoviiav ßia xaltmortgov. Und wenn
man nun in den weiter unten (p. 248 A.) auf die nemlicben Megariker bezüglichen
Worten nqbg dh zoiig iriQovg tiopev, rovg rtäv tiSdöv (fCXovg den Ausdruck
„släüv (fCXovg" immer mit „Freunde der ldcenlehre" übersetzt bat, so ist diess
eben falsch, denn in seiner Beziehung auf das Vorhergehende heisst dieser Ausdruck
nur „die Freunde der Artbegriffe" oder „die Freunde der von ihnen aufgestellten
Artbegriffe" oder noch deutlicher „diejenigen, welche in ihre Artbegriffe verliebt
oder vergafft sind". Hierauf folgen dann die oben, Anm. 23., schon angeführten
Worte: xal aoi/nari- fjiiv i)fiäg yi vitsti dt' alaäqoswg xoiviovtiv, dt« XoyiOfiov
äh VOT itQ&S *VV oviiag ovoCav, und weiter unten (p. 249 1).) sagt noch Plato
zusammenfassend: r$ äi) iftXoöoiftp xal ravza fiaXiaxa TifimVTi, neiöa, (ög
soixev, äväyxt] diä zavra fir/Te %äv fV rj xal za noXXa Mr) Xtyovxwv ro
nav idxrjxdg «/rodf/ec^ßt, tüv ts av naVTayl] ro ov xivovvttov ,MJjde ro
naqdnav äxovttv, äXXa x. r. X.
32) Diess ist der richtige und nun völlig passende Sinn der Stelle bei Dioij. L.
II, 119.: ästvög ayav iSv (sc. XjiXinov) iv rotg iQiOTixoig ävrjQU xal ta
etärj (d. h. hier „die platonischen Ideen", vgl. Abschn. VI, Anm. 62.) xal eXtye
tov Xiyovca av&Qomov eivai /xrjSiva (zu ergänzen Ifyeiv), oiire yaQ roväe
Xfyeiv oüre röväs' t( yaQ /nüXXov rövSe rj rdj'df; ovre aqa Tovde. xal
näXiv j6 Xd/avov ovx tau ro dttxvvfiivov, Xä%avov fikv yaQ r]v uqo /xvqicov
ircäv, ovx aga ißrl tovto Xü/avov, d. h. man könne nur sagen ovrog 6 äv&nai-
7iög (otiv ovrog 6 avd-Qwnog oder tovto t6 Xd%av6v iOTt tovto to Xa%avov.
Der Beleg hievon in den unten zu erwähnenden Sophismen, Anm. 85—88. ; also nur
A est A, s. oben Anm. 14.
II. Die Megariker. 39
den wir in der Stoa wieder treffen (Abschn. VI, Anm. 144 u. 166)./
DassaBer 3Telen~"(TieT5l^an£eT:rin dem nemlichen Athemzuge, in wel- l
chem sie unkörperliche Artbegriffe als das wahre Sein bezeichneten, j
gleichfalls aussprachen, bezeugt eben jene platonische Stelle33), indem
dort gesagt wird , dass sie die Körper jener Artbegriffe als eine stets
üiessende Entstehung bezeichneten und hiebei die von ihnen selbst an
genommene begriffliche Wahrheit wieder allmälig bis in das Kleinste zer
splittern. So auch konnte Diodoros es näher zu begründen versuchen,
dass für das Urtheil schlechthin nur das jeweilig Factische als wahr
gelten könne ; er hob nemlich, sowie die Bewegung, so auch folgerichtig
den Begriff der Möglichkeit überhaupt auf, denn war einmal der Beich- .
thum der Verbindungen , welche eine Substanz mit den Prädikaten ein
gehen kann, mit Füssen getreten, so fiel jeder mögliche Uebergang von
einem Potenziellen zu einem Actuellen natürlich weg 34) — s. Abschn. I, j
Anm. 27 — , und es blieb nur der äusserste Fatalismus des je einzeln
Geschehenen oder Geschehenden übrig; hiebei aber wird mit aller Un
verschämtheit des Doctrinarismus diese Aufhebung^ejJ^griffe^^ej^öglichkeit
selbst als i dieJDefinition des jlTj^Ticffieir^^^ nem
lich sagt: „Möglieh ist, VäS "THUWeUSr "sTOllindeT" oder was stattfinden
wird" oder milauderen Worten „Nichts ist möglich, was weder wahr
ist noch wahr sein wird"35); und diese ganze Auffassung wird in einem
33) in den oben, Anm. 31., aus p. 246 B. angeführten Worten r« Sc Ixetviav
nduaja u. s. f.
34) Arist. Melaph. 0, 3, 10461). 29.: dal oV xiveg ot <faaiv, olov ot
Meyaoixol, oTctv IvtQyij fiovov SvvaaS-ca, oxav dt pifj IveQyfj ov Svvaö&ai,
oiov röv /J-rj olxoSofiovvxa ov SvvaO&ai oixoSofieTv, äXXä rbv olMoSofiovvxa
oxav oixoSofxrj' 6f*ot(os Si xal inl xmv aXXtov. Akx. ad Metaph. p. 540, 1.
Bon. MeyaQixovg Xfyoi av xovg ttcqI EixXelSrjV, ovxog yän eig xa Mfyaoa
io SiSaaxaXeiov etye ZXeyov yaQ ort 6 oixoSöfiog oxav oixoSopjj, xöxe
xal xijv xov olxoSofielv £/£t 6vvaji.iv xal Svvaxai oixoSoftelv, orav de fifj
oixoSofiß, ov Svvaxcu ovxe fiifli f^fi xrjV xoiavxr)V Svvafi.iv, Sia TO xavxbv
elvai rfjV Svvuuiv xj) iveQyefa- OfioCtog Si xal inl T(öv aXXaiv.
35) Alex, ad Anal. pr. f. 72b. cd. Flor.: Svvaxbv Xfyeiv xal mol xmv
Svvaxwv, toS rt o ZlioStÖQq) Xfyexai, rjyovv o ectxiv rj la-xai,' to yäo ji
ov rj laöfievov nävxcog Svvaxbv fiovov ixeivog ixt&exo' xo yäq ifii Iv Koglv&
ip ytvia&ai Svvaxbv xax avxbv, ei r\v Iv KoqCvS-w rj nävxtag [liXloifui
totab-ai' ei Si (ir\ yevolfirjv , oiSi Svvaxbv r)v xal xb naiSlov yeve'o'&ai
yt>a/j./uaxtxbv, ei eaoixo. Hut. d. Sloic. Rep. 46.: fi yaQ oix laxl Svvaxbv,
Stieg rj eaxiv aXrjfhig rj eaxai xaxa -diäSoioov, aXXa x.x.X. Cic. d. fato 7.:
AI hoc, Chry sippc , minime vis, maximeque tibi de hoc ipso cum Diodoro certamen
est; ille enim id solum ficri posse dicit, quod aut sit verum aut futurum sit ve
rum, et quidquid futurum sit, id dicit ficri necessc esse, et quidquid non sit fu
turum, id negat ficri posse. Ebend. 9.: sed ad illam Diodori contentionem quam
neol Svvaxmv appellant revertamur , in qua quid valcat id quod ficri possit inquirüur;
placet igitur Diodoro, id solum fieri posse, quod aut verum sit aut verum
futurum sit. Ebend. Farn. IX, 4.; neol Svvuxwv me scito xaxa dioSmnov xqIYtiv;
quapropler, si venturus es, scito necessc esse le venire, sin autem non es,
jiäv äSvväxtov est le venire; nunc vidc , utra le xotaig magis deleclet , XqvrSMiitlunc
an haec. (Warum hierin Chrysippos mit Diodoros in Conflict kam,
s. Abschn. VI, Anm. 164 f.). Nur ein Bruchstück einer lexicalischen Distinction,
»eiche Diodorus zur Unterstützung seiner Ansicht vornahm, scheint zu sein, was
bei Pliilop. ad An. pr. f. XL1II a. überliefert ist: diöSwQog Si xal aXXa rivä xov
ivvaxov arjftaivofxeva elvaC qrjaiv' <pt)Ol yaQ Svvaxbv elvai rj xb Ixfießrjxbg
»jJij, oixeQ cqpafitv qfteTg vküqxov , rj xb Svväfxtvov ixßfjvai jx^Sinoxe Si
40 II. Die Megarikcr.
banalen Schul - Lehrsatze , dem sogenannten hvquvmv , präcisirt, indem
letztere Definition des Möglichen daraus erwiesen wird, dass einerseits
alles bereits Geschehene nothwendig wahr sei und andrerseits aus Mög
lichem nicht Unmögliches folgen könne 36). Eben dieser Fatalismus des
Factischen, welcher alles Leben einer Causalität ausschliesst, wurde daher
von Diodoros auch zum Kriterium des hypothetischen Urtheiles gemacht,
da dasselbe nur dann wahr sei, wenn nie eine Möglichkeit bestehe oder
bestanden habe, dass es von einem wahren Vordersatze in einen falchen
Nachsatz übergehe37), wobei wieder nur die fatalistisch nolhwendige
Wahrheit der beiden Theile des üonditional - Satzes zu Grunde ge
legt wird. — So führte die bornirtc Isolirung des Begriffes in jenen
tiefsten Fragen der Logik, welche eine Begründung in der „Philosophie
überhaupt" erfordern, zu den widersinnigsten Behauptungen, welche aber
mit dem frivolsten Leichtsinne des Theorien-Machens als logische Gesetze
promulgirt werden.
Sicher aber waren die Megariker der festen Ueberzeugung, dass sie
mit dieser ganzen parlicular abstracten Auffassung des Begriffes wirk
lich der sokratischen Forderung eines begrifflichen Wissens genügten,
und während sie in allem Einzelnen unrettbar .in die Sophistik zurück
fielen, glaubten sie wohl eine innere Berechtigung ihrer Behauptungen
in der vermeintlichen Festigkeit ihres Standpunktes zu besitzen ; darum
machte auch der Doctrinarismus, mit welchem sie von ihrem ersten Aus
gangspunkte an den vereinzelten sprachlichen Begriff hervorhoben, sich
der Art geltend , dass sie nicht nur unbeirrt von aller vernünftigen Er
fahrung sondern auch allseitig und planmässig darthuu wollten, wie sehr
man überall in unlösbare Widersprüche verwickelt werde, wenn man
nicht ihre Grundsätze der gänzlichen Vereinzelnung des Begriffes fest
halte. Diess nemlich scheint mir die Basis aller logischen Kunststücke
der Megariker zu sein, wenn auch dieselben aus erklärlichen Gründen
mit der ganzen Petulanz und Eitelkeit Derjenigen auftreten , welche sich
dadurch merkwürdig machen wollen , dass sie absichtlich gegen den ge
sunden Menschen - Verstand Verstössen. Solche Betriebsamkeit wurde
(xßeßrjxög. Wie aber H. Ritter (Rh. Mus. a. a. 0. S. 311) in der Definition des
Svvaxov als desjenigen 8 iaxtv rj earai einen Widerspruch mit des Diodoros
Leugnung des Werdens habe finden können , ist mir unbegreiflich ; denn t-oea&ai
ist ja doch nicht identisch- mit yiyvto&ai.
36) Alex. a. a. 0. fährt fort: ov tlg xaraaxtvrjV xal 6 xvoitvwv jjoeönjTo
Xöyog iino diodÜQOv. Aman. Epict. 11, 19, 1.: 6 xvQitviov Xöyog and toiovto)
V riväv &(fOQfi(3v r/QuirijaStti <faCvttai' xoivrjs yao ovorjs fia%rjs rolg
TQioi tovtois 7iqo; aXXrjXa, toi „näv naQtXrjXvS-dg äXr)3-es avayxaTov tlvat."
xal to5 „ivvarip ädvvarov fir\ äxoXovd-ttv" xal Tip „ävvardv tlvai o oi/r'
iativ AlrjfUs out earai", avviääv rr\v fJ-d/riv ruvTtjV 6 dioStonog Tjj rtöv
nnmxwv SvoXv ni&avözijTt awexQqaaro noog nanüazaoiv rov firjSev tlvai
ävvaxbv o ovt ianv äXrj&tg ovi tarai. (Vgl. Anselm. VI, Anm. 166 ff.). Er
wähnt wird dieser xvoitvajv noch b. Plut. d. comm. not. adv. Stok. 24. Quaest.
symp. I, 1, 5. d. sau. tuenda 20. Lucia«. Vit. auet. 22. Themisl. Or. 2., überall
jedoch ohne nähere Angabe.
37) Sexi. Emp. adv. motu. VIII, 115.: JiöJwooe dt äXrj&eg tlvai (frj<ft avvrjfifit'vov
, ontQ fi^ze ivtSi/tro jUJjrf ivSt/erai. ÜQXÖfitvov än' aXrjS-ovg
Xrjyetv tnl rptvSog' ontQ fia^trai rfj 4>(X(ovoq Statt, ebend. \, 310.: 6ia-
XtXTixÜTarog rjv 6 Koovog xal iäidaOxt mag xoue'ov i<Jrl rö vyieg avvtj/xjiävov.
Vgl. Abschn. VI, Anm. 145.
II. Die Megariker. 41
auch natürlich in Griechenland angestaunt, denn rhetorischer Doctrinarismus
war ja eine wesentliche Erquickung der griechischen Nation, und
es werden die Megariker ganz insbesondere als_ die vrahren Künstler der
Rede , als die eigentU^^JDiii^Uler^Jtezeichnet ^ und es bTeTbTäucE~~
späTCfHiocTPdiese Benennung für diejenigen, jyelche in verwandter Weise
einseitig mit logischer Technik ' sich beschäftigten (s. Abschn. VI7 Anm.
56 üT^scTuiTvll, Änm. ™2J7" Uben aber wegen der Art und Weise , in
welcher diese Logik geübt wurde, gelten als gleichbedeutende Bezeichninig£
B__d£r_Megariker die Ausdrücke »IKaleJMker^ imd_,;Eristiker" —
die begriffliche Unterscheidung dieser beiden unter sich und von dem
Apodeiktischen bei Plato und Aristoteles s. Abschn. III, Anm. 28 — 35
und Abschn. IV, Anm. 25—47 — ; und sowie ja auch schon unter den
Titeln der Schriften des Antisthenes uns das Wort 'Egiauxog begegnet
(s. oben Anm. 8), so wird insbesondere Euklide s in der Tradition als
Eristiker geschildert39), der eigentlichen Fang- und Trug - Schlüsse gar
nicht zu gedenken , welche selbstverständlicher Weise dem Eristischen
angehören. Aber es erhält bei den Megarikern das Sophistisch-Eristische
ein logisches Motiv, welchem es dienstbar ist40) — wenn auch in
Folge des Principes ein verkehrtes Motiv — , und hierin liegt ihr Un
terschied einerseits von den Sophisten und andrerseits von den Stoikern,
welch letztere die Lehre von den Trug- Schlüssen als einen eigenen vgplhg
t <; f s n <i i gpn mryTn";f?frTipw pli tUru>n TheiL.dex Logik betrachteten, da
bei aber in ängstlicher Fürsorge um ihren faulen psychologischen Empi- ,
rismus das Hauptgewicht auf die Auflösung der Sophismen legten und
hiedurch bewiesen, dass sie nicht einmal die eigene Wiege ihrer Logik
mehr zu verstehen im Stande waren (s. Abschn. VI, Anm. 211 u. 218);
bei den Megarikern ja ist es ein aus dem Missverständnisse der soma
tischen Lehre fliessender skeptischer Zug, welcher sich feindlich gegen
die Vervielfältigung des Substrates in einer Mehrheit seiner Prädikate und
gegen den Wechsel des Begriffes im Laufe von Uebergängen oder Ver
änderungen widersetzt, wobei eben diese Skepsis dazu dienen soll, dass
die abstract begriffliche Auffassung des vereinzelt Wirklichen bestärkt
und erhärtet werde. Was hingegen den Unterschied der Megariker von
den Sophisten betriCft, so sage ich ja nur, dass bei den ersteren das
sophistische Material ejn. logisches Motiv erhielt, und weiter will meine
Behauptung auch nicht gehen, denn gerade in der Art und Weise, wie
dieses logische Motiv ein verkehrtes war, nemlich in dem Particularismus
des rhetorisch festgehaltenen Begriffes, liegt das innigste Zusammentreffen
der Megariker mit der Manier und auch mit der Bodenlosigkeil der So
phisten, nur diente bei den letzteren das von ihnen aufgewendete Mate-
38) So Eubulides b. Plut. X orat. VIII, 21., Alken. X, p. 437 /)., Phot. Bibl.
f. 493., Ale.xinos b. Athen. XV, p. 696 E., Diodoros s. Anm. 20 u. 28.
39) Diog. L. II, 30. : öqiöv <T (sc. 2ioxQ«rr]g) EvxlttärjV ianovSaxoTa
nioi tovs iQißTixovg Xöyovs, m EvxltCär), aoipiGTtti; fitv dWijo*»)
ynrjo&ta , uv&Qtanois ä'oväci/j.cSe. Ebcnd. 107 ans dem Sillographen Timon :
40) Sext. Emp. adv. math. VII, 13. : hiqI <f£ 10 Xoyixbv xa-ii)vty&r)aKV
fiiQog ol 7isqI UavS-oiäijv xal iiXe^ivov xal EvßovUdtjv xal BqvOcovcc diovvo6fi(
ü(>6v Jt xal Ev&vdrjfiov.
42 II. Die Megariker.
; rial nicht ausdrücklich bewusst einer fixen „logischen" Annahme der
j Tendenz, sondern dem particularen Rechthaben und der doctrinären Ei-
{ telkeit überhaupt. Darum ist Stoff und Form der Fang-Schlüsse der Me-
.' gariker bis zur völligen Unterschiedslosigkeit ebenso beschaffen wie bei
i jenen der Sophisten, und man konnte von den ersteren ganz die nemlichen
Anwendungen machen wie von den letzteren ; und dennoch sind
die Megariker nicht den Sophisten schlechthin gleichzustellen oder gar
beizuzählen, sondern sie sind Sokratiker, allerdings in einer Weise, wie
eben Antislhenes gleichfalls ein Sokratiker ist, nemlich sie hatten von
Sokrates nur gelernt , eigen jirqhtns_okratischm Standpunkt mit Bewusstsein
festauhaltenHund^actr einem einheitlichen ertc'nntii'iss •Xl»eorcüschen~
Ztfs'chhitte ausz.ufüliie&. • .
""""""Dass zu den Trug- und Fang - Schlüssen überhaupt eine grosse,
wenn auch einseitige, Schärfe des distinetiven Verstandes gehöre, ist
kaum nöthig zu bemerken, und es tritt uns auch die abgemessenste und
wortkargste Präcision des Ausdruckes bei den eristischen Kunststücken,
welche immer in fragender Form gestellt wurden (Iqwvkv ist der steh
ende Ausdruck), sogleich darin entgegen, dass keine andere Antwort
von Seite des Gefragten zugelassen wurde, als bloss das einfache Ja oder
Nein41), was sich in der Ueberlieferung z. B. namentlich an Alexinos
knüpft42); natürlich wurde hiedurch die Isolirung eines Begriffes oder
eines begrifflich zu fassenden Faktums von allen übrigen wesentlichen oder
unwesentlichen Beziehungen bezweckt und erreicht. Ferner ist wohl
zur allgemeinen megarischen Gewohnheit geworden, was von dem Grün
der der Schule berichtet wird, dass er bei Widerlegungen seine Ein
wände nicht gegen die Prämissen, sondern gegen den Schlusssatz ge
kehrt habe43); es liegt ja hierin wieder ein Herausreissen einer Be
hauptung aus ihrem begründenden Zusammenhange, und sowie hier dann
nur die Verneinung dem Schlusssatze entgegengestellt wurde, so wurde
41) Isoer. d. permul. 45.: äXXoi oV Tiveg nenl Tag iQ(OTr]aeig xai Tag
anoXQtöeig yeyövaaw, ovg ävTiXoyixovg xaXovatv. Arist. Soph. El. 17, 175 b. 7.:
ei d*e SieXmv rjneTO To 6fA.iovvjj.ov rj to äftiftßoXov, oix av aärjXog r\v 6
e"Xey%og , o t initjuTovai vvv fiev rjTTov noÖTeqov S'e [xäXXov ol iQtarixol,
to rj vat rj ov anoxotveoft-at tov (oojToi/xevov, lytveT aV vvv de dtet to
fiij xaXolg loojTav Tovg nvvS-avofxivovg ävayxt) nQoaanoxotvea&al rv tov
iQWToifisvov SioQlhovVTtt Trjv fiox&r)(j(av Tr)g nqoTaaetog , inet äieXofie"vov
ye ixavcög rj vat »J ov äväyxrj Xiyeiv tov anoxoivöfievov. ehend. 176 a. 14. :
ei ovv iii] äel nQog dito , (QUT^aetg fftav anöxqioiv didovai, qaveqbv oti
ovd' tnl tüv 6{iü)vv(i<av to vat rj ov f.exre'ov. Top. VIII, 7, 160 a. 32.: nXeioviov
yeto ovtojv T(3v imo TttvTbv bvofia rj Xöyov Qudta fj aiiif igßrjTrjoig,
lav de xai oa(peg y xai anXoiiv to iQorTtaiitvov , rj vat rj ov aXOXQUiov.
Alex, ad Soph. El. /'.'50 a. u. öfter (18 a., 35 Ii., 48 a., 51a., 68 b.). Vgl. Abschn.
VI, Amn. 138.
42) Diog. L. II, 135.: Sars ÜXe'itvov noTe dieQO}Tr)aaVTog ei ninavTai
tov naTe'Qa Tvmwv „ ccXX' ovt ervnTov " tpävai (sc. tov MeviSrjfiov)
„oi/rs ne'navjj.ai" , näXiv t Ixetvov Xeyovrog „tyorjv einovia vat rj ov Xiaai
Tr)v afitftßoXtav'1, „yeXoZov , ehe, Tolg v/j.eTe'qoig vöfioig äxoXovO-elv l£6v
iv nvXaig ävrißijvai." S. Anm. 105.
43) Ebcnd. Tatg Te änodetgeotv IvlßTaTo ov xaTct Xqfi/naTa, ctXXä xut
initfOQttv. In Bezug auf die Terminologie , welche in dieser Notiz die gewöhn
liche stoische ist (s. Abschn. VI, Anm. 175 f.), darf natürlich auf Euklides hieraus
Nichts geschlossen werden.
II. Die Megariker. 43
andrerseits zur Erhärtung einer Behauptung von den Eristikcrn der indirecte
Beweis angewendet (wie aucli Aristoteles den h'ktyiog als OvK^~
~~Xäy ißfiog Si cmoqiciGmg definirt), und es blieb dem apagogischen Ver
fahren dieses sein Uebergewicht auch noch hei den Stoikern erhalten,
s. Abschn. VI, Anm. 203. Als Beispiel dieser indirecten Methode, von
welcher Aristoteles selbst sagt, dass sie bei syllogistisch verschlungenen
Beweisen schwierig sei44), kann folgender Schluss dienen:
Wenn eine Mauer darum nicht athmet, weil sie kein Thier ist, so
würde sie alhmcn, wenn sie ein Thier wäre. Nun aber athnien viele
Thiere, z. B. die Insecten, nicht Also ist die Mauer nicht darum
nicht-athmend, weil sie kein Thier ist. Also ist die Mauer ein Thier,
auch wenn sie nicht athmet45).
Hier nemlich kann man bei Verneinung des Schlusssatzes zweifeln,
welcher Theil desselben oder welche Beziehung seiner zwei Theile auf
gehoben werden solle (vgl. Abschn. IV, Anm. 665).
Indem wir aber nun die megarischen Sophismen im Einzelnen be
trachten, werden wir zunächst ausser denjenigen, welche von der Tra
dition in ganz bestimmter Weise den Megarikern überhaupt oder Einzel
nen aus ihnen zugewiesen werden, auch jene beiziehen müssen, für
welche die Ueberlieferuug bis zu den Schriften des Aristoteles hinauf
reicht; denn wenn dieser bei Besprechung der sophistischen Beweise
wiederholt angibt, dass Ein und dasselbe Sophisma die Einen so und
Andere anders lösten48), so können hiemit ja doch nur Bestrebun
gen gemeint sein, welche in die Zeit höchstens der späteren Mega
riker fallen. Und wenn ich auch gerne zugehe, dass manche oder selbst
viele dieser Trugschlüsse schon von den Sophisten oder andrerseits auch
von Antistheneern ersonnen oder angewendet worden sein können, so
ist einmal aus unseren Quellen eine Ausscheidung in dieser Beziehung
gar nicht möglich, und dann glaube ich auch, dass in der That nicht so
ausserordentlich viel hierauf ankömmt, denn im einzelnen Materiale tref-i
fen die Sophisten und die in die Sophistik zurückgefallenen Antistheneer
und Megariker eben schlechthin zusammen ; und so mag nun hier, da wir
44) Soph. El., 33, 182 b. 33.: anoqCa 6' toil Suxi), fj /^iv Iv ioTg ctvXXtXoyiOfxivoig
o ti ctveXy Tis tojv toioxrifiäTiov , r) <F iv Toig IqiOTixoTg
ntög tiny rtg to nnorafriv tiiöneQ iv ToTg OvXXoytOTixoig ol SqifivTeqoi
Xoyoi (rjztiv /uüXXov rtoiovaiv .... fiäXiOra filv ovv b zoiovrog doi/tvg 6
i'i laov tö Gv{i7i{nu(ifia noiäv ToTg ioonrtjuaGi , ötvTCQog (T b i$ änävTiov
bfioltav , ouTog yaq bfioiojg noirfOu ttnogiTv bnoiov tojv tncoTijjUttTmv ctvai-
QtTiov , tovto oi xaXtnbv , avcuntTiov jitv yaq , ort 6* avaioixiov, aärjXov.
45) Alex. i. d. St. f. 73 a.: anoqCa, uyyoiv , iaxiv iv Tolg OvXXeXoyiOfitvoig
Xoyoig , tC kviXövtojv iXt^S-yasTai to \ptvSog , oig inl rovöf „tl ovätig
ToT%og uvanvtl diu to /utj £ojov elvui , tl qaav uvtnvtov uv ol
toT%oi , toarc et rt £(pov, ävanvti' uXXu fivQfttjxeg fieXtTTui xcä oXa tu
Ivto/xu £q}a bvxa ovx uvunVH' ovx (inet b ToT%og, ÖiÖti ovx iOTi foSoy, ovx
ävanvti' (Sarc tOTiv Toi/og Co)ov , xuv fitj avanvrj."
46) Soph. El. 20, 177 b. 8.: ort ov nuVTtg ol'ZXtyxoi ^«C« T0 ätttov,
xtt&nTieQ Tivig ipuaiv. ebend. 177 b. 27. : Xvovai oV Tiveg toviov xai aXXiog.
22, 178b. 10.: Xvovai fiiv ovv Tivig Xtyovxtg. 24, 179 b. 7.: Xvovai dY Tivig
ävaiQoiiVTeg tijv ioolrtjOtv. 179 b. 34.: äfiaQTuvovai xai ol Xvovreg, Sri.
179 b. 38.: iviot öi xai to) öitto) Xvovai xovg OvXXoyiOfiOvg. 30, 181b. 19. :
IfinlnTOVOi fxiv ovv ovtoi xai elg aXXug Xvotig.
44 II. Die Megariker.
oben im I. Abschn. wohl nicht über die bestimmte, an einzelne Sophis
ten anknüpfende, Tradition hinausgehen durften, eine Richtung der lo
gischen Technik theils ergänzend theils collectiv geschildert werden, für
welche ein fester Abschluss der Ueberlieferung jedenfalls in Aristoteles
vorliegt. Eine abermalige Erweiterung oder Vermehrung, welche in ein
zelnen Einfällen der Stoiker besteht, werden wir unten, Abschn. VI, Anm.
212 — 218, treffen. Andrerseits aber wollen wir auch versuchen, die
megarischen Sophismen in die richtige Beziehung zu den oben angege
benen Ansichten der Megariker überhaupt zu stellen, und hievon mag
nun auch die Reihenfolge, in welcher wir sie betrachten, bedingt sein.
Hatten die Megariker in ihrem Bestreben nach Präcision jede gleich
nissweise Bestimmung ausgeschlossen (Anm. 26), so konnten sie auch
veranlasst sein zu zeigen, welcher Missbrauch mit Schlüssen aus einer
Gleichstellung getrieben werden könne:
Was zu Athen gehört, ist Besitzthum Athens, und ebenso bei
allem Uebrigen.
Der Mensch aber gehört zu den Thieren.
Also ist der Mensch Besitzthum der Thiere. 47)
oder:
Die Empfindung ist in dem Empfindenden, nicht in dem Eni-,
pfundenen.
Also ebenso ist die Bewegung in dem Bewegenden, nicht in
dem Bewegten. 4S)
Das gleiche gilt von Schlüssen, welche auf einem Comparative des
Mehr oder Minder beruhen, und es karrikirte auf diese Art Alexinos ei
nen Beweis des Zeno von der Vortrefflichkeit der Well folgendennassen :
Das Grammatische ist besser als das Nicht-Grammatische, und
so bei Allem.
Die Welt aber ist das beste von Allem.
Also ist die Welt grammatisch.49)
47) Arist. Soph. El. 17, 1761). 1.: 6 IXtyyog , olov bq o av jj H&rjvaiojv,
xifj^iü Iotiv ÜS-rjvadoV ; vctt. bfioCiog cSt xal tnl xmv aXXiav. aXlcc fiijV b
av&Qionog tan ziSv gtpmv; xrij/xa apß 6 av&Qajnog tüv £<n<ov. Alex,
ad Soph. El. f. 51 a. Ueber das o/noiov vgl. Arist. Top. II, 10.
48) Alex. a. a. 0. f. 58 a.: IvlotavTo ot oo<pio~iai Xfyovxtg- ov Xfyouev
öoq Öqütcu oQaOtg xal axovU axovSTta axovOig, äXXa fifjv onaöig Iv Tip
ÖQmvit, xai rj axovaig Iv toj axovovtt, xal ij xivr\Oig «p« iv to) xivovvii.
Man sieht dass hier der Gleichstellungsschluss auf der Ableitungs-Endung des Substanthes
beruht.
49) Zeno halle nemlich, wie Cic. Nat. D. III, 9 berichtet, geschlossen: quod
ratione utitur, melius est, quam id quod ratione non utitur; nihil aulem mundo
melius; ratione igitur mundus utitur; die Erwiderung des Alexinos b. Sext. Emp.
adv. math. IX, 108.: äXX' S ye HXeglvog to) ZtjViovi naotßaXe TQontp To)Sf
To noirjTixbv tov ftrj noirjTixov xal To yna/j./xc<Tixbv tov firj ygafifiaTixav
xqsittöv (öti, xai t6 xara tag aXXag Tfyvag &ea>Qovfievov xqüttöv Ioti
TOV fli) TOIOVTOV oütfi tV <M xÖOflOV XQUTTOV tOTIV 7l0lT]Tlxbv CCQtt Xttl
ynctjj.fj.uTix6v iaiiv o xöafiog. nqbg rjv anaVTiovreg nctQaßoXrjV ot Ztiüixoi
ifaoiv ort Zr]vmv tb xad-änaZ xocittov ttX-qipev, tovtsoti tö Xoyixbv tov
firj Xoyixov xal to vocqov tov /xtj voiqov xal to %{iipv/ov tov fir\ i[i\pv%ov,
ö AXt^ivog ovxsti, ov yccQ iv Tip xa&ÜTra!; to noirjTixbv tov fir] noirj
Tixov xal tö yottfifiaTtxbv tov fir) ynaftfiaTtxov XQtiTTOV, cuffrs /xeyäXrjV
iv toi; Xiyoig d-ecoQeiO&ai äicupogäv. lieber das (läXXov u. tjttov vgl. Arist.
II. Die Megariker. 45
Und wurde ferner selbst das Bestehen einer Zweideutigkeit in Be
zug auf begriffliche Auffassung geleugnet (Anm. 27), so konnten Sophis
men, welche auf einem Doppelsinne eines Wortes beruhen, hier nur die
Bedeutung haben, auf die Nothwendigkeit der grössten Präcision hinzu
weisen. Beispiele hievon sind Schlüsse, welche auf einem zweifachen von
ßaöi&iv abhängigen Accusative oder auf einem nicht absolut genau ge
brauchten Objects-Accusative bei nLvnv 50) oder auf der Zweideutigkeit
eines sog. Accus, c. Inf. 51) oder auf möglicher Verwechslung der Feminin-
Form mit dem Neutrum Plural 52) oder selbst auf Vermengung des
spiritus asper und lenis 53) beruhen.
So führte auch die hiemit zusammenhängende Auffassung, dass in
dem Worte als solchem der Begriff liege (Anm. 28) zu mehreren Trug
schlüssen, welche darauf hinweisen, dass nur Ein Begriff in die je ein
zelnen Worte verlegt werden dürfe, wenn man nicht in schlagende Wi
dersprüche verwickelt werden wolle. So- z. B. ganz entsprechend dem
Sophisma des Euthydemos, dass die Wissenden lernen (Abschn. I, Anm.
61 f.), der Fangschluss, dass das Böse gut ist, wo als Mittelbegriff das
doppelsinnige to dsov (Mangel und Seinsollendes) dient54), oder
dass die homerische Poesie eine geometrische Figur ist, weil sie ein
Kvxkog (Sagenkreis und Kreis) ist 55) oder dass Homer ist (d. h. existirt),
Top. II, 10. u. bes. Rhel. II, 23, 1397 b. 12.: aXXog ix tov fiäXXov xal r)xxov,
oiov „ei fir/F oi &eol nävxa iffaai , OxoXrj oi ye avfrQtonoi."^ xovxo yäq
laxiv, ei $ fiäXXov «v vnaQX01 P-h vnaQxei, SfjXov ort oücF o) rjxxov xxX.
50) Arist. Soph. El. 22, 178 b. 31.: xal «p' o ßaSC^ei xig naxel; ßaätfci
öe xrrv T)fi(qav bXrrv. tj oi% o ßatfCfei äXX' Ste ßaäi^ei tiQtjxev , ovo" otüv
rijv xvXixa nCveiv, o nCvei äXX' 1$ ob. Alex, ad Soph. El. f. 60 b.: «p' o n(-
nojxä xig, ixeivo nintoxe; vaC .ninwxe Se xvXixa . nlnmxev aga xrrv xvXixa.
51) Arist. S. E. 4, 166 a. 6.: nctQcc fii xrrv ä(i(fißoX(av oi xoioCäs' to
ßovXeafhai XaßeTv fit xovg noXefiCovg.
52) Alex, ad Soph. El. f. 14 a. : iv fiiv buiXCq xal äiaXfiti oix änaxr)Oti
noxi 6 Xiyoiv „kxaCqa %ova(a et (f oooii] , SrjtioaCa eaxio", elXrjnxai yäq 6
Xt'yiav naqoivx6v(og xov Xbyov iieveyxwv rj xv%6v xal nqonaqoljvToviog xal
oix uv ootf Caaixo noxe xov r\xqoaue'vov ei d" iv yqaity eirj xeCpevov
xö „ärifA.ooitt" oifie'vii xovov iy.ov, xöxe äijxa xal xov naqaXoyiafibv naq-
53) Arist. S. E. 21, 177 b. 37.: aqd y taxl xb ov xaxaXveig oixCa; vaC.
oixovv to oi xaxaXveig xov xaxaXveig anöipaaig ; vaC. eipyaag <f tlvai to
ov xaxaXveig oixi'uv' r) olxla aqa anoifuaig. ebend. 20, 177 b. 3.: ov yäq
ö aixbg Xäyog Xöyog yCvtxai äiaiqovfievog , elneq fiy xal xb bqog xal bqog
xy 7iQoO(i>d(u Xe%&tv (tyiiaCvei exeqov äXX' iv fj.lv xolg yeyqatxjxivoig xb
uvxb ovofia , oxav ix xäv aiTÜv OxoiyeCoiv yeyqafifie'vov y xal (bauvxuig.
Poet. 25, 1461a. 22.: xaxä äe nqoOipdCav , aaneq 'iTtnCag '4Xvev b Qäawg
ib „äiöofitv St" ol" xal „xb fiiv oi xaxanvä-exai otißqtp." Alex. a. a. 0. :
«p' taxrjxtv oqog; xC de „Ütyov Xoyixbv iniaxrjfirig äexxixov" oi>X oqog ;
eaxtjxev iitQa xb Cvov Xoyixbv iniaxi\iir\g äexxixov. ebend. f. 62 a.: oiöv eaxt
to „ov xaxanv&exai bi.ißq<$". vgl. ebend. f. 55 a. u. f. 57 a.
54) Arist. 4, 165b. 34.: oxi xct xaxä ayafhä' xä yaq d'e'ovxa äya&ä,
Xaxig xal inl xiov xaxaiv , eaxi yäq xaxov ti ävayxaiov , xal TÜya&ä (fi
ÜovtÜ qetfiev eivai. 19, 177 a. 23.: tk äe"ovTa nqaxTiov iOTlv a, iaxl (T «
ov " rä yäq äe"oVTa XiyeTai noXXaj^äg.
46 II. Die Megariker.
weil er Dichter ist 56). Auch wurde auf die Zweideutigkeit hingewiesen,
welche im grammatischen Numerus eines Wortes liegen kann —
Jemand hat den Plato und den Sokrates geschlagen.
Plato aber und Sokrates ist ein Mensch.
Jener also hat Einen Menschen geschlagen 5") —
oder darin liegen muss, wenn von einer Mehrheit Etwas theilweise prädicirt
wird, z. B. wenn von mehreren Dingen gesagt wird, dass sie
theils gut theils schlecht sind, ist es zweifelhaft, ob jedes derselben
theils gut theils schlecht, oder ob einige gut und andere schlecht seien 5S).
Ja dieses Bestreben nach einer dem Begriffe entsprechenden Schärfe des
Sprachausdruckes, durch welche allein Wort und Begriff sich gegensei
tig decken könne, wirft sich sogar selbst auf die grammatischen Flexi
onsformen, und indem die Megariker auch in diesen einen abstract isolirten
Begriff erblicken, wird z. B. der Widerspruch hervorgehoben, wel
cher zwischen der passiven Form von ala&dveo&cti und der activen
Form von SqSv besteht, während doch beide der gleichen Begriffessphäre
angehören , denn eben in Folge jener Form könne man beweisen , dass
Thun und Leiden das nemliche sei 59). Auf dem gleichen Grunde be
ruhen mehrere Sophismen, welche theils die Gleichheit der Form zweier
verschiedener Casus60), theils die verschiedene Bedeutung Eines Casus 6 J),
^ 56) Arisi. d. interpr. 11, 21a. 25.: "O/xrjQÖ; lar( ti , oiov non\Tr\s' «p1
ovv xal ienv , rj ov; xaru Ov/ißeßrjxös yaQ xatrjyoQeiTat tov 'Ofirjnov ro
louy ort yitQ nonr\Tr\s iativ , aXX' ov xaV uvtö xaxrjyoQtixai xcträ tov
'OfltjQOV TO ÜOTIV.
57) Soph. El. 5, 168a. 5.: «p' ovtos xal ovtos Iotiv av&qtonos ; toOT
KV TIS TVTTTrj TOVTOV Xal TOVTOV, aV&QlOTtOV all' OVX aV&QtOTlOVS TV7lTr]atl.
Alex. f. 22 a. : 6 Silva 2^ioxqtxTrjV xal IIXtiTiova tvtitii' ö £ioxoaT7)s xal 6
HXaTiov äv&Qtonös Iotiv. öotiva äp« av&qtonov all' oix av&QtoTtovs Tvmti.
58) Arisl. 6, 168 a. 7.: tov r« fiiv Iotiv aya&a tcc o™ oix aya&ä, nävTa
aya&ä jj oix äya&ä; önüxtoov yao av (ffj , fort fikv tos iley%ov rj xpevdos
waivofiivov Jöfttfv av nonTv ro yaQ tf tivta tmv fit] äya&tov ti tlvai
aya&öv rj tiöv äyaStöv fxr) aya9öv ipev&os. ebend. 30, 181b. 9.: (i tö fiiv
tOTiv äya&öv tö äk xaxöv, ö'rt r«#r« üXrj&ks dnuv ayaS-öv xal xaxöv xal
näXiv fxr]T' äya&öv /">)rf xaxöv' oix fort yitQ kxäisqov kxaTtQov, toOTt
Tßürö aya&öv xal xaxöv xal ovt' äyaS-öv obre xaxöv.
59) Ehend. 22, 178a. 12.: äg' eOn ti, tioV nda^eiv noteiv ti; ov.
oixoiv tö rfjuj/frnt xaleiai alo&ävttai öfioltos Xiyezai xal naVTa näa/etv
ti arjfiaCvef näXiv Sk tö Ifyetv rp£f£ty öqüv öfioltos aXXr]Xois XiytTai'
äXXa fir)v To y' öqäv alo&äveo&at rt IotIv, äoxt xal näa/uv ti tifia xal
noitiv. Alex. f. 10 b. : tov yag ögio xal Xiyto öfioltos Ixtpeaofitvov, tfatslv
oi OotfißTul, aoa oixl tö öqüv xal Xfyeiv öfioltos XtyiTai ; val. tan ök tö
Xiyeiv xal IvsgyeTv xal tö öqüv aoa. äXXa fir]v Ioti xal näaxeiv tö öqüv.
vgl. ebend. f. 15a., 42 b., 57 b.
60) Arist. 4, 166 a. 7.: ap' o Tis yiviöaxti, tovto yiviöaxti ; xal yao tov
yivtöaxovTa xal tö yivtoOxo/itvov lvofyeta' *S yivtöaxovTa Otjfirvvai tovtio
Ttp löytp. xal «p« o öp? Tis, tovto ÖQtf öp? äk töv xlova, toOTS öp<3i ö xltov.
Alex. f. 12a.: «p« o yiviöaxti Tis, tovto yiviöaxti; yivtöoxei Si Tis ll&ov,
yiviöaxti «p« 6 ll&os. näliv «p1 ovv op«, o öp« Tis; vat. öqk dV rtf
%vlov • öp? «p« To Zvlov. ebend. f. 45 a. : «pet ye IntOTaTal ti ; val. tI dk,
tö IniaTÜfievov intaTTjfxrjV §f£t; val. aXXa fiijv tö xqlytovov InlaTaTai,
tnitSTT\fxrtv aoa %£t. '
61) Arist. 20, 177a. 37.: «p' tu tläes Ov tovtov TV7izöficvov, tovtih
hvnTtTO ovtos, xal to hvnTtxo, tovtio tsi %lSes ; Alex. f. 47 a.: «p« t[t
eläes ov tovtov Tvnxöfitvov, tovtio hvnTiTO ovtos; et ovv ovtio ioioTTjä-tlrj
II. Die Megariker. 47
theils die Construction des Acc. c. Inf.62), theils die des sog. Nom. c.
Inf. 63) betreffen, zuweilen aber auch in zweckloses Tändeln ausarten 64),
sowie überhaupt hier die Veranlassung zu den albernsten Wortwitzen
gegeben war 65).
Tiefer aber wieder greifen jene Trugschlüsse, welche mit der Art 1
und Weise zusammenhängen, wie das Substrat in seine einzelnen Prä- \
dicate zersplittert worden war (Anm. 29), z. B. dass ein einzelner Mensch, j
wenn er etwas Anderes als der Mensch überhaupt ist, darum selbst von I
sich selbst verschieden sei 66), ingleichen, wenn er bald dieses bald jenes
b Xöyog, GvXXoyiG&elri av, xal 6 anoxgivöfievog tft\G\v oti val, tovtidv äe
öo&e'VTtDV ei inaio/xev, aXXä fJ-tfli eläeg rovrov Tiff d(p9-aX/j.ti> Tvmöfitvov,
Ovvax&ijGtTai tö, ixvnrtv aga Tft5 b(p$aX/uä>.
62) Arist. 19, 177 a. 17.: olov tv tü> tov TvtfXbv bgäv. Alex. f. 54 a.: dg'
iazi TvtfXbv bgäv ; ov. rC ök, orccv TvtfXbv bgqg, oi TVtpXbv bgag; iOTiv
aga rixfXov bgäv. Auf dem nemlicben beruht der so oft angeführte und schon
dem Euthydemos (s. Ahschn. I, Anm. 66.) zugeschriebene Schluss 'iaxi GiytövTa Xiyeiv.
63) Arist. 4, 166a. 11.: aga S Gv tfyg elvai, tovto Ov tpfjg elvai; tprjg äk
Xl9ov elvai, Ov aga (pyg Xld-og elvai. Ebenso in einer Anekdote über Stilpo b.
Diog. L. II, 100.: ZrCXniovog avTov IgiaTyOaVTog ovrtog „aga ye, &e6d*coge,
o elvai (ptjg", tovto xal el; inivevOavrog de „<fyg tf* elvai fheöv"; tov S'
bfioXoyqGavTog „&ebg el aga" ifpy' äeiafiävov ät a&jue'vug yeXäoag (f tjOlV
,,äXX', a> fiöx&tjne , rip Xöytp Tovxtp xul xoXoibg av o/xoXoyrjOeiag elvai xal
ItXXa fj.vgia". Alex. f. 12a.
64) Arist. 32, 182 a. 10.: ctg' o Xfyeig aXij&djg, xal toxi tovto aXy9iög;
tfyg d' tlvai ti XCd-ov eOTiv aga ti Xid-ov. 182 a. 28. : äg' äXy&e'g lortv
etneiv oti iOTiv avTTj, oneg elvai ipyg aiiTrjV ; elvai de (pyg äanlda' eOTiv
aga avztj äonlda (31.) ovd' ei o tpyg eivai tovtov, iOTiv ovTog, tpyg
d' elvai KXe'iova, %Otiv aga ovTog KXiiava . . . . (34.) dg' JnCOTaoai tovto;
tovto d' Itfrt XC&og' inlOTaoai aga Xl&og.... (38.) ag' ov IniOTy^yv
IniOTctOai tovto; imOTi\fvi\v d' t%eig XC&ov intOTctOai aga Xtöov. 22,
17Sb. 29.: ag' o fcav&dvei b fiav&ävtov, tovt' tOTiv o /jiavd-dvei; fiav&dvei
iSe" Tis to ßgadi tu%v. Alex. f. 60 b.: toiovtov Ioti to oötpiOfia xal ovxio
ngorjyezo xara t)]V IgtärrjOiV ag' S (tav&avei xig, tovto eOtiv o fiav&avei ;
vul. fiav&ävei. äe" Tig to ßgaäii Ta%v. MOTai äga to ßgaäv Ta%v. Vgl. Abschn.
VI, Anm. 220.
65) Arist. 33, 182 b. 19.: xa&agbg b Boge'ag; ov djjror anexTÖvrjxe yag
töv 7iT(D%bv xal tov tovovfitvov. Alex. f. 72b.: aXXä xal to xa&agbg arjfiaCvei
fxh' xal vyieivbg (xa&agbg yag Boge'ag b vyieivbg XfyeTai), cfrjuaivei de xal
to ctfiöXvVTov xal a%gavTov. Arist. ebend. 182b. 20.: ag' JEvag/og; ov drjTa,
äXX' 'AnoXXiovtSyg. (wahrscheinlich zu erklären: „Ist dieser Euarchos?" „Nein
er ist nicht evag/og, d. h. kein guter Beamter, sondern er ist cinoXXiovMrjg, d. h.
Verderber). Ebend. 182b. 18.: noriga tiöv ßowv e/j.ngoa&ev (d. h. „früher"
oder „von Vornen") r^fsrat; oiäeTe'gci, aXX' bmaS-ev afiipto. Ebend. 182 b. 16.:
üvrjg i(f e"geTo xara xXlfiaxog älif gov, xal bnov OTtXXea&e; ngbg Trjv xegaCav
(diess scheint mir so zu erklären: Es trägt Jemand eben einen Wagen oder sei es
z. B. ein Schlitten-Gestell, über eine Leiter herab; ein Vorübergehender nun, welcher
hieraus schliesst, dass jener eine Reise oder Spazierfahrt vorhabe, frägt ihn „Wohin
soll's gehen?" Jener antwortet: „An der Leiterstange herunter".) Ebend. 20, 177b.
20.: ag' aXrj&eg elnetv vvv oti ai> yiyovag ; yiyovag aga vvv (vgl. Anm. 102.).
hliet. II, 24, 1401a. 13.: tag to tfävai OnovSaTov elvai fivv, atp' ov y' IgtIv
fj TtfiitoTUTr) naotäv TeXeTtj' r« yag fivGTqgia naGmv UftimTccrti teXeTy....
ij oti to /tijde'va elvai xvva ctTiftoTUTÖv Iotiv, wGTe to xvva dfjXov oti
tIuiov xal to tov Xoyov elvai GnovSaioTaTov, oti oi aya9-ol avdgeg
ov zorjuttTiov aXXa Xoyov elalv ä^ioi.
"66) Arist, 5, 166 b. 32.: olov ei b KoglGxog eregov av>unov, avTog
nvioü eTtgog , Icrt yag avS-gconog, rj ei ZtoxgaTovg 'hegog, b ök ZtaxgaT7\g
avdgtonog, 'ezegov av>onov tpaalv tofwXoyrjxe'vai. 30, 181b. 13.: xal ei
48 II. Die Megariker.
Prädikat an sich habe6'), daher namentlich in letzterer Beziehung das
vereinzelte Vorhandensein irgend eines Prädikates nur durch Hinzufü
gung des demonstrativen Pronomens zum Substrate begriffsmässig aus
gedrückt werden könne °8). Auch musste darum nolhwendig einerseits
bei Begriffen von Qualitäten, welche ausschliesslich an Ein Substrat gebun
den sind, sowie überhaupt bei allen Merkmalen ein zwei- oder mehr - ma
liges Wiederholen der Sprach-Bezeichnung sich ergeben , z. B. Schielend
ist nur schielender Blick, also ist schielender Blick ein schielender-Blick-
Blick u. s. f. und z. B. Mensch ist Mensch und hellfarbig, also Mensch
ist hellfarbiger Mensch und aus dem gleichen Grunde Mensch ist hell
farbiger hellfarbiger Mensch u. s. f.09); und andrerseits musste bei
Substraten, welche zugleich mehrere Prädikate an sich haben , ein Wi
derspruch hervorgehoben werden, sobald diese abstract genommen nicht
zugleich bestehen zu können schienen ; so diente hiezu z. B. der mit
dem Namen „6 'IvSög" bezeichnete Schluss, durch welchen darauf hin
gewiesen wurde, dass bei dem Mohren die schwarze Farbe der Haut
und die weisse Farbe der Zähne kein sicheres Urtheil zulassen, ob der
Mohr überhaupt schwarz oder nicht schwarz sei70); ja selbst auf die
arithmetischen Bestandtheile einer Summe konnte diess übertragen wer
den, so dass z. B. Fünf zugleich eine gerade und eine ungerade Zahl
sein müsse , weil es aus Zwei und Drei bestehe 1 ').
txaaxov avTo avTip Tavxov, xal aXXov tTeqov inel 8' ovx aXXoig ravxa
aXX' avxolg, xal ixe qu avxiuv, tuvtu eavTolg eTeqa xal reevtä. Alex. f. 17 b. :
ov%l tö ov ixtqöv iativ av&QtüTiov , oü/t xal 'innov xal flobg xal ovqavov
xal yr}g xal anXiSg navttov tiöv ovtiov ; vaC. 16 txtqov tiüv ovtiov fir) ov.
to ov äqa fir) ov. Vgl. Abschn. VI, Anm. 213.
67) Arisl. 22, 1781). 39.: xal tnl xov KoqCaxog xal Koqi'axog fiovaixbg,
nöxtqov xavxbv rj 'friQov;
68) Ebend. 17, 175 b. 17.: tnl yaq tiSv bqaiiäv avayxaTov o i(fm<tev
änoifijGai bvofia xal o ant'iprjat IfijOtti' lög yaq Sioq&oiiVTat Tivtg, oiShv
bipeXog' ov yaQ Koqlaxov qualv elvai fiovotxbv xal afiovoov, aXXa tovtov
tov Koqlaxov fiovaixbv xal tovtov tov Koqlaxov afiovaov.
69) Ebend. 13, 173 b. 5. : xal botov r) oiala oix bvxwv nqög ti oXtog,
<av tlacv ffttf rj nä&tj ij ti toiovtov, tv rip Xöyip avTWV nqogärjXovxai
xaxtjyoqovfiiviav tnl tovtois, oiov to ntqnTov aqiä-fibg fitoov t/tov tari
d" aqt&ftbg TitqiTTog' tOTiV aqa api&flbg ttqi9u.bg fit'oov i%(üV xal tl TO
Oifibv xoiXÖTrjg qivög taxiv, toxi dt qig Oifir], tOTiv ciqa qlg qlg xoi'Xrj. D.
inlerpr. 11, 20 b. 37.: xaxa yaq tov avS-qtönov xal To avO-qianog ttXrjS-eg
xal to Xevxbv tlioxe xal to änav naXiv el to Xtvxbv, civto xal rö anav,
äoxt toxui avS-qtonog Xtvxbg Xtvxbg xal tovto tig antiqor. Vgl. Metaph. Z,
5, 1030 b. 32.
70) Soph. El. 5, 167 a. 7.: oiov tl ö 'Ivdbg oXog fiiXag iov Xevxög taxi
Tovg öäövTag" Xtvxbg äqa xal ov Xevxög taxiv oiov tl Xaßibv tov
AlxHona elvai fiiXava xovg oäövxag iqoix' el Xevxög' tl ovv xavxrj Xtvxbg,
oxi fit'Xag xal oi fiiXag oIoito ditiXt/&ttt avXXoyiaxixäg TtXtiiöaag xr)v iqtoxr\
aiv. Alex. f. 4a.: aqä yt b Al&toip fit'Xag; val. aXXa fir)v Tovg ödoJT«?
ov fit'Xag' diaTt b avTog xal fit'Xag xal ov fit'Xag. (ebenso f. 65a.). Dass „o
'Ivoög" die technische Bezeichnung wurde, sehen wir aus Hut. d. sanit. luenda
20.: oTttV tov 'Ivfibv ScvaXvtiv ft äiaXfyeaS-ai rteql tov KvqievoVTog tv
Jelnvip fiiXXtofitv. Ebenhieher gehört auch z. B. Arist. 26, 181a. 5.: oi%
bfioXoyrjTt'ov lag äävvaTov To avTO tlvai SinXaaiov xal fir) SinXäaiov. ebend.
5, 167 a. 29.: ort ravTo fimXäaiov xal ov ömXaOiov tu yaq ävo tov fiir
ivbg äinXüoia, iiöv dt Tqiäv oii SmXaaia.
71) Ebend. 4, 166a. 33.: ort rä ne'VT' IotI ävo xal rqla xal neqiTTa
II. Die Megariker. 49
Insbesondere aber musste von diesem Standpunkte aus gezeigt wer
den, wie sehr man sich in Widersprüche verwickeln könne, wenn man
die Verbindung eines Substrates mit einem einzelnen seiner Prädikate
festhalten wolle, statt eben jedes Prädikat in seiner Einzelnheit zu neh
men; und so finden wir auch eine Anzahl von Sophismen, welche grund
sätzlich mit der obigen Leugnung der Berechtigung des Urlheiles (Anm. 30) V
zusammenhängen. Z. B. die Frage, ob es einen guten schlechten Schu
ster geben könne, wobei die beiden Prädikate aus verschiedenen Gebie
ten genommen sind72); oder der Fangschluss vom Diebe73):
Der Dieb will nichts Schlechtes bekommen
Etwas Gutes zu bekommen, ist etwas Gutes
Also will der Dieb Gutes,
oder: Der Dieb will stehlen
Das Stehlen ist ein Uebel
Also will der Dieb ein Uebel
Also ist es unwahr, dass Niemand ein Uebel wünsche.
Ferner die Frage, ob Recht oder Unrecht vorzuziehen sei in Be
ziehung auf ungerechte Verurtheilung zum Tode74); oder die Frage, ob
man Gerechtes oder Ungerechtes sprechen müsse, in Bezug auf die Er
zählung eines erlittenen- Unrechtes75); oder die Hinweisung darauf, dass
auch das unrichtige Urtheil des Richters formell giltig sei, also das Nemliche
recht und unrecht sein könne 76) — wie sehr hier die Rhetorik
hereinspielt, sieht Jedermann — . Der gleichen Art ist der Fang
schluss 77):
i
xal aoria. 10, 171 a. 35. : aqu icfai cd fiovaStg raig ävüoiv iv roTg xtxrartaiv;
Alex. f. 35 a.: aQa ys ai iv raig x^aaaqai [lovdäig lOai tlai xaig
rJvalv tfvaoiv, rjyow «p« al d" fiovaStg iacti tlai xaig äval äväai; Xtyia
ovx ixdaxr\v xmv fioväötav latjV T») ävcedi, äXX' bfioZ rag xtoaaQag piovüoag
loag xaig äval ävüoiv.
72) Arist. 20, 177 b. 14.: «p' ianv aya&bv ovx« axvxia fiox&rjQov tivai ;
tfi; cf * av xig dya&bg iov axvxtvg ftox^-rjQog, mox' iaxai ayafrbg axvxtvg
(ioy-!h)(>6s. D. interpr. 11, 20 b. 35.: oißl, tl axvxtvg xal äya9-bg, xcil axv
xtvg äya&ög. Alex. f. 17 a, 56 a.
73) Soph. El. 25, 180b. 18.: bfioliog Si xal 6 xov xXinxov Xoyog' ov yaQ
tl xaxov iaxiv 6 xXinxr\g , xal xb XaßtTv loii xaxov ' ovxow rb xaxbv
ßovXtrai, äXXä raya&öv rö yaQ Xaßtlv äya&bv ctya&öv (ich halle die Worte
ö rov xXinrov Xoyog für die technische Bezeichnung des Sophisma's). Alex. f.
65b.: aoä yt ßovXttaC rig rb lavrov xaxöv ; ov . rC äi, rb xXinxtiv xaxov;
vai. ßovXtrai <f! 6 xXinxr\g xXinxtiv, vat. tö iavxov aoa ßovXtxai xaxov.
74) Arist. 25, 180 b. 21.: «p« lö SCxaiov xov aSCxov xal xö Sixaliog xov
aSCxiog aiQtxiäxtQov ; aXX' änod-avtiv aSlxtog aiQtxiäxtQov. Rhet. II, 23,
1397 a. 20.: aXXog ix xiöv bfioCeov nxtoatioV bfioliag yaQ ätt inÜQxtiv rj
fit) vnaQxnv, oiov ort xb äCxaiov ov näv ayaS-öv xal yaQ av xb äixaCoig'
vvv <?' ovx a'Qdov xb Stxaloig ano&avtTv. Alex. f. 66 a.
75) Arist. 180b. 26.: nöxtQit ätl xqlvtiv xov xa ätxaia Xfyovra rj xov
xa aäixa; ceXXa fifjv xal xov ääixovfitvov dlxaiov iaxiv ixavüg Xfytiv &
lna&tv xavxa d" t)V äätxa. Alex. f. 176., f. 66b., f. 67 a.
76) Arist. 180b. 23.: oqu äCxaiov irtxi xa avxov ixtiv Zxaoxov ; a ä"
av xig XQ(vrj xaxa äö^av xi)V avxov xav j) yevärjg, xvQiä ioxiv ix xov
vöfiov ro elvi 6 aQa öCxaiov xal ov SCxaiov.
77) Arist. 24, 179a. 34.: ßo' 6 avdQiag aöv ianv tyyov, rj abg b xviov
narr\Q; Alex. f. 62 b.: aQ<i yt 6 ävÖQiäg iqyov iarC; vai. «pä yt aög toxi;
trat, aöv aQa iQyov iarlv b äväQiug.
Piartl, Gescb. 1. 4
50 II. Die Megariker.
Diese Bildsäule ist ein Kunstwerk
Sie ist aber Dein
Also ist sie Dein Kunstwerk,
oder in der nemlichen Weise wie das Sophisma vom Hunde (Abschn. I,
Anm. 70), auch von einem Sklavenkinde oder einem Haussklaven, welcher
Kinder hat 7S). Auch wird die Möglichkeit eines Widerspruches gezeigt,
welcher in Folge einer mittelbaren Verknüpfung mehrerer Prädikate ein
treten kann, z.B. Wer bei Nacht herumgeht, ist ein Räuber70); und diess
wird auch für jene Fälle angewendet, in welchen die Verknüpfung durch
ein bloss grammatisches Casus-Verhältniss vermittelt wird, z.B. dass das
Böse darum gut sein müsse, weil die auf das Böse sich beziehende Wissen
schaft ein Gut sei 80). Ja selbst Prädicate, welche aus dem Umkreise der gram
matischen Kategorien genommen sind, konnten hiezu verwendet werden 81).
Insoferne aber die Megariker durch ihre particulare und isolirte
Auffassung des Begriffes veranlasst oder genöthigt waren, nur das jewei
lig in einem einzelnen Momente factisch Bestehende als das durch den
sprachlichen Begriff aufgefasste anzuerkennen (Anm. 32), so wollten sie in
gleicher Tendenz wie bei ihren übrigen Fangschlüssen eben auch nach
weisen, in welch unlösbare Widersprüche man verwickelt werde, wenn
man den je einzelnen Bestand in Verbindung und Zusammenhang mit
Anderem bringen wolle. Diess nemlich ist das Motiv mehrerer im Alterthume
zu einer gewissen Berühmtheil gelangter Sophismen, nemlich des
WevSofitvog, 'EyxeKaXvftfiivog, ^dictlav&ccvav, 'HkixrQa, KiQctrivrjg, welche
sämmtlich in der Tradition dem Euhulides zugeschrieben werden S2).
Der Wevööjievog lautete S3) :
Lügt man dann, wenn man sagt, dass man lüge?
78) Arist. 24, 179b. 14.: ei oäe laxl naxijn, lad de Oos. 180a. 5.: aq'
laxl xovxo aov ; vql. toxi de xovxo xixvov aöv aoa xovxo xixvov. Alex,
f. 63a. : uqu ye ovxog xixvov laxl; vctt. äqa ye ovxog xovxov laxi; vol.
ovxog aqa xovxov xixvov laxl
79) Arist. 5, 167 b. 9.: ßovXöfievoi yaq dei^ai oxi /j.01/65 , xo Inojxevov
iXaßov, 8x1 xaXX(omaxr\g fj oxi vvxxoiq öqäxai nXavtöfievog. Ebenso Hhel. II,
14, 1401b. 24. Alex. f. 20a.: Ineiär) yäq enexai xtp xXe~7ixrj xö viixxtoQ
■nXavaa&ai, avxiaxqe'<povxeg ol aoifiaial Xfyovai xal 0 vvxxiaq nXavdfievog
xXinxr\g laxl. ebenso f. 25 b. Vgl. Abschn. Vf, Anm. 186.
80) Arist. 24, 108a. 8.: xo elvai xdäv xaxdüv xt ayaS-ov' x\ yaq (poovrjOls
laxiv Iniaxrifiri xöiv xkxwv. 20, 177 b. 16.: «p' mv ai Imoxfj/uai anovdalai,
anovdaia xa fiaO-fj/iaxa ; xov dl xaxov anovdalov xo fj.äSrffxa' anovdalov
aqa [ictd-r){itt xo xaxöv aXXä firjV xal xaxov xal /xaO-rj/ja xö xaxov, (oOXt
xaxbv fia&rjfta xö xaxov dXX' laxl xaxüv anovdaia lniaxr\fir\. Alex. (•
56a., 63 b., 74 a.
81) Arist. 4, 166h. 11.: olov xo äqqev &ijXv ^ xö &ijXv aqqev fj xo ftexa%
v S-äxeqov xovxwv. Alex. f. 15 a.: ov/l xo aqqev ovdixeoov; oy/^ttj
fhijXv oidlxeqov ; xo aqqev aqa -0-ijXv. f. 62 b.: aqä ye ode Xnnog; rat. aqa
ye Xevxog; vat. Säe aqa Xevxog' xl dl, xö Xevxbv äiavXXaßov; val. o Xnnog
ciqa diOvXXaßog.
82) Diog. L. II, 108.: xijg dl EvxXe Idov d/ado/y; Itfri xal EvßovXläV
6 MiXrjawg, og xal noXXovg Iv äiaXexxixtj Xüyovg rjiimx^ae, xöv xe ipevOofievov
xal xöv diaXav&ävovxa xal 'HXlxxqav xal lyxexaXv/x/jlvov xal amqeixtjV
xal xeoaxlvrjv xal uraXaxqov.
83) Arist. S. E. 25, 180 a. 35.: «p' Ivdfyexat xov avxöv &;xa eioqxelv
xal ImoQxetv ; . . . . out' et eiooxei xdde fj xTjde, avayxt) xal evoqxeh'^o 0
öftöaag Imoqxrjaeiv eioqxet Intoqxiöv xovxo fiovov, eioqxei de ov .... oftoiog
II. Die Megariker. 51
oder: Schwört derjenige einen Meineid, welcher eben schwört, dass er
einen Meineid schwöre?
Natürlich liegt die Lösung darin, dass hier „Lügen" und „Meineid
schwören" in jener speciellen Modification, welche sie durch dieses
bestimmte Aussprechen hier erhalten, in eine gleichstellende Verbin
dung mit dem gewöhnlicheren und allgemeineren Sinne , welchen jene
Worte haben, gebracht werden ; eine solche Verbindung aber hielten die
Megariker, welche ja die Existenz des Urtheiles aufhoben, ein für alle
mal für unstatthaft, und so dienF°aneseirFangschTu7s*™flJrer Tendenz. /
Der 'EyxsKalvfijisvos , als dessen Erfinder von Einigen auch Diodoros
genannt wurde 84), lautete 8S) :
Kennst Du diesen verhüllten Menschen? Nein. Er ist aber (
Dein Vater ; also kennst Du Deinen Vater nicht.
i" 6 Xöyog xal thqI tov rpeväeaS-ai röv uvtov a/xa xal aXrj&eveiv' ccXXcc
iitt To fifj elvai tv&eiÖQrjrov, nore'Qwg av anoäoCrj rö itnXwg äXti&evetv ij
ipevSe a&ai , SvgxoXov (paCverai' xuiXvei d" avröv ovdev anXäg fikv elvai
ipevirj, nfj cT' aXrjdij rj rtvög, xcil elvai aXrj&ij riva, «Xrj&rj ö°e fir\. Alex, ad
S. E. f. 65 b.: aoä ye IvS^erai TOV avröv ajxa xcd tyevSeah-ai xal äXrj-
9ivtiV ; ov. äXXa /ur)v 6 Xfywv „lyia rpeväo/jiai" afia xal \pev$erai xal
ith\&tvti' ipevdog ttQa rö ovx Iväe/erai röv avröv apa xal äXr/öeveiv xal
ytvStod-ai. f. 65a.: «p' IvSiytrai röv avröv a/j.a evoqxeiv xal tnioQxeZv;
o tft ö^iöaa; iTTioQxrjauv l7ii(aqxrjOev, iSdre e6oQXT)0tV r)Xr)d-evae yaQ nenoir\
xuig o noieZv äfioaev, o/nöoag yaQ inioQXr)aeiv tTtiiaqxrjaev 6 avrög
ap« lifia ItzioqxiT xal evoQxeZ. (ebenso f. 18a. u. 30a.). Cic. Acad. 11, 29.:
s> le mentiri dicis idque verum dicis, mentiris an verum dicis? haec scilicet inexflicabilia
iicitis. Gell. XVIK, 2.: quaesilum id quoque ibi est, quae esset huius
quoque sophismatis resolutio : cum mentior et mentiri me dico , menlior an verum
dko? Erwähnt ist der 1'evSöfievog auch noch b. Arist. Eth. Nie. VII, 3, 1146a.
21. (hi ö rfoipiOTixög Xöyog xpevdöfievog anoQCa). Cic. Div. II, 4. Sen. Ep.
45. Won. v. increpo. Athen. IX, p. 401 E. (wo die Notiz, dass Philelas in Folge
fruchtloser Versuche der Auflösung dieses Sophisma's gestorben sei). Hut. d. comm.
not. adv. St. 2. u. 24.' Ganz ähnlich ist die Frage, ob man zugleich Einem glauben
und nicht glauben (nei&eo&ai und aneilteZv) könne. Arist. a. a. 0. Alex. f. 65 a.
84) Diog. L. II, 111.: ijy äe xal ovrog (sc. ^wäioQog) äiaXexrixög, nqmrog
do'iag evQtjxe'vcti röv iyxexaXvfifiivov xal xtQcnCvtjV Xöyov xarä rivag.
85) Arist. S. E. Ii, 179a. 33.: ap' olSag röv nQogiövra rj röv lyxexa-
Ivufihovj Alex, ad S. E. f. 62 b.: ap' olSag röv nQogiövra xal xexaXvfiuivov;
ov. elra äipeXövreg tö neQixaXvfifia, ri de, olflag tovtov; val. tov
eMv apa oldag xal ovx old'ag. f. 48 b. : neQixaXvifiavreg tov fiovoixöv
Koqldxov (s. Anm. 88.) d&övq rj aXXqj tivI ol aoifidral r/Quircov «p' old'ag
m Koqldxog yiovOixog iaxl ; val. tCSs, olöug tov xtxaXviififvov oaxig
bn(v;ov. fha äiftXövreg to 7iSQixciXvu(A.a , Tidl, olSag , eXeyov, tovtov
offri; IotCv ; vaC. oläag aQa tovtov xal ort uovOixög Iotiv, aXXä fir)v xal
oix oUag, Sv yaQ rjyvöug ore neQixexaXv[i/j.svog rp>, odxig rjV, tovtov oiidi
(i i\v fiovaixög lylvüiaxtg ■ oldag aQa tov avTov xal fiovaixov xal fiovoixöv
ÜToi fiovOixov xal afxovaov, (oo~Tt S a7ii(pr)0ag an' avrov ovofj.a iö /j.ovdixdg,
Toito xar iuprjaug xar' aiiiov. naXiv ccq' oWag tov xtxaXvfi(iivov Sans toriv ;
ov. elra änoxaXvipaVTSg, r( äk, oläag tovtov; val' KoQlOxog yäq Igtiv. aXXd
/"iv iif rjctttg avTov xal /j.fj KoqCöxov, ov yaQ bXmg r\yvötig r(g CctTtv, ovdk ei
KotjCaxog IotIv iyCvtoaxeg, (Hots tö avTO ovofta xaT£yr\aag xcct avrov xal emiiptaag.
Lueian. Vit. auet. 22.: XPY2. tov rf' av lyxexaXvfifiivov xal navv 9-avtittaröv
axovarj Xöyov anöxQivai yaQ (tot, tov narfQa olo&a rbv aeavrov;
AT. val. XP. -rl ovv; rjv Goi TTUQaOr^aag riva lyxexaXvfijue'vov iQiajxai,
ioütov ola&a; rC if,r)atig; Ar. är/Xadfi äyvoeZv. XP. äXXa fitjv aiiTog ovrog
V> 6 TrarrjQ ö Oos' mors ei tovtov ayvoeZg, äfjXog e2 röv nariQa röv oöv
«yvoüv. (Erwähnt ist dieses Sophisma auch b. Themist. Or. 1.)
4*
52 II. Die Megarikep.
oder ebenso
Kennst Du diesen von Ferne herankommenden Menschen?
Nein. u. s. w.
Der diakav&ävow , über welchen wir in Bezug auf die Megariker
nicht näher unterrichtet sind, scheint nur_ durch den Wort-Ausdruck sich
unterschieden zu haben, insoferne statt ctg oldag tov lyxexuXvnfit'vov
gesagte wurde aq' olSag tbv Siahtv&avovra , sowie in der so eben an
geführten Form dieses Sophisma's das ccq olöag tov nqogiovxu. Be
treffs einer eigenthümlichen Anwendung, welche der JiaXav&üvuv viel
leicht bei den Stoikern fand, s. Abschn. VI, Anm. 210.
Sicher aber wissen wir, dass auch der Fangschluss, welcher HkiKtqcc
hiess, durchaus nur eine verschiedene Ausdrucksweise des Eyxtxctlvfifievog
war; er bezog sich nemlich darauf, dass Elektra bei der
Rückkehr ihres Bruders Orestes allerdings wohl wusste, dass Orestes ihr
Bruder sei, aber nicht wusste, dass der vor ihr stehende Mann ihr Bru
der Orestes sei 86).
Ebenfalls ja nur eine verschiedene Wendung hievon ist die Frage 87):
Weisst Du, um was ich Dich fragen will? Nein. Weisst Du, dass
die Tugend ein Gut ist? Ja. Aber eben um diess ja wollte ich
Dich fragen.
Die Lösung aller dieser Sophismen ist die nemliche wie oben bei
dem Wevdo^evog ; nemlich es handelt sich hier um ein einzelnes jewei
lig gerade stattfindendes Prädikat, welches ausser Zusammenhang mit
anderen Prädikaten des nemlichen Substrates betrachtet werden soll,
z. B. beim 'Eynexakviifievog ist die Begriffsbestimmung des Verhülltseins
der factische Grund einer Aussage, und der Gefragte musste die ihm
vorgelegte Frage natürlich bejahen, nemlich: „Ja, ich kenne ihn, d. h.
ich kenne ganz gewiss, dass es ein Verhüllter ist". Dass aber Verwir
rung entstehe, sobald man ein derartiges einzelnes Prädikat mit anderen
in Verbindung bringe, wollen eben die Megariker zeigen, da ja von der
Kenntniss Einer Bestimmung gar Nichts in Bezug auf andere folge 8S).
86) Lucian. a. a. 0. : Ar. xlva tovtov tov tyxexaXvfifte'vov r[ tlva TtjV
*H).txTQ<tv Xfyeig; XP. 'HXc'xtquv uiv txeCvijv tt)V navv , ir/v Aya/J.£uvovog,
fj i« avTa olde" re äfia xal ovx oiSc naotOTtorog yaq avifj jov 'OoedTov
tri ayvdÜTog olde fiev 'OQtOrrjV oti adeX(fbg airrjs , oti de ovTog 'OotOTrig
ayvoei. , ,
87) Arist. a. a. 0.: ccq' oldag o ue"XXoi^ de Jqojtüv^ Alex. f. 62 b.: «C
oldag o fitXXco de Iqcotüv; ov. cto* oidag, oti t] ägerfj ayaihöv ; vaC. tovto
de~ de uiXXia iQtozäv. oldag äqa o [iS'XXio de loairäv. ,
88) Arist. 26, 181a. 9.: aq' 6 eldcog exadTov oti exadTov, olde to
nqäy/ia; xal 6 ocyvoiöv (ugavxwg; eida>g dt Tig tov KoqCoxov oti KoqCdxog,
ayvoo(r) av oti piovdtxbg, äßTt TavTÖ InloraTai xal ayvoei. Mctaph. E, %
1026b. 15.: eidl yaq ol Ttov doqtdTtöv Xöyoi neql to dvfißeßrjxbg dg elnetv
fidXtdTa naVTiav, noxeoov exeqov fj tovtov /xovdixbv xal yqafifiaTtxov,
xal uovdixbg Koqidxog xal Koqidxog, xal ei näv o av fj, fir) ael de, yfyovev,
tSaz ei fiovdixbg <ov yqafi/iaTixbg yiyove xal yqa/i/taTixbg c$v fiovdixog,
xal odoi drj äXXoi toiovtoi twv Xöycov elaCv. Alex, ad Metaph. p. 414, 24.
ed. Bon. : oti dl ol T(Sv dooridTcov Xoyoi ndvxeg neql to dvfjßeßrjxbg xal to
f*ij ov etüt, dfjXoV iqovTüidi yctQ, nöxeoov tkvtÖv iOTi to yqa/xfiarixov Ttj>
fxovOixu) rj ov' et (tev ovv iqelg oti ov, änoxqlvoVTai XfyoVTeg' o ZtoxQCtTijS^
yoa^^aTixög IotiV Zoti de ö yqafiftaxixbg ZioxqaTtjg b avTog T<p ZtoxoaTH'
cuX 6 ZiaxqaTTjg xal fiovdtxog iOTiv' ioxiv aqa 6 fiovötxbg XuxgaTijS
II. Die Megariker. 53
Hiemit ist hinter all diesen Fangschlüssen Nichts weiter zu suchen, als
der Ausdruck jenes Nominalismus, welcher mit dem particularsten Empi-/
rismus Hand in Hand gehen muss 89). *
Das gleiche Verhältniss liegt auch dem Ksgariviqg zu Grunde, wel
cher lautet90):
Was Du nicht verloren hast, hast Du noch
Du hast Hörner nicht verloren
Also hast Du Hörner.
Denn auch hier handelt es sich darum, zu zeigen, dass die Verbin
dung eines vereinzelten Begriffes (z. B. des Habens) mit den oft unzäh
lig verschiedenen Beziehungen, in welche er treten kann, nur Verwir
rung bringe , und also nur das je einzelne Stattfinden einer einzelnen
solchen Verbindung eine Sicherheit gewähre. Den Beleg für die Rich
tigkeit dieser Erklärung enthalten mehrere andere verwandte Pangschlüsse,
welche nur Variationen des gleichen Thema's sind, wie z. B.
Mit dem Auge, welches man nicht hat, kann man nicht sehen.
Nun aber hat der Mensch nicht Ein Auge
Also kann er nicht sehen91)
6 aviog To} XwxgaTef 6 fiovöixdg aga Xtoxgäxrjg o airög Idxi toj ygaftflttTlXtp
ZtOXQttTU ' ii (ff TOVTO , XCtl TO flOVOlXOV TCCVTOV tan. to) ygafijxuTixo).
VPtvSog aga oji To (lovoixbv ov ravTÖv Ioti toi ygafifxaTLXoj.
ravTÖv aga. xal näliv el To fiovaixöv 'hegöv Ioti tov ygafifiaTtxov, xal
o ygafiftarixog XiaxgÜTrjg STigog ioxai tsv jiovaixov ZoixgaTovg' ö Äixokttjs
aga trenög idTiv avTog iavTov. S. Abschn. I, Anm. 52.
89) Wenn H. Ritter (Rh. M. a. a. 0. S. 334.) zuletzt sogar eine symbolische
Deutung des *J'ev6*6fi(Vog und des 'Eyxexalvfi/j ivog gibt, der Art dass der „Lüg
ner" die Sinne und der „Verhüllte" die Wahrheit bezeichne, so enthält diess nicht
bloss einen Verstoss gegen die Geschichte der Philosophie, sondern auch ein Miss
kennen des menschlichen Geistes überhaupt; denn wann hat je eine symbolische
Auffassung sich so der syllogistischen Form bedient, dass sie die Form des Syllo
gismus selbst (ich sage nicht, den Inhalt in syllogislischer Form) als ihren Aus
druck gewählt hätte?
90. Diog. L. VII, 187., woselbst zwar von Fangschlüssen des Chrysippus die
Rede ist: et ti ovx antßaltg, tovto tytig' xigaTa Si ovx änißaXsg' xigara
aga f£«f, jedoch folgt unmittelbar der Zusatz : ol äk Evßovltäov tovto (pttaiv.
Dass auch Diodoros als Erfinder genannt wurde, s. Anm. 84. Gell. XVI, 2. : quidquid
non perdidisti, habeasne an non habeas , postulo ut aias aut neges ; utrumeumque
breviter responderil, capietur; nam si habere se negaverit, quod non perdidit,
colligetur oculos cum non habere, quos non perdidit, sin vero se habere
dixerit , colligetur eum habere cornua, quae non perdidit; rectius igitur cautiusque
i/o respondebitur : quidquid habui, id habeo , si id non perdidi. Diog. L. VI, 39.:
ngbg töv avXXoyiaäfievov , oti x4qktu e/et, äipct/xtvog tov fieroinov (sc.
/fioyivrjg) , tytä ftev, &p*l, ovx oq(3. Sen. Ep. 45.: ceterum qui interrogatur an
cornua haben/ , non est tarn stultus, ut frontem suam tentet , nec rursus tarn ineptus
aut hebes , ut non habere se nesciat, quod tu Uli subtilissima collectione (der
Dummheit des Seneca muss man diess zu Gute halten) persuaseris. Eine eigenthümliche
Form dieses Sophisma's steht b. Sext. Emp. pyrrh. hyp. II, 241. : d ovxl
xal xaXä xtgaxa (%e ig xal xtoctTa i%eig, xfyaTa i/tis' ovxiöh xaiä xigara
ixug xal xtgara Jjf*»S' xigara aga (ovxl xal — xal ist die Form des
disjnnctiven Unheiles, die sog. ¬f,aTixr) av/tn&oxrj — s. Abschn. V, Anm. 71
a. VI, Anm. 182 — also : „Entweder hast Du schöne Hörner oder Hörner über
haupt, also jedenfalls Hörner.")
91) Arist. S. E. 22, 178 b. 8.: ag' y fif) tvjitoi av ; r/ (p ^
H/ci ö<p&al(j.o} »tfoi av ; od yag tyH /mvovp Alex, ad S. E. f. 59 b.: ag
54 II. Die Megariker.
oder: Was man zuerst gehabt hat und später nicht mehr hat, hat man
verloren.
Wer von zehn Würfeln einen verloren hat, hat später nicht mehr
zehn
Also hat dieser zehn Würfel verloren 92)
oder: Wer zwei Würfel hat, hat nicht Einen Würfel
Gibt dieser nun Einen Würfel, so gibt er, was er nicht hat93).
Bei allen diesen Sophismen ist das leitende das Gefühl der Un
sicherheit, welche dadurch entsteht, dass das „Haben" an mehrere und
mancherlei Objects- und quantitative Verhältnisse geknüpft wird, wogegen
die Präcision des abstract Vereinzelten eine sichere Zuflucht gewährt, da
sie sich auf die Mannigfaltigkeit der Verbindungen gar nicht einlässt.
Mit dem Motive dieser Fangschlüsse nun hängt auch die eine Seite
des Smqüxris und des <PctXax(>6g zusammen, deren andere Seite aber
schon derLeugnujyuijE^ angehört;
beide werden gleichfalls dem Eubulides zugeschrieben, s. Anm. 82. Der
Sorites lautete 94) :
Nichtwahr, Zwei sind wenige? und auch Drei, und auch Vier? u.
s. f. bis Zehn?
Zwei aber sind wenige
Also auch Zehn sind wenige
und wahrscheinlich wurde er in die Frage gekleidet:
Wie viele Getreidekörner machen einen Haufen?
woraus dann jer Name Sorites (owQog, Haufen) folgte 95); und nur eine
elxos rvnzeiv riva, 5 (iq f/ft xllQ( > ° (*V *Xmv fl^av Xe*Qai
tivo, ervxpe ry /Jt5' ixvipe loinbv 5 ovx ivii xe'Q^-
92) Arist. 'a. a. 0. 178 a. 29. : ei' 0 Tis e/uv vOiiqov fir) fyji, dnt'ßaXev'
6 yaQ h>u ftovov dnoßaXmv aOTQayaXov ovx *£ft ^^xa aOTQayäXovs. Alex,
f. 58 a.: ao' o Tis i%(av fir\ e/ji , ctnißale; vai. äXXd /ii)v 6 Sixa t%mv
äOTQaydXovs xal anoßaktav töv erie, ovxhi f/ft S(xa' ei Se ovx e/n öixa,
tt/i di tovs äixa, äne'ßaXev aQa tovs äe"xa.
93) Arist. 178a. 37.: oti SoCrj av Tis 0 fit) e/ei' ov yaQ e^et 'eva fiovov
aOTgäyaXov (ebenso 23, 179a. 21 11. 10, 171a. 9.). Alex. f. 58 b.: aQa äoiij
av Tis 0 fit) exei ! °v- 0 ^' ovX exei fiovov eva AßTQayakov , SeStaxe de
ivcf Se"3ioxev cioct o ovx (ixe, fJ.il f/cov yaQ eva Seöiaxev eva.
94) Arist. 24, 179 a. 35.: aQa Tic dXiydxts oXCya öXCya; Alex. f. 61b.:
To oöifiafia t6 oti tu exaTÖv xal noXXä xal oXCya Ovfxneoaivöfievov, oti
näs aQi&fiös xal rtoXvs xal öXCyos. f. 02 b. : aQa ye tu öliyäxis olCya oXCya;
vaC. aXXit fxr\v xd exaTÖv 7tqös tcc äexdxig fivQici oktydxis Iotiv oXCya, Ta
kxaxbv uQa bXtya. äXXä ftfjv xal noXXd. Diog. L. VII, 82. : oixl Ta fiev övo
ökCya tatCv; oy/t äk xal Ta tqCu; oixl äe xal xavTa fiiv, oixl äe xal
Te"öOaoa; xal ovtod fie"xQi tiöv dexa, za de dvo oXCya fori, xal ra dexa
aQa. Pers. Sat. VI, 78. : Rem duplica. feci. iam triplex. iam mihi quarto , tarn
decics redit in rugam; depunge tibi sistam. lnveutus , Chrysippe , tui finilor acervi.
(In diesen beiden letzteren Stellen wird Chrysippus als Eriinder des Sorites be
zeichnet; s. Abschn. VI, Anm. 210.)
95) Cic. Acad. II, 28.: philosophia primo progressu festive tradit elementa
loquendi et ambiguorutn intelligentiam concludendique rationem , tum paucis additis
venit ad soritas , lubricum sanc et periculosum locum, quod tu modo dicebas esse
vitiosum interrogandi gems (29:) quid ergo? istius vilii num nostra culpa
est? rerum natura nullam nobis dedit cognitionem finium, ut ulla in re statuere
possimus , quatenus; nec hoc in acervo tritici solum , unde nomen est, sed nulla
omnino in re minutatim interrogati, dives pauper, clarus obscurus sit, multa puuea,
II. Die Megariker.
andere Ausdrucksweise hievon war der 0uXaxQog, welcher die Frage
ausgesprochen zu haben scheint:
Wie viele Haare müssen vom Haupte ausgerissen werden, um ei
nen Kahlkopf zu bewirken? 96)
Einerseits also ist auch hier die Verbindung, in welcher manche
Begriffe nothwendig mit quantitativen Verhältnissen stehen, als Hinderniss
strenger Abstraction hervorgehoben; andrerseits aber wurde der
Sorites ausdrücklich dazu angewendet, um die Annahme einer progressiv
wirkenden Kraftthätigkeit zu widerlegen ; und er diente hiemit jener Isolirung
des Begriffes, welche von jeder Entwicklung oder jeder durch
Möglichkeit bedingten Entstehung absehen wollte, sowie ja auch die Continuität
der Bewegung überhaupt aufgehoben war, sobald schlechthin nur
das in je einzelnen Momenten Bestehende eine Bedeutung hatte. In diesem
Sinne nemlich knüpfte sich der Sorites an die Frage, wie ein Stein
durch herabfallende Wassertropfen ausgehöhlt werden könne, in folgen
der Form 97):
Brächte der erste Tropfen eine Wirkung hervor, so müsste es
bemerkbar sein; bewirkt aber der erste Nichts, so auch der
zweite, dritte u. s. f. bis zum letzten; wie also ist der Stein
doch hohl geworden?
Diesem nun völlig entsprechend ist eine Beweisführung des Diodoros
gegen die Existenz der Bewegung 9S); dieselbe beruht darauf, dass jeder
magna parva, longa brevia, lata angusta, quanlo aut addito aut demto certum
rcspondeamus , non habemus ; at vitiosi sunt soritae. Divin. II, 4.: quemadmodum
soriti resistas ? quem, st neeessc sit, latino verbo liceat acervalem appellare. Acad.
U, 16.: cum aliquid minutatim et gradatim additur aut demitur , soritas hos vo~
cant, quia acervum efßciunt uno addito grano. Sen. d. Benef. V, 19.: sorites ille
inexplicabilis , cui difßcile est modum imponerc , quia paullatim surrepit et non desinit
serpere. Erwähnt ist der Sorites b. Sen. Ep. 50. Quintil. I, 10. Lucian. La~
pith. 23. n. öfter.
96) Hör. Ep. II, 1, 45. : utor permisso caudaeque pilos ut equinae paullo etiam
vello , et demo unum, demo etiam unum, dum cadat elusus ratione ruentis acervi,
qui rcdit ad faslos et virtutem aestimat annis.
97) Arist. phys. ausc. VIII, 3, 253 b. 14.: etiTi <f ofj.oi.og 6 Xöyog rtü neql
tov tov araXay/xöv xaTUTqCßei-v xal ra ixipvöfieva Tovg XC&ovg Siaiqelv.
Simpl. ad phys. f. 276 a : Iniarrjoat de iv Tovroig /qh nöxegov ixelvov /J,vrjfiovevei
vvv tov awqehov xaXovfiivov naqa tolg aoipioraig Xoyov , mg inl
räv xaT aqpeqofie'vaiv tov vdatog qavCäoiv iqtaiäTtti' ei yan rj nqoiTrj firjdlv
edqaaev, tprjaiv , dg to xoiXävai Trjv nixauv , oide rj devTiqa' el de
fiij avTt] , ovdk rj tqCti] , diäte oide fj id/aTr) ' niSg ovv „nfrqrjv xoiXalvei
Quvlg vdaxog ivdeXe%e ig ; " (diess nemlich ist der Vers des Epikers Chörilos).
tovtov ovv aqa fxifxvrjrai . . . .ig aXXov inl aS-qöag väatog xaraopoqäg tqw-
Tutfj.s'vov ovTiog' ei to Toaövöe vdioq itfia xaTtvex&ev Toöovde Trjg nfrqag
iuf eTXev , aqa xai to rj/xiav aiitov to Ijuiav a(pelXe xal 6 eig öTaXay/xög to
avaXoyov ; Schol. ad Lucian. Lapith. 23. IV, p. 254. Jacob. : 6 fiivxoi G<oqeiTrjg
Oou; lOnxög io~Ti Xöyog ix Trjg xatä fiixqov , äg (pao"iv, iqmtfjaetog inäyiav
XttTa tt)v ixXvaiv tojv ipavxaaiüv in adrjXov rj \pevdog nooipave'g' iqoiTÜOi
yaq , nöreqov rj nqwTrj qavlg edqaoe" Tt eig Trjv nfrqav rj ov' ei yan
idqacfe , n<ög ovx oqatbv to naS-og ; ei de fifj, oide tj devTiqa, oide rj
la/ÜTTi , nmg -fj xoiXoTrjg iyivero Trjg nfroag ; Arist. Rliet. II, 24, 1401 a. 30.:
xal inel to älg toOovtov voaüdeg, fxtjäe to ev ipävai vyieivbv elvai' axo~
nov ydq ei Tct ävo <iya&a £V xaxov iOTiv.
98) Sezl. Emp. adv. math. X, 112 — 117.: xo/j.(^ei de (sc. diodanog) xal
aXXovs ttväs A4$e%£igii%rOvTS!)g i/xßnid-eig «XXa <so<fiaxix<oTe'qovs Sit
56 II. Die Megariker.
Körper aus unendlich vielen Theilen bestehe, sowie dass, wenn je es eine
Bewegung gebe, sie vorerst in der Mehrzahl der Theile (xar Inwqäxciav)
wirken müsse und dann erst vollständig alle Theile ergreifen könne
(xar tlXixqivuav), sowie z. B. von den Haupthaaren zuerst einige und
zuletzt alle grau werden, oder sowie ein Haufen (6mqog) entstehe; und
glaube man nun beweisen zu können, dass bei drei Theilen, wovon
zwei bewegt und einer unbewegt sei, der unbewegte durch Ueberwältigung
gleichfalls zu einem bewegten werde, und dann ebenso bei vieren
der unbewegte vierte, u. s. f. bis zu 10000, so sei diess falsch, weil
unter diesen 10000 ja eben 9998 nacheinander als unbewegte hinzuge
kommen seien, 9998 aber doch nicht von den 2 ursprünglich bewegten
durch Ueberwältigung (Mehrzahl, snixqaxua) zur Bewegung gebracht
werden können; also gebe es keine Bewegung durch Mehrzahl der Theile,
und noch weniger eine Bewegung aller Theile, also gar keine Bewegung.
Diese nemliche Tendenz nun, das Werden und die Bewegung und
die Möglichkeit überhaupt zu leugnen, haben noch mehrere einzelne uns
überlieferte Fangschlüsse ; so z. B. der Nachweis, es sei die Behauptung
unwahr, dass Alles entweder ein Gewordenes oder ein Ewiges sein
müsse; denn der Gebildete sei sprachkundig, ohne es erst eigens ge
worden zu sein und ohne es ewig zu sein"), oder diejenigen Sophis
men, welche zeigen sollten, dass durch den Begriff der Möglichkeit oder
Fähigkeit neben dem der Wirklichkeit oder Ausübung nur Verwirrung
entstehe, nemlich100):
rrjg ovdrjg xivrjOsmg , fiiäg filv zijg xax' iTtixgäxeiav äevxe'gag xfjg
xax' tlXtxglveiav , xai xar' inixgäxttav [*tv vTiag/ovai-jg i<f>' rjg xoiv nXeiovmv
xtvov/ie'vmv /uegmv tov Otöfiaxog bXCya r\gtutt, xax' tiXixgCvtiav Sh
l<p* r\g nävxa xivelxai xa tov am/xaxog fitnij, äoxei xovxmv xmv ävolv xivr)
tit<av fj xax' inixgäxetav ngoriyeZa&at xfjg xai elXixgCveiav 6V
xgonov iva xig xax elXixgCveiav ytvrjxai noXibg, bq:e(Xei xax' iTtixgäxeiav
ngonenoXimtsS-ai, xai iva xig xax' elXixgCveiav XtjipS-rj amgbg, oifeCXei xax'
inixgaxeiav yeyovivai amgög ov/l Si ye eaxi tig xax' inixgaxeiav
xCvrjßig mg naqaaxrfOofiev, xoCvvv oio' rj xax' elXixgCveiav yevrjaexai' inoxeCa&
m yag ix xgimv a/xeqüiv Ovveaxmg aiäfia SvoTv fiev xivovfxivmv evbg
Se axivr\xC\ovxog' xovxo yag -f) xax' inixgaxeiav anaixei xCvrjOig. ovxovv
el nqood-eCij/tev xixaQxov afiegeg äxivrjxCfyv xovxm r$ rioi/iaxi , nuXiv ytvqoexai
xlvrjOig xai ovxm fJ-e"x0' pvglwv afiegmv ngo^g/exai 6 /lioSmgog
äeixvvg ort ävvTXÖtixaxög ioxiv fj xax' inixgaxeiav xCvr\aig' axonov
yag, (frjOl, xo Xiyeiv xax' inixgäteiav xiveio&ai nmua iip ov h'vaxia%iXia
ivvaxöaia ivevr\xovxa bxxm xivt)tC£ei äftegtj xai ävo fiövov xivtlxai. maxe
oiSev xax' inixgattiav xivelxai' el fie xovxo, oidk xax' elXixgCveiav , m
enexai xo /xydev xivelafhai.
99) Arist. Top. I, 11, 104 b. 25.: oiov oxi ov näv xo ov r/xoi yevöfievöv
iüxiv fj al'Siov, xa&äneg ol aoipiaxal ipaoiv' j^ovOixbv ovxa ygafifiaxixbv
elvai ovte yevö/j.evov ovxe al'Siov ovxa.
100) Arist. S. E. 20, 177 b. 21 : ag' (ig Svvaaai xai a övvaOai, ovxmg
xai xavra noiydaig av ; ov xi&agi&v ä' tyeig Svvauiv tov xi{hagl£eiv xi-
S-agCaaig av aga oi xi&agl^iov. Alex, ad S. E. f. 13 a.: agd ye ö fifj ygä-
(fiov ävvaxai ygäytiv; vaC. b 3i HXaxmv ov ygäipei. b JlXäxojv aga ygä-
(fti ebend. : 6 iv fJovovXSvvafiivog (figeiv ävvaxai xai noXXä (pt'gtiv ;
vat. aXXa firrv b 'AXxißiäärjg i'v (lövov ifigti. b ldXxißiaSr\g aga noXXa tpfgti.
Arist. 4, 166 a. 26.: mg Svvaxbv xb xa&yftevov ßai$(£etv xai fir) ygäifovxa
ygatfttv , xai xov&' (bgavxmg av xig 0vv$>j xb ^uij ygaipovxa ygäiptiv atjfütCytt
yag mg ^ei ävvafxtv xov fiij ygäif.mv yqiuftiV iäv äi fifj aw&ij,
IL Die Megariker. Die Eretrier. 57
Wozu und wie du die Fähigkeit hast, diess thust du auch, und zwar eben so.
Auch wenn du nicht singst, hast du die Fähigkeit, zu singen.
Also kann es eintreten , dass du singst , während du nicht singst
oder ebenso bei dem Uebergangc vom Sitzen zum Stehen u. dgl., z. B.
Der Sitzende stand auf.
Wer ausftand, steht.
Also der Sitzende steht
oder auch bei einer mehr lockeren Verknüpfung der Möglichkeit, z. B.
Der Sitzende schreibt
Sokrates sitzt
Also Sokrates schreibt 10 1).
Erklärlicher Weise nahmen solche Sophismen auch die Richtung, dass
sie die Continuität der Zeit aufleben, indem Widersprüche bei der Be
rücksichtigung" zweier FeitaEschiiitte nachgewiesen wurden (dass auch
die Stoiker das Perfectum in das Präsens zogen, s. Abschn. VI, Anm.
136, 153 u. 161); so z. B. wird daraus, dass eine Behauptung früher
wahr war, jetzt aber diess nicht mehr ist, geschlossen, dass damals eine
zugleich wahre und falsche Behauptung aufgestellt wurde 102), oder ganz
ähnlich wird" gefolgert, dass man haben könne, was man nicht bekommen
hat, wenn nemlich in dem Gegenstande eine Aenderung stattfand103),
oder es wird durch einen Analogic-Schluss dargethan, dass man zugleich
etwas thun und es gethan haben könne104); eben hieher auch gehört
die dem Alesinos zugeschriebene Frage:
Hast Du aufgehört, Deinen Vater zu schlagen? 105)
da hier der Antwortende eben durch den Zusammenhang zwischen Auf
hören und früherem Stattfinden irre geleitet werden soll.
So also besteht zwischen diesen sämmtlichen Sophismen ein innerer
Zusammenhang unter sicli und mit der bei den Megarikern einmal vor
liegenden einseitigen Auffassung des begrifflichen Wissens.
Endlich nun auch die E 1 isch-Eretr i s c h e Schüfe theilte die
Grundsätze, welche wir bei den" Antistlinneefn ' uiuK Äegarikern finden.
Auch hier begegnet uns in den Annahmen des Menedemus die nemliche
abstrakte Fassung von ^llectiv-Begrifren wie oben (Anm. 25), wobei
ort Z/H Siva/ziv , ort ov yqäipu, tov yqäopeiv. ebend. 165 b. 38.: tov
aixbv xaS-ija&ai, xal ktixavai xal xäfivuv xal vyiatvuv Sgneo yag aviararo,
earrixev, xai oönio vyiafrxo, vyialvw avlaiaxo <P b xafHj/xevog
xal vyid^exo 6 xä^ivtav. Alex. f. Hb.: ov%l 6 xa&qpievog «vtararai ; val.
tC äk, o\>x ö aviOTttfitvos 'iOTTjxe; xal nmg yitQ ov; 6 «pa xa&r/ftevog 'iajtjxe.
(ebenso f. 12b., 13a., 23b. u. öfters), f. 19a.: 6 xoifuöfttvog bxfiiv e/ei, 6
e%aiv oipiv öp« , 6 xoi/xtifievog «pa 6p<y.
101) Arist. Top. VIII, 10, 160 b. 26.: iäv Tig i.aßq tov xa&riftevov yqä-
(fittv, 2iäxqaTi\ äi xa&rjofl-ai' Ov/tßaCvti yao ix Tovxmv -Swxpärjj yoätptiv.
102) Arist. S. E. 22, 178 b. 24.: «p* 8 y^Qanrai, cyga(pt- Tig ; yiyoan-
Tai d\ vvv bxi Ov xä&tjOai, iptvärjs löyog' t)V <f" üXijfriig, ox' iyoaiptTO'
a/xa op« iyqätftTo ipevjrjg xal aXijS-rjg. Vgl. d. Schluss v. Anm. 65._
103) Ebend. 178b. 14.: oti ivöfyeTai o fit] elaßev, %/siv , olov olvov
laßövTa T,ävv , 3iatf &ao£vTog Iv xij Xfrfjei, )%eiv dSvv.
104) Ebend. 178 a. 9.: ap' IväfyeTai tö avxb apa noulv Xi xal 7ienoiTjxivtti;
ov. Alka fiijV öpäv yi ti afia xal ewoaxtvai tö avxb xal xaxa
TavTo IväexeTai. Vgl. Anm. 59.
105) Diog. L. II, 135. in der schon oben Anm. 42. angeführten Stelle.
58 II. Die Eretrier.
das specifische Wesen verwandter Begriffe ebenfalls vernichtet wird 10 6);
ebenso aber traf derselbe andrerseits in der schroffsten Isolirung der ein
zelnen Begriffe wieder fast wörtlich mit den Megarikern und Antistheneern
zusammen 107), und wenn die Eretrier die Existenz allgemeiner
Qualitäten leugneten, dieselben aber nur in ihrem einzelnen concreten
Vorkommen anerkennen wollten los), so stehen sie auf jenem nemlichen
Nominalismus der factischen Empirie, in welchen die Megariker verfielen,
und schwerlich waren auch sie Freunde der platonischen Ideenlehre.
Dabei aber galt es auch bei ihnen nur die nominalistische Festhaltung
des Begriffes, denn auch sie liessen keine Vielheit von Prädikaten für Ein
Substrat zu, sondern blieben ausdrücklich bei dem „AestA" stehen109).
Und diesen Sinn, dass in dem Reichthume und der Verschiedenheit der
Verhältnisse eine Gefährdung des abstracten Begriffes erblickt wurde, hat
es wohl, wenn Menedemus , wie berichtet wird, sowohl alle zusammen
gesetzten als auch sogar das verneinende Urtheil überhaupt verwarf110).
War er aber wirklich ein Feind der sophistischen Kunststücke der Me
gariker 1 1 1), so verschmähte er eben nur die von jenen gebrauchten Mittel
einer allseitigen Geltendmachung des abstract begrifflichen Standpunktes.
106) Plul. d. virt. mor. 2.: Mtvidr)[iog fihv 6 i% EgeTolag avrjnei Ttöv
aofTuv xal tö nXfjS-og xal Tag öiatponag, dg fiiüg ovOTjg xal xQ(ofi£v>]g
noXXoTg ovojxuai ■ tö yttQ aitb o<o<pQoOvvr)v xal ävdoeiav xal Sixawovvrjv
XfyeoS-ai xa&üntn ßpotbv xal uvS-qoitiov.
107) Diog. L. 11,134.: xal d"^ xal xots ipoiTav tleö&ci (sc. MtviSrifiog)'
t6 ?reoov tov irfyov stcqov Ioti; val. 'henov öi iazi to o)(feXüv tov äya-
#oü; val. ovx aoa iö uyaS-bv <ä(feXeiv iozC. vgl. Anm. 29, 30 u. 10.
108) Simpl. ad Categ. f. 56 A. ed. Basti,: xal ol anb zfjg 'EgtzqCag avtjqovv
rag noioztjzag mg oidafiiSg tyovOag zi xotvöv ovOiädeg, iv 6*1 joTg
xa&' exaOzov xal OwB-izoigvnaQxovOag. vgl. Anm. 13 u. 32.
109) Simpl. ad. phys. f. 20 a. : ol J£ Ix zr\g EpezQtag ovz(o zr\v anooCav
itpoßrj&riOttV tig Xfyeiv firjäkv xara /xrjäivog xazT/yopiiad-ai, otXX' aizb xa&
aizb exaOzov Xfyeo&at , olov 6 «v&Qianog äv&p<o7iog xal tö Xevxbv Xtvxov.
vgl. Anm. 30.
110) Diog. I. II, 135.: avr)QU dl (sc. Mtvtöyfiog) , (faol, xal za anotpa-
Tixa T(5v aiuouaTiüV , xazaipazixa ziS-ilg , xal zovzmv za anXä irgoofif/öuevog
tu ovx änXä avypsi Xiytov Ovvi]fifiiva xal OvfmtnXtyfiiva (letztere
Worte sind entschieden wieder nur stoische Terminologie; s. Abschn. VI, Anm.
124 ff.). Vielleicht ist auch hieher zu beziehen , dass Menedemus es gewesen sein
soll, welcher das Verbum tozi durch andere Verbalformen ersetzt wissen wollte,
so dass z. B. XeXcvxoizai statt Xevxog ioti gesagt werde. Philop. ad Ar. phys.
ausc. fol. b" a.: ol 8i zipi Xtgiv (iez£ppvöfii£ov, ort 6 uv&poynog oi Xtvxög
ioziv, aXXä XtXt vxmzai , oväi ßaäC£ujv ioziv, äXXa ßad*((ei, Iva firj zb tozi
TigogäiiTovTig noXXa elvai noicöoi to ev (Ar. phys. ausc. 1,2, 185 b. 28.),
<ag Mtv£Sr]fiog b 'EptTQievg.
111) Ebend. in der schon oben Anm. 42. angeführten Anekdote die Worte:
ytXolov, zotf vfiszipoig vöfioig äxoXovS-eTv i£bv iv nvXaig avzißrjvai. Wcna
hingegen ebend. 134. von ihm gesagt wird: r\v df xal Svgxazavbr\zog b Meve-
Srjfiog xal iv To) OvvS-iO&ai ävgavzaycovtOzog ioiptytzo T£ nnbg nävza xal
evQSOiXöyti ipiOzixiazazög re, xa&a (prjOiv Hvzta&evrjg iv JtadoxaTg , t]V,
so könnte sich- dieser Widerspruch dadurch lösen, dass wir annehmen, Menedemus
selbst habe die schärfste Verstandes - Präcision im Ausdrucke besessen , dieselbe
hingegen nicht positiv zu Fangschlüssen u. dgl. anwenden wollen.
III. ABSCHNITT.
PLATO UND DIE AELTERE AKADEMIE.
Man sagt gewöhnlich, Plato habe den umfassendsten und vollendet
sten Ausbau der Lehre des Sokrates gegeben. Diess ist richtig, insoferne
man einerseits hiebei eine Vergleichung des Plato mit den übrigen
nächsten Sokratikern im Sinne hat — seine Ueberlegenheit über jene be
darf nicht erst nachgewiesen zu werden —, und auch andrerseits insoferne
man den damaligen Umkreis nationaler Anschauungen und Geistesrichtungen
der Griechen ins Auge fasst; denn nach Massgabe der abgegränzten oder
einseitigen Eigenthümlichkeit des griechischen Alterthumes brachte Plato
in der That den dem Hellenischen Geiste angemessensten Höhepunkt der
Speculation. Aber diess wird wohl Niemand behaupten, dass es über
haupt keine umfassendere und vollendetere Ausbildung des sokratischen
Standpunktes geben könne , als die in der platonischen Philosophie vor
liegende. Denn selbst schon dem Platoniker Aristoteles gegenüber er- \
scheint Plato als befangen und einseitig; Aristoteles leidet weniger an J
jenen specifisch griechischen Eigenthümlichkeiten, welche der allseitigen I
Umsicht hinderlich sind, und er steht in Bezug auf die Erkenntniss-Frage I J
und die Auffassung des Denkens dem allgemein menschlichen Standpunkte J j
des Sokrates näher. Plato aber bleibt, während er, mächtig angeregt
durch Sokrates, die früheren speculativen Auffassungen des Seienden in
seiner Dialektik abschliesst und idealisirt, zugleich in den poetisch un
bestimmten oder über^chjy^nglie^n^^J^liauungen der ursprünglich do
rischen Richtung befangen.
Därüm*Tst die Art und Weise, wie bei Plato die aristotelische Logik
vorbereitet wird — aber nicht mehr als nur vorbereitet — , so eigen
tümlich. Der von Sokrates angeregte Trieb, jlassjlie Erkenntniss - ObjoctcvermiUe!
st"7lcs InteUigiblcn mit ßcwusslscin desselben, erfasst wer- j
den, ist dem TTato und Aristoteles gemeinsam; aber das Wie, jund j
bieni'if ' fler Inhalt der Togischeh'ÄnnaTimen," ist der grosse Bifferenzpunkt f
zwiselien~bciden. Aristoteles "isl PTätöhik'c'r und wäre ohne Plato uny.cr- ^ae»-
sfanilUcli, uhci*l>ciile, Plato "sowie "ÄnsTöleles , simTlsokratiker , und den
noch vertreten sie dqn durchgreifendsten Gegensatz, welcher im Gebiete
des Intelligiblcn als solchen möglich ist, den Gegensatz von Idee und, —
Jg^rilfj Sokrates hatte dem Parti cularismus der Sophistik jene Begriffs
bestimmung gegenübergestellt, in welcher das Allgemeine nicht ohne
das Einzelne sein, aber in demselben als Allgemeines sich behaupten
sollte; und dieses Allgemeine wurde zur Platonischen Idee und zum
60 III. Plato.
Aristotelischen Begriffe, welch beiden als das durch sie zu Erkennende
dasGebiet des Vielen und der mannigfaltigen Concretheit gegenüberliegt.
Eben aber um die richtige Verknüpfung der Grundgegensätze des Einen
und_Vj£lcn"! also "üm~"aren G rün d s atz aller Dialektik, mühen "sich beide!
Plato und Aristoteles, und "cfaruün ist "die ganz"e Anlage der platonischaristotelischen
Logik eine derartige, dass sie von den allgemeinen Prineipien
der Philosophie überhaupt bedingt wird, oder — um mich schulmassiger
auszudrücken — 'dass.. Logik und M£t2]ih^ik_JJ^
bütdmig, ^t,enhen. Nur erfasste Plalo jenen Gegensatz" zwfschen Einheit
~\ und Vielheit als einen durch irdisch - menschliches Wissen nie zu über-
/ wältigenden, und er will das Ansichseiende selbst als eine Vielheit der
i Einheit in einer transscendenten, daher überschwenglichen und poetischen,
Identität aus der Welt der Wahrnehmung retten, so dass er eine überzeitlichräumliclie
Einheit mehr ahnt und beschreibt, als nachweist; Aristo
teles hingegen sucht jenem Gegensatze wenigstens jene Seite abzugewin-
I nen, welche das menschliche Denken, wie es einmal ist und wirkt, zu
i einer Identität zusammenzuführen vermag, und er daher kehrt mit dem
\ Selbstvertrauen der Logik wieder in die Vielheit als solche zurück, inl
dem er sie als Seiendes begrifflich zu machen sucht , so dass er inner-
| halb der Voraussetzung der Gegensätzlichkeit durch die Formen des Ver-
» Standes die Zeiträumlichkeit selbst verständig zu machen bemüht ist. Bei
beiden demnach ist der Weg ein ZurMckgpl¥"l , [j[cs _.£gjbstbewusstseins
jnjäich, eine Operation des Denkens, mit welcher beide ein Allgemeines
suchen; aber die Aufla5sjing_d.es Selbstbewußtseins ist eine verschiedene.
Bei Plato nemlicn~~fiegt die Quellendes Wissens in dem poefisch gefassten
Miltelwescn einer Identität, in der „Seele" — tyvxq — , welche in
völlig unvermittelter Weise an dem Allgemeinen Theil hat, nicht aber in
einem logisch selbst thätigen „Verstände" — vovg, daher selbst die Be
deutung des Wortes vovs bei ihm fast synonym mit ifntffl ist l) ; in die
sem -mythisch- dichterischen Mitteldinge zwischen allgemeinem Sein und
concreter Besonderung bleibt Plato auch befangen, d. h. er fühlt wohl
auf das lebhafteste den „aufwärts strebenden" Zug, welcher auch aller
Poesie zu Grunde liegt, und er verleiht jenem Mittelwesen allerdings den
Beruf, zum Idealen aufzusteigen, aber die erste ursprüngliche Auffassung
der erkennenden Seele ist schon derartig dem Concreten entrückt und
\.{, entfremdet, dass es zuletzt selbst an den Mitteln jenes Aufsteigens gebre-
1) Wie sich von selbst versieht, gehört hieher die ganze platonische avctfXVqOts,
sowie die Mythen im Pkacdr. und d. Rep. VII.; von einzelnen Stellen: Phaedr. p.
245., Phaed. p. 79., Parm. p. 132 A., Thcaet. p. 186—189., Soph. p. 263 D. Alle
Besonnenen — wozu natürlich unj>ere_ modernen Neuplatonjkjjr nicht zu rechnen
sind — werden zugeben, dass ein PhTTosoph, welcher TfSumcreien und phantastische
Uebertragungen aus der Sinnenwelt in das intelligible Gebiet als Philosophie dar
bietet, wie diess Plato in Betreff der nicht irdischen Existenzweise der Seele thul,
keinen Sinn für ein Princip des concreten menschlichen Erkennens haben kann.
Und wenn wir oben bemerkten, dass Sokrates eine durchweg pädagogische Persön
lichkeit war, so ist hingegen Plato unpädagogisch ; oder welche Bedeutung soll denn
jenes bei ihm bis zum Ekel' oft wiederTiöfte "*", Abstreifen der Sinnlichkeit und der
verwerflichen leiblichen Augen und Ohren" für den werdenden Menschen, für das
Kind haben, welches doch hoffentlich erst menschlich sehen und menschlich hören
lernen muss?
III. Plato. 61
chen muss, und daher alle endliche Erledigung der wichtigsten Fragen
eben wieder nur in Poesie und Mythus gegeben werden kann. Aus dem
gleichen Grunde überwiegt bei Plato auch in der Darstellung das künst
lerische Motiv über die concret verständige Anordnung ; das exaltirte Ueberheben
über alle concreteri Darstellungsmittel ist eben nach Menschen-
Mass nicht ausführbar, das organisch besonnene und umsichtige Beherr
schen derselben aber ist bei dem mythisch - poetischen Grundzuge für
Plato nicht möglich, und so gelangt er über die unmittelbar künstlerisch
dramatische Gestaltung nie ganz hinaus, so dass selbst dialektisch schär
fere Auffassungen und Erörterungen sich in ein solches Gewand klei
den müssen 2).
Jene Stufe aber, bis zu welcher die logische Seite der Forderung
des Sokrates bei einer nur künstlerisch abrundenden Concentrirung der
vorsokratischen Speculalion geführt werden konnte, hat sie auch wirk
lich bei Plato erreicht. Derselbe setzt nemlich die Selbsterkenntniss und \
das begriffsmässige Erkennen, auf welche Sokrates gedrungen hatte, in \
die ursprünglichen idealen „Anschauungen" der Seele, welche mit dem
Leibe behaftet an den sinnfälligen Dingen sich nur zu jenen zurücker- j
heben solL So wird die physikalische und die ethisch-praktische Rieh- /
tung in eine poetisch unmittelbare Vereinigung mit dem Eleatischen Ein
heits-Bestreben gebracht und das reine ungetrübte Erfassen des einheit
lichen und des mannigfaltigen Seins als ein vorsinnlicher Ausgangspunkt
und als übersinnliches Ziel der aufwärts strebenden Seele bezeichnet.
Die ursprüngliche Idealität als solche ist der Form nach Eine, und es
wird bei Plato der Philosophie Genüge gethan, wenn nur mit Allem bis
zu jener aufwärts fortgeschritten wird. So umfasst wohl die platonische
Speculation Alles , was schon in der vorsokratischen Zeit in die Philo
sophie war beigezogen worden, aber der Einen poetisch erfassten For
derung des Idealismus gegenüber trägt Nichts eine Berechtigung eines
selbstständigen und gesonderten Auftretens in sich, und für das platonische
System ist daher weder die äussere Natur (Physik) von den Interessen
des menschlichen Handelns (Ethik), noch diese beiden von der Auflas
sung und Durchführung der obersten Wissens-Principien (Dialektik) selbst
ständig als Theile getrennt, sondern das idealistische Erkennen der Seele
als solches ist es, was bei einem bloss inhaltlichen Ueberwiegen bald
des einen bald des anderen jener drei Momente als der eigentliche Kern
und Impuls des platonischen Systemes bezeichnet werden muss 3). Am
wenigsten daher kann innerhalb des Dialektischj^^welches; ,jja..£hjeaJ,jhe
idealen „Anschaujmgejr^u ^rh^^^j^^j^^ien , was der~
2) So ist z. B. die in die Untersuchungen über das Wissen im Tlieaet. p.
172—177. mitten eingeschobene salbungsreiche Digression, deren Tendenz und Zu
sammenhang für das Ganze übrigens Jedermann alsbald bemerkt, eben doch etwas
Ungehöriges, woferne man nicht das dramatische oder selbst dramatisch-rhetorische
Motiv zur Hauptsache machen will. Nun aber gibt es für den Menschen nicht zwei
Hauptsachen an Einem Dinge zugleich. Für uns hier aber gilt als Hauptfrage das I
logische Motiv, und nach diesem, nicht nach stilistischen Reizen, haben wir hier/
den Plato zu beurtheilcn.
3) Richtig drückten sich schon die Alten (z. B. Sext. Emp. adv. malh. VII, 16.)
so ans, Plato habe die übliche Drcitheilung in Dialektik, Physik, Ethik nur der
Potenz nach, nicht actuell, gehabt.
62 III. Plato.
Gegenstand und welches die Entstehung des schauenden Erkennens sei,
d. h. die ontologischen Erörterungen sind mit den logischen und diese
mit jenen am meisten verflochten. Wenn schon die Darstellung irgend
eines Theiles der platonischen Philosophie überhaupt auf sämmthche
Schriften Piatos hingewiesen ist, so ist diess um so mehr bei jenem,
was man „platonische Logik" nennen müsste, der Fall. Uebrigens bin
ich mir dessen wohl bewusst, dass ich in Bezug auf die Menge desje
nigen, was ich als Logik Plato's bezeichnen zu dürfen glaube, auf Wi
derspruch stossen kann; und ich bemerke daher nur, dass ich mit Ab
sicht und nach wiederholter Ueberlegung weggelassen habe, was man
vielleicht vermissen wird. Denn ich musste versuchen, nur dasjenige hier
hervorzuheben, in welchem platonische Ueberzeugungen betreffs einer
„Theorie" der Logik liegen; nicht Alles aber, was bei Aristoteles in
dieser Beziehung theoretisch gestaltet ist und zugleich in Plato's Philo
sophie irgendwo vorkömmt, hat bei letzterem schon eine Geltung für die
„Logik" (z. B. die Begriffe des Möglichen und Nothwendigen finden sich
auch bei Plato, ich habe sie aber nicht beigezogen, weil sie bei Plato
mit der Logik Nichts zu schaffen haben ; ebenso auch bei Anderem).
Zunächst haben wir die Art und Weise zu betrachten, wie bei
Plato die sokratische Forderung des begrifflichen Erkennens jenem subjectiven
Particularismus der sophistischen Richtung und jenem Verstösse,
welchen dieselbe gegen das Gemeinsame (ra xoivd) und gegen das All
gemeine (to xadökov) begangen hatte, gegenübertritt. Das Bestreben
nemlich, die Grundgegensätze des Einen und Vielen für das Erkennen
richtig zu verknüpfen, muss, wenn es im Einzelnen zur Verwirklichung
gebracht werden soll, nothwendig schon an sich mit der Neigung zu
einem voreiligen Vereinzelnen in den Kampf treten, und es ist erklär
lich, dass diess um so häufiger und eindringlicher gefordert war, je
mehr die Sophisten ihr particulares Rechthaben zur Geltung brachten.
Daher baut sich der Idealismus Plato's, gerade insoferne er der Geschichte
der Logik angehört, vorerst überwiegend vermittelst einer polemischen Ge
staltung auf, in welcher jedoch die positive Seite des logischen Processes
schon wesentlich erscheint, da jene Versöhnung der Gegensätze, welche dem
poetischen Idealismus als die wahre und richtige erscheint, nur selbst
im Vergleiche mit der unwahren und vermeintlichen dargestellt werden
kann. In dieser methodischen Grundlegung der wahren Dialektik (oder
i Apodeiktik) im Gegensatze gegen die bloss rhetorische Schein - Dialektik
I stimmen auch Plato und Aristoteles völlig überein, denn des letzteren
| Differenz gegen Plato betriflt..rden Inhalt der .Apodejiktik selbst^.nur ist
be1~PISföaie polemische Seite gereizter und gleichsam 'schmerzhafter,
als bei Aristoteles, welcher diesen Verhältnissen schon klarer, ruhiger
und objectiver gegenübersteht. Es verhält sich in dieser Beziehung mit
dem dialiyeG&ai bei Plato ebenso wie mit der Poesie, gegen welche er
gleichfalls feindselig auftritt, während er in beiden selbst noch befangen
ist ; denn sowie Plato oft eine blumenreiche poetische Sprache führt und
zuweilen sogar ein poetischer Mythus die Stelle der Philosophie vertritt,
so widmet er an manchen Stellen auch dem Rhetorischen eine überflüs
sig ausgedehnte Betrachtung oder lässt seine Gegner ihre Ansicht in
künstlerisch gebildeter oder rhetorisch - sophistischer Darlegung ausspre
III. Plato. 63
eben. In beiden Fällen aber beurkundet er nur, dass es an der orga
nisch verstandesmässigen und prScisen Formirung der Philosophie noch
gebricht.
Durch Vernunft-Erkenntniss — loyißfiot — wohnt, wie sich Plato
ausdrückt, der- Philosoph stets im Gebiete der Idee4), und indem im
Menschen stets zwei einander entgegenstrebende Richtungen bestehen 5),
wandelt jener den heiligen goldenen Weg der Vernunft-Erkenntniss 6) und
in dieser besitzt er, da er keinerlei leibliche Sinneswahrnehmung ihr
ankleben lässt, das wahre Wissen7). So wird diese ideale Stufe da
durch erreicht, dass das ihr gegenüberliegende Gebiet der blossen Mei
nung — doij« — verlassen wird; und es handelt sich daher darum,
welches die Bedeutung des Meinens in Bezug auf die zu erreichende
Vernunft-Erkenntniss sei. Es dreht sich, sagt Plato, die Meinung um alles
menschliche Fühlen und Wissen in der Weise, dass sie eben zu einer
wahren und falschen Meinung wird, je nachdem sie in gerader Richtung
die eigenthümliche Form der Ohjecte ergreift und sammelt, oder etwa hiebei
krumme Seilenwege einschlägt ^ , und in dieser realen Möglichkeit
von Wahrheit und Irrthum stellt die Meinung in der Mitte zwischen dem
Seienden und dem Nichtseienden, zwischen Erkennen und Nicht -Erken
nen ®). Sie ist der innerliche Vorgang , durch welchen in der Seele
4) Soph. p. 254 A.: b ät ye qiXöaoipog t»J zov ovzog ati (Tia XoyiOfiiSv
(man beachte den Gebranch des Plurales) nqogxtlusvog läe"q dia to Xaftnqöv
av rijff proigag oviafjLwg tvnetfig 6(f9-rtvai. (Da alle derartigen Auffassungen
sich durch sämmtliche Schriflcn Plato's ziehen und an sehr vielen Stellen in man
cherlei Variationen ausgesprochen werden, so wähle ich hier, bis wir bei specieller
logischen Vorschriften ankommen, nur solche Belegstellen aus, welche durch ihre
Ansdrucksweise besonders hervortreten ; Mehreres findet sich leicht in den Hand
büchern d. Gesch. d. Philos.).
5) Rep. X, p. 604 A.: ovxovv to /j.lv uvrirtCvtiv diaxtXtvofxevov Xöyog
xai vöuog iazl, to de eXxov inizäg XiiTiag aizb zb nä&og ; JiÄjjSiJ. 'Evavilug
öe äytoyrjg yiyvofiivr\g iv T<jJ av&qtono) nsni zb aizb (tuet dvo Tivi
<ftt[iev Iv avziS avayxaiov elvai.
6) Legg. I, p. 644 f. : ftii} yäq yrjOiv b Xöyog Selv zäv eX^eiov iwenojxevov
aei xai firiSu/jrj anoXemöfievov ixetvr\g äv9e"Xxeiv zotg aXXoig vevqoig
ixuarov, zavzrjv tf ' elvai zr\v zov Xoyio/iov &yioyr\v xqvafjV xai leqav
rtfv Se paXaxrjv axe /nvorjv ovaav , rag Se aXXag navzoäanoig eXSediv
bpo(ag aze yaq zov Xoyidfiov xaXov [ilv ovzog, nqaov äe xai ov ßiaCov,
iiTa&ai vnriQiTtäv avTOv jrjV äycoyijV, onmg av rjfiiv rb xqvoovv yivog
vaif raXXa yivr).
7) Phaedo p. 65 f. : fxr\zt ttjv o\piv naqaTi-9-e'fievog iv to} 6"iavoet<s9ai
/iijrs tiv' uXXr\v aiaS-rjOiv ItftXxiov [xt)$efj.(av fzeza tov XoyiOfiov , äXX'
avTrj xa&* ainrjV eiXixqivel zi) diavoCq xqoifitvos. Phaedr. p. ^247 C. : ij yaq
R^pftyißTO? ze xal aayjifiaziazog xai äva(fr)g oiaCa bvzcog oiaa ^v/rjg xv
ßiQVriTri fiöv(p #f«ri/ vtjj xqyzai, neqi tjv to zfjg aXrj&ovg lniaTr,firjg yivog
roOrov lxu tov tottov. Vgl. Tim. p. 52.
8) Theact. p. 194 5.: neqi fiiv d>v fir) o7äe" Tig fir)6*t yaS-CTo nismoxe,
oix toTiy, tag ioixev, ov-rt ipeväea&at ovze tpevdijg dof«, el zi vvv tjtittg
iyh Xfyofisv, neqi eff wv Ißfitv ts xai alo&avoued-a , iv avzotg zovzoig
OTQtyixai xai iXhzezai tj «Wf« xfitvärjg xai äXijrHig yiyvofiivr], xaTaVTixqv
fifv xal xaTa to ev&i/ ra olxtia owäyovoa cmozvntäfiaza xai zvnovg
«Ai)9^f, eig nXäyia c?f xai oxoXta xptvär)g.
9) fiep. V, p. 477 A. : el (Je «fij zi ovztog if/ei dg tlvat ze xai fiij dvai,
ov fitza^ii av xioizo zov tlXixqiviäg oviog xai zoii av (irjo'afiij ovzog
oixovv tili [iev r^i bvzi yviöaig rpi , äyvuaCa d" ij aväyxrjg' ini zo) fifj
64 III. Plato.
selbst eine Bejahung oder Verneinung gedacht wird, sowie der äussere
von der blossen Sinneswahrnehraung abhängige Eindruck die vielheitliche
Phantasie ist, und insofcrne nun alle menschliche Rede eine Mischung
der inneren Meinung und der äusseren Wahrnehmung ist, so enthält
das Reden selbst den Dual von Wahr und Falsch10), und wegen dieser
Vereinigung des Inneren und Aeusseren oder des Einen und Vielen ist
der Xoyoe: das_eräs&te Moment der Philosophie, er allein verhindert die
7ftr«plitinriing in das particular Einzelne und dientTselhst der Ver^
ü^htmtg. der Ideen . dahejreben däT^iTmid noXla das unvergjungTiChg^_
Attrihut-aller Rede ist TTäTTIaTS^hieduTcTTT^ gegen
den Particularismus der Sophisten und Megariker gewonnen, welche von
jener angeblichen Unverträglichkeit des Sv und noXka aus zur zersplittertsten
Isolirung des Regriffes gelangt waren (s. Abschn. I, Anm. 13,
52 u. 58 u. Abschn. II, Anm. 30 u. 42), so ist andrerseits für ihn
zum Bchufe der aufwärts steigenden Richtung des Erkennens hiemit ein
erster wesentlicher Schritt dadurch gegeben, dass die „Seele" eben in
jener Vermischung des Einen und Vielen vorerst ein Gemeinsames oder
Gemeinschaftliches — xoivd — ergreift; durch ihre eigene innere Thätigkeit
nemlich erwägt sie gewisse gemeinsame, von mehreren Dingen
geltende, Restimmungen, wie z. B. Sein, Nichtsein, Aehnlichkeit, Unähnlichkeit,
Einerleiheit, Verschiedenheit, Gerad, Ungerad, und Alles derglei
chen12), womit sie allerdings noch kein begrifflich Allgemeines (tux&6-
ovti, inl to) fttta^v 6*1 tovtio [iSTa^v ti xal t,i)Ti\Tiov ayvoCag TS xal initfr^
jUJjj, sl ti Tvy%dvsi ov toiovtov; Ilävv fiiv ovv. uiq' ovv Xs'yofis'v ri
äökav elvai.
10) Soph. p. 263 f.: ovxovv äiävoia jxhv xal Xöyog rairdv, nXr)v 6 ptv
ivTog rijff ipvyjjs nqog avrrjv äiäXoyog dvtv ifiovrjg yiyvöfisvog tovt' aiiTo
rjfilv Ijicovofiaa&i) , äidvoia; Ilävv fiiv ovv. To äs" y an' IxsCvrjg qevfia
äiä tov OTÖfiaTos iov (istu (p&öyyov zMijibi Xöyog. iiXrjd-rj. Kai pf/v iv
Xöyoig aiiTo fOftsv ov. To nolov; •Päaiv ts xal änötfaaiv. "10/j.sv. "Orav
oiiv tovTo iv ipvxrj xaTa Siävoiav iyyCvrjTai find Oiyijg, nXr)v Sö^rjg f^«s
ort nqogsCnrjg aiiTo ; Kai nüg; TI d" otuv pr) xafJ-' avTr)v dXXd dV al~
aS-TjOstog naqfj tivi to toiovtov av nä&og, aq' oiöv ts öq&ojg tlns.lv stspov
ti nXr)v ipavTaotav ; OiSiv. Ovxovv Instnsq Xöyog dXrjS-r)g r)v xal \lisvär)g,
TOvTiov ti" itpävr) äiävoia fiiv avxfjg nqog savTr)v ipv^ijg ätäXoyog, tfofa ök
äiavoCag änoTtXtvTTjOtg , qaCvtTai äs S X^yo/uev avfi/ji^ig ala&rjosojg xal
äö'ir]g, uväyxrj äij xul tovtojv tu} Xöyoi ivyysvüv ovtiuv ipevtfij ts uvtiov
ivia xal ivCoTS slvai. Theaet. p. 206 D. : ovxovv tovto ys nag noielv äwaTog
&«ttov rj GzoXciCtsqov, to ivS sC£aad-tti tC äoxsl ntql ixäaTov avTo), 6 fit)
ivsög rj x(o(f ög an' äq/r)g.
11) Soph. p. 260 A. : nqog to tov Xöyov rifiiv itöv ovtidv iv ti ytvtöv
tlvai' tovtov yäq OTSqrjd-ivTsg to fxkv fifytSTov wiXoaoifu'ag av aTsqrj&tiutv
.... dtprjqJS-rjfisv &' av sl Ovvs/ojqrjaafisv firjOSfiCav slvai fil^iv firjätvl
nqog fitjoiv. ebend. p. 259 E.: xal ydq, to 'ya&i , to ys ndv änb navTog
ini/ttqtTv änoxo)ql£siv dXXtog ts oix ifi/j.sXsg xal or) xal naVT&natfiv
äfiovaov Tivbg xal atfiXoOotpov. TI <J)j'; TsXswzäTr) nävTiov Xöyuiv iOTlv
a(fäviOig to SiaXvsiv ixaaTov änb nävTwv , d"tä ydq tt)V dXXrjXiov iiov
tiäcSv <SvfjinXoxr]V 6 Xöyog yiyovsv rjfüv. Philcb. p. 15/).: (fia/ifa nov TaiiTov
i'v xal noXXd inb Xöyiov yiyvöfisva nsniTqfysiv nävTy xa&' sxadTov tiüv
Xsyofiivtov asl xal näXai xal vvV xal tovto ovts firj navOijTal noTS ovts
rjqSaxo vvv, aXX' iaTl To toiovtov, tög ifiol if alvsTai, tiüv Xöyiov avTtäv
u&ävaTÖv ti xal ayriqav nä&og iv rj/iTv.
12) Theaet. p. 185 C: rj o"k Sr) äid T(vog övva/j.ig to t' inl na<Si xoivbv
xal to inl TovTOig ärjXoi aoi , o) TO %(Stiv inovofiä^tis xal Tb oix sßTt, xal
III. Plato. 65
Xov) besitzt, sondern zum erkennenden Wissen gelangt sie erst, wenn
sie in Betreff jenes Gemeinsamen wieder die sammelnde und zusammen
fassende Vernunftthätigkeit übt 13). Solches aber würde durch die Sinnes-
Wahrnehmung nie gewonnen, hingegen bekömmt, sobald man so ver
fährt, die abbildliche und nachahmende Thätigkeit des Meinens den Cha
rakter des Bewusslen 14), und in dem Bestreben, die sinnliche Wahrneh
mung soweit als nur möglich zurückzudrängen, soll zuletzt sogar das
„Wort" selbst abgestreift werden, um zur Idee und zur Wahrheit zu ge
langen 15). So bezieht sich bei Plato allerdings das Wissen auch auf
die zeitliche Erscheinung^ unterscheidet sich aber eben hiedurch von dem
genauen, festen, wahren Wissen, zu welchem es sich erheben soll16).
Diese Erhebung, der Weg zum eigentlichen Wissen, wird bekanntlich im
Theätet gegliedert und erscheint auch wieder am Ende des 6. Buches
der Republik in der Abfolge der vier Stufen: tUaala, niaxig, Sutvoia,
voijfftf, deren zwei mittlere eben die Entwicklung der Sola im Xöyog
enthalten.
In dieser letzteren Entwicklung aber beruht die methodische Gestaltung
des logischen Momentes, zunächst in wissenschaftlich begründe- J > '
ter Polemik gegen die Sophistik, und sodann in der Darlegung des Ver- <^J- • '
fahrens, welches durch den ideal aufwärts strebenden Gang bedingt ist. a '4..
Der an sich ganz unbestimmte allgemeine Trieb des SiaXsyta&cci,
wie er von Zeno an zu einer allerdings einseitigen Betätigung des Den
kens angewendet worden war, enthält jedenfalls auch einen Grundzug
0 vvv ärj r)qo)Ttöfitv neql avrtSv oiaCav Xfyeig xal to firj tlval xal
ifiotorrfta xal ievo/ioioTr/Ta xal to javjöv rt xal to eTtqov, lit dk %v rt
xal tov aXXov aqi&fiöv neql airiäv, äfjXov d"e ort xal uqTiov rt xal nsqirtöv
totoriig xal raXXa Soa rovroig inerai, äiä rCvog noii tiöv tov (fäfiaTog
rj i/'ijfj alafhtvoftt&a iymye oix av t-j(otfii tlnetv , nXr]v y' oti fioi.
ioxel Tt)V äm(ijv otf elvai rowvrov oiäiv rovroig oqyavov läiov tognsq
lxt(voig, all airf oV avTrjg rj xpv%rj rit xoivä fioi tpaCvtxai ntql naVTWv
Imaxonslv.
13) Ebend. p. 186 D. : S"v (xh> aqa toi; 7iu9rjfiaOiv oix tri iniOT^/irj,
h tf« TtZi n toi lxt(vaiv (d. h. neql T<3v xoiväv) OvXXoyiOfiä)' oiaCug yäq
xal aXrj&etag ivTai/3-a fiiv wg eoixe dwuröv aipaa&at , Ixtl Se äävvaiov.
14) Soph. p. 267 B.: t<5v fit fiovfifvoiv oi fiiv eläöreg 0 /iifiovvrai tovto
■nqaTTOvaiv oi d" oix eläöreg' xuItoi Ttva fieC^ia SiaCqeaiv ayvmaCag rt
xai yvtöaetog 9fjaofiev. Rep. VII, p. 532 A. : ovTog r]ärj avrog foriv 6 vöfiog
ov to öiaXe'yea&ai ntqalvu' ov xal bvra vorjrbv fit/ioTr* äv fj Trjg oxjjtmg
ivvafiig, worauf das so oft vorkommende Gleichniss von der Hebung, in die
Sonne zu schauen, folgt.
15) Crat. p. 438 f. : alV arra t,rjTr\ria nXrjV ovo/iarmv a fifiiv iuqiaviel
ivev ovofiÜTtov onöreqa tovtcov larlv aXrj&ij, äeCiavra ärjXov ort tijV
alrj&eiav T(Sv bvrmv. s. Anm. 52.
16) Lach. p. 199 A.: ^vfiif^g neql T(Sv aiTtSv rrjV airrjV imarrjfirjv xal
laofit'vtov xal yiyvofie"vtav xal yeyovörmv ina'l'eiv oi yäq fieXXövTiav
ftövov n(qi aya&wv re xal xaxmv irtatu, aXXä xal yiyvofiiviav xal ysyovÖTtov
xal nävTiog työvTtov ägntq ai aXXai IniOTfi/xai. Phileb. p. 59 A.:
oixovv oi neol r« ovtu atl, ntol äi tu yiyvöfitva xal yerrjaö/utva xal
ytyovöra rjpmv ö ToiovTog av^Qrjxai tov novov ;jiXr\&taTaTa. Tovtidv ovv
ii aatfig av (patfitv axqlßeOTÜTTi aXrjO-ela y(yveo&ai, wv ^»Jrf Zo/e
^ijdiv niötiOTS xaTa t«wt« fir)&' sSei firjTS elg to vvv naqbv Kai
nüg; üeql ovv xä firj xexTijjiiva ßeßatoTr/Ta fXTjä' ijVTivovv ntög av nois
ßißatov ytyvoiS-' rjfilv xal ötiovV;
Puhtl, Gesch. I. 5
III. Plato.
der wissenschaftlichen Erörterung überhaupt in sich 17). Es ist das
Bestreben, Rechenschaft zu geben und zu fordern sowohl über die Naturobjecte
unseres Erkennens als auch über alles Erkannte über
haupt, ein Bestreben, wodurch wir über die bloss objective Richtigkeit
und Wahrheit unserer Aussagen hinaus zu dem eigentlichen Erketinen
als solchen gelangen, daher auch dieses Bestreben selbst wieder Gegen
stand eines Studiums wird, um methodisch geregelt wirken zu können,
und hiebei der Weg von dem Leichteren und Kleineren zu dem Höchsten
und Grössten leiten muss 18). Es verwirft hiemit Plato die £d£«, welche
in unseren Aussagen sich ausspricht, durchaus nicht etwa skeptisch, ja
er sagt sogar ausdrücklich, dass Gedächtniss, Verstand, Wissen, wahre
Meinung, sämmllich zur nemlichen Idee gehören 19), nur das Verharren
in der ungeprüften Meinung, in dem bloss Wahrscheinlichen (shög), und
jene Unwissenheit, welche ein Wissen zu besitzen wähnt, während sie
keines besitzt, ist ihm das Verwerfliche 20). Jenes Prüfen aber und jenes
Rechenschaft Geben beruhen in einem vergleichenden und sichtenden
Urtheilen — xqLvuv t SiukqIvuv — , welches offenbar auf obige acotv«
sich bezieht21), und in diesem Sinne heisst sogar das Wort ein beleh-
17) In diesem Sinne hebt Plato im Theaet. p. 179 E. f. entschieden den Mangel
des Diabetischen an der überwiegend sensualen Ionischen Naturphilosophie hervor,
welcher es darum an jeder wissenschaftlichen Fundirung gebreche.
18) Phaedo p. 76 B. : rC 3(; röfie eXia&ai xal nij <3oi Soxet ntgl
avTov ; ävf)Q IniOTttfievog Tteql tov iniOTarai fyoi av Soiivai Xoyov rj ov ;
Theaet. p. 202 B.: orav fiev ovv avev Xöyov ir\v aXrj&ij ddfav Tivög Tig
Xäßrj , aXrjS-eveiv fj.lv uvtov ir)v tyv%T\v ticqI aiTo , yivaiaxeiv d" ov • tov
yttQ fit] äwafievov Sovvat re xal Se'k'uö&ai Xöyov avemaTrjixovu. eivai neot
tovtov, nqogXaßovTa de Xoyov Svvaxov TS tuHtu nävTa yeyovevat xal
Tilitag nQög IniOTrjfirjV fyetv. Phaedr. p. 270 E.: «IV ov firjv &neixaOxiov
TÖV yg Tfyvrj lieXlOVT« OTIOVV TV(pi.<{> OVO*k XUHföj , ttXXa ÖijXoV <üg aV Tlj)
Tig TtyviQ Xöyovg äiSiji, Tr)v ovaCav &ei$ei AxQißiög Tr\g wvOetag tovtov, nqbg
o rovf Xöyovg noogolau. Polit. p. 286 A.: did d« [teleiäv Xoyov ixaaxov
övvaTov eivai Soiivai xal disaa&m' rre yao auoi/xara xaXXiGTa bvTa xal
(ityiOra Xöyoj fiovii) , aXXoi d' oiSevl aaifäg Seixvvrai , Tommv ä' evexa
naVT' lirrt rd vvv Xeyöfieva' (icfiov d' Iv Toig (XäiToOiv r) fxsXhrj naVTag
nifti fiäXXov rj ntnl tcc fie(£io. Soph. p. 218 D.: to tiqotsqov (v afiixooig
xal (iqoöt- Sei fisXeTÜv tiqiv aiiToig ToTg fj,eyiatoig.
19) Phileb. p. 60 D.: ei St" ye 7TaQrjvex&rj/j.ev t6t(, vvv oOTigovv Inava-
Xaßdtv bofroTtpov elnaTto, uvtjfirjv xal ipQÖVTjOiv xal (TTiaTrjfitjV xal alrj{H)
Söiav Tf)S avTrjg lSe"ag Tib-tfievog. Ebend. p. 39 A. : orav fxiv äXt]S-rj ypaxpr)
(sc. rj uvrjfj.rj), tovto to nä&rjtxa ddfa ts aXti&rjg xal Xoyoi an' aiixov
ivfißaivovaiv aXrjd-tlg iv fifilv ytyovtvai.
20) Die Polemik gegen solches Scheinwissen zieht sich bekanntlich durch
sämmtliche Schriften Plato's.
21) Phileb. p. 41 E. : et to ßovXrjfta rjfitv Tijg xolaewg tovtojv Iv toiov-
Toig Ttal (d. h. allerdings hier in ethischer Beziehung auf r)äovt] und Xv7iT))
äiayvmvai ßovXerat ixdatoTe, Tig toCtoiv ngbg &XXr)Xovg fieiCtov xal Tig
IXaTTüiv Xal Tig fiäXXov xal Tig öffoSgoxioa (das fiäXXov und t\ttov u. dgl.
gehört eben zu jenen xoiva, s. Anm. 12.). Rep. II, p. 376 B. : y, r)v d' tyib,
oipiv oväevl aXXiii (ftXtjV xal fad-nav diaxoCvei (sc. ö if vXa^) rj rtjj Tr)v fikv
xaTaua&etv tt\v Se äyvofjöai' xahommg oix av tplXo/j.a#ig etrj avve'o'ei t£
xal ayvola boi£6fievov rd ts oixelov xal to ciXXotqwv ; .... äXXa fie"vT0i,
elnov iyaj, rd ye (fiXo/iaS-eg xal <piX6ao(pov TavTÖv. Ebend. X, p. 582 Ä. : Tivt,
XQV xpivea&ai r« [xe"XXoVTa xaXtäg XQid-r'fOeaS-ai ; uq' oix iitTieiQiq xal tpQOvrjaei
xal X6yq>, rj tovtuov t%oi av ugße'XTiov xqittiqiov ; worauf im Folgenden
der Philosoph als Beurtheiler der verschiedenen Lebensweisen näher bezeichnet wird.
DL Plato. 67
rendes und unterscheidendes Werkzeug22). So dient dem Heranbilden
dieses Bestrebens die wahre Rhetorik als wahre Untcrrichtungs- und
L'ebcrredungs-Kunst; denn sie ist auf Einsicht in die psychischen Bega
bungen begründet und versteht es hiedurch, den beiden Seiten, sowohl
dem einheitlichen Ansich als auch dem bunten Vielen, das passende zuzutheilen
; insoweit sie aber eben noch in dem Gebiete der Worte weilt,
gehört sie jener Mittelstufe zwischen sinnlicher Wahrnehmung und rei
nem Erkennen an , und muss sich abbildlicher und beispielsweiser Aus
drücke bedienen, denn sie ist nur ein entwickelndes Verfahren, noch
nicht das gewonnene reine Wissen selbst23); aber in der Function des
Ueberredens und im Zusammenhange mit ihrer psychischen Wirkung ge
hört sie zur Politik24), da ja Plato bekanntlich den Staat auf der Stu
fenfolge der Seelenkräfte conslruirt. In solcher Weise zieht Plalo auch
die Rhetorik , in welcher das particulare Rechthaben an Stelle des be
grifflichen Rechenschaft-Gebens sich schon breit gemacht hatte, gleich
falls wie alles Uebrige in seinen idealen Monismus hinein, wo sie über
haupt nur dem sehnsüchtig nach Oben strebenden Verlaufe dienen kann;
eben darum aber stellt sich so häufig in den Schriften Plato's selbst
wieder die rhetorische Darlegung des Gegenstandes ein. Eine ganz an
dere, weit mehr organisirte, Weise, den sophistischen Rhetorismus für
die Logik zu überwinden und dabei doch der Rhetorik ihre Stelle im
Systeme anzuweisen, werden wir allerdings bei Aristoteles linden.
Die überhaupt bestehende Notwendigkeit nun, dass das menschliche
Erkennen nur innerhalb jener Mischung und Mittelstufe, welche in dem
Aussagen und Sprechen beruht, sich entwickeln kann, erscheint dem
überschwenglich idealistischen Plato an sich schon als ein Hemmniss oder
gleichsam als ein Uebel, und zugleich bot insbesondere der Missbrauch,
welcher von den Sophisten mit einseitig rhetorischem Rechthaben getrie
ben worden war, Veranlassung genug dar, das Unwahre und Unsittliche
in der Anwendung des Dialectischen vom Wahren und Guten ausdrück
lich zu scheiden. Dabei aber ist Plato von dem ganzen 6iaXiye0'&ai
22) Cral. ?p. 388 B.: ccq' ovv SiSäaxojitv ti aXXrjXovg xal iit ngay/uaTa
iiaxoCvofitv fi tyti ; Tldvv yi. "Ovofiu «p« SiäaaxaXixöv ti lattv ogyavov
*«! iiaxqixixöv rrj; oiaiag, (Sgneg xeQxlg v(fäauaro;.
23) Bekanntlich ist die Schilderung dieser wahren Rhetorik Gegenstand des
Phaeirus , s. dort z. B. bes. p. 261. u. 276 f. In Betreff des nagaStiyjia, wown
Polii. p. 277 C. gesagt wird /aXenov, (o datfiövie, /xi] na(ia<Stlyfiaai %qwpivov
Ixavtös IvSilxvva&ul ti itäv ftei(6vav' xivdvvtvtt yag rifitSv exaarog
oioy öyap ttätog anavrrt narr' av nai.iv ägntg xinag ayvotlv , s. die ent
sprechende Aulfassung bei Aristoteles im folg. Abscbn. Anm. 46.
24) Phaedr. p. 261 A.: ap' ovv ov to uiv oXov y grjTogtXTj av ttr) ityvi\
ÜV)ruy(oy(a Tis o*'« Xöytov ov flövov Iv ätxaOTrjgiotg xal baoi äXXoi öi)fiö-
*«m OvXXoyoi , aXXa xal iv läloig r\ avt-h Ofitxgtöv rs xai ftsyaXcov n(gi
(»her dieses Idiovim Gegensatze der öijfiöcltoi OvXXoyoi vgl. auch Theaet. p. 172—76.).
Ebend. p. 271 C.s inttärj Xoyov ävvafitg jvy/avei ipvxaywyla ovoa, tov
ftüXovra grjTogixov taiad-ai avdyxrj tlätvai \pv%r) ooa tXörj ?/fi. Polit. p.
304 D.: to &' tirt efta ntt&ovg ttre tfiä Tivog ßCag ätl ngarxitv ngög
iivdt öriovv t\ xal to naganav ^xeiv' av noCa ngog&rjOoiitv Ini-
0,rV!i; Ty TVS nsiOTixijs ttg%ovO>j xal XtXTtxrjg, Elrj ä' äv oiix aXXrj rig,
"5 oiutti, nXijV f) tov noXiTixov ävvafiig. KäXXiOT ttqr,xas. Kai tovto
^»v loixe Tayv xextugiod-ai noXiiixrjs to grjTogtxov, tos sregov eläog ov,
"TlptToCv fi7]V TDCt/TJ).
5*
68 III. Plato.
überhaupt, wie es zu den damaligen Zeiterscheinungen gehörte, so sehr
befangen, dass er es wohl idealisirend anwendet, aber eben doch an
wendet; er nennt ja auch den Dialektiker denjenigen, welcher zu fra
gen und zu antworten versteht25), und wenn auch hiebei jene verstän
dige Frage , von welcher Baco von Verulam sagt , dass sie schon das
halbe Wissen sei26), nicht schlechthin ausgeschlossen sein sollte, so ist
es bei Plato dem Principe nach doch nicht die forschende Frage, son
dern nur die in einem Zwiegespräche erscheinende, welche jedenfalls
durch den rhetorischen Ausdruck gefärbt ist; und es kömmt Plato, wel
cher doch stets von der Erde weg sich in den Himmel sehnt, nie von
der dramatischen, aus den Anschauungen seiner Zeit aufgegriffenen, Form
eines Dialoges weg, welcher bei aller künstlerischen Verflechtung oft
widerlich genug ist27). Je mehr aber Plato in solchem Dialektischen
selbst befangen ist, desto entschiedener und gereizter weist er die ex
tremen Anwendungen desselben ab. Nemlich von dem formalen Berüh
rungspunkte aus , welchen die platonische Dialogform mit der sophis
tischen Praxis gemein hat, führt eine Stufenfolge abwärts bis zu jenem
an sich verwerflichen Getriebe, dessen Bekämpfung ein Hauptgegenstand
der Darstellungsweise Plato's ist ; und ebenso hingegen werden wir von
der Mittelstufe des dialiyea&ai aus auf jenem goldenen Wege aufwärts
geleitet zum Erfassen der Idee selbst.
Zunächst ist das Fragen und Antworten bei dem Sokratiker Plato,
wie sich von selbst versteht, ein Erproben oder ein versuchendes Expe
rimentiren , durch welches die Haltbarkeit einer Aussage überhaupt ge
prüft wird, —1 eine neiget — 2S), und in solcher Weise dient diese
Methode im Allgemeinen dem logischen Verfahren Plato's, welches wir
unten als das hauptsächlich Dichotomische zu beschreiben haben werden,
indem sie auf gegenseitige Zugeständnisse eines bestimmten festen Aus
gangspunktes und auf die Consequenzen dieser Zugeständnisse führt. In
soweit es aber hiebei vielfach unvermeidlich ist, auf die einzelne prä
gnante Schärfe einer Wortbedeutung einzugehen, stellt sich nothwendig
25) Crat. p. 390 C. : xbv cS" iQwxäv xcd änoxntveo&ttt intaräuevov aXXo
xi Ov xaXelg rj SieiXexxixov; Ueno p. 75 JO. : eaxi d" tawg xo otaXcxxixtoxeoov
/xrj fiövov TÜlri&rj anoxotveodai , äXXä xat dV lxetvo>v töv &v nqogofxoXoyrj
elStvat 6 intaxw/Atvog. Gorg. p. 454 B. : jov iSrjs ivtxa ntQtiivtofhai
rov Xöyov Intozoj, ov aov ivey.ee, aXV tvut fiy l&t£ui/j.e&a inovoovvxeg
nQoctnna&iv ciXXrjXojv xa Xeyöfievet, äXXei ah xa (Jcevxov xetxcc xrtv vnöd-eOiv
oiims av ßovXrj ntQttCvrjS.
26) d. augm. scient. V, 3.
27) Das Widerliche liegt nicht bloss in der Form jener Stellen, wo die Ant
wortenden bloss wie jene chinesischen Figürchen nickend Ja sagen, sondern auch
im Principe darum, weil der Fragende durchweg von vorneherein mit einer Superiorität
ausgerüstet ist, für welche der Antwortende allein da ist. Wirklich genussreich
ist ein wissenschaftliches Zwiegespräch nur, wenn jeder der beiden Sprechenden zu
gleich höher und tiefer als der andere steht , z. B. wenn dem Einen das empirische
Material und dem Anderen die speculalive Gliederung zur Hand ist.
28) z. B. Phileb. p. 13 C. : 7ietQa<f6[it#et de xetl ioov/xev aneq ot nAvtiav
ipavXöxaxoC xe xcil jieol Xöyovg afia vioi. Protag. p. 342 A. : ei ßovXei. Xitßelv
fiov ntiQuv onuig ixw> °' ff"- Xfyus xoiixo, nenl incov. Tlieaet. p. 191 B.:
iv r(ji xoiovxm (%6[ie&a, iv <(> ävetyxrj navxa nexetoxoe'ifovxa Xöyov ßuauvl£
eiv. Gorg. p. 448. u. sonst noch oft.
III. Plato. 69
ein zugespitztes Hervorheben von Gegensätzen oder ein uvtiXiynv ein,
welches anderweitig ebensowohl dem bloss sophistischen Motive als Grund
lage dienen kann , hier aber durchaus um des Ernstes der Wissenschaft
und des wahren Erkennens willen betrieben wird. Eben in dem avrihynv
daher liegt die Grenzscheide, und es kömmt bei demselben in der
That nur auf die Absicht des Gebrauches an (die sokratische Einheit von
Wissen und Tugend) ; sobald nemlich das uvuUyuv als Selbstzweck betrach
tet wird, so wird es Sache des dialektischen Fechtens, ein blosses aymvusnxov,
welches vom Streben des Philosophen weit abliegt29), und
sowie hiezu die bewusste Vorliebe für ein blosses Kämpfen mit Worten,
also die Streit- und Zank -Sucht, das igiarmov und cpdoveixig, kömmt,
so sind jene Grundgegensätze des Einen und Vielen wegen Mangels einer
Seht dialektischen Vermittlung bereits zerrissen und einseitig so sehr isolirt,
dass die wahre Mittelstufe entschwindet 30) , wobei dann sogar das
persönliche Motiv den sachlichen Gegenstand der Erörterung verdrängen
kann, und hiemit noch ein doppeltes qpdovtixeg zu scheiden ist, nem
lich der Streit gegen die Sache und der Streit gegen die Person 31).
Auch in ersterem aber ist das Verfahren, welches der realen Möglichkeit
einer Vermittlung der Gegensätze verlustig gegangen ist, bereits die Sophistik
, welche darauf abzielt, nur Worte durch Worte zu verjagen 32)
und sich hiebei an vereinzelte Aehnlichkeiten , also an das zersplitterte
xoivov, anklammert, wodurch mit der Entgegensetzung des und noXXa
jener dialektische Unfug getrieben wird 33), welchen wir in den vorher
gehenden zwei Abschnitten als das Hauptmotiv darzustellen hatten. We-
29) Theaet. p. 164 C. : dvxiXoyix&s iotxapev ngbs ras xwv övo/xaxiov
öfioXoylas dvofioXoyrjod/xevoi xal xoioxixtp xivl negiyev6[ievoi rov Xöyov
«yanav, xal ov (pdoxovxes aymviOxal dXXd tfiXoOoifoi elvai Xav&dvofjiev
lavTtt ixeivois xols deivoTs avägäai noiovvxes.
30) Phileb. p. 16 f. : ol Se vvv xtöv dv&goSnwv aoif>oi h'v fiev, onats av
Tv^ioai , xal noXla öäxxov xal ßgaävxegov noiovöi rov äiovrog, fxtxa de
10 ?v aneiga ei&vs' i« de piita avroiis ixitevyei, oig diaxex<ögiarai to
if dittlexrixiSg ndXiv xal ro igitSrixms VJtäs noieto&ai ngbs dXXrjXovs rovs
Myovs. Phaedo p. 91 A. : eos xivSvvevio eyiaye iv toj nagövri negl avxov
iovtov ov (f iXooöepios t"xtiv> «ü' äsneg ol navv anaCSevroi <fiiXove(xcas'
Jfnt yao ixetvoi orav negl xov ä(j.<f tsßtixy0(oOtv, ony pkv t%ei negl tov av
o Xoyos rj ov epQovx((ovöiv , onmg de d aixol i&evro xavxa tfolft xois
itaqovai xovxo ngo&vfiovvxai.
31) Gorg. p. 457. die ganze Rede des Sokrates, bes. die Stelle: ipoßoiifiai
ow iieXiyxeiv ae, fit) fte vnoXdßys ov ngbs xd ngdyfia tpiXoveixovvxa
ttyuv, xov xaxatpaves yevia&ai, aXXct tiqos ot-,
32) Soph. p. 232 D.: dxdg dy xö xrjs avxiXoyixrjs xe"xvt)S «(?' ovx iv
WfaXalo} neol nävxotv ngbs äuifiisßrixriOiv Ixavy xis Svvapig lowe' elvai;
Titael. p. 154 D.: oixovv et pev oeivol xal oowol lyiö xe xal öv wev, nävxa
11 xiäv (fgeveöv iHyzaxöxes, ySy av ro Xombv ix negiovalas dXXr^Xiov anoiHiqiipevoi
, iweX&övxes aoepio'xixtös eis ftäxW Toiavxyv dXXyXiov xovs
hyov; xoig Xöyois ixgovouev.
33) Soph. p. 2314.: xov <fk äoipaXij äei ndvxiav fidXiOxa negl xds buoi*-
oii|t«f del noieio&ai ryv ipvXaxyV aXiOfhjgöxaxov yäg xd ytvos. Phileb.
P- 14!).: fii] detv xtöv xoiovxmv anxea&ai, naiSagiiäär) xal jiqdia xal au>6~
fya tois Xöyois ifinödia inoi.afjißav6vxoiv ylyveo&ai, inel fitjäe xa xoiatie,
oxin xis Ixdöxov xd fiiXr\ xe xal aaa SieXmv xo} Xoyqt, ndvxa xavxa xo
ly txeivo elvai iiofioXoyrjod/A.evos , tXe'yx1) xaxayeXmv oxi xigaxa dirjvdyxameu,
tpdvai, to xe e'v lös noXXd iaxi xal aneiga xal xd noXXd ms iv fiovov.
70 III. Plato.
gen dieses Verstosses nun, welchen die Sophistik gegen die Aufgabe der
wahren DialekükJ_nemltchi gegen^ie.jyejem^ng der_ Gegejisälze_l)egeht,
bezeichnet sie Pläto" als die Wissenschaft des NicTriSelen3en7 des blossen
Scheines und der particularen Meinung, als ein Verfahren, in welchem
sich der Widerspruch verkörpert, Etwas und zugleich Nichts zu sagen 34),
und insoferne das Nichtseiende auch eine ethische Bedeutung hat, er
scheint die Sophistik hieinit als etwas sittlich Verwerfliches. In sol
chem Sinne dann stellt Plato den Sophisten im gleichnamigen Dialoge
als das schlechte Extrem der innern urtheilenden und unterscheidenden
sowie der äusseren wahrnehmenden und nachahmenden Thätigkeit der
Seele dar. So auch ist die sophistische Rhetorik im Gegensatze gegen
obige wahre Rhetorik eine bloss auf blendende Ueberredung abzielende
Technik, welche dem Lehren und der Wahrheit gegenüberstellt, ein üeberreden
nach dem blossen Scheine, welches auch den politischen Lei
denschaften fröhnt und so zur verwerflichen politischen Rhetorik führt 35).
Ist so bei Plato durch dessen idealistisches Streben nach Vereinigung
der Gegensätze die Einsicht gewonnen, dass die abstract begriffliche Isolirung
des Wortes ein principieller Abweg sei, und war hiedurch eine
polemische Abwehr des missbräuchlichen Agonistischen und Eristischen
geboten, so gelangt andrerseits auch die positive Annahme über die Art
und Weise, in welcher das duxleyeö&ai zum Speculativen hinauf sich
entwickle, zu einer gewissen Gestaltung, wenn auch die Gesetze der Er
kenntniss-Formen noch nicht systematisch gesondert oder ausgeführt sind.
Am allerwenigsten aber kann davon die Rede sein, dass Plato hiebei ir
gend von einem formalen Grundsatze oder einer Mehrheit solcher Grund
sätze ausgegangen sei. Eine arge Täuschung ist es, zu glauben, dass
I das principium identitatis et contradictionis oberstes logisches Princip
j des Plato sei. Der Ausspruch, dass derjenige, welcher im Gebiete der
blossen Meinung verharrt, leicht dessen überführt werden könne, dass
34) Soph. p. 2544.: der Sophist ist 6 anoSiSgäaxoiv eis TtjV tov fiji
oVTog OxoTtivoTtjTa TQißij Ttqosanxofievos adrijs ö°ia t6 OxoTeivdv tov tonov
xaravojjaai gaXenös. Ebend. p. 233 C. : äo^aaxixijv «Qtt Tiva neol nävruv
iniOTr)fX7\v o aoopiart); r)filv, aXX' ovx äXq&eiav , e/o>v äva7ti(favxtti.
Ebend. p. 236 f.: to yäg qalvead-ai tovto xai Soxelv , elvai de fitj, xai rö
Xiyetv arra, &Xr){hfj ef£ fit], naVTa tavrä tan fiearcc anogtas ael h riß
ngöa&tv XQ°VV xctl v"v' öntaq yag einövra xgij rftevdij Xe'yeiv rj So£aZtiy
oVTios elvtti , xai tovto (fO-eySäfievov ivaVTioXoyCa /xr> Ouvt/e a&ai , nayxanaai
%aXenöv vno&£a&ai to fiy ov elvai , i/jevoog yao ovx av aXXas
tylyvero ov.
35) Rep. III, p. 396 B.: el ag' , r\v f iytb , fiavd-ävm o av Xiyeis, eon
ri eWog Xitjeiös re xai diriy^aeus iv (p av Sir\yoiTO 6 j(p ovri xaXds xaya&
ös, onöxe ti öe"oi avröv Xe'yeiv, xai exegov av ävö/ioiov tovt<i> eföos
ov av (-goiTO äel xai iv <t> dirjyoiTO 6 tvaVTCüig ixeCvtp (pvs re xai TQenpeiS.
Phileb. p. 58 A.: ijxovov fiiv eywye tovt , w ZwxgaTeg , exäarore Togylov
noXXäxig, d>s r) tov neC&eiv noXii diaore'goi Tiaaüv Te/väv. Gorg.p. iöiE.:
noTinav ovv fj grjTogixr) nei&io noiet ü r)s to niOxeveiV ytyveiai
avev tov etäe'vat rj i$ t)g to eläe"vat ; r) gtjiogixfj äga , äs ioixe , nti-
&ovg dtifiiovoyö; Ioti maTevTtxrjg, aXX1 oi SiSaGxaXixijs. Phaedr. p. 2604.:
ovx eivai ccvayxrjv Ttp fiiXXovTi grjTogt, Zaeo&ai lä t$ ovti ä(xaia fiavS-aveiv,
äXXa tu Sö^avia av nXr)&ei o'ineo Sixäaovaiv , oväi rä b'vxios Ayad-ct
$ xaXa, aXX' otta äögei' Ix yag tovtwv elvai x6 netöetv, äXX' oix ix
xf)S aXrj&eiag. Vgl. Rep. VI, p. 493.
III. Plato. 71
die Meinung oft bei dem nemiichen Gegenstande und selbst den nemlichen
Beziehungen desselben mit sich selbst in Widerspruch gerathe 36), enthält
ja nur den einheitlichen Trieb des Erkennens überhaupt, welcher
gleichsam als medicina mentis gegen das subjectiv particulare Gutdünken
wirkt. Will man diess mit obigem Schul - Ausdrucke bezeichnen, so ist
allerdings das princ. exclusi tertii hierin schon mitenthalten, nemlich eben
das Ausschliessen der Unentschiedenheit und Unbestimmtheit. Aber so
wenig es von Letzterem eine Ausnahme ist, wenn z. B. von einem ovxt
uya&ov ovrs xaxov gesprochen wird 3"), ebenso sehr ist es gerade eine
Hauptaufgabe . welche sich Plato stellen mussle, die.,..Cj^isJtfiJU^jlej;^Gegensätz£
nachzuweisen, wie dicss bekanntlich im Philebus und besonders
im Parmenides geschieht. Das .^rjBfe,,ilgflkJlJ<!ffllfa ,Jtt ..dfilB.^nne,
wie es von den Sloikernan die Heerde der_j^w^
steht^jKÜrifiJüüUliJtp^um
nemlich zuje^ner_yjUhg„j^
zu^äiiffncTiien Welt 381. Zu einem hievon durchaus verschiedenen Gebiete
gehört der platonische Monismus der Idee überhaupt, welcher zwar
manche äussere Aehnlichkeit mit jenem Schul- Principe herbeiführt, aber
darum noch nicht als erster Grundsatz der Logik betrachtet werden kann.
Dahin gehören namentlich jene schwachen Beweise der Unsterblichkeit
der Seele im Phädon, welche darauf beruhen, dass der Begriff nicht sein
Gegentheil in sich aufnehmen könne, oder was im 4. Buche der Re
publik zum Bchufe der Unterscheidung der Seelenkräfte oder zur Be
gründung der Arbeits - Theilung gesagt wird ; es ist derartiges nur eine
Folge der Ideenlehre, insoferne in derselben die Einheit zu einer transscendenten
gemacht und nur hiefür die Mannigfaltigkeit des Werdens
ausgeschlossen wird. Hingegen für das SutXeyca&ca als solches fordert
Plato einen festen Anhalls-Punkt, welcher gleichsam als ein sprachliches
36) Soph. p. 230 B.: dieowimaiv mv av ottjxat xCg xi niqi Xiyuv Ityav
firjäkv, tl&' axs TiXavoifxivtav xäg (Jofßf Qotädog igexäfyvOi xal avväyovxsg
Sil xoTg Xöyotg tlg xavxbv nWnft nao' aXXrilag, xiS-ivxtg Si intSuxvvovOiv
aixäg aixalg afia mol tüv aixmv nqbg xa aitxä xaxa xaixa
huvxCag. So ist diess ein Wegräumen der Hindernisse, welche in der Buntheit
der dofßt liegen, und es wirkt hiemit als eXeyxog: «ftä xavxa Sr\ nävxa r\uXv
xai xov eX(y%ov Xtxriov , dg aqa pieyloxn xal xvqiioxäxtj xtöv xa&äQOea>v
tau, xal xov äväXeyxxov av vofiiax£ov xa fiiyiaxa äxct&aoxov elvai. Dieses
xa9aqxixöv aber gehört hiemit eben zu obigem äiaxnixtxöv, s. Anm. 21. Eine
andere Stelle, welche man zuweilen hieher zieht (Soph. p. 259 Z>. : xb xavxbv
txtqov anotpatvtiv a/trj yi. nrj xal xb S-äxeqov xavxbv x.x. X.~), hat mit dem
sog. princ. id. et contr. Nichts zu schauen , sondern bezieht sich auf jene Tände
leien, durch welche die Sophisten und Megariker das Urlheil wankend machen
wollten.
37) z. B. Lysis p. 216. u. Gorg. p. 467.
38) Ja Plato selbst lässt z. B. Thcaet. p. 158 f. sehr deutlich durchblicken,
dass das isolirte princ. id., in Folge dessen eben nur von dem einzelnen Dinge
oder Zustande ausgesagt werden könne, dass es dieses einzelne Ding oder dieser
Zustand sei , gerade am besten mit der Scnsual - Theorie des Protagoras sich ver
lrage. In der That hatten wir auch schon in den beiden vorhergehenden Ab
schnitten Fingerzeige genug dafür, dass das A est A das eigentliche Terrain jener
unspeculativen Annahmen ist, welche in einer Verquickung des dürrsten Formalis
mus und rohesten Empirismus sich bewegen. Von der Stoa an begleitet uns dann
stets diese Trivialität.
72 III. Plato.
principium ident. et conlr. bezeichnet werden müsste, aber eben darum
; ton jenem angeblichen logischen Grundgesetze gänzlich verschieden ist
I Plato nemlich verlangt das Zugeständniss des schlichten einfachen Grund-
; satzes einer jeden Erörterung, dass durch die einzelnen Worte in der
! Rede irgend ein Bestimmtes und Eines bezeichnet werden müsse, wenn
es überhaupt ein Reden geben solle 39).
Von diesem letzteren allgemein menschlichen Axiome aus, welches
gleichfalls gegen die sophistischen Taschenspielerkünste gerichtet ist,
können wir nun in die nähere Entwicklung der positiven Angaben ein
treten , welche das methodische Verfahren des aufwärts gerichteten Er
kennens entwickeln und hiemit dasjenige enthalten, was man platonische
Logik nennen mag.
Insoferne die Vereinigung des Allgemeinen und des Besonderen,
auf welche Sokrales gedrungen hatte, bei Plato aus dem SutXeyeG&at
sich erheben soll, erkennt derselbe mit Recht an, dass ein Ausdruck
jener Verbindung im Urtheile vorliege, und in diesem Sinne unterschei
det er an dem menschlichen Sprechen dasjenige, was unverknüpft ge
sagt wird — avsv ßv^Ttkoxijg Xsyofieva — und jenes, was in der Ver
knüpfung vermittelst eines Urtheiles ausgesprochen wird — xura GvfijsXoxr}
v Xeyo{iiva — ; erstercs sei ein blosses Benennen der Dinge, letzte
res allein aber ein Reden, in welchem über Gegenwärtiges, Vergangenes
oder Zukünftiges etwas ausgesagt werde und, ebenso wie in den factischen
Dingen , das Verhältniss eines wechselseitigen Zusammenpassens
oder Nichtzusammenpassens bestehe, und wenn ein Satz die factisch be
stehende Objectivität so ausspreche, wie sie ist, sei er wahr, wenn nicht,
falsch40); daher wird auch hier der durch das Urtheilen vermittelte ob-
39) Soph. p. 237 D. : xal xovxo f/fiTv nov (faveQov, ws xal rö xl xovxo
§rjf*a inl uvxi Xfyofitv ixdoxore" fiovov yaQ aiixb Xiyeiv ägneQ yvfivbv
xal ani\QHfiio(iivov dnb xwv ovxwv änavxwv aSvvaxov. r\ yaQ ; HSvvaxov"
Idoa xfjo'e- axonwv ^vftifys ws iivdyxr) xbv xl Xiyovxa iv ye rl Xe'yeiv ;
Gvxws. 'Evö; yctQ <fij xö xl ifr\aeis arjueiov elvat, rö 3i xive ävolv, xb
dk xivks noXXwv ; Utas yaQ ov ; Tov <5* ur] fir\ rl Xiyovxa avayxaiöiaxov,
WS faxe, navxänaoi fxrjäev Xe'yeiv. Zivayxatöxaxov fiev ovv. Ebend. p.
263 D. : ftrjdevbs <$k tov ovo" äv Xoyos eir\ rö naQanav änetpijva/iev yctQ
ort riäv aSwäxwv tjv Xöyov bvra firjäevbs elvai Xöyov. Parin, p. 147/).:
täv xe «7r«£ lav xe noXXaxig xavibv ovojxa qi&e'ys'ri , noXXrj aväyxrj oh
javxbv xal Xe'yeiv deC. Theaet. p. 190 B.: axönet ei not' (ne^eiQrjOas aeavxbv
nti'Hiv ws navxbg fiaXXov tb exeQov irepov ItSxiv rj näv xoivavxCov
ov£* iv vitvw ntonoxe (xöXftrjaas etneiv 7iqos Oeavxbv ws navxdnaötv
aQa xa neQixxä aQxid loxiv fj xi aXXo xoiovxov ovxoiiv ei rö Xe'yeiv
nQos eavxbv dok'd&iv IotIv (s. Anm. 10 f.),- oideig aptf öxeQa ye Xlywv xal
So%d£wv xal itpanxöuevos dfitpolv rij '/'"/'S einoi av xal So^doeiev ws xb
txeqov exeQÖv toxtv.
40) Soph. p. 262 B. : oiov ßao*t£ei XQfyei xa&evöei xal xaXXa oaa nQctfjij
ar\fiatvei Qrifxaxa, xav ndvru us i(pe£ijs avx' eint) , Xöyov oiSiv xi
fiäXXov antoya^exai ovxovv xal näXiv orav X(yr\xai Xiwv iXaif og tnnos
oaa xe bvöfjara xwv xäs npugeis av nqaxxövxwv wvo/j.äa&rj , xal xaxä
xavxrjv Si) xr\v Ovv^/eiav oiSeCs nw iwfaxri Xoyos' oiSefiiav yaQ ovxt
ovxws oiixy ixe(vwg tiqu^iv ovcJ" anQa^Cav oiiSe-'DvaCav ovxos ovfie uf) ovxos
dtjXol xa ifwvrid-tvxa , nnlv äv Tis xoTs ovo/iaai xa Q^ftaxa neQaar) ■
rdre ä' riQfioai xe xal Xöyos tyivexo eii&iis f) ttqwxi\ avfinXoxrj, a/edov
xwv Xöytov 6 tcqwxos xal aftixQÖxaxog oxav einrj xis „av&Qwnos fiav-
&ävei", Xoyov elvai (f i\s xovxov iXä^icfxöv xe xal tiqwxov ; . . . Sr)Xol yctQ
III. Plato. 73
jective Thatbestand dem blossen Wortemachen gegenübergestellt41). Das
Wort selbst ist eine auf psychologischen Vorgängen beruhende Nachah
mung des objecliv Bestehenden, wobei die innere Annahme wie in ei
nem Spiegelbilde ausgedrückt wird42); und indem das Reden aus dieser
Stufe der Nachahmung und diesem Elemente der Vielheit zu dem Ansichseienden
und Einen sich erheben soll, muss aus dem flüssigeren Verbum
($rj(ia) das constantere Substantivum (ovojia) werden, und es bezeichnen
innerhalb der Veränderlichkeit und des steten Flusses der Objectivität
die Substantiva das Wesen {ovdict) des Seienden, wenn auch immer noch
als Abbilder, so doch in der einheitlichen Ruhe des Erkennens43); in
diesem Sinne auch will Plato im Cratylus zeigen, dass die Worte rich
tige Abbilder der Ideen sein sollen. Jedenfalls aber erkennen wir hier
aus, dass — um uns schroff schulmässig auzudrücken — in__der plato
nischen Logdt_das^ Urtheil dem Begriffe vorausgehe.
"Hier aber, in dem Aussprechen der Ürtheile, musste im Gegensatze
gegen den sophistischen Particularismus des Begriffes gerade jenes obige
Gemeinsame — xcc xoivd — (Anm. 12) hervorgehoben werden, nemlich
gemeinsame Bestimmungen , welche , da sie von mehreren Wesenheiten
gelten , als gemeinschaftliche Prädicate in ürtheile erscheinen und hiedurch
zu umfassenderen Gesichtspunkten sich gestalten, nach welchen eine
Mehrheit von Gegenständen betrachtet werden kann oder muss. So fin
det sich JbgLIIlflio «Jänft^ejgte . Sour ^jrist^j^s^^^^Qrjen. Es
siriJTiemlich jene xoiva, welche in der antinomischen Begründung der
Ideenlehre im Parmenides immer als dasjenige erscheinen, was doch noch
rjSrj nov rÖT£ ntgl x<äv ovxmv rj yiyvofiivtov rj ytyovöxtov rj fteXXöviiov, xal
oix 6vofiü(ti fiövov , äXXä xi ntoaCvti , (SvfxnXixtav xa §r)fiaxa xoig ovöfiaOf
dib Xiytiv re avtdv äXV ov fiovov övofiätetv eino/tev, xal dt/ xal
accTO. Theaet. p. 202 B. : dvofiärcov yao avfinXoxfjV elvai Xoyov oioiav '
o'vxto är) xä fihv (froi^eia aXoya xal ayvwaxa elvai, ala&r)xa de, ta; Si
avXXaßäg yvioaxäg xe xal SnxAg xal aXrj&eT äd^y do^aaxäg. Crat. p. 431 ß. :
ei de grj/xaxa xal övöpaxa taxiv ovxio xi&ivai, avayxr) xal Xöyovg' Xöyog
yäq nov, wg ßyfifiai, rj xotovxmv avv&eatg iaxiv. Ebend. p._385fi. : ovxovv
tlrj av Xöyog aXr\9-r\g, b 81 ipe v8rtg ; Havv ye. lio' ovv ovxog og av xa
ovxa Xiyr\ log taxiv, aXij&ijs , mg ö" av dg ovx eaxi , tyevSrjg; Nai.
41) ioph. p. 218 C: Sei de ael navxog nioi xb nqayfia avxb fiäXXov
Sia Xoycov rj xovvofia uövov övvo/j.oXoyrjO'aO&ai xo>QlS Xöyov.
42) Theaet. p. 206 C. : xb fiev nqäxov eit) av xb xr)v aixov Siävoiav
IfUf avi) noieiv Sia (fiovrjg fitxa (itjftäxiov xe xal ovofiäxcov ülgneo tlg xaxonjQOV
r\ vStag xfjv <fo'f«v Ixxvnoifievov elg xr)v äiä xov Oxöfiaxo; Qorjv
(xäxonxgov u. vSmo sind bekanntlich stehende Gleichnisse für das niederere Ge
biet des Erkennens). Crat. p. 423 B.: ovoft' «(>' toxlv, tag eoixe, fitfir\fia (fio
vrjg ixtCvov o fiifieixai xal bvoua&i b ftifiovftevog xrj (pwvfj o av fiifirjxai.
Ebend. p. 430 B.: ovxovv xal xovvofia bfioXoytlg fiCfirj'fiä xi elvai xov nqäyftaxog
;
43) Crat. p. 399 B. , woselbst in Bezug auf die Ableitung des Wortes äv&QWnog
aus ava&Qti gesagt wird : ix yao öy/iaxog ovofta yfyovcv , u. ebend. p.
436 £.: los xov navxbg iövrog xe xai (ftnofitvov xal (it'ovxog yafiev Orj
74 III. Plato.
als real mögliches Prädicat übrig bleiben muss, mag das Eine und Sei
ende oder das Viele und Nichtseiende angenommen werden, so z. B.
Ganz, Theil, Begränzt, Unbegränzt, Bewegung, Ruhe, Einerlei, Verschie
denerlei, Aehnlich, Unähnlich, Gleich, Ungleich, Zeitlich, Unzeitlich, Räum
lich, Unräumlich u. s. f.44), wobei überall die Forderung durchblickt,
dass die entsprechenden Gegensätze gleichinässig die Möglichkeit haben
müssen, als Prädikate aufzutreten. Und dass eben derartige Bestimmun
gen, welche eine Vereinbarung des Gegensätzlichen vermittelst des prädicirenden
Urtheiles enthalten, nicht durch die vereinzelte blosse Sinnes
wahrnehmung erreicht werden, sondern der höheren Thätigkeit der
„Seele" anheimfallen, wird deutlich genug im Theätet 45) ausgesprochen.
Plato bedient sich solcher gemeinsamer Bestimmungen überall gleichsam
in propädeutischer Weise zur Darlegung dessen, dass ein höheres Allge
meines in der Vielheit der einzelnen Erscheinungen walte, nirgends aber
scheidet er eine bestimmte Zahl der hauptsächlicheren aus, daher wir
hier nur einen__noch völlig unbestimmten Keim der aristotelischen Kate
gorien"vorfinden. Nur Einiges nimmt bereits eine festere Ausdrucksweise
an", z. B. wenn die Qualität im Unterschiede vom Wesensbegriffc
hervorgehoben wird 4C), oder wenn die Quantität bei dem Begriffe des
Ganzen erwogen wird47); ja in Bezug aufdas Tljun und Leiden (jhhbiv
— näsxuv) finden wir sogar schon das später coristant übliche Bei
spiel rifiviw, x«t£tv4S). Die Relation ferner (nQÖg xi) zieht sich durch
den ganzen Plato, nicht bloss oft gelegentlich in Fragen, sondern auch
zur Erörterung objectiver Verhältnisse, welchen das Relative einwohnt^
besonders im ganzen Philebus; ja sogar fast könnte man sagen, dass
Plato schon eine Begriffsbestimmung dieser Kategorie versucht habe 49).
Man könnte selbst sagen, dass diese platonischen Keime der aristoteli-
44) Farm. p. 137 ff.:
45) p. 1 84 f. , s. bes. d. Stelle in obiger Anm. 12.
46) Theaet. p. 182 A.: laojg ovv r) noiöxrjg a/ia aXXoxoxov xe qalvextu
ovofict xal ov pav&äveig a&goov Xeyöfievov. Gorg. p. 448 E. : äXX' oiäetg
r\Qoixa notu xig etrj r) rooyCov xiyvr\, äXXa r(g xal ovrtva dYot xaXelv tov
rooyCav. Rep. IV, p. 438 B. : Satt y larl roiavra ola elvaC tov, xa (tev
noia axra noiov xivbg iariv, dg fuoi fioxel, Tct 6" aira exaOTa avrov
ixaajov fXÖVOV.
47) Soph. p. 245 D. : xal fxfjv ovä' bnoaovovv ti öei to fj.fi SXov ehai'
noobv yäo ti ov, bnoaov av rj, toGovtov bXnv ävayxaTov avrb elvai. Auch
in Bezug auf das fiäXXov und x/ttov, das aifbäqa und rjoe'fia wird das noobv
besprochen Piüleb. p. 24 C.
48) Gorg. p. 476 B. : aqa xovxo naa^ov o xo noiovv notet xal toiovxov
oiov noiel xo noiovv ; Xfyoj äe xb xoiovSt' ovxovv xal el xäei xig,
aväyxr) xi xäeaS-ai. Ilojg yaq ov ; Kai el aiföäqa ye xaei rj aXyeiväg,
ovxto xäeoxrat to xaöfxevov tög av xb xäov xätj. Hävv ye. Oixoiv xal
et xifivti xi, b «mbg Xöyog' Tiftvexai yäo ti.' NaC. Kai el ftfya yer\
ßa&v to Tfirjua rj äXyeivov, xoiovxov x/xrjfia xe"fivexai xb xeftvofievov, oiov
xb xtyvov xffivei. Vgl. C«<; p. 387 A. Soph. p. 248 C.
tlVtti. D. Rep. IV, p. 438 A. (es ist überhaupt von Beispielen relativer Begriffe die
Rede) : äXXct fiivxot , r)v &' ky(b, oaa y' loxl xoiavxa ola elvaC tov, tü ftev
noia axxa noiov Tivög iaTiv, <bg (flol Soxel tcc <T avTa exaora avxoy
txaaxov fiövov. Dass auf diese zwei Stellen im Sinne einer Kategorien-Bestimmtheit
sich selbst spätere Peripatetiker beriefen, s. Abschn. IX, Anm. 31.
III. Plato. 75
sehen Kategorien gerade in ihrer Unbestimmtheit noch viel weiter greifen,
als die spätere Reduction auf eine bestimmte Zahl der hauptsächlichen
es duldete ; wenigstens spielen Begriffe wie tcwtotijs — sreQorrjg oder
jicdkov — rjtxov oder vnsQßoh] — 'eXkeiipig eine ebenso bedeutende
Rolle wie die vorgenannten in gleicher Anwendung, ja es heissen sogar
ausdrücklich die BjjgrjüEeSein, Ru!ie>^£5vegung (ov, axaoig, xivrjOig) die
höchsten_Geschlechtcr des~Sejeüüen 5u); s.DeTJeffs der Bewegung d. folg.
AEscKn. Anm. 315'^~2T!ein wichtiger Anhaltspunkt für die Entsteh
ung und Bedeutung der aristotelischen Kategorien bleibt uns, dass diese
gemeinsamen Prädicate bei Plato eben uuxjsottig, kein-xa&6kqv. sind.
Aber über dieselben hinaus soll die Seele durch vernunflgemässes
Zusammenfassen sich erheben — s. oben Anm. 13 — und hiedurch
das wahre Erkennen erreichen, d. h. die Vernunft- Thätigkeit steigt vom
Urtheile zur „Idee" empor, welche aus dem Sialeyead-cu als Einheit des
Wissens resultiren soll ; die zusammenfassende Ueberschau der gegensei
tig verwandten Eigentümlichkeiten der einzelnen Wissenschaften bildet
die Probe der dialektischen Begabung 51). Die Idee geht in der Reinheit
ihres Ansich über das Wort selbst hinaus, wenn sie auch durch Fixirung
des Wortes in menschlich möglicher Weise erreicht wird52); das
unmittelbare Schauen des reinen Lichtes ja ist die exaltirtc Stufe , auf
welche als letztes Ziel Plato überall hinweist 53). Es ist die platonische
Idee die noch ungesichtele Indifferenz dessen, was bei ÄrisTöfeTesTäTs
Substanz und als Begriff auftritt, daher die logischen Functionen "hoch
Keine Selbstständigkeit erOten, sondern im Ganzen nur"~das ÄUstreTFen
des oarticular Empirischen im Dienste der Idee geschildert werden kann.
C~ Die Idee ist das EmeT~Emheithche des vielen" (IleiHnämigen ""welches
wir durch sie unter Ein Wort vereinigen, indem wir es hiedurch
mit einem einheitlichen geistigen Stempel ausprägen und zugleich von
dem Verwandten und der Vielheit überhaupt aussondern ; und es wird
dieses einigende Zusammenführen ausdrücklich durch das Wort qgl^eß&at
und hiemit die Idee als oQog bezeichnet54), so dass hierin der voribild-
50) Soph. p. 254 /). : fiiyiaxa fifjV xäv yeväv, a vvv öij äirj^itv, To xe
ov ai/xb xal axaoig xal xCvrjaig.
51) Rep. VII, p. 537 C. : xa %virjv [ta&rjfiaxa naiolv Iv xrj nmStla yevöfiiva
xovxoig Ovvaxxiov tlg Ovvox/jiv oixti6xr\xog aXXr\Xiov xtov fia&t]f*äriav
xal xrjg xov ovxog (fvdiio; (diess sind aber wieder xoiva)' fxbvr] yovv,
tlnev, tj xotuvxr) fiä&rjaig ßtßawg Iv oig av iyysvtjxai xal fity(axrj ye, ijv
6" iyoj, neiga äiaXexTixijg (pvOeug xal (ir).
62) s. Anm. 15. Crat. p. 386 E. : öf)Xov ärj oxi avxä avxwv ovaCav e^ovxä
xiva ßißaiöv löxi ric ngay^iaxa, ov tiqos rjuag oväi vq?y rj/Mov, hXx6fj.iva
«Via xal xäxta t<}> rjfitx^Qip (pavxdctfiaxi , äXXa avxä nnbg xrjv aixäv
oiaiav ixovia yneo ntqvxev. Euthyphr. p. 11 E : $ßovX6[j.r[V av fioi xovg
löyovg fiivtiv xal axtvrjjovg ISnvti&at, fiäXXov nqbg tj] daiSaXov xf^vy
xa TavxäXov yQT)fj.ata ytvia&ai. Parmen. p. 135 D.: r\yaaSi\v tinovxog oti
oix ttag iv xolg bqtafiivoig ovSe negl xaixa xr\v nXävrjV tmaxontiv, ctXXa
ntql Ixtiva a /ictXiaiä rig av Xöyip Xäßoi xal tXärj äv ■fiyrjGaixo elvai.
53) Es ist bekannt genug , wie durchgehends Plalo das Gleichniss des Sonnen
lichtes in dieser Beziehung anwendet. In solchem Sinne ist dann vovg und ttXrj&eitt
das Nemliche, Phileb. p. 65.
54) Rep. X, 576 A.: tldog yäg nov xi e'v 'ixaöxov eitv9-a/j.ev xi&ea&ai
Tiiql exaaxa rä noXXu oig xaixbv bvoua tnitfioofiiv. Phaedr. p. 265 D. :
tlg fiiav xt lä£av ovvooävxa (s, Anm. 51.) äyeiv xä noXXa^y duanaofiiva,
76 III. Plato.
liehe Keim der aristotelischen Lehre deutlich ersichtlich ist ; auch hat ja
die platonische Idee die Bedeutung des Ansich {xa&' avto) und des All
gemeinen (xa&okov), welch beides in dem aristotelischen Begriffe sich
wieder vereinigt findet56). Bekannt ist, dass bei Plato das Verhältniss
der einzelnen Dinge zu der ihnen zu Grunde liegenden Idee als ein Theilhaben
bezeichnet wird, so dass jene nur durch dieses Theilnehmen sind,
was sie sind. Eben hiedurch aber wird an jenem OQi&G&ai die mensch
liche Denkthätigkeit bedeutend geschmälert, da nur eine Mehrheit poetisch
objectiver Urwesenheiten vorliegt, in welche das Einzelne durch ein blo
sses Zusammenfassen des Gleichartigen umgesetzt wird, daher der Platonismus
mehr der Faulheit des mystischen Schwärmers fröhnt, als dass
er zur emsigen Durchforschung der Merkmale und Inhärenzien irgend
reize. Manche wichtige Fragen, welche erst Aristoteles vermöge seines
tiefsten Principes der Unterscheidung zwischen Potenz und Entelechie ge
nügend erörtern konnte, sind darum bei Plato höchstens berührt, wer
den aber dann sogleich durch jenes unbestimmte Theilhaben ((lerexeiv,
ft£To:icft(3«v£iv) mehr verwischt als beantwortet. So z. B., insoferne die
Idee als die Allgemeinheit auch das Ganze oder die Totalität des Einzel
nen sein soll, zieht sich die wichtige Untersuchung betreffs der Einheit
des Ansichseienden und betreffs des Verhältnisses der Theile zum Gan
zen völlig in das ontologische Gebiet und hiemit in die Polemik gegen
die Eleaten hinüber 56). Oder die für die Logik doch unumgängliche
Frage, wie sich die Einheit des Begriffes oder der Definition innerhalb
der Vielheit der Merkmale oder selbst der Unterarten behaupte, wird nur
tv' txaaxov oqt^ofievog ärjXov noifj neol ov äel SiSaaxeiv iS-iXtj. Polit. p.
308 C. : näoa inntT^jurj navTa%ov .... nävT ' eig fV aiiTa g~vvayovOa ftCav
Tiva Svvafiiv xal ioiav Srjfiiovgyel. Phileb. p. 34 D.: ngog r( nore aga
tavTov ßXttyaVTeg ovtio noXv SiaifigoVTa rav&' evl dvofiaTi ngogayogevofiev;
Theaet. p. 147/).: rifj.lv ovv fif^lW ti towvtov, ineiätj aneigoi to
nXfj&og al ävväfieig iifaCvovTO, netgaOrjvai SjvXXaßelv «?? i'v, otio ndaag
TavTag ngogayogevOOfiev Tag'Svväfieig. Phacdr. p. 237 C. : ofioXoy(a &e"fievoi
ogov eig tovt' anoßXinovreg xal ävaifigovreg xr\v axixpiv noitöiied-a. Phileb.
p. 26 V. : xahoi noXXä ye xal to aneigov nagtayeTO ye"vrj , Ofling d" fVt-
Oipgayia&e'vTa Tip tov fiäXXov xal ivavxlov y(vei iv iifävrj. Polit. p. 258 C. ;
/toglg ttipeXövTag anb tiüv aXXiov läiav airrj (sc. jrj noXtTtxij) filav iniaifgaylaaa&
ai xal Talg aXXaig ixTgonalg i'v aXXo etSog int arjfirjvafitvovg.
Phileb. p. 25 A. : xaTa tov ifingoa&ev Xoyov, ov eifafiev, oOa SiianaaTai
xal 3t(ax'OTai owayayovrag xgijvai xaTa Svvafiiv fiCav intOyfiatveO&at
Tiva ipvOiv. ebend. p. 29 B.: iv evl Se Xaßiov negl nävTiov vöei tovtöv.
ebend. p. 16 D.: Sei ovv rifiäg tovtiov ovtio SiaxexoOfir^fiiviov ahl fitaviSiav
negl navTog ixaOTore 9-efie'vovg tyTelv, eig^oeiv yag ivovOav.
55) Phileb. p. 53 D.: iOTÖv cfi} Tive Svo, to fiiv avTo xa&' uvtö, xb 3h
«et lipiifievov aXXov. Euthyphr. p. 5 C. : fj oi ramöv itixiv iv naar\ nga!-ei
to oOiov avTo avTtji xal to avoaiov av tov fiiv datov navTÖg tvavTtov,
aiiTO S' avTtp bfioiov xal tyov utuv Tiva ISiav xaTa rfjV avoOiorrjTa n&v
ort ne g äv fie'XXri avöaiov elvai. Gorg. p. 453 A. : einen Tig ctXXog aXXtp
SiaXiyexai ßovXöuevog el3e"vai avTÖ tovto neol otov 6 Xöyog io~Tl. Meno
p. 72 C. : ovtio Sij xal neol tojv ageTÜv, xav ei noXXal xal navroSanaC
elctiv, ?v yi ti elSog TavTov anaaai e%ovai d*t' o etüiv äoeTal, eig o xaXiSg
nov e"xei änoßXixpaVTa tov anoxqiväfievov Tip inioTijaavTi ixelvo SrjXäaai
o Tvyxävei ovaa agerrj. Ebenso betreffs der avSqta Lach. p. 191. und betreffs
der yQa/XfiaTixrj Phileb. p. 18.
56) Soph. p. 244 ff. n. Parm. p. 129 ff. vgl. Theaet. p. 204.
III. Plato. 77
durch die Hinweisung darauf beschwichtigt, dass verschiedene Bestim
mungen die Fähigkeit haben, an einander gegenseitig Theil zu nehmen
und in Gemeinschaft zu stehn57); darum findet sich auch bei Plato nir
gends eine begriffsniässige Scheidung zwischen wesentlichen Merkmalen
und jenem, was Aristoteles als evfißeßrjxbg bezeichnet56); werden ja
doch auch die gegen den protagoreischen Sensualismus gerichteten Er
wägungen, dass Ein und der nemliche Mensch bald grösser bald kleiner
als ein Anderer sein könne, in einer speculativ völlig nutzlosen Lösung
vermittelst jenes Theilhabens erledigt 59). Aus dem gleichen Grunde hat
dasjenige, was Aristoteles artmachenden Unterschied nennt, hier noch
keine prägnante logische Gestattu^ng^SfuiuRu , sondern die differentia
specifica, welche als Idee selbst wieder eine Allgemeinheit sein muss,
so dass eben eine Idee eine Mehrheit von Ideen unter sich hat, ist den
Unterschieden überhaupt, welche irgend zwischen den gemeinsamen Eigenthümlichkeiten
der Dinge bestehen, völüg gleichgestellt 60). Ebenso ist
es nur ein kümmerlicher Anfang der bei Aristoteles weitgreifenden Unter
suchungen, wenn Plato einmal gelegentlich bemerkt, dass jeder Artbe
griff ein Theil des höbern Ganzen, nicht aber jeder Theil ein Artbegriff
sei61). Die schwächste Seite aber bietet das Theilhaben der Dinge an
den Ideen jedenfalls durch die unerklärte mystische Causalität dar, ver
mittelst deren die Ideen metaphysisch die Ursache des Seienden sein
sollen; und wenn auch Plato in solchem Sinne von einer den Dingen
wesentlich einwohnenden Potenz — övvajiig — spricht 62) und in onto-
57) Soph. p. 251 A. : Xfytaficv ärj Jt«#' öv xtvä noxt xgönov noXXoig
ävöfiaai xavxöv xovxo ixäaxoxs ngogayogtvofiev Xiyofitv av>onov
irptov nöXX* axxa inovofiaioviSi , xä xe %gtöfiaxa initfigovxsg avxtjj xal
xä a/rj/xaxa xal fity£#r) xal xaxiag xal ägexag, iv o'tg näoi xal extgoig
uvyioig oi (lövov av>onov avxov elvat (f apev, äXXä xal ayaS-ov xal
htoa ansiga xal xaXXa är) xaia xov avxov Xoyov ovxtag i'v exadxov ino-
Mfitvot naXvv avxo nuXXa xal noXXolg övoftaat Xtyoftev. Die Antwort
hierauf: nöxegov firjxe. xijv ovtsCav xtvrjoei xal axäaei ngogänxtafiev firjxt
«Uo äXXta firjät v /j. r)ä t vi, äXX' tag afttxxa ovra xal aSvvaxa fitxaXaftßävttv
(tttrjXuv ovxtoe avxä iv xolg nag r)fiiv Xoyoig xtS-töfiev ; rj navxa elg
ittiiöv gvväytoftev tag ävvaxä imxotvtoveiv äXXrjXoig ; rj x« fxtv xä Sh (ir\;
5$) Höchstens als annähernde Bezeichnung für das aristotelische avfißeßtjxdg
hm genommen werden Soph. p. 247 A. : äXXa /j.fjv xö yt ävvaxöv xta nagaytyvta&
ai xal anoylyvtaS-ai nävxtag iivaC xt tpr\aovtSiv.
59) Theaet. p. 155. Phaedo p. 96.
60) Pohl. p. 285 A.: äiä äe xö fir) xax* tlSr) awtid-Cad-ai axonetv ätatoovfiivovg
ravxä xe xoaoixov äiatfioovxa avfißctXXovaiv ev&vg eig xaixöv
Sjtota vofiCoavxeg xal xoxivavxlov av xovxov Sgtäaiv exega oi xaxä fiigr]
ouuqoivxeg , Siov, oxav fiev xijv xtav noXXiäv xig ngöxegov aia&rjxat xoivwlav,
fifj ngoawiöxao&ai nglv av iv airy xäg fiiatpogag Idy nätsag,
onöaai ntq iv tiottft xeivxai, xag eP au navxoäanäg avofioiöxrjxag , oxav
h nXrj&eotv ötpS-tSat, fiij äwaxbv elvat 3vgto7iovfj,evov naveaS-ai, nglv av
Qvjinavxa xä olxeia ivxog /Mag dfiotöxrjxog eg^ag yivovg xivog oitfiu negtßürjTat.
61) Ebend. p. 263 B. : tag eidog fihv oxav y xov, xal fiegog avxo ävayüotov
tlvai xov noäyfiaxog oxov ntq av tloog Xiyijxai, fjjqof di etäog
niit/iCa äväyxTj' xavxy fit rj ixttvy fiäXXov äel tpdS-t Xiyeiv. Daher wird
poqia aQtxijg in dem Sinne von fW?j aQtxrjg gebraucht, wo es den övöfiaxa
noila xrjg fiiäg gegenübersteht, Protag. p. 329. u. 349.
( 62) Soph. p. 248 C. : ixavov s&euev ogov nov xmv ovxtav, b iav xta nugrj
i toi nüo/eiv rj ägäv xal ngög xo Ofiixgöxaxov övva/tis. Cham. p. 186 C. :
78 III. Plato.
logischer Bedeutung den notwendigen Wechselverkehr zwischen dem
constanten Einen und dem variablen Vielen (im Parmenides) und die Ver
einigung von Ruhe und Bewegung (im Philebus) hervorhebt, ja wenn er
sogar einmal das Erkennen der Idee ausdrücklich im Gegensatze gegen
die blosse Empirie ein Erkennen der Ursache nennt63), so ist bei ihm
doch in logischer Beziehung die Ursache ein leeres Wort (die metaphy
sischen Schwächen der platonischen Causalität haben wir hier nicht zu
untersuchen). Und darin ist auch die Blosse gegeben füjr^Amtotglfis,
wejfjTern_ Jjß , , hew^ndeJUreache und der Uchergang vom Potenziellen
zum~Xctuellenj$ej..letzte on'tologisj^f^jn^^pie ErklärungsgrundjsJ^
Mit BecTItKann Aristoteles sagen, die Tde^mehre sei unTraucTiEäTfur
das individuelle Werden, in welchem der Begriff der Form wirke, rich
tig sei dabei wohl, dass es so viele Ideen als Naturwesenheiten geben
müsse 64), aber die Causalität bleibe ohne alles apodeiktische Streben als
eine blosse Hypothese stehen65); allerdings sei die Substanz etwas An
deres, als die concrete Erscheinung des Wesens im Individuum, und insoferne
sei sie zu trennen, Plato aber habe Substanz und Attribut zusam
mengeworfen , er habe das bloss prädicative xa&öXov zur Idee gemacht,
während , was nicht Substanz ist , Prädicat sein müsse ; darum sei die
Ideenlehre in eben dem Masse, als sie das Werden nicht erkläre, auch
„Nichts für den Begriff", ein Geschwätz, dem vergleichbar, wenn Je
mand die kleineren Zahlen nicht zählen könnend mit den grösseren zu
Recht zu kommen glaube, eine vorgefasste Meinung, welche eigensinnig
festgehalten den Zweckbegriff und das Ziel aus dem Auge verliere 66).
o tt Tieg av xfjV eavxov Svvay.iv 71qos eavxb f/y , ov xai IxeCvtjV Iff» xijV
ovoCav ngbg t)V rj dvvafiig aixov t\v ; So hat auch jedes die ihm eigentümliche
ägexrj und deren axigijaig, Rep. I, p. 353.
63) Gorg. n. 465 A. : t^ijv df avxb ov (fijfii ttvat, äXX' ifineigCaV,
oxi oix txu Xbyov oideva tav ngcnf.e'gei bnoV äxxa xr\v ifvatv laxlv, äoxe
ri)V alrlav exäoxov fit] exeiv eineiv. Davon kann keine Rede sein, dass hierin
auch nur eine Spur des prineipium causalitatis liege.
64) Metaph. Z, 8, 1033b. 26.: (pavegov äga, oxi t/ xiöv eldtSv aixla,
us eira&aoC xiveg Xfyeiv xä eidr), ei eaxiv axta naget xä xa#' exaaxu,
Tigog xs xäg yeve"aetg xai oioCag ovdev xgyöiftu, oiä' äv elev diä ye xaiixa
oöalai xati-1 avxäg. ebend. A, 3, 1070a. 9.: ovaCai de xgeig' ^ uiv vXn
xöäe xi oioa riji (palvea&ai fj de ifvaig xode xi, eig fjv, xal «f/f xig'
ixi xgCxtj ij ix xovxiov t) xa&' exuaxa dib dt) oi xaxmg b HXäxtov
tcpri oxi eidij iaxiv bnöaa ifvöei, elneg ioxiv etdrj aXXa xovxiov . ... •or<*
fiev ovv xivoivxa aixia log ngoyeyevr\fiiva bvxa, xä de cög 6 Xöyog oft«
..... tpavegov dij oxi oidkv dei otä ye xavx* elvai xäg idiug.
65) Ebend. Ji, 8, 1073a. 17.: 17 fiev yäg 7iegi xeeg lde"ag v7i6Xy>fii; ovdeftCav
e%ei axeiftiv IdCav .... dV tjv d' alxCav xoaovxov xo nX^S-og xwv
äpi&fiwv, ovdev Xiyetai fiexä anovdijg änodeixiixijg. d. gen. el corr. Ii, 9,
355 b. 9.: oi fiev tpTjfhjOav alxlav elvai ngbg xb yCveafhai xi)V xwv eidwv
tpvaiv imozl&exai (bg loxl xwv bvxwv xä fiiv eldn xä de fieüexxixa
xiöv eidwv xal ort elvai fiev exaoxov Xfyexai xaxä xo etdog, yivea&ai de
xaxä xt]V /xexäXrjxjJiv xai tf &elgea&ai xaxä xrtv &noßoXr)V , äax' ei xavx
äXtjdii, xä eidt] oiexai 1$ äväyxrjg alxCav elvai xai yeve"aemg xal <f,d-ogag.
66) Metaph. Z, 16, 1040 b. 27.: äaxe äffXov bxi ovdiv xäv xafoXov
V7iagxei nagä xä xa&' exaaxa x^Q^ft °t T« Xiyovxtg xrj fiev
6g&äg Xiyovai x<og(Covxeg aixä, elneg oiaiai elai, xfj <f' oi/x dg^iSg, oxi
lö i'v *Jri noXXwv eldog Xfyovöiv. Anal. post. I, 22, "83a. 33.: bau de fir)
oietav 0T)fiu(vei, dei xaxä xivog vnoxeifiivov xaxtjyogeiO&ai xal firi t*vai
III. Plato. 79
So bleibt auch in der Tliat bei Plato für die Logik keine weitere
Bedeutung der Idee übrig, als dass dieselbe durch jenes einigende Zu
sammenfassen des Gleichartigen gesucht werden muss , wobei eben zu
nächst von den gemeinsamen Bestimmungen {xoivct, wivavüv) ausgegangen
wird 6"). Es soll das Denken sich hierin ebenso wie bei dem Gebrauche
der Worte selbst über das empirisch Einzelne erheben, um von einer
ideellen Allgemeinheit aus von oben herab dasselbe zu beherrschen. Al
lerdings liegt in diesem Verfahren, der Absicht noch eine Identität des *>"
Allgemeinen und des Besondern, und es wird daher auch von einem dop
pelten Wege, dem einen welcher von Unten nach Oben und dem ande
ren welcher von Oben nach Unten führt, gesprochen, — eine Zweiheit,
deren glückliche Vermittlung der in die Menschheit gefallene Prometheus-
Funke sei GS) —, aber auch hier ist es nur eine transscendente mythischpoetische
Einheit, welche über das empirisch Einzelne mit Gewalt dominirt
und nur durch die nothgedrungene ft&teijtj mit demselben verbun
den ist. Soll ein noch nicht Bekanntes durch Erfahrung vorgeführt
werden, so wird es sogleich durch die Anschauungen des Aehnlichen und
Unähnlichen (d. h. eben durch jene xoiva) in das Gebiet der Ideen um
gesetzt, sowie diess auch durch obiges Zusammenfassen unter Einem
Namen (s. Anm. 54) geschieht; ein wissentlich „vermittelnder" Weg ist
hiebei natürlich nicht möglich, sondern dieses Umsetzen der Empirie in
r» Xevxbv , o o£/ exegöv xi ov Xevxöv iaxi' xä yag eWij xaige"xco, xegexC-
(TjU&Ta yag faxt, xal ei laxiv, ovSiv ngbg xov Xöyov iaxCv' at yaQ anoießeig
nef)l rmv xotovxiov eiaCv. Melaph. A, 9, 990b. 1.: ot de rag ide"ag
alxlag xi9-(fitvoi ngmxov fiev tyxovvxeg xmväl xüv ovxtov Xaßelv rag alxCag
hega xovvoig loa xov üoi&fiov Ixöjtioav, ägneg el xig ägi&pifjoai ßovXöftevog
IXaTxövcov fitv ovxtov otoixo fifj öwqoeod-ai , nXedo Si novt\aag
aX^elg tyovxeg äg/ag' mgneg oix (viag ädov xglveiv Ix xmv anoßaivovxiav
xal [xäliaxa Ix xov xiXovg' xe"Xog de xijg fiev noitjxixijg xö igyov, xyg
te (fvöixtjg xö (paivofcevov äel xvgCmg xaxa xrjv atad-rjaiv.
67) Soph. p. 253 D.: odxovv o ye xovxo ävvaxbg dgäv fitav ISlav Sia
noXXäv, tvog ixääxov xeifiivov ^copi? , nävxtj d*iaxexafit'vt)V Ixaväg Staia&
üvexai xal noXXäg extgag äXXtjXwv vnb ftiäg ^coS-ev negie/ofiivag , xal
filav av äi bXwv noXXwv iv Sri iwrjfi[ie'vr)V xal noXXäg %(ogig navxr)
ätmgiOfie'vag' xovxo <T iaxtv, y xe xotvcovetv exaoxa äiivaxai xal o7Xy frif,
tiaxgtveiv xaxä yivog in(Oxaa&ai.
68) Phaedr. p. 265 D.: etg ft(av xe läe"av ewogävxu ayeiv xä noXXapry
Snanagfj.t'va, iv' exaoxov ögi^6fj.tvog drjXov noifj negl ov av äel Siäaaxav
l&e'Xri xö näXiv xax' el8r\ övvaa&at xe"[iveiv , xax' ag&ga, y
ntyvxe, xal fifi ini/eigetv xaxayvvvai (ie"gog firjäiv xaxov fiayelgov xgönip
XQiöfievov. Fhileb. p. 16 C. : d-eoiv fihv elg äv9-gtönovg döaig, äg ye xaxaiftslvixai
tfiol, no&tv Ix öeiov iggtyy äiä xivog üqofirid-e'ag &fia (pavo-
Tßioj rivl nvgl , xal ol fiev naXaiol xgelxxoveg rjfiäv xal iyyvxigm &eiüv
olxovvxeg xavxt\v (fitfurjv nage'äoo'av , tag ü evbg uhv xal Ix noXXmv ovxcov
xOiv «st Xeyo/ue'viDV eivai, niqag Se xal aneiglav (v iavxoTg g~v[i(pvxov l%6v-
W Seiv ovv rj/xäg xovxiav ovxio äiaxexoo/irifte'vtov äel fiCav tätav negl
Ttavxog exäaxoxe S-euivovg Ijixeiv , eignaetv yag Ivovaav ' täv ovv xaxal^
o . .AI '. .>^0 : .» ..a r- 2L
ov xb xax' ägxäg i'v firj ort iv xal noXXä xal aiteigä ion (xövov xig,
ulXu xal önöaa. Vgl. Arist. Eth. Nie. I, 2, 1095 a. 32.
80 III. Plato.
(Ji&_jQchUg£ Meinung ist riifl,.einzige, aber„,auch kümmerliche Spur der
aristotelischen Epagoge 69).
"T^en dadurch aber dass ein derartiger Weg von Unten nach Oben
nur gleichsam abgenöthigt ist, fällt mehr Gewicht auf die von Oben nach
Unten durchzuführende Allgemeinheit; und es gestaltet sich diess zu
einer Gliederung eines höheren Gattungsbegriffes in seine Arten und Un
terarten, welche an ihm „Theil haben", aber sämmtlich schon wieder
Producte jener Umsetzung des empirischen Details sind. Für dieses Ver
fahren nun gibt auch Plato in gewissem Sinne Regeln, indem er diesel
ben zu ihrer Veranschaulichung in Dialoge einkleidet, welche nach dieser
Methode der Eintheilung fortschreitend ihren Gegenstand entwickeln; es
sind diess der Sophistes, der Theätet und insbesondere der Politikos 70).
Es solle nämlich zunächst ein vorläufiger Begriff des Gegenstandes bloss
hypothetisch gesetzt werden71), wobei die qualitativen Bestimmungen
desselben noch ausser Ansatz bleiben72); dieses ganze hypothetische
Feststellen aber müsse überwunden und von diesem Charakter des Vor
läufigen befreit werden73), wozu eben als Erprobung die antinornische
69) Polit. p. 2784. (die Stelle spricht von Kindern, welche lesen lernen;
eine Parallele, die man auch wieder erkennt in Soph. p. 2534. : a^eäov oiov xd
yodftfiaxa ntnov&öx' äv tXrj- xal yäo Ixtlvmv xä utv ävagtioaxel nov
7106g aXXtjXa, raii f wanuoxxti) : äväytiv nomxov in Ixeiva f v oig xabxa
xuvxa oob-mg l36ia£ov , avayayövxag dt nWwi naoä xä ftynm yiyvmoxofitva
xal naqaßäXXovxag ivätixvvvai xrjV abxrjV öfxoiöxrjxu xal (fvOiviv
äfupoxtoaig ovaav xaig avfinXoxatg , nty01 ffg äv naöi xoig ayvoovfiivoig
xä äoiaCöfieva äXrj&mg 7iaoaxi&g(itva deiy&rj, ätix&tvxa d*i 7taQadtiyfia&
ovxm yiyvöfiiva , 7toi^arj xmv axoixtCmv txäaxov nävxmv iv näaaig xaig
OvXXaßaig, To fitv txtQOv dg xmv akltav ixtoov ov, TÖ <fl xabxov mg xavtöv
äil xaxä xabxä £ et uro) TTnooayooevta&ai.
70) Ebend. p. 285/).: xC ä av ; vvv rj/xiv x\ ntol xov noXixixov Cvxr/Oig
tvex' abxov xovxov nooßtßXrjxui fi&XXov rj xov ntol nävxa äiaXtxxixmxi-^
Qoig yiyvta&ai; xal xovxo äijXov Sri xov ntol nävxa. ebend. p. 279 4.: tt
or^xa ; naoäStiyfiä xig äv tyov xijv abxriv noXixtxrjv 7iQayfiaxe(av OfttxQOxaxov
naoa&t/itvog Ixavmg äv tvooi xb (rjxobfitvov.
71) I'haedr. p. 237 ß. : ntol navxbg,^m nal, fiXa xolg fiiXXovOi
xaXmg ßovXtvtad-ai' tläivai äti ntol ob av rj ij ßovXr/, rj navxog äftaQXavtiv
ävayxtj' xovg dl noXXovg XiXrj&tv oxi obx Xoaoi xr\v obatav ixaoxov.
Phaedo p. 100 A. : «U' ovv dij xavxr\ yt mofirjOa xal vno9£/utvog ixaaxoxt
Xoyov Sv av xoivm logmfitviaxaxov ttvai, a filv av (iot äoxij xovxm^vftipmvtiv,
xi&rjfii mg äXri&rj ovxa, xal ntol aixiag xal ntgl x(3v äXXmv anarxmv,
ä d" «v fit), mg ovx aXji&ij (p. 101 D.) li Je xig avxijg i^f vtto-
9-iatiog exoixo, jraCouv Itpqg äv xal ovx anoxoCvaio 'img av xä an' ixeivis
ÖQfirjitivxa oxtxpcuo, d ooi äXXrjXoig ^vfitfoivd r) d*ta<p<avet' tntiöij <Je txuvrig
avxijg tTfot irt äiäovai Xoyov, mgavxwg av äiSolrig aXXr)V av vno&iotv
bno&tfiivog rj xig xiov ava>S-tV ßtXxCaxrj tpalvotxo, 'img Inl xi Ixavbv iXSutSUeno
p. 87 B. : Inetdi] ovx Xafiev ovO-' o xi inxiv oi}&' onoTov Tt, VJ"*~J?
utvoi avxo axonmfitv etxe äiäuxxov etxs ob öiSaxxov iaxiv (sc. r\ aQtxt\)-
Ueberall scheint hier nur die Unmittelbarkeit eines experimentirenden Umsetzens m
die Idee vorzuliegen.
72) Meno p. 61 B.: 8 «fl /xij olda x( ioxi nmg av briolov'yixi eloelp'!
Euthyphr. p. 11 A.: xivävvtveig .... xrtv fiiv obalav fioi abxov ob ßovXtOttai
ärjXmOai, näS-og d*i xi ntol avxoi Xiytiv. ,
73) Protag. p. 331 C. : fiy fioi, ijV d" iym • oväiv yäg ä£o/*ai xö „«
ßobXti" xovxo xal „tt aot 6oxtVl iX(yxta&ai , äXX' lfi£ xt xal oi' T0
tfi£ xt xal o"i roOro Xiym oiöfitvog ovxm xov Xöyov ßtXxiox' av iXiyxea9tt '
st xig xb „ tX" ä<f(Xoi abxov.
III. Plato. 81
Erwägung nach den Gegensätzen von Sein und Nichtsein dient 74). So
wie aber schon jener erste Begriff durch ein Aufgreifen der Unterschiede
und durch das Festhalten eines Gemeinsamen (xoivöv, xowovrjg) gewon
nen war 75), so wird er nun auch weiter in der nemlichen Weise durch
geführt, indem er sowohl von anderen Gattungsbegriffen nach dem ge
gensätzlichen Momente der Einerleiheit und Verschiednerleiheit abgegränzt
»\s auch innerhalb seiner selbst ebenso nach Artbegriffen getheilt wird,
so dass ein steter Wechselverkehr zwischen Theilen und Zusammenfüh
ren (StuigsGig und swaycoyri) sich fortspinnt; und in dem genauen Ein
halten der schärfsten Unterschiede bei dieser abwärts gerichteten Eintheilung
sieht Plato die eigentliche Dialektik und die wahre Rhetorik|76) ;
ja es wird hiedurch öfters das Gebiet des diaksysa&ai selbst, d. h. der
Sprachschatz, in Folge der geforderten Präcision verbessert oder wenig
stens gefunden, dass für irgend einen Gattungs- oder Art -Begriff der
schlagend genaue Ausdruck fehle 77), sowie es sich andrerseits von selbst
versteht, dass hiebei das von den Sophisten missbräuchlich benützte
Schielen sinnverwandter Bedeutungen nunmehr im Dienste dieser ernsten
Dialektik durch scharfe Distinction hinweggeräumt wird. Durch den Be
griff der Einerleiheit und Verschiednerleiheit aber und vermittelst des
hierauf beruhenden Gegensatzes muss sich diese Eintheilung nothwendig
74) Pannen, p. 135 E.: XQV $i rdcf« ?rt ngbg tovt(o noi&iv, fj.f[ fiövov
ti forty exaOTov vno9-4fitvov axontlv ra avfißaCvovra ix rrjs vno&tattog,
iXXa xal el fir[ iori rb uvto tovto vnorC&taS-ai. , ei ßovXei fj.all.ov yvfivao&
ijvai. Vgl. Gorg. p. 472.
75) Theaet. p. 2082).: ?<m <Jt Sneg agrt iXfyofiev , tag apa ttjv Siatpogäv
ixäaTov av Xa/xßävijg y tiöv aXXtov öiatptgei, Xoyov, tos (paaC Tiveg,
Xnif/ef ioig o" av xoivov tivog lifänry , ixilviav ntgi aoi iarai 6 Xöyog
iov av r) xotvörris y os ä' äv fj.tr' bg&rjg dofij? negl brovovv riöv
ovriav TtjV <$ia(poqav rmv äXX<ov ngogXäßrj, avrov iniOTTjfiojv yeyovwg tarat
ov ngörtgov r\v oofßOTijj. Vgl. Anm. 95.
/6) Soph. p. 253 #.: to xaia yivt\ Slaiqtla&at. xal fiyre ravrbv ildog
titgov riyrfOaa^ai fjr)&* 'irtgov ov ravrbv, jjwv ov rijg fiiaXtxTixijg (pyaofitv
IniarrjfiTfg tlvai; Pliaedr. p. 266 B. (vgl. d. Stelle in Anm. 68.): tovtiov
<f<7 iyutyt Igaarijg, m 'Paldge, riov Siaigiatuiv xal Ovvayojytöv , iv' oiög
i£ & Xiyeiv re xal (figovtiv .... xal fjivroi xal rovg Svvafit'vovg avrb ägäv,
ei fiiv dgSiög r\ fir\ ngogayogevio , &ebg oiät, xaXiS (ff ovv fiixQt- roiSe
SiaXexrixovg. ebend. p. 273 2).: tag iäv fir) rig riöv re axovaofiiviov rag ipvaeig
Siagi&urjOr)rai xal xar' ti$r) re ffiuigelß&ai ra bvra xal juiä iae'a
Iwarbg w xa&' iv exaarov ntgiXafißävtiv , ov nor' iarat re/vixbg Xöytov
n(oi xa&' oaov Svvarbv av&gojntp. Polit. p. 286 f.: noXv de fiäXiara xal
ngürov TtjV fii&oäov avTijV rifiäv rov xar' £i<?r) ävvazbv elvai diaigtlv
....äiaXtxrixiot^QOvg änttpyä&TO xal rrjg tiSvovziov Xöyo) SriXtoOttog evge-
Ttxiortgovg. Phileb. p. 17 D.: äXX' , tu tpCXi, Ineiöav Xcißyg ra dcaOTqfiaja
onoa' IotI rbv agiS-/xbv xal bnoia, xal rovg ogovg räv äiaaT7]fiärtov
xal za ix tovtiov Soa avOTtifiaTa yiyovtv . . . . xal a/xa IvvoeTv tag ovtio äet
negl navrbg Ivbg xal noXXtüv axontlv ' otuv yag Tuvra T£ Xdßyg ovra>,
töte ty4vov Oo(pbg , OTav re aXXo Ttöv ovrcov ÖTtovv Tavry Gxonovfiivog
ilyg, ovTiag ifitfpiov negl tovto yiyovag. Soph. p. 253 C: £vvaxoXov&eTv
o«tü5 diaigovvTag atl Tr\v vnoStxofiivi\v avrbv fiotgav, eojg neg av Xijip&rj'
nävToig obre ovTog ovis aXXo yivog ov$hi firj noxt Ixtpvybv InevÜrjTat. tt\v
ti5v ovtio Svvafiiviov fitTiivai xa9-' exaGTu ts xal Inl nävra [ii&oSov.
77) So wird z. B. Gorg. p. 4645. gesagt, dass das Wort für die oberste ge
meinschaftliche Gattung von largixri und yvfivaOTixr) fehle, ebenso Soph. p. 219 f.
von dem einen Theile der #jjo«imxjj.
PaiNTL, Gesch. I. 6
82 III. Plato.
als eine Zweitheilung — Dichotomie — gestalten 7S) , und diese sehen
wir denn auch bei Plato wirklich in den oben genannten Dialogen durch
aus geübt79); sie enthält aber eben wegen des Motives der Gegensätz
lichkeit das Antinomische schon in sich, und es dürfte schwerlich die
Antinomie als ein zweites methodisches Verfahren Plato's neben der Di
chotomie bezeichnet werden 80), denn selbst schon die Möglichkeit einer
antinomischen Gegenüberstellung scheint auf einer vorher aufgefassten
Zweitheilung beruhen zu müssen. Uebrigens kann eine Dichotomie auch
nach zwei verschiedenen Gesichtspunkten angestellt werden und hiedurch
zu einer Viertheilung sich gestalten81), nur aber bei gänzlicher Unausführbarkeit
soll sie durch eine buntere Theilung xara (liXrj ersetzt wer
den dürfen 82), und die Theilung überhaupt muss so ruhig und gelassen
als möglich Schritt vor Schritt fortgeführt werden 83).
Ist die Theilung bei dem Letzten als ihrem Ziele angelangt, so xß^.
sultirt aus der DichotwnjjL.die Definition 84) , wovon wir das deutlichste
Beispiel an den letzten Zeilen des" Sopliistes haben, welche das ganze
78) Protag. p. 332 C: ivl tx&axip xtov Ivavxbav ?v uöyov toxlv tvavrCov
xal ov noXlä. In diesem Sinne isl die avxC&taig uvdev r)xxov ovöla avxov
xoö bvxog, Soph. p. 258 B. Hiedurch auch wird das von den Sophisten missbräuchlich
angewendete ävziXfyeiv im Dienste der Dialektik geadelt, und es fliesst
hieraus die Praxis des apagogischen Beweises, welchen in den platonischen Dialo
gen Sokrates oft genug an den Sophisten übt; theoretisch ist derselbe natürlich
bei Plato gleichfalls nicht festgestellt.
79) Polit. p. 262 A. : tir) afiixnbv fiöniov tv nqbg fieyaXa xal noXXct &(fta-
Qtäfxtv firjSi tiäovg dX).ä tö fifyog Sfia eldog l^^xia' xäXXiaxov fib>
yaQ anb xojv aXXtav BvS-vg äia/ojQ^siv tö ^rjxovuivov , KV ÖQfrdig §f f? — •
AXXä yao XenxovoyeTv ovx äayattg, öia fitocov <Jt äaipaXtox toov Ifrat xtfivovTccg,
xal fialXov fdYrc/f KV Tis TiQogTvy/uvoi. Gorg. p. 500C: laoig oW
ß&TiOTov Iotiv öiaineto&ai , duXofttvovg dt xal bfxoXoyrjauVTag äXXtj-
Xoig, d tfffrt ToiiTia dixxio xto ßCoi, axMpaaOai tC xe ötaq fyixov äXX^XoiV
xal onÖTtoov ßiaxiov avxoTv. Polit. p. 25SX). : Tag Imaxrjfiag tag ovoag
ävo tiSrj Siavorjfrrjvai .... TavTrj xoivvv av/tnaOag imaxTjfiag SiaiQH tt)v
filv noaxxixr\v nooguniov xrrv tf£ fiövov yvioaxixrjv. Vielerlei Unfug floss
später aus der Nachahmung dieser Manier.
80) Anders stellt die Sache dar Brandis , Gesch. d. gr. röm. Phil. II, 1)
S. 260 ff.
81) Soph. p. 265 JE1. : xipve Sr\ Svolv ovOaiv Stya ixaxiqav av&ig ....oiov
toxi fliv xaxä nXäxog xifivwv xr)v noirrxtxrrv naaav , vvv di au xaxä firjxog
xtxxaqa ui)v avxrjg ovxoj xä navxa fiiqt] yCyvsxai.
82) Polit. p. 28 1 C. : xaxä fiilrj xoCvvv aixäg olov teoetov StaiQ(iut&<t,
Insidr) Stya aSvvaxoi>jj,tv fiel yaQ sig tov lyyvTaTa ort [*äXi<5xa TifivtiV
äoi&juöv Kfj'.
83) Phaedr. p. 265 D. (Anm. 68). Polit. p. 204 A. das Sprüchwort ov/ ndv-
%(2g diatoovvxag r)vvx(vai ßnadvxeoov.
84) Polit. p. 268 D.: xal xb Xoinbv Sri, xa&ärceq Iv xoig nooa&tv , fit-
Qog ad fi^Qovg atf aiQov/j.tvovg In* cixoov atfixveia&ai xb fiyotWi'ov.
Phaedr. p. 21111.: nolv äv xig to tc aXt]&\g ixäaxiov ei&ij ntQi töv Xfyujl
yr>a<pei, xax' aiixö xe näv oQl£to&ai Svvaxbg yivrjxai , ÖQiOajxtvog Tf na-
Xiv xax' tiärj /*t/Qi xov axfirixov xfyvsiv IntOxriftrj. So wird auch Soph. p.
221.4. nach einer langen Dichotomie gesagt: xbv Xöyov ntql avib xovnyov (ii-
rjif a^iv ixavojg und in gleichem Sinne Polit. p. 268 B.: näg oiv r)tilv b Xoyog
ög&bg (f avetxai xal axtnaiog ; In dieser Weise wird der Begriff der Gerech
tigkeit Rcp. 1, p. 331. und der der aaxfQoavvr] Charm. p. 163. gesucht. So ist
dann ovata und Xöyog^ das nemliche, z. B. Phaedr. p. 245 E.: ipvyijg ovaCav t£
xal löyov xovxov aiixov xig Xiyiav (d. h. xb avxb avxb xivovv) ovx aiaxwüxttt.
III. Plato. 83
Vorige zusammenfassen. So ist das dichotomische Verfahrpß, PL
lerdings ein Keim,, der ari£otpJT^hp.n *yll'Yiftill>JltttUBkü^
s^fST^mGvXXoyl^sa&aL sTTesist gleichsam die erhöhte erste Cönceptron-
der Idee, weiche ihre Wirksamkeit in den Arten und Unterarten
hat und nun durch ihr Gehiet abwärts hindurchgeführt ist. Aber diese
Methode bringt die Gefahr mit sich, welche einer jeden blossen Tabula
logica anklebt, und namentlich für die Definition stellt sich schon augen
scheinlich das Addiren einer abwärts gehenden Reihenfolge von Art -Be
griffen ein. Jene in der Realität auftretende Kreuzung, nach welcher
wesentliche und sog. unwesentliche Attribute oder Merkmale mehreren
Substanzen angehören, kann auf solche Weise nie zur Erkenntniss kom
men, denn es fehlt überhaupt sowohl an der lebendigen Copula zwischen
Substanz und Attribut als auch an der nöthigen Unterscheidung zwischen
diesen beiden (s. oben Anm. 66). Aristoteles kann daher auch von seiner
Auffassung des Syllogismus aus, in welchem der Begriff als der die Causalität
enthaltende Mittelbegriff seine Wirksamkeit erweist, dem platoni
schen Verfahren keine Geltung als einer Me>fe^de des Denkens einräu
men, und er bemerkt richtig, dass die Dichotomie der Gattungs- und
Art-Begriffe für die Syllogistik Nichts bedeute, denn dieselbe postulire
bloss und mache das Allgemeine zum Mitlelbegriffe 86), auch könne sie
nicht dazu dienen, eine Definition zu erhärten, da sie den Begriff über
haupt gar nicht treffe 8T); nur einen praktischen, gleichsam pädagogi
schen Werth kann Aristoteles dem eintheilenden Verfahren zuschreiben 88),
denn es fällt dasselbe für ihn in das blosse öicclmnxov im Gegensatze
gegen das anoSunziKov, weil Plato's Idee eben Nichts mit der Logik zu
schaffen hat und in ihrer abstracten Reinheit einer weiteren Bewegung
nicht theilhaft werden kann, sondern eben als Gattungsbegriff, an wel
chem die Arten „Theil haben", stehen bleibt. Kurz Plato konnte mit seiner
Idee als Begriff nicht mehr in den Satz als Urlheil zurückkehren, nach
dem sie das Gebiet des Wortes in fast schmerzhafter Abstraction von sich
abzustreifen gesucht hat, und diese Idee bleibt daher in logischer Be
ziehung, was sie ist, ein Abstractum der Gattung; für die Logik ist die
Ideenlehre ein caput mortuurrü ' ~*~" ———
85) Polit. p. 280 A.: rb fxtxa rovro 6t) avXXoyiarifxt&a x.r.X. Diess
sind auch die cdtjd-tis ovXXoytOfioi, welche Philcb. p. 11. neben (pqoveiv, voiTv,
öpO-r) d"o{« genannt werden, trat. p. 412 A.: gvvsoig ovria filv äö'ieitv av
uigntp avXloyiafj.bg eivai, worauf die grässliche Etymologie des Worles $vvCea&
ai von Zvvitvai^zSv/xnoQeveo&ai folgl.
86) Anal. pr. I, 31, 46 a. 31.: Sri <ff r) 3iä rcov yevüv äiaipeötg fiixgov
Tt fj.6pwv ian rr)g tlpr\{i£vrig [xe&öSov , (n^iov lätlv (0tl yap r) dictCptaig
oiov aad-ivr)g avXloyia/xög' o utv yap delfielliat, ahürai, OvXXoyCCerai
$k äei tcov ävco&ev (62) rj dl äiatntatg rovvavrCov ßovXerai, rb yap
za&oXov Xv/jßävei ufoov.
87) Anal. post. Ii, 5, 91 b. 36.: avXXoyia/xbv d" oi X{yu 6 ix tr)g Siaiq(
Oimg ixXiyaiv rbv bnirtfiov' ägntQ yap Iv roig ovfiTTfpüo/uaOi rolg avev
T<5v fiiauv (d. h. Induclion) , luv rig itny , ort rovriav bvroiv ävdyxrj roSl
tJvai, Iväfytrai IpwTrjaai rb äia rt , ovito xal Iv xoig äiaiQtr ixoTg Xöyoig
iQtl yap xal efftfEi rfj diaiptau, dg oitrai, ort näv rj &vrjrbv rj
a&avuxoV 6 df roiovrog Xöyog anag ovx lorlv bptapög.
88) Anal. pr. II, 21., welches ganze Capilel von der Täuschung handelt, welche
durch Üeberspringen der Mittelglieder entsteht.
(V
6*
84 III. Die ältere Akademie.
Was für die Syllogistik aus Plato' s Methode der Eintheilung folgen
könnte, ist eigentlich nur die sog. erstej^gur , insoferne in ihr der Mi
nor als Art unter den Medius und dieser als Art unter den Major fällt ;
die dritte Figur hingegen, in welcher der Medius zweimal Subject ist,
wird am wenigsten in Betracht kommen können, da ein Aussagen zweier
Prädicate von dem nemlichen Subjecte nutzlos ist, so lange man nicht
erkannt hat, ob nicht das eine von beiden als Art unter das andere falle,
was aber dann eben wieder nur in der ersten Figur ausgedrückt werden
könnte ; die zweite Figur aber, in welcher der Medius beidemal Prädicat
ist, hätte insoferne wieder eine höhere Bedeutung, als der Medius hiebei
zu dem höheren Allgemeinen wird, welches verschiedene Arten umfasst
und hiemit als jene Idee sich zeigt, an welcher die Arten Theil haben.
Natürlich aber gilt diess Alles nur eben für eine Tabula logica eines
bestimmten Gebietes, nicht aber für einen Schluss , welcher die Realität
und deren Causalität enthalten soll.
So erscheint uns Plato keineswegs als ein allseitiger oder umfassen
der Durchbilduer des Sokratischen Anthropologismus für die Logik ; denn
soweit er in Ueberschwenglichkeit das menschliche_Mass des, Erkennens
übersteigt, ebenso weit bleibt er unter der erreichbaren Aufgabe des
Denk-Processes zurück.
Von den Bestrebungen der älteren Akademie sind wir gerade
in Bezug aftf Logik allzu wenig unterrichtet, um das ihren Vertretern Ei
gentümliche angeben zu können, was insbesondere insoferne zu bekla
gen ist, als sicher mannigfache Wechselbeziehungen mit der aristoteli
schen Logik ersichtlich sein müssten.
Unter den Werken des Speusippus, welche Diogenes Laertius
anführt 89), sind allerdings mehrere, welche entschieden logischen Inhal
tes waren, nemlich: AiüXoyoi x&v ntqi rrjv nqay\iaxüav ofioicov i 90),
AtaiQEOeig «ort ngog rä ofioict V7to&e6£ig , IIeqi ytväv xal tlöcov tzozqu-
Ssiyfiätcov, vielleicht auch il£j>l cpdooocplag a und Qdöaoqiog a , —
aber von seinen logischen Grundsätzen erfahren wir nur, dass er über
haupt zum Behufe des Erkennens das der Behandlung nach Aehnliche
zusammenzufassen suchte nl), wobei ich es für wahrscheinlich halten
möchte, dass Speusippus, welcher auch sonst ja von der Ideologie seines
1 Lehrers nachliess, sich gerade auf jene gemeinsamen Bestimmungen —
\xoivu — , welche wir bei Plato als eine Vorstufe der idealen Erkenntniss
trafen, geworfen und diese im Sinne eines wissejiscJiaW^_en_EmDirjsmus.
ausgebildet habe 92). Jedenfalls musste "Speusippus von seinen
Bestrebungen betreffs des Aehnlichen aus auch auf Untersuchungen über
89) Diog. L. IV, 4 f.
90) Krische, Forschungen I, p. 253. schlägt vor, in diesem Titel entweder Siä-
Xoyoi zu streichen oder zu schreiben: AiaXoyoi. Tdäv tmqI tr\v ttq. x. t. X.
91) Diog. L. a. a. 0. 2.: ovrog nQiärog, xa&ü (frjOi zliöä<0Q0s Iv anofivr)
fxovtvfiBT(ov nQtortj), iv toT; fict9i]fta(tiv i&iüactTO rö xoivbv xal avva)-
XiCtoat xafhoaov t)V SwctTov aXXrjXoig.
92) Zahlreiche Anführungen aus der Speusippischen Schrift "Ofioia bei Alhenäus
zeigen eine ausgedehnte Kenntniss in der Pflanzen- und Thier-Geschichte ; es werden
dortselbst besonders ähnliche Species theils als ähnliche aufgeführt theils um Ver
wechslung abzuschneiden von einander unterschieden.
III. Die ältere Akademie. 85
vieldeutige und sinnverwandte Worte geführt werden 93). Dass derselbe
aber überhaupt dem Empirismus näher stand, ersehen wir nicht bloss
daraus, dass er ausdrücklich eine wissenschaftliche Sinneswahrnehmung
— emarrifiovMTi aia&rjßtg ■— anerkannte 94), sondern insbesondere auch
aus der von ihm aufgestellten Forderung, dass, wer irgend Etwas definiren
wolle, Alles wissen müsse, da zur völligen Bestimmung die Kenntniss
sämmtlicher Unterschiede aller übrigen Dinge nöthig sei 95), — ein
Extrem, bei welchem es gleichfalls (wie oben bei Plato, Anm. 60) an dem
richtigen Verständnisse des artmachenden Unterschiedes gebricht. — Un
ter den jdiaiQSOeis haben wir uns vielleicht eintheilende Tabellen einzel
ner Wissensgebiete zu denken, was gleichfalls eine empiristische Ausfüh
rung der platonischen Dichotomie wäre 96).
Unter den äusserst zahlreichen Schriften des Xenokrates 97) ge
hörten wohl der Logik an: liegt tov ivavzlov ß', liegt rov tyevdovg a,
Hegl eldäv a', liegt idemv a', liegt, htuSTfjiMjS et' , Täv iteql vr)v Siavotav
t\ , AvGtg tcöv negt rovg koyovg i , liegt yeveöv xal eldäv «',
AatgeSets V , Tr\g negl zo ötaliyeß&at Ttguyjiuxelctg ßtßUa tS' ft' «'
93) Simpl. ad Categ. f. 9. /I. ed. Basil. : Zntvainnov Toivvv tarogeZ
Borj&o; Toiavrrjv äiaigeotv nagaXa/ißävetv ra övöfiara naVTa negtXafißivovaaV
Ttöv yag dvofitxrtov, y»)<rt, Ta fiev TavToivvjia iOTi i« de hegtö-
Wfta, xal Ttöv TavTtovvfttov ja ftev ofitövvfiä iori rä de Ovvtövv/xa, xarä
tr]y Ttöv naXaitöv ovvr]9-eiav axovovTtav r)fitöv ra öwtövvfia ' Ttöv di he-
(mviutov näXiv Ta fte"v Iotiv IdCtog kjegiovvfia Ta dk noXvtovvua Ta de
nagtovvfia. aXXä negl fiiv Ttöv aXXtav anoäe'doTai noXvtovvfia o( iaji rä
Sttttfoqa xal noXXcc Xeyöfievu övöfiaTa xaS-' ivog ngäyuaTog , Stccv eis xal
6 avTö; avjtöv r\ Xöyog , togneg äog iCtpog tfätSyavov ftäxaiga' ixegoivvfia
S( IdTi Ta xal rofj dvöftaoi xal ToZg ngayfiaai xal ToZg Xöyotg ixega.
94) Sexl. Emp. ade. math. VII, 145.: Xnevamnog de, inel Ttöv 7igayuä~
iuv ra fihv aiad-rjtä ra Se vo»jrä, Ttöv fiev voijtüv xgiTrlgtov iXe^ev elvai
tov InidTrifiovtxbv Xöyov, Ttöv <fe aia9r\Ttöv ttjv imaTrjfiovixrjV aia&Tjdiv,
(ntaTtjfiovixrjv de ato&rjtsiv v7ie(Xr\tpe xa&eOTaVai tt)v fteTaXa/ißavovaav
rijf xura rov Xöyov aXri&tCas.
95) Arisl. An. post. II, 13, 97a. 6.: oidev de deZ tov öqi&ftevov xal
Suugovfievov unaVTa eldivat Tct ovra' xatxoi advvaxöv tpaat Tiveg elvai
Tag diawogäg elde"vai Tag ngog 'exaßTov fit) eldÖTa 'ixaOTov. Anon. ad An.
post. b. Philop. ad An. post. f. 111b.: ZnevoCnnov Tavxr\v Trpr döh'av Evdrj-
H<>i elvai Xiyei ttjv oti ädvvaröv iOTiv ÖQCaao&at ti Ttöv ovtoiv /nrj navia
rä ovTa elöÖTa. Philop. ad An. post. f. 926. : (ieTe%eCQZi ö Znevamnos ävaioi)
Sui xal Tny dialgeaiv xal tov; ÖQiafiovg' tnexelgei yäo ovtio deixvveiv
Jeol tig ovx IOtiv anodovvat, ogiajxöv Ttvog, Xfytov dg o $-e"Xtov dt ögiäfiov
naqaOTrjaai ttjv tpvOiv tov äv&goinov ij tov litnov rj aXXov Tivog dtpeCXu
yivtöaxeiv nävTa Ta oVTa xal Tag diatpogag avTtöv xa#' fis dtatpigovaiv
HXr)X<oV ovtio yag TiagCaTUTai fj tpvaig tov av&qtönov rj tov innov ij
aXXov Tivbg Iv tö> ^loMea&ai Ttöv äXXtov naVTtav. Themist. ad Anal. post.
f. 13 a.: ZnevtSinnog de ov xaXtög Xiyti tfäaxtov avayxnlov elvai tov ogilifitvov
nävTa elde"vaf det fiivydg, tprjoiv, ytvtöoxeiv Tag diatpogctg avTov
nüatxg alg Ttöv aXXtov dievr)voxtV advvaTov de eldivai Tag diatpoqag Tag
ipöj 'ixaOTov ur) eidÖTag aizö exaOTOv. Vgl. oben Anm. 75. u. Abschn. IV,
Anm. 700.
96) Anf ähnliche Producte scheint Arist. d. pari. an. I, 2, 642 b. 10. hinzu
weisen: Irt de ngogrixei fir) diaanäv HxaOTov ye"vog, oiov Tovg ogvi&ag Tovg
fih tv Trjde Tovg oh iv aXXy diaigioet., xa&tüneg e'xovaiv tt^ ytygttftuivai
tutig(aug' ixeZ yag Toi/g fiev fiera Ttöv ivvdgtov lavfißaCvei dirjgijo'&ut
ro»j de iv äXXtp yivet.
97) b. ßiog.l. IV, 11—14.
86 III. Die ältere Akademie.
tfi' (*'(?), fiSTK tovxo ßißktci is' , üigi fia&riiittTcov räv nein vr\v
JLsijiv, Täv Ttegl tj;i> Siavoiav akla ßißHa Svo, 'Ewccvrtcov a'. Von
seinen Annahmen aber ist uns betreffs der Logik, welche er bereits
schroff von Ethik und Physik trennte88), nur die einzige Notiz überlie
fert, dass er bloss zwei jgtegojjen. nemlich die des Ansich (kci&' avro)
und die der Relation '(«gog tt) anerkannte "), was er wohl sicheT~poIemisch
gegen Aristoteles aussprach. ~
Polemo endlich vernachlässigte bereits die Logik gegenüber der
Ethik 10°).
98) Sext. Emp. adv. math. VII, 16. u. 147.
99) Simpl. ad Categ. f. 15 E. : ol yÜQ ticqI StvoxQÜxrjV xal lAvSqövixov
naVTCt t<i> xct&' aviö xal Tip nqog ti nsqilafxßavtiv Soxovaiv, wart ntQixtöv
eivcu xut' aiitovg rodovrov tüv yevcüv nlrjS-og.
100) I)iog. L. IV, 18.: äelv Iv rolg nqäyfjLaai yvfiva&öd-ai xal fiij iv
zols diaX&xrixoig S-eioqrjjxaatv.
.0 7 >f
IV. ABSCHNITT.
ARISTOTELES.
Wenn wir liiemit in die Darstellung jener logischen Theorie eintreten,
welche in Folge des eigentümlichen Ganges unserer abendländischen Culturgeschichte
eine fast ausschliessliche Herrschaft über alle Bestrebungen
auf diesem Gebiete ausübte, so wird uns hiefür einerseits aus dem
bisher Betrachteten ein hinreichender Nachweis vorliegen, dass auch die
aristotelische Logik ihre historischen Voraussetzungen und Vorbedingun
gen in der geistigen Entwicklung der Griechen überhaupt besitze und
daher immerhin noch der kritischen Frage unterworfen sei, wie weit
ihrem absoluten Werthe die griechische Eigenthümlichkeit Eintrag thue,
und andrerseits wird uns ein Gegenstand wahrer Bewunderung sein, mit
welch grossartiger Conception Aristoteles eine Logik entfalte, welche den\ 1
tiefsten Kern des allgemein -menschlichen Denkens überhaupt — nicht \
bloss des griechischen Denkens — richtig trifft und zugleich im unlös- /
barsten Zusammenhange mit der gesammten Speculation ihres Urhebers |
steht Gerade die feinsten und tiefsten Momente aber, durch welche die
aristotelische Logik mit Recht beanspruchen darf, den eminentesten Er
scheinungen der menschlichen Culturgeschichte beigefügt zu werden,
fanden bald nicht mehr das richtige Verständniss, sondern nachdem von
dieser tief philosj^isxIl^ge^ajEhtgn Logik, das äusserlich handgreifliche
unH mehr technische Material theilsTieräusgerissen und excerpirt, theils
mit leicht erkaufter technischer Fertigkeit erweitert und dann wieder
excerpirt wöTftcn wui', -diente die nun sogenannte Eogik fast ausschliess
lich nur einer Schul-Dressur. und die hohlsten Köpfe, welche diese Dres
sur sich selbst angeeignet hatten, pflanzten dieselbe auf die Jüngeren
fort; so kam es, dass in diesjr_Ejiialge_jh^lriyjale^ fast Jeder
nur seinen Vormann vor Augen hatte, dabei aber mit unbeschreiblicher
Naivität doch Aristoteles als der ursprüngliche Urheber dieser Logik galt ;
es gieng ja mit Aristoteles ähnlich wie mit dem Neuen Testamente. Ge
rade jene Punkte aber, weKKe "von derTristotelischen Logik, "während sie
ihre Herrschaft in der Schule ausübte, verloren gingen oder abgestreift
wurden, und welche eine Berufung der formalen Logik auf Aristoteles
unmöglich , map)jen. müssen in der Geschichte der Logik um so entschiedener
hervorgehoben werden, da in dem ganzen Verlaufe unserer abend
ländischen Cultur bis zum heutigen Tage die aristotelische, JifigiL Jiusser
der Hegel'schendie einzige phüosophisch-wissenscKäMcTie" ist
88 IV. Aristoteles.
Aristoteles erfasst den sokratischen Imperativ nach, seiner intensiven
Geltung und Jjach_ seinem extjgnsiven Gehalte, und indem er, hiezu mit
der äussersten Begabung des Verstandes ausgerüstet, in solcher Weise
an die platonische\Philosophiex als Schüler hintritt und aus derselben
hervorgeht, gestalteiTM'^ie/auf das Umfassendste^um. Der wesenjlichste
Unterschied zwischen ihm und seinem leTTrer beruht in der Form ggA
Methode der Spuculation , gleichsam in der Manipulation des Denkens,
und "hiernach gestaltet sich auch das Product dieser Thätigkeit verschie
den. Aristoteles erkennt als den Inhalt der sokratischen Forderung ei-
; ner Sclbsterkenntniss nicht ein ruhendes Anschauen objectiver Ideal-
I Wesenheiten, sondern er erfasst den Begriff einer schlechthin thätigen
| Kraftäusscrung, welche aus einem Stoffe den Endzweck verwirklicht,
[ und sowie ihm der Uebergang von einem potenziellen Sein zur Entele-
I chie überhaupt das oberste Princip und der letzte Erklärungsgrund ist,
so bewahrt er in diesem Sinne auch dem menschlichen Denken die
I selbstcigene Verwirklichung; derJBegriff der „Entwicklung" ist es. wel-
; eher als das geineinsame Band um alle Theile der aristotejischjen„Phüo^
\ s^pTyiTjjilL^ll^g'- S° sieht Aristoteles von vorneherein nicht auf dem
poetischen Schauen oder auf dem unbestimmten Beisammensein einer
Dualität in der menschlichen Seele — ty^lM, s. Abschn. III, Anm. 1 —,
und er erzählt uns keine Märchen oder Phantasien von dem Znstande
der Seele vor und nach diesem Leben, sondern pj -ergreift jtie Af,t,jvjtär
des Denkens — vovg —, und er eifert uns an, durch das Denken eines
jedweden Gegenstandes, auch des Denkens selbst, uns zu bemeistern.
Er erkennt nur die thätige . Entwicklung an, für welche alles relati«
ruhende Expansive nur die Geltung eines potenziellen Seins hat, während
das wahre actuelle Sein in dem vollendeten Zwecke der intensiven Ver
wirklichung beruht. Hiemit vollzieht Aristoteles wirklich die sokratische
| Forderung, insoferne dieselbe auf den Wechselverkehr zwischen der subj
jectiv idealen Allgemeinheit und der objectiv realen Besonderheit gerichj
tet ist, und indem er so den factischen Bestand des „Dass" zugleich mit
! der geistigen Verwirklichung, mit dem „Warum", anzuerkennen vermag,
entrückt er den intelligiblen Grund des Erfahrungsmässigen nicht in die
beschauliche Ruhe einer Ideenwelt, sondern weist das Warum innerhalb
des Dass als dessen eigentliche thätige Wirklichkeit nach , und erkennt
die Einsicht in das Warum, in welches die Allgemeinheit und die Not
wendigkeit zusammenlaufen, als das einzige Kriterium des Wissens an.
Während daher bei Plato das Theoretische nur dem Umfange nach der
Inbegriff der Vollkommenheit des Seienden überhaupt ist, gestaltet es sich
hier dem Wesen nach als die lebendige Wirklichkeit des gesamnjten, Seien
den in all seiner Be^n^rung. "Tn diesem Unterschiede der Form derSpeculationrzw'iscTien
Plato und Aristoteles liegt die umfassende Basis aller Diffe
renzen zwischen beiden, nemlich die Ujnsctzung der j,Id§e"^in^_dej_,,Begrjff";
hiemit aber ist die Möglichkeit gegeben^ dass das Intelligible in
das Empirische einkehre, und zwar in das Empirische sowohl der gesammten
uns zugänglichen objectiven Dinge und Thatsachen als auch der
eigenen inneren Vorgänge des subjectiven Denkens selbst. In Folge aber
des Begriffes der Entwicklung und Verwirklichung muss sich bei Aristo
teles auch die philosophische Auffassung selbst in ihrem Gesammt-Gebiete
IV. Aristoteles. 89
gliedern, und es müssen diejenigen Theile der Philosophie, welche Ari
stoteles nach seiner Anschauungsweise als wesentlich organische betrach
tete (wir sagen hiemit durchaus nicht, dass Aristoteles eine für alle Zei
ten giltige und richtige Eintheilung der Philosophie aufstelle), bei ihm
auch als selbstständige Glieder der Gesammt- Speculation auftreten. So
erhält auch die Logik ihre eigene gesonderte JDarstellung , während, sie
mit ihren tiefsten Agentien ai^3ä7"jnnlgste mit der „ersten Philosophie",
dT h. der sogenannten Metaphysik verwachsen ist. Dass"" clie Logik bei
Aristoteles weller dem llQccxrixbv~no$[i dem JTom/twov , sondern dem
Gebiete des &eaQrjxwbv zufalle — eine nähere Erörterung der aristote
lischen Eintheilung der Philosophie gehört nicht hieher —, braucht kaum
bemerkt zu werden; aber auch welcherlei ihre Stellung innerhalb des
Theoretischen und welcherlei ihr Verhältniss zu anderen Theilen dessel
ben sei , können wir nicht bereits hier ausschütten , sondern in der
Entwicklung der aristotelischen Logik selbst werden wir gehörigen Or
tes auf die Erledigung dieser Frage geführt werden.
Was nun zunächst die Schriften des Aristoteles betrifft, in welchen
er die Theorie der Logik behandelte, so ist auch hier wie bei den üb
rigen aristotelischen Werken in Folge der nicht ungetrübten Ucberlieferung
J) uns weder Alles erhalten noch hat dasjenige, was auf uns
gekommen ist, sämmtlich die Gestalt, in welcher es aus den Händen des
Aristoteles hervorging. Es ist bekannt, dass die uns erhaltenen logischen
Bücher des Aristoteles in ihrer Gesammtheit den Namen "Ooyavpy tragen,
eine Bezeichnung 2) , welche nicht nachweisbar über^ d^.1?ejLljd£X..tlommemätoren"
7iinäufreicht (die betreffenden Stellen sl Äbschn. XI) und
schwerlich^auT die "ersten Zusammensteller der aristotelischen Werke,
wie einen Hermippus oder Andronikos, zurückzuführen sein dürfte.
Wir werden unten, Amn. 176 ff. u. 711, einzelne Aussprüche des Ari
stoteles anzugeben haben, durch welche wohl die mit gewissen Schul-
Ueberzeugungen zusammenhängende Annahme der späteren Peripatetiker
(s. Abschn. IX, Anm. 4 ff.) unterstützt wurde, die Logik habe keine an
dere Bedeutung, als dass sie Werkzeug der übrigen theoretischen und
praktischen Philosophie sei, was besonders polemisch gegen die Stoiker (s.
Abschn. VI, Anm, 29 f.) und gegen die Akademiker (s. Abschn. VII, Anm. 5)
wiederholt ausgesprochen wird. So viel ist sicher, dass jene Wissen
schaftslehre-, welche, wie wir sehen werden, in der zweiten Analytik
von Aristoteles entwickelt wird, zunächst Veranlassung zu einer derarti-
, gen Meinung geben konnte ; beachtenswerth scheint daher eine Notiz,
welche in einer Münchner Handschrift in einem anonymen Commentare
der zweiten Analytik sich findet, dass dieses Werk des Aristoteles we
gen seines Inhaltes oqyctvov genannt worden sei 3), und es wäre immer
hin möglich, dass von da aus diese Bezeichnung auf die gesammten lo
gischen Bücher übergegangen sei; jedenfalls aber wird zwischen der
1) S. hierüber Brandis Gr. Rom. Phil. II, 2, S. 66—97.
2) Ueber den Gebrauch des Wortes oQyavov bei Aristoteles selbst s. Waits
ßißXCov oqyctvov ixlri&ri. S. 0. Mielach, Diss. inaug. d. nomine Organi Arist.
A r. Org. II, p. 294.
IV. Aristoteles.
Ansicht, dass die Logik Werkzeug sei, und zwischen der förmlichen
Namensbezeichnung der Gesammtheit der logischen Schriften noch sehr
zu unterscheiden sein. . ....
Dieser nun einmal Organon genannte Gesammt • Complex enthält be
kanntlich die Bücher in folgender Anordnung: KarrjyoQiai, Ilegl Egurjvtlag,
'AvaXvxixa ngörega zwei Bücher, 'AvctXvuxa vateQcc zwei Bücher,
Tomxä acht Bücher, Sotputttxoi "Ektyyoi. Natürlich ist keine Bede da
von, dass diese Beihenfolge von Aristoteles selbst herrühre, sondern sie ist
Product späterer Schul - Thätigkeit. Zumal was vor Allem die erste der
genannten Schriften, die Kategorien, betrifft, werden wir später (bereits
von den Stoikern an, s. Abschn. VI, Anm. 44, 110 u. öfters) die Bodenlosigkeit
und jämmerlich niedrige Stufe philosophischer Begabung hin
reichend kennen lernen (Abschn. XI) , von welcher aus stets die Nothwendigkeit
einer Vorausstellung der Kategorien ausgesprochen und bis
zum Ekel wiederholt wird; nur aus der trivialen Schul -Ansicht, dass
vom Einfachsten allmälig zum Zusammengesetzten fortzuschreiten sei, floss
es, dass man die Kategorien an die Spitze des Organons stellte. Aber
auch abgesehen von dem Platze in der Beihenfolge, welchen wir füglich
den antiken Scholastikern zu Gute halten können, scheint die Schrift
durchaus nicht unbedenklich dem Aristoteles zuzuschreiben. Dass Aristo
teles ein Buch dieses Inhaltes verfasste, ist durch ein äusseres Zeugniss
in den zwei Schriften - Verzeichnissen 4) bestätigt, und auch, wenn man
bei dem bekannten Zustande jener Verzeichnisse auf sie wenig Gewicht
legen will, aus inneren Gründen sicher nicht unwahrscheinlich, da Aristo
teles anderwärts bei verschiedenen Gelegenheiten die Kategorien anwendet
(über ihre Bedeutung und ihr Verhältniss zur arist. Logik überhaupt werden
wir unten zu sprechen haben, Anm. 332 — 358). Auch sind, was
den Inhalt der uns erhaltenen Schrift betrifft, alle einzelnen Aussprüche
und Lehrsätze als einzelne durchaus nicht in Widerspruch mit anderen
sicher aristotelischen Schriften oder Stellen, mit Ausnahme der völlig
platten Angabe (c. 14), dass es sechs Arten der Bewegung gebe. Aber
die Art und Weise, in welcher hier abgerissene Trümmer zusammenge
stoppelt, nicht einmal aneinandergeflickt, vorliegen (vergeblich bemühen
sich die einen der Commentatoren Anderen gegenüber 5) einen Zusam-
4) Diog. L. V, 27. u. b. Anon. Menag. Aber es kannte bereits Adrastos aus
ser dem uns erhaltenen Buche noch ein zweites von gleichem Titel ; Simpl. ad Cat.
f. 4 Z.: toroQtl öh o'^ISquOtos iv Tip IIsqI ifjg tü^toig tiöv HqiUtot^Xovs
OvyyQttfifiÜTiov, Sri ipfyeTai xal aXXo tiöv KciTtjyoQicöv ßißXCov cäg 'AqiOto-
TÄovg xal ai/To ov ßoa%v xal avvrofiov xara rf/v Xe'^iv xal dtaioiataliv
öXCyaig diaiptnöfitvov, &qxhv <W %X0V r>Tiöv ovtiov to fiiv lari". Vielleicht
war jenes das ächte.
5) Simpl. ad Cat. f. 95 Z. : rivis fiiv yaQ , tov xal IdvSqövixög Iffrt,
nana Ti\v TTQÖfrtaiv tov ßtßXCov nqogxiTa&aC ifttOiv vnö Ttvog TavTa (nemlich
v. c. 10. an) tov t6 t(Sv KaTtjyoQiiöv ßißXCov TIqo tiöv Tantal) tmyoüipaVTog
, ovx IvvoovVTSg ovtoi noGrjV %Q(Cav oi tij TonixT\ nqayfiaTtUi
fiovov äXXa xal Tip neol tiöv xartjyoQiiöv ).6yip elgäyti tu eiqrjfiiva' aXXoig
äh xal IIoQipvQCip ctoiaxei nqbg aa<fi]VUav HvvrtXaTv lä &eioqrjfiaTa r«Cr«.
Ammon. ad Cat. f. 126a.: ort fiiv ovx sötiv cc7Trjqrrjfi£Vov To Tfirjfia tovto
tov axonov tiöv xaTriyoQiiöv, log riveg ivöfiitSuv, äfjXov fiiv ix tiöv elot)-
fiivwv, xal i$ aiiov äi tov öwc/oig rijf ifgäutiag. Auch fehlt es weder an
geschwätzigen Wiederholungen (z. B. 2 a 3 b., 5 b. 16. u. 27, 7 a.) noch an verdäcü
IV. Aristoteles. 91
raenhang nachzuweisen), scheint mir des Aristoteles unwürdig und mit
Einem Worte das Buch, so wie es ist, zu schlecht zu sein, um von \r'\-
stoteles herzurühren. Ich glaube, dass es einer Zeit angehört, in welcher
man bereits'Ä'bgötterei mit den Kategorien trieb, weil man sie für einen
sehr bequemen von Aristoteles erfundenen Kasten hielt, in welchem
omne seibile hübsch sauber in Fächer gebracht werden könne, denn für
den Schul-Betrieb konnte es ja nichts Erfreulicheres geben, als wenn man
alles Seiende in zehn Prädicaten erschöpfen dürfte (über die Zehnzahl
s. unten Anm. 354 ff.). Aber derjenige, welcher die Zusammenstellung
machte, schöpfte aus aristotelischer Quelle, und er — oder wahrschein
licher wieder ein Anderer — fügte zu den Kategorien, deren vier letzte
ihn entweder langweilten oder, was wahrscheinlicher ist, in Bezug auf
Quellen-Material im Stiche liessen (die fünfte und sechste Kategorie, nov
und jrota, hätten ja ohnediess zu weit geführt!), auch noch ein paar
andere nutzbare Sachen hinzu, so gleich zu Anfang eine Notiz über Sy
nonym und Homonym, dann den Abschnitt über die Gegensätze und zu
letzt die sog. Post-Prädicamente (kqotsqov , apa, xivrjaig, 'i%Biv). Von
den verschiedenen Ueberscliriften, welche man dem Buche schon im
späteren Alterthume gab 6) , weist die Bezeichnung KnwqyoQiai Sixa auf
die Schul - Marotte betreffs einer Zehnzahl hin, die Bezeichnungen IIeqI
räv yeväv tov bvrog und IIsqI tmv dexa yeväv aber lassen schliessen,
dass schon stoische Schul - Terminologie (s. Abschn. VI, Anm. 80) sich
fest gesetzt hatte, endlich die Bezeichnung IIqo twv Tomxäv gehört dem
Streite über die Beihenfolge an. — Das Buch IlefA 'EQfirjveLag, welches
im Ganzen dasjenige enthält, was wir die Lehre vom Urtheile zu nennen
-'pflegen, wurde zwar schon von Andronikos wegen vermeintlicher Wider
sprüche mit den Büchern über die Seele dem Aristoteles abgesprochen
(s. Abschn. IX, Anm. 45.), jedoch, wie bereits Alexander Aphrod. zeigte, in
dieser Beziehung mit Unrecht, denn der Inhalt dieser Schrift erweist sich
überhaupt als unzweifelhaft acht und ist auch durch deutliche Beziehungen,
welche auf denselben bei Theophrast sich finden, gewährleistet; aber die
Anordnung und die Form der Darstellung lässt, wie wir sehen werden,
ausserordentlich viel zu wünschen übrig, und wer nach den Proben hievon,
welche sich uns unten aufdrängen werden (Anm. 203 f., 225, 242, u. I
bes. 235) noch glauben will, dass dieser Inhalt aristotelischer Doctrin '
tigen Ausdrücken z. B. 4a. 12. TtQotvt yxt Tv , 4a. 28. u. b. 4. nctQadfyeOd-ai u.
dgl. Ja, wenn ich nicht sehr irre, ist das Buch nicht vor dem Auftreten des Chrysippus
von irgend einem Peripatetiker fabricirt worden , denn wie hätte man vor
Chrysippus überhaupt nur Veranlassung gehabt zu fragen , ob das nqog rt das
Demiiche sei wie das nqog ti niog e/ov (s. Abschn. VI, Anm. 81. u, 106 ff. u.
Abschn. IX, Anm. 12. u. 30.), eine Erörterung, welche Cal. 1, 8 a. 32—b. 1. noch
dazu mit der sehr schulmässigen Wendung steht, ob die vorher aufgestellte Definition
wohl genügend sei (Ixaväg anodiSotai,, 8a. 29—31.). Der Ausdruck nqog rt
niog ixtiv findet sich in den gesammten Werken des Aristoteles nirgends mehr.
Und hätten wir hiemit die Spur wenigstens einer Kennlniss der stoischen Kategorien
lehre, so bekäme auch dasjenige, was Cat. 8, 8b. 28. u. 35. von tffif und Siä&saig
gesagt ist, eine eigenthümliche Beleuchtung durch das unten Abschn. VI, Anm. 92.
u. 96. erörterte. Vgl. auch Anm. 417. u. 476., durch welche hoffentlich der
Glanbe an eine aristotelische Autorschaft des Buches völlig verschwinden kann.
6) Smpl a. a. 0. f. 4 r. David b. Brand. Schol. p. 30 a. 4., Anon. ebend.
p. 32 b. 31.
92 IV. Aristoteles.
I in solcher Art und Weise von Aristoteles selbst sei niedergeschrieben
worden, dem gönnen wir gerne diese Stärke des Glaubens. Ueber allen
Zweifel acht sind die übrigen Schrifteii. dg^ÜIgajJons , nemlich die
erätOnllyiTir^ülyef den Namen ,Ävah)ziKa s. unten Anm. 104), welche
die Lehre vom Schlüsse entwickelt, und die zweite, deren Inhalt man
als aristotelische Wissenschaftslehre bezeichnen kann , sowie die Topik,
welche den Syllogismus im Gebiete der blossen Meinung verfolgt, und
in ganz engem Anschlüsse an sie die SocpiaxiKol "Elsyxot,, welche Waitz
wohl nicht mit Unrecht gleich als neuntes Buch der Topik bezeichnet
Die gänzliche Verschiedenheit des Gebietes, auf welchem die drei letzt
genannten Hauptwerke liegen, macht es höchst schwierig, über die Reihen
folge derselben eine sichere Annahme zu fassen; denn die zweite Ana
lytik , welche in der That eine höhere Einheit der Logik und der^sp^
Metaphysik bildet, könnte ebendarum sowohl" zwischen diese beide als
aüclT'vör beiden gestellt werden; die Topik hingegen mit den sophisti
schen Widerlegungen zeigt sich als Mittelglied zwischen Logik und Rhe
torik und kann daher ihren organischen Platz weder vor der ersten Ana
lytik noch nach der zweiten finden. Keinenfalls scheint mir etwa von
Aristoteles selbst eine derartige Anordnung, wie wir sie jetzt im Organon
vor uns haben, ausgegangen zu sein, und ich glaube überhaupt, dass
man nach der ganzen Anlage des aristotelischen Systemes auf eine bloss
lineare Abfolge der einzelnen Werke verzichten und vielmehr die Grup
pen, welche zugleich nach verschiedenen Seiten sich abzweigen, ins
Auge fassen müsse. Auch über die zeitliche Abfolge, in welcher die
Bücher des Organons von Aristoteles verfasst worden sein mögen, wird
sich in Folge der so mannigfachen Wechselbeziehungen kaum ein unbe
streitbares Resultat erzielen lassen 1).
Ausser diesen uns erhaltenen Werken nun hatte Aristoteles auch
noch andere Schriften logischen Inhaltes verfasst. In den auf uns ge
kommenen, bekanntlich höchst verwirrten, Verzeichnissen der aristoteli
schen Werke werden wohl sämmtliche Bücher des Organons, welche
wir besitzen, aufgeführt, aber vielfach mit abweichender Bücherzahl oder
auch unter anderen Titeln, welche sich dann auf einzelne Abschnitte
grösserer Werke beziehen 8), ein Umstand, welcher wie für die aristote-
7) Brandis, Ueber die Reihenfolge d. Bücher des Organons, AbhdI. d. Berl.
Akad. 1833. sucht nachzuweisen , dass die Logik früher als die beiden Analytiken,
und das Buch n. 'EQftrjV. später als alle diese geschrieben sei.
8) Bekanntlich haben wir drei solche Verzeichnisse, eines bei Diog. L. V, 22 ff.,
eines von dem sog. Anonymus Menagii (auch bei Buhle Arisl. I, p. 61 ff. oder b.
Didot Arist. p. 13.) und ein drittes in d. Biblioth. Arab. Hisp. Escurial. Mich.
Casiri I, p. 304 ff. Kajr\yoftlai und n. 'EQfirjv. stehen bei allen Dreien überein
stimmend unter eben dieser Bezeichnung ; betreffs der ersten Analytik steht bei Diog.
1Iqot£qiov jivctX.VTix<5v a ß' y S' t % f rj' , beim Anon. AvatvTixmv nqot£
q(ov und dann wieder TlQoxiQmv AvaXvxixäv ß' , beim Araber hingegen
Analyticorum priorum II ; betreffs der zweiten Analytik bei Diog. AvaXvrixiöv vaiiqiov
fieydXmv a ß' , beim Anon. XvaXvTtxüv vOt(qo}V ß' , beim Araber Analy
ticorum posteriorum II. Die Topik hingegen scheint verschiedentlich zerlhcilt zu
sein (s. Brandis, Gr. Rom. Phil. II, 2, p. 79.), insofern wahrscheinlich Tct tiqö
tojv Tontov a bei Diog. und b. Anon. das erste Buch derselben und "Oqoi nqb
TttSv Tonixäv a ß' y S' t s' f bei Diog. mit Streichung des ngo (nach Bran
dis' Vorschlag) die übrigen sieben Bücher bedeutet, sowie ferner vielleicht unter
IV. Aristoteles. 93
lischen Schriften überhaupt so auch für die Gruppe der Logik einen
jeden Schluss betreffs des Verlornen völlig unsicher macht. Von den
hieher gehörigen Werken, welche erwähnt werden, dürften einer näheren
Erörterung der Wissenschaftslehre gedient haben: liegt intGxrjfiöiv a'
(Diog. u. Anon.), 'Tneg imGxrjiifjg a' (Diog., wenn nicht Doppelgänger
des so eben genannten), liegt So^rjg (Anon.), liegt xr)g iv xotg padr)-
fictoiv ovGtag (Anon.) ; der Lehre vom Urtheile würde angehören liegt
kel-eag a'ß (Diog. ; liegt li^ecog xa&agäg a Anon.), wenn darunter nicht
das dritte Buch der Rhetorik zu verstehen ist; sodann die bei Simplic.
ad Cat so oft angeführte Schrift liegt xäv 'Avxtxetfievav , aus welcher
nach des Simplicius Angabe besonders die Stoiker schöpften, und das
Buch liegt evavriav a (Diog. u. Anon.), welches schwerlich mit dem
Buche i (X) der Metaphysik identisch sein dürfte 9). Einen Abschnitt
der Lehre vom Begriffe bildete sicher die Schrift liegt elScöv xai yevoiv
a (Diog.) oder liegt elSwv ä (Anon.) ; schwieriger ist es mit den Atatgeaetg
inxaxatSexa (Diog., woneben derselbe Atatgextx&v a und aber
mals jdtatgexixöv a anführt) wenigstens in Folge dessen, was der Ara
ber über diese Bücher berichtet10), zumal da auch wieder dtatgeaeig
GoqptGxtxa't ff (Diog. oder a Anon.) genannt werden. Der Lehre vom
Schlüsse, also dem Inhalte der ersten Analytik, müssen angehört haben:
ZvXkoyiGfitSv a'ß' (Dio{*., welcher nochmals 2vXXoytGjiol a' anführt; beim
Anon. S/vXXoytGiimv a und dann wieder ZvlloyiGiicöv ß!) und SvXkoyiartxmv
xai ogot a (Diog.) oder EvlloyiGxiKvrv ogav a' (Anon.), woferne
nicht etwa doch die ersteren selbst die erste Analytik bedeuten.
Auf den Inhalt dessen nun, was Anal. posl. II, 14— 18 von Lösung wis
senschaftlicher Probleme gesagt wird, und zugleich auf den Inhalt der
ganzen Topik scheint sich eine grosse Zahl von Schriften bezogen zu
haben, deren Titel schwer in völligen Einklang zu bringen sind: zunächst
liegt ngoßirj(iLärcov a' (Diog.) und Ilgoßlfjfiaxarv (ie&oätxä (Anon.) und
Me&oStxa a'ß'y'S'e'g'Z'rf ; diese aber werden ausdrücklich als verwandt
bezeichnet u) mit folgenden: 'Tjtoftwjfiat« imxetgfj^aztxa y' (Diog.)
den Bezeichnungen Tonixov ngbg toi/? ogovg aß' naS-r\ a bei Diog. und To~
nixbv ngbg xovg ogovg xai na&rj a beim Anon. und Topicorum ad definitiones
I. beim Araber wieder das sechste und siebente Buch, und ingleichen unter Hegl
ioiaxr)Gsmg xctl änoxgtasoig a' ß' bei Diog. und Tltgi igojTrjoeojg xai anoxqtoeiog
a beim Anon. wieder das achte Buch zu suchen ist ; sicher scheint unter
Jltgl iäCtov a bei Diog. das fünfte Buch der Topik gemeint zu sein. Die 2oifiiOT.
"E).ty%. sind eigens genannt bei Anon. 'EXfyxcov GotfiGxixäv rj 7tegl igiaxixiäv
vtxwv.
9) Denn eben dort 3, 1054 a. 30. verweist Arist. selbst auf seine diaCoeGig
T(Sv ivavxltov; auch Met. r, 2, 1004 a. 2. citirt er 'ExXoyi) tvavxCwv. Sehr in
Verwirrung geräth die Sache durch einen Biichertitel beim Araber: De contrariis I,
i. e. ratiocinationes epicherematicae , wornach die Schrift Hegl ivavximv zu jener
grossen confusen Masse jener Bücher gehört haben müsste, welche dem Bereiche
der Topik näher liegen ; s. sogleich unten.
10) Divisiones XVI. ibi Aristoteles disserit de temporis et animae divisionibus,
ut et de voluptate , de agente , patiente et actu, de amore ac de bonorum s. felicitatum
genere , ubi de bono quod animae inest, de bono quod est extra animam
ac denique de bonitate et malitia, ubi de variis diseiplinis et artibus. Also etwa
eine Art Encyclopädie ? ? vgl. auch d. folg. Anm.
11) Simpl. ad Categ. f. WA.: rj ngbg xovro yigiGxoxilrig iv rolg vno/ivr]-
ftaaiv änexglvaxo' xai yag iv xotg Mt&odixolg xai iv roig 'Ynofivrjfiaai
94 IV. Aristoteles.
oder 'T7to(jivri(iccrcäv im.%£iQX]^caiKcäv y' (Anon.) oder Commenlationes
tilulo Hypomnemata (Arab.) und ' EmxeiQrjtictrcov ß' (Diog. u. Anon.)
oder Quaesila epicheremalica (Arab.), welche auch sonst noch erwähnt
werden 12); hieran aber schlössen sich wohl an die ©sssig imieiQrjfiatikw
Ttevre xal eixodi (Diog. u. Anon.), welche vielleicht identisch sind
mit De conlradictoriis beim Araber 13). Dem eigentlichen Inhalte der
Topik gehörten wohl an : De locis unde argumenta pelenda sinl, II (Arab.)
und üescriplio definüionum lopicarum III (ebend.) und De differenliis
lopicis II (ebend.) und De proposilionum sensu II (ebend.); eher der
Topik als der Lehre vom Urtheile dürften daher auch zuzuweisen sein:
IlQotaaeig et' (bei Diog. zweimal, b. Anon. IlqoxÜGtmi et'), zumal
da auch IlQotccasig iQiarixeti S' (Diog. u. Anon.) genannt werden,
welche uns den Uebergang bilden können zum Gebiete der 2o<p. Eley-
%oi, wozu gehören: Hotpusrueijs et (Anon.), IIsqI ieftOtiKCÖv ccß' (Diog.),
AvGug SQiGzixeti S' (Diog. u. Anon.), 'Evßxctßag et' (Diog. u. Anon.),
De demonstralionibus ac de proposüionibus conlroversis IV (Arab.) und,
wenn es acht war, das Buch IIuQa rrjv ls!-iv (s. Anm. 1 1).
Um nun die aristotelische Logik selbst darzustellen, werden wir die
Bücher des uns erhaltenen Organons weder übersetzen noch bloss excerpiren
, sondern wir werden versuchen müssen , das Ganze zugleich
auch mit seinen inneren Triebfedern und mannigfaltigen gegenseitigen
Wechselbeziehungen zu entwickeln. Zu diesem Behufe werden wir zu
nächst angeben , wie Aristoteles mit seinem Lehrer Plato darin zusam
mentreffe, dass er grundsätzlich von dem jGebieJ^ des Dialekt e n
als dem der Jdossen Meinung die Aufgabe und den Zweck des Apodeiktischen,
in welchem das wahre Wissen beruhe, scharf getrennt hält;
sodann werden wir die Grundzüge eben dieser Apodeiktik näher
entwickeln und dortselbst den tiefen inneren Zusammenhang erkennen,
in welchem bei Aristoteles die Logik mit den Principien der Philosophie
überhaupt steht; und hierauf erst wird jener Verwirklichungs-Process
vorzuführen sein, in welchem aus dem potenziell Stofflichen des mensch
lichen Redens die actuelle Form des definitorischen Wissens resultirt ;
in dieser Beziehung aber wird zuerst die Lehre vom Urtheile ent
wickelt werden und dann die Bedeutung und Stellung der Kategorien
gezeigt werden müssen, worauf die Lehre vom Begriffe und dessen
wesentlichen Momenten folgt, welcher sodann ein erneutes bereichertes
Leben im Syllogismus erweist, und nach diesem Ablaufe von Urtheil,
xal Iv xaig diatQt'atai xal Iv (t£qü) vnofiv^fiaxi o intyQaqitxai üctoa xryv
Xi'iiv , ontQ et xcU naiv ov äoxtl yvrjOiov ItiQiaxoxtXovg , ttkla rivog laxi
nävxoig xtäv &nb a^olrjg. iv xovxoig nQoSslg xag xax-nyoQCag inäyti xtX.
vgl. d. folg. Anm.
12) Arisl. d. memor. 2, 451a. 19.: off« Iv xoTg Im/tigrifiaTixoTg loyoig
iaxlv akijO-rj , (ff? xtS-ivai tag vnaQ/ovxa. Hiezu Themisl. ad Ar. d. Memor. f.
97 a.: ö'ff« iv xoig i7ii^ei(>Tifj.axixoTg Xöyoig xal TiQoßXrjfianxolg ijfiTv (d. h.
jlqiaxox(lti) ttnodtdtixrai. Philop. ad An. post. f. 51b.: ägntQ xal iv Tip
devrigip xäiv jloyixmv iniyeiQrj^iaxwv Xafißavei rovxo xxX.
13) De contradictoriis , tibi docet contradiclorii antecedentia ex ipso adversarii
esse argumento petenda s. in ipsum rclorquenda, XXXIX. Diess vgl. mit Alex.
Aphr. ad Top. p. 16. : xal iaxi ßißlCa xoiavxa MQiaxoxiXei xs xal 6co<p(>etaxtp
ytyqafifiiva ^/ovxa xijV tig xä ctvxixtCfitva oV iväöScov ini-xtlgnetiv.
IV. Aristoteles. 95
Begriff, Schluss wird die Form des definitorischen Wissens selbst
zu erörtern sein. Endlich hierauf wird das durch diese Apodeiktik wie
der gestützte und von ihr durchzogene Dialektische, nemlich die Topik
und die sophistischen Widerlegungen zu betrachten sein.
Aristoteles , der Begründer einer strenge abgeschlossenen wissen
schaftlichen Lehre vom apodeiktischen Wissen, war am tiefsten von der
Ueberzeugung durchdrungen, dass zum Behufe des höchsten erreichbaren
menschlichen Wissens alle Urgegensätze von Idealem und Realem, Geist
und Materie, Form und Stoff, Einheit und Vielheit, Begriff und Erschei
nung u. dgl. in ihrem Beisammensein zu erfassen seien, und wir glauben,
dass ihm das Gefühl dieser Nothwendigkeit aus einem richtigen Ver
ständnisse des sokratischen Imperatives erwachsen sei. Sowie aber Soirates
selbst genöthigt war, bei seiner Forderung der Begriffsbestimmung
als einer Identität des Allgemeinen und Besonderen zumeist gegen den
Particularismus der Sophisten zu kämpfen, und sowie Plato fast unab
lässig der particularen Meinung und der rhetorisch-sophistischen Dialektik
des Scheines gegenübertritt, um aus dem SialeyBß&ai, welches an sich
der Wahrheit und Falschheit fähig ist, das wahre Wissen nach seiner
Weise zu entwickeln, ebenso spricht auch Aristoteles scharf die Tren
nung dieser zwei Gebiete aus, welche er durch die Worte öiaksxzixov
und cmoSiixnxöv bezeichnet, und er verfolgt das erstere in der nemliehen
Stufenleiter wie Plato bis zu seinem äussersten und verwerflichen
Extreme. (Vgl. für das Folgende überhaupt Abschn. III, Amn. 4—35.)
Nur ist bei Aristoteles die polemische Seite solcher Erwägungen weit
einfacher und ruhiger als bei Plato, sowie die Angabe jener Abstufungen
verständig präciser; ja er steht dem Gebiete des Dialektischen so sehr
-feei und objectiv gegenüber, dass er gerade in der Topik demselben
wieder eine Stütze vermittelst des Apodeiktischen verleihen kann. Dass
Aristoteles auf jene Kehrseite des dialeysa&ai, welche dem Apodeikti
schen gegenüberliegt, so vielfach eingieng, haben wir sicher nur dem
zuzuschreiben, dass er Schüler Plato's ist, wenn auch gleichzeitige Be
strebungen der Antislheneer und Megariker den alten Particularismus der
Sophisten erneuten. Und in dieser Beziehung daher zeigt sich Aristo
teles als Kind seiner Zeit und seiner Nation, denn dass wesentlich und
an sich nothwendig die Theorie der Logik nur an ihrem Widerspiele
sich hervorarbeiten könne, wird wohl Niemand behaupten; auch fällt ja
z. B. das nuqaGnxbv des Siakiys6d-ai an sich dem Gebiete der Päda
gogik zu, oder z. B. die blosse Wahrscheinlichkeit ist, so lange sie nicht
dem Calcul unterworfen ist, logisch werthlos, ist sie aber jenes, so tritt
sie wieder als Thatsache des Wissens auf, oder hinwiederum Lappalien,
wie die Mehrzahl der Fangschlüsse sind, wird die wahre Logik über
haupt gar nicht berücksichtigen.
Jede Wissenschaft umfasst die ihrem Gebiete angehörigen entspre
chenden Gegensätze zugleich, und so hat die Philosophie als die höchste 7
Wissenschaft des Seienden überhaupt die Gegensätzlichkeit, welche Ii
sämmtlich auf Sein und Nichtsein, Eines und Vieles, sich reducirt, zu//
betrachten und auf das "Seiende zurückzuführen 14). Auf solche Ver-
14) Metaph. r, 2, 1003 b. 34.: nsQi mv t6 t( lari rijs aviijg imOTrjfiris
96 IV. Aristoteles.
knüpfung der Gegensätze in dem Seienden zielen alle unsere Vernunft
schlüsse ab, und insoferne drehen sich Philosophie, Dialektik und So--
phistik um das Nemliche, sich nur der Art und Weise nach unterschei
dend, denn die_Philosophie erkennt, die Dialektik aber experimentirt, die
Sophistik hingegen ist nur Schein 15). Nemlich eben für diese Verknüpfung
• üer~~fiSgensätze treten als Unterschiede zwei Hauptmomente auseinander:
l einerseits das Intelligible, Allgemeine, und andrerseits das sinnlich Wahr-
S nehmbare, Viele, Einzelne, Zufällige 16), hierin aber beruht der Unter
schied zwischen Apo de ikti sch e m und Dialektischem, und jeder
l zu einem Vernunftschlusse dienliche Satz ist entweder apodeiktisch oder
dialektisch, ersteres, wenn er wahr ist und auf Principien beruht, letz
teres, wenn er nur als vorläufige Frage über Bejahung oder Verneinung
gilt und im Falle der Annahme nur auf Wahrscheinlichkeit Anspruch
macht17). Hiemit aber steht auch die „Philosophie" auf Seite des apodeiktischen
Syllogismus allein gegenüber dem Dialektischen in seinen
tip yivei S-eagijaai , Xtyia t$' oiov negl raiirov xal bfxoCov xal t&v aXlaiv
T(5v Toiovrmv xal Ttöv zovtoig ävTixetfie'vcoV 0%eäbv de navta avüytTcti
TavavrCa eig Trjv ag%rjV tavTnv (1004 a. 17.) äeie xal tavtixtCjxtva
Toir 'ignfie'voig To re ezegov xal avofioiov xal aviaov xal oaa aXXa XiyeTai
r) xarct ravta rj xaxa nXrj&og xal to $v, zrjg eiqrj^.e'vrjg yvtoqC^eiv tniOirj-
(tng , tov ton xal fj IvaVTiÖTng , diaifoqa yaq Tig r\ ivaVTwing , r) de dia-
(f<OQa eTegoTng' äßT ineidrj noXka/mg to i'v Xiytxai, xal Tuvra noXXayäg
fiev Xt/&r,aeTai , Sficog de fttäg änavxa Ioti yvoiqtfeiv (31) ifaveqbv
olv .... oti (itäg neql tovtwv xal rrjg oioCag iarl Xöyov eyeiv xal ißTi
tov (fiXoaöipov neql nävTiav dvvuo&ai &etoqelV ei yaq [in tov (piXoaöcf.ov,
Tig iOTai b (niaxeifiäuevog ei tkätö 2taxqcnr\g xal ZioxqäTng xa&rjfievog,
ij ei S-V ivl IvavxCov rj tC lart to ivavxiov rj noaa%iog Xe"yexai; bftolüis dk
xal neql ziav aXXcov T(ov toiovtwv (b. 27) en t(Sv IvavtCtov r) ere'na
OvOTOi/ia GitorjOig , xal nävTa ävayeTai eig tö ov xal to fir) ov xal i'v
xal nXrj&og, oiov aräaig tov tvbg , xCvnaig de tov nXrj&ovg' tu d' 3vra
xal irjv oialav öfioXoyovOiv Ii IvavTtiov aytdbv SnavTeg ovyxelo&ai ' näv-
Teg yovv Tieg &g%ag IvavTtag Xe"yovaiv.
15) ebend. 1004 b. 17.: ol yäg diaXexrixol xal aotfimal xavTov fiev
vTtoSvoviai axwfia (piXodotfco, r) yaq OtxfiOTixij qaivouivn fiövov GotpCa
IotI xal oi diaXexzixol diaXfyovrai neql änävTbiv , xoivov de näai tö ov
IotiV SiaXiyovxai 3e neql tovtiov ätjXor oti Sitt to Tr}g (fiXoOoifCag elvai
avTce olxela' negl pev yaq tö aiiTo ye"rog arge'fpeTai ») aotfiaxixr) xal fj
äiaXexTixr) tjj <f iXoao(f.Cq, aXXa diaqe'gH Tr)g jjiev t$ TqÖTKp Trjg ävvafiewg
Trjg 6*e tov ßCov rji nqoaiqe"aei' iOTi Sh r) äiaXexTixr] neiquaTixi) negl iov
r) (f iloaoyCa yv(ogiarixrj, r) de ßotpiarixri if aivofie'vrj , ovOa ä' ov. Anal,
pr. II, 23, 68 b. 9.: ort d" ov fiövov ol SiaXexTixol xal ctnodeiXTixol avXXoyiöfiol
cTi« TüiV ngoeigrifie'vcav ylvovTai a/rffiaTtov , aXXä xal ol grjTogixol
xal änXtSg rtTigovv niOTig xal r) xa&' bnoiavoiiv (ie"&oSov , vvv av ein
XexTiov.
16) Anal. post. I, 24, 86 a. 22.: fiäXiaxa dijXov ort r) xa&6Xov xvqito-
Tiqa, oti T(ov nqoTaaeiov Tr)v fiiv nqoxiqav eyovTeg iGpev nag xal rr)v
vore'qav xal f/ofiev Svva^iet b TavTnv exo)V Trlv ngoTaaiv to xa-
&6Xov ovSa/j.(äg oldev ovtc dvväpei ovt IveqyeCq' xal r) fiev xa&6Xov vonir),
r) ße xaTa /xigog eig a%aSr\Gw TeXevTq.
17) Anal. pr. I, 1, 24 a. 28.: cSoT« (Otkl avXXoyiOTixij fiev ngoxadis an-
Xtög xaTa(f aitig rj änöopaalg Tivog xard Tivog tov eignfie'vov Tgonov , airo-
Seixxixr) de tav aXn&ijg rj xal öia tüv 1$ aq/rjg vnoS-ißecov etXvftfiivrj,
äudexTixf) (Ti nvvd-avofie'vrp uev IgioTnaig avTupäaecog , ovXXoyi£ojj.£v(p dt
Xrjifiig tov (paivofie'vov xal ivoöSov.
IV. Aristoteles. 97
verschiedenen vielen Formen und Anwendungen 1S). Das Apodeiktische
nemlich enthält die Wahrheit und geleitet den Weg zum wahren auf
Grundsätzen beruhenden Wissen, das Dialektische hingegen enthält nur
Wahrscheinlichkeit und verweilt auf dem Standpunkte des Meinens 19),
im Apodeiktischen liegt das allgemein Nothwendige, nicht anders sein
Könnende, im Dialektischen hingegen die unbestimmte Möglichkeit des
anders sein Könnenden, das eigentlich Zufällige20), der apodeiktische ,'
Satz spricht seinen Inhalt in fester Abgränzung und Bestimmtheit aus, r
der dialektische hingegen enthält nur eine Frage über einen noch nicht :
bestimmten Bestand oder eine beliebig willkürliche Annahme der einen
von beiden Möglichkeiten 2 1). In solchem Sinne unterscheidet Aristoteles
18) Top. VIII, 11, 162a. 15.: toxi Sl wiXoa6<f nfia filv avXXqyiOjtbc_&7io-
Stixrixbg, inixt(Qr}ua Si OvXXoyiOfibg OiaXtxxlxbg , aoifiOfiu ol GvXXoyiaftof
i(nOTixös, änÖQijfia äk avXXoyiafibg diaXtxxixbg avxupaatmg.
19) Top. I, 1, lOüa. 27.: änöättSig fitv ovv laxlv, oxav ti äXrjS-mv xal
ngürtav b OvXXoyia/xbg y rj ix xowvxmv a diu xivmv ngmxmv xal aXrj&mv
rrj; mal avxä yvmatmg xrjv &QX^v ttXr)(ftv öiaXtxxixbg Ji OvXXoyiOfibg 6
l\ Ivio^mv OvXXoyi£6fitvog. Ebend. 14, 105 b. 30. : tiqös fth ovv <fiXoao(f (av
*«' äXrj&tiav ntql aixmv npay/xuxtvxtov , SiaXtxxixmg b°i ngbg Qö^av.
i*. pr. I, 30, 46 a. 8. : xaxa piiv äXtj&ttav ix xmv xax" aXrj9tiav oiayt^ftufi(
viav imägxtiv , tlg de xovg diaXtxzixovg avXXoyia^ovg ix xmv xax^ 36-
fav nqoxaatmv. Ebend. II, 16, 65 a. 35.: toxi 6*i xb iv apyg aixtioS-ai iv
uir xalg anoStC^tai xa xax' aXrj&tiav ovxmg tgovrct , iv oV xoig diaXtxxtxoff
xa xaxa Sö^av. Anal. posl. I, 19, 81b. 18.: xara fiiv ovv äö^av avXlAytÜofiivoig
xal fiovov diaXtxxixmg äf/Xov ort xovxo /j.6vov axenxiov, ti
Siv Mt'/tTcci ivSoioxaxmv yCvtxat 6 avXXoyiafiog. Top. I, 20, 104 a. 4.:
oii ytto TzäOav noöiuaiv ovSk näv npößXrifia SiaXtxxixbv D-txiov ovdtlg
"/hg Sv nqoxtCvtit vovv tywv to firjSevl Soxovv ovöi nnoßdXoi xb naai
tfanoöv rj xoig nXtlaxoig' xa filv yag ovx t%u anoqCuv ra cJ" oiätig av
*«V fffTt äk ngbxaaig SiaXtxxixr\ iQmxrjßig eväo^og rj näoiv r/ xoig nXtCffroi;
rj xoig aoipoTg xal xovxoig rj näOiv rj xoig nXtCaxoig rj xoig jidXiaxa
1'viDglpoig , fj.r) naoädoSog tial äk ngoxäötig äiaXtxxixul xal xä xoig
ivSolotg bfioitt xal xavaviCa xax' avxiqpaoiv xoig Soxovaiv ivdogoig etvai
tgoxitvojitv« xal oOai cTofßi xaxu xfyvag elol xäg tvnrjufyag.
20) Metaph. Z, 15, 1039 b. 31.: ti ovv rj t' aTiödeigig xmv avayxaCaiv
xtH ö ögiOfiög imaxrjfiovixogj xal ovx ivd^exai, ugntQ oiö ' iniaxr]fir\v
ori jilv tniaxrjfirfv bxk <J" hyvoiav elvai , äXXa tfdfa xö xoiovxöv iaxiv,
ovTiog oW art63ui;iv ovo" ÖQiOftov , äXXa rfd|a iaxl xov ivSt%ofx{vov aXlti>
S tytiv, äfjXov bxi ovx av etrj aixäv ovxe ooirtfidg ovx anödttg'ig.
Ebond. d, 5, 1015 b. 7.: ixt rj anoSei^ig xmv avayxaltov, ort ovx ivfifytxai
oXlag lyttv, ti ctTTodtätixxai anXtog' xovxov 6" alxia xa TiQÜxa, ti äävi'orov
aXXojg II wv o OvXXoyiOfiog. Anal. post. I, 6, 75 a. 20.: x6
aufißißrjxbg yaq ivdtytxai ptij vnaQXtiV ntol xoiovxöv yctg X{yu> avfißtfaiixog
Sil rf' iotoxäv ovx US ävayxalov tlvai. d"t« xa rjQ(oxr)fitva,
UV ort Xiytiv aväyxtj r^5 ixtlva Xiyovxi, xal äXrj&äg Xiytiv, iav äXrj-
#<äf rj inagxovxa. Rhet. \, 2.: to äk xad-' txaOxov antioov xal ovx lniaxr\fi.r\.
21) Anal. pr. I, 1, 24 a. 22.: Siaifiqti S\ r) änoötixxixrj zinöxaaig xrjg
tiiaXtxxixr\g , Sxi r) fiiv anoSuxxixif Xrjxfjig &aTtoov ptoplov xrjg &vxi<pä<ttiog
llTtv, oi yäg incoxif &XX& Xa/ißävti 6 anoStixvvmv , r\ Sk SiaXtxxixrj Igai-
Ti/ffjf avxiif äat oig ioxiv (vgl. Anm. 17). Anal. post. I, 2, 72 a. 8. : ngöxaai;
J' lexlv unoqpävottog xb %xtqov [ioqiov, £V ivbg , StaXtxxixr) fjiiv r)
yioliog Xafißavovai bnoxtoovovv , anoStixxixr) rj dgiOfiivcog itaxtoov,
"xi aXrfttg. Anal. pr. II, 16, 64 b. 32.: r) yag anoäti^tg ix 7IiOiox£qu)V
T« xal nooxigmv iaxl. Ebend. I, 13, 32 b. 18. : imaxrjfir] Sk xal OuXXoyiopog
ÖMoätixxixbg xmv fiiv aoqlitxmv ovx iaxi äta xb axaxxov tlvai xb
fiiaov.
Phaktl, Gesch. I. 7
98 IV. Aristoteles.
zwischen einem wissenschaftlichen und einem dialektischen Schliessen
überhaupt ; das letztere ist immer an einen Anderen, einen Mitmenschen,
gerichtet und daher von dessen Beistimmung zu den Prämissen abhängig,
der Philosoph hingegen forscht an und für sich , unbekümmert um jene
äussere Zustimmung, woferne nur die Basis seiner Schlüsse wahr und
\ in sich principienmässig ist22); aber an die Sprache, den Xoyog, ist
I auch die Wissenschaft und ihr Betrieb geknüpft; der köyog ist daher
dem Apodeiktischen und Dialektischen gemeinsam, er ja umfasst in glei
cher Weise wie das menschliche Wissen selbst die Grundgegensälze von
Sein und Nichtsein (vgl. Abschn. III, Anm. 1 1), und kein Wissen ist ohne
j Sprache 23). Eben darum aber, weil in der Sprache das wahre feste
i Wissen und die unbestimmte Meinung zusammentreffen , ist die Uebung
! des Dialektischen auch dem Philosophen förderlich , denn dasselbe ist
; eine Geistes-Gymnastik in der Prüfung der Meinung, sowohl der eigenen
{ als der fremden, es lehrt uns Genauigkeit und Schärfe des Sprachaus-
| druckes, und es steigert methodisch den wissenschaftlichen Takt, denn
1 wer von Anderen durch Schlüsse leicht getäuscht werden kann, wird
\ auch sich selbst häufig täuschen 24). So hat Plato's Xoyog %jiipv%og hier
22) Top. VIII, l, 155b. 7.: fitxQ1 fJ-lv ovv xov svqsTv xov xönov 6(j,o£tog
Tov ipiXoaotfov xal xov äiaXsxxixov r] oxs'ipig, rö ä' rjärj raura tÜttsiv
xal iqojTrjfj.aT(£siv täiov tov äiaXexTixov ' nqog STeqov ydq näv rö toiovtov
, to) äs (f tXoo6(f O) xal (rjTovVTi xaO-' ictvröv oiäsv [liku, idv aXrjO-r)
(4tv r) xa'i yvojqifia äi' tov 6 avXXoyiGfibg , fir\ &ij ä' avxd ö dnoxqivöfisr
vog äid t6 avvsyyvg sivai xov i$ dq/ijg xal nqooqav xb avfj,ßija6usvov '
oli' Xoojg xav Onovädasisv oxi fiäXiaxa yvojqifia xal avvsyyvg sivai ra
aiiiäfnaxa ' ix tovxojv ydq oi iniöxrj/xovixol OuXXoyiGfioC. ebend. b. 27. :
insiär) näda rj xoiavxrj nqayfiaTs(a nqog srsqov idxi.
23) Metaph. &, 2, 1046 b. 7.: a'ixiov äs oxi Xöyog iaxlv r) iniaxrjfit] t o
äs Xoyog 6 aixbg ärjXoi xö nquy/j,a xal xr)v Oxs'qrjOiv, nXr)v oi/ cöaavTtog,
xal sdxiv ojg a/iipolv, toxi rf' ojg xov vndq/ovxog pdXXov " äax' avdyxrj xal
Tag xoiavxag iniaxr]fj,ag eivai fisv xojv ivavxCojv, eivai äs xov fisv xk&'
aiizag xov äs fir) xa&' avxdg' xal ydq 6 Xoyog xov fisv xa&' ai/xo, tov
äs xqonov xiva xaxa Ov/xßsßijxog' anoipdaei ydq xal avatpoqif ärjXoi to
IvavTiov. Anal. post. II, 19, 100 b. 10.: iniaxrjfirj ä' anaaa fiexä Xoyov
l„TlVt " _
•-— 24) Top. I, 2, 101 a. 26.: ... sinsTv nqbg Troff« ts xal xlva xqrjaifxog
r) nqayftaxsia- iaxi ärj nqbg xqCa , nqbg yvjxvaalav , nqbg xdg ivxsvgeig,
7iqög xdg xaxa (piXoaoiftav iniaxrj/xag' ort fitv ovv nqog yv/jvaaCav XQtj-
Gifiog, aixojv xaxawavs'g idxi' /xs'&oäov ydq fyovxsg qaov nsql tov tiqo-
TS&s"vxog imXSiqsTv ävvr)a6[At9a' nQog äs xdg tvxsv^etg, äiöxi xdg tojv
tioXXüv xaTrjQi&pitj/js'voi äol-ag oix ix xiijv aXXoTQCiov dXX' ix xojv olxsCiov
äoypdxiav bfiiXrjO'ofj.sv nobg avxovg [isxaßißd£ovxsg oxi dv fii/ xaXäg <paCvwvxai
Xiysiv rju.lv nqog äs xdg xaxa tf iXoGoyiav iniair]fiag , oxi ävvä-
■fisvoi Tiqog a/xifoxtoti äianoqrjaai (>aov tv sxdßxois xaxotfio/xs&a xdXrj&^g
xs xal xö xfitväog' sxi äs nqog xd nqojxa tiSv nsql sxäarrjv inittTTjfjirjV
dqxäv ix fiiv ydq tojv oixeiwv tojv xaTa xtjv nqoxt&siaav iniOTTjfirjV
dqxoiv aävvaTov slnslv ti nsql aixojv , insiäij nqöjxai cd äq/ul dnävrojv
slal, äid äs rtuv nsql sxaaxa iväö'iojv avdyxrj nsql aixojv äisX&sTv xovro
ä' läiov rj fidXidxa olxsTov xr)g äiaXsxxtx^g iOxiv' i^sxaaxixr/ ydq ovßa
nqog rag dnadojv twv fisS-oäwv dq^ag oäbv s%si. Soph. El. 16, 175 a. 5.:
Xqrjotfioi fxsv ovv slai (sc. al iqwxrjasig) nqog fisv (fiXoGof/Cav äid ävo'
nqtäxov fj.lv ydq lag ... . naqd zr)v Xs"iiv dfisivov i%uv noiovai nqog rö
noaayöjg sxaGxov Xiytxai , xal nola bfj.o(ojg xal nola sxs"qojg int xs tiSv
nqayfidxojv ovfj,ßalvei xal inl xojv ivoudxioV äsvxsqov äs nqog xdg zk#'
avxov £rjxr)asig' b ydq iip^ ixiqov qctoCojg naqaXoyiföfisvog xal xovxo fit)
IV. Aristoteles (Dialektik).
nur das unmittelbar gegenwärtige dramatische Auftreten, d. h. eben das
ifti/wjfov des Dialoges, verloren, und das SiaUyt6&ai wirkt als Sialtnnxrj
ts%vrj fort, wohl in einen Gegensatz gegen unodei%nxjij>g3£lzt^ßber
doch eine willkommene ^Dienerin der TeT^tFrenT Hier" aber eben liesse
sTch noch~~fragen, erstensob™eIne"" *s"o~angewandte Geistes-Gymnastik,
welche den Wissens - Inhalt verabsäumen muss , nöthig sei , "zweHens^ob,
wenn diess der Fall wäre, sie durch eine „Theorie" des Dialektischen
ermöglicht werde, und drittens ob nicht, falls dieses beides wirklich
bejaht würde, hiefür eine anderweitige Disciplin, nemlich die Erziehungs-
Wissenschaft, Sorge zu tragen habe.
Das Gebiet des Dialektischen hiemit ist die Meinung; die Mei
nung aber ist an sich eine doppeldeutige Macht, sie bezieht sich eben
sowohl auf das Ewige und Allgemeine wie auf das Einzelne und Sinn
liche, und ihr wesentliches Merkmal ist, dass sie wahr oder falsch sein
kann; nur als wahre Meinung kann sie zu einem Wissen führen25).
Das Erproben aber, ob eine Meinung sich als wahr behaupten könne,
fällt in Bezug auf die formelle Seite dem Dialektischen anheim. Der
Dialektiker nemlich ist es, welcher das Gemeinschaftliche an den Din
gen, d. h. gemeinsame Gesichts-Punkte, ra KOivä (natürlich im Unter
schiede von to xoc&olov) , aufsucht und erfasst (vgl. Abschn. III, Anm.
12), wobei er das bestimmte Wissen der einzelnen Wissenschaften als
einzelner den derselben Kundigen überlässt26), aber eben doch wegen
des relativ allgemeineren Gehaltes dem Syllogismus näher steht, als dem
auf Sammlung des Einzelnen gerichteten inductorischen Verfahren 27)_.
elß9-ttv6fJ.tvo; xäv aÜTog itp* avTov tovto näS-oi noXXdxtg' tqCtov St to
lombv tri ngbg 36'i'uv , to negl narret ytyv/xvao&at Soxttv xal ftrjdevbg
«ntlgiog ixtiv-
25) Eth. Nie. III, 4, Uli b. 31.: r) ulv yäo do'|« äoxel negl nävTa tlvai,
xal ohShi TjTTOV ntgl r« a'iSia xal Ta advvaia fj ra iip' r)UTv , xal tiö
ipevdfZ xal äXrj&el viaigeiTai, ov tiö xaxiö xal äya&tp, ?; ngoaCgtOig äk
roiirojj fjL&XXov xal ngoaigovue&a utv Xaßtlv rj (pvytiv rj ti tiöv toiovtidv,
do%ü£outv de tC Igtiv fj.Tlvi Ovuipt'gei fj nüg xal r) uev ngotttgeaig
InaivtiTat tiö tfvai ov ätt ftäXXov fj tiö bgSiög, f) de öo(a tiö mg
idrj&iög, xal ngoaigovfit&a utv a uäXiGTa Xouev äya&a ovTa, SoSai^o/xev
Sl a ov nävv Xauev. Ebend. VII, 5, 1147 a. 25.: r) utv yäg xa&öXov <Jo|«,
1 d' ire'Qa negl tiöv xa&' exaOTÖ Iotiv, iov aXo~9-rjifig fjdrj xvgta. D. anim.
HI, 3, 428a. 19.: ytvtTai yäg SS'g~a xal aXrf&fjg xal rpevörjg' HXXa cfdfg fikv
attrai niGTig. ... Irt näorj fj.lv dof»; axoXov&el n(GTig, niaTU äe to nenüa&
ai, ntid-ol äe Xöyog.
26) Soph. El. 9, 170 a. 34. : äfjXov ovv ort ov naVTiov tiöv iXiy/iov ccXXa
tüv naga tt)v äiaXexTixf/V Xr\nTiov Tovg Tonovg' ovtoi yag xoivol ngbg
anttaav Ti/yr\v xal SvvafiiV xal tov fitv XU&' txdöTriv iniGTrjurjV tXey-
%ov tov inio~Tr)[iov6g iou fttiagtlv , tl rf fiij ojv ipatvtrai eX r' tOTi, äia
TC iou' tov d" ix tiöv xoiviöv xal vnb jurjäeuXav Tt%vr\v tiöv äiaXtxTixiöv.
ebend. b. 8.: biaTt ipavtgbv oti tov äiaXtXTixov idTi to ävvad&at XaßtTv
5aa ytvtTai äia tiöv xoiviöv fj tov iXeyxog fj ipaivöfitvog eXeyxog xal
fj SitiXtxTixbg fj (paivöfitvog äiaXexTixbg fj ntigaaTtxög. ebend. 11, 171b. 6.:
o fiiv ovv xaTa to ngay/xa d-tiogäv r« xoivä SiaXtXTixbg, b Sh tovto ipaivoptvois
noaöv Gotf iOTixög.
27) Top. VIII, 2, 157 a. 18..- XQVar^0V ^\^v *V öiaXtyea&ai tiö fikv avXXoytauiö
ngbg Toig äiaXtXTixovg fiäXXov fj ngbg Tovg noXXovg, ä' Inayitfyj
ToivaVTCov ngbg Tovg noXXovg fiäXXov. ebend. 14, 164 a. 12.: tt)v äh
yvfivaaCav äno3oTt"ov tiöv filv inaxTixäv ngbg vtov, Tiöv dh avXXoyiGfj.iöv
ngbg Iftnugov.
100 IV. Aristoteles (Dialektik).
Insoferne aber jene xoiva sich im Gebiete der Meinung bewegen, welche
ja erst zu erproben ist, wird das Dialektische ein untersuchendes und
_exüeriiiientirendes — TtuqctGnxöv —, welches einem affectiven Wissen
durch die Forderung, Ja oder Nein zu sagen (vgl. Abschn. II, Anm. 41),
auf die Spur kommen will 2 s), dennj^ jlijdjiktis^
aufweichen Ja oder Nein zu^a^ntwjrtp^jst ^) ; 3arum dient hiezu die
dTalektische Widerlegung, d. h. der s'keyxog , welcher Schlüsse an die
Verneinung des so eben zugestandenen oder erreichten anknüpft 30). So
ist der Dialektiker derjenige, welcher Sätze aufstellt (itooraaig), indem
er ein Vieles unter eine Einheit führt, und hinwiederum Einwände beii
bringt (IWtaötg) , indem er eine Einheit in ein Vieles zerspaltet31), —
1 also er bewegt sich um das "Ev Kai IlolXä (vgl. Abschn. I, Anm. 52.
lu. Abschn. III, Anm. 11) und überhaupt um die Gegensätzlichkeit als
solche, d. h. um die i^erktn^ftp.iWjeg(;iifs.'\l7.e 32). Darum gehört das
absichtliche Hervorheben von ScFwierigkeiten und deren nachfolgende
Lösung — anog^fia — dem Dialektiker an 33), und derselbe ist hiemit,
wenn er auch dem Sophisten verwandt und benachbart ist, doch ver
möge des Forschungstriebes und der Fähigkeit, Rechenschaft zu geben
und zu fordern, dem Wissen näher gerückt34), und steht dadurch im
Gegensatze gegen den bloss contentiösen Streiter, den igisuxog oder
28) Soph. El. 11, 171b. 3.: hi To cfävai rj unoif uvcu a'itovv ov tteix-
Vvvtos Iotiv, aXXct TieiQav Xafißavovros' rj yctQ neiQuaTtxrj iciTi SiaXexTixr]
Tis xal &ecoQeT ov tov tldoTa ctXXd töv ayvoovVTa xal TiQosnoiov/JitvoV 6
fiev ovv xara To ngayfia &(üjqcöv Tct xoivct äictlexTixbs , 6 df tovto cfcavo/
xe'vcos notiöv Ooif iOTixög' xal avXXoyiOjxqs loirtrixos xal aaipio~Tixös ianv
eis fiev o tfaivö/xevos dvXXoyia/j,bs , tisqI cöv r) äiaXexTixij neiQatSTixrj iöTi,
xav aXrj&ks to avfiniQaOfia y ■ tov yctQ cTia tl arraTrjTixos tOTf xal bßoi
fiT) ovtss xaTa TijV exddTov /j.e'Ooäov naQaXoyiOfiol äoxovcfiv tlvai xara
TrjV TfyvrjV.
29) Top. VIII, 2, 158 a. 16.: eaxi yctQ TiQÖrctais öictXexiixi) , nqbg rjv
%OTiv ajioxQlvuG&ai vat ij ov.
30) Anal. pr. II, 20, 66b. 11.: 6 yctQ eXey/os avTicfaßecos OvXXoyicrjj.6s.
Soph. El. 1, 165 a. 2.: eXey%os fie OvXXoyict/ibs jUtr' üvTitfctGeojs tov Gvfj,ne-
QaOuciTos.
31) Top. VIII, 14, 164b. 3.: eGTi yctQ cos ctnXcös elneTv tfiaXeXTixbs 6
nQOTanxös xctl ivOraTixös' fff« de tö (xlv TTQOTetvecS&ai ev noielv Ta
nXeCoi , del yctn iv oXtp Xijcp&rjvai nobs o 6 Xoyog , tö tf' IvCßTctOdcu tö ?j>
noXXä, rj yaQ öiaiQel rj avctQel to /xtv ötdovs tö d" ov tcöv TtQoxeivofiivcov.
32) Met. I, 1355 a. 33.: tcöv filv ovv clXXcuv Te%vcöv ovde/xüt TctvctVTict
OvXXoyC&Tcu, rj de öictXeXTixrj xal rj QtjTOQixrj fiovai tovto noiovaiv, opoCtog
yctQ elaiv ctfiiföriQai tcöv ivcnniiov. Soph. El. 15, 174 b. 19.: ?rt xafhüneQ
xal iv tois QrjTOQixoTs xctl iv toTs iXeyxTixoTs bpoCcos Tct ivavTioifictTct
S-ecoQTjTe'ov. ebcnd. 2, 165 b. 3.: ätaXexTixol (sc. Xöyoi) ä' ol ix tcöv ivcto^cov
OvXXoyidTixol ävTitf ciaecos.
33) Top. VIII, 162 a. 17.: etfTi tfe anÖQrjfia ßvXXoyiöfxbs diaXeXTixbs ctVTiciäaeiog.
34) Soph. El. 34, 183 a. 37.: TiQoeiXöfielet ^iev ovv evQeiv ävvafiCv Tiva
cfvXXoyißTixrjV nenl tov nQoßXrjO-ivTog ix tcöv v71ciqx6vtojv cos ivifoj-oTctTOiv'
tovto yaQ 1-Qyov iOTl rijs tftaXexTixijs xctf)-' avTrjV xctl Trjg neiQacfTixfjs '
inel <Tf TiQOSxaTaOxevctCeTai npbs ctiiTrjv öia ti)v rrjs OocfiOTixrjs yeirvlaotv,
eis ob fiövov neiQav dvvctxai XctßeTv ötctXexTixcös c'tXXct xal eis elScog, tft-et
tovto ob iiovov to Xex&'tv h'Qyov vned^e'fie&a rrjs nQctyiiaTelas, to Xöyov
(TvvacyS-ai XctßeTv, aXXct xal oticus Xoyov bne'yoVTes (f vXctUo/xev TrjV &e"Giv
COS dl' ivio^OTCtTCOV ÖllOtOTQOTliOS.
IV. Aristoteles (Dialektik). 101
äymviönxog, bei welchem nicht der Gegenstand der Erörterung, sondern
das Streiten selbst den Zweck bildet 35). In dem Sinne eines kritischen
Erwägens fremder Aussprüche üben daher alle Menschen, auch die Un
gebildeten, bis zu einem gewissen Grade die ■ erprobende Dialektik, indem
sie hiebei eben von gemeinsamen Gesichtspunkten ausgehen 36).
Scheidet man daher aus dem gesammten diaXeyta&ai die unter
richtende Rede (SiSaaxaXixov), bei welcher der Lernende nur passiv sich
hingibt, von vorneherein aus, so bleibt als der wesentliche Theil das
SiaXexrixov mit seinen gegensätzlichen Schlüssen aus dem Wahrschein
lichen, und soweit dieses letztere hiebei nach seiner Probehaltigkeit für
das Wissen untersucht wird, wirkt das neiQapr^xöy ; ist aber das Wahr
scheinliche selbst oder das Schliessen überhaupt ein lediglich schein
bares, so bleibt es beim Igusxixöv 37). Dieses letztere ist daher jener
dem Unwahren angehörige Zweig des Dialektischen , welcher auf das
scheinbar Wahrscheinliche um des blossen Sieges im Wortstreite willen
gerichtet ist oder auch in der Form des Schliessens nur auf einem
Scheine beruht, und demnach auch Trug und Ungerechtigkeit als Mittel
nicht verschmäht38). So hat dieses Eristische, indem es nicht bloss
die Nichtvvissenden der Unwissenheit überführt, sondern auch den Wis-
35) Toj>. VIII, 5, 159 a. 32. : iv St xaig SiuXtxxixaTg awoSoig xoig fix)
äyiövog XaQlv <*XXa neCgag xal axe"\jjeiog xobg Xöyovg noiovfie'voig oi öirjo-
HomxuC nco xlvog Sei axo%a(,eafrai xbv anoxgivbfievov aväyxr\ Sx\ xov
anoy.Qiv6fj.svov imtytiv Xoyov iMftevov ijxoi evSoljov rj aSotov 9(aiv rj fir\-
i(xiQuv xai rjxoi änXdäs ivSo^ov fj äSotjov rj logtOfiivojg. ebend. 11, 161a.
33.: Sei Sl rbv xaXwg fieiaßtßätovxa SiaXexxixäig xai fix) igiaxixäg fiexafiißafctv,
xa&cmeg xov yeo>fiixQTjv yeioftexQixmg, av xe \\ievSog äv x' aXrjS-lg
5 t6 avfinegaivofievov.
36) Soph. El. 11, 172a. 30.: Sib nävxeg xai oi iSiiSxai xgönov xivcc
XQmvxai xrj dtaXexxtxfj xal netgaaxixrj' nävxeg yag fie"xgi xivbg inixeiqovOiv
avaxglveiv xovg tnayytXXofie'vovg' xavxa S' iaxl xa xoivä.
37) Ebend. 2, 165 a. 38.: loxi Sr) xmv iv xo) SiaXe'yeadai Xöyiov xixictna
yivrj, SiSaoxaXixol xai SiaXexxtxoi xai neigaaxixol xai igioxixol. SiiaaxaXixoi
fi.lv ol ix xtöv olxeCiov agxiöv exdoxov fia&rj/xaxog xai ovx ix
tSv xov anoxotvofi.£vov So^iSv avXXoyi&fievoi, Sei vag niOxeveiv xov fiav-
Havovxa, StaXexxixoi dl oi ix xöiv ivSo^iov avXXoyiaxixoi ävxi(päae<og,
nugaaxixol S' ol Ix xoiv Soxovvxiov xm anoxgivofte'vif xai avayxatmv
llihai xtp nqognoiovfie'vq) tysiv xr)v imaxr\fir\v , igiaxixol S' ol ex xtöv
(ftuvoue'vwv ivö6$a>v fit) ovxwv dl avXXoyiaxixoi rj ipaivöfievoi avXXoyiaxixoC.
Bezeichnend für die aristotelische Zeit und ein Fortschritt gegen Plalo ist hiebei die
Aasscheidung der unterrichtenden Rede; vgl. ebend. 10, 171b. 1.: oxi 'ixegov xd
iiidaxeiv xov StaXfyea&ai , xai oxi Sei xov ulv StSüoxovxa ur) igioxäv
iXX' avxbv SijXa noteiv, xov d" ioaixäv. Top. VIII, 3, 159 a. 11. u. 5, 159 a. 29.
38) Top. I, 1, 100 b. 24.: igiaxixbg <F iaxi avXXoytOftbg ö ix (faivofiivmv
lvä6£o)v fix) ovxoiv 31, xai b ig" ivSoljiov rj (faivoueviov ivSö^tav ifai-
Wfievog. ebend. VIII, 12, 162 b. 3.: ipevör)g öl Xoyog xaXelxai xexgax<3g, eva
f'tv xgönov oxav (fatvrjxat ovfinegalvea&ai firj avunegaivöfievog , Sg xahhai
igiaxixbg ovXXoyiOfiög, xxX. Soph. El. 11, 171b. 8.: tboxe 8 xe negl
xtövSe tfaivöfievog avXXoyirffibg igiaxixbg Xoyog xai b xaxä xb ngayfia
fuivöfievog OvXXoyiOftbg , xav rj OvXXoyiOfibg , igiaxixbg Xoyog' ipaivo/ievog
Y«0 toxi xaxa xb ng&yua, äax' anaxrjxtxbg xai aäixog' ägneg yäg »/ iv
iyävi aäixCa eldög xi e/ei xai iaxiv aäixofia/(a xig , ovxiog iv avxiXoyCa
«dixoitß^/ß r) iQiaxixr] iaxiv' ixel xe yag ol nävxiog vixav ngoaigovfievoi
nävxwv anxovxai xai ivxav&a ol igioxixoC (betreffs das ngoaigeia9ai s.
102 IV. Aristoteles (Dialektik).
senden an sich selbst irre macht, für die Logik die neraliche Bedeutung
wie die Sjyjbjälik, welch letztere ebenfalls ein scheinbares Wissen ist,
und nur durch den ethischen Nebenzug der Gewinnsucht von dem contentiösen
Disputiren sich unterscheidet39). In diesem Sinne wird die
Sophistik wesentlich als jene Dialektik bezeichnet, welche sich auf dem
Gebiete des blossen evjißeßrixbg bewegt , hiebei aber nicht unwillkürlich
oder unverschuldet in dieser niederen Stufe verweilt, wie diess bei den
gewöhnlichen unwissenden Menschen der Fall ist 40), sondern vorsätzlich
und mit berechneter Absicht um der Täuschung Anderer willen so ver
fährt, so dass das Kriterium des Sophisten die_ejhjsche That des freien
Willens , das_des Dia]ejiiik_ers djeintlillel'lu'el^
v mögens ist 4^)T~Der verwe7fIIchsteTn:äSr3e7 Sophistischen ist das evxot
qxtvrelv i2).
So also ist bei Aristoteles von dem Ajjsdeiktischen und mithin von
j der eigentlichen. Theorie der . Logffi" 'eße Praxis und Theorie*"' des Dialet"
ti^ien^abgetrennt, und ebenso wie die Diaieklik ist nun auch die Rhe
torik vonoerTiOgik in der~Weise getrennt, dass bei aller AusscheTdlmg
deT gemeinsame im Xöyog (oben Anm. 23) beruhende Stamm, von wel
chem aus Verschiedenes sich abzweigt, noch deutlich genug erkennbar
. ist Die Rhetorik nemlich theilt einerseits zugleich mit der Dialektik die
Behandlung des Gemeinsamen, nemlich jener; >cotv^ini.ilc^ejisal4e^gggcn
das empirisch. -Einzelne und pegen .Ja.«;* Specjal- Wissen der einzelnen
Disziplinen i3) , und sie bezieht sich ebenso wie die Diaieklik nur auf
39) SojjU. El. 11, 171b. 25.: ol fiev ovv rijf vCxyg avxijg X"0iv toiovtoi
InitSTtxoi dv&Q(i>7iot xal ipii.ioi.Ses Soxovaiv elvai, ot äe S6$r)g XaQlv TVS £*£
XQrj/xaxio'/j.bv aotfiarixoC r) yäp aoqioxtxri loxiv, ägneo einofiev, xQypccTiaxixr\
Tis änb aoqCag (paivouivtjs , Sib fpaivo/iivrjs änoSeC'Seojg hpCtvzai.
Ebend. 8, 169b. 20. u. 1, ]65a. 21.: 6 GO{fiGir\q xQrl,uaT'arVS anb opaivo-
(iivr\i aotfCag &XV ovx ovar/g. Dieses sind auch ol neol rovg ioiOTixoiis
Xöyovg fiia^aovovvxeg ebend. 34, 183b. 36. Eth. Nie. X, 10, 1180b. 35.
40) Anal. post. I, 2, 71b. 9.: äXXä fiij top aoif iaztxbv roänov tov xarä
avfißeßrixög. Top. V, 4, 133b. 15.: Intl äe to xavxbv xal xb stsqov noXXa-
X<0>g Xiyerai, inyov IgtI Ooy lOXixäg XqfißävoVTi evbg änoSovvai xal fiövov
nvbg xb XSioV ib yäo vnaQxov Tivl <[> avfiße'ßqxe' ti, xal toi av/jßeßrjxÖTi
vnäogei XuftßavofJiivoj [itTÜ xov ti> avfiß(ßr\xev, oiov to vnaQxov av&QiÖTiip
xal Xevxo) avdQojnoj vnäp'Zei , av r) Xtvxbg avS-pojnog , xal to) Xevxo) Sk
äv&pojnci) vnaQxov xal avS-Qionoj inäoßei. Hiczu bes. die in Abschn. II, Anm.
88. angeführten Stellen des Arist. u. Alex. Vgl. Anal. post. I, 5, 74 a. 28., Top. II,
5, 111b. 32. und die ao<piarixal tvoxXi]aeig d. interpr. 6, 17 a. 36. Betreffs der
Unwissenden Soph. El. 6, 168 b. 6.: äXXa nana tovto xal ol xexvixat xal SXojg
ot iixiaTi)fioveg vnb tojv avinxOTir\(ibv(av lXe'yx°vjai' xaxä ßv/jßeßrjxbg yao
noiovvxai Tovg OvXXoyiO/xovg npbg xovg eläoTag.
41) Top. IV, 5, 126a. 30.: boäv Se xal et ti tojv rpexxojv eig Svva/uiv
rj xb Svvaxbv e&rjxev, oiov xbv <Soifiaxi)v r] SiäßoXov rj xXenTr\v tov Svväfievov
tcc äXXozQia {/(paipelad-tti r] Svväfj.evov SiaßäXXeiv xj o~oif.(£eo~d-af
ovdelg yäo tojv eiqr\fx(yojv to) SvvaTog elvai ti toutwj' xoioizog Xe"yeTaf
dvvaTctt /j.ev yäo xal 6 &tbg xal 6 anovdalog i« ipavXa Soäv, äXX' ovx
elol toiovtoi , navxeg yäo ol (f aiiXoi xaxä naoalneoiv XiyoVTat,. Rhet. I, 1,
1355b. 17.: b yäo aotpiaxixbg ovx lv Trj Svväfiei &XX^ iv Trj nooatQt'aei,'
nXfjV Ivxav&a fj.iv iaxat b filv xaTa tx\v imarrifiriv b de xaTa xr\v nQoaloeOiv
(5/JrcüO, Ixei d"e aooptaTrjg ftev xaTa rfjv nooaCoeaxv, äiaXexxixbg rfe
ov xaxä ttiv npoaCpeOiv äXXä xarä Tr\v Svvafj.iv. Vgl. Abschn. III, Anm. 34.
42) Top. VI, 2, 139 b. 26., ebend. VIII, 2, 157 a. 32. Soph. El. 15, 174 b. 9.
43) Rhel. III, 1, 1404 a. 1.: äXX' oXr^g ovarig nqbg S6k"av Trjg npay/xazeCag
IV. Aristoteles (Dialektik). 103
das dem Wahren Aehnliche , das Wahrscheinliche 44) ; aher andererseits
bilclet sie die Kehrseile der Dialektik, insoferne"sie das Wahrscheinliche /
und Glaubhafte im Hinblicke auf die Charaktere und Empfindungen der (
Mensehen (q'ih; und jza&rj) zum Gegenstände liäiT5]). Sowirdfiüuer
Rhetorik die Induction zum «apaöfiyfiK und der Syllogismus zum iv&vfM/
fwx46); aber eben insoferne das Enthymema ein Syllogismus ist, dieser
aber zur Dialektik gehört, ist darum die Rhetorik ein Zweig des Stam
mes der ganzen Dialektik, zugleich jedoch durch den Gegenstand ver
wachsen mit der Politik ; darum ist auch das Ziel der Rhetorik und des
guten Rhetors nicht, zu überreden, sondern das ni&avov zu kennen und
zu wissen 4 7).
Ist nun auf diese Art bei Aristoteles in^rosse_r_Uebereinslimmung
mit Plato das_Gjbje^jh^JDjaJgJiljscheii. ausgeschieden und die ihm zufal
lende Thätigkeit und Redeutung festgestellt, so tj^tt. andrerseits die ari
stotelische Apodeiktik^an Stelle jenes mir »eilig abgegrenzten und häufig
unBestiminten Verfahrens , d^irch. welches .. he i JPlaltL.jül - ÄkSuiueiihaftge
mlr^eFTde^nleTire" das Wissen sich über die sinnJicJie_,Walirnehmung
Tjjf neql TrjV qrjroqixtjV (vgl. Top. I, 3, 101b. 5.). Ebend. 1,1.: f) qrjroQixrj
ianv avrCarqotf.og rij SiaXtxrixn' ä/Mföreqai yaq 7ieql roiovrmv rivdüv
liolv, a xoivd rqönov rivd änävrcov iarl yvcoqlCeiv xal ovfle/j.täg imorrifitjg
äyotqtOftfyris. ebend. 1355 a. 27.: «Ayl' äväyxrj äia r<3v xoiviSv noiela&ai
rag nCartig xal rovg Xöyovg, togneq xal Iv roTg TonixoTg iXfyouev neql
rrjg nqbg rovg noXXovg ivrev£eiog. ebend. 2, 1358 a. 10. : Xiyto yaq äiaXexrtxovg
re xal qrjroqixovg OvXXoyiOfiovg elvai neql iov rovg rönovg Xtyofiev, ovroi
<T eialv ol xoivfj ntql äixuliav xiX (29.) xa&äneq ovv xal iv roig
Tomxoig xctl Ivrav&a Siaiqere'ov rtSv iv&vfirifiärtov ret re ficTjj xal rovg
xönovg i't; cov Xr\nr(ov' Xe"yto d" etärj fiev rag xaf}' exetarov yivog ISlag
nqoräaeig, rönovg <Jf rovg xotvovg bfioCcog navrtov.
44) Ebend. 1, 1, 1355 a. 14.: rö Tf yaq aXrj&eg xal rb ofioioy ro> ffXri-
Jtti.rijg avrijg lart Svväfxea>g läeiv . . . . Sib nqbg ra evOogct oro^aarixiSg
lyeiv rov 6fio(i»g e/ovrog xal nqbg rrjv aXy&eidv loriv. ebend. b. 15.: nqbg
os rovroig Sri rijg ctirijg rö re niüavbv xal rb waiVofievov IfieTv nr&avöv,
wgneq xctl inl rijg äiaXexrixijg avXXoyta/töv re xal tfctivöfitvov OvXXoyia/xöv.
45) Ebend. 2, 1356 a. 1.: räv öe ätet rov Xöyov noqit,o(ievb>v nCaretav
rqta elÖT) iarlv at fj.'ev yäq elaiv iv rep rjitei rov Xiyovrog, al St iv riji
rov äxqoarijV äiaS-etvctC ntog , al dt iv aiirtj> ro) Xöyti} Sict filv ovv
rov rjS-ovg , brav ovroi Xex&y ö Xoyog äare ä^iömarov noiijdai rbv X(-
yovra äia äi r<3v axqoarwv , brav eig naüog vnb rov Xöyov noou/
ßiöatv.
46) Anal. posl. I, \, 71a. 9.: tog d" avrug xal ol (>t)roQixol avfineC&ov-
W r\ yüt> äia naoaäeiyfxäriov b lariv inavioyr), tj äi' ivd-v/jLrjfj.ariov
oneg iarl CvXXoyiOfiög. Rliet. I, 2, 1356b. 3.: eon yao rb fxlv 7ianäutiy(ia
Inaywyr), rb d" iv&vfirjfia OvXXoyiOfj.bg. Vgl. Anal. pr. II, 24. u. 27., wo
selbst naoadetypa und ivSvfirjfia vom Standpunkte der Dialektik aus begründet
werden.
47) Rhet. I, \, 1355a. 6.: iarl d" änoäei^ig (»jroQixrj ivftvfirjfia . . .. rb
S' ivfrvfj.tiu.ct ovXloyiOfiog rig, neql de ovXXoyio/iov bfioCtag anavrog rfjg
SittXtxrtxr)g iarlv iäelv. 2, 1356 a. 25.: toOre avfißaCvti rrjv QtjroQixrjV oiov
nuQatpvig rt rfjg äiaXexrixijg elvat xal rijg neol ra ij&tj 7iQayfj.are(ag, rjv
tCxaioy idri TiQogayoqeveiv noXinxrpi ean yaq fxöqiov ri rijg ctiaifüTix^
j xal bixofwfia. ebend. 1, 1355 b. 10.: xal bn ov rö neTaai eqyov
«ürijf, aXXa ro lätlv ra vnaq/ovra ni&ava neql exaGrov. Vgl. Top. VI,
12, 149 b. 26. Jedermann weiss , wie Aristoteles von solchem Standpunkte aus
seine Theorie der Rhetorik demjenigen gegenüberstellte, was die Lügen - Rhetorik
des Sophisten Isokrales enthielt.
104 IV. Aristoteles (Apodeiktik).
hinaus erheben und wo^mö^ch_das Ziel des Erkennens erreichen_jso]lle.
.•v Wie Aristoteles 4'CSfLJjiTOfcTosfe:F^."*^r^^i5^ Gestalt die aristote
lische Logik sei, haben wir nun darzustellenT ™~~
DTe Apodeiktik sucht und entwickelt das xa&okov des mensch
lichen Denkens. Hierin beruht das Verhältniss der Logik zur Jtpwrij
qjiXoaoipia, insoferne die erslere von der letzteren getrennt eine eigene
Disciplin bildet und zugleich in so tiefer Uebereinstimmung mit jener
sich entwickelt, dass sie schlechthin auf keinerlei anderen Grundsätzen
beruht, als aufjenen, w^he~eT^iTIe~'sogenaimlen metaphysischen sind.
. Getrennt ist~ÜTe Ll)glk"71nsT5welt das menschliche Denken " etwas anderes"
ist, als die objective Wesenheit überhaupt (s. Anm. 112 f.); insoweit
aber letzlere nur durch das Denken des Menschen Eigenthum und Pro
dukt wird und hiemit die Erkenntniss als die Identität des Subjectiven,
und Objectiven auftritt, ist Erkeiintniss-l'iiiiciii und Seiiis-Princip Ein und
das n'emliche. Wir werden sehen, dass bei Aristoteles der „Begriff"
dj^s£s_Em^_^rjniip^J_st (wie bei Plato^es jh^hjee gewesen_>y'ar) , und
zwar dass nur der Begriff, Nicfits anderweitiges, das I'rincip der aristo
telischen Logik ist; to^.^^j;exniitj^h^_materiell das Erkennen und
formell dasJOenken, er enthält als ^^jSchöpferischer Begrüf"^dten—aiistotellschen
Grundsatz der „Entwicklung,', Xji. des Uebergang^vom^Pöj
tenziellen zum Actuellen, und hierin steht er als unentreissbare Einheit
von Logik und Metaphysik fest, er ist die Grundsäule beider, und_ ver-
■s\ iriitlelsl seiner tritt auch die Logik selbst als lebendiger Enlwieklungs-
Process auf. Und somit müssen wir nun auch obigen Satz, dass die
Apodeiktik das xa&olov des menschlichen Denkens suche und entwickle,
selbst zu entfalten und nach seinem ganzen Inhalte und Umfange darzu
legen versuchen, denn die Apodeiktik ist es , welche zum Wissen als
solchen fahrt, indjyn__sie Jn__jrrjgjgstex_jind durchgängiger Uebereinstimmung_
jmit^deii obersten Grundsätzen der Philosophie die Operation des
iknkens entwickelt, durch welche dasselbe zum menschlich crreicTitaren"
feste^msse^jwird. Das „Wissen"" Iflier'imd das Gewusste" hat im
Gegensatze,.gejgen_die Meinung und deren Gebiet den_ grundwesentlichen
Charakter, dass es allgemein (xa&olov) und auf Notwendigkeit begrün;
det~(oV ccvayxuimv) ist; das" Nicht -anders -sein -Mnneii (ow< evfieiEG&cti
alkag ?j;ew) ist das "Kriterium, ob Wissen vorbanden sei oder nicht;
denn falls Etwas zwar wahr und factisch wirklich ist, dabei aber liuch
anders sein könnte, als es eben ist, so besieht betreffs desselben noch
kein Wissen, ja nicht einmal ein unbewiesenes Wissen, weil hiezu dann
selbst für eine unmittelbare Annahme die nöthige Festigkeit (s. unten Anm.
161 —174 u. 653) gebricht, sondern nur ein blosses Meinen, auf welchem
unmittelbare nicht-nothwendige Annahmen beruhen48); daher kann es be-
48) Anal. posl. I, 33, 88b. 30.: xo d" lni<Sxr\xbv xal iniaxi\^,r\ äicupsQtt
tov Soiaaxov xal äo^VS, Sn r\ filv IniGxrifiT) xa&ökov xal äi' itvayxaiwv,
t6 d" ävayxalov oix IvoäySTtct a).X(ag hfUV iaxt Si xiva akr)!H\ [ttv xal
bvxa, lvdtx6jj.tva dt xai äklcog £%tiv äfjXov oiv Sri ntql /J.ev xavxa iniöx^
urj oix taxtv (tirj yaQ av aävvaxa a)J.<og e/ttv xä dvvaxa älXtog i/eiv),
&XXa fj.r\v oiiäi vovg {Xiy(o yän vovv &qxvv lniaxr\fxr\g) , ouä' lmaxr\jxri
avanöSaxxog (rovxo d° (Gxlv vn6Xr)\pig xrjg afieaov TiQoxaaeiog)' äXt]{Hjg
<S" toxi vovg xal l7iiGxrj/j,rj xai S6'(a xai rb diä xoiixiav Xtyöfievov' maxs
Xttntxai äö£av tlvai moi xb ocXrj&ig fiiv ij if/iväos, Iväe/öfievov xal
IV. Aristoteles (Apodeiktik). 105
tteffs Ein und des nemlichen Gegenstandes nicht, zjjgleich Meinen und Wissen
gehen 49). Das Wissen soll von seiner ersten Veranlassung, welche
in dem „Sich wundern" liegt, hinweg dazu gelangen, dass es üher sein
Object sich nicht mehr wundere , indem es die Einsicht in die not
wendigen Ursachen erreicht hat; dann wird es den Anforderungen ent
sprechen, welche man an dasselbe macht, dass es nemlich so weit mög
lich Alles umfasse, dass es auch das Schwierige erkenne, dass es die
grösste Genauigkeit und meiste Lehrkraft habe, dass es um seiner selbst
willen angestrebt werde und als das ursprünglichste über die einzelnen
Disciplinen herrsche, kurz dass es die ersten Principien und Ursachen
erkenne 50). Vgl. unten, Anm. 115—130.
Dazu nun, dass diese Stufe, soweit sie nur erreichbar ist, verwirk
licht werde und die Apodeiktik ihre Aufgabe erfülle, besitzt der Mensch
seinem Wissen nach die Real-Potenz. Schon der thierische Organismus
ist vermittelst der Sinnes - Wahrnehmung mit einer beurtheilenden Kraft
ausgerüstet, und ein Theil wenigstens der Thiere besitzt die Fähigkeit,
in der Seele die Sinneseindrücke festzuhalten , ein Beharren der Wahr
nehmung (ftowj alad-^ascag), und aus der sinnlichen Wahrnehmung ent
steht so das Gedächtniss 51); ja unter den Sinnen selbst als solchen ra
gen die einen über die übrigen hervor, nemlich das Sehen durch den
Reichthum der vermittelst desselben wahrnehmbaren Unterschiede, und
das Hören als Bedingung des Lernens, da Gelehrigkeit auch bei den
Thieren vom Gehörs -Sinne abhängt; jedoch hat das Hören eben als
Mittel des Lernens und Verstehens einen noch unentbehrlicheren Zusam
menhang mit der begründenden Rede, als das Sehen, und unter den
Verstümmellen sind die Blinden vernünftiger als die Taubstummen52).
älXwg exeiv' to^TO <f tGTiv vn6Xrj\ptg Trjg ct/j.i'oov TtQOTasemg xai [ir\ avayxaCag
nqbg äh xovToig oiäsig oltxai So'Za&iv, ötuv otrjTai aSiivaxov
aXXtog exeiv , ai.V IniaTaa&ai. Ebend. 4, 73 a. 21.: Intl rf' aävvarov aXXiog
tytiv ov iarlv inioxrifirj änXüg, ävayxatov av ettj to IrtiOTtirbv to
xarä rijv ano8tiXTixT\v tniaTrjjjirjV. S. auch Anm. 82.
49) Ebend. 33, 89 a. 38.: (pavcQov ä' ix tovtwv ort, oio*s tfofäfftv apa
tö avrö xai inlOTaa&ai ivöfytrai.
50) Metaph. A, 2, 982 a. 8.: ii7ioXct[ißävo/j.ev är/ tcq&tov fihv tnCoTaa&ai
nüvru tov aotf bv (ig (vfie/CTai, fiif xaS-^ exaarov $%0VTa (TiiaTTj/^rjv uv-
Tiüv tha xov tu %aXs Tia yvävai ävvafitvov xai [xri (iqdia av&Qwnifi yi-
Vüjaxtiv tovtov Goipov (tö yao ccia&ävea&ai naVTiov xoivbv , äib Qqdiov
xai ov Gotfiöv)' '£ti tov axQiß^cfTSQov xai tov Sid atixaXixwT tqov twv altCiov
aoqxäxtQov elvai TitoX näaav imoxrifiriv xai xmv iniGT7\fimv 3h tj\v
Kvrf/f hvexev xai tov tldtvai %äoiv aiQSTrjV ovaav /u&XXov eivai Goqu'av rj
Ttjv i(öv anoßaivovTwv 'ivex&v, xai ti\v aq^ixioTioav Trjs vJirjoeTovGrjg fj.äXXov
elvai aoif>lav (69) du yctn ravTrjV tö>v nntoTwv uq/iöv xai ai-
Tiäv clvat ■d-swQtjTixi^v (983 a. 12) ao%ovTai fiiv yao, ägmo iinofxiv,
imö toxi S-avfiäCetv nävTeg el ovTtag i%u Sil ä\ eig tovvuvtCov xai
tö clfiuvov xaTa TTjV naooifiCav anoTeXtvTriGai .... oiidiv yao av ovtid
9-avftäositv avtjQ ytiofitTDixbg <og sl yivono 77 SiäfxeTQog ^frpjjrij.
51) Anal, post. II, 19, 99b. 34.: ipaCvtTai 3h tovtö ye n&Oiv inaQ/ov
ToTg Zoioig' e%ei yao övva/xiv avfUpvTov XQiTixfjV, rjv xaXovaiv aTo&r)OiV
(vovOris 6' ulad-rjatios ToTg fihv T(Sv £o)<dv lyyCverai fiovr\ tov aia&rj^iaTog, ToTg
3' oi'x iyylveiai' Saoig ptv ovv fii] iyylvtxai, oix cGti TovToig yvtöaig
iiio tov alo&avto&ai , tv oig d' svsGtiv alo&avofifroig €%uv Hi iv Trj
52) Metaph. A, 1, 980 a. 25.: to öoäv alnov/te&a ävTi naVTiov tag elrceiv
106 IV. Aristoteles (Apodeiktik).
Der Mensch aber besitzt noch ein Weiteres ; bei dem Menschen wird
aus dem Gedächtnisse die Erfahrung (IjwrEtpt'a), indem Ein ruhendes All
gemeines in der Seele festgehalten wird, und von hier aus wirkt die
schaffende Thätigkeit (rB^vif) und vernunftgemässe Erwä^imgJ^oyiöfio?)
zunT^TreTTüfij des Wissens fort 53). Der Tffenscti haT eine vernünftige
Seele, und die mit Vernunft ausgerüstete Seite derselben, das loyov tyov,
ist von Anbeginn und stets theils auf das Gebiet des Andersseinkönnen
den theils auf jenes des Nichtandersseinkönnenden gerichtet 54). Die ge
meinschaftliche und einheitliche Wurzel aber dieserJbmdwsejJjgeji^B^li-"
tuiig ist /ter votTgT^elcTieT^TOf^ediiiTli ^rmmn^des Wlasfiffls ist 5o).
Die Art und Weise nun, wie diesen vot5g™Anstoteles fasst, gibt uns
einen wesentlichen Anhaltungs-Punkt für die ganze Entwicklung der Apo
deiktik, denn wir werden —■ wohl wahrscheinlich hiebei im Sinne des
Aristoteles verfahrend — nur explicit Sämmtliches herausholen dürfen,
was implicit in dieser ursprünglichen Grundlegung der Function des vovg
enthalten ist. Der vovg ist für die Seele, was das Auge für den Köriojv
aXXtov atriov S* ort piäXiaza noiü yvtoQ((tiv ti fjfiäg avrr) ztäv cd-
O&r)0e(ov xal rcoXXag ärjXol iiatpogas (b. 21.) tfQÖVifia fitv avtv tov
fiav&avetv , ooa /xij dvvciTcti ztäv lpöiftnv äxoveiv , oiov fikXiTTa, xal ei
ti TOioiiroy aXXo yivog £,<p(ov itszi' uavfhavti cF baa 7ZQÖg ry /*vyftrj xal
xauirjv eyu tt)v alaSrjaiv. d. sens. {, 437 a. 2.: noXXag yaQ eUayyiiXovOi
äiatpoQag (sc. al aloS-rjaeig) iS tov rj ze tiov vorjzwv iyylvtzm tfQovnatg
xal r) rtöv nqaxxäv avztSv äi tovzojv tiqos fiev zä avayxaTa XQtCzztov r)
o\pig xal xa$-' ai/TrjV, nQog öi vovv xalxaza Oujiißeßtjxos r) äxor\- SiatfOQag
ftiv yitQ noXXag itgayytXXu xal navzoSanag r) Ttjg bxpsoig dvva/Mg r/
ä' axor) rag tov xpotpov öiatfOQttg fiovov, dXCyuig dl xal rag ttjg tptol'ijg'
xcträ avfißeßrjxög nQog ifQ&vr\aiv r) axor) tiXhotov av/ußäXXeTat (ti'Qog, b
yaQ Xöyog atztog iazi zrjg fia&rjoetog äxovazbg tov, ov xad? avzbv aXXa
xazä avfißfßrjxbg ötontQ tfQovtfttÖTtQOi Ttöv ix ytvtTr)g iaTtQ-nfiivtov
tlalv ixuzs'Qag Ttjg ala&rjßttog ol zvtfXol Ttöv Ivttöv xal xtotptöv.
53) An. post. a. a. 0. wird fortgefahren: noXXäv Si toiovtiov yivoiiivtov
r\Sr\ StatfOQa Tis ylvtiai, üjOts roTg fiiv yCviaS-ai Xöyov Ix zrjg Ttöv toiov
tiov fiovijg, rots <F£ fir] • Ix {Jiiv ovv alo&r)attog yivtzai fivr\fir\ , ägniQ X£-
yoiitv, ix (5f fivr]ixtjg noXXäxig tov airov ymo^i(vr\g i/irttiQia' al yaQ
noXXal /j.vrjfiai t^5 aQi&fi({> IfincioCa jiCa iazCV ix ä' IfMtiDtag -rj ix navidg
T)Q(fir]aavTog tov xa&6Xov Iv 15 ifiv/fj, tov evbg naoa tcc noXXa, S äv
Iv anaaiv iv ivij ixtlvoig tö ai/TÖ , Tiyyr\g aQ%r) xal iniOTr]iir\g , iav jj.\v
ntol yivtoiv, z^/vrjg, iav &k nenl to ov, iniaTr\nr\g. Mctaph. a. a. 0. 980b.
26.: t« jjiiv ovv l'O.Xa Tals V avtaaCaig fi; xal TaTg fj.vr]fiaig , ifinetolag äk
fitTt'xei /j.ixqoV, to d*t Ttöv av&Qwnwv yivog xal zt/vy xal XoyißfioTg • ytvs-
Tai d" ix Trjg iivr\iir\g ifineiQla TOtg avti-Qiönoig' al yaQ TzoXXal fivr)fiai
tov airov TiQayiiuTog fii&g Ifintiolag dvva^iiv anozsXovßiv xal äoxet
aytddv iniazr)fir] xal zfyvy b/xoiov elvai r) 1/j.neiQCa. Vgl. Anm. 90.
54) Eth. Nie. VI, 2, 113'ja. 0.: xal v7Zoxe(ß&<x> Svo za Xöyov tyovTa, kv
(ilv m xheuQovuev za^Toiavza t(Sv ovtiov oo~cov al ÄQ/al fir) iväi/oVTat
aXX(og c/eiv, t'v d*i to tu ivdeyofieva' nobg yaQ r« rw yivu tzeQa xal
Ttöv zrjg \pv%f\g fxoQliav eziQov zt7> yfvtt zb TiQog ixaTCQov izetpvxbg, einep
bfioiözriTit ziva xal olxitoTrjTa r) yvdäotg v7TäQ/ei aiiTolg ' Xeye'o&oi &i
zovzwv to fj.lv iTitaTijiiovixbv to St XoyiOzixov (das Xoyiazixbv liegt dem
Dialektischen näher, sowie das iniOzr\iiovixov dem Apodciklischen).
55) Anal. post. I, 33, 88 b. 30. : Xtyto yaQ vovv an/r)v i7iKSTr\fir\g. Ebend.
II, 19, 100 b. 15.: vovg av slrj iniazi]fir\g aQ%r). Eth. Nie. VI, 0, 1141a. 7.:
Xttntzat vovv tlvai Ttöv aQ/üv. Betreffs des Verhältnisses zwischen vovg und
tfQÖvrjaig s. meine Schrift: Uebcr die diauoctischen Tugenden in d. Nik. Ethik
des Arist. München 1852, S. 10 ff.
IV. Aristoteles (Apodeiklik). 107
per ist56), er ist die unmittelbare Einheit in der Duplicilät unseres We-t,
sens, denn er erfasst einerseits das transscendente Eine, Göttliche57), undr
andrerseits ist er es auch, welcher das Einzelne, Viele ergreift 58), ja es
wird in diesem Sinne , d. h. von einem wahrhaften Anthropologismus
aus, selbst die Sinneswahrnehmung ausdrücklich vovg genannt59); uud
indem so der vovg der geistige Sinn für die beiderseitigen Urlheile ist,
sowohl für jene, welche ein Ewiges und Ursprüngliches aussprechen, als
auch für jene , welche auf das Gebiet des Vergänglichen sich beziehen,
so kann er mit Recht der Anfang und das Ende, das wahre A und £1,
des Apodeiktischen genannt werden 60). Aber eben da er so die Real
potenz des Wissens ist, so erfasst er, was er erfasst, als ein Unmittel
bares, d. h. als einen ersten Ausgangspunkt eines sich hieran erst ver
mittelnden Wissens, und er steht daher vom ersten Beginne seiner Func
tion an bereits jener Richtung gegenüber, welche auf das Sinnliche und
bloss Mögliche als solches hingewendet wäre 61). Nemlich vermöge des
vovg wird während und innerhalb der Sinueswahrnehmung das xa&öXov
ergriffen und das Gleichartige in einer einheitlichen allgemeinen Annahme
ausgeprägt62), denn es „denkt" die Seele die begrifflichen Formen (t«
56) Elh. Nie. I, 4, 1096 b. 29. : toc vag iv <S(6fiajiJkl>ig Liv Jpvyii VQ.Vi-
57) Ebend. , wo fortgefahren wird : o/jolwg St xal ntql Tijg tu"(ag- it yan
xal tanv sv ti To xotvrj xazriyoQovftevov ccya&dv rj yiogiOTÖv ti uvtö xa&
avxo , SfjXov mg oix av ett] nqaxTov oiSt XTijTov &v&qto7iüi • vvv ö*i rotovröv
ti (rjTtiTai.
58) Ebend. VI, 12, 1143 a. 26.: Xt'yo/uev yaq yviäfirjv xal avveOiv xal
iggovr/aiv xal vovv inl Tovg aviovg inuft'qovTtg yvutfiijv i/uv xal vovv
ijaij xal (fQovCfiovg xal OvvtTovg' naaai yaq al övväfisig ainai tiov iayäratv
eial xal tcöv xa&' 'ixaarov.
59) Ebend. b. 4.: ix tiov xa&' exadra yaq rö xafröXov tovtiov ovv
fj(fi)> fei fftfr#q/fffc CtSWi^i.tet^yogj-. Es ist diess der völlig neblige Grund
satz, dass des Menschen Sehen undHören u. s. f. als menschliches eben einj)öjicj:cs
ist, als der bfosse Act des Sinnes - Werkzeuges als solcher; d. h. mit anderen
Worten , der Mensch muss auch das Sehen lernen.
bu) hbenara. ob.: xai yan tiov nqioTtov oqiav xai tojv io/aziov vovg
iaii xal ov Xoyog, xal ö fiiv xaTa Tag anodelljeig tüv axivrjTiov oqiov xal
nqmTiov , 6 rf' iv Talg nqaxzixalg tov tayaToy xal ivStyofiivov xai Trjg
ireqag nqoTaatmg' äg%al yaq tov ov evexa avzaf ix tiov xaS-' fxaöra
yaq t6 xa&6XoV tovtiov ovv tyeiv ätl ala&rjOiv, avTr) (T iarl vovg. äio
xal (pvoixä äoxtl elvai Tavra, xal qvoei aoifibg fiiv oidtlg, yviöfirjv de
tyiov xal avveOiv xai vovv. cSrjfitlov o oti xal Talg TjXixlaig olöfit&a axo-
Xov&tlv, xal rjät rj ijXixia vovv eysi xal yviöfirjv, log Trjg qivifeiog alTt'ag
ovoijg' fad xai aoyh xai TtXog vgjjt^ ix tovtiov yaq ai anoätig'iig xal ntql
TOVTtOV. ""
61) Ebend. 9, 1142a. 23.: oti J" ij if.qovrjaig ovx iniarr)firj, ipavegov
tov yaq iai/aTOV IotIv, cogntq tiqrjrai, to yaq nqaxTov toiovtoV avrCxtijai
fiiv St) Tiji yöi' 6 fiiv yaq vovg tüv oqiov, iöv ovx eazi Xoyog , rj Si
tov ißxÜTOV, ov oix eOTiv i7itaTr]/j.rj, äXX' aiO&r)Oig.
62) Anal. post. II, 19, 100a. 15.: öTaviog yaq tiov adiatföqtov ivög,
nqtÖTov fiiv iv Ty if>v%fj xa&6Xov, xal yaq ala&avtTai fiiv rö xa&' sxaotov,
rj J" aiOdijöig tov xa&6Xov iaTlv, olov äv&qwnov , äXX' oi KaXXCov
av&qoinov, naXiv <J" iv TovTOig tOrarai, icog av r« ct/ieqrj oirj xal tu xa-
9oLov, oiov Toiovdl £tjjov, saog fcjioi', xal iv tovtio (ogairwg. Melaph. A, 1,
981a. 5.: ylvtTai St Tt"yvrj (s. Anm. 53. u. 68.), otuv ix noXXiSv Trjg i/xnuqlag
ivvotjfiaTmv fiia xa&6Xov yivrjrai ntql toüv 6/j.o(wv vnoXrjipig. Phys.
ausc. VII, 3, 247 b. 9.: rj d' #f aq/ijg Xrjxpig Trjg ImaTrjixrjg yivtaig ovx iaTiv
TcjJ yaq rjqe/j.rjaai zfjv Siävoiav tnCGTaod-ui xal (pqovtiv Xfyoptv. Vgl. Anm. 90.
108 IV. Aristoteles (Apodeiktik).
elSrf) in den sinnlichen Eindrücken 63) ; und somit wurzelt die begriff
liche Form in der Seele, welche das „Organ" hiefür ist84). Der vovg
ist das für die begriffliche Form und für die innere Wesenheit der Dinge
Empfängliche65), er ist jenes Princip, durch welches wir die Begriffe
erkennen 66), und vermöge der hiezu von ihm ausgehenden formbilden
den Thätigkeit kann er selbst die Form der begrifflichen Formen (eldog
etdüv) genannt werden07). Die Bewegimg, welche von jenem ersten
Anfange und der ersten erfassten begrifflichen Form ausgeht, ist das
Denken, und so entsteht durch die schaffende Thätigkeit der Seele alles
dasjenige, wovon die begriffliche Form in der Seele ist, indem das Denken
in seiner Bewegung zu einem Letzten, Abschliessenden hinstrebt68).
So also setzt der vovg, sobald er nur thälig auftritt, von vorneher
ein das sinnlich Wahrnehmbare in das Begriffliche um, aber er ist auch
eben darum an die Erfahrung gebunden. Die Seele kann nicht ohne die
sinnlichen Eindrücke denken und der active vovg überhaupt nicht ohne
den passiven thätig sein °9), denn da kein Ding schlechthin von der sinn
lich wahrnehmbaren räumlich ausgedehnten Grösse getrennt ist , so be
wegt sich das Intelligible in den wahrnehmbaren Formen , und nicht
bloss die Betrachtung der äusseren Facta sowie selbst die Mathematik
sind an die Wahrnehmung geknüpft, da ohne diese es kein Lernen und
kein Verständniss gibt, sondern selbst das rein Theoretische muss zu
gleich die Eindrücke betrachten 70). Aus der Wahrnehmun^_jimi^inner-_
, 63) D. an. III, 7, 431a. 14.: Trj dt dtuvorjrixrj ra (favTaajj.ara
\ OIOV «lad-TjflCtTU V7IttQ%€l (62.) T« fllV OVV lldt] TÖ V07JTIXOV (V TOlff
1 tpavTaaiiaOi voeT.
64) Ebend. 8, 431b. 29.: ov yaQ b It&og Iv T^I^VXS,' «M«, T0 fWoff'
t&Ort t) ägneo \ gt(o IotiV xrrt yapjytloo'(>yctr6r laziv bö^avtov.
Vielleicht iruj£.'aucU jjgsc Stelle dazu J)cia~uass clieTogik "als'Wganon tcajjclTRet
wurde, s. unten Anm. TT6 tll ' "T ~*~
65) Jlbend. 4, 429a. 15.: dexTixbv de rov eidovg , sc. To fxöoiov tu Ttjg
ipv%rjg (!) yivdoxti Tt r) ipv%r] xcti tpqovet. Melaph. yl, 7, 1072 b. 22.: To yaQ
S^xjixbv rov yor\Tov xai Tvg ova(ag_vovg (s. Anm. 101.). —*
'"' 'SfifÄnaTposl'! I, 'S, i'l b._ 23™ ou ftovov lniaxr\fir\v aXf.a xai «ß/JjV Ini-
<STr\y.r]g elvaC tivo. (pctfiiv, y rovg oqovg yvuiQt^üfiev. Vgl. Anm. 55.
. 67) D. an. III, 8, 432 a. 2.: xai 6 vovg eidog eidüv B,inär)TMV. ■ ■ xai rj ata&rjcng eldog
68) Metaph. Z, 7, 1032b. 1.: and rfyvrjg de ylvtrai oatav rö eldog Iv rij
ipv%rj ' eldog dt le"yto tö tC r\v elvai exdarov xai rrjv TiQiaTrjV oia(av
olov'vyCeta rj d" iyCeia b Iv Trj i//i>/ij i.öyog xai Iv Tjj iniGTrjfirj- yCvtTai
di) to vyieg vor)aaVTog ovTiog ' ineidrj Toäl vyCtia, aväyxrj, ei vyiig ^arat, toöi
vnaQiui, oiov b[ial6Tr)TU, ei de tovto, &eQf* 6 Tt) ra ' xai ovT(og äel'voei, e(og äv
avaym eig tüvto o airbg ävvurai eOyaTov noieiv eiTa r\Sr\ i) anb tovtov
x(vr\äig noirjüig xaXeiTai, r) Inl rb iyiaCveiv (15.) tüv de yevttieiov xai
xtvrjaewv r) ftev vorjaig xuleirat, r) de noCrjOig, r) iiiv änb t?/j aQ/rjg xai tov
eidovg vörjOtg, r) d" «7tö toC zeXevxaCov Ttjg vor]oeo)s Tiot'rjoig.
69) D. an. III, 1, 431a. 14.: tj de diai'orjrixrj if>v/?j T« (favräofiaTa
olov aiadrjfiara inaqyei .... äib oväe"noTe voel avev (favTaa/iaxog r) ipv%ij.
Ebend. 5, 430 a. 24. : ö dt na&rjTtxbg vovg w&anrbg, xai avev tovtov oiSev voeT.
70) Ebend. 8, 432 a. 3.: (nel Se ovue nnäyiia ovde'v Ioti naqa ra jxeyi&
rj, wg öoxeT, tu ßfa^jjTß xe/oiQiauh'ov, Iv xoTg eideoi roig alo&r]ToTg
r« vorjTct lort, zärelv atpatqiaei keyS/ueva, xai Saa Twy alo&rjTÖiv ?»£tf xai
nä&r). xai Sid tovto ovre fiij aiß&avöfievog ^irjdiv oiäev av jxäfr-oi oidk
'£vvelr\, otuv Te 9-eiaq^, aväyxrj [ifxa (f avzaa/ua n &eto(>eTv, t« yaQ (pavra-
OpttTa ägneQ aia&rjfiaTa Ioti, nlijV avev vXrjg.
/ *
t v
IV. Aristoteles (Apodeiktik). 109
halb derselben_ besitzen wir das xa&olov, denn die Sinnes - Empfindung
isfjivo|[I_j)i^ allgemein; und
manche wissenschaftlicTieUntcrsuchung würde sogleich enUchieHen, wenn
uns die Einsicht vermittelst der Sinne verstattet wäre 7 1), d. h. weil un
sere Sinne an zeit-räumliche Gränzen gebunden sind, ist auch unser Wis
sen beschränkt. Ja es ist überhaupt schlechterdings unmöglich , ohne
Wahrnehmung zum Wissen zu gelangen, und das xadökov kann ohne
Induction gar nicht erreicht werden , die Induction aber fussl auf der
Wahrnehmung72). Der vovg in unserer Seele kann wegen seiner Ver
flechtung mit den Sinnen gerade dasjenige nicht sogleich oder schon zu
Anfang seiner Thätigkeit erblicken, wras in dem inneren Wesen der objectiven
Natur das Hellste und Glänzendste ist, er ist vergleichbar den
Augen der nächtlichen Thiere, welche nicht in das Tageslicht blicken
können 73). Für den Menschen ist eben das Sinnenfälligc und das Ein
zelnwesen das kenntlichere, insoferne die Kenntniss desselben früher ein
tritt; erst später gelangt er zu jenem, was als das Ansichsein der Dinge
das allgemeinste und wesentlich erste ist 74) ; ja darum wird ausdrück-
71) Anal. post. I, 31, 88 a. 4.: ix yäg tojv xad-' exadra nXewvav to
xk&oXov dr)Xov (11) Ioti fiivToi evia ävayö/jeva eis ala9-r]aeo}g ixXeiipiv
iv Tolg ngoßXrj/jaatV ivia yäg el etogiöfiev ovx av i£r]Tovfiey , ovx tag
üSÖTeg Tip dgäv , äXX' (ög e/ovreg to xa&öXov ix tov ögäv' olov et tt)v
viXov riTQVTirifiivriv ewg<ä/jev xal to (pcog dtibv, dr)Xov (tv r\v xoil diä it
xatei , to ogäv /je v /woig icp' ixuarr/g, voijOai d' clua ort tnl naawv ovmg.
Ebend. II, 2, 90 a. 25. : (rjTov/jev yäg ut) yo&rj/jivoi, , oiov Tr)g ixXeC-
\p«og, el lariv i) jxr\' el <$" tjfiev inl Trjg aeXr\vr\s , ovx äv iCrjTov/jev ovt'
tl yCvexai ovre dtä tC, aXX* äua dijXov r)v av' ix yao tov alo&eo&at xal
to xa&6Xov iyiveTO av r)jjlv eldivai' 1) fiev yao aia&rjoig, ort vvv ävTKpgÜTtu,
xal yäo dr)Xov Sri viiv ixXelnei' ix de tovtov to xaS-6Xov av iyiveTO.
72) Ebend. I, 18, 81 a. 38. : (favegov de xal ort, el Tig ala!h\aig ix.Xe"-
Xamev, avayxr) xal^ lmaTr]iir\v Tivä ixXeXome'vai , rjv ädvvaxov Xaßelv,
tXneg fiav&avo/jev rj inaywyrj rj anoSeCiei ' ?0Tt dy r) fiev änodetSig ix |
läiv xa&6Xov , r) d' inayioyr) ix ttöv xarä fiioog' advvuTov de tu xaOöXov
#iagr)aai ufj dV Inaywyrjg inaxS^vai de ur) tyovTag ala^rjOtv adv-
Varov t&v yäo xa&' exaörov r) aiafi-naig, oi yäo ivde/eTai XaßeTv avvojv
Ttjv imaTr\Lir\v ' ovre yäg ix tüv xadöXov ävev inaymyr\g , ovTe dt' inayioyrjg
avev rr\g ala&ijaecog. S. Anm. 75.
73) Mctaph. a, 1.: 993 b. 9.: ägneo yäg xal r« t<öv vvxTegCdcov ofijiuTa
irpö; to iffyyog eyei to pe$-' ■fjfj.e'gav , ovTta xal Ttjg ■ijfieTe'Qag ipv^g 6
vovg jtgog Tee tj (fvaei ipaveoiaTaTa naVTtav. Die Ausdrucksweise in dieser
Stelle ist etwas stark wcltschmerzlich und eher platonisch als aristotelisch ; das j
ßneb « der Metaphysik gibt uhernaupt Stoff zu manchem Bedenken.
74) Anal. post. I, 2, 71b. 33.: nooTega ä' io"Tl xal yvtogifitaTega di/ag"
w yäg TaiiTov ngÖTegov ry (pvdei xal ngbg tj/^äg ngoregov , oide yvoigipiuregov
xal ij;uiv yvtogifMüTegoV Xe'yco de ngdg rifiäg fi'ev ngoTega xal
yviagiuoiTega 1« iyymegov T^g ala&rjOewg, äniäg de ngorega xal yixogifiouo
« ik noggwTegov ' idTi de 7ioggtoTaT(o /xev tcc xaH-oXov fiäXiOTa, iyyvratw
de tu xa&' exaaxa' xal ävjCxeixai t«Ct° äXXtjXoig. Pliys. ausc. I,
5, 189a. 5.: to jj.lv yäg xa&6Xov xarä tov Xoyov yvwgi/xov, to de xaS-'
ttaaxov xaTä Trjv aiö&t)0~iv' 6 /uev yäg Xöyog tov xaä-öiov , r\ d' aXo^rjOig
toxi xmä /ttgog. Ebend. I, 1, 184 a. 16.: tiitfvxe d" ix t<3v yviogifioiTe'guv
*ll*iv fj ödög xal aaijeo'Te'gwv inl tu GatfiiOTega Tjj (pvoei xal yvutgtfuötiqu'
ui yäg TavTä rj/jlv tc yvtagi/xa xal änXwg' diöneg aväyxr) tov too-
Ttov ioStoj' ngoäyeiv ix tojv aaayeOTe'gtav fiev zrj tf voei rjfj.iv de Oa(peorigtov
Inl t« acufiOTega Ttj ipvaei xal yvugi/jiÖTega' iaxi d" r)/j.iv ngtätov
Sr)Xa xal aaqpr) tu üvyxe/vfi^va fiäXXov, vaxegov d" ix Tovxmv yvtö
110 IV. Aristoteles (Apodeiktik).
lieh die Induction (Näheres über dieselbe in Anm. 643 f.) als das Frühere
bezeichnet 75) ; sie ist eben jene ifijrap/a, von welcher wir oben, Anm.
53, sahen, dass sie zunächst an das noch sensuale Moment des Gedächt
nisses sich anknüpft , und inhaltlich ist dieselbe überwiegend dem Ein
zelnen zugewendet, sowie andrerseits die schaffende Thätigkeit des Gei
stes dem Allgemeinen 7G). Dass jedoch dieses nur ein relatives Uebergewicht
dem Inhalte nach sei, und die formelle Function des Denkens als
einheitliches Band beider wirken müsse, erkennen wir daraus, dass einer
seits durch das Erfassen des Allgemeinen das Einzelne wenigstens der
Potenz nach schon mitgegeben ist und daher in manchen Fällen auch
wirklich in ihm bereits enthalten sein kann77), sowie hingegen andrer
seits vor der Gefahr gewarnt wird, welche durch einseitiges Festhalten
einer aufgefassten Allgemeinheit dem richtigen oder vollständigen Wissen
des Einzelnen droht78).
Und wie weit überhaupt Aristoteles bei aller Hinlenkung des vovg
auf die Erfahrung doch von jedem gewöhnlichen Empirismus entfernt sei,
spricht er selbst auf das deutlichste aus. Das Gebiet des sinnlich Wahr
nehmbaren als solchen ist das dem steten Wechsel des Entstehens und
Vergehens unterworfene79), es trägt den Charakter der Menge und des
qifia tä OTOi/tTa xal at ao/al äiatgovOi, ravra. Wenn hier dann sogleich
fortgefahren wird: (Fio ix twv xc<&6Xov inl xä xa&' ixaoxa Sei nooiivm,
so enthält dieses durchaus keinen Widerspruch , denn die unmittelbar folgenden
Worte (to ä\ xad-öXov bXov xC ißxi) zeigen, dass hier xa&6Xov ein überhaupt
allgemeineres Ganzes bezeichnet, welches eben wegen dieses „ Ueberhaupt " den
Sinnen näher liegt und erst durch Zergliederung auf die einzelnen wesentlichen
Thcile und Ursachen hinführt.
75) Anal. post. II, 19, 100 b. 3.: äijXov ö*rj ort tjfitv tu nqwxa inaywyfj
yvwoC^etv avayxalov. Eth. Nie. VI, 3, 1139 b. 26.: ix nooyivwa'xofiivwv äi
näaa äiöaaxaXCa .... i\ fitv yao dV inaywyijg tj avXXoyiafitp' rj fiiv
Stj inaywyr) ^°*Tl XC!^ T°v xa-9-oXov , 6 äi gvXXoyiauög ix twv xtt&o-
Xov eMv «pa aQ^al l'S wv 6 avXXoyiafiög , wv ovx tau avXXoyiafj.bg •
inaywyj] «p«. Vgl. Anm. 87.
76) Melaph. A, \, 981a. 15.: t) fj.tr ifineipta twv xa& %xuot6v ioxi
yvwaig , r) <5e Tiyyn xwv xaü-öXov (630) o fiiv efinuQog twv bnoiavovv
i/ävTwv ctiO&t)<jiv elvai. öoxet aofpwTSQog, 6 fik xv/yixrjg twv ifintlqwv.
77) Anal. posl. I, 24, 86 a. 23.: fiäXiOTa oi äijXov öti r) xa&6Xov xvqiiot£
qc(, ort twv nooxaOewv tt)v fiiv ttpot{quv e/ovxeg iOftev nwg xal tt)v
vOTioav xal tyo/xev ävvafisi , oiov et Tig otStv ort nav TQtywvov Svalv
bqS-aig , o?oV nwg xal xb iaoaxtXig ort Svo oQ&atg, dvvafiti, xal ei fir)
oiitf rö iaoaxeXig ort TQCywvoV 6 dh TavT-qv e/oiv xqv nqoxaaiv to xct-
&6Xou oidafiwg oltiev ovxe Svveifiu ovxe ivegyela' xal 7) fiiv xa&öXov vo-
■nxr) , r) rff xaiä fifnog eig ato&rjOiv xeXevxCf. Ebend. I, 1, 71a. 17.: ?o*rt
äi yvwpl£eiv xä fiiv noÖTtnov yvwnt&VTa , twv b*e xal äfia XafißävoVTa
TtjV yvwoiv , oiov öaa Tvyxavti bvra vnb to xa&oXov wv e%ei tt)v yvwOiv
ivCwv yctQ tovtov tov TQonov r) fidS-rjalg iOTi , xal ov Jt« roü fiißov
to Zcf/aTov yvwo(£iTai , off« rjärj twv xa9-' ?z«o*r« Tvy%üvu ovru xal fitj
xa&' v7ioxei[tivov Ttvög.
78) Ebend. 13, 79 a. 3.: ourot yao k/ovai twv uItCwv Tag anoStCStig,
xal TtoXXäxig oi/x XoaOi to ort, xa&aneo ot rö xa&oXov &twoo5vTeg noXXäxig
Ivia twv xa&' 'ixaatov ovx Xaaai dV ävenicfxerpiav. Melaph. A, \,
■981a. 21.: iäv ovv avtv Ttjg ifineigtag i%ri Tig tov Xoyov xal rö xa&6Xov
fiiv yvwottq tö d" iv tovtw xaä-' exaOTOv ayvotl, noXXaxig cft«lUKprj)0*ETat
TTfg &toa7ieCag.
79) Melaph. r, 5, 1010 b. 29.: 6 y&Q nenl fjfiäg tov ai(S&r)Tov Tonog Iv
<p9-oQi{ xal ycvtaei äiareXeT fiovog wv.
IV. Aristoteles (Apodeiktik). 111
TheilLaren im Gegensatze gegen das Eine und Untheilbare an sich 80),
und in dieser doppellen Eigenschaft entbehrt es der nothwendigsten und
wesentlichsten Bestimmung, welche für die Apodeiktik und das Wissen
besieht, nemlich des xa&oXov. Die sinnliche Wahrnehmung ist beschränkt
auf einen einzelnen individuellen Gegenstand, sowie nach Ort und Zeit,
und vermittelst des Wahrnehmens als solchen allein besitzen wir noch
kein Wissen, und von demjenigen, was vergänglich ist, kann, soweit es
vergänglich ist, keine apodeiktische Begründung bestehen, denn das wis
senschaftliche Erkennen fordert Einheit und Allgemeinheit 8 1). Ebenso
weist auch schon der blosse Gesichtspunkt des Nichtandersseinkönnens
(oben Anm. 48) den gesammten Umkreis des vereinzelten sinnlich Wahr
genommenen auf das Gebiet des Meinens hinüber und schliesst ihn vom
begründenden Erkennen aus82); und endlich klebt der' Jjjäflgfrl A?s.Wj;-
rum gegenüber dem Dass „wesentlich a!TenSinh'cs'-'\\ alirnehnuiiiff'n an,
"so "da ss auch 'darum sie nie als ein Wissen1 HSÜBlchriet werden'dürfen **) ;
nur ähnlich ja dem Denken und Sprechen ist das Wahrnehmen S4).
Wenn nun weder durch den vovg allein noch durch die Wahrneh
mung allein das menschliche Wissen zu Stande kömmt, so bleibt nur
übrig, dass entweder es überhaupt kein Wissen für den Menschen gibt,
oder dass die Vereinigung jener beider die Quelle des wissenschaftlichen
Erkennens ist. Dass ersteres nicht die Ansicht des Aritoteles sei, wel
cher das Leben des &ea>Qrjn%6g als das höchste und beste bezeichnet
und die glückliche Existenzweise desselben schildert, ist von vorneherein
klar; und dass letzteres nur in der Entwicklung des vovg, welchen wir
80) Ebcnd. *, 3, 1054 b. 27.: dia to /xaXXov aia&rjTov to nXij&og elvat.
xal tö äiaiQSibv fj to udtaCQeTov, (Saze tiü Xoyto nqoitoov to nXrj&og
tov üäiutQe'iov dtä TijV uta&rjOiv.
81) Anal. post. I, 31, 87b. 28.: oide di uia&t)aei»g eaztv InCaTUO&ai'
il yäq xal eaziv ij cä'ö&TjOtg tov Toiovde xal [ty zovde ztvog , &Xk* aia-
&ävto&ct( ye dvuyxalov ToSe ti xal nov xal VvV to de xadoXov xal InX
nüotv Aävvazov alad-dveaöat' oi yctQ rode ovde vvv, oi yctQ av r\v xa-
&6X0V Inel oi/v cd fjiiv unodetietg xud-oXov , zuvzu <T ovx eaztv aiad-uveo&
ui, ifuvtQÖv ort ovä' tnCazaO&cu dV uloürjoeiog toztv. Ebend. 8,
75 b. 24.: oix eaztv uqu cmodeiStg ziöv tp&uQzwv oid' ImozyfiTj änläg,
uXX' ovzcog (agnin xazu av/xßeßrjxög , ozi oi xa&oXov uizov iazlv ctXi.it
uotI xal mag. Metaph. B, 4, 999 b. 20. : ehe yctQ fitj eOTi ti naoa tu xad-'
exaozct, tu dj xa&' exuazct annoa, tiöv ujzeiQiov nug h'ätytTai Xaßelv
ixiarrifiijv ; n yctQ Sv ti xctl Tuizbv xal y xudoXov tl vnuQ/ei, zavTy
nuvza yvoiQC^Ofiev.
82) Metaph. Z, 15, 1039 b. 27.: dtct zoiizo de xctl ztSv ovcliiüv tcSv aia-
JhjziSv twv xctft' exaazu ovO-' ÖQtOftög ovz' aTiödetgtg loztv, oti e/ovOiv
vXrjV rjg fj (fvOig zoiavztj dlaz' Ivde/eaU ctt xctl elvat xal /n/j' dio (fO^agzä
uitvza tu xctO-' exuazct aiziov' ei ovv rj t' ctnodetiig tiov üvayxut'tuv xal
ö öoco/Aog iTiiOTTjfiovtxog , xctl oix h'de'/eTat , ägntQ Ovä' tmaTi]iir\v ot\
fiiv IntOTrjfirjV ort d' ayvotav tlvcu, ctXXu do$ct tö toiovzov Iotiv, oiiicog
ovi' anöäufiv oiä' oqiO/xov , ctXXu rfo'f« IotI tov Iväeyofiivov aXXcag
yffiv, ärjXov oti ovx av eirj ctiTiov ovie OQtdftög ovre anöäeifig.
83) Ebcnd. A, 1, 981b. 10.: Iit de zwv ulaöqcjeiov oidtfiluv ijyovfie&a t
elvat aocf Cuv' xaUoi xvQiojTaTctC y' eialv avTai tcov xuf)-' exuarct yvoiaeig \
(s. nnten Anm. 156). ctXX' oi Xiyovat to dV« tC tciqI oiäevög, oiov diu tCj
itlQflÖV TO nilQ , CtXXct flOVOV OTI 3-tQflÖV.
84) D. an. III, 7, 431a. 8.: tö fiiv ovv ctlo&üvta&at, opowv tiS cpüvai
ftövov xal voüv. Vgl. Anm, 67.
112 IV. Aristoteles (Apodeiktik).
als ursprünglichen einheitlichen Ausgangspunkt der Dualität oben schon
kennen lernten , sich verwirklichen werde , lässt sich sowohl erwarten
als auch finden wir es durch des Aristoteles eigene Angaben bestätigt.
Ist der vovg jene unmittelbare Einheit, so repräsentirt er, wie sich von
selbst versteht, hiebei zugleich das ideale Moment, und zwar beruht die
ses nicht in einem passiven Schauen, sondern es ist nach aristotelischer
Anschauungsweise eine Thätigkeit und hiemit das Bewirkende in dem
Verlaufe einer Entwicklung, welche von einem Potenziellen zu einem Actuellen
fortschreitet. Und so treffen wir auch hier den bei Aristoteles
so oft wiederkehrenden Grundzug, dass in einer Entwicklung das innere
wahre Wesen von einem Stadium aus, in welchem es noch vom Stoff
lichen überschüttet ist, sich durch Entfaltung des äusseren Momentes be
reichert, um zuletzt in durchgebrochener Actualität sich selbst wieder zu
erreichen, — „Zuwachs ip sjoh gelbst^ hinein" (imSoßig sq> suvto) —.
Jede schaffende Thätigkeit überhaupt ist eine Potenz (Svva(iig), diejenige
aber, welche von einer Vernunft ausgeübt wird, unterscheidet sich von
den übrigen nicht bloss dadurch, dass sie zugleich ein entsprechendes
Gegensatzpaar umfasst (s. oben Anm. 14), so«4ernau^h_idarin , dass ihr
Potenzielles immer wieder auf einem vorhergehenuen ActuelTen (ngosvtQytlv)
beruht 85). So steht der active vovg (noirjtmog vovg) mit seiner
ursprünglichen Actualität dem passiven, reeeptiven vovg gegenüber, er
ist in seinem Wesen keinen Einwirkungen von Aussen her preisgegeben
und hat seine Thätigkeit ausschliesslich eben in dem Denken, welches
seine Unabhängigkeit auch darin erweist, dass es innerhalb seiner Ob
jecto keinen Grad-Unterschied empfindet, sondern vielmehr bei heftigeren
Veranlassungen, im Gegensatze gegen die Sinnesorgane, seine Thätigkeit
steigert86). Eben aber, da er im menschlichen Wesen an ein anderes
Moment, an das der sinnlichen Wahrnehmung gebunden ist, so ist er
es, welcher durch seine Actualität den zum Wissen führenden Vermittlungs-
Process beleben muss; denn wenn blosse Erfahrung und Induction
das Frühere sind (oben, Anm. 75), ja selbst die ersten Gedanken sich
kaum von sinnlichen Eindrücken unterscheiden37), so ist das Wissen
nicht schon von vorneherein ein fertiges , sondern es entsteht erst als
solches. So beruht aller Zuwachs des Wissens, d. h. jedes Lernen und .
85) iletaph. 0,2, 1046b. 2.: <57ö näaai at Tt/vat xai ai noiqjixai Irtiaxfifuui
ävvüftetf eldCv anxai yar> fieTaßXr\TixaC eidtv tv allio rj äXlo' xai
at (Utv jUfT« Xöyov näaai z<äv ivaviltov ai avrcä , al rf' aXoyoi uin. £vds,
olov t6 &eQ/iöv tov 3-SQfj.atvtiv fxövov, r\ St iaTQixi) vöaov xai vyitlag.
Ebcnd. 5, 1047 b. 33.: Tag fiiv (sc. ovv&fitig) aväyxrj ngoeveoyrioavTag ("xt'V,
baut iS-ti xai Xöyit). Etil. Nie. V, 1, 1129 a. 13.: ävvafiig filv yag xai iniair)
fj.ri öoxeT raiv ivavTCmv ij avrij tlvai.
86) D. an. III, 4, 429a. 15.: anaS-lg «<?« Set elvai äväyxrj aga,
Inei navra voel , tt/ttyrj elvai.... 6 ana xaXov^ievog fijj xpv^ijs vovg (Xe"ya>
ök vovv <i> äiavoeiTai xai vnoXa/jßavei ij '/"OT) oiSe"v ioriv IvtQyCq rdSv
ovrmv noiv voelv d*id ovök utfil^ai evXoyov airöv iw aaj/xari (31.)
■fj fjev yao ata&rjOtg ov ävvarat alo&dvea&ai Ix tov 0<f6doa aia&rjTov
äiV 6 vovg ötuv ti vorjarj aifoäQa vorjTov, oi% tjTTov voel r« vnodtiOTtQa,
aXXu xai ftäXXov ' To fiev yao ala&tjTixov ovx ävev Ouifiarog , 6 fit /(ooiarog.
Vgl. Anm. 97.
87) Ebend. 8, 432a. 12.: ?« tfi nQÜTa votjuaTtt rlvi Sioloei tov /ui)
ifuVTÜafiaTa elvai; ?; ovök TaXXa (favxaOfiaTa, äXX' ovx avev qoaVTaafiäxiovIV.
Aristoteles (Apodeiktik). 113
jeder Unterricht, auf einem bereits vorhandenen Erkenntniss- Acte, wel
cher selbst wieder auf dem einen oder anderen der beiden Hauptmo
mente, nemlich entweder auf Induction oder auf apodeiktischem Apriori
schen, begründet sein kann, und auch diese beiden abermals berufen
sich auf eine schon vorhandene Einsicht88). Diese letztere aber ist ei
nerseits ein Wissen und andrerseits nicht, es ist nemiich eben ein Wis
sen bloss der Polenz nach , und es löst sich hiedurch der sophistische
Einwand (Abschn. I, Anm. 63), dass man beim Lernen ja doch nur lerne,
was man bereits wisse, denn die Art des Wissens ist verschieden, da
das eine potenziell und das andere acluell ist 89). In dem Wesen des
Menschen nemlich liegt es begründet, dass derselbe die Erkenntniss der
unmittelbaren Ausgangspunkte weder als fertige besitzt, noch sie ihm aus
gänzlicher Unwissenheit und ohne eine gewisse Befähigung seinerseits
gleichsam plötzlich emporschiesst, sondern der Mensch hat die habituelle
Potenz hiezu, welche aber als solche nicht eine höhere Stufe sein darf, als jene
unmittelbaren Erkenntnisse selbst einnehmen; aus der an sich niederem
Stufe der Sinneswahrnehmung demnach jene einzelnen Erkenntnisse zu
schöpfen, ist der Mensch befähigt, denn in der menschlichen Sinneswahr
nehmung wirkt eine Einheit und ein Haltmachen, vergleichbar dem auf
der AVirkung Einzelner beruhenden Stillestehen einer bereits zur Flucht
gewendeten Schlachtreihe 90). Jene habituelle Befähigung aber hängt
einerseits vielfach mit der ganzen Begabung und den Gewöhnungen des
einzelnen Menschen zusammen 9 l), und wer in dem apodeiktischen Wissen
88) Anal. post. I, \, 71a. 1.: Tläaa diöaaxalla xal näOa fiäS-rjOig äiavonztxr)
ix 7TQoij7iaQ/ovarjg yCvezai yvoiaeug öfioliog xal neql zotig
löyovg o'i ze 3iä avlloyio/xöiv xal ol cV l7ray<ayr\g' afjqözeooi yäq diu
nooyivcoOxofitvtov notovvzai zr)v äiSaaxaKav, ol /uer la/ußavovieg (ög naoa
£uvit'vz(ov, ol äi äetxvüvzeg zö xaitölov äia zoii ärjlov elvai zö xu&' exetazov.
Ebend. 18, 81 a. 40.: fxav&dvo/tev rj inaytoyy rj änoäet'iti. Vgl. Anm. 75.
89) Ebend. 1, 71a. 24.: nolv o tnaxdrjvai rj laßeTv Ovlloyio/xöv zqöi.
ov (ög ääl /xtv inCazazai, ozi xa&ölov InCertnai, änläg d" ovx inCaza
zai' tt äk firi, zö iv T(p Mivavi änöqr\fia avjußrjaezac rj yäq oiäiv fia&rjatiat
rj « oloev (b-7.) azonov yaq ovx et o«rf^ nag 8 fiav&üvei, all
fi tööl, oiov 5 uav&äva xal mg. Metaph. ©, 8, 1050 a. 1.: xal zöv pav&üvovza
avayxr] i/uv zi zrjg iniazr)firjg lo<og. Vgl. Anm. 96.
90) Anal. post. II, 19, 99 b. 31. : (paveqöv toCvvv ozi ovz' ts/tiv olöv ze
(sc. tijv yvdüaiv zäiv a/xiamv), ovr' äyvoovai xal fir]Se/xlav exovoiv f'ftv
iyytveaS-ai' äväyxr\ aqa hx&v fiiv riva övvafxiv, fir) zo(avzrjv S' tyeiv rj
eazai zovziav zifiicoze'qa xaz' axqtßeiav (100a. 10.) ovze är) iwnäq-
/ovaiv aaKooia/xivai al e^eig ovz' an:' ällcov e'Seiav ylvovzai yvojazixwze'qtov,
dlV äno aiaS-rjaeiog, olov iv fiä/tj zqonrjg yevofiivng ivög Ozävzog %zeqog
iaz-n, eiy ezeqog, eojg inl aqxr)v fjl&ev (Gleichnisse sind selten bei Arisloleles).
») de ijjv%r) vndq/ei zoiavzrj ovOa o'ia Svvaa&ai näo%eiv zovzo. Probl. XXX,
14, 956 b. 39.: Szi r) aTa&rjOig xal r) ätuvoia z(f> r)qej*eiv zr)v lpvx*)v iveqytt'
o xal r) iniazrjfir] äoxet elvai, ozi zr)v ipv%r)v i'oirjOiv. Ebenso etymologisirend:
Phys. ausc. VII, 3, 247 b. 10.: zo) yäo r)qefir)aai xal azijvai zr)v
öiävoiav ln(azaaS-ai xal ifQovitv Hyo/xtv. Vgl. auch Anm. 53. u. 62.
91) Metaph. a, 3, 994 b. 32.: al d" axooäaeig xaza za e&r) avfißalvau-
Oiv dg yäo tl(ü&auev, ovzojg aSioiifiev lZyeo&ai, xal zä nana zavza od/
Ofiota (falvsxai, älla dia zr)v äawr]&tiav ayvaOiÖTiQa xal StytxtSrtQa .
zi> yäo avvtjS-Bg yvoJQifMÖzSQOV.
l'Ri.ML, Gesch. I. 8
114 IV. Aristoteles (Apodeiktik).
Genügendes leisten will, muss eine scharfe Concentrirung des Denkens
'■ (ay%ivoi.ct) und einen glücklichen Takt, das Richtige zu treffen (tvGroyla),
\ besitzen 92). Andrerseits aber wird jene Fälligkeit auch durch jedweden,
\ selbst den geringfügigen, Beitrag intelligibler Thätigkeit der Mitmenschen
; gestärkt und gefördert1'3), und es lässt sich in diesem Sinne anch
in der Geschichte ein Forlschritt des Wissens der Menschen überhaupt
bemerken 94).
Ist biemit das Wissen seinem Wesen nach auf eine Entwicklung
aus einem Potenziellen hingewiesen, so wird es, wie schon bemerkt, hiebei
nur durch die Thätigkeit des vovg zum Standpunkte des Actuellen
hingeführt, denn dieser ist es, welcher überall bis zu einem erreichba
ren Letzten denkt 95). Hiedurcb erst wird er ein wissender, und ist er
dieses, so kann er sich selbst denken ; diess ist der Entwicklungs-Process,
welchen der vovg verwirklicht und an sich seihst erfährt, dass er von dem
| potenziellen Sich-Selbst-Denken zum actuellen Sich-Selbst-Denken fortschrei
tet96). Nemlicb in dem Denken ist der vovg in potenzieller Weise das Ge
dachte selbst, bis er es eben wirklich denkt, denn dann ist er es in aclueller
Weise; so ist er vergleichbar einer Schreibtafel, auf welcher actuell
noch Nichts geschrieben ist, vergleichbar aber auch in seiner schaffenden,
rein acliven und unvermischten, Thätigkeit, durch welche er das Gewussie
wird, dem Lichte, welches die potenziell vorliegenden Farben actuell
heraustreten macht91), — man sieht hieraus- wie lächerlich es wäre,
jene - aristotelische ,,SchEeihjafel" mit der ^J^achstafel" des Lpcke'schen
Km^ftsmiis 7,\\ verwechseln —-."""So ixt Ijlas^aenfflli' .^x^iiiLJilrnjjst-li
.mit dem Objecto, das potenzielle aber geht nur bei dem Einzelnen der
Zeit nacnvoraus, denn an sich denkt der vovg immer unablässig 9S). Das
92) Anal. pnst. 1, 34, 89 b. 10.: tj d" ayyCvoid idriv svtSro/Ca Tig tv
doxinTio %q6vo> tov [itaov (d.h. des Mittelbegrifl'es in den Schlüssen), oiov ff Tig
lötov on fj oeXrjvTj tö Xafinobv del ?£ft nQog tov rjXtov, tu/v ivtvötfOe cTik
ti tovto, on <Fkx tö Xafmqbv anb tov rjXCov. xrX. I). pari. anim. I, \, 639 a.
4.: nmcttäevfttvov ydo tau xaTa tqohov tö ävvao&at xqh'at tvOToytog tC
xaXtog rj fxr) xaXtog anoSlSioaiv 6 Xiycav.
93) Metaph. a, l, 993h. 11.: oi /novov (ff ydoiv fyeiv älxmov TOvTOig
tov av Tig xoiviöaaiTo jalg tfoSais , dXXd xal Totg cti InmoXaioTtqtag anotpr)
Va/i£voig' xal ydo ovtoi avvißdXovtö ti, tt\v ydq eSiv nnoriOxrjcrav iffitSv.
94) Metaph. A, 1, gegen das Ende.
95) Ebend. Z, 1, 1032 b. 8.: xal ovicog ael vost, etog av dydyij sig tovto
8 avibg dvvctTtti icsyctTov noietv.
96) D. an. III, 4, 429 b. 6.: orctv <S" ovitog exaaia yh'rjTai tog IniOTTjfitov
XkysTcti 6 xut' h'toyeiav (sc. vovg), tovto (Ti OvfißctCvei, otciv ttvvrjTai
tvtnyeTv cTt' airov, tOTi filv öftoitog xctl tote Svvdfia mag, ov /uf/v öftoCcog
xctl uqlv fiad-elv rj evQfTv (vgl. Anm. 89.). xtä avibg de avTov tote tivvctTai
vocTv.
97) Ebend. b. 30.: ort ävvd/iti mag Iöti t« vorjT« 6 vovg, &XX' tVie-
Xe/tCq oiiStv, iTQiv dv vo\y tfel et' ovTcog togneo Iv yoctfifÄCtTtita to /j.rjtfi:V
vndqyu tvieXe/tfa ytynuftfit'voV öneo avfjßa(vei int tov vov. xal cei/TÖg
(ff i'orjTÖg iortv togneo t« wjjjt«. Ebend. 5, 430a. 14.: xal eaTiv ö fxiv
TowvTog vovg Tip ndvTa yivea&ai, 6 df ndvTa noitiv, tig Ifef Tig, oiov tö
tf tSg' tqötiov ydo Tiyct xal to ipiög noitt id dvvdfiei bvra yqtöfiara fVepyttet
%Qfö[iaTtt. xal oviog 6 vovg yrntyiOTÖg xal dna^rjg xal dfityfjg Ty ovaCii
tov Ivtnyttct. Vgl. Anm. 86.
98) Ebend. 430 a. 20.: ToJ^uT^Jo^JxcaZjMd^ßimJm
noaypaTt, r\ S\ xard ävvaniv XQÖvtp nooT^oa tv Tip evl, SXtog di ov xQovep,
IV. Aristoteles (Apoileiktik). 115
Wissen überhaupt demnach ist gewissermassen das Gewusste 90); wo aber
und wieweit das Stoffliche überwunden ist, tritt diese Identität des Den- /
kens und des Objectes acluell auf 10°), denn bei dem Untheilbaren, Einen, /
Nichtandcrsseinkönnenden, rein Actuellen, Ewigen gibt es keine Täuschung '
und keine zweideutige Möglichkeit des Wahr- und Falsch-Seins, bei dem
actucll Begrifflichen, Nichtzusauimengeselzlen, bei dem reinen Sein besteht
nur die Möglichkeit entweder des „Berührens" oder des Nicht-Berührens,
i h. entweder des Erfassens und hiemit Wissens oder des Nicht-Erfassens
und hiemit der Unwissenheit; zwischen diesen in der Mitte liegt Nichts,
und es hat der vovg, wenn er den Wesens - Begriff erfasst, in der
nemlichen Weise Recht, wie das einzelne Sinnes-Organ, für welches der
einzelne Eindruck ein unweigerliches unabweisbares Factum ist101). Das
oberste Princip muss eben gegensatzlos d. h. unstofflich einheitlich sein,
da es sonst auch einen Gegensatz des höchsten Wissens gäbe102). Und
indem der vovg in dem Denken dieses höchsten Einen sich selbst denkt,
erreicht er das Ziel und den Zweck seiner Actualitäl; er denkt das Ansich
und denkt hiebei sich selbst in einer Theilnahme an dem Gedach
ten, so dass Denken und Gedachtes identisch sind ; in solcher Thätigkeit
erweist er seine Ewigkeit, und er schafft Lust durch jede Art seines
Auftretens; so ist das &saQ£iv das beste und glückseligste 103).
all* oi% ort fiiv voll ort äk oi voet. Mit den nemlichen Worten ebend. 1,
iUtf^l. Metaph. A 7 1072b. 21 : ümtj^^^^l^or^ m —
99) f). an. III, 8, 431 b. 22.-. tan J y IniOTnun jüWTa l:uair,ia nots
100) Ebend. 4, 430 a. 3.: inl fitv j'np^fSvaFiüTT^f?^ avro Toti to
roovr' xal to voovfitvov rj yaQ iniarrifirj i) &eo>QrjTixfj xai xb ovrmg inioirjTov
to ciirö Iotiv Iv rfi ToTg l^ovaiv vltjv övväfiet exaaTÖv iöTi
Tiiy voTjTwv, (oOt* ixtCvoig fitv oi% vnaqSei. vovg, avev yao vlrjg ävvafitg
6 vovg T(Sv ToiovTbiv, ixtCvip o°f tö vot/töv inagSii.
101) Ebend. 6, 430a. 26.: r) fiiy ovv Tiäv adiatoiTiov vörjaig Iv rovTotg,
ntql a oix sOti to tfieHäae' iv oig 6i xal to i[>evd*og xal tö älrj&eg, ovv-
0-totg Tig rjärj vorjuäriav ägniQ tv ovtidv. Metaph. 0, 10, 1051b. 15.: neol
St t« ctSvvttTtt alliag i/eiv ov ylvtTai otI fj.lv alrj&lg ÖTt dt i/jsväog, all'
üel t«ut« alrj&r) xal iptvärj' ntql St Srj tu aGvv&tTa tC to tlvai rj urj tlvai xal
io alrjfäg xal to iptvSog; ov yäq iön avv&tTOV . . .. rj iligntq oiut to älrjfUg
inl tovtiov tö avTÖ , ovTiog oiok tö tlvai, all* Hoti tö fitv älrj&eg tö äi-
VitvSog, to fitv S-tytiv xal ipävai alrj&eg, ov yao tuvtö xaräifaßig xal if ei
nig, tö ä* ayvotlv fir) -9-iyydveiv anaTrj&rjvai yao ntql tö t( tßTiv ovx
inTiv all* rj xaTa avfißtßrjxog' öfioltog öl xal ntql Tag fir) ovv&frag oioCag '
ov yao iOTtv anuT7)(H)vai. xal näaal elaiv ivsqyeCq, ov Svväfiti' lytvoVTo
yaQ av xal itp&eiooVTO ' vvv Sk tö ov ai/TÖ ov ylvtTai oväi (pü-sloiiai • &t
Tivog yaq av iylvtTo. boa Sri io~Tiv ontq tlvai n xal ivtqyelq, negl TavTa
oix trtTiv anaTijd^vai all* rj voeTv rj firj (paveoöv dk xal ort ntQi
räv axivrjTiov oix iOTiv änaTrj xaTct To nork, et Tig vnolufißävet axlvr\Ttt.
D. an. III, 6, 430 b. 26. : iOTi ä* r) fitv qaaig rt xaTa Tivog, digncQ r) xbtÜ-
(fuaig, xal alrj&r)g rj ipevärig naOa4 ö rfi vovg ov näg, all* ö tov tI (o"ti
xbtcc tö t( t]V tlvai älrj&fjg xal oi tI xaTa Tivog' all* ägneo tö cnäv tov
läfov alrjft-ig, et ä' av&Qtonog tö Itvxöv ij fir), oix alrj&eg äel, ovTcog i-xti
Sau avtv vlrjg.
102) Metaph. A, 10, 1075 b. 20.: xal Tolg fiiv alloig aväyxrj tt) aotf.Cq
xnlrp TtfitioT&Trj IniOTrjftrj tlvai Tt ivavTlov, rjfiTv <J" oir oi yäq loriv Ivavriov
Tip nQWT(j> oiStv, naVTa yaq Ta Ivavrla vlrjV t-xti xal ävväfiti Tatra
fori (1076a. 3.) rä d*h övTa ov ßovltTai noliTeveO&ai xaxtög' „oix
iya&ov nolvxoiQayirj , tig xolqavog".
103) Ebend. 7, 1072 b. 14.: Siaytoyr) ö* IgtIv ota r) aolorrj fiixgöv XQ<J-
8*
116 IV. Aristoteles (Apodeiktik).
Das Gesammte nun, was zwischen jenem ersten Stadium, in wel
chem der vovg unmitlelharc Quelle der heiderseitigen Ausgangspunkte ist,
und zwischen dieser letzten Stufe des einheitlich Höchsten liegt, fällt in
Bezug auf die Form und Operation des Denkens dem Apodeiktischen anheim.
Und da hei dem einzelnen Gedachten die der Zeit nach vorher
gehenden Producte des Denkens stets ein Potenzielles und Stoffliches
und Zusammengesetzes sind (Anm. 53, 75, 98), so ist der Grundzug des
apodeiktischen Verfahrens, dass dieselben allmülig auf ein Acluelles, be
grifflich Ursächliches und Einfaches zurückgeführt und in derartige
Principien aufgelöst werden (cQ/akvstv). Darum bezeichnet. Aristoteles die
Apodeiktik als 'Avakmixct und ihreTttclhodelils ävahraxag, indem er diese
^Benennung den \\Qjd£a^/löyixa und A.oyt«(ug_sogar ausdjflcklich gegenübersetzt,
insoferne letztere dem Gebiete des Dinlpktjs(d^ji;jh,p.r liegen : nlTnS
es ist kein Zweilei, dass änelfciie uri3 "ülje^H^ferte Uebcrschrift der ent
sprechenden Bücher auf Aristoteles selbst zurückzuführen sei. Ueber
die technische Bedeutung von yloywq s. Abscbn. IX, Anm. 9 f.
Indem die Thätigkeit des Denkens, wie wir sahen, von ihrem er
sten Auftreten an auf die Vielheit der Erscheinung und sinnlichen Wahr
nehmung hingewiesen ist, so bildet sich in dieser Beziehung ein Erwä
gen und Annehmen 10 5), welches in Worten ausgesprochen wird (epctßig);
und es ist diess jene Stufe der intcllecluellen Thätigkeit , welche noch
mit dem Kundgeben und Aussprechen irgend einer Ansicht oder Meinung
überhaupt zusammenfällt 10ß), aber in ihrer von dem vovg herrührenden
vov rifitv ovTia yctQ cid Ixeivö Iotiv iflfitv /itv yctQ äcfvvaTov) , ind xai
i)äovrj r\ Iv^Qytia tovtov' xai diu tovto iyQriyoQGig aiGfhjöig vötjOig ijöioiov,
llnweg dt xi& fivtjficti diu TctiiTa' tj dt votjOig t] xai)-' avirjV rov xa&' avio
AqCotov, xai r\ fiaXiöTtt tov ficiXiaxa' avTÖv df voel ö vovg xaict fitTctXntyiv
tov votjTov' voyjrog yctQ yivtrai S-iyyuvmv xcd vomv, iSotc rctvrdv vovg xcti
vorjiov t6 yctQ dixnxbv tov vorjroi xcd tijg ovetfag vovg' IviQyeT dt tycor.
täcft' ixslvo fiäXXov tovtov o ifoxel 6 vovg -fretov £/£'V, xcu fj 9tioQla ro
rjätOTOv xcii ctQtOTov. D. an. III, 5, 430a. 22.: j(iDQiO(hdg d" (otc fiovov toHt'
ontQ io~Tiv (sc. b vovg), xcu tovto fiovov a&avarov xcti ctiSiov. Eth. Nie. X, 7.
10-1) Anal. pr. I, 38, 49 a. 19.: ovtoi ft(v ovv ylvtTai ävctXvotg. Ebern).
32, 47 a. 4.: tri ök Tovg ytytvn/iivovg (sc. OvXXoyiOfiovg) draXvofiev fig tcc
iTQouQrjfifvct a/rifiaTa. Anal. post. II, 5, 91 b. 13.: (v Tij avaXvau Trj ntol
tu o~yr\fict.Tci (Anal. pr. I, 31.) eiQtjTcu. Metaph. r, 3, 1005 b. 4.: di' cinettätvotav
T(3v ctvaXvTtxtöv (s. Ann). 178.). Der Gegensatz zwischen Xoyixcüg und
ävaXvTixtög erhellt am deutlichsten aus Anal. post. I, 21, 82 b. 35.: Xoyixäs
/xiv &ecoQovOiv <udf (fctviQov und 22, 84 a. 7.: Xoyixtog fiiv ovv ix tovtuiv
äv Tig nidTivaete neQi tov Xe%S-&Tog , (tvctXvTixcSg Stet TtävSe
tfctvtQov (fvVTOfiiaT(Qov , sowie ebend. 24, 80 a. 22.: ctXXct tojv fitv slQT
fiivtov tvia Xoytxa laxe, und 32, 88a. 19.: tiqwtov fxiv Xoyixtog 9itapovtfiv,
woselbst überall das Xoyutov alsjanxJtejliajhtung aus äusseren altoaieinen
Gründen, wie sie im Reden üflerhaupt gangund gebe sinT^'Tlem wissenschaftlichen "
auf die inneren Principien gerichteten fieweise gegenübergestellt wird. Die Stellen
betreffs des Sprachgebrauches des Wortes Xoyixtog überhaupt s. b. Waitz, Org. II,
p. 353 f. Eigene Anführungen der Analytiken unter eben diesem Titel bei Aristo
teles sind: Top. VIII, 11, 162a. 11., ebend. 13, 102b. 32. Soph. Ei. 2, 165b. 9.
Metaph. Z, 8, 1037 b. 8. Eth. Nie. VI, 4, 1139 b. 27. u. 32.
105) D. an. III, 4, 429a. 23.: Xtyto d*t vovv q> dictvotnca xcu inoXttfißcivei
rj i[ivxij.
106) Eth. Nie. VI, 10,y 1142b. 11.: dofijs d' oQ&ÖTrtg aXrj»eta- afi« «
xctl toQiOicti rjirj Ttav ov ddf« itfitv xai yctQ ij ddf« ov irjTrfaig ctXXa
tfttdig Tig r/djj.
IV. Aristoteles (Apodciktik). 117
Ursprünglichkeit dem Begehren und der Willcnsrichlung noch ebenso
vorangeht wie dem auf bestimmte Erkenntniss gerichteten Bestreben 107).
Zu jener Kundgebung im Allgemeinen erzeugen die factisch bestehenden
Dinge und Verhältnisse einen ihnen ähnlichen Eindruck in der Seele, J
und der unter Mitmenschen als gangbar geltende Ausdruck für diese ist
das Wortlos); die menschliche Rede muss aus Worten bestehen, welche
jedoch sogleich eine allgemeinere Geltung haben und gemeinsame Bezeich
nungen (jcoiW) sind, daher dieselben auch für die weitere Entwicklung
des Wissens den Charakter jener noch unvermittelten Stufe des Denkens,
aas welcher sie entsprungen sind, noch insoweit an sich tragen, als bei
ihnen es unbestimmt ist , ob sie die concrete Total - Erscheinung eines-
Dinges oder die begriffliche Form desselben bezeichnen 109). Es enthält
die menschliche Rede, und mit ihr die Seele, den für alles Wissen we
sentlichen Grundzug der Gegensätzlichkeit (Anm. 14 u. 85.) in den Func
tionen des Bejahens und Verneinens 110), fällt aber hiemit, insoferne sie
sich auf das Gebiet der zusammengesetzten, nicht-einfachen Wesenheiten
bezieht und sie seihst auch aus einer Verflechtung von Erzeugnissen der
Denklhäligkeit besteht, in die doppelte Möglichkeit des Wahr-seins und des
Falsch-seins (vgl. Abschn. III, Anm. 10), wobei sie sowohl auf bereits
Vorhandenes als auch auf Künftiges sich beziehen kann und daher den
Begriff der Zeit mitenthält 1 1 1). Dieses Wahr-sein und Falsch-sein aber,
d. h. diese ganze Art eines Seins, nach welcher man Seiendes als wahr
und Nicht-seicndes als falsch bezeichnet, und welche auf Zusammense
tzung und Trennung und dem hierauf sich beziehenden Verhältnisse von
Bejahung und Verneinung beruht, insoferne der eine bestehende Verbin
dung Bejahende wahr und der sie Verneinende falsch spricht, sowie der
eine bestehende Trennung durch Verneinung Ausdrückende wahr und der
sie als eine Verbindung Bejahende falsch, — diese ganze Art und Weise
107) Melaph. ^4, 1, 1072 a. 29.: oqeyofie&a dl Sioti Soxsl fiaXXov rj
ioxel äioti öqeyöfieft-a, äq/r) yag r) vörjdig. D. an. III, 7, 431b. 8.: xal
otuv eint] cos ixei xö r)Sv rj rö Xviir\qbv, e'vTav&a (pevyei rj diwxei.
108) D. interpr. \, 16 a. 3.: egri jxlv ovv tcc iv Trj (piovrj xiöv iv .xrj
ifiu/jj nai)-r\fj.axu>v OvfißoXa . . . . mv fiivxoi zavxa arjfieTa nqmTmg, xavxa
näat nad-Ti/xata xrjg ipv^rjg, xttl mv xavxa ofioitöfiaxa, nqäyfiaxa rfär] TttvTtt.
Ebend. 2, 1(5 a. 27.: xaTa Gvvftrjxriv, oti tpvoei xmv dvofxäxmv ovS(v toriv,
all' oTav yivmai av/j-ßoXov, inel SrjXovaC y( ti xal oi ayqä/i/j.axoi ipötpoi,
oiov 9-rjqCmv, mv oMt'v iOTiv ovofia. Vgl. Anm. 171.
100) Melaph. Z, 15, 1040 a. 9.: avayxalov <P it; bvouaxtav elvai tov
tiyov (ovofia ' oi notrjöei 6 öqi£6[ievog, ctyvioarov yaq iotai), zä de xeCfitvn
xoiva nctaiv • äväyxt] aqa vnäq/eiv xal aXXrn rcevra. Ebend. H, 3,
1043 a. 29.: Sei äi fir) äyvoelv oti Ivloxe XavS-ävet noieqov Gr/fiaCvet To
övoft« Tr)v cfvv&ejov ovtfCav rj xr)v ivCqyeiav xal rr)v fioq(frjv.
110) Ebend. 0 , 2, 1046b. 13.: xal yaq 6 Xöyog tov fihv xa&' «ürö,
io5 de xqonov xiva xaxa avfj.ßeßrjxog' anouräaei yaQ xal äJiocpoqq drjXol
To ivavxtov Xoyog yäq tdxiv aftifotv [tev, oi% öjioCmg dh, xal iv tyvxfj
rj e^ei xivrjcfetog aq%rjv. E/A. Nie. VI, 1, 1139a. 21.: lazt d' oneq iv diavola
xaxaif.aaig xal anoipaOig, xovx' iv 6W£ei dlm'£ig xal qivyrj. Vgl. bes. Anm.
327 ff.
111) D. an. III, 6, 430 a. 27.: iv olg de xal to ipevdog xal to aXrj&eg,
Bvv&eoig r\dr\ voriftaxmv mgneq ¥v ovxmv av dk yivofiivmv ij idofit"-
vtov, töv xqovov nqogevvoüv xal awn&eCg (b.26.) <?0Tt rf' r) fiev <päoig
ti XttTa Tivog, ägneq r) xaTaipaGtg, xal aXrj&r)g rj ipevSijg rtäaa. Ebend.
8j 432 a. 11.: aviinXoxri yaq vorjfA.ÜT<ov iaxl to <U»jSis rj ipeväos.
118 IV. Aristoteles (Apodeiktik).
also eines Seins fällt, da sie nur in dem menschlichen Reden auftritt,
dem Menschcn-Subjecle, welches den objectiven Bestand so oder so aus
spricht, anheim; es besteht dkses Sein nur im mcnscldicheii^Denken,
nicht in den Dingen, es drückt kein ohjectives "Dasein al^ oljjeclives aus
und ist verschieden von dem eigentlichen Sein , denn es beruht auf ei
nem durch das Objcct angeregten Vorgange im Denken112); der objective
Bestand der Dinge ist unabhängig von des Menschen bejahenden
oder verneinenden Aussagen über ihn, und nicht, weil wir Menschen
Etwas meinen oder aussagen, besteht es objectiv, sondern wir meinen
es und sagen es aus, weil es objectiv bestellt113). So also weist Ari
stoteles für den ganzen Fortschritt, welchen das Wissen vom bloss Wahnm_£
ujn_JVothwendigen und Allgemeinen zu nehmen hat, "äüf nnablSssigc
Beachtungdcr Türla Ii rüiiigTiTn ~™77Tnäcti t aber den Menschen und des
sen Denken verantwortlich für das gesammte Wahr-sein oder Nicht-wahrsein.
Uebrigens dürfen wir uns nicht verhehlen, dass wir hier die ari
stotelische Logik bei einem bedeutenden Verstösse treffen, indem dieselbe
die Bejahung und die Verneinung als zwei gleichberechtigte Seiten des
Aussagens hinstellt, denn wenn das bejahende Urlheil ein Abbild einer
Verbindung in den Objecten und das verneinende in gleicher Weise ein
Abbild einer Trennung ist, so wird hiebei betreffs der Trennung be
reits eine Negation in die objeclive Realität verlegt; ein solch positiv
faclischer Bestand aber des Negativen bleibt um so unerklärter, je mehr
das ganze Gebiet des Aussagens überhaupt gerade dem menschlichen
Subjecte zugewiesen wird; des Menschen Rede ja ist es, welche durch
112) Melaph. E, i, 1027b. 18.: To Si (ig aXrj&eg ov, xai (xr) ov (ig iplväog,
Ineiärj thqI avvd-taCv lari xai äictCntßiv, rb ät OvvoXov neQi fisoiOfibv
avri(fäata>g , rö filv yaQ äXrj&tg rijV xaräif aaiv Inl r&5 Gvyxtifilvoj f/f,
rr)v d" änötfaötv Inl ri^ äujorj/xe'vo) , rö äi tyevdog rovrov rov [tiniofiov
rr)v aVTlwaOiv ov yao kari rb rpevdog xttl rö ccXij&kg lv rolg irnttyfiaOiv,
oiov rb uiv äya&öv äXrj&kg, rb dt xaxöv eii&vg lpivöog, «XX lv
ftavuCtf, tiiqi d£ ra anXä xai rä ri loriv oüd" lv rfj diavoicf (hierüber s.
Anm. 101.) Intl de r] avfxnXoxfi Inn xai r) iiaCqtaig lv Siavola «XX
ovx lv xoig no&yfiaai, rb d" ovrwg ov 'hegov ov räv xvgliog rb (UV
tog ctv/jßeßrjxbg xai rb tag aXrjOig ov aifstiov' rb yitn alriov rov ft'tv äooitov
rov de rr)g SiavoCag ri näS-og, xai äfifförena 7ie(>l rb Xombv ylvog rov
bviog, xai ovx e^io ärjXovaiv ovOav riva (fvOiv rov öviog. Hiezu d. Stelle in
Anm. 170., sowie in Bezug auf die verschiedene Weise des Seins Anm. 298 fl".
113) D. inlerpr. 9, 18 b. 37.: dr)Xov yao Sri. ovriag eyti r« noay^Mra^
xav fir) 6 [ttv xura(pr]arj ri b äe a7io(frjarj " ov yao d'iä rb anoipu&yvai ij
xaTttfpad-rjvai sorai fj oiix earai, ovo" elg fivmoatbv trog (täXXov rj lv oitoaiaovv
XQOVV. Cat. 12, 14b. 18.: sari äe o [ttv äXrj&rjg Xöyog oiiäa/täs
airiog rov tlvat rb nQäyfia , rb fiivroi noäy^ia tpalveral niag ainov rov
elvai uXrjä-rj ibv XoyoV rq> yao tlvat rb ngayfia rj fir) aXrj&r)g b Xoyog V
il/evärjg XfytTai. Melaph. &, Ii), 1051b. 1.: rö cF£ xvoitörara ov 1
\ptv3og, roiiro d" Inl ri3v ngayfiäriov lorl rtj) GvyxtiO&ai rj äirjor)a^c>',
dlare äXtj&ivei fitv 6 rb ä irjQrjjtsvov oiö^uevog fii>jQfio'&ai xai rb avyxiififvov
avyxilaittti , eiptvorai äi b tvavrlwg e/tov r\ ra noayixara , nor' tdnv V
ovx tan rb aXrjd-eg Xiyofxivov r\ tpeväog ov yao d'iä rb r)uäg oho9iu
äXrj&äg tri Xevxbv dvai il ab Xtvxbg , äXXa äia rb ae elvai Xtvxbv V^'f
ol ifävreg rovro Xn9-ew(itv. Phys. ausc. III, 8, 208a. 18.: <U/' oi oja
roiiro rov aartog rCg lanv r\ rov rrjXixoväe fityldovg o f/o/jev, ort
voii rig, äXX' ort eariv.
11-1) J« Aristoteles sagt, das gewusstc Object sei Mass der Wissenschaft, nicht
umgekehrt. Melaph. i, 6, 1057 a. 10.
IV. Aristoteles (Apodeiktik). 119
ein Verneinen und Wegschaffen (cmoyaGEt xul cmoqS , Anm. 110) den
Gegensatz ausdrückt. Die Frage aber, wie dieser reale Gegensatz zur
sprachlichen Verneinung sich bedingend verhalle, wird uns auch in der
Lehre vom Urtheile als ungelöst erscheinen (Anm. 194 ff. 223 f.). Kurz
Aristoteles nimmt die Negation in gleicher Weise wie das Subjecl und
Prädikat als eine vorgefundene auf (einen klaren Beleg hievon werden
wir unten, Anm. 152, treffen), ohne sie irgend zu construiren ; hierin
aber erkennen wir deutlich , dass die . aristotelische Philosophie eben
doch nur innerhalb des gnijkjBB idealen jjfcje&iaaau&nverweilt welcher
bei einer poetischen (Plalo) oder begrifflich verstandesmässigen (Aristote
les selbst) Verklärung der Objeclivität sich beruhigt, wohingegen der
objective Idealismus (wohl unsoo^etzigej^ufobg jjjjS, Phi)"sophjp) in
den Würzein der isubjlclmtät das Object bereits besitzen und in der
Entfaltung dieses seines Eigeuthumes die Selbstentwicklung des mensch
lich möglichen Wissens erreichen würde.
Ist aber dieses Sein, welches in Folge der Denkthätigkeit in den
menschlichen Aussagen auftritt, nemlich das Wahr-sein und Falsch-sein,
ein von dem eigentlichen und objectiven Sein verschiedenes, so ist ge
wiss auch die Apodeiktik eine von der Ontologie und sog. Metaphysik
verschiedene und selbstständige Wissenschaft; sie entwickelt nemlich, wie
in jenen subjektiven Vorgängen das Wahre sicli zum A 1 1 gc ineiiie^ Ansjgh -
swend^^NS^^n^genTJÜrean^I^^ ern^enTT'^^TrüT^rlfTe^^
uehilil "die kVa'lT'ues mllll'J-cItlll'fte'ii1 "W isV^is" vermöge deren es als ein)
Alles umfassendes auftreten kann, aber am weitesten ab von den Sinnen
hegt, was am meisten xa&olov ist 115), denn eine Einheit nur kann das
Umfassende sein, diese Einheit aber ist für das Wissen und die Apodei- j
ktik der roiff116); und es verfolgt daher auch das Apodeiktische kei- '
nerlei äussere Zwecke , sondern zielt ...nur auf die innere bcjajjfldjiBde
Rede jnnerhalb der Seele des Menschen ab, fliese aber Ist oft unweigcrfich
und iluTclT Tihueu 'fiiuvvailA' Widerlegbar ln). Das .Wis-ii>p..ji/'-
zweckt sich selbst, es ist verschieden von der ganzen äusseren Sphäre
des Entstehens und Vergehens, es hat nicht die Aufgabe, irgend ein Aeusseres
bewegend zu veranlassen, sondern es erzeugt nur sich selbst, und
aus dem ftmQÜv wird nur wieder ein &ewqüv lls). Diesem unabhängigen
und nur sich selbst bezweckenden Wissen dient nun die Apodeiktik, in
dem sie das xudokov der auf Einheit beruhenden und nach Einheit stre-
115) Metaph. A, 2, 982a. 21.: zo fiiv naVTu inCdraa&cti Tip uäliaza
lyovTi rijV xafröX.ov IntaTrjfirjV ävayxatov vtiÜqxuv ovrog yag o?oV nag
navia tcc vnoxtlfievcf a%eö6v äk xai xaXsntÖTaTa ravxa yvtogC&iv Tolg
«v&Qoinotg r« fiäXtaiu xa&6Xov nogguTaTai yag tiöv aia&ijasijiv tari.
116) Anal. posl. I, 23, 84b. 35.: ioti äk iv xai ägntq iv xolg aXloig
t> aQXV änXoirv .... iv ä' anoöeCiti xai iniarrj/ny 6 voig.
117) Ebend. 10, 76b. 24.: ov yäg ngos tov ffw Xoyov rj anödii^ig,
aXXtt ngbg tov Iv rfj i/>d/j, inti oiök GvXXoyiOfj.6g' aei yag S-Gtiv Ivorijvai
srpöj röv i£u) Xoyov, äXXä nobg tov ea<o Xoyov ovx ätC. (Hieraus entwickelt
sich die Lehre vom Xöyog iväia&ttog.)
118) Eth.Nic.M, 13,1143 b. 19.: r\ fikv yag öoipCaovSkv ftsiogtl 1$ <öv earai
ivda(u(ov avS-gtonog' oiäefiiäg yäg Ioti ytviatmg. Ebend. 2, 1139a. 36.:
tiävoia 6" avTtj ovSkv xivtl, aXX' r\ evsxcc tov xai ngaxxixrj. Ebend. X, 7,
1177 h. 1.: äo'$ai t' av aiirr) fiövr) (sc. r\ <pi,XoOo(p(a) dV avzijV ayanädO-ai •
ovitv yäg än ' «ürijs yivezai nagä tö &e<ogrjaai.
120 IV. Aristoteles (Apodeiktik).
benden intelligiblen Thätigkeit entwickelt. Es wurzelt neralich alles apodeiktische
Verfahren überhaupt auf einem Wahren und Ersten und Unmittelbaren
und Kenntlicheren und Ursprünglicheren und Ursächlichen, woraus Etwas ge
schlossen wird 119), oder, kürzer ausgedrückt, es ist dasselbe ein Schluss,
welcher die Ursache und das Warum nachweist 120), oder mit anderen Wor
ten noch kürzer, es ist ein „wissenschaftlicher Schluss" 12 1); ausgedrückt aber
jwird die Ursache eben durch das xa&oXov 122). Und insoferne die wahre
Ursächlichkeit das Nothwendige ist, geht jedes apodeiktische Verfahren
und jede wissenschaftliche Bestimmung auf ein Nothwendiges, und ersleres
wird demnach nun auch bezeichnet als ein „Schluss ausNothwendigem"123).
Nur aber durch diese eben erwähnten Momente allein kömmt Wissen
oder Wissenschaft zu Stande, denn nur insoferne ein Eines, sich selbst
Gleiches, Allgemeines vorliegt, besieht ein Erkennen 124), und überall ist
irgend eine Einheit das Mass des Erkennens selbst 125). Das Wissen
ist ja wesentlich ein Erkennen der nothwendigen Ursachen 12°), und so
wie jede Wissenschaft mehr oder weniger die genauen und einfachen
Principien und Ursachen betrifft 127), so muss der Philosoph eben diese
in Bezug auf die Wesenheiten überhaupt besitzen 12S). Die genaue und
ursprüngliche Wissenschaft ist eben jene, welche zugleich das Dass und
Idas Warum, d. h. die factische Wahrheit und deren Ursache, enthält;
ein solches Wissen ist die GotpLct, welche auch von der wahren Lehr
kraft beseelt ist, denn dann ist die Stufe erreicht, in welcher definitorisch
gesprochen wird120). Eben darum aber, weil dieses begründete
119) Anal. post. I, 2, 71b. 20.: äväyxrj tijV anoS(ixtixr\v lniatr\fxr\V 1%
äXr)&(3v t' elveti xal npoitojv xal äfieaojv xal yvo>Qi (ion tptov xcd npotiptov
xal aitimv tov av/.t7ttpaO/*atog.
120) Ebend. 24, 85b. 23.: r\ anoäti'Sig (i£v lati ovXXoyiajj.bg Seixtixbg
alttag xal tov fitä ti.
121) Ebend. 2, 71b. 18.: anöStiSiv Xiyia avXXoyiOfibv lmatit)fiovixöv.
122) Ebend. 31, 88 a. 5.: tb St xa&6Xov tluiov, Sri örjXoT tb altiov.
123) Melaph. Z, 15, 1039b. 31.: ij r' anboti^ig tojv ävayxaimv xal 6
oQia/jbg Imatrjfiovixög. Anal. posl. 1, 4, 73 a. 24.: l£ ävayxai(ov «'(>« avXXoyiafiög
Itirtv fi anöSti^ig.
124) Ebend. B, 4, 999 a. 2f>. : slte yäp ftrj eati ti naoa tu xa&' 'ixaata,
rä (Ti xct&' ixaara an(iQa,t(iiv antipwv nwg lvö*fyetai Xaßetv (niatrjfirjv ;
n yetp ev ti xal taitbv xal ij xud-öXov ti v7TaQ/ii, tavtr) tiavta yv(oo(£o(itv.
125) Ebend. /, 1, 1052b. 24.: tvtev&iv <$t xal Iv toTg äXXoig Xiyctai
(ifroov tu TiQtortp te sxaatov yivdaxftai xal tb jjfrpov txäatov ev.
126) Anal. post. I, 2, 71b. 9.: InCatao&ai di oioiiex)-' exaotov änXmg,
aXXa firj tov Ootf iarixbv tgonov tov xata ovfißtßrjxbg (Anm. 40.), btav tr\v
r' altlav oliöfitd-a yiväaxtiv dV tjv tb npäyfta loriv, ort Ixtivov aitia
iatl, xal ftrj IvSi/taS-ai tovt' aXXiog t/uv.
127) Melaph. E, 1, 1025 b. 5.: xal SXojg fit näaa lmatr\iiy\ fiiavoritixt]
rj fittfyovaä ti fiiavoCag ntgl aijt'ag xal ccg/äg lativ tj axpißtatfpag rj
änXovatt'Qag.
128) Ebend. jT, 2, 1003 b. 18.: täv ovauSv av fiioi tag äQ%äg xal tag
alxCag e/tiv tov (fiXoaoifov.
129) 4m«/. post. I, 27, 87 a. 31 : äxpißtote'pa ö" Iniatrjfirj Imatrifirig xal
nportpa t\ tov Ott xal fiioxi 7} avrr), aXXa ui) %(oplg tov Ott tr)g tov fitoti.
Metaph. A, 1, 981a. 27.: tag xata tb eifitvat uaXXov axoXov&ovaav ttjV aoitlav
näaiv tovto (!" oti ol uiv ttjV aitCuv Taaaiv ol d" ov' oi fiiv yag
ifiTifigoi tb oti [xlv Xaaai , oiöti (!" oix taaaiv, ol tff tb öiöti xal tijv
alti'av yvojQC&vaiv oXwg te atj/xetov tov tläotog tb dvvuad-ai äiöä
IV. Aristoteles (Apodeiktik). 121
Wissen sich nur auf die Thätigkeit des Apodeiktischen stützt, das Apodeiktische
aber wesentlich das Motiv des Notliwendigen in sich ent
hält130), wird das Zufällige als solches wegen der ihm einwohnenden
Unfähigkeit zu einer apodeiktischen Begründung auch nicht Gegenstand
eines Wissens sein können , denn jeder Schluss bezieht sich nur auf
dasjenige, dessen Bestehen oder im Wechsel des Werdens eintretendes
Entstehen entweder allgemein und nothwendig oder wenigstens meistentheils
stattfindet; sowie wir daher oben, Anm. 79 — 84, in Bezug auf
die inlelligible Thätigkeit überhaupt sahen, dass die Sinneswahrnehmung
als solche kein Wissen sei, so wird hier betreffs der apodeiktischen Be
gründung der gesammte Umkreis des avfi,ßeß-^Kog aus diesem Gebiete
ausgeschieden, denn auch das begründete Wissen kann sich nur auf ein
entweder immer oder wenigstens meistentheils Bestehendes beziehen, von
jenem hingegen sind auch die Ursachen gleichfalls ein blosses ovfißeßijxo?
131). Vgl. oben Anm. 48—50 über das „Meistentheils" s. Anm. 272 ff.
Frägt es sich nun, welche wesentliche Bedeutung für dieses be
gründende apodeiktische Verfahren, durch welches wir zum sichern und
festen Wissen gelangen, jenes xu&öXov selbst habe, so spricht sich Ari
stoteles deutlich genug hierüber aus. Ka&oXov ist, was xaTa navzbg
und zugleich xa&' avrb oder tj avzb besteht, d. h. folgendes: Kara
navzog ist, was von Jedem und immer gilt (in der Präposition »ara
liegt bekanntlich das Motiv des Prädicirens), also was ohne Ausnahme
allgemein ausgesagt wird. Ka&' avvb aber ist erstens dasjenige, was
ein wesentlicher Beslandtheil des Seins und Begriffes eines Dinges ist
Oxeiv ia%C. Ebend. a, 1, 993 b. 23.: ovx tauev <?£ tö äXrj&es ävev zrjs ahias.
Ebend. Z, \, 1028a. 36.: xal eiäivai. tot otö/ieS-a sxctarov fiäXiata , orav
i( idxi yvmfiev.
130) Anal, po st. I, 6, 74b. 13.: ....äq/r)v üefj.e'vois ort r) änödet^is
ävayxalöv itSti, xal ei änoäe"SeiXTai, oi/ oiov r' äXXms i%tiv i? ävayxalmv
aqa äel elvai tov avXi.oyt.Ofj.6v £f äXrjft-mv fiev yäq eati xal /ir) änoSeixvvvtct
avXXoyCaaO&ai , 1$ ävayxalmv 6" ovx edtiv äXX' rj änooeixvvVTa'
tovto yicQ ijätj änoäeC^ems iaxiv 6 fir) e/mv Xöyov tov Siä rC ovarj;
anotieC'Zems ovx iniatrjfimv.
131) Ebend. 30, 87 b. 19.: tov <J" änb ivxys ovx iaxtv iniaxr]fir] <Fi.'
anoSeC'Sems' ovxe yao ms ävayxalov, ov&' ms inl tö noXv to änb TV/rjs
tatlv , äXXa tö nuqä tavTa yivöfievov r) <?' änööei£is &ut(qov fiovov
näs yito övXXoytdubs rj dV ävayxaCmv rj d*iä Tmv ms inX to noXv nqoxäaemv.
Ebend. II, 12, 96 a. 8.: edTi d" evia fiev yivöfieva xaS-öXov , äeC ti
yan xal inl navtös o'inms rj l/ft rj yCveTai, tü de äel fiev ov , «5? inl
tb noXv 6*i .... tmv dt) toiovtwv äväyxrj xal tö fiedov (d.h. der Mittelbegriff
im Schlüsse) ms inl ib noXv elvai.. Metaph. E, 2, 1026 b.3.: neql tov xatä
av/ißeßtjxbs Xexriov, ort oide/ii'a sgti neql avTo &emq(a (27) inel
oiv IotIv iv toTs ovdi tu fiev äel msavTmg e"%ovxa xal i'£ äväyxrjs, ov r^s
xara t6 ßCawv Xtyofiivt\q äXV rjv Xiyofiev r$ fir) ivde"/ea9ai äXXms, ra
ä' i% äväyxtjs fiev ovx iaxiv ovS äel, ms d" inl to noXv, avtt] äoyr) xal
avTt] altCa IotI tov tlvai to Ovfißeßrjxos' o yuo äv ij firjr' äel fir]^ ms
Inl to noXii, tovto (f.afiev avfißeßrixos elvat (1027 a. 7) Tmv yäq xaTa
Ovfißtßt)x6s ovtwv rj yivofiivmv xal tö altiöv iaxi xaTa avfißeßt]Xos
(20) Sti 6" Iniatrjiir] ovx edri tov övftßeßrjxÖTos , (paveoöv intaTrjfii) fiev
yäq näaa rj tov äel rj tov ms inl to nolv. Anal. post. I, 6, 75 a. 18.:
T<äv de avfißeßt)x6tmv . . . . ovx Iotiv inigTr/urj änodeiXTixr). Elk. Nie. VI,
5, 1140 a. 33.: eineq ini0rr][.iri fiev fieT* änooeCSemg, mv ä' äo/al ivfie"xovtai
iUXms tyuv, TovTmv (irj iativ änofiei'&s xrX.
122 IV. Aristoteles (Apodeiktik).
(z. B. Linie bei Dreieck), sowie dasjenige, was ein wesentliches, aus
schliessliches, Substrat für den Begriff eines Merkmales ist (z. B. Linie
bei Krumm oder Gerad), und zweitens dasjenige, was nicht in prädicativer
Weise als Eigenschaft ausgesagt wird, sondern als individuelle Sub
stanz in der Vielheit der möglichen Prädikate sich gleich bleibt (z. B.
Mensch bleibt sich gleich in den Prädikaten Gehend und Weiss, Gehend
hingegen kann nur als ein vom Gehen Verschiedenes auch Weiss sein),
und drittens dasjenige, was in Bezug auf Causalität ausschliesslich ver
mittelst seiner selbst (St aihö) ein Stattfinden zur Folge hat (z. B.
Geschlachtet werden und Sterben); mit diesem „an sich" bestehenden
nothwendigen Causalnexus aber trifft auch die erste Bedeutung des xctd
avxo zusammen (denn es entsteht kein Dreieck, wenn nicht Linien da
sind, und es gibt keine Linie, welche nicht sogleich den Bestand des
Prädikates Krumm oder Gerad herbeiführte). In der Vereinigung
aber des nmu itavtog und des xa&' avrö beruht es, dass das xet&olov
das Nothwendige ist. So ausdrücklich Aristoteles 132). Erwägen wir
nun dieses genau, so eröffnet sich uns die volle richtige Einsicht in das
Wesen der aristotelischen Apodeiktik, und wir gewinnen einen festen
Punkt für die weitere Darstellung, welcher allerdings durch manche
Rückbeziehungen im Folgenden sich uns erst noch mehr bestätigen und auch
] inhaltlich ausbauen wird, aber doch hier eben an das xa&öXov nothwen-
I dig angeknüpft werden muss und uns von da aus auch der Mühe über-
I heben wird , auf das gewöhnlich übliche Gerede über Stellung und Be-
132) Anal. post. I, 4, 73 a. 28.: xaTÜ navxbg fj.ev ovv tovto Xfyoi, o äv
y fj.r) inl xivbg juiv nvbg de fit], fir\Se note [ikv jiorh St fir] (34)
xa&' avia <T boa vnäg/et te Iv tü> rC iariv, oiov Tgiymvit) yga/tfirj xal
yQUfifj.rf ortyfiij, fj yag ovGCct, avxwv Ix tovtiov (otI xal iv T(ji Xoyip Tip
XeyovTi xC ioxiv (vvnagxei.' xal Saotg xäv (vvTian/övKov avxolg avrä iv
r$ Xoytp h'vnaqxovöi to5 xl iaxi SrjXovvxi, oiov xb ev&v vnag%ti yga^fi^
xal tö negiKpegeg, xal xb neguxbv xal ägxiov ügi&[*<p (b-5) *rl b j"1
xa&' v7ioxei[/,ivov Xtyexai aXXov xtvog, oiov xb ßa$(Ctiv exegov xi ov ßa-
S((ov ißxl xal Xtvxbv , r\ ä' ovaCa xal baa rode xi Grj/taCvei ov% exegov
xi ovxa taxlv oneg ioxlv tk fthv Sr\ /xrj xa&' vnoxtifiivov xav avxct
Xiyta , xa Se xa&' vnoxeifie'vov avjxßeßrjxoxa (vgl. Anm. 364). ext tF aXXov
xqotxov To dV «ürö i>nag%ov exaffxti) xaS-' avxb (16) xa reo« Xiyofieva
inu-xeov änXüg intoxrjxdäv xa&' avxa ovxtog (bs ivv7iägxeiv xotg
xaxtjyogovfiivoig r] ivvnägyedS-ai dV avxa ri ioxi. xal lf aväyxyg
(26) xa&6Xov Se Xfyiu o av xaxä navxög xe vnänyr) xal zaS-' avxb xal y
aixo ' tf avegbv aga oxi bqa xa&oXov , i$ civayxr\g vitägxet xolg ngäyfiaaiv.
Dass in den letzteren Worten rj avrb nur synonym mit avxo gebraucht ist, erhellt
aus einem sogleich folgenden Beispiele :^(29) oiov xa&' abxfjv xyygafifAy vntxg-
%ei OTiy/j.r) xal to ev&v , xal yag y yga/z/ny. Nur scheinbar ergibt sich aus
An. post. 1, 24. ein Unterschied zwischen xa& ' abrö und r\ amö ; dort nemlich
wird die Frage, ob der allgemeine oder der particularc Syllogismus vorzuziehen sei,
nach beiden Seiten erörtert, und bei Darlegung der Ansicht, dass das xaä-' atixo
dem Individuellen näher liege und daher den particularen Schlnss vorziehen lasse,
wird die Bezeichnung amo im Gegensatze von xai' äXXo gebraucht; hinge
gen bei Entwicklung der natürlich dem Aristoteles selbst angehörigen Ueberzeugung,
dass das xaS-' aiiTO doch das Allgemeine enthalte und daher auf einen Vorzug des
allgemeinen Syllogismus hinführe, wird die Bezeichnung rj avTÖ gewählt, welche
aus sprachlichen Gründen sich da empfehlen musste, weil sie mehr das innere we
sentliche allgemeine Sein ausdrückt , wohingegen in xuxa mehr die Bichtung der
Bezugnahme liegt. Es ist diese Bemerkung betreffs des Sprachgebrauches nölhig
wegen Theophrast's , s. Abschn. V, Anm. 76.
IV. Aristoteles (Apodeiktik). 123'
deulung der aristotelischen Logik näher einzugehen. (Dass unsere Schul
meister, welche Logicam dociren , keine Berechtigung haben, über Ari
stoteles irgendetwas zusagen, ist von selbst klar; aber auch in wissen
schaftlichen Werken scheint derselbe in dieser Beziehung mannigfach nicht
die richtige Auffassung gefunden zu haben.)
Das Karo, navxog enthält die Allgemeingültigkeit der Urtheile133);
es bezieht sich also jedenfalls auf jene Verbindung zwischen einem Subjecte
und einem Prädicate, welche um wahr zu sein, einer Verbindung
in der objectiven Realität entsprechen muss ; dass hierunter auch die
Allgemeingültigkeit eines verneinenden Urtheiles mitenthalten ist, versteht
sich von selbst, denn einer bestehenden Unvereinbarkeit in der Realität
entspricht der Satz -Ausdruck des Nicht -verbunden-seins, d. h. das nega
tive Urthcil (doch über diesen Punkt s. auch unten Anm. 216 (F.). Also
vermöge des xaxa navxos soll die menschliche Aussage sich über die
empirische Einzelnheit erheben und für ihren Umkreis mit Notwendig
keit und ausnahmslos gelten. Das xa&' avxo hingegen steht mit der
einen Seile auf der begrifflichen Grundlage des Seienden, mag der Be
griff eines Dinges in Bezug auf seine wesentlichen Bestandteile oder
der Begriff einer Inhärcnz in Bezug auf ihren wesentlichen Träger ge
dacht werden; in diesen beiden Beziehungen aber waltet auch die not
wendige und ursprüngliche Causalität des Entstehens , vermöge welcher f
das dem Begriffe Adäquate wird. Und mit der anderen Seite steht das :
xu& avxo auf der individuellen Substanz , welche in ihrer bestimmt
abgeschlossenen Concretion sich treu bleibt, während sie mannigfache
anderweitige Bestimmungen als Prädicate an sich tragen kann, zu welchen
sie dann das Substrat und Subject ist. Hierin Hcjgt. wir sehen werden^
die B^^dj^jggenaiiiilen Kategorien - Lehre des Arislo^Ie^TÄ^un.
Substanz als Sub
ject und zugleich die ursächliche Thätigkeit des Begriffes , welche als
schöpferische in den Dingen und in den wesentlichen Inhärenzien wirkt.
Was aber von der als Subject des Urtheiles auftretenden individuellen
Substanz in dem Urtheile mit Ausnahmslosigkcit und notwendiger Allge
meinheit ausgesagt werden soll, kann nur, mag es ein wesentlicher
Bestandteil und höherer Begriff oder mag es eine wesentliche Inhärenz
sein, ausschliesslich auf der die notwendige Causalität enthaltenden
Thätigkeit des schöpferischen Begriffes beruhen, da es ausserdem an
dem Nexus des Notwendigen und Wesentlichen, und mithin an der
Allgemeingültigkeit gebräche. So also muss sich die Allgemeinheit der
Aussage (xaxa navxög) mit der Auffassung des schöpferischen an dem
Subjecte wirkenden Begriffes (xa&' avxo) vereinigen , um so mit dem
Nachweise der Notwendigkeit ausgerüstet als xu&olov auftreten zu kön
nen. Nicht genügend ja ist das blosse Wahrsein und die Unmittelbarkeit,
wenn nicht das xct&' avxö hinzutritt134); denn erst hiedurch wird das
i
133) Man beachte nur, dass Arisl. a. a. 0. 73 a. 29. als Beispiel hiefür ein
Urlheil , nemlich das sog. Dictum de omni, gibt: oiov tl xaxa navxog av&Qoitiov
$(pov, tl äkrjS-tg zövd' tlntlv av&Qtanov, aXrjO-ig xai (ifiov, xai tl vvv
*«Tfoov, xai daztgov.
134) Anal. posl. 1, 9, 75 b. 37.: (nti ök (pavtQov ort txaaxov Ü7iodeli;ai
ovx fffnv <UA' r\ Ix iwv ixüaxov aQxäv, äv xö dttxvv/tevov vTiaQXy V
' 124 IV. Aristoteles (Apodeiktik).
xa&olov verwirklicht, welches dann die Ursächlichkeit enthält und hie-
/ mit zu einem Einfachen, zu einem abschliessenden Ziele und Principe
führt135); was xa&oXov ist, ist ewige Wahrheit, das eigentliche Gebiet
des Philosophen 136). Hat aber das Ka&öXov diese eben entwickelte Gel
tung, so ist klar, dass es die eigenschaftliche Form des Wissens ist,
welche diesem durch die vermittelnde Begründung erwächst; denn durch
die Verbindung, in welche hiebei das Urtheil mit dem schöpferischen
Begriffe gebracht wird , ist das xa&oXov wesentlich selbst mit dem Be
stände des Prädicirens überhaupt verflochten, und es bedingen sich wech
selseitig die Existenz allgemeiner Prädikate und die des xa&oXov 137);
ja in letzterer Beziehung läuft man betreffs des xa&öXov sogar leicht
Gefahr, sich zu täuschen, wenn Nichts höheres als das bloss Individuelle
erreicht werden kann oder es in der Sprache an einem allgemeineren
Namen gebricht138). Etwa selbst aber eine individuelle Substanz oder
Subject ist das xa&oXov natürlich nicht; es ist keine ovßia, sondern ein
Qualitatives (xoiovSe), wie Aristoteleles ausdrücklich dieses ausspricht 139).
Somit alspJsLJaÄ welches die Apo
deiktik sucht und entwickelt, eine qualilativie^gtiflm^.ejL|l4|,iF j,orm dessel
ben, und die 4ftfllleiklik hat demnach sicher ein formelles Wirken, aber das
! xa&olov beruht nach dem Obigen darin, dass das Urtheil vom schöpferischen
Begriffe durchdrungen wird, und es ist daher jene formelle Thätigkeit
keine andere als diejenige, welche der schöpferische Wesensbegriff in
metaphysischer Bedeutung seinerseits an dem Stofflichen übt, um dasselbe
Ixtivo , oix ißri tö £7iCOTaG&ai tovto , av l'i äXrj&üv xal ävanoStixTiav
detx&rj xal afitotov Sib xttl in' aXXiov tipagfiörTovaiv ol Xöyoi ov
avyyt'viSv ovxovv od/ y ixtlvo tnlOTarai\, äXXa xarä ßvfißtßrjxog.
135) Ebend. 24, 85 b. 23.: tri tl r) unöSuhs pfr iori avXXoyiafibs
StixTixbg alxlag xal zov d*ia rC, to xa&olov ä' ahiiÖTtgov u yag xadavrb
vridg/ti ti , tovto uvtb avTip atriov' TO dt xa&öXov ngtöroV aluov
aga 16 xa&6Xov wOTt xtd r) anöäti^ig ßeXrdov , ^läXXov yag tov^Itiov
xal tov eft« tC taiTiV tri fifyoi tovtov £rrrov[itv ro äiä it xal TOTt olopt&
a tldtvai , orav fii) y oti ti ciXXo tovto jj yivöfitvov rj ov ' TtXog yng
xal n(gag ro ta/aTov r\Sr) ovTiag IotCv.
136) Ebend. 8, 75 b. 21.: ifavtgbv dt xal teev (oGiv ai ngoTaatig xaiho-
Xov l£ 10V ö avXXoyiO/Aog, oti aväyxr) xal to Gvfintgaßfia ä'tStov tlvai rrjs
ToiavTt); anoStC^tiog xal Tijj änXiag tlntTv aTioätC'Zttog. Metaph.
1026 a. 10.: tl dV tC Ißxiv a'l'Siov xal «xCvrjTov xal /ugißTov, ifavtgbv oti
9-liogriTtxrjg to yvävai. t (
137) Anal. post. I, 11, 77 a. 6.: tiör] fiiv ovv tlvai rj tv ti nagciTct
noXXa ovx~ aväyxr), tl anofiti^ig ißTai , tlvai fih'Toi tv xarä noXXäv aXn-
S-ig tlntiv aväyxr]' oh yag ißxai to xa&6Xov, av fxr\ tovto rt.
138) Ebend. 5, 74 a. 3. : Sti Sk urj Xav&äveiv oti noXXaxig ßv/ußaCvet^
SiafJiagrävtiv xal uij vnäg%tiv to otixvvfitvov ngiSrov xttfhoXov, 5 Soxtl
Selxvvß&ai xafhoXov ngtoTov äuaTtofitH-a ef£ TavTrjV rr)v anärrfv, otov
5 fjurjSiv rj Xaßtiv avioTtgov nagä 10 xaS-' ixaOTOV rj Ta xa&' Heuora, Jj
r\ ftiv, äXX' ävaivv/Aov^ j) Inl äia<p6notg tläti ngöyfiaoiv , rj Tvy%avf) ov
mg tv fiigti oXov £(p' c5 Sttxvvxai.
139) Metaph. B, 6, 1003 a. 8.: ti piv yag xa&6Xov (sc. ai ag'/al), ovx
taoVTai ovtsCai' oviflv yag tüv xoiväv roSt ti otjfiaCvti , äXXä TOiövSt, k
S' ovaCa röät ti. Ebend. Z, 13, 1038 b. 34.: ix Tt ä)i tovtmv ötagovoi
„ — t, 1/ ~S I . ' Vi / iL u I
hinzugefügt, ausserdem kömmt man zu dem TQtrog avd-Qioitos (s. Abscnn. i,
Anm. 48 ff.).
IV. Aristoteles (Apodeiktik). 125
als ein von der begrifflichen Form durchdrungenes zur Erreichung des
substanziellen Zweckes zu führen. Somit J!i&eiLLAej!y^
Begriff das Real-Princip _der amtojtejüsjeh^^^
-—am solcher ILi'si's Wird' ' uns'" nun" a'ucli che 'welle re Entwicklung in
Bezug auf das begründende Verfahren des Apodeiktischen verständlich
sein und zugleich bei jedem Schritte neue Belege für das oben Gesagte
enthalten. — Bei jedem apodeiktischen Verfahren ist Dreierlei zu unter
scheiden: Erstens eine Gattung der Wissens-Objecte, irgend ein Gebiet, wel
ches Gegenstand und Product einer Wissenschaft werden soll, und wel
ches daher der Process des begründenden Apodeiktischen betrifft —
jevog oder «sot o cmodelxvvrai — ; zweitens das Gesammte, was die
sem generellen Objecte wesentlich an sich (xct&' avto) zukömmt, und
wovon eben das, dass es ein wesentlich und nothvvendig Zukommendes
ist, durch die Begründung gezeigt werden soll — Haft' avra vnuQ-
%ovra oder « änoSuKvvrat, — ; drittens gewisse gemeinsame Axiome,
von welchen als Anhaltspunkten der in menschlicher Rede sich bewegen
den Beweisführung ausgegangen werden muss — xoivu cc^uöfiara oder
i% ®v anoSsiHwrai — 140). Unter diesen Dreien nun ist zunächst die
„Gattung" das individuell abgegränzte Gebiet, auf welchem die Einheit
irgend einer bestimmten Wissenschaft beruht141), und so viele Gattun
gen es gibt, so viele Wissenschaften gibt es, da zu jeder Gattung Ein
Wahrnehmungs-Sinn und Eine Wissenschaft gehört 142) ; in der Gattung
liegt das der einzelnen Wissenschaft speciell eigene Princip bedingt, denn
jenes individuell bestimmte Auftreten eines in sich subslanziell abgeschlos
senen Gebietes der Objectivität hat die dasselbe betreffende Wissenschaft
als principiellen Ausgangspunkt anzuerkennen, und in dieser Beziehung
lieisst die Gattung selbst das Princip 143) ; also liegt es in dem Gebiete
und Gegenstande des Wissens (d. h. in dem TtSQi o) begründet, dass es
eigenthümliche Principien (l'rJiori aQ%a[) der Wissenschaft gibt 144). So- *
140) Anal. post. I, 7, 75 a. 39.: tgCa yäq iari rä iv Talg anoSeC$eaiv,
h> [ttv to anoStixvvuivuv to dvfintQaaficc' xovzo d" lorl to vticcqxov yivei
nvl xaD-' aviö' tv oe ra ä^iciifiaza' a^ttofiaza d" ioiiv ii cov tqCtov to
yivog x6 vnoxeiuevov , ov tcc nä&ri xal tcc xa&' avTa avfißeßrjxora tfr/Xoi
tj anoäei^ig. Metaph. B, 2, 997 a. 6.: Serjdei ti yivog eivai vTtoxelfievov xal
ra fiiv naihj tcc d" agioi/xur' airojv .... aväyxrj yaQ ix tiviov eivai xal
neoC ti xal Tiväv tt/v anöduSiv (19) einig näaa anoSeixr ixr\ neg(
ri vnoxeiuevov d-eiogel tcc xal)-' avTa avfißeßrjxora ix tiSv xoivmv ootjiov.
141) Anal. post. I, 28, 87 a. 37.: filcc rf' tjiiOTijfir) iarlv r\ evbg yivovg,
öaa Ix Ttov notonßv Ovyxeixai xal y-igrj IotIv fj na!)tj tovtwv xa&' avra.
142) Metaph. r, 2, 1083 b. 19.: anavTog ife yivovg xal ala&rjaig fila
hös xal imaTrj/xrj.
143) Anal. post. a. a. 0. wird fortgefahren: friga d" iniarrjfirj iclTiv §Tiotcg,
bamv al ag/al Mjjr' ix tcov aixcSv |«J)'>' eTegai ix t<Sv erigcov. Metefi.
B, 3, 998 b. 4.: y d" 'txuaTov fiev yvioglfafiev dt« t/Sv ogiapiöv, ag/al
Ht tu yivr\ twv oqiO/aojv eloiv, aväyxrj xal tiSv öqiOtüjv agyäe eivai tcc
f(vi\ (14) oti fiäkiaxa ag/al tcc yivrj etat (27) älua fitjv ei (Wij
y(vr\, ovo" ag/al iaovTui, elneg uo/al ra yivrj.
144) Anal. post. I, 32, 88 a. 18.: rag d avräg äg/ccg änaVTiov eivai
i(5v OvXXoyictfiiöv advvaTov (31) iregai yag noXXäv r<jü yivei ai äg-
X"i (b.25) äiäeiXTai yaQ oti äXXai ag/al tco yivei eialv ai tojv äiafogojv
rip yivei' ai yag Ag/al äiTTal, i$ cav Te xal neol S' ai (th> ouv
f» cav xocvaC, al äi negl S tcfiai.
120 IV. Aristoteles (Apodeiktik).
nacli ist, um auf Obiges zurückzublicken, in der „Gattung" dasjenige
repräsentirt, was wir dort als die individuell bestimmte Substanz zu be
zeichnen hatten ; sie ist das individuell an sich seiende Substrat und in
dieser ihrer Unmittelbarkeit das Subjecl der gleichfalls unmittelbaren
principiellen Aussagen. Hingegen das „an sich Zukommende" (ra xct&'
avra vnuQypvxu) ist der ganze Umkreis dessen, was überhaupt in Urtheilen
von diesem Subjecte nach dessen inncrem begrifflichen Wesen
und mit jener Notwendigkeit, welche auf der causalen Thätigkeit des
schöpferischen Begriffes beruht, ausgesagt werden kann. Und den be
gründenden Nachweis nun, dass alle solche Prädikate, mögen sie innere
Wesens-Bestandtheile oder Inhärenzien betreffen, wirklich mit begriffsmässiger
Nolbwendigkeit und Allgemeinheit jenem Substrate angehören,
— diesen Nachweis liefert das apodeiktische Verfahren , .Jfiftgeffl.
die Einsicht in das „an sich Zukommen11 ist 1:1 '), und welches daher von
dem einheitlichen GrumTzugc, dass der schöpferische Begriff mit Notwen
digkeit alles wirkt, was er wirkt, überall bei allen Wissens-Objecten ge
leitet wird, deren Vielheit und Getheiltsein in einzelne Gattungen den
apodeiktischen Trieb nicht berührt 146). Hat aber das apodeiktische Ver-
I fahren diese seine Aufgabe erfüllt, d. h. sind an einer Gattung (yevog)
alle sie betreffenden allgemeinen Urlheile (xata Ttavxog) mit der Ein
sicht in das nothwendige Ansicbsein (xa&' avro) dieser prädicirenden
Verbindungen durchzogen, so ist das xa&okov des Wissens in Bezug auf
jene Gattung erreicht.
Also das „Zukommende" (ra V7taQ%ovta) ist der Gegenstand der
apodeiktischen Thätigkeit, insoferne von ihm begründet und nachgewiesen
werden soll, dass es wesentlich und mit begriffsmässiger Notwendigkeit
einem Substrate, in welchem der principielle Ausgangspunkt einer Wisi
senschaft liegt, zukomme. Somit wird jene an der Spitze siehende Gat-
\ , lung, um deren sämmtliche wesentlich nothwendige Prädikate es sich
handelt, nicht selbst demonstrirt, sondern sie bildet das noch unmittelbare
Princip; d. Ii. es wird sowohl das Verständniss der Wortbedeutung als
auch die objective Existenz dieses Principes, welches das Substrat ist,
schlechthin vorausgesetzt oder ponirt (inwieferne diess mit den aristote
lischen Kategorien zusammenhänge, wird unten, Anm. 331 ff, zu zeigen
sein); hingegen von demjenigen, was in begriffsmässig notwendigem
Zusammenhange mit diesem Substrate stehen soll , darf nur die Wortbe
deutung schlechthin vorausgesetzt oder ponirt werden, denn die Existenz
I desselben, welche eben in jenem Zusammenhange besteht, ist ja gerade
145) Anal. posl. I, 6, 74 b. 5.: f? oiv lozlv f/ änoäeiXTixfj Iniarrifirj l£
ävayxaiuv aQyüv (S yaQ LntaTarai , oi Svvaxbv üXltog tyciv), ra äe xa&'
atiTft VTittQ/oviu avayxttla rolg nQayfiaaiv (fuvtQov ort ix toiovitav
tivüv av eir) 6 änoSeiXTixbg avlloyiafiog' unav yaQ rj ovriog imaQysi »;
xaru ou/ißeßtixög , t« dk Ov/jßeßtjxöra oix avityxiüu 75 as 28.: Infi
<J' ii ävctyxtjg bnaQyei ntQi exaorov yivog Sa« xaS-^ avrä vnaQyei xal y
exaorov, (puveQÖv Sri 71cqI tüv xa&' avra vTcbqxovtioV cti Intcftrmovixttl
anoiSeiljeig xal ix tüv toiovtwv rfalv. Ebend. 22, 84 a. 11.: r) /xkv yaQ
&7i6dtt$C; tan tmv otfa vnaQyu xaS-' aira zoTg nQayfiaaiv.
146) Anal. pr. I, 30, 4b a. 2.: rj fliv ovv öcSoff xata nävrwv r) avrr) xal
*
-
IV. Aristoteles (Apodeiktik). 127
dasjenige , was nachgewiesen werden muss; also von dem «fgi_o wird
Bcdcjrtjin^juul^euijwnirt , von dem wird die Bedeutung nonirt. jiaj§„
Sein demonstrirl 147i ^omit ist, was die Gattung INI I I I " f I U oder das Substrat
betrifft , das Princip jedesmal gerade das nicht demonstrativ bewiesene
und das unerweisbare , denn eben weil es keine weitere Begründung
mehr hinter sich hat, ist es das Erste, wenn gleich es oft schwierig ist,
zu entscheiden, ob man wirklich auf einem solchen ersten Principe des Ge
genstandes stehe148); also das Unmittelbare, nemlich diess unbeweisbare
Erste innerhalb der betreffenden Gattung, ist Princip149), und insoferne
die Existenz des Substrates schlechthin ponirt wird, die Bedeutung der
Wortbezeichnung desselben aber vorausgesetzt werden muss, bedarf es
hier nur eben des unmittelbaren Verstehens des Begriffes 15°). Da aber
dieser unmittelbare Ausgangspunkt, welcher in dem Substrate beruht,
ausgesprochen werden muss und hiemit als Subject in Verbindung mit
einem prädicativen Zukommenden tritt, dessen Wortbedeutung jedoch
gleichfalls ponirt wird, so sind „unmittelbare Urtheile" (afttöoi ngoräeiig)
der Ausdruck für jenes principielle Substrat; dieselben treten dann
147) Anal. post. I, 10, 76 a. 31.: Xfyto <T dgxdg iv exdöTb) yive i Tavxag,
ag oti eori fir) lvS(xtTttL $ei$af fi piv ovv arjfialvti xal tb TigtÜTa xal
tu Ix Tovrcov, Xafißdverai' oti d" to~Ti, Tag ftev dgxdg dvdyxij Xafißdveiv,
r« (T ixXXa äetxvvvai (b.3) eOTt cT löia fiev xal « XafißaveTai elvat,
negl S r) iniOTrjfiri &eiogeZ ra indgxoVTa xaS-' avrtl.... tu (f£ tovtiov
na&r] txvra, tC [ih> Grj/taCvei exaOTov, Xa/jßdvovdiv , oti d" ?ffrt,
StixvvovOi äid ti Tiiiv xoiviüv xal ix tiöv dnoSeSeiyfiivtov n&aa yag
imoäeiXTixr/ Intair/fiy negl Tgia lailv , Saa re elvai Ttöezai , Tavra 6
lail to ye~vog , ov tojv xa&' avTa na&rjiidTiov {0tI ^eugrjTtxr] , xal t&
xoiva Xeyö/ueva aHtoi/naTa , l| ojv ngoiTiov dnoSelxwai , xal tqItov tu
irnS-i), &v rt Or\iiaivei exaOTov Xaiißdvei. Mctaph. E, 1, 1025 b. 8.: ndaai
«mai (sc. imOTrj/uat. äiavorjTixal) negl ov ti xal yivog ti negtygaipdftevoi
negl tovtov ngayfiuTevoVTui, dXX' ov/l negl ovxog dnXäg oiidi T/ ov, oväe
tov tI iariv ovdkva Xoyov notovvTaf &XV ix tovtov ai fiev alaft-rjaei noirjauaai
uvtö drjXov, al <f' vnö&eatv Xaßovaai. to tC iaTiv ovtoj Ta xaO-'
aha bnaQXOVTa Tip yivei. negl ö tidiv dnoäeixvvovaiv rj dvayxaiÖTegov rj
uuUiy.iaTtgov äiöneg (ftivegbv oti ovx cotiv dnoäetiig ovOtag oiäe tov
il Iotiv ix rrjg TotavTtjs inayojyijg, äXXd Tis dXXog Tgonog Trjg SrjXmaeiag'
öfiodog äi oi5J" et cotiv rj ^itj t-OTi to yivog negl 8 TrgayfiarevoVTai oiiölv
UyovOi, <T(ä to Trjg avtrjg elvat äiavoCag to tc tC iari drjXov noietv xal
(i eariv.
14S) Anal. post. T, 9, 76 a. 4.: exaOTov rf1 iniclTafie^a fir) xaTa Ovfißeßqxog
, oxav xut' IxeTvo yivmOxiafiev o vnäg%ei , ix TtSv äg/tüv Tiäv
hetvov n ixeTvo (16) ipavegbv xal oti ovx itSTi Tag exaOTov iäCag agyag
itnofieiljai ' iaoVTai yag ixeTvai tinavtiov äg/al xal iniOTr]fir] r) ixe(-
vav xvgia nävTiov' xal yag inCaxaTat /uäXXov 6 ix Ttöv avuiTe'gojv ahCiov
flSiög, ix tojv ngoTigtov yag oldev, otuv ix /nij ahiaTiSv f/cC^ aiiCmv
(26) yaXenov yag to yviSvai ei ix tiöv exaOTov ag%i3v Xttfiev rj fir],
149) Ebend. 28, 87 b. 1.: otuv elg tu avanöSeixTa iX&y äei yag airä
h Tip avTip ye'vei elvai ToTg anoöeäeiyfiivoig. Ebend. 24, 86 a. 14.: to yag
xnlruXov fiäXXov Seixvvvai ißrl To äia jU/ffou deixvvvai iyyvrigio ovTogTrjg
aoyjfi' iyyvrÜTm äe to äfieaov, tovto d" agxr]. Ebend. II, 19, 99 b. 20.:
ovx Mixeiai inlOTaa&at dV änoäet^eiog [ir\ yivoiaxoVTi Tag ngioTag äg-
'/.ag rag afiioovg.
150) Anni. 147. Anal. post. 1, 1, 71a. 11.: dixüg d" dvayxaTov ngoyivtaaxtiv
tu f^ev yag oti. i-ßTi, ngovTioXa/jßdveiv dvayxaTov, t« «fi tC tö
\(you.tvöv im, ^vviivat öet, Ta ä' afiif u. Ebend. 10, 76 b. 36.: rovg d"
Znovg fiövov SwleoS-ai. äel.
128 IV. Aristoteles (Apodeiktik).
in scharfer unzweideutiger Fassung als die Elemente und als die uranfängliche
Einheit für die weitere begründende Vermittlung an die Spitze 151);
ja selbst negativ können solche erste unmittelbare Sätze ausgedrückt sein,
ohne dass sie hiedurch an principieller Ursprünglichkeil den affirmativen
. nachstehen 152) — so sehr diese Annahme aulfallen muss, so ist sie
I doch durch die Art und Weise, wie Aristoteleles die Negation überhaupt
ohne tieferes Eingehen in ihr Wesen behandelt (s. oben S. 118 f. u. unten
Anm. 224), begründet — ; jedenfalls aber müssen die principiellen un
mittelbaren Urtheile am klarsten erkannt und am treuesten festgehalten
werden, daher auch die Einsicht in die Unwahrheit ihres Gcgentheiles
erforderlich ist l53), wodurch jedoch, wie sich von selbst versteht, noch
keinerlei apodeiktischer Beweis für diese Urtheile gegeben ist, sondern
eben nur die feste und unweigerliche Annahme unmittelbarer Sätze ist,
^ was „unbewiesenes Wissen" heisst, so dass hier die Gegensätze „Wis-
< sen" und „Unbewiesen-sein" sich vereinigen154). Derlei erste Sätze da
her sind jeder einzelnen Wissenschaft in Folge der Vielheit und Ver
schiedenheit der Gattungen speciell eigentümlich, und für sie hat die
Einzeln-Wissenschaft als solche nicht einzustehen, da sie auf den Principien
als unbewiesenen fest beruhend erst von da aus weiter baut und
daher Einwände gegen das Princip selbst nicht zu widerlegen braucht;
hingegen verantwortlich ist jede Wissenschaft für Alles, was sie von den
■v.-' ersten unmittelbaren Sätzen an und aus diesen schlicsst 155).
t'~^ Nemlich damit jedes Wissen von den ersten unmittelbaren Principien
aus seine unentbehrliche apodeiktische Vermittlung erreiche, muss
das gesammte „an sich Zukommende" durch den Beweis seiner begriff-
151) Anal. post. I, 2, 72 a. 7.: an/i] S' ioxlv ctnoSel's'ttog noöxaaig ä/J(-
Oog , äpeaog Si r)g fix] iaxiv akkrj nqoxioa ctnoSetxxixii Se r) lootaiitvcog
&cixtQov, ort ctkrj&tg. Ebcnd. 23, 84 b. 22.: cd yao it/teooc nooxctOtig
axoi/tia (35) toxi S' IV, bxav ctfieaov yivrpui xcti fiCct nobxctotg cinkiäg
fj afieooi (39) Iv OukkoyiOfiiä xb ?v nooxaoig ct/xtoog.
152) Ebend. 23, 84 b. 28.: xcti tagnen h'icti cto/cU liaiv civctTioSttxxoi,
0X1 tOXl XoSt XoSl Xal VTtciQYtl TOÖt xipSl , ovxta xcil Sri ovx toxi xoSe
xoSl ojjcP vnctQ/ei xöSe xipSl, äaS-' ctl fjtv tlvtxl xi cd Si fifj tlval ti
ioovxcu cio^etf. Ebend. 25, 80 b. 3U. : exi et cto/r) ovkkoyiOfiov r) xctS-ökov
nqoxaOig afieoog, toxi d" iv fitv xfj Stixxixf) xctxcttiitxixr] iv cT^ ijj OxtQijxixrj
anotiaxixr) r) xct&okov nnoxctoig xxk. Hierauf beruht auch ebend. c. 15.
' 153) Ebcnd. 2, 72 a. 37.: xöv Si [i£kkovxct '£%etv xrjv inioxr\fir\v xrjv St'
anoSilittog ov fiövov Sei xag cto/ctg fictkkov yvtooi&iv xcti jxctkkov ctixoig
nioxtvtiv rj xeji Seixvv/j.e'vq) , tikka firjS' akko ctvxtp niaxoxeoov elvett (lySi
yvoiQtfitöxtQov xiSv ctvxixtiiie'vtav xcelg ctq/alg , iS tav loxai ovkkoyiOfibg 0
xrjg ivctvxCag änäxrjg.
154) Ebend. 33, 88 b. 36.: iniOxrjfirj avctnoSaxxog, xovxo <P ioxlv vnökrjipig
xrjg ctfitoov nQoxüotcag.
155) Ebcnd. 12, 77 a. 3b.: il nooräocig xa&' ixcioxriv imaxrjfiriv
£f ihv 6 avkkoytOfj.bg 6 xctS-' ixäaxr\v , tirj ctv xi iqtöxrifict i7itoxrj/uovixöv,
?{ mv 6 xcti)-' exccdxrjv olxnog yCvtxai ovkkoyiOfjög' Srjkov aoa 0x1 oi näv
iQiäxrjfitt yjioftexQixbv av tttj ovcV laxoixbv, bfioCwg Si xcti ini xtöv akktoV
akk' 1$ <öv ätCxvvxctC xi ntgl tov rj yitaftfXQlct IdxCv .... ouoitog xal
tcöv akkeov. xcu neqX iikv xovxcov xcti koyov vtftxxiov ix xtöv ytmfiexQixiöv
äo^töv xcti avjxneQuatiäxtav , ntol Si xtöv ctQ^cSv koyov oi/ itpexxiov
xtp yecofiixQr) 5 yta>fx£xQT)g. I'hys. ause. I, 2, 185 a. 14.: uvSi kveiv anavtet
nQogrjxei, äkk' rj bau ix xtöv ao/mv xig imStixvtig xpeüSexcti, Sact Si
fii), ov.
f I.V. Aristoteles (Apodeiktikl » 129
Ii
liehen Nothwendigkeit und Allgemeinheit befestigt werden. Hiezu aber
ist Erfahrung die erste Vorbedingung, und die Induction ist der unmit
telbare, eben erst seine Vermittlung erwartende, Anfang des Apodeiktischen
(Anm. 72 u. 75); somit ist unerlässlich nothwendig, dass eben
auch alles einer Gattung an sich Zukommende beigeschafft werde, d. h.
dass das aposteriorische Material {iGxoqLa) in ausgedehntestem Masse und
lückenlosester Vollständigkeit, auch mit Einschluss des von Anderen be
reits Gefundenen, vorliege, um an diesem Stoffe das apodeiktische Ver
fahren üben zu können156). So ist das Dass ein Princip, welches, wenn
seine Erscheinungsweise eine hinreichend erschöpfende wäre, sogar das
Warum überflüssig machen würde 157). Muss aber diese beiden das
menschliche Wissen erst zusammenführen und liegt in der gegen -j
seitigen Durchdringung beider die Entstehung und der Bestand der Wis
senschaft überhaupt (Anm. 129), so kann der Zweck der hierauf gerich- ■
teten Apodeiktik nur dadurch erreicht werden, dass für alle jene Prädi
kate, welche das an sich Zukommende ausdrücken, die Berechtigung in
ihrem begrifflichen Verhältnisse nachgewiesen wird, der Art dass einer
seits sowohl die wesentlichen Bestandteile als auch die Inhärenzien ir
dieser ihrer begrifflichen Bestimmtheit erscheinen, und andrerseits di«
ursächliche Nothwendigkeit dieser Bestimmtheit in der schöpferischer
Thätigkeit des Begriffes erkannt werde, kurz der Art dass an dem xu9'
tmo vnüqxov eben das xa#' cevro (s. oben Anm. 133 f.) sich herausstelle.
Die gesammten Functionen des Begriffes in Bezug auf Bestandteile und
Merkmale und schöpferischen Zweck sind es, welche in dem apodeikti- -f^i,^
sehen Verfahren die Grundlage "bilden, nach welcher durch fortgesetztes
Prädiciren die wechselseitige Unter- und lieber- Ordnung des Seins und
der Causalität betreffs der vnäqxovxa erprobt wird. Aber in diesem
Verfahren verliert das hiedurch entstehende Wissen seine ursprüngliche
Einheil nicht, sondern eben jene einheitliche Gränze, welche dem xct&oiov
einwohnt (Anm. 135), behauptet sich in dem fortgesetzten Wechselrerkehre
der das Object betreffenden wesentlichen Urtheile und führt zu
einem letzten Schlusssteine der Vermittlung des von Anfang her noch
Unvermittelten. Denn sowohl betreffs des begrifflichen Seins findet das
fortgesetzte Prädiciren seinen Stillstand nach Unten wie nach Oben, und
es gibt ein letztes äusserstes Subject und ein letztes höchstes Prädikat 15S),
156) Anal. pr. I, 30, 46 a. 5.: cTet yaq xct vnuQxovxa xal oig vnäqxei
iSQt ixaxeoov a&qelv xal xovxiav ibg TiieiOxtoV evnoQtlv .... (17.) diö xag
fitv aq/ag xag neql exaOxov Ifineiqteg lorl naoaiovvai .... (22.) diaxe av
Ji)<j#ij Ta vnaQxovxa neql exaOxov, rjfiheqov ijärj rag anoSsC^sig ho(/4(og
ljufuvt&iv ei yaq urjätv xaxa xijV iaxoqCav naqaletwS-eir) xäv akrj&iSg
vnaq^övxmv rolg TtQityuadiv, e^ofzey neqi atiavxog ov fttv ißxiv anoSeiiig,
Tuvirjv ebqetv xai anoouxvvvai, ob de [ir\ ntyvxev an6<Suk~ig, xovxo noielv
ifiveqov. Hisl. an. I, 6, 491a. 11.: ovxto yaq xaxa if vOiv loxl noula&ai > ,( {
Tip jiO-oSov vnaQ%ov(irig xi\g iGTooCag rngneoi SxaOxov. Rhet. I, 4, 1359b. t*~ •
SftrrrStCTerTr"öv povov'Tx xijgneqTTaMia^pJtt^Tag Me'xixai awoqäv,
«IV ävayxalov xal xäv naqa rolg ai.).oig evqrj/xe'vmv laroqix&v elvat. Vgl.
auch die in Anm. 147. angeführte Stelle Metaph. JE, i.
, 1W) ß*- ««. I. 2> l«?5b. 6.: aotf vcu> xö Sttf xfä Ü toSzo iffUvwn ZL..
KpxoyvrMC auSiv unncätnttf. rm, <fi.r>x,
l 158) Anal. poü. I, 19—23. (BZä; 21.: ort fiiv ovv xa fiexaSv ovx evotxexai
«netqa eivai, et tni xo xaxw xal xo aveu taxavxai at xaxrjyoqiai , äiji.ov'
Psantl, Gesch. I. 9
130 IV. Aristoteles (Apodeiktik).
als auch betreffs der begrifflichen Causalilät geht der Nachweis nicht
ins Unbegränztc , weder nach Oben noch nach Unten , und es gibt eine
erste und eine letzte Ursache 159). Somit ist weder Alles apodeiktisch
erweisbar noch hört darum der Bestand der Wissenschaft überhaupt auf,
sondern es gibt ein erstes noch nicht Vermitteltes und ein letztes nicht
mehr Vermittelbares ; was dazwischen liegt, ist die apodeiktische Vermittlung,
deren Anfang und Prineip daher nicht gleichfalls eine apodeiktische Ver
mittlung sein kann, sondern^^r^j/oti?, welcher das erste und das letzte
Unmittelbare ergreift (Anm. 55 ff. u. 101), ist als Organ der Begriffe
das Prineip 160).
"""""Solcher Art also ist die Thätigkeit des Apodeiktischen betreffs des
yivog moX o arcodsiKVvrca und betreffs der xa&' avt« vnäqiovxa a
anodduvvTai. Was nun das drille der oben (Anm. 140) namhaft ge
machten Momente, nemlich die xoiva ä|ta)ftKT« f| äv aTtoöeixvvrai, be
trifft, so haben diese „gemeinsamen Axiome" im Vergleiche mit dem
Principe der Dialektik, welches ja das xa&öXov ist, von vorneherein
eine sehr niedere Stellung, wie schon daraus erhellt, dass sie überall
bloss als ein gemeinsames — xoivct — bezeichnet, ja sogar zuweilen
direkt nur allgemeine Meinungen — do^ai — genannt werden161). Es
Xfyoj d" avia jjev rrjv Inl to xa&6Xov jxiiXXov, xdxta c!t xr)v inl To xard fi^Qog.
831). 28.: dvayxrj Üq« elvai ti ov tiqwtÖv xi xaxijyooeixai xal xovxov ctlko,
xal xoiixo iaxaO&ai , xal elvai xi 8 ovxe'xi ovxe xax' dXXov 7iqot£qov ovxe
xar' ixelvov aXXo nqöxenov xaxrjyooetxat. 84 a. 37.: mar" el xovx' eis
dneiQov iväe"xexai Uvea, IvdfyoiT' äv ävo Sqcjv äneiQa /xercigv elvai /xiaa'
äXXä xovx' aSvvaxov, ei 'iaxavxai cd xaxrjyoQiat inl xö avto xal xb xdxa.)
159) Ebend. II, 11. u. 12. (95 b. 14.: avdyxrj yuQ xal iv xovxoig xö fieaov
xal xb 7tqcSxov aixeoa elvai (31.) «p/jj d* xal iv xovxoig d/j.eßog Xrjnxia.)
Ebend. I, 13, 78 b. 3.: ecxi xov Siöxt 6 avXXoyiO/j.ög ' eiXrjnxai yäq to noätov
aiTiov. Mctaph. a, 2.
160) Anal. post. I, 3, 72 b. 5.: ivlotg fiev ovv äia xo SeTv ra nqma
iniaxaafrat ov öoxet imaxtjtirj elvai , xoTg ef" elvai fiev, ndvxwv fie'vxai
änotSel'ieig eivai' lav oväixeqov ovx' äXrj&eg ovt' dvayxaiov (18.) fj/itig
de" yafiev ovxe näaav (711a1.rifj.r1v änodeixxixr)v eivai, äXXä Tr)v xojv äfiiomv
avanööetxxov xal xovfr' bxi Jivayxaiov i/aveQoV ei yao avdyxrj ukv ini-
OxaOS-ai xa nooxeqa xal ti; iov r) dnod'ei^ig , loiaxai oe noxe xä ctfieda,
ravr' dvanöSeixxa avdyxrj elvai' Tavrd t' ovv ovrta Xiyqjiev xal ov fiovov
iniOxrjjxijV aXXä xal äo/rjv iniorrjfirjg elvai xivd tpafiev, fj xoiig bqovg yvm-
Qi£ojxev. Ebend. 22, 84 a. 30.: äfjXov rjSrj xal räv anod'eiitwv ort avdyxrj
aQxdg xe elvai xal itr) ndvxiov elvai dnod'ei'iiv et yao eialv ag/al, ovxe
ndvxy änoSeixxa ovx' eig dneiqov o'wv xe ßadC£eiv. Mctaph. r, 6, 1011a.
13.: imoSt^^^i^.l^(3^^u*..«jiQä.tii(s. forty. Anal. post. II, 19, 100b. 8.:
Inet.... aXrj!)-rj ael tniax-rj/irj xal vovg xal ovSev tnioxrjfirjg ctxoiße'OxeQOV
aXXo yivog t\ vovg, at &' aq%al xdöv dnoäe($etov yvioQifiioxeoai , tntüTrjfiri
ä' anaOa fiexd Xdyov loxl, xojv aQxtöv Imaxrjiir] fiev ovx av eirj, tnel <f'
oväiv aXrjSe'axeoov tv^t/erat elvai iTTiaxtj/xrjg r) vovv, vovg äv ett) xüv ßp/Wi
?z xe tovxüiv OxonovOi xal bxi aTioäeC'ieiog do%r) ovx dno&ei^ig, ojOt' oiä'
iiliOxrjfirjg IniGxrjLirj- ei ovv fxrjSev aXXo nacr' intctTrjfirjV yivog t^ofiev
&Xxj9-ig, vovg av elrj tnictTrifirjg do%q.
161) Ebenso wie schon in der obigen Stelle (Anm. 140.) treffen wir in sämmllichen
sogleich anzuführenden die Bezeichnung xoivd; Metaph. B, 2, 996b. 28.
heissen die Axiome xoival „do'i'«/ ", Ii- mv dnavreg äeixvvovöiv (vgl. Anm. 165.),
und nur an dieser Stelle wird im Verlaufe (997 a. 13.) in Bezug auf sie das Wort
xafhöXov gebraucht, welches jedoch in dieser Verbindung mit do£« an sich die
technische Bedeutung verliert, welche es sonst für die Apodeiktik hat. Vgl. auch d.
Schluss d. Anm. 74.
IV. Aristoteles (Apodeiktik). 131
nehmen an den Axiomen alle einzelnen Wissenschaften , abgesehen von
den ihnen eigentümlichen Principien , gemeinsam Theil, denn dieselben
sind Grundsätze, welche man überhaupt schon zur Wissenschaft und zu
jedem Lernen mitbringen muss, gewisse gemeingültige Annahmen, deren
Kenntniss vorausgesetzt wird, und von welchen dann je nach dem Ge
genstande der einzelnen Disciplinen von vorneherein Anwendung gemacht
wird, so dass in dieser Beziehung selbst diese gemeinsamen Axiome sich
je nach den Wissenschaften modificiren, wie z. B. von dem Satze, dass
Gleiches auf gleiche Weise verändert sich gleich bleibt, welcher Satz
der Gattung des quantitativ bestimmten Seins angehört, wohl mehr der
Mathematiker, und z. B. von dem Satze, dass das Nemliche nicht zugleich
sein und nicht sein könne, oder z. B. dass man Jedes entweder bejahen
oder verneinen müsse, auch bald Dieser bald Jener je nach dem Inhalte
seiner Wissenschaft Gebrauch machen wird 1C2). So ist nun auch für
die Apodeiktik und ihre Thätigkeit, welche sie an den vitäQypwa übt,
dasjenige ein dergleichen Axiom, von welchem am meisten vorausgesetzt
werden muss, dass es überhaupt bei dem Erkennen sich einfinde, und
welches eine Täuschung am ineisten ausschliesst, daher es schlechthin
Jeder zum Erkennen bereits mitbringen muss 1G3). Diess aber ist, dass
jede Annahme betreffs eines vnäqypv von vorneherein in sich feststehe,
und dass es hiemit — im Gegensatze gegen den Ausgangspunkt man-
162) Anal. post. I, 10, 76a. 37.: iaxi d" iöv %Qiövxai Iv xaig änoSuxxixaig
Imaxfjfiaig xa fikv ISut kxaaxrjg lniaxf)jm\g xa äk xoiva, xoiva äk
xut' avaXoyCav, Inel %Qrjdi[i6v ys oOov Iv xtö vnb tt\v IniaxfjurjV yivu ....
xoiva Sk oiov xa lau äub lou>v äv äcpiXy, oxi loa xa Xoinä' ixavbv d"
exaaxov xovxiov oaov Iv xw yivu' xavxb yaQ notfjati, xäv jifj xaxa navxiov
Xüßrj äkV Inl ^isye&iov fiovov, rw d' aQid-fitjxixiji In' aQi&fiwv
(b.20) ägneo ovök tu xoiva ov Xajxßavti xC or][ia(vfi to toa anb Xaiov äiftleiv,
oxi yv(öni/j,ov. Ebend. 2, 72 a. 16.: ijv d" (sc. liiaiv) äväyxtj i%eiv
töv bxiovv f/.a$-rjo~6{iivov , ä£t<o/ta ■ iaxi yaQ evia xoiavxa. Ebend. 11,
"7 a. 26.: Inixoivmvovai Sk naoai ai Iniaxfjfiai aXXfjXaig xaxa xa xoiva'
xoiva 6k Xiyio oig xqiovtui ibg ix xovxiov anoSuxvvvxtg oiov oti clnav
ifavai rj änoifävai fj oxi loa ano Xaiov fj xiov xoiovziov axxa. Ebend. 32,
bSa. 36.: aXX oväk xwv xoiviöv &qx<öv oiov x' elvaC xivag, Ii eöv anavxa
Sux&riOtxai ■ Xiyio äk xotvcig oiov xb nuvqävai fj anoifavai' ra yan yivij
xiov bvxiov exeoa xal xü fikv xoTg noOoig xä Sk xolg noiolg vnaQxti /xövotg,
fit& iöv Sttxvvxai Sia xäv xorviSv. Melaph. B, 2, 996 b. 28.: Xiyio
Sk änoSeixxixag xag xotväg S6i;ag, lg iöv änavxeg Seixvvovaiv, oiov oti
nüv ävayxaiov fj (f t'tvai fj änoifävai xal äSvvetxov cifia elvai xal pi) elvai,
xal bau aXXai xoiavtai nnoxäoug (997 a. 3) xC fikv yäo exaaxov xov
xiov Tvyyävei ov, xal vvv yvianitpfitv xQiävxai yovv log yiyvioaxofxivotg
aiioig xal aXXai t^vki. Ebend. 7", 3, 1U05 a. 20.: ticqI xäiv lv ^xoTg ua-
&fyiaoi xaXovfitviov agtiofiäxiov anaOi yaQ inao/ei xotg ovoiv, aXX'
ov yivu xivl^/iüQilg iSia xäv aXXioV xal xQiövxai fikv nävxeg, oxi xov
bvxog laxlv fj ov , exadxov äk to yfvog ov Inl xoOovxov Sk xQiövxai,^ lip'
baov avxoig ixavbv, xovxo d" laxlv, oaov Intyu xb yivog ntpl ov <piqovai
xag anoäeCieig (b-4) Ssl yaQ neol xovxiov fjxeiv TiQoeniaxa^-
vovg, aXXa fif\ axovovxag fyxtfv.
163) Melaph. r, 3, 1005 b. 8.: 7tQogf,xsi ök xbv /taXiaxa yvtoQCfrvxu ttsqI
ixaaxov yivog t/eiv Xiytiv xag ßeßaioxaxag ÜQ/ag tov nQiiyfiaxog .. . . ßsßatoxäxri
d" aQ/f) naaiöv ntQl rjv äiaxjjevad^fjvai aövvaxov yvioQifiioxaxrjV
xi yao ävayxaiov elvai xi/v xoiavxrjv (ntQl yaQ a pifj yv<OQi£ovaiv , änartövxai
naVTeg) xal ävvno&exov o äk yva>f>((etV ävayxaiov xä otiovv
)'VuqC(ovxi, xal ijxtiv kxovxa ävayxaiov.
9*
132 IV. Aristoteles (Apodeiktik).
eher sophistischer Fechterkünste — unmöglich sei, dass Ein und der
Nemliche betreffs Ein und des Nemlichen zugleich dessen Vorhandensein
und dessen Nichtvorhandensein annehme 164) ; und auf diesen gemeingül
tigen Grundsatz als letzten und festesten geht jedes apodeiktische Ver
fahren zurück 105). Somit ist also der letzte Anhaltspunkt, von welchem
aus die apodeiktische Begründung anhebt — woferne sie wirklich je so
weit zurückgreifen müsste — eigentlich Nichts anderes, als was wir
oben schon kennen lernten, dass nemlich das menschliche Denken vom
ersten Anfange an den Stoff der Empirie einheitlich flxirt (Anm. 53 u. 90)
und vermöge der Kraft des die Gegensätze in sich vereinigenden vovg
das so Aufgefasste in Urtheilen entschieden bejahend oder verneinend
ausspricht (Anm. 105 u. 110), oder mit anderen Worten, es ist diess
der schon oben (Anm. 153) erwähnte Grundsatz, dass an den ersten
unmittelbaren Urtheilen mit Entschiedenheit und Ueberzeugung von der
Unwahrheit des Gegentheiles festgehalten werden müsse. Wegen solch
unmittelbarer Selbstverständlichkeit wird dieser letzte Anhaltspunkt auch
bei keinem apodeiktischen Verfahren als solcher angewendet, d. h. keine
direkte Beweisführung hebt je mit dem Satze, dass das Nemliche nicht
zugleich stattfinden und nicht stattfinden könne, als oberstem Obersatze
an, sondern nur der indirekte Beweis läuft darauf hinaus, dass man bei
Annahme des Gegentheiles des Schlusssatzes auf einen Widerspruch mit
der ersten zu Grunde liegenden Behauptung komme , und eben darum
ist dann auch hier jener oberste Grundsatz auf das vorliegende Object
(ys'vog) beschränkt1"6), d. h. z. B. der Mathematiker kann- vielleicht bei
einem apagogischen Beweise darauf zurückkommen, dass z. B. Parallel-
Linien eben Parallel-Linien sind, aber auch er geht nicht noch weiter
zurück bis zu jenem allgemeingültigen Satze, dass das Nemliche nicht
zugleich sei und nicht sei.
Somit sehen wir hier schon, dass es sich bei diesem Axiome um
ein schlechthin Vorauszusetzendes, vor aller Beweisführung Liegendes han
delt, welches jeder Mensch als solcher zu jedem Wissen überhaupt be-
164) Ebcnd. 1005 b. 19.: rö yaq avjo a/xa vnäoxeiv rt xal fir) vnaQ-
%eiv advvctTov to> uinQ xaxa tö avio, xal oö~a äXla 7rQogStoQiaalfttS-''
av, ?s™ nQogönaniGfitva nnbg Tag loyixag äva/tQe(ag, avTj) är) naaiSv
larl ßeßatorclirj züv at>%(öv .... aävvarov y&Q övtivovv ravröv vnolufißävuv
elvai xal fir) elvai el äe ur) Ivvfytrai afj.a v7iao%eiv riji avrip
ravavria, nQosäiwQCa&io ($" r)fiTv xal TavTy ,ry nooraati t« eiio&öra,
IvavTia d" iarl cföf« rfof/j r) rrjg ävriifäaewg, ifaveobv Sri aävvuTov vnola/
jßaveiv tov avrbv elvai xal fir) elvai ro «uro.
165) Ebend. 1005 b. 32.: äib navng oi anoäeixvvvreg tlg ravrr]V V«-
yovOiv i(T/ÜTrjV äö'fav (also auch hier „tfdfß")- (pvOci yaij otQ^r) xal Ttäv &).-
Xrnv a^i(ofiar(üV avrrj navTiav , (4, 1006 a. 4) ort ßtßaioräxrj avtij räv
aQxäiv naa&v.
166) Anal. post. I, 11, 77 a. 10.: rö ih fJir) hStyta&ai äuet (f ävai xal
unoifuvai ovÖBfj.ia la/jßavei ctnoSetiig, cdV rj täv äiy äelSai xal ro öv/4.-
7T(oaö[ia ovTtog (22) To ef" anav wävai rj anoif^ävai r] eig ro ufivvarov
anodu$ig Xaftßüvei, xal Tavra ovo" all xalholov, aXV ooov Ixavbv, ixavbv
<$' tnl tov yivovg' Xe"yaj <J" Inl tov ye"vovg oiov ntQi o yivog Tag ano-
Sel$eig (pe~oei (29) ft Tig xad-oXov ntipbno äeixvvvai rä xoivä , oiov
Sri anav ifävai xal anotfävai rj 8ri Xaa and taiov rj tiöv toiovtiov «rrar)
äe äiakexxixr) ovx eaxiv ovTtog (ÖQiO/Ae'v<ov Tiviöv oiiiik yivovg ivög Tivog.
IV. Aristoteles (Apodeiktik). 133
reits mitbringen muss, nicht aber um ein einfältiges princjjpjijmidentitatis
et contradictionis, weTchj!ir~m^^
fade^deJrTermTulung DM
dass wir es auch intler ThaTTner nur mit jener erstenVöraussetzung
zu thun haben, welche in der ursprünglichen Fixirung des Wahrnehm
baren durch den vovg und in dem diesem vovg eigenthümlichen Begriffs-
Sinne beruht, sehen wir deutlich aus der Beweisführung, durch welche
Aristoteles selbst jenes Axiom stützt. Dass jener letzte unmittelbare Aus
gangspunkt nicht direkt durcli einen etwa noch höheren Satz bewiesen
werden könne, und es eine Thorheit und Rohheit wäre, solchen Beweis
zu fordern , versteht sich von selbst 16T). Nur apagogisch also ist eine
Widerlegung des Gegentheiles möglich , und hiefür eben ist die principielle
Voraussetzung nicht etwa das objective Sein und Nichtsein, sondern
nur dass der Gegner mit seinen Worten überhaupt „irgend etwas Be
stimmtes sagen wolle und, was er sagt, für ihn und Andere irgend eine
bestimmte Bedeutung habe", denn sobald diess zugegeben ist, liegt ein
fester Anhaltspunkt des Beweise's vor, da wenn irgend ein Bestimmtes
gesagt wird, es eben darum, weil es ein Bestimmtes ist, Nichts anderes
als dieses Bestimmte, also auch nicht sein Gegenlheil, ist168). Mithin,
wie gesagt, nur jene allgemein menschliche Function, auf welcher esbe-/
ruht, dass der Mensch denkt und spricht, — also sogar die gemein
schaftliche Quelle des Dialektischen und des Apodeiktischen — ist der
Sinn dieses vermeintlichen Prin^mium's ident. et cratraj^welches dem
Unkenntnisg__ sein^kann. Es weist ja "Xrlstoteles auch in der weiterelij
Begrumlung dieser höchsten Voraussetzung zunächst auf jenes nemliche'
Moment hin, welches wir oben (Anm. 107 ff.) als Ausgangspunkt der,
Vermittlung des Denkens anzugeben hatten , nemlich darauf, dass der
significante Ausdruck der menschlichen Rede das objective Sein der Dinge
aufgreift, dass, falls nicht hiebei das Wesej^ij^rajQbjfccte erfasst wäre, j
entweder überhaupt es 'nü'r*'{rans!ltbY^^ :
liehen Aussagen gäbe oder schlechthin Alles Ein und dasselbe wäre,
und insbesondere dass bei Leugming jenes Grundsatzes das bejahende
und verneinende Urtheil überhaupt aufgehoben wird 1C9). Steht aber
167) Metaph. a. a. 0. 1006 a. 5.: ägiovai äfj xal tovto anoSeixvvvai nfij
dV anaiSevaCav tari y»Q änaiäevaCa to /jfj yivdoxeiv tCviov Sei
Ttiv anöSei'Siv xal xiviov oii Sei' oXiag fjhv yäo anaVTmv aävvarov änö-
J«<|iv elvai, eis aneiQov yaq av ßaä(£oi, dlaxe fj.tj<V ovrtos elvai anööei^iv'
fi de Tivoiv firj äel Ijrpitiv anöäeiiiv , tCva äSiovatv elvai fiäXXov roiavrrjv
i(>X^v ovx av e^oisv elneiv.
168) Ebend. 1006a. 11.: ftrrt tf" anoSeiiai IXeyxTix&s xal nsql tovtov
ort äSvvarov , av fiövov tI Xfyy 6 afx<fiößr]Th>v av äe //Jjtffv, yeXoiov rö
fliftv Xoyov ttqos töv firjSevbs 't-xovra Xoyov (18) ag/rj äe nqos anavra
xa Toiavru ov to i&iovv rj elvai ti Xeyeiv fj fii] elvai- (tovto /j.ev yaq rix"
UV rig vnoXaßoi to If ÜQXVS alxelv) , aXXa to drjfiaiveiv ye tI xal avTip
x<ä «IJti' tovto yao ävayxr) , eineo Xiyoi ti' el yao /j.rj, ovx av eirj rtii
toiovtip Xöyog oi/r' avTip iiqos uvtov ovts nodg aXXov av de" Tis tovto
dtdiji, iaiai anoSet'fis' ifdij yaq tI eOTai mqiGfievov.
169) Ebend. 1006 b. 11.: eOTO) äij , wgneq IXty&rj xut' ag/ös, <3r\fiaivov
it tö ovofia xal arjfiaivov ev ov äfj ivdfyeTai to av&Qiöntp elvai arj/j.aCvtiv
oneq firt elvai äv&Qwnip, el to av&Qionos Orj/xaCvei firj (lövov xaS-'
134 IV. Aristoteles (Apodeiktik).
Bejahung und Verneinung in eben jener Beziehung zum Wahr-sein und
Falsch-sein , welche an dem objectiven Bestände einer Verbindung oder
Trennung gemessen wird (Anm. 112), so liegt hierin schon von seihst,
dass es zwischen Wahr- und Falsch-sein, und hiemit zwischen Be
jahung und Verneinung Nichts mittleres geben kann170); und es Jjjl.lt
daher bei Aristoteles das .sogenannte prineipium exclusi tertii — wenn
wir uns dieser scholastischen BezeicTinüngen"T7fer Tür Etwas bedienen
dürfen , was ihnen wesentlich ganz ferne liegt — völlig mit dejm^og.
prine. WcnJ^ et conlrad. zusammen. Immer aber winTTfiebei in Ueberulnstlmmung
mit dem sulijectiven Ursprünge , welchen das menschliche
I Urtheilen hat, erst an das im subjectiven Reden und Annehmen bestehende
/ Verhfdtniss der gleiche Grundsatz helrell's der Objecto vi tat angeknüpft171);
| denn die Basis der Geltung jenes obersten Axiomes bleibt immer die be-
I griffliche Festigkeit, welche vermöge des menschlichen vovg den Worl-
I hezeiclinungen einwohnen muss 172). Wer demnach diesen ganzen si-
1 chersten und festesten Ausgangspunkt verlässt oder leugnet, hebt all sein
i eigenes Beden und Denken selbst auf und vernichtet alles und jedes
; menschliche Wissen 173); darum auch verbindet Aristoteles mit der Erevbg
äXXa xul ?v....(22) ti efe fir) drjfiaCvei treQov rb av&Qtonog xul rb
fir) avd-Qionog , drjXov Sri xal rb fir) tlvai avfl-Qtt'iTiip rov tlvai dv&Qiönii)
(1007 a. 21) nuvra yaQ aväyxrj Ovußeßrjxe'vai ipäaxeiv airoig, xal rb
bniQ ctv&Qoinit) tJvai fj ftjjco tlvai rt t)V tlvai fir) tlvai ..... (b. IS)- in ti
äXrjfreig ul ävTtqddtig cifj.ee xara rov avrov nüdcu , drjXov (ög aJiavra $v
töten (1008 a. 2) ravrä re ovv dvfißatvti roig Xiyovai rov Xoyov roiirov
xal Sri ovx aväyxrj rj ifävui fj aTiutf ävai ' ti yaQ äXijd-tg tdriv ort
civ&Qionog xal ovx av&Qionog , drjXov bri xal ovr' uvO-Qoirrog ovr' ovx civ-
&Q<o7iog idrai.
170) Ebend. 7, 1011b. 23.: äXXä ftr)v ovde fiera^v ävriifädtiag Ivdtytrui
elvai oidiv, äXX' aväyxrj rj ifuvai rj unoifävai iv xuU-' h'bg briovv' drjXov
de tiqiStov fiev oQiaufie'voig' tt to äXrjdeg xal ijjeidog' to fiiv yaQ Kyeiv
TO ov fir) elvai rj to fir) ov elvai rfjevdog , to de To ov elvai xal to ftr) ov
fit] (Ivai aXrj&eg , wdre xal 6 Xe'yiov rovro elvai rj fir, uXrjS-tvdei rj iptvdttat'
äXX' ovre to ov Xiytrai fir) tlvai rj tlvai obre to fir) ov. Anal. posl.
1, 2, 72a. 16.: ävrlifaoig de avrCStdig r)g ovx edn ftera^v ttVTrjv'
fiÖQiov d' aVTUi äoteag to fiev Tt xarci nvog xaräqradig, to de xl ano rivog
unöyadig. S. Anm. 192.
171) Met. a. a. 0. 6, 1011 h. 16.: iiiel d' ädvvuTov n)v uvriifudiv uXr\~
S-tvtddai eifia xara rov avrov, if avtqbv Sri ovdt rdvavrta c'ifia vnc'tQXtiv
lvde"xerui riS uiro). Soph. El. 1, 165 a. 6.: Intl yaQ ovx ianv avra tu
HQayfJ.ara cftaXfytcfHai if ^novrag, aXlä roTg övofiadiv avrl tiov TTQayfidriov
XQtofit&a ßvfißöXoig (s. Anm. 108.) , rb GvfißuTvov inl rüv bvoficiriav xul
tnl rtSv nQuyfiüriav r)yovftt&a Ovfißaivtiv , xuS-utisq inl riäv iftrjifoiv roig
Xoyi^ofiivoig. Anal. post. I, i, 73 b. 23.: ei üvdyxrj udvai rj anotf dvai,
aväyxrj xul tu xud-' avru v7ruQ%eiv.
172) Met. a. a. 0. 7, 1012a. 21.: ߣ/r/ fie 7iQog unuvrug rovrovg £f
ÖQiafiov' OQidfibg dt yivtrai ix rov arjfialvtiv ti uvayxawv tivui avrovg'
b yaQ Xöyog , ov rb bvo/na OtjfieTov, boiGfibg ylvtrui. Ebend. 8, 1012 b. 5.:
aXXit TiQog anavrug rovg roiovrovg Xöyovg uirtTodui ätl..... ovx eivaC ti
rj fir) elvui (vgl. Anm. 168.), ceXXä drjfiuCvtiv ri, iSore 1$ oQtdfiov äiaXexre'ov
XußövTug rl ßtjfiaCvti TO ijjevdog rj rb aXrj&ig.
173) Ebend. 1012 b. 13.: Ovfißat'vti ifr) xal rb &QvXXovfievov nudi roTg
rowvroig Xöyoig, avrovg eavrovg uvaiQeh'. Ebend. 4, 1006b. 7.: rb yeio fir)
h> ti Orjfiuiveiv ovSiv dtjfiai'vtiv idrlv, fii) drjfiaivövriov de riäv ovouäriov
uvr\nr\Tui rb diaXe'yedSai TiQog uXXrjXovg , xara de rr)v aXrj&eiav xai 7iQog
auröv ovdiv yaQ ivdt'^trai votiv fir) voovvra evJV.
Aristoteles (Apodeiktik). 135
örterung dieses Axiomes aus leicht erkliirlichen Gründen eine ausführ
liche Polemik gegen die sensuale Erkenntniss-Theorie des Protagoras, da /
dieselhc das Denken mit dem Wahrnehmen und das Seiende mit dem ■
Wahrnehmbaren verwechsle, und daher das Erkennen an eine Macht
preisgebe, welche Alles zu einem Relativen herabwürdige und überhaupt \
aii sich keines Principes fähig sei 17)).
Wollte man nun selbst mit Vermeidung der jedenfalls verfehlten
Bezeichnungen „princ. id. etjcoiilr." und „j>rinc. excl. lerT" "doch sag"en,
es " sm (Tcr~C rupcTsaiz"," iTiiss das fTcniliciic nicht zugleich sein und nicht /
sein könne und dass es zwischen Bejahung und Verneinung Nichts mitl- /
leres gebe, ein Princip oder sogar „das Princip" der aristotelischen Lo- I
gik, so wäre diess eben so lächerlich, wie wenn njan „wegen der; dem \
schöpferischen Begriffe, einwohnenden Causalität dem Aristoteles dasprinc. j
causalilalis zuschreiben würde. Wohl ein erkuniilniss-lheorclisches PrincIpTnag
man jenes* Axiom nennen, woferne man* es richtig versieht; für
die Logik aber _isL jE&lcine Voraussetzung, denn die Logik muss doch""~
wohl voraussetzen, dass es ein .In Wullen ausgesprochenes menschliches
Denken gibt: diess aber wird Njen)^4L»eUl,..iiJ?.rincip" der Logik nennen,
flmgegen enthält geräTei" wieder diese Vorausselzung nothwendiger Weise
dasjenige in sich, was als Princip d,Q,r,. Logik für diese heraustreten muss,
nemlich das begriffliche Schaffen[' desvotiff. Und dass in der That der Begriff
das Princip der aristolelisclicu.Logik sei, werden wir wohl nach dem bisher
scTio'n ' Gesagten" (besTlinin. IM ffjiiichl noch besonders beweisen müs- ,
sen, sogar wenn es auch Aristoteles nicht selbst ausdrücklich sagen
würde175); vgl. auch Amn. 372 ff. ; denn wem nicht einleuchtend ist,
dass die ganze Thätigkeit des Apodeiktischen , welche ja das gesammte
Zukommende oder Stattfindende (überhaupt vnaq%ov) zum Gegenstande hat,
nur auf den Functionen des Begriffes betreffs der Weise des Seins und
betreffs der notwendigen Ursache beruhen kann, dieser mag füglich,
ohne dass wir es sehr beklagen, unsere ganze bisher gegebene Entwick
lung verwerfen oder in Abrede stellen.
In denijßggriffe aber besitzt die aristotelischeJLogjjk auch einJPrin-
eip, welches> zzuueglleeiicc1-h d1jis^'de'r^so^JjljH^^ ist. Denn — um mu
den möglichst kurzen Worten dasjenige auszudrücken, was über den
uns hier obliegenden Gegenstand hinausreicht — der^Jiöchste und um
fassendste Grundsatz der aristotelischen Ontotogie ist: Älh^^SjLjnjJe^Jst,
was esjst, tTadUCSl?, dassjm.ejnianj^^
mittejsT*der von ihri>b.g4i1ogieftJbewggend(ai, togpjie sich selbst und hiemit
den ZweckcTes Seienden erreicht. In diesem Sinne aber die schöpTmsldTüTTIälirsaTu^^
gewordene ausgebreitete Dasein des
Begriffes an allen erfahrungsmässigen Objccten zu jrkennen ist Aufgabe
des Wissens; Aufgabe der Apodeiktik. o dj,r Logik aber ist, zu ent
wickeln, wie innerhalb des ausgesprochenen menschlichen Denkens eine
derartige begriffsmässige Existenz des Vorhandenen begründend nachge
wiesen werden könne. Darum hat die Logik zunächst das ausgespro-
174) Ebend. Cap. 5. u. 6.
175) D. pari. anim. 1, 1, 639b. 15.: ctQ^t] 6 Xoyog ö/xoimg ?v re xote
xuxet xk/vrjV xal Iv xolg (pvOei GvvtGxr\xo<Siv. Metaph. M, 4, 1078b. 24.:
■WJ Tl»v ävlJioyictfiäv tö xC iaxiv.
136 IV. Aristoteles (Apodeiktik).
chenc Denken selbst — das Urtheil — und dessen ihm wesentliche
Bestimmungen, sodann die Functionen des Begriffes zu entwickeln, um
hierauf die Art und Weise anzugehen, wie in den Urtheilen der irgend
einen Umkreis beherrschende Begriff sich behaupte und bewähre (dariyjL
ist die Syllogistik bei Aristoteles kein leeres JS^iel). Somit ist die ari
stotelische alFgemeine Form oder, wenn man will, Formel, dass „unter
der Form des Begriffes gedacht werde", sowie die platonische entspre
chend, dass unter der Form der Idee gedacht werde. Die Frage daher,
) ob die aristotelische Logik fo_rmal sei oder nicht, haben wir hiemit schon
| beantwortet: sie ist formal gerade insoweit, als das menschliche, ügjiken
« _cjng__Eocm ist, trfTcT"sIe ist nicht formal gerade^ insoweit, als das Denken
das Gedachte, ist. SämnUlicJjß_jdäüirincipien, welche in obigemlwchsteü''
ontologischen Grundsatze enthalten sind, nenilich Stoff, Fonn^bjwegende
Ursa.cllCv,ZlY£ck (oder das Dass, das Was, das üb, das Warum) liegen
im Miltclhi'griffc des Syllogismus, so dass^eb,ej). .j.^dej^^j^jj|fi|tg^£rLoglk7
welches. dex, Begriff istr> die Identität des Formalen und des mcKlfi^^
eiTfrffliht. — Hahfin wir ITese ^^sTcKriit™d^^e^en^er" aris'tö"-
telischen Logik gewonnen , so können wir uns füglicli der Mühe über
heben, auf alle einzelnen Ansichten , welche über dieselbe schon geäus
sert wurden, näher einzugehen, und wir hoffen, im Geiste und Sinne
des Aristoteles zu verfahren, wenn wir die Hauplgruppen der Logik selbst
als die fortschreitende „Entwicklung" des begrifflichen Wissens aner
kennen und somit in dem Urjjieile^den Stoff, in dem Begriffe .dje, ffqrni,
im Syllogismus . .die . bewegende jJcsache , und in der Definition den erreichten.,
begrifflichen Zweck erblicken.
Endlich auch, was die Stellung und das Vcrhältniss der aristoteli
schen Logik zu den übrigen philosophischen Disciplinen betrifft, werden
wir in Folge des bisher Gesagten eine wenigstens nicht hin und her
schwankende Ansicht aussprechen können. Zunächst ja ist es schon ein höchst
vergebliches Unternehmen, wenn man noch heutzutage immer die sämmtlichen
Wissenschaften an Einem Faden die eine hübsch hinter der anderen
anreihen will, zumal wenn man sich hiehei wie weiland Reichsfreiherr
Christian Wolff in höchst ärgerliche Conflicte zwischen methodus studendi
und methodus demonstrationis verwickeln lässt; doch in Bezug auf
die Logik lief ja diese ganze Frage vor und nach Wolff stets recht be
quem auf des Mephistopheles „Mein theurer Freund, ich ralh' euch drum
Zuerst Colle^gium logicum" hinaus. Dass bereits die Schulmeister des
späteren Alterthumes, inficirt von dem Blödsinn der stoischen Philosophie,
um jeden Preis die Logik vörausstellen wollten, ist ebenso erklarTTch,
als dass dieselben sich sogar um Belegstellen aus des Aristoteles eigenen
Werken umsahen, aus welchen hervorgehen sollte, dass die Logik eben
nur ein Werkzeug (oQyavov), sei, vermittelst dessen man zum Wissen
überhaupt gelange, und dass hiemit für die Schul-Dressur dieses unver
meidliche Instrument den ersten Platz einnehme, da ja nur vermittelst
der Schule und nach der Schule das Wissen erst recht losgehen könne.
Denn diesen Leuten sowie allen ihren Nachtrctern müssen wir es zu
Gute halten, wenn sie für die reale metaphysische Seite der aristotelischen
Logik eben durchaus kein geistiges Auge haben ; und selbst die besten
unter ihnen mochten leicht durch den Inhalt der zweiten Analytik, welche
IV.' Aristoteles (Dialektik). 137
zeigt, wie durch das apodeiktische Verfahren das sichere Wissen er
reicht werde, sich täuschen lassen und zu der Annahme gelangen, die
ganze Analytik überhaupt sei nur als Mittel zum Zweck da (s.oben,Anni.
3); Hess sich dieses dann allenfalls durch eigene Aussprüche des Aristo
teles scheinbar bestätigen, su war die Sache fertig. In den uns erhal
tenen aristotelischen Schriften möchten es ausser einer Stelle in den
Büchern über die Seele , woselbst diese als Werkzeug der Begriffe mit
der Hand verglichen wird1"6), besonders noch zwei andere sein, welche
als Stütze derartiger Annahmen beigebracht werden könnten. Die eine fyJi-X/vderselben
hat — wenn wir auf die Bedenken betreffs der Aechtheit des
Buches a der Metaphysik, in welchem sie steht, hier völlig verzichten t— a 2,
wollen — jedenfalls den meisten Schein für sich, da sie ausspricht, man 3
müsse für wissenschaftliche Untersuchungen schon vorher darin gebildet
und unterrichtet sein, in welcher Form jede Doctrin überhaupt annehm
bar sei, da es ungereimt wäre, zu gleicher Zeit eine Wissenschaft und
die Art und Weise der Wissenschaft zu suchen m). Jedoch einerseits
stehen diese Worte dort im Zusammenhange mit der allgemeinen Bemer
kung, dass überhaupt viel von der Begabung des Lernenden abhänge und
der eine diese der andere eine andere Darstellungsweise vorziehe , und
es fällt diess sonach mit demjenigen zusammen, was wir schon oben
(Anna. 91 ff.) betreffs des wissenschaftlichen Taktes anzuführen hatten,
und andrerseits haben wir eben darum keine Veranlassung, unter dieser
vorangehenden Bildung etwas Anderes zu suchen, als das dialektische
Element, welches ja von Aristoteles selbst als förderlich für den Philo- /,
sophen bezeichnet wird (Amn. 24); eine Nöthigung, hiebei an die Apo- j
deiktik zu denken, liegt sicher nicht vor. Bei der zweiten Stelle hin
gegen scheint mehr das auffallen zu müssen und weniger verzeihlich zu
sein, dass sie selbst von Neueren noch als ein Beleg für die Voranstel
lung der Analytiken angeführt wird, denn sie bezieht sich gar nicht
auf den Gesammt-Inhalt der Apodeiklik, sondern nur auf jenes oberste
Axiom, dass die Annahmen betreffs des Seienden nicht zugleich ihr ei
genes Gegentheil enthalten dürfen; und dass dieses Axiom als letzte
Voraussetzung allerdings Jeder schon zum Wissen mitbringen müsse, hat
ten wir oben hinreichende Belege vorzubringen (Anm. 162); mehr aber
steht in jener Stelle nicht 17S). Endlich noch zwei weitere Stellen, welche
176) D. an. III, 8, 431b. 29.: ov yctQ 6 kt&og Iv rjj ipvxfj, cdla id eiäog'
warf rj \]wyi] ägnto fj xeCg laxiv ' xal yctQ r\ /ein oQyaröv iöjiv ÖQyävoiv.
s. Aam. 64 ff.
177) Net. a, 3, 995 a. 12.: <f<6 Sei nsnaiStvOO-ca nag exaara anodtxT&v
«f UTOTtov itfia (t/tiiv iniönjfirjV xal TQÖnov iniGT^ftrig.
178) Es sind nemlich die Worte Metaph. r, 3, 1005 b. 2.: öoa <T iy/eiQovdi
tiöv ItyövTtov rivkg thqI rijg alrjSeCag, ov tqÖtiov Sei änoSixecfd-ai , dV
«naidtvalav täv ävaXvrixäv tovto SqäaiV Sei yctQ neol tovtcov fjxeiv
i(K>eniOTCt[ii'vovg , ttlXa ftr) axovovrctg ^relv. Dieser Satz aber ist in Bezug
auf die aii(öfj.ara überhaupt und insbesondere in Bezug auf die sogleich folgende
längere Erörterung des obersten Axiomes (der Selbst-Identität der Annahmen betreffs
des Seienden) gesagt, und in den angeführten Worten bezieht sich daher neol tov-
T(ov keineswegs auf avaXvnx ', sondern auf das früher vorhergegangene a^iiü/xeirct,
ebenso wie neQl uiixtäv 1004a. 30. und neql tovtiov 1005b. 1. Der Sinn obiger
Worte also ist: „Was aber Einige in Bezug auf die Methode des wahren Wissens
s»gen, beruht auf Ungebildethcit und Unkenntniss betreffs der Apodeiktik ; denn aus
138 IV. Aristoteles (Apodeiktik).
wir in Anm. 711 anfuhren werden, konnten erst in jener Zeit zu einer
derartigen Annahme henützt werden, aber damals auch den Ausschlag
gehen, als man hcreits die Hauptsache der Logik in die Topik verlegt
hatte ; doch hierüber s. unten, Abschn. IX, Anm. 4 ff.
Haben wir hicmit keinen ganz entschiedenen Anhaltspunkt aus Wor
ten des Aristoteles seihst, und gewähren auch die Citate keine Sicher
heit, da dieselben, selbst wenn sie überall als unbestreitbar gelten könn
ten, nur einen Schluss auf die Abfassung« - Zeit zuliessen 17°), so
möchte ich allerdings von vorneherein nicht leugnen, dass der Entwick
lungsgang, welcßen die rhetorisch-dialektische Bildung bei den Griechen
vor Aristoteles und in dessen eigener Zeit nahm, leicht dazu führen
konnte, den Unterricht in der Dialektik und selbst in der Apodeiktik dem
Betriebe der eigentlichen Philosophie und der einzelnen philosophischen
Disciplinen vorauszuschicken (hieraus ja entstand auch in der That zu
letzt jene traditionelle Beihenfolgc der Wissenschaften im späteren Alterlimine);
— aber eine andere Frage ist, ob die aristotelische Logik in
einer Weise von ihrem Urheber aufgefasst und durchgeführt worden sei,
dass sie ausschliesslich nur propädeutisch wirken sollte und hiernach
ihre wesentliche Stellung im Systeme bedingt wäre. Diese Frage, glaube
ich , ist entschieden zu verneinen. DieLogik des Aristoteles hat ihren
?w£ck„mjiichjelbjt und in .ihrem, eigenen (lOgenstamle, ' ^anjjjij^gßlchcr
Weise wie die philosophische Betrachtung der ' organischen Natur oder
des menschlichen Ethos ; ihre Principicn fallen ebenso wie die der übri
gen Wissenschaften in letzter Instanz dem Philosophen und IJerTrgiaj»)
q>doßo(p[ci änheim und 'sie "steht daher auch hierin jenen gleich.
Sie enthält aber auch in dem Nachweise, dass die vier Ursachen sämmtlich
im Mittelbegriffe liegen, schon Grundsätze jener obersten Philosophie,
und so wenig man sie darum derselben etwa erst nachfolgen lasseu
darf, ebenso sehr muss man anerkennen, dass sie sowie alle anderen
Zweige des Theoretischen in nothwendiger Wechselbeziehung eben zu
anderen stehe , und also eine ausschliessliche lineare Abfolge der Wis
senschaften auch in Bezug auf sie nicht anwendbar ist, weil eine solche
überhaupt dem menschlichen Wissen widerspricht. Es ist, die„.aristote
lische wissenschaftliche Logik eine philosophisch begründete Darstellung
serdem müsste ihnen bekannt sein, dass man die obersten Axiome schon zum Wissen
mitbringen müsse und sie nicht erst beim Lernen des Wissens suchen dürfe ", d. h.
jene Einigen hatten behauptet, dass das wahre Wissen nur erreicht werde, wenn Alles
und Jedes bewiesen sei, also es kein unbeweisbares Erstes gebe (s. Anm. löO.);
diess aber zu behaupten, ist jene anaiäevala, von welcher auch die in Anm. 1 1>7.
angeführte Stelle spricht. Also spricht die Stelle nur davon, dass die Apodeiktik
das Vorhandensein unmittelbarer nothwendig mitzubringender Axiome nachweist.
179) Denn wenn in der Metaphysik und der Ethik auf die Analytik vermittelst
tiQtjzcu hingewiesen ist, so folgt für die wissenschaftliche Reihenfolge hieraus ebenso
wenig, als wenn in gleicher Weise d. iuterpr. \, 16a. 8. die Bücher über die Seele
und Anal. post. II, 12, 95b. 11. das sechste Buch der Physik citirt wird.
180) Melaph. r, 2, 1005b. 5,:^ort fitv ovv rov <ftkoo6<fov xal toxi neol
näatjs rr\g oiaCag &tb)Qovvtog fj niifvxtv , xal ntol züv övlXoyiarixöiv
ccqxiov iaxiv imaxdpaddai , &rjkov. Ebend. B, 2, 997 a. 13.: xa&ölov yctQ
[ttthtSTtt xal nävriov uQ/al ra <x!jia>/xaTct Igtiv (s. Anm. 161.)" tt t' iarl
fj.ii rov (filoaötfov , rCvog earai neol aiiräv akkov rb ■9-£<DQrj0M rö aitj&is
xal to Tjjtväos ;
IV. Aristoteles (Apodeiktik). 139
der Thätij^eU^dfiä, -ffißagfiMfib0,11 Denkens, durcli welche dasselbe. zu
seinem erreichbaren . Ziele, .sejaagt ; in' diesem Gegenstände besitzt die
Logik ihren selbstständigen Werth, und darin allein, dass dieses ihr
Object die Form des Denkens ist, liegt an sich nocli keine Berechtigung,
sie jenen Wissenschaften vor- oder nach -zusetzen, welche den Inhalt
des Gedachten entwickeln, so lange nicht eine weit liefere Frage, nein
lich die Alternative zwischen Subjectivismus und Objectivismus überhaupt,
vollständig ausgekämpft ist, denn in jener Wissenschaft, welche die Form
des Denkens erörtert, ist ja eben diese subjective Form der Gedanken-
Inhalt und steht, insofernc sie Gegenstand der Betrachtung ist, den an
derweitigen objectiven Gegenständen gleich. Dass aber Aristoteles jene
methodische Grundfrage endgültig entschieden habe, wird Niemandem zu
behaupten in den Sinn kommen, da bei Aristoteles überhaupt diese
Frage als solche nicht aufgeworfen wird, sondern er von vorneherein
hierin unbefangen auf einem Objectivismus steht, welchen er allerdings
wohl zur grösstmöglichen Vollendung führte. Aber sowie er darum
überhaupt das Wissen nur nach den Gegenständen desselben einlhcilen
konnte und diess auch unleugbar that, so steht ihm auch das mensohliche
Denken, wie es ist, als ein objectiv gegebenes Factum da, von
vvelcliem er in gleicher Weise wle'von den übrigen Gegenständen Begriff /
und Grund erforscht; dass aber gerade bei diesem Zweige der Forschung /
jene Principien, vermöge deren das Denken alle seine Objecte zu seinem/
Eigenthume erhebt, selbst als Begriff und Grund auftreten, liegt eben im
Gegenstände dieses Zweiges. So macht^ dig.Logik neben der Mathematik
und der Physik und der Jtoamj rpiloßocpLa, also innerhalb des Theore
tischen überhaupt, schlechthin auf eine gegenständliche Selbstständigkeit
Anspruch und kann, wenn auch die 'Imsscre geschichtliche Veranlassung
inTerETilstehung in dem Bhetorisch-Dialektischen liegt, nunmehr in ihrer
rein wissenschaftlichen Begründung und Durchführung nicht den Zweck
haben, blosse Geistcs-Gymnastik zu sein und nur als vorbereitendes Werk
zeug dem übrigen Wissen zu dienen (ersteres , das Motiv der Uebung,
schied ja Aristoteles eben als Dialektik vom Apodeiktischen bereits aus).'
Ja auch der selbstverständliche Umstand , dass jede Wissenschaft nur
durch Schlüsse und apodeiktisches Verfahren zu Stande kömmt, begründet
natürlich noch kein VerhUltniss der Dienstbarkeit für die Theorie des
Schlicssens und für die Apodeiktik; denn das Schliessen, wohl ist dienst-/
bar, die Theorie desselben aber ist, wreil sie Theorie ist, eine Special-/
Wissenschaft mit .selbstständigem Gegenstände wie jede andere gleich
falls. Darum beruft sieh Aristoteles auch nie auf die Syllogistik als\
einen bloss werkzeuglichen Mechanismus, nie sagt er, diess oder jenes
werde nach dem so oder so vieltcn Modus dieser oder jener Schluss- \
ligur bewiesen. Solche Verwaisungen . jmX.jäÜL.lftgik- . . treffen . . wir , .erst
bei Galenus? zu_ je.§sen Zeitebmi die. Schul- Auflassung schon jede tiefere
Einsicht verdrängt halle. — Somit, glaube ich, steht die aristotelische
L6^~scTiIeclilTiTn'"parallel den übrigen Zweigen des Theoretischen, dabei
i^l^is^^s^Bgenjmcbr als jmdere Zweige einen engen Anschluss an
die Meraplwsik|,.,fpjalsijCT Dass innerhalb dieser auf Objectivismus "berime?
eTcn"GbeTclistellung der theoretischen Disciplinen einen Vorrang und
hiemit eine Priorität in Folge schulmässiger Anschauungen aus vermeint140
IV. Aristoteles (Urtheil).
lieh praktischem Bedürfnisse gerade die Logik erhielt, ist von der nacharistotelischen
Zeit an geschichtliches Factum (wäre — wenn es erlaubt
ist, von solcher leeren Möglichkeit zu sprechen — nach Aristoteles so
gleich die Zeit des Paracclsus gefolgt, so würde wohl sicher die Phy
sik den Voraustritt erhalten haben); und dass wir. heutzutage das philo
sophische System mit der Erkenntniss- Theorie und der philosophischen
Logiteröffnen (von der formalen Logik rede ich natürlich hiebet nichj^
isTTuf uns eine innere philosophische Notwendigkeit. Keines Hiescr
Beiden äLe r """(TarT ' SChKfCTiTl il n vollgültig auf Aristoteles übertragen oder
angewendet werden, bei welchem eben nur die Wissenschaft nach da
mals erreichbarem Masse in ihrer erschöpften Gegenständlichkeit sich aus
breitete.
DAS URTHEIL.
Dass das Urtheil auf einem Vorgange in der Seele des Menschen
beruht und die innerhalb des Stattfindenden factisch bestehende Verbin
dung oder Trennung in Bezug auf Vorhandenes und auch Künftiges ent
sprechend durch Bejahung oder Verneinung ausspricht und eben hierin
das unvermeidliche Attribut des Wahr- und Falsch - seins besitzt, wurde
bereits oben, Ann). 108 — 113., entwickelt. Es kann demnach, da die
einzelnen Worte , mögen sie dem declinirbaren oder dem conjugirbaren
Theile des Sprachschatzes angehören , wohl significante Erzeugnisse des
Denkens sind, aber in dieser Vereinzeltheit kein objectives Stattfinden
ausdrücken, nur durch die Verbindung eines substantivischen Wortes mit
irgend einem Verbum als Ausdruck eines den Zeitbegriff wenigstens nicht
abschliessenden Stattfindens dasjenige entstehen , was als wahr oder
falsch auftritt181). Das zeitlose Nomen ist hiezu das Subject, und zwar
nur wenn es in keinem Casus obliquus steht; das die Zeit mit aus
drückende Verbum, welches für sich isolirt betrachtet einem Nomen
gleichstünde, hat wesentlich die Function, eine Verbindung anzuzeigen
und hiemit als Prädicat von Etwas ausgesagt zu werden 182). Also nur
durch die Verflechtung von Nomen und Verbum kömmt jenes Reden zu
Stande, welches ein Urtheil — anocpavGig — heisst, denn anderweitige
Verbindungen von Worten, wie z. B. die Vereinigung der Bestandteile
181) D. interpr. 1, 16 a. 12.: neol yan övv&ediv xal dialQtölv ttiTi tö
xfiev&ös Tf xal TO aXrj&dg' To fiiv ovv ovofiara avTa xal ra Qrjfiara fotxe
rtp üvev avvd-toetog xcä fiiaiotatiog vorjfiari, oiov tö äv&Q(D7iog rj rö Xtvxbv,
brav fit) nQogre&y ti ' ovre yao iptvdog ovre aXrj&tg nto • arjfj,iiov d" lou
TovrJe' xal yäg 6 TQayiXaifog (vgl. Phys. ausc. IV, \, 203 a. 30.) orj/jaivei fif'v
ti, ovnio cfi äXrjS-h r) tytiidog, tav fir) tö eivai rj fifj elvai noogTt&fi, n
änXäig rj xaztt xqovov.
182) Ebend. 2, 16 a. 19.: ovo/aa avtv %n6vov. a.32. : tö ik 4>ttwos
rj 'PCXiovi. xal oda roiavra, ovx drö/iiara aXXä nroiaeig ovofiaxog ort
fiera rov Hgtiv rj rjv rj (Grat ovx äXrj&ivei rj \ptvdtrai , tö Si bvo/xa ad'.
3, 16b. 6.: (>ij[*a dY iaxi tö nQog<Sr\fxaXvov •/qövov .... xal äel tcüv *u9
ertoov Xiyo/ttvtov Or\fiit6v tan. b.19. : avra fj.lv ovv xaS-' airä Xiyofitvn
T« i)r]fiara dvö/jarä, Idri xal arjfia(vci ti, iarrjdi yan 6 Xiyiav rr)v SiavoiaV
xal 6 äxovoag rjotfir/oev (s. Anm. !)0.), äXX' ti cotiv rj fir) , ovttw arjfialvn
.... ttvrd fisv yan ovätv toxi, nnogarjualvst öi avv&ta(v riva, ryv avtv
räv Ovyxei [xiviov ovx iöji vorjaai.
IV. Aristoteles (Urtheil). 141
einer Definition, können wohl Etwas bezeichnen und sind ein Sagen —
(pußig, aber noch nicht ein Urtheil, welches entweder wahr oder falsch
ist183); und um ein solches Verhältniss des Urlheilens zu begründen
muss auch das Verbum gleichfalls in dem Modus der Bestimmtheit, d. h.
in keinem Modus obliquus, stehen, denn z. B. das Gebet ist kein Ur
theil 184).
Ein Urtheil ist ein einheitliches, wenn es entweder inhaltlich irgend
etwas Eines ausdrückt oder durch äussere Verknüpfung in einer Einheit
bewahrt wird185); wie sich von seihst verstellt, ist die erstere dieser
zwei Arten der Einheitlichkeit die der Logik zunächst zufallende, denn
sie weist auf die Einheit des Begriffes und auf das xa&' avxo (oben
S. 123) hin. Nemlich nicht bloss das Subject muss auf einer klaren und
unzweideutigen Einheit der Namensbezeichnung beruhen, da eine will
kürliche Uebertragung eines Namens (wenn man z. B. ein Pferd und
einen Menschen mit dem gleichen Worte bezeichnete) wenigstens
jedenfalls eine Mehrheit von Urtheilen hervorrufen würde 186), sondern
auch überhaupt muss sowohl das Subject als das Prädicat, falls sie durch
eine Vereinigung mehrerer Worte ausgedrückt werden, eben den we
sentlichen Inbegriff dieser Mehrheit bilden, gerade wie dieselbe auch
für die objective Entstehung des betreffenden Dinges das conslituirende
ist187); darum dürfen weder einzelne Bestimmungen, welche dem Dinge
bloss zukommen können — övfißißrjxöra —, zu einer solchen Vereinigung
verbunden werden, wie diess z. B. in dem Sophisma vom guten Schuster
(Abschn. II, Anm. 72) geschieht, denn solche bilden zusammen keine .be
griffliche Einheit, noch auch darf überhaupt das Merkmal mit demjenigen,
\Vetetiem E5""als solches einwohnt, als Ein Begriff vereinigt werden, wie
iliess bei der sophistischen endlosen Wiederholung solcher Bestimmungen
(Abschn. II, Anm. 69) der Fall ist188), sondern eben nur die Vereinigung
183) Ebend. 4, 16 b. 26. : Xöyog S£ ioxi (fiavr) arjjxavxixr] log qäaig,
äXX' oi>x «5f xaxä(paOig' Xiyto df, oiov avd-oarnog atjfiaCvti fiiv xi, ccXX'
ov% Sri eaxiv rj ovx iaxiv &XX' eaxai xaxäipuaig rj ajiöwaaig, tav xi
KQogxe&rj. 5, 17 a. 9.: ävctyxrj 6*t navxa Xöyov anoifavxixov Ix qrjjxaxog
civai rj nxoiöetog ffifiaxog' xal yctQ 6 xov avd-Qajiiou, litv fitj xo iaxiv rj
ijv rj ißxai. rj xi xoiovxov nnogxe&rj , ovnto Xöyog anotf aVTixog. Pöet. 20,
1457 a. 24.: ov yäo anag Xöyog Ix ()>jfxäx(uv xal övofiäxtov ovyxuxai, oiov
o xov ävS-Qoinov ÖQiGiiog, äXX' Iväfytxai avsv Qr)fiäxiav elvai Xöyov.
184) D. interpr. 4, 17 a. 2. : anotfavxixbg St ov nag, äXX' Iv $ xö äXrjdtvuv
rj ifievöeo&at inao/ei' ovx Iv anaai cFi inan/ti, oiov r) ev%r) Xöyog
juiv, äXX' ovxe äXrj9r)g ovxe ij/evärjg.
185) Ebend. 5, 17 a. 15.: eaxt, Je eig Xöyog cmoipavxtxog rj 6 iv ärjXäv
r\ 6 avväiaiib) elg, noXXol Si ol noXXä xal fifj iv rj ol ao~vvdexoi.
186) Ebeud. 8, 18a. IS.: el de SvoTv iv ovofia xelxai , l!j <öv fir] iaxiv
iv, oi fi(a xaxäqaaig, oiov el xig &tlxa ovo/na liiaxwv inn(j) xal avd-Q(ön(ff,
loxtv ifiäxiov Xivxöv avxrj, ov fi(a xaxatpaGig Ovis xaxatfiaGig fiCa'
ovdiv yao Siatpioei xovxo elnelv rj eOxiv irniog xal avä-Qomog Xevxög.
187) Ebend. 11, 20 b. 13.: xo de iv xaxa noXXmv rj noXXa evbg
xuraif avai rj anotfavai, iav fir) iv xi rj xö ix x(3v noXXtüv drjXoviievov, ovx
toxi xaxuiittöig ftt'a oi>d*e ctnötpaaigj Xe'yco de iv ovx iav ovofia iv r) xeCfW,
firj ?j (ff tu ri lg ixeCviav, oiov 6 avd-Qionog ioaig loxl xal £tj>ov xal
SCtxow xal rjfieoov aXXa xal iv xi yivexai ix xoiixmv, Ix äk xov Xsvxov xal
xov «v&qiÖtxov xal xov ßaäC^tiv ov% iv.
18S) Ebend. 21a. 7.: xtov Sr) xaxr]yoQovfx£vü)V xal lq>' olg xaxrjyoQtio'9-ai,
ovfjßuCvei, öda jxlv Xiytxai xaxä avfißexr^xbg rj xaxa xov avxov rj &äie(>ov
142 IV. Aristoteles (Urtheil).
der wesentlichen Merkmale unter sich kann als Einheit an die Stelle
des Dinges seihst gesetzt werden. Endlich auch würde die Einheit des
Urtheiles gestört werden, wenn in dem Subjecle Bestimmungen enthalten
wären, welche einen Gegensatz involviren gegen denjenigen Begriff, aus
dessen Sphäre das Prädicat entnommen ist, z. B. wenn von dem Leichname
Mensch oder ein wesentliches Merkmal des Menschen prädicirt würde 1S9),
denn dann würde das Urtheil eben nicht etwas Eines ausdrücken. Kurz
in allem Diesem erkennen wir nun schon, dass das Urtheil dem Principe
der Logik, nemlich dem Begriffe, dienstbar sein muss, und es wird auch
von Aristoteles selbst deutlich genug ausgesprochen, dass das Kriterium
der begriffsmässigen Einheit und Wahrheit des Urlheiles dann hervor
tritt, wann aus den Worten Begriffe werden und es sich erweist, ob
gemäss dem xct&' avro prädicirt werde oder nicht lyo).
Das Urtheil betrifft stets ein Stattfinden oder ein Nichtstattfinden,
und so ist es entweder ein bejahendes (xara rwog, KaxatpuGig) oder ein
verneinendes (emo xivog, GJtoapaGig), je nachdem eben in einer bestimm
ten Zeit Etwas stattfindet oder nicht. Nun aber kann diese Aussage dem
Factischen entweder entsprechen oder nicht, und es kann sowohl für
die gegenwärtige als auch für die übrige Zeit ein Stattfindendes als
nichtstattfindend ausgesagt werden und umgekehrt; somit lässt sich alles
Bejahte verneinen und alles Verneinte bejahen, und es liegt jeder Be
jahung eine Verneinung und jeder Verneinung eine Bejahung gegenüber;
dieses Gegenüberliegen ist der Widerspruch (uvxitpaaig), welcher daher
natürlich auf das nemliche Subject und Prädicat sich beziehen muss191).
Jedenfalls aber fällt diese Art des Gegenüherliegcns (kvtmcemj#m) ledig
lich der subjectiven Thätigkeit des Menschen anheim, denn sie findet
sich überhaupt, insoferne sie eben das Widersprechen ist, nur im mensch
lichen Sprechen und Aussagen ; und da es nun ausser dem Widerspruche
auch noch manches anderweitige Gegenüberliegende {avTiKzi^iiva) gibt,
xaxa &axi(>ov, xavxa ovx iaxai iv, olov av&Qoonog Xtvxög ioxi xal fiovaixbg
, &IV ov% IV xb Xevxbv xal xb fiovOtxov (16.) exi oid' Saa iw-
7iaQ%ei iv T<j> exi(>(p' dib ovxe xb Xtvxbv noXXaxig ovxe 6 av&Quirtog avttQWnog
£<i>6v tariv rj dtnovv ivvnäQ%ei yao iv xfi avd-nojTKp tö (<pov xal 10
dCnovv.
189) Ebend. 21a. 21.: nii' oxav fitv iv x(ä TiQogxiijxivto xtiv ävxixeifievtov
xi ivvTtüqyri tu enexai dvxdpaatg, ovx dXrjiHg aXXä lpeväog , oiov
xov xe&veüix« av&nwnov av&Qtonov elneiv, brav de (xr\ ivvTrdQ/ij, äXr)9ig-
100) Ebend. 21a. 29.: äaxe iv baaig xaxijyoQiaig firjxe ival'Tiöiiji fveativ,
iäv Xöyoi ßjr' bvofidxtor Xiytavxai xal xaf)} kavxa xaxrjyooeixai xcu
fiij xaxa av/ußeßrjxbg, inl xovxtov xo rl xal änXiog aXrjfreg iaxai eintiv. (
191) Ebend. 5, 17 a. 20.: r) fiev änXfi ioxiv anoif avaig , oiov il xarti
Tivog rj xl ano xivog toxi de r) fj.lv aTiXfj ctnöif avaig (p(ovr) Orjfiavrixi
nenl xov vnaQ%tiv xi rj fjr) vnaQxtiv, (ig oi /novoi Stynrjvxai. 6, 17». 25.:
xaxdtf.aOig di ioxiv anotf avaig xtvbg xaxa xivog, anotiaaig äi ioxiv ano
tf avaig xivog anö xivog ' intl de eaxi xal xo vnaqxov ayio(pa(veoS-ai tag
fix) vnan%ov xal xo fir) ynäQ/ov tag inaq^ov xai xb vndn/ov (ig imaQjfor
xal xb fjr) vnÖQyov dg fir) vjiÜqxov, xal nsql xovg ixxbg de xov vvV XQOVOV
(ögavxtag, anav av ivdi/oixo xal o xaxitfrjOe xig dnoifirjoai xal 0 dniifi\Gt
xaxatfrrjaaf tliaxe drjXov öxi nclay xaxatfdoei iaxlv anoipaaig avxixeifiivi
xal nüarj anotfäaei xaxdtf.aOtg' xal eoxu) avxCtfaoig xovxo, xaxüqpaOig xai^
anöifaaig ai dvxixtlfievai' Xiyui di ävxixeto&ai ti]V xov avxov xaxa xov
avxov.
IV. Aristoteles (Urtheil). 143
so steht, mag es sich mit jenen anderen Arten verhalten wie es wolle
(gehörigen Ortes wird diess Alles zu entwickeln sein) vorläufig für das
Widersprechen so viel fest, dass in Folge der unerlässlichen Bestimmt
heit und sicheren Abgränzung der menschlichen Annahmen (Anm. 168—
170) es zwischen Bejahung und Verneinung kein Mittleres geben könne,
sowie dass in der Beziehung der Aussage auf das Object das Wahrund
Falsch-sein ebenso exclusiv sich gegenüberliegen 192).
Dieses ganze Motiv nun, dass Bejahung und Verneinung wesentlich
dem Aussagen und Urlheilen einwohnen, ist hei Aristoteles so festgewur
zelt, dass er das Vorhandensein einer negativen Ausdrucksweise im Sprach
schatze von vorneherein als bestehendes Factum aufnimmt und hiedurch
schwerlich irgend im Staude ist, das Verhältniss zwischen sprachlicher
Verneinung (ccnocpaGig) und realem Gegensatze {ivamiov) zur Klarheit
zu bringen. Allerdings werden wir alsbald zu entwickeln haben, dass
die Verneinung den Gegensatz wirklich ergreift und hiemit im Urtheile
ausser dem Widerspruche {avzitpciGis) auch noch eine andere Art des
Gegenüberliegens, nemlich eben der Gegensatz (ivavtiov), selbst er
scheint; aber gerade hierin liegt die Schwierigkeit, denn wenn wir auch
jenen Grundzug werden völlig ins Reine bringen können, dass das Wi
dersprechen mit der einen Seite dem %cau navxög sich zuwendet und
mit der anderen Seite als Verneinung dem xa&' avTÖ angehört, also
mit diesen Leiden. Seiten zusammen dem xa&ökov dient (wie wir ja oben
Anm. 132 IT. sahen, dass das xa&okov aus dem Kurä mtvtog und dem
xa& avxo bestehe), so wird uns bei Aristoteles immer unerklärt bleiben,
wie denn das Verneinen überhaupt dazu komme , den realen Gegensatz
auszudrücken. Nemlich Aristoteles nimmt nicht nur an, dass die Nega
tion, d. h. das „Nicht", zu dem die Verbindung ausdrückenden Verbum
gestellt werden könne , was dann als ein „ unbestimmmtes Verbum "
[üÖQiarov (5rjiiu) zu bezeichnen sei 193) — diese wesentliche Stellung der
Negation sowie den Grund dieses Unbestimmtseins werden wir unten zu
erörtern haben (Anm. 207 f.) — , sondern er geht auch mit der Func
tion des „Nicht" wirklich soweit, dass er von vorneherein die Möglich-
192) Ausser den schon in Anm. 170. angeführten Stellen : Metaph. t, 3, 1054 a.
23.: intl ovv at c'tVTid-e'oetg TtTQa/tög xal ovre xara oti(n\aiv XiytTai S-akqov
(sc. tö £V xal tu noXXü), ivavrta av tlrj , xal ovre log uvrCtpaatg
»vre wg tu nqög ti Xtyofitva. Ebend. A, 4, 1018 a. 20.: avTixtC/xtva Xe'ytTai
icnüpaois xal TavavTCa xal tu TiQÖg ti xal OTfyrjßig xal eSig. Ebend. t,
5, 1055a. 38.: ti df/ aVTlxuxai fiiv avrCtpaßig xal OTtorjaig xal £vuVTi6xr\g
ztil Ttt. noög ti, tovtiov de tzqütov ävrüpaoig, ävTHfäoewg dt [*i)dev iaTi
pirai-v , twv dt IvavTioiv IvSiytxai, ort /xtv ov tuvtöv aVTlqpaaig xal
XKVavxla dijXov. Ebend. 1, 1057 a. 33.: t(3v d" ävTixeifit'vuv aVTupäatiog
fi'tv ovx eßTi [/.exai-u ' tovto yaq iOTiv ävrCq aaig, aVTi&taig i)g ÖTtpovv tf-ä-
Ttoov fiooiov näijtBTiv ovx ^ovar/g oidiv fjttTaiv. Pltys. ausc. V, 3, 227 a.
xa d aVTixeCutva tc'c Tt tvavtta xal Ta xara ävxC(faOiv, aVTupuattag
» ovdiv äva /j.e'aov. Cat. 10, IIb. 17.: XiytTai di'htQov iT^qqj aVTixtlaS-ai
JtiQuxt3g, rj tag noög ti f) «5? Ta IvaVTia rj tog ßT^QtjCiig xal eftff rj cog xatä-
HuGig xal iiTioqiaGig. Ebend. 13 a. 17.: baa dt cog xaTcifpaoig xal anoipaOig
anCxeiTai , inl (xoviov tovtcov avayxalov ael tö fiiv aXrjS-kg to äi
tythSog avTiav tlvai.
193) D. interpr. 3, 1Gb. 12.: to d£ ovx vyiaCvei xal to ov xäfivti ov
't diu(fOQii ovofta ov xtlxai, aXX eazoi aooiOxov Qn/ta. S. Anm. 199.
144 IV. Aristoteles (ürtheil).
keil einer Verbindung desselben mit dem Nomen aufstellt, was dann die
entsprechende Bezeichnung „unbestimmtes Nomen" (äopiörov ovofia) tra
gen soll194). Kömmt nun eine Combination dieser letzteren Art, wie
z. B. Nicht-Gut, Nicht-weiss u. dgl., im Prädicate vor, so dass sie zu
sammen mit dem „ist" gleichsam das Verbum vertritt (s. Anm. 201), so
wird uns schon in dieser Beziehung die Frage aufstossen, wie sich denn
solches zum realen Gegensatze , z. B. Bös , Schwarz u. dgl. , verhalte
(Anm. 224). Noch unlösbarer aber ist, wie es Aristoteles wohl recht
fertigen könne, dass er solche negative Begriffe,, z. B. Nicht-Mensch, auch
zum Subjecte der Urtheile macht, und wie dann dieses sich mit dem Begriffe
des Gegensatzes vereinbare. Denn einerseits können Substanzen keinen Ge
gensalz haben (Anm. 325 u. 472), und andrerseits muss doch das Unbeslimmtsein
solcher Subjecte, wie z. B. Nicht-Mensch, sogleich aufgegeben
werden, wenn im Prädicate irgend Etwas von ihnen ausgesagt werden
soll; auch bleibt ja real z. B. nach Abzug alles desjenigen, was Mensch
ist, ein wenn auch noch so grosser, doch stets positiver Best des Sei
enden übrig, welcher als solcher gleichfalls eine Einheit ist 195); ist aber
nun dieser ganze positive Best ein Gegensatz (ivavtlov) gegen Mensch?
als Wesenheit gewiss nicht. Aber auch eine Verneinung (anotpu6ig) ist
es nicht, denn das Verneinen beruht ja nur im'Prädiciren, welches ent
weder «civa nvog oder ano Tivog ist, nicht aber im Subjecte. Und end
lich auch ein Widerspruch (uvricpuGig) ist es nicht, denn derjenige,
welcher von Nicht -Mensch etwas aussagt; widerspricht ja jenem nicht,
welcher von Mensch etwas aussagt (die noch übrigen Arten des Gegen
überliegens, nemlich Privalion und Bclation, berühren ja nicht das Ur
lheil als Urtheil). Was also denn ist Nicht -Mensch im Verhältnisse zu
Mensch, vorausgesetzt dass beide als Subject eines Urtheiles stehen? Zu
letzt doch ein Gegensatz ; aber nur als Summe der Gegensätze der we
sentlichen Merkmale , nicht selbst als Substanz vgl. Anm. 328. Folglich
wiederholt sich hier erstens die obige Schwierigkeit, inwieferne negative
Prädicate zugleich reale Gegensätze seien, und zweitens erhebt sich die
Frage, wie hernach diese Mehrheit realer Gegensätze in Einem negativen
Begriffe sprachlich erscheine. Die Basis aber aller dieser für die Logik
an sich unerlässlichen Erörterungen, nemlich die Entscheidung des Ver
hältnisses zwischen Verneinung und Gegensatz, fehlt von vorneherein,
sobald das Vorhandensein der Negation als ein objectives aufgerafft wird.
Dass aber Aristoteles so verfährt, zeigt sich an den von ihm zu Grunde
gelegten Bestimmungen über das Wesen des Urtheiles, wie wir dieselben
im bisherigen nun schon sahen, sowie eben an jener Art und Weise, in
welcher die Negation mit den Bestandteilen des Urtheiles verbunden
wird. Und wenn daher auch Aristoteles bei Gelegenheit der Angabe, dass
der positive Syllogismus dem negativen vorzuziehen sei , sagt , dass die
Bejahung kenntlicher und ursprünglicher als die Verneinung sei, ebenso
wie diess auch vom Sein im Vergleiche mit Nichtsein gelle 196), so ist
194) Ebend. 2, 10a. 30.: rb <P ovx avS-qtonos ovxovo/xa^ ov fity ovit^
xiTtcii ovoua o ti. (Tft xalüv avro ' ovre y&Q i.6yog ovts ano<f ttaCg tüftv
aiV eoreo ovofia ctöpiorov. S. gleichfalls Anm. 199.
195) Ebend. 10, l9b. 9.: i'v yäq neos ff^ofr« xai to uÖqiOtov.
190) Anal. post. I, 25, 86 b. 33.: t) rfi xataifaiixi) rrjg aTKxpctnxijs
IV. Aristoteles (ürtheil). 145
einerseits liiemit eben nur ausgedrückt, dass der Objeetivismus positiv
verfährt, und andrerseits die Untersuchung darüber, wie die Yfirnfiittnns
dazu komme, das vorher Bejahte zu verneinen, und,,pj> _ehva jn_ denj_Af"
ftrinauven sclbsT ein Motiv lies Negativen liege, gerade eher abgeschnitten
afs_angebalint. Darum darf auch auf Obiges Teein Gewicht gelegt wer
den, dass Nomen und Verbum durch Hinzutreten der Negation ihre po
sitive Bestimmtheit verlieren , d. h. hÖQiGxa werden , denn diese Unbe
stimmtheit muss augenblicklich der Bestimmtheit des Negativ - seins wei
chen, sobald der Gegensatz zwischen Bejahung und Verneinung über
haupt nur nach seinem objectiven Auftreten betrachtet werden soll. Vgl.
überhaupt Anm. 326 — 30. Es scheint, dass Aristoteles aus dem rheto
risch-dialektischen Treiben seiner Nation die Entgegensetzung des Ja und
Kein als eine unmittelbar gegebene erbte und in solcher Fassung sie
auch in die Apodeiktik hinüberzog, denn wenn er jenes Ja und Nein
auch von dem sophistischen und sensualistischen Motive durch die Grund
legung einer intelligiblen Festigkeit der Annahmen reinigte und läuterte,
so bleibt ihm von da weg die Verneinung in gleicher Geltung neben
der Bejahung unerörtert stehen, und es leidet hiedurch seine Logik an
einer namentlich für die Lehre vom Urlheile sehr fühlbaren Schwäche,
welche "erklärlicher' "Weise' TjeTnTern'^f^^h'erischen Betriebe der Logik,
wie er nach Aristoteles eintrat und fortan wirkte, gar nicht einmal ge
fühlt wurde. — Auf dieser Grundlage nun ist die Lehre vom Urtheile
folgende.
Die factischen Dinge, über welche im Urtheile Etwas ausgesagt d. h.
bejaht oder verneint wird, sind entweder solche, deren Namensbezeich
nung zugleich eine allgemeine auf mehrere gleichartige Wesen sich er
streckende Gültigkeit involvirt, wie z. B. Mensch, oder solche, bei deren
Namensbezeichnung diess nicht der Fall ist, wie z. B. Kallias 197), —
eine Unterscheidung, in welcher wir leicht einerseits die unmittelbar em
pirische Wahrnehmung, das Eins der Erfahrung, und andrerseits die un
mittelbar begriff- schaffende Thätigkeit des Denkens, das Allgemeine des
Begriffes, wiedererkennen. Bei denjenigen Subjecten eines Urtheiles nun,
welche eine Allgemeinheit unter sich enthalten , kann die im Urtheile
ausgesprochene Bejahung oder Verneinung entweder sich ausdrücklich
auf alle unter jenes Subject fallende Wesenheilen beziehen, zu welchem
Behufe dann das Wort „Alle" zum Subjecte gesetzt wird, denn dieses
Wort drückt nicht aus, dass das Subject eine Allgemeinheit sei, sondern
eben nur dass das über das Subject ausgesagte allgemein gelten solle,
— oder es bezieht sich die Bejahung oder Verneinung ausdrücklich nur
auf einige jener im Subjecte umfassten Wesenheiten, zu welchem Behufe
das Wort „Einige" dem Subjecte beigefügt wird, — oder endlich es ist
unbestimmt gelassen, wie weit diese Beziehung der Bejahung oder Ver
faß xal yv(OQifJa>T(QcC 3iu yuQ rijv XfiTctqieOiv ij nnötf adig yvtäqtfjiog, xal
"por^ß »j xardipaai; ägntQ xal tu eJvai tov fii) elvai. Vgl. Anm. 110.
197) D. interpr. 7, 17 a. 37.: inil tf' tarl ra /jiv xu&okov iiov itQtiyfittitov
ra äk xa&' exaOTov, Xiyia Si xaSökov /xiv o Inl nXuövtov n((rvxt
xuniyoQttrt&at. , Xßfl-' sxitOrov rfi o fit), olov avSQiaTiog jj.lv t<Sv xaS-oXov,
KulUag 6k Ttöv xaS-' exaclTOV, ävayxrj äk anotfttCvta&tu log v71«Q}th ti 7j
M Art filv Ttöv xa&ökov Tivl ort dl tmv xk.9-' exaGrov.
fbantl, Gesch. I. 10
146 IV. Aristoteles (Urthcil).
neinung betreffs der unter das Subject fallenden Wesenheiten reichen
solle, wobei dann das Suhject ohne einen die Quantität ausdrückenden
Zusatz bleibt; bei denjenigen Subjecten hingegen, welche einzelne Indi
viduen sind, kann ohnediess nur einfache Bejahung oder Verneinung
stattfinden. Somit ergeben sich als Arten des Urlheiles 1fls) :
allgemein bejahend — allgemein verneinend,
particular bejahend — particular verneinend,
unbestimmt bejahend — unbestimmt verneinend,
individuell bejahend — individuell verneinend.
Und es versteht sich von seihst, dass wenn Bejahung und Vernei
nung zugleich an der oben angegebenen Einheit des Urlheiles Theil ha
ben, d. h. zu Ein und der nemlichen Aussage als ein Gegenüberliegendes
gehören sollen , dann auch die Allgemeinheil oder Nicht - Allgemeinheit
des Subjectes und des Aussagens hei beiden entsprechend gleich sein
muss 199).
Wenn aber nun jedes Urlheil wenigstens aus einem Nomen und
einem Verbum bestehen muss , und sowohl das Nomen entweder allein
oder in Verbindung mit der Negation stehen kann als auch beim Verbum
das Gleiche der Fall ist — s. Anin. 193 f. — , so sind zunächst die
einfachsten Formen des Urlheiles diejenigen, welche nur aus einem No
men und einem Verbum bestehen, welch letzleres zugleich die Fähigkeit
hat, die Zeit mit auszudrücken ; und es ist bei dieser Einfachheit der
198) So schlicht und plan nun ist die Einlhcilung der Urlheile allerdings nir
gends bei Arist. seihst dargelegt, sondern wir müssen uns in D. interpr. 1., woraus
wir diese Angaben zu entnehmen haben, vielfach nur an die Beispiele halten, zumal
da dortselbst auch schon Dinge behandelt werden, welche wir erst weiter unten be
sprechen können, so namentlich das Verhältniss von Widerspruch und Gegensatz. Di«
Belege der Einlheilung demnach sind: 17b. 5.: Xeyro dt tnl tov xufhöXov äitowaCvetsS-
tu xa&öXov, oiov näg uvtiQtanog Xevxög, ovdtlg ävd-nu>7iog Xevxög (9.)
Xe'yio St to /xr) xa9ö).ov anotfaiveß&ui InlriSv xuOöXov, oiov toxi Xevxög avttownog,
ovx eOTi Xtvxog ävO-mojiog' xuH-olov yäo ovrog rov avfroionog ov%
ujg xa&öXov xe'xQrjrar rrj anoffdvaei ' TO yäo Trüg ov tö xafhöXov ar\jXtUvti
äXf Sri xa&öXov (vgl. lO, 20 a. 9.: tö yäo näg ov tö xaO-ökov ßtffiaCvu, all
ort xaftöXov) • Inl de tov xarrjyoQov/ue'vov xaööXov xaitjyooery tö xaitöXov ovx
IotIv äXrjOe'g' oidtfiCa yäo xaTcupaOig uXrjO-r)g earai, tv fj tov xajrffonov-
[i£vov xaüöXov to xafröXov xaTi\yoQt Trat, oiov eon nag äv&Qainog if&t
£(pov (19-) oväelg avS-Qionog Xevxög, eOTi Ttg avü-Qianog Xevxög
(28.) baut inl Ttov xud' exuaxa, oiov eazr ZioxnaTr\g Xevxög,ovx eOTi 2(0-
XQcirrjg Xtvxog (31.) ort tan v dvS-Qainog Xevxög xal oti ovxi'dTiv arS-Qanog
Xtvxog (34.) Sortis d" äv HaCif v>]g äronov elvat diä tö ipatveoO-ui
Orjfiaiveiv tö ovx eanv avOoumog Xtvxog ätua xal oti. ovdtig i<v9-n<anoi
Xtvxog' tö ät ovre xavTÖv ar\fiatver ovf)-' aua £f ävdyxr\g (18a. 2.)
fori £toxoaTi]g Xtvxog, ovx eOTi ZaixquTrjg Xevxög (4.) Trj de Träg ccv&qoinog
Xevxög tj 06 nag ävO-oomog Xtvxog (hierüber, d. Ii. über den Widerspruch,
s. unten), r/] dt rlg ävQoionog Xtvxog ij ovdetg äv&Qionog Xtvxog, ry de ißnv
("tvdownog Xtvxog rj ovx eanv avS-oomog Xtvxog (hieraus geht klar hervor,
dass particulares und unbestimmtes Urlheil zweierlei ist) (8, 18a. 15.) Träg
avSoornog Xtvxog ißriv, ovx ion nag äv&Qomog Xevxög, eOTiv avS-otanog
Xevxög, ovx eanv ävOnwnog Xevxög, ovdeig uvO-nionog Xevxög, eort ri(
ilrd-Qwnog Xevxög.
199) Ebend. 7, 17 b. 3S. : (faveoöv de öri xal pitu änöif.aaig uiag xarntfutreiog'
tö yao uvtö der anotpfjOtti Tr)v anotpuaiv önto xuxitpfjOSV rj xaraipaaig,
xal änö tov uvtov , tj tojv zuff' exuarci Tivog rj änö T(äv xaä-uXoo
Tivög, »; tüg xadöXov rj tag fjr) xaSöXov.
IV. Aristoteles (Urtheil). 147
ursprünglichsten Urtheilsformcn offenbar (wie alsbald aus dem Gegensätze
erhellen wird) um die Zwei -Zahl der Hauptbestandteile — Nomen und
Verbum — zu thun ; daher es auch gleichgültig ist, welches Verbum
zur Darstellung des Schema's angewendet werde 200), denn das Verbum
„ist" ist eben bei anderen Verbis nebst einem anderweitigen Bestandtheile
in die Verbalform derselben verschlungen201), und jene anderen
Verba stehen demnach dem Verbum „ist" darin ganz gleich, dass sie
eben als zweiter und zugleich letzter Hauptbestandteil zum Subjecte hin
zutreten ; sonach ist, wenn etwa auch zur Darstellung des Schema's das
Verbum „ist" gewählt wird , nicht an den sogenannten Existenzial - Satz
zu denken, sondern es ist eben ein Urtheil, welches abgesehen von der
Negation nur aus zwei Theilen besteht. Somit werden als die einfach
sten Sätze folgende bezeichnet 202):
A ist A ist nicht
Nicht-A ist Nicht-A ist nicht
Alles A ist Alles A ist nicht
Alles Nicht-A ist Alles Nicht-A ist nicht 203).
Wenn aber nun das Urtheil drei Bestandtheile hat, d. h. „ist" als
dritter neben zwei anderen stellt {tqixov TtQOGxtxvrjyoQuxai) und dem
nach weder ganz allein noch vermittelst jener Verflechtung in einem
anderen Verbum das Prädicat bildet204), so ist zunächst eine genaue
200) Ebend. 10, 19 b. 5.: insl dY lati xl xaiä nvog r) xarätpaaig Orjftaivovoa
, tovto äi iariv rj ovofia rj to avoivvfiov, Iv de deT elvai xal
evbg to iv Ty xaTaqräaei , to dt ovo/xa etqrjTca xal to äviävvftov
ijorspov (Anm. 194.), tö yao oix avSournog bvofia fiiv ov ).(yia «Ayl' aöoigtov
bvo/ta , iv yäo retog OrjftaCvti xal tö üoqiOtov, ägneo xal to oi%
vyiatvu ov ffifttt ulk' aoniarov (SrjjU«, eäTai netoa xaxaifaGig xttl änotfaaig
»/ Q ovöfiaTog xal QrtftaTog rj f"| aoolOTov dvöfictTog xal (>rj/xaTog' avev dt
(tlficiTog ovdefita xaräqaatg ovde änöipaßig' to yaQ eariv rj eOTai rj fjv rj
yivvrai r) oaa akXa xoiavTU, (irj/xara ix riäv xeifitvtov IotI, TTQogarj/jad'ei
y«t> xqövov.
201) Ebend. 20 a. 3.: iq>* oaiov dt to «Tri fir) äofiÖTTei., oiov inl tov
vyitt(vu xal ßadtfrt , inl tovtcdv to cwtö noie! ovtm ri&e'/xevov cüg uv ei
tö (du noogryitTtTo. Anal. pr. I, 46, 51b. 13.: to yäo iniaraTai TayaS-bv
1 ioTiv tn^OTÜfj.evog r&yaSbv oidiv Simpinei, oidt to dvvuTai ßad(£eiv rj
ttti Svväfievog ßadi'£eiv. D. interpr. 12, 21b. 9.: ovdtv yao diaipt-oei eineir
<tv&Qtimov ßad((eiv rj av&Qtonov ßadC£oVTu eivai. Vgl. Anm. 302.
202) D. interpr. a. a. O. (Anm. 200.) wird fortgefahren 19b. 15.: äaxe ttowtt\
kstiu xaxätfuaig xal anöifaaig to eclriv avfroionog — oix iaTiv avS-Qwnog,
'ha fffTiv ovx iev9-Qionog — oix eGTiv oix üvfhQionog, nethv iCTi nag
MlrDumog — oix eOTi nag avthobrnog, fan näg oix av&Qtonog — ovx fGTi
"«f oix av&Qüonog' xal inl tüv ixrbg de /qövuv 6 avTog ).6yog.
203) Man sieht leicht, dass diese Tafel in Bezug auf obige Eintheilnng nicht
vollzählig ist , da nur das unbestimmte und das allgemeine Urtheil genannt sind ;
und in Folge der mannigfachen Verwirrung und Unklarheit, welche in dem Buche D.
interpr. herrscht, wovon wir uns bald öfter überzeugen werden, müssen wir wahr
scheinlich diesen Mangel nicht der aristotelischen Lehre, sondern dem Schicksale
der aristotelischen Schrift zuweisen (vgl. Anm. 235.). Zu den obigen einfachen Ur
lheilsformen kommen demnach noch folgende hinzu:
Einiges A ist Einiges A ist nicht
Einiges Nicht-A ist Einiges Nicht-A ist nicht
Dieses A ist Dieses A ist nicht
Dieses Nicht-A ist Dieses Nichl-A ist nicht.
204) 0. interpr. a. a. O. wird fortgefahren 19h. 19.: oiav dt tö tan tqC-
10*
148 IV. Aristoteles (Urtheil).
Bestimmung des Verhältnisses zwischen Bejahung und Verneinung nöthig.
Es kömmt ncmlich Alles darauf an, oh die Urtheile „A ist nicht B" und
„A ist Nicht-B" das Nemliche ausdrücken, und falls nicht, welches von
heiden die Verneinung des Urlheiles „A ist B" sei 205). Nun verhält
sich das Urtheil
A- ist B zu A ist Niehl-B
ehenso wie
A weiss B zu A weiss Nicht-B
und wie A kann B zu A kann Nicht-B,
ahcr hiehei ist zwischen dem Wissen und Können einerseits und dem
im Urlheile als solchen ausgedrückten Staltfinden andrerseits eben der
Unterschied, dass das Wissen und Können einer Sache zugleich auch das
Wissen und Können des Gegentheiles ist (denn wer die Fähigkeit hat,
zu gehen, hat auch die Fähigkeit, nicht zu gehen, und wer das Gute
weiss, weiss auch das Nicht-Gute), hingegen das in Bejahung und Ver
neinung ausgedrückte Gegentheil des Staltfindens nie zugleich dem nemliehen
Suhjccte zukommen kann. Also die gegenseitige Exclusivität zwi
schen bestimmter Bejahung und bestimmter Verneinung im Urtheile als
Urtheile (s. Anni. 192) entscheidet hier, und sobald demnach das Kön
nen und Wissen in einem prädicirenden Urtheile vorkommen, handelt es
sich eben deswegen nur um ein Stattfinden oder Nicht- stattfinden des
Könnens oder Wissens, nicht aber um den einen oder anderen der beiden
Fälle, welche im Wissen und Können zugleich involvirt sind. Also 206)
in Bezug auf das ein Stattfinden oder Nicht- stattfinden ausdrückende
Urtheil ist
A weiss nicht B völlig verschieden von A weiss Nicht-B
und A kann nicht B völlig verschieden von A kann Nicht-B
und ehenso A ist nicht B völlig verschieden von A ist Nicht-B.
Sowie neinlich in dem „A kann Nicht- B" die reale positive Basis
das „A kann" ist, ebenso auch das „A ist" in dem „A ist Nicht-B", und
es gibt hiemit für das Nicht-B ein bestimmtes Substrat oder Subject (z.
tov TTQOfxarrjyoQrjTai, rjärj äi/oig ktyoVTai ai avTtfhiaag' Xfyio Si oiov %OTi
Sixaiog av&nianog , to eori tqitov (pr/fti OvyxetOO-ai ovoiia ij qrjua Iv Tjj
xaTaipäati. Da aber nun in dem hierauf Folgenden Anderweitiges, den Wider
spruch und Gegensatz betreffendes, verflochten ist, so verlassen wir jetzt dieses
Cap. der Schrift D, interpr. um zunächst das Nötliige aus der ersten Analytik zu
entwickeln und dorlselbst (Anni. 211.) auf die nächste Forlsetzung dieser obigen
Worte, welche noch dazu eine Berufung auf die Analytik enthält , zurückzukommen
und dann erst noch später (Anm. 235.) neuerdings auf die grosse Lückenhafligkeit
und Unvollständigkeit dieses Capilels hinzuweisen.
205) Anal. pr. I, 46, 51b. 5.: ditt({{öii oV ri to vnokciLißäveiv rj
tttvxov rj 'htqov arjfiaCvnv To fir) elvai toöI xai tlvat fir) tovto, oiov to
fitj eivai Xtvxbv Tip tlvai fir) XtvxoV ov yetn xavTov arjfiai'vsi.
206) Ebend. 51b. 10.: bfioCiog yaq t/u to ävvaTai ßadifeiv ngbg to
ävvaTai ov ßuSi&tv Tip eGTi Xtvxbv nqbg to iaxiv ov Xevxöv, xai to litiaxaTiti
räyafrbv nqbg to IniaTaTia to ovx äya&ov.... (16.) fi ovv to oix
ititi Svväutvog ßaui&iv Tavrb OrjuaCvti xai itfxi ävväfisvog ov ßafi(£eiv
rj fir) ßttät£ew, TavTa ys afia vnäql-ti. Tavrip, b yaq avrbg SvVaTai xai
ßaSC&iv xai urj ßaö°(£liv xai lnitiTr]fiiov Tayafrov xai tov fir) äya&ov tOTf
ifdaig tf£ xai änoipaOig ov/ vnaqyovaiv ai ävTixtlutVai afia Tip avTip'
ägneo ovv ov tuvtÖ Ioti to fir) InCaraaS-ta Taya#bv xai (TtCdTaaS-tti TO
ur) äya&bv, ovo" eivai fir) äya&bv xai fir) eivai ayaO-bv TavTOV.
IV. Aristoteles (Urtheil). 149
B. Subject des Prädicates Niclit-gut ist eben alles Böse, oder Subject
des Prädicates Nicht -gleich ist das Ungleiche); hingegen in dem „A ist
nicht B" ist die reale Basis des Stattfindens eben aufgehoben oder ver
neint, d. h. es ist gesagt, dass für diese Verbindung das Substrat gerade
kein Substrat ist 207). Darum gilt die Alternative zwischen „A ist B"
und „A ist nicht B" oder mit anderen Worten das disjunclivc Urtheil
„A ist oder ist nicht B" für alle möglichen Substrate, und selbst wenn
auch das Substrat A gar nicht exislirt, so ist wohl die erste Hälfte der
Alternative unwahr, hingegen die zweite sicher wahr, so dass diese Ver
neinung, welche in gänzlicher Aufhebung der Verbindung überhaupt be
steht, auch für nicht-seiende Subjecte gilt 20S). Hingegen die Alternative
zwischen „A ist B" und „A ist Nicht-B" oder mit anderen Worten das
disjunetive Urtheil „A ist B oder Nichl-B" gilt nicht von allen Substraten,
sondern nur für einen positiv bestimmten Umkreis, und z. B. „A ist
nicht-weisses Holz'' gilt jedenfalls und nur von einem Holze, hingegen „A ist
nicht weisses Holz" kann von vielem anderen gleichfalls gelten. Hiemit
ist das Urlheil „A ist Nicht-B" keine Verneinung, sondern ein bejahendes
Urtheil, welchem daher wie allen bejahenden Urlheilen ein verneinendes
gegenübergestellt werden kann, welches lautet „A ist nicht Nicht-B";
die verneinende Form hingegen liegt in der Aufhebung der Verbindung
und die Verneinung von ,,A ist B" lautet „A ist nicht B" 209). Hiemit
ergehen sicli folgende vier Urtheils - Formen, deren Gegenüberliegen und
Zusammengehören sich auch äusserlich durch die Anordnung darstellen
lässt :
1 A ist B II A ist nicht B
IV A isl nicht Nicht-B III A ist Nicht-B
207) Ebend. 51 b. 25. : oväe to elvai uf/ Xaov xai rb fir) elvai Xaov (sc.
tuvtÖv loxi)' tü~> fiev y&Q vnöxeiTaC ti tot ovti fitj Xatt), xai tovt' £oti rö
kvkSov T»5 d" oiidiv.
208) Ebend. wird fortgefahren 51b. 27.: Störten Xaov fiev rj äviaov oi
näv, iaov d" rj oix Xaov nav. Cat. 10, 13 b. 27.: (ni Siye Ttjg xaratfdaeiog
mi rrjg dnoydaearg dei lav re r) (dv Ti ^r) rj, to STCQOV eOTai xpeväog xai
to hfQov alrj&e's' to yaQ voaeiv JZujXQaTrjV xai To /J.tj voaeiv ^(OXQaTrjV
önog xe avzov (paveoov oti to ereQov avrmv AXrj&eg rj iftevSog, xai fir) bvrog
bjioCurg, to üiv yäq voaeiv ur) öl'Tog if/eväog , to di /j.rj voaeiv dXij&e'g.
II. inlcrpr. 3, 16b. 14.: &IV eorio ccoqiotov (>rj[ia (Anna. 193.), Sri bfioitog
t<f' Ötovouv vndn/ei xai bvTog xai firj bvrog.
209) Die so eben angeführten Worte iaov rj dvioov ov nav. Vhys. ausc.
III, 4, 202 b. 32.: ei xai fir) näv lariv dneioov rj TceneQctafie'vov, oiov ndä-og
1 ariyttr), toiv yaq toiovtojv latug oidtv dvayxalov Iv iYaT^Qw tovtiov elvai.
Anai. pr. a. a. 0. 51b. 28.: exi to 'e'ariv oi Xevxöv SvXov xai oix ean Xevxöv
iviov oi/ Sixa bndn/ei ' et yaQ (oti £vXov oi Xevxöv, earai iilov to de
fit) ov Xevxbv ivXov oix dvdyxr\ IjvXov elvai' diare (faveQÖv oti oix eati
Toi eortv äya&öv to eOTiv oix dyaO-öv aTTÖyaatg (ebend. 51b. 8.: oüd'
ioTiv dnötpaatg tov elvat Xevxbv rb elvai fj.ii Xevxöv)' ei ovv xard navxbg
tvbg rj ifdaig rj unöifiuotg aXrj&eg, ei jxr] laTiv anötiaoig , äijXov dg xazäifaaig
ttv ntog eXr)' xaTttifdoearg dt ndarjg dnöifiaatg ion' xai TavTrjg aQa
to ovx eOTiv oix aya&öv (52a. 24.) är)Xov oti 'heQov arjiiaCvei to eOTiv
ov Uvxöv xai ovx ean Xevxöv xai to fiev xardtpattis to 6" anötf aoig.
Ebend. 1, 3, 25 b. 23.: rö df forty olg dv TTQogxarrjyoQ^Tai, xaidtfaaiv der
xoiei xai ndvTiog, oiov To eOTiv oix dyaO-öv rj eariv oi Xevxöv rj artXäg
to eaTiv ov tovto. Metarih. r, 1, 1012 a. 15.: Brav {QOf.iivov ei Xevxöv Iotiv
ilntj oti ov, ovätv aXXo dnoneqivxev 7) rb elvai, dnöifaaig d'k to /J.i) eivai.
150 IV. Aristoteles (Urtheil).
und hiebei nun gestaltet sich das Verhältniss folgendermassen 210) : von
jedwedem Substrate gilt entweder I oder II, aber nie diese beiden Urtheile
zugleich von dem nemlichen Substrate, und ebenso gilt von jedem
entweder III oder IV, nie aber beide zugleich; hingegen von jedem Sub
strate, von welchem III gilt, gilt auch II , nicht immer aber umgekehrt,
und von jedem Substrate, von welchem I gilt, gilt auch IV, nicht immer
aber umgekehrt; lerner 1 und III können nie von dem nemlichen Sub
strate gelten , wohl aber zuweilen II und IV (denn wenn z. B. die Zeit
nicht weiss ist, d. h. mit dem Weiss-scin Nichts zu schaffen hat, so ist
sie auch nicht nicht-weiss). Und ebenso verhallen sich diese vier For
men auch, wenn an Stelle des Nicht-B vermittelst Eines Wortes jenes
reale Substrat gesetzt wird, welches als Subject zu dem Prädikate Nicht-
B existirt, also z. B. Bös statt Nicht-gut (Anm. 207), nemlich211):
21 U) Anal. ;>r. 1, 46. 51 b. 36.: e%ei de Ta£iv rr]vis nobg äXXrjXa' eOTta
tu elvai ayaftbv (rf' ob A, to de /xfj tlvat ctyaSbv it/' ob B, to de elvai
fit) aya&bv i<p' ob r vnb to B, to de /xr) elvai fir) ayafrbv iip* ov A bno
TO A. naVTi dr) bnaq'iei fj rb A rj to B, xal owev\ Tip avTlp' xal fj to V
fj to /I, xal ovdevl Tip avTlp' xcd q> to r, avüyxt] tö B narrt bnäg/etv
ei yttQ aXrj'lig eineiv ort ov Xevxöv, xal oti ovx eOTi Xevxöv äXrj&e'g' ädvvtnov
yao cZ/ua elvai Xevxöv xal elvai /xr) Xevxdv fj elvai ÜvXov ov Xevxöv
xal elvai gvXov Xevxov, eiffr' ei fif) r) xaraifaöig, r) anöifaaig vnäoi-ei' Tip
de B to r ovx aei' o yäij öXiog ur) HvXov, ovde SvXov eöTat ov Xevxov '
avanaXiv toCvvv, ip tö A, to /I tiuvtC' fj yao tö T f) TÖ d ' Inel d' ovx
oiöv Tf aiia elvai /jr) Xevxöv xal Xevxov, tö A bnaq^ei' xara yao toü
oVTog Xevxov aXrj&eg eineiv oti ovx eanv ob Xevxöv xiitcc de tov /l ov
navibg tö A' xaTa yao tov ÖXiog iirj övTog %vXov ovx aXrjUeg tö A eineiv,
tög emi ivXov Xevxov loOTe tö /I aXrj&eg, tö d' A ovx aXrj&eg, oti ivXov
Xevxöv ärjXov d" oti xal tö Ar ovdevl Top hvto'i xal tö B xal To d Ivde/
eTui Tivl Tip ai>Tip vnäo^ai.
211) Ebcnd. 52a 15.: bfio(a>g d' eyovrti xal al öTeorjaeig nobg Tag xa~
TtiyoQtug TavTtj tt] ti-e"oei' iaov irp' -ov to A, ovx laov i'f' ov B, äviaov
iw' ob r, ovx anaov l<p' ob /I. (Darüber, dass diese bejahenden Ausdrücke
eines Negativen, wie z. B. Ungleich, aTe'or\aig heissen, s. unten Anm. 326 IT.). In
Bezug nun auf diese zwei Tafeln der Urlheile, bei welchen die Verneinung sowohl in
dem „ist nichl" als auch in dem „Nicht-B" oder dessen gleichbedeutendem affir
mativen Ausdrucke beruhen kann, enthält die oben (Anm. 204.) einstweilen verlassene
Stelle D. interpr. 10. gleichfalls eine Zusammenstellung, und zwar, wie gesagt, mit
Berufung auf die Analytik, nemlich es folgt dort 11) b. 22.: äaTe dia tovto ts"t-
TUQtt fatal TttVTu, (ov Ta fiev dvo nobg Tr)v xttTatf p.Oiv xal änö(f aaiv 'Hei
xaTa to gtoi%ovv log al oteorjoeig, rri de dvo ov' ).(yw d' oti Tip eOTiv t)
to) Stxatip noogxeCaeiai rj Tip ov äixai'oj, (5ffr{ xal r) änöqao'ig' t^ttcok
ovv eorai ' voovjjiev Se ro Xeyöfievov Ix tojv vnoyeyQajxfxeviov. eOTi ä(xaiog
äv&Qionog' anötfaoig tovtov, ovx eati öCxaiog av&Quinog. eOTiv ov Sixawg
äv&Qtonog' tovtov anöitaaig, ovx eOT iv ov d(xaiog üv&Qtonog. to yao eanv
tvTttv&a xal tö ovx eo~Ti to> ätxaiip nnogxelOeTai xal Tin ov Sixaitp' TavTa
fiev ovv, ägnet) (v roig AvaXvTixoTg elorjTai , ovtio TiTuxTai. Da es sich
hier, wo das fori als dritter Bestandteil des Satzes steht, darum handelt, dass die
Negation sowohl mit dem eOTi selbst als auch mit dem B verbunden sein kann,
so ist wohl jedenfalls mit Unrecht von Wailz statt des handschriftlichen Sixalip
sämmtliche vier Male in dieser Stelle auf die Auctorität der Commenlatoren hin
ttvS-Qiön») gesetzt, und auch die von Waitz gegebene Erklärung, welche dazu führt,
dass die angegebenen Beispiele von Sätzen Existenzial - Sätze seien, dürfte nur eine
gezwungene sein; ebenso ist die den Text erläuternde Figur (to vnoyeyqafj.iie'vov)
von Waitz unrichtig gestellt; denn dass die Reihenfolge der Sätze im Texte, welche
dem allmäligen Hinzufügen der Negation zu den Satz-f hejlen folgt, eben eine andere
ist als die Anordnung in der Figur, welche auf die logische Abfolge der Urtheile
IV. Aristoteles (Urtheil). 151
T A ist gut Ii' A ist nicht gut
IV' A ist nicht böse III' A ist böse.
Wenn daher von einem gewissen Umkreise von Substraten den ei
nen ein gewisses Prädicat zukömmt und den andern nicht, so ist die
eigentlich verneinende Form als Ausdruck für den Mangel einer allge
meingültigen Verbindung völlig wahr, nemlieh „Nicht ist alles A B", hin
gegen durchaus falsch wäre die Aussage vermittelst des bejahenden Nichl-
B, nemlieh „Alles A ist Nicht-Ii"; und überhaupt auch ist nun klar, dass
das Urlheil „ Alles A ist B " nicht verneint werde durch „ Alles A ist
Sicht-B", sondern durch „Nicht ist alles A B"212).
Aus diesen Grundsätzen nun geht klar hervor, dass Aristoteles für
die Möglichkeit, dass B oder Nicht-B von A ausgesagt werde, ein reales
Substrat eben in A selbst als nothwendig vorauszusetzend anerkennt, in
dem das Stattfinden des Nicht -B nicht identisch ist mit dem Nichtstalllinden
jener ganzen Sphäre, deren beide Erscheinungsweisen das B und
dasNicht-B sind 213). Hiedurch aber verstehen wir nun einerseits schon
vorläufig sehr wohl, wie oben das Urlheil „A ist B" mit den Urtheilen
„A weiss B" und „A kann B" u. s. f. gleichgestellt wurde (Näheres
unten, Anm. 252 ff.), denn ausser jener Gleichmässigkeit, in welcher wir
oben diese drei Urtheile als Urlheile trafen, erhellt uns nun, dass der
Begriff einer die Gegensätze zugleich umfassenden Polenz sowie beim
Können und Wissen nun als vorauszusetzender auch den objectiven In
halt des Unheiles „A ist B" trifft, weil die einmal bestehende Verbin
dung des Substrates A mit einer gewissen Sphäre von Attributen es ist,
welche die Möglichkeit ollen lässt, dass B oder Nicht -B eintrete (z. ß.
die Handlungen sind wesentlich verknüpft mit den Prädicaten Sittlich
oder Nicht- sittlich), hingegen bei nicht vorhandener derartiger Verbin
dung auch die darin enthaltene doppelte Möglichkeit wegfällt (z. B. der
pythagoreische Lehrsatz ist wesentlich nicht verknüpft mit jenen Prädi
caten). Steckt hiemit in der inhaltlichen Berechtigung des Wortes „ist"
sieht, ist gerade durch die Worte ovz(o jeiaxzai ausgesprochen (d. h. „diese hier
bloss aufgezählten Urtheile haben in der Figur diese bestimmte Gruppirung"). Die
Figur ist keine andere als die in der Analytik, nemlieh:
I sari Sixaiog avO-Qtonog^-yoix tan SCxaiog «v&Qomog II
\\(oA\\')ovyAarivovälxcuogavS-QunogZl\saTivovSCxttiogav^Qainog III(od.llf )
so dass die durch Striche verbundenen Urtheile immer einander entgegengesetzt sind.
Der Satz aber a>v rä jxiv ävo etc. hat, wie Waitz richtig bemerkt, folgenden Sinn
in Bezug auf die oben aus der Analytik angegebenen zwei- Tafeln: „Von diesen vier
t'rtheilen verhalten sich in Bezug auf logische Abfolge (xcaä ro axot%ovv) zwei,
neinlich IV und III zu dem bejahenden I und zu dem verneinenden II gerade so wie
IV und III', denn IV und IV' sind beide eine Folge von I, da wovon I gilt, auch
IV gilt, und ebenso ist II eine Folge von III und von III', da wovon III gilt, auch
II gilt; hingegen die anderen zwei, nemlieh I und II verhalten sich selbstverständ
licher Weise nicht so." Vgl. ausser Anm. 287. auch bes. Abschn. V, Anm. 30.
212) An. pr. a.a.O. 52a. 18.: xai int noXlwv Si, <I>v roig filv vnagyu
Jolg d" ov/ v7iaQ%ei tccvtö, ij ftlv unoiiuaig 6fj.o((og aktj&evoii' äv, Sri
ovx tan Xivxä nävxa rj ort oix ian Xevxov exaaiov ort d" iaxiv ov
hvzbv ixadtov rj nävra laxlv ov Xevxä, tptvSog' 6/j.oiojg dk xai roii ean
nav fwov Xtvxöv oii ro taxiv ov Xevxov cinav Cqtov anoyctoig , it/xq^oj yciQ
iptvitig, nXXa To ovx ean nav (o)ov Xevxov.
213) Ebend. 52h. 32. : oi Taiiö <J" lari ro ovx aytt&bv To) ovt' äya&öv
our' ovx aya&6v.
152 IV. Aristoteles (Urtheil).
glpir.lifalls dftr Regriff einer Polen?, welche den... Gigensatz als einen
später Jifirau&tcetenden, vorerst noch bloss möglichen, enthält, so gewin
nen wir nun auch eine Einsicht darein , warum Aristoteles aus inneren
wissenschaftlichen Gründen in die Lehre vom Urtheile den Begriff des
Möglichen und des Notwendigen beiziehen und die Urtheile der Möglich
keit sowie die Urtheile der Notwendigkeit näher untersuchen mussle 214),
denn in dem realen Substrate, welches schon von vorneherein erforder
lich ist, dass nur überhaupt entweder ß oder Nicht- 1? mit A verknüpft
sein könne, also darin dass vermittelst des „ist'' das A mit einer die
Möglichkeit von B und Nicht- B zugleich umfassenden Sphäre verknüpft
ist, liegt der Begriff des Möglichen und der innere an sich seiende all
gemeine Grund dieses Möglichen ist das Notwendige. — Hiemit aber
möge nur die innere Verknüpfung dessen , was wir unten betreffs der
Möglichkeits - und Nolhwendigkeits -Urtheile zu entwickeln haben, ausge
sprochen sein ; denn vorerst müssen wir den Begriff der Verneinung
noch weiter in seinen Functionen verfolgen.
Wir sahen nemlich im Bisherigen, dass die _ eigentliche Verneinung
in _de£_ Ajifli^bung der Verbindung vermittelst des „ist nicht" beruht,
sowie dass das „ist Nicht-B'r eine Bejahung enthalte, es .als,(}_eine_vexneinende
Ausdrucks weise gibt, welche eine positive lJfyail.ejide_jGeJtungJhät.
Also Bejahung und Verneinung betreffen wesentlich ein Stattfinden und
beziehungsweise ein Nichtstattlinden, und Aristoteles sagt auch ausdrück
lich, dass das Verhältniss des Widerspruches (ävriqxxGig), nemlich das Verhältniss
des Bejahens und Verneinens, dem Sein und Nichl-sein sowie der in
Sein und Nicht-sein vor sich gehenden Veränderung, nemlich dem Entstehen
und Vergehen entspreche. Und wenn nun Aristoteles an eben jenen Stellen, in
welchen er diess ausspricht, diesem Verhältnisse das der realen Gegensätze
(Ivccvria) gegenüberstellt, in welchen sich alle übrigen drei Arten der
Veränderung (Raumbewegung, qualitative Aenderung, quantitative Zu- und
Ab-nahme) bewegen215), so wird man uns einerseits hoffentlich vorläufig
214) Es ist diess eine Einsicht, welche freilich nicht gewonnen wird, wenn man zur
Darstellung der aristotelischen Lehre vom Urlheile das Ruch D. intcrpr. bloss excerpirt.
215) l'hys. ausc. VI, 10, 241a. 26.: fieTaßoXr) 6" ovx Iotiv ovdtfita äneioog'
anaöa yao r)v ex rivog eig ri, xal r) iv ävTUfdßei xal r) iv ivavrloig'
iSare T(öv fj'iv xbt (svrdf aotv r) (fdflis xal r) änöif aaig niqag , oiov ytvi-
Oeug ftev to ov, (jfronäg <Jt to fit) ov, riav J" iv Tolg iravrCoig TalvavtCa,
ictvTtt yao cixQtt rrjg fieTaßoXrjg. Ebend. 5, 235h. 13.: iuel ovv flia T(öv
fitjaßoXiöv t) xar' aVTlqaOiv, bre jieTaßeßXrjxev ix tov fir) övTog eig ro ov,
anoXe'XoiTie to fir) ov. Ebend. 9, 240 a. 26.: öfio(o>g dt xal inl tov oVtos
xal inl tov fir) oVTog xal twv aXXtov tiSv xut' aVT ((fttOiv. Ebend. V, 2,
225 b. 24.: avTTj yao r) xivrjaig i'i aXXov eiSovg eig aXXo iarl fieTaßoXrj' xal
r) yiveaig de xal r) tpd-oQa tbgaiiTmg, nXr)v al fiiv eig avTixelfieva (oäl, r]
jf xi'ytjOtg oiy bfiottag. Ebend. 1, 224 b. 28.: r) fie fii) xaTa avfißeßrjxog (sc,
fieTaßoXrj) ovx iv Itnaaiv , itXX' iv ToTg ivavTioig xal iv rolg fieTa^v xcti
iv uvTMfäo'H 225a. 34.: fieTaßoXal de^roeig al e iorjfie'vru , tovtoiv <Se
al xaTa ye'veoiv xaltf&ooav ov xivr)aeig, avTai d" eiölv al xar' avtCifaStv.
Vgl. auch Anm. 228. Ich muss hier ans der aristo!. Physik als etwas Bekannles
voraussetzen, dass der Begriff der Veränderung im weiteren Sinne vier Arien inufasst,
nemlich: Entstehen und Vergehen, Raumbewegung, qualitative Aenderung,
quantitative Zu - und Ab-nahme; hingegen Veränderung im engeren Sinne, d. Ii-
Bewegung umfasst von diesen vieren nur die letztern drei. S. meine Symb. crit. «'»
Ar. phys. ausc. p. 7 ff. u. meine Ausgabe d. Physik S. 506. Anm. 1.
IV. Aristoteles (Unheil). 153
zugeben, dass wir in den oben vorgekommenen Prädikaten B und Nicht-
Ii, welche ja beide als gleich positiv bezeichnet wurden, und geschweige
denn erst in den von vorneherein positiv ausgedrückten derartigen Prädicaten
wie z. B. Gut und Bös oder Gleich und Ungleich, ganz entschie
den reale Gegensätze vor uns hatten. Aber anderseits eben darum, weil
dieselben positiv sind oder sogar positiv ausgedrückt werden , die Ge
gensätze aber dem Widerspruche gegenüberliegen, sollten wir erwarten,
dass die realen Gegensätze an sich mit dem Bejahen und Verneinen
Niehls zu schaffen hätten , zumal da es bei dem Widerspruche nie ein
Minieres gibt, bei den Gegensätzen aber diess der Fall ist (s. Anm. 192),
— kur^Äir^oJJJjan^^ej^aneij, dass es wohl widersprechende Urlheile
and^^enjgsgejigesfiUtC ..Begriffe , nicht aber "dass es entgegengesetzte Urtheile
und widersprechende Begriffe gebe. Also die Schwierigkeit, welche
sich uns in Folge der obigen" Bedeutung der Verneinung heraus
stellt, ist, wie die sprachliche Verneinung, welche ihren wesentlichen
Umkreis in dem Niehlstattfindcn hat, dazukomme, den realen Gegensatz
der Begriffe , welche im Subjecte und im Prädicate auftreten können,
auszudrücken, und umgekehrt, wie ein real positives Gegensatzpaar dazu
komme, in zwei Urlheilen, deren eines ein Stattlinden und das andere
ein Nichtstaufinden ausspricht, und welche sich also als Bejahung und
Verneinung einander gegenüberliegen, ausgedrückt zu werden. Oder kür
zer ausgedrückt : die Schwierigkeit liegt in dem Positiv-werden der Ne
gation und dem rsTcflativ-werd,en der Position. Diese Schwierigkeit aber
Tmm nicht gelöst werden, spMld .nian die Negation als ein fertiges Fac
tum na[v ,jujgjlein Sprachschätze aufrafft; und hierin also liegt die. Blosse
der aristQtfllwfhfBl F<ffftT3..YOT,iltlh''il'' Hätte nicht unsere ganze Schul- ^
tradition bis zur neuesten Zeit unablässig ebenso naiv getreulich diese '
nemliche Blosse wiedergekäut, so wäre wohl jene colossalcjESSfflftiÜfi? /
welcjhja als_ rastlose Sprjngjgder der Hegel'schen Logik zu Grunde liegt, ,
unTerblieben.*"
Wir haben nun zur weiteren Entwicklung wieder an jene Vernei
nung anzuknüpfen, welche wir oben zuletzt trafen; es tritt nemlich als
Bejahung und Verneinung gegenüber:
■ A ist B und A ist nicht B
Alles A ist B und Nicht ist alles A B, d. h. es ist nicht wahr, dass
alles A B ist 216).
Von hier aus aber müssen wir nun unterscheiden. Dass das Ur-
Iheil , wenn es je im Dienste des apodeiklischen Verfahrens verwendet
werden soll, dem xa&6kov zugewendet sein muss , und dass dieses xccdolov
in der Vereinigung des xata Ttairog und des xa&' avxö erreicht
wird, kann in Folge der oben (Anm. 132 ff.) gegebenen Entwicklung
uns feststehen, und wir werden es demnach auch erklärlich finden, dass
216) Für diese Form der Verneinung, welche gleiclisam nur durch das voraus
geschickte „Niehl ist'' (ovx eOTi) eine Verwahrung gegen prälendirle Richtigkeil des
bejahenden Unheiles einlegt, ist natürlich bei einer Sprache, welche völlige Freiheit
in der Wortstellung hat, es gleichgültig, wie im bejahenden Urtheile die Worte
aufeinander folgen. D. interpr. 10, 20 b. 1.: (itTari&ffitva Jt r« ovöficua xul
tu (>rifiuTct raiiTov örjfiutvti, olov 'ion levxo; itvS-Qiünog , eariv dv&QOHiog
Mwtof tl yeto firj tovtÖ iari, rov avrov nXeiov; cGovrcti Sc7io(fäatig x. r. L
154. IV. Aristoteles (Urtheil).
die beiden Momente, welche zusammen das xadölov bewirken , ja eine
wesentliche Rolle in der Lehre vom Urtheile spielen müssen. Es schxklet
jsich nemlich auch wirklich jene so eben _ jmgejjebej^^
nung gerade bei allen jenen Urtheilen, deren Suhject nicht das verein
zelte Individuum ist (Anm. 197), nach zvyui Richtunsen in eine verschie
dene Function aus (das Einzeln - Individuum als solches steht ja dem
xcc&ökov gegenüber, und es kann nur, insoweit es an der Allgemein
heit Theil bat, Gegenstand des Wissens sein).
Insoferne nemlich ein Urtheil, dessen Subject eine Allgemeinheit
unter sich befasst, auf die für das apodeiktische Wissen unentbehrliche
Allgemeingültigkeil (xaTa navzog) Anspruch macht, tritt die Verneinung mit
der einen ihrer beiden Functionen auf, indem sie dazu dient, dieser
Form der Allgemeingültigkeit zu widersprechen, und es verbindet sich
daher die Negation, d. h. das Wort „nicht", mit jenem Worte, welches
das Zeichen der Allgemeingültigkeit ist, d. h. mit dem „Alle". Die gleiche
Wirkung hat die Verneinung auch dann , wenn die beanspruchte Allgemeingültigkcit
des bejahenden Urtheiles auf einen Theil dessen, was un
ter das Subject fällt, beschränkt ist und als Zeichen hievon das Wort
„Einige" gebraucht ist; dann nemlich wird auch dieser letzte Rest der
Allgemeingültigkeit verneint, und die Vereinigung des „nicht" mit „Einige"
kann nur die Bedeutung von „ Kein " haben (es wird also hiebei nicht
die Beschränkung der Allgemeingültigkeit negirt, wornach das „nicht Ei
nige" auf das „Alle" hinauskäme, sondern die in „Einige" noch steckende
Allgemeingültigkeit selbst wird negirt; ein klarer Beleg dafür, dass es
sieh um das Auftreten des %axa mxvrög handelt). Diese Function der
Verneinung heisst Widerspruch (ccvriqpaGig), und es liegen sich demnach
widerspruchsweise (avucpttrixdig) die Urtheile gegenüber217):
Alles A ist B Nicht Alles A ist B
Einiges A ist B Kein A ist B
Insoferne aber ein Urtheil, dessen Subject eine Allgemeinheil unter
217) 1). inlerpr. 7, 17 b. 16.: äviixelofhat fitv ovv xaraqadiv änoqädti
leyco ävrt(partX(Sg rrjV ro y.a#6).ov Orj/ia(yov0av i(S «üroj Sri ov xafröXov,
oiov nag al'O-qionog Itvxog — ov nag avdQionog Itvxog, ovdtlg avi)Q(onog
Itvxog — «fori zig avO-Qtanog Itvxog. Hiernach zwar könnte es scheinen , als
müsse von der Reciprocilät des Widerspruches bei dem letztem obiger zwei Paare
von Urtheilen Gebrauch gemacht werden, so dass geordnet würde:
Alles A ist B Nicht alles A ist ß
Kein A ist B Einiges A ist B
wornach für das particulare Urtheil ein eigenes Motiv nicht nöthig wäre , und ge
meinschaftlich für beide Paare das Motiv bloss in dem „Allgemein — Nicht allge
mein" liege. Aber abgesehen davon, dass wenn die Reciprocilät überhaupt berück
sichtigt werden soll , man dann beide Paare in ihrer Reciprocität betrachten muss,
man hiebei aber jedenfalls mit dem „Nicht alles A ist B" in Widersprüche verwickeil
wird, ist ein klarer Beleg für die von uns oben gegebene Begründung und Anord
nung nicht bloss die a. a. 0. alsbald folgende Stelle: 18a. 4.: rij de nag itvftQtonog
Xevxög rj ov nag av&Qwnog- Itvxog , rij d*£ rlg itväownog Xtvxog f)
oiStlg av&Qtonog Itvxog, sondern auch namentlich die in der folg. Anm. aus
Anal. pr. anzufühl ende Zusammenstellung des avtixf anxöv und Ivavxlov , sowie
die in der Syllogistik hievon gemachte Anwendung. Ferner noch wird wohl auch
zugegeben werden, dass von der bejahenden Form als Grundlage auszugehen ist,
wenn untersucht werden soll , wie ihr verschiedene verneinende Formen verschieden
gegenüber liegen.
IV. Aristoteles (Urtheil). 155
sich befasst, neben dem Ansprüche auf völlige oder beschränkte Allge
meingültigkeit zugleich auch das zweite für das apodeiklische Wissen
unentbehrliche Moment an sich tragen will, neinlich dass dasjenige, was
es vom Subjecte als Stattfindendes aussagt, wirklich wesentlich (xu& uvxo)
an dem Subjecte staltfinde, tritt die Verneinung mit der anderen ihrer ^
beiden Functionen auf, indem sie dazu dient, dieses Stattfinden zu ver
neinen, und hiemit concreter Weise den Gegensatz desselben, also das
Nichtslatlfinden , auszusprechen. Diese Function der Verneinung beisst
daher die des Gegensatzes (ivavrlov) , und es liegen sich gegensätzlich
(ivavriwg) die Urtheile gegenüber21^):
Alles A ist B Alles A ist nicht B, d.h. Kein A ist B (s. unten Anm.225—233)
Einiges A ist B Einiges A ist nicht B
Wird aber von Suhjeclen, welche eine Allgemeinheit enthalten, in
unbestimmter Weise (Anm. 198) Etwas prädicirt, so ist auch die ent
sprechende Verneinung gleich unbestimmt ; die Art und Weise aber, wie
dann Bejahung und Verneinung einander gegenüberliegen, ist keinenfalls
die des Gegensalzes , wenn auch der Inhalt des Ausgesagten ein gegen
sätzlicher sein kann ; demnach gehört das Verhfdlniss von Urtheilen wie
z. B. „Thier ist weiss — Nicht ist Thier weiss" mehr dem Widerspruche, ^
als dem Gegensatze an219).
So also verhält es sich bei Subjeclen, welche in sich eine Allge
meinheit enthalten. Dass hingegen bei Urtheilen, deren Suhject eine nur
individuelle Geltung hat, ein Widerspruch in dem Sinne, dass durch
denselben die Allgeineingültigkeit verneint würde, nicht auftreten kann, ,
versteht sich von selbst. Hier daher kann die Verneinung nur entweder |
die schon oben angegebene Bedeutung haben, dass die Verbindung zwi- i
sehen Suhject und Prädicat überhaupt aufgehoben wird, und also das 1
Urtheil auch bei der Nicht-Existenz des Subjectes gilt (s. Anm. 208), — \
218) Ebend. 17 b. 3. : lav piv ovv xafioXov anoifuirt]xai Ini xov xafl-6-
lov ort inäoyei xi rj fit), eaovxai ivavxlai al anoifävaeig . . . oiov nag avüitomog
Xevxög, oväelg avüoionog Xevxög (20) Ivavximg S\ xr\v tov
xu&oXov xaxdt^adiv xai xr)v xov xaOöXov anöi/aaiv, oiov nag av&Qionog
SCxuiog — ovätig avO-ntonog äfxaiog. Ebend. 10, 20 a. 2ö. : tni d'e xiuv xa-
QöXov oix af.rj&i]g r) 6f.io((og Xiyofitvrj, aXrjär)g de r) änorpaOig, oiov aod ye
7i äs ttv&qtanog aotfog; ov. neig uqu av&Qionog oii Oo(fög' xovxo yaQ ipevdog.
aXXä t6 ov nag «p« Itv&oconog Oonjög äXrjfre'g' avTtj de' loxiv r) ctvxixtifj-
tvri, ixeCvrj de r) ivufxCa. So werden auch üvxtxeCfitvai und Ivavxlai
nQOTaaeig als coordinirte Gegensätze unterschieden, wobei dann ävxixei/xevai
identisch mit avxHfaxLxoig ävxixeCfttvai gehraucht ist; so Anal. pr. I, 17, 3tib. 39.
Der gleiche Sprachgebrauch ist in der kurzen Zusammenstellung der widersprechen
den und der entgegengesetzten Urtheile ebend. II, 8, 59 b. 9.: Xe'yu> d" dvxixela-
&cci fitv xö Ttavxi Xfp ov navxl xai xb xivi xo> ovfitvl, \vavxliag dk xo
nctvxl xtjj ovdevl xai xo xivi xtji oi xivl indo/tiv (dass liier oi xivi vndo/eiv
natürlich in dem Sinne von xivi fir) vnäo/eiv steht, zeigt klar die Anwendung,
welche für die Umkehrung eines Syllogismus hievon ^bend. 60 a. 5. gemacht wird).
Vgl. auch Anm. 223.
2^9) D. interpr. 7, 17 b. 7.: oxav de Inl xiSv xa&6Xov fiev , ur) xu&ökov
de, avxai fiiv ovx eiaiv ivuvxCai, xic ftevxoi dtjXovfieva eaxiv eivai ivavxCa
nox(' Xfyu> Jf . . . oiov eoxi Xevxög av&oanog , ovx eati Xevxbg itv&neonog.
Ebend. 18 a. 6. folgt auf die unmittelbar vorhergehenden (18 a. 4.) Widerspruchs-
Urtheile (Adhi. 217.) sogleich: xrj de idxiv av^Qionog Xevxög r) ovx eaxiv av-
&Q(onog Xevxög.
156 IV. Aristoteles (Urlheil).
und es mag diess als ein Verhältniss der blossen Bejahung und Vernei-
I nung wohl Widerspruch heissen — , oder die Verneinung muss den
| concreten Gegensatz vermittelst des Nicht-B hei positivem „ist" aussprei
chen, wobei, falls das Subject nicht existirt, beide entgegengesetzte Ur-
! theile gleich falsch sind 22°).
So also tritt jenes an sich noch unbestimmte Verneinen, welches
darin liegt, dass einem Urtheile überhaupt ein „ Nein " oder ein „ Nicht
ist" gegenübergestellt wird, nun nach zwei bestimmten Seiten auseinan
der, und sowie, wenn das Urtheil in~Fräge-Form gestellt ist und darauf
mit Nein geantwortet wird, es sich erst entscheiden muss, wie das Nein
zu nehmen sei (in zwei Stellen in Anm. 218 u. 220 steht selbst die
Frage-Form), so betrifft auch das „Nicht ist" entwederjlie Form der
Allgemeingültigkeit (das aara 7cavt6g) und ist dann Widerspruch , ojbir
es betrifft den Inhalt des wesentlichen Stattfindens (das xa&' avto) und
ist dann Gegensatz. Ein drittes neben Widerspruch und Gegensatz ist
allerdings das „ist nicht" (ovx I'öti) als „ unbestimmtes Verbum " (äo'otßrov
Qfjiici, Anm. 193); aber dasselbe erweist sich schon dadurch, dass
es ein unbestimmtes genannt wird, als unverträglich mit dem nach Festig
keit strebenden Wissen, und insbesondere ja kann es darum, weil es
sich gegen Existenz und Nicht-Existenz des Subjectes gleichgültig verhält
(Anm. 208), gar nicht zum Ausdrucke des concreten realen Slattfindens
dienen. Fällt demnach dieses dritte für das apodeiktische Wissen hin
weg , und bleiben als mögliche Functionen der Verneinung zum Behufe
des Wissens nur Widerspruch und Gegensatz übrig, so wird in dem
Urtheile „A ist nicht B" das „ist nicht" sich wohl bequemen müssen,
dem realen Gegensatze „ist Nicht- B" näher zu treten, wenn nicht gar
in denselben umzuschlagen. Dass diess der Fall ist, werden wir nun
Schritt vor Schritt beobachten können und hiebei die Unlösbarkeit der
Schwierigkeit einsehen, in welche Aristoteles durch unmotiyirtes Aufnehmen^
dejjifigaium^^ej^h.
Zunächst ist klar, dass der Gegensatz zweier Urtheile concret real
genommen werden muss, denn er ist auf dasjenige gerichtet, was wirk
lich factisch an sich (jea-fr' ovto) stattfindet oder nichtstattfindet, und je
nachdem das Urtheil dieses objectiv an sich Seiende trifft oder nicht,
ist es wahr oder falsch ; daher gegensittzliche Urtheile nicht bloss nicht
beide zugleich wahr sein können, sonderjr auch nicht beide zugleich
falsch (welch letzteres nur der Fall ist, ,wenn die Existenz oder Nicht
Existenz des Subjectes als gleichgültig /betrachtet wird; s. oben), d. h.
weil es sich um ein factisches Subjeet handelt, muss von zwei gegen
sätzlichen Urtheilen jedenfalls das eine oder das andere wahr sein. Diess
Verhäjtniss aber, dass weder beide zugleich wahr, noch beide zugleich
220) Ebend. 10, 20 a. 24.: ItA fxtv tiov xa&' exaarov , ci Altj^ig t(j(o-
Tn&ivTte anoiprjöat, ort xai xarmirjoai äXrj&tg' oiov «p« yt Xu>xqäTr\g Ooipög;
ov. JZioxQcnris aga ov aotpog. /Ebend. 1, 17 b 20.: ooia '/ntv ovv aVTMpaOeis
Ttöv xaS-öiov eial xaS-ölov, jtväyxij trjv ireouv ai-rjO-ij ilvai i//£u<fij, xai
oaai Ini tiSv xai)-' exctOra J oiov edri £u>xoüxrig Itvxog — ovx iari £(oxQÜTtjs
ktvxög. Cat. 10, l^b. 14.: iö yan iyiaCvuv Xwxoäxriv t(p voaeiv
ZmxQatrjV ivavjtov larivf aXV oW Ini zovriav avayxalov äel S-dztgov
fi.iv aXri&ks {häjtoov St jpeväog elvaf ovzog jutv yao !£wxoaTovg iatcu to
fiiv alrj&hg to dl xptvä/bg , fifj ovrog dt ctfuforega ipevdij.
IV. Aristoteles (Urtheil). 157
falsch sein können, sondern das eine wahr sein muss , kann sich, da
die realen Gegensätze in den factischen Subjecten sehr verschiedentlich
vertheilt sind, nur soweit erstrecken als factisch ein Gegensatz wirklich
an einem ganz bestimmten Gebiete allseitig und ausschliesslich herrscht;
also findet dieses Verhältniss nur Statt bei allgemeinen Urtheilen und
bei individuellen Urtheilen (da bei letzteren eben Gebiet und Individuum
sich denken), nicht aber bei particularen Urtheilen (denn die Gegensätze
können auch particular vertheilt sein, und daher „Einiges A ist B" zu
gleich wahr sein mit „Einiges A ist nicht B") ; bei unbestimmten Urthei
len fehlt es natürlich von vorneherein an der Bestimmtheit und hiemit,
wie wir sahen (Anm. 219), auch am Gegensatze 22 '). Sobald daher zwei
einander entgengesetzte allgemeine Urtheile widerspruchsweise verneint
werden, hört mit der Allgemeingültigkeit sogleich auch wieder die Gegen
sätzlichkeit auf, und es besieht hiemit keine Ausschliesslichkeit mehr in
Bezug auf Wahr und Falsch, da beide widerspruchsweisen Verneinungen
der entgegengesetzten Urtheile zugleich wahr sein können, nemlich : „Nicht
alles A ist B" als Widerspruch von „Alles A ist B" und „Einiges A ist B"
als Widerspruch von „Kein A ist B" 222). Eben aber wegen der für
das Wissen erforderlichen gegenseitigen Ausschliesslichkeit des Wahr
seins und Falsch-seins muss das Hauptgewicht auf den Gegensatz allge
meiner Urtheile fallen , und der Umstand , dass es auch gegensätzliche
narticulare Urtheile gibt, wird für die Auffassung des factischen Bestehens
der Gegensätze füglich sehr in den Hintergrund treten, denn die zwei
gegensätzlichen Urtheile „Einiges A ist B" und „Einiges A ist nicht B"
besagen eigentlich doch das Nemliche, dass eben der reale Gegensatz
particular -vertheilt ist, und sie unterscheiden sich daher, obwohl sie Ge- 's
gensätze sind, doch nur durch den Wortlaut von einander; demnach kann,
wenn auch in der Syllogistik zur Umkehrung der Schlüsse von diesem
Gegensatze particularer Urtheile Gebrauch gemacht wird, doch für das 7
Princip der auf Exclusivität von Wahr und Falsch beruhenden Gegen
sätzlichkeit von demselben Umgang genommen werden und daher, da- das
individuelle Urtheil als individuelles von selbst ohnediess kein Wissen
221) D. interpr. 1, 17 b. 22.: äib zavrag titv (sc. rag ivavrCag, Anm. 218.)
oi/ oiov rs äiia aXrj&eig eivai ... (26.) baat fiev ovv ävTUfüotig ttov xati-
oXou elal xtK&öXov , aväyxr) rrrv eriQav äXrj&rj eivai rj xpevör), xal Saat äi
tnl T(3v xaS-' exaara , oiov eon ZwxQuirig Xevxog — ovx eaxt 2^ioXQäxrjg
Xevxog' baat de inl xäv xa&öXov uev, iii) xa&öXov de, ovx ael r) /uev äXrj-
&ii r\ dt rpevärjg ' aria ydo äXr)Seg loxtv elnelv oxt eaxiv ctv&Qüinog Xev-
*6{ xal Sri ovx eaxiv av&Qtonog Xevxog. Ebcnd. 9, 18 a. 28.: inl fxiv ovv
xäv bvxmv xal yevofiivuv (diess ist doch gewiss unzweideutig der factische Be
stand) aväyxr) ttf» xarmpafftv rj xi)v anoitaaiv äXr)S-ij rj i)>evfifj eivai , xal
fii fiev Tu>v xa&öXov lig xaD-oXov äel xrjv fiev äXr)9-r) rfjv <ft ipeväij eivai,
xal inl xtäv xaiP exaaxa, tligntQ elorjxai, inl äh xtav xa&öXov /xi) xa&6Xov
llX<teVT(ov ovx aväyxr]. Iliezu die vorige u. d. folg. Anm.
222) Ebend. 17 b. 23.: rag <ft ävrixeifie'vag avxaTg (sc. xaig ivavrCatg)
hSfyexat inl xov avxov , oiov ov nag äv&Q(onog Xevxog xal eaxt rig äv-
*otu7roff Xevxog. Ebend. iO, 20 a. 16.: intl <$e ivavxCa ün6(paa(g iaxt xfj
anav iaxl f^iov Stxuiov rj atj/xccivovoa Sit oväiv iaxt f<j5ov d°(xatov, avxat
f(v (faveQov ort ovdinoxe toovxat ovxe äXrjfretg aiia ovxe inl xov- avxov,
al Si ävxixefftevai xavxaig iaovxat noxe, oiov oi näv £([iov äCxaiov xal
Idri ji £o>ov Sixaiov.
158 IV. Aristoteles (ürtheil).
[ begründet, die Gegensätzlichkeit in eminenter Weise den entgegengesetzten
1 allgemeinen Urtheilen zugewiesen werden 223).
Sind wir aber positiv für den Gegensatz der Urlbeile auf jenen fest
bestimmten in dieser Weise faktischen Bestand der realen Gegensätze,
welcher irgend ein Gebiet ganz und ausschliesslich beherrscht, hingewie
sen, so ist klar, dass wir uns hiemit eigentlich bei dem Gegensatze der
, Begriffe und ihrer wesentlichen Merkmale befinden, so dass wir die
l Frage erneuern müssen, wie denn überhaupt von entgegengesetzten Ur
theilen gesprochen werden könne. Und wird diese Frage so beant
wortet, dass entgegengesetzt eben jene Urtheile seien, welche bei glei-
I chem Subjecte entgegengesetzte Prädicate haben , so muss für den Ge
gensatz der Urtheile das negative „ ist nicht B " sich völlig in das posi-
! tive „ist Nicht-B" hinüberziehen, und die Frage, wie denn die Negation
dazu komme , in ein Positives sich zu verwandeln oder wenigstens als
i Ausdruck des Positiven zu dienen, wird um so schwieriger, da es auch
\ sprachlich nicht an bejahenden Bezeichnungen für jenes Nicht -B fehlt,
I wie z. B. Ungleich für Nicht -gleich und Bös für Nicht -gut; neben all
f diesem aber soll doch festgehalten werden, dass nicht Alles, was nicht
B ist, darum auch schon Nicht- B ist (Anm. 210). So viel ist sicher,
dass zum Behufe des Ueberganges von „ist nicht B" in „ist Nicht- B"
jedenfalls die Gegenüberstellung der sprachlichen Bejahung und Vemeinung^
incre^te-JlfiiJgr^jealen "'GegcnsäUic.. .andrerseits,, J. h dk^Gcgsu.-
übej^J^luag der avrtgjaetg jwid,.. jißLjfwvzte, . wie wir sie oben (Anm.
215 u. 192) trafen, Etwas von ihrer Schärfe verlieren muss, oder mit
anderen Worten , da§s Veirffimung und_ Gegensatz eben überhaupt ein
ander nähgi^üfikfift^iüsscn. Und diess ist nun" äucTT in der Thal der
erstens verlieren die realen Gegensätze, sobald und insoferne
! sie in einem Paare entgegengesetzter Urtheile auftreten , ihr zwischen
ihnen in der beweglichen Realität stets liegendes Mittlere ; es ist physi
kalischer Grundsatz des Aristoteles, dass alle concreten auf Bewegung
beruhenden Vorgänge in den Gegensätzen und deren Mitteldingen vor
sich gehen, nur zwischen dem Sein und Nicht-sein aber kein Mittelding
liege , daher diess letzlere Verhältniss dem der Bejahung und Vernei-
I nung entspreche ; wie aber nun die Gegensätzlichkeit selbst in zwei ent
gegengesetzten Urtheilen ausgesprochen wird, so erhält sie die jedes Mit-
I telding abweisende Exclusivität des Bejahens und Verneinens (Anm. 221),
: so dass hiemit die Form des menschlichen Sprechens und Urtheilens
; den realen Gegensätzen, welche an sich den steten realen Veränderungen
223) Anal. pr. II, 15, 63 b. 23.: Xiyio d" vcvxuttififvus tlvui nQojäasig
xara i*iv TtjV ).{i;iv ttaottQus, olov rb navti Tip oiStvl xal rb navrl rq>
ov jiaril xal rb Tili r<j5 oiäevl xal rb Tivl tio ov rivl, x«t' aXrjfreittv elf
TQtlS, TO yuo Tivl TftÜ OV Tili XUTU TTjV X{i;tV CCVtCxtlTttl ftOVOV TOVTIDV rf'
IvKVxCtts fikv Tteg xa&6Xov, rb ttuvtI toj fir]Stvl vTrao/eiv, o'tov TO naattv
UniOTtjuriV eivai OnovSalav Tip firjd tfxtav elvai ajiovoaiav , rag ä' aXXae
clvrixuuivus. Ebend. 64 a. 38.: tntl Si növ xaraif äatiav at AvtifhiOSiS TQtlg,
fiu/ws Bvußatvu TavxixtCutva laußäveiv , fj navrl xal (iitSevl ij nctvrl
xal fji] navrl rj rivl xiu fitjätvl, xal rovro uvriarpiipat inl rüv Socov.
So also besteht, nenn wir jene principiclle licdciitung der Gegensätzlichkeit erwägen,
kein Widerspruch zwischen der oben, Anm. 218, aus Anal. pr. If, 8. angegebenen
Zusammenstellung und dem liier Angeführten.
IV. Aristoteles (ürtheil). 159
aJs Substrat dienen, darum ein bestimmtes Gepräge aufdrücken, weil das
menschliche ausgesprochene Denken einen positiven factischen Bestand
mit exclusiver Bestimmtheit festhält; d. h. es ist der Grundsatz : weil die
Aussage nicht „zugleich" ihr eigenes Gegentheil sein kann, so finden
auch die Gegensätze nicht „zugleich" in der Realität Statt (Anm. 171).
Und zweitens ergreift auch die Verneinung, wo sie auf reale Gegensätze
trifft, eben diesen factischen Bestand; Aristoteles muss nothgedrungen
jene Voraussetzung, dass in dem „ist" ein Potenzielles liegt (Anm. 213 f.),
als blosse Voraussetzung behandeln, und er muss sich auf den Standpunkt
stellen, dass jene Möglichkeit, ob A überhaupt in Verbindung mit einer
gewissen Sphäre von Attributen trete, bereits entschieden sei, und inner
halb dieser wirklich mit ihm verbundenen Sphäre nur die Gegensätzlich
keit von B und Nicht -B noch ofTen stehe. Nur so lässt sich bei der
oben, S. 149 f., angegebenen Tafel der Urtheile der Grundsatz erklären,
dass von jedem Substrate, von welchem das Urtheil III gilt, auch das
Urtheil II gelte, nicht aber immer umgekehrt von jedem, von welchem .
II gilt, auch III gelle. Nemlich nur insoferne als objectiv abgegränzter
factischer Bestand gilt, dass A ein Nicht-B ist, kann gesagt werden, dass
in dieser bestimmten Abgränzung es für diesen factischen Bestand in
keiner Verbindung mit B stehe ; denn würde auf jene ursprüngliche Po
lenz und Voraussetzung Rücksicht genommen, so müsste gesagt werden,
dass dasjenige, was Nicht-B. ist (Urtheil III), gerade vorerst die Möglich
keit an sich haben muss, überhaupt ß oder Nicht-B zu sein, also keinen- j
falls von ihm ausgesagt werden darf, dass es mit B überhaupt Nichts
zu schaffen hat (Urtheil II); und wird hingegen zugestanden, dass nicht
nothwendig von Allem, wovon II gilt, auch III gelte, so hat dann II nur
den Sinn, dass eben für diesen factischen Bestand A ausser Verbindung
mit B sei, und hieraus überhaupt gar Nichts weiteres entnommen werden
dürfe, unter andern also auch nicht das, dass es Nicht-B sei. Gestehen
wir nun auch gerne zu, dass Aristoteles gerade durch jene Basis , auf
welcher es ihm geboten war, das Meglichlieits-Urtheil und dasNothwendigkeits
-Urtheil zu behandeln (Anm. 213 f. 236 ff.), höchst berechtigt
war , das Urtheil des blossen Staltfindens von jenen Voraussetzungen zu
trennen, so fällt andrerseits gerade die Frage um so schwerer ins Ge
wicht, wie denn nun ohne Bezugnahme auf die ursprüngliche Potenz
der Verbindung oder Nicht-Verbindung doch sogleich das Nicht, welches
der Ausdruck des Nicht-verbunden-seins ist, zur Bildung einer als positiv
geltenden Bezeichnung, nemlich des Nicht-B dienen könne, öder mit an
deren Worten, wie zwei Urtheile, welche entgegengesetztes positives Statt
finden ausdrücken, einander so gegenübergestellt werden können, dass das
eine ein Stattfinden und das andere ein Nicht-statttinden ausspreche. Und
diese Frage ist nicht ergründet, sondern abgeschnitten , wenn das Nicht
mit jedem beliebigen Begriffe von vorneherein sich verbinden kann. Ein
solches Verfahren aber führt gerade dann, wenn das concret positive
Stattfinden , und nicht die demselben vorauszusetzende Real - Potenz des
Verbunden-seins und Nicht-verbunden-seins überhaupt, ins Auge gefasst
wird, zu Conflicten, welche auf dieser Basis des concreten Bestandes
sich nicht lösen lassen; denn die realen Gegensätze würden nur dann
mit den sprachlichen Bezeichnungen, deren eine Hälfte das Nicht bildet,
160 IV. Aristoteles (ürtheil).
völlig zusammenfallen, wenn in der Realität Alles dicholomisch auseinan
derläge 22 4). Sollte der Platoniker Aristoteles doch nicht" von allen "Einflüssen
des dichotomischen Verfahrens, welches er zwar für die Apodeiktik
tadelt (Abschn. III, Anm. 86 ff.), sich völlig frei gehalten haben?
Und ist wirklich auch er hievon inficirt, so nimmt er allerdings an einer
allgemein griechischen Denkweise Theil; denn in rascher und oft über
eilter Aufstellung und bannaler Festhaltung von Gegensätzen entwickelte
sich ja die ganze griechische Naturphilosophie, und selbst für sog. exacte
Wissenschaften, wie z. B. für Mathematik und Medicin, haben bei den
Griechen gewisse Gegensatz - Paare (Gerad — Ungerad, Warm — Kalt
u. dgl.) eine Geltung, welche über Gebühr sich ausbreitet und der be
sonnenen Forschung selbst hinderlich wird. Ein solchesJie^ejttsaUjPaar
aber für die Logik ist das Ja - und Nein:sagen, und darjn^ jtass Aristo
teles dasselbe bereitwillig von vorneherein aufnimmt, erweist er sich
gleichfalls als Grieche.
~~ Gerade aler, weil„Aristoteles die Bejahung und Verneinung als. we
sentlichen. Dual des . menschlichen Sprechens von vorneherein" aufstellt,
bei den factisch concreten Gegensätzen aber durch das Uebergehen des
„ist nicht B" in das „ist Nicht-B" und hiemit durch die positive Geltung
der Negation ihm jene Exclusivität des Wahr- und Falsch-seins , welche
eben auf das Bejahen und Verneinen sich bezieht, abhanden zu kommen
droht , so ist es erklärlich, dass er bemüht sein muss, dennoch die Be
jahung und Verneinung als die Urtheilsform auch für die realen Gegensätze
zu retten. Ein Zeugniss dieser Bemühung nun ist jene merkwürdige Un
tersuchung über die Frage, ob der eigentliche Gegensatz des Urtheiles
Alles A ist gut
das Urlheil Kein A ist gut oder das Urtheil Alles A ist böse sei,
und ebenso auch entsprechend bei dem individuellen Urtheile 225).
Dass hiebei das particulare Urtheil nicht in Betracht kömmt, ist in
224) Z. B. „A ist nicht -blau" kann nur unler gewissen Voraussetzungen als
Gegensalz von „A ist blau" gellen, wenn nemlicli, abgesehen von der allgemeineren
Voraussetzung, dass A überhaupt mit der Sphäre der Farben in Verbindung sein
muss, diese Bestimmtheit der Qualität concrel für A so verengt ist, dass nur das
Blau-sein, nicht aber Both-sein u. dgl. in Betracht kommen kann; hingegen „A ist
nicht-warm" ist, abgesehen von jener allgemeineren Voraussetzung, dass A überhaupt
mit der Sphäre der Temperatur in Verbindung sein muss, jedenfalls Gegensalz von
„A ist warm". (Sind diese zwei Paare von Urlheilen als Gegensätze ausgesprochen,
so bleibt natürlich beiden gemeinsam, dass es viele Zwischen-Abstufungen , d. h.
Mittelglieder der Gegensätze gibt, sowohl in dem Blau-sein als auch in dem Warm
sein.) Darum folgt z. B. aus dem Urlheile: „die Krähe ist nicht blau und nicht
schwarz" ganz gewiss das Urtheil „die Krähe ist blauschwarz" , hingegen aus dem
Urtheile „heule ist das Wetter nicht nass und nicht kalt" folgt sicherlich nicht
„heute ist das Weiter nass-kall".
225) Es bildet diese Untersuchung ein mit dem Vorhergehenden durchaus nicht
verbundenes Anhängsel am Schlüsse (Cap. 14.) des Buches D. inlcrpr. und scheint
eben als eine vorzüglich wichtige Erörterung aus irgend einer logischen Schrift des
Aristoteles entnommen und noch hieher geflickt worden zu sein. So beginnt mit der
Angabe des Thcma's 23 a. 27. 7z6tiqov tff tvavxttt (ax)v rj xaittq ttOiS unor
to&att rj ij xmeuf ccaig rij xarawaOti xitl t> Xoyog Tip Xoytp ö Xfytov oti jtbs
ürfhijamog öixmog rü övSt'ig äv&QWTro; ätxaiog , ij tö neig iivB(>ionog oijf
«/oc Tip nag uv&Qumog «äixog, olov tau KaXXiag HCxuiog — oix fort
KukXiag äCxaiog — KakXCag adixog (orf nor^QU äij havrCa tovtuiv;
IV. Aristoteles (Unheil). 161
jenem begründet, was wir oben (Anm. 223) betreffs des Gegensatzes an
zugeben hatten; und dass das Prädicat „Bös", nicht aber „Nicht -gut",
gewählt ist, hat seinen Grund, wie wir auch sogleich sehen werden,
darin, dass in dem gleich schon bejahenden Sprach -Ausdrucke des Ge
gensatzes eine noch grössere Entfernung vom Motive der Verneinung
liegt, als in dem Nicht-B, welches zwar gleichfalls positive Geltung, aber
wenigstens noch negative Form hat. Es wird die Frage, welches von
jenen beiden Urtheilen dem bejahenden „Alles ist gut" entgegengesetzt
sei, zu Gunsten des ersleren, des „Kein A ist gut" entschieden, und hiemit
ausgesprochen, dass für den Standpunkt des Urlheiles als Unheiles
die Verneinung aufrecht zu halten sei und das „ist nicht B" sich nicht
völlig in das positive „ist Nicht-B" hinüberziehen dürfe. Nemlich es wird
die Untersuchung zunächst, was beachtenswerth ist, auf das ursprüng
liche Meinen zurückgeführt, und bemerkt, dass nur dann in den zwei
bejahenden Formen die Gegensätzlichkeit beruhen könnte, wenn das Mei
nen des Entgegengesetzten eben hiedurch auch das entgegengesetzte Mei
nen wäre 226); und indem nun in Bezug auf die drei Meinungen,
die wahre Meinung, dass das Gute gut ist,
die verneinende falsche Meinung, dass das Gute nicht gut ist,
die den Gegensatz meinende Meinung, dass das Gute bös ist,
die Frage erneuert wird, welche von den beiden letzteren der ersten
entgegengesetzt sei , wird vor Allem darauf hingewiesen , dass die Mei
nung ja gerade die Gegensätze zugleich umfasse und daher das Meinen
des Entgegengesetzten nicht ein entgegengesetztes Meinen sei, hingegen
es darauf jinkomme, ob die Meinung in entgegengesetzter Weise, (iveevw
»s) sich kundgebe ?2T). Und indem sodann bemerkt wird, dass es
eben zahllose , sämmtlieh nicht hiehergehörige, Meinungen geben könne,
welche ein Nichtstattfindendes als stattfindend und umgekehrt bezeich
nen würden , so ist deutlich genug gesagt, dass die dritte der obigen
Meinungen, welche ein factisches Stattfinden ausspricht, gleichfalls weg
zufallen habe, zumal da ausdrücklich ausgesprochen wird, es handle sich
hier um das Motiv der Täuschung zwischen Wahr und Falsch, diess
aber sei das nemliche wie bei dem Entstehen und Vergehen, nemlich
Sein und Niclit-sein (vgl. oben Anm. 215); und da nun das Gute an sich
eben das Gute sei, und erst nach blossem jeweiligen Vorkommen (xara
Gv(ißsßr]x6g) auch als Nicht-Böses bezeichnet werden könne, so betreffe
das Wahr-sein und Falsch-sein wesentlich eben das Gut-sein und Nichtgul-
sein 22S) ; folglich sei die zweite der obigen Meinungen in höherem
226) Am ebenangef. Orte 22 a. 3(i.: ei tfi pr) ixei (sc. Iv rrj Siavo(q) ij
roü ivuvrCov cTd|« tvavtla torlv, oväe fj xardopaaig rjj xaza<fäoei iaiai
tvuVTla, all'' i) eiQTj/A(vi) anötfaöig.
227) 23 a. 28.: tSoie axtmiov noi'a dof« (Ujjöijs ipeväeT Ö6£g (vavrCa,
noTtoov ij rrjs uTWMf.aoeiag r; rj ro Ivcevn'ov th'm So'iä^ovOa' Xiyio cT i aide
ien xig Sö'ia alr)(Hig tov äya&ov oti ayad-bv, uXlr) äk oti ovx ayadbv
tpeväijg , ixioa <J« oti xaxov .... to fjiv drj Toviip oltafhai rag Ivavtfag
i&iug tbola&ai Tip rdiv Ivavxliov elvai, rfjsväog' tov yaq aya&ov oti äya-
#6v xal tov xaxov ort xaxov ij aiiTtj tauig xai äXrjS-ijg Zarui .... äXV ov
*<j> Ivavxliuv elvai ivavrCa, Alka fiallov r<j5 haviCtog.
228) 23 b. 10.: räv fjev Sij aXkiov oväsfilav &exiov, ovre oßat inag/eiv
tä /if) iinäoyov äo^d(ovai ov&* baai pi] v7iaq%eiv ro vndqx°V, aneiqoi
Prantl, Gesch. I. 11
162 IV. Aristoteles (Urtheil).
Grade falsch und hiemit auch in höherem Grade gegensätzlich gegen die
erste, als es etwa die dritte sei 229); ausserdem ja sei auch die dritte schon
viel coniplicirter (ßvfi7teuley(i.evif), weil sie den Inhalt der zweiten bereits involvire
23°); ferner sei bei den Substanzen, welche gegensatzlos sind, gleich
falls die verneinende Meinung die entgegengesetzte, z. B. einen Menschen für
keinen Menschen zu halten 23!); endlich wird gezeigt, dass auch umgekehrt
die wahre Meinung, dass das Nicht-Gute nicht gut sei, ihren unwahren Ge
gensatz weder in der Meinung, dass das Nicht-Gute schlecht sei, finden könne
(denn dann wären ja Gegensätze gleich wahr), noch in der Meinung, dass
dasselbe nicht schlecht sei (denn diess kann darum kein Gegensatz sein, weil
es Nicht-Gutes geben kann, welches deshalb noch nicht schlecht ist); son
dern nur in der Meinung, dass das Nicht- Gute gut sei, beruhe der ei
gentliche Gegensatz der Meinung, dass das Nicht-Gute nicht gut ist 232).
Liege hieinit die Gegensätzlichkeit der Meinungs-Aussage in dem Verhält
nisse des Bejahens und Verneinens, nemlich in dem Gut-sein und Nichtgut-
sein, nicht in dem realen Gegensatze Gut-sein und Bös-sein, so mache
bierin die Allgemeinheit der Aussage keinen Unterschied, denn die Be
zeichnung „Alles" drücke nur aus, dass die Behauptung von Allem gelte,
was immer nur unter das Subject fällt, und sonach seien die Gegensätze:
„Alles Gute ist gut" und „Kein Gutes ist gut", und ebenso „Alles A ist
gut" und „Kein A ist gut" 233).
Was aber sehen wir hieraus ? Dass je mehr für die gegensätzlichen
Urtheile die sprachliche Bejahung und Verneinung als Motiv gerettet
werden soll , und je mehr die gegensätzliche Auffassungs - Weise (das
ivcivricog) dem realen Gegensatze (dem ivavxiov) und dem factischen
Stattlinden oder Nicht-statlflnden gegenübergestellt wird, so dass das
eine dem Sein und Nicht-sein oder dem Entstehen und Vergehen ent
spricht, das andere hingegen den factisch gegensätzlichen Attributen der
yao cifiiföxeQai .... aXX' Iv oaaig tarlv r) dnäri]' avrai äk l'$ ibv al yevtatig-
Ix riöv avnxitfitvwv Sk al yivtatig, coare xal al andren.- tl oW
tö dya&bv xal ayuöbv xal ov xaxov (an, xal rb [ilv xa&' eavrb rb äk
xaxa Ovftßsßrjxbg, Ov/jßtßrjxe yaQ avrt^ ov xaxiT) tlvai , fidXXov Sk exäaiov
üXrj&rig r) xa&' euvrb, xal -ifJivärjg finiQ dXrj&rig.
229) 23 b. 20.: diäte tuäXXov av tirj \ptvSr\g rot dyaäov r) rrjg änocfa-
0«og rj r) rov ivavilov <Jof« tl ovv ivavrla (ikv rovriov r) Mna, ivetv-
Tiontoa 3k rj rrjg dvrnfaatiog, äfjXov ort airrj av eirj Ivavrla.
230) 23 b. 25.: r) äk rov ort xaxov ro äya&dv avftneTiXeyfievrj IotC'
xal yaQ Sri ovx äya&bv aväyxrj iaiog vnoXafißdveiv rov avrov.
231) 23 b. 27.: tri äk xal Inl riöv itXXwv bftolcog dei tyeiv Saon
b°k pr) lortv Ivavrla, negl rovroiv tan fikv iptvb°r)g r) rfj aXrjS-ei avrixttfievrj,
oiov 6 rov av&QioTiov oix äv&Qionov oloftivog ätiiptvarai.
232) 23 b. 35.: rj ovv rov fir) äya&ov öri ovx ayafhbv aXrjfhei ovtij)
äöi-rj rlg av eirj rj Ivavria; ov yao är) r) Xfyovaa Sri xaxov citta yaQ
nore eirj dXrj&fjg , ovdinort dk dXrj&ijg aXrj&ei ivavrla- tan yaQ ri f"i
ayad-bv xaxov, äare ivöfyerai Sfia «Xr]9(Tg tlvaf ovo" av r) ort ov xaxov'^
äXrjS-ijg yaQ xal aßrij , äfta yaQ xal ruvra av eirj. Xelnerai ovv rfj rov
uya9ov Sri ovx äya&bv Ivavila t) rov fir) dya&ov Sri aya&6v.
233) 24 a. 2.: ifavtQÖv (Yk Sri ovtfkv äwlaei ovtt' av xa$6Xov ri9(ö/^iy
rr)v xardffaaiv . .. . r) yaQ rov äya&ov Sri dya&bv, ei xa&6Xov rb äya&ov,
r) avrrj (an ry Sri o av rj dyaO-bv tSoi-a&vOri Sri äyad-öv (b.2.) (tijlov
Sri xal xaraifaoii Ivavrla ftkv anöifaaig rj tiiqI rov avrov xa9-6Xov, oiov
rn Sri näv ayad-bv aya&bv rj Sri nag av&Qionog ayaöbg r) ort ovökv V
ovo* t lg.
IV. Aristoteles (Urtheil). 163
bereits daseienden Substrate, ■— kurz je mehr jene geforderte Annähe
rung des Widerspruches und des Gegensatzes im Sinne einer überwie
genden Hinneigung zu ersterem wieder zurückgenommen wird, desto mehr
es ein ungelöstes Räthsel bleiben muss, nicht bloss warum das „Bös",
wenn es factisch stattfindet, gleichbedeutend mit „Nicht-Gut", hingegen
ilocli wieder das „Nicht-Gut" nicht jedesmal gleich „Bös" sei, sondern
überhaupt wie die Verneinung irgend mit dem realen Gegensatze zusam
mentreffen könne. S. auch unten Anm. 326 — 30. Dass aber, wenn
Aber das Stattfindende gesprochen werden soll, die Verneinung doch
wirklich mit dem Gegensatze zusammentreffen muss, haben wir tlieils
oben, gerade wo es sich um die Begriffsbestimmung der Gegensätzlich
keit der Urlheile selbst handelte, hinreichend gesehen, theils geht es
klar aus der von Aristoteles selbst wieder angegebenen Abfolge von Urtheilen
hervor (s. Anm. 210 f.) ; hiemit auch trifft zusammen , wenn
ausdrücklich gesagt wird , das Urtheil „Kein A ist B" sei eine logische
Folge des Urtheiles „Alles A ist Nicht-B" und ebenso „Nicht alles A ist
Nicht-B" eine Folge des Urtheiles „Einiges A ist B", oder wenn in Be
zug auf begriffliche Bestimmtheit das „wesentlich Nicht-Mensch sein"
und das „wesentlich Mensch nicht sein" gleichmässig als Verneinungen
dem „wesentlich Mensch sein" gegenübergestellt werden 234); man ver
gleiche nun solches , , abgesehen von seiner wirklich unbestrittenen Rich
tigkeit, in Bezug auf das Princip der Verneinung und des Gegensatzes
mit demjenigen, was wir so eben betreffs der drei Urtheile „Alles A ist
gut", „Kein A ist gut", „Alles A ist böse" zu entwickeln hatten.— So
mit sind wir in der Einsicht in diesen wunden Fleck der aristotelischen
Logik, als dessen Ursache wir nun schön oft das ohjective Aufraffen
der_Nggation bezeichneten, nur bestärkt worden.
Wollte man nun in Folge dieser gesammteu Unterscheidung zwi
schen Widerspruch (ccvtiqjaoig) und Gegensatz (havriov), welche sich
bei den aus drei Bestandtheilen bestehenden Urtheilen als nöthig zeigte
(Anm. 204 f.), eben für diese dreitheiligen Urtheile die erschöpfende
Tabelle aller möglichen Formen gerade so entwerfen, wie wir es
oben vorher (Anm. 203) bei den zweitheiligen Urtheilen, dort schon
tbeilweise ergänzend, gelhan haben, so würde — falls man Lust
hat, weit über das Mass dessen, was uns von der aristotelischen
Doctrin betreffs des Urtheiles erhalten ist, vermitteltst leichter Ergänzung
hinauszugehen 235) — zu diesem Behufe das combinatorische Verfahren
234) Ebend. 10, 20 a. 20.: axolovfrovat de eturai, rj /nh näg av&Qtonog
oi älxaiog lanv rj oiäetg ianv avO-Qtonog Slxaiog, öi tan tu av#Qb>-
nog Sixaiog r\ &vnxeilue'vri Sri ob nag avfhQianog iaxiv ov äixaiog. Eben
dahin gebort auch , wenn gesagt wird , das Urtheil „Alles Nicht-A ist nicht B " sei
identisch mit dem Urtheile „Kein A ist nicht B"; ebend. 20a. 39.: tö dt näg
oi Sixuiog ovx av&Qcanog reo oväelg äCxaiog ovx «v&Qionog tuvtov arjfialvei.
Metaph. r, 4, 1007 a. 23.: ei yäo iaxai ri oneo avS-namtp elvai, tovto ovx
laxat fti) av9-o<än<ff elvta rj fir) elvai av&Qtönü> , xaixoi aviai ano<pä<reig
tovtou ti <S' taten avr<fi to bneq avS-Quintp elvai oneq jiri av&Qeantji
tlvai rj oneq fit] elvea av&Qtönip (s. Anm. 365).
235) D. interpr. 10. wird nur ein Anlauf hiezu gemacht, und auch dasjenige,
was dort gegeben ist, entbehrt gänzlich der nöthigen klaren und erschöpfenden Distinetion;
nemlich nachdem die oben, Anm.211., angegebene Tafel und beziehungs
weise Figur entwickelt ist, wird dieselbe allerdings auf das allgemeine Urtheil über
11*
IV. Aristoteles (Urtheil).
in der That auf platter Hand liegen. Zunächst nemlich müsste obige
Tafel (Anm. 210 f.) der Urtheile, in welcher die doppelte Art der Ent
gegensetzung vermittelst des „ist nicht" und vermittelst des „Nicht-B"
erscheint, in gleicher Weise für das Subject Nicht-A wiederholt werden
(ein Auseinanderhalten der Tafel I, II, u. s. f. und der Tafel I', II, u.
s. f. wäre unnöthig, da das Nicht-B mit dem für dasselbe gewählten
affirmativen Ausdrucke doch zusammenfällt); sodann aber müsste diese
so verdoppelte Tafel wieder noch dreimal in verschiedener Weise wie
derholt werden , denn die in ihr enthaltenen Urtheile wären als unbe
stimmte zu betrachten, und es müssten daher die nemlichen Formen auch
noch für das allgemeine, für das particulare, und für das individuelle
Urtheil aufgezählt werden ; und endlich noch wären unter der so ge
wonnenen Anzahl alle unbestimmten und alle allgemeinen und alle particularen
Urtheile wieder besonders herauszuheben und mit der ihnen zu
kommenden widerspruchsweisen Verneinung zu versehen.
Sowie aber Aristoteles schon dazu geführt worden war, hinter der
concreten Wirklichkeit des Statlfindens oder Nichtstattfindens eine Real-
Potenz anzuerkennen, durch welche bedingt ist, ob ein Substrat über
haupt eine Verbindung eingehen könne, in welcher noch die Entscheidung
einer gegensätzlichen Erscheinungsweise für das wirkliche Stattfinden
oder Nichtstattfinden schlummert (Anm. 213 f.), so enthält ja andrerseits
auch das Verbum, dieser unerlässliche Bestandtheil des Urtheiles, die
Fähigkeit in sich, zum Ausdrucke der Zeit zu dienen (Anm. 111, 181,
191, 200); und in Bezug auf die Zeit steht das bereits wirklich vorlie
gende Vorhandensein eines Stattfindens, sei es in der gegenwärtigen Zeit
tragen, aber, obwohl mit öfioimg $k t-%ei an das Vorhergegangene angeknüpft wird,
erscheint hier sogleich, wohl veranlasst durch das „Alle" die widerspruchsweise
Verneinung an Stelle der gegensätzlichen (19b. 32.: oftoCug tyii xav xaSölov
tov ovo/tarog rj r\ xaTutpaOig, olov näg iarlv avS-Qionog ä(xaiog' änöifadig
tovtov, ov näg iarlv avS-qwnog öCxuiog. nag (orlv avO-qconog oi älxaiog
— ov näg lariv avSooinog oi äCxatog), worauf freilich sogleich die Bemerkung
nöthig ist, dass die in der Figur diametral an den Linien sich gegenüberliegenden
Urtheile in Bezug auf die Möglichkeit des zugleich Wahr-seins sich gerade nicht
mehr so verhalten wie in der vorhergegangenen Tafel (nXtjV ob% dfioiwg röc
xarä diauETQov lvä£xiTai OwalrjO-ivtiv, ivdi'xerai eff nort). Hierauf wird
jene ursprüngliche Tafel auf Urtheile, welche Nicht-A zum Subjecte haben, übertra
gen (19 b. 38.: fori dCxaiog oix av9-Qtonog — oix eori d'ixaiog oix iivOQe)-
nog. iativ oi fiCxaiog oix av&Qionog — oix eariv ov ötxaiog oix avS-oanog),
sodann aber sogleich, ohne dass selbst nur hiefür die Form des allgemeinen Ur
theiles angegeben wird, hinzugefügt, dass hiemit die Zahl der Gegenüberstellungen
erschöpft sei (20 a. 1.: nltCovg äk rovriov oix taovxai aviid-taug). Dennoch
aber wird hierauf, noch dazu mit einem unmotivirten Bückfalle in das bloss zwei
theilige Urtheil (wo statt des „ist" irgend ein beliebiges Verbum steht, s. Anm. 200.),
sogleich wieder einem allgemeinen Urtheile mit dem Subjecte A ein allgemeines Ur
theil mit dem Subjecte Nicht-A gegenübergestellt (20a. 6.: vyiaivti nag av&QQ)-
nog — oi/ vyiaivti näg äv{hQ(onog , vyiaivti nag oix avS-qionog — 0VX
vyiaivti näg oix äv&nionog) und dabei von der widerspruchsweisen Verneinung
gänzlich geschwiegen. Wenn wir es daher auch gar nicht wagen wollen zu ent
scheiden, ob Aristoteles wirklich irgendwo in einer Schrift über das Urtheil die er
schöpfende Möglichkeit aller Combinationen entwickelt habe — für unwahrschein
lich halle ich es wenigstens sicher nicht —, so ist so viel gewiss, dass eine solche
Confusion und stümperhafte Eilfertigkeit, wie sie in diesem Cap. der Schrift 0.
lerpr. vorliegt, wohl Niemand dem Aristoteles aufbürden wird.
IV. Aristoteles (ürtheil). 165
oder noch aus der vergangenen Zeit, demjenigen gegenüber, welches erst
von der Zukunft erwartet wird. Während bei dem bereits vorhandenen
Stattfinden stets das eine von zwei entgegengesetzten Urtheilen wahr sein
muss (Anm. 221), besteht in Bezug auf Künftiges weder diese Alternative,
noch lässt sich behaupten, dass keines der beiden entgegengesetzten Urtheile
wahr sei, denn wäre eines von beiden nothwendig wahr, so gäbe
es in allem Seienden und Werdenden nur Nothwendigkeit, nie aber ei
nen Zufall, und wäre jedes von beiden nothwendig falsch, so müsste
ein Künftiges weder eintreten noch nicht eintreten 230). Dass aber nicht
Alles nach bindender Nothwendigkeit sich ereigne, und demnach weder
bei allen allgemeinen noch bei allen individuellen Subjecten die Aussage
eines Stattfindens oder Nichtstatlfindens mit exclusiver Geltung auftreten
kann, zeigt sich schon darin, dass es für den Menschen ein Sich-beralhen
in Bezug auf Künftiges gibt 237), und jene Nothwendigkeit, welche wir in
unseren von der Objectivität abhängigen (Anm. 113) Urtheilen ausspre
chen, beruht nur darin, dass in dem Bereiche des uns bereits vorliegen
den Stattfindens Etwas ausnahmslos immer stattfindet, was dann wohl,
wenn ein solcher Ausspruch wirklich wahrheitsgemäss ist, auch für die
Zukunft gelten muss23s). Es gibt eben bei Demjenigen, was nicht aus
nahmslos immer seine Thätigkeit manifestirt, eine Möglichkeit (övvutov)
eines Seins oder Nicht-Seins und eines Geschehens oder Nicht-geschehens
(z. B. ein Kleid kann später zerschnitten werden, oder, wenn es vorher
schon abgetragen wird, dann auch nicht mehr zerschnitten werden), so
dass Bejahung und Verneinung gleich wahr sind, und wenn hiebei auch
ein Gradunterschied obwaltet, da Manches wenigstens meislentheils (cog
bei to noXv — s. Anm. 271 ff. —) eintritt, so bleibt nichtsdestoweniger
doch die Möglichkeit eines Geschehens oder Nicht-geschehens 239). Das
236) Ebend. 9, 18 a. 28 : Ini fikv ovv xiov ovxiov xal yevo/j.iv(ov äväyxrj
ri/V xaxäifaOiv rj xr)v änöifaaiv äXrjxHj rj xpevärj elvai ini de xmv
je«*' exaöxa xai fieXXovxiov oix opoCmg' ei yäq . . . . äväyxrj äXrj&eveiv xdv
htqov aixtöv (b. 5.) oiSkv aqa oiixe iaxiv ovxe yCvtxai ovxe änb tiJ/jjj
öS*' dnoieQ' hvgev (17.) äXXä firp> oiä' mg oide"xeg6v ye äXrj&kg iv-
Styexai Xiyeiv, oiov oxi ovxe iaxai ovxe oix iaxai .... (24.) Sioi yäq av
ftrite ysvio&ai vavfiaxlav pr]xt fir) yeve"o&ai.
237) Ebend. 18 b. 27.: eineq näatjs xaxatfäaewg xal änoipätieiog rj ini
xmv xa&ölov Xeyofie'vmv (ig xa&öXov rj ini xmv xai)-' 'ixaarov äväyxrj xmv
ävxixeiiiivmv elvai xr)v fikv äXrjitfj xr)v äk ipeväf), /j.rjäkv Sk dnöteq' ixy/ev
flvat iv xolg yivopivoig, äXXä nävxa elvai xal yCvea&ai i'i äväyxrjg, maxe
ovxe ßovXevtad-ai ätoi av ovxe nqay/uaxeveo9ai, dg iäv pkv xoSl noirjamuev,
eaxai xoSl, iäv äk ftr) xoSl, oix eaxai xodC.
238) Ebend. 19a. 1.: maxe ei iv änavn %g6v(o ovxmg el/ev maxe xo
htoov äXrjd-evea&ai , ävayxalov r)v rovxo yeviö&ai xal exaaxov xmv yevojtivmv
äel ovxmg el/ev maxe äväyxrjg yevia&ai' ö xe yäq äXrj&mg eint
Tis oxi laxai, oix °*°v Te M yevfa&at, xal xo yivöjievov äXrjd-kg r)v elnelv
ort äel eaxai.
239) Ebend. 19 a. 9. : oxi oXmg eaxiv iv xolg fir) äel iveqyovOi xo ävvaxbv
elvai xal itr) öfioCmg , iv olg ä[i<pm ivä(%exai, xal xo elvai xal xo fir^
elvai, maxe xal xö yeviaSai xal xo prj yeve'a&af xal noXXä fj/xlv ärjXa
tauv ovxmg tyovra, olov oxi xovxl xo l/iaxwv Svvaxöv loxi diaxfirj't-ijvai
xal oi diaxfiti&rjöexai , äXX' efiTtQoö&ev xaxaxQifirjaexat, ö/totoig äk xal xo
fr) diaxfiri&rjvai Svvaxov (19.) xä pkv onöxeo' exv/e, xal oiäkv jx&XXov
r\ xaxäipaaig r) fj änoipaaig aXrj&Tjg , xä <ff fxäXXov (ikv xal mg ini xo noXv
öäxenov, oi fir)v äXX' iväfxexai yeve'o&ai xal »äxeoov, &äxeoov dk pt}.
166 IV. Aristoteles (Urlheil).
wohl ist nothwendig, dass das Seiende ist, wann es ist, und das Nichtseiende
nicht ist, wann es nicht ist, nicht ahcr ist nothwendig, dass
sämmtliches Seiende überhaupt schon da sei oder sämmtliches Nichtseiende
überhaupt nicht da sei , d. Ii. es ist nothwendig , dass es eine
Alternative im Sein und im Entstehen gibt, aber keines der beiden Glieder
der Alternative ist das Nothwendige 240). Wo daher solche Möglichkeit
im Factischen besteht, da ist auch wegen der Abhängigkeil des Urtheiles
von der Objeclivität bei dem Urtheile wohl nothwendig, dass der
eine der beiden Gegensätze wahr sei, aber welcher von beiden es sei,
ist durch keine Nothwendigkeit begründet, sondern höchstens ein Mehr
oder Minder der Wahrscheinlichkeit kann für den einen der beiden ob
walten241). So ist in dem Gebiete desjenigen, was in der Zeit sich
ereignet, die Möglichkeit thätig, und so wie wir dieselbe in Bezug auf
das künftig Eintretende anerkennen, so gieng sie auch demjenigen, was
zeitlich jetzt stattfindet, in der Vergangenheit vorher, und das Möglich
sein berührt demnach alle unsere Urtheile, welche sich auf das Gebiet des
Entstehens und Vergehens und überhaupt der Veränderung beziehen ; nur
ist hiebei festzuhalten, dass insoferne Etwas bereits factisch eingetreten ist,
die Möglichkeit jedenfalls durch den Uebergang zur Wirklichkeit sich
schon entschieden haben muss, und daher in dieser Beziehung nicht mehr
von einer Möglichkeit des Geschehen-seins als solcher gesprochen wer
den kann, sondern wohl von der Möglichkeit, dass Etwas jetzt ist oder
künftig sein wird 242).
Insoferne aber nun der aristotelische Begriff des Möglichen zu un
tersuchen ist, so könnte sich hiebei eine einflussreichc Schwierigkeit
dadurch zu erbeben scheinen, dass Aristoteles zur Bezeichnung des Mög
lichen sich bald des Wortes Svvaxov und bald des Wortes ivSejojMvov
bedient; und es hat fast den AnscTIein, als halte man sich schön ziem-
240) Ebend. ^19a. 23.: ro fiiv ovv ilvat ro ov brav rj xal rb firj ov fiij
elvai brav fir) y äväyxrj' ov ftrjv obre rb ov cinav ävciyxrj elvai obre ro
fir) ov fir) ilvat (28.) elvai fiev rj fir) ilvect cinetv avayxrj xal iaia&at
ye rj fiij, ov fiivrot äieXovra ye tlnetv itarenov dvayxaltxv.
241) Ebend. 19a. 33.: tliaz' inel bfioltag oi loyot älrjO-eig wsnto rtt
ngäyfiara , drjXov ort oaa ovrtog e"/ii tSari bnoriQ' erv/e xal rä Ivavrlct
ivrttxttt9-ai , ävdyxrj bfioltag e'xetv xal rijv uvflipaOiv, ontQ avfißalvn inl
roig fir\ ad ovOiv rj fir) all fir) ovOtV rovrtav yaQ dväyxrj fiiv irdreQOV
fioQiov rrjg aVTitfäßetog alrjfhig elvai rj ipivfiog, oi fiivrot roSe rj rö&e AXX'
6n6Tio' hv%i, xal fiäXXov fiiv dXrjiHj rrjv ere~Qav, ov fiivrot r]Sr) äXrj&i} rj ipevdij.
242) Anal. post. II, 12, 95a. 10.: TO d" avrb aXrtöv Ion roTg yivo/itvotg
xal rotg yeyevr\fiivotg xal zoig loo/iivotg otiiq xal roig ovöi, ro yaQ fte"Oov
atriov (s. unten Anm. 677.). nXrjv rotg fiiv ovaiv ov, rotg äi yivofiivotg yivofievov,
rotg 6*i yeyevr\fiivotg yeyevr\fiivov xal laofiivotg loöuevov. D. coel.
I, 12, 283 b. 13.: oiiöifiCa yaQ ävva/iig rov yeyove"vat larlv, aXka rov elvai
rj eo~ea&ai. Was wir bisher seit Anm. 236. aus D interpr. 9. betreffs des Mög
lichen anzugeben hatten , entbehrt dort einerseits eines jeden Zusammenhanges mit
dem Vorhergehenden und Nachfolgenden, da die Lehre von den Möglichkeits - und
Nolhwendigkcils-Urtheilen erst Cap. 12. u. 13. folgt, und andrerseits suchen wir in
ihm vergeblich eine begriffliche Entwicklung des Möglichen, geschweige denn des
innigst sich anschliessenden Notwendigen. Wir müssen daher in dieser Beziehung
uns vorerst anderweitig aus aristotelischen Schriften unterrichten, um hernach (Anm.
280 ff.) die [.ehre von jenen beiden Arten des Unheiles wieder ans dem Buche I).
interpr. zu schöpfen.
IV. Aristoteles (ürlheil). 167
lieh daran gewöhnt , diese beiden aristotelischen Begriffe so zu unter
scheiden, dass das Svvtnov das physisch Mögliche und das ev§£%6fiivov
das logisch Mögliche sei, wobei dann, nachdem einmal so distinguirt
war, Nichts anderes übrig blieb als zu behaupten, Aristoteles habe wie
so mancher andere Philosoph diese zwei Begriffe gleichfalls öfters confuudirt.
Jedoch vor Allem würde man sich , anstatt von vorneherein
einen Dualismus des Möglichen selbst zu begründen , besser so aus
drücken, dass das ivös%6fi,svov mehr der logischen Conception anheim
fällt und das öwutov mehr der Real-Potenz des Fact.ischen ; denn gerade
bei dem Objectivismus der arjsl.ot.el^cfcen fJtilogopji^_wftlchgr ja das
üitheilCn vom factiseben-^at^nden abhängig macht, kann die vom Den-
Een~ergnBene Möglichkeit eben keine andere sein als die in der Realität
auftretende, und ein Dualismus, wie er in der geschmacklosen oder^einßltjge^
JUntcrschciuTjilg SoS^rincipium causalilaiis und des prineipium
ralionis sufj^cwjßt^_zu Tage kömmt, ist dem Aristoteles ferne. Allerdings
ist dwa^Zgoder ovmiov emTotenzTelles oder ein" Kraft7 insoferne da
bei zum Actus oder zur Entelechie hingestrebt wird, hingegen £v§s%6-
(uvov ist schon etymologisch dasjenige, was in sich aufnimmt oder zulässl
und verstattet, dass Etwas an ihm sei, und wenn von einem Subjecte
gesagt wird „ ivdfysTcu elveti roSl so heisst dieses , dass das Subject
als Substrat irgend eine attributive Bestimmung als statthafte in sich zu
lasse. Aber das ist es ja eben, dass bei Aristoteles das Urtheilen, um zum
wissenschaftlichen xa&olov zu gelangen, neben dem xuxu navtög auch
das xa&' avrö enthalten muss, in dem naO-' avrö aber liegt dasjenige,
was für den Begriff statthaft sein kann, diess aber ist durch die schö
pferische Thätigkeit des Begriffes bedingt, und smnjtj^jlgs^Jtotlhafte
(iyde'jiöfiivov) Nichts anderes als das in der Real-Poj.enzJLje^n^^^
ri)vJ7_un(l^^ auc'1 vergängliche
Objecte ars~pwtisste zu seinem eigenen Produkte machen muss, so hat
es diesem Statthaften und Möglichen forschend nachzugehen, und wird
mit diesem Bestreben zum Ziele gelangt sein, sobald es die immer und
ausnahmslos wirkende Notwendigkeit der Causalität des Begriffes (oben,
S. 125 ff.) erkannt hat 243). Darum wird uns die nun anzustellende Un
tersuchung unmittelbar vom Möglichen auf das Nothwendige, und von
diesem zurück wieder zum Möglichen führen, und es ist hiebei keine
Rede davon, dass wir etwa zweierlei Mögliches zu besprechen hätten,
sondern im Gcgentheile werden^ viele der ^niuiährenden Stellen_ zeigen,
dass ivdt%6fievov und dvvaröv wirklich gleichbedeutend gebraucht sind,
243) Eine Logik, welche hübsch sauber zwischen logischer und physischer
Möglichkeit distinguirt, würde freilich sagen, es sei z. B. bei einer Zahlen-Lotterie
logisch möglich, dass in hundert aufeinanderfolgenden Ziehungen ununterbrochen
stets die ersten fünf Nummern in ihrer arithmetischen Reihenfolge gezogen werden,
und sie wird wahrscheinlich auch nicht sagen können, warum es physisch nicht
möglich sei, geschweige denn erst, warum es logisch und physisch gleich unmöglich
sei; einer solchen Logik mag es allerdings gut anstehen, auch den Unsinn oder
ein naturwidriges Wunder für logisch möglich zu halten, und ist man einmal davon
so recht fest überzeugt, so stellt sich der Glaube an die physische Möglichkeit schon
von selbst ein. Dass. .es. doch etwas köstliches um das Wort „denkbar" ist, ersieht
man auch aus der Hegel'schcn Logik.
168 IV. Aristoteles (Urtheil).
ohne dass hie durch Aristoteles vermittelst einer Confusion ein Sacrilegium
an der Logik der Schul-Zöpfe begangen habe.
Schon aus dem Obigen (Anm. 240 f.) ist klar, dass das Mögliche
ein zwischen dem Sein und Nicht-sein in der Mitte stehendes ist 244); das
ist eben das Statthafte, dass dasjenige, was bloss die Möglichkeit hat,
Etwas zu sein, dieses nicht ist, und umgekehrt dass es das ist, wozu
es die blosse Möglichkeit hat, es auch nicht zu sein, d. h. von dem
Möglichen ist es statthaft, dass es sowohl ist als auch nicht ist 245).
Und ist demnach in Bezug auf das Urtheilen das Mögliche dasjenige, des
sen Gegentheil nicht nothwendig unwahr ist, oder dasjenige, von wel
chem es statthaft ist, dass es wahr sei 24G), so ist es in Bez^g" aur—Aa^
Stattönden dasjenige, welches den principiellen Grundzug dier Verände
rung überhaupt, mag sie in ihm selbst oder vermittelst seiner in einem
Anderen vor sich gehen, in sich enthält, und dasjenige, wovon es statt
haft ist, dass es nicht sei, ist das Vergängliche 247); denn bei dem Un
veränderlichen, Ewigen ist ja das Statthaft - sein schon das Sein ' selbst
und mit ihm identisch, daher es Nichts gibt, was bloss möglicherweise
und der Potenz nach ein Ewiges wäre, und hiemit bei dem Ewigen von
dem Möglich- sein oder Statthaft - sein als solchem gar nicht gesprochen
werden kann 24 8). Insoferne aber das Gebiet des Veränderlichen hiemit
der Wirkungskreis des Möglichen ist, beruht in dem Möglichen der ge
genseitige Wechselverkehr des Thuns und Leidens 24!)). Innerhalb die-
244) D. cod. a. a. 0. 282 a. 13.: tö avib «<>' edrai Svvctrbv tlvai xal
fj.ii, xal Tour' iajiv äfiipoiv fiiOov.
245) Metaph. ©, 3, 1047 a. 20.: ivdfyeTai ävvatbv fxlv tI elvai fir) elvai
dl xal Svvutöv (ir) elvai elvai dl, bfioftog dl xal inl tiov äXXiov xaTyyoqtwv
ävvctxuv ßad((etv ov ur) ßadtfciv xal /.tr) ßaäifrv dvvaxbv elvai ßad((
eiv. Ebend. 8, 1050 b. 11.: tö &qu övvarbv tlvai iväfyeTai xai elvai
xal fir) tlvai' to avrö äoa duvarbv xal tlvai xal fir\ elvai. Ebend. 1049 b. 13.:
T<p yao ivde"xeo&ai ivenyrjo'ai dvvaTÖv iari to noiaxfos ävvaröv.
246) Ebend. z/, 12, 1019b. 28.: to dvvinbv, ÖTav fir) ävayxuTov y to
Ivavxiov iptudog elvai (liier also gerade wo von Wahr- und Falsch -sein die
Rede ist, sieht dvvaTÖv) 16 fxlv ovv dvvarbv eva fj'ev tqohov, lös eXQi\-
Tai, to /.ir) avdyxrjs ipevdog öyftaCvei , eva dl tö äXrjfUg elvai , eva äl
to ivöexöftevov aXrj&lg elvai.
247) Ebend. 1019a. 32.: Xeyo/xe'vrjg dl Trjs dvvafietag xoaavxax<ög xal tö
dvvaxbv eva filv xqonov Xex&rjoexat to e%ov xivrjaeiag aqxrrv rj ixeraßoXrjg,
xal yäo to oiaTixbv övvutÖv ti, iv exe"nu> rj y exeoov , eva de läv fy.'l
ii avTov aXXo dvvauiv xotavxyv, eva de luv ex'J fitz aßäXXeiv t<p' btiovv
dvvafitv etx* tnX to xeiQov elx' inl to ßiXxiov,' xal yüq xb ipS-eiooutvov
doxel dvvaibv elvai ip&eCoead-at rj ovx av qr&aoiivai el yv ädvvaxov. Ebend.
©, 8, 1050b. 13.: tö d' Ivdexöftevov fxr) elvai ip&aqxbv rj änXüg rj xovxo
avTO o Xiyexai ivde'xeo&ai fir) elvai rj »ata xönov rj xuxa noabv rj noiov,
änXiog de to xut' oialav. Vgl. Anm. 268.
248) Phys. ausc. III, 4, 203 h. 30. : ivdfyea&ai yäo rj elvai ovdlv diatpeoei
iv toTs aidCoig. Metaph. @, 8, 1050 b. 7.: t« filv yao ä'ldia noöxequ
Tg oboia tiSv q &aQT(3v , irtxt d' ovdev dvrdfiei ä'tdiov. D, mot. anim. 4,
7O0a. 3.: tö yaq SXtag äxtvyxov in' ovdevbg ivde"xerai xtvy&fjvai. Diess
in Bezug auf das Himmelsgebäude nachzuweisen, ist auch Zweck und Inhalt von
D. coel. I, 12. Sicher wäre es ein sonderbares Ewiges, welches mit der „logischen
Möglichkeit" Nichts zu schaffen hätte ; auf diesen Widersinn aber kömmt man, wenn
iväexbfievov blos jenes logisch Mögliche bedeuten soll.
249) Metaph. &, 1, 1046 a. 9.: Soai dl (sc. dvväfietg) nobg to aixb eldog,
näoai äqxaC Ttvig etat xal nqbg nqmTyv fiCav XiyovTai, r) ioriv ctQX'l fe'
IV. Aristoteles (Unheil). 169
ser Sphäre aber ist allerdings zu unterscheiden zwischen Möglichkeiten,
welche auf Vernunft-Gebrauch beruhen , und Möglichkeiten , bei welchen
die Vernunft-Thätigkeit eines Beralhens ausgeschlossen ist; nemlich die
erstercn, wie z. B. das Wissen, umfassen die Gegensätze zugleich (vgl.
Anm. 206), die letzteren hingegen nicht, denn z. B. das Warme kann
nur warm machen, nicht aber kalt machen 25ü). Aber in Bezug auf die
Verwirklichung der Möglichkeit als solcher, d. h. in Bezug auf die Kraft,
vermöge deren es zu einem wirklichen Stattfinden kömmt, stehen beide
Arten der Möglichkeit einander gleich; nemlich beide treten, weil sie
vermögende Polenzen sind, welche zum Actus streben, in Wirklichkeit,
sobald sie nicht gehindert sind, d. h. die Hindernisslosigkeit wird in
der That das entscheidende. Die vernunftlose Potenz, welche nur Eines
vermag, muss aus Notwendigkeit wirksam auftreten , sobald sie nicht
gehindert ist; die vernünftige Potenz tritt wirksam auf, sobald das be
stimmte Verlangen biezu in der Willensrichtung da ist; ist aber dieses
da , so ist in so weit eine innere Hindernisslosigkeit schon mitgegeben,
denn sobald die vernünftige Potenz will, muss sie, weil sie es will, es
lliun , und in dem Wollen ist sie ungehindert; hi^ralso besieht die
N'othwendigkeit der Freiheit ; gleichzeitig demnach \v7rTHJucncfie ver
nünftige Potenz die von ihr umfassten Gegensätze nicht in die existente
Wirklichkeit treten lassen, denn sie dcterminirt sich durch den Willens-
Entschluss zu dem einen der beiden , für welch beide sie aber die
Fähigkeit hat251)- Also die vernunftlose Potenz muss Etwas wirken
und dip vernfinftigp Potenz will Etwas wirken, z. B. das Feuer, welches
nur warm-machen, nicht aber nicTi'f-'warm-machen kann, inuss eben warm
machen, und der^Ienscb , welcher die Fähigkeit hat, sowohl ein Haus
zu bauen als auch ebenso nicht ein Haus zu bauen, will eben ein Haus
bauen ; dass in diesen beiden Fällen es zu einem gewissen Stattfinden i
kommen soll und zu diesem die Real-Polenz vorliegt, ist das beiden Fäl- 1
len gemeinschaftliche. Nun aber muss dieses Potenz -sein zum Behufe
der Verwirklichung in Beziehung zur äusseren Wirklichkeit (der Welt
xctßoXrjg tv aXXta fj ji äXXo' fj /xtv yctQ xov na&etv toxi fivvafiig r) Iv avxcp
1$ näoxovxi öcQ/fj /xsxaßoXrjg na&rjxtxijg im' aXXov fj rj üXXo (26) rj
i Iv T«j3 notovvxi oiov xb &(Qfibv xal r) oixoäoutxrj.
250) Ebend. 1, 1046 b. 5. : xal al uh> /utrct Xöyov näßai xtav ivavxltov
«f ttiial, al <J" aXoyot /u(a evbg , oiov xb 9-eQ/idv tov &tnfxa(vttv fxövov,
tl ti iaxQixr) vöaov xal vyitlag.
251) Ebend. 5. 1047 b. 35.: Intl Sk xa fiiv xaxa Xöyov ävvaxai xivtiv
xal at d°wct/*tig avxtäv jutxct Xöyov, tu <$' c'iXoya xal al övvafisig
aloyoi, x&xtCvag fiiv avayxrj iv Iftipv/b) elvai xctvxag <F' Iv äficpotv , rag
fiiv xotavxag Svvdfitig avayxrj, oxav lög Svvavxai xb notrjxixbv xal xb
n«.&i\xixbv nXr\aiat,iaat, xb fiiv notiiv xb <H nciaxdv, Ixttvag 6" ovxaväyxt)'
ttvriu fiiv yctg näaai ft(tt h'bg noirjTixi) , Ixslvca d"t xtiiv ivavxCtaV (Stixe
aua noirjoei xdvavxla' xovxo de aävvaxoV avayxrj äoa ixfQÖv xi ilvai
io xiiQioV Xiyta 81 xovxo OQt$iv fj nQoalQiaiv bnoxinov yao av ÖQt'yrjxai
xvoltog , xovxo noirjatt , oxav log Svvarcu vTraQ/rj xal TiXrjtsittlrj xoj naß-rjnxip-
tSoxe xb Svvaxbv xaxä Xöyov anav avayxrj, oxav bo(yr\xai , ov r'
iyu xrjv Svva/xiv xal (ög f/at , xovxo noitTv tt di fir), noitlv ov ävvrjatxttf
tö yctQ fjriäivbg xtöv Sfeo xtaXvovtog noogdtotiittcs^ai oiSiv ixi Sei'
irjV yctg Svvajj.iv e"%ci tag hfxi ävvafitg xoii noitlv , toxi S' tag oi nävxtog
ull' iyövxtov n tag , Iv oig ätpoQtO&rjoexai xal xd Uta xtaXvovxa. (s. d.
folg. Anm.)
170 IV. Aristoteles (Urtheil).
des Mannigfaltigen und der Vielheit) treten, und hier in dieser äusseren
Umgebung kann sich jener Verwirklichung ein Hiuderniss entgegenstellen
(z. B. für den Willen, ein Haus zu bauen oder einen Kranken zu heilen,
kann sich in Bezug auf Verwirklichung von aussen her ein Hinderniss
im Baumateriale oder in der Beschaffenheil des Kranken erheben, und
ebenso kann dem naturnothwendigen Entwicklungstriebe des Samens ein
Hinderniss von aussen her entgegentreten) , und die Hindernisslosigkeit
in diesem Sinne ist daher für die Verwirklichung einer jeden Potenz,
mag sie vernunftlos oder vernünftig sein, eine unerlässliche Bedingung 252).
So also erklärt es sich, dass, da ja das Möglich-sein nur in dem Gebiete des
Veränderlichen , Mannigfachen und Vielheitlichen, nicht aber in dem Ge
biete des Ewigen auftritt, jede Potenz überhaupt zugleich die Möglichkeit
der Affirmation und der Negation, d. h. des Seins und Nicht-seins (Anm.
215 u. 192) ist, denn das ist eben das Mögliche, dass es auch nicht
zur actuellen Wirklichkeit kommen kann, und alle Veränderung im Ge
biete des Veränderlichen dreht sich um die Möglichkeil des Slattfindens
oder Nichtstattfindens und Seins oder Nichtseins, nur hängt sie bei der
vernünftigen Potenz von dem Eintritte des Entschlusses ab, die vernunft
lose Polenz hingegen umfasst vermöge eines Vorhandenseins oder Nicht
vorhandenseins in sich jenes Verhällniss von Affirmation und Negation2"3);
das aber, dass zugleich Affirmatives und Negatives stattfinde, isl für jede
Möglichkeit das Unwahre (Anm. 170, 192) und unmöglich 254). Hiemil
nun besitzen wir gewiss die völlige Einsicht, warum oben (Anm. 206—
214) die drei Urtheile „A weiss", „A kann", „A ist" einander gleichge
stellt waren, insoferne es sich für das Stattfindende um einen Uebergang
252) Ebend. 7, 1049 a. 1.: r) yrj op' (otIv uv&Qtünog ävva^n ; rj ov,
aXXit fiaXXov oretv rf&r\ ytvr\xui anäQ/ta, xal oiöl Torf Xdtag , ügniQ oiSi
vnb icnQixffg anav av vytccofrtir] ovä' an 6 Tv/qg, cU/l' ?o*rt rt S ävyurov
(Ort xal toCt1 lattv vyiaTvov Swäfi.ti. üoog vi tov fiiv änb öiavoiag Iv-
TeXe%£(q ytyvauivov Ix tov Swafiti bvTog, brav ßovXrjfhtrr og ylyvr\Tai firj-
Sevog xoyXvovrog tcöv ixTog, ixet d" iv to) vytatofjivoj , brav (xtiäkv xwXiii)
Tiöv (v aVTO)' bfxotoig ä\ ävvafiti xal oixta, fi /JtjätV xwXvrj tojv (v tovto)
xal t;] vXrj tov yiyveo&ai olxCuv, oüd" ei cotiv o äeT. 7TQogytv(aHai rj&noytve'o'ftai
rj fitxaßttXtiv, tovto övva/xti o/xta. xal int tojv aXXoiv ojoavTag
oOo>v e(ot&ev r) anyr) Trjg ytviaiorg , xal baaiv o*r) h> avTO) toi iyoVTi, baa
ftrjäivbs twv fjto&iv ifinoäC^mnog saxai dV avTov' oiov to an^Qiia ovitai^
dtl yaQ fV aXXot xal fjeraßctXXeiv otuv if ' i\Sr\ Sia Trjg avTov aoyrj; 5
toiovtov, t/St] tovto dvvafitf IxtTvo df htnag äoyrjg ättrat, äetttg r) yjj
oiinm aväniag tSvvüfiu. Phys. ausc. II, 8, I99a. 9.: org noctTTtTai ovtoi ni-
(pvxs xal ojg ndf vxtv ovtüi nnaTTtiai ixaaTov, iiv fj.rj Tt IfmoSitr). Naher
erörtert wird diese Hindernisslosigkeit Phys. ausc. VIII, 4.
253) Metaph. &, 8, 1050 b. 8.: naOu Svvauig afia Trjg avTKf äaeois iüriv'
to fiiv yao fi.ii SvvaTov vnäoyuv ovx av v7ian£eitv ovStvl, to ävvaTov di
nav IvöfytTat fir) h'tnyeTv (D. coel. I, 12, 281 b. 15. : tov fitv ovv xa&rta-
■9-ai xal karuvat. <l/ja fyti tt)v övvafiiv, ort ort e/ti ixeivrjv xal tt)V iTioav
äXX' ovx äait ä/ua xa&i)a\)ai xal eOTavai) (b.25) od y«(> ntQi
tfjV Svvafiiv Tijs aviitfäotwg avTotg (sc. 101s a'iäloig) oiov Tolg (f9anioig
r) xCvrjoig, lodre tnCnovov tlvai tr)v ovvfyeiav Trjg xivrjOtwg (30) ai i
aXXai Svväfitig , IS tov dioioiOTai , n&aai Ti/g avTKfaotiag tlatv' rb y«Q
ivvä/tevov cücfi xivelv ävvaTat xal fit) a>St oaai ye xaTa Xoyov, ai (T aXoyoi
naQÜvai xal fifj Trjg ävTKf äae tog taoVTai ai ai>Tal.
254) D. coel. a. a. 0. 281b. 12.: to d" ufia lorävai xal xa&ijo&ai xal
Trjv äiäfieTQov övfifieTQOv elvai , ov fiövov rpiväog aXXä xal advvaTOV.
IV. Aristoteles (Urtheil). 171
von der Potenz zum Stattfinden handelt , und dass somit das „ weiss ",
„kann", „ist" den Fall betrifft, in welchem das Stattfinden wirklich ein
getreten ist, hingegen das „weiss nicht", „kaiyi nicht", „ist nicht" jenen
Fall, in welchem der Uebergang von Polenz zum Stattfinden irgend ge
hindert wurde und demnach ein Nichtstattfinden vorliegt. Das Stattfin
den oder Nichtstattfinden aber ist Objccl _ des Urtheiles (Anm. 112 u.
ffl f). So _wifd "Jeder" 'angebliche dualistisch« ..ßnterscliied zwischen
logischer und physischer' TBRiglirhkcit bei, Arjstoleles^ebührender , Weise
hoffentlich nPsein ..Xichts aufgelöst seih.
MTdemBegnffedesjßg^ der seines Gegensatzes,
des Unmöglichen, gegeben, und erstcrer kann daher auch wieder durch
letzteren vermittelst des Gegensatzes selbst bestimmt werden. Es ist das
Unmögliche zunächst jenes, von welchem es überhaupt gar nicht statt
haft ist, dass es irgend in Wirklichkeit trete 255); und ist hiemit bei
dem Unmöglichen die zum Stattfinden führende Polenz selbst aufgehoben
oder verneint, so ist nicht bloss das Stattfinden unwahr (denn diess kann
ja auch der Fall sein, wenn ein Mögliches nur eben nicht zur Wirklich
keit kam), sondern das Nichtstattfinden desjenigen, wovon die Möglichkeit
verneint ist, ist nothwendig und immer wahr, und es ist daher das Un
mögliche dasjenige, dessen Gegentheil nothwendig wahr ist; so jlass
das UnmöjdklLeskh ^ Zweig des Unwahren erweist, nemlich als
das nothwendig Unwahre, und sonach Dnwahr-sein und Unmoghch-sein
nicht identisch~genommen werden dürfen, denn, wo eine Möglichkeit
eines Stattfindens oder Nichtstattfindens vorliegt, kann das eine von bei
den sehr wohl unwahr sein, ohne darum unmöglich zu sein 250); hin
gegen darf man nicht, um etwa dem Begriffe der Unmöglichkeit zu ent
gehen , dasjenige , was nie zur Verwirklichung gelangen wird , ein Mög
liches nennen , und es ist unstatthaft in solcher Absicht zu sagen , dass
Etwas wohl möglich sei , aber nie wirklich sein werde ; denn wenn Et
was night nothwendiger Weise möglich ist, kann es sehr wohl unmög-
255) Phys. ausc. VI, 10, 241b. 3.: tö äävvatov r /uy&ijvai outoi toj /j.rj
fotifyioO-cci T{iT)&fjvai , nXeova%(3g yetq XiyeTcu tö dävrttTOV , ovx iv^e'/erai
to ovrtog aövvnxov t£/avio&cu, ovo'' öXtog tö advvaxov yeve'afrai yivea&ai,
oiii rd fieTctßäXXeiv Aövvktov ivSfyon' av fieTaßäXXeiv eig o ctävvuTov
ItnaßdXXetv. D. coel. I, 7, 274b. 13.: dävvaTov ydq yCveöü-ai o fitj iväe-
XiTtti ylvto&ai. Ebertd. 11, 281a. 4.: Xfytrcu df xal to ayivrpov to ct$vvrtov
xal to fir) ävvdfievov yev£is&ui ovTtog wotc nqÖTeqov fjev /tri elvai
varepov de eivea, oiov tt\v äiafxtTQOv dv/j/ttTqov.
256) Melaph. z/, 12, 1019 h. 23.: dSvvaTov ftev ov tö SvcivtCov 1$ ctväy-
JtijS alr\&ei , oiov to tt\v öid/jeTqov Ovfifierqov elvcti aävvuTov , Sri ipeifiog
ro toiovtov , ov to ivavxtov ov fiövov äXrj&es , «XXä xal dvdyxrj äavfifierpoy
elvaf tö aqa ov/tfieTQov oi fiövov ypeväog dXXa xal i( avdyxr)g \pevdo;'
to <J' IvavTlov tovtü) to Svvutöv , OTav ufj dvayxaiov »] tö {vuvtCov
xpfviog elvcti, oiov TÖ xaSffad-at avfhqionov ävvctTÖv, oi ydq 1$ di'dyxrjg
tb fir; xad-ijOd-at rpev&og. Ebend. ©, 4, 1047 b. 12.: ov ydq äiq loci tkvto
io Tt xpeviog xal tö dävvaTOV tö ydq ai eOTavai vvv ipevdog fiev, oix
uävvaTov dY. D. coel. I, 12, 281b. 3.: rd yan advvaTov xal tö rpeväog
ov tuvtö at\fia(v(i (8) oi Sr\ tuvtöv iOTi \pevSog Te" ti etvai dnXwg
tat ttivyaTOV änXiäg' tö ydq de fif^ tffrojr« tpävai ißTavat ipevdog fikv,
ovx ciSvvutov de"' öfioitog df xal to töv xid-aqi&VTa fiiv fii\ aSovTa S\
i'ättv ipcivai \pevSog, AXX ovx dSvvctTov. Vgl. Anm. 254.
172 IV. Aristoteles (Urtheil).
lieh sein 257). Da hiemit das Unmögliche als das nothwendig Unwahre
dasjenige ist, was nie die reale Voraussetzung eines Stattfindens sein
kann und daher auch nie vorausgesetzt werden darf, so ist dieses Verhältniss
von Wichtigkeit für die Annahme von Voraussetzungen überhaupt,
da ja das Mögliche und Unmögliche sowie das Wahre und Unwahre
immer entweder schlechthin an sich oder voraussetzungsweise ausge
sprochen wird, wobei namentlich in Betreff des Unwahren sehr zu un
terscheiden ist, ob es bloss nach dem factischen Staltfinden ein Un
wahres oder ob es nothwendig unwahr, d. h. unmöglich, sei 25S). Denn
das Unmögliche kann nur wieder von einem Unmöglichen die Voraus
setzung sein, und aus Unmöglichem ergibt sich Unmögliches 259); aber
aus dem Möglichen kann wohl, da in ihm ja auch die Möglichkeit des
Nicht-Eintretens der Verwirklichung, also die Möglichkeit des Nichtstattlindens
liegt, ein factisch Unwahres folgen280), nie jedoch kann aus
dem Möglichen ein nothwendig Unwahres, d. h. ein Unmögliches folgen ;
und in Bezug auf das Unmögliche bestimmt sich demnach das Mögliche
als dasjenige, dessen Verwirklichung keine Unmöglichkeit zur Folge
hat261), oder mit anderen Worten : das Mögliche oder das Statthafte ist
jenes nicht nothwendig Seiende, bei welchem die Annahme des wirklichen
Stattfindens nicht auf ein Unmögliches führt 262).
Aber dieses ganze Verhällniss nun, dass ein Potenzielles dem Actuellen
als Voraussetzung vorhergeht, muss, wenn überhaupt ein apodeiktisches
Wissen erreicht werden soll, auf einen nothwendigen und aus
nahmslos geltenden Bestand des Causalnexus zurückgeführt werden ; denn
257) Metaph. 0, 4, 1047 b. 4. : ovx Ivdfytrat aXrj&tg tlvai rb tlntlv ort
dvvarbv fxiv rodl, ovx tarai dY* iSort rä ädvvara tlvai ravrrj diaiftvytiv
Xiyta di oiov tl rtg (palt) dvvarbv rr\v diäfinoov fit rori&^vai , ov
fitvroi fttTQTjxtrioeo&ai , firj Xoyt&jitvog rb advvarov tlvai, Sri oidiv xio-
Xvti dvvarbv ri ov tlvai r\ ytvto&ui, /urj tlvai di firjd' toto&ai (16)
tl yaq firj avayxr) dvvarbv clvcu , oidiv xtaXvti fif] tlvai dvvarbv tlvai.
In diesem Sinne wäre wohl auch das Leere und das Unbegränzte ein Mögli
ches (ehend. 6, 1048b. 9.: aXXwg di xal rb antitjov xal rb xtvbv xal Soa
roiavia Xiytrai dvvä/tti xrX."1; aber eben weil beide nie wirklich staltfinden
können, sind sie unmöglich, denn das Uribegränzle kann nie in Wirklichkeit er
schöpft werden (Phys. ausc. VIII, 10, u. III, 4 ff., betreffs des Leeren ebend. IV,
6 ff.) ; Weiteres gehört nicht hieher.
258) D. coel. a. a. 0. 281b. 4.: tau di rb advvarov xal rb dvvarbv
xal rb \j>tvdog xal rb aXrjftig rb fiiv 1$ vTio&totiog , Xiyia d' oiov rb rplyiovov
advvarov dvo oo&äg t/tiv , tl rädt, xal r\ diafitrqog övfifitroog,
tl radt, iori d' änXmg xal dvvarä xal ädvvara xal (14) ov äri ravröv ianv vno&ia&ai xptvdog xal advva\jriotvvd.fj xal äXritHj
259) Ebend. 281b. 15.: avjxßaCvti d' advvarov Ii advvarov.
260) Phys. ausc. VIII, 5, 256 b. 11.: iav ovv »iSfitv rb dvvarbv tlvai,
oidiv advvarov övfißi\tstrai , xptvdog d' lotog.
261) Metaph. &, 3, 1047 a. 24.: lari di dvvarbv rovro , (p läv vndgiri
r) Ivtoytta , ov Xiytrai t/tiv rt)v diivu/iiv , oidiv tarai advvarov Xiyio
d" oiov, tl dvvarbv xa&rja&ai xal ivdfytrai xa9-rjo!tai (hier ist Unterschied
und Gleichheit von dvvarbv und ivdt/öutvov doch deutlich genug ausgesprochen),
rovrai iav inäq^rj rb xa&rja&ai , oidiv tarai advvarov.
262) Ebend. 4, 1047 b. 10.: tl xal vno»o(itt&a tlvai »? ytyovivai , o
ovx ian fiiv dvvarbv dt, . Sri oidiv Zorai advvarov. Phys. ausc. VII, 1,
243 a. 1.: toü yaq ivätxofiivov rt&ivrog oidiv aronov fdti avfißalvtiv. Anal,
pr. 1, 13, 32 a. 18.: Xiyia d" Ivdfyto&ai xal rb ivdt/ö^tvov , ov f*r) ovrog
ävayxalov, rt&ivrog d" vnäq/tiv , oidiv ioiui dia rovr' advvarov.
IV. Aristoteles (Urtheil). 173
Object und Product der Apodeiktik (s. oben Anm. 20, 48, 54, 101, 130,
132) ist das Nothwendige als das Nichtandersseinkönnende oder als f
dasjenige , von weichein es nicht statthaft ist , dass es bald so bald an
ders sich verhalte 263). Ist aber das Nothwendige auf diese Weise ge
rade wesentlich dem Möglichen und Statthaften gegenübergestellt, insoferne
ihm eben kein Möglich-sein oder Statthaft-sein eines anderweitigen
Slattfindens einwohnen soll, so ist allerdings das Nothwendige im eigent- 1
lichsten Sinne das Ewige, Einfache, Unveränderliche, von welchem wir \
oben (Anm. 248) sahen, dass es frei ist von allem bloss Potenziellen264);
es ist demnachjm^sich jene reine Region des einfachen Einen Seins,
welche der vpve nur zu berühren vermag (Anm. I Öl). Aber da das
menschliche Wissen eben auf das erfalirungsmässige Viele und Vergäng
liche angewiesen ist (Anm. 69—78) und dieses Gebiet durch die Ein
sicht in die Nolhwendigkeit zu einem Gewussten wird, so ist in diesem
gesammten Umkreise des gegenseitigen Thuns und Leidens (Anm. 249)
— um von einer anderen Bedeutung des. Wortes „Nothwendig" ganz
abzusehen, in welcher es die Vergewaltigung (ßia) bezeichnet und dem
oben erwähnten Eintritte eines Hindernisses der Verwirklichung ent
spricht 265) — dic__vom Wissen zu suchende Nolhwendigkeit eben die,
dass der Nexus zwischen potenzieller Voraussetzung und actuell wirk-
IicTTem Stattfinden ein nothwendiger ist. Auf diesem Gebiete daher ist
jET^offiwend i ge dasjenige, was als vorauszusetzende Ursache nothwendig
vorliegen muss, wenn ein üestTmmteTlSTalC^^ auftreten soll 2e,!) ;
263) Metaph. z/, 5, 1015 b. 7.: sti r) dnoSsi'iig riüv ävayxaioiv, oti ovx
s'vdt'ySTai äXXojg txtiv, sl cmoSsSsiXTai änXiag' tovtov f aiTia i« nqära,
sl ccovvarov aXXcog sysiv 1$ ihv b avXXoytaLu6g. Ebend. r, 4, 1006 b. 28.:
dväyxr\ roivvv st n sotiv uXii&sg tlnsiv oti av&Qionog, £o)ov slvai Slnovv'
tovto yaq i)V o lorjuaivs To avd-Qionog' sl d" dväyxrj tovto, ovx ivös'ysTai
iii, slvai To avTÖ Qipov SCtiovV tovto yao Orjfiaivsi tö dväyxrj slvai rö
iidvvtiTov slvai (tri elveti Hv&qiotiov. Ebend. 5, 1010 b. 28.: rö yao avay
xaiov ovx Ivie'/STai äXXiog xal aXXtog sysiv , uffr* et ti sotiv IS aväyxrjg,
ai>x ovtü) ts xai oi/y ovTiag. Ebend. E, 2, 1026 b. 29. : tjv (sc. äväyxrjv)
Xs'yofisv To! ftfj ivdfyta&ta dXXwg.
264) Ebend. d, 5, 1015 b. 11.: äozs To 7TQ(3tov xai xvoiiog avayxaiov TO
UnXovv IgtCv tovzo yao ovx Ivd's'ySTai 7iXsovayiSg eysiv, (Stire oiö*e dXXiog
xai alias, rjärj yao nXtovayiög av syoi' sl «prc sotiv «rr« al'Sia xal dxivtjTft,
ovdiv (xsivoig tori ßiaiov ovos naoa (pvOiv. Eth. Nie. VI, 2, 1139 b.
23.: rä yao IS äväyxng ovra änXwg ndvTa al'äia, ra d" ätäia ayivrjTa
xai aifd-aQra.
265) Metaph. 5, 1015 a. 26.: sti rö ßiaiov xai r) ßCa (sc. avayxaiov
Xiysrai) ' tovto ä' £ütI rö naoa rrjv ÖQ/xrjv xal tt(\> nqoaigsoiv (finoSi^ov
xcti xiaXvTixbv rö yao ßiaiov avayxaiov Xiysrai. Ebend. E, 2, 1026 b. 28.:
IS aväyxrjg, ov Trjg xard rö ßiaiov Xsyofxivrjg. Ebend. A, 1, 1072 b. 11.:
rö yao avayxaiov roaavTayiög , rö fisv ßia oti naoa Trjv bofirjv , rö äs ov
ovx dvtv to sv, tö df fifj iväsyöjxsvov aXXwg akX anXiog. Mehreres über
die Vergewaltigung I'hys. ausc. V, 0 u. VIII, 4.
266) D. gen. anim. V, 3, 782 a. 22.: riviov d° vnaqxövToiv xal Sia Ttvag
aväyxag av/ußaivsi tovtiov ixaOTOV, Stikäaai rf/ff fts&öäov Trjg vvv larlv.
Top. II, 4, 111b. 17.: axonsiv d" inl tov nQoxsi/ns'vov , rivog ovTog rd
Tinoxsifisvöv Igtiv rj ri itiTiv H aväyxag sl rb nqoxslfisvov iaiTi. D. somn.
2, 455 b. 26.: Xiyio d" ig vno&s'oswg tt)v äväyxrjv , oti sl (o)ov idTui s"xov
tt\v avrov (fvrsiv , ii; aväyxrjg rtv' vnäqysiv aiiTo) fffi, xal tovtojv v7iagyovTO)
V stsqk v7idnysiv. Nach einer anderen, nicht mehr hieher gehörigen, )
Seile hin ist dieses Nothwendige das teleologisch Nothwendige , was zur Erreichung /
174 IV. Aristoteles (Urtheil).
alsa.-eLett-das vöraussetzungsweisc Nothwendige gehört dem Vergänglichen
an, sowie^jks schlechthin Nothwendige dem Ewigen207). Neinlich in
7Jem~ "Bereiche der Dinge, deren Notwendigkeit nicht die des Ewigen
ist, sondern deren stoffliche Ursache die Möglichkeit des Seins und Nicht
seins ist, d. h. innerhalb dessen, was dem Entslehen und Vergehen un
terworfen ist 203), beruht das Nothwendige darin, dass ein bestimmtes
Entstehen oder Vergehen ausnahmlos immer stattfindet, und also unter
bestimmten Voraussetzungen das Nicht-Eintreten eine Unmöglichkeit, ein
nolhwendig Unwahres, ist209); und dass eine solche Festigkeit auch in
nerhalb des Veränderlichen besteht und das Verhältniss einer notwen
digen Voraussetzung für das Einzelne nicht von Glied zu Glied ins Un
begrenzte fort sich zurückschiebe, liegt in den höchsten Wesenheiten der
sinnlicli wahrnehmbaren Welt, nemlich in der ewigen Natur und Bewe
gung des Himmelsgebäudes, begründet 270), — kurz es gibt auch qualides
Zweckes (des ev) uncrlässlich stattfinden muss. Melaph. zl, 5, 1015 a. 20 IT.
Vgl. die vorige u. d. folg. Anm.
207) ö. pari. anim. I, 1, 6391». 21.: tö fi' IS äväyxrjg ov näoiv vnäqxei
xoig xara qpveiv öfiolojg, dg o TieiqwvTai nävTeg oxefiöv Toiig Xöyovg äväytiv
ov fiieXdfievoi noGaxüg Xiyerai tö ävayxalov' vnäqxei fie to jxev ärt-
X<ög rolg ä'ifiCoig to fi' iS inoheaeiog xal rolg iv yeviaei naaiv , oigneq iv
jolg TexvaOxolg , oiov oixla xal t<ov äXXoiv ÖTarqvv rmv toiovtiov. Ebend.
642a. 1.: elrtiv äqa fiv' airtai avrai, to &' ov evexa xal to iS avayxrjg'
noXXä yäq yCvexai , oti äväyxrj' Xomg fi' äv Tig änoqrjaeie nolav Xiyovaiv
äväyxrjy ol Xeyovxeg iS äväyxrjg' tojv fxiv yäq fivo Tqontov oifiireqov oiov
Tt vnäqxeiv rtov äiioqiOfiiviov iv xoig xaxä ifiXoßoiftav iariä' ev ye Totg
I-Xovai yivsöiv r) rqlrrj, Xfyofiev yäq Tr)v Tqo<fi)v avayxalov ti xut' oifiereqov
tovtoiv tcüv rqorroiv, äXX' Sri oix oiov t' ävev rcivrrjg elvai' tovto
fi' iariv ägneq iS vno&e"aeo>g' ägneq yao inel fiel axlCeiv t<jj neXe'xei,
äväyxrj axXrjqöv eivai, ei fie axXrjqbv, x'^xovv rj aifir/qovv , ovriog xal inel
tö aöifia oqyavov , evexä Tivog yao exaarov tojv fioqliov , ofioioig fie xal
to oXov , äväyxrj äqa roiovfil elvai xal ix Toioivfil, ei ixelvo earai.
268) D. gen. et corr. II, 9, 335a. 32.: wg fiiv oiv vXrjrolg yevrjrolg iariv
airiov to fivvardv elvai xal fir) elvai' tu jj.iv yäo iS äväyxrjg larlv, oiov
tb ä'tfiia, t« fi' iS äväyxTjg oix eariv tovtoiv fie tä ftev äfivvarov jU.r)
elvai, r« fie äfivvarov elvai fiiä tö fir) ivfiexeodai naqä to avayxalov äXXojg
exeiv evia fie xal elvai xal fir/ elvai fivvcaä, bneq iail to yevijrov
xal (p&aqrdv ' nore ftkv yäq effri tovto, nore fi' oix iariv. Vgl. Anm. 247.
269) D. interpr. 9, 18 b. 11.: ei fii äel äXrj&eg rjv einelv oti iariv rj
forai, o&x oiöv Te tovto fiij elvai oifie fit) ioeodai- o fie ftrj oiöv t« fir)
yevia&at, äfivvaTov fir) ytve'o'&ai, 8 fik äfivvaTov fir) yeve'o&at, äväyxrj yeve'aS-
ai. S. Anm. 289.
270) D. gen. et corr. II, 11, 337 b. 21.: xal ei to tiqÖtcqov, xal rö vffrfooj'
Tolvvv äväyxrj, äXX' oi fii' ixelvo, äXX' oti ynixeno !| avayxrjg iaöfievov iv
oig «p« tö vOxtqov äväyxrj elvai, iv rovroig ävTiaroeqei xal atl tov -nqoriqov
yevofiivov äväyxrj yeveaOai rö vOreQov ' ei fiev ovv eig aneioov elaiv
inl to xäro), oix earai äväyxrj rö vOTeoov rofie yeve~G&ai änXmg, äXX'
ovfi' iS vnofte'aewg , äel yäq eTeqov efinooaüev äväyxrj iaxai fii' o ixelvo
äväyxrj yevia&ai' wOt' ei fir] iariv äq/r) tov äneiqov, ovfil nqojTov earai
oifitv , fii' o ävayxalov koren yevea&ai. äXXä fit)v oifi' iv Tolg ne'qag
ixovfii tovt' eorai einelv äXjjSöig, oti änXdg äväyxrj yevia&ai ....oiav
yaq ye"vr)Tai , ei fir) äel tovto äväyxrj yCveödai , ovfißr]aeTai äel elvai tö
tvfiexöfievov firi äel elvai' äXXä fiel rrj yeve'aei äel elvai, ei i'£ avayxrjg
avrov iariv r) yh'eaig, To yäq i'S äväyxrjg xal äel aua ' o yäq elvai äväyxrj,
oix 0l°v I£ dvai, dlar' ei eariv ii äväyxrjg, ätfiiov iori, xal ei aidiov,
IS äväyxrjg' xal ei fj yiveaig toCvvv iS äväyxrjg, äifiiog rj y^veOig tovtov,
IV. Aristoteles (Unheil). 175
tativ nach dem Wesen bestimmte und in sicherer Ordnung festgestellte
Tliätigkeiten der Natur271). Darum hat das von Natur aus Bestehende
den Charakter entweder des Allgemeinen oder wenigstens des meistentheils
(o5g inl t6 noXv) Stattfindenden 272); nemlich eben weil die ein
zelnen Erscheinungen und Wesen der Natur, abgesehen von jenen ihren
obersten Agentien, dem Gebiete des Veränderlichen angehören, so_ltUt
an die Stejle der str&tejijs.cJbtechthin iMth.wen4if; herrschenden Allgemeinlieit
der Begriff des >|eisteüthfiijs. Und allerdings ist dieses Meistentheils-
Stättnnden eben darum das Niclit-Nothwendige, ja in ihm liegt, weil es
nicht schlechthin ausnahmslos ist, die Quelle des . Zufjyjjgen, denn inner
halb des voraussetzungsweisen Notwendigen gibt es Ursachen , deren
Eintritt vom Zufalle abhängt 273); aber dennoch ist in demjenigen, was
auch anders sich verhalten kann und daher als ein bloss Statthaftes zu
bezeichnen ist, das^.M»wteBtheils_ die_erreichbare Allgemeinheit , und hiemU_
die_w^senthche Erscheinungsweise, derlJ^^^Bm^'>'r^eT es, wenn
auch die stringente Nothwendigteil Tuer im Stichelasst , sehr verwandt
mit dem ntrpvmg, d.h. der Naturbestimmtheit der Dinge, ist 274). Lässt
sich demnach das gesammte factische Stattfinden in ein nothwendiges
und ein meistentheils eintretendes und ein zufällig geschehendes einxal
ti at3iog, i'$ äväyxrjg. Näher begründet wird die ewige Bewegung des Him
mels Phys. ausc. VIII, 7 ff. D. Coel. I, 2 ff. und insbesondere als die den Wechsel
ewig bedingende Bewegung die der Ekliptik D. gen. et corr. II, 10. Vgl. Metaph.
A, 8.
271) D. gen. unim. V, 1, 778 b. 2.: ov 3ia tö yCvea&ai exaOTOv notöv ti
Sia tovto notöv ti laxlv, ooa ttTayuiva xal ioqlo~[A£Vu if>ya jijg ipvßsiög
Iotiv , aXXa fiäXXov 3ia tö tlvai toi «31 yCveicu toiaiijcc rj yccQ oiaCci f)
yiveotg axoXov&ei xal zrjg oialag svsxä lartv , aXX' ovx cwrrj rrj yevioei.
U. pari. an. I, 1, 641b. 18.: zö yovv ztxayfitvov xul zö wQto/ie'vov noXv
ftäXXov ipaCvezai Iv roig ovoavloig fj nsql rj/xäg, tö 3' aXXoz' aXXiog xai
tag iTv%& neql t« &vr)ra fxaXXov.
272) D. pari. an. HI, 2, 663 b. 28.: fj yeto iv Tip navt'i fj mg inl tö noXv
tö xuTtt (pvüiv iazCv.
273) Metaph. E, 2, 1026 b. 27.: inel ovv iaztv iv Toig ovOi tcc fiev äil
togavTtog tyovTci xai i£ avuyxrjg . . . rtt 3 ' i'i «väyxrjg fitv oix saxiv ovä '
uii, log 3' inl t6 ftoXii, avztj aq/ij mvTfj ahla ißxl tov etvai tö avfißtßrjxög'
o yeto av y /nfjT' ael ibg inl rö noXü, tovto (f>a/j,ev öv/j.-
ßfßrjxög elvtu (1027 a. 8.) äox' IntiSfj ov naVTa laxlv i'Z aväyxrjg xal
«fl fj oVTct fj yivofitva , itXXa tu nltiOza wg inl tö nolv, avayxrj elvai
tö stctTtc Ovfißsßtjxog ov olov out' ael ov&' log inl ib nolv 6 Xevxog fiovssixog
iaTiv , inel 3k ytvtTttC nore, xcctcc av/jßeßrjxög Iotul ... ioBtc fj vXrj
/■OTtti ttlTlce fj iv3exotuivrj nciQa rö log inl tö noXv aXXiog tov avfißsßrjxö-
Tog. Ebend. 3, 1027 b. 11.: SijXov tioa ort fit/Qi Tivög ßa3i£ei otQ/ijg, avTt\
c!" ovxiTi tig clXXo' Itrrßt ovv fj tov önÖTeo' szv%ev avzrj , xal uitiov Trjg
ytviaiiog avzfjg oi3iv. Rhet. I, 1, 1357 a. 27.: tu 3' mg inl tö noXi) avpßaiiovTa
xal iv3s/6/Aeva ix toiovtiov äväyxrj £t£qiov GvXXoy(£eo&ui , tu 3*
ävayxaia iS avctyxaCiov. Vgl. Anm. 239.
274) D. gen. anim. IV, 8, 777 a. 19. : b> yäg Tolg fifj ä3vvchoig aXXiog
l/eiv äXi.' ivSe/oftivoig tö xaTa if vaiv iOTl tö log inl tö noXv. Anal. pr.
1, 13, 32 b. 5.: tö «5? inl tö noXv ylveß&ai xal 3iaXelntiv tö avayxalov,
oiov tö noXiovO$ai avO-Qionov fj tö av£üve0&at fj ip&Cveiv, fj oXiog tö neipvxög
vn(tQ%iiV tovto yaq ov o~vvt%tg fiiv e/ei tö avayxalov 3ia tö fj.fi
ad ilvai av&qtonov , ovxog fiivzoi txv&Qtönov fj IS äväyxijg fj log inl tö
noXv ianv. Ebend. 3, 25 b. 14. : öaa 3k Tip log inl noXv xal r^5 neipvxtvai
Xiynai Iv3ixeii0-ai , xa&' ov tqouov oiooCfrfiev tö iv3e%6fisvov.
176 IV. Aristoteles (ürtheil).
theilen 275), und fällt letzteres als solches aus dem Bereiche des apodeiktischen
Wissens hinaus (Anm. 131), so erklärt sich nun wohl, wie ge
sagt werden könne, jeder Syllogismus beruhe entweder auf nothwendigen
oder auf meistentheils gültigen Prämissen, und letzteres sei als das auf
Natur-Bestimmtheit beruhende Statthafte gerade ein Haupt-Gegenstand der
begründenden Schlüsse und Erwägungen 278).
In solchem Sinne also muss das Statthafte und Mögliche als ein in
seiner Art notwendiges erkannt werden ; denn sowie das Unmögliche
nicht Tbloss jenes nothwendig Unwahre (Anm. 256) bezeichnen kann, son
dern auch innerhalb der Naturbestimmlheit und des meistentheils Ge
schehenden dasjenige bedeutet, was nicht leicht geschieht, und daher
bei dem derartigen Unmöglichen, welches sich auf die Veränderung über
haupt bezieht, der Gradunterschied und der Grund des naturbestimmten
Unmöglich-seins untersucht werden muss, denn z. B. nicht in gleicher
Weise heissen ein Kind und ein Mann und ein Verschnittener zeugungs
unfähig277), so ist ebenso auch bei dem Statthaften zu erwägen, dass es
theils eben darum ein Stalthaftes ist, weil eine innere stringenle Nolhwendigkeit
der Grund seines Bestehens ist, theils aber ja gerade in dem
Gebiete sich bewegt , welches als das Veränderliche das Nicht-nothwendige
ist, wobei das Naturbeslimmte in der Einzelnheit nur als das mei
stentheils wirkende auftritt und in dieser Beziehung dem an sich Noth
wendigen gegenüberliegt und mit dem Nicht-nothwcndigen gleiche Gel
tung hat, wenn selbst aus keinem anderen Grunde, so schon darum,
weil das meistentheils Geschehende von dem Dasein eines Substrates ab
hängt, dieses aber nicht nothwendig immerund überall vorliegt 27S); von
275) Top. II, 6, 112 b. 1.: räv ngay/xaTiov ict fiiv l'£ aväyxrjg Idii tu
, if" tag inl to noXv rä d" bnöitg' erv/iv.
276) Anal. post. I, 30, 87 b. 22.: näg j^.jüi^A.oj'to'uoff rj dV ävayxalav
rj <fia tojv iog iJt^.ji Jtolii noofäotiav. "Anal, pr. I, "I3r328r."t$:':' tUtar^
'oY'xcA avXXoyiä/xbg anoätixrixog tiov fj.lv aoglOTiov oix Hart Sia 16 ixraxtov
tlvta to fxiaov, tiov df nt^mQ-imy^OTi xal o%tdbv oi Xöyoi xal «»
axiiptig yCvovTtu ntgl 'iä'vJaa.^.Xv£iXö/*ä^ey ' ixetveiv d" iyxioget jiiv
yevsa&ai avXXoytafiov , ~ov~/j.r)v efSs7~ye(t]tii'a&ai.
277) D. coel. I, 11, 280b. 12.: rö d" aduvarov Uytiai Si^iäg' rj
i$ fit) üXrj&lg tlvai eintiv on yävoir'' av, rj Tip fxr) gqöltag tirjäi Tß/« rj
xaXwg. Metaph. J, 12, 1019b. 15.: aävvafiCa S tarl ariQ^aig fwä/iias
xal rtjs ToittVTtjg aQxrjg ccooig rig oi'a etQrjTai rj bXtog rj tw neyvxon treu»
rj xal ort niifvxtv rjätj e%eiv oi yao bfioCiog av tpaiftsv aävvarov elvat
yevväv nitida xal avdga xal cvvov/ov.
278) Anal. pr. 1, 3, 25 a. 37.: Inl ät tiSv ivä eyofi^viov , tntiSrj noXXa-
/tog Xfytrai to ivStxta&tti , xal yao to avayxaiov xal to /Ar) avayxalov
xal to ävvaTov iväfyia9ai Xiyofitv .... (b. 4) Sau fiiv IvSfyta&ai Xiytrta
Tä i'S aväyxrjg vnäoxeiv rj Tip fir) i£ aväyxrjg vnägxeiv, ouoiiog, olov u
xig tpalrj tov ävdntonov ivä^xta^ai /xr) tlvat, l'nnov (hier sieht man die ety
mologische Geltung des (vd^/eßd-ett, insofern es die begriflsmässige Zulassung einer
Bestimmung an ein Substrat bedeutet) rj to Xevxbv fxrjätvl IfiatCtp vnafyW
rovTiov yao to iiiv Ii aväyxrjg oix vnäqxti, to äi oix aväyxrj vnägxeiv
(14) Boa Sh Tip log inl noXv xal Tip nttpvxivut Xfytrai Iväfytod-ai,
xaS-' ov TQonov öioqC^ofxtv to Mfxbfievov xtX. Ebcnd. 13,32 a. 28.: tatet
aga to ivoexöfievov oix avayxalov xal to fiy avayxaiov ivi!ex°/*tvov
(b. 15.) rö /xkv neirvxbg elvai Tip fir) i'( aväyxrjg vnäoxttv (sc. avTiOroiif
(i), ovtio yäg h>o^xtTal P-7) noXiovd&ai av>onov. Mit Unrecht sieht hierin
Waitz (Orj. I. p. 404.) einen Widerspruch oder Mangel an richtiger Erwägung des
IV. Aristoteles (Urtheil). 177
da aus aber erstreckt sich dann das Stalthafte abwärts bis zum gänzlich
Unbestimmbaren und Zufälligen (Anm. 273), welches als solches sich
der Begründung entzieht 279).
Hiernach also sind die Verhältnisse zu untersuchen, welche in Be
zug auf Bejahung und Verneinung und Abfolge bei jenen Urtheilen ob
walten, welche nicht das factische Stattfinden einer Verbindung zwischen
Subject und Prädicat, sondern entweder die Möglichkeit oder Unmög
lichkeit oder die Notwendigkeit einer solchen Verbindung aussprechen.
Es sind diess demnach Urtheile von der Form :
faätXOfitvov, denn die oben Anm. 274 angeführten Worte zeigen deutlich, dass es
dem neqpvxog vor Allem darum an der Nothwendigkeit gebricht, weil es von dem
nichl-nothwendigen Dasein des Substrates bedingt ist, und daher sein Eintreten in
der That ein blosses Iväe/öfievov ist, findet aber das Eintreten wirklich statt, dann
zeigt sich die selbst nur mehr oder weniger stringente Nothwendigkeit der Nalurbeslimmtheit.
279) Ebend. 32 b. 4.: tö lvdfyto&ai xara Svo Xfyerat roonovg, eva [tev
tu tög tnl tö noXv yCveOihai .... (10.) aXXov äe tö äöniarov, o xal ovrcog
xnt fiij ovrcog övvarbv, olov tö ßaäC&iv (cjiov rj tö ßaSC^ovrog yeve"o&ai
aeiaftbv j; SXiog tö anb rv/IS yivöfxevov oiSev ytto fiüXXov ovrcog nfcfvxev
% (vctvrCcog (17.) tö 6" äogiorov (sc. civiiOTQe'cf ei) rcji ftrjäev fiäXXov ovrcog
ij IxeCvcog. Näheres über den Zufall Pltys. ausc. II, 4 ff.
280) Es widerspräche dem deutschen Idiome zu sehr und wäre hiedurch un
verständlich , wenn man sagen wollte „A ist möglich B zu sein" oder „A ist not
wendig B zu sein" ; durch die Adverbien „möglicherweise" und „notwendigerweise"
aber auszuhelfen, wie ich es unten bei der Darstellung der Syllogismen gethan habe,
war hier unthunlich, weil es sich hier auch um das Nicht-Möglich-sein und Nichtnolhwendig-
sein der Verbindungen handelt (was in der Syllogistik wegfällt), und
hiebei wegen des deutschen Sprachgebrauches statt „nicht möglicherweise", welches
Jedermann identisch nähme mit „notwendigerweise", überall gleich „unmöglicher
weise" gesetzt werden müsstc , was wegen der besonderen Behandlung des Unmöglich-
seins der Verbindungen wieder nicht angeht. Uebrigens habe ich im Folgenden
das Subject A als überflüssig und das Prädicat ß als gleichgültig überall wegge
lassen und der Kürze wegen bloss gesetzt „hat die Möglichkeit zu sein" u. s. f.,
was hiemit die entsprechende Uebersetzung des aristotelischen Svvarbv elvai u.s. f.
sein möge. Denn dass bei Arist. in dieser Lehre von den Möglichkcits- und Nothwendigkeils-
Urlheilen die Ausdrücke Svvarbv elvai., Svvarbv firj elvai, Sv
varbv elvai u. s. f. die Stelle des ganzen Prädicirlen, also der sog. Copula und
des Bog. Prädicates zusammen, einnehmen und dabei also immer an Sätze zu den
ken ist wie z. B. civDoconog Svvarög iari (oder fvSe"/erai) SCxatog elvai, ctv-
&nto7iog {vSfyerai ov Slxuiog elvai, itv&Qconog oix ivSe"/erat Stxaiog elvai,
ist in der Thal der Schlüssel zur Erklärung des ganzen betreffenden Abschnittes
b. interpr. 12 f. Und kaum erklärlich ist es, wie Waitz sich irre leiten liess (denn
fang bis zu Ende unbraricWi»T1W'TlÄ^^6h*iiärT9aT 'ne5esle-"Werk ' o£erlßfwiSieln
nTsser keine1!! EiHTlil.'S JtBVKfllH hätte, Unrichtiges angibt, so ist diess ebenso er
klärlich, wie wenn Biese Ilegel'schc Kehlgriffe zu Dutzenden macht), und der ari
stotelischen Doctrin den schlimmsTen IrmmnT emernBIssächTung der Stellung der
Negation vorwirft (Org. I, p. 359.); denn sowie das „hat die Möglichkeit" u. dgl.
die Stelle der sog. Copula einnimmt (s. Anm. 283.), so ist die Verneinung von A
Svvarbv tan B elvai eben A ov Svvarbv iari B elvai oder A Svvarov
oix ("ort B elvai oder A oix ivSe'/erai B elvai; jenes larC aber isl in den
Prantl, Gesch. I. 12
A hat die Möglichkeit, B zu sein
A hat die Unmöglichkeit, B zu sein
A hat die Nothwendigkeit, ß zu sein 2S0).
178 IV. Aristoteles (Urtlieil).
Soll nun liier festgestellt werden, welches die diesen Urtheilen ge
genüberliegende Verneinung sei , so darf man sich durch das bei den
Urtheilen des Stattfindens bestehende Verhältniss nicht täuschen lassen;
denn gienge man davon aus, dass dort die Negation, d. h. das „Nicht"
zum Behufe einer Verneinung sich mit der Bezeichnung des Seins ver
band, und würde man demnach z. B. auch hei den eine Möglichkeit
aussprechenden Urtheilen das '„Nicht" zu dem „Sein" setzen und hiedurch
die Verneinung gegenübergestellt zu haben glauben , so dass also
das „hat die Möglichkeit, nicht zu sein" die Verneinung des „hat die
Möglichkeit, zu sein" wäre, so käme man darauf hinaus, dass Bejahung
und Verneinung zugleich wahr wären, denn das Mögliche beruht ja ge
rade darin , dass die Möglichkeit des Seins und des Nicht-seins vorliegt,
so dass die angebliche Verneinung „hat die Möglichkeit, nicht zu sein"
ja gerade das Nemliche besagen würde, wie die Bejahung „hat die Mög
lichkeit, zu sein". Demnach ist die wirkliche Verneinung dieses Urtheiles
das „hat nicht die Möglichkeit, zu sein", und so auch bei den übrigen
dergleichen Urtheilen281). Man muss sich nemlich, um jener irrthüinliehen
Auffassung zu entgehen, die Sache gerade so vorstellen, als wäre
bei den Möglichkeits- u. dgl. Urtheilen das im Prädicate ausgesagte Sein
jenes Subject, von welchem die Möglichkeit prädicirt würde, d. h. ebenso
wie das Urtheil „A ist" gewiss nur durch „A ist nicht" verneint wird,
nicht aber durch „Nicht-A ist", ebenso wird der Bestand der Möglichkeit
des B- Seins gewiss nicht durch das Aussprechen der Möglichkeit des
Nicht- B- Seins verneint, sondern nur durch das Aussprechen der Nicht-
Möglichkeit des B- Seins 282); und somit nehmen nun hei diesen Ur
theilen die Ausdrücke „bat die Möglichkeit" u. s. f., sei es allein und
hiemit bejahend oder sei es in Verbindung mit dem „nicht" und hiemit
verneinend , die Stelle jenes „ist" oder „ist nicht" ein, und es ist z. B.
Ausdrücken rö SvvaTÖv elvat, welche eigentlich rö Svvhtov elvai elvai iieissen
müssten (vgl. wo tö Iv&fyea&ai eh'tti steht), aus erklärlichen Gründen wegge
lassen.
281) D. interpr. 12, 21 a. 38.: el yiiq .... avrcti allrilaig uvilxeiVTai av-
Ttyäoeig, baai xara tö eh'cit xal ur\ elvai tuttovtki, olov tov elvai av&otonov
anoifaßig rö urj elvai ävSownov, ov tö elvat ufj avd-Qionov (b. 10.) üiBtc
el ovTtog naVTa%ov, xal toi ävvaröv elvai anötpaOis eöTai tö dvvcnöv fiy
tlvai, &IV ov to ur\ Swutöv elvcu' äoxei de tö avTÖ ävvaa&ai xal elvai
xal fir\ elvai .... äare vnaoSei aiihi xal j/ aJiotpaßis iAli pyp
aSvvarov xaTa tov aiiTov aXrj&eveo&ai rag ciVTixeiue'vag ifaaeig- oix «of
tov SvvaTÖv elvai anoifaaCg lari tö SvvaTÖv ur) eivai .... (23.) earir UQ"
anoymaig tov Swutöv elvai to ur) SvvaTÖv elvai.... xal Inl Tiäv aütßV
df OUOlOTQOJTlog.
282) Ebend. 21b. 27.: ylverai yaq wgnen in' ixeCvw to elvai xal to
firj elvai noog&e'o e i g , Ta o vnoxeCueva nQayuara to uev Xevxbv to
äv&oionog , ovTtag ivTavfha to uiv elvai xal ur) elvai (og vnoxeluevov ylveTai,
tö St Svvaa&ui xal tö ivS^ea&ai nqog&e'aeig SwolCovaai, (SgniQ
in' ixetvmv tö elvai xal ur) elvai, tö ülr)&tg xal tö tpeiiSog, öuoliog avTiu
inl tov elvai SvvaTÖv xal elvai ov Swaröv .... (22a. 8.) xal xa&olov äi,
(ogneo eior)Tai, tö uiv elvai xal [Atj elvai Sei Ti&ivai <ög ta vnoxet'ueva, xaraqtaeiv
de xal anotpaOiv TavTa noiovvra noog tö elvai xal /jf) elvai OW~
TÜTTeiV.
IV. Aristoteles (Unheil). 179
ein Möglichkeits-Urtheil bejahend, sobald nur das „hat die Möglichkeit"
ohne Negation steht, mögen die übrigen Bestandtheile des Urtheiles affir
mativ oder negativ sein 283). Also wird
hat die Möglichkeil, zu sein vernein! durch hat nicht die Möglichkeit, zu sein
hat die Möglichkeit, nicht zu sein hat nicht die Möglichkeil , nicht zu sein
hat die Notwendigkeit, zu sein hat nicht die Notwendigkeit, zu sein
hat d.Nothwendigk., nicht zu sein hat nicht die Notwendigkeit, nicht zu sein
hat die Unmöglichkeit, zu sein hat nicht die Unmöglichkeit, zu sein
hat d.Unmöglichk., nicht zu sein hat nicht d.Unmöglichk.,niclit zu sein284).
Sowie nun hier die widerspruchsweise Verneinung in dem an Stelle
der sog. Copula tretenden Bestandtheile liegt, der reale Gegensatz aber
in dem „zu sein" und „nicht zu sein", so wird auch das
hat immer die Möglichkeit, zu sein
verneint durch
hat nicht immer die Möglichkeit, zu sein ;
sein Gegensatz aber ist:
hat immer die Möglichkeit, nicht zu sein,
und dessen Verneinung:
hat nicht immer die Möglichkeit, nicht zu sein 285).
Soll nun bei diesen Urtheilen ihre Abfolge , nach welcher sie der
Reihe nach von einander abhängen, untersucht werden, so ergibt sich,
wenn man hiebei von dem Möglichen als Möglichen ausgeht, folgende An
ordnung der Reihen, in welchen die vier obersten Urtheile obiges Verliällniss
der Verneinung und des Gegensatzes enthalten , und dasjenige,
was unter diese je vier geschrieben ist, den Gang der Abfolge aus
drückt286).
283) Anal. pr. I, 13, 32b. 1.: rö ycio Ivfifyta&ai rö) eivcti bftoCiog räxmm.
Ehcnd. 3, 25b. 20.: to Ivöfyta&at fitjötvl r\ Tivl fir] vnaQytiv xaraifurixbv
i^tt ro ayrjfia.
284) D. interpr. 12, 21b. 23.: anoifaatg rov övvarbv tlvai to fifj övvajiv
tlvai .... (34.) rov öl övvtabv fifj tlvai cmoiiaaig rb ov övvttrbv fifj
(hat . (22 n. 2.) bfioCiog öl xal tov ävayxawv tlvai anöqaaig .... tö
firi avayxaiov tlvai, tov öl avayxaiov firj tivai rb firt ävayxaTov fifj tlvai,
xtti rot aövvcerov tlvai .... rb firj aövvarov tlvai, tov dt äövvaTov firj
tlvai tu ovx aövvarov firj tlvai.
285) D. coel. I, 12, 282 a. 4.: r\ anöifaaig rov fA.lv ittt övvafiivov elvia
to ftij all övväfitvov flvctt , rö ö' ätl övväfitvov firj tlvai Ivavrlov, ov
hnitf uaig to firj ätl övväfitvov firj tlvai.
286) D. inlerpr. 13, 22 a. 14. : xai ai äxoXov&rjßtig öl xaru löyov y(-
Vovreu ovTio nfhtfitvoig' toi filv yäq övvarb) tlvai rb Ivöfytodai tlvai,
rui tovto IxtCvu) aVTiOTQ^ifti , xal to firj aövvarov tlvai xai rb firj avay
xaiov tlvai • rq) 6*1 ävvaxh) firj tlvai xal ivöt/ofitvoi firj tlvai rb firj dvaytuiay
iirj tlvai xai rb oix äövvitxov fit] tlvai' tö> öl firj övvaro} tlvai xal
firj Ivo tyofi(vo) tlvai to ävayxaTov fir) tlvai xai rb ädvvarov tlvai' to) ök
ftr) Svvuto) firj tlvai xal fiij ivötyofiivo] firj tlvai tö avayxaiov tlvai xal
ro aövvarov fir) tlvai' 9-t(ünt(0&u> öl ix rijc vnoyoafprjg wg Xiyofitv. In
der min folgenden Tafel habe ich nur oben das Ivötyö/itvov nicht eigens neben
dem öirvarbv aufgeführt, denn es fallen beide an sich zusammen, und auch in
den eben angeführten Worten erscheinen beide gemeinschaftlich als dasjenige, wel
chem erst die andern beiden folgen.
12*
180 IV. Aristoteles (Urtheil).
I. hat die Möglichkeit, zu sein l'. hat nicht die Mögliehkeit, zu sein \
II. hat nicht die Unmöglichkeit, zu sein Ii', hat die Unmöglichkeit, zu sein
III. hat nichtdie Nothwendigkeit, zu sein Ill'.hat die Nothwendigkeit, nichtzu sein
1. hat die Möglichkeit, nichtzu sein l'.hatnichtd.Möglichk.,nichtzusein
2. hat nicht die Unmöglichkeit, nichtzu sein 2'. hatd.Unmöglichkeit,nichtzusein
3. hat nicht dieNothwendigkeit,nicht zu sein 3'. hat die Nothwendigkeit, zu sein.
Dass nun hier bei I—I' und II—II', sowie bei 1 — l' und 2—2' das
Verhältniss der Abfolge zwischen I und II und zwischen 1 und 2 dazu
führen muss, dass Bejahung und Verneinung beziehungsweise ihren Platz
lauschen und also für die Abfolge nicht Bejahung unter Bejahung noch
Verneinung unter Verneinung stehen kann, hat Nichts auffallendes und
ist ganz in Uebereinstimmung mit dem oben (Anm. 210 f.) bei den ürtheilen
des Statlfindens angegebenen 2S7). Aber in Betreff der Urlheile
III—Ul' und 3—3' erhebt sich die Schwierigkeit, dass sie überhaupt
gar nicht in dem Verhältnisse von Bejahung und Verneinung zu einander
stehen, denn z. B. was nothwendigerweise nicht ist (III'), ist jedenfalls
Etwas, wovon es nicht nothwendig ist, dass es ist (III), so dass beides
(III und III') zugleich wahr sein kann, also von wechselseitiger Vernei
nung keine Rede ist 288). Die Ursache aber, warum sich diese Schwie
rigkeit erheben muss, liegt darin, dass bei dieser Abfolge von dem Mög
lichen schlechthin als bloss Möglichem ausgegangen wurde , und hiebei,
wie wir sehen werden, jene Seite des Möglichen, mit welcher es auf dem
Nothwendigen wurzelt (Anm. 271), ausser Ansatz blieb. Nemlich schon
wenn man von dem Unmöglichen aus mit der Abfolge auf das Notwen
dige übergehen will, also von II— Ii' und 2—2 aus, nicht aber von
I—1 und 1—l' aus, auf III—III' und 3—3' gelangen will, zeigt sich,
dass gerade das Unmögliche in seinen Gegensätzen mit dem Nothwen
digen zusammenfällt, denn dasjenige, wovon es unmöglich ist, dass es sei,
muss nothwendig nicht sein, und dasjenige, wovon es unmöglich ist,
dass es nicht sei, muss nothwendig sein 289), also wohl Abfolge von
Ii' zu III' und von 2' zu 3'. Aber nicht ebenso kann das Nicht-unmügliche,
also das Mögliche, mit dem Nicht-nolhwendigen zusammenfallen,
also nicht ebenso eine Abfolge von II zu III und von 2 zu 3 bestehen,
denn das Nolhwendige muss ja möglich sein, weil es ausserdem ein un
mögliches wäre, was Widersinn ist 290). Andrerseits aber kann dennoch
287) Ebend. 22 a. 32.: to fitv ovv aävvaiov xal oix aävvaTov rßj Ivöt-
/o/A^vip xal ävvctztj) xcd ovx ivätxofiivip xctl fit] övvazip äxoÄov&ti fjfr «vri(
f mix(os, aVTtajoitfjfitvtog fi£' Tii> fiiv yao ävvazip tlvai ' unöipaoig tov
äävvärov, rrj eif anoifaati rj xuTaifaaig' Tif yao oi övvarip tlvai tö aSvvaxov
tlvai' xaiäyuaig yüo tö aävvaTov tlvai , 70 d" oix advvuTov änotf.
aoig. Vgl. Anm. 209.
288) Ebend. 22a. 38.: tö <J" avayxaiov ntüg, onxiov. ifavtoöv Sri ou
ovx ovhos e/ti, äkk' al IvaviCai 'inovxai' al <T avxiq datig /(oqCq' oi yaf>
iaxiv dnöqaaig tov dväyxrj fir] tlvai to oix avayxi\ tlvai ' ivätytrai yao
aXti&tvto&ai £nl tov avTOv äfiipoT^Qag' To yao avayxaiov fJ.i} tlvai ovx
avayxaiov tlvai.
289) Ebend. 22 b. 4.: IvavTitog tö äävvaTov Tip ävayxalip aTioSCSottti
to avrö övvä/jtvov tt yao uävvaxov tlvai, avayxaiov tovto oi%l tlvai
oci.i.a fir\ tlvai' tl äk aävvatov /J.rj tlvai, tovto avayxr) tlvai. S. Anm. 2(>9.
290) Eb. 22 b. 11.: tö fxtv yao avayxaiov tlvai övvaTov tlvai' tl yag
IV. Aristoteles (Urtheil). 181
weder das Mögliche eine Folge des Nothwendigen sein , weil ja der
Möglichkeit die Nicht -Unmöglichkeit und die Nicht -Nothwendigkeit folgt
und also dann auch das Nicht-nothwendige eine Folge des Nothwendigen
wäre, noch kann umgekehrt das Nothwendigc eine Folge des Möglichen
sein, denn wenn die Nothwendigkeit, sei es des Seins oder des Nicht
seins, besteht, so ist ja die Möglichkeit, welche Leides umfasst, schon
aufgehoben291). Es bleibt daher nur übrig, dass die Nicht-Nothwendigkeit
des Nicht-seins eine Folge der Möglichkeit des Seins ist, d. h. dass
3 eine Folge von I, sowie III eine Folge von 1, ist, also III und 3 ihre
Stellen tauschen; lüedurch aber ist dann auch das Verhältniss von Be
jahung und Verneinung hergestellt, denn 3 ist die Verneinung von Hl',
sowie III die Verneinung von .3' 292).
Hiemit aber ist dann zugleich auch obige Unrichtigkeit beseitigt,
dass das Mögliche ohne Weiteres das Nicht-nothwendige wäre (I, II, III),
wie wenn es gar kein Mögliches gäbe, welches mit der Nothwendigkeit
selbst zusammenträfe ; denn in der That kann das- Mögliche eine Folge des
Nothwendigen sein. Nemlich selbst abgesehen davon dass, falls das Nothwendige
nicht auch möglich wäre, es eben unmöglich sein müssle (Anm.
290), besitzt nicht jede Möglichkeit die Macht, zwei entgegengesetzte
Wirkungen hervorzubringen, denn unter den vernunftlosen Potenzen kann
z. B. das Feuer nicht nicht-warm machen, sondern insoweit es als Feuer
exislirt, muss es nothwendig warm machen, und in dieser Nothwendig
keit liegt seine Potenz (von dem möglichen Eintreten eines äusseren
Hindernisses, Anm. 252, ist hier, wo es sich bloss um die innere Noth
wendigkeit handelt , mit Recht abgesehen) ; ebenso aber verhält es sich
bei Allem, was immer seine Thätigkeit manifestirt (Anm. 271), d. h. es
gibt Möglichkeiten, welche immer und nothwendig wirken 293). Und es
fit], r) ttnotpaßig dxoXovS-rjoei , avdyxr) yao rj ifdvai rj dnowdvai' iocIt' el
fir) dvvajöv elvai, aävvurov elvai • afivvctiov aqa elvai tö avayxalav elvai,
ontQ cctotiov.
291) Eb. 22b. 14. : aXXd /j.)]V Tip ye ävvaTÖv elvai tö ovx aSvvarov elvai
axoXovS-ei, tovtü) de tö fir) avayxaiov elvai- dlare Ovußalvei tö avayxaiov
elvai fifj avayxaiov elvai oneg ätonov ctXi.a /j.r)v ovoi tö avayxaiov elvai
dxoXov&ei Tip dvvaTip elvai oväe ro avayxaiov fj.r) elvai .... aua yap d*vvaröv
elvai xal pr\ elvai' el ä' avdyxr] elvai rj fj.r) elvai, ovx eazai dvva
jöv a/xipio.
292) Eb. 22 b. 22. : Xeinerai toCvvv to ovx avayxaiov fir) elvai axoXov-
&eiv Tip ävvaTov elvai .... xai yäg avTt] ylveTai dvzCipaOtg rjj enofie'vrj Tip
oii dvvaTip elvai' txeCvip yao äxoXovä-ei to ädvvazov elvai xai avayxaiov
fir) elvai, ov r] uTiöipaOig to ovx avayxaiov fJ-r) elvai. Hiemit nun stimmt auch
überein Anal. pr. I, 13, 32a. 23.: to yao ovx IvdfyeTat vnaQ%eiv xai ddvvatov
vTraQxeiv xai avdyxr] fir) vTiao/eiv rjToi Tarnet toxiv rj axoXov&ei aXXr\-
Xoig, iSare xai tu dvTixeCfieva tovtoiq, to IväfyeTUi vTido/eiv xai ovx aSvvaTov
vjidr/xeiv xai ovx avdyxr] fir) v7tdQ%eiv, rjroi Tavrä eatai rj äxoXov-
9ovVTa aXXrjXoig' xazd naviög yair r) (paOig rj r) anöifaolg töTiV.
293) D. interpr. 13, 22 b. 29.: dnoorjaeie (T av Tig el Tip dvayxatov elvai
rö dvvaTÖv elvai eneTcw et te ydg fif) ineTai, r) aVTtifaatg äxoXov&rjaei,
to fit] öwaTÖv elvai, xai el Tig tuvtt)V fir] tprjoeiev elvai dvTlipaOiv, uvdyxrj
Xfyetv tö Svvutöv fir) elvai ' aneo a/iipio \pev3i) xaTct tov avayxaiov elvai
(36.) ipaveQov Sr) ori oii näv tö ßvvaröv rj elvai rj ßadi'Ceiv xai tk
dvTixeifievu SvvaTai, dXX' edriv lip' töv ovx aXrj&eg, tzqwtov Ini tiSv fir)
xard Xoyov ävvariöv, oiov tö uvq 9eo(iuvTixöv xai rö iivq ov Svvutöv 9-eqfiaCveiv xai fir)' ovtt' oaat-dxeXiXadvvIav/eiqiyveiaaXeoly.ov
182 IV. Aristoteles (Kategorien).
bedeutet demnach das „Möglich" theils Potenzen, welche sofort auch
gleich actuell auftreten müssen, theils Potenzen, deren actuelles Auftreten
wohl irgend einmal stattfinden kann ; bei ersteren daher ist es richtig,
dass das Notwendige ein Mögliches ist, bei letzteren nicht294). Jenes
actuell Nothwendige aber ist das Princip des Seins und Nicht -seins der
Dinge, es ist jene ewige Actualität, welche allem Potenziellen vorhergeht;
denn das Seiende ist theils reiner Actus (die ersten und höchsten We
senheiten), theils Actus verbunden mit Potenziellem (die Wesenheit der
in Entstehen und Vergehen begriffenen Naturdinge), theils bloss ein Po
tenzielles (das Zufällige). So muss alles Uebrige als Folge des actuell
Notwendigen betrachtet und erwogen werden 20°).
Kaum nöthig ist es , zu bemerken , dass wir hiemit die Notwen
digkeit des begriffsmässigen Ansichseins , d. h. des xa&' «wo, an wel
ches wir nur schon oft erinnern mussten, als das reale Agens des Po
tenziellen innerhalb der Welt der Veränderungen vor uns haben. Und
somit werden wir die sichere Einsicht gewonnen haben, dass diesejjanze
Verbindung, in welche die Urlheile des Stattfindens mit den Möglichkeits
und Nothwendigkeits-UrthcTIcn gebrächt werden , ffir^azu dient, hinter
das Stattfinden, welches als solches momentan und transitorisch_ist, mit
dem*Xussprecheri der realen und notwendigen Causalität zurückzugehen.
MsT^eTTBI1is^Kh"'*iIenliendes Sprechen und ausgesproeji eMsTJelffieitüber
den bloss momentanen "BestaM'nimäüsreicht und auch in duTTTrsächlichkeit
desselben vermittelst der Urtheile des Möglichen und des
Nothwendigen zurückgreift, liegt in der Idealität des vovg, welcher die
Quelle aller Urlheils - Formation ist. Dass die beliebte_ Einteilung der
Urtheile in asserlprische^.prgble^ iniLdem
Sinne „und-decAbsicht^ des Aristoteles Nichts zu schaffen^^^jsjjkjar;
sie passt allerdings zujener Unnatur" '^3er"Togik" mit "we[«ii^jaan_jeit
der Zeit "des ' •einfältigen und begriffslosen"Chrysippus die^Lehre jom_B§;
grill'e vorausstellte. Uie^ arisiöWscBe l'ehre vom Urteile... enthält in ihrer/
gesammteri- unze"rstückbaren Entwicklungn'da's Maiprja) , welr-hfiS der Objects-
Sinn des vovg zur Erörterung der Functionen des Begriffes darbietet. _
DIE KATEGORIEN.
Fast möchte uns der Unfug, welchen eine verkommene und tief ge
sunkene Zeit mit der Kategorien - Tafel trieb, schon von vqrneherein die
294) Ebend. 23 a. 7.: rb /xtv yaQ ävvaibv ob% aitXwg ifysTai , äXXa io
filv Sri iiXij&tg log tvtoye(q ov, olov ävvurbv ßaätfriv ort ßattCti, xcä
blas dvvctTov tlvai ort ijäri S-On xar' Ivtqyttav o Xtytrai tlvat Svv«tö>',
zb ät ort- Ivtnyyotitv UV, oiov ävvarbv tlvai ßad(£tiv Sri ßaSCatnv ity
(15.) jb fiiv ovv ovxia dvvaxov oix äXri&kg xaxä xov ävayxaiov änl.äi
tintiv, &axtqov äi äXrjU-tg.
295) Ebend. 23 a. 18.: xai taxi «(OT lacog rb ävayxaiov xcA jitj
ävayxaiov nävxiav rj tlvai rj ui] tlvai, xai xä Ulla (bs xovxoig ixoXov
3-ovvxa Imaxontiv Sti. (favtqov .... Sri rb &väyxr\g ov xar' htf>-
yeiäv (anv, äaxt ti nooxtoa xä atöia, xai ivioytia öwäfj.twg Tiqoxiqa.
xai iä fiiv ävev Swäfiecog tviqytiai tiatv, olov al nqiaxai oiaCui, xä St
fttxä dvvü/j.ttog , a Tji fitv ifüati nnöxtQa x(j> dt xqovm SartQa, tu Si °w
ätnoxe ivtqyunC tlotv aV.it Svväfitig fiovov.
IV. Aristoteles (Kategorien). 183
Ueberzeugung aufdrängen, dass die aristotelischen Kategorien entweder
nicht zu den tiefsten und gediegensten Seiten der aristotelischen Lo
gik gehören, oder ihr Verhältniss von den Späteren gänzlich verkannt
worden sei, oder endlich dass diess beides zugleich der Fall sei; denn
die Erscheinung kehrt ja so mannigfach in der Culturgeschichte wieder,
dass das Widersinnigste in der Doctrin das zäheste und ausgebreitetste
Leben erweist, sei es dass der Widersinn schon ursprünglich vorlag
oder selbst erst hineingetragen worden war; gibt es ja sogar in der
Culturgeschichte grosser Epochen und .Nationen eine eigene Disciplin,
welche den speciellen Beruf hat, das Unbegreifbare als solches begrifflich
zu machen, oder z. ß. wie lange brauchte in der Geschichte der Medicin
der Begriff der Panacee bis zu seinem Verschwinden. Und wenn wir
nun sehen werden, wie im Mittelalter die Kategorien, ganz abgesehen
von ihrer ontologischen Geltung, mit einer wahren Wunderkraft für die
Logik ausgerüstet werden, so mag wohl die Untersuchung nöthig sein,
ob diess als ursprünglicher Unsinn in den aristotelischen Kategorien
selbst liege, oder ob sie nur von der nächsten und späteren Zeit in
unsinniger Weise aufgefasst worden seien, und ob und wieweit sie selbst
hiezn Veranlassung gaben.
Bei der Entwicklung der aristotelischen Annahmen betreffs der Ka
tegorien 29°) haben wir die Aufgabe zu zeigen, was bei Aristoteles die
Kategorien als Kategorien seien, d. h. welche Bedeutung für die aristo
telische Logik der Umstand habe, dass überhaupt von Kategorien gespro
chen wird. Und für .diese Untersuchung können und müssen wir von
deE.nns j^haltenen Schrift, welche den Titel Karriyogiai führt, ganz ab
gesehen von allen Fragen über Aechtheit und Unächtheit (meine Vermulhung
hierüber s. oben Anm. 5), völlige Umgang nehmen, denn erstens
gibt dieselbe über die Bedeutung der Kategorien als solcher auch nicht
die geringste Auskunft, und zweitens fällt dasjenige, was dort betreffs
der einzelnen Erscheinungen innerhalb der Kategorien ausgesprochen ist,
durchaus der Lehre vom Begriffe anheim (und auch selbst in dieser Be
ziehung könnten wir genanntes Buch füglich entbehren, da wir mit we
nigen Ausnahmen die Hauptsache des darin Enthaltenen auch ander
weitig aus besser beglaubigten Schriften des Aristoteles erfahren). Also,
— um nicht missverstanden zu werden — , ich sage nicht, dass die
Kategorien-Lehre in die Lehre vom Begriffe gehöre, sondern ich sage,
dass die logischen Functionen jener Momente, welche irgendwie in je-
296) S. Trendelenburg, Geschichte der Kategorienlehre. Berl. 1846. und nun
in jüngster Zeit besonders Bonitz , Ueber die Kategorien des Aristoteles , in d.
Sitzungsberichten d. phiI.-hist.~Cl. d. Wiener Akad. d. Wissensch. Bd. X, S. 591
— 645. Den einander gegenüberstehenden Ueberzeugungen, welche in diesen beiden
Schriften niedergelegt sind, Schritt vor Schritt bei Darlegung meiner Ansicht, welche
von beiden abweicht, durch theihveise Beschränkungen oder einzelne Widerlegungen zu
folgen, verbietet mir theils das nothwendig zu haltende Mass der Ausdehnung theils
der Umstand, dass ich die gleichmassige Darstellungsweise nicht gerne stören möchte ;
zu dem ja auch würde die principielle Auffassung , welche ich für die aristotelische
Logik von Anfang bis zu Ende durchzuführen versuche, in dem Falle, dass sie
eine innere Begründung in sich selbst trüge, einer detaillirten Darlegung abweichen
der Meinungen leichter entbehren können, im entgegengesetzten Falle aber durch
dieselbe auch Nichts gewinnen.
184 IV. Aristoteles (Kategorien).
nem Buche zusammengestellt sich finden, in der Lehre vom Begriffe den
ihnen wissenschaftlich gebührenden Ort finden, und dass hievon die Frage
zu trennen ist, wie denn Aristoteles überhaupt dazu kam, von solch so
genannten Kategorien zu sprechen. Und will man nun die Gesammtheit
der Ansichten, durch welche Aristoteles wirklich hiezu gelangte, die ari
stotelische Kategorien-Lehre nennen , so streite ich nicht mehr um das
Wort; aber wollte ich den mittelalterlichen und modernen Scholastikern
zum Trotze — denn das Jucken nach Aufstellung einer „Kategorien-Ta
fel" hat bis zum heutigen Tage- noch nicht aufgehört — den Ausdruck
völlig ujUjrL^sxharf wählen, so würde ich sagen, dass ej_gar_keine ari
stotelische: JKategorienjJjeJhre gebe, sondern \vohJ _eine aristotelische Lelire
vom Begriffe, in welcher dasjenige , was durch die Schule in TasTTerrbild
einer Kategorien-Tafel gebracht worden war, seine Erörterung findet.
Die Frage also ist: welche Bedeutung hat es überhaupt, wenn Ari
stoteles von Kategorien spricht ? — Nur vorausgeschickt möge die Be
merkung werden, dass xat^youciv bei Aristoteles an fast unzähligen Stel
len stets „ aussagen " , und zwar „ Etwas über Etwas aussagen " heisst,
daher to xa&' ov (sc. xarrfyoQEiicu) das Subject und to o (sc. xairjyogelrai)
oder to xatrjyoQOVjxevov das Prädikat eines Satzes bedeutet.
Hieraus mag man wohl schliessen, dass wir mit den Kategorien in die
ser Beziehung (aber, wie wir sehen werden, auch nur in dieser) uns noch
in der Nachbarschaft der Lehre vom Urtheile befinden; imüebrigen jedoch
soll diese Bemerkung über die Wortbedeutung von xätriyoQsiv 297) le
diglich als faktische Notiz vorausgeschickt sein, ohne dass wir irgend
durch Folgerungen hieraus uns für das Princip binden lassen. Sollte
das Princip, falls wir welches durch mannigfache Erwägungen finden
können, uns wieder hierauf zurückführen, so würde dann leicht das
Etymologische sich mit dem Wesentlichen vereinigen.
Aristoteles unterscheidet ausdrücklich drejerlei__Sgin (mit Ausschluss
des Zufälligen) ; nemlich ausser jenem Sein der Dinge, welches wir oben
als das im menschlichen Urtheilen auftretende, d. h. als das Wahr- und
beziehungsweise Falsch sein, trafen (Anm. 112 f.), und welches in Anbe
tracht der gegenseitigen Exclusivität des Wahren und Falschen als Kern
der Geltung der Urtheile auftritt, ist ein zweites Sein dasjenige, welches
in der Objectivität an dem steten Entwicklungsprocesse von Potenziellem
zu Actuellem sich thätig erweist; und ein drittes Sein endlich ist das
jenige, welches „nach den Formen des Aussagens oder der einzelnen
Aussagungs - weisen " (xaia ra ßirjfiara rrjg xarrjyOQiag oder xkxu xct
ap'jfMxra tc5v xctzYjyOQiäv) besteht, und z. B. ein bestimmtes individuelles
Sein oder ein bestimmtes Quäle oder Quantum oder ein örtlich oder zeit
lich bestimmtes Sein oder dergleichen „bezeichnet" 298); die gleiche
297) Näheres b. Waitz , Org. I, p. 266 IT. u. 285. Treodelenburg a. a. 0.
S. 3 ff.
298) Metaph.E.J, 1026a. 33.: ukV tnti tö ov to unkiäg keyöfiiyov ktyerai
nokkuxwg , äv tv ftkv ijv tö xutu avfjßtßijxog, tTtQov Si to a>g ukrf
&lg xul tö |U>j ov dg to ipevdog, tiuqu tuvtu <T IotI tu axqfiuru Trjg xct-
< TTjyoQCug , olov to fiiv tI to dl noibv tö d*t noaov to öi nov tö noxi
xul tt ti akko ar)/A«Cvti tov tqotiov tovtov, Zti nuoct tuvtu naVTa to
Svväfiu xul {vtnyttu, tnti är\ nokku)r(og kfytTui to ov , uqwtov nt()l tov
IV. Aristoteles (Kategorien). 185
Unterscheidung gilt in entsprechender Weise auch für das Nichl-sein 299);
s. hierüher unten Anm. 325 — 329. Und wenn nun nicht immer
diese drei Arten des Seins sämmtlich nebeneinander aufgezählt werden,
sondern je nach Bedürfniss namentlich von der ersten derselben , dem
Sein des Wahr- und Falsch - Seins, Umgang genommen wird, und also
nur die letzteren beiden erwähnt werden 30°), so erhalten wir hierüber
den völlig genügenden Aufschluss, dass jene Verbindung oder Trennung,
welche im Urtheile mit Bezug auf Wahr- und Falsch-sein ausgesprochen
wird, ja nur Sache des menschlichen Denkens ist, und daher etwas Ver
schiedenes von dem „eigentlichen Seienden" (xvQicog övza) ist, weil ja
die individuelle oder qualitative oder quantitative oder dergleichen Be
stimmtheit des Seienden durch das Denken erst in das Verhältniss einer
Verbindung oder Trennung gebracht werden301). Und so wird denn
auch da, wo es sich ganz besonders um die Unterscheidung der drei
Arten des Seienden handelt , ausdrücklich bemerkt, dass dasjenige, was
von den Formen des Aussagens bezeichnet wird, nemlich das individuell
oder qualitativ oder quantitativ oder örtlicli oder zeitlich Bestimmte und
die bestimmte Einwirkung eines Thuns oder Leidens, als das eigentliche
An-sich-sein der Dinge (xct&' avTa) „bezeichnet wird", weil es ja gleich
er« avjxßeßrixbg Xsxt(ov Sri ovSefiCa icil neoi avrb &(U)q(cc. (Auf die ein
zelnen Ausdrücke wie z. B. öyj)jj.a.TU Trjg xarrjyoQi'ag oder ar^xalvu , welche in
dieser und den übrigen folgenden Stellen gebraucht sind , werden wir im Verlaufe
besonders zurückkommen; desgleichen werden wir in Anm. 356. eine Zusammen
stellung geben müssen, wie viele und welche der einzelnen Kategorien an jeder
Stelle namhaft gemacht weiden.) Vgl. Anm. 302.
299) Ebend. 0, 10, 1051a. 34.: inti cU rö Sv Xfyirm xal tö fxt) ov tö
/ih Xttxa rä (Syrificiitt roiv xarriyoQiiäv , rb de xetree Svva/xiv fj ivfoyetav
rovxiav fj x&vaVTta, rö df xvqiwtutu ov «Xrf&ig rj ijjt vSog , xtX. (das Wort
xvQitoTtt-ia gehört hier nicht zu ov, sondern zu äXrj&tg fj ifteidog, in dem Sinne:
„dasjenige, was in eigentlichster Weise als wahr seiendes oder falsch seiendes auf
tritt" ; es wird nemlich in den sogleich folgenden Worten auf dieses eigentliche
Wahr- und Falsch-sein näher eingegangen; somit steht diese Stelle nicht in Wi
derspruch mit der unten, Anm. 301., anzuführenden). Ebend. N, 1, 10S9 a. 26.:
all' intiäi] to fxiv xara rag nraiatig itij ov taa%iSg raig xarrjyoQtcug X{-
yeim, nuQtt rovro tff to (os if/evöog Xiytrat fifj ov, xui tö xcctü ävvapitv,
ix roirov xrX. (dass das hier vorkommende Wort jirwaig bei Arist. nicht die
speciell in der Grammatik technische Bedeutung „Casus" hat, sondern überhaupt
jede Modification bezeichnet, welche das ausgesprochene Wort oder ein ausgespro
chener Salz, ja selbst ein Syllogismus, durch mancherlei Abänderung erfahren kann,
hat Bonilz a. a. 0. S. 613 f. gezeigt; und tö xara rag niioatig ftrj ov ist dem
nach jenes Nicht-seicnde , welches in den verschiedeneu sprachlichen — ich sage
nicjitj_gramniatischen — Modificationen des Aussageus, d. h. eben in den Katego
rien, erscheint).
300) Ebend. 0, 1, 1045 b. 32.: tnil o*f Xfytrui to ov r6 /ih tö tI fj
noibv fj noobv, rb Je xara ävvafitv xal ivrsXtyuav xttl xnrä rb toyov,
Stootooi/xtv xrl. D. an. I, 1, 402 a. 22.: nnwrov ä' tOutg ävayxaTov 3/tXtiv
Iv rCvi iwv yevüv xal rl tan (sc. fj rpv/fj) , teym äe nöreoov rode rt xctl
ovaCa rj noibv fj noobv rj xat rtg aXXt] iiSv ätttiQt&eiOäv xaTrjyoQiiöv, tri
S\ noxtoov tiSv iv Svväfiti övriov rj fiaXXov IvreXtyetä rtg' oia<p(ou yäa
ov ti a/iixnöv.
301) Metaph. E, 4, 1027 b. 29.: inel äi r\ avfxnXoxfj iön xal rj diaCgtaig
h ifj diuvoici aX).' ovx iv roTg noäyfiMi , rb d" ovrtag ov Utsqov ov tojv
zyniiog, fj yitQ rb r( ioriv fj ort noibv fj ort noobv fj tl " aXXo Ovvunrii
186 IV. Aristoteles (Kategorien).
gültig ist, ob man sagt „der Mensch ist krank" und „der Mensch ist
gehend" oder oh man sagt „der Mensch krankt" und „der Mensch geht";
denn jedenfalls bezeichnet dann doch ein solches „ist" eben das Nemliche
wie jene Bestimmtheiten, d. h. das bestimmte Sein liegt gerade in solcher
Bestimmtheit 302).
Hiemit wissen wir nun vollständig, wo wir uus befinden, — pein
lich auf der Bezeichnung des objektiven T^l^esUndes. insoferne in ihm
die Dinge irgend eine Scst!^||u^tjin^ich^ lxci-9 avtö) tragen und je
nes Bestimmte sind, als welches sie „bezeichnet"" werden. So handelt
es sich hiehei nicht mehr um die Funktionen des Unheiles in Allgemein
gültigkeit oder Nicht-allgeraeingülligkeit und in Bejahung oder Verneinung
(Verhältniss von Wahr und Falsch)., sondern es tritt das Ausgesagte als
Bestimmtheit des objectiv Seienden aus dem Urlhcile heraus , und hebt
sich aus demselben als irgend ein objectives bestimmtes Sein hervor303).
Es erhält also dasjenige, was wir oben (Anm. 132— 157) von dem na&'
ctvro in seiner Verbindung mit dem mxta navtög, woraus das xu&okov
resultirt, zu sagen hatten, jetzt jene Seile der Betrachtung , in welcher
die Urtheils-form des xara nctvtög unberücksichtigt bleiben muss und
der factische Bestand" des beTtimjnten SeiendeTi Ms ölifeittrffir den Ge
genstand bihleT; w!ur~vorTaüTig steht^ uus~sovieTTest, dass wir in den^
\ Kategorien keincnfaljs[^iLJW&Btkov suchen dürfen (vgl. Aniu. "fS^T" In"
ihrer Vrennung "aber /von "jener ersten Art des »eins, dem Wahr- und
Falsch-Sein, sind die beiden anderen Arten des Seins als selbst zusam
mengehörige innigsti mit einander verbunden. Nemlich jene Art des
Seins, welche in dem Enlwicklungsprocesse von Potenziellem zir Actuellem
auftritt, ist es terade, welche hiedurch zur Bestimmtheit des durch
die Formen des Aussagens bezeichneten Seins gelangt304). Es ist die
Möglichkeil überhaupt in gleicher Weise auf ein individuell bestimmtes
\K^-t /c*-", vv ,< * T ' r> **~* ^ OS»
302) Ebend. ^ 7, 1017 a. 22.: xa&' avxä St elvai Xfyerai SaantQ tfijfiatvu
tu ayijuara Trjg xaxrjyoQ(ag' öoay<3g yaf) ItytTai , zoaavTayäg to
tlvai o*r\iialvii ' inel ovv Ttov xaTrjyoQov/xe'viov r« fxiv tC (an arjfiuCvti rä
dt noiov tc< St noabv ret Se noög n ta St noitiv rj näayeiv tu St nov
tu Sh noTt , ixaaxii) tovtcov to tlvat ravto ar\fialvti' oiSlv yei(> diaytou
to avSQionog vyiuCvcov (otiv rj tö ävO-Qionog vyiuivtt, rj to avd-Qojnog ßct-
Sl^iov taxlv rj Ttfivwv tov av&nionog ßaSi'Cet rj Ttfivti, öftoi'wg St xat fjri
TtSv aXXoiv. in to (Jvai ar]iialvti xat to iaxtv ozi airj&ig, to Sh fir) tlvcu
ort ovx älrj&tg «Xi.cc ipevSog öfiohog inl xcnaifiiafiog xcil ünoifäatiog ....
in to elvai atfixaCvti xal to ov tö piv Svvüfiti to i5" IvTtXtytCii tüv
einrifit'viov tovtiov.
303) So weiden allerdings richtig die Kategorien als rä avtv avunXoxtjg Xtyofitva
bezeichnet, Cat. '2, 1 a. 16.: tü>v Xtyoftivarv r« ti'tv xaTa avfiJti.oxr\v
Xiytxai, to. S' iivtv ovfj.7iXoxfjg' ro fitv ovv xutü aviinXoxr)v oiov äv&nwTiog
T(f£xet, av&oionog vixif ra S' avtv avun).oxr)g oiov avS-Qionog, ßovg, Tofytt,
vixä. Ebend. 4, lb. 25.: tiüv xaTa /xrjSt/j,i'uv avfinXoxt]V Xeyo/xt'viav ixuazov
hvoi ovalav GrjiiaCvti rj noabv rj noibv rj nqog ti rj nov rj noTt rj xttO&ta
rj iytiv fj noitiv rj naayeiv.
304) Es erhellt diess zum Theile schon aus den so eben angeführten Stellen
(Anm. 299 )jb St xaTa Sivu/xiv rj Ivt'nyeiuv tovtiov, d. b. des gerade vorher
genannten Seins, welches xaTa r« ayr]fiaia t<uv xaxijyoQiwv besteht, und (Anm.
302.) to jxiv Svväfiti tu (!" ivTtltytCcf tiöv tlQrjfiivtov tovtwv (ebenso);
noch bestimmter aber ist es in den sogleich' folgenden Stellen ausgesprochen.
IV. Aristoteles (Kategorien). 187
Sein und auf jede der übrigen Kategorien gerichtet 305), d. h. das ganze I
Verliältniss des Potenziell- und Actuell- Seins bewegt sich in dem indi- 1
vidnell Bestimmten und dem qualitativ oder quantitativ Bestimmten und
den übrigen derartigen Seins- Kategorien und ausserhalb dieses irgend
so bestimmten Seins besteht gar keine Veränderung, hingegen jede solche
Gattung (ytvog) des Bestinimtseins enthält die Doppeltheit des Potenziellen
und ActueHen in sich ," so dass es so viele Arten der Veränderung als
Arten des Seins gibt, und zugleich besteht eine jede derselben nach
zwei Bichtungen hin, nemlich nach den in ihr möglichen Gegensätzen 308). /
Darum ist auch einerseits die Bezeichnung des Sprach -Ausdruckes für
das Werdej^w__y/rtJ&cft) oder Entstehen Jjunlßs yiyeC&ca) durch die
Kategorien als eine verschiedene bestimmt, insoferne man das Wort
„Entstehen" gebraucht, wenn ein individuell Bestimmtes^ dqs. Producl des
realen Processes~"Kr*(z, B. die Pflanze^ entsteht) , hingegen das Wort
„Werden ", wenn eine andere, qualitative, oder dergleichen, Bestimmtheit
das Besultat ist (z. BT der Mensch wird ein Gebildeter); immeF jedoch,
bei der intlividuelTciT'sowie bei "jeder anderen Bestimmtheit kann nur
das auf der positiven und affirmativen Seite Liegende, nicht hingegen
ein Negatives wie z. B. Ungebildet, als das Entstandene oder Gewordene
bezeichnet werden 307); denn andrerseits ist eben auch das Besultat
eines Ueberganges von Potenziellem zu Actuelleni in der Realität wirk
lich ein positiv, affirmativ Bestimmtes, und so wie das an sich gänzlich
unbestimmte, aber der Bestimmung fähige Stoffliche durch den Verwirklichungs
-Process die Bestimmtheit erlangt, dass es ein individuell bestimmtes
Wesen wird, und daherjjje^ Wesen^-.B^stomyjej|J[gi^^._ e|n
Pradlcat ist, welches vom , S^q(fe_jijs_dp,in SmSg träte oder Suhjcctc ausge-
305) Mctaph. 0, 4, 1047 a. 20.: (vä^/exai ävvaxbv fiiv xl eivai fxrj tlvai
Si xal Svvaxbv fir\ elvai. elvai dl, bfiotiog dl xal Inl xäiv kXXiav xaxrjyoQitöv
ävvaxbv ßaifCfrtv ov ftfj ßaä(£eiv xal fii] ßadl(ov ävvaxbv elvai ßaä(£eiv.
306) Phys. ausc. III, \, 200 b. 26.: fffit äij xb fiiv lvxeXe%c(tf fiövov xb
äl dvväfjiei rö dl ävvüfiei xal IvxeXexelcf (dass so zu lesen ist, s. meine Ausg.
d. Physik, S. 202.) tö fiiv rode xi xb dl xoaovde xb dl xoiövde xal inl xtüv
älliav T(öv tov ovxog xaxxyyooiwv bfxoCiag (32.) ovx toxi dl xlvr\aig naQtt
xä nQayfxartf fiexaßäXlei yuQ ib fiexaßällov äel rj xar' oiaiav »J xaxä no-
Gov xaxä noibv rj xara xbnov xoivöv d' inl xovxtav ovdlv eaxi laßeTv,
äs ipafilv (hierüber s. unten, Anm. 322 f.), o ovxe xode ovxe noabv ovxe noibv
ovxe xtüv aXltov xaxr\yoQr\fiäxiav oidiv tSiax' ovdl xivrjOtg oidl fuexaßoli)
obäevbg eaxeti naQtt xä elQrj/aiva fir/devög ye ovxog naQt't xä elQrjfie'va' i
exaaxov dl äix<äg bnag/ei natiiv, olov xb xode, xö fiev yaQ^ fioQiir] avxov,
xb dl ax^Qr/Oig , xal xaxa xb noibv, xb fiiv yc'iQ levxbv xo dl fiilav, xal
xaxü xb noabv xb fiiv xdeiov xb d" äxeXlg, bfioCtog äl xal xaxa xr\v tfoQäv
xb fiiv itvia xb dl xäxio rj xb fiiv xovtfov xb dl ßagv. dioxe xivi\aemg xal
fiixußoXrjg eoxiv eiärj xoCai/Ttt S(ta xov ovxog' äirioxffiivov dl xaH-' exaaxov
yivog xov fiiv ivxfXe%e(tf xov dl dvväfiei, xxk. Beireffs aber des hiemit zu
sammenhängenden Beweises, dass es doch nur vier Arten der Veränderung gibt, s.
unten Anm. 319 f.
307) D. fien. et corr. 1, 3, 319 a. 9.: xi noxs fiav&ävov fj.lv oi Xiysxai
anlag ylvta&ai aXXa yCvta&ui imoxijfiov, xb äl tpvöfttvov ytveo&af xavxa
J« diiüQioxai xttig xaxr\yov>laig' xit ulv yäo xöäe xi ar\fialvti xa äl xoiövät
xä äl noaöv o0a oiv f.trj ovisCav ai\ftalvsi, ov Xfyfxai anlag aXXa xl ytrio&
af ov fxtjV all' ofio((og iv näai yivtoig /ulv xaxa xä tv xrj ixiotf
avaxotxtu Xfyexai , olov iv fiiv oiola lav nÜQ &XX' ovx läv yrj, tv äl Tijf
not vi lav imaxijftov ccXX' oi>% oxav avtniaxfiuov. Vgl. Anm. 314.
188 IV. Aristoteles (Kategorien).
sjyjt _wird, so ist ebenso die qualitative oder quantitative oder jede an
dere dergleichen Bestimmtheit eine Bestimmtheit des individuellen Wesens
und hiemil ein Prädicat, welches von der individuellen Wesenheil als
dem Subjecte ausgesagt wird; und die Kategorien sind daher überhaupt
(sei es die Aussage der individuellen Wesens -Bestimmtheit oder sei es
eine der übrigen) dasjenige, wodurch das Seiende bestimmt ist 308).
Natürlich nun tritt das Stoffliche, eben weil es in keinerlei Weise
bestimmt ist, völlig in den Hintergrund, und von Bedeutung bleibt nur
das Verhältniss der bereits selbst schon bestimmten individuellen Wesen
heit zu den übrigen Bestimmtheiten, deren Träger sie ist, denn dasjenige,
welchem nicht das Sein einer individuell beslimmten Substanz zukömmt,
kann noch weniger irgend eine anderweitige Bestimmtheit an sich haben,
weil es ja ausserdem trennbare Zustände gäbe 30SI). Während die übri
gen Bestimmtheiten gar keine gesonderte Existenz haben, sondern nur
als Kategorien oder Prädicate der individuellen Substanz auftreten können,
„ erscheint " (iiupcdvsTcti) diese letztere in jenen, und nur durch die in
dividuelle Wesenheit, weil diese selbst ein bereits bestimmtes Substrat
ist, erhallen auch die übrigen Kategorien ein mehr individuell bestimmtes
Auftreten310). Darum müssen einerseits alle übrigen Kategorien, nemlich
das qualitativ und das quantitativ oder sonst dergleichen Bestimmte, auf
die individuelle Substanz als das in erster und ursprünglichster Bedeu
tung Seiende zurückgeführt werden311), und eben weil jenes erste
308) Metaph. Z, 3, 1029 a. 20.: Xfyia cF v^v avTrjV (ir/Tt rl
firjTS noaöv fxr^Tt äXXo firjäiv XfytTai olg (»Qiaiui tö ov tOTi yaQ ti xctS-'
ov xaTrjyoQtiTai tovtojv txaOTov, <p rö tlvai stcqov xal twv xaztjyoQiäv
ixäorrj' rä ßlv^XftQ äXXa r?jg ovatag xaTtjyontiTai , ctvrr^ de Tpg vXris,
tüoie to ?&xa7övxa9 Kvrd üvtc ti övTt noaöv ovrt~'aXX'6~ovdYv lariv.
So schwindet alle Schwierigkeil, welche man von jeher darin gefunden hal, dass
die individuelle Substanz (ovOin) selbst eine Kategorie ist und in dem Kategorie-
Sein den übrigen Kategorien gleich steht. Ebend. r, 4, 1007 b. 28. : rö yaQ dvväfiti
öv xal fxij IvTiXtxtlit rö aoQiOTov tan. Vgl. Anm. 314.
309) D. qen. et. corr. I, 3, 317 b. 8.: ip äi uij iinao/ti ovaCa firjdt Totfe,
drjXov (ög ovik tojv aXXmv oiidtfxla xazijyoQiäv , oiov ovTt noiov ovTt no
oöv ovts to 7iov' xioqiOtu yaQ äv tir\ tcc nüfrrj tiov ovGkov.
310) Metaph. Z, i, 1028b. 20.: dtö xäv anoQr\atit' rig TTÖTtQov tö ßctSi-
[tiv xal tö vyiatvtiv xal to xa&rjo&ai txaOTov avTiöv ov fifj ov , öfioliog
äi xal tnl t<öv aXXtov ötovovv tiov xowvrmv oiiStv yao avTiov lozlv ovu
xa&' aÜTÖ ntifvxbg ovxe ^tootCtaSai dvvaröv rijj? ovatag, aiXä ftiiXXov,
etntQ, to ßadt£ov tiov ovtiov ti xal rö xa&qftevov xal to vyiaivov' rnOr«
ät fjiäXXov tpttCvSTai bvxa , dioTi torC ti tö inoxttfitvov aiiToig loQiOjiivor,
tovto rf' io"Tlv r( oiata xal tö xad-' ixaOTOV, öntQ tfiipatvtTai Iv ijj xtt-
Trjyoplq rjj TOiavrrj' rö ctya&öv yaQ rj to xa&ri/jfvov ovx avtv tovtou X(-
ytTttt ' drjXov ovv oti dia TavTr/v xaxttviov txaaxov iariv . . . . (33) tiov fitv
yao uXXiov xaTrjyoQrjfir'niuv oidtv ytooiOTÖv , ccvtt] di fiövr). (Ich ziehe auch
diese Stelle bei, da ich hoffe zeigen zu können, dass eine Unterschejdun»; eines
weiteren und engeren Gebrauches des Wortes xaTrjyoQta unhaltbar ist). Ebend.
JV, 2, 1089 b. 24.: Inl fj.lv ovv räv aXXcov xaTtiyooiiSv i/st Tiva 'xcä riXXijV
inCGTaaiv nmg noXXä' dia yaQ tö fiij ^topiCr« tlvai xtfi rö vTioxtiutvuv
noXXa y(veö&ui xal tlvai noiä rf noXXa tlvat xal noaä' xaUoi Sei fi
Tiva tlvai vXrjV fxÜ0T(p yivti , nXr\v ^ojQiOTrjV aävvarov tiSv oiioiiöv.
311) Ebend. Ö, 1, 1045 b. 27.: TTfpl filv ovv tov nQiäziog bviog xal
TiQÖg o näoai ai aXXai xaTtjyoQiai tov oVTog äva(ft"QOVTai tiQrjTai, ^rtol
rfjg ovatag ' xaTa yao tov Tr\g oiaCag Xoyov Xtytiai TttXXa ovra to ti noaöv
xal tö noiov x,a\ TaXXa r« ourwf Xtyö/^iva , navTa yaQ i$ti töv rijf
IV. Aristoteles (Kategorien). 189
Seiende in Verbindung oder Zusammensetzung mit den übrigen Bestimmt
heiten, welchen es zu Grunde liegt, tritt, können nur hiedurch vermöge
einer blossen Folge diese eigentlich bloss prädicativen übrigen Kategorien,
nemlich das Quäle und das Quantum und das Wo und das Wann und
die Bewegung selbst, gewissermassen (nrng) gleichfalls als ein Substanzielles
betrachtet werden312); andrerseits aber ist klar, dass unter allen
übrigen Bestimmtheiten diejenige, welche bloss ein gegenseitiges Verhal
len ausspricht, neinlich die Kategorie des Relativen (ngog ti), am we
nigsten einen Anspruch auf eigenes substanzielles Sein hat, da sie nur
als ein Zustand des bereits qualitativ oder quantitativ Bestimmten gelten
kann und überhaupt schon fast an das Gv^tßfjKog hinstreift313).
Hiemit nun müssen wir, wenn dem Substrate die qualitative, quan
titative, relative, örtliche und zeitliche Bestimmung gegenübergestellt wird,
oder wenn zusammen die individuelle Substanz und die eben genannten
übrigen Kategorien nebst der Bestimmtheit des Thuns oder Leidens als
ein umfassendes Eintheilungsgebiet (diffl(np>ztti) bezeichnet werden314),
hierin das Product eines Verwirklichungs - Processes der Bestimmtheit
überhaupt erkennen. Denn sowie wir schon im Bisherigen auf die
Bezeichnung „Zustand" {nü&og , Anm. 309 u. 313) und sogar auf die
Bewegung selbst (nivrjaig, Anm. 312) stiessen, so sagt Aristoteles, völlig
hiemit übereinstimmend, ausdrücklich, dass eben die qualitativen Be
stimmtheiten und die Bewegungen und sämmtliches derartige es ist, was
wegen seiner Untrennbarkeit von der Substanz keinen Anspruch auf
selbstständige Substanzialität hat 31 5), oder noch deutlicher, dass diese unovaiag
Xöyov. Die Priorilät der oia(a ist auch noch ausgesprochen in den Stel
len Anm. 312—318.
312) Ebend. Z, 4, 1029 b. 23.: Inel d" eati xal xaxct rag aXXag xartjyoqiug
oüv&tta, tOTi yäq ii vnoxtifitvov txaOTtp oiov Tip nötig xal Tip
noaip xal Tip noTt xal Tip nov xal xivr\att , axtmiov ctg' tOTi Xöyog
tov ti r)v eivai txäaTip uvTtäv (1030 a. 18.) xal yäq to ii Iotiv iva
uiv roonov orjfiaivsi ttjv ovoluv xal tö ■rod« ti , äXXov ät exaOTov tiSv
xut tjyoQovfievcüV , noabv , noibv xal bau «U« loiavia' iSgntq yäq xal to
iotiv vnäo/ti nuaiv äXX' ov% bfioiiog , aXXä Tip fiiv nqiaTiag rotg d" inout'viog
, ovtü) xal to rC laxiv änXmg /Jtv ry ovaia, niag elf lolg äXXoig.
313) Ebend. Jf, 1, 1088 a. 23.: rö dt nqög Tt nävTtav ijxiOra tfvaig rig
rj ovaia tiov xaTijyoqiiöv toxi xal vOTt'qa tov noiov xal noaov , xal na&og
*t tov noiov to nqög ti. Eth. Nie. I, 4, 1096 a. 20.: rb äe xa$' aixb xal
ti ovaia nqoTtqov ti] ifiati tov nqog ti' nuqaifvääi yäq tovt' ioixt xal
avfißtßr)XOTi tov ovTog. Vgl. Anm. 345.
314) Pltys. ausc. I, 1, 190a. 31.: noXXa/äg Sk Xtyofit'vov tov yiveo&ai
xal Ttav fiiv oii yivta&ai itXXä rode ti yivta&ut , änXtög d*k yivtaS-ai tiSv
ovaiiiv fxovov (vgl. Anm. 307.), xaTec iitv TaXXa ifavtqbv ort ävdyxr) vnoxtiattui
ti rö yivofitvov (vgl. Anm. 308). xal yäq noabv xal noibv xal nqbg
fitqov xul 7iore xal nov ylvtxai vnoxtifxt'vov Tivbg Siä to /uövrjv Tr)v ov
aiav firjäivbg xaT' äXXov Xt'ytaS-ai vnoxei/ue'vov, r« d" aXXa naVTa xaTa
TT\g oiialag. Ebend. V, \, 225 b. 5.: ei olv ai xaTryyoqlai, äiyqrjVTai odaia
xal nowTTjTi xal Tip nov xal Tip noTt xal Tip nqög ti xal Tip noaip xal
Tip noteiv rj näa/tiv, xtX.
315) Metaph. A, X, 1096a. 19.: xal yäq tl log oXov ti to näv, r) ovaia
nqÜTov fte'qog, xal tt Tip {qei-rjg, xav ovrio nqÜTOV r) ovaia, tfaa rö noibv,
eha to noaöv' afia d" ovo bvxa tag tlniTv änXiög rßOr«, oiov noiÖTTjTtg
xal xtvqattg tj to ov Xtvxbv xal to ovx ti&v' Xiyofitv yovv elvai xalTaiiTU,
oiov tOTiv ov Xtvxov tTi oväiv tiöv äXXiov ^w^to'rö)'.
190 IV. Aristoteles (Kategorien).
selbstständigen blossen Prädieale überhaupt die Zustände und die Bewe
gungen und das Relative und das Sichverhalten und die wechselseiligen
Verhältnisse seien, welche insgesamml die individuelle Substanz erfährt
(neitov&e) und hiebei als Substrat beharrt316), oder endlich ebenso, dass
mit Ausnahme der individuellen Substanz selbst alles Uebrige nur insoferne
ausgesagt wird, als es Qualitäten oder Quantitäten oder Zustände
oder sonst Etwas dergleichen enthält, was eben die Substanz betrifft317).
Demnach hat es gar Nichts auffallendes , sondern kann im Gegentheile
nun von uns sehr wohl verstanden werden, wenn Aristoteles die Bestimmlheiten
des Seienden, d. h. die Kategorien, überhaupt auf folgende
drei reducirt: individuejhjjSj)Jiatanz_(ov(jta), Product eines Vorganges oder
Zustand (nä&oe) , relatives Sichverhalten gegenseitig (jtgo'g ti) — die
letzteren beiden untrennbar von der ersleren — , und wenn dann eben
in dieses Auftreten der Bestimmtheit als einen mannigfachen Uebergang
vom Potenziellen zumActuellen die Vielheit des Seienden verlegt wird318).
Also haben wir die sämmtlichen Bestimmtheiten des objecliv besiehenden
Seienden als Producle eines die Verwirklichung herbeiführenden Vorgan
ges zu betrachten, sowohl die Bestimmtheit der individuellen Substanz,
welche aus dem bloss Stofflichen verwirklicht wird, als auch die übrigen
Bestimmtheiten, in welchen die Substanz erscheint {i^cpaivevai). Ein schla
gender Beweis für die Richtigkeit dieser Auffassung ist jene ganze Argu
mentation, welche Aristoteles führt, um zu zeigen, dass es nur vier Arten
der Veränderung geben kann. Nemlich von den aus jener Beweisführung
(Phys. ausc. V, 1 f.) oben, Anm. 314, aufgezählten Kategorien fällt das
Relative schon aus den obigen Gründen, da es am wenigsten substanziell
isl und jede andere Bestimmtheit bereits voraussetzt — abgesehen von
316) Ebend. B, 5, 1001b. 29.: Ta ftiv yaQ nä&rj xai al xivr\aeig xai ra
TiQÖg xi xai al äia&e'aeig xai ol Xoyoi -ovdti'bs äoxovdtv obot'av (Srj/taivciv
XfyoVTai yaQ ndvra xaS-' vnoxeifiivov rivbg xai ovSiv ToSe tiv II dt
ltOT, äv doffit arjuaCvetv oba(av, vfioiQ xai yrj xai tivq , ii- üv Ta Ovv-
&tta atäfiara awiOTr\xe , tovtiov ^e^uoVijrf? fiiv xai ijiv/QÖTTjTeg xai ra
Totavia nä&rj ovx obaCai^ to de Güfia to .zavra nenov&bg fiövov vnofifvei
läg ov ti xai ovGCa Tig oiiOa.
317) Ebend. Z, 1, 1028 a. 13.: roaama/oig de Xeyo/je"vov tov ovTog (pavsqov
oti tovtiov tiqiötov ov to tC Iotiv, bneQ orjuaivei Tt]V ovaiav OTaV
yaQ etnwjiev noiöv ri roSe , rj äya&bv Xe"yofiev rj xaxbv , ctXX* ov TQtnr\%v
rj avfrQtanov orav äe tI lanv, ov Xevxbv oväe &eo/xbv ovd'e TQlnr\yy, aXV
av&Qtonov rj -D-töv tcc d" aXXa Xe"yerai bvxa Tb) tov ovtüjs ovros iä (th>
noaÖTr]Tag eivai Ta tf£ noiorr/Tag ra äi nafhf t« de iiXXo ti toiovtov.
318) Ebend. N, 2, 1089 b. 20. (woselbst gegen Plato bemerkt wird, derselbe
hätte, wenn er die Vielheit des Seins überhaupt, nicht bloss die Vielheit einzelner
Gallungen desselben, erklären wollte, den Begriff der d*vvapiig nicht so vernach
lässigen dürfen, wie er es überall gethan): noXv Tt fiäXXov .... ei l$Tei to
Träg noXXa xa ovra, [irj tu Iv rrj avTn xair\yoQia fyreiv , Träg TioXXal
ovalai y noXXa noia, äXXa nüg noXXa ra ovra' Ta /uiv yttQ ovoCai, ra 6i
na&rj, Ta de nQog Tf ini ukv ovv räv aXXiov xaTrjyoQiäv e%ei Tivä xai
aXXrjV IniaxaOiv niiig noXXcf Sia yaQ to firj ^wqiOtcc tlvai rep to vnoxeifttvov
noXXa yCvea&ai xai etvai noia re noXXa elvai xai noaä' xuCtoi Ssl
yi Tiva tlvai vXrjV exadTip yivti , nXrjV /(aQiOTr)v aövvarov tüv ovttiüv
aXX, Ini tiSv rdtT« ti e/H Tiva Xoyov, niög noXXa to ToSe rt, et iorai
xai TÖäe ti xai tfvtiig xig Toiavrrf avrri dV iOTiv Ixelftev fiäXXov >) utio-
Qla, näg noXXal IveQyetq ovUiai, aXX' ob flitc.
IV. Aristoteles (Kategorien). 191
anderen Gründen319) — von vorneherein weg, sowie gleichfalls die
zeitliche Bestimmtheit, da die Zeit seihst erst Mass der Veränderung ist ;
und nachdem dann ausführlich gezeigt wird, dass es keine Veränderung
der Veränderung, d. h. keinen Vorgang des Vorganges , gibt , fällt hiedurch
die Kategorie des Thuns oder Leidens gleichfalls weg, und es
bleibt nur übrig, dass es eine Veränderung in Bezug auf die individu
elle Wesenheit seihst (Entstehen und Vergehen), eine Veränderung in
Bezug auf die qualitative Bestimmtheit (qualitative Aenderung), sowie eine
in Bezug auf die quantitative Bestimmtheit (quantitative Zu- und Ab-nahme),
und endlich eine Veränderung in Bezug auf die örtliche Bestimmtheit
(Raumbewegung) gibt 32°). Hiemit ist die ganze allseitig nach Qualität
und Quantität 'und Ort determinirte in der Zeit auftretende Wesens-Individualilät
in dieser ihrer gesammten Bestimmtheit ein Product einer
Veränderung, d. h. eines Ueberganges von Potenziellem zu Actuellem
(Anm. 306), und dieses so in jeder Beziehung bereits bestimmte Wesen
erweist dann diese seine- Bestimmtheit auch in einem bestimmten relati
ven Verhalten zu anderen und in einem gleichfalls bestimmten Auftreten
seiner eigenen Thätigkeit oder abermaligen Veränderung; und wir wis
sen hiemit gewiss, dass die in den obigen Stellen (Anm. 312, 315, 316)
unter den Kategorien vorkommende „Bewegung" sowie die eben dort
(Anm. 309, 313, 316, 317) genannten „Zustände" Nichts anderes bedeu.
ten, als das so eben (und Anm. 314) erwähnte Auftreten eines bestimm
ten „Thuns oder Leidens"321); hiezu noch die Stelle in Anm. 323.
Auf diese Weise hätten wir mit den scholastischen und vielfach jetzt
noch üblichen Auffassungen der aristotelischen Kategorien und nament
lich mit der beliebten Zehn-Zahl derselben schon jetzt so ziemlich auf
geräumt; denn eigentlich wären wir hiemit auf nur drei Haupt - Katego-
319) Phys. ausc. V, 2, 225b. 11.: ovdk dr) t$ tiqÖsti (sc. xCvtjaCg iöriv)'
IvS^x^"1 Y"Q &<*t£qov /JCTaßaXXovTog äXrj&eveif&ai -däzeQov firjdev ixeTaßalXeiv
, iSart xaza avfißeßrjxbg r) xCvrjOig avTäv.
320) Ebend. \, 224b. 28.: r) de fiij xaxa ßvfißeßrjxbg (sc. fieTaßoXrj) ovx
tv Snaaiv, aXX' tv roTg IvctVTCoig xai tv roTg fiercigv xai tv &VTi(pao~ei
225 a. 12.: r) fiiv ovv ovx t£ vnoxeifievov eig inoxeCfievov (teTaßoXrj
xaz* avxtifaoiv yiveaCg toriv, r) fiev cinXtög änXr) r) dt rlg Ttvög (s. Anrn.
307) (34) tnel dt näaa xh'rjßig fieraßoXr] rtg, fjSTußokttl di roelg al
tlprifitvai , tovt(ov d' al xma yiv*eciv xai upfhonav oi xivnaetg, avrai d'
etaiv al xetr' avTlifciaiv , avayxr) tt)V i$ imoxti[itvov tig inoxeCfievov fie-
TttßoXrjV xlvTjOiv tlvai fiovrjv. 2, 225 b. 15.: ovx eOTi xivrjoeiog xfvtjOig oiide
yeve"aeo>g yh'taig ovo" oXtog fxeTaßoXrj jiezaßoXrjg 226 a. 22.: tnel de
ovre ovolag (denn diess ist eben yiveaig , diese aber keine xCvrjOig; s. Anm.
215.) ovre tov noög ti ovre tov noieTv xai nad/uv, XeCnerat xarce to
iToibv xai to noabv xai to nov xivrjaiv elvat fiovov. S. überhaupt z. d.
ganzen Stelle meine Ausg. S. 506 ff. Metaph. A, 2, 1069 b. 9.: al fitTaßoXal
T^rraoig , rj xara TO tC rj xaza To noibv rj noabv rj nov , xai ykveaig filv
t) ctnXr) xai r) q&ooä r) xara Tode, avi-yaig de xai (f&lGtg r) xaza rb nooöv,
aXXoltoGig de r) xaza rb nä&og, ipoqa de r) xarä tottov.
321) Um die Meinungen der Commenlatoren , welche in ihrem angeborenen
Talente des Missverstehens oder Nicht -verstebens sich um die Frage bemühen, ob
die xlvr\aig zu den Kategorien gehöre, haben wir uns hier so wenig zu bekümmern
als um übrige falsche Auffassungen, welche die aristotelische Lehre später so häufig
fand. In jenem Sinne, wie das spätere Alterthum das Wesen der Kategorien anffasste
oder vielmehr durch Formalismus todt schlug, gehört die Bewegung freilich
nicht unter dieselben.
192 IV. Aristoteles (Kategorien).
rien gekommen: erstens die individuelle Wesens-Bestimmtheit, zweitens
bestimmtes zusländliches Auftreten , theils als Resultat eines der allsei
tigen Bestimmtheit vorhergehenden Vorganges , theils als eigene Manife
station des individuell bestimmten Daseins, und drittens wechselseitig re
latives Verhalten der vielen Bestimmtheilen überhaupt. Doch wir wol
len , da noch sehr Vieles zu untersuchen ist, nicht zu weit vorgreifen.
So viel ist sicher, dass das factisch bestehende Seiende nur ver
mittelst jener Momente, welche in den Kategorien ausgesagt werden, seine
volle concrete Bestimmtheit erhält, weil der die Verwirklichung herbei
führende Process nicht ausserhalb der factischen Dinge ist (Anm. 306)<;
und in diesem Sinne spricht Aristoteles auch deutlich aus, dass an die
sem Bestände eines mannigfachen Bestimmt-seins sieh durchaus keinerlei
unbestimmt Gemeinsames erfassen lasse, welches nicht eben irgend eine
bestimmte Kategorie unter den bestehenden mehreren wäre, und dass es
hiemit kein Seiendes gebe, welches neben, d. h. neben ausserhalb der
Kategorien liege 322). Daher ist es sicher nicht zu wundern, wenn Ari
stoteles diese concrete Bestimmtheit der individuellen Substanz und der
übrigen Kategorien der platonischen Ideenlehre gegenüberstellt und be
merkt, dass, sowie überhaupt das xa&okov als solches nie ein individu
elles Wesen sein kann, so auch die allgemeinen Bezeichnungen „Seiend"
und „ Eines ", welche wohl von de? individuellen Substanz gelten , nie
selbst eine individuelle Substanz sein können, sondern dass dieselben auch
" in den übrigen Gattungen der Kategorien, in den Zuständen, in den qua
litativen und den quantitativen Bestimmtheiten, und in den Bewegun
gen, stets beide in gleicher Weise dem Prädicate angehören, und sonach
das Eins ebensowenig als das Seiende neben ausserhalb der Kategorien
liegt 323). So liegtL_in_den Kategorien, und nur in ihnen, die Bestimmt-
322) Phys. ausc. III, 1, 200 h. 32.: ovx (Oti dt xivrjrfis naga tu ngüyfiura,
fieTaßäXXti yao To fjtraßaXXov &tl rj *«r' oiolav rj xutu noaöv rj
xarä noitiv y xutu totioV xoivöv <J" inl tovtidv ovö'iv eo~Ti Xaßclv, tue
ifafiev, 6 obre röät ovre noabv oLVf noibv ovre räv aXXwv xaTrjyogrj/jatwv
ovfitv iSot' ovät x(V7]0tg ovde fteTiißoXr) oiSivbs effTcti tiuqcc r« eigrj-
(i£va fir)ö(r6g y' ovrog nana tu tiorifitvit. Fälschlich hat man diese Stelle
so verstanden, als sei in derselben gesagt, dass es ausser den erwähnten Kategorien
keine anderen Kategorien gebe. Dasselbe gilt von den fast gleichlautenden Worten
Melaph. A, 4, 1070 a. 33.: änoQ^aeie yao av Tis noTtgov 'irCQui rj al aiiral
ag/al xal arot/eia tiüv ovGttov xal tiüv tiqos ti xal xa9' ixaOTr/v cFi; Töiv
xttTtiyoQuSv bjxu(u); naga ydg tt)v ovaCctv xal riiXXa rct xaTrjyoQOvfitva
ovät'v Ioti xoivöv, und es ist keine Rede davon, dass Iiiemi l Aristoteles das Bewusstsein
ausspreche, er habe wirklich eine erschöpfende Kategorientafel aufgestellt,
sondern er setzt nur die Bestimmtheit der Concretion einem vagen Gemeinsamen,
welches irgendwo in einer Ideenwelt lierumflallere , entgegen.
323) Melaph. i, 1, 1053b. 16.: il 81 fir\Siv tiöv xa&6Xov övvajbv ovaCav
elvcti, .... oüd" iivto tovto ovOiav lös iv ti naga r« noXXä dwarbv eivat,
xoivbv yuQ , äXX' rj xaTrjyögrj/^a fiövov , SrjXov ais oifie to ev' to yag ov
xal to i'v xafröXov xaTrjyogeiTai ftäXiOTa nüvTtav ' iSare ovtc tot y£vr\ i/vatis
Tivis xai ovoi'ai xiogiöral tiov aXXiov etaiv ovtc to i'v yivos lvS(%tTai
ilvat Sia Tas avrits ahCas dV äsneg aide to ov oväi Tr)v oiolav
1054a. 4.) b ö" uvtos Xoyos xal Inl tiöv ciXXtuv yeviöv' iSut' tlntg xal
v tois nuittat xal Iv tois tioiois xal Iv rot? noOoTs xal Iv xivrjau &gi9-
/A.IÜV ovtiov xal ivos tivos Iv anadiv o rt äoi&ftbs tiviSv xal to i'v tI i'v,
äXX' ov%l tovto avTo avTov r) ovOia, xal Int tiüv ovöiiöv ävayxr) lösavrws
tyiiv (13) oti äe TßÜTÖ aij/talvei mos to i'v xal ib ov , äijXov Ttö re
IV. Aristoteles (Kategorien). 193
hejt_des_Seienden , und es hat jede dieser mehreren Bestimmtheiten ihr
eigenes Wesen, welches von ihr selbst oder von den unter sie fallenden
Dingen ausgesagt werden kann, denn wird z. B. von einem Menschen
Mensch oder lebendes Wesen prädicirt, so ist hiemit das Wesen der
individuellen Substanz bezeichnet, oder wird von der weissen Farbe
Weiss oder Farbe prädicirt, so ist das Wesen der Qualität bezeichnet,
oder wird von einer ellengrossen Grösse Ellengross oder Grösse prädi
cirt, so ist das Wesen der Quantität bezeichnet, u. s. f. Wird hingegen
derlei von irgend einem Anderweitigen prädicirt, so ist nicht das Wesen
der einzelnen Kategorie bezeichnet, sondern dieselbe dient dann nur als
Prädicat 324).
Jedoch könnte betreffs dieser Bestimmtheit sich ein Bedenken erhe
ben wegen der realen Gegensätze, welche ja bei dem die Kategorien-
Bestimmtheit hervorrufenden Verwirklichungsprocesse nothwendig in dem
Bereiche der Möglichkeit hegen müssen (Anm. 305 f.); und es fragt
sich nun, wie überhaupt auch das Nichtseiende den Kategorien anheim
fallen könne (Anm. 299), und insbesondere ob wirklich jene Beispiele,
welche die in Anm. 306 angeführte Stelle gibt, neralich Nicht-Gestaltung
der entstehen sollenden individuellen Substanz oder (qualitativ) das Schwarze
oder (quantitativ) das Unvollständige, mit den Kategorien in eine Verbin
dung gebracht werden dürfen. In Bezug nun auf die individuelle Sub
stanz, welche ja gegensatzlos ist 325), und deren Entstehen und Vergehen
überhaupt dem Verhältnisse von Bejahung und Verneinung entspricht und
daher gleichfalls keinen realen Gegensatz enthält (s. oben, Anm. 192 u.
215), sind wir hierüber völlig im Klaren , denn an und für sich schon
wird dasjenige, was eben noch jeder Bestimmtheit entbehrt, wie z. B.
die Nichtgestaltung, sicher nicht als eine Bestimmtheit bezeichnet werden,
und hiemit auch nicht als Kategorie auftreten können, und ausserdem ist
diess durch die oben, Anm. 307, angeführte- Stelle bestätigt, nach wel
cher nur das auf positiver Seite Liegende als Resultat eines Werdens
nagctxoXov&etv iaa^ojg ratg xarrjyoglaig xal fifj elvai iv fj.rjdefuS, olov ovr'
h rij rl iartv ovr iv Tjf noiov , all' b^toliog e^et dlgneg rb ov , xal rm
ftri ngogxarrjyogeiO&at 'eregöv ri rb eis dv9gu)7iog rov av&gionog , ägneg
oiSi ro elvai naget ro rt rj noibv rj noabv , xal ro evl elvai ro ixäaroj
(hat. Ebend. r, 2, 1003 b. 26. : ravrb yäg etg av&g<onog xal iSv avS-gionog
*al avS-gionog xal oii/ eregöv ri är^Xoi xara rr/v Xe"£tv inavaätnXov/xevov
ri Ug eartv av&gionog xal ioriv dv>onog xal ovdiv ixeqov rb iv
naget ro ov,
324) Top. 1, 9, 103 b. 27.: 6 ro rl iari ar^fialviav bre fihv ovölav Otjpalvit
bre <$i noibv bre rwv aXXwv riva xarryyogimv brav fiev yäg
ttxtifiivov avS-giönov tprj rb ixxetftevov avO-gionov slvai rj £ej>ov , rl eart
Ifyti xal ovalav ar\y,alvef brav S\ /gä/tarog Xevxov ixxeifiivov (prj rb ixxitftevov
Xevxov elvat rj /gwfia, ri iari Xfyet xal noibv ar\fjtalvei' bfioltag
xal itev nr\%valov fieyt&ovg txxeifie'vov </> jf rb ixxelfxevov nrj^vaiov elvat
1 ftfye&og (dass rj fifye&og zu lesen ist, und' nicht bloss /tfyc&og , zeigt der
Zusammenhang), ri ioriv Iget xal noabv arjfxalvet' buoitog iJe xal inl räv
idXmv. exaarov ydg riSv rotovriov iäv re avrb negl avrov Xiyrjrai idv re
ro yivog negl rovrov, rl iart artjxalvei' brav fih negl irigov, ov rl iort
orjuaivei, aXXä noabv ij noibv rj riva räv aXXmv xarrjyogtiöv.
325) Phys. aase. V, 2, 225b. 10.: xar' ovalav <T oiix Mari xlvr\aig (s.
Aum. 215 u. 320.) Sia rb fir\Slv elvai oiala räv bvrwv Ivavrlov.
Pbantl, Gesch. I. 13
194 IV. Aristoteles (Kategorien).
bezeichnet werden soll. Weniger entschieden hingegen steht die Sache
bei den realen Gegensätzen, welche die übrigen Kategorien betreffen.
Denn einerseits wird mit völliger Bestimmtheit ausgesprochen , dass die
Begriffe der Einerleiheit und Verschiednerleiheit (ruirbv und etEQOv) und
der Gegensützlichkeit (evavriov) in jeder Kategorie, z. B. im Sichverhal
ten oder im Thun und dergleichen , auftreten und nach Massgabe der
einzelnen Kategorien sich modificiren 326), sowie dass bei dem bloss
Stofflichen , welches einer jeden Kategorien-Bestimmtheit entbehrt (Anm.
308 f.), in Folge hievon auch die verneinenden Bestimmungen wegfallen,
welche ausserdem sich wenigstens je nach Vorkommniss {natu avfißißrj-
Kog) einstellen müssten 327); und in den oben angeführten Stellen er
scheinen wirklich auch das Nicht-Weisse und das Ungerade (Anm. 315)
und die Kälte (Anm. 316) als Beispiele von qualitativen Bestimmtheiten
oder Zuständen. Andrerseits hingegen lässt es sich kaum für wahrschein
lich halten, dass verneinende Bestimmungen, welche doch eine Aufhebung
der Bestimmtheit involviren, als concrete Bestimmtheiten gelten sollten,
und es ist ersichtlich, dass wir uns hiemit bei jenem Conflicte befinden,
welchen wir oben (S. 159.) ausführlicher als einen von Aristoteles nicht
gelösten nachweisen mussten, bei dem Conflicte zwischen sprachlicher
Verneinung und realem Gegensatze, welcher namentlich hier wieder we
gen der den Gegensatz affirmativ ausdrückenden Bezeichnungen (z. B.
Nicht-Warm, Kalt) fühlbar werden muss. Allerdings muss die positive
Bestimmtheit als leitender Gesichtspunkt durchbrechen, und es wird fast
im Widerspruche mit Obigem ausdrücklich bemerkt, dass die Verschied
nerleiheit und das Ungleiche und das Nicht -seiende und dergleichen
sämmtlich wegen seines privativen Gehaltes (areorjßig, s. unten Anm.
401 ff.) ein Unbestimmtes (orooißrov) sei und daher nicht als Kategorien-
Bestimmtheit auftreten könne 32S), wodurch jene früher erwähnte Bedeu-
326) Metaph. T, 2, 1004 a. 25.: tnel de nävra nobg t« ngüra ava<f(-
petai, oiov bau iv Xtytrai ngog tö ngärov h'v, cögavTcog tpaTiov xal negl
Tuvrov xal ert'Qov xal t<5v ivavziwv äars äiei.6/xtvov noau^äg Uyezai
ixaOtov ovt(og anoäoTtov nnög tö tiqcütov iv exaor?) xaTriyootq,
7i<ög ngog txeTvo Xfyeraf t« /xtv yan tri i"xtiv txeiva , tu r$ noulv,
rot Si xar' allovg Xex&rjotTai joiovrovg TQÖnovg. Wenn Bonitz in der Anm.
296. angeführten Schrift, S. 620. u. in s. Ausg. d. Metaph. z. d. Stelle annimmt, es
sei hier xazrjyoQta in einer weit allgemeineren Bedeutung zu nehmen, so dass es
bloss das Aussprechen des Wortes IvuvtCov bezeichne, so wird diess nicht bloss
durch die Beziehung auf ?/£iv und noielv, sondern noch mehr durch folgende
Stelle gleichen Inhaltes widerlogt: /I, 10, 1018a. 35.: inel <fe tö ?j> xal tö ov
noXka/öig Xfyerai, axoXov&uv ävdyxt] xal TaXXa otfa xarct Tavra Xiytxai,
loOre xal tö zairov xal tö 'htQov xal tö ivavTCov, tSar' etvai tTtnov xad-'
ixäortjv xaTrjyoQiav. Vgl. Anm. 336.
327) Ebend. Z, 3, 1029 a. 20. : Xty<o d" vXijV ij xa&' avrrjv firjTS tI jur/re
noaöv firjTt ctXXo (irjdtv XiytTai olg äniOTai to bv . ... (24) mtSTt tö ea-
XaTov xa&' avTÖ ovt( tI ovtc noaöv ovtc eiXXo oväiv litTiV ovie cf^ al
aTioopäoeig' xal yaq avTai v7iao'(ovöi xarä avfißeßrjxog.
328) Phys. ausc. III, 1, 201b. 19.: ärjXov dt axonovdiv log TiO-iaatv av-
TrjV (sc. TtjV xtvrjßiv) ivwi, (TeooTrjTa xal aviaÖTTjTtt xal tö /ifj ov opaaxov-
Tsg ilvai TtjV xivrjaiv (24.) alziov de tov elg TavTa Ti&£vai Sri &6qi-
Gtöv ti öoxei elvai ij xCvtjaig, Tfjg d" ertoag GvOiotxCag ai ctQ%al d/« tö
IV. Aristoteles (Kategorien). 195
lung des unbestimmten Nomens oder Verbums {aooidrov ovoficc oder Qtj^a,
Anm. 193 u. 194) eine Bestätigung erhält; aber es wird hiedurch jene
Frage über das Verhältniss zwischen Negation und Gegensatz ebenso
wenig gefördert, als dadurch dass, wie wir so eben sahen, die negative
Bestimmtheit als ein Gvfißsßrjxog bezeichnet wird (vgl. Anm. llOu. 196),
oder dadurch dass das Warme eine bestimmte Kategorie, das Kalte aber
eine Privation genannt wird 329), denn gerade die Schwierigkeit bleibt,
wie denn z. B. das Nicht-Gleiche das positiv Ungleiche sei u. dgl. , und
noch dazu müsste ja der negativ ausgedrückte Gegensatz, wenn er ein
blosses ßvpßeßrjxog wäre, eben darum aus dem Wissen überhaupt hin
ausfallen (Anm. 131). Hingegen liegt in der positiven und affirmativen
Bestimmtheit der Kategorien jedenfalls das begründet, dass das bejahende
Urtheil (namentlich in der Syllogistik) durchgängig eine xaTtjyoQixrj jrpo'-
taoig und das verneinende eine OTeorjnxri nqoraßig genannt wird 330).
Ist uns aus dem Bisherigen die oben zu Anfang (Anm. 303) hin
gestellte Behauptung klar geworden, dass wir uns mit den Kategorien
auf dem Gebiete des objectiv factischen Beständig, befinden , und haben
wir nachweisen können, dass es sich hiebei um die Bezeichnung oder
Aussage der concreten Bestimmtheit dieses factischen Bestandes handelt,
so müssen wir uns wohl fast unwillkürlich daran erinnern, dass wir
diesem ganzen Verhältnisse bereits oben einmal begegnet sind, wo wir
die Aufgabe des apodeiktischen Wissens überhaupt zu entwickeln hatten.
Wir trafen nemlich dort als den objectiven Bestand, welcher der Gegen
stand des Wissens ist, die Gattungen (ysvri) des Seienden als substanziell
abgeschlossene Gebiete der Objectivität, deren jedes ein individuell be
stimmtes Auftreten hat, wodurch es begründet ist, dass es mehrere ver
schiedene Einzeln-Wissenschaften gibt, da die Principien desjenigen, was
der Gattung nach verschieden ist, selbst von einander verschieden sein
müssen (Anm. 140 — 144). Ja wir trafen dort (Anm. 162) in Bezug
auf die gemeinsamen Axiome sogar schon die zwei Gebiete des qualitativ
Bestimmten und des quantitativ Bestimmten als Beispiele verschiedener
Gattungen (ysvrj), nach welchen sich selbst jene obersten Voraussetzun
gen des Wissens modificiren 331). Und wenn hiemit schon wenigstens
OTf QfjTixui etvai aÖQiaroi' ovts yäo röäe ovre roiövSs ovStfiCu ctvzäv iariv,
ort ovöe T(5v alktov xaztjyoQiäv.
329) D. gen. et corr. I, 3, 318 b. 16.: rö phv &£Q/töv xajrjyoQia rtg xa\
tlSog, i) ipvxgoTrjg OriQijOig.
330) Z. B. Anal. pr. I, 2, 25 a. 7 u. 12. wild für XtttaqaTixrj und anoqatixti
sogleich subslituirt xitTijyoQtxq und aregrjTix^. Einen Beleg für diesen
Ursprung der Bezeichnung gibt, wenn sogar xarrjyoQia und ffr^ojffi? selbst statt
der entsprechenden Benennung der xaxr\yoqixi\ und GTeorjTixr) nooraOig ge
braucht wird, ebend. 46, 52a. 15.: 6fio((og <?' Z/ovOi xal eil OTenrßug Ttqog
Tag xmriyoQCag Tuvty rjf &€aei.
331) Von den dortselbst, Anm. 162, angeführten Stellen gehören nun nament
lich hieher: Anal. post. 1, 11, 77 a. 26.: Inixoiyojvovai äi näaai al Iniaxrifitti
aXltyaig xuxa t« xoivä' xoivä ä& Hym olg xQÜVTai mg Ix tovtov Jtno-
Stixvvvjtg olov ort anav (fävai y anoifävai fj on loa an' Tatort) tüiv
Toiovtwv övxa. Ebend. 32, 88a. 36.: all' ovSk tüv xoiväv^&qyäv olöv t'
ttvtU rivag, Ii &v Snavra Stix&nGsxui' Xiyto xoivag oiov lö nav <pü
13*
196 IV. Aristoteles (Kategorien).
wahrscheinlich ist, dass die in jener Beziehung zum Apodeiktischen auf
tretenden Gattungen eben wirklich die Kategorien des allseitig bestimm
ten Seins seien, und iwenn ferner ebendort theils auf das nothwendige
Vorausgehen der umfassendsten aposteriorischen Detail - Kenntniss
hingewiesen wird (Anm. 156), theils aber der entschiedene Grundsatz
aufgestellt ist, dass die objectiv bestimmte Existenz der Gattung und zu
gleich das Verständniss der „Wortbezeichnung " für dieselbe, letztere
aber auch für das der Gattung Zukommende, schlechthin vorausgesetzt
wird (Anm. 147), so beruht eben in diesem Verhältnisse eines vorläufigen
bestimmten Feststehens die Grundlage derjenigen Seite und Bedeutung
der Kategorien, welche wir nun zu erörtern haben.
Sowie schon Plato als Ausdruck davon, dass unser Erkennen in
der unmittelbaren Vielheit der sinnlichen Wahrnehmung nicht selbst zerfliesse
und verrinne, auf gemeinsame Bestimmungen (t4jjüi«*) hinge
wiesen hatte (s. d. vorigen Abschn. Anm. 12 u. 44 ff.), ebenso erblickt
Aristoteles in der Vielheit der concreten Erscheinung gemeinsam auszu
sagende Bestimmtheiten; aber indem Aristoteles überhaupt kein unbe
stimmt allgemeines Eines und Seiendes neben oder ausser dem concret
Bestehenden, sondern nur in diesem, anerkennen kann (oben Anm. 322 f.
u. vorig. Abschn. Anm. 64—66), so bewahrt, ev ^a« y^n jnn1 erfasste
Gemeinsame eben als Bestimmtheit, welche nur an dem concret Seien
den haften und nur als solche von demselben ausgesagt werden kann;
kurz es treffen bei Aristoteles in diesem „Gemeinsamen" die concrete
Gatlungs - Bestimmtheit des objectiv Seienden und die dem zerfahrenen
Sensualismus gegenübergestellte unweigerliche Festigkeit des menschlichen
Aussagens (Anm. 164 ff. u. bes. 172 ff.) zusammen. Hiemit habji_ieh-
<jas Princip der aristotelischen Kategorien ausgesprochen. So nennt
Aristoteles jene Bestimmtlieiteti; Wölcne wir i'iii Bisnerigen*>on ihrer con
creten mit dem allgemeinen Verwirklichungs-Processe des Seienden zu
sammenhängenden Seite zu betrachten halten, ausdrücklich selbst „ge
meinsame Prädicate" — xoivfj xarr\yoQOv^sva — 332), und es sind, wie
wir sogleich sehen werden, dieselben das Nemliche, was er auch „Gat
tungen" — yivn] — nennt. Inwieferne dieselben aber xoiva sind (dass
sie kein xa&okov sind, sahen wir bereits oben Anm. 302 u. 303), bei
scharf durchgegriffener Scheidung aber die xoiva dem Dialektischen, so
wie das xct&6kov dem Apodeiktischen, anheim fallen (Anm. 26 u. 28,
sowie 48, 122, 132), so .liegen die^a^orienjlem Dialektischen näher
Vai rj anotfüvtti.' Ttt yaq y£vr\ Tiüv ovttav ereoct xui t« fxev rolg notiois
Ta rfi roig nowT; inan/et /xövoiq, ue&' wv Selxvvrai Sia rcöv xoiväv.
Hieraus ist klar, dass der Salz, dass Gleiches auf gleiche Weise verändert sich
gleich bleibt, jener „Galtung" des Seienden angehört, welche in dem quantitativ
Bestimmten besteht.
332) Metaph. Z, 14, 1038 b. 35.: yaveqbv ort oiidev lüv xa&6Xou vnaQ-
/ovtiov oidi'a iarl, xctl ort oväiv ßrj^iaCvei tiüv xoivfj xarrjyoQOvfitvoiv
TÖäe ri, aXX« Toiövöe. Ebend. B, 6, 1003 a. 8.: et /iev yan xa&6Xov, oix
taovxui ovOlai , oväev yaQ twv xoiviov zöäe ri arjfialvti, aXXd Toi6vde,jl
<f' ovaCa rode ri' ei o" earai rode n xal lx&e"aü-tu tö xoivfj xctTTjyooovfjevov,
noXXa 'iaiai (<pa 6 Zwxpärris ctirög xe xal 6 ctvüQtonoq xal ro
C^ov , etneQ ai](j.it(vei htao"Tov rode ri xal h>.
IV. Aristoteles (Kategorien). 197
als rfpin^ ApqHp.iktisr.hp.n , für welch letzteres die Festigkeit der Wortbe
zeichnung eine Voraussetzung ist, und es darf uns daher durchaus nicht
wundern, wenn die in ihrer objectiven Geltung auf den Verwirklichungs-
Process überhaupt gegründete und hiemit real angelegte Kategorien -Be
stimmtheit nun mit jener Seite, nach welcher sie sich auf die unmittel
bare Festigkeit des Aussagens und der Bezeichnung bezieht, in das Ge
biet der menschlichen Rede gehört; s. Anm. 354. So Jiaben denn auch_
wirklich die Kategorien („■Karrjyogiai", „naTTjyooeiv") als^aTegftrieu3ißB
Aufgabe in ebejZ2EäSaa.J^la]^en_ Geißele > insoferne sie hingegen die
oEJectiven Bestimmtheiten des factisch Seienden als solchen sind, sind
sie zugleich objectiver, als die blosse Aussage oder Bezeichnung ist, denn
dann sind sie Prädicate ihres eigenen bestimmten Wesens (Anm. 324),
und diese Geltung, dass die Kategorien - Bestimmtheit das Wesen trifTt,
gehört der Lehre vom schöpferischen Begriffe an, in welche wir aller
dings schon im Bisherigen wegen der objectiven Seite der Kategorien
theilweise hinübergreifen mussten. Aber insoferne die Kategorien eben
Kategorien ^sind, gestalten sie sich — schart' des~t^yog,Jund diese nun eigentliche BetkiitungausdgeerdrKüactketgo—rienzualsToSscoolt
cher haben wir jetzt zu erörtern.
Ausser jenen Stellen, welche schon bisher (Anm. 300, 306, 310,
324) anzuführen waren, und in welchen die Bezeichnung yivog gleich
bedeutend mit „Kategorie" auftrat 333), finden sich noch mehrfache Be
lege dafür, dass unter den Kategorien die Gattungs-Bestimmtheiten, welche
von den Dingen prädicirt werden, zu verstehen seien. So wird öfters
ausdrücklich bemerkt, dass der Gattung nach (yhu) dasjenige verschie
den sei, was eine andere Form der Aussage (tfCTf«* Kmiqyoglag) als Be
zeichnung an sich trägt 334), so dass diese beiden hiemit sich decken müs
sen, sowie überhaupt auch sonst die Gruppirung der Kategorie {avGtoiyiu
xrjg xarrjyoQlag) ganz identisch mit Gattung genommen wird 335). Und
333) Pliys. ausc. III, 1, 201 a. 10. (Anm. 306.) diwr]fiivov de xa»' exaaiov
yivog xov filv IvxeXe^eta xov de dwä/uei. metaph. N, 2, 1089 b. 27.
(Anm. 310.) fiel yi rivce elvai vXrjv exädxtp yivei. Top. I, 9, 103 b. 36. (Anm.
324.) iav xe aiixo negl cwtov Xiyrjxai iäv xe xo yivog negl xovxov, xl
iaxi arjfiuCvu. D. an. 1, 1, 402 a. 23. (Anm. 300.) iv xlvi xojv yevcöv xal xl
itsi tv , woselbst namentlich yivog identisch ist mit diaige^eTaa^xaxr^yoglai.
334) Metaph. i, 3, 1054 b. 28.: yivei fiev (sc. dtacpigei) ojv firj IrJxi xoivr)
i\ vXrj ^ujjtSf yiveGig eis äXXrjXa, olov oöiov aXko o^rj/xa xrjg xaxyyoglag ...
Uytxai dh yivog S äfiipio xavxö Xiyovxui xaxa xr)v ovotav xa dtäipoga.
Ebend. A, 28, 1024b. 10.: exega de xo) yivei Xiyexai tov exegov xo ngäxov
inoxeluevov xal fj,r) avaXvexai {läxegov eig S-axegov firjd' afiipio eig xavxbv,
oiov xo eldog xal r) vXrj exenov xo) yivei xal Sau xa»' 'ixegov a^rj/xa xaxrjyoglag
xov ovxog Xiyexai' xa fihv yag xl laxi örj/xalvei xtöv ovxtov xa dk
noiöv xi xa d' dg dirjgrjxai ngoxegov (7, 1017 a. 22, Anm. 302)' ovde yag
xavxa avaXvexai ovx' eig aXXrjXa ovx' eig ev xi. Ebend. 6, 1016b. 33.:
yivei d' i'v ojv xo aiixo o^rj/xa xrjg xaxrjyoglag.
335) Ebend. <, 3, 1054 b. 34.: navxa yag diacpigovxä xe (paCvexai xal
xavxa ov fiövov exega ovxa , aXXa xa ftev xo yivog 'ixega , xa d' iv xrj
airij övaxoi/lq xrjg xaxrjyogiag , dlöx' iv xavxo) yivei xal xavxa xq) yivei.
Ebend. 8, 1058 a. 13. : dib xal Iv xrj aixrj avGxotxlq navxa tu ivavxla xrjg
xaxrjyoglag , oOa eidei diäipoga xal [xr)'yivei, exega xe äXXrjXiov /xaXirSxa
(betreffs der ivavxCa s. Anm. 326 ff.). Darum muss auch im Syllogismus der
198 IV. Aristoteles (Kategorien).
wenn schon überhaupt die Gattungen, sei es die ersten und höchsten
oder sei es die äussersten und letzten, es sind, welche als Prädicate
(Karrjyoqov(i,tva) auftreten 336), so werden eben die allgemeinsten
j und umfassendsten Prädicate jene obersten Gattungen sein; und in die-
,.~> sem Sinne daher nennt Aristoteles die Kategorien das „Erste" (t« ngma)
überhaupt 337). Eben hierin aber liegt es, dass allerdings nicht jedwede
einzelne sogenannte Gattung der Dinge, welche selbst als ein concret
Bestimmtes und hiemifals Substrat und Subject mannigfacher Prädicate
auftritt, etwa sofort eine Kategorie ist, sondern umfassende Prädicate,
welche.„als- gomoinoamo B^immjlheiten dem Seienden zukommen, müssen
._dJlSi£S2£iSfl,^ßin^ d. h., um mich so äuszüd rü cken, ja ii i cht (las concreT
_ Bestimmte, sondern die concreten Bestimmtheiten sind die Kategorien:
und wenn auch, wie wir sehen werden, gerade in dem Gebiete aer
Rede und der Namensbezeichnung dieser Unterschied vielfach an Schärfe
verlieren und in Uebergängen sich verwischen muss, so dass irgend eine
Bestimmtheit, welche noch nicht das umfassendste Prädicat in ihrer Art
ist und daher immer noch als Subject für jenes höchste Prädicat auftre
ten kann, dennoch für einen relativen Umkreis wirklich als allgemeinste
Bestimmtheit und Kategorie gilt (Belege hiefür s. unten Anm. 342—48),
so bleibt doch das der leitende Gesichtspunkt, dass die obersten Gattun
gen in einer gemeinsamen concreten Bestimmtheit beruhen müssen, welche
dem von ihnen umfassten concreten Seienden als ihrem Substrate zukömmt,
und demnach von demselben als dem Subjecte in prädicativer Weise
| ausgesagt wird. Darum ist auch, sowie nicht jedwede Gattung, ebenso
' wenig jedwedes Prädicat eine Kategorie, sondern die gemeinsamsten
Gattungs - Prädicate sind die Kategorien, d. h. Gattungs - Bestimmtheiten,
welche nicht mehr als Subjecte höherer Prädicate betrachtet werden,
sondern die Bestimmtheit als eine gemeinsam umfassende prädicativ aus
sagen. Sonach werden auch ausdrücklich die Gattungen der in der prädicativen
Namensbezeichnung liegenden Aussage (yevr\ twv xara tovvofict
xarrjyoQicöv) von den substanziellen Gattungen der als Subjecte unter die
Namensbezeichnung fallenden Wesen (yevTj twv vnb ro amo ovofta) un
terschieden ; z. B. nemlich kann in ersterer Beziehung das Prädicat „Gut"
Mittelbegriff ix xrjg avxrjg Ov0xoi%lag wie die beiden anderen Termini sein, Anal,
pr. II, 21, 66 b. 27 — 35., welch nothwendiges Verbältniss an einer anderen Stelle
(cbend. I, 23, 41a. 4.) auch so ausgesprochen wird: tb fieöov nqbg ixdxtQov
e%ei nag TitTg xaxijyoQiaig. Vgl. /7m/s. ausc. VII, \, 242 b. 4.: yivei d" fj avxfj
xCvrjOig fj iv rfj uixt) xaxtjyonCq xfjg ovalag f\ xov yt'vovg. In gleicher
Weise ist nQogrjyoqla identisch mit y("vog, Mctapk. N, 2, 1088 a. 11.: ei tF' av-
&Qb>nog xal Xevxbv xal ßadl&v, fjxiOxa fiev ani&pibg xovxtav Sia xb xavxip
ntivS-' inttQxeiv xal ivi xaxä xov äni&pbv , ofiiog de yevtäv eaxai 6 &qi9-
fibg 6 xovxwv rj xivog äXXrjg xoiavxijg noogijyoolag.
336) Metaph. B, 3, 998 b. 15.: noxeqov Sei vofit^eiv ra nqäxa T(Sv yevwv
«p/«f fj xä ea/axa xaxrjyoQov^eva inl xcöv axöfiiav ;
337) Ebend. Z, 9, 1034b. 8. (wo es sich darum handelt, dass die Form
nicht entsteht) : ov fxovov de neol xrjg ovalag 6 Xöyog SrjXol rb /uf) ylveaSm
tö tlSog , aXXä nenl nävuov bfiotwg xcöv Tiqtaxiov xoivög 6 Xöyog, o'tov
noaov noiov xal xtov aXXoiv xaxrjyoQiäv (12.) äel yap fiel -jroovTiäQ^eiV
xfjv vXrjV xal to eitfog, ovxmg xal inl tov xC toxi xal enl xov noiov xal
noaov xal xäv aXXoiv bfioCwg xaxx\yooimv.
IV. Aristoteles (Kategorien). 199
unter die substanzielle Bestimmtheit fallen als Gott oder Geist, oder un
ter die quantitative, denn in dieser Beziehung ist das Mass das Gute,
oder unter die Zeit - Bestimmtheit, denn da ist es das Zeitgemässe, oder
unter das Relative als das Nützliche , oder unter die örtliche Bestimmt
heit als die richtige Lebensweise , oder wieder in mannigfacher Geltung
unter das Qualitative, und ebenso gehört „Hell" sowohl zur Farbe als
auch zur Stimme , hinwiederum „ Spitz " sowohl zur körperlichen Form
als auch zum musikalischen Tone und auch zur Geometrie; in letzterer
Beziehung gehört z. B. Bock sowohl zur Gattung der Thiere als auch
zur Gattung der Handwerker - Geräthe ; eigentlich prädicative Bestimmt
heiten aber hiebei sind nur die in der ersteren Beziehung auftretenden338).
Mit dieser Unterscheidung stimmt auch völlig überein, wenn zum Behufe
der Definition irgend einer umfassenden concreten Gesammtheit die Vor
schrift gegeben wird, man solle zunächst diese substanzielle Gattung in
ihre letzten nicht mehr theilharen Individuen zerlegen und die Definition
dieser einzelnen Wesen versuchen , dann aber jene substanzielle Gattung
selbst erfassen und sehen, wohin sie gehöre , nemlich ob sie z. B. zu
dem qualitativ Bestimmten, oder zu dem quantitativ Bestimmten gehöre,
worauf man dann erst das derselben eigenthümlich Zukommende in Folge
der gemeinsamen Axiome eben dieser Gattung zu erwägen habe 339). So
338) Top. I, 15, 107 a. 3. : OxoncTv de xal ra yivi\ tojv xutu Tovvofia
xairiyoQiojv ei Taina itJTiv inl nävtatV ei yaq fxrt raira, drjkov Sri 6/xoivvfiov
t6 leyöfitvov, oiov tö ayctdbv Iv idiafiaTi fiiv tö noirjTtxöv rjdovijg,
h lazQtxtj Si To noitjTixöv vyieiag, inl de ipvj(ij; tö noiav eivai oiov Ouiffqova
fj ävSqetav fj dixaCav , bfioliag de xal inl tov av&qujnov ivta/ov
tt t6 noTe oiov tö Iv rw xaiqu) nyct&öv, ayaO-öv yaq kiyerai t6 iv to)
xaiqu)' nolXäxig de tö noabv oiov inl tov [ictqCov , liyeTai yaq xal t6
fihqtov AyaSöv toGTe öfiuivv/jov tö &ya9öv. (osavTtoi dk xal tö levxöv
inl atöficiTos (*ev xqujfia, inl dk (pojvrjg tö evrjxooV naqanhr\atojg de xal
t& öfü, oi yaq inl nävTOJV tö cwtö XiyeTai , qrojvi) filv yaq äfftet r\ ra~
yff« ...ymvta d' oStta fj iXäaomv oq&rjs, [iä%uiqa dk i) öl-vyoiviog. 0xomlv
dk xal tu yivrj tujv inö to aiiö övofta, ei 'heqa xal /ut) vji' alli/la
(vgl. Anm. 334.), oiov ovog to re fftSov xal tö oxevog, 'ereqog yaq 6 xara
Tovvofia Xöyog aiiTWV. Wenn Bonitz a. a. 0. S. 604 in dieser Sielte nur einen
Unterschied zwischen Eigenschaften und Dingen anerkennt, so scheint mir diess
zn eng, weil nicht jedes Prädicat sofort bloss „Eigenschaft" sein kann, sondern
auch die substanzielle Bestimmtheit prädicirt wird; auch wird meine Auffassung
dieser Stelle wohl durch dasjenige bestätigt werden , was nun im Nächsten zu er
örtern ist. Obige Unterscheidung des aya&öv aber steht ausführlicher Eth. Nie.
I, 4, 1096 a. 23. : T&yafhöv ioa/äg XiyeTai tu) ovti , xal yaq iv tu) t( l.tyeim
, oiov 6 &eög xal 6 vorig, xal iv to) noiu) ai äqeTal xal iv toj nootp
to fthniov xal iv tu) nqög ti tö xqtjoifiov xal iv XQ°VV xaiqög xal iv
Tomfi oCatToz xal 'hega ToiavTa. Der Doppelgänger dieser Stelle in der Eudemischen
Ethik (I, 8, 1217b. 26.) kann, wo es sich um acht aristotelische Stellen
handelt, nicht berücksichtigt werden.
339) Anal. post. II, 13, 96b. 15.: xqi) de, otuv oiov ti nqayfiaTevi]ia(
Tis, dielelv tö yivog eig r« icTOfta tu) ttäei rc nqäTa . .. . /xera de tovto
laßovTa tC tö yivog, oiov nÖTeqov tojv noOiöv 17 tojv noiwv, tcc tdia nä&ri
ÖHoqeiv dtä t<5v xotväv nqojTUJV. Was hiebei die Xdia naS-t] und die xoiva
nqäTa betrifft, so sind wir in unserer Erklärung hinreichend durch das oben, Anm.
147 ff. u. 162., Gesagte gestützt. Die Stelle D. part. an. I, 1, 639a. 15. u. b.3v
welche Bonitz S. 597. zum Behufe einer anderen Erklärung beizieht, enthält keinen
Gegensatz zwischen yivog und xoivä, sondern zwischen Individuen und xoivä. Uns
200 IV. Aristoteles (Kategorien).
also ist auch hier die concrete Gattung von dem als Kategorie auftre
tenden allgemeinsten Gattungs-Prädicate unterschieden.
Ist nun hiebei allerdings ein sehr relativer Boden betreten , weil
vielfach ein Gatlungs-Prädicat in substanzieller Fassung wieder zum Subjecte
und Substrate werden kann, und ist eben wegen der Relativität der
xowa und des Dialektischen überhaupt hievon auch die Folge, dass die
Gränze der Kategorien-Bestimmtheit nach abwärts zu sich nicht angeben
lässt, wie diess sowohl aus den eben erwähnten Beispielen (Anm. 338)
bereits erhellt als auch sogleich im Folgenden sich ausführlicher bestä
tigen wird, so bietet doch für jedes Auftreten der Kategorien, mögen sie
von jenen obersten allgemeinsten Gattungen gelten oder sich weiter herab
auf niedrere Gattungen erstrecken, jedenfalls die unweigerliche Festig
keit der Namens-Bezeichnung und Wortbedeutung einen sicheren Anhalts
punkt innerhalb dieser xoiva dar, sowie ja Aristoteles auch den Grund
satz, dass die Aussagen überhaupt in einer festen Bestimmtheit des Wor
tes beruhen müssen, den sensualislischen Annahmen gegenüberstellte
(Anm. 168), welche nicht einmal zum Festhalten der xowce, geschweige
denn zu einem xa&oXov gelangen können.
So sind in dieser Beziehung jene Bestimmtheiten des Seins, von
welchen wir oben zeigten, dass sie in dem objectiven Thatbestande auf
dem allgemeinen Verwirklichungs -Processe beruhen, nun bestimmte Be
zeichnungen, welche das Seiende „bedeutet" ((Sr\^.aivu) , und welche in
ihrer festen Bestimmtheit für die Rede als dasjenige bestehen, als was
sie ausgesagt werden (keyovrai); und es wird hiemit in den Kategorien
aus dem Urtheile das .prjjdjcatiy.e Verhältniss j^rausKehoben^ um es in
Bezug auf diese Bgs^hnnitheit zu uritejgjjichen. Dass die Kategorien diese
Geltung einer festen Bestimmtheit der Wort-Bezeichnung wirklich besitzen,
erhellt aus der Art und Weise, wie theils in den schon bisher angeführten
Stellen die Ausdrücke ßrjfiutlvei und liyerui gebraucht sind 340), theils
hingegen können gerade die dortigen Worte 639 b. 3.: 8et fifj 8laXtXrj&tvai nms
Imoxenjiov, X4ym 8h noTSgov xoivfj xaxct to y(vog 7iq<ütov, eha votiquv
neql T(3v i8(a>v S-t(i>qrjriov nur gleichfalls zur Bestätigung dienen, dass obiges
xoivij (Anm. 332.) als Prädicat eben mit dem ytvog als Prädicate zusammen
falle.'
340) Metaph. E, 2, 1026 a. 26. (Anm. 298.): tcc ö/riftaTa Trjg xarrjyonla;
oiov ro fxhv Tl TO 8h 71010V TO 8h noobv TO 8h 7iov t6 8h noth xai (l Tl
aXXo OrjfiaCvei tov tqötiov tovxov. Ebend. A, 7, 1017 a. 23. {Anm. 302.):
ocfantg arjfiaivti tu 0^r\fiKia Tr\g xaTrfyoolag, bda^mg yaq Xfytzcu, Toaav-
Tß/cof to eivai arjfiixtvsi. exaOTm tovtwv tö tlvai t«*iö ötjfiaCvtt.
D. gen. et corr. I, 3, 319a. 12. (Anm. 307.): i« fihv yao TÖ8e ti OrjfiaCru tk
8h Toiöväe tu 8h noaoV oOa oiv fir) oiaCav arj/xaivei , oi Xiytxai änXmg
yiyeo&ai. Metaph. Z, 3, 1029 a. 20. (Anm. 308.): vXr\v rj xaS-' avtrp fifat «
[ir)Tt noabv fjirjTe allo (xijSiv XiytTai olg ägidrai to ov. Ebend. 0, 1, 10451).
29. (Anm. 311.) : xcctci tov xyg oiaCag Xöyov Xiytxai xäXXa bvTct to ts noabv
xal to noibv xal TaXXa tcc ovziog Xey6/j.eva. Ebend. Z, 4, 1030 a. 18. (Anm.
312.): to ti iaxiv tva phv tqötzov ar\fia(vti ttjv ovdiav xal To ToSt w,
aXXov 8h exaßTov twv xaxT\yogov(j.iv<av. Ebend. B, 5, 1001 b. 29. (Anm. 316.):
Tee fihv yao nad-r].... oiSivbg Soxovaiv oiaCav Orj/iaCveiv, Xiyovxai yaQ
nävxa vnoxUfA.ivov . . . . a 8h fiaXtax' av 86^eis arjfiaCvnv oißtav-
Ebend. Z, 1, 1028a. 13. (Anm. 317.): ToOavTax<3g Xtyoftivov tov oVTog...-
nqätov ov to t( Iötiv, otisq Otifiatvti TrjV oiaCav to, 8' aXXa Xiytxai
ovxa tw xtX. Ebend. J, 38, 1024 b. 12. (Anm. 334.) : oaa xa»' ereoov a/W"
IV. Aristoteles (Kategorien). 201
aber noch weit angdrflcklicher freiehrt wird, dass die Kategorien die mehrfachen
bestimmten Bedeutungen des Wortes ;, Seiend/M^v) , wekhes_an
und für sich ein vieldeutiger Ausdruck (ein nollcqm$ keyo^yoy) hl, enthaltguüfe
*)• Dass aber gerade diese Bestimmtheit der Bezeichnung, in
welcher die Kategorien eine formale Bedeutung für die menschliche Aus
sage haben , sich nicht auf jene Gattungs - Bestimmtheiten beschränkt,
welche überhaupt als die allgemeinsten von allen gelten müssen, sondern
auch für Gattungs-Bestimmtheiten gilt, welche in einem relativen Umkreise
des Seienden als gemeinsame auftreten, sehen wir deutlich aus Folgen
dem. Zunächst ja wird schon, wenn die Vieldeutigkeit des Seienden in
bestimmte Gruppen von prädicativen Bezeichnungen gebracht ist, die objective
Mannigfaltigkeit des Seins in verschiedener Weise diese Prädicate
als ihre Bestimmtheiten an sich tragen, und es muss daher die Abgränzung
einer festen Geltung jener Bezeichnungen des Seins in die Vielheit
des Seienden selbst hineingezogen werden, wodurch eine Festigkeit der
Namens-Bezeichnung entsteht, welche bereits viel weiter abwärts in dem
vielheitlichen Beichthume der Dinge und Worte liegt. Ein Beispiel hievon
ist jene Distinction der Gattungen prädicativer Namens - Bezeichnun
gen, welche wir oben (Anm. 338) betreffs des Guten sahen, woraus sich
eine bestimmte feste Abgränzung der Wort-Bezeichnung des Masses, des
Nützlichen, u. s. f. ergeben muss ; oder ebenso verhält es sich mit der
Eintheilung der Veränderung (Anm. 320), wodurch die Festigkeit der Na
mens-Bezeichnung des Entstehens, der Raumbewegung u. s. f. erwächst.
Und nun werden derartige gemeinsame Bestimmtheiten, welche dann ei
nem gewissen Umkreise des Seienden zukommen und als dessen Gattungs-
Prädicate ausgesprochen werden müssen, wohl mit Recht in Bezug auf
die sichere und bestimmte Abgränzung der Bezeichnung jenen Gattungs-
Bestimmtheiten gleichgestellt werden, welche das allgemeiner Seiende
überhaupt betreffen ; also was die Festigkeit der Namens - Bezeichnung
und das objective Bestehen dieser Bestimmtheit in einer Gattung des
Seienden betrifft, kann sehr wohl auch für ein relativ minder Gemein
sames der Ausdruck Kategorie gebraucht werden; die formelle Bedeu
tung derselben ist die gleiche wie bei den obersten Gattungen ; ja wenn
überhaupt Aussagen stattfinden sollen , so wird eine derartige Gattungs-
Bestimmtheit gerade abwärts sich nothwendig erstrecken müssen. Und
so finden wir denn auch — um selbst davon abzusehen, dass z. B.
„Gehen" (ßadi&w) gerade wie eine der mehreren Kategorien aufgeführt
xaxrjyogCag xov ovxog liyexai, xa uhv yaQ xC laxi dr)fialvei xtuv ovtüiv tu
Sl xtL Ebenso mehrmals Uyerai Top. I, 15. (Anm. 338.) ; hiezu Orj/j.a(veiv
unten Anm. 352. u. 354.
t 341) Metaph. Z, l, 1028 a 10.: To $y.j{y£iu( si^iSZ'^ •„• • • .Hu''^f'
yaQ to fiiv t( tOTi xal toos ti to at oti, noiov rj noOov rj xojv allmv
ixaaxov Ttiiv ovto) xuTT]yoQov[j.{v(DV. Ebend. N, 2, 1089 a. 7.: rö ov nolla-
Xäg, to fiiv yaq oti ovaCav arjuaivei to de oti noiov to d' oti noööv xal
Tai aXXag o*ij xaTrfyoQCag. D. an. I, 5, 410a. 13.: noXka^ojg Xeyo/uivov tov
orTog, Orj(*a(vu yaQ to fihv rdrff xi xö äi noabv rj noiov rj xal Tiva aklijv
xtöv SiaiQ€&tio'tSv xuTTjyoQitav. Anal. pr. 1, 35, 48 b. 2.: oda/iög to tfvui
liytTai xal to aktj&kg elnelv airö xovxo, xpGavxaxiög oieö&ai %Qr) n"r\^aivtiv
xal to xmaQ%ov.
202 IV. Aristoteles (Kategorien).
wird 342) — ausdrücklich die Bezeichnung „Kategorie" für Gattungs-Be
stimmtheiten , welche weiter abwärts in der Vielheit des Seienden auf
treten; so heisst der Gang der Thiere (nogBia) eine Kategorie, welche
dann weiter in mehrere Unterarten sich theilt 343), oder ebenso werden
L5nge (fMjxos), Breite (nläxog), Zahl (agi&fiog) , Farbe (xgoa), bei wel
chen deutlich ist, wie sie eine Stufe unterhalb der quantitativen und
qualitativen Bestimmtheit liegen, Kategorien genannt 344), oder das Dop
pelte (dmläaiov) heisst eine Kategorie des Relativen bei Gelegenheit der
Bemerkung, dass die Kategorien des Ttgog ri überhaupt nie isolirt aus
gesprochen werden dürfen, w'enn nicht Missverständnisse entstehen sol
len, wodurch auch in Uebereinstimmung mit Obigem (Anm. 313) die Ka
tegorie der Relation als jene erscheint, in welcher das ßrjfialveiv an
sich die wenigste Bestimmtheit hat 34 5); ebenso ist das Kunstproductsein
(emo reivrjg eivai) eine bestimmt abgegränzte Gattung des Seienden
und wird hiemit als Kategorie bezeichnet 346); in gleicher Weise steht
daher Nichts im Wege, dass selbst das Stoff-sein und Form-sein_zu_ilemjenigen
gezählt werden, was in verschiedener Kategorie bezeichnet wird
und hiemit der Gattung nach verschieden ist, denn unter dem Seienden
wird MancHes dem Stofflichen (z.B. die Triebe für die Ethik) und Vieles
der Gestaltung (z. B. die Seele) angehören 347), und ebensowenig ist es
daher zu wundern, wenn die Gattungen des Möglich-seienden und des Nothwendig-
seienden als „die übrigen Kategorien" dem überhaupt bloss Stattfin
denden beigeordnet werden 348), denn für die Lehre vom Urtheile oder vom
Schlüsse sind eben diess Gattungen ihrer Objecte, sowie Anderes für andere
Wissenschaften Gattung ist. Fassen wir aber nun diese Beispiele, welche
uns in dem zuletzt Entwickelten theils direct als Kategorien theils in un
mittelbarer Beziehung zu denselben begegneten, zusammen, so erhält der
oben erwähnte Begriff der „Gattung" in Bezug auf die Gesondertheit der
einzelnen Wissenschaften nun gewiss seine richtige Auffassung ; nemlich
z. B. die Raumbewegung, die qualitative Aenderung, das Wachsen, das
342) Metaph. 0, 4, 1047 a. 21. (Anm. 305.): bfioCwg rfi xal Inl tcöv aUotV
xaTi\yogiäv ovvarov ßaSC^eiv ov pr) ßaä((tiv.
343) D. part. an. I, 1, 639 a. 27.: nolkaxig avayxaa»r]aeTai negl twv
avTiäv liyeiv, oaa ravia fiiv vnägxti tols tYSu diaqtyovai tiSv £([><ov,
«via äe firjSt/xCav dia^ogäv' 'frega d" Xaiog iOxlv oig avfißaCvei tr\v
fikv xairiyoQlav tyeiv Jr)v fVTtjV, Staqt'gtiv de rij xar' eläog Staipogif, olov
rj t<Sv C<po)V nogeCa, ov yag <patvtTui uia rtji eXäei' $utq>£gu yag nir\ais
xcä vevois xal ßädittig xal egr^ig.
344) Metaph. N, 6, 1039 b. 18.: Iv ixadtg yag tov ovrog xurrjyogüt fori
tö aväloyov, tag ev&ii iv /xqxei ovrtog iv nlarei to bfialbv ioeog, iv (xqiOuiö
t6 ntgiTTov, iv Se ygöq to Xevxov.
345) Sopli. El. 31, 181b. 26.: (pavegbv cüg ov Sot(ov T&v ngög ti Uyoptvwv
GrifiuCveiv ti /(ogifrfte'vag xa{h' avTccg Tag xaTi\yogiag, olov Smläaiov
avev tov Smläaiov r)fi(aeog.
346) Phys. ausc. II, 1, 192 b. 16.: xl(vr) äe xai tfiaTiov xal el ti toiovtov
allo yivog ta/Ttv, y uev TCTvxrjxe Tt)g xaTrjyogiag ixaOTt\g xal xa&' oaov
taTlv änb Tfyvrjg, övOe/iCav bgfir)v e%ei /^eraßolijg ijxtpvTov.
347) Metaph. J, 28, 1024b. 12.: olov to eitSog xal 7) vir] 'hegov Tq> ytvu
xal oaa xaS-' 'hegov ß/riua xaTrjyogt'ag tov ovrog liyerai.
348) Anal. pr. I, 24, 41b. 31.: iniaxi\)jaaS-ai äe Sei xal Tag allag xa-
TtjyogCug u. ebend. 29, 45b. 35.: bftolwg <fi xal inl tiüv allmv xaT7)yogi(öv.
IV. Aristoteles (Kategorien). 203
Entstehen, das Stoffliche, die Gestaltung, das Nützliche, das Mass, die
Tugend, die Lebensweise, der Gang der Tliiere, die Länge und Breite,
die Zahl, die Farbe, das Multiplum, das Kunstproduct, das Mögliche, das
Nothwendige, u. dgl. sind sämmtlich sicher ebenso sehr an und für
sich abgegränzte Gegenstände einzelner Disciplinen, als auch einige
derselben von Aristoteles selbst in solcher Geschlossenheit wirklich
behandelt wurden; und wir können jetzt verstehen, in welcher Art und
Weise der Ausspruch, dass in den Gattungen die eigenthümlichen Principien
der einzelnen Wissenschaften beruhen (Anm. 140 ff.), mit den Kate
gorien darum in einen Zusammenhang trete, weil die Kategorien gleich
falls Gattungen sind (Anm. 333 ff.). Somit wäre sowohl dieser Punkt
ins Reine gebracht als auch, wie ich glaube, gezeigt, dass nicht zwischen
einer engeren technischen und einer weiteren allgemeinen Bedeutung des
Wortes xortr\yoqla zu scheiden sei ; denn die Forderung einer fest stehen
den Bestimmtheit der Namens-Bezeichnung für die Gattungs-Prädicate muss
in dem Gebiete der Rede und der dortselbst nöthigen Auffassung des
Gemeinsamen (der xowa) nothwendig sich in die Vielheit der Concretion
des Seienden herab erstrecken, soweit allgemeine Gattungs-Bestimintheiten
dem Seienden inhäriren ; zugleich auch haben wir erreicht, dass
wir über den bestehenden etymologischen Zusammenhang zwischen xavtfyooia
und xavrjyoQHV kein Wort mehr zu verlieren brauchen 349).
Gerade aber als bestimmte GatUinjgsjPrädicate Y_on. feststehender Na
mensbezeichnung sind die Kategorien für den Xoyog, zu welchem sie als
Kategorien geh~ören , eben Gesichtspunkte oder jßßSL. '1er Bestimmtheit
selbst. Sie bewahren . .vor einer allgemeinen Unhjäslimntfheit, welche
leicht dasjenige als schlechthin gültig ausspricht, was nur in irgend
einer speciellen Bestimmtheit zu nehmen ist 350). Auch dienen die
KateJgoriejj__in__solcJiex Funktion ajs HüJfcnjiUel. zur Bestimmung' von Gat
tung und Art, insoferne man darauf aufmerksam sein muss, dass diese
beid^iTJJjgirjjnfei- die gleiche Einthcilungsgruppe gehören müssen 3S1).
ünderklärlicher Weise ist das Festhalten von Kategorien gerade da sehr
nothwendig, wo die Verschiedenheit von Gattungs - Bestimmtheiten durch
sprachliche Formen des Ausdruckes verwischt ist und daher in gleicher
Geltung genommen werden könnte, was nicht gleiche Geltung hat, wie
z. B. ti(ivo(iai und ctla&avofiai, betreffs der Sprach-form sich gleichstehen,
349) Gleichbedeutend sind die Ausdrücke xarrjyoQlai in den Stellen Anm. 305,
307, 310, 311, 312, 313, 322, 323, 338, und xarriyoQ^fiaTa in Anm. 306, und
xart]yoQov/j.eva in Anm. 312 u. 322, und 6%rj[iaTu xaTifyoqlug oder Y.axr\yo-
(Ji(5v in Anm. 298, 299, 302.
350) Top. I, 5, 102 a. 24. : il d" itaa ti xal Xfyotro Tmv toiovtwv Mtov,
ov% äni.mg äXXa nort rj nqog ri XStov (>ri9-rjasrai' Tb fj.iv yaQ ix de$imv
ehai ttots läiöv im, to äi äCnovv nqog ti XSiov Tvy/avei Xtyofievov,
oiov im av&Qmno) nqbg i'jtnov xal xvva. Anal. pr. I, 38, 49 a. 27.: ov% r\
<ihrr\ d£ &iaig täv oqmv , brav änlmg xi OvXXoyiOd-y xal brav lödf ri ij
fj nmg.
351) Top. IV, 1, 120b. 36.: hi el fii] iv tj avrfi Siaiqiau rb yivog
xal to citiog, aXXä rb fiiv ovaCa rb ifi noibv fj rb fibr nqog ti rb dt noiöv
(121 a. 6.) xa&öXov d" elneiv, vnb TtjV avrrjv Sialqtaiv dti rb yivog
i$ iXSti tlvai' ei yaQ to eWog ovaCa, xal rb yivog, xal tl noibv rb etiog
xal tö yivog noiöv ti .... b/iotmg ät xal inl Tmv äXXmv.
204 IV. Aristoteles (Kategorien).
aber dennoch das erstere der Gattung des Leidens, das letztere der Gat
tung des Thuns angehört 352); mit einerl. .deiMÜgm. J^erinengung aber
der Unterschiede trieb die Sophistik absichtlichen Unfug (s. in Bezug
auf dieses Beispiel~Äbschh. II, Anm. 59), welchem Aristoteles eben die
Festigkeit der Gattungs-Bestimmtheit gegenüberstellt. Allerdings kömmt
die Bewahrung der JiaJ^ojMen^B^stimmtheit hiebei in Berührung mit der
Sprach-form überhaupt {opi^a rijg X^ecag), insoferne oft Unterschiede
festgehalten werden müssen, wo die Sprache keinen Unterschied äusserlich
kenntlich macht 353); aber eben darum werden wir eher zu der Ansicht
gelangen müssen, dass die allgemeine Forderung der Bestimmtheit der
Wortbezeichnung auf den concreten Sprachschatz distinguirend einwirkt,
als zu der umgekehrten, dass die grammatische Distinction, welche ja
gerade, wie wir in obigem Beispiele sahen, den Kategorien zuwider lau
fen kann, die bewirkende Ursache zur Aufstellung der Kategorien-Bestimmt
heit gewesen sei. In dem Sinne aber, dass eine specielle Bestimmtheil
des sprachlichen Ausdruckes den Gattungs-Unterschied flxiren muss, und
in keinem anderen Sinne, ist von den Kategorien auch in der obigen
Distinction des Guten (Anm. 338) Anwendung gemacht, weil eben das
Wort „Gut" einerseits ein ebenso vieldeutiger Ausdruck ist wie das
Wort „Seiend" und andrerseits das Gut-sein vielfach in die concreten Be
stimmtheiten des Seins verflochten ist. Eine ontologische Anwendung
der Kategorien hingegen in einer Weise, dass etwa bei jeder Disciplin
der Gegenstand nach denselben eingetheilt und diese Eintheilung der Be
handlung desselben zu Grund gelegt würde, können wir in Folge des
bisher Gesagten doch wohl nie und nirgends erwarten; auch darf uns
in dieser Beziehung obige Ableitung der vier Arten der Veränderung
(Anm. 320) nicht als Einwand entgegengehalten werden , als seien dort
doch die Kategorien ein rein ontologisch objectiver Massstab; denn aus
erklärlichen Gründen verbindet sich dort mit der sprachlichen Distinction
der entsprechenden vier Gattungs-Prädicate die objective Grundlage da
rum, weil die Kategorien-Bestimmtheit überhaupt Kesultat eines Verwirklichungs-
Processes, d. h. einer Veränderung, ist.
Haben hiemit die Kategorien in dem Sinne einer Festigkeit der
Gattungs-Bezeichnung eine sprachliche Bedeutung und erstrecken sie sich
in diesem Zusammenhange mit dem xoivbv und mit dem Dialektischen
auch abwärts, so dass, wie wir in obigen Beispielen sahen, überhaupt
352) Soph. El. 22, 178 a. 4. : dr)Xov d*h xal roig naoa to ügavTwg X4-
yea&ai ta fir) ravTa niög &.navxi\x£ov , intiiztq tyofitv rä y£vr\ räv xa-
Trjyogieov , 6 fihv yccQ Mwxev tQtoTrjdilg f*r) vnc'cQ/siv titovtiov Sera iC laxi
arifj.aivti , 6 <J" i-tfeti-ev imaqxov ti r<Sv nqog zt rj noamv , Soxovvtiov äk
%l iaxi arjfiaiveiv <J7« rrjV XtÜiv, olov Iv Twde TtS Xoyip' np' Ivdfytrai
to tivro Sfia noietv re xal nenoirjxivai ; ov. aXXa /j.r)v Sqäv y( ti cifia xal
tiaoaxivai to avTo xai xara xavib IvStytxai. ao' iori ti tcSv naG%av
noitlv ti; ov. ovxovv to Tifivtrat xattTai aio&ävtrai 6/j.o((o; Xiytrai xal
nävxa naOxeiv ti Gr)fiaivti.
353) Ebcnd. 4, 166 b. 10. : ot Si naoa to ti^rj/ia^ Trjg X^eorg GvfißaCvovdiv
, brav to /xr) TavTo ügavTcog eQ/xrjvevrjTai , olov to liootv &i)Xv rj
to &r)Xv aogev rj to fieTa^ti S-Ütsqov tovtiov rj näXiv to noibv noabv rj
to noabv noibv rj to noiovv naG%ov rj to äiaxeCfxtvov noietv xai TaXXa
... lört yäq to fir) tiüv noieiv ov tag tcöv itoislv ti Trj X^Sei arjfiaCveiv.
IV. Aristoteles (Kategorien). 205
allgemeine Gattungs-Prädicate als Kategorien auftreten, so muss andrer
seits, wenn es für den Menschen je zu einem begründeten Wissen des
vielheitlich Seienden und vi^^'i£h_Ausg^spro^henwn kommen soll, dieses
gän^e~GebleT"''sTcTi dem einheitlichen und ein Ziel setzenden Masse des
apodeiktischen Erkennens (Anm. 1 35) fügen. Jenes Festhalten von Gattungsßestimmtheiten,
welches darum auf einem relativen Boden steht, weil das
Gattungs-Prädicat in suhstanzieller Fassung wieder Substrat und Subject
werden kann, darf sich in dieser dem menschlichen Reden anklebenden
Relativität nicht ins Endlose und Unbegränzte fortschieben, sondern im
Interesse des App^eiktiachejL. inuss es letzte Subj^te_midJeJz^Prädicate
ggben (Anm. 158). Und hiemit kommen wir auf jene ersten und ^
"höchsten Gattungs-Bestimmten (Anm. 337) zurück; denn sowie, da das
Unbegränzte überhaupt im Denken nicht erschöpft werden kann, bei den
Wesenheiten eine Gränze sowohl nach Oben als auch nach Unten be
stehen muss, so gilt das gleiche auch von demjenigen, was von ihnen
prädicirt wird ; diess aber ist eben entweder die substanzielle oder eine
der übrigen Bestimmtheiten. Nicht ins Unbegränzte also darf sich die
Zahl der Kategorien verlaufen, weder nach Unten, denn hier geriethe man
auf das Gvfißtßrjxog, noch aber auch nach Oben, sondern gerade die f
obersten und allgemeinsten müssen in einer begränzten Zahl vorliegen, '
also „hggränzt sjnd_jlie J^attiing^.n_d_er Kategorien". Hiebei aber ist al
lerdings ni£ht_eine bestimmte Anzahl, kein bestimmtes Zahlwort, z. B.
etwa sechs oder acht oder zehn oder JgT. ,~n?mhärf"gemacht, sondern
eigentlich nur gesagt, dass überhaupt eine begränzte Anzahl angenommen
werden müsse , und es ist dalief weit mehr nur .dje^Ujüuigrä^ztlieii: ab
gewiesen ; und zwar in einer Beweisführung, welche ausdrücklich qine
spräcKliche (Ao^wcog), nicht eine logische[ (ayahvnxäg^ genannt wird (s. %
Anm. 104); auch^rscheinen TncBei jene nemlichenTlestimmtheiten auf
gezählt, welche wir in der obigen Entwicklung schon einige Male theils
zusammen theils einzeln trafen, nemlich die individuelle Substanz und
dann die qualitative, die quantitative, die örtliche, die zeitliche, die rela- \
live Bestimmtheit, und endlich die des Thuns oder Leidens 354). Wollen
354) Anal. post. I, 22, 82 Ii. 37.: ini fiev ovv tiöv tv to) tC tön xarrjyoQovfitviov
ärjloV ei yaQ eariv OQloaa&ai rj el yvioOrbv to tC r\v eivai,
ta <T äritioct fxri eon oieX&eiv , avayxrj neneQotv&at tu tv toj tC tan xa-
TriyoQovfitva (83 a. 18.) vnoxelahto 3n to xairjyoQovfievov xarrjyoQeiG-
9ai äti, ov xuTtjyoQeirai , änXäig aXXct ,u»j xutu Gv/xßeßrjxös' ovtiü yitQ ai
unoStC'ieig anoS eixvvovGiV dion rj tv tiS tt tanv rj ort notbv rj noobv rj
xqÖs ti rj noioiiv rj naGyov rj nov ij nori , Brav i'y xa&' ivbg xaTrjyoQrj&^
(39.) rj yaQ toi tos oiola xarrjyoQri^Gerai oiov rj yivos ov rj otatfOQa
toi xeiTrjyoQov/xe'vov ' Tavra tfk äääeixTia Sri ovx iOTtti uneiQa oü'r' tni
to xäna ovt' tn\ to avu> (b. 6.) in d" aneiQa ovx tan diegel&eiv
vooivTa, ibar' ovt' tnl to avo> ovt' Ini Tb xÜTta aneiQa .... (10.) ouefi
pTjy tov notov rj TtSv äXXiov oväev , äv fir\ xarä Gvfißeßtjxbg' xctTr]yonr)&ij,
ntsVTa yitQ TavTa avfißißnxi xai xara tojv oiiOiiöv xaTtjyoQeiTai. älXä orj
ort oüd" tig to itvio aneiQa iarai' exuarov yaQ xazrjyoQtiTai o uv Gr)fiaCvn
rj noiöv ti rj noaöv ti rj ti tojv ToiovTiav rj rä tv rij ovdice' ravra oh
nentQavrai xal Ta y£vr\ tojv xciTrjyoQiiSv nene'QaVTat ' rj yao noibv rj no
obv rj noög ti rj noioiiv rj ndo%ov rj nov rj nore". Es ist, wie bemerkt, für
die ganze Stellung der Kategorien sehr zu beachten, dass diess sämmtlich in der
206 IV. Aristoteles (Kategorien).
wir dieselben durchaus zählen, so haben wir noch die Wahl, Thun
und Leiden als Eines oder als zwei zu zählen — vernünftiger ist natür
lich ersteres — , und wir erhalten demnach sieben oder acht oberste
Kategorien. Die besjimjjitg. .Zahl „ am. .ist ja .JM^l«llv^ai!...fl^L,h5cbst
gleichgültig, da wir:.,ob,ejj,.jine aocJi.glteng.er.e,Beduction .auf dreijjapt-
Kategorien trafen (Anm. 318); und es wird sich hiebei jeder vernünftige
ten'scK'ebreTiso begnügen wie bei jenen sieben oder acht, denn letztere
sind ja auch implicit in den dreien enthalten, und jrijjej^
sicher.. der. Eoxdejujig entsprochen, dass die Zahl der Kalegori,en_nur
mcht. jygj)$g$3nzL sei. Und steht nun in einer anderen Stelle wirklich
sogar ein bestimmtes Zahlwort, nemlich zehn 355), so ist auch dieses an
sich höchst gleichgültig und durchaus nichts Merkwürdiges, denn es sind
dort eben den obigen acht (wofern wir dort acht, und nicht sieben, zäh
len) noch zwei specielle Bestimmtheiten, welche dem allseitig determinirten
Auftreten des concreten Seins angehören, nemlich das Haben und das
Liegen, darum beigefügt, weil hieran manche topische Distinction des
Sprachschatzes in Bezug auf das Verbum sich knüpfen kann ; und wir wür
den es ebenso wenig für irgend etwas Merkwürdiges halten, wenn aus
der oben öfters vorgekommenen Gattungs - Bestimmtheit des „Zustandes"
irgend eine andere specielle Kategorie, z. B. das Mögliche oder Nothwendige,
beigezogen wäre, oder wenn z. B. im Interesse der Topik auch
das Masculinum und Femininum (vgl. Anm. 353) hinzugefügt wäre ; kurz
für jede irgend vernünftige Auffassung dessen, was bei Aristoteles die
Kategorien bedeuten, wäre es gänzlich gleichgültig, wenn hier auch die
Ziffer siebzehn oder achtzehn und hiemit siebzehn oder achtzehn speciell
aufgezählte Kategorien stünden , denn immer wäre diess noch eine begränzte
Zahl. Als wichtiger und ursprünglicher müsste man jedenfalls
jene sieben oder acht, und als noch wichtiger und noch ursprünglicher
jene drei bezeichnen ; auf jene sieben oder acht würde auch im Gan
zen eine vergleichende Zusammenstellung aller jener aristotelischen Stelmil
den Worten Xoynxäg [ilv &ea>nov<Stv (öde (pavegov (82 b. 35.) beginnenden
Argumentation steht; erst 84a. 8. folgt avulvxixäig oV.
355) Top. I, 9, 103 b. 20.: fiexa xoCvvv xctvxa b*el äioqCaaa&ai xtt yivy
tojv xarriyoQitäv . . . . ioxt, cFe tautet xbv &Qi&[i6v oVx«, xl iaxi, nooov,
notbv, tiqÖs Tl., Tiov, ttoxs , xtla&ui , Z/eiv, noiuv, Träo^eiv äel yaq tö
OvfAßeßrjxdg xai tö ytvog xai tö XSlov xal 6 oQiafibg Iv fiiq xovxoiv TtoV
XaxriyoQituv eöxai' näaai yctQ cd äia xovxcov Tiooxaotig tj xl laxiv r\ noiov
r\ Tioabv r\ xiov ixlloiV xivä xaxrjyoQiäv OrjfiaCvovOiv. Dass hier kein so
überaus grosses Gewicht auf das Wort aoi&fiög zu legen sei , zeigt eine andere
Stelle (Meteor. IV, 8., s. Anm. 406.), in welcher gleichfalls von der Zahl der kör
perlichen Gegensätze die Rede ist, und dann achtzehn derselben genannt werden,
sicher dort ebensowenig als hier mit der Absiebt einer erschöpfenden Aufzählung.
Auf eine Aeusserlichkeit aber muss ich bei dieser Stelle doch aufmerksam machen ;
es stehen nemlich hier die Kategorien gegen den conslanten Gebrauch sämmtlicher
übrigen Stellen ohne Conjunction schlechthin neben einander; allerdings brauche
ich, da diese asynartelische Diction sehr wohl als Schul -Manier bezeichnet werden
könnte, nicht so weit zu gehen, die betreffenden Worte für unächt und später ein
gesetzt zu erklären; denn auch wenn sie unbeanstandet im Texte bleiben, bringen
sie in meine Beweisführung oder in meine Ueberzeugung keinerlei Störung.
IV. Aristoteles (Kategorien). 207
ien führen, in welchen die Kategorien ausführlicher erwähnt werden356). J
Doch, wie gesagt, an sich ist dieses ganze Obwalten einer bestimmten/
Drei- oder Sieben- oder dgl. Zahl so völlig gleichgültig, dass man Ver-(
druss und Ekel über die Worte empfinden muss, welche man hierüber \
verschwendet.
Aber für irgend einen penpa^tiscl^n^ScimJffleister, welcher an
speculativex_Be^aJüag„wohl_ dem grossen flauten jener, welche formale
Logik dociren, gleichstellen mochte, inusste es ein wahrhaft glüähcher |
J^inT'seni^aäss Aristoteles endlich einmal, wie man sagt, mit der Farbe
herausgerückt war und doch deutlich ausgesprochen hatte, wie viele Ka
tegorien es denn eigentlich gebe, und zwar gerade_jjzehn", also zugleich ,
e'nLjÄÜi§fi-^lÜ;Ä0™iS,31.? Äanl ' ^nd nocn dazu stand ja jene Notiz von
(ler Zehnzahl gerade in der Tonjk, vvelche_.jyJb£rjiau£^dem rhetorischen
Schulbetriebe der""bialektik nähgrjiegt und in dieser Beziehung sogar
dem stÜDQ£erJhSK^'_S^lfwätzer Cicero Gelegenheit darbot, als ächter C-\j&-<9
Commis Voyageur zur AbVelclisTung einmal auch in Logik zu machen.
So war denn nun auch wohl nichts Eiligeres zu thun, als jene heilige
Zehn in ein aus aristotelischen Worten zusammengetragenes Schul-Compendium
oder einen logischen Katechismus zu bringen, und diess mag
356) Aus den gesammten Stellen ergibt sich folgender Ueberblick:
Arist.
Stelle
Obige
Anm.
ovata notov noaov nov noxi notuv ntxo%ttv £xtlv^xtlo&at
L 1
nqo% XL
1089b. 20 318
1 > 1—
ovata na&ij nqö<i xl
1001b. 29 316 ovata na&tj xa xtvtja r*$ xat §ta&iott$ xai Xöyot nQOi xl
1069a. 19 315 ovata 7ZQtOX7]Xt$ noaov xtvtjatt%
1054a. 4 323 ovata nOlOV noaov na&q xal xtvqats
1028a. 13 317 ovata notöxyxt$ noaoztjztq xa Si nöt&q xa $1 älXo xl xotovzov
402a. 22 300 ovata notov noaov aXXr} xie, tä* SiaiQt&tiaüv xazqyoQtöjv
410a. 13 341 xöSe xl notov noaov SXXtj xt% x£v SiatQt&tiowv xarqyoQtüv
1028a. 10 341 xt toxi notov noaov txaoxov xdv aXXwv zojv oZzu) xaxrjyoQQvftivuv
200b. 26 306 xöSi xt zotövSt xoaövde al aXXai xov ovxo$ xaz^yoqiai
1034b. 8 337 ovata notöv noaov al alXat xazyyoQtat
1989a. 7 341 ovata notov noaov al äXXat xaxTiyootai
1045b. 27 311 ovoia notov noaov xaXXa
1027b. 29 301 xt iaxiv notov noaov Ulla xt
1045b. 32 300 ~~ xT~ notov noaov
319a. 9 307 xÖSt XL xotovSt noaov
120b. 3(5 SSI ovata notov xa aXXa nQO$ xt
317b 8 309 ovata notov noaov nov
1029b. 23 312 ovala notov noaov nov noxt XlV7)Ot%
1026a. 33 298 xl notov noaöv nov noxi alXo xt
190a. 31 314 ovata notöv noaöv nov noxi ng6$ ÜxtQQv
1096a. 23 338 ~x~l~ notov noaöv xonog XQ0V0$ nQÖ$ xi
178a. 4 332 Xl toxi noaov noittv ntxoxttv nQÖ$ xt
166b. 10 352 notov noaov noittv naaxtiv diaxtt/ttvov
IOÖ4T3Ü ~32(T noittv
SM
1017a. 22 j 302 xt iaxi notov noaov nov noxi noittv naaxuv nqoe, zi
225b. 5 314 ovata notözr}$ noaöv nov noxi noittv rjnaoxttv Trpo's ZI
82b. 37 354 ovata notöv noaöv nov noxi noiovvlqnuuxQv rtQoq xt
KWb^ 355 xi iaxi notöv noaov nov noxi \noitiv naaxuv *Xetv \*&a&at nnö$ zi
208 IV. Aristoteles (Kategorien).
die erste Veranlassung zur Entstehung jenes Büchleins, welches Karrjyoqlai
überschrieben ist , gewesen sein , wobei jedoch ein ironisch
neckendes Geschick es fügte, dass gegen den Schluss des Buches die un
befleckte Reinheit der heiligen Zahl gar ärgerlieh getrübt wurde, indem
eine andere schulmeisterliche Hand nicht bloss eine nutzbare Zusammen
stellung aristotelischer Lehrsätze über den Gegensatz, sondern auch noch
die sogenannten Postprädicamente (nQorsqov, ufiu, mvrjßig) hinflickte ;
in diese letzteren aber drängte sich sogar das %£tv zum zweitenmale
ein , nachdem es freilich in dem ursprünglichen Katechismus (Cat. 9)
schmachvoll kurz und karg weggekommen war. Seinen^uranfängbchen
Zusammenhang mit dex JTqpik aber erweist dieses Compenllmmäeutlich
darin, dass es mit Erklärungen . .üb.er Homonym . und, .Synonym, anhebt,
worin ja auch in der aristotelischen Topik die Kategorien einen vorzüg
lichen Wirkungskreis gefunden hatten (vgl. Anm. 338 u. 352); und wir
werden noch später Gelegenheit haben zu sehen , wie dieses Wechselverhältniss
zwischen Kategorien und Topik zur Stütze der Ansicht be
nützt wird, dass letztere unmittelbar nach ersteren folgen müsse (Abschn.
IX, Anm. 2 f.).
Wir haben hingegen aus unbestreilbar ächten Schriften des Aristo
teles eine Einsicht in das Wesen und die Bedeutung der aristotelischen
Kategorien zu erreichen gesucht, welche durch keine schulmässige Auf
fassung getrübt ist. Falls es Jemandem ein recht grosses Vergnügen be
reitet, auch nach den Resultaten dieser Untersuchung noch von den „zehn
Kategorien" des Aristoteles zu sprechen, so müssen wir ihm die^£_Jyndische
Fre,u,de wohl gönnen; es gibt auch noch sehr viele Menschen,
welche an Barbara, Celarent, Darii, u. s. f. eine wahrlich herzige Freude
haben. Wir sind zu einem Resultate gekommen, nach welchem die ari
stotelischen Kategorien wpdex .Mf, ,d,je <f r-2ÜLU-üiL'k a's 'bren ursprünglichen
Entstehungsgrund zurückgeführt werden dürfen, noch auch dieselben als
Kategorien eme^japtologische Bedeutung haben. Fragen wir, wie Aristo
teles überhaupt dazu gekommen sei, von Kategorien zu sprechen, und
welche Geltung dieselben bei ihm haben, so ist unsere Antwort hierauf
folgende : Aristoteles geht im Gegensatze gegen Plato davon aus, dass die
Allgemeinheit in der Concretion des Seienden sich verwirkliche und in
dieser Realität von dem menschlichen Denken und Sprechen ergriffen
werde ; der Verwirklichungsprocess des concret Seienden ist der Uebergang
vom Unbestimmten, jeder Bestimmung aber Fähigen, zum allseitig
Bestimmten, welchem demnach die Bestimmtheit überhaupt als eine selbst
concret gewordene einwohnt und ebenso in des Menschen Rede von ihm
ausgesagt wird. Das grundwesentliche Ergebniss der Verwirklichung ist
sonach: die zeitlich-räumlich concret auftretende und hiemit individuell
gewordene Substanzialität in einer dem Zustande der Concretion entspre
chenden Erscheinungsweise ; diese letztere umfasst das ganze habituelle
Dasein und Wirken der jconcreten Substanz^ welche in der Welt der
räumlichen Ausdehnung und nuinerären Vielheit erscheint. Die ontologiscRe
Basis demnach der Kategorien ist der in die Concretion "führende
Verwirklichungsprocess der Bestimmtheit überhaupt*577}! aber diese Ba-
357) Von dieser Basis der Kategorien gilt nun wahrlich weder was Kant noch
IV. Aristoteles (Kategorien). 209
sis sind nicht die Kategorien selbst, sondern als Kategorie fungiji^jjje
Bestimmtheit .nur insoff.rne ak..sie mit der ihren JBgs^fl^3liffi^fi8läS5
Bestimmtheit dy.r itiAnsrltlichen Aussage zusammentrifft, und so haben
die Kategorien als Kategorien einV "sprachliche BedeuUing, denn die "Bestimmlheit
der Namens-Bezeichnung des Gattungs-Prädicates soll der Aus
druck und die Auffassung der concreten Bestimmtheilen sein, in welchen
der Verwirklichungs - Process bis in die Vielheit des Seienden hinunter
sich absetzt. Hierin liegt einerseits der Grund der Forderung, dass es
unter den Prädicaten letzte und höchste Gattungs - Bestimmtheiten geben
müsse, und andrerseits der Grund dessen, dass es sich beiden Katego
rien nicht um Wahr- und Falsch-sein, sondern eben nur ,tim. die Festig- /frty
kcifiTer prädicativen Gatlungs-Bestiminthcit handelt, welche dann indem
SpräcHscnaSe7 "auf dem Gebiete des Dialektischen , ihre mannigfache Bethäligung
findet.
Sowie aber nun jene ontologische Basis der Kategorien und die
sprachliche Function derselben nicht mehr auseinandergehallen wurden, i
d. h. sowie man glaubte, die sprachlichen Gatlungs-Prädicate seien eben
die onlologischen Bestimmtheiten selbst, so war hiemit das Missverständniss
und jene unsinnige Auffassung eröffnet, welche zu den abenteuer
lichen Annahmen betreffs der Kategorien im Mittelaller führte. Andrer
seits aber ist auch die aristotelische Anschauung selbst nicht von allem
und jedem Bedenken frei zu sprechen; denn sobald man jene^obersten |
drfiL Haupt-Kategorien verlässt, wve]che eigentlich doch selbst wieder auf
den noch tieferen Grundsatz zujrvückleilen, dass der Verwirklichungsprocess
fihprlianpt ilif; ein,zjgf; lrV1lffftf"''p ,sp'i und sobald man mit den Kategorien
in die Vielheit des concret Seienden näher herabsteigt, so ist abwärts
schwer eine Gränze festzustellen , und selbst wenn auch diess^der Fall >wHVT
wäre, so droht die Gefahr, dass die Bestimmtheit überhaupt lediglich in
die Festigkeit der Namensbezeichnung auslaufe und so das Sprachliche
ein missliches Ucbergewicht über das objecliv Seiende erhalte 358); d.h.
was Hegel über dieselben sagt. Kant ffW. herausg. v. Hartenst. II, S. 111.: „Es
war ein eines scharfsinnigen Mannes würdiger Anschlag des Aristoteles, diese
Grundbegriffe aufzusuchen. Da er aber kein Principium hatte, so raffle er sie auf,
wie sie ihm aufstiessen, und trieb deren zuerst zehn auf, die er Kategorien (Prädicamente)
nannte. In der Folge glaubte er noch ihrer fünfe aufgefunden zu ha
ben, die er unter dem Namen der Poslprädicamenle hinzufügte". Hegel WW. XIV,
S. 361.: „Diesen Prädicabilien fügt Aristoteles dann noch fünf Poslprädicamenle
hinzu; doch stellt er sie sämmtlich nur so nebeneinander". Allerdings sind beide,
Rani und Hegel, durch ihre Unkenntniss im Detail der Geschichte der Philosophie
zu entschuldigen, eine Unkenntniss, welche bei Kant naiv, bei Hegel aber natürlich
sehr vornehm auftritt. Aber das, dass die Substanz (ovOCa) zeitlich -räumlich be
stimmt (nov, nori) mit einer eigenschaftlichen Determination (noiov) in der Welt
des Zählbären und Messbaren (nooöv) auftritt und sich innerhalb des vielen Seien
den nach ihrer Bestimmtheit wirksam zeigt (noitiv — 7iäo%eiv, ngög ti) , ist
hoffentlich weder aufgerafft noch bloss zusammengestellt; und es wird auch Nie
mand diese Anschauung aus der Grammatik oder den Itcdetheilen gelernt haben.
Aufgerafft ist wohl , dass in jener Stelle in der Topik aus topischem Interesse ge
rade noch zwei specielle Bestimmtheiten genannt werden, welche ebenso leicht um
mehrere andere hätten vermehrt werden können; noch mehr aufgerafft aber sind die
Poslprädicamenle, über welche wir freilich nach Obigem höchst beruhigt sein können.
358) So sind auch zuweilen in der That bei Aristoteles manche Untersuchungen
mehr sprachlich als real, so dass sie die Schwierigkeiten des objectiven Thatbe-
Peahtl, Gesch. I. 14
210 IV. Aristoteles (Begriff).
/ der Umstand, dass es zu einem Festhalten mehrerer Klassen von Aussagen
I kam, beruht scima.auf einer Geltung des dialektischen Gebietes, welcher
f wir vom Standpunkte unserer Philosophie aus wohl die volle Berech-
5 tigung absprechen müssen ; es ist, wenn immerhin ein idealisirtes und in
1 letzter Basis auf Philosophie beruhendes Schematisiren, doch immer ein
I Schematisiren des köyog und eine Nachwirkung des rhetorisch-dialektischen
\ Treibens der Griechen überhaupt. Darum ist eine nothwcndige Folge,
) dass die Kategorien als solche einen vorzüglichen Tummelplatz in der
: dialektischen Topik erhalten müssen, und so.Jrägl das Auftreten der
| KategorjLeji^bei^ Aristoteles allerdings einige, j^itscuuid .an dem "spateren
\'I!ntstehen einer nominalisliscTfeii Üniolögic und hiedurch miUeTbliF~1in
T^nTTTnfuge, welcher mit den Kategorien getrieben wurde. — Jener
\nemliche Trieb der griechischen Geistesenlwicklung, welcher schon bei
dem Uebergange vom Mythus in die Naturphilosophie theogonische Be
griffe in qualitative Bestimmtheilen des materiell Seienden umsetzte, und
welcher in dem Mythus selbst bereits überwiegend attributive Bestim
mungen des allgemein einheitlichen Idealen, d. h. Göttlichen, in einzelne
plastisch begriffliche Persönlichkeiten gegossen hatte, so dass eben vom
Mythus aus ein Weg zu doctrinärem Theorctisiren ermöglicht war (wo
hingegen die nordische Mythologie mehr an dem ethisch persönlichen
Thun und Treiben der Götter festhält und schwerlich je zu einer Na
tur-Philosophie geführt hätte, sondern dem Ethos näher zu liegen scheint)
— dieser ncmliche Trieb also des Plaslilicirens und doclrinären Aluundens
wirkt in dem rhetorisch-dialektischen Festhalten der einzelnen Be
stimmtheiten des Seienden fort, und es erhalten hiedurch die. pradicativen
Attribute als solche eine Selbstständigkeit , welche entsprechend
jener Art des Polytheismus sehr leicht zu einer Viel.-. Wesenheit des
Seienden führen kann und auch bei den Stoikern sich zu einer förm
lichen onlologiselion Pncimialologic gestaltet (s. Ahschn. VI , Amn. 90,
96, 105), wenn auch Aristoteles dieses selbstständige Auftreten der Prädicate
als solcher gebührender Weise auf das Gebiet des Dialektischen
beschränkt, ohne jedoch, wie wir sahen, hiebei das Ontologische je
gänzlich ausschliessen zu können.
DER BEGRIFF.
Wenn der Begriff das Princip der aristotelischen Logik ist (s. oben
S. 135) und in demselben darum zugleich die philosophische Grundlage
des Apodciktischen beruht, so dass hier das logische und das ontologische
Moment zusammentreffen — sowie diess in entsprechender Weise auch
bei der platonischen Idee der Fall gewesen war , nur mit dem Unter
schiede, dass letztere zu keinem entfalteten Enlwicklungsprocesse des
Denkens führen konnte — , so muss unsere Untersuchung über die aristandes
nicht lösen, sondern eigentlich nur auf Rectificirung oder Distinction des
Sprachgebrauches hinauslaufen ; so z. B. die Unterscheidungen des „in Etwas sein"
(l'hys. ausc. IV, 3.) , die Erörterungen über das Hallmachen (ebend. V, ü.) oder
über qualitative Aenderung (ebend VII, 3.) u. dgl.; dasselbe gilt von der Auffassung
der Zahlwörter (ebend. III, 7. u. IV, 14.). S. meine Anmerkungen zu diesen Stel
len der Physik in m. Ausg.
IV. Aristoteles (Begrifft 211
stotelische Lehre vom Begriffe , über welche uns keine ausschliesslich
specielle Schrift des Aristoteles erhalten ist, nothwendig auch die me
taphysische Geltung des begrifflichen Denkens in sich cinschliessen, insoferne
hier der Nachweis zu geben ist, dass der aristotelische Objectivismus
das Seiende vermöge des schöpferischen Wesens - Begriffes denkt
(sowie der platonische Objectivismus das Gleiche durch die mythischpoetische
Idee angestrebt hatte). Aber eben darum haben wir andrer
seits auf jene Functionen dieses Wesens-Begriffes hier nicht einzugehen,
in welchen er als reiu ontologischer in dem objectiv Seienden weiter
zu verfolgen wäre, sondern es handelt sich hier darum, wie nach der
Leberzeugung des Aristoteles der Begriff die Form sei, unter welcher
der Mensch das Seiende sub specie aeterni denkt; d. h. unsere Aufgabe
ist hier die Identität des logjschen_ujul_dj^_ontologisch^
Die^FoniT des apodeiktischcat, Denkens, wie es durch die Kraft des
vovg von seinem ersten Stadium an bis zur Erreichung seines Zieles
auftritt, ist das xa&tjikov (Anm. 71, 90, 115 f., 135 f.), und in eben
diesem xa&okov hat das Seiende die formelle Bestimmtheit seines vvesenjEcfigii
SeuisT"*flTeses' 'Wesentliche "Sein aber ist es, welches an dem
Seienden jeder Art vermöge des Begriffes erfasst wird. Ausdrücke,
durch welche Aristoteles dieses gesammte begriffliche Moment in seinen
verschiedenen Verhältnissen bezeichnet, sind : OQog, auch OQLOfiog, Xöyog,
ovaia, to ti ißri, ottbq ovt tu xL rjv tlvai, üSog, deren Zusammenge
hörigkeit sowie gegenseitiger Unterschied im Verlaufe der Untersuchung
selbst erhellen wird 359).
Insoferne alles Seiende seine Bestimmtheit seines Seins erfüllt,
handelt es sich bei der begrifflichen Auffassung dieses Seins nicht um
das Aussagen oder Bezeichnen dessen , was das Seiende an sich {xcc&
359) Ich kann unmöglich weder bereits hier die Distinclion dieser Bezeichnungen
vornehmen, da diess zu endlosen Wiederholungen führen würde, noch auch ist es
wegen der innigsten Wechselbflflc'kungcn derselben möglich, die Entwicklung der
Lehre vom Begriffe etwa im Hinblicke auf diese Ausdrücke anzuordnen ; hingegen
werde ich am Schlüsse Anm. 535. wieder eine Zusanimenslellung des in den ein
zelnen Stellen vorkommenden Wortgebrauches geben; und andrerseits werde ich die
schärfste Consequenz in der Wahl der deutschen Ausdrücke einhalten. In letzterer
Beziehung scheint die meisten Schwierigkeiten das xo xC rfli ilyui darzubieten ; s.
über dasselbe Trendelenburg i. Rhein. Mus. 1828., 'II, S. 457 ff.; es drückt das
jenige Sein (tlvai) des Dinges aus, welches dem jirsjtfüujjlichen Was (rt' rjv) ent
spricht (nur möchte ich in Bezug auf das in xb xC fjV ilvai eölTfaTfenö xl y\v den
L'mstand hervorheben, dass hier wahrscheinlich nicht die philosophische Speculation
allein das bedingende war, sondern auch die volkstümlich übliche Ansdruckswcise
mitwirkt« ; ein Beleg hiefür sind die vielen Stellen bei Aristophanes , in welchen die
frage z. B. „toüto xl i]V xo nQiiyfttt;" sich gar nicht auf ein Vergangenes be
zieht, sondern ein unmittelbar Gegenwärtiges betrifft); ich übersetze im Folgenden
ro xliv_f}]it(i mit „ schöjijcyjschcr W<£jiensbegriff'', hingegen das der concrelen
Bestimmtheit näher liegende xoxT~(äxi inif„das begriffliche. Sein", oxeg -ov aber
mit „das eigejjtjjcluyjicin " , [tiTukTovolg mit „WelenTicTT'', iläog mit „begriffliche
Fo£m" oder ,, ArlhegiW" (hier muss bei dem weltfu Umfange des griechischen
Wortes nach Massgabe des deutschen Sprachgebrauches durch eine Unterscheidung
nachgeholfen weiden, je nachdem fido? näher der schaffenden Formgebung liegt
oder in ein Verhältniss mit ytvos gesetzt ist; das Zusammentreffen von Beidem
liegt in dem ilfionoiöv, d. h. der Art-bildenden begrifflichen Form); endlich über
setze ich ogos mit „Begriff", Xöyog mit „ausgesprochener Begriff", ÖQiOfiög mit
„Definition' . — — -—,— "
' 14*
212 IV. Aristoteles (Begriff).
uvto) ist, sondern eben um das Sein dieses An-sich-seins ; dieses ist,
wenn es auch gleichfalls den Sprach- Ausdruck nicht entbehren kann,
etwas vom Urtheile verschiedenes, s. Anm. 183. Es ist demnach der
Begriff {oQog) dasjenige, in welches das Urlhcil aufgelöst wird, ganz ab
gesehen davon , ob in dem Urtheile das „ist" und „ist nicht" eine Ver
bindung oder eine Trennung enthält, und es ist also sowohl das Subject
als auch das Prädicat eines Urtheiles nach dieser Auflösung ein Be
griff360). Von diesem isolirten Begriffe wird kein Sein oder Nicht-sein
prädicativ ausgesagt, noch berührt ihn das dem Urtheile zukommende
Verhältniss der allgemein oder particular gültigen Aussage , sondern er
bedarf an und für sich nur schlechthin verstanden zu werden361). Und
auch bei demjenigen, was an diesem isolirten Begriffe das Denken denkt,
bleibt jedes etwa bloss prädicative Sein ferne, denn sobald Etwas von
einem Anderen ausgesagt wird, ist es ja nicht als dasjenige erfasst, was
es in seinem bestimmten eigentlichen Sein ist; sondern nur jener aus
gesprochene Begriff (koyog), in welchem das von ihm selbst ausgedrückte
nicht wieder vorkömmt, ist der Ausdruck des schöpferischen Wesensbe
griffes (to tL rjv dvai), und umgekehrt gibt es ^einen schöpferischen
Wesensbegriff nur da, wo der ausgesprochene Begriff die Bestimmtheit
der Definition (oQißfiög) enthält, d. h. von einem Seienden als ursprüng
lich ersten gilt, was nicht der Fall sein Jjann, wenn bloss Etwas von
einem Anderen ausgesagt wird 302). Was daher den auch für das Aus
sprechen des Begriffes nie entbehrlichen Sprach-Ausdruck betrifft, so ist
der schöpferische Wesensbegriff eben dasjenige, was als das Ansichsein
(xud avrö) des Seienden ausgesprochen wird, denn derselbe ist jenes,
was das Seiende in seinem eigentlichen Sein ist, und der vollständige
Sprach-Ausdruck des die Wesenheit selbst seienden schöpferischen We
sensbegriffes ist dip ripfinjtjon, welche demnach selbst das Ansich des
Seienden betrifft 363). Hiemit befinden wir uns hier bei der Wirksam
keit und dem Auftreten desjenigen, was wii> -bereits oben, Anm. 132, vor-
360) Anal. pr. I, 1, 24 b. 16.: oqov dt xaXio eig ov äialvezm fj 7rpo'r«ff<?,
olov ro rf XtttrjyoQovfitvov xal tö xaf)-' ob xaTtjyoQtiTtti , rj nQogTi&ifiivov
rj SiaiQovfiivov tov tlvai xal (j.rj tlvai. Diese Bezeichnung des Begriffes als
öoog bleibt dann für die ganze Syllogistik bestehen, insoferne in dieser das Wechselverhältniss
der Begriffe in verwandten Urlheilen untersucht wird, s. unten Anm. 550.
361) Anal. post. I, 10, 76 b. 35.: ot fxlv ovv oqoi oix elolv vnoHtOtis,
oiSiv yao iivai firj tlvai XiyoVTai, aXX' iv Talg JiQoTaOtoiv al vno&ißii;,
Tovg d" Sijovs fiovov £vvltG&ai Sil, tovto d" oix vno&tatg , ti firj xal tö
äxovtiv vno&totv t ig tlvai ifrjott (77 a. 3.) ezi tö ctirtj/n« xal vnod-tan
näaa rj tös bXov rj lag iv fitQti, oi d" oqoi ovde'reQOV rovimv. Lieber das
Verhältniss der vnodtaig s. Anm. 652.
362)rJtfefaj)A. Z, i, 1029 b. 19.: iv a> äoa firj Maztti Xöyat aiiö Xfyovu
«uro, oLtos 6 Xöyog tov tC riv tlvai (xäaTip (1030a. 4.) orav d" äXlo
*«r' äXXov Xfyrjtat, oix sariv otiiq röde ti (6.) &OTt tö tC r\v thm
iartv boiov 6. Xöyog inrlv ÖQia/xög' öoiOfibg d" iörlv oix av bvofta Xöyy
ravTÖ Gr\tia(vq (s. Anm. 686.) (10.) äXX' iäv tiqiotov rivög r)- TOiavT"
d" itSTiv oaa Xiytrai fir] Tij> aXXo *«r' aXXov Xtyta&ai.
363) Ebend. 1029b. 13.: xal tiqütov tirrio/ntv evia ntol airov Xoyixiäs
(s. Anm. 104.), ort «ort rö rl r)v tlvai exaaTO) o Xtytrai xad-' avrö
(1030a. 3.) otiiq yao TÖät ti iorl to tC r)v tlvat. Ebend. //, \, 1042a. 17.:
intl df rö tC rjv tlvai. oiala, tovtov dt Xöyog 6 ÖQiafiög, äici tovto tiIqI
oqiO/xov xal nenl tov xa&' avTÖ äiiooiarai.
I 3 '
\ 7 0 t f v r T / \ > ü y 0 S
IV. Aristoteles (Begriff). ^ 213
läufig als das xa&' avt6 hatten kennen lernen ; die dor^selbst angeführte
Stelle zeigte uns , dass »in Ansichseiendcs erstens alles dasjenige sei,
was zum begrifflichen SeiiN und ausgesproclieuen BegrifTe^ eines Seienden
und was als SuBstrat "zum ausgesprochenen Begriffe des Seins eines
Merkmales gehört, und zweitens dasjenige, was nicht prädicativ auftritt,
sondern in der Vielheit der möglichen Prädicate sich gleich bleibt, und
welchem gegenüber das prädicative Sein eben als bloss je vorkommendes
(xura evußsßrjxög) erscheint. Jene erstere Geltung des Ansichscins nun
enthält allerdings eine Doppeltheit in sich, da sie sich sowohl auf das
Seiende als auch auf die Merkmale bezieht; aber da in dem ausgespro-Ci ( |
chenen Begriffe desjenigen, was in dem begrifflichen Sein der Merkmale/£l £- tL
einwohnt, also in dem Begriffe des Substrates, wieder begriflsniässige
Bestandtheile einwohnen, so liegt für jene Doppellheit gerade ein ein
heitlicher Träger in dem begrifflichen Sein des Substrates, und nie wird
die Summe der Merkmale und Bestandtheile über dieses Ansichsein des
Substrates hinaus überschlagen, sondern in demselben liegt die bestimmte
Abgrenzung 364). Darum trifft diese Bestimmtheit des Ansichseins, unter
dessen Form das menschliche Denken den Bestand des Seienden denkt,
mit der nothwendig vorauszusetzenden Bestimmtheit des Auffassens über
haupt (Anm. 163— 173) zusammen, und wer diese letztere leugnet, hebt
die Wesenheit und das eigentliche Sein sowie den schöpferischen We
sensbegriff und den ausgesprochenen Begriff auf, denn der Sinn eines
Ausdruckes für die Wesenheit ist nur der, dass das begriffliche und
wesentliche Sein Nichts anderes als eben die ausgedrückte Wesenheit
sei 365); begriffliche Form und Wesenheit sind es ja überhaupt, nach
welchen (xa&' o) Etwas benannt wird 3<iG).
Die Form dieser Bestimmtheit des Ansichscins ist das xa&olov,
welches wir oben, Anm. 132—139, als die Vereinigung des xata navrög
364) Anal. post. I, 22 , 84 a. 11.: r\ fiiv yäq aii6äei$tg Ioti t<3v oda
vn&Qxu xa&' avrä rolg ngay/naaiV xa&' avTa fit ö'irräg' baa je yag Iv
(xelvoig IvvnaQXti Iv T<j5 it Ioti xai oig avxä Iv tcü tC lanv imäoxovaiv
itixotg , oiov xtj> &Qi&[iijj ntQiTTOV, o iiJiuQxti fiev aoid/iip , IvvnaQxei tf'
avxbg 6 ctQiO-fidg Iv T(p Xoyip avTov, xai näXtv 7iXrj{hog ij to Sictiottov Iv
'<<» Xöyqi toxi äoi&fiov Ivunao/ei. tovtiov tf' ovSheqa IvSfyirat. aneiga
tlvai (22.) aXXa jxr)v äväyxij yt navxa vnaQxeiv T<j3 tiquItii) oiov i$
<tQi9fU[> xaxeCvoiq xbv ägt&ftbv, (äox* aVTiOTglifoVTa conti äXX' oi>% vneg-
HlvovTa. oväe [*r)V ooa Iv riö t( Iotiv Irvnägxti, ovSe lavra aneiga, oväe
ytiQ av eltj bgCauo&ai.
365) Melaph. r, 4, 1007a. 20.: öXiog <P avaigovaiv oi tovto XfyoVTtg
oialav xai tb xi ijv elvai ' navra yag avayxx\ avfißeßxjxivai ifäoxeiv avToig
*«« rö oneg av&gwnw elvai rj fojrjj elvai tC xjv elvai fix\ elvai' el yag
faxen xi oneg ävS-g<6n(j) e Ivai,, tovto oix eOTat fix) avS-gianio elvai xj fix)
elvai av&giönm , xaixoi avTai anoifäaeig tovtov (s. hierüber Anm. 234.)' ?j/
y«Q x\v b loxj/xxjve xai xjv tovto Tivbg oiaiti' rö 'cF' ovOiav ar\fialveiv laxlv
oxt oix aXXo xi to tlvai avTcp' ei d" larai ai>T(fi to oneo avft-Qiönii) tlvai
ontq fifj av&Q<Ö7irp elvai xj SntQ fit) elvai av&Qiaiia> , aXXo ti iaxai' <!>Ot'
ttvayxaiov aiiToig Xfyeiv oti ovoevbg eOTai ToiovTog Xöyog , aXXa nävTa
*«rä Ovfißtßx]x6g.
366) Ebend. /i , 18, 1022 a. 14.: tö <W xaf S XfytTai noXXa/iSg , ?va
ptv tqötiov to eläog xai x) ovOla ixäaxov nqäyfiaTog, oiov xaS-o äya&bg,
«ixb ayad-öv, eva äe xtX.
214 IV. Aristoteles (Begriff).
und des xcrft' avto trafen. Es ist jeder Begriff immer ein xct®6Xov36T),
und die begriffliche Form umfasst in einheitlicher Abgrenzung das gesammte
unter sie fallende 36S) ; das Gleiche gilt natürlich von dem aus
gesprochenen Begriffe 369) sowie von der Definition 37°). Aber während
alles xa&ölov erfasste nothwendig ein Ansichseiendes (xa&' avzo) sein
muss371), gilt natürlich diess nicht auch umgekehrt, denn zu dem xa&'
avto muss erst das natu navTog hinzutreten, um hiedurch das xadoXov
zu erzeugen; und so ist auch die in dem xa&ölov bestehende
Form der Bestimmtheit des begrifflichen Ansichseins eben Sache des
Denkens selbst, welches in seiner ganzen Thätigkeit von Anfang bis zu
Ende durch das xu&6Xov getragen ist; diese Denkform ist nicht das objeclive
Ansichseiende selbst, kein xa&oXov ist eine substanzielle Wesen
heit, sondern vermöge dieser die Form der Allgemeingültigkeit (das xara
navtög) involvirenden Bestimmtheit wird das xa&öXov als solches über
haupt prädicirt 372) ; und es ist so auch der Begriff, während er an sich
das in seinem Sein bestimmte Subject und Substrat ist, zugleich jenes
Prädicat, welches von der unter ihn fallenden Vielheit prädicirt wird 373).
Die Einheit des ausgesprochenen Begriffes und der begrifflichen Form
ist jene, welche vermöge des Erkennens und Wissens besteht, und diese
vom Denken bedingte Einheit begründet das xa&oXov, sowie sie für das
Erkennen selbst als Mass wirkt 374). So ist die unerlässliche Einheit-
367) Anal. post. II, 13, 97 b. 26.: äel d' IotI nag OQog xa&öXov ov yaq
rivl otp&aXftip Xfyei To vyieivov 6 laroög all' rj navrl rj ttdei awoolaag.
368) Metaph. A, 1, 981 a. 5.: ytveTai de re'/vrj, orav ix noXXäv igy
ifineifilag Ivvorj/iarov fittt xa&6Xov yivrpai ntni tüv 6/j,o(<ov inöXrjipig •
to fitv ydo e/eiv vnöXrjipiv oti KaXXi'cf xa/nvovTi Tr]vde Tr)v vöoov rodl avv~
rjveyxe xal XwxQcizei xal exaaTov ovtio noXXoig, tyneioCag ioi(v to
d' ort näai Toig Towlgde xar' eldog i'v aifooio&etai xüftvovOi Trjvde trjv
vöaov awrjveyxev olov toig (fXey/iaToideoiv rj /oXwdeatv fj nvoiiTovai
xavcto), Tfyvrig. Heber diesen Ucbergang von der Empirie zum Wissen vermöge
des xa&6Xov s. oben Anm. 53, 62 f. 90.
369) Ebend. Z, 10, 1035 b. 34. : ö d'e Xöyog iazl tov xa»6Xov. Ebend. 4, 3,
1014 b. 9. : r« xaXovfieva yivr\ xadoXovxal aätttintTu, eis yao (gti Xöyog avTÜiv.
370) Ebend. Z, 11, 1036 a. 28. : tov yun xu&oXov xal tov eidovg 6 6qiO/*6s-
371) Ebend. //, 9, 1017 b. 35.: Tct yao xciflöXov xnff' avia vTiag/et, toc
de OvfißsßrfXÖTcc ov xtt&* nii« äXX' liil t<3v xaS' ixacsra anXäg Xe'ytTai.
372) Ebend. Z, 13, 1038b. 8.: t-otxe yaq ädvvarov elvai oiaCav elvai
otiovv Ttöv xadoXov Xeyo/ie'vcov rö de xa&öXov xoivöv, tovto yäq Xe~ye-
Ttti xu&6Xov o nXeCoaiv vTiäq/eiv ne'qwxe v . . .-. . (15.) «rt oüaCa Xiyerai to
/xrj xc<&* vnoxeifie'vov, to dt xa&öXov xa&' vnoxeifitvov Tivog XtyeTai aeC.
Hiezu Anm. 139.
373) Anal. post. 1, 11 , 77 a. 5.: etdr\ [iev ovv elvai rj ev ti nana Ta
noXXct oiix äväyxt], el anodei^ig ißrai, elvai fie'vroi iv xktk noXXwv &Xr\^fg
eintiv ccvnyxrj ' oii yctQ sotcii to xa&öXov, av fj-fj tovto rj. Vgl. Anm. 323.
374) Melaph. i, 1, 1052 a. 29. : t« fxtv ärj ovttag fV rj avve/ig fj SXov (d. h.
das der Bewegung nach Eins seiende), rn de a>v av 6 Xoyog elg y, ToiaijTa iT' <ov
r^vöijOig fxlw TOiavTa de tov ädia(Q(Tog, adialoeroe dt tov adiaiqe'Tov eidei
rj aoi-fr/ttj)' äQiS-u^ fiiv ovv to xaä-' 'ixaOTOV adiaCnerov, eldei dk to T<j>
yvtoOrfp xal tj eniarr]firj, diatt' kv av etr) nntiitov to raig oialatg p.Xtiov
tov evog' XiyeTai fiev ovv to i'v roaavra/(5g , id ts cjvve/tg wvoei xal to
SXov, xal to xad-' exaaTov xal to xad-öXoV naVTa de raiza ev rrj) aäiaCqctov
elvai TW), ptv T-t/v xCvrjOiv TtSv de tt)v vör/Oiv rj tov Xoyov (b.24)
IvTev&ev dk xal tv Toig äXXoig XfyeTai /x^tqov (i) 7iq<ötm re 'ixactrov yiyvtiaxeTai
xal to f.ie"TQov exäaTov ev.
IV. Aristoteles (Begriff). 215
lichkeit der Denklhätigkeit (vorjßig) überhaupt das Motiv des begrifflichen
xa&okov, vermöge dessen das Ansichsein (xcc&' uvto) für je sein Gebiet
mit unweigerlicher Allgemeingültigkeit auftreten nmss 375); wo die untheiJbare
Denklhätigkeit den schöpferischen Wesensbegriff denkt, ist auch
der ausgesprochene Begriff Einer, und in jeder Beziehung, in welcher
ein solches selbst wieder untheilbares xad-ölov erfasst ist, ist sofort
eine begriffliche Einheit gegeben, z. B. an dem Objecte „Mensch" kann
das Denken die mehreren einheitlichen Bestimmtheilen „Mensch", „le
bendes Wesen", „Grösse" u. dgl. erfassen, und in jeder dieser Beziehun
gen ist ein begrifflich Eines gedacht 376). In solcher Weise sind uns
jene Grundsätze des Apodeiktischen , welche wir oben als dessen Aus
gangspunkte zu erwähnen hatten, nun für das Princip der begrifflichen
Auffassung versländlich, nemlich dass die begriffliche Form in der Seele
ist (Anm. 64) und in derselben als ausgesprochener Begriff auftritt (Anni.
68), da der vovg selbst die begrifflichen Formen denkt (Anm. 63) und
als das für dieselben empfängliche Organ (Anm. 65) eben jenes Princip
ist, durch welches wir Begriffe erkennen (Anm. 66); und vermöge seiner
Thätigkeit ist der vovg selbst die begriffliche Form der begrifflichen
Formen (Anm. 67). Und es ist hiemit sowohl hoffentlich ein neuer
Beleg dafür gegeben, dass der Begriff, und Nichts anderes als der Be
griff, das Princip der aristotelischen Logik sei, als auch können wir von
solcher Einsicht aus das Geschwätz aller Derjenigen völlig unberücksich
tigt lassen, welche stets w^dgrhökn ■ die, aristotelische Philosophie sei
»hon ß]ir oifl Empirismus. Aristoteles ist Empirist gerä^e~lo"weit,
als der Mensch übcrTumpn*ni der vielheitlichen Welt der äusseren Er
fahrung steht; das Princip aber, das,s das menschliche Denken in dieser
Erfahrung sofort das begrifflich AUgeuieine setzt, ist WOKl^ii^^ti'eitbar
ein ideales ; allerdings ist dieser aristotelische Idealismus wedersopoetisch
oder kindisch noch so bequem oder schmeichelhaft als der plato
nische , die Entscheidung aber , welcher Idealismus von beiden der phi
losophische sei, kann nicht schwer fallen, wofernc nur zugegeben wird,
dass es sich für den Menschen, wie er einmal ist, um einen Verwirklichungsprocess
der Philosophie und um eine selbstschaffende Thätigkeit
des Denkens handelt 377). Dass aber Aristoteles eine Selbstentwicklung
375) Hierin beruht jenes Verdienst der aristotelischen Logik , nach welchem
jede Logik überhaupt zu jeder Zeit streben müsste; und es dürfte hier jedenfalls
ein richtigerer Standpunkt eingenommen werden, als hei Hegels Anundfürsichsein.
376) Ebend. 6, 1016a. 32.: tzi de iv Xtyeicu oatov 6 Xöyog 6 to tC
ijv elvai Xfycov afiiaCpeTog nobg aXXov tov ärjXovvia xt rjv tivai to npayfia
ovxio yiuj xcd to rji/!;r)[j.(rov xca tp&ivov h> lony, Sri 6 Xöyog ttff, äg-
7i((> Ini tüv InmiSiav b tov eifiovg eig' oXtog äi mv t\ vori<Sig aduUotTog
i) voovdcs to t( t]V tlvui xai /ui) ävvctTui /(oQiaiti ftrjTe /q6v<i> [irjTe Tontp
ftrjTt Xoyot , /xuXiOTa xcivra i'v xai tovtiuv öoa oboCeci ' xaftöXov yitQ oOa
fitj iyti äialphOiv, fl fir\ e%e i , iccvTnUv XiytTUi, oiov el fj äv&Qamog /j.7)
iyei SiuCoeaiv, eig tivüQumog , ei d' 5 C<j>ov, iv C<ffov, ei cF£ y fiiye&og , iv
pfyt&og.
377) Weltschmerzliche Gottseligkeit und pharisäischer Hochmuth haben das
Wissen noch nie viel gefördert. Alle platonische oder sonstige Schwärmerei, welche
sich passiv der Anschauung hingibt, dass die Wahrheit dem Menschen irgend woher
als fertige dargeboten werde , gehört dem Gebiete der für den Menschen ebenso
unentbehrlichen Poesie und jener Thätigkeit an , welche den symbolischen Mythus
216 IV. Aristoteles (Begriff).
der Denkthätigkeit von einem ersten Stadium an bis zu einem letzten
wesentlich erreichbaren Ziele anerkennt, sahen wir gleichfalls schon
oben, Anm. 85— 103; und so ist ihm auch die ursprüngliche Conception
der Begriffe ein erstes Unmittelbares , welches auf keinem etwa bereits
vorhergegangenen apodeiklischen Verfahren beruht und daher auch , insoferne
es Begriff ist, nicht apodeiktisch demonstrirt wird, sondern ge
rade als das Unmittelbare und keiner weiteren Vermittlung Fähige im
Syllogismus zwischen die einer Vermittlung bedürftigen noch unvermit
telten Momente in Mitte (als sog. Mitlelbegriff) hineintritt 378). Eben
aber als ein keiner weiteren Vermittlung jj|lijffes ist der BeflP"" 351"
eTsle~"WmiUcj|)ii ir und das letzte Um iiTTteffiareT" als" letztes Unmittelbares
aber ist„.er die Definition, una der v'crwirklichiingsprocess <\es iT^iimtorisclien
Wissens besteh! darin, dass ,,aus dem ausgesprochVne'h Begriffe
die Ueflmtion entsteht" 379); in diesem letzteren Sinne heisst dann die
Wesenheit und der schöpferische Wesensbegriff das Ziel und die Gränze
(vgl. Anm. 135) des Erkennens und eben darum auch des concreten
Seienden 380). So ist ausgesprochner Begriff und Definition bei allem
Zusammentreffen im Inhalte doch durch die Form des Erkenntnissprocesses
zweierlei 3S1), denn es liegt cbeiL-dftr Syllogismus zwiscljejujjeiden.
Ueber dieses Verhfdlmss jedoch , soweit es die Wechselbeziehung
von Syllogismus, Begriff und Definition betrifft, wird das Nähere erst
unten bei der Darstellung des definitorischen Wissens zu erörtern sein.
Die Grundlage ist jenes begriffliche Sein, welches der Ausdruck ei
ner concreten Wesenheit ist, denn in der individuell bestimmten Wesen
heit ist die Potenzialilät des bloss Stofflichen überwunden und die actuelle
Bestimmtheit hervorgetreten (Anm. 308 ff.) ; ja es erhält auch jede
überhaupt schaflft. Sobald aber die Producle dieses poetischen Schaffens mehr sein
wollen als sie sind, d. h. sobald sie als Philosophie selbst dargeboten oder gar als
Norm und Regulativ der Philosophie aufgedrungen werden , muss der philosophisch
begriffliche Impuls auf seine eigene Selbsttätigkeit und die Wirklichkeit des Seien
den zum Behufe eines selbslcrzeugten Verwirklichungsprocesses des Wissens hinwei
sen. Dass aber in dieser Beziehung es unserer Zeit, welche der Resultate der
deutschen Philosophie sich doch so gerne rühmt, noch sehr an der nöthigen Unbefan
genheit fehlt, zeigt der aus Ikgel's Dialektik : mUsprungeiic .moderne Neuplatonismus.
welcher nur eine Philosophie der pluirisäiscnen Süffisance und frömmelnden Eitelkeit
ist. Wessen Sinn aber nach dieser Richtung hin steht, der wird die aristotelische
Philosophie ebenso wenig begreifen können, als sie Scldjierjnacber je begriffen hat ;
und auf solchem Wege entstehen dann historische Zerrbilder wie z. B. die Rittcr'sche
Darstellujujjes aristotelischen^jjslsjncs.
v~*-"3?8) iieiäpJirß", 2"[907 a. '31. : ov ifoxtt tl tov tt Iotiv unödtihs ilvta.
Ebend. E, 1.: tfuvtnbv ort oix ediiv anoän'iig oioittg oväe tov ti Iotiv
Ix rf/j Toiavirjs inaytoytjg , itXXä Tig tlXXog TQonog Ttjg ärjXwattui. Anal,
post. II, 4, 01a. 12.: tov j( loxi noxeoov tot tu OvXXoyiGfibg xtd äjiödf/
fif fj oix f Ort , xitfrunto vvv 6 Xöyog iinfO-eto; 6 jxtv y«Q nvXXoyitsubg
ti xitra nvös äti'xvvoi diu tov itiOov (25.) si v*rj xb ri loxi xtu xb xi
ijv dvttt tt/tif to f/tt, lnl xov fi(aov eaxta nqoxtQov xb xi rjv elvtti (ausführ
licher ist diese Stelle unten, Anm. 6S21T.., zu betrachten).
379) Mctaph. r, 1, 1012a. 22.: ÖQiajtbg dt ytvttai ix tov arj/jtth'eiv tt.
tivayxtttov th'tti tdtovg' 6 yitn Xöyog, ov to ovofia trijiitiov, OQiOfiög ylvtTtu.
380) Ebend. /1, 17, 1022 a. 8- : (nigag Ifyetai) xtcl ijoiata ixtioTov xttt to t( t\v
ilvtti ixtiaxti), Trjg yvtäattag yao tovto 7i(nag 1 fl ähyvtäjUiaz, xtu tov nnfty/irirnr
381) Ebend. Ii, 3, 998b. 12.: <5 fttv yttQ Xoyog xijg oiaittg eig' 'driQos
d" itSTtti b (f/ß tiSv yenüv boiff/ubg xttl ö Xfytov t£ ihv eaxtv IvvnttQ/övxmv.
IV. Aristoteles (Begriff). 217
anderweitige Bestimmtheit nur durch ihre Verbindung mit einer Wesen
heit selbst den Charakter eines wesenhaften Seins ; auf eine solche Ver
bindung aber als eine nothwendige ist jede andere Bestimmtheit hinge
wiesen, denn dieselbe kann nie für sich getrennt bestehen und hat da
her nur eine prädicative Geltung für die ursprüngliche Wesens-Bestimmt
heit; die individuell bestimmte Wesenheit hingegen ist eben darum die
erste und ursprünglichste sowie der Zeit nach, so auch in Bezug auf
den ausgesprochenen Begriff und das Erkennen, weil sie allein für sich
bestehen kann und ihr ausgesprochener Begriff in dem aller anderen Be
stimmungen vorkommen muss, so dass im Vergleiche mit den letzteren
das eigentliche Wissen auf dem Wesenheits-Begriffe ruht; daher bedeu
tet auch die alte und stets bestrittene Frage, was das Seiende sei, Nichts
anderes als, was die Wesenheit sei 382). Die Wesenheit in ihrer Unab
hängigkeit und Selbstständigkeit ist dasjenige, was in der Realität jeder
weiteren Bestimmung zu Grunde liegt (vTtoxeljisvov) und im Urtheile als
liegendes musT Alles zurückgehen 384); insoferne aber unter_demsclben
nur entweder dag.„SloIflichfi , wejch^ der ..yerwirklighjjng Aberhau^t . zu
Grunde liegt , oder die in individueller Wesenheit bestimmte Grundlage
382) Ebend. Z, 1, 1028 a. 14.: nqi5rov ov to tI Iotiv, onsq arj/xalvu
it]V oialav (18.) to. (!" aXXa Xe'yerai bvra tiS tov ovTiog ovrog t« /j.tv
nodöjrjTas ilvai ra äk noiÖTrjTag t« äk nä&tj rä äk äXXo ti roiovxov äib
xav anoQr\atii Ttg noTeoov to ßaöCfciv xal to vytttlvuv xal to xa&rja&ai
ixaaxov tti)T(5v ov fj piij ov oidkv yaq avTiöv Iotiv ovts xad-' avTO
neifvxbg ovtc xiooCtsa&cti Svvaxbv rfig oiatag , äXXa [t&XXov, eineq, to ßa-
Slfrv toüv bvriov ti xal to xa&ijfxtvov Xal to vyialvov Tuvra äk fiäXXov
(falveTai bvra, äiöri kort tI to vnoxelfievov aiiroig löqio/xevov, tovto ä'
IotIv fj oiala xal to xad-' exaOTov ontq (fiifalvtrai iv rj xarrjyuqlu ijj
TOtauTt) .... iSotc to nqiäriag ov xal ov tI ov äXX' ov anXäg f) oiala av
tiij. noXKa^mg [*kv ovv Xfyetat to nqiäTov' ö^iiag äk ndvriav ft oiala nqiötov
xal i.oya> xal yviöati xal /qövip 1 tiov pkv yitQ äXXiov xuTTjyoqrjixaTiov
oiäkv ^togiOTÖv, avTrj äk /j,6vrf xal Tip Xöytp äk tovto ttoiötov, avayxrj yaq
iv im ixaaxov Xöytp tov riji oialag inäq/siv, xal eläivat tot1 olofitd-a
'ixaOrov fiaXiOra, brav tC iOTiv b äv&qwnog yvaifitv fj to nvq , iiäXXov fj
to noiov fj to noabv fj tu nov, inel xal airiov tovtiov toti exaarov Tofitv,
Ikav tC iaif to noabv fj to noibv yväfisv. xal dt] xal to naXui Tt xal
vvv xal all (rjToviievov xal äel änoqovfitvov, tC tb ov, tovto Ioti TCg fj
oiala. Was die hiebei vorkommende Kategorien - Bestimmtheit betrifft , so ist die
selbe in dem Obigen, wo wir die ontologisclie Grundlage der Kategorien entwickelten,
hioreichend erörtert.
383) Vhys. ausc. I, 2, 185a. 31.: oiäiv yitQ tiSv aXXiov xiooißrov Ioti
naqä xfjv oialav, nävra yaq xaO-' vnoxei/uivov Trjg oialag XiytTui. Ebend.
7, 190 a. 34.: xal yaq noabv xal noibv xal nqbg 'heqov xal noTt xal nov
ytvtTtti bnoxei/itvov Tivbg tfin to porr/t' rrjv ovalav fir]3n'bg xkt' iiXXov
Xiytoftat inoxfi/jfvov , ra ä" aXXa naVTu xarh Tijg obalug. Metaph. B, 5,
1002a. 1.: 9tqfxoTrjTig fitv xal ipv/qÖTrjTtg xal tu toiuvtk näfrr] ovx oiittttt,
to Jf aiSfia to ToiavTa ninovfhbg fiovov vnojxivei tag ov ti xal ovola
Tis ovaa. Ebend. Z, 3, 1029a. 28.: to xtuqiaTOV xal to rode ti vnäqxtiv
Ooxel fiaXiOTa tt) oiala. Cat. b, 2 b. 15.: al nqüTai ovalai Sia Toig äXXoig
arittoiv vnoxela4at xal naVTa aXXa xutu tovtiov xarriyopelad-ai rj Iv Tav-
Ttttg eJvai äiä tovto fiaXiOra oialm XiyovTia. Ebend. äa. 7.: xoivbv äk
xara ndorjg oialag to ^.rt iv vnoxtifjiivip eivai.
384) D. inc. anim. 10, 709 b. 27.: anavra yaq etg to inoxetpievov fityQ1
Tivbg xal olov tlg insTxov nqo^q/STai.
Subjecl (x<x&' ov) der Prädicate
letztes zu Grunde
218 IV. Aristoteles (Begriff).
" 9 ^»-vW
aller zuständliche^ B.estimmungen verstanden werden kann 385), erstercs
aCer bloss als stoffliches "Sein das gänzlich unbestimmte) ist (Anm. 308),
so Jsleibt als das der Bestimmtheit des Denkens adäquate vno%ti\xwov
m\r die, ^ft^tiiiiinl.(»\Wcs||jnjhBjt _^lhst übrig. In solchem Sinne heisst eine
Wesenheit sowohl überhaupt alles dasjenige , was in Folge seiner substanziell
selbstständigen Erscbeinungs- Weise nicht prädicativ, sondern als
Subject ausgesprochen wird, als auch insbesondere die innere begrifflich
wesentliche Grundlage solcher Substanzen , nemlich theils die QauaaÜtät
ihres Seins, Iheils die wns((jnl|||jrh) conslil.i^c.fldefi Jtyejjtniale . theils eben
der schöpferische Wesciisljgjgriff selbst, welcher als Deiinition ausgespro
chen wird "") Darum versteht es sich von selbst, dass der Wesen
heits-Begriff nicht selbst eine jener trennbaren Bestimmtheiten sein kann,
und dass er, während er Substrat und Subject einer jeden -weiteren Be
stimmung ist, als allgemeingültiges Prädicat aller jener einzelnen Wesen
auftritt, deren inneres Sein er constituirt, wohingegen der ausgesprochene
Begriff der übrigen Bestimmtheiten, welche ja trennbar sind, nie als Prä
dicat der individuellen Wesenheit gelten kann, sondern nur die Namens
bezeichnung jener Kategorien von der Wesenheit prädicirt werden kann;
und ebenso versteht es sich von seihst, dass jene Wesenheit in eminen
testem Sinne eine Wesenheit ist, welche überhaupt gar nie Prädicat,
sondern stets nur Subject, sein kann 387). Wegen des Erfordernisses
aber der individuell begrifflichen Bestimmtheit kann es einen schöpferi
schen Wesensbegriff nur da und in so weit geben, insoferne ein Seien
des vermöge der begrifflichen Form aus der relativen Unbestimmtheit
eines generellen Seins herausgetreten ist und hiemit als specieller Art-
385) Metaph.'Z, 13, 10381). 4.: nseti tov tC r\v slvat xcü tovino^
vov, ort äi^wj_yn6xsiTat, rj Toäs rt Sv tognso To £cj>ov rolg wö^fffr^
vXrj Tfl h'TsXv/.sttt.
3~86) fibeiid. /I, 8, 1017 b. 10.: ovcji'a äi Xiysrat rä TS cc7ii.ee Otifinrtt.
anavTct äi Tctvza Xiysrat oioCct ort ov xccS-' vnoxstfiivov XiysTtti aXXct
xarä tovtiov tci aXXtc aXXov äi tqotiov o äv >j atTtov tov etvai ivvnapxov
iv toT; TotovTotg Oda fir\ XsysTat znS' vnoxsiuivov, oiov rj l^v/t) tcü Cw'
sti bau jUopin ivvnctQyoVTa iortv iv Totg TotovToig önli^avTci ts xai TÖäs rt
tSrj/xad'ovru, cbv avtuQOVfuiviov eirctiQUrai to oXov sti to tC r\v eivcti
ov o Xöyog ooiajA.bg xcä tovto oiaCa XsysTat ixüazov' avfißaivsi ärj xtatt
ävo TQonovg rrjv ovnCuv Xiystf&at, to 9-' vnoxsCfisvov iayaTov o firjxiTt
xixt' äXXov Xfyezai, xai 8 äv rode ti ov xai ycaQtOibv i\, toiovtov äi exetazov
r) ftooi/Ti xtü to släog.
387) Cat. 2, 2 a. 20.: tcSv bvxiov tcc fiiv xa&' vnoxsifiivov Tivbg X(-
ytTat, iv vnoxufiivit) äs oväsvi icSTtv, oiov av&Qtonog xa&' vnoxstfiivov
fiiv XsysTat tov Ttvbg av&Qiäitov, iv vnoxsijiivco de oiiäsvC ioTt..... (b. 3.)
Ttt äi ovt' iv vjioxiifiivm iaxiv ovre xufr' vnoxsi/.ts'vov ).iy STai, oiov b Tis
av&qioTiog xcä b Tig Xmiog. Ebend. 5, 2a. 12.: ovaCa äi iaTtv r) xvnicÖTaict
TS xai TiQcoTcog xcü uüXcOTct Xsyofjtivr\, f) jUijr« xctfh' vnoxsiftsvov Tivbg XiySTai
fJ-r/T' iv vnoxst uivip Tivi ianv, oiov b xlg avft-oamog rj b Tig Xnnog
(19.) cf civsQov äi ix tcov siorjuivcov ort tcop xcc^ vrtoxsifiivov Xsyoftivcov
ccvayxalov xtü tovvouu xtü tov Xoyov xctTr)yoosi~cf&at tov vnoxstfievov,
oiov ö av&QcoTiog xa&' vnoxsijiivov XiySTai tov Ttvbg ttv&Qionov
xai b Xöyog äi b tov av&Qcinov xarce tov Ttvbg av&QtÖTiov xaTT)yonr\&r\fSSTat.....
(27.) Tcäv ä' iv bnoxstfjs'vw ovtcov inv piv tcSv nlsCaTcov ovTt
lovvofia ov{h' b Xöyog xarrjyotjsiTai tov vnoxstfiivov' in' ivitov äi tovvm«
fiiv oväiv xcoXvet xaTrjyoostodttt noTS tov vnoxstfis'vov, tov äi Xoyov ciävvaiov.
Vgl. 3 a. 16.
IV. Aristoteles (Begriff). 219
begriff das Subject der prädicativen Gattungsbestimmtheit ist 388). Dieser j
Grundsalz umfasst eigentlich den Kern und die Entwicklung der ganzen |
weiteren Lehre vom Begriffe, welche wir nun zu betrachten haben. \
Nemlich der ursprüngliche Ausgangspunkt der Arlbegriffe, vermöge
deren als der begrifflichen Formen wir das Wissen des Seienden erfas
sen, ist die Galtung 389), und wegen dieser principiellen Bedeutsamkeit der
Gattung kann gesagt werden , dass in einem anderen Sinne als in dem
eigentlich zumeist üblichen die Gattung in höherem Grade Wesenheit sei
als die Artbegriffe, und das prädicative Allgemeine in höherem Grade
als das im Subjecte auftretende Einzelne 39°). Es ist die Gattung als
solche einerseits das noch nicht bestimmt Seiende und insoferne das Ne
gative, welches völlig dem Stofflichen entspricht , und andrerseits ist sie
eben darum die Quelle der Entstehung der Artbegriffe bis zum Indivi
duellen herab391); sie ist jenes, was den arlmachenden Unterschieden
als Substrat zu Grunde liegt und demnach auch im ausgesprochenen Be
griffe die erste Grundlage bildet 392). So ist für Aristoteles jedenfalls ,
der Umstand, dass es Gattungen (ysvrj) gibt, das Entscheidende für die '■
Determination des Seienden sowie für den Bestand eines mehrfach ver
schiedenen Wissens (Anm. 140 ff.), in welchem der einheitliche mensch
liche Wissenstrieb sich entfalten muss ; und in diesem Sinne setzt Aristo
teles die Bestimmtheit der Gattung dem nebelhaften und vagen „Sein"
and „Eins" der platonischen Philosophie gegenüber, welches ja nur eine
prädicative Geltung, nie aber als solches eine substanzielle Bestimmtheit
haben kann (in ähnlicher Weise fragt es sich ja auch , ob bei Hegel' s
reinem Sein sich noch etwas Begriffliches denken lasse ; Hegel kokettirt
nicht umsonst mit Plotinus). -„Seiend" und „Eins", sagt Aristoteles, kön
nen unmöglich Galtungen der seienden Wesen sein, denn es müssen ja
doch für jede Gattung die artbildenden Unterschiede als einheitliche be
stehen ; nun aber käme es , da jene beiden von Allem wohl als Prädicate
gelten , darauf hinaus , dass an dem speeifischen Unterschiede ent
weder der Artbegriff von der Gattung oder die Galtung ohne Artbegriffe
388) Metaph. Z, 4, 1030a. 1}.: ovx iaiai «p« ovdsvl tiov /xri yivovg
eltJiäv v7iäqxov T0 t( yv tlvm, äXXa rovroig fiövoV Tautet ycii> Soxtl ov
xctTct fiSTo^ijV Xe'yeoH-ai xcu nä&og oücF' oig avf.ißtßnx6g.
389) Ebend. B, 3, 998 b. 7.: xav et ean rrjV tcov ovtwv Xaßtlv iniOTyftriv
To uöv eietüv Xaßtlv xct&' « XtyovTcu. tu ovtci , itSv yt ttifcov ao/al
tä y€vt\ elaCv.
390) Ebend. //, 1, 1042a. 14.: In aXXcog (sc. oiiaCai) to ytvog (ictXXov
TiSv tlöiöv xai TO xa&6Xov T(5v xaS' exaOTOV. Cut. 13, 15 a. 4.: t«
yivr\ tcov elSäv äei nooTeoci lativ.
391) Metaph. i, 8, 1058 a. 23.: iy yetn vXrj ccTiocfäaei ärjXovTai, to ytvog
vXrj ov XiytTcu ye'vog , lig to tmv 'HQaxXaäöiv c'O.X' tag tö iv rjj
ifvati. Ebend. z/, 24, 1023 a. 26.: tö ix Ttvog riveu XiySTtu tvtt tuiv tqö-
7iov ti ov idTiv (ig vXijg , xai tovto ät/wg, r\ xaia to ttqiötov yt'rog rj
xaTtt to vOtcctov tlöog , oiov i(STi fihv ojg anavict tu ti^xtu i£ vdaTog,
tOTi <f" (ig ix %ctXxov 6 ttvdpictg.
392) Ebend /I, 2S, 1024a. 36.: ixt df (sc. yjvog XfytTcu) mg lö Intnt-
Sov tiov ttYT)uäiii>v y(vog tcov tnintSiov xcu tö Ozeoeöv tcov OieoicSv e'xacfTov
yccQ tcov cf/rj/uaTcov to /.tiv inimdov toiovöI, to OTeqeov iari
toiovoC' tovto d" (atl tö vnoxti^itvov Tcüg cfiacpooaTg' iti o>g iv ToTg ).6-
yoig to TiQtoTov ivvnaQ/ov , o XiytTcu iv T(j> xl iOTi, tovto yivog ov tfuitfjooai
XfyovTai ai nowTrjTeg.
220 IV. Aristoteles (Begriff).
prädicirt würde; und somit könnte, falls jene beiden eine Gattung wären,
kein artbildender Unterschied ein Seiendes oder Eines sein 393). Seiend
und Eins sind ja kein xu&okov , sie sind wohl ein allgemein gültiges
Prädicat (ein kuxu nuvrog) , aber um nu&öXov zu sein , gebricht ihnen
gerade die Substunzialität des Ansichseins (das xu&' ctvxo), welche die
Gattung bereits in Anspruch nehmen muss 3!)4) ; sofort vom ersten
Augenblicke an bestellen ja Seiend und Eins als Prädicate nur insoferne
es determinirte Gattungen des Seienden gibt , d. h. sie haben sogleich
schon Gattungen als ihre suhstanzielle Entfaltung und Grundlage ; ein
Seiendes heissen eben im Hinblicke auf die Verwirklichung der Bestimmt
heit theils die Wesenheiten, theils deren Zustände, llieils der Weg der
Verwirklichung selbst; die Wesenheit eines jeden Wesens ist ein eigent
lich Seiendes und ist Eine , und eben das begriffliche Sein der Artbe
griffe des Seienden und Einen in diesem Sinne betrachtet auch Eine
und die nemliche Wissenschaft, ncmlich die Wissenschaft des Seienden
als solchen 395). Darum kann auch Aristoteles nicht etwa den Unter
schied und den Gegensatz darein legen , dass irgend in einer höheren
Begion das reine Sein und reine Eins des Seienden als anmuthiges Schau
stück für verzückte Seelen (am besten vor diesem Leben oder nach dem
Tode) sich befinde, hienieden aber im irdischen Jammerthale Alles durch
Vielheit und Sinnlichkeit entstellt und schmutzig sei, sondern in der Bestimmt
heit des Seienden und der Wesenheit, wie sie das menschliche Denken
denkt, muss um der Bestimmtheit willen die sie schaffende Unterschei
dung und Gegensätzlichkeit grundwesentlich vorliegen ; denn nur dann
auch gibt es einen apodeiktischen Nachweis der Causalität. „Die plato
nischen Ideen sind Nichts für den auszusprechenden Wesensbegriff (ovdiv
itQog tov \6yov), sie sind ein Geschwätz, mit welchem man die Un
fähigkeil eines Detail-Wissens verhüllt" (s. Abschn. III, Anm. 66).
Selbst wieder ein Verwirklichungsprocess also führt zu dem das
begriffliche Sein enthaltenden Artbegriffe , und es muss diese Entwick
lung, welche von dem noch relativ unbestimmten Gattung -Sein zu dem
durch die begriffliche Form determinirlen Auftreten der suhstanziellen
Wesenheit fortschreitet, in sich selbst das Motiv der Verschied-
393) Ehcnd. B, 3, 998 b. 22. : ov/ oiov re de rtöv bvrtav ovre rö i'v
ovre b*l rb ov tlvat yivos' äväyxtj ^iev yao rag dtatfonäg exciarov yevovg
xal elvai xal fifav elvai exäarrjv , adwenov de xarrjyoQeta&ai fj ra elSrj
rov yivovs tnl roiv otxettov ätatfooüv rj rb yivos avev riiiv avrov eiätSv
tlior' einet) rb ev yfvog rj rb ov , ovdi(i(tt äiatfooa ovre ov ovre e'v eartti.
Ebend. //, <i, 1045 b. 5.: tv&iig yao exaaröv lariv ov ri xal ev ri, oix tig
iv ye"vet rt^ ovri xal rt5 evl oiö" ibg ytootoriäv bvrtuv naget rä xa&'
exaara.
394) Ebond. r, 2, 1005 a. 9.: et firj lari rb ov rj rb $v xct&ölov xal
rabrb tnl nävrtov rj /toQiarbv , öigneQ fotog oix eartv.
395) Ebend. 10031). 5.: ovrw tU xal rb ov Ifyerat nol).a/iSg ftev, all'
Snav nnbg fiiav äo/rjv ra fiiv yao ort oba(ai ovra Kyerat, ra o ort
nafrrj oiafag, rit ort bSbg elg oialav (15.) firjlov ovv ort xal ra
ovra /*täg %tiO)t>r)trat rj ovra .... (32.) tri ä' rj exciarov oiola ev lariv ov
xarä Ov/*ßeßr]xbg, b^iolmg Se xal oneo ov ri, toa&' oaa nen rov evbg elSt],
roaavra xal rov ovrog lariv neol töv rb rl lari rfjg avrrjg Imarrjur);
rcTr yivet &etoQrjaat (1004 a. 4.) toOre avayxuTov elvai. nntorrjv rtvä xal
l/oftfyrjv airtSv, indo/ei yctQ ei&vg ylvr\ e/ovra rb ov xal rb iv.
IV. Aristoteles (Begriff). 221
nerleiheit enthalten, da die substanzielle Wesenheit eben in Mitte anderer
vieler Wesenheiten sich als dasjenige behauptet, was sie ist, und hierin
in geschlossner Identität auftritt. Auf das Identische und Nicht -iden
tische und auf das Aehnliche und Nicht-ähnliche ist jeder Gegensatz über
haupt zu reduciren 396) ; da aber nun das Nemliche nie actuell zugleich
sein Gegensatz sein kann, wohl aber potenziell 397), und da ferner die
eigentliche Identität des Seienden nur in der begrifflichen Wesenheit
liegt und dort als individuelle Einheit {svövrjg) erscheint398), so ist klar,
dass die Verschiedenheit und Gegensätzlichkeit der einzelnen individuellen
Wesenheiten ihren Grund nur darin haben kann, dass eine Real-Potenz vor
liegt, aus welcher die explicite Gegensätzlichkeit sich überhaupt entwickeln
kann, und dass demnach keine_ leere und unterschiedlose Identität jlas
Princip, des vieUacJi delermimrten Seins ist. Es fragt sich" demnach, wie
diese Möglichkeit des Identischen und Nicht - identischen sich entfaltet,
und es wird sich zeigen, dass die begriffliche Form als Artbegriff selbst
bereits eine Stufe der erreichten Actualilät ist, zu welcher das potenzielle
Sein des überwiegend stofflichen Gattungs - Begriffes sich determinirt.
Insofern überhaupt vigivArten eines Gegenüberliegens unterschieden
werden , nemlich erstens^das Verhältniss der TJejahung und Verneinung,
zweitens das des Gegensatzes, drittens das des Enlblösstseins , viertens
das des" Relativen (s. Anm. 192.), so wird sich in Bezug auf jene Beduction
unter das Identische und Nicht-identische herausstellen, welche
die Bedeutung eines jeden dieser vier Momente für den Verwirklichungsprocess
des determinirten Begriffes vom potenziellen Stadium an bis zu
jener Actualität sei, in welcher das in seiner Identität sich selbst Be
hauptende als die bestimmte substanzielle Wesenheit resultirl. Belativ
nun gegen Anderes ist überhaupt Jedwedes, was ist, verschieden von
Jedwedem, ohne dass hiebei irgend bestimmt vorliege, worin oder wornach
es ein verschiedenes sei; für die Bestimmtheit des begrifflichen
Denkens aber ist eben eine derartige Determination unweigerlich nothwendig,
und eine Folge hievon ist daher, dass man von jener ganz unbe
stimmten und vagen Verschiednerleiheit (eriQÖvrjg) sehr wohl den „Un-
396) Ebend. 1003 b. 33.: eiW ooa nsn tov tvbg Mtj, roaaiira xal tov
övTog iatCv TitQi mv To tC iari Tr)g avifjg imarrj/iirig Ttj5 yivu &ttanr\aai,
Kyto rf' oiov Titol Tctvrov xal nfiowv xal itav aXXwv tü>v toiovtiüv xal
j(Sv tovtois aVTixeifid'ajv ayidbv navxa äväyszai TuvavrCa etg rfjv
ÜQZVV TavrrjV (1001a. 17.) wart xal raviixfCfieva zoig tlnrjfitvoig , to
if 'ixioov xal avo/xoiov xal itvioov xal bau äXXa Xe'yeTai rj xaia xavTa rj
xutu nXrj&og xal to fV, rijs fior\fiivr\g yva)QC(uv l7UOTr]fJ.t)g , lav IotI xal
r) ivaVTiötrjg.
397) Ebend. 5. 1009 a. 35.: ävväfiti fiiv yaq ivdfytTat, a/xa tuvto elvai
t« IvuvrCa, ivTsXe/s(a ä' ov.
39S) Ebend. i, 3, 1054 a. 29. : 'iari äi tov iitv tvbg to raiizb xal
(ifioiov xal taov , tov dt nXrji) ovg to ercqov xal ävöitoiov xal anaov' Xsyopivov
tov TavToii noXXa^öig h'a fiiv tqotiov xar' antti/ibv Xfyofiev
tvtoTS aiiTÖ , to tf* iav xal Xoyi>) xal äoi&ftijj i'v y , oiov aii aavTip xal t@
tläu xal ijj vXy sv (ti ä' £av 6 Xoyog 6 Tr)g nowTr\g oiaCag (ig rj ....
aXX' lv tovtoi; r) iaoTr\g ivÖTijg. Ebend. zl, 9, 1018 a. 4.: xal tu fihv ov-
Tiug (xara ÖVfxßtßr]x6g) XeyeTai Tavxa, Ttt tlh xa&' avTci ägntQ xal To fsv'
xal yao mv r) vXrj fiCa rj tlSn rj aoid-fKxi TaiiTa XfytTai xal tov rj oiaCa
ula' mOTt fpaveqbv otl r) xavxÖTrjg ivoTr/g T(g iaTiV.
222 IV. Aristoteles (Begriff).
terschied" (SiaqpoQa) auseinander halte. Dasjenige nemlich, was sich
„unterscheidet" (to öicupoQOv) , unterscheidet sich von Etwas in Bezug
auf ein Etwas, so dass irgend ein Identisches für zwei Dinge vorliegen
muss, nach welchem dieselben sich voneinander unterscheiden; diess
Identische aber ist entweder Gattung oder Art, denn Alles unterscheidet
sich entweder der Gattung nach oder dem Arthegriffe nach ; und zwar
unterscheidet sich der Gattung nach' dasjenige , welchem kein gemeinsa
mes stoffliches Sein zu Grunde liegt, dem Artbegriffe nach aber nur
Solches, dessen Galtung Eine und die nemliche ist; Gattung daher ist
dasjenige, was als die identische Bezeichnung der Wesenheit für zwei
unterschiedene Wesen gilt, d. h. das gemeinschaftliche Wesenheits-Prädicat
dessen, was dem Artbegriffe nach sich unterscheidet 3"). So liegt
in der Gattung für die Wesenheits -Bestimmtheit des Artbegriffes ein
StofflicfiesTTind in diesem beruht die Möglichkeit des Gegensatzes über
haupt; die Gattung nemlich als Stoff ist das für den Unterschied Em
pfängliche (ßextixov) , und dieser Unterschied kann sich' innerhalb Her
i einheitlichen nemlichen Polcnzialität Einer Galtung bis zum directen Ge-
! gensatze steigern 40°). Die erste jind uj^iiiiiglichsle Gegensätzlichkeit
aber überhaupt ist „Ansichliabcn" und 3!Enll>lösstsejn" (e|tg und OttQtflts),
und im Hinblicke auf diese beiden wird ursprünglich jeder anderweitige
Gegensatz ausgesagt; jene erste Gegensätzlichkeit aber ist stets in je
Einer Gattung401). Das Entbjössjsein ist ein Verhältnis^ der Bejahung
und Verneinung, indem die Real -Potenz in ihrer Verwirklichung als
aufgehobene oder negirte erscheint, sei es schlechthin oder sei es in
Bezug auf eine speciell vorliegende Natur -Bestimmtheit (itecpvxog) ; in
letzterem Falle ist es dann ein selbst speciell detcrminirtes Unvermögen,
welches mit dem zur Aufnahme der Bestimmtheit fähigen Stofflichen ver-
399) Ebend. /, 3, 1054b. 18.: ro fiiv ovv txtoov v xuvxo dV« tovto nav
nqög nuv Xty&Tctt , Sau XeyeTui $v xul ov (22.) to fiiv ovv stiqov xul
tuvtöv ovTütg ävxCxeixui, äitufoqa Sh xul ixeQÖxijS äXXo' to fikv y«Q
Irtpov xul ov irtpov ovx üvuyxt) itvcu rivi 'frtoov, nav yug f] 'htqov i
tuvto 6 ti uv y^dv to eff äiäifOQOv Ttvog tivI äiutfooov , iSot' üvayxi\
xuvxo rl ihm <j5 äittif iqovOtv' tovto dt tö tuvto rj yfcvos fj iiäog" näv
yuQ to öiatfinov äiuiftnu rj yivu \ tXSu, yei'tt fxtv ovv wv fiij Ioti xoivtj
tj CXij f*t)ät y(vtaig tlg uXXtjXu , oiov oomv ttXXo G^y/tu Trjs xuTr/yoqi'us,
fiäfi (ff <ov to uiiTÖ yivog' XfyeTui dt yivog o ä/iqca tuvto XfyoVTta xuto
TrjV ovOiav tu SittifiOQtt.
400) Etifiid. 4, 1055 a. 29.: xul tu Iv xuiixtji dtxxtxiji nXüaxov Siu(f(-
qovtu ivavxCa' ij yuQ vXrj ij uvxij xoTg Ivuvxiois, xal tu vno lijV uvt<\v
ävvauiv nXtiOTOv dicuftoovxu. D. sonm. 1, 453 I«. 2".: ü(i yuQ tu Ivavxla
xul tnl Tiav i'tXXiov xul iv xotg ifvaixoig Iv xq> «vioi äixxixtp (fttCvtxui yivofitvu
xul roii uvxov ovxu nu9rj , X(yu> d" oiov vyCtiu xul vöoog xul xuXXoc
xul ula/og xul iö%vs xul uolHvuu xut otf/is xal TvyXÖTijg xul ixoi]
xul XüXf OTTjg,
401) Metaph. a. ». 0. 1055 a. 33.: nntoTt] dt tvuvTttoOig egig xul ax^Qijalg
laxiv ov Tiüau dt OxtnyOig, 7ioXXa%t5g yüq Xiytxui fj OTintjßig, «XX
Stic uv TfXdu iy xü d" aXXu Ivuvxia xaxu tuvtu X(/^rjaeTai xü ftiv xip
fytiv tu fit t([> Tioittv fj TTottjxixu tivui xu rff x<!> X^ipeig tlvui xul unopoXcA
xovxwv ij uXXojv tvuvxim*. Phys. ausc. I, ti, 1891). 20.: uil yuQ "
h'l y(vtt fiCtt tvuvxiixxsig Laxiv , naaut tc ui Ivuvxiaioeig üvüyfß&ut Soxovaiv
(ig fiiuv. Anal. pusl. I, 4, 73 b. 21.: toxi yeto tö (vuvxiov ij axiqrjoig
ij ctvxCtfuaig Iv xtji uiixip y(vu, oiov uqxiov xb fj!] Treqixxov iv aQtSftofg
ij STtexui. Hiezu die Beispiele in der vorigen Anm.
IV. Aristoteles (Begriff). 223
(lochten ist 402). Darum heisst gerade in Bezug auf die durch eine Be
wegung vermittelte Verwirklichung der Zustand der Ruhe ein Entblösstsein
in dem für Bewegung empfänglichen Wesen, und zwar mit dem
nemlichen Beisatze, dass irgend eine specielle Natur - Bestimmtheit zu
einer gewissen Bewegung vorliegen muss ; erklärlicher Weise mischt
sich in dieses Entblösslsein auch das Motiv der Trägheits - Kraft (vis
inerliae) , durch welche bewirkt wird, dass eine Bewegung nicht leicht,
sondern nur mit Mühe und zur Noth sich realisirt 403). Diese Negation
der Real - Potenz nun , oder dieses Unvermögen , wird in der Sprache
durch das sog. « privativum ausgedrückt104). Je nachdem nun in dem
für beides Empfänglichen das affirmative Ansichhaben 405) oder das ne
gative Entblösslsein oder Unvermögen vorliegt, besteht eben bereits ein
„Unterschied" zwischen den concreten Wesen 40G). Somit wird das
402) Metaph. a. a. 0. 1055 b. 3.: r\ dt ßxe'Qrjaig avxltfatsig xCg Iotiv ,
yao xb uttvvaxov ökiog e/etv rj 8 äv jreqrvxbg i%etv fir) f^y, iaxiQrjxut. fj
bXtog rj ntog atfOQio9-iv noXXayiSg yiiQ rjorj xovxo Xe'yo/iev cSot' frsxtv
rj aT^QTjatg avxCipaOlg tig fj äävvttfiCa SioQtcS&eZatt fj ovvetXr]ftfie'vr] Ttp
ätxiixip. Ebciid. 10, 1058 b. 27.: Ox^Qlftfig yan äSvvafiia ättontafiivr). Ebend.
9, 1, 1046a. 29.: xal fj «ävvafiCa xal xb ädvvaxov r) rj xotavxrj äuväfiei
Ivavxla OjtotjOCg iöxtv , tüttxe xov avxov xal xaxä rb aixb nätsa Svvafitg
uSvvufiCa' r\ äi ax^Qr/tltg Xiytxat noXXax<ng' xal yitQ rö fif\ i/ov xal xb
nttfvxbg äv fif] fyrj rj bXwg fj oxe nitpvxev xal rj tbol oiov navxeXtog rj xav
bntoaovV in' ivltav df av netfvxöxu eyttv fir] e'xy ß(it, iaxeQrja&ai xavra
Xeyofiev. Ebend. 12, 1019b. 16.: aSvvafila d" ioil ßxe'Qrjaig ävväfietas
xal xrjg TOiavrrjg aQxijg aqßig Tig oia eiQrjxat. rj oX.org rj rtp netfvxöxi fyeiv
rj xal oxe nitpvxev rjfirj f/f/v. Ebend. 22, 1022 b. 22. : axiQrjtftg Xtyexat eva
filv XQÖnov äv /.tfj eyy ri T(Sv netpvxöxtav eyeßOut xäv fir) aixb >j netpvxbg
fjffij', oiov (/ vtöv bufiäxoiv iqxeQrjcf&ai Xt'yexat' h'a df av netpvxbg exetv
rj aixb fj xb ye"vog iir\ t/tf, oiov i'tXXtog iivS-ownog 6 xvtpXbg bipetog iaxe"-
<>ijr«i xal äanäXai, xb fitv xaiä rb ye'vog xb di xufr' aiixö' exi äv netpvxbg
xal ort nitpvxev e/tiv fifj exy . . . . bfioi'ojg df xal iv tu av ij xal xaS'
o xul nnbs o xal tög av firj f/rj neifvxog' ext rj ßiala exüorov atpaCgeOig
artorjOig Xiyexat.
403) Phys. nusc. V, 2, 226b. 10.: äxlvijXov ei" loxl ro rf oXiog aSvvaxov
xivrifrfjvai , wgnin b \ji6nog äooaxog , xal rb Iv noXXtjj yqövii) fiöXtg xivovftivov
rj xb ßnadtmg äft/ö/KVov o Xfyerca ävgxCvrjrov , xal xb neifvxbg tilv
xivtlaH-ai xal ävvd/xsvov , fj.r) xivovfttvov tTf ro'rf oxe niifvxt xal ov xal
3g, Sttco fjQe/^HV xaXoj xbv axivr^xiov fiovov' Ivavttov yäo r)otfi(a xivrjau,
äaxt axior\atg äv tlr; rov ätxxixov. Ebend. VI, 3, 2i4a. 32.: r)otfi(cv yaQ
(Xeyouev xb netf vxbg xivttoSai firj xivovfitvov ort niitvxt xal ov xal <3g.
Ebend. 8, 239 a 13.: ro'rf yaQ eqafiev r)Qf/nelv oxe xal iv J> nstf vxbg xiviiaftai
firj xivtlxai xb naf vxbg. Metaph. /I, 22, 1023 a. 2. : 'in (axtQrjOig
liy(xai) xcS fifj QuäCtog ij rep uij xaXtög , otov xb axfirjxov oi fiovov rtp fir)
xifivtaiyai äJ.Xa xal rq> firj (>r(d*((og rj firj xctXtög,
401) Metaph. A, 22, 1022b. 32.: xal boa/wg dt al anb xav ä unoffäaeig
tiyovxai, rortavxaxtüg xal ai exeQrjattg Xiyovrai' ävteov /xev yaQ x(j> fir)
t/uv inöxrjxa rieii vxbg liyerai , aoQaxov Ot xal rw bXwg fir) t/tiv %Qiü(itt
xal itnow xal T(j5 fii] e/tiv oXtog nödag xal xtj> tpavkiog' ext xal xtp fiixQov
f/fir oiov xb aTTvQrjvov , xovxo d" ^trrt rtp tf ctvXtog ntog e/eiv. S. sogleich
Anin. 406.
405) Ebend. 23, 1023 a. 11.: h'a df (sc. xqotxov Xfyexat xb '('xav) iv oj
«v xt vnaQ/jt mg äexxtxtp, oiov b /aXxbg i'/ei rb etdog xov aväQiavxog xal
rrjv vöaov xb atöua (also sogar j'dtro?, insofern es affirmative Geltung hat, Ge
genstand des e/eiv).
406) Meteor. IV, 8, 385 a. 10.: eintofiev df tiqioxov xbv aQi&fibv airtSv,
"<Sti xaxä ävvafiiv xal aävvafiiav Xiyexaf iaxi df xääe • nrjxxbv anr)xxov,
224 IV. Aristoteles (Begriff).
t
Enlblosstsein , da es liiebei in Folge der ursprünglich vorliegenden NaturbestiWitheit
selbst schon als ein determinirles Enlblosstsein auftritt,
„gewisseVmassen" vermittelst der positiven Gegensätze erkannt, welche
ja in den^mit dein et privat, zusammengesetzten Worten oder noch mehr
in directen( Ausdrücken (z. B. Bös) schon positiv bezeichnet sind 407).
Müssen wir hiebet nun allerdings einerseits anerkennen, dass Aristoteles
gerade durch den Begriff der Natur - Bestimmtheil (des Tttrpvxög) fest an
dem Grundsätze hallen kann, dass die Position früher als die Negation
ist, so sind wir andrerseits in Bezug auf jene Schwierigkeit, welche wir
in der Lehre vom Urtheile öfters zu berühren halten (S. 144 und 159), um
keinen Schritt weiter gekommen, denn es ist hiemit nicht erklärt, wie
die Wortbezeichnung, wenn auch nur bei gewissen Voraussetzungen,
dazukomme, von dam negativen „Nicht - gut" ' in das affirmative „Bös"
sich umzusetzen; uno> auch die folgende nähere Entwicklung dieses VerhältmMM_
jler_ ötE^öts und ihres Üeberganges zur fiictyoQa TisjJWese.
Fragei iingelöstTTleTttr "wir erfahren nur soviel, dass je näcli Bestand des
TtEcpvxog das Umsetzen des Entblösstseins in den positiven Gegensatz
eintreten müsse, so dass die Negation zuletzt in unerklärter Weise in
diejObje^tivkät fällt.
Es entsteht nemlich sonach jede Determination in der Entwicklung
des Stofflichen insoferne aus Gegensätzen, als sie entweder aus dem af
firmativen Ansichhaben der begrifflichen Form oder aus dem Enlblosst
sein von einer solchen Formgebung entsteht, und folglich ist jede Ge
gensätzlichkeit ein Entblösstsein, aber nicht umgekehrt jedes Entblösstsein
eine Gegensätzlichkeit, denn das Entblösstsein kann sowohl schlechthin
als auch in Bezug auf eine speciell im Stofflichen liegende Natur-Bestimmt
heit bestehen, und nur in letzterem Falle ist es ein positiver Gegensatz,
welcher stets das Entblösstsein von dem anderen entsprechenden Gegen
satze in sich enthält 40S). Darum liegt allerdings zwischen Bejahung
und Verneinung nie Etwas in Mitte, bei manchem Entblösstsein aber
kann zwischen den zwei Gegensätzen Etwas in Mille liegen ; nemlich
z. B. Alles isl ausschliesslich entweder gleich oder nicht gleich, aber
trjXTov inrjxiov, fxaXaxrbv «,« (tXaxrov , rtyxrbv äieyxrov, xv.(imbv axafitttov,
xaiaxrbv axtiruxrov, &pkv0tov a&navajov, {hXttorbv a&Xaorov, nXee-
<ttoi' anXctörov , nieorbv unCeaTov, iXxibv üreXxjov, iXarbv ttvrjXaiov,
O/iOtöv uir/imov, TjirjTov clr/irjTov, yXia%oov ifiad-vgbv, ntXrjibv antXrjtov,
xavarbv nxavOTOV, &vfiiaTov itDvjjicnov. t« fxkv ovv nXtToxct O/lfibv rtov
OiufiocTuv rovioig Siaiffoei rolg nuS-tOiv.
407) I). an. III, (i, 4301). 20.: r) (Tf* ÖTiyfxrj xal nccOct äialqtoig xctl rö
ovtü) aStalQtxov ärjXovrai ägnto r/ Ozfyrjaig, xitt o/xoiog b Xoyog inl räiv
aXXiav, oiov neos to xaxbv yvtt>Q(£si rj rb tuäXctv' T(T> Ivavrttp ytio mos
yviooCtu.
408) Metaph. t, 5, 1055b. 11.: dt ör) tti ytviatig r?j vXrj Ix twv h'itvt((
ov , yCvovTtti fih rj Ix rov iläovg xal rr)g xov ifdovg USews rj fx OTegrj-
Ofcäg rivog tov tl'äovg xal irjg fioQ<f r)g, är)Xov oti r) jj.lv tvctvxtioOig nxiQrjaig
av Tis tXr] näaa, r) Jt OT&jrjaig Yotog ov näaa ivttyTiötxjg' atriov <$'
Sri noXXa/(Sg ivöfyeiui larEorjo&at rb lOTfQij/je'vov näaa yäg ivavrlioaig
f/fi OrtorjOtv daxtpov räv (vavrdoV a.XX' ovx bfiottog nävra •
aviaoTrjg fiiv yäo iaörrjrog, ctvofiowxrjg äi bfioiöxrjxog , xaxta öl anexr)g.
äiatpägei u°( tllgnen ttorjzai , 70 /nlv yao Ihv fxovov rj £oxfQrj/j£vov , To rf'
iccv rj noxf rj iv Tivi , oiov av Iv rjXixlq xivl rj t$ xupCip rj nävxtj.
IV. Aristoteles (Begriff). 225
nicht Alles ist sofort entweder gleich oder ungleich, und es gibt also
Etwas, was weder gleich noch ungleich ist, sowie es auch Menschen
gibt, welche weder gut noch bös sind ; hingegen insoweit das zu Grunde
liegende Stoffliche schon eine feste Bestimmtheit hat, ist das Entblösstsein
sofort schon positiver Gegensalz, wie z. B. die Zahl ist nothwendig
entweder gerade oder ungerade 409). Vgl. oben Anm. 212 f. So also
sind die beiden Extreme für die Veränderung überhaupt die Gegensätze
und der eine der beiden Gegensätze ist stets ein Entblösstsein 4I0) ; hiemit
gibt es, inwieferne diese erste ursprünglichste Gegensätzlichkeit, welche
in dem Ansichhaben und dem Entblösstsein beruht, in der Verwirklichung
auftritt, auch negative Wesenheiten und negative begriffliche Formen,
welche nemlich ihre Wesenheit in dem Entblösstsein besitzen, z. B.
Krankheit411), und ebenso gibt es wieder ein Uebergehen aus dieser
negativen Bestimmtheit in den Gegensalz derselben, z. B. der Genesende
entsteht aus Stoff und Entblösstsein412). So heisst auch Negativus, sei
es Wesenheit oder Uebergang zur Wesenheit, in gleicher Weise wie
Affirmatives ein Seiendes413).
Das Motiv der Alternative beruht überhaupt in dem Verhältnisse des
Gegennberliegens (avuxelfuvov) , mag hiebei ein Entblösstsein oder ein
positiver Gegensatz ausgesprochen sein , denn das Gegenüberliegende
kann nicht zu gleicher Zeit an dem Nemlichen stattfinden414); und es
muss die Alternative auch allenfalls bei drei Gliedern, wie z. B. bei
„Gleich, Grösser, Kleiner" gesucht werden, wobei sich zeigen wird,
dass das „Gleich" die auf Entblösstsein beruhende Verneinung der ver
einigten beiden anderen zusammen ist415). Aber eben auf die in dem
409) Ebend. 1055 b. 8.: Sib avxufdatwg fiev ovx faxt (J.txa'g'v , axeQrjaeiog
dV tivos iaxiv ' laov fiiv feto rj ovx laov nav , laov d" rj ävtoov oii
näv, äXX* elnto, fiovov tv rtp dtxxixöi xov laov (23.) ätb xäv fikv
fffrt /ntxaSv , xal iaxiv obre äya&bg av&Qionog obre xaxbg, xäv S\ ovx
tax iv , äXl' äväyxrj elvai rj neQixxbv rj aonov, bxi xä /J.ev f/fi xb vnoxelfiivov
mQia/xivov , xa o™ ov.
410) Ebend. 1055 b. 16.: ü töv yceo cd fitxaßoXal ia%axiov, ivavx(a
xuvxa (26.) uiaxe qmveQov oxi an &äxSQov xeov ivavxCiov Xiyexai
xaxit axtgriaiv. Ebend. T, 2, 1004 b. 27.: xtov ivavxCiov rj ixioa avoxoi%(a
axtnrjoig, xal ncivxa äväytxai elg xb ov xal xo fiij ov xal i'v xal nXrj&og,
oiov axäaig xov ivbg , xCvrjOig äe xov nXrjO-ovg.
411) Ebend. Z, 7, 1032 b. 1.: ttäog tft Xiyta xb xC rjv elvai ixdaxov xal
trjv nQiäxtjV ovoCav' xal yaQ xtöv ivavxltov xqönov xivä xb avxb tlSog'
xrjg yäg axeQrjaetog obola rj oiiala r) ävxixufi(vr\, oiov iiyCtia vööoV ixtCVi)
S yaQ ctTiovaCii är\Xovxai r) vorlog.
412) Ebend. 1033a. 9.: ylvvcai (sc. ö_ vytalvtov) ix xrjg axtQrjattag xal
xov bnoxeifie'vov o Xiyofitv xrjv vXrjV , oiov xal b ctv&Qtonog xal b xäuviov
ylytxai vyirjg' fiäXXov jxivxoi Xiyexai ylvea&ai ix xrjg axeorjaetog , oiov ix
xä/ivovxog vyirjg rj i'S avS-Qtonov.
413) Ebend. r, 2, 1003 b. 6.: xa fiiv yaQ Sxi ovaCai ovxa Xiytxai xa
<J' oxi nä&tj ovaCag xa d" oxi bdbg elg ovoCav rj tp&oQal rj OxeQrjoeig rj
notöxrjxeg rj noirjxixa fj yevvrjxixa ovaCag rj xtov nQog xijv oiaCav Xeyofiivav
rj xovxtov xivbg cuiotpäaeig rj ovaCag.
414) Ebend. t, 5, 1055 b. 32.: xb yäq „nöxtQov" äel iv ävxi&iaei Xiyo
fitv , oiov nöxtQov Xevxbv rj fiiXav xal nöxtQov Xtvxbv rj ov Xevxöv .... xa
yao avxtxeCfteva ftöva ovx ivöfyexat apa vTiaQ/eiv.
415) Ebend. 1056a. 3.: sl är) iv xotg avxixtifi-ivoig äel xov tiox(qov q
f^iijcrif, Xiytxai äe noxtqov fielCov rj Haxxov rj laov, xlg iaxiv r) avxCSeaig
nobg xavxa xov laov; .... (17.) äfufoiv äoa anöipaoig OxsQr)xixq' fiib xai
Prantl, Gesch. 1. ,15
226 IV. Aristoteles (Begriff).
Stofflichen schon vorliegende Naturhestimmtheit kömmt Alles an; so ist
z. B. bei demjenigen, was weder weiss noch schwarz ist, also dem
Weissen und Schwarzen zugleich als Entblösstseins- Verneinung («jrdg>a-
6ig Sxiqr[xiKY\) gegenüberliegt, wieder die Natur-Bestimmtheit einer Mehr
heit von Farben vorhanden ; und es darf daher hier am allerwenigsten
aus einer Gleichmässigkcit des Sprachausdruckes Etwas gefolgert werden,
denn wenn z. B. auch zwischen Gut und Bös dasjenige in Mitte liegt,
was weder gut noch bös ist, so ist darum nicht dasjenige, was weder
Schuh noch Hand ist, etwa ein Mittelding zwischen Schuh und Hand416).
Demnach versieht es sich von selbst, dass, wo die Naturbestimmtheit
der Gegensätze schon völlig determinirt ist und eine nothwendige Alter
native des Stattfindens vorliegt, es kein Mittelding gibt, hingegen wo
jenes nicht der Fall ist, jedenfalls Mitteldinge bestehen, denn Ansichhaben
und Entblösstsein beruhen auf jener Naturhestimmtheit, von welcher
daher Alles bedingt ist; eben darum ja ist nicht jedes Entblösstsein schon
ein Gegensatz, denn bei Gesensätzen besteht entweder bereits die noth
wendige Alternative, wo nemlich kein Mittelding da ist, oder es ist die
Möglichkeit mehrerer Mittelstufen da, in beiden Fällen also muss das
Entblösstsein schon gleichfalls vorerst seine bestimmte Determination ge
funden haben ; darum ist auch bei jenem Verhältnisse zwischen Ansichhaben
und Entblösstsein, welches noch nicht zum positiven Gegensatze
sich determinirt hat, sowohl bei dem Vorhandensein des Substrates keine
nothwendige Alternative , als sind beim Nichtvorhandensein des Substra
tes beide, sowohl das Ansichhaben als auch das Entblösstsein, unwahr417).
nobg ajxtförtqa tb nottQov IfysTat, nobg 3k &ai(Qov ov, oiov nÖTtqav
fieTCov rj laov, rj nortnov iGov rj sIuttov , äll' atl rqCa.
416) Ebend. 1050 a. 20.: ob aiiq^aig 3k ti- äväyxr\g , ov y&Q näv iaov
o ur) fitl&v rj klaTTOv , äll' tv olg niifvxtv ixtlva' kon orj rb laov to
prjTe fiiya [irjre (iixnav, ntyvxbg 3k fiiya rj ulxqov tlvat , xal ävilxtirttt
äiMfolv wg änötfuaig aTtqtjTixrj , öib xal [xtrai-v tonv .... aXi.cc fiSUov
to jUij'it livxbv [ir\Tt fxilav tv Sk ovts tovto liytrai, all' moiOfitva ttws
tu XQüi/iaTa £(p' ojv liytTai OTtorjtixajg r) änoifaaig avTt] , äväyxr] yaq rj
(f.aibv rj ti/nov tlvai rj toiovtöv ti cillo' (Hart oix ÖQ&tog iniTijuäaiv ot
vo/j.C£ovTtg bfioliog Ifyta&ai nävra, äan kata&ai vnoSrjfiaTog xal %ttqoi
fitza'Sv rb fir\Tt vn6Sr\jxa ftrjrt yUQa, eXntq xal xb firjrs äya&bv fp1
xaxbv tov äya&ov xal xaxov, iög nuvrcov iaofxtvov Tivbg fitraSv.
417) Cal. 10, IIb. 38.: off« 3k tiSv ivavrdov Toiaurd taxiv wart iv
oig ni<pvxt yCvttld-ai rj wv xaxrjyoQtlrai ävayxalov abriöv &ärtqov vnao-
%siv, xovtwv ovSiv loxiv ava fiiaov' ojv Si ys fif) ävayxalov #axtqov
vnäofltiv , xovxiov eori ri ävä fitoov nävitog 12a. 26.: OxiorjOig oe
xal i£ig liytxat fikv ntql xavxov ti oiov r) orjjig xal r) Tv(florr]g ntql d(f-
S-al^iöv xa&olov 3k tlntlv, Iv o) rj tl-ig nitpvxs yivto&ai ntol tovto li
ytTai ixctTiQov avxwy taxtnrjofrat Sk tots Is'yofitv ixaaTov twv rrj; ?fti»J
StXTixüv , orav iv ü> niifvxtv bnäq/tiv xal ots nitfvxtv tyitv firjäauüs
vn&Qxr] 13 a. 2.: tnl rrjg ortQ^atiog xal Tr)g e!;tiog oiiStTtQov tüv tiqt]-
fiivoiv alrj&tg' ovts yaQ atl rb> 3txTtxtjj ävayxalov &drtQov avreäv vnaq-
/tiv, to ydq firjnto ntopvxbg oxpiv e/eiv ovrt rv<flbv ovti bipiv txov
ynai.y. all' ov3' a>v ti tanv Ava fiiaov (13.) inl 3£ ye tüv h'avzltov,
(bv toxi ti ava piiaov, oi)3inoTt ävayxalov r)v navrl Odregov vtiuq-
%ttv ällä xial xal TovTOig &ifO)Qia[x(v<ag to SV dtOTt Sfjlov oti xax' ovottiqov
tiöv Tqöiiaov tog t« IvavTicc ävTlxeiTai r« xaTu ariQijaiv xal ffi»
«VTixtlfitva 13b. 20.: tnl 3k rrjg artn^eftwg xal xrjg hi-ttog fir) pv-
Tog rs 81mg oiSirtgov AlrjO-kg oVTog ts ovx ätl 9-ärtQov alrj&kg 9areIV.
Aristoteles (Begriff). 227
Also die in dem Stofflichen (d. h., wie wir sogleich sehen werden, in
der Gattung) bereits vorliegende Natur-Bestimmtheit ist das Entscheidende;
denn wo bei mehreren Gliedern durch das Poniren des Einen eine ge
meinschaftliche Verneinung der übrigen gegeben ist, da bestehen eben
vermöge einer ursprünglichen Bestimmtheit Mitteldinge, welche sofort
eine anderweitige Gattung bedingen, denn dann ist das zu Grunde lie
gende nicht ein Eines ; also z. B. das Gleich-sein ist bereits eine andere
Gattung als das Grösser -oder -Kleiner -sein, denn es ist hier schon bei
derseits eine Determination des Wesens eingetreten, und es besteht nicht
ein „Unterschied" zwischen Gleich-sein und Grösser-sein, denn letzteres
gehört schon in die Gattung des Ungleich-seins, sondern wohl zwischen
Gleich-sein und Ungleich-sein *18). Aber diese Mitteldinge, welche eine
Gattungs-Verschiedenheit zur Folge haben, müssen selbst auf ursprüng
lichen Gegensätzen beruhen (z. B. eben Gleich und Ungleich, oder höher
hinauf „Gleich" und „Weder Gleich noch Ungleich"; diess ist gerade die
vorliegende Naturbestimmtheit), und somit gehören sie selbst wieder un
ter die nemliche höhere Gattung, unter welche jene Gegensätze gehören,
deren Mitteldinge sie sind ; und in diesem Bestände von ursprünglichen
Gegensätzen und Mitteldingen beruht der Verwirklichungs-Process und die
Veränderung überhaupt; sowie die Gegensätze und die Mitteldinge sämmtlich
zur nemlichen höheren Gattung gehören, so bleibt auch der Process
der Veränderung innerhalb der nemlichen Gattung; hiezu also muss es
ein Gegenüberliegen überhaupt geben, da aber das nach Affirmation und
Negation Gegenüberliegende kein Mittelding besitzen kann, und das Ge
genüberliegen des Relativen jeder Bestimmtheit entbehrt, so bleibt nur
das Gegenüberliegen des Gegensatz-seins und hiemit von dem Entblösstsein
jenes übrig, welches durch specielle Determination selbst ein Gegen
satz geworden ist419). Also der Verwirklichungs-Process und die Verpov
<J£ !//£Ürfof tö yaQ oxpiv e/siv ZtoxQaxt)V rß3 xvipXov elvai 2toXQart]
v uvrixeixat, tög dx^otjaig xal «ftff xal ovxog xe ovx ävayxalov O-ctxtoov
äXrj&eg elvai tj ipeväog , ort yaQ firpito nitpvxtv M/etv äfitföxega
ytvSij, fli) ovxog xe bXtog xov XtoXQaxovg xal ovxto i/ifwFij afj-tfox tQtt. Es
ist überhaupt zu bemerken, dass in dem Buche KaxrjyoQlai in Folge seiner wahr
scheinlichen an die Topik anknüpfenden Entstehung jene ontologische Seite der
<St(Qt\aig, mit welcher sie zum positiven Gegensatze selbst hinüberführt, fast gänz
lich in den Hintergrund tritt ; darum kömmt der Verfasser jenes Buches auch zu
dem Ausspruche , dass es vom Entblösstscin weg keinen Uebergang zur Position
gebe (13a. 32.: «710 fiev yaQ xijg egetog tnl xr\v ax^Q^aiv ylvexai fiexaßoXri,
«Jio 6k xijg oxeQrjtfetog inl xr\v e'$iv aSvvaxov ovxe yaQ xvtpXbg yevoftevog
r«j näXiv ave'ßXeipev ovxe tpaXaxQog tov nai.iv xaiftyxrjg iyivexo ovxe vtodög
iSv döövxag ttpvaev) , was in directem Widerspruche mit dem oben Anm. 412.
angeführten ist.
418) Metaph. i, 5, 1056 a. 35.: rj fiiv yao avxixeifiivtov awanotpaaCg
lexiv tov eaxi uexaSv xi xal ä^iäaxrifiä xi nitfivxev elvai ' xtöv <F' ovx eaxi
SmtfOQÜ' iv aXXtp yaQ yivti (öv al awanotpaaeig, diax* ovx Sv tö vnoxel-
|U£VOV.
419) Ebend. 7, 1057 a. 18.: inel de xtöv ivavxCtov iväfytxai elvaC xt
ftexu^ii xal ivCtov Zoxtv, avdyxi) Ix xtöv ivavxCtov elvai xä fiexa^v' ndvxtt
yop xa fiixaSv iv xtp avxtp yivei iaxl xal tov iaxl fxexa'iv' fiexaiii uev
yi'Q xavxa Xiyofiev etg Saa fiexaßäXXetv äväyxrj tiqoxsqov xo [xexaßaXXov
(26.) fiexaßdXXeiv tf' If aXXov yivovg eig aXXo yivog ovx %6xtv äXX'
1 xctxu av/^ßeßtjxog .... avdyxrj aQa xa fiexaiv xal avxoig xal tov fiexa^v
tffftv iv rtp aixip yivei elvai' aXXd (i^v nävxa ye xa fiexaSv iaxiv «vxi
15*
228 IV. Aristoteles (Begriff).
änderung sind fixirt nach den Gegensätzen und Mitteldingen, je nachdem
dieselben durch die ursprüngliche Natur-Bestimmtheit dargeboten sind, denn
nicht beliebig ist alles „Weder — noch" ein Mittelding (Anm. 416), so
dass es etwa auch ein Mittelding zwischen Pferd und Mensch gäbe,
sondern die äussersten Gegensätze liegen determinirt vor und von ihnen
hängen die Mittelstufen ab , welche in dem Veränderungs ■ Processe sich
auch selbstständig absetzen und hiedurcb gleichsam an Stelle der Extreme
treten können420). Und sowie es nun je nach der ursprünglichen Bestimmt
heit Gattungen gibt, in welchen die Verneinung sofort schon den posi
tiven Gegensatz mit sich bringt, z. B. das Ungerade bei der Zahl421),
so geht überhaupt die blosse Verneinung nur auf ein Stattfinden, wel
ches entweder schlechthin oder in Bezug auf eine bestimmte Gattung
besteht, bei dem Entblösstsein hingegen hegt schon irgend ein bestimm
tes stofflich Natürliches zu Grunde, und so ist der „Unterschied" posi
tiv neben der Verneinung vorhanden, nemlich das determinirte Entblösststein,
d. h. die Gegensätzlichkeit ist ein Unterschied, der Unterschied
aber eben eine Species der Verschiednerleiheit 422).
Nemlich die Gegensätzlichkeit, d. h. das positiv determinirte Ent
blösstsein, ist der „ grösste Unterschied" oder der „vollendete Unter
schied"423); kurz die Gegensätze sind dasjenige, was innerhalb der
xeifiivmv Tiväv' ix xovxwv yaQ fiovtav xa&' aixä eati fiexaßaXXew dio
advvaxov elvai fiexa^v fir) avxtxeifiiviav .... xäv <f* aVTixei/ie'vmv avxuiaaeiag
fiiv oix ißji fxexa^v .... xäv de Xoinwv xa uev nqös xi tu de Oxi-
Qrjaig xa J' Ivavxia iarCv Ttöv de nqog ti ooa /j.rj IvuvrCa, ovx tyu [ii^
t«|ü, altiov d' ort oix iv rw airä yivei IotCv ei <J" iffrlv iv TctvTtß
ye"vei Ta /xtruisv, ägneQ de~deiXTai, xal fieraSjv ivavxCuv, aväyxr\ avia
OvyxeioS-cti ix xovxwv xiSv ivavxi'iov.
420) Ebend. r, 1, 1011b. 30.: fri tfroi tö fiexaijv effrai xrjg avxufäotwg
ägneQ TO (pawv^ fie"Xavog xal Xevxov , rj i»g tö (trjde'xeQOV av&Qtonov xtd
'innov et fxev ovv ovTiog, oix av /xeraßäXXot, ix /ur) äya&ov yaQ eig äyaffbv
fiexaßttXXei rj ix xovxov eig fir) &ya&6v vvv d' äel q>a(vertu' ov yäq Zazi
peTaßoXr) alV rj eig Ta avTixetfieva xal [leTa^v. Phys. ausc. V, 1, 224 b. 30.:
ix de tov /j.exu%u [lexaßäXXei, XQr,xai yaQ a{iT(ji (ag ivavxlm ovxi JiQog haxcqov,
eoxi yaQ niug tö /xtra^ii Ta axQa. Ebend. 3, 226 b. 23. : fiera^v S'
eig o niipvxe ttqwtov äiptxveTa&ai tö fieTaßäXXov rj eig o eöxaT0V i"{TK"
ßdXXet xutu tf vaiv awexäg fitTaßäXXov. D. gen. et corr. I, 7, 324 a. 7.: <f«-
vcqov oti TtaSr\xixa xal noirjxixä &XXr]X(ov iaxl r« t' ivavrCa xal iß fieTitiv
xal yaQ b'Xtog (f&oQa xal yiveaig iv xovxoig. Cat. 10, 13 a. 18.: inl fiiv xäv
ivavxitav vnaQ%ovTog xoii dexxixov dvvctxöv eig aXXrjXa fiexaßoXr)v yevio&ai.
421) Melaph. r, 7, 1012a. 9.: Iti ivoaoig ye'veoiv ij anoif affig tö ivavt(
ov Inuptqei, xal iv TovToig iffTui, olov iv aQtS-fJoig.
422) Ebend. 2, 1004 a. 10.: anoifaffiv de xal OTäQTjffiv /uiäg effxi 9te>-
Qrjoai diu tö äfitfore'Qiog &eioQelaSai tö £v, ov r) anöqaOig rj r) ariQnaig'
fj yaQ aiiXwg Xe"yo/j.ev oti. ovx inäq/ei ixeivo rj tivI yivef Zv&a /Av ovv
t$ ivl r) SiaifoQa nQogean nuQa to iv Ty anoifäaei, etnovaia yaQ r/ ano-
(f affig Jxetvov iaxlv, iv dt t§ OTeQfjaei xal vnoxei/xe'vr] Tig (f vöig yiverai
xaS-' r)g XfyeTai rj axeQrjaig . . (21.) diaipoQa yaQ Tig r) ivaVTiÖT}jg , r\ dl
diaifoQa heQÖTtjg.
423) Ebend. t, 4, 1055a. 3.: inel dt äiaipiQeiv ivde'xtrai äXXnXioV i«
diaif.e'QovTa nXelov xal iXaTTOv, effTi Tig xal jxeytOTr\ diaifOQ« xal Taixi\v
Xe"yci> ivavxCiaaiv (16.) ort ftev ovv r) ivavTWTrjg iffxl dnuf OQa xiXeto;,
ix xovxiov drjXov. Ebend. 8, 1058 a. 11.: rj yaQ ivaVTWTtjg r)v diaipoQ« Tt-
Xe(a.t D. pari. an. I, 3, 643 a. 31.: diaif oQa yaQ äXXr/Xoig iaVTixei'/jeva, olov
XevxÖTr/g xal peXuvla xal eid-vxrjg xal xafinvXÖTi\g.
IV. Aristoteles (Begriff). 229
nemlichen Gattung und innerhalb des für sie Empfänglichen am meisten
sich unterscheidet oder am weitesten von einander absteht 424), und hiemit
haben wir, nachdem_sjcjijjns__das Entblösstsein in^ej^hejätimmten
Gegensatz umgesetzt_ hat, zu dem schön oben~Änm. 47K). erreichten Stand
punkte zurückzukehren und den Verwirklichungsprocess zu betrachten,
in welchem das stoffliche Sein der Gattung zur begrifflichen Form des
Artbegriffes sich determinirt. Nemlich die Gattung ist ein Früheres als
die Gegensätze, und die gegensätzlichen Unterschiede , welche bewirken,
Jass die Gegensätze als Artbegriffe der Gattung auftreten, sind gleich
falls ein Früheres ; so besteht in der Nalurbestimmtheit der stofflich vor
liegenden Gattung ein Artbegriff-erzeugender Unterschied (differentia speeiflea),
und die Artbegriffe entstehen aus der Gattung und den Unter
schieden, ingleichem besteht auch das Uebrige, nemlich die Mitteldinge,
aus der Gattung und den Unterschieden 425); es sind nemlich die Unter
schiede nicht immer selbst schon die ersten Gegensätze, und es ist da
her die Aufgabe, zu suchen, woraus die Mitteldinge entstehen; denn
Alles, was innerhalb der nemlichen Gattung auftritt, besteht entweder
aus demjenigen, was an und für sich ohne den Stoff, welcher potenziell
es vereinigt, nicht zusammensetzbar ist, oder es ist selbst ein solches,
d. h. alles zu einer Gattung Gehörende besteht entweder aus unverträg
lichen Gegensätzen oder ist selbst einer von zwei unverträglichen Gegen
sätzen ; in diesen unverträglichen Gegensätzen aber bewegt sich alle Ver
änderung, auch jene, welche Mittelstufen durchläuft, und diese sind es
eben , was aus jenen besteht ; somit liegen allem innerhalb Einer Gat
tung Auftretenden die obersten ursprünglichen Gegensätze der Gattung
selbst zu Grunde 426). So ist dasjenige, was dem Artbegriffe nach ver-
424) Met. n. a. 0. 4, 1055 a. 27.: xovxmv ä' avxrj peyCaxri xal xä iv
reüjiji yivei nXeiaxov SiaipiQovxa ivavxCa, fieyCaxrj yäo dictifOQä xovxmv r)
rileiog, xal xä iv xaixip StxxixiT) nXelOxov diaqe'QOVxa ivavxCa' r) yaQ vXrj
r) aixr) xoif ivavxCoig xal xä vno xr\v avxrjv Svvafiiv nXeitixav äiaife'Qovxa.
Ebend. /], 10, 1018 a. 25.: ivavxCa Xiyexai xä xe /xr) Svvaxä äfia T<j5 avxtp
nuQÜvai xmv fiiaipegövxmv xaxä yivog , xal rä nXeiaxov SiaipiQovxa xiSv
h Tf5 avxtl> yivei, xal xä nXeiaxov Siaift'QOVxa xmv iv xaixqiSexxix^, xal
xä nXeiaxov Sitt<fiQovxa xmv vno xfjV avxijv Svvauiv, xal mv r) diaipoqä
fxeyCaxr\ rj änXmg jj xaxä yivog rj xax' elfiog. Cat. 6, 6 a. 17.: xä yaQ
nküaxov äXXrjXmv äieaxrjxöxa xmv iv tijS «irrep yivei ivavxCa ÖQi£ovxai.
Meteor. II, 6, 363a. 30.: iinoxeCa&m äi nqmxov ivavxCa xaxä xonov etvai
ik nXeiaxov untyuvxa xaxä xönov dlgneg xax' eldog ivavxCa xä nXeiaxov
ünfyovxa xaxä xb elSog.
425) Metaph. i, 7, 1057 b. 5.: xal ei fiev yivog eaxai ovxmg <oOx' elvai uqo-
Tiftov xi xmv ivavxCmv, al äiaifoQal ngöxeoai ivavxCai iaovxai al noir\Oaaai
xn ivavxCa eldrj mg yivovg, ix yäQ xov yivovg xal rmv diaifoomv xä elSr],
.... äXXä fir)V xä y' ivavxCmg äiaif iqovxa fiäXXov ivavxCa, xal xä Xomä
*«< xä utxaiv ix xov yivovg iaxai xal xmv ä^aifogmv.
426) Ebend. wird fortgefahren 1057b. 13.: oiov oaa %om[iaxa xov Xevxov
x«l piXavög ioxi /jexa!-v, xavxa äel ix xov yivovg XiyeaSai, eaxi $h yivog
™ XQä/itc, xal ix diayonmv xivmV avxai d" oix iaovxai xä TiQmxa ivavrCa'
ei ik [tri, iaxai ixadxov T\ Xevxov rj fiiXav exeoai «p«' fiexagv aga
xiSv ngmxmv ivavxCmv avxai iaovxai maxe xavxa nqmxa fyxrjxiov öaa
ivavxCa pr) iv yivei ix xCvog xä fiexa^v avxtoV äväyxr) yäg xä iv xuvxqj
yivei ix xmv aaw&ixmv x<{> yivei auyxela&at. rj advvd-exa elvaf xä fiiv
ovv ivavxCa äavv&exa 2£ äXXrjXmv max' äo/aC' xä 6h fiexa^v rj nävxa rj
ovdVy (x Ta-V ivavxCmv yCvexaC xi cuoV taxai nexaßoXr) eis iovxo naiv
230 IV. Aristoteles (Begriff).
schieden ist, ein bestimmtes von einem anderen Bestimmten Verschiede
nes, und was dem Artbegriffe nach verschieden ist, gehört der nemlichen
Gattung an ; das Eine Gemeinsame dabei ist eben die Galtung in der
i Weise, dass dieses Gemeinsame in den Artbegriffen eben seine bestimmte
I Verschiedenheit findet; und in dieser bestimmten Verschiedenheit beruht
j jetzt das Ansichsein (%a&' avro) des Artbegriffes 421). Unterschied einer
I Gattung ist jene Verschiedenheit, durch welche die Gattung selbst zu
[ einem Verschiedenen gemacht wird, jene Verschiedenheit aber ist eben
\ die Gegensätzlichkeit428). So kann gesagt werdendem sich Unterscheidendes
sei dasjenige, was verschieden ist?' wjjTjfejul^e^^
licnes ist, oderjdasjenige, ,jwa^JgX§6wijO?*sennc'1 eme^JmcEj«![e|iheit
entfialtraTso" auch die Gegensätze selbst , und um * so mehr jenes , was
eihef^vefscTneuehen Gattung angehört'429), sowie auch dass alle Gegen
sätze entweder in der neinlichen Gattung oder in entgegengesetzten Gat
tungen auftreten oder selbst Gattungen sind 430).
Bei demjenigen daher, was schon der Gattung nach einen Unter
schied in sich enthält, ist keinerlei Vermittlungsweg, denn solches hat
einen zu grossen ursprünglichen Abstand und ist incommensurabel, und
es hat dasjenige, was innerhalb Einer Gattung liegt, in Bezug auf das
ausserhalb derselben Stehende keinen Unterschied431). Was aber dem
Artbegriffe nach sich unterscheidet, hat seine Entstehung aus den ersten
ursprünglichsten und darum grössten Gegensätzen, welche daher auch das
abschliessende Ziel des vollendeten Unterschiedes herbeiführt 432); und es
kann darum weder Eines mehrere Gegensätze haben, noch kann es Un-
^ eig aixä' ixaxe"nov ydo xal rjxxov iaxai xal piäXXov fiexa^v aoa itirta
xal xoiixo xwv ivavxCioV xal xaXXa aoa ndvxa Gvvdera xa fiexa^v
inel d" ovx eoxiv exeoa noöreaa bfioyevij riöv ivavrCaiv, anavr' av ix xäv
ivavxiwv etrj ra f*exa!;v, äaxe xal rä xdrio ndvxa xal x&vavxla xal xa
fiexaSv ix xäv nqmxwv ivavxltov ioovxai.
427) Ebend. 8, 1057 b. 35.: rö cf" ereoov rrjj eläei xivog xl ereoöv ioxi
xal (fft rovxo auifoTv vndo%iiv . . . . avdyxrj aoa iv yivei xä aixä (Ivai
xa exeoa xä etoef xb yaq roiovrov yivog xaXä o afiqxo i'v ravxb Xiytxai
[irj xaxa ev/ißtßrjxbs e/ov dtarfooäv eW äg vXi] ov eTx' aXXuig' ov fiövov
ydo äeT xb xoivbv vndo/eiv, olov dfitfia £fj>«, dXXd xal exegov kxaxiQtji
rovxo avxb xb (äov, olov xb fiev 'innov xb äh av&QumoV cftö rovxo xb
xoivbv ereoov aXXi\X(ov ioxl rä etöef eoxai ätj xa^ avrd rb (ihv xowväl
(äov rb df xoiovSl.
428) Ebend. 1058 a. 6.: dvdyxrj aoa rfjv fiiatpooav ravxr/v ireoörrira xov
ye"vovg etvaf Xiya ydo ytvovg ätatpoqdv ixeQÖxrjxa fj exegov ixoiel xovxo
avro' ivavxCmaig roCvvv iaxai avrt).
429) Ebend. /I, 9, 1018a. Ii.: Sidifoga Se Xiyexai 6V exeqä iaxi rb
avro ri bvxa — txi tiiv exegov xb ytvog , xal xa ivavxCa, xal "Oä^^L^
T>j jtiusla ..xriv ßieQ-öryxa.
430) CaF." Ii, 14a. H).: dvdyxtj cf£ ndvxa xa ivavrCa r\ iv rä aixä
ylvu elvat r] iv xorg ivavrCoig yivtatv fj avxa yivi\ elvat.
431) Metaph. i, 4, 1055a. 6.: xa fiev ydg yivei diaifigovxa ovx tyu
bSbv eig aXXrjka ccXX anfyti nXtov xal aavfißXrjra (26.) nqbg xa
Ha) xov ye'vovg oiix tan diatpoq«.
432) Ebend. 10">5a. 8.: roTg cf' ttdu diaifeaovotv at ysviöug ix räv
ivavxCwv elalv (ög ia%ärmV xb Si r<öv ia/äroiv öidorrifia fx(yi<Srov äaxt
xal xb räv ivavttw dXXd fiijv rö ys fiiyiBrov iv ixäaxat yivu xünov
.... xiXog yaQ Z/ei fj xsXeCa Sta<popit, ägntQ xal xaXXa xm r/Xog i%ttv X(-
yerai rtXeta.
IV. Aristoteles (Begriff). 231
terschiede des den Gegensatz bedingenden Enlblösstseins geben433). Alle
Gegensätze aber, welche einen arlbegrifflichen Unterschied begründen,
sind in der gleichen Gruppe von Kategorien , d. h. in der gleichen Gal
tung (Anm. 335), und die Verschiedenheit der Arlbegriffe beruht auf
einer individuell und untheilbar bestimmten wesentlichen Gegensätzlichkeit
innerhalb Einer Gattung; dem Artbegriffe nach identisch hingegen ist
alles dasjenige, was in seiner individuellen und untheilbaren Bestimmt
heit keine solche Gegensätzlichkeit mehr enthält 434); relativ in Bezug
auf die Gattung aber besteht zwischen dieser und dem Artbegriffe kein
\'erhältniss der Identität oder Verscbiednerleiheit, und noch weniger er
streckt sich solches über die Eine Gattung hinaus, denn die Gegensätz
lichkeit muss der Unterschied desjenigen sein, von welchem sich Etwas
dem Artbegriffe nach unterscheidet 435); und andrerseits kann das Verhältniss
der Gattung zu den auf den Unterschieden beruhenden Artbe
griffen nicht als ein Thcilhaben bezeichnet werden , da ausserdem, weil
ja die Unterschiede Gegensätze sind, die Galtung zu gleicher Zeit an Ge
gensätzen Theil hätte ; wohl hingegen muss selbstverständlicher Weise
der Artbegriff und das durch ihn determinirte Individuum an der Gat
tung Theil haben 436).
Sowie sich nun so die Gattung vermöge des artbildcnden Unterschie
des zum Artbegriffe determinirt hat, so ist die begriffliche Wesenheit er
reicht, deren bestimmtes Sein in dem ausgesprochenen Begriffe erfasst
uud in der Definition auseinandergelegt wird ; denn die Definition enthält
Nichts anderes als die oberste erste Gattung und die Unterschiede ; die
übrigen niedreren Galtungen aber sind eben die Verflechtung jener
höchsten Galtung mit den Unterschieden, wobei es gleichgültig ist, durch
433) Ekend. 1055a. 19.: ovx tv<Sfyercii evi nXeCai ivavrla elvaf ovts
yao tov t(fj(ttrov iaxariärtQov etrj av ri ovte tov evbg dtaOTrjuaTog nXeCi»
Svoiv ?ojf«T«. D. pari, an. I, 3, 6421). 22.: ovx itsri Se Siaifoqa oreorjoeiog
qartnriaig- aävvarov yao etärj elvai tov ui/ bvTog, oiov Ttjg ttnoöiag rj tov
umtouv ägneo nTencioewg xai noSäv.
434) Metaph. i, 8, 1058a. 13.: dib xai iv Tjf avTrj avaroi/dc nävTa tk
ivavitu irjg xuTr\yoglag, boa elSei Siatfooa xtu ur\ yivti tretja TS aXXrjXwv
lidXiara' TeXeCa yao rj Siaifona xctl aua äXXijXoig ob ylverai- i) äna iftaifOQtt
ivavTiioOig ioriv. tovto äoa fori to eriootg elvai Tip eMei to iv
Tiiirip yivei ovTtt ivavTCiaaiv i%eiv äro/xa ovict- iv yao ry äiaine'aei xai
h ToTg utTuSii yCvovrai ivavTioiaeig nnlv eig tu aroua iX&eiv. Ebend. ^1,
10, 1018 a. 38.: trega eft Tip eiäei XiytTia oaa re tkvtov givovg bvra urj
vnaXXrjXa iari xai oaa iv Tip avTtä yivet ovia ätaqogav e/ei xai oaa iv
rtj obalit ivavTCiaaiv tyti, xai t« ivavri'a 'iregu to) etäei äXXrjXtov rj nävra
rj rn Xtyöiieva ngiöriog , xai oaiov Iv Tip rtXtvTaltp tov yivovg eidei ol
Xöyot (tcooi, oiov äv>onog xai Innog aTOfia Tip yivei , ol de Xöyoi kripoi
i'vtöv, xai oaa iv Ttj avTrj ovOCcf ovtu e/ei diatpouav javra dt im eioei
ie aVTixtifitviog Xeyofieva Tovroig.
435) Ebend. i, 8, 1058a. 21.: ngbg to xaXov/ievov ov yivog ovre tuvtov
o'vTt 'hiQov Ttj5 eläet ovStv iOTt Tiäv dg yivovg eiäiov ngogrjxbvTiov
oväi ngbg tk urj iv rabrip yivei , üXXa Siolaei to} yivti IxtCviov, ftöei de
läv iv TavTb) yivei, tvavTliodiv yao ävüyxrj tlvai rijv Siay onav ov öiaore'nei
(tin, avTr) d" bnaQ/ei ToTg iv inyroi yivei- ovai fiövoig.
436) Ebend. Z, 12, 1037b. 19.: tö yag yivog ob doxtl fieT^/eiv Tiav
SiaifoQüv, äua yao av Tiäv ivavriiav Tb avTo ueTel/ev, al yao ätaipOQal
havTlai, aig äia(pe~Qei to yivog. Top. IV, 2, 122 b. 21.: nav yao to iieTi
232 IV. Aristoteles (Begriff).
wieviele Glieder dieses durchgehe ; denn diese Mittelglieder verflechten
sich neuerdings mit Unterschieden bis herab zu dem nicht mehr Theilbaren;
nur versteht es sich von selbst, dass bloss jene Unterschiede ins
Auge gefasst werden, welche das Ansichsein betreffen, denn ausser diesen
giebt es auch noch viele andere, welche mit dein substanziellen Wesen
Nichts zu schaffen haben 437). Und da nun die Gattung nicht ausserhalb
ihrer begrifflich determinirten Arten besteht, sondern als stoffliches Sein
derselben vorliegt, so ist die Definition eben der in Folge der Art-Unter
schiede ausgesprochene Begriff; hiebei muss daher der Unterschied stets
wieder in seine Unterschiede getheilt werden, bis man zu einem Unter
schiedslosen gelangt, und es ergeben sich hiedurch eben so viele Artbe
griffe als es Unterschiede sind; der letzte Unterschied ist die Wesenheit und
die begriffliche Form des so determinirten Seienden, welche in der Defi
nition ausgesprochen wird ; insoferne also kein Unterschied mehr weiter
vorliegt, ist die bestimmte Wesenheit als solche herausgetreten 438). Die
Gattung ist hiebei die Grundlage für die artbildenden Unterschiede und für
die Artbegriffe selbst, sie ist dasjenige, was als Prädicat von den mehreren
unter sie fallenden Wesen, welche dem Artbegriffe nach sich unterscheiden,
in dem begrifflichen Sein derselben ausgesagt wird, und es gilt darum von
allem, von welchem ein artmachender Unterschied gilt, auch die entsprechende
Gattung, natürlich aber nicht umgekehrt 439) ; so ist die Gattung als ge-
437) Met. a. a. 0. 1037 b. 29. : ovSev yctQ exeqov idxtv tv itp bqt<l[i<p
nXlfV To rf noüiTov Xeyöfxevov yfvog xcti ul SiatfoqctC' xd S' ctXXcty{vr\
iaxi XO Tf TlQÖiTOV XCti /UCXCC XOVXOV ttl CSvXXctflßctVOfieVttl SlCttfOQCti, oloV TO
nqtoxov (iSov, tö S' i/6fievov (o}ov SCnovv, xcti nctXiv £ojov Slnow anxeqov
b/toi'cog Se xctv öict nXeiovcov Xfytraf SXiog S' ovStv SictifiQei St«
noXXtSv rj dXiyvov Xe'yea'tcti, war' ovSe dV bXiycav fj Sid ävolv ' xotv Svoir St
xb /ikv äiaif oqct xb de yivog, oiov xov £o)ov SCnovv to /jev Ccjiov yivoq, Sicttfoqtt
Se ftaitnov Ehi'nd. B, 3, 998 b. 28.: hi xal xdfiexutjv rtvXXapßavöfitvti fina
Ttöv Seat/ oqiov eOTcti yevrj fje'/Qi tiSv cito/jiov. Anal. post.M, 13, 97 a. 12.: noXXal
ydq äiatfOQai önctq/ovot tois ctvxoTs Tip elSei, äXX' ov z«t' vialctv oiSi
xctfr' avxä. D. pari. an. I, 3, 013 a. 27.: exi Sictiqeiv xqr) tois iv tjj oicstct
xai fii) xoig 0vf*ßeßt]x6at xaO' civtö , oiov et Tis tu axrjfiaTct Stniqoirj oti
Tct fih' Svaiv öofrcttg Haas e/et Tag ycovCug, tcc d£ nXeCoatv' avfißeßnxbg
yciq Tt tm XQiyarvco to Svaiv ÖQ&ctig Tdag e/eiv Tag ytovi'ag. Ebend. IV, 12,
G93 b. 13.: iif> d" oqviUi iv rij ovolcc to nxrjxixöv ianv.
348) Melaph. a. a. 0. wird forlgefabren 1038a. 5.: ei ovv to yivog änXws
f.ilj ian naou Ta (ög yivovs etSrj , rj tl edTi pev dg vXr) d" Iotiv, r] filv
ydq tfiovrj ye'vos xal CXt], cd dt Stttifoqai tu eXSr] xcti ra crTot/eTct ix Tctvrijf
nocovOiv, tfctveqbv ort 6 öqtoitös Icstiv b ix tojv Siaipoqüiv Xöyog. (vgl.
ebend. 15, 1040 a. 20.: obx eclTca to yivog naqd rd elSy et d" eaTiti , xcti
tj d icttfooa). äXXct fiijv xai Sei ye Sicanei'a&tti xr)V Trjg SictqoQ&g Sicttf ogctr,
oiov f^ou SictifOQct xb vnönovv, nctXiv xov ftuou toxi vnonoSog Ti)V Sicttf
OQav Sei eläe'vai fj vnönovv (16.) xcti ovxtog äei ßovXeTcti ßctSl&iV
etog av fWj elg tcc äSictifoocf Tore S' eaovTai ToactvTct eXSrj noSog böttintq
al Sicttfoijcti xcci tcc vnonoSct ffjin Xött Tatg SiaifooctTg' ei St) TctvTa ovtwS
tyei, tfaveqbv ort t] jeXevTulct Siawood r) ovoict tov nQayfcctTog tOTiti xai
o ÖQiO/iög (25.) ictv fiiv Sij Oiatf OQag Stctq onct ytvrjTcti , ftta etiTcti i)
TeXevTctict to elSog xcti rj ovoCcc (28.) äclTe qctveqbv oti b ÖQiOfibg Xoyos
iariv b ix rcöv SiaifOQtöv xcti tovtoiv Tr)g xeXevTctCctg xctxci ye to öqd-or.
Anal. posl. ii. a. 0. 97 a. 18.: tfaveobv yaq oti av ovtco ßaS(£tov eX&n eis
TctvTct töv /xrjxe'xi idxi Sicccf OQct, ?|tt xov Xöyov xijg ovOlctg.D. pari. an. I, 4,
644 a. 24.: ovaCca fie"v eloi xct eo/axet elSrj, tccvtci Se xctxa xb elSog ctSidcpoqct-
439) Top. I, b, 102 a. 31.: ye'vog S' loxi xb xctxa nXeiövmv xcti Stctqe
IV. Aristoteles (Begriff). 233
meinschaftlich.es Prädicat das allgemeine umfassende Ganze, und andrerseits
kann sie auch wieder ein Theil des Artbegriflfes oder der begrifflichen Form
heissen , weil ja sie und der artmachende Unterschied jenes sind , aus
welchem die begriffliche Wesenheit besteht410). Auch versteht es sich
darum von selbst, dass der artmachende Unterschied weder bereits der
Artbegriff selbst ist, denn nur an dem Stoffe als solchem ist er die be
griffliche Form, noch an der Gattung Theil hat, wohl aber letzteres bei
dem aus jenen beiden bestehenden Arlbegriffe der Fall ist (Anm. 436);
hingegen muss in gleicher Weise die Gattung von dem nicht unter sie
Fallenden und der artmachende Unterschied von dem unter sie Fallen
den getrennt werden441); der artmachende Unterschied ist ja, abgesehen
von der Naturbestiramtheit der Gattung, dasjenige, wodurch die indivi
duelle Bestimmtheit der Wesenheit herbeigeführt wird, und er ist daher
mit letzterer so enge verbunden, dass auch sein begriffliches Sein von
der individuellen Wesenheit selbst prädicirt wird; hiedurch eben unter
scheidet er sich von der blossen Inhärenz , welche als unselbstständige
Eigenschaft an den Wesenheiten vorkömmt142). Wo in der Naturbe
stimmtheit der Gattung eine Mehrheit artmachender Unterschiede besteht,
ergeben sich auch mehrere coordinirte Artbegriffe von gleicher Berech
tigung443), und andrerseits kann ebenso bei der abwärts gehenden StupdvrcDV
icp eiSei iv to} rC to~Ti xaxrjyoQov/xevov. Metaph. 4, i, 1014 b. 12.:
tp utv yuQ fj ätaqoQa vnäoxei, xai tö yivog äxoXov&iT , ru Si rö yivog, ov
navrX fj tfiafpoQa.
440) Metaph. /I, 26, 1023 b. 29.: to fj.iv yaQ xa&öXov xai to oXojg Xeyöfitvov
mg oXov Tt ov ovTbig iaxi xaSoXov ojg noXXä neoityov toj xaTijyo-
Qtla&ai xaS-' txäorov xai fv anaVTa elvai u>g 'ixaOTOV, oiov üv&Q<anov Xnnov
&eöv, oxi anavra £(p~a. Ebend. 24, 1023 a. 35.: r« Si (sc. ix rivog Xiytxui)
dg ix tov fiioovg to elSog, oiov 6 av&Qtonog, ix tov SinoSog xai fj
avXXaßi] Ix tov ctTotflttov. Ebend. 25, 1023 h. 19.: ?n (sc. [xioog XiytTai)
eh a SiaiQeiTal it j; iS (öv aiyxtnai to öXov fj to tlSog fj to ixov T0
iWog . frt t« iv toj Xöyoj xöj StjXovvTi exaaxov xai raör« fiöqia tov
SXov' Siö to yivog tov eioovg xai /xe'oog Xiyerai , äXXojg Si to tloog tov
yivovg ftiQog. Cat. 5, 2 b. 19.: vnoxeiTai yaQ to elSog toj yivet , ra fiiv
yito yivrj xaTci töjv elSüv xaTtjyoQtiTai , tu Si elSrj xaTa tojv ytvüv ovx
äVTlOTQitptl.
441) Top. IV, 2, 122 b. 19.: SiaqyoQa yaQ äQi9fj.ov to ncQtTTov, ovx
ttöog ioTiv oiSi Soxel fitTi/eiv fj äiaifooä tov yivovg, näv yaQ to fisrfyov
tov yivovg fj eiSog fj cktojjoV idTiv, fj Si itaqoQa ovts tlSog ovTt
«Tofiöv iOTtv' SrjXov ovv Sti ov fiexi/ti tov yivovg fj Sia(fOQa, otar' oiSi
tö ntQtTiov tlSog av eirj äXXa Sia(f.oQä, ineiSfj oy [MTi%€i tov yivovg.
Ebend. VI, 3, 140 a. 27.: Set yaQ to fiiv yivog äno xäv äXXotv %a>Qt£eiv,
ti)V Si StafpoQav äno Tivog tojv Iv to) airo) yivu. D. part. an. I, 3, 643a.
24.: tOTi o' ff diacfOQa to elSog iv rji {IXrj.
442) Cat. 5, 3 a. 25.: xai 6 Xöyog o*i xarrjyoQeiT ai 6 Trjg Sta(fOQÜg xaS-^
ov av XiyrjTai. fj Sia(fOQa, oiov el TO ne&v xaTa av&QoiTiov XiyeTai, xai
o Xöyog 6 tov nefrv xaTriyoQrjd-fjatTai tov av&Qoinov. Ebend. 3 a. 22. : f)
äiaipoQa tojv fjfj iv vnoxttfjivip IütIv to yaQ ne£öv xai to Stoovv x«#'
voxti/iivov /jkv XiytTai tov av9-Q0j7fov , iv inoxtifxivia Si ovx iariv.
Ebend. 3 a. 33.: vnaQ/u Si Talg ovOlaig xai Talg SiaopoQalg to nävxa awovvfitog
äno tovtiov Xiytad-ai' näeai yaQ ai an' avTdöv xaTr\yoQtai f\xoi
xüt& tojv aTofiojv xaTtjyoQovvTai fj xaTa tojv eiSojv.
443) Ebend. 13, 14 b. 33. : xai tu ix tov aiiTov Si yivovg &vt iS lyQrjfiiva
<tXXr[Xois a/ia rg (f vaei Xiynai • ävTtSirjitrja&ai. Si Xiytxai aXXfjXoig r« xarä
Trjv avifjv SiaCQtOiv, oiov to mrjvdv toj n{£o? xai to) ivvSQOj' TUVTa yaQ
234 IV. Aristoteles (Begriff).
fenfolge der Determination der niedreren Gattungen Ein Artbegriff in
mehreren Gallungen, welche sich suhordinirt sind, zugleich bestehen 444).
Daher eben, weil es artmachende Unterschiede gibt, welche selbst wie
der Artbegriffe innerhalb ihrer besitzen, eine vielfache Kreuzung bei der
Eintheilung der Wesen zu betrachten ist, indem häufig Ein und dasselbe
Wesen unter mehrere Gattungen fallen wird, je nachdem dieser oder
jener artmachende Unterschied durchgeführt wird , so dass das zuletzt
nicht mehr theilbare Individuum , welches eben doch seinen ihm eigenthüinlichen
artmachenden Unterschied besitzen rouss, keinenfalls durch
die blosse Methode der stets nach abwärts fortgesetzten Dichotomie er
reicht werden kann 445); hingegen wird namentlich ein richtiger Blick
in die Natur darauf führen, dass Ein arlmachender Unterschied in mehre
ren Gattungen, welche als niedrere unter Eine höhere fallen, sich nach
dem Motive des Mehr und Minder oder des höheren und niedreren Gra
des entfaltet, und dass er hingegen in anderen Gattungen, welche jenen
ersteren coordinirt sind, unter einem analogen Art -Unterschiede gleich
falls wieder zu erkennen ist, denn z. B. die Schuppen sind für die
Fische das Nemliche wie die Federn für die Vögel 44G).
So also erkennt Aristoteles ein,e ontologische Entstehjng_des_Aribe-
griffes oder der begrifflichen Form selbst als solcher an, und wir sehen,
wie tief das innerste Princip der aristotelischen Philosophie, nemlich
der Uebergang vom potenziellen zum Actuellen, auch hier eingreift, denn
der Unistand7"Täss es in dem Seienden überhaupt zu einer begrifflichen
Bestimmtheit kömmt, ist bei Aristoteles selbst wieder Resultat eines Verwirklichungs-
Processes, indem aus dem noch relativ unbestimmten und
stofflichen Sein der Gattung sich die Wesenheit der individuell bestimm
ten Art erhebt. Dadurch aber, dass in das stofflich potenzielle Sein
der Gattung die Naturbestimmtheit einer verschiedentlichen Möglichkeit
&XXr\Xoig avriäifjorjTai ix tov avrov yivovg , ro yao fojov äiaigeirai tlg
Tavra, tig re rb nrtjvbv xai rb nt£öv xctl to tvväoov, xai ovfitv yt rov-
TIOV 71QOTIQOV 1) VOTIQOV iOTIV, ttkV CCflCt (fVOtl Ttt JOlUVTtt SoXtl ttvul.
444) Top. IV, 2, 122 b. 39.: äti yao f/ ätaifonä in' tätig rj ini nXetov
tov Movg Xe'ytrai. Cat. 3, lb. 20.: rüv äi yt in' aXXrjXa ytväv oväiv
xojXvtt rag avrag tftauronag th ai , ra yao inavoj rtov in' avra ytvtSv
xarrjyoQtlrai.
445) D. part. an. 1, 3, 642 b. 26.: tojv äi äiaurooöiv ai fiiv xct&ökov ttai
xai i)rovaiv tlSr] , olov mtQorrjg (30.) %aXtnbv fiiv ovv diaXaßefv xal
tlg rotavrag Siauooag ojv toriv £«<Tij, (So&' öriovv £wov iv ravraig vnao-
%tiv xai fir) iv ni.tloai ravrbv, oiov nrtQOjrbv xai anrtoov, tan yao ttpupw
ravrbv , oiov fivQjxjji; xai Xaftnvoig xai 'trtoä Tiva (643 a. 11.) mar'
ävayxalov, tl läwi al äiaipoQai tlg ag anavra i/jntmti rä äro/xa, (irjfiefiCav
avrmv elvai xoivrjv tl äi fir) , STeoa ovra eig ir)v avrr)v ßaäitlraf
fiti ä' ovrs ro avrb xai arofiov tlg irt'Qav xai triQav livai äiaifooäv tojv
SirjQrifiivmv ovrt tlg rr)v avrr)v ertoa, xai änavra tlg ravrag' (pavtnbv
toCvvv on ovx eßTi Xaßtiv ra arofia ttStj mg diaiqovvrai oi ttg Svo äiai-
QouVTtg tu fiji« rj xai äXXo briovv yivog' xai yao xar' ixtivovg ävayxawv
iaag Tag io/drag tlvai diaipooag Toig (ojoig näoi, xoig arofioig to) ttdti.
446) Ebend. 4, 644 a. 16.: oaa fiiv yao äiaujigti tojv ytvmv xai)-' vnt-
Q°XVV xat T0 fiöXXov xai to r)rrov , ravra vni^tvxrai ivi yivtt , oaa S'
$£ti to aväloyov , x°>Q^' Myo> oiov. OQVig oovi&og d*ia(pt"Qti to~> fi&XXov
r/ xa&' vntooxfjV, ro fiiv yao ftaxQÖnrtQov rb äi ßga/vnr toov , t/ff-veg
ä' oqvi&os ra) avaXoyov , b yao ixtCvw nregbv, #«r^(>C[) XenCg.
IV. Aristoteles (Begriff). 235
verlegt wird, aus welcher die actuelle Determination des begrifflich be
stimmten Seins fliesst, hat Aristoteles jedenfalls das gewonnen, dass
er das feste und sichere Princip des factischeri Daseins und der factischen
Entwicklung dem rohen Blödsinne einer Tabula logica entgegen
stellen kann ; hingegen muss Aristoteles eben in Folge jener Natur - Be
stimmtheit, welche dem Sein der Gattung einwohnt, also in Folge des
nxpvxog, in einer weiter nicht mehr motivirbaren Weise die Negation
in das Sein selbst verlegen, denn nur dadurch kann die ßtsQrjaig zum
ivamov werden. Und müssen wir hiemit neuerdings darauf hinweisen,
dass die aristotelische Philosophie eben nur ein Objectivismus ist, wel
cher allerdings von dem platonischen durch die Umsetzung der Idee in
den Begriff sich unterscheidet, so sprechen wir hiedurch deutlich genug
aus, dass gerade in dieser tiefsten ontologischen Begründung der aristo
telischen Lehre vom Begriffe eine Veranlassung zu dem Bedenken vor
liegt, ob die griechische objeclivistische Anschauungsweise wirklich als
die allein berechtigte betrachtet werden müsse, und ob nicht vielmehr
es eine nothwendige Aufgabe des wahren objectiven Idealismus sei, mit
der Durchführung der ganzen unzerstückten Subjectivität des menschli
chen Denkens , in welchem allein für uns der Ideal - Realismus liegen
kann, auch für die Logik Ernst zu machen. Darum ist es so lächerlich,
wenn gerade Diejenigen, welche von objectivistisch platonischer Schwär
merei inficirt sind, sich über Aristoteles moquiren und die Producle
ihres Missverstehens der aristotelischen Philosophie als Tadel derselben
promulgiren ; denn dasjenige, was an den Principien des Aristoteles heut
zutage von einem vernunftgemässen Standpunkte aus zu tadeln ist, findet
in unsäglich höherem Grade eben bei Plato zumeist Statt. Wenn wir
uns hingegen anstrengen , mit einem so sehr als möglich unbefangenen
historischen Blicke die Geschichte der Philosophie zu betrachten, und
wenn wir dann erkennen, dass der ganze antike Objectivismus eben
dochnur ein Obiexlmsmus ist, so glauben wir mehr Recht zu besitzen,
die wunde Stelle des aristotelischen Systemes aufzudecken und insoferne
einen Tadel gegen Aristoteles auszusprechen, als alle Schleiermacherianer
und modernen Neuplatoniker, welche den Aristoteles so gerne als einen
„Schulmeister" stigmatisiren ; bei gewissen Richtungen lässt sich, sobald
sie in bestimmter Formulirung auftreten wollen, sehr wohl fragen, ob
sie nicht die unerträglichste Schulmeisterei von allen seien.
Von dem PunktBius nun, an welchem aus dem stofflichen Sein
der Gattung sich dir Wesens - Bestimmtheit des Artbegriffes heraus
gehoben hat, müssen wir weiter untersuchen, welche Bedeutung für
Aristoteles dieses Factum, dass es ein Sein des Artbegriffes gibt, be
sitze. Es ist, wie wir sahen (Anm. 438), mit dem äussersten artmachenden
Unterschiede die begriffliche Determination in der individuellen
Wesenheit zu Tage getreten, und in diesem Sinne ist der Artbegriff
oder die begriffliche Form (was nun eben wegen der begrifflichen De
termination gleichbedeutend ist) der schöpferische Wesensbegriff und die
ursprüngliche Wesenheit des bestimmten Seienden 447); er kann daher
447); Metaph. Z, 7, 1032 b. 1.: iiSoq S\ Uyta jo tC r\v iivai ixaGrov xal
rrjv TtQoixrjV oiioCav. — —— ™-—*.— —
236 IV. Aristoteles (Begriff).
selbst als die zunächst liegende Gattung bezeichnet werden, in welche
als erste, abgesehen von höheren bloss prädicativen Gattungen, ein
Seiendes gestellt wird 448). Es ist aber diese durch den Artbegriff er
reichte individuelle Bestimmtheit eben jene Einheit, bis zu welcher der
Mensch im Erkennen der Wesenheit vordringt, und das im ausgespro
chenen Begriffe bezeichnete Sein fällt mit dem des Artbegriffes oder
der schöpferischen Form zusammen 449). EinJieiLjjrid _UnlUfiiiliaxkeit über
haupt liegen, im Vergleiche mit dem bloss numerären Eins der Einzelnheit,
ursprünglich und wesentlich in jener begrifflichen Bestimmtheit
des Seins, welche allgemein (xa&oXov) von einem bestimmten Umkreise
des Seienden gilt 450); und wenn daher auch von einer Einheit mehre
rer Wesen im Hinblicke auf einen einheitlichen ihnen zu Grunde liegen
den Stoff oder, was hiemit fast zusammenfällt, im Hinblicke auf die
allgemeinere Gattung derselben gesprochen werden kann , so ist eben
j doch dasjenige im höchsten Grade ein Eines, dessen schöpferischer
I Wesens -Begriff oder dessen ausgesprochener Begriff durch ein_einheit-
\\ liebes und unthejlbares Denken erfasst wird und hiemit selbst ein~E7ner
Vist"*51^ Die eigentliche Einheit ist die der individuellen Wesenheit,
welche durch den letzten nicht mehr theilbaren Artbegriff determinirt
! ) ist (Anm. 438) ; ihr gegenüber ist die numeräre Einheit die der empi-
! | rischen Einzelnheit, und es besteht eine Stufenfolge bis zur unbestimmi
' testen vagsten Einheit, welche die der blossen Analogie ist; nemlich
Alles, was der Zahl nach Eins ist, ist auch dem Artbegriffe nach Eins,
; . nicht aber umgekehrt, und ebenso ist Alles dem Arlbegriffe nach Ein-
1 heitliche auch der Gattung nach Eins, und Alles der Gattung nach Ein
heitliche auch der Analogie nach Eins, nie aber umgekehrt 452). Die
448) Ebend. 1033 a. 3.: tö tläog (sc. tov %aXxov xvxXov) ort agy/ja ro'~
övät, xal tovto ian tö ytvog eig o notoTov rC&eiai.
449) Ebend. i, 1, 1053 a. 18.: ovt<o är) navrtov fitrQov to iv, ort yvio-
(>(£of*iv i( luv (anv r] ovOi'a äiainovVTig r/ xarä To noabv rj xara to eläog'
xal äiä tovto lö h' äöiaiQfTOV , ort tö ngwTov exaOiwv äStctlotiov, Phys.
ausc. I, 7, 190 a. IG.: tö yaq Mei Xfyta xal X6yo> tuvtov.
450) Metaph. B, 3, 999 a. 1. : äXXa /irjv xal ti fjäXXov yt aQ/otiäkg tö
ev Iotiv, fv äi rö aäiatgtTOV , aäiaiQtTov dt anav rj xaT.u iö noabv rj
ZBT« TÖ tlSog, TTQOTtQOV dk TO XKT ' fläog , TU Sh ytVT) SiaiQlTCt ttg tl6*7],
fiuXXov av i'v to (d/uTuv sirj xaTrjyoQovfitvov. Ebend. 4, 999 b. 33.: tö
yctQ äoittiio) iv ij tö xaS-' txaOTOv Xiytiv äiaiftyti ovätv' ovtio ydg Xfyofiiv
tö xaä-' exaGTov to aoi&fjqi IV, xaHoXov äi ■ftMnl tovtiov.
451) Ebend. /I, 6, 1016a. 17.: fit äXXov Tnonoi/gv XtytTai T(j> tö vjioxtifitvov
T([> tiätt ti)'«/ aSiaifOQOv , ääiä(fogov 6" tov ääta(gtTov tö ttäog
xaTa TtjV aXaiyrfdiv (24.) XtytTat ä' i'v xal töv to yivog iv dtatftoov
laig avTixtiptvaig ätatj ogatg' xal Tavra X(ytTai iv 7tctVTa, ot« tö yivog
iv TÖ vnoxtCfitvov Talg äiatfo<jaTg , oiov Xnnog av&Qoinog xvtov iv ri , Öti
naVTa fcj3« xal tqotiov (Fi) nananX^Otov alg/ieo r\ vXrj fiia .... (32.) tTi dt
iv XfysTat oowv o Xöyog o tö tC r\v tlvui Xtyvov aSiatQtTog nqbg aXXov
. « tov oijXovVTa tC rtv tlvai to nnäy^ia oXjH£__äi löy fj vörigis_jiäi ulgtros
\\h VoovOtt To t( rjV ilvai xal fit) dvvaTai /wofdat. [ir]Tt XQovti> firjft Tonot
II [itjTt Xöytp, ^ahaxT^JJfPjJi-il! x&JS^rVv.ä^&^iMial-
' 452) Ebend. 1010b. 8.: t« äl nguTtog Xiyo/niva iv, tov fj oiioCa pi(a
(32.) aoid-füjLji}? (sc iv) .MV.JS-.ylri (iCa (vgl. Anm. 478 ff.), tfäajLLa»'
ö Xq^qs eis, ykvfi <i° (uv jö ai)To OxnfJa Tr\g xaTrfäpQlag , xut' aVaXoyCav
oaa ij(ti mg aXXo TiQÖg aXXo' atl äe i« uOTeoa Toig~^finQoa&iv äxoXov-
{hcT, olov oaa aotd-fttp xal tiäei tV, öoa d" eiäei ob naVTa aqi9-fi<$' äXXa
IV. Aristoteles (Begriff). 237
begriffliche Einheit, welche auf der begrifflichen Form und einem nicht
mehr in Unterschiede zerfallenden Artbegriffe beruht, ist die Einheit der
individuell bestimmten Wesenheit, und in dieser nur ist auch der schö
pferische Wesens- Begriff Einer, d. h. dem Artbegriffe oder der begriff
lichen Form nach ist dasjenige Eines, was für die individuell bestimmte
Wesenheit und für das Erkennen derselben die Ursache des Eins - seins
ist 453). So wird auch die Frage, wie denn die Wesenheit in ihrer in
dividuellen Bestimmtheit Eine sei , und wie also dasjenige , was im aus
gesprochenen Begriffe erfasst und in der Definition auseinandergelegt
wird , dennoch Eines sei , d. h. wie z. B. £äov dinovv eine Einheit,
und nicht ein Mehreres sei 454), vermittelst eben jenes ontologischen
Verwirklichungsprocesses gelöst, da das eine Stoff und das andere Ge
staltung, das erstere potenziell und das letztere actuell sei, die den
Eintritt der Verwirklichung aber herbeiführende Ursache eben in dem
schöpferischen Wesensbegriffe liege, denn äusserster Stoff und Gestallung
seien der Potenz nach das Nemliche, sowie Potenz und Actus selbst gewissermassen
Eins seien, die Actualität der Gestaltung aber trete durch
die Ursache ein, durch welche die Potenz zum Actus geführt werde 455).
Und hiemit haben wir nun den Begriff als schöpferischen Wesens
begriff, d. h. als^Causalität des bestimmten Seins, zu betrachten. Wese^^
Flind~b^rifflicTurT^"m sind die Actualität 456), und darum liegt
in denselben auch die wahre letzte Ursächlichkeit des Stoffes selbst,
welcher das Passive und Potenzielle ist; Ursächlichkeit ist ja überhaupt
auch jenes, in Bezug worauf (nu&' o) Etwas in seinem Ansich bezeichy(
vn TiaVTtt i'v baunto xai tXSti, oaa St yivti ov nävTa tXSti aXX' avaloyCq'
oaa Si i'v ävaXoydc , ov naVTU yivti.
453) Top. I, 7, 103a. ]u. : tiSti St (sc. tvj oaa nXtlm bvxa äSiä(poou
xarä To elSög tan xa&äntn av&Qionog av&Qtonm xal Xrtnog 'innta, xa yaq
xoiavxa xtii tiSti Xt'ytxai xavxä Sau vnb xuvxb tlSog (25.) xvQiiäxaTu
fiiV xal 7T()(üT(üe bxav ovofiaxi r\ boq> to xaixbv ccnoSo&fj. Metaph. Z, 13,
1038 b. 14. : iLv yao /lila i\ oioCa xal to xC r\v itvtu tv, xal aiixa tv. Ebend.
i, 1, 1052 a. 32.: aqi&ijoj fjiv ovv (sc. tv) to xk#' txaaxov äSiaCatxov, tlSti
St xo r<£ yrajaxu) xal rjj iniOTrifHj , w<r#' h> av tlrj nnrnTov to Talg ovoCaig
aiTiov xov ivög.
454) Metaph. Z, 12, 1037 b. 11.: Sia tC noxs h> laxiv oü xov Xqyov
ÖQiOfidv tlvai wa/jtv , oiov xov avfhQainov xb Cqiov SCnow, eOTi yaq ovTog
aiTov Xöyog, Siä tC Sr/ xovxo tv loxtv aXX' oi noXXa £tpov xal SCnovv;
(24.) Stl St" yt tv tlvai oaa e"v xä> bqiaptp, b yao bqtOfjbg Xöyog xCg
(axiv eig xal oialag, aiaf)-' ivög xivog Stl avxbv tlvai Xöyov , xal yitQ ij
oiaia tv xi xal xöSt ti ar)fiaCvti, äg (pa/j.tv.
455) Ebend. H, 6, 1045 a. 23.: ti J" IotIv , digntq Xfyofjtv, to /jiv vXt)
to Si [lOQtfTi xal xb jj.lv Svvctfxti xb <5" IvtqytCq , o&xixi anoqla Söl-titv
av tlvai xo fyyrovfitvov (31.) oiiStv yaq Iotiv alxiov 'htqov xov xf)V
Svvä/Jti aqaiqav IvtqytCq tlvai Otf aZqav , äXXa xovx' rjv xb xi rjV tlvai
exaiiqüt (b. 18.) i-OTi d" ägntq tiqtjTUi, xal fj taxäTrj SXrj xal -q fiogyiij
Ttsiib xal dvväfia, , to äh iveoyiiq' wOtc bfioiov ib tjt\Tüv xov kvbg t(
ahiov xal tov i'v tlvai' iv yao rt txaOTov xal to ävväutt xal to ivtoytCq
tv nmg iaTiv' äOTt aiTiov oväiv aXXo nXrjV tl ti lög xivtjaav ix ävva/xtojg
tis htoytiav. Vgl. ©, 6, 1048 b. 8.: t« filv yao mg xCvr\Oig nQog Svvafj.iv
Ttt S' u>g ouo(a nQog Tiva vXtjV.
456) Ebeod. 0, 8, 1050b. 2.: matt upaviobv ort fj obola xal to tlSog
foCqytiä Iotiv.
238 IV. Aristoteles (Begriff). \
\ J\ p y i iL
net wird 457); und in diesem Sinne, insoferne nemlich -die reale Causalität
durch den Begriff ausgesprochen wird, kann gesagt werden, der
schöpferische Wesensbegriff sei in__ Bezug auf sprachliche Bezeichnung
die Ursächlichkeit des Seins 468). In dieser "Caüsalitäl ist der principielle
Anfang und das endzweckliclie Sein und wahre Actualität des be
stimmten Seienden vereinigt 459). Sowie daher der schöpferische Wesensbegriff
als Ursächlichkeit einerseits als das in der begrifflichen Form
liegende Urmuster (7taqäÖBiyjia) des Seienden bezeichnet wird, so be
ruht andrerseits in eben dieser und in dem Begriffe und der Wesenheit
überhaupt der Endzweck und das durch die Entstehung zu erreichende
Ziel des Seienden 460). Und da aus der Wesenheit, welche die ein
wohnende begriffliche Form ist, in Vereinigung mit dem Stoffe die concrete
Totalität (to ßvvolov; Näheres über das Gvvokov sogleich unten)
des bestimmten Seienden entsteht461), so ist alles Entstehen überhaupt
nur um der Wesenheit willen, nicht aber umgekehrt die Wesenheit um
des Entstehens willen, denn in der Verwirklichung des Entstehens ist
das der Natur nach Frühere und Ursprünglichere der Begriff, welcher
am Schlüsse des Processes als der Endzweck im concreten Sein resultirt462).
So ist die Wesenheit für das Entstehen des bestimmten Seien
den das thatkräftige und actuell wirksame, welches in seiner bestimmten
Individualität stets schon mit vorausgegangener Actualität den Bestand
des ebenso bestimmten Daseins hervorruft, so dass, da die Wesenheit
mit dem begrifflich bezeichnenden Worte ausgedrückt wird, gesagt
457) Ebend. 17, 1041b. 7.: tSffre to bltwv ^xaltau Tyg vXyg' tovto
S' toxi tö Mos <J> t( lanv tovto ä' y ovaCa (27.) oväta S' exäarov
filv tovto, tovto yaq uXtiov tiqwtov tov tlvtti. Ebend. zt, 18, 1022a. 19.:
458) Ebend. Z, 17, 1041a. 27.: yaveqov toCvvv oti ZyTtl to oXtioV
tovto ä\ IotI to tC r)v dvai töc ifariy teirif o In' Ixelviov fiiv Tivog
evexa, oiov taag in' olxlag yxXivyg, Tn ivbav 3h tt IxCvyat nqmxov (vgl.
Anm. 455 ), atziov yaq tovto.
459) Ebend. ©, 8, 1050a. 8.: to ph> yaq yäy 1^« to Mog , To d" oü'^
xal ort anav in' äqxyv ßaitfei to yivöfitvov xal TiXog' uqxyycwTojlV
tvtxa.Tov TiXovg dl evexa i? y(veais (vgl. Anm. 462.), xiXos <r*q «^gy«»>
' xoi 'toutov x<*niv.y ävvdpig Xuyßüjaicu.
—^60) Ebend. J,2, 1013a. 26. : aXXov ök (sc. Tqönov XfyeTai aiitov) to (Wog
xal to naqääeiyua, tovto ä' iöTiv 6 Xoyog tov tC yv elvai xai Ta tovtov
yivy, oiov tov Sia naaäv Ta Svo nqog $v xal oXios 6 aqi&fids, xal tu
fifqy Ta iv tiö köyti). Ebend. 4, 1015 a. 7.: tpvaig Sh y ze nqiäxy vXy xal
avTy öi/tog, y y nqog ai/To nqoiTy y y oXws nqtaxy ..... (10.) xal to eläog
xal y ovaCa, tovto <J" IotI zö TiXog Tyg yiviotuig. Ebend. 17, 1022a. 6.:
rö T&log exaGTov (sc. niqag XfyiTat) .... xal y oiaCa IxädTov xal to tI yv
elvai exaclxtp. D. pari. an. I, 1, 639 b.^ 14. : tf>aivtTai rft nqdry (sc. aqxv
yv Xiyopev evexä Tivog' Xöyog yaq ovTog, aq%y ä' 6 Xoyog ojioitag e v Jl
Tolg xaTa Ttyvyv xal Iv Tolg ifvau aweOTyxoaiv. Meteor. IV, 2, 379 b. 25.:
to de TiXog Toig fiiv y (pvOig lozl, (fvaig Shjjv Xiyouiy tu i {Wpü^äfSilfi'iäiiÄ
461) Metaph. Z, 11, 1037 a. 29. i^övdlayaq"taTi to eldög Totvbv, ti
ob xal Tyg vXyg y OvvoXog XfytTai oiata.
462) D. pari. an. I, 1, 640 a. 18.: y jXag.'^tvso'ig '^M^M°l!Sf^^I^'
^y^^3lijLP^3i&>JtKSS&.. .TS«" ¥£C£tt$S?S- EBend.TTTX 646ä.'"7ST: "Kontos
~tnT Tyg ysviatiog e/ei xal zyg oiaCag- za yaq vaifqa TXf ytviou .Jiqöjeoa
Tyv (fvOtv_ _IotI xal nqtoTov TO Trj ytvt'öti Ti^evjaigv. D. gen. on7v*l<
77? b. ST.: Tn yaq ovOiq y yiveäig axoXov&el xal Tyg "oioCag 'ivtxä louv,
&XX' oi>x abzy Trj ytvtaei. Vgl. Anm. 459.
IV. Aristoteles (Begriff). 239
werden kann, alles Entstehende entstehe aus Gleichnamigem, wofür bei
Aristoteles das stehende Beispiel ist „ ein Mensch erzeugt einen Men
schen" 463).
Oer Stoff nun hat für diese durch die begriffliche Form eintretende
Determination die Real ■ Potenz in der oben schon erörterten Weise in
sich; nemlich er hat die, doppelte Möglichkeit der positiven Bestimmtheit
und der in dem Entblösstsein liegenden "negativen Bestimmtheit, d. h.
er ist das eine je nach dem Bestände der begrifflichen Form und des
Ansichhabens , und er ist das andere je nach dem Bestände des Entblösslseins
; und es darf uns hiebei das dem Entstehen gegenüberliegende
Vergehen nicht irre machen, denn z. B. der Wein ist nicht schon der
Potenz nach Essig, sondern es wird solches, z. B. auch der Leichnam
aus dem Leibe, ebenso wie aus dem Tage die Nacht, nemlich aus Stoff
und Entblösstsein, so dass bei solchen Dingen der Verlauf des Processes
eben auf das bloss Stoffliche mit Verlust der positiven Gestaltung zurück
geht und das Vergehen des früheren Wesens ein nur nach Vorkommniss
eintretendes ist, denn z. B. aus dem Leichname entstehen, sobald in
ihm das bloss Stoffliche existent geworden ist, ja neuerdings Thiere 464).
Somit bestehen dj^iPrincipien , nemlich der_ Stoff und zwei in der
463) Mctaph. Z, 9, 1034b. 16.: &XX' XSiov rrjg ovaCag ix tovtiov Xaßetv
toriv ort avdyxrj nnoiinaQ/eiv eriQitv oiolav ivTeXexeCq ovoav rj notel, oiov
tojov ei yCvttcti £<jiov. D. gen. an. IV, 3, 767 b. 32.: yevva äh xal to xa&'
exaarov xal rb yevog, ctXXd /xäXXov to xa&' exaarov, tovio vciq r) ovoCa.
Metajih. 0, 8, 1050a. 23.: aXXa tovtiov TTQÖreQa ro) XQÖvto ereQa ovra iveoyeCq
i$ tiv tuvtu lyivtTo- äel yaQ ix tov övvajiei öVTog yCverai to iveQyeCq
ov inb ivegyettt bvTog, oiov avdQianog i£ avü-Qianov (b. 5.) tov xqÖvov
atl ngoXa/ißctvei ivioytta tre'na nob ertgag eiog rrjg tov atl xivoijvrog
ngiöriag. D. pari. an. 1,1, 640a. 24.: to notrjaav ngoiegov inrjQxev ov
fiövov tqi Xöyor äXXä xal toj XQ°VQ' ytvvii yag b clv&nionog av&Qionov,
iSare fita to ixetvov roiovä' etvat r) ye"vtatg rotäSe avfißaivei rtadt. Melaph.
st, 3, 1070 a. 21. : t« fitv ovv xtvovvra alria (ig TTgoytyevrjfie'va OVTa rce o*' lag
b ).6yog äjja. Ebend. 5, 1071 a. 18.: nävTiuv örj ngiorat äo/al To iveQyeCq jiqiötov
roät xal aXXo o ävvafiet ' ixeiva (liv ovv tu xa&6Xov oiix ioriv ttQXV y<*Q
ro'x«#* exuaiov tiüv xafr' exaarov, avügionog fikv yag av&Qiänov xaböXoV
aXX' odx eartv oiöelg, aXXa ITrjXevg ji%iXXt<ag, aov rff b nazrjQ. Ebend. 3,
l()70a. 5.: txaOrri ix avviovvfiov ytverat ovala , rd yag ifvaet ovaCat xal
TicXXa (8.) av&Qianog yaQ liv^gionov yevvi}. Ebend. Z, 9, 1034 a. 22.:
TQonov Tivä nävTa ytverat i'i 6/xmvvfiov. Ebend. 7, 1032 a. 23.: to yaQ
ytvöfievov ("xil fvOtV oiov tfVTOVr) £tSov, xal icp' ov, rj xard To elfiog Xsyoftivi)
(fvoig r) bfiottSrjg' avrrj cS" Iv dXXco, av&Qionog yctQ ilvS-gionov
ytvvii. Ebend. 8, 1033 b. 30.: inl fjth) (fjj zivuiv xal tpavegov ort rö yevviov
rotoirov (itv oiov to yevvolfievov, oi fxivToi to aviä ye oücf' i'v Ttp
agiS-fttfi aXXa Tip (Met, oiov iv roTg (fvtsixotg, av>onog yag av&Qionov
ytvvü. Diess nemliche Beispiel findet sich öfters in der Physik und sonst.
464) Metaph. IT, 5, 1044 b. 29.: exet ä' anoQCav ntög UQog T&vavTta tj
vXtj r\ Ixclarov .... (32.) rj tov fxiv xafh' tgtv xal xaT« to eläog vXij
tov d'i xara ar^Qr/aiv xal tp&oQttv tt)v naQa (fvaiv anogCa ä£ Ttg itSTi xal
Sta tC b olvog oix vXr\ tov ö'£ovg ovSe ävvä/iei b'^og , xahoi ylvsTai iS
avTov ofof, xal 6 £i3v ävvafiti vexQÖg. rj ov , aXXa xaia aviißtßrjxbg al
tpSooul, fj de tov (fpov vir) avrr) xaTa ip&ouav vexQov ävva/itg xal {SXrj xal
to vdtoQ o|oi>?" yiverat yao Ix tovtiov logneQ i'i r'i/ie'Qag vv!;' xal ooa Sr)
oviia neraßäXXei etg aXXr/Xa, eig tt)v vXr/v äti inaveXitetv, oiov et ix vexQov
Corot', elg rrjv vXrjv nquirov, el&' ovtio £ij>ov, xal rb o'iog etg SiioQ, e«*'
ovtüi: olvog.
240 IV. Aristoteles (Begriff).
Gegensätzlichkeit sich hewegende , begriffliche Form und Entblösstsein ;
diese zwei treten in jeder Gattung je nach der ihr einwohnenden Nalurbestimmtheit
auf (z. B. aus der Luft als Stoff und dem Lichte als
Form oder der Finsterniss als Entblösstsein entstehen Tag und Nacht,
oder ebenso aus Oberfläche und Weiss oder Schwarz die Farben). Nun
gehört aber zum Eintritte der Verwirklichung noch ausserdem eine be
wegende Ursache , und insoferne gibt es vier Principien oder Ursachen,
unter welchen dann jene ersten drei besser als „Elemente" (crom»*)
zu bezeichnen sind, denn als Principien. Da aber das Bewegende ebeTt^-
wieder Nichts anderes ist als der schöpferische Begriff (Anm. 455 u.
463), so sind im Hinblicke hierauf doch wieder nur drei Ursachen oder
Principien zu zählen 465). Ja insoferne das bestimmte Entblösstsein eigent
lich nur die Abwesenheit der entsprechenden bestimmten Gestaltung ist,
so lässt sich die Zahl der Principien selbst auf zjyji reduciren, nemlich auf
das zu Grunde liegende Stoffliche und die Gestaltung überhaupt 486), so
wie andrerseits an der Gestaltung auch das besonders hervorgehoben
werden kann , dass sie als begriffliche Form die hewegende Ursache
und zugleich der Endzweck des bestimmten Daseins ist, wornach sich
die öfters bei Aristoteles erwähnte Vierzahl der Principien ergiebt: Stoff,
Form, bewegende Ursache, Zweck; natürlich werden hievon die letzte
ren drei an dem ersten r dem Stoffe, realisirt467).
In verschiednem Sinne also sind Stoff und schöpferischer Begriff
eine Wesenheit ; letzterer ist eben begrifflich trennbar, er ist die Actualität,
welche als solche an dem bestimmten Seienden vom Stoffe prädicirt
wird46S). Weder der Stoff aber noch die Form ist in letzter In-
465) Ebend. A , 2 , 1069 b. 32.: rgCa är) ra atria xal rgelg ai agxal,
ävo [ilv ^ ivavrCiaaig , rjg rb fxev Xöyog xal eläog rb äk are~grjaig, to äk
rgCrov rj vXrj. Ebend. 4, 1070 b. 16.: rovriov fiev ovv raijra aroixela xal
agxal, hXXtov ä' aXXa, nävrtov äk ovria fiiv elntlv ovx koriv, Tip aväXoyov
äk , iSgneQ et rig etnoi ort üg%al etat rosig, rb eläog xal rj arigrjOig xal
r) vkrj' äXX exaorov rovriov iregov Tiegl exaarov ye"vog iorlv, oiov iv xgatfturi
Xevxbv, fxe"Xav, intifaveia' (füg, axörog, ar)g, ix äk rovriov rjfie'ga xal
vv£' iuel äk ov fiövov ra ivvnagxovra atrta, äXXa xal riSv ixrbg oiov rb
xivovv, ärjXov ort 'hegov cto/r) xal aroi^elov, aina ä' afiipof xal elg ravra
äiaigelrat t) ctgXV' 10 <f ' <"f xivovv rj laxäv ctg/t] rig xal oboCu (30.)
inei äk rb xivovv Iv fiiv rolg ipvotxolg av>önotg avS-gionog , iv äk rotg
artb Stavolag rb eldog i) rd ivavrCov, rgönov riva rgCa airia äv etrj, luäl
äe rirraga.
466) Phys. ausc. I, 7, 191 a. 4. : xal är)Xöv lanv ort äel vnoxela&aC rt
rolg ivavrloig xal ravavrla ävo elvai' rgönov ä£ riva aXXov ovx avayxalov,
ixavbv yäg korai rb eregov rwv ivavrCiov noielv rfj anovatii ri\v
fj.eraßoXr\v ..... (12.) fiCa fikv ovv ag/r) avrrj (sc. r) vngxei(iivr\ ipvaig), ovx
ovtio jxla ovou oväk ovrtog i'v lög rb rode rt, fiCa äk g 6 Xöyog, krt äk ro
ivavrlov rovrio r) arigrjaig. ravra äk ntög ävo xal niög nXelio , eigr/rai iv
rolg livio.
467) Melaph. A, 3. u. H, 4. Phys. ausc. II, 3. Anal. post. II, 2.
468) Melaph. H, 1, 1042a. 12.: aXXag äk är) av(A.ßaCvu ix räv Xoyiav
ovaCag elvai rb rl r\v elvai xal rb vnoxtlutvov (26.) tan <J" oval« rb
vjioxeifievov, aXXiag fiiv r) vXrj, vXrjv äk Xiyw fj fiij röäe rt oiaa ivtgytla
äuväfiei iarl roät rt, aXXiog ä' b Xöyog xal 7) /xogipr), o röäe ri öv riji
Xöytp xtogiaröv ioriv. Ebend. 2, 1043 a. 5.: xal tog iv ralg ovaCaig rb rr)g
vXtig xarrjyogov[*evov airr) »; Ive'gyeia, xal iv rolg aXXoig bgiapiolg fxaXiara.
Auch der Stoff heisst daher ein xa# o, insoferne er ja die bestimmte Grundlage
IV. Aristoteles (Begriff. 241
stanz dasjenige , was entsteht , und gibt kein Entslehen des Stoffes und
kein Entstehen der begrifflichen Form , sondern alles , was einen Verwirklichungsprocess
zu durchlaufen hat, ist schon ein bestimmtes Stoff
liches, welches durch die bewegende Ursache in die bestimmte begriffliche
Form übergeht409); die letzteren beiden aber, die bewegende Ursache
und die begriffliche Form, sind, wie wir sahen, das Nemliche. * Und
sowie die Möglichkeit der positiven Determination durch die Gestaltung
und der negativen Bestimmtheit vermöge des Entblösstseius gleichmässig
vorliegt (Anm. 464), so versteht es sich von selbst, dass auch das Entblösstsein,
welches die Abwesenheit der entsprechenden positiven Ge
staltung ist (Anm. 466), als bewegende Ursache wirken kann, und in
dieser Beziehung gewissermassen selbst als Form auftritt, sowie es ja
überhaupt, wie wir sahen, selbst ein bereits speciell determinirtes Entblösstsein
ist 470). Hingegen das durch diesen Verwirklichungs - Process
Entstehende ist die Vereinigung von Stoff und begrifflicher Form; und
es ist somit nun eine dreifache Bedeutung der Wesenheit zu unterschei
den : als Stoff, als begriffliche Form, als Verdnigung beider; diese Ver
einigung aber wird in der concreten Totalität (dem avvokpv) eines bestimm
ten Seienden existent; und dieses Existent-Werden ist das Entstehen411). Ist
so die bestimmte Existenz eines Seienden determinirt, sei es durch das posi
tive Ansielihaben oder durch das negative Entblösstsein , so ist das hiemit
bestehende concreto Wesen das Substrat einer jeden weiteren Veränderung,
welche, da die Veränderung des Entstehens und Vergehens (s. oben
Anm. 464) durch die Existenz des Wesens, schon zu einem entscheiden
den Abschlüsse gelangt ist, nun nur mehr entweder in der örtlichen
oder in der qualitativen oder in der quantitativen Veränderung bestehen
kann (Anm. 215yfjede dieser drei letzteren Arten der Veränderung aber
des Seins ist; ebend. /I, 18, 1022a. 16.: iva Si (sc. tqotiov Xiyexai to xa&*
0) iv <p iipiärip ndf.vxe yCvea&ai, oiov to xnäifia iv ijji iniifavela.
469) Ebend. A, 3, 1069 b. 35.: ov yivtxai ovre r)' vXrj ovTe to elSog,
Xe"yia Si Tct co/ctTct" nuv yuo fiex aßäXXei tI xal vnö tivos xal elg ti' i(f>'
ov fiiv, tov tiqiÖtov xtvovvTog' o St, r) vXrj' elg o St, to elSog' elg aneioov
ovy tlaiv, et fir) fiovov b /alxbs ytveTai aroyyvXog äXXä xal xb GTqoyyiXav
rj b %aXx6;' ävayxrj Sri oirjvat. Ebend. Z, H, 1033b. 5.: (paveqbv aoa oti
oiSi to elSog rj briSrjjioTe x°h xaXetv Ttjv iv T(p aia^tjTip /jonq/rp', od ytvtTcu
oiiS' sotiv avTOv yiveaig ovSi to tC r\v elvai.
470) Ebend. J, 2, 1013 b. 15.: itfi(f <o Si, xal r) rtaoovaCa xal r) OTtorjOig,
aUta tog xtvovvTa. Phys. ausc. 11, 1, 193 b. 19.: r) Se ye uonipr) xal r) (pvaig
äix<ös XiyeTUf xal yaq r) OTe'orjatg eläög ntäg iariv. Es ist demnacb keine
Rede davon, dass hiebei Aristoteles „merkwürdiger Weise mit den Worten spiele",
wie Ritter (Gesell, d. Phil. III, S. 148.) meint, sondern eher davon, dass Ritler
merkwürdiger Weise mit Aristoteles gespielt hat.
471) Metaph. Z, 8, 1033b. 16.: (paveobv Sr) Ix icöv elnrifitveuv oti ib
uev mg eiSog rj oiai'a Xeybfievov ov yCveTui, r) Si OvvoSog r) xara tuvth\V
Xeyofiivi] yCveTai , xal öxi iv navTi rw yevofxivm vXtj iveari xal eari to
(itv TÖäe tö St TÖSe. Ebend. 3, 1029 a. 2.: toiovtov Si tqotiov fiiv Tiva
1) vXrj XiyeTai, aXXov St tqotiov r) fioo(pr), tqItov de to ix tovtwV Xiyio
Se tt)v piev vXrjv oiov tov xa^xov, tt)v St [lOQipijV to axWa T*K Ide'ag, to
Se ix Tovxmv tov üvSqidvTa rd aivoXov. Ebend. A, 2, 1013 b. 21.: dg to
i£ ov aUta iaTiV Toxitoov Si in pev (og to vnoxeifxevov, oiov tu f^Qr), t&
Se dg to t( r)v elvai to tc bXov xal i\ aiiv&eoig xalf to elSog. D. an. II, 2,
414 a. 14.: Tpiyeöj yaq Xeyojj.e'vrjg Ttjg oiiOCag mv to /jev elSog to Si
vXtj to Si «fufolv, TOVTtov S' r) (i\v vlrj Siva/Aig to Si eiSog ivxeXixeiu.
PaANTL, Gesch. I. 16
242 IV. Aristoteles (Begriff).
ist durch die realen Gegensätze (svavrCa) bedingt, und das concrete
Wesen ist daher das Substrat der an ihm möglichen Gegensätze; einen
Gegensatz aber der Wesenheit selbst als solcher gibt es nicht412), denn
insoferne z. B. auch, was wir oben trafen, Tag und Nacht als concrete
Wesenheiten betrachtet werden , beruhen diese ja auf dem Verhältnisse
zwischen Ansichhaben und Entblösstsein, also auf dem Verhältnisse zwi
schen Sein und Nicht-sein oder zwischen Affirmation und Negation (Anm.
192 u. 215.), und sind also insoferne keine Gegensätze. Natürlich aber
befinden wir uns hiebei wieder auf der oft erwähnten Schwierigkeit,
welche von der aristotelischen Auffassung aus nie gelöst werden kann;
denn das Entblösstsein musste, wie wir sahen, ja doch den Charakter
einer bestimmten Gegensätzlichkeit annehmen, und auch anderwärts sahen
wir schon die Nothwendigkeit (S. 158 f.), dass die Kluft zwischen Wider
spruch und Gegensatz gemildert werden müsse ; d. h. sowie die Nega
tion in einer weiter nicht erklärbaren Weise in die Naturbestimmtheit
der Realität fällt, wie diess z. B. bei den Begriffen Tag und Nacht ge
schehen muss, so ist dieses Zusammentreffen von Widerspruch und Ge
gensatz ebenso unmotivirt als andrerseits das schroffe Auseinanderhal
ten beider.
So also ist die Wesenheit Princip des Seienden in der Entstehung
desselben 473); und so findet die Wesenheit, welche wir oben (Anm.
438) selbst als eine schlicssliche Determination des unbestimmten Gat
tung -seins vermittelst des letzten und äusserslen artmachenden Unter
schiedes trafen, nun hierin ihre concrete Verwirklichung, d. h. das,
dass überhaupt Wesenheit ist, existirt nur hiedurch in der Wirklichkeit,-
und die concret in einem individuellen Dasein auftretende Wesenheit ist
die wirkliche Wesenheit ; das in ihr existent werdende allgemein gültige
Ansichsein (das xudöXov) ist jene obige durch den fortschreitenden Artbegriff
determinirte innere Wesenheit oder der schöpferische Wesens
begriff, welchen unser auf Allgemeinheit und Einheit gerichtetes Denken
an dem Individuum denkt und ausspricht; nicht aber ist jener innere
Wesensbegriff die wirklich gewordene individuelle Wesenheit selbst414).
Darum tritt hervor, dass diesem in der Wirklichkeit individuellen Sein
(roßt xi) gegenüber die Wesenheit als schöpferischer Begriff kein Indi
viduum ist, und dass insbesondere der artmachende Unterschied im Ver
gleiche mit dem Individuum nur eine qualitative Determination der We
senheit ist, durch welche dieselbe die Bestimmtheit erlangt, vermöge
deren sie als specieller Artbegriff das wirkliche Sein der concreten We-
472) riujs. ansc. I, 0, 189 a. 29.: oi3tv6g yao oQtiifxiv xtov ovxtov oiotav
xavitvxla . . . . (32.) ?n ovx tlvul <pauev ovoluv IvavxCav oioict. Ebend. V, 2,
225b. 10.! x«t' oioCav <S' ovx toxi xtvr\Oig Sia xo fxr\Siv elvai oioiif xtöv
ovxiov Ivuviiov. Cat. 5, 3b. 24.: inao^ti ifk xalg ovoCaig xcil xb (iifSkn
ctvxaTg Iruvxtov tivai.
473) Melaph. Z, 10, 1034 a. 31.: toaxs riignto Iv xolg o~vXXoytO{/.otg ndvx(
ov änyrj rj <,v<$n, Ix yao xov iC taxtv ol ovXXoytO/toC tlaiv, tvxttii&tt <f£
cd ytv(otig.
474) Ebend. 1035b. 27.: u d" avOotonog xid 6 'innog xcti xrc ovxiog
xäv xit')-' ixaaxa, xaS-oXov <U , ovx tartv oioCu, itXXä ovvoXöv xi Ix xovSX
xov Xoyov xai irjgdt xrjg SXtjs wg xud-oXov' xaO' exisaxov ä' ix xijg io~xaxtjg
vXrjg ö ^uxycixrjg ijär) iaxtv, xcä tn\ xtSv äXXtov ofioiiog.
IV. Aristoteles (Begriff). 243
senbeit bedingt4"5). Der Verfasser der Schrift Kaxr\yogiai legt sich
dieses Verhältniss mit aller Schulmässigkeit ganz bequem zurecht, indem
er die Wesenheiten gleich numerirt und das Individuum als „erste We
senheit" {ngnvr\ ovaice), die Artbegriffe hingegen als „zweite Wesenheiten"
(ösrntgai ovßiui) bezeichnet, mit der ausdrücklichen Bemerkung, dass
die im Artbegriffe bestehende Wesenheit nicht ein Eines bezeichne, son
dern als Prädicat mehrerer Individuen gelte, ja überhaupt eigentlich nur
eine qualitative Wesenheit (noiä ovßict) sei 4 ' °). Dass keine Wesenheit
als solche ein Belatives sein könne, ist uns auch ohne die Beweisführung,
welche hierüber in eben jenem Buche sowohl für die erste als auch
für die zweite Wesenheit gegeben wird 47T), aus allem Bisherigen längst
ersichtlich und kaum erwähnenswerlh, da das Relative an sich die Auf
hebung der suhslanziellen Bestimmtheit des Seins oder Denkens ist.
Hingegen erheben sich wegen dieser Verflechtung mit dem Stoffli- j
clien, welche der schöpferische Begriff in dem Existentwerden des con- j
creten von ihm bestimmten Seienden erleidet, mehrere ebenso wichtige 1
als schwierige Momente für die Lehre vom Begriffe, und wir haben !
nun zu untersuchen , wie Aristoteles den Wesens - Begriff, dessen eigene '
475) Top. IV, 2, 122 b. 16.: ovät/j.ta yeeg ätcccfoga ari/iaCvti rC laxiv,
uU.it uäXXov noiov ti, xa&ci7itg to ntlbv xal to äinovv. Ehentl. 6, 128 a.
26.: xj uiv äiaqogct noioxrjxa tov yivovg ätt OrjfiaCvti. Phtjs. ausc. V, 2,
226a. 27.: Xiyco äi noibv ob rö (v rfj obai'ct , xal yäg r) äiacfogd noiÖTt\g,
cd).« xxX. Metaph. /I, 14, 1020 b. 1.: tva /j.iv är) tqötiov xovxov Xiytrai, r)
noioxr\g äiacpogd oboi'ag (13.) a/täbv är) xarit ävo Tgönovg Xfyoix'
£v x6 noibv xal rovTtav 'iva tov xvQiojTarov' ngcuTtj ftiv yag notoxr/g r)
xr\g oioCag äiacpogct. Ebend. 28, 1024b. 4.: txi tag Iv xotg Xoyoig to ngcSxov
(wTittQxov, o Xfytxai iv xo> rl toxi, tovxo yivog, ov äiacfogal X4yovxai
al noiöxrjTtg.
476) Cat. 5, 2 a. 12.: obaict äi iöriv r) xvgioixaxc'c xt xal ngajTtog xal
ftüXtffxa Xtyo(i£vr\, r\ jxrjxi xa&' vnoxti/jivov xivbg XiytTai fj.r]x' iv vnoxtifiivo)
xivl loriv, oiov 6 rig av&gconog »; ö xlg innog' ätvxtgai äi oboCat.
Xiyovxai , Iv oig tlätatv cd noiHxai. ovaicti Xtyöfitvai vnäg/uvat, xavxd xt
xal tä tojv tiäcöv xovxiav yivrj, oiov b xlg avttgojnog Iv tiäti /uiv inao/ei
rip äv&goinoj, yivog äi tov tläovg toxi to £o)ov. ätvxtgai ovv aiixai XiyoVTtti
obaCai. Ebend. 3b. 13.: tojv äi ätvxigwv obaiöiv ifctCvtxai fiiv
buotiog to) 0/rj(.i.axi xr\g ngogriyogCag xoät tc itrifiaCvetv, oxav tlny ävS-gajnerv
r] (tpov, oi /j.rjV äXrjS-^t ys, äXXct ftitXXov noiov xi arj/nai'vti' ov yäg iv
tOTi to vnoxtiutvov ägntg r) notüxr] obala, äXXä xaxa nuXXäv 6 uv&Q(onog
Xf'ytTKi xal to £ijiov ov% änXäg <Jf noiov xt ar\fialvti ägntQ To Xtvxbv,
oiäiv yäo äXXo ar)fiatvn xb Xtvxbv dXX' rj notöv to äi tläog xal rö y(vog
ntol obalav tö noibv ctifooifct, noiitv yctQ xiva ovOi'ay arjfia(vti. Man sieht
hier handgreiflich, wie gewisse Grundzüge, welche lief onlologisch bei Aristoteles
gedacht waren, in der Schule verknöcherten und nur mehr formale Bedeutung hat
ten. Der Ausdruck ätvxtnta ovoitti kommt in den gesammlen Schriften des Ari
stoteles auch nicht ein einziges Mal vor; und was Aristoteles tiquixt) ovala nenne,
werden wir bald sehen (Aum. 485. u. 488.).
477) Ebend. 7, 8 a. 13.: tyei äi dnoniav nöxtoov ovätfj-Ca oiota tüv
ngög xi XiytTcu, xuthantQ äoxtl , rj xovxo li'ät'%STat xctTct Tivag tiSv ätvt(
qwv oiaiäv inl fiiv yctQ xwv txqioxcov ovcliiöv aXt)9-ig iaxiv (b. 13.)
(pavtQov ort ävayxatov laxiv, o Sv tiäjj Tig tcüv Txgög i* cttftaQiOfit'viog,
xdxt Ivo txqo g o Xiytxcu aif toQiap.s'vcag ttäe'vtu' xr)v äs" yt xtcpaXtjV xal tt/v
XttQa xal txaCTOv tcüv xoiovtidv, a'i tictiv oüoCai, uixb fiiv bntQ laxiv
coQiout'vcog eaxiv ilätvai, ngog o äk Xfytxai, oix dvayxalov (19.) wait
oix av tirj xavTa xojv ngög xi' ti äi firj laxi xavxa tojv ngög ti, dXrj&ig
av ttrj Xfytiv Öti obätfiia oiaCa tojv ngög xi ioxCv.
16*
244 IV. Aristoteles (Begriff).
Entwicklung und schaffende ursächliche Kraft wir bisher kennen lernten,
in der Concretion des Seienden selbst behandle. Zunächst ja schon ist
klar, dass jene Wesenheit, welche in der concreten Totalität eines be
stimmten Wesens, d. h. in dem avvoXov, individuell auftritt, ebensosehr
eine vergängliche ist, als sie ja auch durch den Verwirklichungsprocess
des individuellen Werdens entstanden war, wohingegen es von dem Be
griff oder der begrifflichen Form kein. Entstehen und Vergehen gibt 478).
Es beruht das Gebiet des concret natürlich™~Sl>ie7iaen~ä'uf der~Doppeltheit
von Stoff und Wesenheit, wobei letztere die bewegende Ursache
und zugleich der Endzweck ist, und bei extremer Scheidung ist der
Stoff Nichts weiter als eben nur Stoff, und die Wesenheit nur der Be
griff479). Die Form der Vereinigung, welche im concreten Sein Statt
hat, besteht nicht aus dem Stofflichen selbst, sondern es ist dabei ein
Etwas neben dem Stoffe, und das concret natürliche Entstehen, insoferne
es in der Gestaltung beruht, ist vollgültiger und eigentlicher als inso
ferne es im Stoße liegt 4S0). Ja, wenn je irgendwo, kann man bei
dem Gebiete der dem Entstehen und Vergehen unterworfenen concreten
Natur -Wesen sagen, dass die individuelle Bestimmtheit neben der con
cret aus Stoff und Form vereinigten einzelnen Wesenheit bestehe, denn
es ist zu scheiden der Stoff und die individuell begrifflich bestimmte
Entstehung und das concret einzelne Individuum ; hingegen bei demjeni
gen, was durch schaffende Thätigkeit des Menschen entsteht, z. B. Haus
oder Gesundheit, ist die individuelle Bestimmtheit gar nicht ausserhalb
der concreten Erscheinung, und es ist hier eine andere Weise des
Seins , denn der Begriff des Hauses oder der Gesundheit geht von der
Seele oder dem Denken des sie schaffenden Menschen erst aus, um nur
in der Concretion des Seins zu erscheinen481). Hingegen ist bei den
478) Metapk. Z, 15, 1039 b. 20.: inel ä' jj ovaCa fofya rb re (SvvoXov
xal 6 Xoyog , Xiyo> St bn r\ filv ovrmg ioriv ovat'a obv Trj vXr) OvvttXrjjj.-
fitvog b Xoyog, rj S' 6 Xoyog bioig, baut filv ovv ovxia Xtyovrat, rovroiv
filv tan <p&0Qa, xal yaQ yivtoig' rov Sl Xöyov ovx tariv wart <f&t(Qtofrai,
oiSt yaQ ytvtßig äll' avtv ytviaetog xal <p{hoQÜg tlril xal ovx slaCv.
479) D. pari. an. I, 1, 641a. 25.: rrjg (fvotwg Si/üg Xtyoftivrjg xal oborjg
xr\g filv vlrjg ir]s wg ovoCag , xal iortv avrtj (ög rj xivovaa xal mg to
riXog. Meteor. IV, 12, 390a. 5.: tjLrit to^aru ly(p9-tti)f jj _/tiv vXti oMiv
aXXo 7t «g' «t.tj». jj' ctofeoW))1 aXXo rj 6 Xoyog, to tl (tetä$v avaXoyov
roY~iyyvg elvai ixaaroy'
WSfßeiapk. H, 3, 1043 b. 7.: oi yaQ ianv ij oüv&tOtg ovo*1 fj /ugigjx
rovrwv wv iart Ouv&tOig rj filStg' bfioCwg Sl ovSt rwv äXXiov ovSlv, oiov
ti 6 ovSbg S-iOei , ovx ix rov obSov rj {Kaig aXXa fxaXXov ovrog i£ ixtivr/g
ciXXa rl Sei elvai o naQa Tatra iöriv, el rav&' vXrj, olire Sk arot-
%tTov ovr' Ix Oroi/eiov , aXX' Ij oiot'a. D. pari. an. I, 1, 040b. 28.: rj yaQ
Sät«, t^jv •fti^tsiLnyOit J^'!i>T^..*j^iiiixjis (fvotwg. .—•
481) Metapk. A, <1,"iffi0n. 9.: ovotai öff fQtTg'fi filv SXrj roSl ovöa to}
(paCvtaüui rj Sl (f vaig xal rode ti, etg fjv, xal e^ig ng , en TQCrij f)
ix tovtoiv fj xa&' txaora, oiov ZwxQarrjg rj KaXXlag. inl filv ovv Tiväv
rb röSt ri ovx tan naQa rf/v OW&eTijV ovdCav, oiov oixi'ctg rb tlSog , tl
fifj rj rfyvtj' ovS' tan yivtaig xal (f&oQa rovrwv, äXX' aXXov TQonoV tlal
xal ovx tlalv olxCa rt fj avtv vXrjg xal vyCtia xal neiv rb xarä 'rfyvrjV
ctXX' tintQ, int riSv (fvati. Ebcnd. Z, 7, 1032 b. 5.: rj S' vyitta 6 iv Ttj
XPVXV Xoyog xal iv rrj imarrifirj ..... (15.) rojv 6*1 yevtoeiov xal xivrjOitov
rj filv votjaig xuXtlrai tj dl noCrjaig, fj fiiv &nb rrjg aQ%fjg xal rov tidovg
vörjOig rj ä' änb rov rtXtvjuCov rfjg vorjGtiog nolijtiig (21.) rb <fij
IV. Aristoteles (Begriff). 245
Naturdiiigen die begriffliche Wesenheit an das Stoffliche gekettet und
mit diesem verflochten; alle natürliche Wesenheit verhält sich in Bezug
auf begriffliche Auffassung wie der Begriff des „Schielenden", denn
Schielen ist eine bestimmte Form des Auges, und der Begrifl' des Schie
lens kann gar nicht gedacht werden ohne dass man zugleich das schlecht
hin Stoffliche, nemlich das Auge, denkt; so ist bei allen Begriffen von
Naturwesen stets der Stoff zugleich zu denken, während z. B. der Be
griff des „Hohlen" durchaus nicht einen bestimmten Stoff zugleich den
ken heisst, sondern eine blosse Form enthält, welche gegen die Materie,
an welcher sie vorkömmt, gleichgültig ist (dieser beiderseitige Vergleich
für die an einen Stoff geknüpfte Form und für die reine Form kehrt
bei Aristoteles stets wieder); in dieser Verflechtung mit dem Stoffe aber i
erreicht die schaffende Thätigkeit der begrifflichen Form bei den Natur
dingen eben nur die Stufe des „Meistenteils" (s. oben Anm. 272 ff), 1
d. h. in der Natur erscheint die begrifl'smässige Wesenheit (ovaiu xara |
xbv köyov) nur als meistenteils durchgreifend und sich selbst verwirk
lichend, nicht aber schlechthin nothwendig ausnahmslos 482). BjfiJiaüy;
ist eben überhaupt die Wesenheit, in dem Vergänglichen, und diese mit
dem Stoffe verflochtene Wesenheit wird daher auch von dem Mehr und
Minder, d. h. von der Möglichkeit einer Gradabstufung berührt, während
die begriffliche Wesenheit als begriffliche kein Mehr und Minder an sich
haben kann 4S3). Es erscheint bei den Naturdingen die begriffliche
noiovv xal o&tv UQ^erai r\ xtvr\<siq iov vytaivtiv, iav filv anb xiyyr\s, xo
iläös iaxi to iv rji i/'H/jji.
482) Meiaph. JE, 1, Iu251>. 26.: ij ipvtiixrj ftetoprjTixy Tis av elrj , aXXä
&IWQT)TIX7] TItpl TOIOVTOV OV 0 IfiTI dvVUTOV XtVSlO&ttl XCtl TltQl OVdCctV TT]V
XKTä xbv Xoyov füg Inl to noXv, ov /wpiffir/j' ftovov . . . • . (30.) Ttöv ä ' bpttpfiivtov
xal Ttöv t( (oti tu jutv ovtios vnänyei lös To Oi/xbv tcc J" tos To
xolXov (ich habe oben ai/jöv nicht wörtlich mit „stumpfnasig" übersetzt, sondern
wählte als analog „Schielend", weil in dem Worte „stumpfnasig" die Bezeichnung
jenes stofflichen Bestandteiles auch im Sprachausdrucke erscheint, was bei oifiov
hingegen ebenso wenig als z. B. hei „schielend" der Fall ist), ätatpigei di TttvTa
ort to fitv aiubv OvvtiXrj^fi^vov iaTi fitxa Trjs vX-qs , (0~ti yäg to fiiv aiftov
xotXri gCs , r\ ii xotXÖTtjs eivtv vXr)s ttio&rjTijs. Phys. ausc. I, 3, 186 b.
22.: iv oe tü aifitp bnäg/ei 6 Xoyos ö Ttjs givbs y tfia/iev avfißtßrjx^vai
to aifxöv.
483) Meiaph. H, 3, 1043b. 22.: ty yag ifvfTiv ffüvnv av Tis &tir) TtjV
iv toTs affBflrpfe ovotay (1014 ät tti'.)' "'ßitlT'äffftfQ "ovttt: o'agifr/Zos l/fi
to fiatXovxm 7;^TO)"oü(f, r\ xctTa to dSos ovoCa, ttXX' etneg, rj fi&Ta Ttjs
vX-ijs- Ebend. r, 4, 1008 b. 32.: to' ye uäXXjji>.,x_al t^ttov '4yeOTiv iv tj (pvefu.
TtSv JivTtov. D. pari. an. 1, 4, 04411. IL: t« yitQ fiögia diatfi'govOi tovtiov
bi tt\ avaXoyov bjuoioTrjTi, oiov iv av>önqj xal ix^vi ntnov&tv oOtovv
7zq6s axav9-av, äXXa uaXXov toTs OtofjaTixoTs naittGtv, oiov (itytS-ti fxixgönfTi,
/xaXuxoTrjTi (jzijjpÖTijTt , Xuöti\ti TgayvTr\n xal toTs toiovtois , bXtos
äi Tip ftäXXov xal rjTTOV. Hist. an. I, 1, 4Söa. 21.: in äi (sc. (tögta) xavxa
(i(v iaTiv, äittuigti öh xa&' vntgoyrjv xal eXXstxjjtv botov to y(vos ioil
tuvtov Stawigu äl aytSbv tk nXeiöTa tüv fiogltov iv avroTs napa
in? Ttäv na^rjftttTtov ivaVTttoatis oiov XQttifiaros xal O/r/fiaTos Tip Ta fiev
fläXXov avTa ntnov&ivui r« S\ rjTTOV, Iti äk -nXrj&u xal bXiyÖTi\Ti xal fity(
9n xal öftiXQOTrjTi xal bXtos vneQoyy xal iXXthpei. Cat. b, 2b. 26.: Ttöv
npoWtov oiaitöv ovSiv fi&XXov 'fregov frtpov oiaia ioxtv, oväiv yap /xäXXov
ö Tis avS-Qtonos oitsCa rj b Tis ßovs. Ebend. 3b. 36.: ixäOTr) ovtsCa tov&'
oneg iOTiv, ov Xfyexat fiäXXgv xal tjTiov, oiov ei k"OTiv avTrj fj oißCa aV&ptonos,
ovx iöTui fiäXXov xal t]ttov avSotonos ovts avTbs eavTov ovre eiepos
246 \ IV. Aristoteles (Begriff).
■
Form immer, nur in und an einem Stofflichen, vergleichbar einem eher
nen Kreise , welcher in seinem ausgesprochenen Begriffe den Stoff ent
hält, und eben , der begriffsmässig gestaltete Stoff ist Gegenstand des
Physikers, welcJb^dahgE_die sinnlich wahrnehmbaren Wesen auch gar
nicht definiren kann ohne hiebe! auf Sie in der Materie' ' nejjreri'3e?f*8ewegungen
einzugehen
""■"'"?>Wnit gibt es von der concreten Totalität, welche in dem entstan
denen einzelnen wirklichen Individuum erscheint, keinen ausgesprochenen
Begriff und keine Definition^ insoweit dieselben als einzelne Individuen
vergänglich nnd insoweit sie mit dem an sich, .unbestimmten Stofflichen
verflochten sind, und es gilt dieses.auch von dem einzelnen Individuum
unTeT^ten^tn'titligiblen, nemlich mathematischen, Wesenheiten, denn das
einzelne als, einzelnes. .kann eben nur wahrgenommen,.werden, sei es. vir.-
mittelst der Sinne oder yermitielst des Gedankens ; hingegen von der individucil"
bestimmten Concretion gibt es, wenn sie auch mit dem Stoff
lichen verknüpft ist, dennoch einen ausgesprochenen Begriff und eine
Definition, insoweit eine ersteursprüngliche und hegriffliche Wesenheit
(itQ&vrpivdt«) es ist liu yycichc mit . dem 'Stoffe sicli "'vereinigt";* 'a*e!ln,"ä11e
Begriffsbestimmung und Definition geht auf das allgemeihv gültige Ansichsein
, d. h. auf das xcc&okov , und auf die begnfflicheNForm , dieses
Ansich aber und diese Form sind die Causalität der Concretmn 485); die
htoov (auch hier erkennen wir ein schulmässiges Egalisiren , da der von Arist.
hervorgehobene Unterschied zwischen ovOt'a xarä to f«doff und oiola fiiT« SXtjg
gänzlich vernachlässigt ist).
484) Metaph. Z, 11, 1036b. 3.: oiov to tov avSoiinov tläog all iv ffßp?»
tpaCvtrai xal Toig oazoTg xal Totg toiovtois ptnioiv (28.) alo&tjTov yao
ti tö £<pov xeii aviv xiv^attog ovx iativ boCaaad-at, ihb ovä' livev tüv {Uqüv
iyoVTtov Titog (1037 a. 14.) tqotiov ttva rrjg (fvaixrjg xal äevxeqag tpiXodo-
(pi'ag eqyov r) ntql rag aloftrjTäg oiolag Setoola' ob yaq uövov niql Tt)g vXr\g
äü yvojqC^eiv tov ipvOtxbv, ctXXä xcä Ttjg xcitü tov Xöyov, xal fiaXXov. Ebend.
1, 1033 a. 5.: 6 ärj %«Xxovg xvx.Xog e%tt iv tiS Xoyoi tt)v vir/v. Ebend. E,
I, 1025 b. 34.: il dVj nävrci tu qvoixa bfjo((og riS Oi/.io) Xfyovtttt, oiov big
b<p$aX/jbg nqöaüinov tfapf oarovv, oXiag fftJoi', i/vXXov q(£a opXoibg , oXtag
(fvibv, ovflivbg yaq avtv xivrjofiog 6 Xöyog aiiTiäv, aXX' all tytt vXrjV, SrjXov
näg $tt iv rotg (fvoixoig to xt ittn Crjrilv xal bqi'&o&ut. In diesem Sinne
ist die Aufzählung von Natur- Wesenheiten zu verstehen D. coel. III, 1, 298a. 28.:
tiöv (fvaei Xtyufiivüw t« jiiv iOTiv ovOt'ai tu 0" eqya xal na&rj loiiiav,
Xiyto d" ovotag fxiv r« re ariXä aobfiaja oiov nvq xal yfjv xal ra ovoxoixtt
Tovtpig , xal boa ix tovtiov oiov tov ti ovvoXov ovqcivov xal rn fiooict
airTov , xal näXtv xa TB £<ji« xal t« tpvTa xal tc< fxöqia tovtiov ira&rj St
xal eqya zag tc xivrjaeig Tag tovt<ov txäaTov xal tiSv aXXtov botav ioxlv
aiTta Tavra xaTu tj\v ävvafiiv Ttjv eavrüjv, fr/ df Tag äXXoiaioag xal Tag
eig äXXrjXa jieTaßäaeig.
485) Melaph. Z, 10, 1036 a. 2.: tov df avvöXov rjärf , oiov xvxXov tovSI,
T(öv xa&' exaaTu Tivog alo&rjTov ^ votjTOv , Xfyto rfi vorjTOvg fiiv oiov
Tovg /uafrt]/.iaTtxoiig , aia&rpovg Öt oiov Tovg /aXxoig xal £vX(vovg, tovtiov
d* ovx iatw boidfxbg, äXXa [MTa vorjGlwq fj aloO-rjaeiog yvwqC^ovtai. Ebend.
II, 1030a. 28.: toö yaq xaö-öXov xal tov iMovg 6 ÖQiaflög. Ebend. 1037a.
26.: tavTrig (sc. trjg auvöXrjg ovaCag) ti y' ton ntog Xöyog xal oix ißnV
fitTct uiv yao Trjg vXtjg ovx (Otiv, «ÖqiOtov yaq, x«rn Trtv tiquitiiv d" oioiav
eOTtv, oiov äv9-quinov b ri/f ^i^? Xoyog (s. unten Anm. 488.)' i] oiala
yao tan to elöog to ivbv, t'§ ov xal Trjg vXrjg r) ovvoXog XtyiTat ovOt'a,
oiov fj xoiXoTTig' ix yao TavTrjg xal Trjg qivbg Oifjr) (>lg xal r) o/^uo'TTjf #ffr/.
Ebend. 15, 1039 b. 27.: di« tovto äk xal tiöv oüokov tiöv fx«crr« ov#
IV. Aristoteles (Begriff). 247
stoffliche Grundlage allein für sieb aber entzieht sich jeder,. Begriffsbegtimmung
"tUfeflUtfiit , sie kann_ nur durcli Analogien klar gemacht und
gew.u^st „Äßrilgn^ .indem man sie als etwas Analoges betrachtet, wie z. B.
in den Pro^uclen der schaffenden Thätigkeit sich das Material verhält '"'').
- Insoferne also von dem Stofflichen abgesehen wird, und insoferne
der schöpferische Wesensbegriff eben die Wesenheit ohne Stoff ist, wird
auch das bestimmte Dasein identisch sein mit dem begrifflichen Sein ;
das ursprüngliche Ansichsein der Wesenheit ohne Stoff ist sofort und
ohne Weiteres der schöpferische Wesensbegriff und das eigentliche Sein
und die Einheit, so dass jene unnöthige Verdopplung der Wesenheit,
welche durch die Ideenlehre herbeigeführt wird , füglich entbehrt wer
den kann 487). Bei einer solchen Wesenheil ohne Stoff besteht der
schöpferische Wesensbegriff vermöge der begrifflichen Form und ver
möge der Actualität an sich, und so ist z. B. bei der Seele, welche
die begriffliche Form und Wesenheit und der schöpferische Wesensbe
griff für den Leib ist, ihr concretes Dasein identisch mit ihrem Wesens
begriffe, d, b. Seele und Seele -Sein ist das nemliche, nicht aber ist
Mensch und Mensch-Sein das nemliche ; ebenso aber verhält es sich bei
allen ersten und ursprünglichen Wcsciihxitgjtt,(^cäTctt owsUn), welche^
ncnjljciT^äl)b"an^ Nur wtirilc,"aa eine 'solche *
ursprüngliche W esenliel't weJer aus" bloss prädicativen allgemeinen Be
stimmtheiten, welche ein qualitatives Sein bezeichnen (Anm. 475), noch
actuell aus mehreren anderen actuellen Wesenheiten zusammengesetzt
sein kann, und folglich schlechthin unzusammengeselzt sein muss, hieraus
folgen, dass es von derselben keinen Begriff und keinen ausgesprochenen
äpia/tög ovt' anoSeiflg iaur, bti e/ovoiv vXrjV rjg 17 i/vaig toiavttj tuffr'
fa(fe%eo&ai xal elvai xal ftrj, äiö <f&aptä nnvta, ta xa&' ixaata aiitmv.
486) Phys. ausc. I, 7, 191 a. 8. : fj 0°' vnoxetftivrj tpvaig iniatrjtrj xat'
avaXoyCav' (og yäp ngög avdpiävtu /aXxög rj npog xXCvrjv SvXov ft npog
tiav aXXo>v ti ttöv i/ovtiav fioQif rjV r) vXrj xal tö auop<fov eyti 7iQiv Xaßeiv
rrjv fioQWijv, ovtwg avttj npög oiot'av i/ei xcd tö töäe n xal tö ov. Vgl,
Anm. 095.
487) Melaph. Z, 7, 1032 b. 14.: Xiyto d" oioiuv avev vXrjg tö tC r/v elvai.
Ebend. 6, 1031b. 11.: äväyxrj ägtt iv elvai tö äya&öv xal aya&iji elvai xcd
xaXöv xal xaXiji elvai, baa /xrj xat* aXXo Xeyetai, aXXa xaS-' avta xal
Tipcäta- xal yap tovto txavbv iäv imün/rf, xav /xi] y eiSri (31.) xaCtoi
tI xioXvei xal vvv elvai ivia ei&vg ti r\v elvai , eineg ovata tö ti tjV
elvai ; äXXa fj.tjv ov /j.6vov ev, äXXä xal 6 Xöyog 6 avrög aiitiov. Ebend. //,
6, 1045a. 30.: off« de firj e/ei vXrjv /ir/ie voijtrjv firjte aiaOijtijV, eii&vg
onep h> ti iat\v exadrov tSgnep xal bnep ov ti. Ebend. Z, 13, 1038 b. 30.:
oXwg de Ovfißaivei, el iotiv oi/oia 6 av&Qwnog xal bau ovta> Xiyetai, fir\-
Siv Ttöv iv T(j> Xnyto elvai fitjdevög ovoiav pijäe x<oplg vnäo/eiv avtäv
firjd' b> alXio, Xiym d" olov oiix elvat ti Ctpov nana ra nvä ovd' aXXo
röiv iv Tolg Xöyoig oiäe"v.
488) Ebend. //, 3, 1043b. 1.: rö yao tC tjv elvai t$ etöei xal rfj ivegyeCa
inüpxei' rpv/fj fiiv yag xal if>v%ij elvai TavTÖv, ävO-Qoirtii) äe xal
avS-Qianog ov' tovtov, e/ fit] xal ij if>v/ri avfhQianog Xex&fotTai. Ebend. Z,
10, 1036a. 14.: fj Ttöv (tüiov tovto yäp oiaCa toxi i/j,\pv/ov, r\ xata
töv Xöyov oiala xal tö elSog xal to tC t\v elvai tij> Toitjjde odfxaTi. Ebend.
11, 1037 a. 33.: bti to tC r\v elvai xal exadtov tni tivwv /xev tavtov, wgnep
inl tmy noiöttav oitfiäv, olov xa/j.7ivX6ttjg xal xafxnvXötrjti elvai (s. 1
Anm. 482 ), ei npaitr) iffrtv, Xiym de npä>Tr\v r) /li} Xiyetai ttp aXXo iv <
aXXu elvai xal v7ioxeifiivm (ög vXy.
1 248 IV. Aristoteles (Begriff).
Begriff und keine Definition geben könne 489); und in der That ist es
J unmöglich, ewige Wesenheiten zu definiren, zumal wenn sie bloss in
1 Einem concreten Individuum erscheinen , wie z. B. Sonne und Mond,
I denn bei den schlechthin einfachen Wesenheiten gibt es Nichts zu su-
/ chen 49°), sie können nur „berührt" werden oder nicht (s. oben Anm. 101).
So jjlso falleu die zwei Extreme, das schlechthin empirischjjingclne
und das schlechthin ewig Einfache,,, .aus. .d£m-.Gebie,t.e des menschlichen
ansfies'procheueii-Begrin'cs und der Definition hinaus, und es bleibt als
Gegenstand für die Thätigkeii, des Begriffes der Umkreis dgs JZusammenge^
ejiiijLubTig , sowie ja auch schon die menschliche Wortbezeichnung
eine zweideutige Macht ist, welche theils das concret wirklich Indivi
duelle und theils die begriffliche Form ausdrückt401). Und in dieser
\ wesentlichen Bestimmtheit des menschlichen Forschens und denkenden
Suchens, nach welcher es auf die Mittelstufe zwischen dem empirisch
Einzelnen und dem ewig Einfachen , d. h. auf das Gebiet des Zusam
mengesetzten hingewiesen ist, liegt es auch begründet, das_s_der Begriff
vermittelst des Syllogismus sich durch .die ganze Stufenleiter der .zusammciigcsetzteu
Wesenheiten nach Oben und Unten hindurcharbeiten, inuss.
um zum delinitorischen Wissen zu führen. Von der zusammengesetzten
* Weseniieit, mag sie eine sinnlich wahrnehmbare oder eine intelligible
f sein, gibt es für den Menschen einen Begriff und ein Aussprechen des
selben, denn bei Allem, was nicht der schöpferische Wesensbegriff selbst
! ist, also auch z. B. bei mathematischen Wesenheiten, ist gleichfalls ein
Stoffliches vorhanden, und^der Stoff. selbst ist überhaupt entweder ein
sinnlich wahrnehmbarer oder ein im Gedanken vorhandener; hingegen
von" den ersten, nicht mehr zusammengesetzten, Bestandteilen der ver
bundenen Wesenheilen ist kein definilorisch ausgesprochener Begriff mög
lich, weil derselbe selbst gleichsam aus einem Stofflichen und aus Ge
stallung bestehen muss 492). So sind auch in den unserem ausgesprochenen
489) Ebend. Z, 13, 1039 a. 3.: uövvarov yaQ ovaiav £f ovaiiav tlvai
tvvnaQxovattiV dg ivrtXt)rt(a (14.) (t yaQ firjTS ix zdv xaS-öXov oiov
t' tlvat /xrjd'fuCuv ovaiav öiä rö ro/oVdf äXXa fxr\ xoSt ti Otj/uaCyHV, ^ir]t'
IS ovaidüv Ivofyerai IvreXtYtiq ilvai firjätu/av ovaiav avvSetov, äavvftttov
av tir\ oioia naaa , (bor' ovät Xoyog av flr) oiöfuiag oiiaiag' aXXa
firjV fioxti ye näai xal IXt/Dij naXai rj ftövov llvai oiaiag oqov rj päliOTa'
vvv ä' ovok rßÜTJjf oväivög ctQit fffr«i ÖQtOfjög- rj tqottov fi4v nvu iazai,
tqÖtiov ä£ Tiva ov.
490) Ebcnd. 15, 1040 a. 28.: oti &Si)VttTOV öoioaaä-ai iv roig aiäiotg,
luüX(aia öi ooa /uova/a, oiov rjXiog rj oeXrjvrj. Ebern]. 17, 1041b. 9.: (favtQov
roCvvv ort Inl T(Sv imXiöv nix fori fjjrjjov j oidi äiöaSig, aXX' STtQog tq6-
nog xr\g tr\rr\at(ag t(Sv toiovtwv.
491) Ebend. //, 3, 1043a. 29.: Sil Sk' fir) äyvotiv oti ivlort Xav&ävti
nöreQuv atj/naivti ro bvofia Trjv Ovvlhtiov ovaiav rj tt)v tviQyuav xal rrjv
fiOQqrjV, oiov r) otxia ti6t€Qov Oijfteiov tov xoirov on axinaafia Ix nXiv&(ov
xal Xitttav ujöl xuuivotv rj rrjg IviQyilag xid tov tiäovg oti axtnaapa, xisi
yQKfipr) nöreQÖv ävag Iv (ir]xei rj Sri ävag, xal Cyov nöjeqov ^vyr) iv Otöftttjr
rj 'l>wrj, ctvrr] yeco OvGla xal (vt'nyeia aiof^axog tivog.
492) Ebend. 1043 h. 28.: toar' ovOlag fön fxtv ijg h'dfyerai etvai oqov
xal Xöyov, oiov trjg övv&ärov, iäv Tt aloS-riTr) £dv rf votjzr) -r)' utv d"
avrn nqmztav, oix fOTiv, einen rl xarä Tivög ar\fiaivti b Xöyog 6 dfriOTixog
xal äfi j6 /utv (ögneQ vX-rjV eivai to df dg fionqrjv. Ebend. Z, 11, 1036b.
35.: iaiai yaq vXrj IvltttV xal fir) alo&rjTÜiv xal navzbg S ftrt\ laxi t( tjV
IV. Aristoteles (Begriff). 249
v
Begriffe zugänglichen Naturwesen vielerlei Unterschiede der Gestaltung,
indem dexJStoff theils durch eine Zusammensetzung , thejls durch Lage,
theils durch Zeit- oder Ort- Bestimmtheit, theils durch die verschiedenen
Zustände des sinnlich Wahrnehmbaren und überhaupt durch dieJExtreme
des Mely^jujid_JMin.der (Anm. 483) determinirt~wird , so dass man_jjje
Gattungen dieser Unterschiede erfassen muss , denn sie sind .djff Princi»
pien des Seins des Einzelnen, und wenn je überhaupt die AVesenheit
die Causahtät ist, Isöistin diesen die Ursache des einzelnen Seienden
zu suchen 493). Es gruppiren sich ja auch diese Unterschiede nach der
überhaupt bestehenden doppelten Möglichkeit der Determination (Anm.
408 u. 470), indem die einen derselben mehr eine positive individuelle
Bestimmtheit enthalten und hiemit mehr zu einer concreten Wesenheit
führen, die anderen hingegen dem Enthlösstsein näher liegen und ein
Nichl-sein bewirken (vgl. Anm. 406); und es ist hiedurch der Stoff selbst
mehr odejr minder wesenheitlich oder nicht wesenhelifich W4)- So sind
jenes artmachende UhlSFscluede für die Entstehung concreter Naturwe
sen , denn in ihnen liegt die Actualität der Bestimmtheit und auf ihnen
beruht der ausgesprochene Begriff des concreten Seienden; jener Begriff
daher, welcher vermittelst solcher artmachender Unterschiede erfasst und
ausgesprochen wird, gehört zur begrifflichen Form und Actualität, jener
aber, welcher auf den materiellen Inhärenzien beruht, gehört zum
Stoffe *95).
tiveu' xvxXov fikv ovv ovx taiat. tov xu&öXov, tiov äk xa&' 'sxuOtu tOTai
/*?Qrj TttvTU isOTi vup rj vXri fi iukv ulo&r^ ti äk VorjJV' äijXov äk xal
^^ÄÖMf"^^!K^^Lffl2£X5 (^nlB- 488'.),'~ro äe aiofia tJXij, 6 J" ävO-Qionog
rj to itoov to " affio'v tög xa&6Xov. Ebend. II, 6, 1045 a. 34. : utl
tov Xoyov tö ukv vXtj to ä' ivtoyeia Iotiv.
7 "493) Etfen'a: "tr;'T, 1U42I>. lo. r"<p«lwrr«t äk noXXul äiuifOQul ovOai,
olov tu fikv Ovv9-£o~ei XiytTai rrjg vXrjg , ägntp oßu xquOci xu&üntp fitXCxparov,
tö äk ätafiw olov ipdxeXog, tu de xöXXy olov ßißXiov, tu äk yofiifip
olov xißtoTiov, tü äk nXtloai tovtcov, tu äk S-iati oiov oiäög xal vti£q9-vpuv,
tuvtu yuQ Tcjj xtto&aC niog äiaipioti, tcc äk XQ°vip olov ätlnvov xal «<■><-
arov, tu äk TÖnip olov Ta nvtvfiuTa, Ta äk Tolg tüv alo&rjTiov nüStaiv
oiov axXrjQÖTrjTi xal fiaXaxoTrjTi xal nvxvoTrjTi xal ftuvÖTrjTi xal ^ijqoTrjTi
xal vyqÖTr\Ti, xal Ta fikv ivioig tovtcov Ta äk näoi roiiTOig, xal öXtog tu
fikv vTiepozy Ta äk iXXttxpti. tü'tfif äijXov oti xal tö kaci ToBavTa/iög X{-
ytxui (32.) lijnrta ovv Ta y£vr\ tüv äiuwoqtö}^ uvtui, yap agxfhisfsm-
Tai tov tlvui '(Iü43'a. 2.)"~qfäveQov~"3r)\"ße tovtiöv oti tlntp rj ovoCu
tttTtU TöD tiVui exaOTOv, oti Iv roiiTOig ^r/Tr/Tiov tC to uXtiov tov tlvai
Tovitav exaOTov.
494) D. -jen. et corr. I, 3, 318b. 13.: äiolan tö änXäg^Ti yCvta&cu xal
tfS-iipta&ai tov fii) änXiäg rjf vXrj önola Tig av r)g fikv yao fiüXXov
at äiaifioqal TÖät ti ßrjfiaCvovai , fjäXXov oiiaCa, rjg äk OTtorfiiv, fifj
av (35-) äia yap tö Trjv vXrjV äiuiftytiv rj Tip oiaCav tlvui fj Tip fifj,
ij Tip TrjV^ fikv fläXXov TTjV äk firh rj Tip tt\v fikv fi&XXov ala&r)TrjV tlvai tt)V
vXrjV i'i rjg xul sig rjv, Tr\v äk rjTTOv llvai.
495) Metaph. H, 3, 1043 a. 12.: cpaveoöv ärj ix xovxiav oti ij ivtpyeia
itXXrj ciXXtjg vXrjg xal ö Xöyog, ti3v fikv ynp fj OvvS-taig tiov (!" rj fiit-ig tiSv
ä' dXXo ti tiSv tlorjutviov äiö tiov öpi£ofi(viov ol fikv Xiyovxig tC tötiv
oixla, oti XCS-oi nXlv&oi ivXu, tt\v ävvufiei oixCav XiyovOiv, vXrjyup T«0r«"
ol äk ctyyeiov OxenaaTixöv atofiaTtov xal xprjfidTiov rj ti xul dXXo toiovtov
TTQog&tvTtg Trjv Ivtpyeiuv XfyovOiv (19.) coixe yuQ ö fikv äid tiov äiutfooiSv
Xöyog tov ttäovg xal rrjg IvtqysCug tlvai, ö ä' Ix tüv h'vnuQxöv-
Ttov Tijg iiXrjg fiüXXov.
250 IV. Aristoteles (Begriff).
Somit entscheidet sich auch die Frage, ob in dem ausgesprochenen
Begriffe eines Dinges der ausgesprochene Begriff seiner Theile enthalten
sein müsse und inwieferne ; denn z. B. in dem Begriffe des Kreises
kömmt der der Segmente nicht als ein in ihm enthaltener vor, wohl aber
j ist diess bei dem Begriffe der Sylbe mit dem der Buchstaben der Fall,
| während doch beiden das gemeinschaftlich ist, dass der Kreis in Seg
mente und die Sylbe in Buchstaben getheilt wird 490). Es ist nemlich
hiebei zu unterscheiden, was Theil der Wesenheit sei. Bei denjenigen
Wesen, deren Sein dem „Schielend" (Anm. 482) entspricht, ist der Stoff
Theil der Wesenheit, bei jenen hingegen nicht, deren Sein dem „Hohl"
entspricht; um die begriffliche Form aber handelt es sich, wie dieselbe
mit dem Stofflichen verflochten ist oder nicht, und so sind die Buch
staben ein Theil der begrifflichen Form der Sylbe, die Segmente aber
' sind stoffliche Theile des Kreises 49T). In die stofflichen Theile löst sich
das concrel wirkliche Individuum auch wieder bei seinem Vergehen auf,
und es kömmt daher darauf an, wie die Concretion an das Stoffliche ge
kettet sei; ist letzteres der Fall, so gehören die stofflichen Theile zum
ausgesprochenen Begrill'e des Ganzen, denn von der concreten Verkettung
des Stofles und Begriffes im Individuum sind die stofflichen Theile auch
die causalen Principien, von der begrifflichen Form selbst aber sind sie
weder Theil noch Princip 498). In die begrifflichen Theile aber, d. h.
in die Theile der begrifflichen Form , wird der ausgesprochene Begriff
des Ganzen getheilt, und z. B. der Begriff des rechten Winkels enthält
nicht den des spitzen Winkels als Theil in sich, sondern umgekehrt der
des spitzen den des rechten; und indem man so zwischen Theilen der
begrifflichen Form und Theilen des Stoffes und Theilen der Concretion
scheiden muss, sind die begrifflichen Theile die ursprünglicheren und
496) Elend. Z, 10, 1034 b. 22.: anooeliai r)ärj nÖTioov du tov rtöv fieoiöv
Xöyov IvvnaQxeiv iv rw tov oXov Xöyur rj ov' in' iviiov fiiv yäo ifiaivovxai
ivövia, in' ivlutv 8' ov ' tov fiiv yao xvxXov b Xöyog ovx eyei tov tiüv
Tfirj/iuTiov , 6 äi Trj; avXXaßr)g eyei tov TtSv ttroiyidov xahoi Siaioelxai
xal 6 xvxXog eig r« TfirjfiaTa digneQ xal rj OvXXaßr) eig Ta OTOtyeia.
49") Ebend, 1034b. 3-1.: £| tov d" r) ovaCu tög fiSQiov, tovto axtnTiov. ei
ovv iö~Tl to fiiv vXrj To d" eläog TO d" ix tovtiov xal oiiOia rj xt vXrj xal
t6 eldog xal to ix tovtiov, £Oti fiiv tög xal r) vXrj fiioog Tivog Xiyerat,
tOTi d" tog ov, äXk' i£ tov 6 tov etdovg Xöyog' oiov Tr)g fiiv xotXÖTTrroq
ovx itSxt fiioog r) oäo'g , avtt) yao rj vXrj iti>' i)g yiverat, Ttjg äi OtfjÖTrjTOS
fiigog, xal tov fiiv GvvöXov avägiavTog ftenog 6 yttXxbg , tov d" dg eiäog
Xeyouivov ävdoiävTog ov. XexTiov yäo to tlSog xal ij eläog iyei exaOTov,
to o vXixbv ovdinoTt xa{h' avxb XexTiov äib 6 fiiv tov xvxXov Xöyog
ovx iyet tov Ttiiv Tfirjuärtov, ö äi Trjg OvXXaßrjg tov tiöv OToiyeCiov Ta fiiv
yao OTOiyeia tov Xöyov fiiorj tov eiäovg xal oiy vXrj, r« äi TfirjfiaTa oVTiag
fiiorj tög vXrj irp' oig iniyiveTat.
498) Ebend. 1035 a. 17.: xal yao rj yQa/ifir) ovx ei äiaioovfiivrj elg Ta
rjfiiOr] q&eloeiat rj ö av&Qtonog elg Ta öotS xal vevoa xal oäoxag , oia
tovto xal elolv ix tovtiov ovTtag tög ovtiov Trjg oioiag fieotov, ccXX' log tS
vXr/g, xal tov fiiv OvvöXov fiiorj, tov eiäovg äi xal ov b Xöyog oixiTi, ätoneq
ovo" iv Tolg Xöyoig. tiSv fiiv ovv ivißTai b tiöv toiovtiov fieotöv Xö
yog, t<Sv ä' ov äel iveivai , äv fir) rj tov OvvetXrjfi/iivoV äiä yao tovto
tvia fiiv ix tovtiov tög aoytöv iariv eig tt tf fheiQOVTat , evia d" ovx eOTtv
... .. (30.) wOt' ixeCvtov fiiv uQXal xal fiiorj rä iip' avTa, tov ä' fläovs
ovts fiiorj ovt' ägyat TavTa.
IV. Aristoteles (Begriff). 251
früheren, die stofflichen Theilc aber die abgeleiteteren und späteren 4").
Darum versteht es sich auch von seihst, dass der artmacliende Unter
schied nur in dem Begriffe und der Wesenheit jenes Dinges , an wel
chem er gesucht wird, beruhen und nie über die begriffliche Bestimmt
heit und Ahgränzung hinaus etwa in eine höhere, relativ unbestimmtere,
Galtung gelegt werden darf 500) , sowie andrerseits klar ist , dass auch
die Gattungsbegriffe wesentlich begriffliche Bestandteile besitzen 501).
Bei demjenigen Wesen daher, dessen Sein in der Verkettung der
begrifflichen Form und des Stoffes beruht , wird eben dieses concret
Individuelle, nicht aber die Wesenheit selbst, in die stofflichen Theile
getheilt, welche ja untrennbar mit ihm verbunden sind; daher z. B. die
Hand , um Hand zu sein , Fleisch und Blut und Leben haben muss und
eine todte oder eherne Hand nur den Namen mit der wirklichen gemein
hat 502). Es besitzen diese stofflichen Theile aber erklärlicher Weise
nur die Geltung eines potenziellen Seins (denn die Actualität liegt ja in
der begrifflichen Form), und es wird auch sprachlich diese Potenzialität
durch Stoff-Adjectiva ausgedrückt, mit welchen man bis zu einem äussersten
zurückgehen kann und hiedurch auf den ursprünglichsten Stoff
selbst gelangt 503). Auf diesem Wege löst Aristoteles auch die Frage,
499) Ebend. 1035 b. 4.: ooa (*iv yctQ tov Xbyov /^e"Qrj xai eis ci dtatQelTta
6 Xoyog , ravTa TiQÖtiQci rj ncivrct fj evccC b dt lijg OQ&rjs Xoyos ov öiac-
Qehttt eis Ostias Xoyov, dXXa Tij? Ostias eis öothjv (11.) wnJ' 6'ff«
fiiv fitorj eis vktj xai eis a cfiaigeiTtit cos vXr\v, t/'ffrfp«, off« Si ms tov
Xöyov xai rijs ovadts Tfjs xcciä tov Xoyov, nooreoit rj nctVTU rj ivict
(31.) fiiQOs pev ovv lorl xcu tov ettfovs , eidos de Xe"yco to tC r/v tlvai , xai
tov awöXov tov Ix tov eifiovs xai Tfjs vXrjs xcu Tfjs vXrjs uiiTfjs. ctXXce tov
Xöyov fitorj Tct tov etSovs fxövov torlv, b Se Xoyos fort tov xa&6Xov. Ebend.
11, 1037 a. 24. : £v fi'ev to) t?is ovoias X6yo> tu ovtio fiöoict (As vXrj ovx (ve"aTac.
500) Phys. ousc. IV, 14, 224 a. (i. : tcwtö yctQ XfytTcu ov ur) ätcaf fnei äict-
(fOQft, ctXX' oi/l ob ämcpiQti, oiov toiyoivov Tocycovov StacfoQu Situpioti,
ToiyctQovv 'heget TQiymva , O/rj/ituTos d'f ov , äXX' iv Tfj avTrj SiaiQt"ati
XCll fllCf.
501) Metaph. B, 3, 998 a. 21.: negl tcov aQ^cov nortnov Sei t« y£vr\
ciToiyjta xcu ctQ^ds vnoXafißdvetv rj /j,äXXov tS cöv tvvnttQ%6vTiov Iotiv
exctOTov ttqcotcov, xtX.
502) Ebend. Z, 10, 1035 b. 20. : t6 dt Gtofia xcu ret tovtüv fiönicc varega
TavTrjs Tr)g oiot'as , xcu cfictoetTcci eis tccvtci cos eis vXrjv ovx ?; ovalct ctXXa
to ovvoXov tov fiev ovv OvvoXov TtQOTeoa tccvt' tariv äs, iari d" cos ov'
oiefe yitq eh'cu övvenca /coQiCbfjtva , oiiefe yctQ 6 nävxcos eyoiv äüxTvXos
£o}ov, ciXX' öfioirvftos b Te&vec6s< D. pari. an. I, \, 040 b. 33.: xai b Tt&vecbs
f/fi tt)v avTtjv tov clyrjuaTos ptoocpijv, aXX' oueos ovx tdttv dv&Qcanos' exi
o' äävvctTov elvea /efga oncosovv äictxeifj.e'vrjv oiov /«Xxfjv rj ^vXfyrjV, nXijV
öfxmvvficos. D. an. II, 1, 412b. 20.: 6 d" dcftiaXubs vXr) ö'i/iftof, fjs ctnoXei-
TJoiarjs ovx icfTiv d^daiuo; nXfji' öuiovvfioig, xattctTito 6 Xi&cvos xai 6 yeyoctfi[
t4vos. Polit. I, 2, 1253 a. 21.: avctiQoviie'vov yctQ tov SXov ovx fffrnt
novs ovfie /elQ, el fifj bfiwvv^cms, cosnto et tcs Xtyet rfjv Xcd-lvrjV, diacp&a-
Qtloa yao earcu Totccvrrj. Hieran knüpft sich auch der Begriff des xoXoßöv
Metaph. d", 27.
503) Metaph. Z, 10, 1040b. 5.: cfaveobv d" oti xai tcov äoxovamv elvac
oicsicov al nXeiOTai ävvdiieis tlal r« te [xoqiu tojv Ccpoiv, oMiv yctQ xe/co-
Qtafte'vov avTcöv loxtv. Ebend. 0, 7, 104'Ja. 18.: eoixe d£ o Xtyofiev elvac
oi TÖcfe dXX' Ixelvivov, oiov to xißcoTcov ov i~vXov ctXXa SvXivov, oiiSe to
ivXov yfj ciXXct yfj'ivov, naXiv r) yfj el ovtios fif) aXXo äXX' IxeCvcvov, ciel
txeXvo ävväuec änXcös to vOTegdv (cstc (24.) fi dt ri Iotc 71qcStov, o
firjxe'Tt xai äXXo Xtyexai ixeCvcvov, tovto ngcoTr) vXrj.
252 IV. Aristoteles (Begriff).
warum Männlich und Weiblich wohl Gegensätze seien, aber durch die
selben doch keine Art- Verschiedenheit begründet werde, und also Mann
und Weib sich nicht dem Artbegriffe nach unterscheiden; nemjich nur
jene flflgBngätzljrhltRit,. welche dar hegrifflip.hpn Form und .dein„a.usge-
^j^S^l^^n__Begriffe angehört, bewirkt einen^rUiiachcnden Unterschied,
riiftjm Stoff» h|f)ftnJAjRAgAn<irii?1i.-lil.-ni^ ijffh' ; und somit ist wohl
eben die concret wirkliche Individualität bei Mann und Weib verschieden,
weil diese Gegensätzlichkeit in dem Stoffe liegt, der begrifflichen Form
nach aber besteht kein artmachender Unterschied 504). Hingegen ist
z. B. die individuelle Concretion des Menschen und des Pferdes begriff
lich verschieden, wenn gleich beiden die begriffliche Form „lebendes
Wesen" gemeinsam ist und sie in dieser Beziehung dem Artbegriffe
nach identisch sind, denn es wird eben hiebei der Stoff selbst ein ver
schiedener, weil noch weitere artmachende Unterschiede einwirken und
in Folge dieser auch der ausgesprochene Begriff ein verschiedener ist 505).
So also ist , wie wir nun bisher sahen , die Bestimmtheit der We
senheit der eigentlich schlechthin geltende und ursprüngliche Gegenstand
der begrifflichen Auffassung und hiemit auch des definitorischen Aus
sprechens des Begriffes , denn der schöpferische Wesensbegriff liegt in
ursprünglicher Geltung bei der Wesenheit vor 500). Diese primäre Wesenhaftigkeit
gilt sowohl bei jenen Wesenheiten, welche dem einheitli
chen Ewigen angehören und in dieser Beziehung über die reale Deter
mination in menschlicher Begriffsbestimmung hinausreichen, als auch bei
jenen, welche in dem Gebiete des Zusammengesetzten auftreten; denn
die individuelle Wesens - Bestimmtheit selbst ist das beiden gemeinschaft
liche , wenn auch zwischen dem Ewigen und dein Vergänglichen ein Ge
gensatz besieht, welcher keinenl'alls auf einem blossen je nach Vorkommniss
eintretenden Zustande beruht, sondern das eigentliche Sein selbst
trifft 507). Nun aber besitzt die individuell bestimmte Wesenheit, zu-
504) Ebend. i , 9, 1058 a. 29.: anoorjaut &' av rig iha rl yvvr\ avSqbg
ovx tlätt fiiaiftgei ivttvrtov rov &rjXeog xai rov ilggevog ovrog, rrjg df fiiaipogag
ivavniadiiag (37.) ineitirf ian rb ftkv Xdyos to ä' vXij, ocfai
fiiv iv to~> Xoyqi etoiv ivarrwrtjreg tiSei noiovai Siaijogctv, oOcu ä' iv
rm OvveilrifXftdiü) r^ vXg ov noiovoiv (b. 5.) ojg vXri yag b itv&QOHiog,
ov noiet oh ätuitoqav rj vXr\ (8.) äXXä rb avvoXov iregov fiiv, ttSu S'
oi% iregov, ort iv rw Xoyia ovx eGriv ivavrCiodig (21.) rb Sh aggev
xai 9-rjXv rov tiqiov olxeTa fxev näth\, äXX' ov xara rtjV ovolav äXX' iv rn
vXrj xai rm amuuri.
505) Ebend. 1058 b. 15.: noregov d" fj vXi) ov noiel erega roj eifiei ovaä
nwg eriga rj ißnv lag noiei"; <?<« rC yag bSi 6 innog rovdi avSpoinov ere-
Qog rip etdei ; xalroi abv ry vXy oi Xoyoi. aviiöv. »j Sri eveariv iv Tip Xoyip
ivavrCiaaig , xai yao rov Xevxoi) &vfhgiÖ7iov xai ptXavog 'innov xai idri
ye eXäei, aXX' ov/ y* o /xev Xevxbg 6 de [itXag, inei xai ei afiipio Xevxä r\v,
Ofling av r\v eXSet erega. Top. V, 4, 133 b. ].: ravrov Ion Tip etdei av&gu>-
TTog xai tjiuog.
506) Metaph. Z, 4, 1030b. 4.: ixeivo äe (pavegbv Sri 6 ngmrmg xai
itnXüe QPiiüjA£juiL.iA-T(.Jnv. thmu jäy..oMtüti.iffMV. '
~~~~ '507) Ebend. t, 10, 1 058 b. 26.: aXXa «3v ivavrCiov ra piv xara Gvfißeßyxbg
bnäg/ei IvCoig ra äe ccSvvarov, ojv ia-ri xai ro qd-aorov xai
rb atf fhaprov oiäiv yao iari (p&aprbv xara avfißeßrjxbg, rb fiiv yap ov/ißeßrjxbg
ivdtgtrai ftrj viragytiv, rb 8i ipfhagrbv räv i£ ävayxijg vnap%ovriav
ioriv oig v7iäp%Ei. D. pari. an. I, 5, 644b. 22.: räv ovßiwv otiai ifvau
IV. Aristoteles (Begriff). 253
mal die unserem Wissen und Forschen zugängliche, vielfache Momente,
welche selbst keine substanziellen Wesenheiten , sondern eben nur Be
stimmungen der individuellen Substanz sind; und wir sahen in dieser
Beziehung schon oben (Anm. 475), dass der artmachende Unterschied ge
genüber der individuellen Wesens- Bestimmtheit als ein Qualitatives be
zeichnet werden musste. Ausser diesem aber tritt die individuelle We
senheit auch noch ferner in ihrem bestimmten Dasein mit mehrfacher!
Determinationen auf, welche durch die Wesenheit bedingt, aber nicht
die Wesenheit selbst sind; d. h. die Wesenheil hat Inhärenzien an sich,
welche nur durch den Wesenheits- Begriff desjenigen, woran sie vorkom
men, verstanden werden können, aber nie selbstständige Wesen sind;
und in dieser substanziellen Unselbstständigkeit besitzen diese Inhärenzien
die Möglichkeit zum Uebergange bis in das schlechthin Zufällige hinab. •
Mit Einem Worte , es steht dem substanziellen Sein der individuell be- I
stimmten Wesenheit das ganze Gebiet desjenigen gegenüber, was an /
ihr vorkömmt und an ihr vorkommen kann; und es ist nun die Frage,,'
wie dieses Gebiet des Vorkommenden zur begrifflichen Bestimmtheit sich
verhalte.
Zunächst ist klar, dass bei dem Vorkommenden (avfißißrjxog) über
haupt schöpferischer Begriff und concretes Dasein am weitesten auseinan
der liegen , denn ist z. B. das Weisse ein an den Dingen vorkommen
des, so ist, wann dieses Vorkommniss eintritt, sowohl das Substrat ein
Weisses als auch das an ihm Vorkommende ist seinerseits gleichfalls weiss,
denn es ist eben das Weisse; und natürlich ist hiebei das Substrat
nicht das nemliche mit dem Weiss -sein selbst, d. h. das Substrat ist
ja nicht das wesentliche Sein des Weissen 508). Nun aber ist zu unter
scheiden ; denn das yoikommenje bezeichnet einerseits dasjenige , was <T
einem Substrate als Eigenschaft zukommen und auch nicht zukommen R
kann, und andrerseits hat es eine dem Begriffe überhaupt näher liegende "
Bedeutung ; neinlich in letzterer Beziehung heisst ein Vorkommendes
dasjenige, in dessen Begriff das Substrat enthalten ist (z. B. Geradlinig),
sowie jenes , in welchem der Begriff des Substrates enthalten ist (z. B.
Schielend) und ferner dasjenige, was ein Bestandtheil eines definitorischen
Begriffes ist, aber in der Weise, dass in seinein Begriffe der Begriff
des Ganzen nicht enthalten ist (z. B. Zweifüssig beim Menschen) ; in kei
ner Bedeutung aber ist das Vorkommende ein eigentliches substanzielles
Sein, denn letzteres hat sein Ansichsein gerade darin, dass es kein an
auvearciai , zeig /jiiv ctytvr]Tovg xai ayD uqtovq tlvai tbv amtVTtt alwva, rag
Jf /inri/eiv ytviOHog xai (f&onäg. Dass dieser Dualismus , welcher in vielen
Beziehungen bei der aristotelischen Philosophie hervorbricht, dessen Erörterung aber
weiter nicht bieher gehört, eben auf dem Objeclivismus der Anschauungen des Ari
stoteles beruht, ist kaum nöthig besonders zu bemerken.
508) Melapk. Z, 6, 1031b. 22.: to de xara avfißeßrfxbg leybfievov, olov
t6 jxovaixbv rj Xtvxbv, &ia tu dmbv ar\fxaiveiv, oix aXij&eg tintiv mg
ravrb to tC i\v tlvui xai tevtö' xai yeto u> ovfiße'ßtjxe levxbv xui to Ovfißtßrjxbg,
äar' eOTi fj.iv tuvtÖv, (Ort d" oi lairb, To tC rjV eivat, xai airit:
to fiiv yao av&qtMKp xai to Xevxtji av&ytonti) oü tuvto, rtji nä&ei <Ti
tuvto. Ebend. T, 4, 1007 a. 31.: tovtq yao ät(ÖQiOtai oiaCa xai to avfißeßrixög'
to yao Xevxbv T<ji uv&Qtonip ovfxß^ßrjxev , ort £<m piv Xevxbg
äXX ovx Snsg Xevxöv.
254 IV. Aristoteles (Begriff).
einem Anderen vorkommendes ist 509). In den letzteren Bedeutungen des
Vorkommenden, welche mit dem Begriffe in eine Beziehung gesetzt sind,
erkennen wir nun augenhlicklich dasjenige wieder, was wir ohen (Anm.
133 ff.) als_j£a_JKßi^_aiJTo! vrtäqyovta hatten kennen lernen, und es wird
mit diesemjmch ausdrückTicn~~dTe "eine SeTte" des av^ißsßrjxug identificirt,
wäFrend dic~ andere 'Seite desseWeif das schlechthin Zufällige "isT5ro).
So wird dieses"„an sich züKnmende""*5(Ter „an sich vorkommehde'',
wofür das stehende Beispiel die Winkclsumine im Dreiecke .ist, auch als
ra xa& avxa csvg.§tßgx6xtt hezeichnet, oder es wird hiefür auch der
Ausdruck Ydia nad'i] oder tu xa&' avxa itu&rj gewählt und z. B. ge
sagt, die Zahl habe als solche ihr an sich zukommende Bestimmtheiten
oder Zustände das Gerade und Ungerade u. dgl. 511). Kurz wir befin
den uns hier bei dej^gej^jnnjjtejk j£ategorien • BestimmtlteitJ,§4ejLArt (na
türlich mit Ausnahme der individuellen Substanz selbst), insoferne die
selbe in einem begrifflichen Zusammenhange mit der Wesenheit steht
und nicht als particulare Zufälligkeit ausserhalb des Wissens - Gebietes
liegt; und nun_sahen wir ja schon oben (a. a. Oj^jjhis^gera^dejlas xa&
ayro yitüptov der eigentliche Gegenstand des anod'eiktischcn Verfahrens
ist, und wir musÜcTf 'dälieT^rwarlcnT^cIäss (Tie "tTegriffliche Auffassung
in irgend einer Weise auch auf die attributiven Bestimmtheiten, d. h.
auf die übrigen Kategorien überhaupt sich erstrecken wird.
Von vorneherein steht fest, dass alle dergleichen zusländlichen Be
stimmtheilen keine individuellen Wesenheiten sind , und dass auch die
begriffliche Einheit nicht den übrigen Kategorien , sondern in Ursprung-
509) I'hys. ausc. I, 3, 186 b. 18.: Ov/jßeßrjxog re yuo XfytTai tovto, fj o
IväfytTtii vTiäpyeiv xcu jui] vTTUQxttv, rj ov lp Tip Xoyip vnao/ii to (p Ovfißtßrixtv,
fj Iv ip u Xoyog imao^ti tö Ovfißt'ßtjxev, oiov to fitv xu&ija!)-ui lis
/tüoi^o/usvov, Iv <fl Tip rtifttp vnüoyti 6 Xöyog^ 6 (>ivbg y tfaiiiv avftßtßtixivai
to aifiuv hi bau Iv Tip boicfTixip Xoyip h'toriv rj Ii oiv lar)v, Iv
Tip Xöyip Tip tovtiov ovx ivvnuoyti 6 Xoyog 6 tov bXov, oiov iv Tip äinoSi
6 tov avüqiönov rj iv to) Xevxip 6 toC Xtvxov avthotAnov (33.) üXXa to
ottcq ov ti ioTia [itjäevt av)ißtßr\x6g.
510) Melaph. /I, 30, 1025a. 14.: avfißißrixög Xe'ytTca o v7it'cn%si fiiv rtw
xid aXrjS^ig elTitlv, ov ij.h'Toi ovr' i!; uvüyxrjg ovt' Ini to noXii , oiov li
Tig öqvTTtov ipvrip ßöO-qov f.vne D-riaavnov (30.) XtyiTtu Sl xal «XXoig
avfißtßrjxbg, olov bau vnt'iQ%n ixuarip zre#' iwto /uij iv rjj ovOtit oVTCt, oiov
to) Ti>iyu>vo) to ävo öoHüg fyeiV xul tuviu ftiv Ivät'/tTcu üldiu ih'ttt,
txtCvmv dt oicFfV.
511) Anal. posl. I, (i, 75a. IS.: tiöv ät avfiß(ßr)XÖTiov fii/ «vT«, bv
Toönov äiiuQi'aOt] tu xuü' avrä, ovx iotiv iniOTr]fir\ AnoätixTixr]. Ebend.
7, 751). 1.: to vnoxtifitvov ob ra näSrj xal tu xaS' uvtu Ov/ußeßrjXOTct
ätjXol t) änöd*eis~tg. Vgl. Melaph. T, 1, 1003 a. 21.: laxiv iTnOTrjfirj Tig V
&eojt>ii to ov !) ov xal ra Tovrip vn äo/ovTa xuS-' avro (24.) fiigog
avTov ti anoTtjuvfitvai niol tovtov Vecopovoi to avfißeßrjxög. Ebend. B,
1, 9951). 19.: 7i6ii(>ov ntol Tag ovöiag fj öttoota fjovov tatlv f] xal moi
tu avfißtßrjXÖTU xr<.'>' uvtu Tulg ovoi'ug. Ebend. r, 2, 1004 b. 5.: tntl ovV
tov fvög g iv xal roxi bviog ov ravru xu!f uvrü Jan nafrvi • (10.)
iiztl ägntQ fön xal uQiO^tov tj aQi'J^fibg iSia 7iä3rj, oiov neoirTOTTjg Aqtio-
Tt\g, OvuutTQla iaoTrjg, vthqoxt] eXXeupig , xal tuviu xal xa&' avTovg xia
nobg aXXr)Xovg vniiij/tt Toig apiS-fioig. Das Beispiel von der Winkclsumine
ausser in d. vorigen Anm. auch Anal, jiosl. 1, 4, 73b. 31.; ebend. 5, 74a. 25.
Tup. II, 3, 110 b. 22. und sonst öfters.
IV. Aristoteles (Begriff). 255
lichem Sinne nur der Wesenheit zukömmt 512). Dennoch aher muss in
ähnlicher Weise wie der schöpferische Wesensbegriff zur Concretion des
Einzelnen sich mit dem Stoffe verbindet, so auch (he Begriffsbestimmung
mit dem Momente eines Zusatzes sich vereinigen , insoferne die indivi
duelle Wesenheit mit den Kategorien - Bestimmtheiten eine Verbindung
oder Zusammensetzung eingeht 513). Nemlich der schöpferische Wesens
hegriff und die Definition müssen in doppelter Bedeutung genommen
werden wie das Sein und das „Ist" seihst, welche beide ja entweder
die substanzielle Wesenheit oder die Kategorien- Bestimmtheit enthalten
und bezeichnen, nur mit dem Unterschiede, dass die Wesenheit das ur
sprüngliche , die Kategorien - Bestimmtheit hingegen das abgeleitete und
eine blosse Folge ist; somit also gibt es ein begriffliches Sein auch bei
Qualität und Quantität u. dgl., aber eben nicht schlechthin und ursprüng
lich als einen schöpferischen Wesensbegriff, sondern als einen schöpfe
rischen Qjialitäts- (oderJÜUÄBlilätS-- ,u. dgl.) Bügriff, also z. B. ein ro
noiöjaipi elvaihu). Bei allen Bestimmtheiten, zu deren Begriff die
NamensbezeT^hmuig oder der Begriff des Substrates gehört, wie z. B.
zu Schielend das Auge oder zu Gleich die Quantität oder zu Weiblich
der thierische Leib u. dgl., und überall demnach, wo die Bestimmtheit
dem Substrate „an sich" zukömmt, ist eben das Motiv eines Zusatzes
wesentlich, und für diese Bestimmtheiten ist daher auch der schöpfe
rische Begriff und die Definition mit diesem Zusätze versehen ; und in
soferne also gibt es in gewisser Weise — allerdings nicht schlechthin
— auch Begriff und Definition der Kategorien-Bestimmtheiten515). Von
512) Metapk. B, 5, 1001 Ii. 32.: « dt /jäXiOT' av dö'ieit ürjfiaiveiv ovatav,
uäiao xal yij xal nvq tovtiov fren/joTriTeg filv xal ipv^QÖrrjTes xal r«
roicivTa na&rj ovx obaCai. Ebend. Z, 3 , 1029a. 15.: rö yüq noabv ovx
ovßi'a, äXXa fi&XXov ip vnaoyei tavra nnb'ntp, Ixetvö Iotiv rj ovaCa. Ebend.
6, 1016b. 7.: to. fiiv ovv nXetOTa *V Xfyerai Tip 'henov n rj noitjv rj
näaytiv rj tyeiv fj nqog ti eivai ev, tu dl jrpcurwj Xeyofieva ¥v, mv r\
ovaCa fjia.
513) Ebend. Z, i, 1029b. 23.: fritl d' lart xal xarct rag aXXag xazrjyooiag
avvthtTa , ean yäg ti vnoxei/jevov ixÜGTtp oiov Tip noiip xal Tip
noaip xal To'i noTe xal Tip nov xal rij xivrjoci , axemiov «p' Itfrt Xöyog
tov rl rjv tivai txaOTip avtiiv xal vnÜQXfi xal jovzoig rö tC r\v elvat, oiov
Xevxqj ävthQütnio jC rjv Xtvxip ävO-Qiontp fj to ov xad-' avjö XiytTai
Si^öig, xal tovtov larl to filv (x noogfriatiag to dt ov' rö filv yag rjü
«uro aXXip nQogxuaOai XiytTai 6 ög/ftrat, oiov el to Xevxtp eivai öp/föfjevog
Xiyoi Xevxov iivH-Qainov Xöyov to dl zip uXXo avztjj, oiov tl ar\iiaivoi
to i/iaxiov Xtvxbv uv&Qtonov, b dl öpt'fot to ific'tTiov log Xtvxbv' to dt
Xevxbg üv#ntunog ean ittv Xtvxbv, ov iievzoi tl rjv Xtvxiji elvat.
514) Ebend. 1030 a. 17.,: rj xal ö oQiaiibg ägneq xal to tC Ioti nXeova-
%uSg XiytTai' xal yao to tI Iotiv ha fj.lv tqotiov ar)fiaCvet Tt]V ovOi'av xal
rö Tode ti , aXXov dt ixaOTov tüv xaTtjyoQov/ue'viov, noibv noabv xal oda
äXXa ToiaCra' ägntQ yaq xal ib itSTiv vTiaQ/fi näcfiv aXX' ov/ 6/xoCiog,
üXXit Tip ftlv TiQiÖTiog roTg d' Inofitvatg , ovtco xal to tC Iotiv änXtög jj.lv
Tij oiiöta niag dl xolg aXXoig' xal yao to noibv iQoC/jtf)-' av tC lonv, wore
xul xb noibv tiüv tC £otl fjlv ÜXX' oi/ änXäg ..... (29.) xal to tC r/v elvat,
ouoiias vnao'Set notÖTiog fjlv xal änXoig Trj ovala , eha xal Tolg ciXXoig,
iligntQ. xal To tC (gtiv, ov/ ctnXiäg tI r\v tivai , äXXa notip rj noOip t( r(V
tlvai.
515) Ebend. 5, 1030b. 16.: Ix noog&e'öeitig yao aväyxrj drjXovv' Xtyia d'
oiov iaTi (/ig xal xoiXoTrig , xal OiiiÖTr/g to Ix tiov dvolv Xeyö/xevov Tip
256 IV. Aristoteles (Begriff).
selbst versteht es sich , dass auch bei den übrigen Kategorien ebenso
wie bei der individuellen Wesenheit die begriffliche Form nicht selbst
entsteht , sondern immer ein Stoffliches vorliegen muss ; wenn aber zur
concreten Verwirklichung der begrifflichen Form bei der Wesenheit ein
bereits vorher thätiges anderes Individuum erforderlich war, so ist diess
bei den übrigen Kategorien - Bestimmtheiten nicht der Fall , sondern für
ihre con-crete Verwirklichung genügt schon ein potenzielles Vorhanden
sein ihrer begrifflichen Form616). In solchem Sinne, dass es gewissermassen
Begriffe auch des zuständlichen Seins gibt und ihnen ein Poten
zielles zu Grunde liegt, heissen daher z. B. die einzelnen Kräfte Begriffe,
in welchen der ausgesprochene Begriff der ursprünglichen Potenzialität
enthalten ist517).
Unter den Kategorien-Bestimmtheiten überhaupt muss die des Qua^
litaüven ganz besonders in den Vordergrund treten und in mancher Be
ziehung als eine ganz umfassende Delerminations-Weise erscheinen. Sie
besitzt für den individuellen Wesensbegriff schon darin eine hohe Wich
tigkeit, dass ja der artmachende Unterschied selbst eine qualitative De
termination ist (Anm. 475), und es ist hiedurch selbstverständlich, dass
ihr die Gestaltung und selbst" die äussere Form der bestimmten Concretion
zufällt518). Es beruht aber diese qualitative Bestimmtheit auf einem
Verwirklichungs-Processe und darum, wie wir sahen (Anm. 402—
406), auf einer Naturbestimmtheit, welche in einem Vermögen oder Unrdcff
(v njjde, xal ob xuxa av/jßeßrjxög ye ovS-' ij xoiXoTrjg ov&' r) at/xorrj;
nd'tog Trjg Qivbg , aXf.cc xaS-' abxi(V (21.) äXX' tag to aqqev xtp (<j><a
Xttl TO lOOV Tßj 71000) Xttl 7lttV&' 00~{l XfyeXai Xtt&\ttbxtt bndq/etv' rttvra
laxlv tv oaoig bndo/ei rj 6 Xöyog fj xovvofitt ob (oxi xovxo xb nd&og
xai /xi/ h'dfyeiui drjXöiaui %ojqtg äore xovzcov to tC r\v elvai xal b
doia/ubg rj ovx iativ obäevbg rj eaxiv äXXiog xad-dneo eiQrjxafiev
(1031a. 1.) HrjXov xolvvv oti fxövrjg Trjg obaCag iarlv 6 öoiafiög' ei yag xai
ti3v icXXojv xttTijyoQiuiv, avdyxrj ix noogde'aeüjg elvai olov tov noiov xal
ntQiTTOv (8.) ei d" etat xal xovxiov oqoi rjxoi aXXov XQÖnov eialv
rj, xaOdneQ iXfyOi], noXXa%iäg Xexxeov elvai xbv bgiOfibv xal to tC rjv elvai.
516) Ebend. 9, 1034 b. 9.: uel yäg Sei nQovndqxeiv xr\v vX-r/v xal tu
eMog, ovxiog xal inl tov tC loxt xal Inl tov noiov xal noaov xal xmv kXXojv
öfio((og xaxrjyootdjv ob yao yCvexai to noiov dXXct to tioiov ivXov,
oböi to noabv äXXa to noaov SvXov rj fftjov äXX' Idtov xrjg obaiag
oxi avdyxrj noovndgxeiv ixe"oav obaCav ivreXe%e(ci ovaav rj notti, oiov £mov
et yCvexai ffpoj' ' noiov d" rj noabv ovx avdyxrj aXX' rj ävväfiei fiövov.
Ebend. H, 5, 1044b. 21.: evia avev yeviatoig xal if-Honag eaxi xal ovx eaxi,
oiov at OTiyfial, elneo etat, xal öXcog xce el'drj xal al fiootfial, ob ydg to
Xevxbv yCveTai äXXa rb ijvXov Xevxöv.
517) Ebend. &, \, 1046a. 9.: oaai Se (sc. övvdfieig) nobg to avxb eläog,
ndaai agyaC xtvig etat xal nnbg ngiaxrjv iiiav Xe'yovxai r) fiiv yao
tov naäeiv (an Svvufiig ry d" e'iig dnaü-tlag (15.) (v yao xov-
Toig iveaxi näoi xoig ogoig b xijg nqiöxrjg ävvdfiecog Xöyog.
518) Cat. 8, 10a. 11.: Tezatjxov dt ye"vog noioxryxog a/rjftd xe xal t)
negl ixaaxov bndo/ovaa /loofjr], hi d*e ngbg xovxoig ev&vxrjg xal xafinv-
Xoxrjg xal ei xi xovxoig ofioiöv (axiv. Die scbulmässigc Numeriruug und Behandlungsweise
der Kategorien übcrbaupt, wie sie in dem Buche Kttxr\yoglai er
scheint, kann ich nicht berücksichtigen , sowie es sich von selbst versteht, dass ich
diese Schrift hier nur benutze , soweit sie dazu dienen kann , die acht aristotelische
Auffassung der Kategorien-Bestimmtheit und ihrer Bedeutung für die Lehre vom Be
griffe darzustellen.
IV. Aristoteles (Begriff). 257
vermögen auftritt 519); und wenn schon der artmachende Unterschied sein
qualitatives Moment in Folge einer Gegensätzlichkeit hesizt (Anm. 425—
436), so muss um so mehr die Qualität der individuellen Wesenheit,
in welcher die Verwirklichung des Entstehens bereits abgeschlossen ist,
in den Gegensätzen sich bewegen (Anin. 472), und die Wesenheil ist
somit das eigentliche Substrat der qualitativen Gegensätze 52ü). Da aber
hiebei die individuelle Wesenheit nur in einer Verflechtung mit dem
Stofflichen auftreten kann, woferne sie concret sein soll, und in die
ser Concretion überhaupt das Meistenteils und die Gradabstufung des
Mehr und Minder waltet (Anm. 482 f.) , so ist auch für die qualitative
K^imntfheit daq Mehr und Minder ein wesentliches Merkmal 521). Eben
darum, aber tritt _ bei der Qualität an Stelle der Identität und Einheit,
welche dem substanziell bestimmten Sein angehört, die blosse Achnlichkeit,
ein Begriff, welcher ebensowenig substanzielle Bestimmtheit bat als
die Qualität selbst, denn ähnlich heisst dasjenige, was bei gleicher concreter
Wesenheit einen Unterschied an sich hat, oder jenes, bei wel
chem eine mögliche Gradabstufung nicht factisch da ist, oder jenes,
was in dem gleichen qualitativen Zustande nach Einer- oder mehreren
Beziehungen sich befindet; jedenfalls aber ist hiebei die Aehnlichkeit
und Unähnlichkeit an ein Qualitatives gebunden 522). Es umfasst aber
519) Ebend. 9 a. 14.: ezeQov äe ye'vog noiorrjTog xaS-' o nvxTixovg rj
Sqoixixovs V byteivovg rj* vootadeig Xfyofiev xal anXidg off« xaia ctvvafttv
<pvoixr)v i) aävvttfiCav Xe"yeTai.
520) Ebend. 5, 4 a. 10.: fiäXiata de iäwv Trjg ovalag doxel elvai tö
tcwtov xal ev ttpi&fxo) ov tojv £vuvrl(ov elvai SexTtxöv. Ebend. 8, 10b. 12.:
inaQ%ei äe xal IvaVTioTrjg xcträ tö tioiöv, oiov öixaioavvr] aäixCu ivctviwv
xal XevxÖTTjg fieXavCa xal raXXa de agavTiog, xal ra xut' avräg noiä Xeyöfteva
oiov tö adtxov to) d*ixa(q> xal tö Xevxöv to) fxeXavi.
521) Ebend. 5, 4a. 1.: tö Xevxöv ezenov hiQov fiäXXöv IßTt Xevxöv xal
xaXöv tTtQov He'Qov ftäXXov xaXöv xal r)nov XiyeTai. Ebend. 8, 10b. 26.:
iniäe'/eTat. äe tö [xäXXov xal tö t\ttov tcc noia' Xevxöv yan /laXXov xal
i/ttov eTeqov ir/pou XfyeTat. xal Stxaiov eTeqov He'Qov fx&XXov. Einfällig ist
es, wenn im Folgenden (IIa. 5.: ToCyaivov de xal TeTQayiovov ov Soxel tö
fxüXXov i7Ziäej(e0&at ovd"e T(Sv etXXoiv a%r\fiä.Tit>v ovSiv) diesem die geometrische
Gestaltung gegenübergestellt wird, denn z. Ii. Dreieck ist ja doch hoffentlich indi
viduelle Substanz, dreieckig aber kann ein Ding gleichfalls in einer Gradabslufung,
i. h. mehr oder minder, sein. „
522) Metaph. i, 3, 1054 b. 3.: o/j,oia de luv fir) tuvtcc unXtög tivia /xrjSe
xttTa Tr)v ovaCay adiä(f<0Qa Tr)v Ovyxei/te'vrjV xaTtt tö eläog T«ir« »j, oiov
to fieTiov TezQaymvov toi fiixpo) bfxoiov xal al aviaoi eiiS-eiai , avTiti yäo
o/ioiui fj-iv, al aiiTal de änXüs ov' tu ä' luv tö aiiTÖ eläog e/oVTU , Iv
oi; tö [iuXXov xal TjTtov lyylveTai , fjrfTe fiaXXov y [trjTe i)ttov^ tu d" luv
rb a\>To näft-og xal iv to) eiäei, oiov tö Xevxöv ffyöop« xal rßTov ojxoiä
(paaiv elvai Sri iv to tldqs avTäv' Ta 6" läv nXelo> e/ri Tai>Tct,^rj eTfQa
ij anXäg fj Ta nnoyeiQu, oiov xaTTiTeoog äoyvQoi, ynvobg Öe tivqI y §avftöv
xal tivqqov. Ebend. /1 , 9.: Sfioitt XfyeTai Ta re iiaVTy TavTÖ nenovSota
xal ra nXeCoi tuvt« ivenov&oTa rj iteQa xal ojv r) noiÖTr\g /u(a, xal xa&^
bau aXXoiovaä-ai iväe'yeTai to>v ivaVTitov, tovtoiv tö nXeCto tyov rj xvoitoTeQa
öfiotov tovto)' avTixei/xe'vtag Se Tolg öfioi'oig Ta avöfioitt. Cat. 8, IIa. 15.:
Sfioia efi xal avöfiota xutu povag Tag jroioTrjTag Xfyerai' ö/uoiov yito 'hegov
eie'QO) ovx eOTi xut' aXXo oiäev rj xa&' o noiöv Iotiv' ojdTe idiov av £iij
T^f notoTt^Tog tö o/jotov xal avofioiov XeyeaS-ai ctvTtjv. Ebend. 6, 6 a.
32.: r) fiiit&eaig ou navv i'arj Te xal aviaog Xfyeiai, äXXa ftäXXov öfioCa,
xul tö Xevxöv laov Te xal aviaov ov navv, aXX^ Sfioiov.
Prantl, Gesch. I. 17
258 IV. Aristoteles (Begriff).
die Qualität jeden eigenschaftlichen Zustand überhaupt, und es ist z. B.
selbst das Quantitative einer solchen Zuständlichkeit fähig, insoferne die
Zahlen geometrisch als Quadrat- oder Kubus - oder Rechteck-Zahlen auf
treten ; bei den individuellen Wesenheiten führen ohnediess alle Zustände,
welche auf dem Wechsel der Veränderung oder gegenseitigen Einwirkung
des Thuns und Leidens beruhen, zu qualitativen Bestimmtheiten, und
eine Qualität der Bewegung oder Thätigkeit selbst ist die Trefflichkeit
oder Schlechtigkeit derselben; von selbst versteht sich aber hiebei, dass
an aller Einwirkung des gegenseitigen Thuns und Leidens die Gegen
sätzlichkeit und das Mehr und Minder haftet 523). So heisst Zustand
überhaupt jede auf Veränderung sich beziehende Qualität und deren
actuelles Auftreten und concrete Veränderung selbst, und es mögen jene
Qualitäten passive genannt werden, welche auf einem an dem Substrate
sich ergebenden Vorgange beruhen 524) ; in dieser Beziehung ist es er
klärlich, dass der Zustand als eine mehr transitorische Qualität bezeich
net wird, wohingegen das „Ansichhaben " , welches wir schon oben
(Anm. 401, 408, 464) in seiner die Wesenheit bestimmenden Kraft ken
nen lernten, das positive und actuelle Auftreten der Naturbestimmtheit
ist, welches daher für die Existenz der Wesenheit mehr den Charakter
einer dauernden Qualität haben muss und in dieser Beziehung sich and
rerseits wieder von dem Disponirtsein unterscheidet, für welches zuwei
len gleichfalls die Bezeichnung „An sich haben" gebraucht wird 52 5). Eben
523) Melaph. d, 14, 1020 b. 1.: eva fiiv är\ xoonov xoitxov Xfyexai ij
Ttotottjs äiuuyooa oialug (s. Anm. 475.), evu <$k tos tu uxlvtjxa xal xa jxa-
&rj/Accxtxü, tbgnig ol äoiH/iol noiol xiveg (5.) ovzot rf' eialv ol noaüxig
noaol rj noaüxig noaüxig noaol xal oXiag o naoit to noaby xmaQ^ei tv ry
oiaCa (9.) ?rt Sau nd&t) t(Sv xivovfxtvtov ovOiäv, oiov &e(>fi6r7)g xal
ipv/QÖrris xal XevxÖTtjg xal pieXavia xal ßuQvTtjg xal xovyöxrjg xal oaa
xoiavxa xu&' u Xfyovxui xal äXXoiova&ai tu aaifittra [iixaßaXXövxiaV exi
xut' ägexrjv xal xaxluv xul SXiog xb xaxbv xal äyuS-öv (18.) uQtxj) o*e
xal xaxia xiSv nathrifiaimv [itoog xf diuupooag yag ärjXovOi rijg xivrjOewg
xal rijg iveoyeCug, ag rtoiovaw üj naa%ovOiv xaXäg fj cf avXtog tu iv
xivr\au bvra' to fiiv yao cbäl ävvüuevov xiveloftai rj Ivegyelv äya&bv, tb
ä' ä>äl xal Ivavrtiog /J.o%&rio6v. tat. 9, IIb. 1.: tnidprtTui äi xal to
noiüv xal to nuO/eiv Ivuvtu>tt)tu xul ib fiüXXov xal TO rjTxov.
524) Metaph. /I, 21, 1022b. 15.: nä&og Xe'yexui eva fiiv xqönov noioxr\g
xa&' riv allotovO&ui tvdtytTui, oiov to Xtvxbv xal xb fitluv xal yXvxv xul
nixqbv xal ßaovxrjg xal xovff öxrjg xal oaa ciXXa toiuvtw evu <ft ul xovxmv
ive'oyeiut. xal äXXoioiaeig ijärj. Cat. 8, 9 a. 28.: xqCxov äe yfvog noi6xx\xog
na^rjxixal noioxrjteg xal rtaS-rj4 eaxi <$k xa xoiüde oiov yXvxvxrjg xe xul
mxQOTrjg xul axQvurvöxtig xul nuvxa tu xovTOig Ovyyevij, ert d°e &eofiÖTrjg
xul ipvxnöxTjs xal Xevxöxrig xul fieXavla (b. 9.) Xi vxöxrjg de xal fieXavCa
xal ul aXXai -(Qoui ov töv avxöv xqotiov xolg ti(>rjfA.(voig nuS-rjxr/.ul noioxtjxsg
XfyovTai, aXXa T<j> ainug anb nä&ovg yeyovtvui (1SJ.) bau fitv
ovv tüv xoiovxmv avfinxmfxaxwv veno xiv(ov nud-iäv Svgxivr^xiov xul nuoafiovC[
iiov xrjV ao/r/v elXrjtft, noiöxtjxeg Xfyovxai.
525) Cat. 8, 9 b. 28.: oaa elf unb quSCiog ätaXvofitvcov xul xu%v &710-
xaSiaxufjiivtav yCvtxai, nu&r\ Xtytxai. Metaph. 23, 1023a. 8.: xb e^eiv
XfyfTui noXXu/iög, svu jutv tqotiov^ to uytiv xutu it]V avTov q votv ^ xutu
tt]V uvtov oQfjtjV eva cf" Iv (p uv xi vnägxy mg äixxixtji, oiov b %aXxug
i%ti xb eläog xov uväqtäviog xul xr\v vöaov xb atafia (vgl. Anm. 412. u.
470.). Ebend. 20, 1022b. 4.: ffts de Xiytxai eva uiv xoonov oiov £v£oytiu
xig xov tyovxog xul i^o/iivov ägnto ngaSCg xig jj xtvrjOig (10.) uXXov
IV. Aristoteles (Begriff). 259
mit dem letzteren aber,, nemlich mit dem Disponirlsein, streift die Qua
lität auch an die örtliche Bestimmtheit der concreten Wesenheit, denn
ausser der bestimmten Disposition einer Kraft oder Gestaltung ist auch
die örtliche Lage, wie wir sahen (Anm. 493), oft das die Wesenheit
bestimmende 520); wir dürfen uns ja in dieser Beziehung nur erinnern,
wie die aristotelische Natur- Philosophie den Bestand der vier materiel
len Elemente an die Gegensätzlichkeit des Raumes und Ortes knüpft.
Andrerseits aber ist der Verwirklichungsprocess der allseitigen qualitati
ven Bestimmtheit ein in der Zeit vorsichgehender , und es sind dem
nach auch zeitliche Bestimmtheiten zu beachten, sowie z. B. in der oben
Anm. 493 angeführten Stelle das Mittagsessen und das Abendessen als
Begriffe erscheinen, welche in ihrem wesentlichen Sein durch die Zeit
bestimmt sind ; in solcher Weise ist sowohl das Früher und Später von
einem Einflüsse, indem die Entfernung der einzelnen Abschnitte oder
Stufen des Verwirklichungsprocesses von dem Anfangspunkte desselben
auf die qualitative Bestimmtheil überhaupt von Einfluss sein kann 527),
als auch wird eine in der Zeit transitorische Bestimmtheit eines Dinges,
was nemlich ein Ding gerade irgend einmal ist (o nots ov), von dem
eigentlichen und wesentlichen Sein des Dinges zu scheiden sein 528).
Natürlich sage ich hiemit nicht, dass etwa die Zeit als Kategorie unter
die Kategorie der Qualität gehöre, sondern indem ich jede Abschachtlung
und Numerirung der Kategorien von der aristotelischen Anschauung
ausgeschlossen wissen möchte, halte ich für den Grundzug der Ansicht
des Aristoteles das, dass die mannigfaltige Determination des qualitati
ven Seins bei den sinnlich wahrnehmbaren Wesenheiten in Baum und
Zeit sich manifestiren muss und hieraus auch der Bestand einzelner spe- j
ciell örtlicher und einzelner speciell zeitlicher Bestimmtheiten folgt.
«ff Tgonov e^tg XfytTui did-8-eeig xaO-' rjv tv rj xaxmg Siaxurai to Siaxtlfitvov,
xal rj xctd-' avro rj tiqos aXXo , oiov r) vyCeia ?|ts Tig, dia&eOig yäg
toji zoiavirj. Cat. 8, 8 b. 26.: i'v ftiv ovv tlSog noiorrixos ff «ff xal äiä&taig
Xey£a&(oaccv , diatfigu äi %(ig dia9iaitog rw noXv^goviioTtgov elvat xai
liavifiiÖTsqov.
526) Metaph. d, 19, 1022 b. 1.: äia&eOts Xiynat tov eyovxog (it"gri r«f<s
rj xaxä tötiov rj xttra ävvafiiv rj xar' eMog' 9(<Sn> yag Ott xiva elvat, vigneg
xal xovvofiu är\Xoi äia&eßtg.
527) Ebend. 11, 1018 b. 9.: ngoTtga xai vOTega Ifytrai ivia mg ovrog
iivbg ngtöxov xai ügxrjg £v exäaxqi yivtt (s. Anm. 493.) x^Jyyvxegov «gyijff
rivog UQKtfttVris rj anXiög xai ry (fvßti rj ngög ti rj nov rj vnö niw, oiov
tu [itv xara xönov Tai elvai lyyvTtgov rj (fvaei zivog ronov <AgiO[ie'i>ov
.... rj Tioög to Tvybv, to S\ noggiaTtgov vOtiqov t« de xard /gövov, Ta
fi\v yäg t<5 Ttoggioxe'gw tov vvv Ta de x<p lyyvxe'ga) tov vvv (20.)
rä de xaxa xCvrjOiv , to yag lyyvxegov tov ngtöxov xtvrjaavxog ngöxegov
oiov natg avdgög, ägxr) de xai avxr] Ttg anXtSg' tu de xaxa ävvafitv, to
yag vnege'xov xfj dvväfiet ngöxegov xai to dvvaxtoTegov. Phys. ausc. VIII,
7, 260b. 17.: Xiyexai de ngöxegov, ov xe fxr) bvTog ovx taxat xaXXa, {xetvo
d' avev xtäv aXXtov, xai To Tip xgövtt) xai to xut' ovaCuv.
528) Phys. ausc. IV, 11, 219 a. 20.: lor« de to ngöxegov xai vaxegov
avTÜv Iv xrj xivrjaei, o fify noxe ov xCvrjßCg toxi, tö fie'vxoi elvai aürtp
'htgov xal öv xfvrjtsig (b. 12.) to de vvv eaxi pev tog to avxo, ioxt <f'
<og ov xo^avxö' rj fiev yag Iv aXla> xal akkip , eTegov, tovto d" r)v avTtji
to vvv, r) cCi o 'tcotc ov IotI to vvv, tö «uro (18.) tovto <Jf o fx(v
noTS ov to aiiTO, rj o"Tiyfir) yag rj XC&og rj ti aXXo toiovtov toxi, T«jp Xöyor
dl aXXo (s. m. Anm. z. d: St. in meiner Ausg.).
17*
260 IV. Aristoteles (Begriff).
Die Kategorie der Quantität hat ihre ontologische und begriffliche
Basis darin , dass sie auf dem Gegensatze gegen die Untheilbarkeit und
Einheit der begrifflichen Wesenheit beruht. Während die Intensität des
Seins und des Begriffes in der unentreissbaren Einheitlichkeit liegt, ist
die Expansion des concrelen Daseins nothwendig theilbar und vielheit
lich 52<J). Das Quantitative ist das in seine individuellen Einheiten theilbare,.
sei es nach Discretion und Zahl oder nach Continuität und Aus
dehnung; die Wesenheiten als theilbare Wesenheiten sind quantitative
Wesenheiten, und so ist die concrete Zahl oder die Linie eine Wesen
heit; weil und insoferne diess aber Wesenheiten sind, haben sie als
Wesenheiten weder die Gegensätzlichkeit noch das Mehr und Minder an
sich 530). Qualitative zuständliche Bestimmtheiten aber, welche an diesen
quantitativen Wesenheiten an sich vojrkommen , sind das Viel und We
nig und das Grösser und Kleiner und das Gleich und Ungleich und
ebenso die Gegensätze der geometrischen Form531). So gelangt in dem
Quantitativen das Denken zu selbst geschaffenen Wesenheiten; es sind
jene, deren Stoff schon ein nicht sinnlich wahrnehmbarer, sondern ein
gedachter ist (Anm. 492). Wenn Raum und Zeit als messbar und zähl
bar oder als gemessen und gezählt dem Quantitativen zufallen , so ist
darum noch keine Rede davon , dass dieselben als Kategorien unter die
Kategorie der Quantität fallen, ebensowenig als sie wegen der örtlichen
529) Ebend. III, 7, 207a. 33.: xaTa Xöyov Se Ovfißatvei xal tö xaia
noogfteaiv uiv ur) elvai Soxtiv äneiQov obrtog äOTe navTÖg ineQßaXXeiv
fieyt&ovg, inl TrjV SiaCneOiv Se eivai ' neqttyeTai yan tag r) vXrj iviög xal
to aneiqov, neoifyei Se tö elSog' evXöyojg Se xal tö iv fiiv r<jJ ÜQi^fiqj
elvai inl tö iXä%iOTov niqag , inl Se to nXelOTOv etil naviög vnegßaXXeiv
nXr)&ovg, Inl Se tojv fieye&äv tovvuvt(ov Inl fiiv tö cXuttov navTÖg vneQßäXXetv
fieyt&ovg, inl Se tö fiet^ov fit] elvat fitye&og anttQOV. S. m. Ausg.
5. 492 f. Anm. 28.
530) Metaph. d, 13, 1020 a. 7.: noaöv XiytTai tö Siatneröv eig ivvnaQ-
%ovTa, ihv ixdrtQov rj exuöTov ev ti xal TÖSe ti nttpvxtv elvai' nXrj&og
fiev ovv noaöv ti av ÜQi&ftrjTÖv y, fte'ye&og Se av fieTQrjTÖv y ' XfytTai Se
nXr)&og fiiv tö SiaiQeTÖv Svväfiei (ig fir\ avve/rj, ftkye&og Si tö eig owexy
(17.) Ttöv Si xa&' avTa ra fiiv xut ovolav IotIv, oiov r) yQafj.fA.tj
noaöv ti, iv yaQ T<j> Xöyoj Ttjü t( iaTi XiyovTi tö noaöv ivvjräqyu. Ebend.
25, 1023b. 12.: fie'qog XfyiTai eva fiiv TQÖnov eig 8 SiaiQedelrj av to noaöv
önagovv. fibend. iJ , 2, 997 a. 27.: Xe~yoj S, olov ei tö OTeneöv ovoCa Tlg
iaTi xal yqafifial xal inCneäov. Cat. 6, 4 b. 20.: tov Se noaov tö fie"v iari
tiuDgtOfievov tö de Ovveyig xal tö fiiv ix #e"oiv i/övTiov noög aXXrjXa twv
iv avToTg fioqtcov OvviOTrjxe, tö Se ovx i% l/ovitov &eatv. Ebend. 5 b. 11.:
?ti toj noao~> ovSe"v Iotiv ivavrtov. Ebend. 6a. 19.: ov Soxei Se tö noaöv
inidt'xto&at tö fiäXXov xal tö t)ttov.
531) Metaph. d , 13, 1020a. 19.: t« Si näd-rj xal eSetg Ttjg TotuvTrjg
iarlv oioiag, oiov tö noXv xal tö öXCyov xal ftaXQÖV xal ßqa/v xal nXaTv
xal aievöv xal ßaftij xal Taneivöv xal ßaov xal xoixrov xal TaXXa to
ToiavTW eari äe xal tö fte'ya xal tö fcixqöv xal tö fieT£ov xal eXaTTOV xal
xaS-' avTa xal nqög aXXrjXa Xeyofitva tov noaov na&rj xa9-' aiiTa. Cat.
6, 6 a. 26.: Xöiov de fiaXiaTa tov noaov tö i'oov Te xal aviaov Xeyea&ai.
Ebend. 5 b. 14.: oväiv yän iOTiv nvtäv (sc. tiüv noowv) tvavrCov, et uij
tö noXii Tfji öXtyii) ifuCrj Tig elrai ivavrtov rj rö ue'ya Tijj fiixf>(p' tovtiov
Se ovSe'v ioTt noaöv aXXä fiäXXov twv noög ti' ovSev yao avTÖ xa9-%
uvtö fte'ya XiyeTai rj fiixQÖv, aXXa to> nnög eteQov ävati.eoea&ui (d. h. Gross
und Klein sind nicht selbst quantitative Wesenheilen, sondern quantitative Eigen
schaften).
IV. Aristoteles (Begriff). 261
und zeitlichen Bestimmtheit der Wesenheit zur Qualität gehören. Man
soll überhaupt die läppische Auffassung, mit welcher die alten Coiumentatoren
immer auf eine schuhnässige Abschachtlung der Kategorien ab
zielen und sich überall stossen , wo Etwas zu lief ist , um formal todtgeschlagen
zu werden, nicht doch auch heutzutage noch als Massstab
adoptiren, um z. B. die Frage aufzuwerfen, wie denn' Zeit und Raum
eigene Kategorien sein können, wenn sie unter die Quantität fallen. Ob
bei jenen corrupten Schulzöpfen Etwas „schon von Alters her" Controverse
gewesen sei, geht uns für die Darstellung der aristotelischen
Lehre Nichts an; soweit wir später überhaupt die Pflicht haben werden,
den Unverstand jener Zeit zu schildern, wird das Nöthige dort vorzu
bringen sein. Man sollte sich doch in Bezug auf Raum und Zeit, welche
für alle erfahrungsmässigen Wesenheiten eine unerlässliche Bedingung
des Auftretens, also insoferne allgemein umfassende Kategorien sind,
daran erinnern, dass bei Aristoteles der eine Gegensatz des Raumes,
nemlich das Oben , zum physikalischen Agens aller materiellen Vorgänge
gemacht wird, sowie dass dieiZeit^aJ^jjej^i^
dein menschhchcnSuJbje^e^ nur dje
- _ _i J„„ \T .1 t et _ ■ 71 • IT _
ist, so dass der Verwirklichungsprocess des concret Seienden jene Ka
tegorie ist — wenn denn durchaus von Kategorien gesprochen werden
soll — , unter welche Raum und Zeit wesentlich gehören 532).
Die Kategorie des Relativen endlich , von welcher wir schon oben
(Anm. 313.) sahen, dass sie von aller Substanzialität und Bestimmtheit
am weitesten abliegt, ist uänzlich auf die jeweilig obwaltenden OmsUnde
angewiesen , und in Ermanglung einer eigenen Bestimmflieit Kann sie je
nam "der Sachlage überall erscheinen , ' denn sie kann ebenso wohl bei
dem Verwirklichungsprocesse der Wesenheit an dem Verhältnisse des
Entblösstseins, als an dem wechselseitigen Einwirken der concret bestehen
den Wesenheiten in den qualitativen Bestimmtheiten vermittelst eines Thuns
und Leidens, sowie an den Zuständen und dem Sichverhallen überhaupt,
und in gleicher Weise wieder an den quantitativen Wesenheiten und
andrerseits auch an dem Verhältnisse der Identität und des Gegensatzes,
ja auch an dem Wissen und Wahrnehmen selbst, — also überall gedacht
werden ; das Relative kann die Gegensätzlichkeit und das Mehr und Minder
in sich enthalten oder auch wieder nicht 533). Kurz diese Kategorie muss
532) Vf?l. m. Ausg. (1. Physik, S. 503 f. Anm. 41, 43 u. 48.
533) Metapli. 15, 1020 b. 26.: nqög ti )Jynai ra [j.iv dg SinXatSiov
nobg ijutttv xal iqittXciGiov nobg TQitrjfiÖQiov xal bXojg imsotyov nobg
vntQi/öfxevov' ra cf' dg ib {iiquavTixbv nobg to &eQ/*avT6v xal bXtag
noiT)Tixby nobg to nai)-r)TixbV tu d" log to fitTQtjTOV nobg to /uctqov Je«!
lnio~Tr\Tov nobg lniaTr\fiy\v xal aia!)y]Tov nobg aiaS-rjOiv (1021a.
9.) xal tTi to iaov xal Sfioiov xal tuvto xkt' aXXov tqotiov (15.) ja
de noirjTixa xal na&rjTiza xaTa ävvafiiv noir\Tixr\v xal naOrjTixijV xal
Ivtgytfag rag Tiäv dvt'ctfitiov (25.) tri evia xaxa Ot{ox\Oiv dvvafitwq
ügniq to aövvaTov xal baa ovtio XfyeTai oiov to aöoaTov. Ebend. i, 7,
1057a. 37.: to>v dk noog ti baa [itj ivaVTCa, ovx k/ei fieTai;v' üitiov äk
ort ovx iv T(p avTtjj yivsi lürtv tI yao IniOTrjfxrjg xal inio~Tr\Tov fj.iTa'ix>;
icXXä fxtyaXov xal [iixqov. Top. IV, 4, 125 a. 32.: tojv 3k noög ti. Xtyo/xiviav
262 IV. Aristoteles (Begriff).
zjJUBeisL511S™Si£.r, Begriffs - Bestimmtheit hmausfallen , und wenn von ihr
gesagt wird, sie liege theils" in dem Motive (Ter Gradabstufung zwischen
Mehr und Minder, theils in den Vorgängen der Veränderung überhaupt'534),
so ist sie mit Recht dem (ieliiete dej^rjnsilojisjdienjnid Haltlosen als solchen
zugewiesen, und es muss jeder Versuch eine begnTTsmääsige Eintheilung
des Relativen aufzustellen, als ein Selbstwiderspruch mit dem wesentlichen
Charakter desselben bezeichnet werden, denn wo es keine Bestimmtheit
giebt, ist auch keine zu suchen.
Iliemit haben wir die begriffliche Wesenheit des . Seienden und den
Begriff, unter welchem das Denken dieselbe denkt, sowohl als Resultat
als auch als Agens eines Verwirklichungs - Processcs, welcher in der in
dividuellen Wesenheit noch auf die begriffliche Erkennbarkeit der übri
gen Bestimmtheiten derselben hinüberleitet, kennen lernen 535), und wir
7TOTE XiytTai, ivdfynai oV (b. 1.) t& dt änXäg oix IvätxtTui &v
ixttvoig iinÜQXtiv tiqos a noTt rvy/ävei Xtyöfitva, o'iov ro Ivaviiov
Iv toi ivavrlip oiäk TtjV iniarrjfiriv iv to} imaTr\To). Cat. 7, 6a. 36.:
nqög ti 6h tu roiavju Xiytrai oaa airä Sttiq iaxlv irioiov tlvai XiytTai
rj önmaovv aXXaig nqög tTtoov (b. 5.) fj yaq tiig Tivog %%ig Xiytrai
xai r) iniaTTjfiTj rivög iniarr\fir\ xai rj &iaig rivog 9i0ig xai ra aXXa ö*t
ägavTO)g (15.) vTiaQxn fit xai ivaVTiörtjg iv roig npög ri (17.)
oi nüoi dt ro?ff ngög ri vnäoxti ro ivavrtov (20.) ooxei dt xtd to
■ fiäXXov xai to fjrrov tniäfyia&tti ra noög ti (24.) oi nuvra dt iniäfytTai
to fiäXXov xctl tjttov.
534) Phys. ausc. III, 1, 200 b. 28.: tov dt nqög ri to fiiv xa#' vntooxriv
Xiytrai xai xar' iXXtirpiv, to de xarit tö noii\rixbv xai na9if)rix6v xai
oXwg xivr/rixöv rt xai xivr\röv.
535) Durch die hiebei vorgeführten Stellen mag auch ersichtlich geworden sein,
inwieferne die oben , Anm. 359., angegebenen Bezeichnungen des begrifflichen Seins
oder des vom Menschen gedachten Begriffes sich wechselseitig berühren und theilweise
ergänzen. Es stehen nemlich in unmittelbarer Verbindung: ooog, Xöyog, tC
r\v tlvai , ooia/xog, oiala in Anm. 492 u. 515.; Xöyog, tC jfli tlvai, öoiafiög,
o7iio ov, oiala Anm. 363.; Xöyog, tC r/v tlvai, ÖQiOfiög, oiala , tldog Anm.
386.; Xöyog, opiafiög, oiala, tldog, tC iari Anm. 484.; Xöyog, tC rjv tlvai,
oiala, rt iari, öntQ ov Anm. 365. ; ÖQog, tI r\v iivai, oiala, tldog Anm. 453
u. 488.; oQog, Xöyog, ÖQia/xög oiala Anm. 489.; Xöyog, tI rjv tlvai, ooiauög,
oiala Anm. 467.; Xöyog, tC yv eivai, oiala, eldog Anm. 499, 451 u. 460.;
Xöyog, Tt tjv elvtci , oqia/xög , oneq ov Anm. 362.; Xöyog, rt r/v tlvai, oi/dCa,
oneo ov Anm. 487.; Xöyog, ÖQiOitog, oiala, tlöog Anm. 438.; Xöyog, oia(a,
tC iari, ontQ ov Anm. 132.; Xöyog, t( tfl> tlvcti, ÖQia/xög Anm. 513.; Xöyog,
ÖQiO/uög, oiala Anm. .454. ; Xöyog, ooiopiög, eldog Anm. 495.; Xöyog, ogiBfiög,
rt iari Anm. 364. ; Xöyog, oiala, tC iari Anm. 382. ; Xöyog, oiala, tldog Anm.
398, 449, 452, 465, 497, 498.; tC rjv tlvai, öqiauög, oiala Anm. 506.; tC
tlvai, oiaia, t( iari Anm. 378.; tC r\v tlvai, ovaCa, tlöog Anm. 411, 447 n.
471.; t( rjv tlvai, oiala , öntQ ov Anm. 508.; ÖQta/xög, oia(a, t( Ion Anm.
514.; oiaCa, z( iari, tldog Anm. 457.; oQog, Xöyog Anm. 516.; opog , tläog
Anm. 367.; Xöyog, t( r\v tlvai Anm. 376.; Xöyog, ÖQißfiög Anm. 3/9, 381 u.
509.; Xöyog, oiala Anm. 479^; Xöyog, tWog Anm. 68, 374, 440, 505.; rl r\v
tlvai, ovalct Anm. 380.; t( r)V tlvai, tldog Anm. 388 u. 469.; oiala, tläog
Anm. 65, 366, 456, 402, 463, 481, 483.; oiala, t( iari Anm. 473.; oiala,
onso ov Anm. 395. Hiezu vereinzelt: ooog Anm. 66, 360, 361.; Xöyog Anm.
362, 364, 365, 369, 387, 466, 528.; ti jji< tlvai Anm. 385 u. 458.; ÖQiOfiög
Anm. 370 u. 437.; oiala Anm. 383, 387, 437, 471, 482, 492, 502, 512, 520,
522. ; tI iari Anm. 392, 439 u. 516. ; ontq ov Anm. 509. ; tläog Anm. 63, 64,
67, 368, 374. ; tlöog als begriffliche Form Anm. 408, 448, 461, 462, 464, 470,
516.; tläog als ArlbegrifT Anm. 389, 390, 391, 393, 399, 427, 432, 434, 435,
437, 438, 440, 441, 450, 504, 505, 516, 517, 522.
IV. Aristoteles (Syllogismus). 263
haben nun noch zu untersuchen, wie der Begriff in einer Rückkehr in
hält und dort zum definitorischen Wissen sich abschliessend gestaltet.
In dem Begriffe denkt der Mensch die Wesenheit des Seienden,
und Alles was als eine ohjective wirkliche Wesenheit in den menschli
chen Aussagen und Urtheilen auftritt, ist durch den Begriff in seinem
begrifflichen Sein erfasst, gleichviel ob es in einem Urtheile das Subject
oder das Prädicat bildet, denn innerhalb der mannigfachen Bestimmtheit der
concreten Wesenheit ist auch da, wo überwiegend ein prädicatives Verhältniss
zu walten scheint, ein begriffsmässiges Sein der Gegenstand und
das Product der denkenden Auffassung, sobald nur die Verknüpfung des
Substanziellen mit einem Zukommenden oder Vorkommenden eine an
sich bestehende ist, und vermöge des Motives eines Zusatzes (Anm. 513
— 515) gibt es eine begriffliche Wesenheit auch ausserhalb der Kate
gorie der individuellen Substanz , welche wesentlich dazu berufen ist,
Substrat und Subject zu sein; und ist so die begriffliche Bestimmtheit
nicht ausschliesslich dem Subjecte eigen, sondern besteht sie auch für
prädicative Kategorien-Bestimmtheiten, so verhält sie sich an sich gegen
das Subject- oder Prädicat-sein gleichgültig, und die begriffliche Fassung
ergreift daher überhaupt das uns zugängliche Seiende abgesehen oder,
wenn man will, isolirt vom Urtheile. Nun aber ist alles menschliche
Erkennen einerseits an die Sprache und das urtheilende Aussagen ge
knüpft (Anm. 23 u. 105 ff.), und andrerseits auf das xa&6kov, d. h.
das allgemeine und nothwendige Ansichsein als letztes erreichbare Ziel
hingewiesen (Anm. 48 u. 115 ff.); und es muss darum in ersterer Be
ziehung das Erfassen des begrifflichen Seins wieder in das Urtheil zu
rückkehren, um dort zum ausgesprochenen Wissen zu führen, und in
letzterer Beziehung ist eben das begriffliche Sein, welches selbst ein
xadökov ist, indem es als das allgemeingültige Ansich den unter ihn
fallenden Umkreis des Seienden mit Nothwendigkeit beherrscht und mit
seiner schöpferischen Kraft durchdringt, überall durchzuführen. Ist die
sen beiden Beziehungen Genüge gethan, so ist das auf Einsicht in die
causale Nothwendigkeit des principiellen Ansichseins beruhende Wissen
erreicht. Es enthält hiezu die begriffliche Wesenheit oder der Begriff
eines Seienden in seinen eigenen Voraussetzungen den höheren hinter
ihm liegenden Gattungsbegriff und den artmachenden Unterschied, also
seine wesentlichen Bestandteile in sich selbst; und sowie der Begriff
schon in dem artmachenden Unterschiede qualitative Bestimmtheiten und
lnhärenzien, welche sich mannigfach kreuzen (Anm. 475 u. 443 ff.), be
sitzt, so ist er andrerseits der Träger jener lnhärenzien, welche ohne
den Begriff der individuellen Wesenheit als ihres Substrates nicht ge
dacht werden können (Anm. 509 ff. u. 515). Somit ist der Begriff, sei
es der einer individuellen Wesenheit oder der einer Inhärenz, zugleich
das Prädicat des durch ihn Determinirten und das Subject seiner eige
nen weiteren wesentlichen Determination. Gattung demnach, Umkreis
der qualitativen Bestimmtheit des Arthegriffes, individuelle Wesenheit,
das Urtheil eine
menschliche Denken er-
DER SYLLOGISMUS.
IV. Aristoteles (Syllogismus).
weitere Bestimmtheit der Wesenheit in der Concretion , — Alles dieses
ist an den Begriff geknüpft, und so durchlebt und durchzieht der Begrilf
sein ganzes bestimmtes Gebiet; indem wir aber alle dieses bestimmte
Gebiet betreffenden Urtheilc in diese ihre wesentliche Beziehung zum
BegrilTc setzen , erreichen wir die begriffliche Einsicht in dieses Gebiet,
durch welche wir das Ansichsein und den Nexus der Nothwendigkeit in
Allgemeingültigkeit erkennen. So also muss die an sich zerstreute Wahr
nehmung und Aussage betreffs eines Gebietes gesammelt (aviXoyl&G&cti)
und eben hiebei unter die Einheitlichkeit des ausgesprochenen Begriffes
(köyog) gebracht werden, und zwar sowohl die Urtheile des blossen
Slattfindens als auch die der Möglichkeit und die der Nothwendigkeit
eines Stattfindens müssen erschöpfend unter den Einen begrifflichen Ge
sichtspunkt zusammengebracht werden, gerade um die Nothwendigkeit
jener Potenzialität, welche im Begriffe liegt, zu erkennen und jene Mög
lichkeit, welche nur bis zur Wahrscheinlichkeit reicht, hievon auszu
scheiden , d. h. es muss „Schlüsse" gehen und der „Syllogismus" ist
nothwendig, wenn je von dem einmal gefassten Begriffe aus ein definitorisches
Wissen erreicht werden soll; der_Syllogismus ist der Weg
vom Begriffe zur Definition (Anm.-380 f.). Wie dieser Weg zum Ziele des
Delinitorischen wirklich hinführe, wird später zu erörtern sein; zunächst
liegt uns ob, den Weg des Syllogismus selbst zu untersuchen und dar
zustellen ; hiezu aber sind wir durch die auf uns gekommenen aristote
lischen Werke wek mehr begünstigt, als wir es bei allem Bisherigen
waren, denn die Syllogistik des Aristoteles ist uns vollständig in Einem
ihr specicll gewidmeten Werke, in der ersten Analytik, jn^ unbestreit
bar ächter Gestalt erhalten.
~~Dä'"dTe" vielen zerstreuten Urlheile, welche wir als unsere Annahmen
betreffs Eines Gebietes aussprechen , in völliger Vereinzeltheit vorliegen,
so kömmt eben dadurch, dass sie im Hinblicke auf einen gemeinschaft
lichen Begriff gesammelt und mit einander in Verbindung gebracht wer
den, etwas Neues hinzu, was vor dem einigenden Schlüsse nicht da
gewesen war, nemlich die vom Begriffe bedingte Vereinigung selbst.
Und in dieser Beziehung auf einen einigenden Begriff, also auf das Prineip
der aristotelischen Logik, erhält bei Aristoteles das .Wort jJvMö^if£
ö#c« oder Gvlloyi6p.6g,_ welches an sich eine unbestimmtere Bedeutung
haT5^), jenen speeifisch technischen Sinn, in welchem es sich von
da an in der Logik überhaupt eingebürgert hat. Somit wird in, Folge der
dem Begriffe einwohnenden Nothwendigkeit der einigenden Verknüpfung
und in Bezug auf die dieser Einigung sich darbietenden und bereits vor
liegenden Urtheile der Syllogismus definirt als „dasjenige Erzeugniss des
ausgesprochenen Urtheilens, in welchem, sobald irgend Behauptungen
536) In joner allgemeineren, Bedeutung eines geistigen SammclnSj in welcher wir
avlXoyl&a\fca Tm Puilo trafen (Abschni flT, Ärim. dieses Wort
b. Arist. Poet. '4, 1448b. 15.: diu yaQ tovio yjttQovai rag eixövag ÖQmvres,
öri avfißatvei J-eoiQovVTccg fiuvltävtiv xu), ovXkoyC&adcu tC exaorov , oiov
Sri oviog ixsTvog. Und mit dem bei Plalo gleichfalls in diesem Sinne üblichen
Worte awayttv ist es zusammengestellt Rltct. I, 2, 1357 a. 8.: h'ö£xiTai ^ av^~
Xoy((e<s&ai xttl owäyeiv tu uiv ix (SvX).floyiOu£vo)V tiqöisqov tu ä' (!;
ovXXoylaz <av.
IV. Aristoteles (Syllogismus). 265
aufgestellt sind, eben vermöge des Stattflndcns derselben mit Notwen
digkeit etwas Anderweitiges als jenes bereits Vorliegende sich ergibt" 53~).
In der Causajität des Begriffes allein, welche alUrdings sehr_kald nach
Aristoteles in, stets ^ sich steigerndem Grade eine Verkümmerung erfuhr,
hfisitgTAnslntfiles dielrejpende Kraft, des Syllogismus, und wir werden
sehen, wie gerade der JlittolliegrilV es ist , in welchem das Leben aller
Syllogistik sich concentrirt; sobald aber diese Realität und ontologische
"Macht des MittelbegriTles niisskannt wurde, konnte es im Zusammenhange
mit der allgemeinen und gänzlichen Corruption, welche die Logik unter
den Händen der blMsjrmjLSm Stoa erfuhr, dazu kommen, dass der
Skepticfsmus sich gegen das Princrp aller Syllogistik mit, der ebenso j)ö- '
belliaften ^ajg* jHnllÜtkeB Bemerkung kehrte, dass ja der Schlusssatz nichts /Cu|
ÄndTres' enthalte, als was schon vorher in den Prämissen gestanden war
(s. Absehn. VII, Anm. 9 ff.); dieses Andere , oder jjigggr Ucbcrschuss aber,
welchen der Schlusssatz über den Inhalt der Prämissen be sTfzt7*^ist*gerade
der Begriff als MitlolbcgriM' mler die durch ihn bedingte begriffliche
uäd nTdu" wendige Einheit. Mit Hecht aber imiss jene lieliauptung der
Skeptiker jeden Augenblick gegen die SyUogistik~^er Tönn^eTTTognr*gewefulcl
werden , «eil dieselbe gleichfalls Keinen Bogriff vom Begriffe
ITaT, und daher an Sinnlosigkeit dem Stoieismus gleichsteht, an Eitel
keit aber denselben wo möglich noch überbietet, insoferne sie sogar
heutzutage noch als unweigerliche Vorhalle der philosophischen Specu-
Mition sich präsentiren inöchle.
Soll nun diese Einigung vermittelst einer begrifflichen Causalität
durch irgend ein Gebiet durchgeführt werden und sollen hiezu die mannig
faltigsten Urtheile, welche auf die Gattungsbegriffe oder auf höhere Art
begriffe, auf artmachende Unterschiede und deren Kreuzung, auf wesent
liche Inhärenzien u. s. f. sich beziehen können , in der Weise verbun
den werden, dass in Folge ihres Statthabens ein anderweitiges Neues
sich ergiebt, welches auf jene Einigung vermöge eines gemeinschaftlichen
Begrifflichen Bezug hat, und muss es hiebei im Interesse des apodeiktischen
Wissens auf die vollständige oder relative Allgemeingültigkeit an
kommen, so wird schon in dieser Beziehung durch eine Umkehrung der
Urtheile eine Einsicht gewonnen, welche ohne die vorgenommene Um
kehrung oft mangeln kann, da namentlich das Verhältniss der Unterord
nung zwischen Gattungs - und Art- Begriffen und der Umkreis, wie weit
qualitative Bestimmtheiten eines artmachenden Unterschiedes oder einer
Inhärenz sich erstrecken und ob sie mit anderen Unterschieden sich decken
oder nicht, durch Umkehrung eines Urtheiles erprobt werden kann;
ausserdem aber ist es zur Form der Verknüpfung von Urtheilen auch
nöthig, dass ein Prädicat als Subject genommen, also ein Urtheil um
gekehrt wird, da ja der die Einigung wirkende Begriff in seiner ver
mittelnden Thäligkeit zugleich nach unten zu Prädicat nach oben zu Sub-^
537) Anal. pr. I, \, 24b. 18.: avV.oyiOfx.bg $i Idxt loyog Iv (p xtf)£vxo>v
tiviSv 'ixeaöv xi xtov xtifiiviov £| avdyxrjS avfißaCvu xtp xaixa elvia. Top.
J, 1, 100a. 25.: t-oxi örj aulkoyio/xog Xoyog iv <ü xtfhsvxiov xiviSv sxiqov xi
xiiiv xiifiivtnv ü ävelyxrjg oufißnivti äict xolv xttfxiviov. Soph. El. \, 165 a.
1.: ö fitv yan avlloyiOfibg Ix xiv(3v iaxi xeftivxwv iSaxe Xtyttv exeQov l| (
üvüyxrjg xi xiäv xiifi(vu>v Sia xojv xtifitviDV.
266 IV. Aristoteles (Syllogismus).
ject sein muss. Auf diese Weise steht die Umkehrung der Urtheile im
Dienste jiex_Einjijch£ in die Functionen des Begriffes, und hiedurch auch
im Dienste der Syjlogistik ; sowie sie aber von diesem ihrem Zwecke
losgerissen und im Sinne der formalen Logik der Lehre vom Urlheile
einverleTbT wird , ist sie eine leere . Spielexgi und ein sinnloses Tändeln
miF dem Tlrlheile.
Was nemlich das Urlheil betrifft, in welches der Begriff in der Syllogistik
zurückkehrt, so fallt im Interesse lies apodeiktisrhe'n Wissens al
lerdings das Hauptgewicht auf die Form der Allgemeingültigkeit, sei
es der Bejahung oder der Verneinung, und das nuta navxog und xata
fMjöfvo? (das Dictum de omni und Dictum de nullo), ist, wie wir sehen
werden, dem particularen Urtheile vorzuziehen ; aber entbehrt kann auch
das letztere nicht werden, da in dem uns zugänglichen Seienden die De
termination selbst , theils die der artmachenden Unterschiede theils die
der wesentlichen Inhärenzien, ein parliculares Aussagen begründet. Und
es ist somit bei dein Urlheile überhaupt, sowohl wenn es ein Stattfinden
als auch wenn es eine Möglichkeit oder eine Notwendigkeit des Statt
findens ausspricht, zu unterscheiden: das allgemein bejahende, das all
gemein verneinende, das particiliar bejahende, das particular vernei
nende538); nemlich das der Quantität nach unbestimmte Urtheil fällt we
gen dieser Unbestimmtheit für den auf bestimmtes Wissen abzielenden
Syllogismus von vornherein weg, da^Jniliyidj^lle^Urlheil aber gehört
seinem Inhalte nach dem Vereinzelten der empirischen Wahrnehmung
an und der Form nach fällt es mit dem allgemeinen Urtheile zusammen,
weil ja, was von dem einzelnen Individuum ausgesagt wird, doch von
demselben als ganzem gilt; ngch_ keiner dieser beiden .Seiten daher ist
eine Veranlassung, das individuelle Urtheil in der Syllogistik eigens zu
behandein.
Die Umkehrung nun verhält sich bei obigen vier Arten der Urtheile
zunächst, insoferne es Urtheile des Staltfindens sind, folgendermassen :
das allgemein verneinende Urtheil ist umkehrbar, das allgemein bejahende
aber lässt sich nur in ein particular bejahendes umkehren ; das particu
lar bejahende muss nothwendig auch als umgekehrtes gelten, bei dem par- .
ticular verneinenden hingegen besteht keine solche Nothwendigkeit 539).
j> Der Beweis für die Umkehrbarkeit des allgemein verneinenden Urtheiles
\ > y ist folgender: Wenn kein B A ist, ist auch kein A B; denn gesetzt,
! einiges A, nemlich z. B. jene A, welche C sind, wären B, so würde,
s ' ^ —
J
538) Anal. pr. I, 1, 24 b. 26.: xb fik tv SXtp tlvai 'htnov fatoia xai ro
xajä TravTo; xmrjyooud&ui, &iit£qov &ärioov tcivtov totiv Xiyofiev fik rn
xiaa nnvTog xcttrfyoQ(Zo9tti , öxttv firjfih' jj Xußtiv tiöv tov vnoxtifiivov,
xaf)-' ov ftdrenov ov Ät/Hyoercu' xcd ro xara firjfitvog asttvrtag. tnel fik
n&tsa TiQozaais IfSxiv i\ tov vnaQ/siv rj tov t!j avdyxijs vTTaQ^tiv rj tov
ZvÖtytGfhcll VTTÜQ/eiV, TOVTMV fik B? fllv XttJ ClffCtTl XUl Ctl fik &7lO<f UTlXttX
Xttxh' exäOTrjv 7iQÖgQr\(Siv, näXiv 3k TtSv xctTctifaTixiav xal anoipctTixäv al
fikv x«&6Xov cti fik tv fitoei al fik ufiiöniaioi, xtX.
539) Ebend. 2, 25a. 5.: zfjv fikv tv Tip vtiÜqxiiv xaSökov ariQr)TixijV
äväyxri ToTg oqois avriOTQeqreiv (7.) zfjv fik xaTt]yoQixi]v ävTiGTotyeiv
fxh> KVityxaiov, ov fiijv xnS-oXov cdV tv fifyei (10.) t(Sv fik tv fityci
Ttjv fikv xarcupctTiXTjV avtiOTotyiiv aväyxrj xaza fiioog (12.) rf/v fik
artQi]TixrjV ovx avayxatov.
IV. Aristoteles (Syllogismus). 267
weil ja C dann unter die B gehörte, eben jener Theil der ß, welcher
C ist, gerade darum auch A sein, und es wäre hiemit unrichtig, dass
kein B A ist (z. B. wenn kein Gut eine Vergnügung ist, ist auch keine
Vergnügung ein Gut, denn gesetzt z. B. die geistigen Vergnügungen
wären Güter, so wäre jener Theil der Güter, welcher eine geistige Ver
gnügung wäre, eben hiemit jedenfalls eine Vergnügung, und es also
nicht wahr, dass kein Gut eine Vergnügung ist); dieser Beweis beruht
also darauf, dass der in einer individuellen Bestimmtheit determinirte all
gemeinere Begriff in eben dieser Individualisirung als Substrat und Subject
dieser Determination auftritt, d. h. z. B. wenn die Fische Thiere sind,
so sind jene Thiere, welche in dem Fisch-sein ihre individuelle Bestimmt
heit haben , eben Fische 540). Ist diese Uinkehrbarkeit des allg. vern.
Urtheiles erwiesen , so ergibt sich von hieraus der Beweis für die particulare
Umkehrung des allgemein bejahenden : Ist alles A B, so ist eini
ges B A, denn gesetzt, kein B wäre A, so wäre auch kein A B, was
gegen die Voraussetzung ist; und ganz ebenso für die Umkehrung des
parlicular bejahenden541). Völlig dieselben Gesetze gelten auch für die
Umkehrung der Nothwendigkeits-Urtheile 542).
Hingegen bei den Möglichkeits-Urtheilen ist mancherlei zu erwägen,
und wir werden sogleich sehen, dass im Zusammenhange mit den frühe
ren Angaben betreffs des Möglichen (Anm. 244 — 262.) auch hier ein
besonderes Gewicht auf die begriffliche Bestimmtheit fällt, insoferne die
selbe bei den veränderlichen Dingen auf einem Meistentheils und einer
meistentheils wirkenden Naturbestimmtheit beruht. Zunächst ist nach
dem obigen Begriffe des Möglichen und Statthaften klar, dass alle Möglichkeits
- Urtheile sich mit denjenigen vertauschen lassen , welche die
Möglichkeil des Gegentheiles aussprechen, nemlich „A hat die Möglich
keit, zu sein" mit „A hat die Möglichkeit, nicht zu sein", und „Alles
A hat die Möglichkeit, zu sein" mit „Nicht Alles A hat die Möglichkeit,
zu sein" oder mit „Kein A hat die Möglichkeit, zu sein", und ebenso
„Einiges A hat die Möglichkeit, zu sein" mit „Nicht einiges A hat die
Möglichkeit, zu sein"; denn darin Jxer^L_s3ien_da^..Mögliche j_jäass von
zwei . Gegensätzen beide stattfinden können , und also keine Notwendig
keit, weder für das Stattfinden des Prädieales noch für die Allgemein
gültigkeit des Urtheiles selbst, besteht 543). Nun aber hat, wie wir
540) Ebend. 25a. 15.: ei ovv [irj&evl rmv B 16 A vnaq^ei , oväe rmv
A ovSevl vTiaQ^ei rb B. ei yaq rivl olov t<£ r, ovx aXrj&eg iaxai rb jxtj-
Sevl rmv B ro A vnäqyeiv' rb yar> r rmv B ri lariv. Es zeigt dieser Be
weis, welchen Aristoteles als Grundlage für die Umkehrung der übrigen Urtheile
vorausschickt, deutlich die principielle Geltung , welche die begriffliche Bestimmtheit
des Seins in der aristotelischen Lehre besitzt , und er ist daher sowohl an sich zu
beachten, als auch wegen der bereils bei Theophrast eintretenden Verschlechterung
der Auffassung, s. d. folg. Abschn. Anm. 40.
541) 25a. 17.: ei de navrl rb A rip B, xal rb B rivl rtj> A vnäq/ei'
ei yag firfSevl, oväe rb A oväevl rip B vnaoSei.' aXX' vnixeiro navrl
iiTtaQ/eiv (20.) ei yaq ro A rivl rmv B, xal ro B rivl rmv A ävayxt)
vnctQxuv ei yttq fj,r)6evl, oväe ro A ovSevl rmv B.
542) 3, 25 a. 27.: rbv avröv de rqonov 'i§si xal Inl rmv avayxaCmv
7t(ioräaemv.
543) Ebend. 13, 32 a. 29.: Ovy.ßa(vei de näaag rag xara rb iväfyead-ui
TiQoraOeig avnarqiiftiv itXXr]Xaig' Xiym de ov rag xara(parixäg raig äno
268 IV. Aristoteles (Syllogismus).
oben sahen, das Mögliche oder Statthafte mehrere verschiedene Bedeu
tungen , von welchen jedoch die des gänzlich Unbestimmbaren und Zu
fälligen aus dem Gebiete des Erkennens und Schliessens von vornherein
hinausfällt 544). Und was nun die eigentliche Umkehrung der Möglich
keits -Urteile, nicht deren Vertauschung mit der Möglichkeit des Gegentheiles,
betrifft, so verhält es sich bei den bejahenden Mögliehkeits-Urtheilen
genau ebenso wie bei den bejahenden Urlheilen des Stattfindens 54 5).
Bei den verneinenden aber ist zu unterscheiden. Insoferne nemlich ein
Nichl-scin allgemein oder particular als statthaft ausgesagt wird, kann
eine solche Aussage entweder darauf beruhen , dass eine Nothwendigkeil
vorliegt, wie z. B. „der Mensch hat die Möglichkeit, ein Pferd nicht zu
sein" oder „kein Mensch hat die Möglichkeit, ein Pferd zu sein", weil
eben das Nicht-Pferd-sein dem Menschen nolhwendig ist, oder es kann
eine solche Aussage darauf beruhen , dass eben keine Notwendigkeit
vorliegt, wie z. B. „Kleid hat die Möglichkeit, weiss nicht zu sein"
oder „Möglicherweise ist kein Kleid weiss", weil eben keine Nothwendigkeit
des Weiss-seins für das Kleid besteht; und ebenso nun auch bei
particularen Aussagen. Nun scheinen solche Urtheile allgemein verneinend
oder particular verneinend zu sein; und man wird daher sagen können,
dass die verneinenden Möglichkeits - Urlheile, sowohl allgemeine als auch
particulare, umkehrbar sind, da wenn kein Mensch ein Pferd sein kann,
auch kein Pferd ein Mensch sein kann , und ebenso , wenn möglicher
weise kein Kleid weiss ist, auch möglicherweise kein Weisses ein Kleid
ist. Nun aber haben die Möglichkeits -Urtheile immer bejahende Form,
so lange nicht das „Nicht" bei dem „hat die Möglichkeit" steht, und
eben darum ist bei jenen Möglichkeils-Urtheilen , welche auf dem Nicht-
Nothwendigen , d. h. auf dem eigentlichen Gebiete des Möglichen, be
ruhen, dieses Vcrhältniss des Nichl-Notlvwendigen wohl zu erwägen, denn
bei jenen anderen, welche auf Nothwendigkeil beruhen, ist die Not
wendigkeit die Ursache der Umkehrbarkeit, da, wenn notwendigerweise
kein Mensch die Möglichkeit hat , ein Pferd zu sein, ebenso notwendig
auch das Umgekehrte gilt. Bei dem Nicht-Nothwendigen aber kann von
jener Umkehrung auch nur insoferne gesprochen werden, als man das
rein Formale an der Möglichkeit ins Auge fasst und mit einseitiger Her
vorhebung des Umstandes, dass keine zwingende Notwendigkeit besteht,
(f arixatg , alV üoai xaTaq aTixbv eyovOi rö O/ij/^a xaxä TtjV avii&taiv,
oiov tö Ivde'yecf&ai vnüqyuv ioj tvdfyeai&at /xr) vTTan/eiv, xal to navti
ivStytcl&ai to) Ivätysafrcu /zr/Stvl xal /.it] ttcivt)., xaX to Tivl to) fit) Tivlm
tov ctvTÖv Se tqotiov xal inl twv uXXojv' tnei yceo to lvSij(6ft(vov ovx
iaxXv avayxaTov, to öi /ifj avayxaTov (yyojQti fxt) vnaQyiiv, (f aveoov oti xtX.
544) Ebend. b. 10.: tö cioqiOtov, o xal ovriog xal fir) ovriog Swutov, oiov
xb ßadl&tv (oiov y tö ßatiCCovTog yevt"o&ai aeiUfibv 17 bXtog tö ß7rö Tv%rjg
yivofif.vov (18.) iniaTrjfj.rj de xal avXXoyiOfA.bg tmodeixTixog tojv fiiv
äooi'OTwv ovx ton ifia tö aTaxxov elvai to /j.e'aov.
545) Ebend. 3, 25 a. 37.: Inl S\ tojv iväeyofxe'vojv, Ineidri noXXayojg
Xeyerai to ivde'yeaO-ai , xal yan -iö avayxaTov xal to ftfj avayxaTov xal tö
Svvuxbv ivde'yeofhai Xiyofitv, tv [J-tv ToTg xaraipaTixoTg bfxoioig ?f{<- xaric
xrjv avTiöTQOifrjV iv anadtv et yctQ 10 A iraynl rj Tivl tu) B Ivdiytxai,
xal rb B xivl xo) A IvSiyoixo av ei yaQ fiydevl, oifi' av to A ovSevl
to) B. dtdeixTai yaQ tovto 71q6tcqov.
IV. Aristoteles (Syllogismus). 269
bloss darauf Gewicht legt, dass Etwas sein kann und auch nicht sein
kann. Hingegen für jene reale Möglichkeit, welche in dem uns zugäng
lichen Veränderungs - Processe der seienden Dinge waltet, gilt jene Um
kehrung gerade nicht; es handelt sich nemlich um jene dem apodeiktischcn
Erkennen noch ergreifbare Möglichkeit , welche in den Dingen
nach ihrer Naturbestimmtheit „meistentheils" wirksam und ihren Zweck
erreichend auftritt, wenn sie auch nicht mit schlechthin ausnahmsloser
Noth wendigkeit walten kann; und wenn auch daher in diesem Sinne
das „Meistentheils" und die Potenzialität der Nalurhestimmtheit ein Nichtnothwendiges
ist, so ist doch diese reale Möglichkeit das einzige dem
apodeiktischen Verfahren zugängliche Mögliche , welches eben in dem
Meistentheils noch eine Anknüpfung und einen Verkehr' mit irgend einer
Notwendigkeit der Entwicklung besitzt. Mit diesem positiven Factor
aber trifft nun auch die bejahende Form jener obigen Möglichkeils - Ur
lheile zusammen, und es ist hiemit das Urlheil „Möglicherweise ist kein
A B", welches durch das „kein A" einem allgemein verneinenden Urtheile
des Staltfindens gleicht, nicht umkehrbar, wohl hingegen ist um
kehrbar das particulare „Möglicherweise ist einiges A nicht ß" 54 °). So
wird nun auch die Nichtuinkehrbarkeit jener allgemeinen Möglichkeits-
Urtheile, welche ein Nicht-sein als statthaft aussagen, im Hinblicke auf
jene reale Möglichkeit erwiesen : Wenn möglicherweise kein B A ist, so
, ist darum nicht nolhwendig , dass möglicherweise kein AB sei ; denn
gesetzt, es wäre möglicherweise kein A B, so müsstc nach dem Begriffe
des Möglichen und der in ihm enthaltenen Möglichkeit des Gegenlheiles
(Anm. 543) ebenso sehr auch möglicherweise alles A B sein; diess aber
widerspricht der Möglichkeit, dass gar kein B A ist; denn wenn letzte
res möglich ist, so kann hiebei die Möglichkeit, dass alles A jedenfalls
B wäre, nicht bestehen 547); ferner kann ja, wenn möglicherweise kein
546) Den. Beleg gibt 3, 25b. 3—21., eine höchst schwierige Stelle, deren
Verständniss ich nun durch Obiges gesichert zu haben glaube; sie laulet: iv dl
ToTg anoifmixoTg ovy_ (ögitvtwe, AXX' oOa fj.lv ivde'ytnOcti XiyeTtti tiT> i'i
ävccyxtjg vncinyeiv rj Tip /xr] Ii; aväyxrjg vnüqyeiv, öiiot'wg, oiov el Tig (fectrj
tov av&Q(onpv Ivfifyeß&tti ftr) elvai 'tnnov rj tö Xevxöv urjdevl iicctrfy
vnuqxsiV' tovtcov yciQ rö iilv i$ ctvctyxrjg ovy vndqyei, tö dt ovx arüyxt]
bncioyeiv, xcä bfioCcog aVTtOTQt'cpei. r) noorctaig' el yeto iväeyeTui /irjdevi
ävS-Qoina) tnnov, xcä avS-Qunov iyycoqeT fj.r]devi tnnca ■ xcä el tö Xevxöv
tyx<oQtl ijirjSevl iuar(q), xcä tö tfiüriov iyymqti /xrjdevl Xevxtp- et yetn Tin
uvctyxr] , xcä to Xevxöv tuctr(o) nvl eOTca ii; ävayxrjs' tovto yao dideiXTcti
nqoreoov. bfiodog dl xcä tnl rijg iv fie'oei änocfaTtxrjg. oocc de tu) dg inl
noXv xcä tu) necfvxtvai XeyeTui i vätyeod-ai , xaS-' ov xqönov diooi'^ofiev
to ivdeyöfxevov, ovy biioiwg egtt Iv Tctig OTeorjiixcag ävTiaTQo<fcttg, AXX' rj
filv xctfröXov cSTeqr\Tixr\ nqoxaOcg ovx AvTiOTQt'ipti, r\ de iv fieoei uvTiGToe"-
cf.ei. tovto dl eOTca cpctveQov, otkv neoi tov ivdeyoiiivov Xe"ya>iiev (die be
treffende Stelle sogleich in d. folg. Anm.). vvv de tooovtov r)uiv Iotio ngbg
ToTg eiitrjfAe'voig ärjXov, oti tö ivde'yeaSai /xrjdevl rj tivI ixij vnciqyeiv xetretifUTixbv
eyei to O^ijficf to yaq ivde'yeTcu toj eanv bfioCtog TccTTtTcu. Vgl.
13, 32b. 5.: to a>g inl to noXv yivecs&ai xcä diuXeineiv to avayxcdov,
oiov to noXiovad-ai ctvd-Qionov rj to avSaveaS-ai rj (/ Oiveiv rj öXcog tö ne-
(fvxög vncenyeiv, tovto yctij ov avveylg iiev eyei to avctyxciTov dict to /xr)
clel elveti avUqurnov, oVTog iiivxoi avOqmnov rj ii; avayxr\g rj lag inl to
noXv ianv.
547) 17, 36b. 35.: nnürrov ovv deixTeov oti ovx avrtOTQe'o; si to Iv Tip
270 IV. Aristoteles (Syllogismus).
B A ist, doch sehr wohl einiges A gerade aus Nothwendigkeit nicht B
sein, wenn z. B. möglicherweise alle Menschen auch nicht weiss sein
können (sowie sie möglicherweise weiss sein können), so ist darum es
nicht wahr, dass möglicherweise kein Weisses ein Mensch sei, denn
gerade nothwendigerweise ja ist vieles Weisse kein Mensch 548); so also
wird hier die begrill'smässige Nothwendigkeit der Naturheslimmtheit einem
bloss formalen Bestände der Möglichkeit der Inhärenzien gegenüberge
stellt. Ferner darf man eine Umkehrbarkeit jener Urtheile nicht etwa
aus folgender Argumentation erweisen wollen : „Zugegeben dass , falls
möglicherweise kein B A ist, dann es falsch sei zu sagen, möglicher
weise sei kein AB, so werde eben das Gegentheil des letzteren wahr
sein, nemlich dass unmöglicherweise kein A B sei, d. h. dass noth
wendigerweise einiges A B sein müsse , woraus dann folge, dass noth
wendigerweise auch umgekehrt einiges B A ist; so dass hiemit, da
es ja möglich sein soll, dass gar kein B A ist, aus den Consequenzen
jenes Zugeständnisses eine Unmöglichkeit sich ergebe und daher das
Zugeständniss selbst unrichtig sei;" diese Argumentation nemlich ist
darum falsch , weil die Aussage , dass unmöglicherweise kein A B ist,
nicht bloss jenes bedeutet, dass nothwendigerweise einiges A B ist,
sondern auch das, dass nothwendigerweise einiges A nicht B ist; denn
gerade von demjenigen, was einigen A nothwendig nicht zukömmt, ist
es falsch zu sagen, es könne möglicherweise allen A nicht zukommen,
gerade so wie es von jenem, was einigen A nothwendig zukömmt, falsch
ist zu sagen , es könne möglicherweise allen A zukommen ; und nimmt
man nun jene Bedeutung des „Unmöglicherweise ist kein A B", in wel
cher es soviel ist als „Nothwendigerweise ist einiges A nicht B", so
schwindet jene angebliche widerspruchsvolle Consequenz des obigen Zu
geständnisses, und es muss" wirklich als richtig zugegeben werden,
dass, falls möglicherweise kein B A ist, darum nicht nothwendig es
sei, dass möglicherweise kein A B ist. Somit zeigt sich auch auf diese
Weise die Nichtumkehrbarkeit jenes Urtheiles 549). Man sieht, dass auch
IvS^eaS-ai OTSQrjrixov, oiov ei To A lvSi%tTai /.itjäevl Tip B, ovx äväyxtj
xal t6 B lväe"xea9-ai firjSevl Tip A. xeCd&io yaQ tovto xal iväe%e"a&io To
B /xrjäevl Tip A vnaQ%etV' ovxovv Inel ävTi.GTQe'ifovaiv al Iv Tip ivätysad-ai
xaTaipäaeig TttZg änoipäaeoi xal ai tvaVTtat, xal at ävTixeCfxevai , to Se B
tip A Ivätytiai fxr]3evl vnaQ/eiv, ipavegöv oti xal navTi (väfyoiTO äv tö
B Tip A vnaoxeiv. tovto äi xptväog, ov yaQ ei Tode xipäe navil IvdfyeTat,
xal Tode Ttpoe ävayxatov. tuffr' oiix ävrißTQe'ifei to OTeQtjTixöv.
548) 37 a. 4.: sti d" oväev xioXvei to fxtv A Tip B Ivdfyeo&ai [irjSevl,
to de B Tivl tiSv A iS äväyxrjs /ir) vnaQxeiv, oiov to /.tev Xevxöv navTt
av&Qiänip tvStyeTai. (irj inaQ/tiv, xal yan iinao^eiv, av&Qtanov d" ovx
äXrj&es elnelv lös IväfyeTai firjäevl Xevxip- noXXois yaQ äväyxtjs oi>%
v7iaQ%ei, to d" ävayxaiov ovx rjv Iväexofievov.
549) 37a. 9.: aXXu fiijV oid" ix xov aävvaTov Sei^&rjaeTai ävxiOTQt'ifOV,
oiov et Ti; aSiiaßeiev, inel ipevdos to IvSe^eoS-ai to B Tip A firjäevl vnaQy_
eiv, äXr)9ts tö jiy Ivd'e'xeo&ai fit]SevC\ ipäoig yaq xal änoipaOis' ei äe
tovt' äXrj&es If aväyxrjs Tivl tiöv A tö B inao/etv, iHare xal to A tlvI
tiSv B, tovto d" ädvvaTov. od yaQ ei firt IvdfyeTai /j,t]d*evl tö B Tip A,
aväyxrj tivi vnaQ/eiv' to yaQ fir\ iväe"/eoS-ai /irjSevl äi/ws XfyeTai, tö
fiiv ei II; äväyxrjg Tivl inaQ%ei, tö d" ei IS aväyxrjs tivI pr) inuQxei' tö
yäq IS aväyxrjs Tivl tiSv A fir) inaQ^ov ovx äXrj&es elnelv lös navTl iväe"
IV. Aristoteles (Syllogismus). 271
hier das Hauptgewicht auf jene Notwendigkeit fällt, nach welcher eini
ges A eben nicht ß ist.
So dient die Lehre von der Umkehrbarkeil der Urtheile jenem Wege
des vermittelnden Erkennens, auf welchem der begriffsmässig nothwcndige
Zusammenhang des Seienden erkannt wird, d. h. der Syllogismus.
In jener Verknüpfung der Urtheile unter eine begriffliche Einheit
nun, d. h., wie wir aus obiger Definition des Syllogismus sahen, in dem
Syllogismus selbst, zeigt sich die stete Beziehung auf den Begriff schon
in der von Aristoteles gewählten Terminologie, indem die Bezeichnung
OQog, welches der Ausdruck für den vom Satzverhältnisse unabhängigen
Begriff ist (Anm. 360.) , für die im Syllogismus verbundenen Momente
die constant übliche wird ; und zwar heisst der die Einigung bewirkende
Begriff der Mittelbegriff — fif'tfoff oder tö (itoov —, und im Vergleiche
mit ihm die anderen ra äxQu, von diesen aber derjenige, unter welchen
der Mittelbegrill' fällt, der höhere, sog. Major, — to fjisl^ov sc uxqov —,
und jener, welcher unter den Mittelbegriff fällt, der niedrere, sog. Minor—
ro 'ikarzov sc. cwsoov; der letztere wird wegen seiner Verwandtschaft
mit dem weiter nicht mehr theilbaren Individuellen auch der äusserste
Begriff — to 'dayatov (ebenso wie wir oben, Anm. 438 u. 452., diess
vom letzten artmachenden Unterschiede und der hiedurch resultirenden
individuellen Wesenheit sahen) — genannt 550)<
Es ist nemlich — und hierin liegt der Grund der Terminologie (lü^ov
und %\azxov — das eigentliche und wesentliche Verhältniss, sowie die
ursprüngliche Aufgabe des Syllogismus, dass er zwei Urtheile, welche
irgend einem Gebiete der Objecte des Erkennens angehören, deren eines
aber relativ weiter oben in dem prädicativ Allgemeineren und das andere
relativ weiter unten in den individuelleren Subjecten sich bewegt, ver
mittelst Einer begrifflichen Einheit zusammenführt, so dass dieser jene
beiden vermittelnde Begriff in dem ersteren derselben das Subject und
zugleich in dem letzteren derselben das Prädicat ist; und dieses ursprüng
liche und eigentliche Verhältniss der Function des Syllogismus bezeichnet
Aristoteles als die „erste Figur" (G^fta namxov). Diesem gegenüber sind
es uneigentliche Verhältnisse, bei welchen nur unter gewissen Beschränkun
gen und nur mit Zurückführung auf die erste Figur geschlossen werden
kann, wenn der die Vermittlung bedingende Begriff in beiden Urtheilen Prä
dicat ist — „zweite Figur" {<S%rt^ot Sevteqov) — oder wenn derselbe in
%tT(u (Ar) v7TuQ%iiv, tognen oiäe to tivI vnÜQ/ov IS avayxrjg oti nuvil tvtffyfrai
vnctQ%etv (26) äijXov ovv oti nnbg to ovxtog tväexöfitvov xai
fiij tvdexo/xtvov, ibg tv itQXQ äiuQCau/itv, ov fiovov zb t'i avayxrjg ztvl
LnÜQXtiv aXXä xai zb tlj avayxrjg nvi fir) vnuQ%tiv XrjJizeoV zoiizov de
Xrpf&ivzog oidiv ovfißaivet advvazov, äar' ov yh'ezat avXXoyidfiög. {f>ave-
QÖV ovv ix jdöv elQrjfxe"viov oti oix ccVTi azoe'ipti To axeorjzixov.
550) 1, 24h. 16.: öqov de xaXto (lg ov äiuXvezui rj TtooTaGig , oiov to
Tt xaTtjyooovfifVov xai to xa&' ov zuTTjyooeiTai rj 7ZQogzi^eu-e'vov rj diai-
Qoviie'vov tov elvai xai /j.r) eivat. i, 25 b. 35.: xaXiä dt /xiaov ftev S xai
ftvTÖ tv aXXtp xai aXXo tv tovto> Iotiv, o xai xrj &e"aei yivetai fiiaov
iixQtt de tö avTO ts iv äXXa> ov xai Iv tp aXXo IotCv. 26 a. 21.: Xiyu> de
fiel£ov fiev uxqov tv <() to ^liaov taztv, iXazTov de to vnb to fie'aov ov.
25 b. 32. : waxe tov la^aTov tv oXh> elvai Tip [ie"Oip, und so häufig tö eo~xttT°V
Bezeichnung des Minor.
272 IV. Aristoteles (Syllogismus).
beiden Urlheilen Subject ist —'- „dritte Figur" (c^fta rqizov). Weis diese
Dreizahl betrifft, s. auch unten Anm. 581. Es kann nicht scharf ge
nug darauf hingewiesen werden, wie sehr bei Aristoteles die erste Fi
gur nicht bloss der Reihenfolge nach , sondern auch an Werth und Be
deutung wirklich die erste sei, so dass von einer Gleichstellung der übri
gen keine Rede sein kann.
Die Frage aber, warum einfältige Spielereien, wie z. B. die sog.
Galenische vierte Figur , sich bei Aristoteles nicht finden , werfen wir
natürlich , gar nicht auf; die Entstehung solcher Dinge wird sich uns im
Verlaufe der Geschichte von selbst ergeben , und wir können selbstver
ständlicher Weise nicht die Aufgabe haben , bei jedem Schritte der ari
stotelischen Logik eigens' anzugeben, dass dieser oder jener Unsinn sich
bei Aristoteles nicht finde, sondern indem wir es der weiteren Dar
stellung überlassen müssen, die Entstehung aller scholastischen Auswüchse
und alles logischen Unverstandes gehörigen Ortes anzugeben, werden wir
uns wohl vor einer leider noch so häufigen Ausdrucksweise hüten , mit
welcher man das Nichtvorhandensein eines derartigen verstandlosen Kra
mes bei Aristoteles als ein „Noch nicht" bezeichnet ; so z. B. wenn man
sagt „Aristoteles behandle nur den kategorischen Schluss und lasse die
hypothetischen und disjunetiven Schlüsse unerörtert", oder wenn man
vollends sich so ausdrückt, dass in Bezug auf letztgenannte Schlüsse
„unleugbar eine Lücke in der Schlusslehre des Aristoteles sich finde,
welche seine Schüler im Wetteifer mit den Stoikern (!) auszufüllen be
strebt waren", so sind derartige Aussprüche kaum begreiflich. Ist denn
unsere ganze heutzutage existirende Culturstufe und wissenschaftliche
Forschung so sehr im Schulzopfe grau geworden, dass man wirklich
glaubt, der hypothetische und disjunetive Schluss habe eine „logische"
Berechtigung der Existenz? Oder, sollte man in der That einen derartigen
Anspruch jener Syllogismen für gegründet halten, so müsste man doch
einsehen, dass wenigstens Aristoteles, für dessen Syllogistik die Begriffs-
Bestimmtheit der Lebensnerv ist, dieselben nicht anerkennen kann, und
er also bei Uebergehung derselben sich keiner Lückenhaftigkeit schuldig
gemacht hat. Ja wohl , in der Geschichte der Logik erscheinen nach
Aristoteles auch jene Schlüsse — und wir werden sehen , auf welch
sauberem Boden sie wachsen und gedeihen — , ebenso gut als in der
Geschichte der Medicin die Iransfusio sanguinis und Milhridat und die
Panacee auftreten, aber Niemand wird sagen, dass z. B. bei Hippokrates
hier „unleugbar eine Lücke sich finde", weil in dessen Pathologie und
Therapie jene Gegenstände nicht erörtert sind. — Indem wir uns hiemit
eine von scholastischen Anschauungen nicht getrübte Auffassung der
aristotelischen Logik bewahrt wissen wollen, wenden wir uns zur Dar
stellung der Syllogistik des Aristoteles selbst.
Aristoteles entwickelt, unter welchen bestimmten Bedingungen und
in welchen Fällen in jenen drei „Figuren" ein Schluss gemacht werden
könne , und zwar untersucht er diese Verhältnisse sowohl in Bezug auf
die Urtheile des Statlfindens als auch in Bezug auf die Möglichkeits- und
Nothwendigkeits - Urtheile.
Was zunächst die Urtheile des Stattfindens betrifft, so ergeben sich,
wie wir sehen werden, mit logischer Notwendigkeit vier Schlussweisen
IV. Aristoteles (Syllogismus). 273
in der ersten Figur , ebenso viele in der zweiten , und sechs in der
dritten Figur. Ich stelle dieselben, lediglich zum Behufe einer äusseren
Erleichterung in der Darstellung, gleich hier sämmtlich zusammen, um
hierauf ihre Gründe und Gesetze anzugeben. Es sind demnach folgende
Syllogismen aus Urtheilen des Stallfindens :
I.
1. Alles Bist A 2. Kein Bist A 3. Alles BistA 4. Kein B ist A
Alles C ist B Alles C ist B Einiges CistB Einiges C ist B
Alles CistA KeinCistA Einiges C ist A Einiges C ist nicht A.
II-
1. Kein BistA 2. AllesBistA 3. Kein B ist A 4. Alles B ist A
AllesCistA KeinCistA Einiges C ist A Einiges C ist nicht A
Kein CistB Kein CistB Einiges CistnichlB Einiges C ist nicht B.
III.
1. Alles CistA 2. KeinCistA 3. Einiges CistA
Alles CistB Alles CistB Alles CistB
Einiges BistA Einiges Bist nicht A Einiges BistA
4. Alles CistA 5. Einiges C istnichtA 6.. Kein CistA
Einiges CistB Alles CistB Einiges CistB
EinigesBistA EinigesBistnicht A Einiges B istnichtA.
Wenn nemlich (erste Figur) drei Begriffe sich so verhalten, dass der
niedere unter den ganzen mittleren fällt und der mittlere unter den gan;
zen höheren fällt oder nicht fällt, ist ein vollkommner Schluss möglich ;
wenn hingegen der miniere von dem niedern nicht prädicirt werden
kann, d. h. der sog. Untersalz verneinend ist, besieht, mag der sog.
Obersatz bejahend oder verneinend sein , kein Schluss, denn es gebricht
dann an der Nothwcndigkeil der Verknüpfung. Ist eines der beiden Urtheile
particular, sei es bejahend oder verneinend, oder die Quantität
bei Bejahung oder Verneinung unbestimmt gelassen, so ist aus dem glei
chen Grunde ein Schluss nur möglich, wenn solches im Untersalze der
Fall ist, nie aber, wenn im Obersatze. Verneinend daher darf nur der i
Obersatz, particular nur der Untersalz sein. Geschlossen aber werden!
kann in dieser Figur sowohl bejahend als auch verneinend, und sowohl
allgemein als auch particular551).
551) 4, 251). 32.: orttv ovv ToeTg Spot ovTtog |j;(i)S( Tpö? «XXrjXovg dSaie
tov la/arov (v oXto civtu rip fitatp xal tov fiiaov Iv Slip T<j5 tiqiötio rt
tlvai rj fit) tlvai, dvayxi\ twv axQtov tlvai ovXXoyiOfiöv TtXttov .... 26 a. 2.:
tl Ji t6 fiiv TiQÖiiov tiuvtI rfi fi£(fi{> imicQxti , to äi fttaov firjätvi reu
tayüiip vnÜQXti, ovx iarai avXXoyia/iög ti3v axoiov, ovSiv yao avayxaiov
Ovußalvti T<j3 tavja tlvai (9.) ovä' öinv fiyrt iö 7tqiStov toi /xiaip
fi^Tt iö fiißov T(p ia/aTCt) ftrjfievi vnaQxy , ovä' ovTiog iajai OvXXoyia/iös
(17.) ti ä' o fiiv xa&oXov tüv Gqio'v o Iv jifyti nnog tov htoov,
otuv fiiv t6 xaS-öXov Tt&fj npög to [ittfrv axoov r\ xaTr^yoqixov r\ ffrepjj-
Tixbv, to <$i iv [itoei nn'ög tö iXctTTOV xaTrjyogixöv, avayxr) OvXXoyiGfiov
Pbantl, Gesch. I. 18
274 IV. Aristoteles (Syllogismus).
Wenn hingegen (zweite Figur) der Mitle-lbegriff in beiden Urtheilen
Prädicat ist, und der höhere und niedere nur dadurch sich unterschei-
C— den, dass der erstere näher und der letztere entfernter vom Mittelbe
griffe liegt, so ist keinenfalls ein vollkommener Schluss möglich; son
dern, wenn beide Urlheile allgemein sind, besteht zunächst gar kein
Schluss, wenn beide bejahend oder beide verneinend sind; ist aber das
eine derselben verneinend, so ist auch dann ein Schluss nur möglich,
indem dieses allgemein verneinende Urlheil (sei es in II 1 der Obersatz
oder in II 2 der Untersatz) umgekehrt und dann nach I 2 geschlossen
wird, nalürlich bei 112 mit Umstellung der Prämissen, welche ja bei
dem Charakter der zweiten Figur ganz gleichgültig ist 552). Ist eines
der beiden Urtheile particular, so ist ein particular verneinender Schluss
möglich, wenn das particulare Urtheil in der sog. Qualität dem allge
meinen entgegengesetzt ist, d. h. verneinend, wenn jenes bejahend, und
umgekehrt ; denn ist das eine allgemein verneinend und das andere par
ticular bejahend (113), so wird ersteres umgekehrt und nach 14 ge
schlossen, daher wegen dieser Umkehrung das particulare Urtheil in
II 3 der Untersatz sein muss ; ist aber das eine allgemein bejahend und
das andere particular verneinend (114), so muss die Beweiskraft des
Schlusses apagogisch gezeigt 'werden ; denn gesetzt es wäre (114) un
richtig, dass einiges C nicht B ist, und also anzunehmen, alles C sei
B, so würde, da alles B A ist, nach I 1 auch alles C gleichfalls A sein,
was aber der anderen Prämisse, dass einiges C nicht A ist, widerspricht;
ebenso apagogisch kann auch II 3 erwiesen werden. So besitzen alle
Schlussweisen dieser Figur die Beweiskraft nicht unmittelbar in sich
selbst, sondern es müssen anderweitige Mittel, wie die Zurückführung
eh'cti tsXuov, otuv äi nqbg to iXatTov fj xal aXXtog mag i/ioaiv ol oqoi,
aäiivaiov (28-) bfioCiag Si xal ei adwoioiov 6 yao aiiTog earai
avkXoyiaiA.bg ocdiontOrov ti xal iv fiinti Xrjtpd-t'vTog 1 iav äi nobg rb iXaTtov
itxQov To xa&6Xov t£#;7 rj xarr\yoqixbv rj areQrjrixbv, ovx sorai avXXo
yiOfibg ovts anotfanxov ovre xaTaqpazixov tov äfiiooCOTov fj xara fitoog
övxog (39.) ovo*' öxav to fiiv nnbg Tip fieC&vi axQip xa&6Xov ye'vrjTai
rj xaTriyoQixbv rj aiiQtjTixbv, to äi nobg toi {Xüttovi OTenrjTixbv xutü fiioog
, ovx sazeti avXXoyiOfibg ääioqtarov xe xal iv fitoei Xrjtp&e'vTog
(b. 31.) navTu tcc 7iqoßXr)fiaTa ätCxvvrai äia tovtov tov O/rj/iaTog, xal yao
tö tiuvtI xal to firjäevl xal to tivI xal to ur^ tivI vnaqxsiv xaXdü äi to
toiovtov a%r\fia noiÜTOV. 1, 29 a. 27.: to aäioqiaTov avTl tov xaTryyoqixov
tov iv fieqei TiiHfitvov tov csvtov noir\oti OvXXoyiOfibv iv anaai Tolg
a%r\fiaaiv.
552) 5, 2Gb. 34.: otuv äi to avrb Tip fiiv navTi Tip äi /inäevl {mao/y
rj ixar^Qip navrl rj firjätvl, to ftiv a^flfia to toiovtov xaXdj dfvreqov, fi£-
aov äi Iv aiiTip Xe'yto to xaTtjyoQov/xfvov äfitfoiv, axoa äi zo#' tov XiyeTai
tovto, /iei£ov äi aXQOV To nqbg Tip fiiaip xtlfitvov, (XaxTov äi to noqqiot(
qo> tov fiiaov 27 a. 1.: TiXaog fiiv ovv oix i'OTai avXXoyiOfibg oväafitög
Iv rovTip Tip a^rj/itiTi, äwitrog 6" sOTat. xal xa&6Xov xal fifj xa-
O-oXov twv oqiov Övtcdv xafhoXov fiiv ovv ovtiov earai avXXoyiOfibg , otuv
to fiiaov Tip fiiv navTi Tip dt firjäfvl bnaq/r/, av nnbg bnoceqoiovv r) to
areqrjTixov aXXtog äi oväa/iiSg. xaxriyoqtia&ia yao to M tov fiiv N firjätvbg,
tov Si 3 navTÖg' inel ovv aVTiOTqiipei to OTCar/Tixbv, oiätvl Tip
M vntiQiti to N, to dV ye M navil iw 3 vnixuTo' (Sots to N oväivl
Tiji 3' tovto yao ätöaxTai nooTeqov. naXiv tl tö M Tip fiiv N navzl Tip
di 3 firjdivl, oväi rw 3 to N oiiö'evl vnäqieL (12.) ytyivr\Tai yao
naXiv to 71QIOTOV ß/rjfia.
IV, Aristoteles (Syllogismus). 275
auf die erste Figur oder ein apagogischer Nachweis zu Hülfe genommen
werden; auch hat diese zweite Figur die Beschränkung, dass nie be
jahend, sondern stets nur verneinend geschlossen werden kann 553).
Wenn aber endlich (dritte Figur) der Mittelbegriff in beiden Urtheilcn
Subject ist, und der höhere und der niedere sich dadurch un
terscheiden, dass der erstere entfernter vom Mitlelbegriffe und der letzlere
näher an demselben liegt, so ist gleichfalls ein vollkommner Schluss
nicht möglich ; sondern, wenn beide Urtheile allgemein sind, besteht zu
nächst gar kein Schluss, wenn beide verneinend sind, oder wenn der
Untersatz allein verneinend ist; sind aber beide bejahend (1111), so ist
auch dann ein Schluss nur möglich, indem der Untersatz particular um
gekehrt und dann nach I 3 geschlossen wird , oder indem man die
Schlussfähigkeit jener zwei allgemein bejahenden Urtheile durch das so
genannte „Heraussetzen" (sn&Eßig) zeigt, d. h. irgend ein C abgesondert
betrachtet, welches ja dann als Subject sowohl des A als auch des B
sich zeigt, so dass A jedenfalls auch von einigem B als Prädicat gelten
muss, nemlich von jenem B, welches das Prädicat des herausgenomme
nen C ist (vgl. in Bezug auf die k'x&eßig auch Abschn. V, Anm. 50);
auch wenn der Untersalz allein bejahend ist (III 2) , muss derselbe par
ticular umgekehrt und dann nach I 4 geschlossen werden 554). Ist das
553) 27 a. 26.: lav de nobg tov 'heqov rj xaS-6Xov to fifGov, oiav fiev
nqbg töv fieC^w ye'viyrai xa&oXov ?/ xaxryyoqixäg rj oreqrjTixiog, nqbg dl tov
ilttirm xarce fie"qog xal aVTixeifiiviog Tip xa&6Xov, Xe'yw äe rb ävTixeifie'viog,
el fiev rb xaO-öXov OTeqrjTtxbv, to iv fie'qei xaraif utixov, el df xarrjyoqixbv
rb xa&6Xov, tö iv fie'qei GTeqr\zixbv, ävttyxt] yiveoS-ai OvXXoyiGfibv GTeqrj-
Tixby xaTa fie'qog- el yaq to M Tip fiev 2V firjätvi Tip eft 3 tivi vnaqyei,
aväyxrj to N tivI Tip 3 fir) vnaqyeiv inel <Jt aVTiGTqdfti to OTeqrjTtxbv,
oväevl Tip M vnaq'iei to N' to oi ye M vnixeno tivI Tip S vnaqyeiv
iSare to N nvl Tip 3 oi/ vnäqiei.' yCverai yaq avlloyiOfi.bg äia tov nqiatov
OyrjuaTog. näXiv el Tip fiev N navvl to M, Tip äk 3 tivi fir\ vnäqyei,
äväyxrj to N tivi Tip 3 fir) vnäqyeiV el yaq navri vnaqyei, xairjyoqetTai
tie xai to M navToq tov N, avayxi] rb M navrl Tip 3 vnaqyeiv, vnixeiro
St Tivi fir) vnäqyeiv (b. 9.) brav filv ovv uvttxelfievov rj to xad-öXov
Tip xctTa fiiqug, eiqrjrai tiot^ eOTui xal nör' oix eorai ovXXoyiOfiög' brav
3h bjioiooyrjuoveg tootv al nqoTaoeig , oiov afiiföx eqai axeqrjxixal rj xaxairaxixal
oiioa/iiüg eaxai OvXXoyiOfiög (28 a. 4.) ärjXov de xal ort nävxeg
axeXeig elaiv oi iv xovxip Tip oyrjfiaxi avXXoyiOfiol, nävxeg yaq inixeXovvxai
nqogXafißavofiiviov xivtov, S fj tvvnäqyti Tolg bqoig i£ avayxr\g fj xCHevxai
tög vno&ioeig , oiov brav äta tov äävväxov öeixvviofiev, xal ort, oii
yCvexai xaTaipuTixbg OvXXoyiOfiög fiiä tovtov tov OyrjuaTog , ecXXa nävTsg
OTeqrjTtxbl xal ol xaSöXov xal ol xara fiiqog.
554) 6, 28a. 10.: iav 6*e iip avrip to fiev navTi to öe fir)Sevl inaq^y
rj ttftif m navrl rj firjäevl,^ to filv OyJf\fia to towvtov xaXio tqCtov, fliaov
<T iv aiiT$ Xiyia ob afiif io tcc xarrjyooovfteva , axqa de rä xaTr\yo-
Qovfievu, fiel^ov cf' axqov to noQQinTeqov tov fie"oov, iXatTov <Si to iyyv-
Teqov Te"Xeiog ulv ovv ob yiverai avXXoyiOftbg ovd" iv xovTtp Tip
Oyrjuari, dwarbg o Maiat xal xaSöXov xal fir) xaSoXov Ttov oqidv ovtcov
nqbg to fie"o~ov. xaSoXov fiev ovv bvriov, ÖTav xal rb 11 xal to P naVTl
Tip X v7liiQyrj, ort Tivi Tip P to II vTiaQ^ei- H ava,yxr\g' inel yaq uvxi-
OTne'ifei rb xazriyoqtxöv yCverai yaq OvXXoytOfibg äia tov nqtÖTOV
ayrjuarog. eöTi de xal äia tov advvaiov xal Tip ix&io&ai noitlv Tr)v an6-
äei£iv' el yaq afiifia naVTl Tip X vnäqyei , äv Xrjif frrj rt räv 2 oiov Tb
tf, TovTip xal to II xal rb P vnäq'iei, iSOTe nvl Tip P Tb II vnäqyei. xal
av to fiev P navrl Tip 2 to (Fi II firjSevl vnäqyrj 6 yaq avrbg Tqo
18*
276 IV. Aristoteles (Syllogismus).
eine der beiden Urlheile particular, so ist ein Schluss erweislich, wenn
beide bejahend sind (III 3 und III 4) ; denn das particulare Urlheil wird
umgekehrt und dann nach I 3 geschlossen , wozu nur , wenn der Ober
satz das particulare Urtheil ist (III 3), auch noch die Prämissen vertauscht
werden müssen ; nie aber darf, wenn das eine Urlheil particular ist,
der Untersatz verneinend sein ; ist hingegen der Obersatz verneinend und
dieser zugleich das particulare Urtheil (III 5), so ist ein particular ver
neinender Schluss möglich; denn gesetzt, es wäre falsch, dass einiges
B nicht A ist, und es wäre demnach alles B A, so müsste, da alles
C B ist, auch alles C A sein, was eben dem Obersatze widerspricht;
ist endlich der verneinende Obersatz das allgemeine Urtheil (III 6), so
wird durch Umkehrung des Untersatzes nach 1 4 geschlossen. So be
sitzen auch bei dieser Figur die möglichen Schlussweisen ihre Beweis
kraft nicht in sich , sondern erlangen sie durch anderweitige Mittel ;
auch hat diese dritte Figur die Beschränkung , dass nie allgemein , son
dern stets nur particular geschlossen werden kann 555).
Bei allen drei Figuren aber überhaupt isl zu bemerken, dass, wenn
die Unmöglichkeit des Schiiessens bei gleicher sog. Qualität der Prämis
sen sich ergab, schlechterdings gar Nichts geschlossen werden kann,
hingegen bei ungleicher Qualität der Prämissen , sobald die verneinende
allgemein ist, immer noch durch Vertauschung der Prämissen ein Schluss
erreicht werden kann, in welchem jedoch selbstverständlicher Weise
nicht der höhere Begriff von dem niederen, sondern umgekehrt der nie
dere von dem höheren prädicirt wird ; z. B.
Alles B ist A oder Einiges B ist A
Kein C ist B Kein CistB_
Einiges A ist nicht C Einiges A ist nicht C
woselbst durch Vertauschung des Untersatzes mit dem Obersatze es mögnog
rrjg aitoSelitiog ävTiOTQaq eiorjg rrjg PX nQOTaatiag (30.) läl' St
tö [tiv P [itjtfivi To 3k II Tiavtl v7iaQ%r) Tip X, ovx iaTai avXXoyidfiog
(33.) ovS' otuv ä/Mpu xcitcc fj.rjSevbg tov H Xt'ytjT ai, ovx tOTai OvXXoyiOfJög.
555) 28 b. 5 : läv 3 ' 6 ptv r] xu&oXov nobg to fx(aov b 3' iv (*£Qti,
xctTrjyoQixöiv jiiv övTtov äuipoiv aväyxrj yi'veo&ai avXXoyia^ibv, av 07101 1-
oogoiiv ;] xaOoXov tov oqiov tl yao to ptv P navrl Tip X ib 3t II tivi,
Aväyxrj to H tivi Tili P bnttQ%tiv' intl yäo aVT iOtq^wci to xaTcctf utixov,
vnaQiei to X tivi Tip II, (Hot' tntl to fttv P tiuvtI Tip X , to 3k X tivi
Tip II, XCtl TO P TIVI Tip II Ü7I«p£ff 0)02 £ TO II T IVl Tip P. TläXlV tl TO
fuhv P tivi Tip X to St II naVTi vTräo/ci, aväyxrj to II tivi Tip P viran^
%eiv, b yäo avTog TQÖnog Trjg anoStC'itiog (15.) läv 3' b fitv g xaTrjyoQixbg
b St OTtQi]Tixbg, xuilöXov 3t b xaTrjyoQix.bg , OTav jikv b {Xccttiov
i] xaTTjyoQixbg, tUTcti OvXXoyia/jog' tl yciQ to P tiuvti Tip X to 3k II tivi
fit; vjiaß%ti, aväyxrj to II nvl Tip P firy vnäQytiV. tl yäo naVTi, xcd to P
naVTi Tip X xctl to II tiuvti Tip X vnao'iti' äXX' ov/ vnrjQXtv (22.)
ÖTav 3' b fitt^iov rj xaTTyyooixbg, ovx tdTai GvXXoyiapög (31.) luv 3'
b aTiQ7jTix.bg t) xaliöXov tiöv oqiov, otuv fxkv b fitC^iov rj UTtQrjTixbg b 3k
IXaTiiav xuTrjyoQiy.bg, iotui OvXXoytrifiög tl yetQ tö II firjStvl Tip X to 3k
P TIVI VJlUQXtl Tip X, TO II TIVI Tip P OVX VTTttQ^St , TTaXlV yäo töTai TO
TTQtÖToV dxWa 1r)i UQoräatcog ävTiOTQaipt(arjg. otuv St b (Xüttiov rj
OTtQtjTixbg , ovx taxai avXXoyta/xög (29 a. 14.) ifuviQov 3t xul oti
nävitg aTtXtig elalv ol Iv ToiiTip Tip OyquaTi ßvXXoytOfiol , nävTtg yäo
TtXaovVTUi 7iQogXafißavoft{viov tiviöv, xal oti OvXXoylOuG&ut to xa&oXov
3iä tovtov tov rsx>jl^aTog ovx eßiai ovts dTSQrjixbv ovTt xaTaif uTixöv.
IV. Aristoteles (Syllogismus). 277
lieh wird, dass die Thäligkeit des Schliessens beginne650); natürlich
aber sind solches keine eigenen berechtigten Schlussweisen, denn in sol
cher Anordnung vor der Vornahme der Vertauschung sind die Prämis
sen eben einfach Nichts für den Syllogismus; alle jene Fälle aber, in
welchen erst noch etwas bewerkstelligt werden muss, ehe von einem
Schliessen überhaupt die Rede sein kann , als eigene Schlussweisen zu
bezeichnen , konnte nur Jenen einfallen , welche die Syllogistik des
Aristoteles verbessern oder bereichern wollten, während sie den Zweck
und das Princip der aristotelischen Lehre bereits nicht mehr verstanden ;
s. Abschn. V, Anm. 46.
Vollkommene Schlüsse aber sind allein die der ersten Figur, und
alle übrigen erhalten durch diese erst ihre Beweiskraft, sei es vermöge
einer vorerst vorgenommenen Umstellung oder sei es vermöge eines apagogischen
Beweises, weil im letzteren Falle von der Ponir'ung des Un
richtigen aus doch in der ersten Figur geschlossen wird. Als letzte
Grundlage aller Syllogismen mü^sej_^^ werden,; denn
zunächst erhalten durch sie II 1 undII2ihre ($eweisKrafT^*"dann aber
auch II 3 und II 4, sobald man sie apagogisch nachweist ; ferner I 3
und 14 können, abgesehen von ihrer eigenen inneren Beweiskraft, apa
gogisch durch II 1 u. II 2 nachgewiesen werden, und da nun diese letz
teren auf I 1 und I 2 beruhen, so können auch I 3 und I 4 auf I 1 und
I 2 reducirt werden ; III 1 und III 2 haben ihren Grund entweder gleich
falls sofort in I 1 und I 2 oder sie finden ihn wie III 3 , III 4 , III 5
und III 6 in I 3 und I 4, und hiemit mittelbar wieder in I 1 und I 2.
Hiemit sind die „allgemeinen" Schlussweisen der ersten Figur, oder
mit anderen Worten das 5t«ta Ttctvtog und xara prjdevog die Basis der
gesammten Schlüsse 557).
So also verhält es sich mit Syllogismen, welche aus zwei Urtheilen
des Stattfindens bestehen. Eben die nemlichen Schlussweisen aber gel
ten auch, wenn beide Prämissen Urtheile der Nothwendigkeit sind, denn
556) 1, 29 a. 19.: firjXov fit xal oti iv anaoi Totg 0/rj/j.aiSiv, orav fir)
ylvrjrai ovXXoytOfidg , xarrjyoQixiSv fitv rj OTtQrjTixiSv aiiipoTioiov ovtiov
TtSv oqiuv oifiiv oXiog yiverai avayxaTov, xaTryyoqixov fii xal arfQrjTixov
xa&6Xov Xr\<t>!}{vTOS tov UrtQrjTtxov ätl yCvtrai OvXXoyiaiiog tov iXÜTTovog
uxqov nqög tö /xel(ovt oiov ti to fiiv A navrl Tip B rj tivI to fit B (*.r\-
Stvl Tip r. avTiarQtqouivoiv yaQ tiSv nQOTaatwv aväyxtj to r mvl Tip A
l*r) vnaQxtiv. otioCiog fit x&nl tiüv triQiav a/rifiariav cctl yao yCv&tai fiia
i'if äviiOTQoqfjs övXXoyiGfiög.
557) 29a. 30.: ipavtQÖv fit xal ort nävTtg ol ärtXttg OvXXoyio"ftol rt-
UiovvTai fiia tov ttqiÖtov a/rj/xarog' rj yaQ fiiiXTixiög rj fiia tov afivväxov
ntnaCvovTai ndvTeg, afiifOTigias fit yfvtTia to ttqiütov a%r\[ia (b. 1.)
toxi fit xal ävayaytiv nävrag rovg avXXoyiOfiovg tig rovg iv rip njcir^i
(Svr]jiuTi xaO-öXov OvXXoyiOfiovs ' ot fiiv yaQ iv tip fitvrtßti) ifavtQOV oti
oi' ixtCviov TtXtiovvxai, nXrjv oi/ ofioltog nävrtg, aXX' ot fiiv xa&6Xov tov
ffrjgijrizoö aVTiOTQUif^vrog, TiSv fi' iv fifyti ixartQog fiia zij? (lg to afivvarav
«naywyijg. oi fi' iv Tip noiaTti) ol xara fitoog ijiiTiXovVTCti uiv xal
ii' avTiüv, tan fii xal fiia tov fitvTt'oov a%rjfiaTOS fitixvvvai ttg äfii/varov
ötikjwt«? (20.) ot fi' iv Tip TQfrip xaO-öXov fltV OVTIOV TIÖV OQIOV
ei&vg inntXovVTai fii ixttvtov tiöv avXXoyiGfi&v, orav fi' iv ftigti Xrjip-
&iäai, fiia TiSv iv /xioti avXXoyidfiiSv ttöv iv Tip ttqiotm n%r]fiaTi
tf avtoov ovv oti nävTtg äva^S-^aovTai ttg tovs iv Tip ifQuitp a/ri/j.an
xudöXov avXXoyiOjAOvg.
278 IV. Aristoteles (Syllogismus).
die Umkehrung sowie alle übrigen Verhältnisse bleiben sich gleich; nur
muss bei jenen Schlüssen, welche eine particular verneinende Prämisse
enthalten, d. h. bei II 4 und III 5, der Nachweis ihrer Beweiskraft durch
obiges Verfahren des Heraussetzens (ex&sGig) gegeben werden, indem
man eben irgend ein C, welchem das Prädikat A notwendiger Weise
nicht zukömmt, abgesondert betrachtet und dann wie oben verfährt 558).
Es wäre also hier die obige Uebersicht der Schlussweisen zu wiederho
len, nur mit dein Unterschiede, dass sämmtliche Urtheile den Beisatz
„notwendiger Weise" hätten.
Sind hingegen beide Prämissen Möglichkeits - Urtheile , so ergeben
sich folgende
Syllogismen aus zwei Möglichkeits - Urtheilen :
I.
1. Möglicherweise ist alles B A 2. Mögl.w. ist kein B A
Mögl.w. ist alles C B Mögl.w. ist alles C B
Mögl.w. ist alles C A Mögl.w. ist kein C A
3. Mögl.w. ist alles B A
Mögl.w. ist kein C B d. h. Mögl.w. ist alles C B
Mögl.w. ist alles C A
4. Mögl.w. ist kein B A d. h. Mögl.w. ist alles B A
Mögl.w. ist kein C B d. h. Mögl.w. ist alles C B
Mögl.w. ist alles C A
5. Mögl.w. ist alles B A 6. Mögl.w. ist kein B A
Mögl.w. ist einiges C B Mögl.w. ist einiges C B
Mögl.w. ist einiges C A Mögl.w. ist einiges C nicht A
7. Mögl.w. ist alles B A .
Mögl.w. ist einiges C nicht B d. h. Mögl.w. ist einiges C B
Mögl.w. ist einiges C A
II.
keine mögliche Schlussweise.
III.
1. Mögl.w. ist alles C A
Mögl.w. ist alles C B, also Mögl.w. ist einiges B C
Mögl.w. ist einiges B A
558) 8, 29 b. 36.: Inl juh ovv i(5v avayxaiiav ayjäbv 6fio(ia; f/ft xal
in\ tiSv v7iaQ/6vT(oV usavrug yäo xiO-tfx^vuiv itöv oqoiv ev te Tip vti&q-
%tiv xal x& i'i uväyxr\q vnao/eiv rj ftfj vnciQ^eiv Iffrai T£ xal ovx taxat,
avXloyio^ios (3üa. (i.) iv <$k rw pe'atp a/rj/xart örav rj rö xa&ölov xaraipctTixoV
To <T (v [ttoti areQtiTixuv, xal naliv tv Tip tqCtio öt«v to fikv
xu&ölov xairjyoQixöv t6 d" Iv fit/JEi UTEQrjTixöv, oü/ dfioiiog curat i\ anööftgig,
itlX avayxrj tx&tftt'vovg ip rtvi ixchenov fii] vnaQXti , XttTa tovtov
ttoieTv töv OuXloyiOfiöv.
IV. Aristoteles (Syllogismus). 279
2. Mögl.w. ist kein C A
Mögl.w. ist alles C B, also Mögl.w. ist einiges B C
Mögl.w. ist einiges B nicht A
3. Mögl.w. ist kein C A
Mögl.w. ist kein C B, d. h. Mögl.w. ist alles C B
Mögl.w. ist einiges B nicht A
4. Mögl.w. ist einiges C A
Mögl.w. ist alles C B
Mögl.w. ist einiges B A
5. Mögl.w. ist alles C A
Mögl.w. ist einiges C B, also Mögl.w. ist einiges B C
Mögl.w. ist einiges B A
6. Mögl.w. ist einiges C nicht A, d. h. Mögl.w. ist einiges C A
Mögl.w. ist alles C B
Mögl.w. ist einiges B A
7. Mögl.w. ist kein C A, d. h. Mögl.w. ist alles C A
Mögl.w. ist einiges C B
Mögl.w. ist einiges B A
8. Mögl.w. ist kein C A, d. h. Mögl.w. ist alles C A
Mögl.w. ist einiges C nicht B, d. h. Mögl.w. ist einiges C B
Mögl.w. ist einiges B A
Nemlich, was hiehei die erste Figur betrifft, sind I 1 und I 2 aus dem
Begriffe des Möglichen und den entsprechenden Modi der Schlüsse des
Stattfindens klar, und sie sind vollkommene Schlüsse; I 3 wird durch die
Vertauschung des Möglichkeils - Urlheiles mit seinem Gegentheile (Anm.
543) auf I 1 zurückgeführt, und ehenso auch I 4; I 5 und I 6 aher sind
wieder vermöge des Begriffes der Möglichkeit und der entsprechenden
Schluss-Modi des Stattfindens (dort 13 und 14) vollkommene Schlüsse;
der Vertauschung hingegen hedarf wieder I 7 , um hiedurch auf I 5 zu
rückzukommen 55i)). In der zweiten Figur hingegen ist ein Schluss aus
559) 14, 32b. 38.: oictv ovv to A navxi toi B lvS£%r)Tai xai to B
navxi Tip F, avXXoyiOfiog taten xiXswg oti tö A navxi Tip r ivätyttai
vTiaQ/tiv' tovto ö*£ (fttvegöv ix tov ÖQiUfiov (33a. 1.) öfiodog ot xai
ti to fiiv A iväfytiai /xijötvi Tip B, tö dl B navxX roi r, oti tö A ivä^
XtTttl (tydtri iy r (5.) Brav to A navxi Tip B ivöfytjTai , to
fil B lyofyriTai jjwidtvl xip r, Sia filv tiöv tlXrjfifitvtov nQoxäotiov ovätig
ylvtxai avXXoyiaftbg , avxiaxqaifttdrjg d*l xijg B T xaxet to iväfytodai yCveTai
6 ai'Tog ogntq nqoTtQov (12.) 6/toitog äi xai ti nqög ct^iifOT^Qag
Tag nnoTaaug r\ änoipaaig Ttd-tCt) ptTa tov ivät/ta&ai (21.) iav cT
ij fttv xa&öXov iwv nqoxaattav r\ o iv ptqu XrjifiO-y, nqög /ulv to fiei£ov
uxqov xttufrrjg xrjg xaOoXov avXXoyidfiög taxai i tXeiog ' ti yäq to A navxi
Tip B ivöfytTai , TO <Jf B TlVl Tip r, TO A TlVl Tip r iväg/tTai' TOVTO Ök
ifavtqbv ix tov öqiopov tov ivStytaSai naVTl. näXiv ti to A ivätytTai
fitjStvl Tip B, to äk B tivi tiSv r ivät/tTai vnäqxtiv, avayxtj to Ä iv-
S{%t<s&ai tivi tiöv r firj vnäqxuv, anoSulig cT' ij avt-q. iav äh (29.)
lö fitv A navxi Tip B ivStyrjTai, to Sl B tivi Tip r ivi^tai fii) vnäq-
Xtiv, äict fj.tv tiöv tiX^fi/xiviav nqoTaütiov ov ytvtxai ipavtqög avXXoyiOpög,
avTiOTQaiftCarjg äi Ttjg iv (*,{qti.
280 IV. Aristoteles (Syllogismus).
zwei Möglichkeits ■ Urlheilen gänzlich unstatthaft, weil in derselben nur
verneinend und nur durch Umkehrung geschlossen werden kann, das all
gemein verneinende Möglichkeits - Urtheil aber nicht umkehrbar ist (Anm.
546 ff.), seine Vertauschuhg mit dem Gegentheile aber es bejahend machen
und hiedurch den verneinenden Schluss der zweiten Figur nicht zulas
sen würde 560). In der dritten Figur aber ist kein Schluss ein voll
kommener , sondern III 1 wird durch particulare Umkehrung des allge
meinen Untersatzes auf I 5 reducirt, ebenso III 2 auf I 6 ; III 3 aber
durch Vertauschung mit dem Gegentheile auf 12; III 4 geht durch Um
kehrung des Obersatzes und Umstellung der Prämissen auf I 5 zurück,
sowie eben dahin durch Umkehrung des Untersalzes III 5 und gleichfalls
durch Vertauschung mit dem Gegenlheile im Obersatze nebst Umstellung
der Prämissen III 6 und ebenso durch entsprechendes Verfahren auch
III 7 und III 8; so dass hier überall die Schlusskraft auf anderweitiger
Beihilfe beruht561).
Nun aber kann dieses Vcrhältniss der sog. Modalität der Urtheile
in einem Schlüsse auch ein ungleiches sein , d. h. unter gewissen Be
dingungen wird ein Syllogismus auch möglich sein, wenn die eine Prä
misse ein Urtheil des Slattfindens, die andere aber ein Urtheil der Nothwendigkeit
oder der Möglichkeit ist, und ebenso wenn die eine ein Ur
theil der Möglichkeit und die andere ein Urtheil der Notwendigkeit.
Und zwar zunächst, wenn in der einen Prämisse ein StattGnden
und in der andern eine Notwendigkeit des Stattlindens ausgesprochen
ist, ergeben sich folgende
Syllogismen aus einem Urtheile des Stattfindens und einem
Urtheile der Notwendigkeit :
I.
1. Nothwend.-weise ist alles B A 2. Nothw.w. ist kein B A
Alles C ist B Alles C ist B
Nothw.w. ist alles C A Nothw.w. ist kein C A
560) 17, 36b. 27.: Iv de Tip devre'Qip <$%r^fi«Ti otav ftlv ivdexeo&ai
Xa/jßät'bjötv a[A(f6itQai at nooTaßeis, ovdeig eurcti avXloyiafiog ovxe xarrjyooixtäv
ovre OtcqtjtixiSv Tt&efA.e'viov ovts xa&6Xov ovts xara (ie"pus
37 b. 10. : ipaveqbv ovv öti tt/MfoTe'Qiov riäv nqoTäaeiov xaxa to Ivai/tad-tti
Ti&e/te'viov uidel; ylvtrai övXXoyiOuog.
561) 20, 39 a. 14.: eaxiaaav dr\ tiqiötov Ivdexöftevai xal to A xal rö
B huvtI iip r £vde%t:<fO-u) vnänxeiv Inel ovv ävTiOTqiifei rö xaratf'aTixov
inl fiiqovs, tu de B navrl Tip JT ivdfyeTai, xal to F Tivl Tip B e'vde'xoiT'
aV ü)Ot' el rö ftev A nuvxl Tip r MfytTttt, to de r nvi ti3v B , xal
to A Tivl t(Sv B IvdfyeTai, ylvezai yctg to tiqwtov 0/n/j.a. xal ei to uev
A (vde'xetai firjdevl Tip r vnaqzeiv, to de B tiuvtI Tip r, äväyxi] to A
Tivl Tip B tvdfyead-ai fifj intto/eiv, eOTai yao ntd.iv to nntöiov ajfijfia
diä Tijg ävTiaTQOiprjs. ei d' a/Mf OTeoai (TrepTjnxat Te&eCrjaav (26.) ei
yao to A xal to B Tip r IvdfyeTai ui) inaQ/etv, (av [teTaXrnf&rj to ivfle'xeo'd-
ai fii] inäo/eiv, näXiv eOTai to 7iqi5tov a%i){ia diä Ttj; aVTiOTQoif fis.
ei d" 6 filv eOTt xaSoXov twv oqiov 6 d' iv fi^nei , töv aiiTÖv Tqönov
(xövtiov tiüv oQiav bvneo Inl tov vnäoxeiv, eOzai le xal oix earai avXXoyiOfiö;-
tvdexe"0fhio yao to yiev A naVTl Tip r, rö de B TivlTip r imao-
%eiv. lorai dt) nähv to nqäiTov o~xrjfia Trjg tv fj.e"qei nooTttOiio; üvTtaTQa
IV. Aristoteles (Syllogismus). 281
3. Nothw.w. ist alles
Einiges
B A
C ist B
Nothw.w.
1. Nothw.w.
ist einiges C A
II.
4. Nothw.w. ist kein B A
Einiges C ist B
Nothw.w. ist einiges C nicht A
ist kein
Alles
B
C ist Nothw.w.
Alles
ist kein
ist
Nothw.w. ist kein C B
3; Nothw.w. ist kein
Einiges
Nothw.w. ist kein C
C ist
A
A
Nothw.w. ist einiges C nicht B.
III.
1. Nothw.w. ist alles C A 2. Alles C ist A
1
Alles C ist B Nothw.w. ist alles C B
Nothw.w. ist einiges B nicht A Nothw.w. ist einiges B A
Nothw.w. ist kein C A 4. Einiges C ist A
Alles C ist B Nothw.w. ist alles C B
Nothw.w. ist einiges B nicht Ä Nothw.w. ist einiges B A
5. Nothw.w. ist alles C A 6. Nothw.w. ist kein C A
Einiges C ist B Einiges C ist B
Nothw.w. ist einiges B A Nothw.w. ist einiges B nicht A.
Bei diesen Schlüssen nemlich erstreckt sich die Nothwendigkeit auch
auf den Schlusssatz in der ersten Figur nur dann , wenn der Obersatz
das Nothwendigkeits-Urtheil ist, mag er bejahend oder verneinend sein
(I 1 und I 2); wäre der Untersatz das Nothwendigkeits-Urtheil, so fehlte
ja gerade für die Prädicirung des höheren Begriffes vom niederen der Ne
xus des Nothwendigen ; ist das eine Urtheil parlicular, so muss aus dem
gleichen Grunde das allgemeine das Nothwendigkeits - Urtheil sein (I 3
und I 4), sowohl bei bejahendem als auch bei verneinendem Obersatze 562).
(f,(Cat]gm ei yag to A navii t<£> T, rb de T tivl ttäv B, to A tivI xtäv B
ivdfytrat. xa't ei ngbg t§5 B r -teS-e(rj to xa&6Xov, ibgavTtog. bfioCtog dh xal et
ib filv AT areorjrixbv elrj, rb de B r xuTuipaxixoV earaiyao näXtv jb ngmtov
oxfjfta diä rrjg avTiOigoqrjg. ei ä' ä/nipor soat aiegr/rixal reS-eitjOav,
rj [tiv xa&6Xov r\ d' tv /ttoei, dt' aurtSv fih> Ttöv eiXrj/i/z.e'vtov oix eorat
ovXXoyiOfibg, avTiOTgaipetatöv d' earca, xafhäneg (v roig ngöxegov.
562) 9, 30 a. 15.: öv/j,ßalvet de nore xal rijg irigag nnoraaetag avayxa(
ag ovarjg avayxalov ytveaüat rbv övXXoyiajxbv , nXrjV ov/ bnoregag
erv/ev, äXXcc rfjg ngbg rb [lei&v axgov, olov et tb fitv A toj B £| aväyxrjg
liXrjmat V7täg/ov rj fir) vnägyov, to de B TiTt r vnägyov fiovov ovTcog
yag elXrjfj.fi.ivwv tiüv ngoTaoeiov {!; aväyxrjg to A Tip r vnägiet rj ov%
v7täg$et ■ (riet yag navrl Tili B ilj aväyxrjg tmägyet rj ov/ inägyet rb A,
tö de r ii tiSv B to~Ti , ipaveqbv oti xal riii r IS aväyxrjg earat S-äxegov
xovtidv. ei de to ftkv AB fir] latriv avayxalov, rb de BT avayxalov, ovx
iaTai rb avfine'Qao'fia avayxalov (27.) ivdeyerat yag toiovtov elvat
o B <a (yyiagel to A firjdevl inägyetv (33.) Inl de tiöv Iv [läget
övXXoytöfiwv, ei fiev to xa&oXov iarlv avayxalov, xal tö Ov/j.ne'gaGua eorat
avayxalov, ei de to xarä fj-igog, oix avayxalov ovre GTegrjrtxrjg obre xaxrjyogixrjg
oiiarjg xrjg xa&6Xov ngoräaeaog.
282 IV. Aristoteles (Syllogismus).
In der zweiten Figur hingegen ist der Sehlusssatz nur dann ein Nothwendigkeits
- Urtheil, wenn das verneinende Urtheil das Nothwendigkeits-
Urtheil ist, und es reduciren sich dann durch Umkehrung II 1 und II 2
chenso wie bei den Schlüssen des Stattfindens auf 12; ist das eine Ur
theil particular , so erscheint gleichfalls die Nothwendigkeit nur dann
im Schlusssalze , wenn das verneinende Urtheil allgemein und ein Nothwendigkeits
-Urtheil ist; somit ist nur mehr 113 möglich, welches auf
14 zurückgeht 503). In der dritten Figur hingegen ist der Sehlusssatz ein
Nothwendigkeits- Urtheil hei allgemeinen Prämissen und bejahender Form
beider, sobald nur eine der beiden Prämissen, gleichviel welche, ein
Nothwendigkeits-Urtheil ist; ist hingegen die eine verneinend, so muss diese
das Nothwendigkeits - Urlheil sein ; und so reducirt sich III 1 durch particulare
Umkehrung des Untersatzes auf I 3 , und eben dahin auch III 2
durch particulare Umkehrung des Obersatzes und Umstellung der. Prämis
sen ; III 3 aber durch particulare Umkehrung des Untersatzes auf I 4 ;
ist das eine Urlheil aber particular, so' ist der Schlusssatz bei bejahender
Form beider ein Nothwendigkeits - Urlheil, wenn die allgemeine Prämisse
das Nothwendigkeits-Urtheil ist, und III 4 geht durch Umkehrung des
Obersatzes und Umstellung der Prämissen auf 13, III 5 aber bloss durch
Umkehrung des Untersatzes ebenfalls auf I 3 zurück ; ist aber noch dazu
die eine Prämisse verneinend, so muss • die allgemein verneinende das
Nothwendigkeits-Urtheil sein, und es reducirt sich III 6 durch Um
kehrung des Untersatzes auf 14; ist hingegen das bejahende Urtheil,
sei es allgemein oder particular, oder das particular verneinende Urlheil
ein Nothwendigkeits-Urtheil, so erstreckt sich die Nothwendigkeit nie
auf den Schlusssatz 504).
503) 10, 30b. 7.: tnl dt xov 3evTe"(>ov oyrj/xaTog, el fiev tj axeQTjxixf]
nQoxaolg iortv ävayxala , xal tö aufiniqaafia eOxai avayxaiov, et d" ij
xciTTjyoQixfj , oix avayxaiov. edTia yao tiqiotov ij öTfQrjTiXTj ävayxata , xal
to A im /.iev B [xrjStvl h'äeyjadu , to oi r vTiaQ/tTio fiovov inel ovv
&VTiOTQ(:(pei to ot enrjjixbv, oväe to B Tip A oiiäevl tvStyiTaf to Si A
navTi tü r bnan/ei, mar'' ovSevl Tip F to B Ivde/eTaf to yao r vno
to A IotCv. togavTiag df xäv ei nqbg Tip r Te&ij to OTtQrjTixov ei yao to
A [irjdevt T(ji r iväf'/iTcti, oide rö r ovSevl tw A iy/oiQsZ' tö dt A navxl
Tip B inao/et, äox oiäevl xäv B tö F Ivde'/eTaf ytvtxai yao xb nqmtov
0/rjf.ta ndkiv (31a. 1.) b/uolwg d" e$ei xal inl tiSv iv fj^QCi avXXoyia/
xtSv. OTttv uiv yao rj OTeQrjTtxrj TiQOTaOig xa&oXov t' y xal ävayxala,
xal tö OvfiniQaafia eüTai avayxaiov' 8t av de tj xaTr\yopixr\ xaSöXov, Tj de
OTiQijTixr] xaTa [xe'oos, ovx iaxai to ovfine'Qaa/ua avayxaiov. eaxio ärj noiütov
ij OTt^rjTtxrj xadöXov Tt xal ävayxata, xal To A Tip fiev B firjäevl £vde/
eafrto vnaoyeiv, Tip de r Tivl vnitQ/jTio ' inel ovv ävTiOTQe'ipei to <tt£-
QrjTixbv, oväe to B Tip A ovdevl Ivde'yoix' av vTtäoyeiv xb de ye A Tivl
twv r VTiciQ/ji, oiax' £f avayxrjg xivl Ttöv T oi/ inaoSei to B.
504) 11 , 31a. 18.: (v de Tip TeXevxadp ayr\fiaTi xa&6Xov fiev ovriov
tiov oqcov TiQog to fie'öov xal xaTijyoQixiov afiifoxe'Qiov tüv ngoiäuetov, av
buoTCQOvovv y ävayxiuov, xal to Gu/A7ieQa0/*a eaxat avayxaiov ' läv df tö
fiev y oieorjT ixbv to dt xttTtjyoQixbv, otuv fiiv to axtQr\Tixbv avayxaiov
tj, xal to avjxnioaafxa 'iaxai avayxaiov, otuv St tö xaxiyyoQixbv , ovx eöxai
avayxaiov. iaTiaaav yaQ afiifiÖTtoai xaxryyoqixal tiqiötov ai nooTctOeig, xal
to A xal to B jicivtI Tip r vnaox^Tia , avayxaiov d" tOTia xb AT. Ind.
ovv xb B tiuvtI Tip r v7iaQxei , xal to r xivl Tip B inäoSti. äiä xb äv-
TiOToiif>tiv xb xafhöXov xip xarä /Afoog (30.) ytvtxai ovv xb nqiäxov
axrj/A.a. brotlos de Sei/&rjaeTai. xal et xb BT IotIv avayxaiov (34.)
IV. Aristoteles (Syllogismus). 283
Spricht hingegen die eine Prämisse ein Stattfinden und die andere
eine Möglichkeit des Stattfindens aus , so ergehen sich folgende
Syllogismen aus einem Urtheile des Stattfindens und einem
Urtheile der Möglichkeit:
I.
1. Mögl.w. ist alles B A
Alles C ist B
Mögl.w. ist alles C A
3. Alles B ist A
Mögl.w. ist alles C B
Mögl.w. ist alles C A
5. Alles B ist A
Mögl.w. ist kein C B,
Mögl.w.
Kein B ist A
ist kein C B,
4.
d. h.
d. h.
Mögl.w. ist kein B A
Alles C ist B
Mögl.w. ist kein C A
Kein B ist A
Mögl.w. ist alles C B
Mögl.w. ist kein c A
Mögl.w. ist alles c B
Mögl.w. ist alles c A
Mögl.w. ist alles c B
Mögl.w. ist kein c A
Mögl.w. ist alles
Einiges
B A
C ist B
Mögl.w. ist einiges C A
Alles B ist A
Mögl.w. ist einiges C B
8. Mögl.w. ist kein B A
Einiges C ist B
Mögl.w. ist einiges C nicht A
10. Kein B ist A
Mögl.w. ist einiges C B
Mögl.w. ist einiges C nicht A
11.
12.
Mögl.w. ist einiges C A
Alles B ist A
Mögl.w. ist einiges CnichtB, d.h. Mögl.w. ist einiges C B
Mögl.w. ist einiges C A
Kein B ist A
Mögl.w. ist einiges CnichtB, d.h. Mögl.w. ist einiges C B
Mögl.w. ist einiges C nicht A.
näliv eario to filv AT OTtqr^ixbv, to dt BT xaTatparixöv, avayxalov äe
tö artQrjTixöy' Intl ovv aVTiGTotipti Tivl toj B to r, to öl Aoiötvl TOJ
r lg ävayxrjg, ovtil toj B Tivl vnao'Sti lg äväyxrjg to A' to yao B vnb
tö r Ioti'v (b. 12.) ti ö" 6 jj.lv xatiökov b d" Iv fit"qtt , xaTrjyonixiSv
ulv ovt(ov afiiijOTfyiav, otuv to xuO-ükov yivrpai avayxalov, xal to avjj.-
nloaOfia iaxai avayxalov (16.) ovv avayxr\ to B navil til) rbnaqyttv,
to öl A vnb tö r latlv, äväyxr} to B nvl Tip A inaq/tiv' ti öl
to B ro5 A Tivl, xal to A toj B Tivl vnaQ/tiv avayxalov' uVTtOrgiifei
y«Q' ofioCwg de xal et to AT ttt] avayxalov xaSokov ov' to yao B imb
to r IotCv. ti öl to Iv fitoti Iotiv avayxalov, oiix tOTai to ovfxnt'Qaöfj.a
avayxalov (33.) ei o' b fA.lv xaTrjyoQixbg b öl aTtqrjTtxbg tüv SqioV,
otuv filv J) to xu&oXov OTtqr\nxöv Tt xal avayxalov, xal to avfine'Qaafia
fffrra avayxalov tl yao to A toj r urjötvl IvSfyjxai , to dl B Tivl toj
r inägyei, to A tivI Tip B aväyxt] fir\ inao/uv. otav Sl to xaTuifarixbv
avayxalov Tiü-f) rj xu&cXov 6v rj Iv fit"oti , rj to OTtQrjTixbv xard (ttoog,
ovx tOTai tö avfint'qaGfj.a avayxalov.
284 IV. Aristoteles (Syllogismus).
H.
1. Kein B ist A
Mögl.w. ist alles C A
Mögl.w. ist kein C B
3. Kein B ist A
l.w. ist kein C A,
Mögl.w. ist alles B A
Kein C ist A
w. ist kein C B
tl. h. Mögl.w. ist alles C
Mögl.w. ist kein B A,
Kein C ist A
d. Ii.
Mögl.w. ist kein C B
Mögl.w. ist alles B A
I!
5.
Mögl.w. ist kein C
KeinB ist A 6. KeinB ist A
w. iste. C A Mögl. w. iste. C nicht A, d.h. Mögl.w. iste. C
Mögl.w. ist e. C nicht ß
1. Alles C ist A
Mögl.w. ist alles C B
Mögl.w. ist einiges B A
3. Kein C ist A
Mögl.w. ist alles c B
Mögl.w. ist einiges B nicht A
5. Alles c ist A
Mögl.w. ist kein c B,
6. Kein c ist A
Mögl-w- ist kein c B,
7. Mögl.w. ist einiges c A
Alles c ist B
Mögl.w. ist einiges B A
9. Alles c ist A
Mögl.w. ist einiges c B
Mögl.w. ist einiges B A
1 1. Mögl.w. ist kein c A
Einiges c ist 15
Mögl.w. iste. C nicht B.
III.
2. Mögl.w. ist alles C A
Alles C ist B
Mögl.w. ist einiges B A
4. Mögl.w. ist kAelilnes CG ist AB
Mögl.w. ist einiges B nicht A
d. h. Mögl.w. ist alles C B
Mögl.w. ist einiges B
d. h. Mögl.w. ist alles C 15
Mögl.w. ist einiges B nicht A
Mögl.w. ist einiges ß nicht A
8. Mögl.w. ist alles C A
Einiges C ist B
Mögl.w. ist einiges B A
10. Kein C ist A
Mögl.w. ist einiges C B
Mögl.w. ist einiges B nicht A
12. Mögl.w. ist einiges C nicht A
Alles C ist B
Mögl.w. ist einiges B nicht A.
Was nemlich hei solchen Schlüssen zunächst die erste Figur betrifft, so
sind vollkommne Schlüsse, in welchen der Schlusssatz als Möglichkeits-
Urtheil auftritt, nur möglich, wenn der Ohersatz das Möglichkeils - Urthcilist;
ist es hingegen der Untersatz, so sind die Schlüsse unvollkommen,
da sie einer anderweitigen Beihilfe hedürfen, und ausserdem enthält dann,
wenn verneinend geschlossen werden muss, die Möglichkeit ■, wie wir
IV. Aristoteles (Syllogismus). 285
sehen werden, nicht mehr jenen auf Natur -Bestimmtheit und dem Mei
stenteils beruhenden Zug des Notwendigen , sondern kann schlechthin
nur formal als das Nicht- Notwendige gelten. Vollkommne Schlüsse
also sind I 1 und 12; sie beruhen auf dem Begriffe der Möglichkeit und
den entsprechenden Schlussweisen des Stattfindens 565). Für den Nach
weis der übrigen aber ist vorläufig daran zu erinnern, dass wenn zwi
schen zwei stattfindenden Momenten ein Nexus der nothwendigeh Folge
besteht , auch von der Möglichkeit des bedingenden auf die Möglichkeit
des bedingten geschlossen werden muss , Sowie dass bei Berücksichti
gung der Möglichkeit in den Aussagen und Urtbeilen (vgl. Anm. 257 ff.)
aus einer Voraussetzung, welche zwar Etwas nicht Stattfindendes, also Un
wahres, aber dennoch nicht Unmögliches ausspricht, gleichfalls nur ein
factisch Unwahres, aber nicht Unmögliches folgt 566). Somit wird I 3
apagogisch erwiesen, denn gesetzt es wäre unmöglicherweise alles C A,
so würde dann sich ergeben, dass aus einer factisch unwahren, aber
nicht unmöglichen , Voraussetzung ein Unmögliches folgte; denn macht
man hier die wohl factisch unwahre, aber eben nicht unmögliche Voraus
setzung, dass alles C B sei, und hiezu also, es könne unmöglicherweise
alles G A sein , d. h. es sei notwendigerweise kein C A , so ist nach
III 3 der Syllogismen, welche aus einem Nothwendigkeits -Urteile und
einem Urteile des Statlfmdens bestehen , notwendigerweise einiges B
nicht A, was dem Obersatze von I 3 widerspricht und hiemit unmöglich
ist; also ist die Voraussetzung, dass unmöglicherweise alles C A sei, falsch.
Und ebenso wird I 4 apagogisch erwiesen vermittelst der Annahme , es
sei unmöglicherweise kein C A, d. h. aber es sei notwendigerweise einiges
C A, welche Annahme dann ganz wie so eben als unstatthaft sich zeigt 567).
565) 15, 33 b. 25.: luv d" r) fttv vnänxuv fj J" Mfyia9cti Xafißävijiat
TIOV 7IQOTÜOMOV, OTttV fltV Tj 71QOS TO fltl^OV UXQOV IvufytO&Ul. OrjftKl'l'rj,
jiXtiot t' I-Oovtui nävTtg oi avXXoyiOfiol xal tov IvötxtoS-ai xarä tov
tlqr\ii£vov fiiogißubv, otciv ä' i) nobg To fXaTTOv, artXtig ts nävTtg, xal
ot aitnrjTixo) TtSv OvXXoyiOjxäv ov tov xarä tov SioniGfibv Ivd'e/outvou,
üXXä tov tur]ätvi rj navxl l£ äväyxr\g vnäoxtiv ivdtxtö'ho yao to
A itaVTi tiS B, to dt B navxl Tip -T xtCa&ia inctQXiiV Infi ovv vnb to
B {otI to r, Tip dt r navtl lvS£xiTa> 70 -dt ff«veqov oti xal Tip r ttuvtI
MfyfTai. yCviTiti äfj rtXtiog OvXXoyiOpög' öfioiiog dt xal OTtnrjTtxrjg ovarjg
lijf AB UfioTaatiog Tr\g dk BT xajaifjttTixijg xal xijg jiiv tvdfyen&ai Trjg
<T v7iäQXHV XajxßavovOrjg ttXaog avXXoyiOfibg oti to A IvdfyiTai firjäevl
i(fi r inaQXtiV.
5G6) 34 a. 5.: 7iqiStov dk Xtxriov oti. tl tov A ovxog aväyxr\ to' B
tlvat, xal dvvaTov oVTOg tov A dvvarbv tOTai to B ii; aväyxrjg (12.)
dtl <f£ Xaiißävtiv /jij fiovov Iv rg ytvtati to ädvvaTov xal ävvtixbv, äXXa
xal iv tm äXrjfrtvsofrai xal iv Tip vnäoxtiv (25.) ifavtobv oti ipeväovg
inoTt&£vTog xal iirj advväiov xal to avfißaTvov Sia Ttjv viro&toiv ifitiidog
fffißi xal ovx aävvaTov.
567) 34 a. 34. : diiaQiGfih'MV dfj tovtmv inaijx^TM to A navTi Tip B,
to St B navTl Tip r (vdtx^o&M. aväyxr] ovv to A navxl Tip r h'dty.to!hai
imitQxtiv. fiij yao ivdtxjo&i» , to dt B navTl Tip F xtiafhuo tag vrräoxov,
roüro tff ifitüdog Lilv, ov fiivTOi Adi/vaTov. tl ovv to fxiv A iirt IvdfytTai
T(ji r, to ef£ B navii vnäoxti Tip r, to A ov navjl Tip B IvdfytTai • yLvtTiu
yao avXXoyiaiibg diä. tov tqCtov o"xrjfiiiTog. äXX' imixtno navTl Iväfytod-
ia imänxtiv. aväyxr) äoa ro A navrl Tip r tväfytoSai , iptväovg
yag Tt&tvTog xal ovx aävvaTov to avjj.ßalvöv Iotiv äävvaxov (b. 19.)
näXiv iaTM OTtQriTixr) noÖTaaig xa&üXov r) AB xal elXrjtf>&M to /tev -4
286 IV. Aristoteles (Syllogismus).
Aber eben hierin ist klar, dass dieser verneinende unvollkommne Schluss
bloss die formale Möglichkeit erfasst, da ja in der Voraussetzung des Gegentheils
der Begriff der Nothwendigkeit erseheint, und also der er
reichte Schluss nur von jenem Möglichen gelten kann, welches den Ge
gensalz des Notwendigen bildet; dieser Abfall von dem auf Naturbestimmtheit
ruhenden Möglichen zeigt sich auch sogleich, sobald man für
I 4 ein concretes Beispiel wählt, nemlich etwa:
Kein denkendes Wesen ist ein Rabe
Mögl.w. sind alle Menschen denkende Wesen
Mögl.w. ist kein Mensch ein Rabe
wobei ja sogar notwendigerweise kein C A ist ; so dass also diese den
blossen Gegensatz gegen das Nothwendige bildende Möglichkeit den factischen
Bestand des naturgemäss Nolhwendigen nicht trifft 568). Man sieht
hieraus, wie sehr Aristoteles jedes blosse Spielen mit formal gefassten
Begriffen zurückweist, und wie sehr er gerade bei dem Möglichkeils-
Begriffe, welcher einem Formalismus am meisten ausgesetzt ist, auf der
Forderung der Real-Potenz beharrt (vgl. hingegen Abschn. V, Anm. 41 u.
51 f.). Ist hingegea bei allgemeinen Prämissen der Untersatz allgemein
verneinend und zugleich er das Möglichkeits - Urtheil (I 5 und 16), so
kann nur durch Vertauschung des Untersalzes mit seinem Gegentheile
geschlossen werden, und es fällt dann 1 5 mit I 3 und I 6 mit 1 4 wieder
zusammen 569). Wenn in der ersten Figur die eine Prämisse particular
ist, so sind auch dann vollkommne Schlüsse möglich, falls der allgemeine
Obersatz, sei es bejahend oder verneinend, das Möglichkeits - Urtheil ist;
und so beruhen I 7 und I 8 auf dem Möglichkeits-Begriffe und auf den
entsprechenden Schlusswcisen (I 3 u. I 4) des Stallfindens. Wenn hin
gegen der particulare Untersatz das MöglichLeits-Urtheil ist, so muss die
/jrjdtvi /o> B imaQxtiv, rb dt B nuvjl IvdiyJaOo) inäQ/iiv to) F. rovraiv
ovv Tt&tvrwv avayxrj to A IvSfyja&ai fjrjätvl tojv F vTidn/tiv. (ir\ yaq
tväty(a&io , tu <Jt B tm r xtCa'ho} vnüqyov, xa&änso TiQÖTtQov. äväyxri
äfj tö A Tivi T(i) B vnctQytiv, ylvtTiu yito avXXoyiatj.bg diu tov tqCtov
ay^ictTog. tovto di udvvcnov.
568) 34b. 27.: ovrog ovv 6 OvXXoyiafj.bg ovx idTi tov xktü tot dio-
QiOfjbv tvdtxofiivov, etXXii tov fitjdtvi Ii aväyxtjs' avTrj yaq taTiv >j &vt(-
(f aotg Trjg ytvo/j£vi]g bno&tOiiog , h£3rj yao £S aväyxtje to A tivi to) r
vnÖQytiv (31.) fVi di xai ix tiSv oqiov (favtQov Sti. ovx iarai to
av/jm-oito/ju li'di/6/.iiVov. HOTto.yäo to jjtv A xoquS, to d' iip' tt> B dictvoovfjtvov,
i(f)' <[) dt r ävOnomog' ovdtvt drj to) B rb A inao/ti , ovdtv
yctQ diavoov/jtvov xogaS' tö dt B navTi ivdfytTia to) r. nctVTi yao äv-
&1>(o7toj to diavolTa&ai ' äXXä to A aväyxtjs ovdtvl Tip r. ovx uQtt to
OV/J7lt0CtG[Ja h'ät%6[ltVOV.
569) 35 a. 3.: luv dt To OTtQrjTixbv T£,V;7 nnbg to iXaTTOV uxqov IvdfylO&
at arj/jttivov, IS uvtiöv [tiv twv eiXijfiuivav ngoTÜaewv ovdtlg tazai
avXXoyiajj.bg, ävTiOTQuiftCorjg di rijs xutu to Ivdtytaöca nnoTccaiwg tOTia,
xaöaJttQ iv ToTg nQOTtQOV vnctQytTw yag to AttuvtI to) B, to diB lvdty£o$w
firjdtvl to) r. ovto) fjtv ovv lyövTOiV zfiv botav ovdtv tOTca avuyxcüoV
luv d' aVTMSTQauij to BT xiä Xrjip&rj to B tiuvtX to) T ivdt'yta&ui, ytvtzui
CvXXoyta/jbg ägnto tzqotsqov bjjotwg yüo iyovGiv ol oqoi Ty &£oet.
tov uvtöv di tqÖtiov xul OTtQijTixwv ovtiov ä/jifoTi-QüjV twv diaOTrffiäTiav,
iav to fihv AB fjr) vnaQ%ij, to äi BT fjrjösvl ivofrto'd-at at]/jci(vrj. cfV
avTojv fjtv yao tojv tlXrjU/Jtviov oväa/jiög yCveTcti To avayxaiov, aVTiOToatf
tlarig St Trjg xctTa to tvöfytG&ai 7iQOTdota>s iaTcti avXXoyiOfiös.
IV. Aristoteles (Syllogismus). 287
Schlusskraft, falls derselbe bejahend ist (I 9 und I 10), wieder wie oben
apagogisch erwiesen werden; falls er aber verneinend ist (1 11 und 1 12),
muss durch Vertauschung des Möglichkeits-Urtbeilcs mit seinem Gegentheile
eben auf I 9 und I 10 zurückgegangen werden 5T0).
In der zweiten Figur sind Schlüsse möglich , wenn die bejahende
Prämisse das Möglichkeits - Urtbeil und die verneinende das Urtheil des
Stattfindens ist, wobei II 1 durch Umkchrung des Obersatzes, 112 aber
durch diese und Verlauschung der Prämissen auf I 4 sich reduciren.
Sind beide verneinend, so muss das verneinende Möglichkeits - Urtheil
mit seinem Gegentheile vertauscht werden , und es gehen II 3 und II 4
durch die entsprechenden Vornahmen gleichfalls auf I 4 zurück. Ist
eine der beiden Prämissen particular und die verneinende das Urtheil
des Stattfindens, so muss sie das allgemeine Urtheil sein (denn das par
ticular verneinende Urlheil des Stattfindens ist nicht umkehrbar), und
es reducirl sich II 5 auf I 10; sind aber beide verneinend, s» muss das
Möglichkeits -Urtheil wieder mit seinem Gegentheile vertauscht werden,
wodurch 116 gleichfalls auf I 10 reducirt wird571).
In der dritten Figur ist bei allgemeinen Prämissen III 1 durch Um
kehrung des Untersatzes auf I 9 zu reduciren , und ebenso III 2 auf I
7, sowie III 3 auf 1 10 und 1114 auf 18; ist aber der Untersatz ver
neinend, so tritt, wenn er das Möglichkeits -Urtheil ist, wieder die Ver
lauschung mit seinem Gegentheile ein, und es gehen dann III 5 und III
6 auf III 1 und III 3 zurück. Die gleichen entsprechenden Veränder
ungen sind vorzunehmen, wenn eine der Prämissen particular ist, mö-
570) 35a. 30.: iav dt to fiiv xaS-öXov to d" iv ptosi Aijrpfl-;] TtSv Sia-
GTr\fi(iia>v, orav /*ev nnbg to fiti~£ov axQOV xaS-oXov rt.'/ij xal ivSeyö/Jtvov,
sfr' anoifittxixbv eire xanuftntxbv, to d' iv iitqti xaraif auxbv xal {maoyov,
tOtai OvXXoyiatubg T^Xuog, xctöäjieo xal xaüoXov tiov oqiov ovtuv.
ünöäti(tg d" r) avjrj rj xal ttq6t{qov. orav di xuftöXov fitv y to nnbg tb
u(l£oV bxqov, vnaoyov dt xal fit) ivätyöiitvov, ttciTCnov d" iv fxiou xal
ivStyotitvov, iav r' dnoif urixul iav ts xaTaifUTixal TeH-(S(Tiv äiirfortoat,
iav T( Tj fitv nnoif caizri rj dt xaTatfaTixr), navrtog earai OvXXoyirJfibg ärc-
Xys' nXijV ol fitv Jia fiiv toB aSvvürov ü(iy&)']Ooviai oi dt d<« Trjg ävnoiQoq
fiS Trjg tov ivötyeofrat , xa&anto iv Tolg 71q6t(qov. iarai di avXXoyiau.
bg Sia Trjg ävTtOTQO<frjg xal brav r\ uiv xati-oXov nnbg to fiti^ov refttiaa
orjuaCvt) to vnaoytiv rj ftij vnaqyav, r) ä' iv fitoei 0T€Qt]Tixri ovaa
to IvdtyiaChai Xafißiiv)/.
571) *18, 37 h. 23.: orav d' rj fiiv xaTaifuTixij ivdfyea&ai r) 3h OTeorj-
Tixr) vnäoytiv, fVrat avXXoyiOuog' tlXrnp&io yän to A t<3 uiv B fi>j3evl
vnäoytiv, to) dt r navil iv3(ytG&af aVTiaTQaifivTog ovv tov OT(Qr]Tixov
to B toj A ovStvl vnaq'iti, to 3h A naVTi Ttp r ivt3iytTom ytvtTai Sr\
OvXXoyißfibg Sri iv3fy_tTai rb B iir]3tvl Tip r 3ta tov txqiotov ayrjfiaTog.
buoCiog dt xal et nirbg tm r TtfreCr) to ort o^t/zoV. iav 3' afitfbitnai fiiv
tooi aT(QT)Tixa\, arjuaCvi) d" r) fiiv fir) vnäqyeiv i] d" iv3fyea!)ai fir) vniin-
X*iv, dt' uvTiiiv uiv t(Sv tiXrifiuiviov oväiv nv^ißuCvei avayxaTov, ävTi-
OToaqt (Oiji Sh Trjg xttTa to li'üeyeoilai nnoTafffcog ytverai. OvXXoyiGfibg
oi» to Ii T(5 r IvdfyiTai urjötvl VTräoyeiv, xad-anea iv ToTg ttqoicqov
(39.) tov avTov dt tqötiov ?fft xanl Ttov iv fttoet avXXoyiafiiäv (38 n.
2.) ÖTUV äi TO aT£QrjTixbv (sc. vttwj/ov) , irSTCti Sia Trjg ävriaTQorf rjg , xafhüneo
iv ToTg tiootsqov. naXtv iav ä/xif o) /.ilv tcc äiaOTrjfiara 0T(or)Ttxa
XrmS-n, xafloXov di tö fir/ vnaoytiv, ii avrtiiv fitv T(Sv nQoTÜGeiav ovx
eOTat.' to avayxaTov, avTtaroaif t'vTog th tou ivdtyeo&ai, xaiyäntq iv rotg
ttqötsoov, iOTai.favXXoyiajj.6s.
288 IV. Aristoteles (Syllogismus).
gen beide bejahend oder die allgemeine verneinend und die particulare
bejahend sein, indem III 7 und III 9 auf I 9 , III 8 aber auf 17, so
wie III 10 auf I 10 und III 11 auf 18 sieh reduciren; ist aber der
Ubersatz particular verneinend und zugleich das Möglichkeits - Urtheil (III
12), so tritt wieder der apagogische Nachweis ein 672).
Spricht aber endlich die eine Prämisse eine Möglichkeit und die
andere eine Notwendigkeit des Stattfindens aus, so ergeben sich folgende
Syllogismen aus einem Urtheile der Möglichkeit und einem
Urtheile der Notwendigkeit:
I.
1. Nolhw.w. ist alles B A 2. Mögl.w. ist alles B A
Mögl.w. ist alles C B Nothw.w. ist alles C B
Mögl.w. ist alles C A Mögl.w. ist alles fj A
3. Nothw.w. ist kein B A 4. Mögl.w. ist kein B A
Mögl.w. ist alles C B Nothw.w. ist alles C B
Kein c ist A Möglw. ist kein C A
5. Nothw.w. ist alles B A
Mögl.w. ist kein C B, d. h. Mögl.w. ist alles c B
■ Mögl.w. ist alles c A
6. PJpthw.w. ist kein B A
Mögl.w. ist kein C B, d. h. Mögl.w. ist alles c B
Mögl.w. ist kein c A
7. Nothw.w. ist alles B A 8. Mögl.w. ist alles B A
Mögl.w. ist einiges C B Nothw.w. ist einiges c B
Mögl.w. ist einiges c A Mögl.w. ist einiges c A
9. Nothw.w. ist kein B A 10. Mögl.w. ist kein B A
Mögl.w. ist einiges C B Nothw.w. ist einiges C B
Einiges C ist nicht A Mögl.w. ist einiges C nicht A
572) 21, 39 b. 10.: eariooav yaQ nqürov xarr\yoQixöi , xal rö ftiv A
navrl Tip r vnaQyirm , tö fit 13 navrl ivfieye'a^io vnaQytiv avtiarQUifivrog
ovv rov B r To TTQÜitov earai ayrj/.ia xal tö avfin^Qua/xa on ivfityerai
tö A rivl riov B inäoyeiv (IG.) öfioCws fik xal ei rö fitv
BT vnttQyetv rö fik A r ivfiiyeahai , xal ti rö fitv AT areQrjrixöv rö fik
BT xatriyonixöv, vnaQyoi fi' önoreQorovv, Afiij ore"Qios ivfityofievov iarai
rö av/ine'QaOfia (22.) fi fik tö areQrjrixöv re&eh] tiqös rö IXarrov
axQov rj xal äfUfw XrjifS-eit] artQrjrtxa, Ol' airiäv /ukv riSv xei/ie'viav oix
earai. avXXoyiafiöe , &vnarQuif ivr(av fi' earai, xa&aneQ Iv roig nQÖreQov.
ei fi' t) fiev xaHoXav rüiv nQotaaeiov r) ö" iv fie'Qei, xarrjyoQixiüv fikv
oiaiov äfUV.ore'Qiov rj rrjg fiev xaflöXov oreQrjrixrjs rf/s fi' iv (ie"Qti xaratparixrjs,
6 airög rQonoq karui rtav avXXoyiafiäv. nävreg yaQ TieQaCvovrai
öiä rov nQiöiov ayr\fiarog , tliare ipavtQov Sri rov ivfie"yeaf^ai xal ov rov
vnaQytiv earai ö avXXoyia/iög- ei 6" rj fikv xaraifatixr) xafhöXov -r) äk
areQrirtxr) Iv fie'Qei , fiia rov itfivvürov earai r) anöfieiiig. vnaQyirio yaQ
rö fikv B navrl riji r, rö fit A ivSeyiad-ui rivl ru~> r fir, iinagyetV äväyxi]
örj rö A ivSiytaSai rivl riß B fir) vnaoyeiv ti yaQ navrl rtjj B rö A
vnaQyti ü äväyxrjg , rö fit B navrl rip r xelrai vnctQyeiv, rö A navrl
rip r ig äväyxrjs vnaQ$li' rovro yitQ fie'fietxrai nQÖreQov &XX' vnixtiro
rivl ivfie~yea{)ai fiij vnaQyeiv.
IV. Aristoteles (Syllogismus).
11. Nothw.w. ist alles B A
12. Nothw.w. ist kein B
1. Nothw.w. ist kein B
Mögl.w. ist alles C
II.
A
A
Kein C ist B
3. Nothw.w. ist kein B >• A
Mögl.w. ist kein C A, d- h.
4. Mögl.w. ist kein B A, d. h.
Nothw.w. ist kein C A
Mögl.w. ist einiges C B
Mögl.w. ist einiges C A
Mögl.w. ist einiges C B
Einiges Cisl nicht A.
Mögl.w. ist alles B A
Nothw.w. ist kein C A
Kein C ist B
Mögl.w. ist alles C A
Kein C ist B
Mögl.w. ist alles B A
5. Nothw.w. ist kein B A
Mögl.w. ist einiges C A
Einiges Cist nicht fi
6. Nothw.w. ist kein B A
l.w. ist einiges C nicht A, d. h.
Kein C ist B
Mögl.w. ist einiges C
Einiges C ist nicht B.
III.
1. Nothw.w. ist alles C A
Mögl.w. ist alles C B
Mögl.w.
Nothw.w.
ist alles
ist alles
G
G
A
B
Mögl.w.
3. Mögl.w. ist kein
Nothw.w. ist alles
ist einiges B
C
C
A
B
Mögl.w.
Nothw.w.
Mögl.w.
ist einiges B
ist kein C
ist alles C
A
B
ist einiges B nicht A
5. Nothw.w. ist alles C A
Mögl.w. ist kein C B, d. h.
6. Mögl.w. ist einiges C A 7.
Nothw.w. ist alles C B
Einiges B ist nicht A
Mögl.w.
Mögl.w.
Nothw.w.
Mögl.w.
ist alles C
ist einiges B
ist alles C
ist einiges C.
A
A
B
Mögl.w. ist einiges B A
8. Mögl.w. ist alles C A
Nolhw.w. ist einiges C B
Mögl.w. ist einiges B A
ist einiges B A
9. Mögl.w. ist einiges C nicht A, d. h.
Nothw.w. ist alles C B
Mögl.w. ist einiges C
Pbaktl, Gesch. I.
Mögl.w. ist einiges B A
19
290 IV. Aristoteles (Syllogismus).
10. Mögl.w. ist kein C A 11. Nolhw.w. ist kein G A
Nothw.w. ist einiges C B Mögl.w. ist einiges C B
Mögl.w. ist einiges B nicht A Einiges B ist nicht A
12. Nothw.w. ist einiges C A
Mögl.w. ist kein C B, d. h. Mögl.w. ist alles C B
Mögl.w. ist einiges B A.
Bei einer solchen Combination von Urtheilen nemlich ist in der ersten Fi
gur ein vollkommner Schluss nur möglich, wenn der Untersatz das Nothwendigkeits-
Urtheil ist. Sind die Prämissen bejahend, so ist der Schluss
satz nur ein Möglichkeits-Urtheil. So ist I 1 ein unvollkommner Schluss,
denn er kann nur durch die nemlichen Mittel bewiesen werden wie I 3
bei den aus Urlheilen des Staltfindens und Möglichkeits-Urtheilen bestehen
den Syllogismen ; hingegen I 2 ist ein vollkommner Schluss, welcher die
Beweiskraft in sich selbst enthält 573). Ist aber die sog. Qualität der Prä
missen ungleich, und zwar die verneinende das Nothwendigkeits - Urtheil,
so ist der Schlusssatz kein Möglichkeits-Urtheil; diess zeigt der apagogische
Beweis des Syllogismus 1 3, denn gesetzt es wäre unrichtig, dass
kein C A ist, und also anzunehmen, dass alles oder einiges C A sei, so
würde , da in Folge des Obersatzes' kein B A sein kann, und also auch
kein A B, hiemit kein B, oder wenigstens nicht alles B, C sein können,
was dem Untersatze widerspricht, welcher sagt, dass alles C B sein könne;
somit ist jener Schlusssatz, dass kein C A ist, richtig und er enthält
auch, dass möglicherweise kein C A ist, also involvirt er in dem von
ihm ausgesprochenen Stattfinden auch die Möglichkeit574). Ein vollkommner
Schluss hingegen, aber nur ein Schluss auf die Möglichkeit ist 14; bei
I 5 und I 6 muss wieder im Untersatze die Vertauschung mit dem Gegentheile
eintreten, und ersteres reducirt sich hiedurch auf I 1, letzteres
aber eben auf I 3 und hat hiemit ein Urtheil des Staltfindens als Schluss
satz575). Entsprechend verhält es sich, wenn die eine Prämisse particu-
573) 16, 35 b. 23.: ozkv d" rj fxkv II aväyxrjg vnägxtiv rj d" ivä£zto9m
arjfxaCvrj tiSv nooxäatiav, 6 fitv avXXoyiOfibg (arai xbv aixbv tqotiov l/öv-
XIOV XIÖV OQIüV XCti X^XlIOg , OXUV 7100$ Xlp IXäxTOVl &XQO) TC&tj TO ttVayxalov
(37.) ort fzkv oiv xaraiparixiav bvxuov xiav öpcov ov yCvexäi xb
ovfin£gaOf*a avayxalov, tftuv&QOV. vnaQx^xio yao To A navTl T(j> B
aväyxrjg, xb dt B ivä£%£a&io navxl Tip T. iaxai Sr\ ovXXoyiO/xbg äxeXijg 0x1
ivös/txai xb A navrl Tip r vtcÜq/siv. oti d" axelijs , Ix xijg anoätl^iios
äfjXov' xbv avxbv yao xqötiov det/irfoexai ovnen xänl xiov tiqoteqov (Anm.
567.). näXtv xb /xlv A Ivdtxta&io navxl Tip B inaQ/itv , id dh B navxl
Tip r vnaqx^xio i'i aväyxrjg. ioxai ärj avXXoyia^ibg 0x1 xb A navxl rcjü r
ivdt?y£Tai vnäoyuv, äXX' oi>x oxi inao/ei, xai xiXtiog äXX' ovx ÜTeXijS,
ei&vg yao iniTeXslrai <fi« tiöv £f äQ/(ys nooxäaeiov.
574) 36a. 7.: ei dt firj b/*oioa/rijj.ov£g al nooxdoeig , lärm nqiÖTOv rj
ßTior\Tixr\ avayxaCa, xal To (ilv A fj.r\Stvl Iv^e/toS-o) Tip B 1$ aväyxrjg, xb
tfk B navTl Tip r IvSextairia. äväyxr) Sr\ to A firjäsvl Tip jP vnaQyuv.
xtCo&ia yaQ vnäo/eiv rj navxl rj tivC. Tip öh B vntxtiTO firjSevl lvd{yeo&ai.
insl oiv ävTidTQe'ii et xb OTfQrjTtxbr, oväk to B xäi A oväevl i'vofyexai'
xb d^ ye A Tip r rj navxl fj xivl xtlxai inao/tiv. löax' oväevl rj oi navxl
Tip r xb B iväeyoix' äv bnäogtiv vnixiiTo 81 navxl IS ägyrjg. ipavigbv
d" ort xal xov tvätyta&ai fir) vnaQXtiv yCvtxai avXXoytOfiog , ttneo xal
tov pr) vnc'tQxeiv.
575) 36a. 17.: naXiv eUTia r) xaraipuTixi] nqoTaOig avayxaCa, xal to
IV. Aristoteles (Syllogismus). 291
Iar ist; denn auch hier ist der Schlusssatz ein Urtheil des Stattfindens,
wenn die verneinende Präraisse das Nothwendigkeits-Urlheil ist (1 9 und
I 12), hingegen geht der Schlusssalz nur auf eine Möglichkeit, wenn das
particular bejahende (I 8 und I 10) oder das allgemein bejahende (I 7
und 1 11) das Nolhwendigkeits -Urtheil ist 576).
In der zweiten Figur hingegen ist, wenn die verneinende Prämisse
das Nolhwendigkeits - Urtheil ist, der Schlusssalz stets ein Urtheil des
Stallfindens, welches wie. oben die Möglichkeit schon in sich involvirt;
ist die bejahende das Nothwendigkeits-Urtheil , so besteht kein Schluss.
Es reducirt sich II 1 durch Umkehrung des Obersatzes auf 13, und
eben dahin durch entsprechendes Verfahren auch II 2 ; sind beide Prä
missen verneinend, so wird das Möglichkeits-Urtheil mit seinem Gegen
satze vertauscht, und es gehen somit II 3 und II 4 gleichfalls auf I 3
zurück. Ist der Untersatz particular, so wird, wenn er bejahend ist,
der Obersatz umgekehrt und hiemit bei II 5 nach I 9 geschlossen; ist
er verneinend, so wird er mit seinem Gegensatze vertauscht, und so
II 6 ebenfalls auf I 9 reducirt 577).
ftev A lvSt%{<Sxhu> firjStvl xüv B vnagxttv, tö de B navxi Tip r vnag-
XiTio 1$ äväyxrjg. ö fiev ovv avi.Xoyiajj.6i xiXeiog, äXX' oii tov fir\vnägxeiv
aXXa tov ivde'xea&ai fifj vnägxetv (25.) luv de ngög Tip iXuTTovi
axgip rtd-ri to OTeorjTixbv , oTttv fikv ivSfytad-ui atj/jaCvi), avXXoyiafiög
iazai diu Trjg ävTiOTgoipijg, xa&aneg iv TuTg ngÖTegov.
576) 36a. 32.: tov aiiTÖv de Tgönov e$ei xanl tiov iv utost OvXXoyiafiiäv.
oTcev yag y ro aregrjrixöv avayxalov, xal to avunigaajja ittTai
tov fit) iinagxeiv, olov ei to fiev A ftrjdevl tiSv B IvätyeTtu ynao/eiv,
to de B tivi t&v r ivSixtTtti inägyeiv, aväyxrj to A tivI tiov T firj
inägXtiV ei yag naVTl vnäqxei, Tip de B fttjdevi ivde'xeTui, ovde to B
ovdevl Tip A ivdexerai vnägxeiv iSat' ei tö A navTi Tip jT vnägxei,
ovdevl TtSv r to B ivde"xtTm' aXX' vne'xeno tivi ivde'xeaH-ai. Brav de tö
iv fie"gei xaTtapctTixöv avayxalov 5 tö tv Tip aTigrfTixip avXXoyia/iip , olov
rb BT, r\ to xad-öXov Iv T(5 xaTtjyogtxip, olov to AB, ovx eaxai tov vnäg-
X^iv avXXoyiauög' anöäeiSig d* aiiTt] i] xal inl tiSv ngoTegov.
577) 19, 38 a. 14.: Trjg fiev OTegrjTixijg ävayxaiag ovar)g eOTtti avXXoyio/
jög ov fiövov ort ivde"xtTm fit) vnägxeiv, äXXä xal ort 011/ inäit/ei,
Tf)s de xuTcupaTixffs ovx saiai. xeiti&u) yag to A Tip fiev B Ii aväyxr\g
firjSevl vnägxeiv, Tip de r navrl lvde"xea&ai ' AvtiOtquii ei'öqg ovv rf,g
OTenrjTixris ovde to B t<j5 A ovdevl vnäo'l-ef to Se A tiuvtX im r ivedk-
XSto' yCveTtii dt) näXiv diu tov ngioTov ax^fiaTog 6 avXXoyiafiös ort tö
B Tip T ivde'xeTtu fitjdevl vnägxeiv äfict dt drjXov oTt oid" inägxet tö B
ovdevl tiSv r. xe(a9-(o yan iinünxeiv. oixovv ei tö A Tip B firjdevl Ivde"-
XtTcu, tö de B vnttQXti tivi tiov r, tö A ti3v T tivi ovx ivde"xirai'
navTi vne'xeiTo ivdexea&at. töv kvtöv de tqotiov (ff//#»jff«r«i xctl ei TtQÖg
Ttjj r reS-eCt) tö OTeorjTixöv (b. 6.) luv d' 6fj.oioaxrnJ.oveg laOiv al tiqo-
Tttaeig, aTeotjTixüiv /jkv ovOiäv «£t yCveTtti OvXXoyia/jög ävTiOTQaq eCaqg Trjg
xuTa tö Ivoe'xeod-ui nQoxäatiog , xad-aneg Iv ToTg noÖTeooV eiX^if &io yag
tö A Tai /xhv B II- avaj'xrjg fir\ vjiagxeiv, Tip de r Ivdexea&iti fiij inao-
XW aVTiaToaipeiOtov ovv TiSv nooTuoetov tö /jev B r<j5 A ovdevl v7iäg^ei,
tö de A navil Tip T tvdfxeTctf ytveitu drj tö noioiov ff/ij««. xäv ei
ngog Tip r Te&e(rj tö OTeQijTixöv, lögavTtog (24.) öfioCtog 0" ?fft xänl
Tiäv iv fiigei avXXoyiafiiöv' orav /xev yag 5 tö OTegrjTixöv xitfröXov re xal
avayxatov, ael OvXXoyiOfiög eOTai xal tov ivde"xeo&ai xal tov (ir\ vnag-
X*1*, änödeiSig de diä rjjf avxiaxgoif* rjg (31.) otuv de äfiifÖTegai fiev
aregrjTixal, xu&öXov de xal ctvayxaCa ij tö fifj vTtägxtiv Orjfiaivovqa
avTiargaipelarig Tfjg xaTcc tö ivde'xeo&ai ngoTÜaeiag ?ffr«i avXXoyiaftdg,
xaO-äneg tv ToTg ngÖTegov.
19*
292 IV. Aristoteles (Syllogismus).
In der dritten Figur ist, wenn beide Prämissen bejahend sind, der
Schlusssatz stets ein Möglichkeits - Urlheil , und ebenso wenn, falls eine
verneinend ist, die bejahende das Nothwendigkeits-Urtheil ist; hingegen
wenn die verneinende das Nothwendigkeits-Urtheil ist, spricht der
Schlusssatz wieder ein Stattfinden aus, in welchem die Möglichkeit involvirt
ist. Durch die entsprechenden Vornahmen reduciren sich dann
III 1 und III 2 und III 5 auf I 7, sowie III 3 auf I 10; III 4 aber, wel
ches auf I 9 zurückgeht, muss als Schlusssatz ein Urtheil des Stattfindens
haben. Das gleiche Verhältniss besteht auch , wenn die eine Prä
misse particular ist; es sind dann III 6 und III 7 wieder auf I 7, sowie
III 8 auf I 8 und III 10 auf I 10 zu reduciren; III 9 geht durch Ver
tauschung des Obersatzes mit seinem Gegentheile gleichfalls auf I 7 zu
rück, sowie III 12 durch das gleiche Verfahren mit dem Untersatze auf
18; III 1 1 aber erhält durch Zurückführung auf I 9 wieder ein Urtheil
des Stattfindens als Schlusssatz 578).
So hat Aristoteles durch diese combinirten Syllogismen, welche als
bald von den nächsten Peripatetikern vermittelst schulmässiger Regeln
egalisirt und ihrer philosophischen Grundlage, welche im Möglichkeits-
Begnffe^bexuht , beraubt wurden, später aBeT" eine gänzliche Vernach-
TasliTgüng erfuhren, die vollständige Durchführung eines Grundgedankens
gegeben, welcher für die Syllogistik unerlässlich ist, sobald nur zugege
ben wird, dass der Syllogismus die oben angegebene Aufgabe hat ^ Urtheile
unter eine begriffliche EinheiT^üsammcnzuführen. Jener eines
AlTs1öteTeT~wunI^ als
solches das vereinzelte Factum des empiristischen Wahrnehmens bildet,
5-78) 22, 40 a. 5.: xarrjyoqixiov fiiv övriov nSv oqiov äel rov ivdexeo&at
'{arm avlloyKSfj.bg , orav ä' jj tö fiiv xarrjyoQixbv rb äi OreQtjrtxbv, iitv
fiiv y tb xaraifarixbv avayxaiov, rov Ivfifyio&cci fir) vnaQxeiv, iav äi rb
oreQrjiixbv, xai rov tväfyeo&«i iir\ vnäqxeiv xai rov fir\ vnaQ/eiv , . . . .
(11.) earioaav dij xarrjyoQixol nQiorov ol opoi, xai rb fiiv A navrl riß jT
vnaQxiria i$ äväyxyg , rb äi B navrl iväexioO-io vnäo/eiv inel ovv rb
fiev A navrl xü> T aväyxr), rb äi r rtvl rij> Ts iväiyerai , xai rb A rivl
T^jp B iväexöfievov earai xai ov% inaQxov ovrio yäo awenmrev inl rov
nQttlrov ax>]fiarog. btioitog äi äeiy;9-rjaerai xai el rb fiev BT re&eCtj avay
xaiov, rb äi AT ivd eyöfievov. naXiv eario rb fiev xairjyoQixbv rb de are-
Qrjrixbv, avayxaiov äi rb xartjyoqixöv. xai rd fiev A iväex^O&io fitjdevl
TiSv r vTräo/eiv, rb äi B navrl vnaQxe'rio 0; äväyxtjg. earai äi] nai.iv rb
nqiorov Oyfffia (25.) el el" fj orentjTixij nQoraaig avayxaCa , rb Gvfineoaafia
earai xai on (väe'/erai rivl fti] vnäqxeiv xai ort ovx inao/ei.
xeCa&to yaq rb A riß r fir] i/näqxeiv i$ äväyxtjg , rb äi B navrl iväi-
%ea9-ai. ävnarqaa ivrog ovv rov BT xaraifarixov rb nqiorov iarai axijfia
xai ävayxala rj areqt]rixr] nqöraaig . . . . . (33.) orav äi rb areqrjrixbv re&fj
nqbg rb iXurrov axqov, iäv fiev iväexöfievov, earai avXXoyta/ibg fieraXrjipifeiarjg
rrjg nqoräoeiog , xaHäneq iv roig nqoreqov, iäv o avayxaiov, ovx
earai (39.) pfioliog ä' egei xai el b fiev xafhöXov rmv oqiov 6 ä' iv
fie'qei nqbg rb fiiaov. xarrjyoqixiov uev yap bvriov äfiipore'oiov rov iväe"-
%eo&ai xai ob rov bnao/eiv eotai avXloyiafibg, xai orav rb fiiv areQ^rixbv
iyf&y rb d"i xaraif arixbv, avayxaiov de rb xaratf arixöv. orav äi rb are-
Qtjrixbv avayxaiov, xai rb avfinioaafia earai rov fit] vnäp/eiV 6 yap
avrbg roönog earai ryg äeC'Zeiag xai xa&öiov xai ftr) xaft-ökov riav oqiov
ovriov (b. 8.) orav äi rb areQtjrixbv xa&öXov Xr/a^iv reS-ij nqbg rb
tXarrov cIxqov, iäv fiiv ivdexofievov, torai avXXoyiOfibg äia rrjg avriarQO-
(pijg, iäv (T avayxaiov, ovx tarai.
IV. Aristoteles (Syllogismus). 293
und dass daher jenes begriffliche Moment, welches nach Menschen-Mass
auch dieser Wahrnehmung einwohnt, noch einer weiteren Vermittlung
bedürftig ist, denn das Wissen als solches kann sich nur bei der Ein
sicht in die Notwendigkeit der principiellen Ursächlichkeit begnügen ;
darum muss das Stattlinden nach der ihm einwohnenden Potenzialität
des Verwirklichungs- Processes überhaupt gefragt und untersucht wer
den, denn nur durch die Real -Polenz des Seienden hindurch führt der
Weg zur ursprünglichen Nolhwendigkeit des Principiellen, nur aber Aus
sagen, welche diese allgemeine Nolhwendigkeit als eine allgemein gültige
aussprechen , können als Sätze des Wissens und der Wissenschaft gel
ten. Dass aber das dem Menschen zugängliche Seiende nicht das Transscendente
als solches ist, sondern das in der Vielheit und Materialität
erscheinende Begriffliche, ist ein wesentliches Attribut des Menschen-
Seins überhaupt; und in dieser unserem Wissen als Gegenstand sich
darbietenden Existenz -Weise ist es begründet, dass die Nothwendigkeit
des an sich transscendenlen Begrifflichen in die materielle Verwirkli
chung fällt, und dort eben nicht als die abstracto reine Einheit auftritt,
sondern an eine stoffliche Naturbeslimmlheit gebunden nur vermöge des
„Meistenteils" sich verwirklicht, so dass das schlechthin Ausnahmslose
nicht Sache dieser Erscheinungsweise der Wesenheit ist, derselben aber
liiemit auch ein Verwirklichungs -Process der begrifflichen Vollkommen
heit selbst zufällt; diesen aber zu erforschen ist die wissenschaftliche
Verwirklichung der menschlichen Erfahrung selbst, denn wir erkennen
dann die begriffliche Nothwendigkeit des empirischen Seins gerade so
weit, als sie demselben einwohnt; die Verzückung hingegen in das abstract
reine und in sich schlechthin nothwendige Eins der transscendenten
Wesenheit können wir den Mystikern und den ächten Hegelianern
füglich überlassen. Denn dass jenes „Meistenteils"" es Ist, in welchem"
die Nothwendigkeit innerhalb des erfahrungsmässigen Seins auftritt, ver
leiht uns sowohl die Zuversicht als auch die Bescheidenheit unseres
Wissens. Dass aber das Meistenteils eben nicht das ahstract und schlecht
hin Nothwendige, uiid in dieser Beziehung also ein Nicht -Notwendiges
ist, und dass_Jolgjich^nerhalb des erfahrungsmässigen. jnaj£nejflen__,und
vielheillichen Seins die Notwendigkeit _jls_iNichl-Nolhw^judigkQii_3^ritt, j
dieSB Ist mir eine 'ander6';,Ausdrückswcisc für die Vergänglichkeit des
SeiTnden~"de7~TC[rsdruck ist gleichgültig, das_JFaj^um_jab^
dass der'Mensch zum Behufe des menschlichen Wissens das Notwen
dige Wr7ficJj|2^<>thwciidigen zu suchen hat, und hiebei auf die Rßal-
Potenz und den. Verwirklichungs - Process desSeienden hingewiesen ist.
üiess erkannte Aristoteles richtig (vgl. auch Änm. ßfTÖy, und ihn musste
daher die Ueberzeugung durchdringen , dass das menschliche Aussagen
von dem objecliv empirischen Stattfinden durch die Real-Potenz hindurch
zur begrifflichen Notwendigkeit gelangen müsse und dass daher für die
Zusammenführung aller ein Gebiet betreffenden Urteile sowohl Urteile
des Stattfindens als auch Möglichkeits - und Nothwendigkeits- Urlheile
aufzubringen und unter eiife begriffliche Einheit zu vereinigen sind;
darum mussten für die Syllogistik, welche die Formen jenes Zusammen
führens entwickelt, auch die Fälle und syllogistischen Verhältnisse aller
hierin möglichen Combinationen untersucht werden, gerade hiebei aber
2V
294 IV. Aristoteles (Syllogismus).
jene Auffassung des Möglichkeits - Begriffes bewahrt bleiben , welche in
der Verwirklichung des Meistenteils den dem vergänglichen Sein zu
kommenden Zug des Nothwendigen enthält 579).
Jeder Schluss überhaupt aber, sei er welcher Art er wolle, hat seine
letzte Basis in den allgemeinen Schlussweisen der ersten Figur (s. oben
Aiun. 557); denn das Schliessen kann nur entweder direkt demonstrativ
(deiKTixäg) oder voraus voraussetzungsweise (l| vno&iaemg) — zu die
sem letzteren aber gehört der apagogiscbe Beweis — verfahren 580).
Im ersteren Falle muss, wenn die Verbindung oder NichtVerbindung eines
Prädicates mit einem Subjecte vermittelst eines Syllogismus nachgewiesen
werden soll, unerlässlicb noch ein zweites Urtheil hinzugenommen werden,
welches mit jedem jener beiden Begriffe, nemlich sowohl mit dem Subjects-
als auch mit dem Prädicats-Begriffe vermöge ihrer generellen Ka
tegorien-Bestimmtheit in einer Beziehung steht, d. h. es muss irgend
ein Mittleres ergriffen werden, welches als gemeinsames Band jener
zwei Begriffe wirkt, was es nur thun kann, wenn es entweder zugleich
für den einen Subject und für den anderen Prädicat oder für beide das
Prädicat oder für beide das Subject ist; und hieraus entsteht die Drei
zahl der Figuren, in deren Einer jede Demonstration sich bewegen muss ;
diese aber haben, wie wir oben a. a. 0. zu zeigen hatten, ihre Basis in
jenen allgemeinen Schluss weisen der ersten Figur581); selbstverständ
licher Weise ist es für das Princip dieses Verfahrens völlig gleichgültig,
ob Eines oder mehrere Mittelglieder aufgebracht werden, um das ge
meinsame Band zwischen einem Subjects-Begriffe und einem mit ihm zu
verknüpfenden Prädicatsbegriffe zu erreichen 582), so dass man sehr Un
recht hat, wenn man hierin eine Erwähnung des sog. Sorites bei Ari
stoteles sehen will, denn umgekehrt gerade dafür, dass Aristoteles diesen
Sorites nicht erwähnt, weil er ihm aus sehr vernünftigen Gründen keine
eigenthümliche syllogistische Function zuschreiben kann, ist diese Stelle
579) Dass in dieser Beziehung die Naturbeslimmtheil und das Nicht-Nothwendige
an den zwei Stellen Anal. pr. 1, 3. u. 13. durchaus nicht in widersprechender
Weise behandelt sind, haben wir bereits oben, Anm. 278. gezeigt.
580) 23, 40b. 17.: Sri ftev ovv ot iv rovroig rotff o^rj/xaCi avXXoyixSitol
TtXtiovvtttC xe cFi« rwi» Iv xip 7iq(Ötu> O/r^fxaxi xadöXov OvXXoytOftiöv xai
eig xovxovg äväyovxai, örjXov ix twv etorj/jgvfov oti d" anXüg nag avXXoyiOfiög
ovT(og vüv eaiai (favenöv (23.) äväyxrj är) ix&aav anodei'iiv
xai navxa avXXoyia/töv rj vnaQ%ov ti rj fir) vnäo/ov dtixvvvui xai
tovto rj xa&oXov rj xeira f-itnog , (ti rj äeiXTixäg rj {"f vnoiHotwg , tov d"
VTTOiMaeiDS jUfVjOC To dt« tov aävvaTOV.
581) 40h. 30.: tl är) dVot To A xciTtt tov B OvXXoyCaaaS-ai r/ xmaQ/ov
rj (ir\ vtxuq/ov, aväyxr] Xaßelv t\ xaTct Tivög ..... (3b.) äoxt TtQogXrjnTiov
xai (Ttottv nnoTttOiv (41a. 2.) oXtos yao tinoptv ort ovfiti; ovitnoxt
forrra OvXXoyiOfjos clXXov xkt' aXXov fir\ Xrjif &tvTos Tivög fiioov , o noog
izäxtoov t/u nwg Talg xaTr/yontaig (11) luOTS Xrj7iT(ov ti fiiaov
äfitf olv o Ovvüipfi Tag xaTi\yoQlug , tinto iOTai Toväe Tiobg TÖät avXXoyiGfiog.
tl ovv üväyxrj ftiv ti Xaßtiv ngög äfiifto xoivbv, tovto d" fVdY-
%(Tai Tni/iSg, rj yao to A tov F xai tö r tov B xaTt]yoar\oaVTug f io T
xctTy &fi<f oTv rj afilfia xurä tov r, TavTa d" ZotI tcc t1or)[i{va a^r\fnuTa,
tpaviQov oti nävxa OuXXoyiOfiöv äväyxrj y(v(0&at cT/« tovtidv Tivög xäv
0%r}jxäxti>v.
582) 41a. 18.: ö yao aixög Xöyog xai et diu nXnövmv OvvänToi nqog
to B, TaiiTo yao eOTai a^rjfia xai tnl T(äv noXXwv.
IV. Aristoteles (Syllogismus). 295
ein deutlicher Beleg; s. auch unten Anm. 587. Im letzteren Falle aber,
nemlich bei voraussetzungsweisem Verfahren , muss das Schliessen als
solches gleichfalls auf eine der wesentlichen Weisen des Syllogismus
eingehen, denn das apagogische Verfahren gelangt eben doch nur durch
eine syllogistische Schlussweise auf den von ihm beabsichtigten Wider
spruch, und hiedurch führt es den Beweis der ursprünglichen zu be
weisenden Behauptung vermittelst einer Voraussetzung, da ja das Gegentheil
des zu Beweisenden der Inhalt der Voraussetzung ist; insoferne
aber der Weg, welcher hiebei zum offenkundig Unmöglichen führt, ein
syllogistischer ist, muss auch der apagogische Beweis auf einer jener
drei Figuren beruhen. Das Gleiche aber gilt von jedem voraussetzungs
weisen Verfahren überhaupt, denn der Schluss als Syllogismus beruht
hiebei stets nur auf dem in bestimmt factischer Weise, d. h. gerade
nicht mehr voraussetzungsweise, Angenommenen, die ursprüngliche zu be
weisende Behauptung aber wird eben nur dadurch erhärtet, dass man
sich jenes zugestehen lässt oder sonst in einer Weise es so voraussetzt,
als wäre es unbestritten factisch richtig ; also insoferne geschlossen wird,
muss bei jedem voraussetzungsweisen Schlüsse überhaupt gleichfalls eine
der syllogistischen Figuren wirken 583). D. h. Aristoteles isJM^rnünftig
genug, keinen eignen Voraus^ als solchen anzuerkennen,
denn der Syllogismus ist Verknüpfung zweier begrilfsmässig zusammen
hängender Urtlieile , solange aber und insoferne ein Urtheil nur als
Voraussetzung auftritt , hat es gar keinen wissenschaftlichen Werth ; da
mit aber, ob ein Urtheil Voraussetzung sei oder nicht, und ob diese
von Vielen oder Wenigen zugestanden werde oder nicht, hat die Syllogistik
als solche Nichts zu schaffen. S. auch unten Anm. 605. Dass I
die Bornirtheit späterer Generationen das Umspringen von einer noch in
verschiedenen Zweifeln schwebenden Aussage in ein zuversichtliches An
nehmen gleichfalls einen Syllogismus nannte, werden wir im Verlaufe
der Geschichte wohl sehen , aber uns hoffentlich hiedurch die Einsicht
nicht trüben lassen, dass Aristoteles sehr gut wusste, was er mit der
Syllogistik wolle und welche Function er ihr zuweisen müsse.
Ist hiemit alles Schliessen jeder 'Art auf jene drei Figuren hinge
wiesen, und reduciren sich sämmtliche in denselben auftretenden Schluss-
583) 41a. 23.: nävTeg yctQ ot 3ia rov aSvvdrov neQaCvovreg to fj.iv
iptväog OvXXoyi'&VTcii, to o £| aoyjjg IS vnothtatwg StixvvovOiv, brav
aävVttTov ri avfißaCvr) ifjg avTiwäattog redtCarjg (32.) <3ot' intl tov
iprinfovg ytvtnu avXXoyiafxbg oeixTixbg Iv xulg tig rö advvarov anayopitvoig,
to (!" Ii ttQ/rjg t'( vnofMoewg äeCxvviai, roitg Si SeiXTixovg jroöre-
()ov tXnoutv Sri d*ia tovtwv ncqaCvoVTtti r&v axr\fittT<av, t/avSQOv ort xai
ot efi« rov Aävvaxov OvXXoyiOfioi dV« tovtcdv ioovrca rmv o/riftäx tov. (6gavrotg
&t xui ot aXXoi navng ot l£ vnofHaiwg' iv arcaai yau 6 uiv avXXoyiafiog
ylvtxai nobg to fjtTaXafißavofisvov (was aus diesem fieraXn/xßavo-
(itvov unter den Händen der Schüler des Aristoteles geworden sei, wird der nächste
Abschnitt zeigen), rö eP i( <*QXVS nsqalvttat oV bfioXoyCag r, Tivog äXXi/g
v7zo<tt'at(og. Nachdem schon Waitz, Org. I, p. 433., den gewöhnlichen Tadel, dass
Aristoteles die hypothetischen Schlüsse übergangen habe, völlig richtig als einen
unbegreiflichen bezeichnet hatte, muss es gerechte Verwunderung erregen, wenn
Brandis, Gr. R. Phil. II, 2, 1. S. 178. u. bes. 186., wieder wie Ritter von einer
Lückenhaftigkeit der aristotelischen Syllogistik spricht.
296 IV. Aristoteles (Syllogismus).
weisen auf die allgemeinen der ersten Figur als ihre letzte Basis 584),
so ist eine weitere auf sämmtlichen Schlussweisen beruhende gemein
schaftliche Eigenthümlichkeit aller Schlüsse überhaupt, dass stets we
nigstens Eine Prämisse allgemein und ebenso wenigstens Eine Prämisse
bejahend sein muss; ein allgemeiner Schlusssatz aber kann sich nur er
geben, wenn beide Prämissen allgemein sind, hingegen muss er nicht
nothwendig dann ein allgemeines Urtheil sein, denn auch wenn beide
Prämissen allgemein sind, kann der Schlusssatz particular sein; ferner
muss stets die Qualität sowie die sog. Modalität (d. h. ob Urtheil des
Stattfindens oder der Möglichkeit oder der Nothwendigkeit) wenigstens
in Einer Prämisse die nemliche sein wie im Schlusssatze 585). Ferner
gehören zu jedem Schlüsse nothwendig drei Begriffe , und nicht mehr
als drei ; denn wenn durch mehrere Mittelbegriffe geschlossen wird , so
sind es eben auch mehrere Schlüsse ; die drei Begriffe aber müssen in
zwei Urtlieilen auftreten; Nimmt man daher eine Mehrzahl von Urtheilen,
welche zu Einer längeren Beweisführung gehören, als selbstständige
Prämissen je ihres Syllogismus, so wird die Beweisführung stets
aus einer geraden Zahl von Urtheilen (2 n) und aus der dieser geraden
Zahl zunächst folgenden ungeraden Zahl von Begriffen (2n-j-l), sowie
aus der halben Zahl von Schlusssätzen (n) bestehen, nemlich z. B.
BA DC FE HG
C B E D G F I H
CA E C G E IG
sind 8 Urtheile, 9 Begriffe, 4 Schlusssätze 886). Hingegen wenn durch
Voranschiebung mehrerer syllogistisch geordneter Begriffe (Slcc tiqoGvXXoyi0(
iäv) oder durch Einschiebung mehrerer continuirlich auf einander
folgender Mittelbegrifl'e {Sia nXuovcov fi«?«v ewt%äv) geschlossen wird,
d. h. wenn z. B. in der Reihe
584) 41 b. 1.: sl <fk rovr' aXrj&eg, näaav änöSei^iv xal nävTa avXXoyiOfidv
avayxr) yCvta&ai fiiit TQitöli tcSv nQotiQrjfxivtüV a/rniäroiv. tovtov
«ff äti^S-ivTog ärjXov «5? anag rt avXXoyiGfibg iniTtXeTTai ata tov hquItov
a%ri[iaTOS xal aväytzai elg rove iv tovti^ xa&öXov OvXXoyio'fiovg.
585) 24, 41b. 6.: eri rf iv anavri Sri xaxiiyomxöv nva rmv oqiov
elvai xal to xaftöXov vnaQ/siv (22-) (faveobv ovv Sri iv anavri ätl
to xaS-6Xov vnaQjrnv xal oti. to fttv xa&6Xov ij; aitaVTwv TtSv oqiov xaftoXov
(Ff (xvvrai , to ä' iv piigsi xal ovrtoe xäxeiviog , ioOt' iäv filv y to
avfxniqaana xu&6Xov , xal Toiig bgovg äväyxrj xaüoXov elvai , iav ö' ol
oqoi xaS-6Xov , iväfysTai to ov/j.nfyao'ftu pr) elvai xaS-öXov. flijXov eff xal
oti iv anaVTi GvXXoyiGfxC[> rj afifporioas rj rijv erioav nooTaOiv bfioCav
aväyxr/ ytveßfhai reo ovfineQad/xaTi' Xe'yto 6" ov (tovov Tcjü xaTaipaTixr)v
tlvat rj (STtQr)Tixt)V, äXXä xal Tip ävayxaCav rj imänxovGav rj ivSf^Ofiivrrv.
586) 25, 41b. 36.: örjXov vi xal oti näffa aitöäei^ig earai Sia tqköv
oqiov xal ov nXeiövtov (39.) nXeCoi yao fiioa tiov avräv ovdkv elvai
xioXvet , tovtiov S' bvxtav ov/ eig äXXa nXeCovg elalv ol OvXXoyiOfiot
(42a. 32.) tovtov d" bvrog rpavegov , SrjXov lög xal ix fivo nooiäoeatv xal
oi nXeiovmv ol yao xgetg oqoi Svo nQOTÜoeig, ei fifj noosXafißävoiro
ngbg TTjV TeXeCioaiv tiov avXXoyioptSv (b. 1.) xaTa fiev ovv Tag xvgtag
nqoTaaeig Xaußavo/xe'vtov twv avXXoyiG/imv, anag eGrai avXXoyiGfibg ix
ngoraaetov fitv aQxCiov iS oQiav St ntQirräv, kvl yag nXe(ovg ol oqoi tcjv
TTQOTaottov KffTtti d°c xal ra OvfmtQäo^iaTtt r)fiCarj tiöv ngoräaeiov.
IV. Aristoteles (Syllogismus). 297
6 A
C B
D C
E D
F E
E D
vor dem Syllogismus p j, noch die Begriffe ABC, welche nicht in der
Mitte zwischen F und D, sondern ausserhalb ihrer liegen, syllogislisch
vorangeschickt werden (Sia 7tQOOvXXoyiO(iäv) , oder wenn in jener nemlichen
Reihe zwischen die syllogistisch zu vermittelnden Begriffe F und
A, oder beziehungsweise zwischen die zwei Urtheile F E und B A, die
mehreren Mittelbegriffe C D E syllogistisch aneinander hängend eingereiht
werden (Sia nXuövmv (dacov Gvve%wv), so bleibt sich im Vergleiche
mit dem Vorigen wohl das gleich , dass die Zahl der Begriffe um Eins
grösser ist als die der Urtheile , aber keine von beiden ist an das Ge>
rade- oder Ungerade - sein gebunden, sondern überhaupt sind es n-|- 1
Begriffe, wenn es n Urtheile sind; so dass natürlich, wenn n eine ge
rade Zahl ist, n-)-l eine ungerade ist und auch umgekehrt; was hin
gegen die Zahl der Schlusssätze betrifft, so ist dann ein ganz anderes
Verhältniss, denn sobald ein neuer Begriff hinzugesetzt wird (sei es
voran oder als neuer Mittelbegriff), so ist hiemit eine Anzahl von Schluss
sätzen hinzugefügt , welche um Eins kleiner ist als die Zahl der schon
vorher dagewesenen Begriffe ; nemlich z. B in der Reihe
D C
E D
F E
sind schon die Schlusssätze E C, F D, F C involvirt, und kömmt nun
i~ B. noch der Begriff B prosyllogistisch hinzu, so lautet die Reihe
C B
D C
E D
F E
und in Folge der vorher schon dagewesenen vier Begriffe kommen zu
obigen drei Schlusssätzen hiemit noch folgende drei : D ß, E B, F B hinzu,
also kommen , wenn n Begriffe schon vorher da waren, n — 1 Schlusssälze
hinzu ; natürlich ebenso auch , wenn der neue Begriff nicht pro
syllogistisch , sondern als neuer Miltelbegriff eingeschoben wird 587).
587) 42b. 5.: oiav dt Sia TXQoavlXoytaiiaiv nsgaCvritai rj Sia nXuoviov
fifdiov ewtflcüv, oiov ro AB Sia tiSv T/t, ro fi.lv nXfjlhog rdSv ogtov tögttyrioi
M vnsfj&u tag nnordati; (rj yan eijwd-tv fj itg rö ii(aov Tt&rjaerai
o naQifMCmwv OQog , a/jif.ox^Qiog Sk avfißaCvti M £Xuttu> slvai zä Sia-
<JT)j|Uarff , al Sk nnoraaetg Xaai xolg StaOTrjgiaGiv) , ov [itvToi atl al fikv
ttQTiai eaovrai ol Sk ntQiTToi, aXV IvaXXäS, oiav fxtv al nooiäo'tig aotiai,
ntpiTTol ol oqoi , orav S' ol oqoi ciqtioi, nequial al nooränttg' ittia yao
t$ Oßiu ft(a 7T()OfrA9-£T«f nooTUGig, av ono&tvovv ngogrefrij ö öoog .....
i« Sk avfjTKQadiiaxa ovxiti ty\v avrr)v ?ffi raSiv Ovis nobg rovg
oQovg ovrt 7iQÖg rag ngoräang' evög yaQ oqov noogTi&ifitvov aviininä-
Oitara^ noogn^rjatrai ivi iXAnia iäv nQovnaoyoVTtov oqiuv ' nqog /jovov
y«Q iöv \d)rainv oii noiü (tufint-Qao/Aa , noog Sk rovg aXXag nävrag, olov
298 IV. Aristoteles (Syllogismus).
So erwägt Arisloteles die Zahl der Urtheile und Begriffe in einer längeren
Beweisführung, und die erstere wird sich stets zur letzteren arithmetisch
verhalten wie n zu n-)-l ; gleichviel ob die einzelnen Syllogismen wirk
lich gesondert vollzogen sind oder nicht; sind sie aber nicht gesondert
vollzogen, so bleibt bei continuirlich syllogistischer Reihenfolge der Be
griffe auch die Möglichkeit jeden einzelnen als Unterbegriff auftretenden
der Reihe nach mit allen anderen Prädicaten, mit Ausnahme seines ei
genen, als Oberbegriffen zu verbinden und so eine Anzahl von Schluss
sätzen zu gewinnen, welche mit der Zahl der Urtheile in der Progression
der sogenannten Trigonalzahlen steigt. Somit ist auch hier der sog. Sorites
sicher nicht als eine eigene Schlussweise bezeichnet, sondern Ari
stoteles weist nur darauf hin, dass bei einer längeren Argumentation,
in welcher natürlich die Begriffe jedenfalls innerlich in forllaufendem Zu
sammenhange sein müssen, man auch die besondere Absetzung aller ein
zelnen Syllogismen und Schlusssätze unterlassen kann, dann aber eben,
weil die einzelnen Schlüsse nicht getrennt sind , in der ganzen Reihe
auf- und ab-wärts die Vereinigung eines Unterbegriffes und eines Ober
begriffes in grosser Mannigfaltigkeit eröffnet ist und eine weit grössere
Zahl von Schlusssätzen, falls man sie alle vollziehen will, sich ergibt,
ein Verhältniss , welches sich gleich bleibt, mag die Reihe eine sog.
prosyllogistische oder ein sog. Sorites sein. Für das Schliessen selbst
also und für den in der längeren Argumentation beabsichtigten letzten
Schlusssatz ändert sich gar Nichts, denn bei vernünftiger Auffassung ist
jede längere Argumentation inhaltlich schon ein sog. Sorites ; nur für
die Zahl der einzelnen in der Argumentation steckenden Schlusssätze ist
ein Unterschied, je nachdem die Beweisführung bereits in einzelne Syl
logismen abgesetzt und hiemit das Auf- und Abwärts -Steigen der Ver
knüpfung ausgeschlossen ist, oder letzteres noch als vollziehbar übrig bleibt.
Mit dieser Hinweisung auf die Verflechtung mehrerer einzelner Syl
logismen zum Behufe einer längeren Argumentation, welche irgend eine
Behauptung in einem Wissensgebiete zur sichern Gewissheit führen soll,
schliesst die Theorie des Syllogismus, indem sie eben in dieser letzten
Erwägung einerseits die in der Dreizahl der Begriffe liegende principielle
Function des Syllogismus wiederholt vor Augen führt, andrerseits aber
auch schon auf die Vielheit von Urtheilen hinweist, welche in dem em
pirischen Wissen vorliegen und einer syllogistischen Zusammenführung
zum Behufe des wissenschaftlichen Wissens bedürfen. Was von hieran
folgt, gehört der Praxis der Syllogistik an, und es handelt sich in Be
zug auf dieselbe um die Frage, wie das menschliche auf Wissenschaft
gerichtete Denken für einen gegebenen Gegenstand stets in dem erforsi
TtS ABT nQogxeCaerai to A , fv&vs xal övfineQaafiara Svo TTQÖsxeijcu
to re 71q6s to A xal to 71qos to B. o/Aoita; äk xanl tüv ulltav. xav el;
to fiiaov di 7iaQejj.7iCnTr), tov avTov tqötiov, noog eva yctQ /xovov ov noit]-
au ovXXoyta/xov. eu'oTf noXv nXetu> tcc ovnntna0{iuTa xal tüv oqcdv eOTai
xal tiöv nQOTaaetov. Diese schwierige Stelle dürfte hiemit so erklärt sein, dass
Alles in derselben ebenso klar als richtig sich verhält; eine andere Erklärung hat
Waitz z. d. St., aber selbst bereits nicht ohne alles Bedenken, gegeben; Wailz
scheint darin geirrt zu haben, dass er übersah, wie bei Arist. für diese Untersuchung
betreffs der Zahl der impliciten Schlusssätze der sog. Prosyllogismus und der sog.
Sorites völlig gleichgestellt sind.
IV. Aristoteles (Syllogismus). 299
derlichen reichen Masse die betreffenden Syllogismen bilden, hiernach
die Beweisführung entwickeln und hiebei sich vor Irrthum bewahren
könne. Inhaltlich stellen sich demnach hier viele Erwägungen ein, welche
die spätere Schul -Theorie unter der Bezeichnung „Angewandte Logik"
vereinigte ; aber der Form nach verhält sich bei Aristoteles die Sache
nicht so , dass die Theorie des Syllogismus nun in dem Materiale der
Urtheile ihren äusseren praktischen Vollzug erfahre, etwa wie man von
der executiven Durchführung des positiven Rechtes in der äusseren Viel
heit der Verhältnisse spricht, sondern eher gewissermassen umgekehrt
ist die Frage die, wie die äussere Vielheit des Urtheilens und Aussagens
praktisch angewendet werden müsse, wenn sie der wissenschaftlichen
Form des Beweisens, welche im Syllogismus liegt, genügen soll.
Für die Praxis der Syllogistik in diesem Sinne ist zunächst von
vornherein klar, dass unter den einer wissenschaftlichen Beweisführung
unterworfenen Aufgaben oder „Problemen" (nQoßXrjjia) diejenigen leichter
zum Ziele eines genügenden Nachweises gebracht werden können , für
welche der Schlusssatz nicht bloss nach Einer Figur oder Einer Schluss
weise, sondern eben nach mehreren, erreicht werden kann; und insoferne
es sich hier um den Wechselverkehr eines positiven Nachweises
(xccTceGxevci£uv) und einer auf Beweis beruhenden Widerlegung (avaßxevä&
iv) handelt, ist klar, dass in Bezug auf dieses Beides die Fülle
der anwendbaren Schlussweisen den entgegengesetzten Erfolg hat; und
es ist z. B. eine allgemein bejahende Behauptung am schwersten zu er
weisen, da für sie nur ein einziger Schlussmodus (1 1) vorliegt, hinge
gen am leichtesten zu widerlegen , weil eine Menge Schlussweisen es
gibt, welche auf ein particular verneinendes Urlheil als Schlusssatz führen
(I 4, II 3, II 4, III 2, III 5, III 6) ; so in entsprechender Weise bei Be
hauptungen jeder Art, daher das Widerlegen überhaupt leichter ist als
das Beweisen 58S). Da aber nun eben jene relative Fülle von Schluss
weisen aus der Theorie des Syllogismus feststeht, und dort nachgewiesen
ist, welcherlei Prämissen auf einen so oder so bestimmten Schlusssatz
führen, so handelt es sich nun darum, wie zu einem beabsichtigten
Schlusssatze die erforderlichen beweisenden Prämissen gefunden werden589).
588) 26, 42 b. 27.: inel d" tyofj.iv ntol tov ol ovXXoyio'fiol xal nolov
iv ixäartp G%i\fi.aTi xai noaa/wg äftxvviai, ifctvtgbv r\fxlv Ion xal nolov
nQ6ßXr\fia yaXenbv xal nolov eieni/elnijTov to fiiv yao iv nXtloai o"xh~
fiaai xal di« nXuöviav nxtöatiov ntoaivöfiivor Qitov, to d" Iv iXaiToai
xal dt' iXaTTÖvtov SvginixiiorjTÖTtQov (40.) tfavegbv ovv Sri to xa-
9öXov xarrjyogixov xaxaaxcväßai fttv /uXintoTaTov, avaaxivaGui Si qüOTOV,
oXmg d" idrlv ötvaiQovVTi fiiv tu xa&öXov twv iv ftiqei yiyw (43 a. 10.)
ä'/Uof t£ oü äel Xuv&dviiv Sri ävaaxeväaai fiiv dV äXX^Xcov ean xal ret
xa&6Xov dt« tiöv Iv fiiqu xal raura äiä T(3v xaS-öXov , xaraaxeväaai d"
ovx fori d't« tiöv xutcc fitoog tu xattöXov , dV ixelvatv äi tuvt' iOTiv.
afta di äijXov ort xal 16 avaaxsväCetv (otI tov xata<txetid(uv (>äov.
589) 43 a. 16.: n<Sg fiiv ovv ylvtTai na; avXXoyiOfibg xal dt« nöaiav
oowv xal TtQOTaOtiav xal n<5g tyovoäv nobg aXXrjXag, In äi nolov ngößXrjfia
iv ixäoT<p o~xr\fXttTi xal nolov iv nXtloai xal nolov iv IXäxToai delxvvTai,
äijXov ix tiöv t/Qti/iivoDV. niäg d' tvnoQrfaofKV uvtoI nobg to TiS-ifitvov
äel avXXoyiOfiiöv xal dt« notag bSov Xi]\p6fiiSa Tag ntol 'ixaßTOV «p/of,
vvv ijör) XiXTiov. ov yao fiovov iaiug äci Trjv yivtGiv ötcooelv tiöv OvXXoyiG/
itSv, aXXa xal Tr\v Svvafiiv tyetv tov noitlv.
300 IV. Aristoteles (Syllogismus).
Insoferne von den Objecten, über welche .wir Urtlieile aussprechen,
einige derartig sind, dass sie nur Subject, nie aber Prädicat eines
Satzes sein können, und andere derartig, dass sie nur prädicirt werden
können , andere aber endlich sowohl Subject als auch Prädicat sein
können, so ist erklärlich, dass die letzteren es sind, welche fast jede
Begründung und Beweisführung überhaupt betrifft ; und es sind daher
für solche Objecte in Folge der schon oben zu Anfang (S. 263) ange
gebenen Aufgabe des Syllogismus die Urtheile so auszuwählen , dass zu
nächst der Gegenstand selbst und dessen Begriffsbestimmung (d. h. Gat-
| tung und artmachender Unterschied), sowie das ihm eigenthümlich Zu-
| kommende zu Grunde gelegt, sodann aber auch dasjenige hervorgehoben
|wird, was eine nolhwendige Abfolge seiner selbst, oder jenes, dessen
| nolhwendige Abfolge er selbst ist, sowie endlich jenes, was ihm nicht
zukommen kann 590). Innerhalb dieser Urtheile bestimmt sich dann die
Auswahl, je nachdem ein allgemein oder particular bejahender oder ein
allgemein oder particular verneinender Satz zu beweisen ist , da ja der
Syllogismus in einer der bestimmten Schlussweisen der drei Figuren
sich bewegen muss, und alle, welche abseits von diesem Zwecke liegen,
unbrauchbar sind; auch versieht es sich wegen der Function des Mittelbegriffes
von selbst, dass jene Momente, in welchen die zwei Begriffe
des zu beweisenden Urtheiles zusammentreffen und identisch sind, nicht
aber jene, in welchen sie differiren, ins Auge zu fassen sind591). Die
gleichen Motive der Auswahl der Prämissen bestehen auch für das apagogische
Verfahren, denn dasselbe ist, wie wir schon oben sahen, von
dem Puncte an., wo das Gegentheil des zu Beweisenden vorausgesetzt
wurde, gleichfalls demonstrativ und hiemit an die syllogistischen Formen
gebunden ; und ebenso auch überhaupt jedes voraussetzungsweise Ver
fahren , denn von dem Stadium der ponirten Voraussetzung an ist .esbereits
syllogistisch ; von selbst aber ist klar, dass hiebei die Auswahl
590) 27, 43a. 25.: ttnaVTtov Sr) tiov ovtiov rä fitv iOTi ToiaÜTa loOTt
xaTa firjöevbg aXXov xaTrjyoQtia&ai aXijd-wg xa&6Xov xaTa dl tovtiov
aXXa, ik d" avra ftlv xar' aXXiov xaTt]yoQttTiu , xaTa dl tovtiov aXXa
TtQOTtQov ov xaTtjyoQSiTai , Ttt dl xal avTa aXXiov xal avT&v stcqu
(38.) XttTu fjlv ovv tovtiov ovx itSTtv anoSsTicti xatrjyoqovfjtvov 'freoov,
nXtjV il fjtrj xctTct do!-av, aXXa r«Cr« xax' aXXiov aide Ta xaS-' exaOTa
xaT* aXXiov, äXX' 'frioa xkt' Ixtiviov. Ta dl ustu^v dr)Xov lög afjifortoiog
ivdfyeTai' xcl^ y&Q "vTa xcct' aXXiov xal aXXa xiaa tovtiov Xe/&rj0(Titi,
xal O/edov ol Xoyoi xal al ßxMpug eial fjäXiOTtt neol tovtiov. dei dfj Tag
ngoTctoeig nioL 'ixaOiov ovTiog (xXafißavtiv, ino&tfitvov airö tiqcStov xal
Tovg ODiöfjovg ts xal Oda idia roS nqayfjuTÖg iOTiv, fir« fitTtt tovto baa
sneTai Tip TtoayfjiaTt xal naXiv olg to mjäyfia ctxoXov&eT xal Saa fitj (vdfyerai
ui)Tij> vnapytiv.
591) 28, 43 b. 39.: xaTaaxtvä&iv ftlv ovv ßovXofitvoig xaTa nvog SXov
tov fj.lv xaTaöxsva&fitvov ßXfmtov (lg rc vnoxti'fiiva (43.) rjv dl
fitj Sri TiavTi aXX' Oti tivI (44 a. 2.) Sxav dl ftr/devl (Tf'j vnÜQyfiv
(9.) iav dl tivI ftfj vnäqytiv (b. 6.) drjXov dl xal oti diä twv
TQIIÖV OQIOV Xal TIOV OVO TTQOTaOetOV Tj axiljlig Xal dlCC TIOV 71 QOilQrjfJtVIOV
Oyr\fiaxiov ol ovXXoyiGfiol navTtg (25.) if avtobv dl xal oti al aXXai
axttpeig tiov xaTct Tag txXoyag aypeiot npog to ttokiv avXXoyiöfiov
(38.) är]Xov dl xal oti önoTa TavTa Xr^nTiov Ta xaTa ttjv lnlaxe\piv xal
ov/ onoia ?rfp« IvavTla, npÜTov fj.lv oti tov fjioov yäqiv r) tjilßXexptg,
to Sl fitGov ovy %tiqov aXXa tuvtov dei Xaßuv.
IV. Aristoteles (Syllogismus). 301
der Prämissen eben im Hinblicke auf das in veränderter Geltung (d. h.
als factisch gewiss) Angenommene veranstaltet werden muss. Endlich
auch ist die Auswahl der Prämissen in gleicher Weise bedingt bei allen
Möglichkeits- und Nothwendigkeits-Schlüssen. Kurz für alle Syllogismen
überhaupt gibt es keineu anderen Weg502). Und in solchem Sinne ist
dieser syllogistische Weg für alle Wissenschaften und alle Kenntnisse,
sowie für jede Technik und für die Philosophie selbst Ein und der
nemliche, denn er ordnet zum Behufe des Beweises die Subjecte und
Prädicate der empirischen Urtheile 593). Im Vergleiche aber mit diesem
syllogistischen Verfahren ist die platonische Methode der Eintheilung nur
ein ganz geringfügiger Theil derselben, giei^^ani'*Wft**TSrir schwacher
Syllogismus; denn sie postulirt gerade das zu Beweisende und schliesst
stets nur auf etwas der Gattung nach höher Liegendes ; der Mittelbegriff,
welcher den Kern aller Syllogistik bildet, muss ja unter den Oberbegriff
fallen und darf nicht von dem ganzen Umfange desselben gellen, die
Methode der Eintheilung aber macht gerade das allgemein Prädicative
(d. h. den Oberbegriff) zum Mittelbegriffe und ist hiedurch eben für je
nen Zweck, für welchen sie bei Plato empfohlen wird, untauglich 594).
Sind nun auf diese Weise Urtheile beigeschafft und hiemit materiell
der Schluss gegeben, so handelt es sich noch darum, den Schluss auf
die nach den syllogistischen Gesetzen vorliegenden Schlussweisen auch
formell zurückzuführen. Und zu diesem Behufe sind die Urtheile zu
nächst darnach zu untersuchen, ob etwas Unentbehrliches fehle oder et
was Entbehrliches beigefügt sei ; sodann ^ju^jeJien, ob die zwingende
Kothwendigkeit der Folge wirklich in den Prämissen unit ' TtgtriftOEnen
enthaltenen Begrjffgn^uiid nicht bloss . jn der Form . des Schliessensjiege,
denn wohl ist jeder Syllogismus ein Zwingendes, aber 'nicht "alles Zwin-
592) 29, 45 a. 23.: tov avTov dt tqotiov f/ouffi xal ol etg rb aSvvuiov
ayovrtg avXXoyiGfiol xolg SuxTixolg (26.) o yctQ ätCxvvTai Stixzixiög,
xul <$iä tov ctävvttTov tan OvXXoytoaa&at äia twv avTÜv ogeov, xal 8 äiä
tov ädvvttTOv, xal ätixxixüig (b. 16.) iv fit Toig äXXoig avXXoyiafxolg
Tolg l£ vno&i'ceiog , oiov baoi xutu fj.iTaXr\\\>iv rj xutü noiöxr\Ta (über diese
s. d. folg. Abschn. Ana). 74.), iv Tolg iinoxtifiivoig , oix iv Toig l£ ccQ/rjs
äXX' iv Totg fitTitXafißttVofxevoig eOTut r) oxtipig, b fit rgönog b aiiibg Tr)g
inißXiiptmg (28.) tov etinbv fie tqotiov xal tnl tiüv avayxalmv xal
t<Sv ivä t%ou.iv<i>v % yag «inj oxe'ipig xal fiia tiSv avTtbv bgtov fffrai Tji
T«'|f« tov t' ivfie'/ta&ca xal tov bnäg/eiv b avXXoyiajiog (36.) </)«-
vegbv ovv ix Tiäv tlgrjfi(vtov ob fiövov ort iy/aigsl fiia TavTr/g Tr)g bfiov
yt'rtß&ai nävTag Toiig OvXXoyiOfiovg, aXXit xal oti dV äXXr/g äfivvaTov.
593) 30, 46 a. 3.: r) [xev ovv bSbg xaxä nävTiov r) avTr) xal negl tptXo-
(ttxpCav xal Tiegl Ti/yr\v bnoiavovv xal ua&rjfia' fiel yag tu vTtäg/oVTa xal
otg vnäg/ei negl kxinegov ä&gelv xal tovtiov <og nXelOTiav tvnogelv, xal
xavTu fiia Tmv tqioSv ogtov Oxonelv avaoxsvä^ovT a fj.lv mfil xaTaaxevd(oVTa
fie töfiC.
594) 31, 46 a. 31.: oti J" r) fiia tvSv yevmv fiialgeaig fiixgöv Tt fiögiöv
iaTi T?,g eigrjfie'vrig fie&öfiov, gäfiiov läelv i(STi yag r) fiiaCgeaig oiov Ao&evr)
g avXXoyiafiög' b fiiv yag fiel fiel^ai alTeiTai, ovXXoyl(eTai fi' aeC ti
twv ävw&ev (39.) iv jxev ovv Talg anoäel£eaiv, brav fiirj ti ayXXoylaaaOai
vnägyeiv, fiel xb fitaov, fit' ov yCviTai b avXXoyidfibg, xal t)ttov
all elvai xal pr) xa&oXov tov ngaiTov tiöv axgtov r) de öiatgioig tovvuvtCov
^ovXtTai , iö yan xa&6Xov Xa/jißävei fisaov (b. 35.) (pavegbv ovv
oti ovTt nqbg n&oav axixpw aofiötu Trjg fjjrijfffwy ö TQÖnog ovt iv oig
ftaXiOia doxtt Tiotnuv iv xovToig i(STl /Qr]difiog.
302 IV. Aristoteles (Syllogismus).
gende ein Syllogismus; d. h. es kömmt eben darauf an, ob die zwin
gende Folge im Mittejhg£riffft J_ieg^-' "TinTTTfifisef " bestimmt' ja dätflTauch
nach seiner Stellung und seinem Verhältnisse der Bejahung oder Ver
neinung u. s. f. die für das bestimmte Problem zulässige Schlussweise 595).
Ferner muss das quantitative Verhältniss der Prämissen beachtet wer
den , ob nicht etwa ein Satz als allgemein genommen sei , welcher es
nicht ist 596), dann auch die Formulirung der Begriffe, ob z. ß. Gesund
heit statt Gesund u. dgl. gesetzt sei 591), wobei der Umstand zu berück
sichtigen ist, dass ein Begriff oft nicht durch Ein Wort ausgedrückt
werden kann 598); überhaupt muss man auf die Art und Weise der Aus
sage in den Prämissen aufmerksam sein , denn es ist nicht nöthig, dass
die Begriffe stets im Nominative stellen, und sowohl im Untersatze als
auch im Obersatze und selbst in allen beiden kann das „ist" mit einem
sog. Casus obliquus verbunden sein, während die Begriffe als solche
stets im Nominativ auszusprechen sind 599). Nähere Bestimmungen, welche
eine Beziehung oder Beschränkung auf ein Anderweitiges enthalten, ge-
595) 32, 46 b. 40.: ttüs ö" avä^ofiev xovs ovXXoyia/j.ovs eis i« TXQoet-
Qrjfie'va o^rjfxaxa, Xexxtov av etrj fiexä xavxa, Xoinbv yäg ext xovxo xrjs
axt"\ptiaq. el yag xrjv xe yiveatv xüv ovXXoyiafiüv detoQoi/iev xai xov svqCaxetv
e%oifxev dvvafitv, exi de xovs yeyevrj/ue'vovs ävaXvotfiev eis tu TtQoet-
Qt]fx(va o/rjfiaxa, xe"Xos av ty0' V £J 'CQXVS TtQo&eoig (47 a. 18.) axenxe"
ov ovv el ti neqCtQyov eiXrjnxai xai ti xüv avayxaiov TiaQuXe'Xemxai,
xai ro'fiev &txiov rb o" ätpatQexe'ov, etog av eXfry eis ras ävo JiQoxäaeis.
(22.) ivtoi de Xav&ävovot xai doxovat avXXoy(&o&ai diä tö ävayxatüv
ti aufißaiveiv ix xüv xetfte'vaiv (31.) änaitufie&a d' iv xols xowvtois
diä tö avayxaTöv xt avjjtßalveiv Ix xüv xeifie"vtav, Sri xai ö avXXoytafibs
avayxaTöv ti 6 fj.lv yaQ OvXXoyiaubs Titig avayxaiov xi, xb d' ävayxalov
ov näv avXXoytafios (37.) äXXä tiqüxov Xtjnxeov xäg dvo tiqoxäaeis,
el&y ovxto dtatQexe'ov eis xovg OQovg , (liaov de ftexiov xüv oqoiv
xbv tv dfKfoxe'Qais xals nnoxäöeai Xeyöfievov (b. 11.) qaveobv ms oix
eis artavxa ra O/rj/taxa ßXenxe'ov äXX' exäoxov TiQoßXtjfxaxog eis xb olxelov'
boa d" tv nXeloai neoatvexai, xjj tov fie'aov O-e'o'ei yvtoQtovfiev xb a/rjfia.
596) 33, 47 b. 15.: noXXaxis fiev oiv änaxäo&ai av[ißaCvei (17.)
nana xbv bfxoiöxijxa xrjs xüv oQtov ^e'aetos (38.) avxrj filv ovv r)
anäxr) ytvexai tv xü nana fiixgov' tos yaQ ovdiv ätatf{QOV elnelv xoäe
xüde vnaQ%etv rj xötSe xüde navxl, ovy^toQovftev.
597) 34, 47 b. 4U. : TioXXäxig äk diaipevdeo&at avfineaeixai nana rb
fii) xaXüg ixxCd-ea&at xovs xaxä xijV Tißöraatv onovs , oiov el xb fiev A
elrj vyt'eia , xb d' Itp' tp B vooog, tip* tp de r av&Qtonog dögeiev av
ovv avußaCvetv firjdevl avd-QtÖTTtp tvde^eaO-ai iiyletav vnäqxeiv. xovxov d'
atxtov xb fir\ xaXüg txxetO&at xovg OQovg xaxä xr\v Xiitv.
598) 35, 48 a. 29.: ob det de xovg onovg ael £r)Tetv bvöfiaxi Ixxi&eo&at,
noXXäxts yaQ eaovxat Xoyot oig ob xetxat ovoua.
599) 36, 48b. 10.: avjißaCvei d' bxe fihv Inl xov fie'aov xb tiquiov X4-
yeo&ut , xb de fieaov Inl xov xqlxov /xi] Xe'yea&ai , oiov el ij tSotfCa iaxlv
imarrjurj, xov d' äyaS-ov taxlv ij ßotf t'a tmaxrifir] , Ovfj.ne'Qtto'fia ort xov
äyaöov taxtv tntaxr\fxr\ (15.) bxe de xb /jev ue"oov 'tnX tov xqCxov
Xiyexai, xb de tiqüxov int xov fie"aov ov Xfyexat (20.) toxi dl bxe
fir\xe xb tiqüxov xaxä xov [j.e'aov fii]xe xovxo xaxä xov xqCxov (39.)
änXüs yäg xovxo Xe"yofiev xaxä navxtov, ort xovg fiev 'oQovg ael &exe"ov
xaxä xäg xXr\deig tüv bvofiäxtov, oiov äv&QtaTios rj aya&bv rj ivavxCa, ovx
ccv&qiÖtiov rj ayaüov rj tvavxitov, xäg dk nQoxäaeis Xr\Tixiov xaxä xäs
exaoxov nxtioetg 37, 49a. 6.: tö <f" imaQ/eiv xode xüde xai xb äXrj-
&eveo&ai xöde xaxä xovde xoaavra%üg Xrjnxiov toga/äs at xaxryyoQlai
dtrjQrjVxai.
IV. Aristoteles (Syllogismus). 303
hören zum Oberbegriffe , nicht zum Mittelbegriffe , und überhaupt ist zu
unterscheiden , ob Etwas schlechthin oder unter einer gewissen Restriction
geschlossen wird 600); aber so einfach als möglich und, wenn
es irgend angeht, in einzelnen Worten sind die Begriffe auszudrücken,
und namentlich bei den prädicativ gestellten der Gebrauch des Artikels zu
beachten601), womit zusammenhängt, dass man überhaupt auf die Allgeineingültigkeit
der Prämissen aufmerksam sein muss, denn das Urtheil,
dass alles dasjenige, welches B ist, auch A sei, ist nicht identisch mit
dem Urtheile, dass alles dasjenige, was mit Allgeraeingültigkeit B ist,
auch A sei 602). Handelt es sich um eine längere Argumentation, so
versteht sich von selbst, dass die einzelnen Syllogismen und Schluss
sätze, aus welchen sie besteht, verschiedenen Figuren und Schlussweisen
angehören können 603); soll aber durch einen Scliluss eine Definition
erreicht werden, so müssen die einzelnen Bestamltheile derselben, nicht
die ganze, als Ober- oder Mittel- oder Unter -Begriff eines Syllogismus
gesetzt werden 604). Voraussetzungen hingegen oder bei dem apagogischen
Beweise das angenommene Gegentheil einer Behauptung (s. oben
Anm. 583) können natürlich nicht syllogistisch formulirt werden, denn
dieselben sind gleichsam vertragsmässig vorläufig zugestanden , und der
Syllogismus beginnt ja erst nach der geforderten oder gestatteten An
nahme der Voraussetzung °05). Lässt sich aber ein gegebenes Problem
nach mehreren Schlussweisen durchführen, so besteht in Folge der Ge
setze derselben wieder eine wechselseitige Möglichkeit der Zurückführung
dieser Einem Gegenstände dienenden Schlussweisen auf einander ; nemlich
es können reducirt werden : I 2 und I 4 auf II 1 und II 3, II 1 und II 2
und II 3 auf I 2 und 14, 114 aber nie auf I, hingegen I 3 und I 4
600) 38, 49 a. 11.: rb ö" InavaStnlovfisvov iv Talg ngoräoeat ngbg
Tip ngolrai äxgqt &er£ov, ov ngbg t$ fi£ati>' Ifyto (T piov tl yivotro avlloyttlubg
ort. rijg ätxatoavvrjg iarlv intarrjfirj ort üya&bv, rb ort äya&bv
rj tj aya&bv ngbg rtji ngoiru) ttertov (27.) ovx *J avrr\ äl Wffif Ttöv
ögtov, brav änltag ri Ovlloyia&i] xal brav ro'Js rt rj nrj rj niäg.
601) 39, 49 b. 3.: tfft tfi xal fisralafißaveiv a rb avrb ävvarai, ävouara
ctvr' bvofiartov xal löyovg avrl löymv xal bvo/ia xal löyov, xal ätl
avrl rov löyov rovvo^ia lapßavtiv (10.) inil cf' ov raüröi' ton rb
tlvai rr)v TjfiovtjV aya&bv xal rb elvai rr]v r\Sovr\v rö ccya&bv, ovx öfioliog
&er£ov rovg bgovg. _
602) 41, 49 b. 14.: ovx eon <Ji raiirbv ovr' elvai oür' linsiv, Sri n>
ro B vndgxa , rovToi navrl ro A vnägxet , xal rb eineiv rb a> navrl rb
B inagyti, xal rb A navrl vnägxti' ovöiv yag xtolvei rb B rtp r vnäg-
%eiv, fir) navrl bV,
603) 42, 50 a. 5.: fit) lavd-avirui J" rjfiäg ort. lv rtj> avrtp OvlloyiOfitp
ouXt änavra ta Ov^negaO/xara dV evbg Ox^arög ttßiv, alla To fitv äia
rovrov rb Sk bV allov.
604) 43, 50a. 11.: roii? rs ngbg bgiO/ubv rtov löyiov, booi ngbg sv ri
tvyxavovat öietley/xtvot rtöv iy rtä ogtp , nobg o dttCltxrai., fhtriov bgov,
xal ob rbv anavra löyov r)rrov yag Ov/xßrjOtrai ragaTrta&at Stä rb
pf,xog.
6U5) 44, 50 a. 16.: tri Si rovg t'i bnoStatiag OvlloytOfiovs ov neigariov
avaytiv' ob yäg ionv Ix rtöv xtt[i(vo>v ävayttv, ov yag fitä ovlloytOfiov
dtäuy^itvoi clolv, älla ätä ow&yxtjg üfioloyrj/xtvoi navrtg
(29.) b/xoltog dt xal inl rtav äta rov advvärov nenatvofiiviov ovSi yag
rovrovg ovx cotiv avalvav, allä rrjV [iiv J?s rö aävvarov anaytoyijv iariv
avlloyiOfitji yag ätlxvvrai, S-äregov <f' ovx iclriv.
304 IV. Aristoteles (Syllogismus).
auf III 4 und III 6, dann III 1 und III 2 und III 3 und III 4 auf I 3
und I 4, III 5 aber nie auf I, hingegen wieder II 3 auf III 6, II 4 aber
nie auf III , und ebenso III 2 und III 6 wühl auf II 3 , III 5 aber nie
auf II 606). Endlich muss in Bezug auf die Formulirung der Prämissen
und Syllogismen die grösste Aufmerksamkeil auf die Stellung der Nega
tion verwendet werden, da es ja, wie wir oben (Anm. 205 ff.) sahen,
hievon abhängt, ob ein Urtheil verneinend sei oder nicht 607).
Sind nun auf diese Weise aus dem Materiale der Urtheile Syllo
gismen formulirt worden, so sind zunächst noch weitere Eigentümlich
keiten dieser letzteren zu verfolgen, insoferne entweder in ihnen selbst
schon die Veranlassung vorliegt, dass ein Schliessen innerhalb ihres
Inhaltes sich noch in anderen Beziehungen belhätige, oder insoferne eine
solche Fortsetzung syllogistischer Thätigkeit durch anderweitige beson
dere Vornahmen aus den formulirten Schlüssen hervorgerufen wird, was
sämmtlich dazu dient, dass das syllogistische Verfahren auf irgend einem
Gebiete des Wissens sich so vollständig als möglich ausbaue und durch
arbeite. Sodann aber sind auch jene Eigentümlichkeiten zu erwägen,
welche einen Einfluss auf die Stärke der Beweiskraft und die wissen
schaftliche Festigkeit des Inhaltes der Syllogismen ausüben. Es sind
alle diese Erörterungen, welche den formellen Bestand der Syllogistik
sowie die hievon abhängende Formulirung der Urtheile zu Schlüssen
bereits voraussetzen , der Gegenstand des zweiten Buches der ersten
Analytik, und wir haben uns für die Darstellung nun an dieses ebenso
anzüschliessen , wie im bisherigen an das erste Buch derselben.
Zunächst ist klar, dass alle Syllogismen, deren Schlusssatz umkehr
bar ist, durch die wirklich vorgenommene Umkehrung desselben noch
ein Weiteres als Resultat des Schliessens darbieten ; eine Erweiterung
des Erschliessbaren , welche eben wegen der Umkehrung nur bei jenen
606) 45, 50b. 5.: öact d" iv nXeloai a/y/taui ö"e(xvvTai tiöv nQoßXtjfiättov,
rjv iv H-aitQtj) avXXoyia&ij , iariv ctvayayelv tov avXXoyiOfibv eis
därioor, olov tov iv Tip tcqiotip aieQtrzixov eis tö devTCQOv xal tov iv
Tip ftiotp eis tb 7Tqö>tov, ovx anavxag äe alV ivlovs' iaxai ie wavtQoV iv
rot? enouivois ' f/ yaQ to A firjSevl tiöv B, t6 äi B naVTi Tip r, to A ovSevi
Tip r. OVTIÜ fllV OVV TO TtQIOTOV ff/jjjlt«, tctV d" UVTlHTQUIfty TO OTlQrjTlXÖV, tö
fiiaov fOTM öfioCwg de xal et urj xaä-öXov aXX' iv ftioei 6 avXXoyiafiös
(17.) tiöv rf' iv Tip äevTiQip avXXoyiafiiöv ol fiev xa&6Xov ävax^hjaovTai
eis tb tiqiötov, tiöv o iv /uCgei «Vtpof /xbvov (25.) idv d" iv ftigei
T) b övXXoyiO/jbs , ÖTav fiev 5 to OieorjTixbv irobg Tip fielfrvi axQip , ava%-
brjaexai eis to tiqwtov (30.) otuv Se to xaTt\yoQixbv , ovx ävaXv&TjaeTttt
(33.) naXiv ol (*ev iv tu tqCtw 0^/j.aTi ovx avaXvS-fiaoVTai
TiavTes eis tö tiqiötov, ol d' iv Tip jiqiotw navTes eis 10 tqXtov .... (51a.
1.) tiöv ä' iv Tip TeXevTaCip o/rj/xaTt OvXXoyiOiitöv eis fiövos ovx ävaXveTai
eis to tiqiötov, otkv firj xa&6Xov Tf#jj to otegrjTixbv, ol d" aXXoi nävTes
ävaXvovTcti (26.) tiöv d" iv Tip fiiaip 0%i]fiaTi «rtpo? fiev ävaXveTai
IxTtQos &' ovx ävaXveiai eis to tqCtov, St«v fiev yaQ rj to xa&öXov ort-
QTjTixbv, ävaXiietai (34.) xal ol ix tov tqCiov äe axrifiaTos ävaXvS-rjdovTai
eis to fiiaov, otuv 5 xa'höXov to axeQijTixöv (37.) iäv ä' inl
fiiQovs ?! to ßTeQTjTixbv, ovx avaXv&r/OeTai.
607) 46, 51 b. 5.: SiaipiQii Si ti iv Tip xaTaaxevätetv ^ avuaxeväCeiv
rb vnoXafißavetv ij TavTov ^ 'heQov ar)/j.aCveiv to fii] tlvai toSI xal elvai
/xrj tovto u. s. f. Der Inhalt des Folgenden ist schon oben Anm. 205—214. bei
der Lehre vom Urtheile angeführt worden.
IV. Aristoteles (Syllogismus). 305
Syllogismen nicht stattfindet, welche einen particular verneinenden Scn^sssatz
haben cos). Ferner muss hei allen allgemeinen Syllogismen, seien
sie hejahend oder verneinend , der Schlusssatz nicht bloss von dem Un
terbegriffe, sondern auch von Allem jenen gelten, was unter den Unterbegriff
und was unter den Mittelbegriff fällt; bei den particularen hinge
gen gilt der Schlusssatz nur von allein demjenigen, was unter den
Mittelbegriff fällt, denn betreffs des Unierbegriffes gebricht es ja gerade
wegen der Particularität an der Notwendigkeit 0Ü9).
Ueberhaupt aber ist in Bezug auf die Wahrheit des durch einen
Syllogismus Erschliessbaren zu bedenken, dass die Prämissen selbst so
wohl wahr als falsch sein können; und wenn einerseits feststeht, dass
aus wahren Prämissen bei richtiger Schlussform nur Wahres folgen kann,
so sind andrerseits die Fälle zu erwägen, in welchen bei richtiger Form
aus falschen Prämissen Wahres folgen kann610). Was hiebei die erste
Figur betrifft, so kann bei den allgemeinen Schlussmodi der Schlusssatz
wahr sein, wenn beide Prämissen falsch sind, sei es dass dieselben als
directes Gegentheil des Wahren oder sei es dass sie bloss beziehungs
weise falsch sind ; ist hingegen nur die eine der beiden Prämissen falsch,
so kann der Schlusssatz nicht wahr sein , sobald der Obersatz die fal
sche Prämisse und zwar ein schlechthin falsches Urtheil ist, wohl
hingegen kann der Schlusssalz wahr sein , wenn der falsche Obersalz
nur beziehungsweise falsch ist; und ebenso, wenn der Untersatz das
falsche Urtheil ist, sei es schlechthin oder beziehungsweise falsch. Auch
bei den particularen Schlussweisen kann der Schlusssatz wahr sein,
wenn beide Prämissen falsch sind, mag es der Obersatz schlechthin
oder nur beziehungsweise sein; ebenso aber auch, wenn. die eine der
beiden Prämissen, sei es Obersatz oder Untersatz, schlechthin oder be
ziehungsweise falsch ist. Denn ist der Obersalz schlechthin falsch , so
muss , wenn der Untersatz den Unterbegriff in richtiger Weise als
wahres Urtheil unter den Mittelbegriff subsumirt, hicdurch auch das
Verhältniss des Unterbegriffcs zum Oberbegriffe unrichtig, d. h. der
Schlusssatz falsch sein; ist aber der Untersatz parlicular und folglich in
ihm keine • slringente Nothwendigkeit , oder ist der Obersatz nur ber
ziehungsweise unrichtig, oder gibt bloss der Untersatz eine falsche
Subsuinption, so kann zufälliger Weise durch einen entgegengesetzten
608) Anal. pr. II, \, 53 a. 3.: intl (T ol fitv xtt&6Xov tiüv avXXoyiOfiiöv
siatv ol äi xarct fitoog , ol filv xa!>6Xov nävTtg uti nXt(u> OvXXoyi&VTcti,
rtiv d" iv u(oti ol fitv xttTriyoQixoX nXtiio , ol d' arrotfctTixol tö av/mi-
(iitafict fiövov' tti ftiv yan aXXai nnoTttOfig aVTiaTQiqoVTm, i\ ät OTeQrjTixi]
OVX &VTlÖTQi<ftl.
609) Ebend. 53 a. 16.: ?<m dt nenl ztüv xct&öXov xtti ciXXtog tlntlv
bau yitQ ri vno to fiidov ij vno tu avfintoaöfiü Iotiv, äniivTiov iacca b
avTog avXXoyi Ofibg , ictv ra fitv iv tiü uioti) tu (T iv tiü avfintnctOfiitri
it&rj (24.) bfioCiog äi xai ti aitqrjrixbg 6 avXXoyiOfiog (34.) inl
T(Sv iv fiioti tiüv fitv vno rb öv/ingoctOfitt ovx tarai rb avayxatov, ov
yao ylvtrai avXXoyiOfibg, öxav avTtj Xrjipfhij iv fiinti, tiüv ä' vnb to fiiaov
tarnt nävriov.
610) 2, 53 b.^ 4.: tan fitv ovv o'vitog 't/tiv «V AXqfttig ttvai rag
nQoräatig dt' ibv 6 o~vXXoytafA.bg, ?<m d" wart Tr\v fitv aXyfHj t))V dt
iptväij. to ät av/intnctOiiit rj aX7j9ig rj xptvdog i% äväyxrjg. i'§ ctXr\iHov fitv
ovv ovx ftm ipeväog avXXoytaaad-ai, ix iptvSwv d" tanv äXrj&^g.
Pbantl, Gesch. I. 20
306 IV. Aristoteles (Syllogismus).
Fen^^ im Obersalze sich dieses ausgleichen, oder es können die hei
Particularität oder bloss beziehungsweiser Unwahrheit offen bleibenden
Fälle zufällig zusammen treffen, und so ein Schlusssatz entstehen, wel
cher wahr ist611). Aus den gleichen Gründen kann in der zweiten
Figur bei den allgemeinen Schlussweisen der Schlusssatz wahr sein, so
wohl wenn beide Prämissen schlechthin falsch und wenn beide beziehungs
weise falsch sind, als auch wenn die eine der beiden falsch ist, sei es
schlechthin oder beziehungsweise ; ebenso bei den particularen Schluss
weisen, sowohl wenn beide Prämissen falsch sind, als auch wenn der
Untersatz überhaupt falsch ist und wenn der Obersatz. schlechthin falsch
ist612). Und ebenso kann in der dritten Figur der Schlusssatz wahr
sein , sowohl wenn beide Prämissen schlechthin oder beziehungsweise
falsch sind, als auch wenn diess bei einer derselben, gleichviel welcher,
der Fall ist613). Demnach ist gewiss, dass, wenn der Schlusssatz falsch
ist, in den Prämissen die Ursache liegen muss, insoferne beide oder
die eine selbst falsch sein müssen , dass aber aus der Wahrheit des
Schlusssatzes nicht auf Wahrheit der Prämissen geschlossen werden kann ;
denn überhaupt verhält es sich bei dem Causalnexus der Nothwendigkeit
— und ein solcher besteht ja zwischen Prämissen und Schlusssatz —
in der Weise, dass nur von dem Nichtvorhandensein des Bedingten auf
das Nichtvorhandensein des Bedingenden geschlossen werden kann, nicht
aber vom Vorhandensein des letzteren auf das des ersteren 814).
Eine weitere absichtliche Ausführung aber desjenigen, was in einem
Syllogismus implicirt schon enthalten ist, liegt in dem sogenannten Cirkel-
Beweise (xvxXu Kai i£ itXXrjXav detxvvo&ai). Da dieses Verfahren
611) 53b. 25.: ix xpevdäv d' aXrjOlg eüri OvXXoytoaoSai xal aftqore'-
qidv tiSv nnoräoecov ipevdäv oioöiv xal rfjg fiiäg, ravrrjg d" oi>% onorigag
erv/ev aAXü rijg devTe'nag , iävnen bXrjV Xafißdvrj ipevdrj, ftr) oXijg de Xa/j.-
ßavofievrjg eßriv bnoreqagovv (45 a. 2.) iäv d" -r) iriga re&ij \pevdr)g,
rijg fitv ngcörtjg oXrjg ipevdovg ovarjg, oiov rijg AB, ovx earai rb av/xnigattjxa
aXrjd-eg, rijg de BD-arcu (18.) jxr) bXrjg de Xafißavofie'vrjg iarat
(28.) iav d"' fj /j.ev AB ngoraaig bXtj Xt](f%)rj aXrj&eg , « de BT bXri
rpevdr)g , torcti dvXXoyiafj.bg aXrj&rjg (b. 2.) xal ei fj.r) bXrj rpevdr)g ij
BT äXX' int ri , xal obrarg eOrai rb avfine'Qaa/j.a aXrjüe'g (IT.) inl
de rwv iv utgei avXXoyia/ndiv iväfyeTai xal rijg ngiarrjg ngoräaeiog bXrjg
ovarjg xpevdovg rijg d' eri-nag aXrjd-ovg aXrjdeg elvai rb avfj.ne'gaa/j.a , xal
int ri ipevdovg ovarjg rijg nQoirijg rijg d' ere'gag aXrj&oijg , xal rijg /j.ev
äXrj&ovg rijg d' iv liioei ipevdovg, xal ä/j.rpore'Qiov ipevdtZv.
612) 3, 55 b. 3.: iv de rtp /j.e'aqr a%rj(iazi navriag iyxoroet dia rpevdiSv
aXrj&eg avXXoytaaa&ai, xal äfirfore'Qwv rcäv ngaräaeuiv SXtov ipevdtvv Xafißavofit"
vtov xal int ti ixarfgag xal rijg fiev äXrjOovg rijg de ipevdovg ovarjg
bXr/g , önoitnagovv ipevdovg n&e/xe'vrjg ., xal ei r) fiev änX(Sg äXrjfhr)g r) d"
int ri ipevdr)g, xal iv roig xa&6Xov xal inl rtvv iv fittoei OvXXoyiaficäv.
613) 4, 56 b. 4.: earai dt xal iv to3 ia^äriii axrjfian dta iptväcSv äXtj-
&eg, xal äfi<pore'Q(ov ipevdäv ovaäv oXiov xal inl ti exattnug, xal rijg uev
ertgag aXrj&ovg SXrjg rijg d' trigag ipevdovg, xal rijg fiev int Ti rpevdovg
Tr)g d" oXrjg äXrj&ovg, xal avänaXiv, xal baa^äg aXXoig iy%(oQtl fieraXaßelv
rag ngordoeig.
^ 614) 57 a. 36.:^ (pavenbv ovv Sri av fiiv rj rb av/j.ne'Qaaua rbeväog,
uvayxr] II; äv 6 Xöyog ipevdrj elvai rj nävra tj 'evia, orav d' aXrjfrtg , aix
avayxri äXrj&eg elvai ome rl ovre navra (40.) aiTtov d' ort orav dvo
*X1 ov™ nobg aXXrjXa totfrs daTtpov bvrog ig aväyxr\g elvai daxeoov, rovtov
fir) övrog fiev ovdi S-aregov earai, bvrog d' ovx avayxr) elvai &äreoov.
IV. Aristoteles (Syllogismus). 307
darin besteht, dass die eine Prämisse aus dem Schlusssatze in N^rbindung
mit der umgekehrten anderen Prämisse erwiesen wird, so hängt
hiebei Alles von der Umkehrbarkeit ab , denn wo diese nicht besteht,
muss die andere Präfnisse in unbewiesener Weise als umgekehrte be
nützt werden ; aber .auch, wenn wirklich umgekehrt werden darf, beruht
die Beweiskraft des Cirkel - Schlusses doch nur auf der Annahme der
Geltung des Schlusssatzes615). Was hiebei die erste Figur betrifft, so
kann bei I 1 keine der beiden Prämissen auf diese Art erwiesen wer
den ; bei I 2 hingegen beide , nur muss, wenn der Obersatz durch Ver
bindung des Schlusssatzes mit dem Untersatze syllogistisch bewiesen
werden soll, der allgemeine Untersatz als allgemein umkehrbar genom
men werden ; soll hingegen der Untersatz durch Cirkelschluss bewiesen
werden, so muss der allgemeine verneinende Obersatz so gewendet wer
den, dass B das Prädicat von allem Nicht -A ist; bei den particularen
Schlussweisen der ersten Figur kann gleichfalls die allgemeine Prämisse
auf diese Art nicht bewiesen werden, die particulare aber in I 3 und
I 4 in der nemlichen doppelten Weise, wie so eben bei den allgemei
nen Schlussmodi 616). In der zweiten Figur kann bei II 1 und II 2
nur die verneinende Prämisse, nie die bejahende, durch Cirkelschluss
bewiesen werden, und bei der particularen Schlussweise nur die parti
culare Prämisse, und zwar nur wenn die allgemeine bejahend ist, also
nur in 114, ausserdem nicht, und auch die allgemeine Prämisse nicht on).
In der dritten Figur kann in III 1 und III 2 keine von beiden Prämissen
so erwiesen werden, in den übrigen Schlussweisen aber nur die particu
lare, und diese in III 4 und III 6 nur durch obige Art der Umkehrung 61 8).
615) ä, 57 b. 18.: tö fit xvxXu> xiu lg aXXrjXcov fit(xvva&aC Ioti tö fitet
tov avfineQäotictTog xai tov avänaXiv ry xuTrjyoola xrjV htQctv XaßövTU
Tinoiaatv avfXTitQÜvaa&cti Tijv Xomrjv, rjv iXäfißavtv iv #«Tf'p<y avXXoyiOfi^
(32.) iv fiiv ovv roig ftij avTiGTofriovaiv 1$ ävanofitCxTov Tr)g irtoag
Tiooruaewg yCvttai 6 avXXoyiGfiög (35.) iv fit rofg ävriOTQt'ifovoiv
tOTt Tiavxa fitixvvvai fit' ctXXrjXiav (58 a. 15.) avfißaCvti fit xcd iv tovroig
uvtü~> t<w fitixvv/nivi'i /orja&ai noög Trjv anöfitihv mOTt Tip avfintQaaftuTi
xQüipie&ci nQÖg Trjv ctTiöfitiiiv.
616) 58a. 22.: iatia tö fiiv B navxi tö> r vTTao/eiv, tö fii A ovfitrl
itäv Ii. GvfiniQuOfia ort tö A ovfievt toiv r. tl fiij naXiv fitl avfintnävcuj&
ai ort tö A ovfitvi tiov B, o naXui i'Xaßtv, eojcti to fiiv A firjfitvi
T<j> r, to fii r navTi to) B. ovtw yao avänaXiv r) nnoTaatg. st fi' oti
tö B toi r fiti avfintqävaa&ai, ovxt'&' bfioioig avTiOTQtms'ov to AB....
aXXa Xtjmiov, o} tö A firjfitvi vnan/ti, to B naVTl inäq/ttv (36.)
inl fii TÖiv iv fxion ovXXoyiöfiiov Ttjv fj.lv xct&6Xov nqoTaaiv ovx iariv
änofitl'iai fiiä tiov heQwv, tt)v fii xctTÖ fiioog iaxiv (1). 6.) tl äi ffrt-
QrjTixdg ö ovXXoyta/xög Trjv fi' Iv (teget iaTiv, iäv öfioicog ävTiOTQaqy
tö AB ägnto xänl tiöv xa&dXov , oiov o) to A tivi fii) vnäQ%ti , to B
tivI vnäqxtiv.
617) 6, 581). 13.: iv 31 rot ätvrsQU) a^^/xaTi to fiiv xaTaq utixöv ovx
tOTl fieTÜrtl filtt TOVTOV TOV TQOnoV, TO fit OTtQrjTlXOV tOTIV (27.) rjv
fit fir\ xa&6Xov b avXXoyiafiog y, tj fiiv iv oX(p nnoTaoig ov fitlxvvTcu fit«
it]V aviijv aUtav ijvneQ tlnofiev xal nnÖTtoov, rj fi' iv fiiosi fitlxvvTcu,
otuv ;] to xuS-oXov xaTryyoqixov .
618) 1, 581). 39.: tnl fit tov tqCtov GxryiiiTog otccv fiiv ufiif oTtQai al
nQoTuatig xa&6Xov XrjrfSüoiv, oix IvfitytTat fiei$ai fil' äXXrjXojv (59 a.
3.) iäv fi' r) fiiv r) xa&6Xov r) fi' iv fiigei ÖTctv fiiv ovv äfttiÖTtQtti
xctTtjyoQixcil Xrjifd-äai xal tö xit&6Xov yivrjTai nqög tü~> IXÜttovi äxQqj,
20*
308 IV. Aristoteles (Syllogismus).
Das Gegentheil des Cirkel -Beweises ist die Umkehrung des Syllo
gismus, {avxiGtqkcpuv GvXXoyiGfiöv), welche darin besteht, dass statt des
Schlusssatzes das ihm Gegenüberliegende, entweder das widerspruchsweise
oder das gegensätzlich Gegenüberliegende, genommen und dieses Gegen
theil des Schlusssatzes mit der einen der beiden Prämissen in Verbin-
^. dung gebracht wird, um hiedurch die andere aufzuheben 619). In der
ersten Figur wird bei I 1 und I 2 hiedurch -jedenfalls die eine Prämisse
aufgehoben, nur mit dem selbstverständlichen Unterschiede, dass, wenn
der Schlusssatz in sein widerspruchsweises Gegentheil umgesetzt wurde,
auch die Aufhebung der Prämisse nur eine widerspruchsweise, und keine
gegensätzliche ist. Bei I 3 und III 4 aber wird wohl bei dem wider
spruchsweisen Gegentheile des Schlusssatzes jede von beiden Prämissen
aufgehoben, bei dem gegensätzlichen Gegentheile des Schlusssatzes aber
keine von beiden 62°). In der zweiten Figur kann bei II 1 und II 2
betreffs des Obersatzes nur ein widerspruchsweises Gegentheil, nie' ein
gegensätzliches, erreicht werden, weil in diesen Schlussweisen nach
der Umsetzung des Schlusssatzes in sein Gegentheil, wenn der Untersatz
bestehen bleibt, nur in der dritten Figur,, d. h. nur particular, ge
schlossen werden kann ; betreffs des Untersatzes aber wird sowohl das
widerspruchsweise Gegentheil erreicht als auch das gegensätzliche, je
nachdem der Schlusssatz in ersteres oder in letzteres umgesetzt worden
war. Bei II 3 und II 4 aber wird, wenn der Schlusssatz in seinen Ge
gensalz umgesetzt wurde , keine der beiden Prämissen aufgehoben ; hin
gegen beide, wenn jener in seinen Widerspruch verwandelt wurde621).
In der dritten Figur wird überhaupt bei gegensätzlichem Gegentheile des
Schlusssatzes keine der beiden Prämissen aufgehoben, bei widerspruchs
weisem aber beide 622).
eoxai, oxav de nobg S^axe'oa), ovx eaxai (18.) xal oxav y t] fiev xaxrjyoqixii
x\ de Gxe Qrjxixi) , xa&oXov d' fj GTeQTjXtxrj, deixO-r/Gexui fj exe'ou
(24.) oxav d" fj 0ifQT]Ttxri xa&6Xov yerrjxai, ov deCxvvxai ^ exe"Qa, ei /jfj ülgneo
inl rtSv ngöxegov, iav X?](p&fi, ip xovxo xivl ftfjbnaQ/ei, D-axeoov nvl vnaQ/etv,
619) 8, 59b. 1.: xb avxiaxq(if.eiv taxl tu /jexaxi&evxa rb avfj.ne'QaGfia
noielv xov avXXoj'iGfibv oti r\ xb axgov rtp /j.e'ao} oi/ inag/ei fj xovxo r$
xeXevTuCti). aräyxrj yiiQ xov GvfjneQÜGfiaxog ävitGxaaqe'vxog xal xrjg exioag
fievovorjg ngoxaae<ug ävaineia&ai xfjv Xomf/V' ti yao 'iGxai, xal ro avfjnigaa/
ju eaxai. diarie"gei dt xo ävxixeifie'vcog fj ivavxi'cog avTiargitfeiv to
avftne'ßaofia ■ ov yag 6 aixög ylvexaiavXXoyiOfj.bg exaxe'gwg {'tvxiaxQaqe'vxog.
620) 59 b. 25.: iav d' avxixeifieviog avx tax nayfj xö Ovfine'QaOfj.a , xal
ol GvXXoyiGfiol avxixeCfjevoi xal oii xa&6Xov eGovxai (37.) inl de xäv
iv fi^gei GvXXoyiOfimv orav filv avxixeifjeviag avxiaxQiqrjxai xö av/j.ne'-
gaofia, ävaiQovvxai ä/U(f oreoai al ngoxdoeig, oxav (J" ivavx((og, ovdexiga.
621) 9, 60 a. 15.: iv de xb> devrigo) a/rjfiaxi xfjp fiev ngbg reu fjeC^ovi
ItXQio tiqoxugiv ovx eaxiv ctveXeiv ivavxiug, bnoxegtogovv xf\g avx igt goipfjg
yivofiivrjg • ctel yag eGxai ro Gvfinegaa/ja iv xtji xgCxü) G/rj/jaxi, xuhöXov
d" ovx tjv iv xovtü) GvXXoyiGfiog. xf\v d' he"gav bfioCtog avaigf/Gofjev xrj
avxiOTQurf fi, i.e'yio de xo bfjoCiag, ei j*ev ivuvxCiog ävxiGxge'opexui , ivavxCtog,
et d' avxixeifiiviog, avxixeifiivixig (32.) ei d" laxlv Inl fiegovg 6 avXXoyiGfj.
bg, ivavxi'cog fj.lv ävxiaxgeifOfiivov xov Gvfjnegdafiaxog oidere'ga
xcüv ngoxäaetov avaigeixai, xa&äneg oid' iv riji nnuxta ayjjfiaxi, ävxtxeifiivmg
d' üfMf öxeoui.
622) 1Ü, 60 b. 6.: inl de xoi) xqCtov a/^fiaxog oxav fiev Ivavxbog ävriaxQt'ifijTac
tö avfine'QaGfj.a, ovdexe"nu xtov nqoxaaetav avaiqelxai xax*
oide'vu xäv avXXoyiOfjiäv, oxav eJ" avxixei/j.e'vcog, afMpoxeoai xal iv anaGiV .
\ IV. Aristoteles (Syllogismus). 309
Verwandt mit der Umkehrung des Syllogismus ist der Syllogismus
eines sich ergebendenV Unmöglichen (o jSici rov^JcSxmiSV^Gyllq^ajiög),
oTTtT die sog. deduclw_ ad absurdum : nemlich er hat mit jener wohl
die Umsetzung des Schlusssatzcs in sein Gegentheil gemein, aber er un
terscheidet sich dadurch , dass bei der Umkehrung schon ein Syllogis
mus vorher vorliegt und in Bezug auf diesen also ein zweiler gemacht
wird, welcher die eine Prämisse aufliebt, wohingegen .jbejLdftnxjarjagogischen
Verfahren JSic.UtS-.aIa- vorausgegangen betrachtet wird, daher auch
letzteres Verfahren, d. h. der Syllogismus eines Unmöglichen, sofort
das Gegentheil des Schlusssatzes als ein schon an sich wahres Urtheil
annimmt und durch einen von da an gefühl ten Syllogismus die Unmög
lichkeit dieses Gegentheiles zeigt C23). Ein allgemein bejahendes Urtheil
nun kann in der eisten Figur nicht apagogisch erwiesen werden, wohl
aber ein particular bejahendes und ein allgemein verneinendes und ein
particular verneinendes; nie aber darf hiezu das gegensätzliche Gegen
theil der Behauptung vorausgesetzt werden (welches bei einem particular
verneinenden Urtheile sogar zur Selbstaufhebung des apagogischen Be
weises führen würde), sondern nur das Widerspruchs weise Gegentheil;
denn um letzteres handelt es sich ja auch, da, wenn die Verneinung
einer Behauptung als unrichtig sich zeigt, die Bejahung derselben wahr;
sein muss, wohingegen der positive Gegensatz durchaus nicht bei Allem
wahr sein muss, wenn das ihm Entgegengesetzte bei Keinem wahr ist 624). ;
In der zweiten und dritten hingegen können sämmtliche Urtheile, sowohl
die allgemeinen als auch die parlicularen und sowohl die bejahenden als
auch die verneinenden , apagogisch erwiesen werden , sobald nur ihr
widerspruchsweises, nicht ihr gegensätzliches, Gegentheil vorausgesetzt
wird 625). Das Verhältniss des apagogischen Verfahrens zum directen
623) 11, 61 a. 18.: 6 <ff diu tov advvarov ovl.Xoyiafj.bs deCxvvtat jxev,
Stav r] ävtiq affig te^fj tov avfineoacifiaxos xal nQogXrjip&ij aXXtj nqotamg
(yCvetai <J" iv anaGi toig a/r/fiaOtv, ofioiov yaq iati trj avttOtQoqpfj),
nXfjV diaipiqei toapvtov ort avt iat Qiipet ai j*iv yeyevrmivov ßvXXoyta/xov
xal tiXr)fi[A£vb>v ä/Atiolv twv nqotaaeiav, anayetai o etg advvatov oi
nqoofioXoyrjfUvtog tov ävtixei/uivov n £OT eqov , äXXa ipaveoov ovtog Sri äXrj&ig.
624) 61 a. 34.: Iii ftev ovv aXXa nQoßXrjftaza navta delxvvtui dia tov
advvatov iv anaGi toig ayjjfiaai , tb de xa&6Xov xatrjyoQixbv iv fiev täi
fiiatfi xal zip tQCttp dei'xvvtai , iv de xu> nquitai oi äeCxvvtai (b. 10.)
tb oi ye tivl xai rb fxrjäevl xcd jjrj navtl äe(xvvtai (18.) tfuveQov
ovv öti tö otvtixt(fitvov vnoS-etiov (33.) ngbg de tb (*rj navtl dei'gai
vnäqxov t({> B tb A, vno&eziov navtl vnaQyeiv (39.) iav de jir)
navtl äXXa tivl inägyeiv vnÜQ/fiv vnoteS-y , ov delxvvtai oti oi navtl
HIV oti oidevt (62 a. 11.) <f av(Qov ovv oti oi tb ivavtiov äXXä to
aVtixeCuevov vno&etiov iv anaoi toig avXXoyiafioig' ovtto yao tb ävayxaiov
eritai xal tb a^Cioua 'ivdo^oV el yäg xatä navtbg rj ifäoig rj anöipaaig,
äei/fUvtog oti ov/ r) dnoifadig, avdyxr) tr)v xatäifaOiv aXri&tveofhai
(17.) tö <f' ivavtiov oidttiqmg äq/jottei agtovv oiite yao ävayxaiov,
el tb iir\äevl ipeväog, tb navtl aXrj&hs, ovt' evdogov <äg ei Säteqov ipevdog,
oti &ättQov aXrj&ig.
625) 12, 62a. 20.: tfaviqbv ovv oti iv tt!> nnüto) a/riftati tä /xlv
äXXa ngoßXrjfiata navta deCxvvtai dia tov äSvvätov, tb de xafröXov xataifatixbv
oi deCxvvtai' iv de tä> ixiatp xal ttji io/äto> xal zovto delxvvtai
(b. 2.) tfavenbv ovv oti nävieg ol avXXoyidfiol yCvovtai öia tov fiiaov
«x^fiatog. IS, 62 b. 5.: buoi'io; de xal dtä tov io%atov (25.) (f uveqbv
ovv oti iv anaai toig Sia tov uSvväxov avXXoyiOfioTg tb avtixeCfxevov
310 IV. Aristoteles (Syllogismus).
beruht darin, dass letzteres von zugestandenen Sätzen ausgeht, ersteres
aber auf etwas zugeslandnermassen Unwahres hinstrebt; zwei Urtheile'
sind es bei jedem dieser beiden Verfahren , welche beigezogen werden ;
bei dem directen Verfahren sind es die Prämissen, bei dem apagogischen
hingegen das Gegentheil des Schlusssatzes und die eine der bei
den Prämissen. Daher kann AIles^^as_jirj^c^exsclilqssen whxj^jiuch
^pjigogjsjyi_b£Ki£seff]wi^n, undjur^kehrt ; nemlich, was in der ersten
Figur apagogisch geschlossen wird, kann, wenn die zu beweisende Be
hauptung verneinend ist, in der zweiten, wenn aber jene bejahend ist,
in der dritten Figur direct bewiesen werden ; und alles , was in der
zweiten Figur apagogisch , in der ersten direct ; und was in der dritten
apagogisch nachgewiesen wird, kann, wenn das zu Beweisende bejahend
ist, in der ersten, wenn aber jenes verneinend, in der zweiten Figur
direct geschlossen werden 626).
Wurde so bei der Umkehrung des Syllogismus und bei dem Syllogisjnus__
des beabsichtigten Ujijnöalichen der Schlusssatz in sein Gegen
theil "umgesetzt, so kann das gleiche auch mit den Prämissen geschehen,
wobei gleichfalls das Gegentheil entweder widerspruchsweise oder gegen
sätzlich genommen werden kann. In der ersten Figur nun kann aus
keinerlei Umsetzung der Prämissen in ihr Gegentheil ein Schlusssatz er
reicht werden, wohl aber in der zweiten bei beiderlei Gegentheile, nemlich
sowohl bei dem widerspruchsweisen als auch bei dem gegensätzlichen ;
in der dritten Figur kann aus dem Gegentheile der Prämissen wohl kein
bejahender Schlusssatz gewonnen werden, stets aber ein verneinender.
Von selbst versteht sich, dass aus dem widerspruchsweisen Gegentheile der
Prämissen kein wahrer Schlusssatz folgen, sondern wohl ein Widerspruch
einer gemachten Voraussetzung erreicht werden kann ; überhaupt ja müssen,
wenn Widersprechendes über Ein und den nemlichen Gegenstand erschlos
sen werden soll , entweder mehrere , d. h. wenigstens zwei , Syllogis
men gemacht werden, oder es muss der Widerspruch schon in den
Prämissen selbst liegen 627).
vnofhtTiov dr)Xov de xctl Sri iv to) fie"0(t) cf/yiiaTi deCxvvTat na>g to xa-
Tcuf cerixov xal iv ti) itiyaTip to xa&oXov.
626) 14, 62 b. 29.: aimp^gei de r) eig to ttdvvaTov ctnödei£ig rij? deix-
Tixijg to) ti&e vai o ßovXsrai ctvaineiv, cmctyovaa etg bfioXoyovfievov \ptvdog'
r) di deiXTixr) ttO/tTui' ii bfioXoyovfie'viov S-iaemv. Xuußdvovai fiiv ovv
afitf OTtQtti dvo TiQOTaaug bjuoXoyov/ue'vug, ctXX' ij fiiv 1$ (Sc b avXXoyioiibg,
r) de fifeev fiiv tovtiov, fiCav de tt)v aVxCtpctaiv tov avfineoäafittToq
(39.) anttv de to dtixTixwq neoaivöfievov xal dia tov ädvvctTov dei/S-r/-
OeTcti xal rb diä tov ädvvaTov deixTixiog diä tiuv civtiov oqiov. brav fiiv
yäo b avXXoyi.aij.bg iv ro) nniarq) Oyrifimi yivrrxai, to c\Xr\iHq taTai iv Tq)
fieacp rj ro) iaytito) , to fiiv aTeorjTixbv Iv ro) fie'aoj, to de xaTrjyooixbv iv
to) ia/KT(a. otuV d' iv Tbl fie"ao> b OvXXoyiafibg, rb aXrjfr'eg iv to) nr>o)Ttt>
int ndvTiov Tmv TTQoßXrjfic'aiov. 'otuv d' iv Tip iayaTO} b OvXXoyiafibg , ib
äXrj&eg iv to) tioiütio xctl n) fie'ao), Tic fiiv xtiTitifaTixa iv to) tiqoitoi, t«
de OTeor/Tixit iv to) fie'ao).
627) 15, 63b. 22.: iv noCoi de Oyr\fiaTi eOriv i'i ctVTixeifie'viov nooTci-
Oetov OvXXoyCattaOtti xctl iv nolo) ovx eariv, wd' eOTcti (fjctveoov (31)
iv fiiv ovv Tip noioTiii a/rifuni oiix eoriv i( ävTixeiue'viov nnoxciaeiov OvX
Xoyiafibg ovre xitTaifitTixbg ovre anoitintxög (40.) iv di to) fie"oq>
Oy_r\fiitTi xctl ix tiöv ävT ixei fifviav xal ix tojv IvavTi'iov Ivde'yeTai. y(vea&ai
avXXoytOfiov (64 a. 20.) iv de tri toitio ayrjfiitTi xaTai/auxbg fiiv
IV. Aristoteles (Syllogismus). 311
Alle diese bisher betrachteten Eigenlhümlichkeiten der aus vorliegen
den Urtheilen formulirten_Syllogismen waren nun selbst derartTg"dass
sie" in der Verschiedenheit der drei Figuren ihre Function auseinander
legten, und in dieser Beziehung mit den einzelnen Gesetzen der Form
des Syllogismus selbst in einem wesentlichen Zusammenhange standen.
Sie dienten dazu, innerhalb des in den Prämissen vorhandenen Materiales
mit syllogislischer Thätigkeit weiter zu bauen und hiedurch namentlich
jenes Verhältniss, in welchem Unterbegriff, MittelbegrifF und Oberbegriff
zu einem sie vereinigenden Syllogismus sieben, so allseitig als möglich
klar zu machen. Daher insbesondere jene Eigentümlichkeiten , welche \
wir von dem Cirkelbeweise an zu betrachten halten, eine Function besitzen,
welche der dem Syllogismus vorhergehenden Umkehrung der Urthcile
völlig analog ist« Ganz anders hingegen verhält es sich mit demjenigen,
was uns nun von der aristotelischen Syllogistik noch zu betrachten übrig
ist. Es kommen nemlich noch jene Eigenlhümlichkeiten des Schlusses
in Erwägung, welche bei dem Schliessen überhaupt allen syllogistischen
Verbindungen gemeinsam und in dieser Beziehung gegen die einzelnen
Figuren indifferent sind , dabei aber einen Einfluss auf die Stärke der
Beweiskraft ausüben und somit auf jene Momente hinweisen , welche
betreffs der Annehmbarkeit und wissenschaftlichen Glaubenswürdigkeit eines
gemachten Schlusses eine Nachhilfe oder auch eine Abhilfe nöthig machen.
Zunächst kömmt hiehei in Betracht die erschlichene Annahme des
obersten Ausgangspunktes (tÖ iv aQ%rj cthuo&ai), die sog. ffft'f" jffwapii,
welche darin besteht, dass dasjenige, was nicht schon durch sich selbst
klar ist, als ein durch sich selbst klares aufgezeigt wird; diess ge
schieht in jedem Syllogismus dann , wenn der Obersalz oder der Unter
satz nicht an sich gewisser ist als der Schlusssatz , was stets der Fall
sein wird, wenn durch die Verbindung der drei Begriffe des Schlusses
zweimal das Nemliche als Prädicat Eines Subjectes oder als Subject zweier
Prädicate ausgesagt wird, also der Schlusssatz nichts Neues aus den Prä
missen erst abgeleitetes darbieten kann 628).
OvXXoyiOfibg oidtnox' eoxai IS ävxixeifie'vcDV TtQoxaOeiav anoifax ixbg
<?£ «Treu xal xa&6Xov xal fitj xa&öXov xiSv oqiov ovxtov (1). 7.) ifavegbv
äe xid ort Ix xpevütov fiiv ectxiv aXrj&ig avXXoyCaaa&ai, xa&äneg eiqtjxui
nnoxeQov, ix Se xäv avxixtifiiviav ovx edriv (13.) är\lov de xal
ort iv Toig naoaXoyiafioig oiSiv xioXvti yivea&ai rijg vnoS-iaeiog ävrCifatiiv
(17.) Sei di xaxavoeiv oxi Ovxai fiiv ovx eöxiv ivavxta Ovfinenäva<
f&csi i( evbg övXXoyiOfiov (21.) äXX' rj nqogXaßelv äel xr\v avxl-
(puoiv (24.) rj ix dvo avXXoyiOfiüiv.
628) 16, 64 b. 28.: tö d" iv aQxfi aixeiaS-ai xal Xafißäveiv tau fiiv,
mg iv yivei Xaßeiv, iv rej5 fir\ anoäei'xvvvtti rö nqoxeifitvov, xovxo d' iniavfißalvei
TToXXaxwg (33.) xovxiov fiiv ovv oiätv iori ro alrela&ai
TÖ H aqxVS- «i* ^nei Ta f1^ "ixiSv niifvxe yvioQt&Od-ai xä di 6V
icXXiov, al fiiv yao cto/al oV aitxiöv, tu ä' vnb jag ÄQX&g di aXXcov, orav
jjLrj ro 6V avrov yvioaxbv oV nixov rig ini/UQy deixvivat, tot' alxeixai xb
tt agyrjg (65a. 26.) ei oiv iöxi xb iv ao/y alxela&ai xb di' ayxov deixvvvai
xb flr\ di avxov äijXov, xovxo d'Jaxl xb flrj äeixvvvai, oxav ofioCwg adrjXiav
ovxcov xov deixvvfie"vov xal di ov SeCxvvaiv ij Tip xaixä x(p airip rj x(j> xaixbv
xoTg aixoig inaQ/eiv, iv fiiv xiS fiiam axrjfiaxi xal xqCxia (tfiq'oxe'niog av
ivde'%oixo xb iv aQ/ij alxeiß&ai, Iv de xairiyonixtp avXXoyiöfiip ev xe tö>
tqItw xal t$ 7iQ(öxi[)- oxav d' änoipaxixäg, oxav rä aixa änb xov avxov,
xal ovx ofioims äfitpaxeoai al nnoxaoeig, ugavxiog de xal Iv xip fie'am.
312 IV. Aristoteles (Syllogismus).
Ferner ist auch der Ausgangspunkt einer Beweisführung in Bezug
auf die aus ihm gezogenen Folgen zu beachten ; und namentlich ist hei
dem apagogischen Verfahren der Einwand, dass das beabsichtigte Unmög
liche nicht aus der Voraussetzung folge (ftt| jtagajroyTo) , das sog. jjpn
per hoc, von Wichtigkeit; dieser Einwand wirft sich natürlich zunächst
"liTIf~einen etwa bestehenden Mangel in der Verknüpfung der Prämissen
des apagogischen Beweises ; aber wenn auch derselbe in dieser Beziehung
untadelhaft ist, so kann doch der ursprüngliche nölhwendig einzuhaltende
/ Ausgangspunkt vernachlässigt sein , indem entweder weiter oben oder
weiter unten , als derselbe in der Tliat liegt, die Voraussetzung genom
men wird, von welcher aus dann das Unmögliche erschlossen wird.
Dass jener Einwand nur giltig ist, wenn der apagogische Beweis in den
anfänglichen Begriffen sich bewegt , nie aber vorgebracht werden kann,
wenn eine andere Reihe von Begriffen zur Apagoge gewählt wurde, ver
steht sich von selbst 029). Ueberhaupt ja muss, wenn ein Schlusssatz
falsch ist, die Ursache in den Prämissen liegen, und es ist daher' die ur
sprüngliche Unwahrheit {nqärov tytv&oq) , aus welcher das Falsche er
schlossen wurde, in den Prämissen aufzusuchen 630). Darum muss, so
lange Beweis gegen Beweis gestellt werden soll, derjenige, welcher den
Beweis führt, bei seinem Gegner so wenig als möglich zulassen, dass
derselbe in den Sätzen zweimal den nemlichen Begriff ausspreche, denn
dadurch würde das Mittel zu einem Gegenbeweise herbeigeschafft; der
Beweisende seihst aber muss so sehr als möglich in den Sätzen Einen
Begriff zweimal unterbringen, ohne dass der Gegner diess bemerkt031).
Hingegen eine ^wirkliche Widerlegung (&ey%og) kann erst eintreten, wenn
ein Syllogismus schon vorliegt und das Nöthige zugestanden ist, denn
Widerlegung ist ein Syllogismus des widerspruchsweisen Gegentheilcs,
und dieses kann nur erreicht werden, wenn das im Schlüsse des Gegners
zu Grunde Gelegte dem Schlusssatze desselben entgegengesetzt ist °32).
629) 17, 65 a. 38.: tö o*e fir) nana rovto Ovußalvuv to \ptvSog, S noXXaxig
(v toi; Xoyoig tltöfraptcv Xfyiiv, nnürov fiir lariv fr rotg (ig ro äfivraiuv
avXXoytafAoig , oTar nnbg arrhfaair y tuvtov o fdilxvvTo rrj ctg ro
äävvator (b. 13.) 6 ftkv ovv <f ariQdraTog rnönog iarl tov fxr\ nana
tt)V &iöiv ttrai to if>tvd"og, orav ano Trjg vno&e'öttag äovranTog y änb
T(Sr ftiamr nnbg tö aävvaTor 6 avXXoyia/jog (21.) äXXog eff tnönog,
ti owt/tg fth> tlrj to ad'vvaTor t;7 bnoStati, fitj ftivroi öV ixtCrrjr av/xßalroi
' tovto yäo fy/(ooti ytvt'o&at xai in\ rb «Vi» xai fni tö xärta Xaußavorri
tö avrtyig (66 a. 1.) yartnbr ovr Sri rui) ädvrärov /nrj nobg
Tovg £J «('/^? önovg öfTog ob nana rrjr &(air avftßairti to tfxväog.
630) 18, 66 a. 16.: 6 ef* iptvdijg X.öyog ylvtTut nana rb noiöror iptvdog,
rj yan Ix Ttör ävo nooTaatwr rj ix nXtibrwv nag faTi avXXoyiapög.
631) 19, 66 a. 25.: nnbg dl To fir\ xaT«ovXXoyi'£io~ä-ai nanaTTjnrjTt'ov,
otuv itvtv tßv avftntoaafiaTior foiorii ibr Xoyor, onwg fir) do&fj äig Tay
lor fr Tiug nnoTaatair, fntidi)ntn Xafitr oti ävev [itoov avXXoyiOfibg ov ylretui,
fifaor ö" fori to nXtoräxig Xtyöfitrov (33.) ynr\ d" öntn ifvXÜTTtaftai
nanayyt'XXofitr änoxQiro/Jt'rovg, avrovg fmytioovrTag ntinäoirai Xar&üvtiv.
632) 20, 66b. 4.: fntl d" eyofitr nÖTt xai niag f^orriar iiär oQiar yirtjai
avXXoytapbg , iparepbv xai nc'n' torai xai nor' ovx iörai eXeyyog.
navTtor fttr yäo avyytonovfit'ruir y fraXXai Ti(rtfi(r(av t<5v änoxoi'otuir
fyytoQti y(rtai)ai tXtyyor (9.) euer' ei to xii^ieror iUri h'arrior
Trp avfinenaOfiaTi , ctvayxr) y(reo9ai F.Xfy/ov b yan IXty/og 'rTiif aaecog
ovXXoytOftog' ti äe firjdiv avy/ionolro, äövraTov y(rio&ai iXtyyor.
IV. Aristoteles (Syllogismus). 3 13
Beruhte in diesen beiden bei dem Schlüsse zu erwägenden Eigen
tümlichkeiten desselben jenes Moment, welches auf die Stärke der Be
weiskraft und die wissenschaftliche Geltung eines bestimmten einzelnen
Syllogismus einen Einfluss äussert, noch auf der syllogislischen Formulirung
überhaupt als einer bereits veranstalteten, so ist hingegen ein
grosses anderweitiges Gebiet dasjenige , in welchem der Schluss wohl
potenziell vorliegt, aber actuell nicht formulirt ist, nemlich das Gebiet
des blossen Annehmens und des selbst gewöhnlichen Gespräches , wo
selbst wohl viele Schlüsse gemacht, angenommen und ausgesprochen
werden, ohne dass sie jedoch eigentlich als Syllogismen bezeichnet wer
den können. Hier also handelt es sich um ein Verknüpfen von Urtheilen,
wvelches zwar Wahrheit in sich enthalten kann, aber in einer syllogistisch
noch unvermittelten Form sich bewegt; und für dieses Gebiet
mir ist anzugeben , wie das syllogistische Princip in ihm doch schon
im Keime vorliege, wenn es auch andrerseits mannigfach entstellt und
verdunkelt sein mag. Erklärlicher Weise aber betritt hier die Syllogistik
bereits ein Gränzgebiet, welches an die Rhetorik und die rhetorische
Beweisführung streift 033).
Was hiebei vor Allem das Meinen und das unmittelbare Annehmen
selbst (vTtokrjtyig) betrifft, so ist dieses an sich wohl syllogislisch form
los und eben hiedurch einem Mangel an festem begründetem Wissen
und hiemil dem Irrthuine preisgegeben, andrerseits jedoch gibt es auch
Fälle, in welchen selbst bei dem blossen Annehmen eine Täuschung
nicht möglich ist; und es frägt sich daher, wie im Einzelnen das Mei
nen zur syllogistischen Wahrheit sich verhalte. Zunächst scheint haupt
sächlich eine Täuschung einzutreten , wenn Ein und dasselbe Prädical
mehreren Subjecten ursprünglich zukömmt, und hiebei der Bestund der
einen solchen Verbindung unbemerkt bleibt; jedoch ist hier zu unter
scheiden. Gehnren nemlich die Prädicate zu Mittelbegriffen , welche in
Ein und der neinlichen Reihe blejben, d. h. ist z. B. der factische Be
stand dessen, worüber die Meinung ausgesprochen wird, folgender
B ist A
C ist B
D ist C,
so ist A Prädicat von B und von C und von 1); und hier nun ist selbst
hei dem Meinen eine Täuschung unmöglich, denn Niemand kann da zu
gleich meinen, B sei A und kein C sei A, denn sobald der Mitleibegriff
C nur in der Annahme überhaupt auftritt, ist ja ein Wissen, dass
von ihm der Oberbegriff gilt, schon vorhanden. Hingegen wenn ver
schiedene Reihen vorliegen und der Gegenstand der Meinung sich fol
gender Art verhält
C is! A B A C A
... . , .' . , "„' woraus die Schlüsse D B undU C sich ergeben,
und hinwiederum 1) ist B D
n ia. r. DADA
033) In solcher Weise ist meines Erachtcns der Inhalt des zweiten Buches der ;
erslcn Analytik in Haupt-gruppcn zu unterscheiden, und ich halle daher die bei den
Alten sowie bei Neueren angegebenen Eintheilungen für unrichtig.
314 IV. Aristoteles (Syllogismus).
so ist abermals keine Täuschung der Art möglich , dass man zugleich
meine , einerseits es seien die beiden Mittelbegriffe B und C Prädicate
von D sowie A Prädicat von B, und andrerseits es sei doch kein C A;
hingegen wohl ist jene Täuschung möglich, dass man einerseits annimmt,
B sei A und D sei B, andrerseits aber doch kein C sei A, oder über
haupt, dass man von obigen zwei Syllogismen wohl die beiden Prämis
sen des einen annimmt, zugleich aber die des anderen misskennt, oder
dass man die beiden Übersätze jener zwei Syllogismen annimmt, ihre
Untersätze aber misskennt 034). Eben diese letztere Täuschung aber ist
die nemliche, welcher wir dadurch ausgesetzt sind, dass wir wohl all
gemeine Obersätze wissen, aber das Einzelne sich uns entzieht, weil es
entweder der empirischen Wahrnehmung nicht bereits vorschwebt, oder
weil wir einen bekannten Obersalz mit einem zu ihm gehörigen gleich
falls bekannten Untersatze gar nicht verbinden, d. h. auf dem Boden
des blossen Annebmens eben noch nicht actuell syllogistisch denken;
denn das Wissen hat in dieser Beziehung die dreifache Bedeutung, ent
weder dass wir die allgemeinen Obersätze wissen , oder die speciellen
Untersätze, oder dass wir actuell beide verbinden und hiedurch das
wirkliche eigentliche Wissen besitzen
Eine zweite Art der Täuschung aber, welche aus dem blossen An
nehmen sich ergibt, besteht darin, dass man reale Gegensätze für iden
tisch hält; diesem Irrthuine aber wird dadurch abgeholfen, dass in einem
hierauf gebauten Schlüsse auf das allseitigste die Umkehrung der Urlheile
634) 21, 66b. 18.: avfißctivet cS" ivCore, xaS-äneq iv t;| {t-iaeirtöv
oqiov aTTiiTiifit&it , xai xaTts rt)V vTiöXrjijuv ylvtaliiu Tr)v itnarrjv, oiov ei
iväeyeTai tö uvtö nXeioai nocoToig vnänyeiv xcä tö fxlv XeXT]&e"vat Tiyä
xai oieo&ttt /^rj&evi vndoyeiv , tö Sh eiäe'vui. eiJTio yao tö A Tip B xai
Tip r xaO-' civtu vnctQyov xcä tttvTtt navTi Tip A töguvTcog. ei Jjj Tip fiiv
B t6 A naVTi oitxai vndoyeiv xctl tovto Tcp A , Tcp äk T tö A firjd'evl,
Xul TOVTO III) A TTCtVTl, TOV CWTOV XCtTCl TCtVTOV fffl- i 71 I (TT Tj fM]V Xttl kyVOiaV.
ndXiv ei Tis dncirrjH e(ii neol tk Ix Trjg avTrjg avGToiytag , oiov el to A
vndoyei Tip B, tovto cfi Tip F xu) to T Tip d , vnoXafißdvoi de to A
navxl Tij> B vndoyeiv xctl ndXiv /jrjiSevl Tip r. ci/ja yao etötrcti ts xcu
oiy vnoXrjipeTai vnaQyj.iv (34.) otiiq ctövvaTov. inl de tov noörenov
Xey&iviog , el /ur) ix Trjg avTijg avOToiyiag tö fiecfov, xa& exaTeoov /jtiv
tiöv fiiomv a/xipoTt'Qus rag noordaeig ovx iyymgel vnoXafißdveiv, oiov tö
A Ttt> jiiv B navTl, Tip de r prjdevl, tcivtu d' afxijÖTeou ncnnl to> A
(67 a. 5.) ovtco /jev ovv ovx ivdeyeTcu vnoXaßeiv, xa{)-' exciTeoov de tt)v
fxiav i) xarcc &dTtpov apifOTeqag oväev xcoXvei, oiov tö A ncnnl Tai B xai
tö B Tip A, xcä näXiv tö A /xrjdevl tu) r.
635) 67 a. 8.: öfiola yao r) toiccvtt] xcä dg dnaTiaiieött nein tu iv
fiepet, oiov ei Tip B navil tö A vndpytt , tö äi B Tip F navil, rö A
naVTi Tip r wiaQ^ei' ei ovv Tis oldev 6rt tö A, ip rö B , indgyei navil,
olde xcä Sri Tip r. aXX' oiäev xtoXvei dyvoeTv xö T öxi höTtv (22.)
oidcc/xov yao öv/ußaivet nnoenCöTctaH ca tö xa9y exctOTOV, aXX' cifia rjj
iTiaycayT) Xci/Aßaveiv tt)v tcov xktci ptoog iniOTr\^,r\v ägneo dvayvcoQ(iov-
Tcig (28.) iväeyeTui eyeiv fx'ev Tr)v xa&6Xov, anuTaOSai. eis rij
xaTct fie'oog (^6.) ob yccq intGTaTca Sit tö A Tip r, firj ßvvS'ecogiSv
tö xa&' exctTepo)', toOie (fijXov Sri xcä ei rö ,/iev old*e tö äe ftfj oloev,
dnccTrj{hr]aeTUL' oneo eyovOiv ai xcc&6Xov noög Tag xaTct fxeQog im Ott) /uns'
oiäev yao- tiöv atcf&rjTiuv e"£to Trjg aiaS-r/aeiog yevöfievov lOfxev, oiÖ' av
y o&rj/ue'vot Tvyyaviofiev, et /nr) cög Tip xafroXov xai Tip eyeiv Tr)v oixeiav
irtiitT^fiTjV, aXX' oig cig Tip ivepyeiv tö yao inCaTaa&ai XiyeTai Toi/iög,
rj cög Ty xa&6Xov rj tag rjj olxeicf rj lag Tip iveoyetv.
IV. Aristoteles (Syllogismus). 315
geübt und so das Wcchselverhältniss der Begriffe auf das erschöpfendste
vor Augen gestellt wird, indem bei angenommener Umkehrbarkeit eines
Schlusssatzes auch der Mittelbegriff mit den beiden anderen Begriffen
umkehrbare örtheile bilden muss, so dass durch fortgesetzte Combination
der Wechselbeziehungen der Begriffe sich auch da Unterschiede ergeben,
wo bei der blossen Meinung sich die Gegensätze zu verwischen drohen
und Verwechslungen eintreten G3°). Es sind nemlich folgende Fälle be
sonders zu beachten: Wenn alles B A, und alles C B ist, so muss,
falls der hieraus sich ergebende Schlusssatz „ alles C ist A " umkehrbar
und also alles A C sein soll, gleichfalls auch vermittelst des als Mittel
begriff genommenen C dann alles A B, und vermittelst des Mittelbegrif
fes A ebenso alles B C sein; in der nemlichen Weise folgt auch bei
verneinendem Schlusssatze aus der Umkehrung des Obersatzes die des
Schlusssatzes und aus der Umkehrung sowohl des Untersatzes als auch
des Schlusssatzes die des Obersatzes 637). Ferner, wenn die zwei Ur-
636) 67h. 12.: ö tf' vTiolctfißctvcav rö ayafttS eh'cn xctxcp tlvai, tö avrö
v7ioXrjtp(Tm ayafrt!) ilvcu xal xaxo~> tlvcu. ZiStw yag tö fj'tv ctya&cji tlvcu
iip' ov A, to dt xaxcp tlvai i(f>' ov B, nciXtv St tö dyctttip tiveu l<f>' oi
r. intl ovv tuvtöv vnoXafißavti tö B xctl tö r, xal tlvcu to r to B vno-
XrjiptTai xal nul.iv to B to A tlvcu cogavTcog, (Hart xctl to r to A
22, 67 Ii. 27.: ötccv tl" aVTiarnicfr] r« ctxna, äväyxrj xal to fitaov uVTitirnttptiv
nnög clficfta u. s. f. Das biefür gebrauchte Beispiel ayaS-ov und xctxov führt
dann zur Berücksichtigung des aintTÖv und cftvxTÖv (68 a. 25.), und berührt hicmit
schon einen der Rhetorik besonders eigentümlichen Gesichtspunkt, sowie ja auch
das von c. 23 an Folgende schon ganz anf rhetorischem Gebiete seinen Gegenstand
hat. Wir werden sogleich sehen (Anm. 637—641.), dass die ganze weitläulige Dar
legung der Umkehrungen und Wechselbeziehungen der Begriffe, welche in c. 22 steht,
nur zur Erörterung der vnöXr]\pig, dass ayitMv und xaxbv das Nemliche sei, ge
hört, und dass hiemit die Worte, welche zu Anfang von c. 23 stehen (68 b. 8.: nms
fliv ovv iyovcsiv ol Spot xaret Tag ctVTtOTQOifcig xctl to if tvxTÖTtooi rj al~
QtTcÖTtooi tlvai, if UVtQÖv), sich noch ganz enge an die letzten Worte von c. 22
anschliessen.
637) 67 b. 28.: ti yno to A xena tov r iSiä tov B vnc'tnytt , ti ctVTtciTQt'citt
xal imanyti, o> to A, navTi ro r, xctl to B toi A ctVTiarotq ti
xal vTfanyti, t!) ro A, TtaVTi to B äict [i((Sov tov r, xal ro r Tuj B av-
Tiornicfti äiä fie'aov tov A. xal Inl tov fxtj vnc'tnytiv (ögcivrcog, oiov ti tö
B toj r vnc'coyti , Tip öi B tö A ov/ vnftQyti, ovdi to A rrpi r ovy
vnan^ti. Die nun folgenden höchst schwierigen Wolle dürften vielleicht folgendermassen
zu erklären sein: (34.) ti ärj to B rep A aVTiGrotcf ti , xctl to r iw
A aVTiOTOtyptt,' tcSTM yan to B vnaoyov Tiji A' ovef' cina ro r, navil
yao T<ji r to B vTirjnytv, d. h. wenn in dem Syllogismus ^'"s |? j*j ^ der Ober-
Kcin C ist A
salz umgekehrt wird, so kann nach II 2 geschlossen werden, dass kein A C ist, also
auch der Schlusssatz sich dann umkehrt; (37.) xal ti riü B to r uVTiOTnicfti ,
xal Tip A aVTiarnttpu, xai)-' ov yan anctVTog to B, xal rö V, d. b. wird der
Untersatz vollständig umgekehrt, so dass auch alles B C ist , so führt diess in Ver
bindung mit dem Schlusssalze nach 1 2 auch zur Uinkehrung des Obersalzes ; nem
lich in den Worten xal to> A avriOTn&fti wäre dann B als Subject zu nehmen ;
(38.) xal ti ro V nnög rö A ccVTiarnttf ti , xal to B aVTiHTniifti' cfj yan
TO B, to r. tj> ifk tö A, tö r oiiy vndnyti, d. h. wird endlich der Schlusssatz
umgekehrt, so führt dieser mit dem dann gleichfalls umzukehrenden Untersalze nach
112 abermals zur Umkehrung des Übersalzes; nemlich in den Worlcn xal to B
aVTiciTQ&i ti ist ans dem Vordersätze zu ergänzen 7rpöf tö A. Anders Waitz
z. d. St.
316 IV. Aristoteles (Syllogismus).
tlicile „Alles A ist B" und „Alles C ist D" umkehrbar, die zwei Begriffe
A und C aber derartig sind, dass Jedwedes entweder unter A oder unter
C fallen muss, d. h. dieselben gegenseitig ihr widerspruchsweises Gegentheil
sind (C nemlich soviel als Nicht- A ist), so müssen auch B und
D ebenso sich gegenseitig als Widerspruch verhalten 03 s); und umgekehrt
folgt, wenn die Begriffe A und B, sowie C und D paarweise als gegen
seitige Widersprüche in eben dieser Weise sich verhalten, aus der Um
kehrbarkeit des Urtheiles „Alles A ist C" auch die Umkehrbarkeit des
Urtheiles „Alles B ist D" 639). Ferner, wenn A als Prädicat von allem
B und allem C und ausschliesslich nur von diesen beiden Subjecten gilt,
zugleich aber Alles C B ist, so muss das Urlheil „Alles ß ist A" um
kehrbar sein ; und umgekehrt, wenn alles C ausschliesslich die zwei
Prädicate A und B an sich hat , dabei aber das Urlheil „Alles C ist B"
umkehrbar ist, so muss auch alles B A sein 040). Demnach wird, falls
bei einem Gegensatz-Paare, welches in zwei verschiedenen Erscheinungs
weisen auftritt und hiedurch bei dem Standpunkte des blossen Meinens
und Annehmens leicht eine Verwechslung hervorrufen kann , nur wenig
stens Ein Moment für die verschiedenen Erscheinungsweisen festgehalten
wird, der Nachweis sich ergeben, dass auch da, wo Verwechslung
droht, der Gegensatz festzuhalten und hiemit das blosse Meinen und An
nehmen zu berichtigen sei. Gesetzt nemlich, es sei z. B. A das grosse
Gut, B das grosse Uebel, C das kleine Gut, D das kleine Uebel, so
wird das gewöhnliche Sprüchwört, dass von zwei Uebehi das kleinere
zu wählen sei, zu der „Meinung" oder „Annahme" führen, das kleine
Uebel sei ein Gut, oder die Kleinheit des Uebels sei ein grosses Gut;
diese Annahme nun, welche das Gegensätzliche für identisch nimmt, ist
durch folgende Erwägung zu berichtigen und hiedurch die Gegensätzlich
keit aufrecht zu halten: A und B sind Gegen theile, und jedenfalls A
wünschenswerter als B; ebenso sind C und D Gegenthcile, hiebei aber
jedenfalls D Wünschenswerther als C ; und sowie nun das Wünschens
werther-Sein für beide Erscheinungsweisen festgehalten und zugegeben
wird, dass ein Gut, sei es gross oder klein oder beides vereinigt, wünschenswerther
ist als ein Uebel, sei es gross oder klein oder beides
638) 68 a. 3.: nctliv ei ro A xai tö B aVTiaroetpei xai ro F xai ro
A lisavTtog , linaVTi S' aväyxr] rö A fj tö r vnaoyejv, xai ro B xai 4.
ovTiog fff/ diare navri ttäreoov vTTao/eiv' Inel yap (ß to A, to B, xai (i>
to F, to /I , TtaVTi de rö A fj to r xai ob/ «,u«, (favenöv otl xai TO B
fj tö A navxi xai oi>x ä\ua.
639) G8.i. 11. : ncO.iv ei navrl [itv to A fj to B xai tö T fj tö A,
S/ua elf fit) vTtctQxei, tl üvTiOToeif ti to A xai to r, xai tö B xai TO d
avT lOTQe'if er ei yäg tivI (mao/et to B, oj to A, Srjlov Sri ro A vnaoyei'
ei de tö A, xai to r, avTiarQe"(f,ei yüo' äoTe ä\ua tö r xai A, tovto
j" advvarov.
640) 68 a. 16.: orav de to A oko? im B xai tu) r inao/y xai utjdevos
äi-lov xaTTjyonrjTai , inärtyr] de xai to B navrl ro> r, avayxr) tö A xai
to B avTiOTQe'qeiv Inel yao xarit fxövutv t(Sv BT Xe"yerai rb .4, xarr\-
yoqeiTai dh to B xai aiiTÖ airov xai tov r, (pavepbv Sri xa&' ojv tö A,
xai tö B ke/f)tjaerai ttüvtidv nkr)v avrov tov A. nai.iv orav tö A xai to
B olo) tc) r {map/r] , avtiiSTQe'q rj de tö r ro) B, aväyxr) tö A navrl td)
B vnaQxeiV Inel yao navrl to) jT tö A, to de r to) B dia to avTiarneupetv,
xai tö A navrl to) B vnao^ei.
IV. Aristoteles (Syllogismus). 317
vereinigt, d. h. sowie festgehalten wird, dass die Vereinigung von A und
C Wünschenswerther ist als die von B und D, so bleibt hiedurch auch
der sichere Standpunkt, dass durch das Wünschenswerther -Sein die
Verwechslung von A und D, d. h. von Gut und Uebel, vermieden wird.
Xemlich stünden sich A und D gleich , so müssten sich auch B und C
gleich stehen , und folglich auch die Vereinigung von A und C und die
von B und D; wäre hingegen gar D Wünschenswerther als A, d. h.
das kleine Uebel in höherem Grade ein Gut als das grosse Gut, so müsste
auch B weniger ein Uebel sein, als das kleine Gut C, und da nun das
Wünsciienswerther • Sein sich hei Gut und Uebel der Grösse nach um
kehrt (d. h. das grössere Gut Wünschenswerther ist als das kleinere,
hingegen das kleinere Uebel Wünschenswerther als das grössere), so
würde demnach die Vereinigung dieses angeblichen grösseren Gutes D
und des folglich geringeren Uebels B, also die Vereinigung von B und
D, wünschenswerther sein , als die Vereinigung des angeblich kleineren
Gutes A und des folglich grösseren Uebels C ; nun ist aber zugegeben
und festgehalten, dass die Vereinigung von A und C wünschenswerther
ist als die von B und D ; folglich steht D dem A weder gleich , noch
ist es etwa selbst in höherem Grade ein Gut als A;. also ist D in ge
ringerem Grade ein Gut als A, und der wesentliche im Wünschenswerther-
Sein beruhende Unterschied zwischen Gut und Uebel bleibt auch bei
der Kleinheit des Uebels, wo er einer Verwechslung in dem Meinen
ausgesetzt sein konnte , bestehen 64 ').
So also ist das blosse Meinen und Annehmen, um zu verhüten, dass
es als falsche Meinung stehen bleibe , durch den Syllogismus zu zügeln
und zu rectificiren , einerseits durch wirklich acluelle Vereinigung eines
allgemeineren Satzes und einer speciellen Wahrnehmung, wenn das Mei
nen die Gefahr in sich hat, dass man auf halbem Wege stehen bleibe,
und andrerseits durch Erwägung der Wechselbeziehung der Begriffe ver
mittelst mannigfacher UmkeliFung der Urthcile , wenn dem Meinen die
liefahr einwohnt, dass man direct das Gegensätzliche in irgend einer Be
ziehung für identisch hält. Diese beiderseitige Täuschung aber auf dem
641) 68 a. 25.: örav Si ävolv ovtoiv to A tov B alneToiTenov y, ovrcov
«VTtxet/xivwv, xal to /I tov r (ögavTiog, ei RlotiairtQu r« AT tüv BA,
iö A tov A atoeTtOTtoov. 6/xoCws yao äitoxTov tu A xal qevxTov to B'
bnixeCfisva ydo' xul to r iü A, xal yan r«0r« aVTlxetrai. ei ovv to A
i£ A öfioltag atnerdv, xal to B r (pevxrdv, exärenov yctQ exaTe"Qa>
öuultog , uevxTov fittoxTqi. wOTe xal ra afiffto tu AT Toig BA. Inel de
l*&üov, ov% oiöv t£ 6fio((og , xal yctQ ay ra BA öfioCtog yaav. ei äi to A
ioC A aloeTcoTtnov, xal to B tov r tjttov (ptvxTbv, to yan elaTTOv Tip
l'aiTon avTCxtnai' atneTioTenov de to ^fifov äya&bv xal S-Xuttov xaxöv
1 7o ilaTTOv aya&bv xal {ueT£ov xaxöv xal ro anav uoa to BA aloeTiä-
Koov tov A_T. vvv J' ovx eOTiv. to A ana atoeTutTejiov tov A xal to r
«OK rov B fjTTOv if evxTÖv. VVailz scheint in der Erklärung dieser ganzen Stelle
darin geirrt zu haben, dass er umgekehrt C als Spccics des. Uebels und D als
S|«cies des Gutes nahm. Ein arges Versehen aber ist es, wenn Brandis (Gesch. d.
Sf. r. Ph. II, 2, 1. S. 214.) diese ganze letztere Erörterung so versteht, als be
treffe sie „ Folgerungen , welche sich aus dem Vorzuge eines Begriffes vor einem
anderen ergeben"; denn dass dabei von einem Vorzüge, d.h. von dem Wünschenswerlher-
Sein, die Kcde war, ist nur durch die schon c. 21, 67 b. 12. (Anm. 636.)
gebrauchten und hier noch im Auge behaltenen Beispiele „Gut" und „Uebel" her
gerufen.
318 IV. Aristoteles (Syllogismus).
Gebiete der blossen Annahmen weist darauf hin, dass dasselbe überhaupt
der syllogistischen Thätigkeit noch bedürftig ist.
Hingegen sobald selbst innerhalb der Meinungen und Annahmen,
wie sie in dem menschlichen Sprechen im Allgemeinen vorkommen, ir
gend eine Beglaubigung {niaris) mit Anspruch auf Geltung und Billigung
auftritt, so liegt bereits implicit und potenziell irgend ein syllogistisches
Verhältniss zu Grunde M2). In dieser Beziehung liegt für das Wissen
wesentlich das Hauptgewicht auf jener Beglaubigung, welche aus der
sinnlichen Wahrnehmung unmittelbar lliesst und dem apodeiktischen Ver
fahren schon als eine gewisse feste Stufe vorausgeht, nemlich auf der
Induction {l%ay<ayri). Denn es gibt überhaupt nur die zwei Wege,
welche Anspruch darauf haben, dass wir in'Folge derselben einer Be
hauptung Glauben schenken , den Syllogismus und die Induction ; dass
letztere dem unmittelbaren Meinen und dem Gebiete der sinnlichen Wahr
nehmung angehört und hiedurch dem vermittelnden Syllogismus voraus
geht, sahen wir bereits oben, Anm. 75 f. und 88. Aber gerade inso
weit die Induction Motiv der Beglaubigung ist, hat auch sie eine implicite
syllogislische Grundlage , insoweit sie aber unmittelbares Meinen
ist, ist sie kein explicit actueller Syllogismus. Ihr syllogistischer Werth
ist, dass sie vermittelst des Ikiterbegriffes den Oberbegriff als Prädicat
des Mittelhegriffes aufzeigt ; wenn nemlich an sich
Alles B ist A
Alles C ist B
Alles C ist A
bestände, so zeigt die Induction vermittelst des C, dass B A ist, z. B.
wenn A das Langlebige, B aber das Gallenlose ist und C die einzelnen
langlebigen Thiere bezeichnet, so schliesst die Induction eigentlich folgendermassen
:
Alles C ist A
Alles C ist B
Alles B ist A,
d. h. sie nimmt in einem Schlüsse der dritten Figur den allgemeinen
Untersatz als schlechthin umkehrbar (s. Anm. 640), und gelangt hiedurch
in der dritten Figur auf einen allgemeinen Schlusssatz; daher besieht sie
syllogistisch nur dann zu Beeilt, wenn jener Untersalz wirklich so um
gekehrt werden kann, d. h. z. B. wenn wirklich alle langlebigen Thiere
ohne Ausnahme wenig Galle haben 643). Darum hat die Induction da ihre
642) 23, 08 b. 10.: ort o" ov fiovov oi äiaXtxrixol xal ärtoäeixTixol
avXXoyiß/j.01 tfta tiuv TiooeiQrj/x^viov yivovTta a/rjficcTiar, äXXa xal ol (ir/roqixoi
xal ItnXtSg rjTigovv niarig xal xaS-' onoiavovv jjiiS-oäov, viiv av ettj
Xixiiov.
643) 681). 13.: tinuvTct yao TiiaTtvofitv rj diit avXXoyiafiov r) i'i Inayioyfjg.
iiruycoy!] fjiv ovv iari xal 6 lnayiayr)g ovXXoyiOfibg to diu tov
htoov Oärtnov iixoov Tip fie'aip OvXXoyiociG&ai , oiov tl T(ov AT fiißov rb
B, äice tov F dtlütti to A TÜ B hnüqyov o'vtio yao noiovjxtda Tag l7rayio:
yag- oiov koiio to A fiaxooßiov, to o' lif,' ip B rb }(oXr)v fi.r) fyov, Itp' ip
fit rb 7"tö zk3' ixaOTov fiaxooßiov, oiov üvö-QioTiog xal 'innog xal rjfiiovog.
tw o°r) r oXot vnäo/ei to A, n&v yctQ to u/oXov /j-axQÖßiov, aXXa xal to
B to jxi\ tyeiv %oXr)v naVTl vTtein/ei Tip r. ei ovv aVTtatQiifU to r Tip JB
IV. Aristoteles (Syllogismus). 319
Stelle, wo es an einem Miltelbegriffe für einen Syllogismus gebricht, d.
h. eben bei den Unmittelbaren, und so ist sie gleichsam ein Gegenstück
des Syllogismus, sowie die unmittelbare Erfahrung ja gleichfalls das
Gegenstück des apodeiktischen Wissens ist; und aus dem gleichen Grunde
dient die Induction dem Motive der sinnenfälligen Deutlichkeit und der
unwiderstehlichen Glaubhaftigkeit des äusseren Eindruckes, wodurch sie
auch der grossen Masse der Menschen im Allgemeinen näher liegt; der
Syllogismus hingegen hat die Ursprünglichkeit des Ansichseins für sich
und dient der erkennenden Einsicht mit der unwiderstehlich zwingenden
Gewalt des Allgemeinen, wodurch er die Form der Wissenschaft ist, und
er liegt den Bestrebungen des Wissens näher, sowie er thatkräftiger im •
Widerlegen der Einwände auftritt 644).
Auch dem Schlicssen vermittelst eines Beispieles (jrapaöstj'iu.a) liegt
dieses nemliche syllogistische Verhältniss zu Grunde ; nur benützt die
ses nicht einmal den Unterbegriff selbst, sondern nur ein demselben Aehnliches
, und sowie es auf die bei der Induction noch angestrebte Ausnahmslosigkeit
verzichtet, so bewegt es sich auch nur in dem Verhält
nisse coordinirter Theile zu einander, nicht aber in dem der Subsumption
des logisch Subordinirten 645).
Verwandt mit dem Beispiele ist die Hinführung auf Bekannteres (qtt«-
j^w^t/, natürlich nicht zu verwechseln mit der Hinführung auf ein Unmögli
ches, der slg to äövvurov catuyayr]); sie wird angewendet, wenn bei
völlig sicherem Bestände des Obersatzes der Untersatz keine Gewissheit,
sondern nur Wahrscheinlichkeit besitzt und demnach hierin dein gleich
falls nur wahrscheinlichen Schlusssatze gleichsteht oder höchstens an
Wahrscheinlichkeit übertrifft ; und in solchen Fällen, sowie wenn bei einer
längeren Beweisführung es an der nöthigen Menge der Mittelbegriffe ge
bricht, wird dann zur Verdeutlichung auf andere schon bekannte Fälle
hingewiesen 04 6).
xal firj vneqTeivei tö [iioov, aväyxi] to A to> B inäq/siv, dideixTai yaq
nqoTeqov (22, 68 a. 21., Anm. 640.), Sri av dvo uttu to) avTij) inäqxy xal
7CQOg &CtTSQOV UVTIOV ÜVtiaXQ&f t) TO (tXQOV, OTl Tip ävTtOl Q&fOVl l XUl #KTeqov
bnuq(ei tojv xuTr]yoqovfi(vojv. dei dk voelv tö V to i( änävTOJV tojv
»«&' exaOTOV Ovyxei/j.e'viov, fj yaq tnayoiyfj diä nüvTiov.
644) 68 b. 30.: f'ffrt d' ö Toiovrog ovXXoyiiXfiög Trjg nqojxrjg xal aue'aov
nqoTÜaeojg' ojv jutv yaq tan fj.iaov, dia tov /u^aov 6 avXXoyiOfxbg , ojv dk
ur) iOTi', di' Inayojyrjg' xal tqoizov Tivä üvTi'xeuui fj inayojyf) toi OvXXoyiafitji'
6 fAtv yaq dta tov fziöov tö axqov Tip TqlTOj dtlxvvaw, fj dk dia
tov Tp/roi» to äxqov Ttii jut'ßo). ifvöei ukv ovv nqoTeqog xal yvioqifiWTeqog
ö dia tov jj.4aov avXXoyiOjxbg , fjulv d' Ivaqyt'öTeqog 6 diu Trjg inayojyrjg.
Vgl. Top. I, 12, 105a. 13.: inayojyr) de r) anb tojv xaf)-' exaOTov int ict
xaO-öXov eipodog (16.) tßTi d' fj /.itv inayojyr) ni&uvoiieqov xal <SaifiOTeqov
xal xazu Tr)v atöS-ijOiv yvojqi/xioTeqov xal Toig noXXotg xoivbv, ö
dk avXXoyiO/xog ßiaOTixioTtqov xal nqbg tov; avTiXoyixoiig t'veqye'OTeqov.
645) 24, 68 b. 38. : naqädeiyfia d' iOTiv biav toj ue'aiff to axqov inäq-
%ov dtix&tj diä tov öfj.oi'ov Tip TqtTot (69 a. 13.) tfaveqbv ovv öti cd
nuqadeiy/xii Iotiv ovts ojg fj.e"qog nqbg oXop ovTe (ig oXov nqbg pe'qog, äXX'
wg fi^qog nqbg /xe'qog, otuv afJ.qoj fxtv r) vnb tuvto, yvoiqi/uov dk ftaTeqov.
xal diaqiqti Trjg inayojyrjg , öti fj ftkv £f ünävTOJV tojv ax6(io)V To axqov
IdtCxvvev vnüqxtiv Tip fii-OO) xal nqbg To axqov oii avvr)nxe tov GvXXoyiGfxbv,
to dk xal awanrti xal ovx t£ anocVTCov deCxvvaiv.
646) 25, 69a. 20.: änayoiyrj d' ttiTlv otuv tiS pkv u^öoi to nqöiTov
dr)Xov rj vnäq/ov, to} d" la/aTO) to fj.(aov adrjXov fikv, ofj.oioig de niOTov
320 IV. Aristoteles (Syllogismus).
Auch die eigentliche Beweisführung, wie sie in der Rhetorik üblich
ist, enthält potenziell den Syllogismus als Basis in sich; denn soll der
Einwand {svGTCtGig) syllogistische Bedeutung haben, so muss er als Prä
misse einer Prämisse entgegengesetzt werden, und da derselbe ein wider
spruchsweises Gegentheil des Schlusssatzes bezweckt, so kann derselbe
nur in der ersten und dritten Figur geltend gemacht werden ; denn diese
allein haben die Fähigkeit, dass Schlusssätze, welche sich widerspruchs
weise gegenüberliegen, in ihnen sich ergeben, wogegen in der zweiten
Figur kein bejahender Schlusssatz möglich ist, und also auch einem
verneinenden kein bejahender gegenübergestellt werden kann. Ist dem
nach ein Einwand ein allgemeines Urtheil, sei es bejahend oder ver
neinend, so findet er seine syllogistische Form in der ersten Figur; ist
er ein particulares Urtheil, so in der dritten Figur641).
Ebenso ist andrerseits auch bei der positiven Argumentation inner
halb des Wahrscheinlichen (eixog), auf welchem die rhetorische Praxis
beruht, zu unterscheiden; denn das schlechthin bloss Wahrscheinliche
als solches ist lediglich Sache der völlig unmotivirten Meinung ; stützt
sich hingegen die Wahrscheinlichkeit auf ein Zeichen oder sog. Indicium
(e?)jmov) , so beruht solches schon auf einem Nexus der Causalität und
enthält hiemit ein syllogistisches Motiv. Auf beidem nun, sowohl auf
dein bloss Wahrscheinlichen als auch auf dem Indicium , beruht das
der Rhetorik angehörige Enthymema 648). Eine syllogistische Redeutufig
aber hat nur das Indicium, denn dasselbe ist eigentlich ein Mittelbegriff,
und kann ebenso vielfach auftreten, als die Zahl der möglichen Stellun
gen des Miltelbegrifles ist, d. "h. in sämmllichen drei Figuren kann aus
dem Indicium geschlossen werden ; nur fehlt es selbstverständlicher
Weise in der^zweiten und dritten Figur an der zwingenden Beweiskraft
des Indiciums , und in diesen beiden Figuren, wo das Indicium an sich
Nichts beweist, ist daher auch jeder auf demselben beruhende Schluss
sogleich widerlegbar. Hingegen wenn der Mittelbegriff wirklich die mitt
lere Stellung einnimmt, d. h. in der ersten Figur, kann der auf dem
Indicium beruhende Syllogismus nicht sofort aus_ formalen Gründen
aufgehoben werden, denn sobald der im Indicium angenommene~Causal-
Nexus wirklich factisch richtig isT,™ so ist wegen der Allgemeinheit des
rj fiaXXov tov avftTKQaafiaiog, eri av olCytt y ret fiioa tou (ö/ktov xai
xov [xtaov. naVJtog yän iyyvxeQov ilvai <3v[A.ßuivu xrjg tmary\^g.
647) 26, 69 a. 37.: evGrctOts d" iail niiOTttGig nQoräaa lvavx(ü
(b. 1.) wiQtrai jj ivöxaOig Si/äg xca Siä ävo Oyrjficixcov, (fi/ftis f*iV ort
?; xafhoXov y iv finget n&ait ivaxaaig, Ix Svo ök ayjjfjicnwv ort avtixtl/Kvai
(f^Qovitti rrj TZQOTÜaei, xä <T aVTixtiixtva Iv tw tiqwtio xca zip TqiTip
ßytjfxuTi ntoctCvovTai fiovoig (19.) änXwg y«Q Iv n&Gi xaSöXov fiev
ivMSI Üuf.VOV TTOOg TO Xtt&oXoV TIÖV 77 QOT ClVO/xiVÜlV TtjV UVTClfCiOtV ElTttTV
out« ä' avciyxt] xo^nQdöTov elvcct a^fj^ct (24.) Iv [itoa , ngog
o Ion xafhoXov X((&' ob XtytTut fj nooTciaig xul yCvtxm tö toCtov
(Jyrjfict.
648) 27, 70 a. 3.: dxög iFf xai ar\uuov ob thvtov taitv, nXXit tö fih'
ttxög Igti nnoTctoig h'3oi;og' o yao mg (ti\ to ttoXv Xöncsiv ovtio yivo^tevov
ij /jij yivofxtvov r\ ov r) (li-j ov, tovt' taxiv tlxög..... arj/ttTov äi ßovXircti
tlvai nnoTcicfig a^ioötixTixr} avayxttCct rj h'äo'iog' ob yäo Hvxog taxiv rj ov
ytvofitvov tjqotiqov »; vOTenov yfyove tö noctyfut, tovto ar\[iti6v lari tov
ytyovivut rj elvai. tvSvfir)[ta fiiv ovv idxi ovXXoyiOfibg l'( eixortov rj arjfietcov.
IV. Aristoteles (clefinit. Wissen). 321
Obersatzes in der ersten Figur in der Tliat der Schlusssatz erwiesen 649).
Und ein solches Indicium heisst dann Beweismittel (rgK^otov) ; somit
muss man enhveneFTagcn, Beweismittel sei jene Species des Indiciums,
welche wegen innerer Noth wendigkeit des Causal- Nexus unlösbar, ist,
oder man muss Indicium und Beweismittel von vomherein trennen, und
unter ersterem einen Millelbegriff der zweiten oder dritten Figur, unter
letztcrem aber den Mittelbegriff der ersten Figur verstehen 6f,°). Somit
erhält auch hier betreffs der syllogistischen Basis der rhetorischen Ar
gumentation die erste Figur die ihr gebührende^rincip^elle^telkmg. (^^Aä^J^
DAS DEFINITORISCHE WISSENXt— u ' ,
Der Syllogismus besitzt seine reale und ontologische Basis im Be- j
griffe, und hiedurch hat er den Zweck, das vermittelte apodeiktische
I Wissen des Seienden zu erzeugen, indem der Wesensbegriff als die not
wendige schöpferische Causalität desjenigen, was in dem Schlüsse zu
sammengeführt wurde , erkannt wird. Die Einsah/ in ..ihs. vyflf ^nj j,< j
jas Warum des Was igt das Ziel , nach welchem das menschliche Wissen
strebt.' Wo "und wieweit es einen vermittelnden Weg vom Bejriffe
zur Definition gibtj'TsT'cs der SyllouismusT vermittelst dessen, wIL-jmg
EhTsTc'TiT^ei^ingem_ Wo kemTermitteln mehr vorhergeht und kein Ver-
, mTtteln "menT nactifölgt, hat der Syllogismus seinen Anfang und sein Ende.
| Indem der Syllogismus dieses letzte nicht mehr Vermittelbare , welches
j aber als vermittelndes Band für das Uebrige wirkt, nemlich den Mittel
begriff, besitzt , ist er mehr als eine blosse Form ; er hat wold eine
Form und formelle Gesetze, aber diese sind . die Form jenes Inhaltes,
welcher als schöpefisclier Wesensbegrifi" in dem Seienden und dessen
Bestimmtheiten wirkt. Und die Art und Weise nun, wie dieses inhalt
liche Moment des Syllogismus innerhalb der Form desselben zum Behufe
der Erreichung des apodeiktischen Wissens auftritt, haben wir in dem
Folgenden zu untersuchen; es wird sich zeigen , dass dies^Fjjnction
des Syllogismus in ihrem innersten Kerne mit jdem, dePmUpr^
sen smsT°zusamme7iTaTr,'''Ti^ und Erscheinungsweisen
desTetztereJTwcrden uns hiernach den Abschluss der logischen Theorie
des Aristoteles herbeiführen. Die Hauptquelle für diese Erörterungen
ist die zweite Analytik, deren Verlaufe in den hiehcr gehörigen Haupt
punkten (abgesehen von Vielem, was aus diesen Büchern schon oben in
Bezug auf die aristotelische Wissenschaftslehre zu benützen war) wir
640) 70 a. 11.: XaußuvtTui Si ro ffijfieTov TQi/tSg, öau/cüg xtä ro fitoov
iv toT; dyrifiuaiV rj yai) tag iv TiT> n (iw'rw rj lag lr r<j! fieaoi rj (og (v tiS
rpiraj (28.) ovtio fj.lv ovv yCroVTm avXXoyidfiol , nXr)v 6 uh> äia tov
nodzov ayjjfimog illvTog , iiv älri'hr)g y , xafrölov yetn Iotiv, o dt d'ict tov
ia/t'cTov Avaiuog, xuv äkrjittg j/ rö av/juenart/ja Sia to /jt) eivui xa!t-6Xov
pi<St nobg ro 7ioiiyfj.ee töv aulkoyia/jov (34.) 6 ef£ äia tov fiiaov O/rjficiTos
ätl xal nüvTtag kvdifiog.
050) 70 b. 1.: t\ är. o'vtid SiaiotTfov 16 Orj/JiTov, tovtwv ät 70 fitaov
(d. h. wo dos fjiaov wirklich u(aov isl) Ttxfjrjoiov ).7]71t{ov, to yuo TlXfjrfQtov
TO tl<S(vttl TtOlOVV WaOlV ih'ttl , TOIOVTO (ff «fU((ITK rö fj(oov, rj Tr'e fjff (x
Ttöv axQiov atjueTov ItxTfov, tcc ä' Ix tov fitaov Ttx/jtfciov, iväo'iÖTitTov
yuo xal fjähOTa «Aij.'/tj ro diu tov tiqwtoi o/rjftcaog.
Peantl, Gesch. I. 21
322 IV. Aristoteles (definit. Wissen).
auch folgen müssen, nur zuweilen Ergänzungen aus der Metaphysik hin
zufügend.
Die syllogistische Form allein genügt nicht, um Wissen zu erzeu
gen, denn ein Syllogismus als solcher kann auch bestehen, ohne dass
er das PnnciT^lle^Umnjttelbwe-Hnd HwSchJiche ejthält, das apodeiktische
Wissen hinge"gen ist nur durch solches erreichbar und die Causalität
der Notwendigkeit kann nur durch apodeiklisches Verfahren er
wiesen werden; darum ist wohl aller apodeiktische Beweis ein Syllogis
mus, aber nicht auch umgekehrt651). Um jenes Unmittelbare und Ur
sächliche handelt es sich demnach für die ganze Untersuchung betreffs
Her realen Seite des Schliessens, durch welche es den Bestand des apodeiktischen
Wissens erzeugt.
Zunächst ist festzuhalten, dass es überhaupt einen unmittelbaren
Ausgangspunkt der Syllogismen gibt; es ist solches entweder ein Axiom
(«|/wfia), welches als schlechthin unbeweisbares Erforderniss Jeder zur
Erreichung eines Wissens überhaupt schon mitbringen muss (s. Anna.
161 — 174), oder eine aufgestellte Behauptung (&sGig) , welche als un
beweisbar an die Spitze gestellt wird und von dem Lernenden nicht
schon bereits im Denken mitgebracht werden muss ; wird hiebei die Al
ternative ßines Seins oder Nichtseins innerhalb des realen Bestandes der
Verbindungen als entschieden angenommen und hiemit an die Spitze ge
stellt, dass Etwas sei oder Etwas nicht sei, so ist jene Behauptung eine
Voraussetzung (vno&etiig) ; und insoferne die Voraussetzung dem äusseren
Rede - Ausdrucke angehört, und hiedurch an einen Mitmenschen gerichtet
ist, kann sie entweder Etwas voraussetzen, was im Allgemeinen mit
vorläufigen Annahmen und Meinungen des sie Hörenden übereinstimmt,
oder Etwas, was in den Ansichten desselben entweder gar nicht oder
selbst gegentheilig vorlug; in diesem letzteren Falle heisst die Voraus
setzung ein Postulat (alnjfia) ; in beiden Fällen aber kann sie ein allge
meines oder ein particulares Urtheil sein, und sie gehört überhaupt dem
die Existenz des Daseienden aussprechenden Urtheile an. Wenn hinge
gen die an die Spitze gestellte Behauptung auf jene Alternative des Seins
oder Nichtseins nicht eingeht, so ist sie eine Definition (oQiOfwg), denn
diese ponirt das „Was" eines Dinges, ohne das „Dass" beizuziehen ; sie
ist folglich eine Behauptung, aber keine Voraussetzung; dass der Begriff,
welcher ja kein Urtheil ist, sondern aus dem Urtheile sich erst hervor-
651) Anal. post. I, 2, 71b. 20.: avciyxtj xal tt/V anoSeiXTixifV imai-rifiriv
1$ aXt)&<3v t' elvai xal tioiotiov xal a^iaiüv xal yvioQtfi(OT^Q(ov xal ngot£
qo>v xal aixCiDV tov ov/uneodßfjttTog' ovxio yctQ iaovrai xal ai ctQxal
oixtlai rov ätixvvfifvov avXXoytdfibg fikv yao earai xal avev touuov, anödfjjt?
ä' oix iaiai, oi yao noirjOti lniaxr\^.r\v. Ebend. 6, 74b. 16.: Ii
ctXrj&täv filv yao lati xal firj anoäeixvvvxa GvXXoyCaao&ai , £f avayxctt'tov
ö' oix tariv äXX' {) ajiodiixvvvja, tovto yctQ ij'tfjj anoStC^itög taTiv. Anal,
pr. I, 4, 25 b. 30.: r\ uev yao ä7i6det!;tg avXXoyiafiög Tig, o avXXoyta/xög tfe
oi nag änödtt'iig. In Bezug auf die formelle Seite aber sind eben die Gesetze
und Schlussweisen der drei Figuren die elementaren Bestandteile aller apodeiktischen
Schlüsse. Metaph. 3, 1014 a. 37.: al yao noäiTai änoäd^tig xal Iv
nXtloOiv änodttieoiv IvvnäQxovctai, avTai elToi%tla tiüv anoö tU-etov X£-
yoviaf dal äe towvtoi o~vXXoyiOfj.ol oi tiqutoi tx tüv tqiüv dV ivög
[i(aov.
IV. Aristoteles (definit. Wissen). 323
hebt (Anra. 360 IT.), weder eine Voraussetzung noch ein Postulat ist, ver
steht sich von selbst 852). Wie die Definition sich zu diesem Charakter
des Voraussetzungsweisen verhalte und wann und wie sie sich von dem
selben befreie, werden wir später sehen.
Jedenfalls aber muss jenes Unmittelbare , auf welches der apodeik- v
tische Beweis als seinen Ausgangspunkt sich stützt, ein Stattfindendes t
oder Bestehendes in eminentem Sinne sein, denn es muss die Berech- I
tigung, dass vermittelst seiner Etwas erwiesen und erkannt werde, in I
sich selbst tragen, und diess kann es nur, wenn es als die Causalität /
des aus ihm Folgenden besteht 653). Daher bewegt sich auch das apodeiktische
Verfahren nicht in einem Kreise , w>eil unmöglich das Nem-
Iiche in Bezug auf das Nemlicbe zugleich das Ursprüngliche und das Ab
geleitete sein kann ; und wer behauptet, der apodeiktische Beweis drehe
sich im Kreise, kömmt eben nur darauf, dass wenn A ist, A ist; so
aber kann man freilich dann Alles „beweisen" ; nur bei Wenigem besteht f
wirklich ein solches Verhältniss, nemlich nur da, wo Subject und Prädicat
vertauscht werden kann {ccvuxavrjyOQOviiEVci), d. h; bei Merkmalen,
welche Einer Wesenheit spcciell eigenthümlich sind; bei allem Uebrigen
aber ist es ebenso sehr eine hohle und leere Formel als eine Unmög
lichkeit, dass man auf jene Identität sich stütze 654). Der apodeiktische
652) An. post. I, 2, 72 a. 14.: afitdov <T otQ/ij; OvXXoyidTixijs &e"div filv
Xfyto fjv fj-tj edTi äel'iai ftrjS' aväyxn e%eiv tov fiaS-rjdöfievöv ti, fjv <$'
«väyxTi e%eiv töv otiovv fiafhrjdö^ievov, atCiofia &(deu>g de rj ftiv öno-
Teoovovv tiöv fiootiov Trjg anoifavoetay Xa/ißävovOa , oiov Xfyco tö elvaC ti
rj to fifj elvccC ti, inöSedig , r) 6" eivev tovtov ÖQidfiog' ö yäo ÖQiduög
Motg fiiv IdTi, Tt&eTai yao 6 ciQiS-firjTixög fiovciäa tö aäiaCntTov eivai
xctTÜ tö nodöv, vno&eaig 6" oix IgtI , to ydq ti Idn fioväg xai to eivai
fiovääa ov TaiiTov. Ebend. 10, 76 b. 27.: Sau fiiv ovv öitxiä ovtu Xafißävei
avTÖg firj Ssü-ag, tuvt' läv [itv SoxovVTa Xafißavy Tip fiavOävovTi, vjiotC-
3-eTai, xal edTiv ov% anXiog inöS-edig äXXä nnög Ixeivov fiövov, av äk rj
fir/Sefiiäg ivovdr)g do^rjg rj xal ivavTtag lvovdr\g Xafißävr) tö ctiirö, alxeiTar
xai tovtü) äiaif'e'Qet vnö&edig xal aXiij/ia, IdTt yao ciiTrjfia tö inevuvTlov
tov uavHävoviog Trj (Jof jj rj o av Tig anoSeiXTÖv ov Xaußävy xal XQtjTai
fiij oeC^ag. ol ftev ovv oq'oi ovx tialv vno&idtig, oiiSev yao eivai rj ftf) X(-
yovTai, aXX' Iv Talg ngoTadeaiv ai imoO'tätig . (77 a. 3.) eTi tö airrjfia
xal vn69edig näda rj iög bXov rj mg iv (i-iou, ol if* oqoi ovätxeQOV tovtmv.
Metaph. A, 1, 1013 a. 14. : cti ofiev yvioarov tö no&yua ngiörov, xal avrrj
aQ%i) XfyeTai tov noäyfiaTog, oiov täv anoSet'ieiov ai ino&ideig.
653) An. post. a. a. 0. 72 a. 25.: Inel de Sei mdxeveiv ts xal eldtvai
tö noayfia toi toiovtov i%eiv OvXXoyiOfiöv ov xaXovfxtv anööeihv, toxi d"
ovTog t$ tkcT' eivai l| <Lv ö rtvXXoyiOfiög, aväyxt) fii) fiövov iiQoyiväoxuv
to. nqÜTa rj nävTa rj h'ia, aXXct xal fx&XXov' &el yaq ö*i ö inao/ei ixaotov,
Ixilvo fi&XXov vnaQxei.
654) Ebend. 3, 72 b. 25.: xvxXa) <T oti aSvvuTov änodiixvvo&ui änXiog,
äfjXov, einen ix nooTtniov cT«t tt\v anödei'iiv elvui xai yviaoifibiTeotoV aövvaTOV
yäp IdTi r« avtd tGjv avTiSv aua nnoieoa xal voreoa eivai
(32.) avfißaCvei fie rolg Xfyovöi xvxXh) Ttjv anooeiiiv tlvai ov fiövov tö
vvv etgnfiivov, aXX' oväh aXXo Xfyeiv rj oti tovt' iOTiv tl rovr' iOTiv
ovtio äe TiävTa {jädiov $il$ai (73 a. 4.) äore Ovfißaivei Xfyeiv jioiig
xvxX<i> <püdxovTag eivai Tr\v anoSei'iiv oiäev 'heoov 7iXt]V oti tov A ovrog
to A eoriv, ovtio äe navxa Sei'lgai päSiov' ov firjV äXX' oiderovro ävvaTÖv,
nXr)v tnl tovtiov Oda äXXr)Xoig eneTai ägneo iß iäia (16.) Tri fir\
aVTixaTrjyoQOvfieva oviafitSg iOTi äei^ai xvxXai, iSot' intiär) dXiya TOiavxa
Iv Tuig anoäei$eo~i, tpaveoöv oti xevöv ti xal äävvaTov tö Xfyeiv Ii aXXrj-
Xiov eivai tt\v anöäei'iiv xal äid tovto nävTiuv ivd'e'/eo^-ui eivai anö- \
21*
324 IV. Aristoteles (definit. Wissen).
Beweis muss ja das xa&oXov in dem ursprünglichen Aiisichsein des Din
ges als solchen ergreifen, und was z. B. von dem Dreiecke als allgemein
geltend bewiesen werden soll, muss auf dem ursprünglichen allgemeinen
Sein des Dreieckes als solchen beruhen 655).
Diese Notwendigkeit des ursprünglich allgemein Gültigen aber er
langt der Syllogismus vermöge des Mitlelbegrifles ; neinlich es kann der
Schlusssatz allerdings zufälliger Weise ein notwendiger sein, wenn auch
der Miltelbegriff nicht nothwendig ist, ebenso wie aus falschen Prämis
sen auch zufälliger Weise ein wahrer Schlusssatz folgen kann, aber um
gekehrt, wenn der MillelbegrifT die Notwendigkeit enthält, so enthält
sie stets auch der Schlusssatz 656J. So liegt das begriffliche xex&okov
im Mittelbegrifle , und hierin enthält dieser das dem Gegenstände als
solchem eigenthümliche Princip , denn blosse Wahrheit und Unmittelbar
keit und Unbeweisbarkeit genügt nicht, wenn nicht das begriffliche An
sichsein hinzukömmt057). Somit zeigt sich uns hier schon der Mittel
begriff als jenes Unmittelbare und Letzte, auf welchem die Vermittlung
des Uebrigen beruht, und wenn ferner gesagt wird, dieses unmittelbare
an sich und durch sich Notwendige sei weder Voraussetzung noch Po
stulat 658), so bleibt nur entweder das Erfassen des Begriffes oder jene
Voranslcllung einer Behauptung, welche die Definition ist (Anm. 652),
übrig, und es spielt hiemit auch hier bereits das Dcfinitorische herein.
Djis^suJ^^ijg,jj m'i.„Wji46n,^st^ ja^ P rineipd e s Syllogismus, und der schöplensehe
Wesensbegriff eines 1?e^n^fentics',JwTfTS"'T)eTVler wissenschaft
lichen Forschung über denselben als der Grund des ihm Zukommenden
ausgesprochen werden 659). Sind aber in solchem Sinne die Prämissen
tTfjfij'. Von den corrupten Anschauungen der Slöa an ist allerdings diese Hohl
heit und Leerheit sogar zum Principe der sich so nennenden Logik gemacht worden;
dessenungeachtet aher glauben die Vertreter der- formalen Logik sich doch auf
Aristoteles als ihren Patron berufen zu dürfen.
655) Ebend. 5, 74a. 11.: tovtov nototov xa&öXov r) anoSti'itg' Xiyio
St TOVTOV TTQlötOV, 1) TOVTO, &7l6S tl^tV, OTttV rj TlQblTOV XttftÖXoV ' ll OVV
Tis Stl'ititv oti ai öoSitl ov avfjintnTovOi, So'ititv av tovtov tlvai r) anö-
Sti'gig Sia to ln\ naaiäv tlvai riäv öqScov' oix ?o*rt tfi, tXntQ fir) Sri
mSl Xaai yCvtTai tovto üXX' ?; öniogovv Xotti' xal tl TnCymvov fir) rjv elXXo
fj iaooxtXtg, y laoaxtXtg av ISoxti inaQ/tiv. 6, 75a. 28.: inel d° H
ctväyxrjs vnänyci niot exaOTov yivog bau ctvTa vnaqyti xal fj txaaiov,
wavtgbv oti TTtoi tiSv Kvict vnaqyövTiav ai iniaTrjjiovixal
dnoSttitig xal ix tüv toiovtiov tlalt'.
65b) Ebend. 75 a. 1.: otccv fiiv ovv tö GvfintQaGua i'i avayxr>g rj, oiStv
xioXvti to f.i(aov fir) ävayxawv tlvai, dV ov iStCyJhr)' icjti yaQ to ävayxaTov
xal jxt] ü avayxaCov OvXXoyi'aaaüai , ägTiio xcä aXrj&tg fir) 0U17-
9iüV brav St to fiiaov £| ävayxrjg, xal iö avfint'naOfiu t£ äl'dyxtjg.
657) 11, 77 a. S. : iav St tö xaihoXov firj rj , tö fiiaov oix eatai , ioot'
ovo" AnoSti^ig. 9, 75 b. 37.: intl Si ipaviQÖv oti txaaTov anoStT^ai ovx
iaTiv ÜXX' rj ix itüv ixärSTOv ttoytöv, av tö Stixvvutvov vTiaqyij r> ixtivo,
ovx tan TÖ ijtiOTanDai tovto, av i'i äXrjQdüv xal ävanoStiXTiov Sii%&fj
xal afiiaiov ton yao ovtm SeTSai, iSgntQ BqvOojv töv TCTQaytovtOfiov (s.
m. Ausg. d. Physik, S. 471.), xata xoivöv TS yao Stixvvovrsiv ol toiovtoi Xöyoi,
o xal tTt"oip inaf>£ti.
658) lü, 76b. 23.: oix ton S' vnoOtaig oiS' atrijua, o äiäyxrj tlvai
öl' uvto xal Soxtiv uvayxr).
65!)) Metaph. Z, 9, 1031a. 31.: tv Totg GvXXoyiOfioi'g nuVTtav ao^r) r)
oiata , ix yaQ tov tC ioTiv ol avXXoyiafioi ttotv. D. part. an. I, 1, 640 a.
IV. Aristoteles (deflnit. Wissen). 325
eines Syllogismus allgemein und treffen sie das nothwendige Ansichsein,
so ist der Schlusssatz ewig und von immerwährender Geltung ; von den{
Wesenheiten selbst aber, welche der Gegenstand unserer Schlüsse sind, ;
haben die einen ein immerwährendes Sein , die Mehrzahl der übrigen
aber ist vergänglich; und betreffs der ersteren und ihrer Gründe be
sitzen wir nur wenige Mittel der Betrachtung , bei den letzteren hinge
gen erscheint die Allgemeingültigkeit des Nothwendigen nur in dem Mei
stenteils, und sind daher auch unsere über dieselben erreichbaren Schlüsse
wohl einerseits von immerwährender Geltung, insoferne das Meistenteils
ein Nothwendiges ist, andrerseits aber auch nur von particularer Be
deutung, insoferne das Meistenteils nicht das schlechthin Nothwendige
ist 66°).
Stofflich nun hat der Syllogismus seine specielle Bestimmtheit in
den einzelnen Gattungen des Seienden, und die Begriffe, welche der
Schluss zusammenführt, müssen daher, wie sich von selbst versteht, der
nemlichen Gattung angehören. Hiernach bestimmt sich dann auch die ver
schiedene Art und Weise , in welcher eine Behauptung gegen eine spe
cielle Wissenschaft verstösst ; und es ist z. B. ein aus der Musik ent
nommenes Urtheil darum ein ungeometrisches, weil es einer anderen
Wissenschaft angehört, hingegen die Behauptung, dass Parallel -Linien
sich schneiden, ist ungeometrisch, weil sie einen positiven Gegensatz
gegen die Geometrie selbst enthält ; eine in letzlerer Beziehung sich kund
gebende Unwissenheit ist die dem Wissen eigentlich entgegengesetzte,
jene andere nicht661). Wegen dieser Gebundenheit an das stofflich
33.: äib fiäXiOxa ftlv Xtxxiov ojg inetdr) tovt' rjv xb av^goinm eivai, 3ia
xovxo Tavr' t/u ei d*i ftif, oti iyyviara tovtov xal r) bXwg oti aävvetjov
aXXwg rj xaXtog ye ovTtog, xtcvrit d" intrai' inel d" iaxl xowviov,
tt)v ye'vtaiv üdl xal xoiavxriv ovtißaCvuv avayxalov.
660) An. post. a. a. 0. 8, 75b. 21.: (f.avtmv di xal iäv ojöiv al ngoxciatig
xa&öXov i'i (öv 6 avXXoyiOfibg, Sri aväyxr\ xal to av/^Ti^gaa/ua cä'äiov
eivai xrjg xoiavxrjg ano^ti'^eojg xal rijg änXüig elntlv änooeCietog' ovx
Motiv äga anöäaiig twv ifthagTüiv ovo*' iniGirjfjiT] änXäg (33.) al <fi
TiöV noXXdxig yivofie'vojv aJioätl'Sttg xal imdifjuai, oiov oeXrjvrjg ixXedjjeiog,
SfiXov oti rj [iiv Towiiä' elalv, cteC eloiv, ;/ d" ovx ael, xara fie'gog eiaCv.
I). part. an. 1, 5, 644 b. 22.: tojv oiaiwv öaai ifvoei aweax&ai , rag fiev
ayevrjxovg xal aif&dgTovg eivai tov anavxa aiüva, Tag df fieTfyeiv yeve1-
0€(og xal y>#ogäg- avfiße'ßrjxe de ntgl pev Ixetvag xiftCag oboag xal 9-tCag
iXärrovg r/fiTv vuag/eiv &twgiag , xal ydg Ii; mv av rig axttyaito negl
avTmv xal nepl mv eide'vai noH-oHfiev, navTeXmg iariv bXCya rä tf.avegä
xaza xr)v alaD-rjOiv äfimg di äitt TijV Tifuorryia tov yvmgt'Ceiv rjdwv
rj tu nag' r)fxiv anavxa.
661) An. post. I, 7, 75 b. 10.: ix ydg tov avxov ye'vovg avdyxrj tcc axga
xal Tct iiida eivai. Ebend. 9, 76a. 8.: mar' ei xa&' avTO xdxeTvo indg/ei
tp bnäg/ei, avdyxrj to (liaov Iv xrj airrj avyyeveta elvat. Ebend. 12, 77 a.
40.: örjXov ciga oti ob näv igioTrjpa yemfieTgixbv av etr] oiä\iaTQixov,
öfiotiog de xal Inl tüjv aXXwv aXX^ 1$ mv rj ätCxvvTal ti ntol ibv r) yeto-
(tiTgCa iOTtv rj ix T(5v airojv StlxvvTai riji yiby(itTgia , ägntQ rä djiTixä'
6/J.öicog tTi xal inl tüjv aXXojv (b. 21.) oiov to povaixov iOTtv igtoTrjfia
dytoj/x^TQTjTO)' nepl yttafitToCag, to Si Tag naoaXXr)Xovg av^inCnxtiv olta&ai
yewfttTQixov ntog xal ayeiofi^TgrjTov aXXov rgönov. ämbv yag tovto, ibg-
7iiQ ib aQQv&-fj.ov xal to fiiy fregov ayewft^TgrjTov Ttä tir) e/eiv (ligneg to
äggv&fiov, to 6" 'fregov toj ifavXtog e/eiV xal r) ciyvoia avTr) xal rt ix
zwv xoioittov &g%<Sv IvaVTia.
■
326 IV. Aristoteles (definit. Wissen).
Viele muss daher ein Einwand gegen Prämissen, welche auf Induction
beruhen , gleichfalls nur nach dem Verfahren des Inductorischen gerich
tet werden662); und wenn hiemit auch jenes unächte Verfahren, mit
welchem die Induction in der dritten Figur schliesst (Anm. 643), wegen
der Unentbehrlichkeit der Empirie geduldet werden muss, so bleibt andrer
seits ein bejahender Schlusssatz in der zweiten Figur ohne Ausnahme
unmöglich 663). Soll hingegen eine Beweisführung erweitert und in fort
schreitender Linie durch das Gebiet einer Gattung durchgeführt werden,
so hilft eine Vermehrung der Mittelbegriffe innerhalb des Ober- und
Unter- Begriffes Nichts, sondern das empirische Material des in der Gat
tung Stattfindenden muss an den vorliegenden Mittelbegriff von der Seite
herein angeschlossen und folglich neue Ober- und Unter-Begriffe gesucht
werden 664).
Aber eben innerhalb dieses empirischen Stoffes muss das apodeiktische
Verfahren vermittelst des Syllogismus den begrifflichen Grund und
die Nothwendigkeit des Seienden nachweisen , unjljlej^y^enüidie Un-
1.erschjejl^dj^JA^SSia^ sei oder
^njght. Innerhalb Ein und der nemhehen -Wissenschaft kann das Warum
fehlen , entweder weil gar kein Unmittelbares ergriffen wurde , oder
weil das zum Nachweise benützte Unmittelbare nur den äusserlich sin
nenfälligen Grund, nicht aber die begriffliche Nothwendigkeit enthielt;
z. B. in dem Schlüsse :
das nicht Flimmernde ist nahe
die Planeten flimmern nicht
die Planeten sind nahe
ist bloss das Dass, nicht aber das Warum ausgesprochen, weil das „nicht
flimmern" nicht der begriffliche Grund des Nahe - seins ist ; hingegen in
dem Schlüsse:
das Nahe flimmert nicht
die Planeten sind nahe
die Planeten flimmern nicht
ist die' real begriffliche Ursache zum Miltelbegriffe gemacht und hiedurch
die Einsicht in das Warum erreicht; wo aber das Nicht-ursächliche das
662) Ebend. 77 b. 34: ov efft d" evoraoiv eig avrb q>€QCiv, av y fj nnoraOig
inaxnxi\- ägneq yao ov(fe nnöraaCg tariv fj fiq tariv tili nkewvwv,
ov yaQ hözui tnl Tzavrtav, tx rdiv xa&okov <$' 6 avkkoyiafibg , cfrjkov on
ovä' evaxaaig' at airal yaQ TiQoräaetg xal tvOraaeig.
663) 77 b. 40.: avfißatvei d" tviovg äavkkoyiariog kfyeiv rfta rb kafißcivetv
«,«'/ or ("qoi g rä inofisva, oiov xal 6 Kaivevg noiei , ort rb nvQ (v
rfj Ttokkunkaaia uvakoyia' xal yaQ ro niiQ ra/v yevvärai , dg ifijal, xw
avTrj r\ avakoyia' ovreo <T ovx tan avkkoyta/nög' eikk' ll iij ra/Corr) avakoyt'a
fTitTui tj nokkankäoiog xal Ttj; tcvqI Taxiert) tv zrj xivjoet avakoyt«-
664) 78a. 14.: av'Serai (T ov äiä reav jj.e'Owv, akka'rti) TZQogkaußüvuV,
oiov ro A tov Bx rovro ö*e rov T, näkiv rovro rov A, xal roör' eig aneiqoV
xal eig rö nkäyiov, oiov ro A xal xarä rov F xal xara rov E, oiov
eartv itqi&fiog noabg y xal äntiQog rovro^itp' w A, 6 neQirrbg aoid-fios
noabg oü B, aoi&fibg nfQirrbg t(p' ov t. eariv aya rb A xara tov
r. xal fdriv 6 uQriog noabg aQt&[ibg iip* ov A, 6 aQriog aQtfrfibg {<p' ov
E. tariv äga rb A xara rov E.
\
IV. Aristoteles (definit. Wissen).
327
sinnlich kenntlichere ist, oder wo der Mittelbegriff ausserhalb der Causalität
steht, wie z. B. :
das Thier athmet
die Mauer ist kein Thier
die Mauer athmet nicht
(denn hier liegt der Mittelbegriff aussen, weil nicht jedes Thier athmet;
vgl. über diesen Schluss Abschn. II, Anm. 45), da erreicht man nur das
Dass, nicht aber das Warum; daher enthält z. B. der eben angeführte
Schluss nur in folgender Form wirklich das Warum:
Alles Athmende ist Thier
Keine Mauer ist Thier
Keine Mauer athmet.
Als& das Unmittelbare muss die begriffliche Causalität sein und diese die
Stelle des Miuelbegruies einnehmen AflflrüPselts aber Ist es wohl auch
slauiial't, dass eine specieue Wissenschaft nur das Dass entwickelt und
für sie das begriffliche Warum in einer höheren Wissenschaft liegt, wie
z. B. die Gründe der Optik in der Geometrie erledigt werden 666).
Ist so der Mittelbegriff der Träger des begrifflichen xa&okov und
der nothwendigen Causalität, so erhellt hieraus auch ein ontologisches
Uebergewicht der ersten Schlussfigur über die beiden anderen , welches
jenem formellen Vorzuge, den diese Figur besitzt (Anm. 557), völlig
entspricht. Nur in der ersten Figur kann ja allgemein bejahend geschlos-
665) 13, 78a. 22.: to <5" oti 9itt(f(QU xal to öiöjt tnCaxaad-ai tcqwtov
fikv Iv rfj aiitj lnio"Tt\fi^ , xal tv javTij äi^iüg , eva fiiv tqotiov läv
fit) 3i' äfie'aiov ylvtyrai b ovkkoyißfibg , oi yaQ ka/ißäveTai to ngärov
alxiov, t) (Jf tov öwji ImOTrjftt) xara to tiqiütov alxiov, akkov äh et oV
a/ie'o'iov fiev, äkka pii) 6*ia tov aiiCov Selka tiöv aVTiOTQKpövTWV dtä tov
yvioQifitoTe'Qov xiokvfi yaQ oiSlv tiöv ävTixaTtjyoQov^ie'viov yvioQi fitar cqov
elvai tvloTe to fit) uitiov, äör' i-OTm Sia tovtov tj änöäei^ig , olov ßii
lyyvg oi nkävtjTeg äiäjib fit) aiCkßttV tarin lip' ip r nkävtjTeg, lip' tp B
to fit) OTikßeiv, lip' ip A rö lyyvg elvai. äkt]9-eg b*r) to B xaxa tov r
elneiv, ol yttQ nkävtjTeg oi OTCkßovOiV äkka xal to A xaiä tov B, to
yaQ fit) OTfkßov lyyvg Ioti' tovto ö" eikt)ip&a> oV Inayioytjg rj oV alaO-rj-
Oeiog' äväyxt] ovv to A Tb) r v7iaq%tiv, iSot' änoSe'äeiXTai oti oi nkä
vtjTeg lyyvg elaiv. ovTog ovv b OvkkoytOfibg oi tov Öioti äkka tov oti
IotCv (39.) lyxwoei de xal äiä &ut(qov &Üt{qov dtix&rjvat , xal larai
tov ätÖTi tj änöäeikig, olov eOTui to r nkävtjTeg, lip' ip B to lyyvg elvai,
rb A To fit) UzCkßeiV vnäQ/ei dt) xal TO B Tip r, ilißTS xal Tip T to A
to fit) OTlkßeiv. xal eOTt tov öiÖti b GvkkoyiOfibg, eiktjnTai yan to tiqiStov
uXtiov (b. 11.) lw' a>v de tu fiiöa fit) ävTtOToe'ipei xal IiSti yvaiQifiiötiqov
to ävaiTiov, to oti fikv SeCxvvxai , to äioTi d" oi'- In t(p' tiV to
fifaov i'im T(9-exat, xal yaQ iv TovToig tov oti xal ov tov dtÖTt i) änö-
Sei^ig oiov äiä tI oix avanvin ö Tot/og; oti ov fijSoV tl y«p tovto
tov fit) ävanvitiv aiTiov, ISu to faio* tlvai aiTtov tov avanvtiv
(23.) <5 äi avkkoyiOfibg yCvexai Ti)g ToiavTtjg alxlag Iv ^to~> .fitatp a/tifiaTioiov
eo"T<o tö A £ipov, lip' ov to B to avanvtiv, t<f' H> T Tolyog. rijJ fiiv
ovv B naVTl vnÜQ^tt to A, nav yaQ rb avanviov ^ipov, Tip äk T oväevl,
dtOTt oMi to B iip T obtievC' oix «p« avanvtl b Toi/og.
666) 78 b. 34.: i'kkov tTf tqotiov Siaif iQti to ätÖTi tov oti to oV akkrjg
iniaTtjfitjg ixaTtQov &t(OQelv ToiavTa /' IotIv oöa ovTiog e/ei nQog äkktjka
u>ot' elvai QaTeQov vnb &uTeQov, olov Ta otitixu nQog yetofitTQCav.
328 IV. Arisloleles (definit. Wissen).
sen werden, das begriffliche Sein aber ist positiv und ist allgemein ; aber
auch auf das Warum und die begriffliche Causalität wird entweder über
haupt nur in der ersten Figur oder wenigstens meistentheils in ihr ge
schlossen 667). So dass also jener Fall, in welchem der Mittelbegriff die
ihm wesentlich gebührende mittlere Stellung wirklich einnimmt, mit sei
ner ontologischen Bedeutung zusammentrifft.
Vermöge dieser Geltung des Mittelhegriffes nun muss Alles auf jene
erste, an die Spitze des Syllogismus gestellte, Behauptung, d. h. auf
den Obersatz ankommen, ob derselbe bereits ein unmittelbares oder ein
noch der Vermittlung fähiges Urtheil sei , nemlich ob zwischen Subject
und Prädicat des Obersalzes, d. h. zwischen Mittelbegriff und Oberbe
griff, kein neuer vermittelnder Begriff mehr eingeschoben werden könne
oder ob ein solcher noch einsetzbar sei. Insofernc es also sowohl un
mittelbare als auch vermittlungsfähigc Obersätze gibt, ist zunächst beiden
gemeinschaftlich , dass ihr factischer Bestand , d. h. die in ihnen aufge
stellte Entscheidung der Alternative zwischen Sein und Nichtsein (Anm.
652), dadurch für die Ueberzeugung bekräftigt und von einem Schwan
ken oder einer Täuschung ferngehalten wird, dass man das widerspruchs
weise Gegenthcil dieses faclischen Bestandes als unstatthaft erkennt. Da
rum ist zu beachten, in welcher Beziehung alle jene Schlüsse fehlerhaft
wären , durch welche man auf das widerspruchsweise Gegentheil jener
Obersätze gelangen würde.
Was nun in dieser Beziehung zuerst die unmittelbaren Obersätzc
betrifft, so ist solches sowohl für den Fall dass sie bejahend, als auch
für den Fall dass sie verneinend sind , zu betrachten ; denn es gibt,
ebenso wie bei den vermittlungsfähigen, auch unter den unmittelbaren
verneinende; wo nemlich gewisse Gruppen von Wesenheiten gegenseitig
gar keine Berührung haben und nie wechselseitig voneinander Subject
und Prädicat sein können, wird sich eine verneinende Behauptung dar
bieten, welche als eine unmittelbare an die Spitze gestellt werden kann 66S).
Mag nun die an die Spitze gestellte unmittelbare Behauptung bejahend
oder verneinend sein, so muss ein allenfalls sich einstellendes motivirtes
Misskennen derselben (ayvoiu jcorra Siä&eaiv), durch die Einsicht in die
Täuschung seihst zerstreut werden. Gesetzt nemlich, es würde dem
unmittelbaren verneinenden Urtheile „B ist nicht A" ein Syllogismus ge-
667) Ii, 79a. 17.: xtov df Gyr\fxuTtav intarr\iioVixbv fJtaliOTa to nomtov
loriv (21.) rj yaQ SXtog rj lös irtl to noXv xcei iv rot? nXiiaxoig
d'ia xovxov tov oyrjuaTos 6 tov diöri OvXXoytouös (24.) elra xr/v tov
tC ißriv iTTiarrjurjV fiiä fiövov tovtov &r)Qivoui Swarbv iv jxiv yeto r»i
[liaw Oyrjfiaxi ov yd'STKi xttrrjyoQixbs avXXoyiOfxbs, r) St tov %l iariv iniffTrjfitj
xaxati doe tos ' Iv $h Tto ioyaxti) yCvnut fiiv ai.V od xad-oXov, rö äi
t( iaxt tiüv xa!>6Xov iarlv.
668) lä, 79a. 33.: tä;neo dt vnätjyttv TO A tio B ivedeyero ctxöfiw;,
ovita Xttl fii] vnäoyetv iyytotjtl' Xe'yto de xb axotttos vnüqytiv rj fir) imaijyttv
to fit) tlvtti ttvTwv fiiaov (so ist hier axoutog von dem letzten unmittel
baren Urlheile ganz entsprechend jener Bedeutung gebraucht, in welcher axofia in
der Lehre vom Begriffe, — Anm. 445., — bei dem letzten nicht mehr (heilbaren
Artunterschiede vorkam), ovxta yaq ovxixi i'oiai xecx' i'cXXo xb vnaoytiv rj
ftr\ vnaoyttv (b. 6.) ort o" iväiytxcti to B fii] livtci iv t>> oXta iarl
rö A rj naXtv to A iv t[i to B, qavinbv ix TtSv avarotyitSv, bxsai fir)
inaXXüxxovoiv aXXfjXtug.
IV. Aristoteles (definit. Wissen). 329
genübergestellt, dessen Schlusssatz lauten würde „B ist A", so müssten
in demselben entweder beide Prämissen oder wenigstens der Untersatz
falsch sein; und gesetzt, es würde dem unmittelbaren bejahenden Urtheile
„B ist A" ein Syllogismus mit dem Schlusssatze „B ist nicht A"
gegenübergestellt, so müsste in demselben, wenn er in der ersten Figur
sich bewegte , entweder beide Prämissen oder wenigstens die eine der
beiden, gleichviel welche, falsch sein, und wenn in der zweiten Figur,
entweder beide beziehungsweise falsch oder wenigstens die eine der
beiden, gleichviel welche, schlechthin falsch009). Sind hingegen jene
an die Spitze gestellten Obersütze vermittlungsfähige Urtheile, sei es dass
sie bejahend oder dass sie verneinend sind, so kann ein Syllogismus,
durch welchen ihr widerspruchsweises Gegenthcil ihnen gegenübergestellt
werden wollte, entweder den wirklich zu ihrer Vermittlung passenden
Mittelbegriff oder einen fremdartigen und hiemit bereits falschen Mittel
begriff enthalten ; im ersteren Falle würde sein ühersalz falsch sein müs
sen, und im letzteren entweder beide Prämissen oder wenigstens eine
von beiden, gleichviel welche ; in der zweiten Figur müsste eben irgend
eine der beiden Prämissen falsch sein 0T0).
Besteht nun für das Urlheil „B ist A" ein Vermittelndes, d. h. ein
Mittelbegriff zwischen dem Subjecte und dem Prädieale desselben, so
ist dasselbe apodeiktisch erweisbar, und jenes Unmittelbare, welches als
das Vermittelnde zwischen jene zwei Begriffe tritt, bildet die elementa
ren Bestandteile des apodeiklischen Beweises; besteht hingegen kein
Mittelbegriff mehr für jenes Urtheil, so ist es selbst bereits ein Unmit
telbares und Principielles , und auf ein Solches zielt der zum letzten
Principe führende Weg ah, denn der Mittelbegriff . muss stets verdichtet
werden, bis er Einer und uniheilbar wird; dann ist dcTselljejcnes
669) 16, 79b. 23. : etyvota d* i) fiij xar* ctVTitfuaiv aXXa xazet diäO-eOiv
Xeyofi£vr\ tffrt fiiv i) dia avXXoyiafiov ytvofiivrj anuTrj, avTr\ d' iv fiiv rolg
UQioTOig vnäQ/oveuv rj fifj imäoyovai OvfißaCvti dtyoig ■ rj yao brav änXäg
vTioXäßg vnaoytiv r/ fifj vnaoyeiv, i) orttv diu avXXoytafiov Xäßi] TrjV vji6-
Xrjipiv. TT\g fiiv ovv änXr)g vnoXrjipewg anlfj r\ unaTr\, rf/g di diu OvXXoyiafioij
nXtCovg. fxr\ vnaoyixia yuq to A firjdevi xiöv B äxöfiojg. oixovv
iäv avXXoylt,r\xai vnäqyuv xb A xü B, fiiaov Xaßiöv xb r, r\naTt\fi(vog
earai dia avXXoyiafiov. ivdfyeTut fiiv ovv ttfi'poxe'Qas rag nnoritaetg elvai
\pevdeig, iväfyeTai di tt\v ireoav fiövrjV (40.) aXXä xai xr\v ex^Qav
ivät'yexai «Uijfti; Xufißavtiv, ov fievxoi bnoie'qav frv/ev, aXXä rr\v Ar
(80 a. 6.) rj fiiv ovv iov vnaoyeiv unairj diä toviiov re xai ovxai yivtxai
fioviog , ov yuq iv üXXoi ayrjfiaxi rov vnäqyuv avXXoyiOfiög ' r) de rov fiij
vnnqyeiv iv ts to> nqtario xai iv rtö u?oo> ayrjfittti (11.) lvdf"%eitti
fiiv ovv afi(foriqiov ipevdwv ovawv (14.) h'deyerai di xai jrjg exe'qug
ipeväovg oiiaijg xai xavxrjg bnoxt'qug exvytv (27.) iv de xq> ftiaiß Oyt]-
fjari bXag fiiv elvai Tag nqoTaOtig ttfiifOTCqug ipevdeTg oix iväeyeiai
(33.) in( ti d' exuxCqav oidiv xuiXvei ipevdfi elvui.
670) 17, 80 b. 17.: iv di xoig fir/ aroftiag vnäqyovOiv rj fiij vnüqyovOiv,
brav fj.lv dia rov olxeCov fiioov yCvtjxai %ov ipevdovg b ovXXoytapog , ovy
oiöv rf ä/iffOTinag ipivifig livai rag rtQoräoeis, äXXä f.iovov rr/v nnbg tifi
fiiCCovi ctXQO) (26.) bfiolotg de xai, ti i'i uXXrjg avaroi/iag Xrjtp-S-eiij to
fiiaov u'iaä' rj uiv ael äXij&ijs rj d' äei tp£vdr)g (33.) brav fiiv
inb to A y rö fi(aov, Tfp de B firjäevl v7iaQyri, ccväyxr] iptvdtlg elvai
äfupore'Qae (81a. 5.) diä de roß fj.e'aov oyj\[iaTog yivofitvtjg rijg cenarr]
g , ä/j.(foriQieg fiiv oix ivdeyerai rpevdetg elvai rag nQoräatig bXag
(9.) tt/v exe'nav d' iyywQti, xai bnorioav hvyev.
330 IV. Aristoteles (definit. Wissen).
mittelbare, durch welches die letzte und äusserste Vermittlung bewerk
stelligt wird671). Auf diesem letzten Principiellen und Unmittelbaren
beruht dann der Vorzug des allgemeinen Beweises vor dem particularen
und des bejahenden vor dein verneinenden und des directen vor dem
apagogischen. Nemlich insoferne man wohl glauben könnte , das particulare
Schliessen sei dem allgemeinen vorzuziehen , da ja das Singulare
kenntlicher sei und dem Wissen näher liege, aus dem Allgemeinen hin
gegen leicht die irrthümliche Annahme von allgemeinen Wesenheiten
neben und ausser den individuellen sich ergeben könne, so ist hinge
gen zu bedenken, dass das Singulare eben doch nur unter der Form
der Allgemeinheit gewusst wird, jene irrige Folgerung aber, welche
zur Ideenlehre führen würde, gar nicht nöthig ist; der allgemeine Schluss
ist daher vorzuziehen, weil er mehr die Causalität des Notwendigen
in sich enthält, und weil er das Ansichsein ohne Rücksicht auf Anderes
ergreift,- sich dabei von der unbegränzten Vielheit des Einzelnen fern
haltend und dem Unmittelbaren näher stehend, und weil er den parti
cularen Schluss bereits in sich involvirt 672). Der bejahende Schluss
aber ist dem verneinenden vorzuziehen, weil er einfacher und schneller
erreichbar ist, indem er wenigere Voraussetzungen und Postulate bedarf,
ferner weil, wenn beide Prämissen verneinend sind, überhaupt gar nicht
geschlossen werden kann und daher nur bei bejahenden Prämissen eine
fortgesetzte Vermehrung und Verdichtung des Mittelbegriffes möglich ist,
bei verneinenden aber nicht, sodann weil die Beweiskraft des verneinen
den Schlusses durch den bejahenden erwiesen wird, nicht aber umge
kehrt, und weil die Bejahung überhaupt kenntlicher und principieller
als die Verneinung ist613). Endlich in gleicher Weise ist auch das di-
671) 23, 84b. 19.: ifavenöv dt xal oti, otciv tö A Tip B vnaQxrj , ei
fitv tan xi jxiaov, «ftfTi. cTftlßt ort iö A Tip B v7iäo%ei. xal (Ttoi/«« tovtov
IotI Tautet xal Tocfav&' orfa /j.e"aa laxCv' at yag a/j.taoi nooTaaeig
aToi%üa rj näaai rj at xa&6Xov. ei <$i fir] Iotiv, ovxe'Ti iariv anödeiSig,
&XX' r) Inl rag ao/ag 6S6g avrrj tar(v (34.) äXX' äel tö fj.e"aov nvxvovTai,
Sias aätaCneTa yivryiai xalev toxi ä' iv, OTav eifieoov yivr\Tai,xal
fiia nnoTadtg anXäg r; afxtaog.
672) 24, 85a. 20.: d°6$eit fitv ovv Ta/' av tlOlv toöl axonovdiv r) xaTa
penog (sc. anoSti'g'ig) tlvai ßeXTiiav. ei yag xa&' r]v fiaXXov imaTa/xe^a
anöSei'iiv ßeXrCwv änöätig'ig (läXXov cT £7iiOTafit&a ixaoxoy, oxav
aiixo tiSiöfitv xa&' avxo rj oxav xut> aXXo (26.) rj (fi xa'höXov oti
aXXo, ovx oti avTÖ xexv/rjxev, Inideixwaiv (30.) ßeXxiiov av rj xaxä
ue"oog anödtt$ig tlrj. tTi tl tö fitv xa&öXou fir\ laxl xi naga xa xa&'
sxaaxa , r) cT änöäti^ig äo'iav t/tnoitl tlvai ti xoiixo xaS-' o anoStCxvvOi
xaC Tiva tpüoiv vnagxtiv Iv Tolg ovoi xavxrjv (b. 3.) %tigtav av sin r)
xa&6Xov xrjg xatd ftigog (13.) 6 xa&6Xov tläiug fi&XXov olStv y vnäg-
%ei rj iö xaxa fit'qog. ßeXxCiov aga r) xa&6Xov Trjg xata fiigog (18.) ixi
T( oiSeftCa äväyxrj vixoXaußävtiv ti elvai tovto nana xavxa,bxi 'iv SrjXol
(23.) ixt ei rj änödet'gig /j.iv iaxi OvXXoyiafj.6g Seixxixbg alxCag xal
xov cT<« tC, to xa&6Xov d' alritÖTeQov (27.) trt /ue'/Qi tovtov CrjTovfiev
tö Jiä t( xal tots olo/te&a eläe"vai, OTav fxr) rj bti ti aXXo^ tovto rj
yivöfievov rj ov (86 a. 3.) ?n öa(i> av fiäXXov xaTa fie'oog y , elg iß
aneiQa tfinlmei, r) äk xa&6Xov elg tö änXovv xal tö ne'gag (22.) fia-
XtOTa cSi dfjXov oti r) xa&6Xov xvQiiotiga, oti tiSv nooTaGeiav Trjv fiev uqo-
Tiqav e/ovTeg lajxev niog xal Trjv vOTioav xal e/o/tev Svväfiei.
673) 25, 86 a. 32.: oti J" r\ äeiXTixr) Trjg Grepr]Tixr)g , tviev&ev tirjXoV
iaxia yäq avxr\ r) anodtiSig ßeXTCwv T(Sv dXXiav tiSv avTiäv vnaQXÖVTeov
IV. Aristoteles (definit. Wissen). .331
recte Schlussverfahren dem apagogischen vorzuziehen, da es auf dem der
Natur nach Früheren beruht 674). Wurzelt so der direct und allgemein
bejahende Ausdruck des vermittelnden Wissens auf der principiellen Gel
tung des unmittelbar Begrifflichen und Nothwendigen, so begründet
andrerseits die intelligible Einheit dieses Principes auch den Bestand einer
einheitlichen Wissenschaft, insoferne das letzte Unerweisbare und Un
mittelbare jener neinlichen und Einen Galtung angehören muss, welche
der Gegenstand einer bestimmten speciellen Wissenschaft ist, d. h. Ein
letzter Mittelbegriff kann nicht mehreren Gattungen angehören, wohl
aber können zu einer Mehrheit von Schlüssen zum Behufe der Erreichung
Eines Schlusssatzes mehrere Mittclhegriffe aus ihren je entsprechenden
Gattungen beigezogen werden 675).
In dem Mittelbegriffe als dem letzten erreichbaren Unmittelbaren,
durch welches wir das Vermittlungsfähige vermitteln, beruht insgesammt
Alles , was wir durch das apodeiktische Verfahren zum Behufe eines
wirklichen Wissens suchen. Wir suchen aber überall jene vier Principien,
nemlich das Dass und das Ob und das Warum und das Was, d. h.
den Stoff und die bewegende Ursache und den Zweck und das begriff
liche Sein , deren Zusammentreffen in . dem schöpferischen Wesens - Be
griffe wir oben als den Inbegriff der ontologischen Bedeutung und Func
tion des Begriffes kennen lernten. Und in allen diesen vier Beziehun
gen ist im Syllogismus und in dem apodeiktischeti Verfahren überhaupt
der Mittelbegriff der Gegenstand dieses Suchens, denn betreffs des Dass
und des Ob suchen wir das actuelle Dasein des Mittelbegriffes und be
treffs des Warum und Was das begriffliche Sein desselben; alle vier
r) IS IXaxxovcav ahrifiuriov rj vnod-idecov rj nqoxaamv' el yctQ yvcÖQiptot
bfioCmg, xb 9-axxov yvöivai <fi« tovtcov vnao'iu, tovto d" aiQeTiÖTSQov
(b. 10.) hi insidr) diäuxxai ort ctSvvaxov afiqroxiQcov oidtav dxiQtjxixmv
xmv TTooTtasetav yeve'dS-ai. dvXXoyid/ibv, uli.it xr)v fitv äei xoiavxrjv elveti,
xr)v <f* Sri vjttto/ei, exi TiQog xovxcp Sei" rode Xaßeiv xctg fitv yctQ xaxrjyogixag
avSavo/x^vrjg xrjg ctnoStCftiag avayxalov ytvtdd-ai nXtCovg , zag de
dxeqrjxixag äovvaxov nlfCoyg eivai [*iäg Iv ctnaVTi GvXXoyidfiiji (27.)
ti or) yvioQiuwTtoov äi ov ätlxvvrai xal niOTÖTSQov, äetxvvTai <J" r) filv
dxeQrjXixr) ätä xrjg xaxryyoQixrjg, avxr) <Jt dl' ixiivrjg ov fielxvvxcti, nQoxeQa
xal yvo>Qifi(ox£QCt ovoa xal Tiidxoxe'Qa ßeXxiiov ctv ein (33.) r) tfi xara-
(faxixr) xrjg ÜTioycti txrjg riQOT^Qa xtti yvotoi/juixeoa' ota yctQ xr\v xaTctcpadtv
r) anöwaöig yvoiQifiog xal nooxe'Qa rj xaxäifadig ägniQ xal xö eivai xov
fir) elyai (38.) exi ao^atoäeaxio«, ävev yctQ xrjg äeixvvovdrjg ovx edxiv
r) axsQt)Xtxrj.
674) 26, 87 a. 1.: inel <T r) xaxacpaxtxr) xrjg axeQrjxixrjg ßeXrCcov, SrjXov
oxt xal xrjg eis xb ctävvctxov Ayovdrjg (14.) bxav [ikv ovv y xb Ovfi-
TttQatSfia yvtaQtfiioxeQov bxi oiix toxtv, r) elg xb aävvaxov yivtxai cm6dei%ig,
bxav d" rj iv xtji dvXXoyidfitü , r) anoSeixxixr]' ifvdei fik nQOxeqa r) bxi xb
A xcti B rj Sic to A xq> r. nqöxeQa yctQ faxt- xov dvfineQadfjiaxog t£ täv
xb avfi7i(Qadfia, edxi öh xb fiev A xcp jT ftr) vnaQ%uv dVfine'Qctdfict, xb Se
A xifi B ov xb dvfineQadfxa.
675) 28, 87 a. 38.: fita o' tnidxrjfir) Idxlv y tvbg yivovg , Oda ix xcöv
nQiöxmv avyxuxai xal jttf'pjj Idxlv rj nd&rj xovxwv xa&' avxci 0>. '•)
tovtov, (ff drjfitiov, bxav tig xä ävanöäsixxa eXO-y' yäq avxa iv T<p
küt^ü yivti tlvai xoig anodtdiiyfiivoig (5.) nXeiovg tf' anoStC'itig
tlvai xov ai/xov ly%atQit oi fibvov Ix xrjg aiixrjg dvdxoi%(ag XaußävovTi fir)
xb dvvt^ig [itdov ctXXa xal 1% hiQag,
332 IV. Aristoteles (dcfinit. Wissen).
Ursachen hiemit liegen in dem Mitlelbegriffe C1G). Wenn auch in dem
Gebiete des uns zugänglichen Seienden die stete Veränderung des Ent
stehens und Vergehens besteht, so ist dennoch auch dort der Miltelbegrifl'
das wirksame , indem er in den einzelnen Zeiten in actuelle Wirk
lichkeit tritt; der gleichartige Mittelbegrill' ist auch in den Ereignissen
ein Unmittelbares, und insolerne die Wirkung später ist, muss aus dem
Späteren auf das Frühere zurückgeschlossen werden, nicht aber umge
kehrt vom Früheren auf das Spätere ; wo aber in dem Eintreten der
Ereignisse ein Cirkel zwischen Ursache und Wirkung besteht, wird der
Cirkel auch in dem Nachweise des causalcn Mittelbegrifl'es erscheinen,
und wo dort nur das Meistenteils vorliegt, bat auch der Nachweis nur
die Geltung des Meistenteils 6 ' '). In solchem Sinne sind alle wissen
schaftlichen „Probleme" nach dem Mitlelbegriffe zu lösen, und auch ihre
Einheitlichkeit beruht auf der Einheit des Mittelbegriffes; dieser ist in
jedem Probleme als die begriffliche Causalitäl des Gesuchten nachzu
weisen 678).
So also enthält der Obersatz. von welchem wir oben als der an die
Spilzc gestellten Behauptung zu bandeln hatten, '"^jtem^JfcUclbegrifl'c
stets das Princip desj^^judüen, und insoferne in dem MitteUiegrflle der
b e'gTiffiTcTuT^fffu nd cl e s Ol i e rb'egri ffe s liegt, entsteht alles wirkliche Wis-
076) II, 1, 89 b. 23.: t« tyrov/jirct ianv Taa tov agi&fibv baaneg ini-
OTCtflttiU, ^rjTOVfttV fit TfTTfiO«, TO OTl, TO filOTI, tl fOT/, tC iOTIV. 2,891).
37.: £r)Toi>fitv elf, orr<}' fiiv CrjTiüuev tb ort rj to tl e'OTiv ctnXtiig , ag'
Hart fie'aov itvTov rj ovx eoriv, brav de yvövttg rj to oti rj tl eOTiv, rj tö
inl fie'oog ij to c'inXiog, ndXcv tö fiict tl £rjTi3fiev rj to t( ion, töte &TOVfitv
tC to fie'aov. 11, 94 a. 20.: intl fit IniöTaoftcu oloutitu ötuv elfiioftev
tt)v alttav, alriai fit Tfrißpff, fiCa fitv to t( rjv ttvcci, fiict fit to ti'vuiv
ovtiov cil'dyxt] tovt' tlvai, en'oa fik r) tC ngiörov ixlvritsg, TfraoTij fit to
Ti'vog evexa , näaeu avtui fiiä tov ftiaov Sttxvvvxat' t6 re yeco ov oVTog
Tofil avayxt] eh'cti fiictg uiv ngoTciaecog krj(fS-e(<frjs ovx tan, fivoiv fit ToiXä-
/iCTOV, TOVTO fi' ioTtv, otkv fV fie'aov eyioaiv tovtov ovv trog Xrjif&ivTog
tö av/tniociaua ccvdyxr) th'cti (35.) dXXcc fir)v xal to tC r\v tlvui attiov
fiifittXTtti to fie'aov.
677) 12, 95a. 10.: to <5" aitö ciXtiov ioTi toTs yivofie'votg xctl ToTg ytytvrfiiivotg
xcti Tolg iaoiiivoig bneg xcu Totg ovoi , tö ydg fie'aov a'iriov,
nXrjV ToTg fiiv ovotv ov, Tolg fit ytvofitfvotg yivöfievov, Tolg fit yeyevr\fi(voig
ytyevrifiivov xtd iaoiiivoig taöfievov (27.) Ioti fir\ anb tov vOTegov
ytyovoTog 6 avXXoytatibg , äoyt) fit xcu tovtcov tcc yeyovÖTct, fieb xcu inl
tiov yivouiviov tögavTiog' anb fie toi noorenov ovx tOTiv (b. 13.) neol
fitv ovv tov niog ctv i<fe'ifjg yivoue'vrjg rrjg ytve'aeiog eyoi to fiiaov rö
ciXtiov inl toOovtov elXr]tf.9-io' uvdyxr\ yao xal (v Tovtoig tö fie'aov xal to
nqmxov äfitacc tlvai (38.) intl fi' ogeüuev iv Toi~g yivoutvoig xvxXvt
Tiva ye'veoiv ovoav, iväfytTttt tovto eh'ai, etntg enoivTO uXXrjXoig to fie'aov
xal ol ogoi , iv yccQ Tovroig to ävTiOToe'cf ttv £ot(v fie'fietxTcu fie tovto (v
Tolg nniÖToig, öti avTitSTgitf.u t« avfineoaOfictTa' tö fie xvxXia tovto
iaTiv (96 a. 8.) taTi fi' ivia fiiv yivöfitva xcttloXov in fi' äel
fitv ov, cög inl tö noXv fie" töjv J») toiovtiov ctvdyxrj xctl TO fie'aov (ög
inl tö noX-v tlvai.
678) 14, 98a. 1.: nobg fie to eyeiv tc\ ngoßXrjfiaTct Xt'yttv fite Tag re
ävaTofiäg xal Tag fiictigiaetg , ovtco fie fiiaXe'ytiv vno&e'fievov tö yivog tö
xoivöv ctnüvTtov .... 15, 98 a. 24. : tu d" avT& 71 goßXrjfiuTÜ iaTi tcc fiey Tip tö
ctvTÖ fie'aov eyeiv (29.) r« fit Tip tö fie'aov vnb to 'htgov fiiaov elvai
fitaifie'nei tiov nooßXrjfiaTwv 17, 99 a. 3.: 6 ydq Xöyog tov axgov To
fiiaov iOTt'v.
IV. Aristoteles (definit.|Wissen). 333
sen durch die Begriffsbestimmung, d. h. durch die Definition 67?). Wir
sahen dort (Anm. 652), dass die Definition als der Voraussetzung coordinirt
bezeichnet, ihr Unterschied von derselben aber darein gelegt wor
den war, dass sie auf das Dasein oder Jficht-Dasein nicht eingeht, sondern
das Was und das begriffliche Sein ausspricht; und es wird sich nun
zeigen, dass es darauf ankömmt, ob der die begriffliche Causalität ent
haltende Miltelbegrifl' sich bereits durch sein von ihm beherrschtes Ge
biet durchgearbeitet hat oder nicht. Es ist nemlich die Definition ent-^
weder der Ausgangspunkt eines apodeiktischen Beweises oder selbst ein
apodeiktischer Beweis , welcher nur in der Form der Aufstellung der
Behauptung sich unterscheidet, oder endlich ist die Definition der Schluss
satz eines apodeiktischen Beweises ßS0). Diess nun ist näher zu erörtern.
Identisch sind Definition und apodeiktischer Beweis keinenfalls,
denn erstere spricht das begriffliche Sein ausschliesslich nur allgemein
bejahend aus , letzlerer aber kann auch verneinend und particular sein,
und auch gibt es nicht einmal von Allem , was in der ersten Figur all
gemein bejahend erschlossen wird, eine Definition, z. B. der Bestand
der Winkejsumme im Dreiecke kann nicht definirt werden ; denn Be
weisbares wissen heisst ja eben den Beweis haben, so dass, wenn jenes
Sache einer Definition wäre, es gerade nicht als Gegenstand eines Be
weises gewusst würde ; aus dem gleichen Grunde ist aber auch nicht
alles Definirbare beweisbar, denn ausserdem würde ja der Definirende
ein Beweisbares wissen, ohne den Beweis zu haben 6S1). Ferner spricht
die Definition nicht das Dasein oder Nicht -Dasein und überhaupt nicht
ein Stattfinden oder Nichtstattfinden aus, sondern diess zu erweisen ist
gerade Sache des Syllogismus, wohingegen die Definition die substanzielle
Wesenheit und -das begriffliche Sein enthält, was eben der Beweis eines
Slattfindens schon voraussetzt; jenes Da^s_aber, welches, djicch rtfin Be
weis demonstrirt wipL ist nicht schon etwa als ein Theil in dem be
grifflichen Sein enthalten. Demnach gibt es von Ein und dem Nemlichen
als solchen nicht zugleich Definition und apodeiktischen Beweis, und es
sind diese beiden auch unter sich nicht das nemliche 0S2). Gäbe es
679) 17, 99 a. 21.: eart. dt xb /ue'aov köyog rov TtQtorov axQov, ötb naattt
at Imarrijiai dV OQtOjiov yCvovrat.
680) I, 8, 75 b. 31.: lariv 6 bnta/ub; rj ctQ/r) anodet'Setog rj anöSet'Stg
Maet- dtatf (qovGu rj avune'paOftä xt anoSeliecog.
681) II, 3, 90b. 3.: 6 fjiv yciQ bgia/ubg rov zi iaxtv eivca Hoxel, rb Se
ti lariv anav xa&öXov xcü xarrryoQtxoV avXXoyta/nol d" eialv ol fxlv axeorjTixoi
ot (f ' ov xt<&6).ov (7.) ehtt ovd"e räv iv i<j5 TiQtilrq) Oyjifian
xcnrryopixwv änavxtav toxtv oQta/jbg oiov ort tiüv rgiymvov Svolv ön&ctig
itjetg e/ei' xovxov de Xoyog, ort xb ljx£ttraß&a£ löxt rb ctTioäetxrbv to anoäet'Stv
eyetv, äar' et Int xtov xotovxwv anöäeiiCg laxt , Sr)Xov ort ovx av
ettj airtdv xai ooidftög (19.) xt $\ ov oQtntxbg, aqa navrbg ctnöäeiSig
iaitv rj ov ; (21.) ww' eineQ to tnlaxaa&ut xb änoäetxxbv laxl xb
xr\v anoäet'itv eyetv, ovtxßrjaexui xt. dSvvuxov, b yaQ xbv ÖQiaixbv eytov
üvev xijg anodelietas Intarrjaerat.
082) Ebenda 90 b. 14.: oiäev yaQ niinoxe bqiaaftevoi eyvtaiiev ovre rtüv
xa!)-' uvxb vnaoyovxuyv ovxe rwv av/jßeßrjxörtov 'tri. ei b oQi0jj.bg oialag
xt; yviüQiOftbg , rä ye rotavxa if aveijbv ort ovx ovolat. (vgl. Melaph. B, 2,
996 b. 14.: nolXuyäg yaQ i7TtOxu/xe'va>v xb uvxb fxäXXov /.tiv ei'fe'vat tfauev
xbv rtp etvui yvtoQlfrvxa rl rb iiQuyfj.u f\ rä ixr\ elvat. , aixtov äe xovrwv
exenov exe'QOv jiäXXov, xai fidXtOxa rov rl lariv, &.XV ov rbv noaov ?/
334 IV. Aristoteles (definit. Wissen).
von dem begrifflichen Sein, welches als das begriffsmässige Eigentüm
liche in der Definition prädicirt wird, einen Beweis, so würde diess
zu unnöthiger Verdopplung führen , da es ja jedenfalls schon vorher im
Mittelbegriffe enthalten sein müsste und hiemit in Bezug auf die Form
des Beweises ein Erschleichen des Ausgangspunktes vorläge 683). Auch
durch die Methode der Eintheilung wird eine Definition nicht bewiesen,
denn vermittelst der Eintheilung kann wohl mancherlei Richtiges und
Wahres zusammengeführt werden, ohne dass dasselbe nothwendig schon
das begriffliche Sein selbst enthalte ; nützlich mag die Eintheilung wohl
sein, um Nichts auszulassen, aber ein Beweis liegt in ihr ebenso wenig
als in der Induction, denn sie schliesst eben auch ohne Mittelbegriff 6 84).
Noch auch endlich kann die Definition etwa dadurch einen apodeiktischen
Nachweis erhalten, dass man mit Voraussetzung des Wesenheits-Begrifles
eines Gegenstandes die Definition der Definition selbst zum Obersatze
eines Syllogismus macht, also z. B. schliesst:
Die Vereinigung d. Eigenthttmlichkeiten des begrifflichen Seins ist d. schöpferische WesensbegrifT
Diess und Jenes ist die Vereinigung der Eigentümlichkeiten des begrifflichen Seins
Diess und Jenes ist der schöpferische Wesensbegriff
denn auch so noch ist das begriffliche Sein des Gegenstandes doch
schon vorher im Mittelbegriffe da; und ausserdem bedarf man hier die
Definition der Definition ebenso wenig, als man zu einem cuncreten Syl
logismus die Definition des Syllogismus nöthig hat. Beruht der angeb
liche Beweis einer Definition bloss auf Voraussetzung, so ist sie jeden
falls schon im Mittelbegriffe erschlichen. Und überhaupt bleibt sowohl
bei der Eintheilung als auch bei diesem letzleren Verfahren gerade die
nolov rj tC noitTv f, naO^uv nitfxvxtv) (30.) ö^ia/xog (itv ydn roö rl
ian xai oiaiag, al J' a7ioSe(^(is (f itCvovrai näaat vm>TiS(uevat xai Xapßavovoai
to tC tanv (33.) *rt naaa änödaiig rt xtaü tivbg ätixvvatv,
oiov ort iariv rj oix eartv, (v di toi ögiopuji oiidtv fiegov irtytw xuiriyoQilitti
(91a. 5.) rnOr« <ft nQog aXXrjXa ovx Z/ei ovriiig tö ort
ian xai jl lonv, ob yao iaxi Sattnov VitTenov utnog ... . (8.) dion Situs
tov uvtov ovfitvög IvtffytTat autfto t/UV, wffre orfiov dg oü<Sf öoto/jbg xai
Ic<7r6äet£tg o'vte tö uvtö äv eirj ovzs öütiqov iv O-aitoo). Mctapli. E, 1,
1025 b. 14.: tfaveobv ö'ii ovx faiiv dnoäti'iig oiiatag oväi tov r( ianv.
683) An. post. a. a. 0. 4, 91a. 15.: to ö°e tC laziv idiöv re xai tv rqj
t( (oti xaTrjyoQitxaf Tavta d" avayxt) aVTiaroai eiv (21.) et <ft fit)
ovTta rig Xr\\ptTai SmXiodag , obx ärayxr) iaiai iö A tov r xatrjyoottoltai
tv Tq> tC iaTiv (25.) ti ö"^ ro tC lati xai rö tC r/V elvai üfitfto f/ei,
inl tov utoov form TtQOTtoov to xC tjv ilvai (37.) oiov tl Tig aiimatie
V'UXh1' etvat to avTü avTtji altiov tov C?tv, tovto o" ani&fibv avibv avxbv
xivovvtu' äväyxtj yao alTtjaat Ttjv ^v/ijV oTiin äoi&jubv tlvtti avibv ttvTov
XlVOVVTtt.
684) 5, 91b. 12.: äXXä jur/j' oM' r) Siä tiSv diaiQtattav bSbg avXXoyCf
«T«( (24.) tC yao xtoXvti tovto äXr,frtg fiiv tö ttüv eh'ai xtna tov
äv&Quinov, fiij [liviot to tC tan [ir\öi rö rt r)v tlvai dr)XovV; (28.) tvät/
trai Si to tqeSjfjg Tt) äiatQiaei noitlv altovtuevov tö noüxov xai
fir\äiv TtuoaXtlntiv (31.) «XXä OvXXoyiafiog öfttog oiiH ivtOTtv, äXX'
tiTieQ , äXXov tqotiov yvioQl^HV nottl' xai tovto /jev oväiv atonov, oitik
yao ö Inäyiov totog anodtCxvvaiv, äXX' ofitog ötjXol ti (36.) digneo
yao tv tolg Ov(j7te(>tt0/xaoi Totg avtv Ttäv ftiauv, iäv Tig tlny oti tovtiov
ovtio avdyxrj Toäl tlvai, IvdfylTai (QüiTrjaai äiä tC, o'vTiog xai tv Totg <ftuiQtTixoTg
Snoig.
IV. Aristoteles (delinit. Wissen). 335
wichtige Frage noch stets übrig, warum denn die Vereinigung der Eigen
tümlichkeiten ein Eines sei ß85).
So also scheint der Deßnirende das substanzielle Wesen und das
begriffliche Sein in keiner Weise beweisen zu können, weder durch
Syllogismus noch durch Induction; und andrerseits soll die Existenz gleich
falls gewusst werden, denn es gibt Namensbezeichnungen, deren Sinn
sehr wohl verständlich ist, welche aber doch ein nicht Existirendes aus
drücken ; begriffliches Sein aber und Existenz ist zweierlei. Und wenn
nun das „Sein", welches wie alles übrige Stattfinden durch einen Syl
logismus erwiesen wird, in der Definition nicht liegt, und der Definirende
dasselbe folglich gar nicht zu wissen nöthig hätte, so würde nun,, da
der Definirende das begriffliche Sein nicht nachweist, nur übrig bleiben,
dass in der Definition eine blosse Namenserklärung gegeben werde ; Namen
aber gibt es auch von Nichtseiendem und dieselben können selbst beliebig
gewählt werden, und doch müsste nach jener Consequenz jedes Ausspre
chen schon ein Definircn sein 686).
Hiegegen aber nun ist zu erwägen, dass das begriffliche Sein die
Ursache des Ob , d. h. der Existenz, ist, wenn diese actuell da ist ; und
gibt es nun eine erweisbare Ursache, so muss sie der Mittelbegriff ent
halten ; dann also liegt das begriffliche Sein selbst im Mittelbegriffe, und
in solchem Sinne ist auch da, wo es einen apodeiktischen Beweis gibt,
die Definition das Wissen 68 7). Natürlich ist diess kein Beweis selbst des
685) 6, 92a. 6.: äXX' aqa iari xal änod'eiSai ro rl iari xcti' ovolav,
i$ bno&iaewg fo, laßovra rb /xlv rl %v elvat ro Ix räv iv ro) rl ianv
Ifiwv, rafil cff Iv toj rl iari uovix, xal täwv rb näv • tovto yäq iari to
fiVat ixeCvm. V n&Xiv elXrjqre to tC f)V elvat xal iv rovria; äväyxrj yao ätä
tov uiaov äei^ai. tri iSigneq ovo*' iv avXXoyiautp Xafißäverai rl Ion OvXXe-
Xoyla&ai, ouriog oväe to tC tjv elvat oei ivelvac iv rtp avXXoyiaptji
..... (20.) xav i£ vnoS-iaeojg Se Seixvvr) (24.) xal yao ivraB9a Xaßtov
tö rC ilvai äetxwai (27.) tiqos afMpore'Qovg de, tov re xaiä ätaloeaiv
Seixvvvra xal nobg tov ovtüj avXXoyiafibv, to airö aTiÖQtjfia ' cf«i
rl eaiat 6 «Vö-owTioff £u}ov älnovv neCbv, aXX' ov {tpov xal ne£öv;
686) 7, 92 a. 34.: niäg ovv dt) b ÖQi(öfievog deliei r-r)v oiotav rj to %t
lartv ; ovre yäo dg änoö'eixvvg i'i bfj.oXoyovfi.e'viov elvat ärjXov notrjaet
ov$' tag 6 inäytav äiä tojv xafr' exaora firjXiov bvrwv (b. 5.) tö yao
fj'i ov ovtielg olb*ev o ti iarlv, äXXä tC (itv atjfj.alvei b Xöyog rj tö ovofia,
otkv (tnu) rqaye'Xafjiog, tC ö' iari rqaye'Xaujog, äävvarov eläe'vat (10.)
to Jf il ioTiv aväQtonog xal 16 elvat avS-Qtonov aXXo. eha xal oV «7roätlittog
wafiev ävayxaiov elvat b"elxvvo&ai anav Sri ianv, el jxrj oiata
iltj, tö cT elvat oix oiata oväevl, ov yao yivog rb ov änöSet^tg ap' earai
Sit eariv . . . . (26.) el äoa ö bQi£öf*evog äeixwaiv rj rl ianv f/ rC ai\fiatvei
rovvofia, el fit] iari firjäa/^iSg rov rC ianv, ettj Sv b önia/xög Xöyog övöf
«<u to aärb atipalviaV äXX' uronov noärov fitv yao xal fir) ovOidSv av
«JJ xal riov fiij ovtwv, atj/xaiveiv yao eart xal rä fiij ovra. ert nävreg ot
Joyoi ÖQiauol av eleV elrj yag äv ovofta S-iaH-at bnotajovv Xoyoi , wo"t£
oooi/f av otaXeyoi'fieita nävreg xal tj 'iXiäg boiafibg av eltj. Metaph. Z, i,
1030 a . 7.: bgiafibg ä' iarlv ovx av ovofia Xoyta ravrb ayfiaCvij, nävreg
J'«p av ihv ot Xöyoi Spot, fO"T«t yäo ovofia brtpovv Xoytj) ravrbv, wäre xal
V IXiag boto/xog earat, aXX' iäv noaiiov rivbg y. Eliend. H, 6, 1045 b. 25.:
fori yäo avrrj fj ctnooCa tj avir/ x&v el b ooog eir\ t/xartov b arooyyvXog
X'dxog- elrj yäq äv arffzetov rovvo/xa tovto tov Xöyov.
687) An. post. a. a. O. 8, 93 a. 4.: ravrbv rb ettfe'vai rl iari xal rb elotvtti
to alrtov rov el iari' Xöyog Se iovjov, ort tan rt rb alriov
ff Toivvv iarlv aXXo xal eVoV/er«« anoäei'iat, aväyxrj fx(aov elvat rb ahtov
336 IV. Aristoteles (definit. Wissen).
begrifflichen Seins selbst, sondern letzteres wird eben nur hiebei syllogistisch
ausgesprochen, d. h. der Syllogismus liegt im Aussprechen (es
ist ein koyimg avkloyWjiös) • nemlich der schöpferische Wesensbegriff
ist nicht ohne das Dasein , und für das begriffliche Wissen ist das Oh
unentbehrlich in Bezug auf das Was; das Was und das Ob ist Sache
der nemlichen Denkthätigkeit 6SS). Jenes Dass oder Ob aber, ohne wel
ches das Was nicht gesucht werden kann , liegt dem Menschen in ver
schiedener Weise vor, so zwar dass in Manchem das Was schon theilweise
mit enthalten ist, woferne nemlich das Uass nicht in bloss äusserlich
zufälliger, sondern in wissenschaftlicher Weise ergriffen wird. Wenn
z. B. in dem Schlüsse
Das Dazwischentreten eines Körpers vor das Licht bewirkt Verfinsterung
Der Mond erfährt ein Dazwischentreten eines Körpers vor die Sonne
Der Mond erfährt Mondfinsternisse
das Dasein des Mittelbegriffes gesucht wird, so wird hiemit der begriff
liche Grund der Monds -Finsterniss gesucht; ist jener Mittelbegriff der
letzte erreichbare, d. h. ein Unmittelbares, so ist zugleich das Dass und
das Warum gegeben; also um jenen Miltelbegriff handelt es sich, ob
wirklich z. B. ein Dazwischentreten eines Körpers , oder hingegen etwa
ein Verlöschen oder dgl. als Mittelbegriff existire 6S<J). So ist der Mit
telbegriff das Was oder das begriffliche Sein des Oberbegriffes, und in
dem er diess ist, enthält er den begrifflichen Grund desselben; gleich
bedeutend ist es, zu sagen „Was ist der Donner? Ein Löschen des
Feuers in der Wolke" und „Warum donnert es ? Weil Feuer in einer
Wolke gelöscht wird" ; in beiden Ausdrucksweisen ist der Mittclbegriff
der ausgesprochene Begriff des Oberbegriffes, und hierin liegt ja das
(9.) tig [iiv <5ij Tjtonog üv tTij 6 vvv liriraöfitvog tö dV ciXXov to t(
fori ätixwattca , tüv xt yäo it iariv äväyxtj tö [itoov tlvai rC lari xctl
nbv iäiiüv Xäiov. Mctaph. 13, 2, 996h- Ii).: fi/ <f£ xal iv Totg aXXoig tö el~
dYr«t exccOTOv, xal mV änoäti'gtig [toi, tot' oiöftfO-a vnaoytiv, OTav tiätS-
(Atv t( ioziv, oiov tC iOTi tö TiTQttyüi)vt£iiv, ozt fx(Or\g tvotaig' öfiotiog äf
X(tl foii tiSv ItXXiav. Ebend. 3, 9981). 4.: ixaOzov (itv yv<oQi'£o(itv fitü tüv
(JOlOflOJV.
(i8S) An. p. a. a. 0. 93 a. 11.: ovrog /uiv ovv 6 Tiiönog oti ovx «v tit)
unotSti £/j , tttjrjTia ntjoTtQov, «XX' iOTi Xoyixög OvXXoyiO^iög Toi) tC taTiV
ägnto yitp to äioTi £r\Tov[ttv tyoVTtg TÖort, (i'Cotc <ft xttl afia äf/Xa
yivfTici, uXX' ovti ttqötiqöv yt tö thöri äwaröv yvmgCoai tov oti, äijXov
oti ö/xoüog xal rö tI t\v tlvcci ovx aviv toii oti loziv, ctdvvctTov yeeg tliivai
tC ioTiv ayvooCrzag ti tOTiv. Metaph. E, 1, 1025b. 17.: diu tö Tijg
Ki)rijs tlvai äiavoCag to Tf t( Ioti SttXov naitiv xul ti tOTiv.
089) An. p. 93 a. 21.: tö <T ti tariv ort fiiv xcträ ovfjßtßijxög tyo/xtv
ort <!" t%oVT£g ti uvtov tov yroayfiarog Sau (tlv ovv zur« au/ißtß/
jxög o'iäitfitv oti toriv, ävayxaiov fiijäafjäjg iytiv nnög tö tC tariv,
ovät yaQ oti tariv, frtf/tv tö fit fjjrf<> t( ton fj.i) eyoVTag oti tan, [xtffitv
£i]Ttii> lanv xai)' oaiuv fi' tyofiiv ri_, (tifoV äart wg tyofttv oti iaztv,
o'vTiag l/ofiev xal 7roög to tC loriv. (iv ovv tyoutv ti tov il ioriv, iotio
nowTov fjtv 'lade' exXiiipig l(p' ov tö A, atXrivr) iip' ob jT, aVTlwQtd-ig r
flp' OV JB. TÖ /iliV OVV TlÖTtQOV IxXitnti rj ov, tö 11 CrjTtlV laxiv, «»' tariv
i] ov' , tovto o' ovdiv äiaif tQti tr\Ttiv r\ ti ton Xöyog civtov (b. 3.)
ätjXov d" ovTog oti tö A t») f inaQ/ti , aXXä äia tl inao/ti, rö £rjittv
tö IS tC iaTi, nÖTtQov avritpQcths V OTQotf-ri rijf atX^vrjg ^ änoaßtotg.
IV. Aristoteles (definit. Wissen). 337
Definiren 69°). In dieser Weise gibt es allerdings keinen Syllogismus
oder apodeiktischen Beweis des begriffliehen Seins selbst, wohl aber
wird dieses vermittelst des Syllogismus zur Klarheit gebracht, und das
definitorische Wissen als Erkenntnis« des begrifflichen Seins besteht
nicht ohne den apodeiktischen Beweis] und in diesem ist die begriffliche
Ursächlichkeit mitenthalten ; betreffs der letzteren ist eben nur der
Unterschied , ob die' im Schlüsse ergriffene Causalität sofort schon eine
unmittelbare und folglich das Princip selbst ist , oder ob sie noch mit
telbar und daher eines letzten Unmittelbaren erst bedürftig ist091).
Jetzt also ist uns die oben angegebene Unterscheidung betreffs der
Definition (Anm. 680) klar. Nemlich einerseits drückt dieselbe nur das
Was der Namensbezeichnung aus und ist blosse Wort - Definition ; diese
Festigkeit der Wortbedeutung aber ist nur eine unentbehrliche Vorbe
dingung zur Entstehung der eigentlichen Definition °92). Diese letztere
ist der ausgesprochene Begriff, welcher das Warum enthält, und dieser
Begriff ist „gleichsain" ein apodeiktischer Beweis des begrifflichen Seins,
sich nur durch die Form der Aufstellung der Behauptung unterscheidend,
denn in obigem Beispiele ist die Antwort auf die Frage „Warum don
nert es?" ein Syllogismus und die Antwort auf die. Frage „Was ist
Donner?" eine Definition; darum muss, wie in dem Schlüsse (Anm.
677), aus der Ursache als dem Früheren auf die Wirkung als das Spä
tere geschlossen werden , wenn die Definition den schöpferischen We
sensbegriff treffen soll 693). Endlich, wird die dem apodeiktischen Be-
690) 93 b. 6. : tovto d" lariv b Xöyog tov he'Qov axoov . . . . tC töTi ßooVTrj ;
nvobg anöoßeaig h> viipei, äta to änoaße'vvva&ai, rö nvo tv Tip viwet
(12.) xai «Tri ye ).6yos to B tov A tov ttoiotov uxqov. Ebcnd. 2, 90 a. 14.:
tv anaai yao Tovroig qavegöv tOTiv oti to uvto Ioti to tC Ioti xid Sia
tC taTiv. xl Iotiv exXenpig ; OTit>r\(Sig ifiorbg anb oeXqvrjg vnb yrjg AvtiwQtiSetog.
Sia tC tanv ixXenpig, rj Sia tC txXelnei r] aeXrjvrj; Sia tö Äno~
Xelneiv to (fäg avTKfQKTTOvOrjg Trjg yrjg. tC Ioti avfKftovia ; Xöyog uqi&-
fiiüv tv b'iei rj ßaoei". Siä t( ov/jupiavit to <5Ju rij) ßaoei"; Sia to Xöyov
f%eiv äoiöftiov tö öi;v xai tö ßugv. Metaph. Z, 17, 1041a. 23.: ti aoa xutu
nvög (rjTtl Sia tC inao/et' oti S' v7iün%u, Sei SijXov elvai, el yetn /jr)
o'vTiog, ovSiv (tjTSi' oiov Sia tI ßnovTi} ; Sia tC ipöifog yCverai tv ToTg ve~-
tpeotv ; äXXo yao o'vTiog xut' aXXov tOTl to £r)Tovfjevov. Ebend. 12, 1037 b.
25.: 6 yao bnta/xbg Xöyog Tig tanv eig xai ovolag , alaS-' ivög Sei: avTÖv
elvai Xöyov.
691) An. p. a. a. O. 93 b. 15.: dg ixiv toCvvv XttfißäveTctt to tC to~Ti xai
yivtTat yvioni/xov, etnrjTai, äaee avXXoyiO/iög fiev tov tC tanv ob ytveTai
ovS' anöSei^ig , SrjXov /xe"vToi Sia avXXoyiOfiov xai dV änoSeC^etag , diare
ovt' ävev a7ToSet'i;e(og eOTi yviövai to tC tOTiv, ob tßTiv uitiov aXXo, ovt'
io~Tiv anöSei^ig avTov 9, 93 b. 21.: eOTi St tcöv /tlv ereoöv ti aiTiov,
TWV S' OVX laill', WOTC SijXoV OTI XU! TÜ)V TL tOTI Ta fllv «Ufflf« Xai OQ-
%ai' elOiv, a xai elvai xai tC taTiv bnode'aftat Sei rj aXXov Tqönov tf aveou
noiijOai.
692) 10, 93 b. 29.: botOftog if' tneiSrj Xfyerai elvai Xöyog tov tC töTt,
if aveobv oti b /xiv Ttg emai Xöyog tov ti' arffialvei To bvofia rj Xöyog ire-
()Of dvofiUTioSrjg. Metaph. r, 7. 1012 a. 22.: boirtfibg Se yivtTai tx tov ar\-
fialveiv ti avayxatov elvai avTovg (d. b. di\ Gegner der primitiven Festigkeit
der Aussage; s. Anm. 164 IT.). b yäo Xöyog, ob to ovo/xa Orj/neiov, boiO/Aog
ylveTai.
693) An. p. a. a. O. 93 b. 38.: aXXog (T taTlv ogog Xöyog b SrjXiSv Site
tI t<STiv, iSaTe b /j.ev noÖTeoog arj/xat'vet fiev, Selxvvöi S' ov, b S' varegos
Prantl, Gesch. I. 22
338 IV. Aristoteles (definit. Wissen).
weise im Wesen gleichstehende Definition ohne den Mittelbcgriff des
Syllogismus ausgesprochen, so tritt sie als ein Schlusssatz eines Syllo
gismus auf; wo hingegen ein weiterer Mittelbcgriff nicht mehr besteht,
da ist die Definition eine als unbeweisbar aufgestellte Behauptung betreffs
des begrifflichen Seins 694). Bei den obersten und allgemeinsten Begrif
fen, welche wegen dieses ihres umfassenden Characters fast nie Subjcct,
also auch nicht Mittelhegriff im Obersatze sein können , müssen wir
daher auf die Definition verzichten, und wir können dieselben nur durch
Analogie klar machen, wie z. B., den Stoff (s. Anm. 486) oder die Ener
gie selbst695).
So also ist die Definition das Aussprechen des schöpferischen Wesensbegriffes
09li); und es erreicht in-, ihr der Trieb des apodeiktischen Wis
sens sein Ziel. Soweit der schöpferische Wesensbegriff erreicht werden
kann, ist durch denselben die begriffliche Causalität erkannt, und die
Einsicht in diese primitive Ursächlichkeit wird in dem Syllogismus ver
mittelst des Mittelbegriffes erreich^ Ueber den schöpferischen Wesens
begriff hinauszugehen, ist nicht möglich, und so ist dieser das letzte
Unmittelbare, mit welchem die vermittelnde Thätigkeit des Mitlelbegriffes
sich abscbliesst; durch dasselbe aber wird syllogistisch das Vermitllungsfähige
vermittelt. In solcher Weise dient der Syllogismus dem definito-
.rischen Wissen, während er andrerseits von der Definition als seinem
Ausgangspunkte ausgeht; erst aber dann, wenn sicli ein solch erster
qavegbv ort iarm oiov anoäti'iig tov tC lari, rrj f)£aei öiaye'giov irjg &ttooet'ieoyg
' äiaipe'gei yag etneiv dia tC ßgoVTii xal xl iari ßgovTr]' (gel yag
ovtio /Jtv diöri änoaßivvvTai tö nvg iv Toig viwtOi' tC d" iarl ßgoi'Tr] ;
ijjorfog dnoaßevvvfte'vov nvgög iv vfyettiv. . wart 6 avTÖg Xöyog dXXov tqotiov
X(yetai xal loöl fttv änöfietgtg awexr)g , todi ife ögiGfiög. Top. IV, 4,
141 Ii. 1(1.: elol dt TÜiv toiovtiov ögiGfjoiv o Tf Tr)g OTiy/jrjg xal ö ii)g ygaftfir)
g xal ö tov (nmt'd'ov ndtneg yag äid tcüv vßTe'gwv t« ngÖTega d'rjXovaiV
TO fiiv yctg ygct/jfxijg tö d' Ijime'u'ov tö dt azegeov (facti ne'gag elvai.
uv dti de kav9-äveiv oti roüg ovrcog ögiXofifvovg oix IviejreTat tö t( t)v
eJvai Tip ögi&fievip SrjXoiiv, icev fti) Tvy%dv>j Titvtöv r/fiiv Tf yviogifiioTegov
xal anXäg yvajgifitÖTegov, etneg dti ftiv äia tov yivovg xal tiuv diaorogiov
ögl&aHai tövI xaXmg öoiCöfiei'ov, tkOtk dt tiov änXöjg yvmgi_jxu>T(gtov xal
ngoTe'gojv tov eidovg (OtCv. Metapk. 0, 9, 1051 a. 22.: eiigloxeTai dt xal
Ta diciygclfi/jciTa Ivegyt (et , dicagovVTeg yag evgiaxovaiv' tt d" rvv diijpij-
(ie"va, ifavtgd kv r)v, vvv d" tvvndgytt övvdfxti' äta rC Svo öod-al tö tq(-
ytovov; oti cd ntgl fitav OTiyfir)v yiovCai Xctai <Svo ögOaig' ei ovV avt/xio
r) Traget TtjV TiXevQav, iäoVTi üv f\v eidvg är\).ov.
604) An. p. a. a. 0. 9-1 a. 7.: cti (at'n> ogog ßgovTijg \j>6<fog lv ve'cfeai'
tovto ti' IotI rf/g tov tC iariv anoS eC'ietag avfine'Qao-fict. ö df tiov afitoiov
ogiOfiög Se"aig loil tov tC iaitv civaTiödeixTog.
B95) Melapli. &, 6, 1048 a. 31.: eOTi d' ij ire'gysict tö v7idgyeiv tö
7Tgäytii(t (35.) ärjXov d' lnl tiov xu»' exitara r;] (nayioyTj u ßovXöjUf.
V« Xfyeiv, xal ov dt/" naVTÖg ogov CirtTv äXXd xal To avdXoyöv awogciv,
oti lig to olxodo/xovv ngög tö olxoSofiixbv xal tö (ygtjyogög ngog to xaftlvdov
xtX.
696) Elend, 8, 1017 1. 22.: tö tC rjv elvai ov ö Xöyog ögiafjög, xal
tovto ovoCa XfyeTia exdarov. Ebend. 11, \, 1 0-J2 a. 17.: tö tC rjv tivai oiiai'a,
TOVTov äi Xöyog ö öqiOfiog. Ebend. Z, 6, 1031 Ii. (j. : lniazi\^r\ yctg exäaiov
iariv ötkv tö ti r]v ixeivio elvai yvioftev. Meteor. IV, 12, 390 b. 17.: ovtü)
ydg Tofit v exaGTOv din t( xal tl Iotiv, lav rr)v vXrjV ij tÖv Xoyov tyioftev,
^ttXiOTa d" otki» äuifoj Tr)g Tt yev(aeiog xal if&ogcig xal noOev ij äg/r)
rrjg xivqGiiug.
IV. Aristoteles (definit. Wissen). 339
definitorischer Ausgangspunkt durch das ganze Gebiet, welches derselbe
beherrscht, durchgearbeitet hat, ist die durch apodeiktische Vermitt
lung sich ergehende Wissenschaft entstanden, denn dann sind nicht
bloss Syllogismen gebildet worden , sondern jener oberste unmittelbare
Begriff ist apodeiktisch als die begriffliche Causalität durchgeführt. Das
definitorischc Wissen also ist mehr, als die formelle Seite der Syllogislik
bietet; aber die Realität, welche der Syllogismus im Mittelbegriffe
besitzt, ist das Agens der Definition; denn sobald die Definition mehr
als eine blosse Namenserklärung ist — und sie muss mehr sein —,
erkennt sie den Mittelbegriff als schöpferische Causalität. Die reale
Function des Syllogismus also, welche uns "zuinTfcTTn^on geleitete, trifft
nun mit dieser selbst zusammen, d. h. die ontplogische Bedeutung des
Mittelbegriffes ist, dass er schöpferischer Wesensbegriff ist, oder mit
andern Worten der Syllogismus als ontolugischer ist die Definition, und
umgekehrt. "~" • * -
Auf solcher Basis beruht nun endlich auch, was Aristoteles betreffs
der Praxis des Definirens angibt 697). Zunächst nemlich ist von demje
nigen, was dem Gegenstande der Definition zukömmt, alles jenes her
vorzunehmen , was weiter als das zu Definirende reicht , aber dabei in
nerhalb der Gattung desselben bleibt, und diess ist so lange fortzusetzen,
bis all dieses Herausgenommene zusammen nicht mehr weiter reicht als
das zu Definirende ; so nemlich wird das Nothwendige und Allgemein
gültige gewonnen ß!ls). Ist der Gegenstand der Definition ein Ganzes, so
muss man die Gattung in ihre nicht mehr theilbaren Arten theileu und
diese zu definiren suchen, und hierauf die Kategorien - Bestimmtheit der
Galtung selbst ergreifen und hiernach das eigentümlich Zukommende
vermittelst der gemeinsamen Axiome dieser Gattung erwägen, denn für
das Ganze besteht das eigentümlich Zukommende eben insoferne, als es
seinem individuell Einzelnen zukömmt °"). Hiezu nun ist namentlich die
Einteilung nach den artmachenden Unterschieden praktisch nützlich, da
mit Nichts ausgelassen werde; man muss aber genau die Reihenfolge
derselben einhalten, wie sich dieselben nach einander abwärts schichten,
697) An. pos/. a. a. 0. 13, 96a. 20.: näg fiiv ovv xb xl taxiv fig xovg
oqovs anoSläoxai xal xCva xqotiov anoäti'Sig rj OQia/ibg taxiv avxov rj oix
iaxiv, ilnrjxai nnoxinov" nwg (ff cf £i &r)oevfiv Ta Iv Tij3 xl laxi xaxrjyoQovfiiva,
vvv kfyiofiev.
698) 96 a. 24.: xiöv dr\ vnaQ/ovxiov all kxäaxq) (via InexTiCvu Inl
nltov, ov (livxoi iita xov ytvovg, kkyta dk Inl TiXiov iinao/erv, böa inaoyii
ftkv kxäoxip xa&okov , ov firjv aika xal akku> (32.) xä äif xoiavxa
i.r\nxlov faixQ1 iovtov, eotg xooavxa Xrjq&rj nnüixov, ü>v 'ixaaxov fiiv Inl
nkiov imän\tt, anavxa äk fiy Inl nliov xavxr\v yan aväyxrj oitiCav eh'cit
rov nnciyticiToq (b. 1.) on ävayxaia fiiv toxi xa tv xtp xC lau xaxrjyonovjieva,
xa xa&öÄov cTt dvayxaia.
699) 96 b. 15.: /nf] äk, brav ökov nnay/.iaxevrjxa( xig, ditliiv to yivog
tig Xtt UXOfltt X(p tllitt IB TlQtÖTa , 010V UQldfjbv tl? TQläätt Xal JlUtlf«,
tlft' obxtog IxtCvtov OQiOfiovs niioäo&ai Xa/ißäveiv, oiov fi/frelag ygafiftijs
xal xvxXov xal dij&rjg yaivlag, /jexa äk xovxo Xußövxa xi xb yivog , oiov
nöxtnov r(ov noOiav rj xiav noiöbv, xa läia na&r\ fteuiQttv äid xcüv xoiväv
TrnwTwv (s. Anm. 339.) xoig yäo Ovvxi&tfitvotg Ix xtov äxofxiov xa oijißaCvovxa
Ix xiöv öoiO/AÖiv eaxai dijXa iTi« xb äo/r)v eivai navxaiv xbv bniOfibv
xal xb änXovv xal xoig änXoTg xa^ avxä bnao/ttv xa csvußalvovxa fiövoig,
xoTg ä' ciXXoig xax' txfiva.
22*
340 IV. Aristoteles (definit. Wissen).
und das Hauptgewicht fällt natürlich auf den ersten und allgemeinsten
artmachenden Unterschied; jedoch keineswegs ist, wie Speusippus meinte
(Abschn. III, Anm. 95), hiezu nöthig, dass man bereits alles Seiende
schlechthin wisse, denn nicht jeder Unterschied begründet eine Wesens-
Verschiedenheit, und viele Unterschiede daher müssen unberücksichtigt
bleiben 10°). Wo aber kein artmachender Unterschied mehr ergriffen
werden kann, da ist der ausgesprochene UegrifT der substantiellen We
senheit erreicht. So sind die Gattungen der Ausgangspunkt der Defini
tion; indem aber die arlmachenden Unterschiede bis zum letzten nicht
mehr weiter theilharen hinab hinzukommen , und in der Vereinigung
derselben mit der Galtung die actuell auftretende Definition besteht, sö
spricht diese eben die begrifflichen Bestandteile des zu Definirenden
aus701); eine nothwendige Folge aber ist, was wir oben schon sahen
(Anm. 485 — 495), dass es einerseits von dem vereinzelt Individuellen
als vereinzeltem keine Definition gibt, und andrerseits das menschliche
Definiren bei dem schlechtbin Einfachen und Ewigen Nichts zu suchen
hat, sondern in dem Gebiete des Zusammengesetzten der eigentliche Ge
genstand unserer Definitionen vorliegt.
Darum also muss bei einem auf die Definition gerichteten Einlheilen
erstens Alles festgehalten werden, was in dem begrifflichen Sein des
Gegenstandes von ihm ausgesagt wird , zweitens muss dieses nach der
Reihenfolge geordnet werden, und drittens ist zu sehen, dass dasselbe
erschöpfend sei. Hicvon ist das erstere gleichsam ein Syllogismus,
welcher un Schlusssalze das Staltfinden oder das Dass enthält;- das zweite
beruht darin , ffäis das Terhältniss der Abfolge eingehallen wird, indem
dasjenige, was Allen folgt, ohne dass ihm Alles folge, voranzustellen
und so abwärts fortzuschreiten ist; das dritte aber ist eben die Eintheilung
des ersten 702). Das letzte Erreichbare hiehei aber hat dann keinen
700) 96 b. 25.: al ät diair>£a(tg al xara Tag äiatfoqag /QqOifiot elOiv
ttg to oü'rw fitriivtu (30.) Siajf^Qti ä£ ti to tiqcStov xal vdTenov TtSv
xitTriyoQOVjxiviov xaTrjyonuO&ai , oiov ClntTv fftjov fj/u(aov öCnovv rj SCtiovv
(<pOV fjfltQOV (35.) 71QOS TO jUlJcffV TMtQttklTliTv fV TW rC Iotiv
ovico fiöviog {vätyticti (97 a. 1.) nnairrj tff öiayona (an Hipov, (ig r\v
anav (o)ov tfinCniu (6.) oväiv öt StT tov 6qi£6[*(Vov xal ötatqov-
/uevov anavTa tiSivtu tu ovtu, xaixoi aSvvuTov tf.aaC Titxg tlvcti ras öiaifOQtti
(idtvai lag nqbg ixaOTOV [ir) tldÖTO (xaOTov, l'tvtv dl tiüv ditttfogäv
ovx dvat exrcorov eldivai (11.) ov yäq xcträ näoav iiarfooav
€T€qov, nokXal yäo diaiioqal inaq^ovai ToTg aiiToig to> (idtt, uXV ov x«r'
oiaittv oiäl xa&" aiiiü.
701) 97 a. 18.: ifavtqov yao oti ai> ovtw ßc«U£wv ei&tj dg tküt« iav
fir\xixi Siaiioqa, ffft tov löyov Tr)g niaiag. Metaph. B, 3, 998b. 4.: y <T
cxuotov j-dv yvioqll^of.itv diä tiov dqtOfttöv, äq/al dl t« yü'rj rtöv oqiafiiav
doiv, iivuyxr) xtä tüjv öqiOTtov Scq/ag elvtti ra ysvtj (12.) 6 ftlv yao
Xoyog tijg oiotag (ig, ?rtpo? d' (Orai ö diu tiüv ytviSv OQtaiibg xiä 6 Xiytav
1$ üv caxiv IvvnuqxövTiov. Ebencl. Z, 12, 1037 b. 29.: oiälv yäq %t(-
qöv laxiv Iv Ttp~ öotdfiqj nXr)v to t( nntuTov Xtyoutvov yivog xal al diaifOQcä,
tc< (P aXXa ytvrj Ioti to te ngtSrov xtä fxiTci tovtov al avXXafißavöfitvai
äiaif ogat (1038 a. 8.) (pavtQÖv oti 6 öp/ffjudf iaxiv 6 ix Ttov
tfia(TOQ(Sv Xöyog (19.) tfavtQÖv oti ij TsXtmaCa StcupoQn rj oia(u tov
TinayfiaTog earai xal 6 oQia/tög (25.) iav ^r) äiatpoq&g diatfOQa ylvi\-
Tai, fjüt fdTiti r) TtktVTata to (Wog xal r) oiaCa.
702) An. post. a. a. 0. 97 a. 27.: (ig (ff tö xaTtt0Xtvü£ttv bqov diä tiov
äiaiQ(at(uv tqiiöv du aToxafcö&ai tov Xaßfip t« xaTt]yonovfi(va Iv T<ji rt
IV. Aristoteles (definit. Wissen) (Topik). 341
artmachenden Unterschied mehr, oder es ist zusammen mit dem äussersten
Unterschiede sofort identisch mit dem concrelen Dinge 703). Hiebet
muss besonders auf die Aebnlichkeiten und das Unterschiedslose gesehen
werden, ob Solches Allen gemeinsam sei ; und diess Neinliche muss auch
bei den dem Gegenstände der Definition coordinirten Arten geschehen,
bis man zu Einem letzten gelangt ; darum muss man von dem Specielleren
zum Allgemeineren aufsteigen 104), was schon wegen des Umstandes nöthig
ist, weil bei dem Allgemeinen eine blosse Gleichheit der Namensbezeiehnung
bei begrifflicher Verschiedenheit leichler sich versteckt, hinge
gen bei dem Specielleren eher bemerkt wird. Ausserdem versteht es sich
auch von selbst, dass im Sprachausdrucke die erforderliche Deutlichkeit
der Distinction herrschen muss und keine metaphorischen Ausdrucksweisen
statthaft sind 705).
DIE TOPIK.
Die wissenschaftliche Aufgabe der Logik ist gelöst, insoweit aus
dem Standpunkte des unmittelbaren Urtheilens der vom menschlichen
Denken erfassle Begriff sich zum Behufe der Vermittlung hervorgehoben
und diese auch durch den Schluss so actuell erreicht hat, dass er als
dcfinitorisches Wissen des begrifflichen Seins und schöpferischen We
sensbegrilfes der Dinge ausgesprochen wird. y<,t/ . r.«-*-*»*^—^
Und wenn nun Aristoteles mit dieser wissenschaftlich philosophischen
Auffassung der Analytik wieder in jenes Gebiet des Dialektischen zurück
kehrt , aus welchem von den Bestrebungen der Eleaten und Sophisten
an eine so oder so beschaffene logische Theorie sich entwickelt hatte,
so erkennen wir hierin sicher jene verstandesinässige Ueberlegenheit der
aristotelischen Auffassung, durch welche dieselbe ferne von jeder krampf
haften Gereiztheit gerade befähigt war,, auch Gebiete und Bestrebungen,
welche niederer als die eigentliche Speculation selbst stehen, begrifflich
zu untersuchen und von dem ihnen adäquaten Begriffe aus theoretisch
lau, xal t«Ctk Tßfai t( nijioTOV rj StvTtoov, xal Sri Tavxa nuvra. (Ort
Si tovtiov £>' tiqiSiov Sia tov Svrao&ai ägnto 7inbg avftßeßrjxbg avXXoyi-
GtcGitai Sri vnaqyti xal Siä tov yivovg xaTaaxevaOai. tu Si Taiai 10g Sd
farca, luv to mjioTor Xaßiy tovto cT eartti, tc'a1 Xrjiffirj o näaiv äxoXovfrd,
txe(vw Si :ur) ntiVTii , uväyxr\ yao elvat ti toiovtov, Xrjip9-(viog Si tovtov
ffirj Inl Tiäv xaiia 6 airbg Toönog (35.) oti S' anaVTa tcivt«, qctvsobv
Ix tov Xaßdv tu TS nqtaxov xaTa SiaCotaiv, ort anav rj toSs rj toSs
l$ov, v7iccQ%f.i äi t6Sc, xal näXiv tovtov oXov Tr\v Siaifooav.
703) 97 a. 38.: tov Si TtXtviatov iiryxiTi elvai SiaifOQCtv rj xal tid-vg
ftiiä Tr)g TtXtvTiiCug SiatpoQ&s tov auvoXov f.ir) Staiftoeiv dSti tovto.
704) 97 1). 7.: fijrfiV äi Sd imßXinovTu IttI tci o/xoia xal äSiäwoQa,
nowTov il anaVTa tuviov eyovGiv, dra naXiv i<p' STCooig, a ivTavTi^ /uiv
y(vti Ixdvoig, dal Si airoig ftiv raiiTa r&5 eloei, ixdvoiv S' eieoa
(12.) iiug äv dg iv« eX&rj Xoyov, ovTog yao eOTai tov 7it>(28.) Sib Sd anb twv xaS-' exaora Inl tu xad-oXov uatyfTja.ßaaToCgvtOiQvi.Gfiög
705) 97 b. 30. : xal yao al öjxo)Wfiiai Xav&avovGi ftäXXov (v ToTg xa~
ItoXov rj iv Tolg aSiai/ öootg. üigneo Si (v Taig änoSd^eai Sd ro ye ovXXtloyCo&
ui vnÜQytiv, ovTtu xal £v Tolg bnoig xb Oatpis' tovto S' e axat , iäv
tia tiüv xaö' txuGTOv dnrj/ui'viov r] to iv ixaGioi ytvti bf>(£(G&at. ytoolg,
oiov to ofioiov fir) näv tiXXa to tv yj>(äjJ^aGi xal G/rjfxaai (37.) d Si
,ufj SiaXtytaÖui Sd [X£T aif.ooalg , SfjXov on oiiS* OQCfcO&tti ovTt fXtraifoQaig
ofat boa Xfyerai /AtTaqonatg.
342 IV. Aristoteles (Topik).
zu construiren. Aber inhaltlich müsste, nachdem Aristoteles einmal das
Dialektische von dem Apodeiktischen ausgeschieden , die Darstellung der
aristotelischen Logik betreffs jener theoretischen Gestaltung des Dialek
tischen sich eben mit der Angabc begnügen, dass die Rückkehr des
philosophisch logischen Principes in das Gebiet des dialektischen Redens
gerade das Gegenstück des Apodeiktischen und der Analytik bildet, so
zwar dass , wenn nicht etwa auch die ganze Theorie der Rhetorik in
die Untersuchung über die Logik beigezogen werden soll, auch die To
pik gleichfalls ausgeschieden bleiben müsste und nur das Motiv ihrer
Ausscheidung anzugeben wäre, insoferne ja überhaupt wir oben gleich
Anfangs (Anm. 25 — 47) den Unterschied des gesammten Dialektischen
von dem Apodeiktischen entwickeln musslen.
Auch der Umstand, dass die Topik allerdings sich von der Theorie
der Rhetorik noch unterscheidet, indem sie nicht, wie jene, den Zuhörer
als solchen und dessen Gemüthsbewegungen zum Rehufe der Kenntriiss
und Erzeugung der Wahrscheinlichkeit im Auge hat , sondern dass die
Topik nur zum Zwecke der Beweisführung und GegenBeweisführung, also
uj TPtlPrpsag der Praxis dps, Syllngisinn^, erforderliche Gesichtspunkte
erörtert, — auch dieser Umstand könnte uns noch nicht veranlassen,
auf die Darstellung der Topik irgend näher einzugehen; denn das wis
senschaftliche Princip auch der syllogistischen Praxis, welches im Miltelbegriffe
und dessen Verhältniss zum Ober- und Unter- Begriffe beruht,
war, soweit es wissenschaftlich ist, bereits oben zu erörtern. Hingegen
gerade unsere Aufgabe, die Geschichte der Logik zu entwickeln, macht,
es nöthig, dass wir wenigstens angeben, was denn Aristoteles in der
Topik hauptsächlich behandle. Denn wir werden sehen, dass nach Ari
stoteles die philosophische Grundlage der Logik alsbald nicht mehr ver
standen und auch nicht mehr beachtet wurde, sondern die Logik in
ihren ursprünglichen hellenischen Entslehungsgrund zurückfiel, nemlich
in das Gebiet des Dialektischen überhaupt, aus welchem die platonisch
aristotelische Philosophie die in ihm verschütteten speculativen Principien
herausgearbeitet hatte. Die helknjscJi-jntike^Grund^u^
nsjnu_s___und Doctrinarismus aeeeptirte mit Freuden in leichtfertiger Be
quemlichkeit zu ihTenf Zwecke die von Aristoteles gegebenen Erörterun
gen über Begriff und Syllogismus, kjjnnte aber eben zu ihrem Zwecke
nur das äusjejjich Formale brauchen , und liess daher das innerlich
WeselnTiche ruhig seitab- liegen! "So merkten die Rhetoren und Schulf
lehrer der Rhetorik bald, dass in der aristotelischen Topik eben die
| Praxis der Argumentation eine Stütze linde, welche auf den Syllogismus
I zurückführt; und hiedurch kam es, dass man nicht bloss in der Weise
wie Cicero in der Topik bereits die ganze Logik zu besitzen glaubte,
sondern auch im geschichtlichen Verlaufe der logischen Anschauungen
überhaupt an die Topik einerseits die Kategorien - Lehre und hiedurch
mittelbar die Lehre vom Begriffe , andrerseits aber die rhetorische Syl-
; logistik und hiedurch mittelbar die Lehre vom Schlüsse angeknüpft wurde.
Kurz, — wenn ich der geschichtlichen Entwicklung mit dem bestimm
ten Ausdrucke schon vorgreifen soll — , um der Quinque voces willen
muss der Inhalt der aristotelischen Topik der Haupt- Sache nach hier
angegeben werden.
IV. Aristoteles (Topik). 343
Der .Zweck der Topik ist, eine Methode zu geben, nach welcher
für jedes vorgelegte Problem ein Syllogismus aus wahrscheinlichen Prä
missen gebildet werden könne und man bei Begründung seiner eigenen
Ansicht davor gesichert sei, dass man sich nicht selbst in Widersprüche
verwickle; und sowie hier das Motiv des Dialektischen , nemlich das
Wahrscheinliche, inhaltlich als Grundzug auftritt, so beabsichtigt auch
die Form dieser ganzen Erörterung keine begrill'smässige Genauigkeit der
Begründung, sondern nur eine allgemeine Kennlnissnahnie des hieher ge
hörigen nach seinen hauptsächlichen Umrissen 7U0).
Bestandteil aller unserer Begründungen, insoferne dieselben auf
Sätzen und Urtheilen beruhen , und Gegenstand aller syllogistischcn Be
weisführung ist nun entweder die Galtung eines Dinges, mit welcher
auch der artmachendc Unterschied als ein genereller auf gleiche Linie
zu stellen ist, oder das dem Dinge speciell Eigentümliche, oder endlich
das ihm je nach Vorkommniss Zukommende ; das speciell Eigentümliche
aber ist wieder doppelt , nemlich entweder ist es die Definition des
Dinges als die Bezeichnung seines schöpferischen Wesensbcgrifles, oder
es ist ein ihm ausschliesslich zukommendes einzelnes Merkmal 707). So
mit ergeben sich als Gegenstände, auf welche sich diese methodische
Betrachtung der äusseren Praxis des Schliessens erstrecken muss: erstens
die Definition (oQog oder 6(tißji6g), welche ein den schöpferischen WesensbegnU
bezeichnender Salz ist, zweitens das eigentümliche Merkmal
(ü&tov), welches, insoferne es Einem Wesen ausschliesslich zukommt,
ein umkehrbares Urlheil begründet, drittens die Gattung (yivog), welche
als das mehreren der Art nach verschiedenen Wesen zukommende Prüdicat
zum begrifflichen Sein derselben gehört, viertens das je nach Vor
kommniss Zukommende (av^ißeßtjxog) als dasjenige, was keines der vo
rigen drei ist und daher "durch keine begriffliche Notwendigkeit mit
dem Wesen stets verbunden ist, sondern ihm sowohl zukommen als
auch nicht zukommen kann ~n''). Diese sämmtlichen vier Momente, ausscr-
706) Top. I, 1, 100a. 1.: ij /j'ev Tinöhtatg xijg TiQayfiaxtCag [xtilodov ei-
Qfiv, äif' rjg (fvitjoo/ueOa avXXoytCto&ui neot navxbg xov nnoxt&t'vxog tiqoßXrjfiaxog
£| lvS6£iov xa\ avxöl Xbyov vn^oixeg ftrjtfh' toovfitv vntvavxtov
(101a. 19.) xaltöXov d" tlntlv neol nüvxtav xojv tlorjfie'i'iov xtd xtöv
fiEia xaiixa (>r)&>]Oüjj{v<ov Int xoaovxov rjuiv tfitoiiCatiio, ätnii neot oüdevbg
nvTOJV xbv äxoißij Xoyov anoSoiivat nQoatoovfittia , äXX' oaov xvyim ntQt
avxtSv ßovXöfxtä-u äteXihtiv nuvxtXmg Ixavbv i]yovfi(voi. xaxa xr\v nooxti-
[it"vr\v fi(Ooäov to ävvaad-ai yvianC£nv bnmgovv exuaxov civtüv.
707) Ebcnd. 4, 1011). 1].: ngüxov ovv ^eojorjxt'ov Ix xtviov i} /ue'&odog'
et 3rj Xößotfitv nobg nbau xtu noTa xat Ix xlvav ol Xoyoi xiti ntSg xovxtov
tvnoQrjaofitv, fyoifiev ctv Ixavtog xb TiQoxtljxtvav. fori d" aQi&fiiji iaa xat
i« avxä, t$ luv xe ol Xoyoi xat ntQt tov oi avXXoytafioC- ylvovxtu fxiv yäij
ol Xoyoi Ix riSv npoxaattov, nein wv de ol avXXoyta/uoi, in nQoßXrj[i.axd
iori. Titian dt TtQoTttaig xul nüv nQoß).r]fia ij ye"vog rj iSiov rj avfjßeßrjxög
ör\Xot' xtu ytto xr/v fitaifopav tög ovattv ytvixijV b^tov xip yivtt xuxxiov.
Inel cfi xov löiov xö fiiv xC rjV tlvat Or\f>talvei, xb d" ov ar\fialvtt, ätr\qr\a&io
xb idtov eig afiifio xä nQottorjueva fitQX] Xul xaXt(oS-u) xb fiiv xo xl r\v
tlvat Oijfiatvov ooog, xb dt Xotnbv xaxa xx\v -xoivx\v ntot aixiSv anoäo&ti-
Otiv ovo/taalav 7iQogayootv(aD-ii> Yätov.
708) 5, 101 b. 37.: Xtxx(ov de xC ooog, xl tätov, xl yivog, xt aufxßtßx\-
xog. fort ä" OQog fiiv Xöyog b xl rjV etvat ar)jialvtav (102 a. 18.) XStov
d" iaxtv S firi ärjXoi piv xb xi x)V tlvat, ftovoi 6" vnaq/tt xul avxtxaxrj
344 IV. Aristoteles (Topik).
halb deren kein Urtheil oder Satz möglich ist, bewegen sich eben da
rum innerhalb der Kategorien -Bestimmtheit, an welche all unser Aussa
gen geknüpt ist 709). An diese vier aber reiht sich wegen der für jede
Aussage unweigerlich nöthigen Festigkeit noch als ein die Form der
Auffassung und des Aussprechens betreffendes Moment die Jdentitäl (ravrov)
an, vermöge welcher ein Gegenstand selbst wieder nücTT verschie
denen Seiten und Beziehungen hin als der nemliche bezeichnet wird710).
In dieser von Aristoteles selbst an die Spitze der Topik gestellten
vorläufigen Angabe des Inhaltes derselben erkennen wir allerdings sogleich
wieder jene Basis, welche auch von Seiten einer philosophisch speculativen
Auffassung der Logik zu Grunde liegt, nemlich einerseits den schö
pferischen WesensbegrLff, welcher durch den Verwirklichungsprocess des
potenziellen Gattung-Seins in den artmachenden Unterschieden sein actuelles
Dasein erreicht und hierauf als substanzielle Wesenheit der Träger
sowohl der nothwendig an ihn gebundenen Bestimmtheiten als auch der
bloss möglichen Eigenschaften und Zustände ist, und andrerseits jenen
Grundzug der festen und sicheren Bestimmtheit der Aussage überhaupt,
welchen Jeder zum Wissen bereits mitbringen muss; aber die Behandlung
dieser Gegenstände in der Topik gehl hier, wo es sich um das Gebiet
des Wahrscheinlichen und der äusseren Vielheit der dialektischen Rede
handelt, auf jenen inneren Zusammenhang nicht ein, sondern indem dieser
und die gesammte begrifi'smässige Construction und Erörterung jener Mo
mente einem anderen Zweige des Wissens, nemlich der Apodeiktik oder
Analytik, anheim fällt, gehen hier jene Hauptgruppen der Betrachtungs-
Gegenstände auch ätussgrlich neben- und hinter- einander her (darum em
pfahl sich wegen dieser Aeusserlichkeit auch die Topik dem späteren Schul
betriebe so sehr); und es werden bei jeder einzelnen derselben eine
Menge Qes^chjjnunkte (rÖTtoi) bemerklich gemacht und selbst ohne be
stimmte begriffliche Abfolge aufgezählt, nach welchen wir bei der Bildung
von Schlüssen sowohl uns selbst vor dc£_Tjmschung bewahren, welche^
4urch die Mannigfaltigkeit des äusseren Seins uud__des äusseren Sprach-
^jicbatzes.,enlslchen kamV^Is™aiich~JäVTörIiahclensein elneTTüleh^irfluschung
in den von "einem Gegner vorgebrachten Beweisen erkennen und
in unserer Widerlegung aufzeigen können ; so tlass hier nur die RückyoQtlrai
rov nQayfiarog (31.) yevog <J" lözl rb xara nXeiövmv xal
äiccqiQovTüiv tü~) elfiti tv ry r( lari xarrjyoQovfxivov (b. 4.) avfißtß>]
xös eff toxiv o fxrjäiv riäv rovriov iarl, fir]rt oQog fiyri Xiiov /*rjre y(-
vog, vnttQxti rw nyäyfiari , xal o Ivifyerai vnäo%tiv brtpoiv evl xal
TijJ uvtm xal fiij vnaQ/it)'.
709) 8, 103b. 2.: ori (!" ix rüv nQÖrtQov elyrifitvwv oi Xoyoi xal Sia
rovrtov xal TTQÖg raira, (ita /jtlv niartg r) ita rr]s inaytayfjg (6.) alXr)
Si niarig r) Sia avkkoyiOfiov. 9, 103 b. 20.: fiträ rolvvv raira Sei Sioqi'-
naofrai rä y(vr\ rtäv xarr\yoQimv, Iv oig vnao/ovOiv al Qrj&eiGai rtrragtg'
elal Si ravra rbv uoi&fiöv S(xa, rt Ion, noaev, tioiov, nqög ri, nov,
nori, xito&ai, e/eiv, noiiiv, näo/eiv. äel yctQ rb ov/jß(ßr)xdg xal rb yivog
xal rb XSiov xal 6 ÖQiO/xög rovriov TtSv xarr/yo^iäv iarai' naoai
yan al Sia rovriov nporäotig ij rt toriv f) noibv /j noabv rj rtäv akkiov
nvä xartjyoniüv ar\fialvovaiV .
710) 1, 103 a. 6.: noiorov Se navriov ntnl ravroii Siogiifrtov, noaa/üg
kiytrai' S6£tit S' av rb ravrbv iog rvnip kaßtiv roi/y Siai(>eiO&af tt(>iihuM
yaQ rj tlSti ri yivti rb ravrbv eliöfhaftev nnogayonivtiv.
IV. Aristoteles (Topik).
sieht auf. den äusseren Zweck Apr Rnwejsfjifrriinfl wglte'i und dalier auch
erklärlicher Weise viellacTiTrwagungen beigezogen werden müssen, welche
lediglich einer sprachlichen und selbst bloss grammatischen Distinction
anheim fallen.
In solcher Weise wird zunächst festgestellt, welche Sätze und Pro
bleme überhaupt der auf das Wahrscheinliche gerichteten Dialektik ange
hören und in Bezug auf die Praxis des Dialektischen als disputabel be
trachtet werden können (I, 10 f.), und hierauf, nachdem auch für dieses
Gebiet Induction und Syllogismus als die zwei möglichen Beweismittel
bezeichnet werden (I, 12), wird angegeben, dass wir als „Werkzeuge"
— ogyccvct — 7n) für die dialektischen Syllogismen folgende vier Punkte
besitzen : erstens das Ergreifen und Auffinden der Prämissen , zweitens
die Unterscheidung einer vorliegenden Vieldeutigkeit des Sprachausdruckes
und Unterscheidung der verschiedenen Kategorien-Bestimmtheiten, drittens
das Auffinden der Galtungs- und Art-Unterschiede, viertens das Auffinden
der Aehnlichkeiten bei verschiedenen Gattungen (I, 13 — 18). Sodann
folgen die obigen Hauptgegenslände der Topik, und zwar zuerst die Auf
zählung der Gesichtspunkte betreffs des je nach Vorkommniss Zukom
menden (II, 1 — 11), welches noch insbesondere in Beziehungen er
wogen wird, welche ganz besonders der praktischen Rhetorik nahe lie
gen (III, 1 — 6); sodann die Gesichtspunkte betreffs der Gattung (IV,
1 — 6) , hierauf jene betreffs der eigenthümlichen nothwendigen Merk
male (V, 1 —9), dann jene betreffs der Definition (VI, 1 — 14), und
endlich jene betreffs der Identität, welche namentlich in nähere Beziehung
zur Definition gebracht wird (VII, 1 — 5).
Hierauf wird die Form der dialektischen Argumentation selbst näher
untersucht, insoferne es bei derselben vielfach auf die äussere Anordnung
711) 13, 105a. 20.: rä /xtv ovv y£vr\ ntql uiv re ol Xöyoi xal 1$ <ov,
xa&äntQ ifinqoa&tv eTorjrai, fiicooCa&a)' i« fi' opyaya fii' lav evTlOQrjoofiev
tiSv avXXoyiO/ntbv toxi zixraQcf Hv piv to 7iQoraOtig Xaßuv, fisvzeQov fik
Troda/tSs exaorov Xiytrai fivvao&ai fiieXslv, toCtov rag fiiatpoqag tvQilv,
■cfrttQzov fie r\ tov bftoCov oxtijjig. In Folge dieser Stelle konnte ja selbst die
Logik als ein Werkzeug (jutfutittw) d,e,r (|i?1''^tisch -- rhetorischen Argumentation her
zeichnet werden, denn in diesen hier aufgezählten vier Wcrkzeugenhegf rsow'öTi:l der
nialerielle Keichlhum der Urtheile, als auch die Distinction der Kategorien (15,
106a. 2.: to* fii noaayäg TiQayfjiaTevTfov y.r\ fxovov Soa Xtyeiai xaO-' trtpo>>
tqotiov (6.) aXX' oti xal ra fA.tv Ttji avree noia riva elvai , ra fik
Tai noirjTixä nvog xal ov Tip nota avxa riva elvai , (bgavrwg fii xal inl
itäv aXX<ov) und die Erwägung der Gattung und artmachenden Unterschiede; und
namentlich ist es ja, wie wir sehen werden, die an die Quinque voces sich an
schliessende Lehre vom Begriffe, welche fast ausschliesslich von denjenigen tractirt
wird, welche am meisten dafür schwärmen, dass die Logik bloss Organon und
Nichts weiter sei. Eine hiemit verwandte Stelle ist ebend. II, 104b. 1.: nQoßXrjjia
fi' lajl fiiaXexnxbv S-ttÖQrjfxa rb avvreivov rj nqbg a'iqeOiv xal tfvyr\v rj
Jipöj aXrj&uav xal yväGiv rj airb rj wg ovveQybv nnog ri 'henov tcov toiovtiov
evia jj.lv yäg twv nQoßXrj/iaTWV %Qrjöifiov elfitvai nqbg rb
(Xto&ai rj q vytiy, oiov nörtnov rj rjfiovi) aiQerbv rj ov , fvia äe TtQog tb
tli()ai fiovov, oiov tiotiqov b xoOfiog ä'ifiiog rj ov, (via fit avrä ftiv xa&'
uvia nQbg obfiertgov tovtiov, ovvcnyä fii (an ngög tiva rtiüv zoiovtidv,
noXXä yao avra /uiv xa&' uvra ob ßovX6[il&a yvaiQigeiv, htotov fi' 'ivtxa,
bntog fiiä rovrav aXXo n yvwolowf/sv. Und dass hieran allen Ernstes sieh die
Annahme knüpfte, dass die Logik Werkzeug sei, werden wir unten, Ahschn. IX,
Anm. 4 ff., sehen.
5
3|6 IV. Aristoteles (Topik).
der Sätze ankömmt (VIII, 1), und auch Induction und Syllogismus eine
verschiedene äussere Wirkung besitzen (VIII, 2) , sowie überhaupt die
ersten Ausgangspunkte von besonderer Bedeutung sind (c. 3) ; hieran
schliesst sich eine Erörterung betreffs des Fragens und Antvvorlens an
(c. 4 — 9), worauf die äussere dialektische Lösung falscher Syllogismen
(c. 10) mit Beiziehung des gegen den Gegner ausgesprochenen Tadels
(c. 11) folgt, woran sich Bemerkungen über Deutlichkeit und Irrthümlichkeit
der Schlüsse überhaupt anreihen (c. 12); die dialektische Geltung
des Erschleichens des Ausgangspunktes, der sog. pelilio prineipii (c. 13)
und der Umkehrung der Syllogismen (c. 14) bilden den Schluss dieser
Erörterungen.
Das Buch Soph. Elenchi endlich schliesst sich innigst an das zuletzt
Angegebene an; sein Gegenstand ist die agonistische Rede (c. 2), in
welcher entweder eine Widerlegung oder ein Nachweis des Falschen
oder ein Paradoxon oder Solökismus oder Tautologie beabsichtigt wird
(c. 3). Die Widerlegung bezieht sicli entweder auf den Sprachausdruck,
insoferne Homonymes oder Amphibolie oder Zusammensetzung oder Tren
nung der Worte oder Prosodie oder eine Bedefigur ihr Gegenstand ist
(c. 4), oder sie bezieht sich, abgesehen vom sprachlichen Ausdrucke,
auf inhaltliche Momente , insoferne sie sich entweder in dem bloss je
nach Vorkommniss Bestehenden oder in Mangel an Unterscheidung der
Kategorien • Bestimmtheit oder in einer Unkenntniss des syllogistisehen
Verfahrens, sog. ignoratio elenchi, oder in Erschleichung des Ausgangs
punktes oder in einer Umkehrung oder falscher Angabe des Causalnexus
oder in Vermengung mehrerer Fragen bewegt (c. 5) , was sich eigent
lich sämmtlich auf das eine hievon, nemlich auf die Unkenntniss des
syllogistisehen Verfahrens reducirt (c. 6 f.) ; eben hieraus folgen auch
die sophistischen Widerlegungen selbst, insoferne sie gegen das Form-Priueip
des Dialektischen Verstössen (c. 8 f.); man darf nemlich die Beweis
führungen nicht so eintheilen, dass die einen auf das Wort und die an
deren auf den Sinn gerichtet seien, sondern die Ursache der sophisti
schen Widerlegungen liegt entweder im Syllogismus oder im Wider
spruche oder in beiden zugleich (c. 10), und es ist die Stufenfolge von
der untersuchenden Bede bis hinab zur eristischen zu beachten (c. 11).
Nachdem dann hierauf erörtert ist, was die übrigen der obigen Mo
mente seien, nemlich was der Nachweis des Falschen und was das Pa
radoxon (c. 12), was die Tautologie (c. 13), und was der Solökismus
(c. 14), und ausserdem, wie es sich mit dem Fragen und Antworten
verhalte (c. 14 f.), folgt die Angahe praktischer Vorschriften zum Bebul'e
der Lösung sophistischer Widerlegungen in Bezug auf ihre obigen ver
schiedenen Formen (c. 17 — 32), und allgemeine Bemerkungen über
Schwierigkeit oder Leichtigkeit der Lösung sowie über die dialektische
Metbode des Bechenschaftgebens überhaupt und über den Mangel einer
logischen Theorie in der voraristotelischen Zeit bilden den Schluss die
ser der Dialektik gewidmeten Untersuchungen.
V. ABSCHNITT.
DIE AELTEREN PERIPATETIKER.
Die nächsten Nachfolger des Aristoteles stehen am Anfange jenes
zweiten Thciles der antiken Kulturgeschichte, welcher in allen Bezieh
ungen den Mangel einer wahren Produktivität als wesentlichstes Merkmal
an sich trägt. Die durchgehende Neigung des Griechentkumes zum Theoretisiren
wird hiedurch, je weniger sie von einem einheitlichen originellen
Grundgedanken gelragen ist, um so eigensinniger und particulärer; ein
förmlich constituirtes Schulen - Wesen wird nun auch darum in viel
höherem Grade ein Lebens-Element, weil der frühere politische Wirkungs
kreis des rhetorischen Doctrinarismus von der niacedonischen Zeil an
verschwunden war. Und wenn schon bei Aristoteles die Kluft zwischen
Theorie #uud Praxis in der Lobpreisung des Lebens des Theoretikers
fühlbar genug hervortritt, so wird nunmehr auch faclisch dem äusseren
Leben gegenüber die Selbstbefriedigung in der Theorie gesucht und
gefunden; ja für den Einzelnen gestaltet sich biebei die Ansicht, dass
derjenige, welcher eine andere theoretische Anschauungsweise hat, auch
gar nicht richtig und gut leben könne , und nur in dem Sinne einer
solchen Alleinseligmachungslehre darf es verstanden werden , wenn ge
wöhnlich gesagt wird, nach Aristoteles in den Sekten sei die griechische
Philosophie eine praktische geworden ; ferner aber auch betrachtet der
jenige, welcher irgend einer theoretischen Lebens-Ueherzeugung huldigt,
die ganze Zahl Jener, welche zur Theorie sich nicht erheben, als gar
nicht ebenbürtig; und sowie sich mit diesem Gegensätze zwischen den
„Weisen" und dem „unwissenden Pöbel" die Philosophie einerseits dem
wahren Volksleben und seinen Aeusscrungen gänzlich entfremdet und in
die Schule sich zurückzieht, so erwächst andrerseits eine wahrhaft
schauerliche Menge von „Philosophen", denn bald gibt es fast so viele
Philosophen, als Schulmeister sind, was nur die Erscheinung des be
kannten Grundsatzes ist , dass mit der Abnahme der Inlension die Zu
nahme der Extension, und umgekehrt, verbunden ist. Diese beiden Grund
züge aber, neinlich die Intoleranz gegen Andersgesinnte und der Doctri
narismus der Wissenden den Laien gegenüber, erhalten sich, sowie sie
in der antiken Kultur entstanden sind, auch als formelle Macht für die
Verbreitung und Verarbeitung des nach -antiken Ideenkreises in der
abendländischen Kulturgeschichte.
Im Gefolge der einreissenden Schul - Manier aber stellen sich be
sonders zwei Erscheinungen ein: erstens eine Art Arbeitstheilung , —
348 V. Die älteren Peripatetiker.
allerdings nicht in dem Sinne jener anspruchlosen Emsigkeit, welche in
dein bescheidenen Bewusstsein , den ganzen Umfang des empirischen
Wissens doch nicht umfassen zu können, in stiller Abgeschlossenheit
irgend einen einzelnen Zweig bis in seine feinsten Wurzeln verfolgt, —
sondern hier sind es im Zusammenhange mit den Gruudeigenschaften
des griechischen Geistes der bequeme Leichtsinn des doclrinären Abscliliessens
und die Eitelkeit des Selbstbefriedigung suchenden Hanges,
welche den Betrieb der einzelnen empirischen Wissenschaften begründen,
wobei es jedoch an allem wahren Forschungstriebe, welcher ja doch
überall nur mit eigenen Augen sehen will, insoferne gänzlich gebricht,
als nur die litterarischen Producte Anderer zur Grundlage genominen,
nach Umständen erweitert oder excerpirt, jedenfalls aber nach vorgefassten
theoretischen Ansichten zur doclrinären Abschachtelung beniitzt wer
den, wobei das Dociren einer fertigen Conslruclion und das Zurschautragen
einer zugespitzten Büchergelehrsamkeit selbst bei den Besten den
Sinn für objective Forschung trüben. Sowie aber durch die Schulein
richtungen (z. Ii» in Alexandria) der Betrieb einzelner Disciplinen äusserlich
zum parlicularen Lebens - Interesse geworden war , so wirkt auch
innerlich hier die Arbeitslheilung zum gänzlichen Verluste des Gefühles
einer Zusammengehörigkeit aller Disciplinen , und es zerbröckeln sich
die Haupt -Theile der Philosophie selbst (nemlich Logik, Physik, Ethik),
welche Aristoteles während und.jie.hea-ihtsr--JIliterscheidung durch das
~Eine Tn äTIen festgehaltene Princip des Uebergangci" "von" Potenz zum
^ Actus" Innigst verbunden haüej nun zu mehreren nebeneinander herlau--
lenJIen "Zweigen, für deren jeden jetzt ein eigenes Princip an die Spitze
gepflanzt wird; und die Arbeit des Geistes liegt dann bei solcher Theilung
derselben gerade nicht mehr in der Bewahrung der höheren wahr
haft philosophischen Einheit, sondern in Aufwendung des Detail - Scharf
sinnes auf eine förmliche Casuistik aller einzelnen Möglichkeiten von
Fällen und Erwägungen, kurz die zersplitterte Vielheit tritt als Hinderniss
der Tiefe und als Förderung der subjectiven Eitelkeit auf. Die
zweite Eigenschaft aber, welche einem derartigen Schulbetriebe der Wis
senschaft anklebt, beruht darin, dass eine wahre Sucht nach dem Hand
greiflichen, dem in die Augen Springenden, oder selbst dem Piquanten
sich bemerklich macht; es lehrt und lernt sich Solches ja leichter; das
Piquante , wie es in der Merkwürdigkeitskrämerei der ganzen nach -ari
stotelischen Naturkunde erscheint, wirkt sinnenreizend auf das Gedächtniss
und geht leicht, mit den gehörigen Zusätzen vermehrt, von Hand
zu Hand; das Handgreifliche aber kann selbst von dem Einfältigen ohne
Mühe auswendig gelernt werden, und wenn noch überdiess einige prak
tische Verfahrungsregeln beigefügt sind, so kann ein Jeder ohne wis
senschaftlichen Trieb, geschweige denn philosophisohen Sinn, zu be
sitzen, mit der Kenntniss der zehn Kategorien und der vierzehn Schluss
modi ein Schulmeister im Fach der Philosophie werden.
So sind auch für die Logik diese beiden kulturgeschichtlichen Er
scheinungen der nach - aristotelischen Zeit, — nemlich einerseits die
Loslrennung der Logik von jenem Verbände , in welchem sie bei Ari
stoteles mit der Philosophie überhaupt steht, zugleich mit der Virtuosität
eines particulären Scharfsinnes, und andrerseits die Hervorhebung der
V. Die älteren Peripatetiker. 349
handgreiflichen, zur Entstehung eines Katechismus geeigneten, Theile, —
der nächste Anlass des Ueherganges von _ der aristotelischen Logik zur
sfontialen Logik des Mittelalters'.'" "Ks liegen die ersten KiMnie~7Ie7 feanzen
Entartung der Logik entschieden hier in jeder Beziehung schon vor.
Die Ueberlieferung bei den Autoren des späteren Alterthumes, be
sonders bei den Commentatoren der aristotelischen Schriften, bietet uns
in Betreff der ersten Peripatetiker, des Theophraslus und Eudemus, ein
zwar vereinzeltes, aber doch hinreichendes Material dar, um die Ab
weichungen der logischen Theorie derselben von den aristotelischen
Grundsätzen erkennen zu können, da wir aus der Bchandlungsweise
mancher Einzelnhciten mit Nolhwendigkeit und Sicherheit auf die des
Ganzen schliessen müssen, wenn wir auch nicht mehr im Stande sind,
letzteres vollständig aus den Fragmenten herzustellen; hingegen müssen
wir darauf verzichten , einen wesentlichen Unterschied zwischen der
Logik des Theophraslus und jener des Eudemus aufzufinden , da gerade
bei den hauptsächlichsten Punkten beide in der Ueberlieferung neben
einander genannt werden. Beide verhielten sich zur logischen Theorie
ihres Lehrers mehr nur commenlirend, und waren mehr auf Erweiterung
und Ausbeutung derselben bedacht, als dass sie eine selbstständige Grundüberzeugung
über Wesen und Bedeutung der Logik gehabt hätten ; daher
liegen auch die Unterschiede zwischen ihrer und der aristotelischen
Lehre eigentlich nur in einer ihnen selbst unhewussten Schwäche der
philosophischen Anschauung betreffs einer einheitlichen Systematik des
Wissens , und etwa eine förmliche Polemik gegen Aristoteles erscheint
nur bei ganz vereinzelten Nebenpunkten , wo ein vermeintlich oder
wirklich grösserer Scharfsinn eine andere Fassung oder Vervollständigung
eines Lehrsatzes zu fordern schien. In diesem vorwaltenden Schüler-
Verhältnisse, in welchem die Peripatetiker gegen die Lehre des Aristo
teles verharrten und dieselbe nur erweiternd und erklärend fortpflanzten,
liegt es auch begründet, dass innerhalb der peripatetischen Schule keine
grossen Differenzen betreffs der Logik auftraten ein Umstand, welcher
noch in der Opposition des Alexander Aphrod. und anderer Commenta
toren gegen die stoische Logik erscheint und für eine gewisse schulmässige
Reinheit der logischen Katechismen im Anfange des Mittelalters
günstig wirkt (s. unten Abschn. IX u. XI.). Theophraslus und Eudemus
scheinen iii ihren logischen Schriften völlig nach Art der Commentatoren
auch dem Verlaufe und der Reihenfolge der aristotelischen genau gefolgt
zu sein 2). In Betreff der logischen Schriften des Theophraslus finden
1) Galen, d. propr. libr. 1], XIX, p. 41. ed. Kühn: AXlr]Xoig fiiv Xfyio äia-
(ftyfafrai rovg (filoOotfovg li> ri; Xoyixrj 9iu>!>Cc( roiig IleQincarjTixovf re
xal Xtioixovg xtd ID.ciTwi'ixovg' iavriöv dt nukiv iäCct rovg xceft' ixaaxr\v
uiiioV [iixqu /liiv Sr] niog lariv tj nciQu roig IliQiTiarrjTixolg Siaifiavta,
fieydlrj rff nuoa Tolg XTiaixolg xcä Ilkiiriovixoig.
2) Natürlich so , wie sie eben die Werke ihres Lehrers aus erster Hand und
unzweifelhaft in der von jenem selbst ausgehenden Anordnung vor sich hatten. Von
einer Voranstellung der Kategorien und einem Uebcrgange von diesen durch die
Lehre vom Satze (n. 'Ea/iriv.) zur Analytik, wie wir eine solche Reihenfolge später
bei den Stoikern entstehen und dann aus theoretisch - pädagogischen Gründen fort
bestehen sehen werden (s. unten, Abschn. VI, Anm. 55. u. Abschn. IX, Anm. 2—9.),
findet sich hier noch durchaus keine sichere Spur.
350 V. Die älteren Peripatetiker.
wir ausser den zweifelhaften nur bei Amraonius und David genannten
Büchern Kctvriyoqicti und liegt 'Egfirjvetcig 3) noch eine grosse Anzahl
anderer in dem planlosen Verzeichnisse hei Diogenes Laert. V, 2, 42—50,
dessen Angaben theilweise auch anderweitig bestätigt werden: Ilsgl nct-
Tacpüaecog xal ctTtoqxxGscog et 4). Ilgoirtov ngorctGECOV trj . liegt roi
tyevdo(i.ivov y r'). Hegt Xe^ecog a 6). Tlegt Ttqo&eGecog xal Striyr^iazog.
/Iiatgiaetg ß'. IIeqI tcov Stctcpogoiv a 7). AtogtGjicöv y. Ilgog tovg
OQiGjiovg ct. 'AvaXvztxoZv ngoxegcov y s). 'AvaXvztx&v vGzegwv £ 9).
'AvaXvztxmv imxo\ir[ ct. TLveg oi zgönot zov inLGzuG&at. Ilegl Grjfietcov
et lu). Ilegl avaXvGecog GvXXoytG{iäv a. Ilegl GvXXoytGficZv Xv-
Gecog ct. AvGetg ct. 'Avrjyjievcov zoncav ß' liegt xgtGecog GvXXo-
3) Amnion, ad Caleg. f. 9 b.: xtä yag /.ict&TjTcu avrov (sc. IdgiGTOTeXovg)
Evär]jxog xal 'PavCag xal OeötfQaGTog xctra (rjXov tov SiüaaxäXov yeygctt/
rjxaai KaTijyogi'ag xal ntql 'Eg/xr/vtiag xcä stixtXvTtxrjV. David prolcgg. ad
I'orph, Isag. Brandis Scholia p. 18 a. 34.: eygaifx yäg xal &e6q?gaOTog xal
Eiiärj^iog mql KarrjyoQiojv xaxa jiifxrjGiv tov oixtCov fiiäaoxakov. Die Notiz
ist an sich ebenso vag als schulmässig ; namentlich aber steht in Betreff einer
Schrift Kairiyoqlai das Stillschweigen des Simplicius entgegen, worauf schon Brandis
im Rhein. Mus. 1827., S. 270. hingewiesen hat.
4) Dem Inhalte nach ist diese Schrift (ein bei Uiog. L. noch eigens genanntes
Buch neql anotfaattog scheint eine fehlerhafte Verdopplung des Einen Werkes)
wohl sicher identisch mit der oben genannten neql 'Eqfitji'tiag; sie wird bei
Alex. Aphr. am häufigsten erwähnt und wurde sowohl von Galcnus (Co/, d. propr.
libr. 11, XIX, p. 42. ed. Kühn) als auch von Porphyrius commentirt. Boelh. ad
Ar. d. inlerpr. p. 291. (ed. Basil. 1570.): et Theophrastus quidem in eo libro,
quem de afßrmalione et negatione composuit, de enunciativa oratione tractavit.
5) s. unten h. Anm. 90.
6) Auch bei Dion. Hai. d. comp. verb. p. 212. Seliaef. erwähnt, und in Be
tracht des Inhaltes der gleichnamigen Eudemischen Schrift (s. unten Anm. 15.) wohl
ebensowohl logischen als rhetorischen Inhaltes. Vielleicht schloss sich hieran die
mehr grammatische Schrift Jleol TtSv toC Xöyov GTOi/eCtov (s. unten Anm. 22.) an.
7) Obwohl die Betrachtung des logischen Unterschiedes bei Theophr. in dessen
Theorie eine Bolle spielt (s. unten Anm. 82. u. 85.), so wäre es doch möglich,
dass diese von Diog. angeführte Schrift identisch mit jener bei Athen. VII, p. 317 F.
erwähnten neql tojv xutü Tonovg Siattoqiav, und mithin naturwissenschaftlichen
Inhaltes wäre.
8) Auch bei Simpl. d. Coel. f. 137 b. und öfters bei Alex. Aphr. erwähnt, auch
b. Suid. s. v. @eoqq.
9) Auch b. Suid. a. a. O. und b. Galen, d. Hipp, et Plal. II, 2, V,; p. 213 K. :
yeyquqSai öi Xfyto imiq «irij? (sc. Trjg äittXexTixrjg fie&ödov) IcqiGia tot«
naXaioig (piXoootpotg rotg neql Gtötf qaorov ts xal liqiOTOTe'XrjV xarä tojv
äevTe'qwv avaXvTixtüv ßißXCtav. aus welch letzterer Stelle wir sehen, dass diese
aristotelische Bezeichnung und Abtheilung der eigentlich logischen Bücher in der peripatetischen
Schule völlig üblich geworden war.
10) Die erslere dieser beiden Schriften war dem Inhalte nach wohl verwandt
mit Arist. Anal. post. II, 19., sowie die letztere, wenn sie nicht zur Rhetorik ge
hört, vielleicht jene Bedeutung des Griftelov behandelte, welche Arist. ebend. c. 17,
u. An. pr. II, 27. betreffs der Lösung der Probleme erwähnt. Ob die Notiz beim
Anonym, ad Anal. post. f. 113a. (b. Philop. ad An. post. Venetiis 1524.) Gfötrqa-
GTog ä( xal Inqay/xctTevGaTO neql Tr\g Gvvayojyi^g tojv öftoimv nqoßXripatojv
von einer eigenen Schrift oder nur von jenem Abschnitte der zweiten Analytik,
welcher den Kapp. 14—18. in An. post. II. entsprach, zu verstehen sei, lässt sich
wohl schwer entscheiden.
11) Dass von diesen vier letztgenannten bei Diog. aufgeführtes Titeln die ersten
drei Eine und dieselbe Schrift tiezeichnen, ist mehr als wahrscheinlich; dass hin
gegen die HvaXvaeig verschieden waren von den Hvrjy/.te'i>oi TÖnoi , bezeugt Alex.
V. Die alleren Peripateliker. 351
ytöftwv ct. 'OauSrixa fiEOi Xeimg ßvlkoyißfiäv. Ta nqb rmv xonav a.
Tomxäv 12). 'Aycovißuxov rijg neol rovg £Qi6rixovg Xoyovg &ea>{>tag.
2o<piG\iüz(av ß' is). &iaeig xr5' '*). Von den Werken des Eudemus
gehörten, um von der so eben (Anm. 3) besprochenen Notiz bei Amnio
nitis und David abzusehen, dein Gebiete der Logik zunächst dessen 'Ava-
Xvzixa an lr>), dann aber besonders die Schrift TltoX ke^ecog 10), in wel
cher er die grammatischen und logischen Functionen des Satzes behan
delte; sie bestand aus zwei Büchern, deren erstes Galenits commentirte 1T).
Der Freund des Theophrastus, Phanias, wird ausser in der oben, Anm.
3, angeführten Stelle nirgends mehr in Bezug auf Logik genannt; seine
Thätigkeit lag mehr auf dem Gebiete der Geschichte und Naturforschung.
Dass aber selbst Slraton, dessen materialistische Richtung in besonderer
Hervorhebung der Physik bekannt genug ist, den logischen Untersuchun
gen nicht gänzlich fern stand, werden wir unten, Anm. 39 u. 78, sehen 1H).
Versuchen wir es, uns an den Gang der Entwicklung, welchen wir
für die aristotelische Logik einschlugen , zu halten , so begegnen wir
zunächst auch bei Tbeopbrast jenem Grundgegensatze, welcher zwischen
der dialektischen Rede oder Begründung und der apodeiktischen Rede
oder Begründung besteht; nur scheint, wenn die Aussage der Bcfichterad
Anal. pr. f. 140a. (ed. Flor.): ou Tctvtbv äe iariv ävdyeiv re Xöyovg elg
ia O/rjuctra, ojg eyet tu @eo<fod0Tov ävo ro iniynacfofieva „Avnyfxivoiv
Xoyiov elg ta ayt'ificaa" (es ist wohl auch bei Diog. zu schreiben Avr\y iiivtav
Xöyojv), xal [te'thoäov vnoygü\\)ai dV rjg ndvra r« nnoßXij/jaTa äraXveiv xal
ävdyeiv <Svvr]a6[i(d(C 6 iiev yuQ rrjv fi£!)oöov tov dvdyeiv xal rr^v tniöirjfiijv
eyo>v oiög 7f Ion xal rovg /uijnio yviooCfiovg aväyeiv, 6 dY rivag iyuyv
avt/y/tirovs rovrovg av avdyoi ptövovg (og av tymv jriQrjdiv avidriov dXX'
ovx iniarrj/inV vnoyQWpei (ff rrjv aiirjV TavTtjV jie'ftoäov xtd 0{ dr/ naarog
tv Tip iniyQatf Ofi^vtp nenl XvaXvoeiog OvXXoyiOutSv. Uebrigens müssen diese
beiden Schriften nur eine ausfuhrlichere Erörterung des hei Arist. Anal. pr. I,
32 —46. Gesagten gewesen sein.
12) Auel] bei Simpl. ad Categ. f. 105 A. und mehrmals bei Alex, erwähnt.
Kl) Diese letzteren beiden entsprachen wohl dem letzten Abschnitte der ari
stotelischen Topik, d. h. den ZotfuOTixol "EXeyyoi.
14) Diog. erwähnt zweimal Qe'afig, einmal xS' und das andere 'Mal y' . Alex,
ad Top. p. Iii.: öe'aetög Tivug refteiang elg raurnv yvfivdfavTeg utiziäv ro
ngng rag ImyeiorjOeig evQtitxov lne%eCoovv (sc. ol dnyawi) xaraaxevdioVTe'g
rf xal avuaxevdwVTeg dV iväofiov rö xe(fievov xal eari ßißUct tokwtk
Anarroze'Xei re xeä Geoipodortf) yeyottfifi(va eyovxa rrjv elg t« ävrixeiueva
dV h'Söiiov Intyeionaiv. Theo l'rogymn. 2, I, p. 105. Wal:.: nanadeCy/iaTa
äk lyg tu>v D-e'oecüV yuuvaoi'ag Xaßeiv eari nana re AniOTore'Xovg xal Geoifodarov
noXXd ydn iaxiv aviäv ßißXCa Giaeiav irnygatfofteva. Auch Athen.
IV, p. 130 U. erwähnt sie.
15) Alex, ad Top. p. 70.: ort rff otxewregov ro> SiakexrixiT) ro dvaaxevüZetv
tov xaTaaxevdteiv, (>> tm nnahto xöiv iTuyoatpofit'vtov Evärj/ieCmv
AvuXvuxmv (Iniygdif trat di avro xal Evör/fiov vneg tiSv AvaXvTixwv)
ovTtog Xiytrai, bri xxX.
16) Alex, ad Metaph. p. 63, 15. ed. Bonilz. Alex, ad Top. p. 38. Alex, ad
An. pr. f. 7 h. ed. Flor. Brand. Schol. p. 146 a. 25. In Betreff einer Stelle b. Galen.
7T. T. nana r. Xtiiv (JoifiOfi. s. unten Anm. 92.
17) II. t. iäCmv ßtßX. 11, XIX, p. 42. ed. Kühn.
18) Von den bei Diog. L. V, 3. erwähnten Schriften des Slraton dürflen hieber
gehören: Tontov jTQonluia , Ilenl roxi aii/jßeßrjxoing , ITeQi rov oqou , Jfegl
tov iiaXXov xal rjTtov, ffenl rov TTQOze'Qov xal vdre'Qov, Ifenl tov nnorenov
yivovg, ffenl rov td'Cov.
352 V. Die älteren Peripateliker.
statter19) wörtlich zu nehmen ist, bereits hier die von Aristoteles gefor
derte Erhebung des Dialektischen zuiii^pgdjejkJischen zu wenig berücksichtigt
und daher eine schroffe schuhnässige Abtheilung des Xoyog in
zwei Arten in der Weise sich einzustellen , dass die eine ein Verhältniss
zu Personen habe und die Lüge gar nicht ausschliesse, während
die andere ein Verhältniss zu den Dingen habe und da dann nur die
Wahrheit bezwecke, sowie andrerseits die Sache dis Ansehen hat, als
trete bei dem Apodeiktischen schon sehr stark die bloss factisch empi
rische „Belehrung" über die Dinge an Stelle der begrifflichen Forschung
über das Wesen (s. unten, Abschn. IX, Anm. 10 u. 49f., Abschn. XI,
Anm. 143 ft".).
Jene Bedeutung nun, welche die Lehre vom Urlheile darin hat,
dass sie eine nothwendige Vorbereitung zur Syllogistik ist, musste bei
dem allgemeinen Bestreben, die ganze Möglichkeit aller Fälle zu erschö
pfen, dazu führen, dass auch in Betreff des Salzes alle möglichen Be
trachtungsweisen angestellt wurden und derselbe hiedurch für die Theo
rie in eine mehr selbstständige Stellung gcrieth, bei welcher seine eigent
lich logische Function gegen die grammatische zurückzutreten anling. So
rührt wahrscheinlich schon von Theoprast jene etwas spitzfindige Unter
scheidung zwischen Urtheil (anocpcevoig) und Prämisse (TtQÖraaig) her,
gemäss welcher ein Satz bei gleichem materiellen Inhalte einerseits ein
Urtheil heisse, insoferne er entweder wahr oder falsch ist, und andrer
seits eine Prämisse, insoferne er entweder bejahend oder verneinend
ist, so dass also hier, während bei Aristoteles jede unöcpuvGig , sobald
sie Bestandteil eines Syllogismus ist, nooraaig heisst, das Hauptgewicht
auf die sog. Qualität der Prämisse, nemlich auf jene Form des Bejahen
den oder Verneinenden gelegt ist, welche neben der Quantität der Ur
lheile für die Hegeln oder sog. Gesetze betreffs der Conclusio als be
dingend erscheint. Dass diese Auffassung auf Theophrast zurückzuführen
sein dürfte, schliesscn wir wohl mit Recht aus dem Umstände, dass
Alexander, welcher dieselbe überliefert, daran die Bemerkung anknüpft,
es scheine auch schon Theophrast eine mehrfache Bedeutung der jroö-
TaGig im Auge gehabt zu haben 20). Ferner halte Theophrast, wie der
19) Amnion, ad Ar. d. interpr. f. 53.: äirtrjs yag ovdtjg rrjg tov Xöyov
rf/toeuig, y.a&a ätiaototv 6 tfiXöoofpos Otoif QaOrog Trjs TS ttqos tov; axoou>-
fifpoug, oig xal On/jaCvei ti, xal rrjg 7znög tu nnay/xciTct, vtiIq tov 6 Xiytov
mtOai TTQOTiiytTai rovg axooiouivovs, nepl uiv rrjV O/iOiv aiirov ttjv tiqos
Tovg äxQoarag xttxaytvoVTtii noii]TiXT\ xal QnTotjixrj , Trjg yt TiQÖg
tu TiQayfidTU tov Xöyov aztafiog o </ iXöampog 7iQonyovfiiv(og i7TiufXr]aeTai
tö t£ xptvüog ä i eXfy/iov xal ro aXtjfhig anoStixvvg. Anon. Cod. Coisl. b.
Brand. Schol. 94a. 16.: /*6vog (leg. fiovag) y«Q, ifrjaiv b GtoynaGTog , tov
Xöyov a/soiig e/ovrog Trjv fxiv noög rovg ÄxooaTctg rr\v St npög r« nqayfiara,
Ttjv fiiv npog rovg äxnoarag notrjTid xccl (>r]TOQeg Siotxovai, TtjV fik
jiqÖS tcc nQayfiuTa tpiXoöoifoi.
20) Alex. ad. An. pr. f. 5 b. cd. Flor.: xcil yan fi Tavröv xctrh To inoxtl/
xtvov npörarsig Tt xal anöif arai g , äXXa ni Xöyio re (leg. d"i) äiaiftotf
xaftöoov tucr yäo »J äXrjOqg toriv fj ifKvSrjg , änöifuvalg tan-, xa&öoov dt
xaTaq axixög rj äuo(faTixog Xfyerai nooradig' rj ö fxiv anoopaVTtxop Xoyog
iv T<ji t\Xrj&i]g ij tptvörjg tlvai änXtog rö elvai f/ei, Tj <Jf TtooTaaig r)är} (v
T(ji nwg *xiiv xavxa' ätö ai [irj Sfiottog f/ovaai aira Xöyoi fxiv öl avrol,
nooTuntig di ov/ al avral' öftoiov rovroig xal to Xoyog ctnoif aVTixög
V. Die alleren Peripateliker. 353
nemliche Alexander ausdrücklich sagt, überhaupt weitläufiger, als es in
der aristotelischen Schrift TTf j)l 'EQfirjvdag der Fall ist, in seinem Werke
mQi Kcaacpaaeag alle möglichen Verhallnisse des Satzes behandelt 21).
Und da war nun wohl die Veranlassung gegeben , dass in einer eigenthümliclien
Vermischung von Grammatik und Logik das philosophische
Princip der letzteren, inwieferne es den Zusammenhang mit der sog.
Metaphysik enthält, übersehen und die Aufgabe der Logik in der Kenutniss
der Formen als solcher erblickt wurde. So bezeichnen die Peripa
teliker gerne sich selbst und den Meisler ihrer Schule als die Begründer
der Grammatik, welche ihnen als eine ganz besonders logische Pisciplin
gilt22). Und gerade für Thcophrast mochte es nahe liegen, auch die
Verhältnisse der Bestandthcile des Satzes in ihrer bloss formellen Be
deutung zu untersuchen , was er wohl in der Schrift iTsot räv \oyov
ctoi^Etcav that, welche vielleicht der Ausgangspunkt der späteren Unter
scheidung zwischen fft/fiavTixt) qxovr) und blosser lihg (s. unten Abschn.
IX Anm. 48 ff.) war 23). Bezeichnend für eine ln^hj^nuBnwtische^Jie^
handlungsweise der logischen Fragen ist es wohl, wenn auch Eudemus
die wiclitigeControverse über den xqixog ctv&Qamog (s. oben S. 18 f.)
nvog tieqI xtvog, tl fitj aoa ovxog xoivöxeoog, ort iv aiixtp ovnw avfMctQcl-
XrjTtxai ovxt rj xaxäqraoig ovtt r/ anöifaoig' log 6*k 7toXXa%üis Xtyofxävrjg
xijg 7iQOTctOf.log ioixt xal Qeöifoaatog iv rtj5 Tteol Kaiaqaotiog ifoovtiv.
21) Zu Arist. Au. pr. I, 37. p. 49a. 6.: wo es betreffs der Reduction der
Schlüsse auf die drei Figuren heisst: xb d" vTtaoxeiv Torfe xtpäe xid xb aXrj-
&evEOd-ai xöö*£ xara xoiiäs xoaavxa/äg Xijnxt'ov daa/cos al xaxrjyoolai äirjorjvxat
, xal xavxag ij Tirj rj änXaig, in unXäg rj avfintnXtyfj^vag' bjxoCwg
Ol xal xb pr) vnao%€iv inioxinxeov ö°f xavxa xal äiOQiaxJov ß^Xxiov, be
merkt Alex. a. a. 0. f. 151a.: äXXä xal ntol xiSv aXXtov, ibv xa xtaäXaia
txrC&STuf xal avxbg /uiv yäij iv xqi tkqI 'EQfirjVtCag, inl nXiov Sl 6 &eö~
ffQaoxog iv T(p tiiqI JCaxaifäaeiog neol xoüziuv Xfyti.
22) Bekk. Anecd. p. 729. : dixxr) d" ioxlv r) yottfifiuxixr)- r) fitv neol xovg
XaQaxxfjQag xal rag räv Gxoi/edov ix(f (avrjatig xaxaylrtxai , fjxig xal yoafifiaxtxr)
Üiyexai TtaXata, oiaa xal nob xiov Tquiixoiv, o/edbv dt xal ä/xa
rij (fvaei nooeX&ovoa' rj <fi ttiqI xbv iXXrjVia/ubv, rjtig xal vtioxe'Qu ioxlv,
an£aui'vr) fiiv anb ©f oytvovg , xeXeofrtiaa d'i naoä xtov Iltqinaxrjxixtav,
IlQaitipap'ovg T£ xal AotaxoxiXovg ' xal xijg fiiv xiXog tö eu avaytyviaoxtiv,
trjg dt rö ei yqaffUV (Praxiphanes war ein Schüler des Theophrastus , unter
Btoyivovg aber steckt wohl der Name des Theodekles; s. Classen , d. gramm. gr.
prim. p. 9.). Ebcnd. p. 730. ynafifiaxixij iaxiv tfieiQÜi} ivrav&a ytvöfitvog
HxoXtfiaiog b IliQtnaxrjxixbg xal äXXoi xivig iyxaXovrti zliowotu) ifinti-
Qtav tlnrjxöxi xr)v XoyixioTaxtjV yQCifi/ianxrjV, rjng — t{i7itt(>(a ifrjfil — t<ov
löoavTtog i%6vTtav UQay/xdrbjv iotl TtjorjaCg re xal ftr^utj äXoyog.
23) Simpl. ad Cat. f. 3 B. ed. Bas.: avrai, 31 (sc. al xai qyoQtai) elalv al
«nXal wmval at arj/iiavTixal T(Sv nQayfictTivv xa&b OigfiaviixaC etoiv, äXX'
oi xatio fiiv yctQ Xeitig änXüg' xuäb fiiv yctQ Xtgag, aXXag tyovdt n(>ayftartlag
, Sg iv T<p neQl lov Xöyov aroi/ety (wohl zu lesen iv t^5 neyl riiv
rov Xöyov OTOi/e(<ov) 8 T£ Qtoif Qaajog ävaxivtl xal ol ntQl airbv ytyt>a-
<fo'r{;, oiov tiÖtsqov bvo/xa xal firjfja roß Xöyov arotytia rj xal äo&Qa xal
Gvvüiafioi xal äXXa xivä (Xi'iiwg xal xtwra fx^Qrj, Xöyov ät ovofia xal
Üfffia), xal rCg rj xvqCu Xi^ig, rCg äi r\ fitTaif OQixri, xal rtva tü naltt) avrijg,
oiov rt anoxoni), xt avyxonrj , tC äif aCnlöig , iCvig al änXaT, iCvtg ai avv-
*froi, rCvtg al vnoavvbtroi, xal baa roiavra, xal baa 7t toi lö*eäv eiorjtui,
rC xb aaifig iv xatg Xi'ieai , xl rb fityaXoiroeTiig , xt xb r\8v xal niHavöv
xaS-b fiivxoi arjfiavxixfj loxiv rj Xt(lS , xaxa xä yivrj xiav bvxiav äqooCCitcu
xxX.
Pbantl, Gesch. I. 23
354 V. Die älteren Peripatetiker.
gerade in der Schrift neQi Asl-mg behandelte , woselbst dann wahr
scheinlich auch die Frage betreffs der stofflichen und begrifflichen Theile
eines Ganzen (Abschn. IV. Anm. 496 ff.) von ihm erörtert wurde 24).
In Betreff der Eintheilung der Fragesätze bei Eudemus s. unten Anm.
91. und in Betreff der Syllogismen Anm. 92.
Im Zusammenhange mit diesem grammatischen Bestreben sind die
Grundzüge jener Erweiterungen oder Aenderungen, welche die aristotelische
Logik unter den Händen der ersten Peripatetiker erfuhr, eine oft sehr
weit getriebene Distinction und ein ausschliessliches Ausgehen von der
1 äusseren Form des Urtheiles mit Vernachlässigung des Begriffes. Erstere
hat zwar ihren Grund in der auch bei Aristoteles reichlich angewendeten
Unterscheidung vieldeutiger Bezeichungen (nokla%äg Asyoftfva), hier aber
wird sie zuweilen schon zum Selbstzwecke gemacht und verliert da
her den höheren allgemeinen Zusammenhang , in dessen Diensten sie
doch stehen sollte. So hat es für die Lehre vom Urtheile und dessen
Beziehung zum Syllogismus sicher einen sehr störenden Einfluss, wenn
Theophrast im allgemein bejahenden oder allgemein verneinenden Urtheile
das Wort „Alle" in der Weise als ein vieldeutiges nimmt, dass es die
durch dasselbe zusammengefassten Wesen sowohl in ihrer Gesammtheit
als auch gerade in ihrer summirten Einzelnheit bedeuten könne, also
\ z. B. unter „alle Dreiecke" sowohl die Allgemeinheit des Dreieck-Seins
\als auch die gesammten empirisch einzelnen Dreiecke verstanden werden
könnten. Wenn nun auch diese Ansicht des Theophrast nicht in dessen
Schrift negi Karcupc/ßeag, sondern in einem eigenen Buche ntQi tcöv
IIo0ci%<5g enthalten war, welches natürlicli an das Buch A der aristot.
Metaphysik erinnert, so sieht man doch deutlich , dass hiedurch gerade
I das Leben und Wesen des allgemeinen Urtheiles, vermittelst dessen das
l Denken eine begriffliche Allgemeinheit gegenüber der schlechthin verein-
I zelten Empirie erfassl, vernichtet ist; aber was die Hauptsache dabei
zu sein scheint, diese Distinction hat eine sophistisch-rhetorische Bedeu
tung und kann zu Spielereien gebraucht werden, z. B. dass von einem
Dinge, von welchem Jemand nicht weiss, dass es ein Dreieck sei, er
auch die Winkelsumme nicht wisse, derselbe hiemit trotz der Kenntniss
des bekannten Lehrsalzes doch nicht von „allen" Dreiecken ihn wisse.
Anderes hinwiederum , was aus jenem Buche des Theophrast über
die Verbindung zweier Begriffe zu einem Urtheile berichtet wird , dass
nemlich durch dieselbe eine vorher nicht vorhandene Zweideutigkeit ent
stehen oder eine vorhandene gehoben werden könne, stimmt fast wört-
24) Alex, ad Metaph. p. 63, 15. ed. Bon., woselbst nach der Angabe verschie
dener Begründungen des TniTog äv&Qajnog gesagt wird: zr) fiiv oiv nowTr) tov
tqCtov av&ncönov tiriyrjau äXXot rf xfyarivTai xal Ebärj/tog aa(f(5g tv roig
ntQl Ai'itoiq. Die Notiz in Betreff der Untersuchungen über den Tbeilbegriff
sieht ehend. p. 483, 14.: iItkov (sc. Uniar.) 7tq6tiquv oti Inl [itv to} rij?
avXXaßfjg Xöyü) Xa/ußclvezai ra OTOt/tTa äiä to /j.rj etvai vXrjg pfyy äXX'
iläovg , Inl dt tov xvxXov ov XafißavtTai tu r)/uixvxXta, oti evvXa tlai xal
ft-ior) vXr\g , o~vv€i($(v h'OTuaCv Tiva dvvttfitvriv nndg tov Xöyov if intaUcti.
ifp&Ttfitv u"i rijAtTi ei7i6i'Tes ort nenl Ti)g OvXXaßijg iXsytV, öniag in
fiiv rjfiixvxXia vXrjg dal /.itorj, rö äi OTOi%ei'a oix tlaCv xal olpcu xal
tkvtu Ixtlvmg Met OvVTaiTtaHai , xal iatog vnt> ftiv HoiOTOTe'Xovg awxi-
TtiXTut t vno dt tov JZvdrjfiOV xt/iooißiat.
V. Die älteren Peripatetiker. 355
lieh mit Arist. Soph. El. 4 iibereiii -■'). Uebrigens in Betreff des Ver
stosses gegen den Begriff s. auch Anm. 76.
Eine Erweiterung scheint die aristotelische Lehre vom Urtheilc bei
den ersten Peripatetikern zunächst schon , durcli die Hervorhebung der
Existenzial-Sätze erfahren zuhaben; Während nemlich bei Aristoteles das
l'ffrt und ovx 'sSri jedem anderen Verbum gleichsteht, und nur in Bezug
auf die Stellung der Negation Untersuchungen nöthig sind, falls das „ist"
mit einem anderweitigen prädicativen Worte verbunden wird und das
Urtheil dann drei Bestandtheile hat (Abschn. IV, Anm. 200 11'.), legte Eudemus
einmal ein besonderes Gewicht darauf, dass in dem Existenzial-
Satze das fort wirklich selbst schon Prädikat und mithin einer der beiden
Termini (oooi) des Urtheiles sei26), wodurch er manchen ontologischen
Anschauungen oder Controversen späterer Zeit vorgearbeitet haben mag;
dann aber auch scheint er selbst für das aus Subject, Prädicat und
Copula bestehende Urtheil eine ähnliche Ansicht geltend gemacht zu haben,
nemlich dass in solchen Sätzen das fori nicht bloss , wie Aristoteles
sich ausdrückt, als dritter Bestandteil im prädicirenden Urtheile auftritt
(rf/hov TtQogxcat^OQÜxai) , sondern dass es auch da irgendwie als ein
selbst Prädicirtes bezeichnet werden könne 2T). Andrerseits aber scheint
25) Alex, ad Top. p. 83. : äitrov yaQ ovtos tov „intaxafxai navia tov
las nXelovg elXti<f 6ra yprjijovs oti vevCxr/xtv" — fj yccQ xat)b äoiatcu tovto
xa&6Xov fj ort Tovg xa&' txaOzov navrag, ottiq oi/ oioV TS, %Qr) inl tovto
uyovTitg ätixvvvai „xai jj.r)v rövöe oix oläag oxt vtvixtjxiv, oix bqu Ttdvxa;
tov; Vtvixr\x6xag xai Tag nXtlovg slXrjqoTug \\ir\if,ovg inCOTaaai" . o/xotov
tovto, ov xai airov Oeöit quOtos iv to) Iltoi t(Sv noaayjög fiifxvyyiai , olov
inCOTaoOai nav TQtyiavov ort ävoiv OQitaTs ioag iyti Tag rosig yiovlag'
rj yaQ las xa&6Xov fj ojg xuS? sxaöra ndvra' dvuaxtvd(tiv oiv &{XovTag
TO ort 6 yeiüfitTQrjs inlaraTtti nav TQiyiovov ävoiv doüuTg ioag syov ras
rgsig ytavCug, yor) ini r« xaS' ixaoia jxtTaytiv tov Xöyov (xai yho tovto
orjfiaivsTui) , xai XußoVTag oti o [ir) siäi r/ff ort Ioti TQiyiovov, ovo*' el
Svaiv ÖQ&uTg laag iysi olSs, toSs ti nQoysiQioa/xivovs Xfysiv oti tovto
t's oix oiätv' oix itoa tl ävoiv önfhalg Xaas sysiv otäsv oi nav dija oiäsv.
Ehend. p. 189.: «(Tri yao Tiva Ii xa&' avza [itv Xeyö/itva nXsiio orj/.ta(vti,
OWTt&kvTCi äs ovxiri, (ig iv xq) ntnl tov lloXXayjög QsöifQUBTOg wr\Otv'
iv yaQ T(j> intarttaD-ai yQÜfifiuxa, xb Ovva/uti oxsqov dfiif CßoXov /irjäsTt'QOV
T(Sv bvofiaTiav bfitovvfxov ovrog xaiP avTO' xai to tov /lltava tov IlXanova
linxtiv, ra fxtv yao övofiaxa dnXd, ö äk 1$ aixidv Ovyxti'ftsvog Xöyog dpiflßoXog,
nciXiv Iv xq> «froff nixerai, xviov vXaxTti Ta (xtv dvö/iaTa bfiio-
Wfia, 01 äk Xbyoi dnXol.
26) Schal, cod. Par. b. Brand. 146a. 19. : aivr]{H'g ioTi rip lAQiaioTiXu
TiQogxair\yoQovfitvov Xiytiv to iaTiv, oiov itv&Qionog <iikoö~oijäv IgtC' avyxuxriyoQ
f it tti yaQ lu°ov rö eOTi xard tov avi}Q(x>7iov /hctcc tov qiXoGoiffiV
07ifp ärj ianv S ov ßovXovrai 01 neQi HXt"iavdQov Xfyeiv oqov oirifi fieQog
TtQoTaacojg , aXXa avvxKatiog rj diaiQt"at<os [it)Vvtixov fioQiov tojv iv rjjj
KQOTaGti oqiov . ■ . . ÜQiOTOTiXrig fiiv ovv o'vxio tpQOVtl tiiqi tov iaxai xai
HXii-aväQog' Evärj/jog Jt iv iw noioTta ntnl Af'Seuos ätCxvvai äia nXtiovoiv
oti to io~Tiv iv TaTg dnXaig nQOTaOeai xaTt\yoQtiTai xai OQog IotIv,
oiov £(0XQttTT)g (Oti, JiwXQttTris oix iOTi.
27) Alex, ad An. pr. f. 7 b. (ed. Flor.): vntQ rov iv3iC'£uo&ai oti r«Cr«,
ro tivai fj elvat , ov fioQid iavi tt)s nQOTaGeiog oüJt oqoi , äXX' eoriv
(Sto&ev xätv oqiov xai to slvai xai to firj tivai, rj 7tQoOTi&('lueva rofs xa-
7iy°Qov/i(vois oQoig f|tü#€V iv Trj riov nQoTdoeiov elg xovg Sqovg dtaiQi'aei
f\ '/,u>Qi^6fttva avTtöv' oiäk yaQ nXiov tbg ngög rijV elg Tovg ÖQOvg tojv
nqoTuatiov äialQeoiv noiel r«0r« TiQoaTii^(fitva fj difaiQovfieva- äoxovai
23*
356 V. Die älteren Peripatetiker.
auch in Beireff der Quantität der Urtheile Theophrast das partikulare
Urlheil in einer solchen Weise als dritte coordinirte Art von dem allge
meinen und individuellen abgesondert zu haben, dass es mit dem unbe
stimmten zusammenfällt, da er an ihm nur dessen Unbestimmtheit in
Bezug auf die Individuen, von welchen es eben gerade gelte, hervorhob 2S),
wohl ohne zu bemerken, welche Bedeutung es inhaltlich für Erforschung
der Inhärenzien und selbst der sog. Accidenzien habe,« eine Erwägung,
welche bei Aristoteles die Ursache davon sein dürfte, dass das particulare
Urtheil bei ihm erst für die Lehre vom Syllogismus wegen der Um
kehrung der Urtheile eine eigentliche Bedeutung erhält, aus welch letzte-
(rcm Grunde dann wieder im Mittelalter in der formalen Logik das indi
viduelle Urlheil ganz in den Hintergrund tritt und bloss vom allgemeinen
und particularen die Rede ist. — Einen eigentümlichen Zusatz erhält
die logische Theorie vom Urtheile bei Theophrast dadurch , dass nach
' dessen Ansicht sogar das Prädicat eine . Bestimmung der Quantität an
sich haben soll29), da ein Urtheil, dessen Prädicat quantitativ unbe
stimmt sei, eine Zweideutigkeit enthalte und selbst sein eigenes Gegentheil
nicht ausschlicsse (z. B. „Cajus hat Wissenschaft" könne, wenn
nicht gesagt sei, ob „alle" oder „einige", zugleich wahr sein mit „Ca
jus hat nicht Wissenschaft"); doch sieht man sogleich, dass diese For
derung das Wesen des Prädicates gar nicht trifft, sondern nur von
yito oi oooi elvai, rijs „EioxQttTrjg Xevxög lau" to XiaxqÜTing xal rö Xevxog
r/ aronov To oXiag Xiyuv rö eariv iv Talg ovTiag i/ovoaig nqo-
TÜaeai zctTrjyoQiTa&ai , xal Tatra Evärjfj.ov iv ifjJ noobrui sK'Zewg äeixvwtog
tovxo t$ii( nXuovoiV. Es lässt sich diese Bemerkung Alexanders, welche den
aus Subject, Prädicat und Copnla bestehenden Satz bell i III, durchaus nicht mit dem
Scholion der vorigen Anm. , welches vom Existcnzial - Salze spricht, als identisch
nehmen, so sehr man aus äusseren Gründen solches wünschen möchte. S. übrigens
auch Anm. 91.
28) Amnion, ad Ar. d. inlcrpr. f. 72b.: $itup{QOvBi dt räv xa(h' ixaaia
al utQixal Tfti Tag jiiv xafh' ixaara inC rivog iyog ojQia/iivov noitTa&ai
tt]V än6(favo~tv, oiov £toxnaTovg, Tag ät utQixa;,'el xal TiQog iv xi ßXinovaai
ctncMfuCvoiVTo, /irjätv tomcsfiivov ar\fialvuv, aXX' inl zivog tov tvyovTog
dvvaa&ui äXtj&evtiv äidntQ ÖQ^äg 6 &e6<f QaOTog rrjv ftiv xa&'
ixaara ojniO/uivtjV xaXfT, rijV fit /acqixt]V (cÖqiOtoV xal ävTiSiaiQtirat TiQog
uiv rijv anXtög xuä-oXov r\ y.u&' ixaara, noög St r?jv xaSoXov dg xattöXov
i) fispixri. Schal, b. Wailz Org. I, p. 40.: 0t6<fqaarog [itQixrjV aJTQogöiÖQiarov
ixdXtaev. Diese Unbestimmtheit des part. Urtheiles fand Theophr. darin , dass
erstens das Urtheil „Einige A sind B" sowohl gilt, wenn wirklich alle A B sind,
als auch wenn einige derselben nicht B sind , und zweitens das Urtheil „die eine
Hälfte der A ist B" sowohl gilt, wenn wirklich nur eine Hälfte der A, als auch
wenn beide Hälften derselben B sind. Diess ist wohl der Sinn der etwas dunkeln
Stelle bei Alex, ad An. pr. f. 26 b.: iuvrj/iövtvat tov ovriog adionCöTOv xal
Stoif naarog Iv im TTtol Karacfäaeoig' to yan tlvaC ti rovrcov xal to tö
irtQov elvai aäiöqtara Xt'yti , to [Jtv elvai ri rovriov, ötl xal navrtav bvtojv
äXrj&ig xal icSv fitv ovriav riSv Si j.irj- rö 6*k to irtoov tlvai, Ott xal
toüto äXr)D^tg xal (\u(f oTf'oiov ovriav xal tov irioov fiovov. BoelU. ad Ar. d.
interpr. p. 340. : commodissime Theophrastus huiusmodi particulares proposilioncs,
quales „sunt quidam hämo iustus", particulares indefmitas voeavit. S. auch unten
Anm. 34.
2'J) Schol. Cod. Ambros. b. Wailz Org. I, p. 40. : (fijOiv 6 @e6q naarog, Sri
lUfaaig OuvaXvd-evOtt, oiov, if^alv, läv Xiyiofitv ,,'Paivlag e/fi iniari\jj.r\v"
,,'l>aiv(ng ovx t%tt iTiiGTqfttjv", äiivarai ajxiförtQa tivai äXrjiHj.
V. Die älteren Peripatetiker. 357
einem sophistisch • rhetorischen Interesse aus hereingezogen ist. Wenn
man aber so verfährt, so kann man in Allein und Jedem, selbst im allereinzelnsten
Individuellen, eine Vieldeutigkeit aufspüren, läuft aber da
bei Gefahr, vor lauter noM.u%mg Isyöfisva sowohl ra xoiva als auch
xa xa&olov des menschlichen Denkens zu verlieren ; darum haben auch
die Peripatetiker die eigentliche Spekulation im Alterthume nicht ge
fördert. <—»—*-• """*"*
EeT der Lehre vom bejahenden und verneinenden Urtheile halte
Aristoteles die Verbindung der Negation mit dem Subjecte oder mit dem
Prädicate als etwas Unbestimmtes (uoqkStov) bezeichnet, dabei aber ge
nau die bejahende oder verneinende Geltung untersucht, je nachdem die
sprachliche Negation, d. h. das „Nicht", mit dem Prädicate oder mit dem
„ist" verbunden wird (Abschn. IV, Anm. 204 ff.). Theophrast nun griff
an diesen Erörterungen das äusserlich Formelle auf, welches bei dem
räumlichen UnlereinamlerschTcTCen der verschiedenen Arten der Urlheile
in die Augen springt, und er nannte in Folge hievon jene Urtheile, bei
welchen das „Nicht" mit dem Prädicate verbunden ist, gleichviel ob mit
der sog. Copula „ist" noch eine weitere Negation verbunden ist oder
nicht, nun „Urtheile aus Versetzung" (itgorctGeig ix (isra&iasag) , weil,
wenn jene vier Urlheile, deren Verhältniss wir oben, Abschn. IV, Anm.
211 , ausführlich zu erörtern hatten, nach ihrer logischen Abfolge ge
ordnet werden sollen, dann nicht diejenigen, in welchen 'dort enthalten
ist, untereinander zu stehen kommen, noch jene, in welchen ovx 'sau
vorkömmt, sondern stets je eines mit 'iaxi und je eines mit ovx eati,
so dass von den Reihen der bejahenden und verneinenden Urtheile herü
ber und hinüber versetzt werden muss, um die logische Abfolge herzu
stellen 30). Und während Theophrast nun allerdings auf das gleiche
30) Steph. ad Ar. d. interpr. b. Waitz , Org. 1, p. 41.: 6 QeöipQaßTog ix
HeTa&iotws ixaXeaev tt\v nqoraaiv rj fiiä rb fieTarC&eG&cti. tt\v ov aovrjßiv
ix tov £(fri tqCtov TiQogxaTriyoQovfx^vov inl tov xaTr\yoqovfiiVov rj
on jiiTctTC&tTai avTiSv rj iä$ig iv Tip (f layQäfif^aTi. Von diesen zwei Grün
den, warum wohl Theophrast jene Urtheile Tag ix /xeTa&iaemg genannt habe,
halte ich nemlich den letzteren, dass sie wegen Versetzung „in der Figur" so ge
nannt worden seien, für den richtigen. Am deutlichsten ist dieses Motiv ausgespro
chen in Schul. Cod. Laur. b. Waitz, Org. I, p. 41.: xtlod-maav yao mg iv ÖiayQäjifiuTi
ai TiQoidoeig aTot%rjdbv xal ytvioSmaav tag övo oeioal xal iv
tj jj.ti{ ytyoäifitm fj änXr\ xcnaipctOig ij „avUamnog SCxaiög iOTiv", iv äe Tij
Sivrinq Tj änXij artöipaaig 15 „av&omnog Sixaiog ovx iOTiv". fijrj;3-»)Tfc> ovv
nnäTov, nola tiSv ix ueTa&£aewg nnoTaOscov axoXovS^ßei Tfj anXy xaict-
?äau ijyovv OvvaXTj&fvflei , xal ixeivt] yoatfiodm inb Tavxr\v ' f) fikv ovv
* fiiTaStoemg xaTaqaaig ov avvaXrj&evOif nmg yaq ij „av&qmnog ov Si
xaiog ioTi" OvvaXri&evaa Ty „avSotonog Sixaiog iOTi". XtlntTai ovv ort
1} anoif aaig ovyaXrj&evci r) „av-O-nmnog oi Sixaiog ovx €Otiv". og yaq avllQtanog
Sixaiog iOTiv. xtiö&ta ovv avirj iv Tip Siayqä/ifiaTi xat-vnb fitv
rt)v anXfjv änöipaaiv xeCo&io rj ix fitTad-iaaag xaTaifadig, vnb Sk ttjv
äjrXrjv xaTaif aaiv, mg linofiev, ^ ix fiera^iaemg anoifatSig. Xfyovaiv ovv
ort iia ToiiTO xal ix fiSTa&iatmg mvopäo&TjO'av al TOiavrai ngoräoeig, ort
(i(TtTiih)aav xtX. Und nun ist auch verständlich Ammon. ad Ar. d. interpr. f.
128b.: twv Sij yiyvofiiviDV iv Talg vvv nqoxtifiivaig tj/niv nqoTÜßtai Svo
«nqogSioqlOTmv ävTiif äaeiov Ti)V plv eT^qav (nemlich „ovx eßTi Slx. avl>q.")
xaktl b lAoi<STOT4Xr\g änXijv ty\v mqidfxivov tö^ xaiijyooovuivov e%ovaav mg
*«t' avTb tovto Tfjg htyag änXovaTiqav ovaav, Tt)V oh htyav (nemlich
358 V. Die ülteren Peripaletikcr.
Resultat wie Aristoteles kam , tlass jene Urlheile , in welchen die Nega
tion nicht zur Gopnla gehört, als affirmative zu betrachten seien, ist
hier das Motiv hievon bereits ein völlig äusserliches schulmässiges 3l).
So zieht sich "HuT Logik" allmälig von ~dcr ' "pfui ö s opli7sTiW^"GeHmfgJ_des
Begriffe^ iii die gramniatische Function des Urlheiles hinüllerlwic diess
in Bezug aufllcrlcTüi'lKcilcHßßrTO s. d. folg.
Abschn. Anm. 121 u. bes. 135). Es hat aber nun auch die schon bei
Aristoteles betreffs der Syllogistik empfohlene Achtsamkeit in Bezug auf
die Stellung der Negation im Satze biedurch einen technischen Ausdruck
gefunden 32), welcher auch in der späteren peripalelischcn Schule völlig
als reeipirt erscheint 33). — Bei dem particular verneinenden Urtheile
fand Theophrast eine Distinction für nöthig zwischen der Form „Nicht
Alle" und der Form „Einige nicht", da der bejahende Sinn eines Urtheilcs
der ersteren Art von Mehreren das Prädicat aussage, während
ein Urtheil der letzteren Art den bejahenden Sinn habe , dass das Prä
dicat nur wenigstens von Einem Individuum gelte34); hiernach wäre also
„ovx eaziv ov Slx. av9-Q.") äÖQiOzov J<« rö koqiOtov elvea to iv avrrj xarrjyoQovftevoV
6 fiivxoi izaioog avrov QeoifQttarog ovoftä&i avTT\v ix fieiRWfftas
ixTid-ifitvog ovv inl ölaygäpfiaTog Tag JZQOTCtOeig, SntQ xal
rjfiug intzä^afisv, xal vnb zrjv anXijV xazaipaaiv rä$ag rijv c\6qiOtov anö-
(fuaiv, avayxaCiag Xombv vtio rrjV unöipaalv jrjV änXrjv rC&rjOi xr\v «o'ptaxov
xctTaifttOiV eftö xal ixaXeatv avrag 0i6(fQaazog Ix (itxa&iatiüg , Sri.
fiezaziS-stzai avröjv iv r<j> SiayQua^iazi r\ rasig.
31) Joann. b. Brand. Schol. p. 120a. Anm.: 6 xarrjyoQovfitvog ooog to ov
7iQogXafißdva>v anvrjTtxbv fxoQiov ov izoiti ano(fazixov äXXa fxaXXov xataqaxixbv,
xal xaiatfaTixbv ov% anXäg, äXX' rjv oi neol Qt6(f Quarov Ix fiera&
iatiag Xfyovotv, aÖQiarov d°h ]4QiaroxiXr)g. Es sagt in Bezug auf die Form
des Urtheiles , welche für die Lehre von der Umkehrung das entscheidende ist,
Aristoteles An. pr. I, 3, 25b. 20. das nemliche: ort to lvfi£xea&al f*y<ftvl zj
riv) firj vnaQ/eiv xaTatfarixov to axrj/xa' tö yao IvofytTai x<fi ionv
b/xoCtag rrerrfr«/, zb d"k ioriv, oig av izQogxarriyonrjzai , xaraif aOiv ätl noitl
xal navziag, oiov zb eaztv ovx äya&6v rj iaziv oi Xevxöv rj anXtag zb iaztv
ov zovzo. Aber dem Arisloteles bleibt daneben die Betrachtung des Begriffes be
stehen, bei Theophrast hingegen ist gerade das zu beachten, dass er, wie der Aus
druck ix «froWflfaf bezeugt, von der Form des Urlheiles ausgieng und demnach
für diese Urtheile eine eigene Species schaffen zu müssen glaubte. S. auch unten
Anm. 54.
32) Alex, ad An. pr. f. 163h. ed. Flor.: nnbg zb avXXoyC£ea&ai xal xazadxtvu&
iv ri rj avaOxiväCeiv d*vvae&ai tft« avXXoyia/jtov dtaqioeiv opijoi
rö tiäivai diaxnCvtiv xal xMQt&iv T«? itqoräaiig zag anmiazixbv jjtiv
i/ovoag to oy.rjfia , oliaag tf£ xazaqarixag, anb zdüv änoii äaiuv' Xiyu cf£
mal noozaaiiov ag &eö(/ naozog xazet [tezd&coiv Xiyti.
33) Ammon. ad Ar. d. interpr. f. 127— 136. Schol. Cod. Par. b. Wailz Org.
I, p. 41.: ö fiiv yiijiOzoriXrjg i$~ aonCnrov rov xaTTjyoaovfttvov xaXtl zavrag
rag ix fteTa&ioiiog. Philop. ad An. pr. f. XCb. : inl aaq iOTtoov vTtöätiyjia
/xszäyti tov Xöyov Stixvvg ozi ovx eazi tavzbv tj änXij anöipaaig tj ix
/uera&tacwg xctzat^dati. ib. f. XCIa.: nnovxeno /jiv d*id°ü!;ai ort rij? änXijg
xaTa<ptiatwg ovx eariv anötiaaig r) ix fitza&e'aeo>g xazmpaaig , <og XQVa'~
/jevovzog r^uTv zovrov eig zag tcHv avXXoyiafitov avaXvdfig , Xva fir) xara-
(pazixbv ix ftsza&ioftog Tt(>6ßXrjfj.a oirj&fyzeg anoy az ixbv tlvai, etg Anoqarixbv
ävaXvtiV rtvXXoyiafxbv 7rfiQaS-tojjev. •
34) Schol. Cod. Par. b. Brand, p. 145 a. 30.: zb „fir) navzl vnaQXdv" xal
rb „ttj'l fir) vttÜqx(iv" b fiiv !dX('(avSQog , tög xal b Tianaiv •htXonovog,
ottzai flövri zn nQOif ooq &ta<f igeiV b tfi ®iö(fQaozog xal zip Orjfuuvoutvip •
rb fitv yaQ [tij navxl v7zaQxeiv ätjXot zb nXtloaiv vnä(>xeiv> T0 ^ ttv^ /*V
V. Die älteren Pcripaletiker. 359
letzleres Urlheil dem individuellen näher gerückt und auch liier eine
Absonderung des eigentlich particularen versucht (s. ohen Amn. 28),
wenn auch sicher nicht zum Vortheile einer richtigen Einsicht in das
Wesen der Quantität der Urtheile.
Auch in Betreff der Modalität des Urlheiles (Ahschn. IV, Anm. 236 ff.)
ist uns eine Erweiterung der Theorie üherliefert, welche Theophrast in
consequenler Verfolgung der formellen Verhältnisse des Urtheiles dadurch
vornahm, dass er auch hei dein Urtheile der Nothwendigkeit den Unter
schied zwischen einem einfachen (cc7iXä>s) und einem näher bestimmten
(7tgogdio()lOTwg) Urlheile hervorhob 35) und hiedurch eine formelle Conformität
mit jener Betrachtung herstellte, welche in Bezug auf die Quan
tität der Urtheile schon hei Aristoteles jenen nemlichen linterschied be
dingt halte. Und mit Zuversicht dürfen wir darauf schliessen, dass
Theophrast auch bei dein Urlheile der Möglichkeit, abgesehen von der
unten, Anm. 41, anzuführenden Aenderung des Begriffes der Möglich
keit, das Gleiche gethan habe, wenn auch keine bestimmte hierauf be
zügliche Nachricht uns überliefert ist.
In Folge aber derartiger reicherer Distinctionen konnte Theophrast
auch die verschiedenen Arten und Weisen der Entgegensetzung der Ur
theile, von welcher im letzten Cap. der aristotelischen Schrift dTinierpf.
düTTtede ist (s. Ahschn. IV, Anm. 225), mehr in das Detail verfolgen,
und wir wissen, dass Theophrast diess ebenfalls am Schlüsse seiner
Schrift tzeqi KaracpaGecog gethan habe, also schon diese Reihenfolge der
Abschnitte bei Aristoteles vor sich hatte und au sie sich hielt30). Ueberliaupt
aber scheint schon bei den früheren Peripatetikern eine stark forinäg/
eiv to evl' xal dia tovto cgtiv eigeiv tov ligtßTOT^XtjV ngoraxTOVTa
t6 {lij navri inaytiv to tivI /xfj v7iän%eiv, tj xal to (leg. r<j>) rivl fifi vnäg-
%av inup^QUV Ivloxt rd „tj fir\ nävta", xaza rrjV jjLeyaXenrißolov tov QeoupQaaTov
evvotav tovto noiovVTa. Allerdings möchte man sich versucht fühlen,
in diesem Scholion die Worte nXeCoOi und ivC ihre Stelle tauschen zu lassen, so
dass firj navrl vTiag/etv den Sinn von evl vnag/eiv und tivI [xi] iinägjreiv
den Sinn von nXtCoOiv inag/eiv hätte; jedoch scheint die Notiz gesichert, dass
Theophrast irgend einen Unterschied bei dem part. vern. Urtheile aufstellte.
35) Alex, ad An. pr. f. 15 a.: Inl de tov avayxcäov to fj.t"v iaxiv ctvayxaTov
änXiSg to öh fj-era äiogio"/Mov Xe"yexai, dg to ,,av9-Q<onog l'§ avayxrjs
navxi yoftfifimiXM cot' av rj yga^LfiaTixög " ' avtj) ov% änXtSg iOTiv r\ ngo-
Taaig ävayxaCa' ä^äei^e de avTiav xr\v äiaifogav xal QeötpQaOTog' oü yag
all yqa[j.fj.UTtx6g ianv, AlV oiSi avfhgmnog yqafjLfiaxixög- Inel toCvvv
äiatpe'gei, öet rjftäg tldevai oti negl Ttöv änXojg xal xvgCwg avayxatmv tov
XoyoV noietTai vvv 6 HgiOTOtiXrjg.
36) Zu der Stelle Ar. Top. III, 6, 120 a. 28., wo gesagt wird, die Behauptung,
dass die Klugheit allein unter den Tugenden zur Wissenschaft zu rechnen sei,
könne in viererlei Weise widerlegt werden (durch den Nachweis , dass jede Tugend
Wissenschaft sei , oder dass keine es sei , oder dass auch noch andere ausser der
Klugheit es seien, oder endlich dass die Klugheit nicht Wissenschaft sei), gibt Alex.
p. 150. die Nutzanwendung für den Fall der Behauptung, dass irgend drei bestimmte
Tugenden zur Wissenschaft zu rechnen seien, und sagt: ccXXa xal ei xttfievov ein)
Toüg fiovag tägde rivag ägezdg lni«Tr\(iag elvai , nevTaxtSg av avaiQolro
XttTa, tov vtpriyovfievov tqouoV xal yag dia tov näaa xal öia tov ovStfilu
xal äiä tov nXtCovg xal d*ia tov iXaTTOvg xal oV avrov oii xal avrai
"l TQetg, a'i rjOav (övofiaO/J.e'vai, Iv Tip ngoßXq/taTt. negl Tovxmv xal &eo-
<P9«ffToj Inl Ttlti tov negl Kazatpäaewg Soxel nenoirja^at Xöyov.
360 V. Die älteren Peripateliker.
melle, scharfe Entgegensetzung des bejahenden und verneinenden Urtheiles
in Bezug auf ausschliessliche Wahrheit oder Falschheit des einen
oder anderen üblich gewesen zu sein; hiemit aher musste sich wohl
auch eine schon mehr schulmässige Fassung des sog. principium idenlitalis
et conlradictionis einstellen, von dessen Unbeweisbarkeit ja auch
Theophrast gerade in dem Buche/ nsQi Kutacpdaemg sprach, und auf eine
solche unleugbare Verknöcherung des Begriffes der Gegensätze und eine
derartige formelle Exclusivität bezieht sich auch eine uns überlieferte
Polemik gegen die Peripatetiker von Epikurischer Seite her37); ja viel
leicht sogar lagen hier schon die Keime zu dem später üblichen Kunst-
Ausdrucke vor, welcher von einer \lu%t] T&£t0? oder f*«CT otoA.t/j zwi
schen zwei Urtheilen spricht; s. Abschn. VI, Anm. 156, Abschn. VIII,
Anm. 51, Abschn. X, Anm. 31 u. 51 f.
Insoweit mit der näheren Betrachtung des Urtheiles sich eine Auf
merksamkeit auf gewisse allgemeinere Gruppen von Prädicaten,. d. h. auf
die Kategorien, herausgestellt hatte, mochten wohl auch diese in der
Schule und für die Schule in eine eigene Uebersicht gebracht worden
sein, eine Möglichkeit, welche wir immerhin für einen späteren Ursprung
der Schrift Karr]yoqlai in Anspruch nehmen (Abschn. IV, Anm. 5 u.
356 f.); jedoch mag es mit der Entstehungszeit dieser sich verhalten
wie es wolle, so ist soviel gewiss, dass wir bei den nächsten Aristotelikern
keinerlei bestimmte Abweichung von dem Inhalte jenes Compen-
37) Alex, ad Melaph. p. 229, 26. ed. Bon.: (ög yao eine @e6(f>Qaözog (v
xo) neol Kaxatfäoecog, fitawg xai naoa (fvOiv r) xovxov xov ä^iolfiaxog (d.
Ii. oxi ptr) oiov xe xö adxö «jU« elvai xe xai /xfj elvai) anöäei^ig. Joann.
Sic. schal, ad llermog. VI, p. 201 . ed. Walz (die Sache geht von dem bei den
Rhetoren so oft erwähnten Rälhsel aus: opvi&a d" ovx oQVid-a Inl 'SvXov St
xai ov fiUou xa&rjfitvijv Xi&m xai ov Xiftoj ßuXärv diojXeöe): ol Ilepmaxrjxixol
ot neol TIXaTwva ..... XJyovaiV In) nai'TÖg noity/Liarog rj rj xaxe-
(paoig rj r) Anötf aaig ^orQitei tö äXrj&eg xai tö l/jeväog' tl fiiv yao r) xaxdqiaOig
ijievdrjg , rj anöifaOig aXrf&r)g, ei de avxrj xjjevdr)g, txslvn ndvxiag
äXrjSr)g, et lax) npogdiwptafievri, xovxeaxiv el eyei tov nag nQogdtopiO/xöv
rj rov ov nag rj tov xlg rj röv ovdet'g, oiov nag dv&pionog Xevxög Ioti,
ipevdrjg ianv ov nag uvfroornog Xevxög tariv, dXrj&rjg Iotiv' r) yao nag
xai zig nooTaoeig xarmpdoeiöv eioiv, r) de od nag xai ovdelg änoopdaeig '
xai /uepC(ovOi xö äXrjS-eg xai tö rjjevdog xara tov (»rj&ei'Ta xdvova' xard-
(gaoig de' Iöti Xöyog 6 rö ov Tin rj ftri ov vndpyeiv ai)Ttji Xfycov, oiov neig
dv&Qoinog Xevxög, Tlg, arO-qwnog Xevxög' änöuraoig de o To /ti) ov tivi rj
ov firi elvai Xe'ytov, oiov ovdelg av&Qtonog Xevxög (ipeväog), ov nag av&Qtanog
Xevxög (rö öv lag ov)' tovtiov ovtid dtrjvXQii'rj/j.e'vbrv dv&(oxarat HXdxojvi
6 EnCxovpog (faaxiov x'jevdög lau tö elvai nav noäy/xa xara xrjv
xaxdwaOiv rj anöiraöiv aXr}freg rj tfievdeg' Idoii yao, eloC Tiva xäv övxaiv
i<p' (ov unpogdiöoiaxoi , xovxeaxiv al fjr) eyovaai tojv npopprj&evxiov npogdiopiOfitov
riva, ovxe aXrj&evovOiv ovie x[>evdovxai , äXXd xai Tri dfiqöxepa
nda/ovaiv' r) yao vvxxeplg öpvig uiv laxi Sioti iniaxai, ovx öovig Si
SiÖti fojoTozf? xai &vXd(ei , äXX' ovx (ooroxel xai naräiei ' ö Si väp&rj!;
ivXov Stöxi xaleTai xai &d[ivog laxiv, ov £vXov de äiöxt OojUiftSäe'g taxiv'
ovxor xai r) xiaarjolg XCS-og xai ov XC&og , xö /uiv bxi X(0ov ioxlv eläog xai
dnö XQrjuviSv, xö de oti i« tov Xi'&ov ov OoiCei. Tavxa //ev^EnCxovqog in''
avaxQonij Ttvv tov TlXÜTOivog. So schulmeisterlich einfällig diese ganze Ausein
andersetzung ist, so enlhält sie doch das Richtige, dass bei einseiliger Hervorhebung
der Form des Urtheiles die Auffassung des Begriffes Schaden leitet.
V. Die älteren Peripatetiker. 361
diums finden. Denn wenn Theophrast für die Naturphilosophie die Be
wegung nicht bloss nach den drei Kategorien der Qualität, Quantität und
des Raumes (oder der Substanz noch als vierter, insoferne -Entstehen
und Vergehen nebst den drei Arten der Bewegung unter den höheren
Begriff der Veränderung fallen) eingetheilt und betrachtet wissen wollte,
sondern annahm, dass auch in Bezug auf die übrigen Kategorien Be
wegung stattfinde, und wenn auch Eudemus das gleiche Bedenken be
treffs der Kategorie des Wann äusserte 3S), so gehört solches zunächst
nicht der logischen , sondern der physikalischen Theorie an ; wohl aber
müssen wir hierin in Bezug auf die Anwendung des Inhaltes des ge
nannten Compendiums eine grössere Schulmässigkeit erkennen , in Folge
deren die Kategorien gleichsam zum mnemotechnischen Schema werden,
durch dessen Festhaltung man bei Behandlung eines Gegenständes sicher
gehe, keine Seite desselben vergessen zu haben. Auch wenn Straton
das itQotEQOV und vöxeqov, welche ja ebenfalls Categ. c. 12 besprochen
werden, in einer eigenen Monographie (iv (lovoßißlm) behandelte und
hauptsächlich sprachliche Distinctionen dabei vorbrachte39), so kann Sol
ches wohl aus dem gleichen Bestreben entstanden sein , durch welches
die Schrift KarrjyOQiai hervorgerufen wurde ; eine Förderung aber der
Kategorienlehre dürfte man auch hier höchstens in der Extension eines
reicheren oder spitzfindigeren Betriebes einer einmal eingeschlagenen
Richtung erblicken. Eine andere und weit grössere Bedeutsamkeit der
Kategorien werden wir erst bei den Stoikern und vom Stoicismus an
abwärts finden.
Reichhaltiger noch als für das Bisherige fliessen unsere Quellen
über die Fortbildung der Logik bei den ersten Peripatetikern in Bezug
auf den Haupttheil derselben, welchen Aristoteles in der ersten Analytik
behandelte, nemlich in Bezug auf die Lehre vom Syllogismus; hier ja
auch , fanden Theophrast und Eudemus nicht bloss oftmals eine vermeint
liche Vervollständigung oder Erweiterung , sondern zuweilen auch eine
Aenderung in der Begründung der aristotelischen Lehre für nöthig, und
es haben uns auch die Commentatoren , wie es scheint, wenigstens die
Hauptpunkte dieser Abweichung überliefert.
Die Lehre von der Umkehrung der Urtheile muss natürlich als fe
ster Anhaltspunkt der Syllogistik vorausgehen, und so entwickelt auch
Aristoteles jene vorher (s. Abschn. IV, Anm. 538), um dann sogleich
die Theorie der Schlussfiguren folgen zu lassen. Im Interesse nun einer
schon mehr schulmässigen Behandlung der Logik konnte und musste es
wohl liegen , jene festen Grundsätze der Umkehrung so unbestreitbar
und zugleich so fasslich als möglich hinzustellen; und so haben denn
auch an Stelle des apagogischen Beweises, welchen Aristoteles für die
vollkommne Umkehrbarkeit des allgemein verneinenden Urtheiles führt,
Theophrast und Eudemus eine bequeme schulgerechte Formel gewählt.
Von jenem tief in das Wesen des Gattungs- und >-T Art- BegrifTes zurück-
38) Beides bei Simpl. ad pliys. f. %iA.
39) Simpl. af Cat. f. \d<oA. u. 107^. ed. Bas. Mit den dort angeführten,
von Strato aufgestellten, verschiedenen Bedeutungen des 7iq6tsqov u. vOtsqov
kann man die von Arist. phys. ausc. VIII, 7. u. Metaph. ä, 11. namhaft gemach
ten vergleichen. /
362 V. Die älteren Peripaletiker.
gehenden Grunde, welchen wir oben (Abschn. IV, Anm. 540) aus Ari
stoteles für diese Umkehrung anzugeben hatten , ist nun keine Spur
mehr sichtbar, wenn Theophrasl und Eudemus sich auf die Form des
Urtheiles werfend sagen,- bei dem allgemein verneinenden Urlheile seien
eben Subjecls- und Prädicats -Begriff von einander schlechthin getrennt
und abgesondert, und was einmal getrennt sei, sei eben getrennt, und
ohne Beweis sei daher klar, dass solches überhaupt nicht gegenseitig
von einander prädicirt werden könne40). Man sieht, die Logik fängt
schon an, bequem zu werden; und es scheint Tlieophrast in der That
nur noch einen Schritt gehabt zu haben zu jener geistreichen Erfindung
des Zittauer Reclors Christ. Weise im 17. Jalirh., welcher für die Dres
sur stupider Köpfe bei der Lehre vom Begriffe jene beliebten Kreise an
wendete, durch welche ja eine „ Getrenntheit " jener Art gar klar versinnlicht
werden kann.
Diese nemliche formale Auffassung aber führte auch eine Aenderung
in Bezug auf die Umkehrbarkeit der Urtheile der Möglichkeit her
bei. Zugleich nemlich mit einer Aendcrung des Begriffes des Möglichen
stellte sich die Veranlassung ein, das Urthcil der Möglichkeit in gleicher
Weise nur nach seiner formellen Seite zu betrachten. Im Gegensatze
gegen die aristotelische Definition des Möglichen und Statthaften (Abschn.
IV, Anm. 244 ff.) findet Tlieophrast das Eigenthümliche des Möglichen darin,
dass die Annahme seiner nur eben nicht vorhandenen Existenz zu kei
nem Widersinne führe, und er glaubt hierin den speeifischen Unterschied
des Möglichen vom Nothwendigen und Wirklichen gefunden zu haben,
wovon es nur ein anderer Ausdruck ist, wenn das Nicht -nothwendige
als dasjenige bezeichnet wird, aus welchem Nichts, weder ein Nicht-wirk
liches noch ein Unmögliches, gefolgert werden kann; und mit einer
schlechthin formalen Auffassung jener Erörterungen , welche wir bei
Aristoteles (Abschn. IV", Anm. 286) betreffs der Abfolge dieser Urtheile
trafen, gelangt Tlieophrast dazu, zwischen dem Nicht -möglichen und
Nothwendigen sowie andrerseits zwischen dem Nichtnolhwendigen und
Möglichen keinen anderen Unterschied zu finden , als dass die Sprach
form in dem einen eben bejahend und in dem andern verneinend ist41).
40) Alex, ad An. pr. f. 13 a.: ©so'r/ qaarog fiiv xai Evär)fiog unloiaieQov
e&ei^av Tr\v xaO-oXov änoipai ixrjv aVTiOTneipovauv eavTfj- tt/V yccQ xa&öXov
a7io(fjCCTixriv lavöfiaaav xa&6Xov ats qrjTixfjV , Trjv de ätl£iv ovTtog noiovvtkc
xtiaflb) t6 A xuret urjäevog tov B. ei de xaxa fir)devbg, &ne'i;evxiai •
xa'i tö B aqa navxbg anQevxTai tov A. et de tovto , z«t' oidtvbg ccvtov.
ovTtag pev ovv Ixeivoi , ö de AnidTOTe'Xrig doxei noog/nai/tevog tj elg ädvvttTov
änaywyfj ävTiOToiffovaav avTrjv deixvvvai. ib. f. 14 h.: äfieivov de
Xiyeiv neq\ r« eiqrj^iiva deiXTixbv elvai tov delv aneiev%&ai xai to B tov
A, ei tö A tov B unQevxTai, o' ol neol SeouroartTov cog Ivctqykg ov XafißavovOi
/wpiff del'ieaig. Philop. ad An. pr. f. XIII b.: ol Si roü AQiaToziXovg
eTCÜQoi, ol neni tov QeoifQaßTov xai Evdrj/tov , Oaqre'o'Tepov xai änXovotcqov
tovto xaxaaxeväiovai • tpuai yctQ oti ei to A xutcc [irjdevög (Oti
tov B, navTmv tiSv fieowv ainov xe/woiOTcct." to de y.extoniOfie'vov xe%aiotv/
tevov xexioqiaTCii- toffis xal ro B ovdevi toj A vnao'Zei' tö yaq xe%ioqißuevov
tiSv nqög ti Iotiv , Tivog yao Ioti xe/tonia^erov , r« de nqog ti
Koog avTiaioe'tfovTa XiyeTuf elxorvig «p« xai to B ovdevi T<j> A' vnäqxei.
41) Mil den Worten des Anst- 1 welche lauten (32 a. 18): Xeyio cT Ivdk/ea&
ai xai to iräe/6/j.evov , ov (ir) bvTog ävayxaiov, reS-ivTog d' vnaQxtiv,
V. Die alleren Peripaletiker. 363
Hiemit aber fällt nun allerdings aller reale Boden weg, welchen Aristo
teles für den Begriff des Möglichen in dessen Zusammenhang mit dem
Notwendigen besitzt, und es fällt auch jene Unterscheidung des Mög
lichen weg, welche Aristoteles aufstellt, indem dasselbe entweder auf
uothwendigem Causalnexus, oder auf einer meislentheils eintretenden Causalität
oder auf einem unbestimmten Sein -Können beruhen könne; in
Folge dieser Unterscheidung aber hatte Aristoteles den syllogistischen
Werth der dritten Art der Möglichkeits -Urlheile von vorneherein ver
neint, für die ersten beiden aber den Grundsatz aufgestellt, dass alle
solche Möglichkeits-Urtheile ihrem entsprechenden verneinenden insoferne
gleich sind, als nur das „Nicht" nicht zum Verhum der Möglichkeit
selbst (d. h. nicht zu dem ivdc%steci) gehört42), und er hatte ferner ge
lehrt, dass bei dem auf Notwendigkeit beruhenden Möglichkeits-Urtheile
sowohl das allgemein verneinende als. auch das particular verneinende
vollständig umgekehrt werden könne, hingegen bei dem auf der blossen
Wahrscheinlichkeit des „Meistenteils" beruhenden das allgemein vernei
nende nicht umgekehrt werden könne (Abschn. IV, Anm. 546). Alles
oi&kv eOTai (ft« tovt' aävvaTov, bekennt sich Alexander selbst (f. 61 b.) nicht
einverstanden, indem er sagt: tirj d" äv ovv xvoCiog tvtfsxoutvov , o ftrj sari
fikv , Ttd-tv d" ttvai , ovStv aövvarpv inofxtvov i%W xal eir\ av tovto ojg
xvoiojTtncv elotjzibg neol avxov „ov firj övTog , rth^viog ö' vTtaq/ttv" , to
yccQ /J.T) ov ovo* ävayxatov. und er fahrt dann fort: 6 yovv &söi{ oatJTog iv
rw noanroj tojv tiqot£qu>v HvctXvTixiäv (also an der entsprechenden Stelle wie
bei Aiist.) Xs'yiov JTtql tiov vno tov ävayxatov ar\fiaivo^iviav o'vTiog yod(f€f
„xqCtov to vnäo/ov ■ ots yuQ vTiao/ei ,. tots ov/ olöv Ti /lij vnÜQxeiv'
iäiov de tov ivStyofiivov t6 to fjrj ov vnoTiätaäcii tlvai , tnel xctl to avay
xaiov xul to vrraQ/ov av käßrj Tig ilvai, oiix aävvaTov Ti äxoi.ov9riOei, xal
idxai iif aQju6£iov 6 Xoyog xal to~j dvayxuim xal Tip vnäo/ovTf äiö läiov
toö tvä s/o(a.(vov to fifj vnaoyov aiiTO <ög vnao/ov vnore&ev [ir\äiv äävvatov
f/eiv STtöfifvov.'' (p yäo aävvaTov ti vtiotiO-^vti eneTai, äävvaTov
tovto, dvvttTip äi vTioTt&tvii ovxixi aävvaTov, iög ästest, (ig elvai läiov
airov ov tö jUr/ vnän/tiv , äXV OTav fir\ vnao/ov imoct&ri inäp/eiv , firjäiv
ov/ußaivav aävvaTov. Boeth. ad Ar. d. interpr. p. 428.: an magis illud
dicendum est, quod sicut se in affirmationibus habet, ita quoque in negationibus,
ut Theophrastus acutissime perspexit; fuit enim consequenlia in afßrmativis , ul
necessitatem et esse consequeretur et possibilitas , possibilitatem vero nec esse scqueretur
nec necessilas; idem quoque penitus perspicientibus in negationibus apparebil;
veniens namque negatio in necessario faciensque huiusmodi negationem, quae
dicit ,,non necesse est esse", vim necessitatis infringil et totam propositionem ad
possibile ducit . . . . recte ergo fractam necessitatem et ad possibile perduetam cum
negatio dicit , non necesse esse , nec nun esse nec non contingere esse consequitur
hie orilur quaestio subdifficilis , nam si necessitatem sequitur possibilitas,
non necesse autem possibilitati confinc est, cur necesse esse non sequatur id quod
dieimus non necesse esse, nam si possibilitas sequitur necessitatem , non necesse
autem esse sequitur possibilitatem, sequi debet necessitatem ergo id quod non ne
cesse esse praedicamus ; quae hoc modo dissolvitur : non possibile esse, quanquam
vim habeat necessitatis , dijfcrt tarnen a necessitate, quod illa afßrmativam habet
speciem , illud vero negativam, sie etiam possibile esse et non necesse esse differunl
eo lantum , quod illud est afßrmalivum , illud vero negalivum, cum vis eadem
significalionis sit et hanc quidem huius solutionem quaestionis Theophrastus vir
doctissimus reperit.
42) Nemlich dass das {"vdfyeo&ai, vTiäo/tiv sich vertauschen lasse mit tvSi-
Iftafrat fifi inaQ/uv , und das tvdtyta&ai navTi vnao/iiv mit iv$£%ta&at.
Mtievl xal firj navTl indn/eii', und das hSfytaS-ai. tivI vnttQxeiv mit Mt"-
^£<i*«( fxtj tivI vnaQ/eiv. (Abschn. IV, Anm. 283 u. 543.)
364 V. Die älteren Peripaletiker.
diess nun wird von Theophrast und Euderaus sehr bequem egalisirt,
weil nur mehr die Form des Urlheiles ins Auge gcfasst wird , und die
selben finden , dass die ganze Lehre von der Umkehrung der Möglich
keils - Urtheile bei Aristoteles sich nicht richtig verhalte, da ja, wenn
man das Möglichkeits-Urtheil überhaupt in sein verneinendes Gegentheil
umkehren lasse, eben der nemliche Grund auch dafür spreche, das all
gemein verneinende Möglichkeits - Urtheil überhaupt jedenfalls umkehren
zu lassen43); dieser „nemliche Grund" aber ist Nichts anderes, als dass
nur die formelle Verbindung eines Subjectes mit der als ganz unbestimmt
gefassten Möglichkeit einer prädicativen Bestimmung (welche also dasein
oder nicht dasein, und Allen oder nicht Allen oder Keinen, und Einigen
oder nicht Einigen zukommen kann) in Betracht gezogen wird. Dieser
Grund, welcher besonders mit dem auch sonst noch öfter erwähnten
Lehrsatze, dass das allgemein verneinende Möglichkeils-Urtheil überhaupt
wie jedes andere allgemein verneinende Urlheil umkehrbar sei44), in
Verbindung gebracht wird, stimmt nun völlig mit der oben (Anm. 40)
angeführten formellen Auffassung des verneinenden assertorischen Unhei
les zusammen, da auch hier nur die Möglichkeit der „Getrenntheit" eines
Subjectes von der Verbindung mit einem Prädikate beachtet und biemit
der formalistische Standpunkt deutlich zum Principe gemacht wird45).
43) Alex, ad An. pr. f. 62 b. : fiel [ie"vToi eiSivai ort fj Toiairrj tojv ni>o-
Tadeiov ttVnGjQoif rj oix iarlv vyifjg xecra jovg neol Qiöif Qaarov , ovtfk
XQOjVTai airrj' tö yaQ airb airiov tov rr\y T£ xa&öXov änoqavTixfjV ivtfeyo/
j&TjV ttVTtOjQfrfeiv ctvTrj Xiyeiv TiaoanXrjOioig ry re vnaQ%ovo~rj xul tj
avayxaCa , xal tov nvxiaTQtqiiv rag xaraifaTixag lvSt%Ofi(vag Talg äno-
(pctTixalg lväe%ofi£vat g , o ä$iol Aniaioie'Xrjg. S. auch unleu Anm. 53.
44) Alex, ebend. f. 17 a.: AijiaTore'Xrjg (tev ovv $tä t«£t« rfjv xa&6Xov
anoipar ixfjV IvSt^ofiivrjV ov iprjtSiv aVT kst niifeiv aitij ((. avTrj), QeöifQa-
Otog St xcu TctvTrjv öfiofcog Talg aXXaig anoifaTixalg ifijolv aVTiOTQe'weiv.
Schol. Cod. Par. b. Brand. 150 a. 7 ... xal TavTtjV e ivai Xiyei (sc. 'A).il;avoQog)
rfjv xvQi'cog «irCav tov fir\ Tinos iccutfjV avTiaroeq eiv rfjv xa&SXov ctTiofpartxfjV
(sc. iväe/o/j.e'vrjv). QeölfQaOTog <5i ifrjOi xal TavTtjV ö/j.oC(og raig xa-
&6Xov ano(f anxttig nnbg iavrrjV ävTtOTne'ipeiv.
45) Alex, ebend. f. 87 b.: neol rroCug iie aVTirtTooi/ rjg Xfyei, iäfjXmae na-
Qct&tjAivog rovg ooovg' neol yetQ jr\g xcträ Tijv \maXXuyj\v tojv ÖQ(ov, ov
net>l rfjg eig Ttjv xaTaifaöiv fieTaXf/ipeiog' ixelvr) yäo avTiatgiffftv xelrai.
0eö(fQaOTog fiivrot xal Evötj^og avTiorofyetv tpaal xal TrjV xa&oXov
ttTtotpaxixrfli avTri, oignep ävTSOTQCifC xal fj vnäo/ovaa xaf}6Xov änoitaTtxfj
xal fj avayxala' oji de ävTiOTQitpt i , äeixvvaiv ovro>gm „ei (für ei ist wohl
för(o zu lesen) tö A Ivdfyerai toj B ^irjäevl' hei dt ivd^/erai to A to}
B [xrjdevl, otc lv(S^/erai fj.rjSevl, lört ivdfyetai änefrv/dai tö A ndvxiov
r(Sv tov B' ei <5t ioüto, eorai xal tö B tojv A äneZevy/j.e'voV ei de
iovto, xal to B fVtff/f T«t toj A firjSevC." eoixe AQiarore'Xijg ßtXTiov
avTÖiv Xfyeiv /ji) cf äöxcov avTiOToe'ff eiv tt\v xa&6Xov artoif aTixr\v IvSey^o-
/xe'yrjv eavTrj ttjv xara tov SiooiOfiöv ov yäo ei rl xivbg arre'fr vxTat , ijcfr)
xal h'öexofxivcog üne'CevxTai avTov. Die ausführlichste Notiz hierüber aber findet
sich in einer Stelle eines anonymen Commentators , welche Minas in s. Ausg. der
pseudogalenischen Eigayojyi] AiaXexTixr/ gelegentlich in seinen Anmerkungen (p.
100) mitlheill: nenl Trjg xudöXov ärtoq arixrjg Inl Trjg e'v<$e%o/xe'vris vXtjg QeöifQaarog
d'ttjve'x^rj tiqo; AQiclTore'XrjV xal Evärjfiog, oig xal reöj' vvv ayeSbv
nävreg xaTaxoXovS-ovaiv uvtiOtq^ eiv yäo yaoi xal inl rijg iväe/ofie~vi]g
vXng TiQog eavTrjV togneo xal inl Trjg inaQxovOrjg xal avayxaiag ' xal tovto
Ifirceäojaai neioäVTai övalv ini/etQrj/iaat. , äiä tc d*e(t;eo)g ix&exixfjg xal
Trjg eig äifvvaTOV äytoyrjg' fj ftev oOv ix&erixfj Sel^Cg iaxi roiavrrj- ei ivV.
Die älteren Peripatetiker. 365
Den nemlichen schlechthin formalen Charakter hat es auch, wenn
Theophrast (und mit ihm wahrscheinlich auch Eudemus) in der eigentli
chen Lehre vom Syllogismus bei der ersten Figur die Zahl ' der vier
aristotelischen Schluss-Modi auf neun erhöhte und die hinzugefügten fünf
den ersten vier ganz gleichstellte. Es hatte nemlich auch Aristoteles,
wie es sich von selbst versteht, eingesehen, dass in Bezug auf die An
wendung des Resultates eines Syllogismus alle Schlusssatze wegen ihrer
möglichen Umkehrbarkeit — also nur mit Ausnahme des parlicular ver
neinenden Schlusssalzes — mehr in sich enthalten , als sie so schon,
ohne umgekehrt zu werden, aussprechen, da ja ein allgemeiner Schluss
satz von Allem, was im Unter-, und von Allem, was im Mittel - Begriffe
enthalten ist, gilt, sowie ein parlicular bejahender Schlusssatz von Allem,
was im Mittel-Begriffe enthalten ist (Abschn. IV, Anm. 609); und ebenso
hatte Aristoteles anerkannt , dass in allen drei Schlussfiguren unter den
unsyllogistischen, d. h. zur Bildung eines Schluss-Modus unfähigen, Combinationen
von Urlheilen noch solche sind, welche wenigstens in irgend*
einer Weise den Oberbegriff mit dem Unterbegriff in eine Verbindung brin
gen, nemlich dass, wenn die Qualität der Prämissen ungleich, eine der
beiden aber allgemein verneinend ist, durch die nöthige Umkehrung und
Vertauschung der Prämissen ein Schlusssatz erreicht werden kann, wel
cher aber den- Unterbegriff vom Oberbegriffe prädicirt (Abschn. IV, Anm.
608). Diese beiden von Aristoteles schon ausgesprochenen Möglichkei
ten nun eines vom Wesen des Syllogismus abseits liegenden Verfahrens
brachte Theophrast zur Verwirklichung, und stellte die so gewonnenen
ausserwesenllichen Schlussmodi den wesentlichen aristotelischen gleich ;
ob die fünf neu hinzukommenden schon von Theophrast technisch
als avXXoyiG^iol Kar' äväxXaßiv oder als ccvTavcaiXc6(ievoi bezeichnet
worden seien, mag bezweifelt werden ; in der späteren Tradition wohl
erscheint jener Name. Jedenfalls aber hat Theophrast es als schulmässige
Regel ausgesprochen, da^s_jn_der ersten Figur"~neun Schlussmodi seien,
welche er denn nun auch der Heilie näth nümerirt aufzählt40). Die
ersten vier sind die aristotelischen:
l.AUesBistA 2. Kein B ist A 3. Alles B ist A 3. Kein BistA
Alles C ist B Alles CistB Einiges C ist B Einiges C ist B
Alles C ist A Kein C ist A Einiges C ist A Einiges C ist nicht A.
Sfytxtti To Xevxbv iv firjdevi etvai av^oiönip , ivde'/erai to Xevxbv ane-
£ev/&ni nttvtbg uv&qu>7iov , xal 6 av&Qüinog ane^evyfie'vog navzbg earai
Xevxov. i\ fi\ eig aövvarov SeT^Cg tariv avri]' Intl rpevdog to tvSfyead-ai
firjätvl Xevxip tov avS-Qtanov elvai , ägnsQ fxrjdevl uv&Qtönb) IvdfyeTai t6
Xevxbv, äXrj&kg edTui to (ir\ ivStyeafrai /jrjdevi Xevxtji tov avdQionov elvai,
xartirf aaig yÜQ xal anöqaOig r«Crn' el de tovto aXrjSeg, xal IS Aväyxrjg
tivi Xevxip vTTKQ/iiv tov cIv&qcotiov &Xr)!Hg' al yao tov iväe%ofie'vov ttqo-
Taang nob tov tqotiov ).aßovaai Trjv etQVrjaiv laodvvajiovai TctTg avciyxataig'
lav de aXr\&eg r\ xb ii avayxi\g Tivi Xevxh) vnaoyei b av&Qionog,
xal to Xevxbv 1$ avayxrjg vnaQxei Tivi' imixeixo de xctl lvde"xeaöui /j.rjdevl
av&Qiöntp to Xevxbv to amb ctija xctl IvdfyeTai firjdevl xal £f avctyxqg
Tivi to civtÖ' ojien IotIv avTicraOig.
46) Die Hauplbelegslcllen hierüber sind: Alex, ad An. pr. f. 27b.: avTog fj.ev
(sc. lA.QiOTOTe'Xrji) Toviovg Tovg lyxeifj,e"vovg avXXoyiOfiovg eJ" edei^e nQor\-
yov/*e"vcog Iv T<j> nqcÖTti) a/^/xazi yivo/j.e'vovg , OebcpoctOTog de 7iqoaTl&r)0tv
366 V. Die älteren Peripateliker.
Die nächsten drei beruhen auf der oben erwähnten Uinkehrung der
Schlusssälze und sind daher drei, weil der Schlusssatz von 4 nicht um
kehrbar ist, also :
5. Alles B ist A 6. Kein B ist A 7. Alles B ist A
Alles C ist B Alles C ist B Einiges C ist B
Einiges A ist C Kein A ist C Einiges A ist C.
dXXovg nivTt ToTg TtooctQOi tovioig ovxiri TtXeCovg ovä' dvanoäeCxTovg
ovrag (ävanoäeixTot heissen in der späteren Schulsprache jene Schiiissmodi, welche
keines weiteren Beweises, dass sie syllogistisch sind, bedürfen), cov fivtjftovtvei
xal AniOTOTt'Xrig , tiöv fitv iv tovt(>> tcö ßißXCai nootXftibv (I, 7), tcov äk tv
TCÖ /AtTCt TOVTO T<p ätVTtQCl) X(tz' &Q%itg (11, 1), TCÖV fltV TQllÖV TCÖV XClTCt
»VTiOtQowijV rcöv avfintQaafictTiov ytvofiiviov, rov Tt nocorov avanoätixxov
xcti tov ätvrt'Qov xcti tov tqCtov, tv toj ätvrt'Qii) xccTct rag ao/ctg, tv oig
Zt)tii tl ivät'/tTcu nXttova ovfintQcia/jaTa ytviad-at int rolg auTotg xtifitvoig,
tiöv äk xar aXfmojjiiviov ävo iv TovTotg oig Xfyti bri tiöv acfvXXo-
{yCajti>v av£vyiüv cd fitv o/ioiocrxrjfiovtg (d. h. wo beide Prämissen gleiche Qua
lität haben) TiXtioC tiaiv aOvXXöyiatoi , iv äk rate ctavXXoyCaroig Talg i%ovßaig
tö anoifctTixbv xaihoXov xcti ovaatg dvofioioa/rjfioat owdytraC rt dnb
rov iXarrovog bnov ngbg rov fit(£ova' avrai ät tlöiv iv nocarcj) oyrjfiari
ävo OvfinXoxal , rj Tt ix xa&oXou xarciifcirixrjg rrjg fiti'favog xal xa&öXov
anoqaxixfig rrjg iXarrovog , xal r) i'£ inl fie'Qovg xaracraTixrjg rrjg fit((ovog
xcti xafröXov anotf anxrjg rrjg iXarrovog cov rov fitv byäoov ibv fik t-vvarov
QtoifQctGTog Xiytt' avvdytrcu äk dvTiorqtcrofiiviav ä/icpoTt'ijcov rcöv
ngordotcov tnl fie'Qovg anotf iirixbv dnb rov iXarrovog Sqov nqbg rov fieC-
£ovrt 0vfj7tenaO[ia. cbend. f. 42b.—43 a.: oaat fitv xa&' exaarov o/rj/ia bfioioayr]
fiovtg ovOai ov£vy(at r)aav dtSvXXoyicrroi, avrai nnbg rip to nQoxtlfitvov
citixvvvctt oiä' uXXo rt äeixvvovaiv oM'i awdyovcnv Saat ät dvo/ioioo/r/-
ftovtg ovoat dovXXöytarol eiot zofl' exaarov ayrjfia 'tyovoai to iittoij arixbv
xaS-oXov, nobg fiiv tt)v rov nQoxtififvov itTflv elaiv dovXXoyioroi , ciXXo
fiivrot i( avrcöv fort avXXoyCotiO&cu xcti äeiSctt ävoftoioa/rifjoveg cfk
xal xaret rb notbv öiacf ioovcfcci e/ouaat rb y.uiybXov emoer aTixov, r\Oav
üovXX6yio~Toi Iv /utv nocorco a%r\Ltuii r\ te ix xaSoXov xccTcarccuxfjg Trjg
fi.il£ovog xcti xa&öXov ctTTOc/ ctTixrjg Trjg Hc'cTTovog , xal r\ i'£ inl {liqovg xaiaifarixr)
g Trjg fieifrvog xal xu&oXov anotf artxrjg rrjg iXcirrovog £?-
Xr\if !tco yaQ notörov iv nQCOT(t) ayr)ficai aavXloyiOTog ovoa r) Ov^vyCa 17
iyovoa to A navxl xijj IS, to B oväevl rq> r- iv yäi> Tavrtj tov fikv A
nobg to r ovä(fi(a awctyioyr] ytvtTtti .... cswaytrai fiivxot avXXoytaTtxcog
itnb Toi) IXctTTOvog oqov nobg tov fte(£ovci • aVTitSTnaif titfüiv yaQ ctfitf oTt'-
qcüv Ttuv nooTcicHiov ylvvtat rb r t^5 Ii oiitfevl, to B tv> A Tivl....iS
tov Ovvüyerat to F rivl t^5 A firi vnaQ/eiv , Ttjv /uiv ueC^ova /aiQav tov
r Xaßövrog iv toj av/ineodcrticcTi , tt)v di iXetTrova tov A, ävctnaXiv ij
kxeiVTO ix fitv oiv Trjg Gv£vy(ag Tuvxr\g tovto re rb ntjoxttfitvov xal
[aid. dXXo 11) ovTtog ädtiXTctf ij htna äk r) rr;v fitv fietfava inl /.tiQovg
t/ovoa xaraq arixfjv, Trjv äk iXchrova xalröXov anott citixt)v xaTct aVTiOTQO-
(ji)v diicfOT {qiov Tcov nQoidaecitv ätixwai xcti «iir/ tö F tivI r<j3 A fir)
vndojrjiv, avcinaXiv rj fiOctv ol oijot xtlfitvot XrjwS-iVTtov airtüv ovrot tlolv
01 ävo avXXoyicjftol TtXtvTcaot Ttav nivTt ovg QtöifoatSTog nooOTi&tlg ToTg
iv nquiTCf) ayijfiaTt xeifie'voig Tt'tfOaQOtv ivvia X(ytt y(vta&ai avXXoytOfiovg
tv nt>(ÖTO) (T/rjfiaTi , ovreg TtXevTaTot äiori ovä' oXcog ovtoi to nooxtifitvov
dtixvvovoiv cbg oi nob abziüv rgtig ävriaTQtifOfi^vov tov OvfintQciaftarog.
tiüv ät xaTaXtmout'viov tqicSv tcov xut' ävTtaTQocf r)v tcov avfintgaoficircov
yivofiivcov, tov rt nocoTov xcti tov äevrtQov xal tov tqCtov tcov
fv noolicp ayrjiictTi, uvrjuovtvti xal avrbg AotOTOTt'Xrig cio/öfitvog tov ätv-
Tt'oov tcov IIqot(qcov AvaXvTixcäv o'i nob tovtcov tiöv ävo k/ovoi tt)v
Tct£tv naoci Gtoif naOTco. Schal. Anon. b. Brand. 188 a. 4. : tvvt'a ifr\alv b
BtötfQaarog elvat avXXoyidfiovg iv a' ctyr\u.aTf tpaCvtiai äk xal AoiaTOTs"-
Xrjg tcov ivve'a fie/jvrjfie'vog , Ttaaciqcov fitv tiöv civanoätixriov , tqicöv äk
V. Die älteren Peripatetiker. 367
Der achte und neunte Schlussmodus aber beruhen auf jenen Prämissen
ungleicher Qualität, deren eine allgemein verneinend ist, neinlich:
8' £ C is! B was durch UrakclirunS der Prä" Kein B ist C
missen und dann Vertauschung Einiges A ist B
derselben nun die Form erhält Einigeg A ist nicht C.
und ebenso 9. Einiges B ist A . . .. „,„■,,„
Kein CistB was durch" d.e gleiche Kein BistC
Manipulation die Form EinigesAistB
erhält
Einiges Aist nicht C.
Man sieht bei diesen Theophrastischen neun Schlussmodi der er
sten Figur auf den ersten Blick, durch welch platt formale Auffassung
die letzten fünf entstanden und alle neun dann einander gleich gestellt
seien; denn durch 5 und 7 wird aller wesentliche Unterschied zwischen
1 und 2 verwischt, 6 aber ist neben 2 schlechthin wertblos, 8 und 9
hingegen könnten höchstens als technisches Mittel , um ein Problem auf
4 zu reduciren, eine Bedeutung haben, keinenfalls aber als eigene Schlussraodi.
Uebrigens sind diese beiden, nemlich 8 und 9. voinler scholastischen
Logik_jceci£irI_und als_dig_ der ersten Figur angehörigen ,,imhrecK^Sy_llogisjjieA*'
bezeichnet worden (s. Abschn. XII, Anffl. 13t>). Wichtiger aber für
die Entwicklung der Logik überhaupt ist die Schwäche, ja sogar_der Mangel
.io^ |pgi°''iipn_I'rincipes , welcher hier offenbar vorliegt ; denn während
bei Aristoteles die real wahre Verbindung des Ober- und Unter-Begriffes |
ovg ivravd-a naoaStdoiGi xctTa &l>TiOTQorfi]V twv OvfintQaanaTiov TÜv
TQläV , TO yaQ TOV TETltQTOV OllX aVTlOTQ&pl l , TOJV $t XoMtöV tivO i/XVtj-
/uövevatv in to) a ßißXtqj, hrfra fXiyev bxi twv aavXXoyCaT(ov avi^vyitov cti
dvofioioß/^fiovus f^ouffat reis nooidoug xai xa&oXov tt\v etnotj aTixrfV noiovai
avXXoyiGfiov itXXov nvds nuija to Tiaoxeffievov. Ganz ungenau ist Appul.
d. interpr. p. 280. Oud., wenn er sagt : verum Aristoteles in prima formula quatuor
solos indemonstrabiles prodit , Theophrastus et ceteri quinque enumerant , nam propositionem
iungentes indefinilum colligunt quoque illationem indeßnitam ; noch dazu
da er selbst, p. 273 f. völlig jene obigen neun Theophrastischen Schlussmodi auf
zählt und erklärt. Boeth. d. syll. categ, p. 594 (ed. Bas. 1570): sed Theophrastus
vel Eudemus super hos quatuor quinque alios modos addunt ceteros vero quinque
modos Theophrastus et Eudemus addiderunt (p. 595) Theophrastus et Eu
demus prineipium capientes ad alios in prima figura syllogismos adiieiendos animum
adiecere, qui sunt huiusmodi qui xcträ avdxXaaiv vocantur, id est per refractionem
quandam conversionemque propositionis ; et est quintus modus ex duabus
universalibus affirmalionibus particularem colligens afßrmativam .... sextus modus
est primae figurae , qui ßt ex universali negativa et universali affirmaliva universa
lem conclusionem per conversionem colligens .... septimus modus primae figurae est,
qui ex universali affirmaliva et particulari affirmaliva per conversionem particularem
colligit afßrmativam octavus modus primae figurae est, quoties ex universali
affirmationc et universali negatione particulariter colligitur nonus modus pri
mae figurae est, qui ex particulari affirmaliva et universali negativa particularem
colligit negativam per conversionem. Philop. ad An. pr. f. XXI b. : %ti naoa
TovTovg elölv ot xaXovutvoi, aVTavaxXoyjxtvoi , oi xai ix tovtcov yCvovTai
/ipvov tov ßvfAntQäöfiaiog avTiGToiqovTog xara rrjv otxeiav ävnOTQooriiv,
oiov fi to avfintoaGfia ton xai)-6Xov unoifuTixbv , iotai 6 dvravaxXtofievog
ojdff Xld-og xut' oväevog f(iou" £q>ov xaTct navrög av&Qo>nov Xld-og
xut' oviivog avd-nojnov xai av&oomos xut* oväevög Xtöov. Vgl. Abschn. X,
Anm. 14.
368 V. Die älteren Peripatetiker.
mit dem Mittelbegriffe , wie dieselbe in den Prämissen determinirt vor
liegt, der reale Grund davon ist, dass es vier und nur jene vier Schlussmodi
in der ersten Figur gibt , wird hier diese Determination der Be
griffe verlassen und nur mit der Form der Urtheile und des Schlusssatzes
getändelt, für welches Spiel dann allerdings diejenigen Formen, welche
als selbstverständlich noch in einem Scblusssatze stecken können , oder
diejenigen, welche auf Umwegen eine Verbindung zwischen den Begriffen
erst herstellen, als gleichberechtigt mit den wesentlichen Formen erschei
nen, denn getändelt wird eben mit allen. Den Nachweis ^abe^das^jdiese
fünf theophrastischen Schjusgvj^eisen der ersten i'.igur das Original der sog.
"vierten galentschcn"~Figur sind, s. "Xbsclin. IX, Anm. 100.
~ Ätillatlend nun "waftTes nur, wenn Theophrast, nachdem er in der
ersten Figur die „indirecten Syllogismen" den übrigen Schlussmodi gleich
gesetzt, das Nemliche nicht auch in der zweiten und dritten Figur gethan
hätte. Alexander entwickelt an jener nemlichen Stelle, welche uns
so eben hauptsächlich als Quelle betreffs der ersten Figur gedient hat,
ganz richtig die sog. indirecten Syllogismen auch für die beiden übri
gen Figuren, nemlich Einen für die zweite :
Einiges B ist A . , „ „, . Kein A ist C
r ;<,i * was in derselben Weise wie =r^ ——
Kein t, ist A , ,. _ , E niffps A ist B
oben die Form erhält „ !K „ . 1 , „
Einiges B ist nicht t
(zusammenfallend mit dem 6. Modus der III. Figur),
und zwei für die dritte :
Alles C ist A Einiges C ist A
Kein C ist A um Kein C ist B
welche beide durch Umkehrung und Vertauschung der Prämissen die
Form erhalten
Kein B ist C
Einiges A ist C
Einiges A ist nicht B
(zusammenfallend mit dem 3. Modus der II. Figur).
Ahcr derselbe erwähnt hiebei47) des Theophrastes mit keinem Worte
47) a. a. 0. f. 421). — 43 a.: Iv o°h x(p JevxtQM (sc. &vouowaxx\(itav lo~xl)
t) xr)v fiiCtfiVa t/ovira inl fiioovg xaxmpaxtxrjv , xt)v dl iXdxxovu xa&öXov
ano(fuxixr]v ' iv <Sl xq> xqlx(p cd xr)v fttv. fit C(ova ij xnfhulov rj xuzu ftiQog
xaxa(faxixr\v eyovaui, xr)v St iXc'txiovu xa&öXov anoqaxtxrjv xal r)
iv Tip ätvxiob) Si ayj\uuxi uOvXXoyiaxog ovOa OvftnXoxi] t£ inl fityovs
xaxatfaxixrig xr\g fittCovog xul xa&oXov dnotfaxixrjg xr)g iXdxxovog , nobs
fih' xö Ana xov fit(£ovog oqov TiQÖg xbv iXdxxovu oqov StiiaC xi avvuyöfitvuv
uavXXoyiaxog ianv, anb Sl xov iXdxxovog nQog xbv fit((ova avvayti
dvxiaxQuu ttatjg xijg xuihöXov dno<paxixr)g xr)g iXdxxovog xul xr)v fitC^ova
^ioquv fitxaXaßövxog xov iXdixovog oqov Ii; ibv rlvvdytxui b xr/v &Qxkv
vnoxtütlg iXdxxiov xivl fir) vnaQytiv i(j5 xtjv unyijv vnoxt'Hvxi fitl£ovf
AXXa xal al iv xtji XQiicp a/r]uaxi o~v£vyiui Svo, i) xt tx xaäöXov xaxtupaxixijg
xr)g fitl£ovog xal xaüöXov unotf axixijg xijg iXdxxovog, xul r) Ii; inl
fityovg fitv xaxa<f,uxixrjg xijg fiti'£ovog, xudöXov St «Ttotf axixfjg xr)g iXcixxovog,
TiQog xb nQoxtCfitrov uavXXöyiaxoi ovoai uvdnaXiv xal uvrm avXX(
jylt,ovxai Inl fitQovg dnoii ctxixbv afMfOxeoai anb xov IXdxxovog oqov
nQog xbv fit(Cova xax' avxiOTQO<{jr)v xal avxaixrjg fteifrvog nQoxdottag xaxaifuxtxr)
g.
V. [Die älteren Peripaletiker. 369
mehr, was ich jedoch dadurch erklären möchte, dass in jener ganzen
Stelle es dem Alexander nur um vollständige Ausführung des Inhaltes
von An. pr. I, 7. zu thun war, wo Aristoteles nur für die erste Figur
die indirecte Schlussweise erwähnt, für die übrigen aber nur angedeutet
hatte, so dass demnach die Erwähnung Theophrast's bei der ersten Fi
gur für Alexander nicht die Hauptsache, sondern nur eine gelegentliche
gewesen wäre, und also in Bezug auf die zweite und dritte Figur nicht
ein Beweis aus dem Stillschweigen genommen werden dürfte ; im Gegentheile
glaube ich, dass Theophrast überhaupt jene sog. indirecten
Syllogismen ausgeführt und daher die je entsprechenden auch der zwei
ten und dritten Figur beigefügt habe.
Ausserdem ist uns überliefert, dass Theophrast in der dritten Figur
die von Aristoteles angenommene Reihenfolge der Schlussmodi änderte,
indem er den dritten, weil derselbe in Bezug auf den Nachweis seiner
Berechtigung zweier Umkehrungen bedarf, „mit dem vierten, welcher nur
Eine Umkehrung nöthig hat, den Platz tauschen Hess, und ebenso den fünften
mit dem sechsten , weil ersterer nur apagogisch nachgewiesen werden
könne45); was wohl ebenfalls eine grössere Aufmerksamkeit auf die
technische Form der Behandlung des Syllogismus, als auf die wesent
liche Verbindung der Begriffe desselben beurkundet. Höchstwahrschein
lich war es auch schon Theophrast, welcher in der nemlichen dritten
Figur den ersten Schlussmodus wegen der Umkehrung des Schlusssatzes
verdoppelte,
Alles C ist A Alles C ist A
Alles C ist B Alles C ist B
Einiges B ist A Einiges A ist B
und letztere Form als siebenten Schlussmodus dieser Figur zählte49);
48) Schol. Cod. Reg. b. Brand. 155b. 8.: 6 äi ye @e6(pQaazog 6 tov Hqi-
BToz(Xovg fiaihjrrjg xal HX^avSQog b afiqoT^Qiov i^yrjTrjg er^Qav ru\iv
naQaäeäiöxaOiv ätfecogaxoreg TiQog rbv tqottov ifji aixoStliewg. xr\v yaq
Tiaq rjfiTv TQi'ttjV rr\V h'%ov0av rrjv iXänova narrt rrjv cJf fiet&va rivl,
TfTanrrjV Tariti tag äloftivrjV Svo ävTiOTQOcfüv, tr\v <ff 7r«p' rjfiTv rciäf)-
rrjv tqCtt]V rärru lög fitag xal fiövtjg ätofitvrjv üvriaTQCxprjg, xal naXiv lijv
n{fmtr\v xr(V navrl xal ov navrl sxrrjv räzrti mg xqQfvovOav rijg xqcCttotos
naatöv «Äo(Tfi|fWf zrjg in' cM-etav, fiovov Sh äiä rijff sig ad'vj'arov
änuyioyrjg Stixvvfitvr\g , rrjv <!" exTtjV tt}V rivl xal oiidtvl ntfinrrjV rärrti
o>s xar' üfitfio ä(ixvvfi(vr]V xal in' tv&eCag xal oV aSvvärov. Einen an
deren , weniger passenden , Grund dieser Aenderung der Reihenfolge vermuthet in
Betreff des 3. u. 4. Modus Philop. ad An. pr. f. XXVIII b. : rovxov cJf rbv OvXloyio/
jöv ol ntql @( 6q qaarov riraqrov %ra%av, ort iäe^&rj äiio ävriOTQOqüv,
'AttiaroxiX-ng äi rqCrov, xal tatog äiöri iv tqCt(o ayr\ftari y IXärraiv
i|» TTQÖTamg r) xvQog S-zovOa /täXtara- aäiafioQüig yaq iv avrtp 1%U fj fitt-
(uv xal xarä iö noabv xal xara rb noibv, rj <Je IXärriav nävriag r<j5
noat>> xixooftijo&ai ßovXerai, xal naq' avrrjv rj avXXoyianxal rj äavXXöyi-
Oroi ylrovrai al aufinXoxal tojv nQoräoeav. ebend. f. XXX a.: lörtov äk
ort rovrov rbv tqotkv QeöyQaOTov ntfxnrov rärrovoi, nQorärrovrtg avrbv
rov TtqodQrifitvov, äiöri ovrog fiiv oV avnarQ(Xfijg xaraaxtvd(erai, ixeivog
tfio (UöVjj? rrjg äävvurov anaymyr)g.
49) Wenigstens schreibt Appul. d. interpr. p. 276. Oud. diese Verdopplung
ilem Theophrast zu: in tertia formula primus modus est; qui condueü ex dedicaunhersalibus
dedicativum particulare tarn directim quam reflexim , ut „omne
Pbaktl, Gesch. I. 24
370 V. Die älteren Peripatetiker.
es wäre auch diess nur völlig analog dem obigen bei der ersten Figur
angewendeten Verfahren.
Noch entschiedener aber liegt die mangelhafte und unphilosophische
Auffassung des Begriffes in jenem Theile der Analytik zu Tage , in wel
chem Theophrast und Eudemus, entsprechend dem betreffenden Abschnitte
des aristotelischen Werkes, die Lehre von denjenigen Syllogismen ent
wickeln , welche aus Urlheilen der Notwendigkeit oder aus Urlheilen
der Möglichkeit oder aus Comhinationen von Möglichkeits- und Nothwendigkeits-
Urtheilen unter sich oder mit Urtheilen des Staltfindens bestehen.
Von untergeordneter Bedeutung zwar ist es, dass Theophrast betreffs
des aus zwei Nothwendigkcits-Urtheilen bestehenden Syllogismus für den
vierten Modus der zweiten Figur und für den fünften Modus der dritten
Figur in der Art der Begründung derselben von Aristoteles abwich 50).
Hingegen gross und durchgreifend ist die Differenz, welche sich bei den
aus verschiednerlei Urtheilen combinirten Syllogismen zeigt. Nemlich schon
bei jenen, welche aus einem Urtheile des Staltfindens und einem Urtheile
ins tum honestum, omne instum bonum, quoddam igitur honeslum bonum" vel sie „quod
dam igitur bonum honestum"; quippe non interest, quam ex utraque propositione facias
particulam subiectivam, quoniam non interest, utram prius cnuncies ; idco non rede arbilratus
est Theophrastus, propter hoc non unum modum hunc, sed duos esse (dieser Ta
del ist um so einfältiger, als Appulejus selbst die nemlichc Verdopplang in der ersten
Figur angewendet hatte; s. Anm. 4ü.). Alex, ad An. pr. f. 37 a.b. hingegen spricht
nur von Tivig, welche auf diese Weise sieben Modi der dritten Figur angenommen
hätten: ävvtiTcu de xitl rrjg fitl&vog avnaiQcuf (lar\g yevsad-ttt , ccXXä äerjOH
xai tö av/j.n^Qaa/.ia nvn(JTQi(f Siv öiö xai tovtöv Tiveg tov avXXoyta/xdv
TiQoOriSevTcg oig aXXov tov nab ccvtov stitü (fuoiv etvett rovg Iv tovtüj T<i>
a/rj/ittTi avXXoyiöftovg.
50) Es sind nemlich jene zwei Modi folgende :
II, 4. Nothw. ist Alles ß A und III, 5. Nothw. ist Einiges C nicht A
Nothw. ist Einiges C nicht A Nothw. ist Alles C B
Nothw. ist Einiges C nicht B Nothw. ist Einiges B nicht A
und Arist. hatte deren Berechtigung durch jenes Verfahren, welches er den Beweis
vermittelst ex&eöig nennt, nachgewiesen, nemlich wenn in II, 4 jenes einige C, von
welchem A nothvvendig nicht prädicirt wird, z. B. D ist, so erhält man
II, 2. Nothw. ist Alles B A
Nothw. ist Alles D nicht A
Nothw. isTÄlies D nicht B
wofür sich nun wieder mit SubsÜtuirung des „Einiges C" für I) obiger Schlusssatz
ergibt; ebenso entsprechend bei III, 5. Theophrast hingegen wollte den Beweis
apagogisch führen , und da nun das dann anzunehmende Gegenlheil des Schluss
satzes (Nothw. ist Einiges C nicht B) nur lauten kann „Möglicherweise ist Alles C
B", so war hiedurch Theophrast in das Gebiet der aus Möglichkeits- und Nothwendigkeits-
Urlhcilen combinirten Syllogismen hinübergeralhcn und musste den Be
weis obiger zwei Modi auch auf die Besprechung jener Syllogismen verschieben. Alex,
ad An. pr. f. 48 b.: 6 fih'TOi 0fö<p()«oroj tv toi tiqiotoj tojv iivtov 1Iqot£-
qiüv Hi'aXvTiX(5v neol tovtiov Xfyojv ov yniyitti rtj? dV lxtr(a((og tqotki)
nQog ir)v Ssl^iv tov avXXoyiarixag eivcii Tag nooxtifiivng, avu.nX.oxag, äXX'
vjitoi&tTO rbv ntol «vtojv Xöyov tag ä(6fj.tvov fliv Tijg tig «ävvitTov anayujyrjg,
firjäe'Tioj dt övTog 7XQodr]Xov tov ov/jßaivoVTog äia to uiiiv yivia&cti
riQOTÜoiiov /uyu*' elvai yv(oQt/xov tö Ix tujv tu(i-e(ov avvctyofitvov. Kaum
lässt sich ein anderer Grund dieser verschiedenen Behandlnngsweise des nemlichen
Gegenstandes bei Theophrast denken, als bloss die schulmeisterliche Caprice, sich
durch Abweichungen von Aristoteles gescheid zu machen.
V. Die alleren Peripatetiker. 371
der Notwendigkeit bestehen, stellten Theophrast und Eudemus den Grund
satz, dass der Sclilusssatz dem schwächeren Theile der Prämissen folge
(„Conclusio sequ^rjgarlem debiliorem") auch hier als gültig auf und leugneten,
dä~~3as IJrtliiild^FSläTlirnd'ens schwächer als ein Urtheil der Nothwendigkeit
sei, zunächst aus diesem rein formellen Grunde, dass m den
genannten combinirten Syllogismen je der Schlusssatz ein Nolhwendigkeits-
Urtheil sein könne , während bei Aristoteles gerade in allen als
syllogistisch anerkannten Verbindungen jener Art diess der Fall ist, und
natürlich auch die ganze Bedeutung des Umstandes , dass die eine Prä
misse ein Nothwendigkeils-Urtheil ist , wegfiele , wenn jedesmal der Be
griff der Nothwendigkeit eliminirt würde; ebensowenig kennt Aristoteles
jene schulmässige Regel betreffs des Schlusssatzes in solcher Anwendung,
sondern er sagt, dass die eine der beiden Prämissen jedenfalls die gleiche
Modalität wie der Schlusssatz haben müsse (Abschn. IV, Anm. 585), d. h.
dass wenn man z. B. ein Nolhwendigkeits-Urtheil als Schlusssatz haben
wolle, man auch Prämissen suchen müsse, deren wenigstens eine eben
falls ein Nothwendigkeits-Urtheil ist. Nun aber gaben Theophrast und
Eudemus für ihre Ansicht, dass aus der Verbindung eines Urtheiles des
Stattfindens und eines Urtheiles der Nothwendigkeit immer nur ein Urtheil
des Stattlindens folge, auch eine angeblich begriffliche und materielle
Begründung51), welche allerdings der Art ist, dass man beim Lesen
51) Die ganzen Grundzüge dieser Lehre des Theophr. n. Eud. gibt wohl am
besten Alex, ad An. fr. f. 49 a.: oi St ye eratqoi avTOv (sc. AqißTOTtXovg) oi
neql EvSrjjiöv Tt xal Qeötj qttOTov oiy ovriog Xtyovoiv, c'tXXü (fuGiv iv nä-
Oaig Talg Ii" ävayxaCag re xal vnaqyovarjg Ov£uyCag, ictv (oai xeiuevai ovXXoyifStixmg,
vnaowv ytyvea&ca tI avfiTitqaa/Aa , tovto XaijßävovTeg ex re
tov iv näoaig Ttüg avfinXoxaig to avfine'qaa/xa äel rip iXärmvi xal yelqovi
rtov xeifitvtov iHoftoiovO&ai . äv Tg yäg Ix xctTctq aTtxrjg xcü ctTiotj ctTixr)g
nqoräaecog avvüyrjTai, änotraTixbv to avfintqaafj.ct, äv re xa&öXov xal tnl
fitqovg, inl iitqovg xiä to avfintqaafj.a. tov kvtov är) Tqonov xnl iv Ttttg
fiC'ieatv eyetv. vnäqyov yetq yCvea&ai ix Trjg iv tttlf ii~ ävayxaCag xal vnetqyovOrjg
av/xnXoxalg T(j> eXaTTov elvut to vnäqyov tov avayxaCov. äXXä xal
Tcp Xöyip tovto Seixvvovöiv. et yäq TO B Tip r vnäqyet filv nctvrl, ov fir)v
i'i aväyxrjg, IväiyeTaC noTe cwto xal äno&vyttrjvat avTov. ots (fij Tb B
tov r änt^gvxTcci , Tore xuX to A civtov äno^evyJytjaeTca. ei de tovto, ovx
ctväyxrjg airtp vnäqSei. AXXa xal int Ttjg vXr/g äeixvvovai tovto eyov
ovTtag' XaßövTeg yao TfjV j*et£ova xct&öXov ävayxuCav änocfcnixijv rj zki«-
ujaTixr)v xal tt]V iXärrova xaSolov xaracf arixr)v vnäqyovoav öeixvvovatv
vnäqyov yivofitvov to OvjuntqctO/ia' to yao (tpov navjl äv&qtäntp i$ ctväy
xrjg. o ctv&Qionog ticcvtI xivovfitvoj vnctqytTto. ovxtri to (tpov navrl xivov-
/utvtp H' aväyxrjg. %ti to /.tev imarrjfirjv eyeiv zur« nctVTog yqa/XjuaTtxov
t$ ctväyxrjg. to äe yqafifxaTixbv xarä nctVTog avä-qtonov vnuqyovTtog. oiixtTt
to intcST^firjV t/tiv xaTcc nctVTog ctv&nalnov f"f ctväyxrjg. xal to fliv xiveToftai
(J7« axeXtöv xaTct nctVTog nentnaTovvTog Ijf ctväyxrjg. to de ntQmuTelv
tikvtI ctvO-nuincp vTictQ'/eTta. oixe'Tt ärj to xiveta&at navrl äv'tnwnu> i$
aväyxrjg. xal tovto eixÖTtog ytvea&ai doxet" ei yaq 6 {iei£(aV äxoog rtp iXärtovi
<$iä tov fie~Oov oqov iTiicf itjerai, bncag äv 6 /.tioog e/rj noog töv iXaTTova,
ovTtog e/ti xal 6 /xeCZtov nqbg tov eoyaxov äiä yao tovtov iniy e"neTai ö
fiel£tx>v tw iayäTcu, (offre tög uv ovTog e/rj nobg tov ea/ctrov, dV ov b fieC^tov
«7iT£T(a Ttp iaxäxa, ovTtog eSti xal b fjteCiwv nqbg tov tayaTov. und (betreffs
eines negativen Untersatzes) ib. f. 52 a. Qeöcf qctOTog de 6'rt fir) ävayxcuov ylvexat
to avfjLiiiqacSjxa iv ry Toiavrrj ovfiTiXoxrj ovrat Xiyet' ei yitq to fiev B Tip r
ii; ctväyxrjg, to äe A Ttp B /xrj i'i aväyxrjg, to äe [irj i'i aväyxrjg xctv %iaqtcs&eCrj,
if ctveqbv wg tov B %taqi£6[ievov xal tov r xtoqiO&rjOeTai to A, tliax' ovx
24*
372 V. Die älteren Peripatetiker.
derselben kaum seinen Augen traut, aber sie gibt uns eine klare Ein
sicht darein, wie schon die ersten Peripatetiker das „Stattfinden" (vitag-
%uv) auffassten. Es wird nemlich hiebei das in einem Urtheile des Statt
findens ausgesprochene Stattfinden einer Verbindung eines Prädicates mit
einem -Subjecte von vornherein als ein nicht nothwendiges, also nur jeweili
ges oder irgend vorkommendes genommen, welches eben darum auch nicht
dasein kann; und könne demnach eine solche Verbindung zwischen einem
gegebenen Prädicate und einem Subjecte eben auch nicht staltfinden, so
könne also auch ersteres vom letzteren „getrennt" sein (Anm. 40 u. 45),
und getrennt auch demnach von dem Subjecte des Untersatzes könne
z. B. in der ersten Figur das allgemeinere Prädicat des Obersalzes sein,
unter welches das gegebene Prädicat nothwendig falle. Dieser Begriff
des Stattfindens spricht sich aber auch in den gewählten materiellen
Beispielen aus, nemlich z. B. für den 1. Modus der I. Figur: es sei ein
Urlheil der Nothwendigkeit als Obersatz, dass alles Gehen eine Bewegung
vermittelst der Schenkel ist, ein Urtheil des Statlfindens hingegen als
Untersatz sei, dass alle Menschen gehen ; und da nun letzleres ein blosses
Stattfinden und keine Nothwendigkeit sei , so bestehe auch keine nothwendige
Verbindung, sondern wieder nur die des Stattfmdcns, zwischen
dem Subjecte Mensch und dem Prädicate Schcnkelbewegung. Man sieht,
es ist kaum möglich , den Begriff des Staltfindens hohler und formaler
zu fassen , als hier geschieht ; ja man wende diese Auffassung nur auf
ocväyxrjg äid rSv xttfxiviav. ip Stty&ivti TtnoOTC&rjOiV tvgavTiog dt xal
r] dvayxaia t) [iti^iov ' Intl yaQ to fiioov oix l£ avuyxr\g , xav xu>Qia&tCr),
tovtov äi %i»Qi£ofi£vov xal to fitT^ov tav yäo Tig ovtiog Xäßtj, xaS-' ov
to B xal tö A (!; aväyxrjg, SgntQ avayxaCag dfxnot(oag Xaf/ßävti' ut)
yao ovrojg XaßövTog xpeviog. äicc yovv tovtov Stlxwaiv ö &t6tfouOtog ort
Iv aig fiCijeaiv vnäoyovaa xal avayxaia latlv, ottotiIqu uv uvtüv avayxaia
rj, vnuQyov To aiifininaafia. Das riemliche gibt auch, nur nach seiner Weise
geschwätziger, Philop. ad An. pr. f. XXXltb.—XXXIVa.; nur fügt derselbe noch
eine Beweisführung der Gegner des Aristoteles bei , durch welche dieselben zeigen,
dass für jene Syllogismen ein apagogischer Beweis nicht bloss die Berechtigung
eines Nolhwcndigüeits - Urlheiles im Schlusssalze, sondern ebenso gut auch die eines
Möglichkeils-Urtheiles und eines Urlheiles des Statlfindens darlegen könne (f. XXXIIIa.) :
nnbg äi tt)v tov MvvaTov SiTSiv ovroig avCOTaVTUt , öti tovtio Tip tQOTtqi
äeCio/usv ov fiovov avayxaiov xal xataq atixov awayofxtvov, dXXa xal to
xa&öXov xataif atixov vnaoyov, xal iti iö xaOoXov xaTai/ utixov ivrftyöfitvov.
Xiyio yao , qraalv, ort awayetai ayfimipaOfia tö A navtl Tip r
VTtäoyttv tl yao tovto iptväog , aXtj&kg tö fit) navtl indoytiv td A Tip
rm intl toivvv to A Tip r ov naVTl vndoyti , vnixtiTO dt) To B Tip V
navtl vnäoyeiv, to aoa A oi navtl Ttp B vnäo'iu (ylvttai yao tö y'
ayrj[ia ix tiSv Svo vnaoyovOiov nootäotiov), tjV äi xal t$ ävayxtjg navt(-
to üt>a A Tip B xal i$ dväyxrjg navtl vnäoyei xal ov naVTi indoytt, otteq
dävvuTov. aXXa äei~, ifaol, xal to xu{l6Xov to iväeyö/xtvov ävvaröv ewayayelv,
Xi-yio yaQ ort ovTiog iyovaSv tiüv nQOTaatioV awdystai to A Tip
F IväfytaSai navtl vnaQytiV tl yctQ tovto xptväog , aXr)f)tg to dvdyxrj
firj navtl' intl toIvvv to fiiv A Tip r dvdyxt] fit) navtl vndQy.tiv, tö äi
B Tip r jikvtI v7if)Qxtv, to aoa A Tip B rj l!j ävüyxrjg oi navrl n vnäoyeioi
tiuvtI (tovto yan noTSQiog exe, *ti ä/iif icrßrjTijai/xov), r\V St xal Q ävdyxrjg
naVTi Tip T to A' To airb cina Tip avTip xal Ii; ävdyxrjg naVTl xal
vnäoya oft tiuvtI rj avayxri oi tiuvtI, ottiq AävVttTOV. Satt, tfaolv, ■>) fig
atOTiov diraymyr) ovdhv tjTTOv Stl'^ti xaüöXov xaTatf UTixbv dvayxaiov awäytaHai
to av^ni-Qua/ja , ij h'ä tyofitvov xafroXov xicTaif aTixbv r} vtiuq%ov
xaOöXov xataif atixov.
V. Die älteren Peripatetiker. 373
den einfachen Syllogismus an, welcher aus zwei Urtheilen des Staltfindens
besteht, so fällt auch dort alle verbindliche Kraft des Schliessens
weg, weil ja überall und stets das Prädicat vom Suhjecte auch getrennt
sein kann. Kurz, wie wir oben gesehen haben, dass der Begriff des
Möglichen von seiner Beziehung zum Notwendigen losgerissen ist und
das Möglichkeits- Urtlieil hicmit nur den Sinn einer jeden beliebigen flngirten
Voraussetzung hat, so ist hier das Stattfinden zum blossen aristotelischen
Ovpßsßyxog gemacht und jedenfalls der ganz vereinzelten Empirie anheim
gegeben , so dass das allgemeine Ergreifen einer realen Verbindung zwi
schen Subject und Prädicat unmöglich ist. Es wird also einerseits die ]
Möglichkeit nur in der problematischen Form des Urtheiles erblickt, nicht
aber darin , dass objectiv in den Dingen die reale Möglichkeit vorliegt, l
mit einem Prädicate verbunden zu sein oder auch nicht, und andrerseits
wird ebenso das wirkliche Stattfinden nur in die Form eines jeweiligen
Aussprechens verlegt, nicht aber in den objectiven Bestand der Verbin
dungen zwischen Substanzen und Attributen ; welcherlei Auffassung aber
wird dann folgerichtig für die Nothwendigkeit übrig bleiben? doch wohl
nur die mathematische Nothwendigkeit; und hienrit ja . steht die fianze
formale Logik eigentlich_sciion vor uns._ So ""kann sich allerdings dann
auch eine schuhnässige Annahme einer Abstufung einstellen , dass nemlich
die Möglichkeit schwächer als die Wirklichkeit, und die Wirklichkeit
schwächer als die Nothwendigkeit sei, und so eine Rangordnung zwischen
den entsprechenden Urlheilen bestehe; diess ist eben die Entartung in
der Speculation, welche die aristotelische Svvajiig schon längst vergessen
hat. — Natürlich werden diese Grundsätze von Theophrast und Eudemus
auch auf diejenigen Syllogismen angewendet, welche aus einem
Urtheile des Staltfindens und einem Möglichkeits -Urlheile combinirt sind;
und es wird auch da in Folge des Principes , dass der Schlusssatz der
schwächeren Prämisse folge, gelehrt, dass der Schlusssatz darum stets
ein Möglichkeits-Urtheil sein müsse, weil eine der beiden Prämissen,
beliebig welche von beiden, ein Möglichkeits-Urtheil sei52), daher hier
ebenfalls die von Aristoteles gemachten Unterschiede zwischen unbedingt
syllogistischen und bedingt syllogistischen Schlussweisen wegfallen. Aus
serdem wird noch erwähnt, dass Theophrast bei den combinirten Syl
logismen dieser Art für den 12. Modus der III. Figur eine Aenderung
in der Begründung desselben vornahm 53), aus welcher jedoch auch klar
52) Alex, ebend. f. 68 b.: Qeöipoao'xog jiiv ovv xal EvStjiiog oi ixaiqot,
aiixov xal iv xrj #| ivSt%ofi£vrig xal vnaqxov<Sr\g filg~6L (paolv /•Oeo'&aC xi
avimiqaafia ivoe%6/j.evov, bnoxtqa av xmv ngoxdosiov ivSe/ofiivrj leup&ij,
%eiQov yäq näliv xb ivSe%6fisvov xov inaQxovxog ol fiivxoi nsgl QeotfjQaajov
xal xavxag lvSt%ofi.£vag Xiyovxeg elxöxag iväe/6/j.evöv tpaGi OvfintfQaaua
xal iv Talg xoiavxatg yivtöfhai avfinXoxalg' ov ylvovxai äi xi-
Ktioi iv oig rj iXäxxwv iaxlv ivöexo/iivr).
53) Alex, cbend. f. 100b.: Qtoipoaaxog Sh ov noiüxai ankwg äiä xijg
lig aSvvaxov äuayayrjg xr\v Stl'iiv xijg nqoiiqrjjxivrjg av£vyCug, Ulla nqäxov
xb tväfyexai xivl fir) eig xo fiy vnäqxeiv xivl [texalaßwv, ovx ov ä&vvaxov,
xal noirjOag Svo vnaqxovGag , xijV fj.lv inl fiiqovg ano<$axixr\v xrjv
fxExalr)(p&elaav, xijv xa&oXov xaxaif axixrjV xrjv xeifitvrjv, (ptjol <Svfin(-
quapa coeo&ai xö xb A iväixto^ai xivl x(p B fir] vnaQxeiV el yäq (ti),
xb avxixeifikvov xb navxl £f äväyxrjg xb xb A xtji B' xal ovxaig Sia xijg
374 V. Die älteren Peripatetiker.
die schlimmen Folgen des vorhin Bemerkten in die Augen springen ; Ari
stoteles nemlich hatte die Berechtigung jenes Modus
Mögl.w. ist Einiges C nicht A
Es ist Alles C B
Mögl.w. ist Einiges B nicht A
einfach apagogisch nachgewiesen, Theophrast jedoch setzt zuerst den Ober
satz in das angehlicli gleichbedeutende Urtheil „Es ist Einiges C nicht A"
um, und führt dann, nachdem er so zwei Urtheile des Stattfindens er
halten hat, den übrigen Nachweis doch noch apagogisch weiter; als
Grund aber dafür, dass jener Obersatz in der angegebenen Weise geän
dert wird, gibt Theophrast an, dass es ja eben nach dem Wortlaute des
Obersatzes nicht unmöglich sei , dass einiges C nicht A sei , und dass
man sich ja in keinen Widerspruch verwickle, wenn man das Nicht-
Unmögliche als stattfindend setze. So formell also wird mit jenen tief
sten Begriffen geschaltet , und so muss sich die Objectlvität nach den
beliebigen Formen der Urtheile hudeln lassen. Aus solchen Einzelnheiten
erkennt man deutlich ? wie .es. schon damals mit dey^giijJ^&UöSiJlI.
Endlich" wird vonTKeophrast der Grundsatz, "dass der Schlusssatz von
der schwächeren Prämisse abhänge , auch noch auf jene Syllogismen
angewendet, welche aus einem Möglichkeits-Urtheile und einem Nothwendigkeits-
Urtheile combinirt sind, und hier musste dann die Aufrecht
haltung der Lehre, dass in allen solchen Syllogismen der Schlusssatz ein
Möglichkeits-Urthcil sei, polemisch besonders gegen jene Modi gewendet
sein , in welchen Aristoteles mit Recht als Schlusssatz nur ein Urtheil
des Stattfindens annimmt (z. B. bei 3, 6, 9 u. 12 der I. Fig.). Der Be
weis nun , dass auch in diesen Modi der Schlusssatz ein Möglichkeits-
Urtheil sein müsse, führt Theophrast apagogisch 54), und zwar auch hier
vermittelst einer bloss formalen Auffassung des Gegensalzes zweier Ur
theile; nemlich indem er z. B. in I, 3
elg ttSvVttrov anaytaytjg eioiöv övvaTov ti enöfievov' Owaytrai yao to A
tiö r navxi irtaQ/ov, ii>g exeiTO Tivl fiij vnttQ%uv, inti ov naoa tt\V vno-
&eaiv to aävvajov änr\vTr\xev, ij yao vno&eaig ovx tjv aävvaTog Xa/jßäveaO-
ai öiü to i$ avayxr\g tiuvti Te&ijvai' to aoa ävTixeCfievov tov iS
ävayxtjg navTi, tovto oV (oti to tvdfyeofrai Tivl Billig fragen wir auch
hier, wozu denn überhaupt jene formale Spielerei als Vorbereitung des doch noch
nölhigen apagogischen Beweises dienen solle.
54) Philop. ad An. pr. f. IA a. : ol fievToi neol GeöifQaOTov xal Inl tccv-
Trjg Tfjg av(vy(ag tvSeyofievov Xiyovatv elvai to evlune'Qaalua , Iva xal iv-
Tav&a tj %t(Qovi tiöv rtQOTÖßetDV enrjTai to OvfiTte'Qaa^ia' xal tovto feixvvoviriv
Trj elg ctdvvaTOV anaytoyij ovtio;' tOTioaav yao at nooTaatig ov-
T(og (bg eXnojiev, Xe'yio oti. avvayovai to A tvdfyiTai Tip r firiüevC. et yao
tovto ipevdog, eOTai äirj&eg to ovx IvätyeTai /*>]d*evl, oneq Tamöv iaTi
Tip äväyxTj Tivl. inel ovv aVTiOToetpet ») /xeQixfj xaTaiftnixi] , xal to r aoa
Tivl tiöv A 1$ ävayxTjg vnäoyei- et toIvvv to /j(v B xeiTai lväeyea9-ai
naVTi tiö r, to äe r Tivl tiöv A l£ avayxr\g vnaijyeiv vnöxeiTai , to itga
B Tivl (vS(yeTai tiöv A. Inel toCvvv vnfxeiTo aoxrjg to A tiöv B t$
avayxng fxriäevi, xal to B aoa tiö A £| avayxrjg oMevt' vnexeno äi xal
iväe'yeaS-ai Tivl, bneo aävvttTov to äe ativvaTov yxoXov&noe iiä to xmo~
&e"o&ai rin&g toAtiöT ovx Iväej/eo&ai urjäevl, oneo (otI ravrov tiö
avayxr\ Tivl' ipevSog aoa tovto, aXri&eg ot to aVTitfaTixiög ävTixelfievov
to lvöe"xeTat firjäevl' tovto äoa iffri tö awayöfievov.
V. Die älteren Peripatetiker. 375
Nothwwv. ist Alles B nicht A
Mögl.w. ist Alles C B
statt: „Es ist Alles C nicht A" schliessen will: „Mögl.w. ist Alles C
nicht A", nimmt er als den zum Behufe des apagogischcn Beweises
aufzustellenden Gegensatz des letzteren Schlusssalzes das Urlheil „Es ist
nicht möglich, dass Alles C nicht A ist" d. h. „Nothwendig ist einiges
C A", während der richtige reale Gegensalz des Urlheiles „Mögl.w. ist
Alles C nicht A" nach aristotelischen Grundsätzen das Urtheil „MögLw.
ist einiges C A" wäre; mit jener anderen Umsetzung in den Gegensatz
aber führt dann Theophrast leicht den apagogischcn Beweis zu Ende,
durch welchen er ohige Annahme stützt. Völlig deutlich aber sieht man
hieraus wieder, dass dabei an die reale, objectiv den Dingen einwoh
nende Möglichkeit gar nicht gedacht ist, sondern nur an die Form eines
problematisch hingestellten Unheiles, denn nur für diese bildet die Nothwendigkeit
einen Gegensatz, für jene- aber nicht.
Die bedeutendsten Erweiterungen nun wohl, welche die Syllogistik i
durch die nächsten Schüler des Aristoteles erfahren hat, liegt in der |
Entwickelung der Lehre vom hypothetischen und disjunetiven Schlüsse.
Aristoteles hatte, wie oben (Abschn. IV, Anm. 580 ff.) bemerkt wurde,
den hypothetischen Schluss gar nicht als berechtigt anerkennen können,
da durch Alles dasjenige, was auf blossem Zugeständnisse oder einer
erst noch anderweitig zu beweisenden Voraussetzung beruht, das apo
diktische Wissen nicht gefördert wird, wenn atich in dem Gebiet des
Dialektischen häufig solche Verflechtungen von Urtheilen vorkommen
mögen. Theophrast aber und Eudemus halten auch hier an der dia
lektischen Bedeutung Grund genug, derlei Verbindungen ihrer Form we
gen eigens zu betrachten und insoferne den übrigen Syllogismen gleich
zustellen; doch gingen sie hierin noch nicht so weit, als die formale
Logik des Mittelalters, sondern bei ihnen nimmt der hypothetische und
disjunetive Schluss genau eine Mittelstellung ein zwischen der Ansicht
des Aristoteles, welcher mit vollem Rechte an dem Unwerlhe jener Syl
logismen festhält , und zwischen der Auffassung der formalen Logik,
welche bloss auf das „Wenn" und das „Oder" sich wirft. Nemlich
Theophrast und Eudemus gingen eben davon aus, dass, wie Aristoteles
sagt, ein Zugeständniss oder eine anderweitige Voraussetzung als fest
stehender Satz zu einem Urlheile hinzutreten müsse, welches uns gerade
dadurch, dass es hypothetisch oder disjunetiv ist, in Ungewissheit Iässt;
und jene verschiedenen Arten und Weisen nun, oder jene Formen, unter
welchen ein derartiger fester Salz „dazugenommen werden" könne oder
müsse, sind hier dann der Gegenstand der Theorie der hypothetischen
und disjunetiven Schlüsse. Also nicht die Form des Obersatzes, wie
in der formalen Logik, sondern die Form der Verbindung eines der
gleichen unbestimmten Obersatzes mit einem diese Unbestimmtheit auf
hebenden Untersatze ist hier das Motiv der Behandlung solcher Syllo
gismen. Und hierauf beruht auch folgender wesentliche bis in die letzten
Stadien der antiken Logik fortlebend Unterschied dieser Theorie des
hypothetischen und disjunetiven Schlusses von der im Mittelalter üblich
gewordenen Theorie: nemlich es findet sich keine Spur jener Auffassung,
;;76 V. Die älteren Peripatetiker.
ilass der disjunclive Schluss als dritte Species neben dem kategorischen
als erster und dem hypothetischen als zweiter Species coordinirt stehe,
sondern der disjunetive Schluss und der im engeren Sinne hypothetisch
genannte Schluss sind zusammen die beiden Unterarten , welche gemein
schaftlich unter das im weiteren Sinne so genannte Hypothetische fallen,
weil nemlich die Voraussetzung in beiden Fällen die „Hinzunahme" eines
als fest geltenden Satzes bedarf; so dass hier, wenn auch das allzu
grosse Gewicht, welches auf die äussere Form statt auf die innere Be
weiskraft gelegt wird, getadelt werden muss, doch noch jener zulässige
Grund vorliegt, dass in der Logik von der Form gesprochen werde, in
welcher eine Voraussetzung überwunden wird, wogegen der Blödsinn
der Stoiker und der formalen Logik dem blossen Dasein einer Voraus
setzung und der Form derselben einen selbstständigen logischen Werth
beilegte und so die logische Unbestimmtheit, welche in dem Wenn und
Oder liegt, gar nicht mehr merkte. — Jene Auffassung nun des hypo
thetischen und disjunetiven Schlusses bei Theophrast und Eudemus wird
uns durch folgendes Detail klar werden.
Zunächst nemlich sind jene Syllogismen auszuscheiden, welche Theo
phrast als Schlüsse Herta nQÖghrppw bezeichnete, eine Benennung welche
wegen des bei den Stoikern für den hypothetischen Schluss üblich ge
wordenen technischen Ausdruckes nQogXrjipig manche Verwirrung in die
Ueberlieferung gebracht hat (s. Anm. 67). Die von Theophrast so be
nannten Schlüsse stehen wegen jenes „Hinzunehmens" eines anderweiti
gen Gliedes in innerer Beziehung mit der Geltung, welche der hypothe
tische Syllogismus bei ihm hat, aber der Form nach bilden sie ein Mit
telglied zwischen dem kategorischen und hypothetischen Schlüsse. Die
Sache ist folgende: schon Aristoteles hatte gelehrt, dass das Urtheil
„Alles, dessen Prädicat A ist, hat auch B als Prädicat" zum Zwecke
eines zu bildenden Syllogismus in dem Sinne genommen werde, als
hiesse es „Alles, dessen- allgemeines Prädicat A ist, bat auch B als Prä
dicat", und dass demnach ein Prädicat, ohne als allgemeines ausgespro
chen zu sein, doch als allgemeines genommen werde, woferne ein Schluss
erreicht werden wolle (Abschn. IV, Anm. 602). In der Art und Weise
nun, wie in solchen Fällen ein Prädicat als allgemein geltend genommen
und hiedurch eine festere Bestimmung gewonnen wird , erblickte Theo
phrast eine eigene Form des Scbliessens und eine Verbindung von Urtheilen
wie z. B.
Von Allen, wovon A gilt, gilt auch B
Von C aber gilt A
~ Von C gilt B
nannte er, allerdings mit dem Zugeständnisse, dass Solches nur der
Bedeform nach sich vom Kategorischen unterscheide, einen Syllogismus
xarce TtQÖgXrjrpiv , insoferne hier Etwas, was in dem unbestimmteren
Obersalze nicht ausgesprochen war, hinzugenomnien wird, also das „Von
C aber gilt A" eine nfiöglrjipig ist 55). Ja, welch selbständige Geltung
55) Alex, ad An. pr. f. 107 a., woselbst in Bezug auf den Unterschied zwischen
nQoglafißavo/xivov und [itrcdafißctvöpevov (s. Anm. 65.) von dem ersteren ge
V. Die alleren Peripatetiker. 377
Tlieophrast auch liier der Form der Verbindung der Urlheile zuwies,
sehen wir daraus , dass er diese Schlüsse xara TtQogXrjrpiv in drei Ar
ien eintheilte, welche den drei Figuren des kategorischen Schlusses ent
sprechen , nemlich:
I Von Allem, wovon A gilt, gilt B
II Alles, was von A gilt, gilt auch von B
III Von Allem, wovon A gilt, gilt auch B
wobei er dann diese äussere Form in Betreff ihrer inneren Geltung auf
die entsprechende kategorische Figur zurückführte 5C).
sagt wird: nQogXcifißav6/j.evov öe Xeyovoiv , ttp' ihv roig xet/xe'voig e'tia&t'v ri
nooari&tTai, övväfcei niag iv avrotg neQieyö/xtvov , ov /xrjV ivsQyefq, tag
eyei ini riöv xara nqogXrityiv yiyvofie"viov avXXoyitSjimv iv yc'to ioj „xafr'
ov rö H , xar' ixtivov rö A , xara öe rov r rö B" ffctod-sv rö ,,xara öe
rov r to B " TTqogttXr\nT«i , ov yao extno iveoyeCa iv ry nooiäoti ry
uxa&' ov rö B, xar' ixtivov rö A" ro xara rov r tö B Xtytailai. Ebcnd.
f. 155 b.: o Xiyet (sc. Aqiot.) , toiovtov lanv, oti iv TuTg roiavraig nooxitataiv
, a'i övväfiu rovg rottg ooovg iv aviuig eyovOiv, önoiid elöiv dg
IJ^Oeio vvv — önoiat tloiv cd xara nQÖgXrjijjiv inö Qtoif Qc'tcSrov Xtyöfitvtci,
avTcti yao rovg TQeig 'ooovg eyovol mag' iv yao rjj ov ro B
navrög , xut' ixtivov xai tö A navrog'1 iv roig övo oootg rw le B xai
T<j> A roig toQiOfit'voig rjörj niog neoitCXr\niai xai ö roCrog , xath' ov tö B
xccTTjyoofiTca, nXr\v ovy öf.toCiag ixttvoig coQiOfte'vog ifavenog — , iv örj xaTg
TOlClVTUig 7T QOTt'iGt Ol V , CiL Tg Xi^tl flOVOV TtÜV XttTTjyOQlXlÖV SlCKftOtlV Öü~
xovdiv , lug eötiitv Iv im ntoi Katcapdaeios Qtötf tiaOTog , wrjaXv oti rj
o£t<öj Xafj.ßctvojxeyrj litt ,,xu&' ov tö B naviög, xar' ixti'vov to A nctvrös"
otjficdvti xafr' o'tv 70 B Xiyerai , xara ndvrtav rovrtov Xe'ytodat xai to
A' roiiTo yuo iäefy&rj' ctiö ti fiiv tirj Tip B tö „xard navrog" nqogxelfitvov
, xui tö A xard navrög eorai tov B. oiinog öt xai xuS-' iöv xarijyogeirai
tö B, xarrjyonr]!) rjaerai xcel rö A. el öi fxrj ein T(i5 B tö „xard
navrög" 7inogxi(/*ivov Iv T?j xarct noögXrjtyiv nnoräaei , aXX^ udiooCojiog
Xafißdvon o , ovxtri rö A xcnci naVTÖg xuTrjyoorjU-rjatTcu tov B ...... (f.
löti a.) ö fxivxoi Qtoif Qitaiog £v Tip Jittji Kurcuj äoaog rr)V ,,xa!h' ov TÖ B,
to An dg iaov üvvafit'vTiv Xctfißcivet ,,xa!h' ov nemög tö B, xkt' lxt(-
vov nitVTÖg tö A" (Diess letztere ist eben auch die oben angegebene Auffassung
des Arisl.). Ziemlich richtig bezeichnet das Verbältniss dieser Syllogismen zu den
kategorischen und hypothetischen Pliilop. ad An. pr. f. Clla. : tiäivai d'tl oti inX
Tiiv xciTt'e 7io6gXTjif)iv ovXXoyiO/xiüv ö eig ooog aooiefrog iSv vGTtQov öot'CtTctt.
„<{• rö A ovätvt, Tovrip tö B nitvxC"' täov dÖQiarov IXäßofttv tov to/atov
oqov, vateoov de öqC&tcu, brav elnioftev „Tqi öt F tö A oiötvi, rovrtp
ovxoiiv rö B TiuvrC." xoiviovovat ö'e ol xtiiä noogXrjifiiv ovXXoytOfiol roig
i£ xarriyoQixolg xai Tolg vno&t Tixotg , ö{uo(iog öe öicute'Qovcliv. xcu ioig
xartiyoQixoig fiev xoiviovoiaiv ort ö ttg cci T(>{ce a/^uctTa xcact noögXrjifjiv
d. folgende Anm.) TOttg iyti ooovg' öutift'oti öe oti tig onog nüvriog rö
tpcüiov aooiOTOv Ioti xai öij tt'Xovcsiv l'S öfioXoytag noogtlvai iti nQOTÜcieig'
tiöv öe vTio&eTixtäv xoiviavoicic, xuHö ov csvfjntoctafxa ovviiyovOiv iiXXci
ngoraoiv , Xe'yoineg tovthi tö B narrt, äort tiviu navri rit> F rö B, ibg-
"fo xai ot vno&erixot" öiaif tQovai öe xa&ö xoiviovovat roig xurrjyoQ'XoTg.
Schol. Anon. b. Drand. 190a. 18.: avrr\ lar'tv r) xarct TryögXrjifiiv noöiaatg'
*l'Ttt 7icj6gXr]\piv öe~ xaXetrat oti rov iv rrj avv&erip nnoräaei aooiatov
°Qov, rovre'OTi rov /ue'aov, ÖQtaite'vrog re xai noogXrjtp&e'vTog ö GvXXoyiOftög
'niTeXtirai xai yvioQiuov IniifintTui rö Ov/inenaG/ta. totxe öi jj roiavrrj
ngoraaig inofltrixiii avXXoyto/iä toj awr\jxfiievif}. Ps.-Galen. Eig. öinX. p.
•><■'■ hi öi xai neoi riov xarä nQogXtjijjtv övo/xafr/j.e'viov ovXXoyiOfiüiv ol -
** tot Htntnärov yeyoitif uaiv tag yntjatficov.
56) Schot. Anun. b. Brand. 189 b. 43.: vnoynäifti ovv rjfiiv elöog ereoov
nooraat iav , ontq ö Qeötpnaarog xuXel xarct nQogXrjifjiv. Ovyxeivrai öe al
378 V. Die älteren Peripateliker.
Dieses nemlicbe Verliültniss nun, dass zu einer unbestimmteren Aus
sage ein bestimmlerer Satz „binzugenommen" wird, liegt bei den näcbsten
Nacbfolgern des Aristoteles auch der Lehre von den hypothetischen
und disjunctiven Schlüssen zu Grunde; nur hcisst dieses Hinzunehmen
hier nicht itQoglrjipig , sondern (jetcekrj'ijjig , welche Benennung, wie wir
sogleich sehen werden, ihren guten Grund hat. Schon Aristoteles selbst
hatte (An. pr. I, 23 u. 29. Abschn. IV, Anm. 583 u. 592) den Ausdruck
to f*£Tedor(i/?avofi£i'oi' von jenen Schlüssen gebraucht, welche auf einer
unbestimmten Voraussetzung beruhen, und welche er GvXloyia(iovg l|
vno&iaecog nannte, und es hatte das fistalafißävEß&ai schon bei ihm
entschieden den Sinn, dass irgend Etwas an der mit Unsicherheit und
Unbestimmtheit ausgedrückten Voraussetzung nun „in andrer Wendung
(„ftera-") dazugcnommen werden" müsse, um auf dieses hin zu einem
Schlüsse gelangen zu können. (Eine weitere Ausführung der verschie
denen Arten solcher Voraussetzungen , welche Aristoteles selbst einmal
An. pr. I, 44 verspricht, vermissten bereits die Commentatoren.) Aber
jedenfalls bestand Aristoteles auf der Ansicht, dass, wenn auch ein Be
standteil einer Voraussetzung in bestimmterer Fassung hinzugenommen
■ werde, doch das Ganze der Voraussetzung auf einem blossen Zugeständ
nisse beruhe (z. B. der Bestand des Causalnexus zwischen Vorder- und
Nach - Salz in einem hypothetischen Urtheile oder die erschöpfte Mög-
| lichkeit in einem disjunctiven Urtheile muss eben kurzweg zugestanden
werden, wenn je " ein Schluss erreicht werden soll), und darum hat
1 diese ganze precäre Art der Aussage für Aristoteles keinen apodikti
schen Werth. Theophrast hingegen legte auch hier, absehend von der
1 Bedeutung des Apodiktischen , alles Gewicht auf die Form einer solchen
Verbindung von Urtheilen, wenn er gleich selbst zugestand, dass auch
die hinzugenommene bestimmtere Aussage selbst entweder wieder eine
blosse Voraussetzung und eines Induclions- oder syllogistischen Beweises
bedürftig sein oder auf klarem Augenschein beruhen könne57), und es
ToiavTm 7TQOTaatig 0; ccoqCotov tov fiiaov xcil loqiOuivmv röiv äxQcov dvo
OQtav , oiov iv fj.iv toj a dyr\fjaxi , o xcctci tov f, xar' ixeCvov To A' iv
de toj devTe'nio , 6 xara tov A, tovto xui xktu tov B' iv de to) y', xctf)-'
ob tö A , xcit' ixeCvov to Ii. doxovoiv ovv alToiavTtti nooTÜaeig firj elvca
ünXca itXXa dvvufjei neqiXr\iiTixai eiviti OvXXoyiOfiov ' Xiyei de 6 Oeöffoei-
GToq Ott dvvttfiei Xar\ ioxl rrj xaTTjyoQixij' ovdiv^yäo fiuapt'QeiV rb Xe'yeiv
„to A x«t' oidevbg tov B" tov Xe'yeiv ov to B nccvTog, x«r' ov~
devbg IxeCvov to A'' rj naXiv to Xeyeiv ,,tö A xarä nctVTog tov B" tov
Xe'yeiv ,,xct&' ov tö B navxbg , xcit' ixeCvov xcu to A nctVTÖg". In jener
Stelle des Aristoteles (An. pr. II, 5, 58 b. 10), auf welche sich diese Erklärung
des Anonymus bezieht, ist Waitz mit Recht dem Cod. A gefolgt, welcher die in
allen übrigen Handschrr. enthaltenen Worte din nQogXrirpeüjg d' eOTiv allein auslässt;
denn TTQÖgXrjipig hat eben bei Arisl. noch nicht jene technische Bedeutung
wie bei Theophrast.
57) Alex, ad An. pr. f. 160 a.: xid QeoifQiiOrog iv to) nnünot tojv IIqoreQOiv
AvaXvTixiov Xeyei tb nQogXci/jßavofjevov (Alex, gebraucht hier in Folge
eines unten, Anm. 68, zu erwähnenden Ilmstandes nQogXctfjßavöftevov gleichbe
deutend mit fjeTctXufjßctvofjevov , und es steht auch letzteres Wort in dem Satze
vorher, wo von der nemlichen Sache in Bezug auf die aristotelische Lehre die
Uede ist) rj dV inctywyijg TC&eoScii rj xcu uiib 1$ vnoä-e'aeoig rj dV ivecnyCccg
7j äice OvXXoyiOfjoJv. S. auch Anm. 69. Uebrigens bleibt Theophrast in
Gebrauch und Bedeutung des Wortes a£Co>fja dem Aristoteles noch treu, insoferne
V. Die älteren Peripatctiker. 379
suchten Theoplirast und Eudemus die möglichen Fälle hetrcfTs der Vor
aussetzungen und der für sie hinzuzunehmenden bestimmteren Aussagen
in eine Theorie zu bringen. Dass die hieraus niessende Lehre vom hy
pothetischen und disjunetiven Syllogismus wirklich auf Theoplirast und
Eudemus als ihre Urheber zurückzuführen sei, müssen wir einerseits
aus einer Stelle bei Alexander Aphr. schliessen , in welcher derselbe
sämmtliche nun von uns näher zu besprechende Arten von Voraus
setzungs-Schlüssen aufführt und die Bemerkung, dass sie von Aristoteles
nicht behandelt worden seien, direet mit der Nennung jener beiden Peripatetiker
in Verbindung bringt 5S), — zumal wenn wir hiemit die
Notiz zusammenhalten, dass über jene Schlüsse die Schüler des Aristo
teles, nemlich Thcophrast und Eudemus und deren Genossen, sowie
später auch die Stoiker, umfangreiche Bücher geschrieben haben 5il) —,
und andrerseits daraus, dass die Eine Art solcher Schlüsse mit aller Be
stimmtheit in der Tradition an den Namen des Theophrastos geknüpft
ist (s. Anm. 61 u. 69), derselbe also wohl sicher auch die übrigen in
gleicher Weise behandelt haben wird. Wer jedoch hartnäckig es nicht
glauben wollte, dass diese Voraussetzungsschlüsse wirklich den älteren
er dasselbe eben auf die unbewiesenen Voraussetzungen, deren Zugesläudniss von selbst
zugemutbet wird, beschränkt. Themist. ad An. post. f. 2a.: 6 yeiQ 0eö<i octaiog
ovTtog oQi&Tai t6 a^Cio/xit ,,rö a^Cmuti ttSTi dofß r/ff, ij fiev iv 70/V öuoyevitsiv
, litv itsa ä/i' Taiov, r) df anXüii iv annair", oinv tt)v xiiTcit/ ttatv
rj rijv ünocfaoiv, tuvtu yäp xaOttneo tsifitpvia xtu xotvtt naai (l)iess ver
glichen mit Arist. An. post. I, 2, 72 a. 17. 7, 75 a. 42. 10, 76 b. 14. Metaph. IS,
2, 997 a. 5), so dass hier noch a^Ctofia einen Unterschied, oder vielmehr Gegen
satz, von nooittotg bildet, wohingegen bei den Stoikern tt'$lu>fia schlechthin das
Unheil bedeutet. •
58) Ebend. f. 160b.: EIttiov (sc. 'Aqio~t.) ntol tiöv l'i b^oXoylag xiä
ttüv <T/« rijj eis aävvaiuv ^änttytayr]g Xe'yti xttl itXXovg noXXovs l> vnoOetJitog
nepuCveoditi , niQt tov vnioTlittTui filv mg iotüv intfj.eXe0Ttpov , oii
firjV tfioeTat ctiiTov avyyoaji^ia neol avitov. QeötfoaaTog cF aiiTtöv iv
rolg lölotg 'AvctXvTixutg jxvtjuovtvei , äXXct xiii Evoripiog xal rive; tlXXoi
Ttüv tTcUniov ctvrov. Xiyoi S av Tovg rt Stet owe/iav , o xcti avvn/J/xe'i'ov
XeyeTtu (Anm. 70), xal rijg npogXrßlJeiog vno&tTixovs (Anm. 55 u. 50) , xal
Tovg <Ti« tov äiaiotnxov Tt xcti avveUvyfie'vov (Anm. 72) rj xal Tovg tha
antftftnixr\g av^nXoxrjg (Anm. 71). et äpu ovtoi Ttäv 7ipoeiPTjlue'vii>v , napa
rovg eiQr\fj.evovg eltv av xcti ol l'i arctXoylug (Anm. 01) xttl ovg Xeyovoi xctitt
not6rr]Tit jovg anb tov {täXXov xttl j\ttov xtu öuottag (Anm. 74), xal el ri~
veg aXXtti itSv 1$ i/Tiofreoeiog <F/«r/opr« nnrnttaeiDV etat.
59) Philop. ad An. pr. f. LXa. : inttSr) öi 6 ftev AQiaioieXrjg loaovzov
etntov ntoi tiöv vno&ertxtSv inaiiaiao xtu oiäiv rjjiag nein ttvTtov Idt'da-
!iev, äXXtt tt)v naaav anovSr\v nepl tov xctTrjyooixov avXXoyiafiov inotrjtsaTO
, «t£ ör) tovtiov fiev reXtt'tov britov xtu U7]Sevbg HHtD&ev tSeofiiviov,
ßdXovrv oi Te fiaftrjTai tov l4<jiOTOTtXovg ol nepl Ototf Qttotov xtu Eutirj/tov
xiii Tovg aXXovg xal fr/ ol ^Tto'ixol. worauf dann die Darlegung des in Anm.
70—72 von uns Entwickelten folgt. Merkwürdig ist die Art und Weise, wie Boeth.
d. Syll. hypoth. p. 000. (ed. Basti. 1570.) zwischen Theoplirast und Eudemus un
terscheidet: de hypolheticis syllogismis saepe quaerebas , i» quibus ab Arislolclc
nihil est conseriptum ; Theophrastus vero , vir omnis doctrinue capax rerum lanlum
summas exsequitur, Eudemus latiorem docendi gradilur viam, sed ita ut vcluli quacdam
semina sparsisse , nulluni tarnen frugis vidcatur cxtulisse proventum. Betreffs
eines späteren solchen proventus frugis aber s. Abschn. IX, Anm. 5.
380 V. Die älteren Peripatetiker.
Peripalelikern angehören , könnte sich hievon wohl aus der läppischen
Weise überzeugen , in welcher diese Syllogismen von den Stoikern in
die sogenannten uvaitöSemzoi (s. Abschn. VI, Anm. 182 f.) verwandelt
werden, da jener stoische Unsinn offenbar auf einem verstandlosen Aus
schreiben einer älteren Doctrin beruhen muss , diese aber keine andere
als eben die peripatetische sein kann. Wir dürfen wohl mit Sicherheit
annehmen, dass in Folge des commentirenden Verfahrens in der Theo
phrastischen Analytik die Lehre von den Voraussetzungsschlüssen gerade
an jener Stelle eingefügt war, welche dem 23. Cap. des I. Buches der
aristotelischen Analytik entsprach (vgl. Anm. 57, 59, 61, 69).
Die Neigung der ältesten Peripatetiker nun, die blosse Form des
Voraussetzungs - Urlheilos zum Ausgangspunkte für die Aufstellung einer
eigenen Schluss - Form zu machen , erkennen wir deutlich in jenen Syl
logismen, welche Si oXov (oder öV okav) vno&EziKoi oder Sia xqiäv
v7to&cnxol biessen 6U). Es sind diess nemlich Schlüsse, welche aus
zwei Condilional - Sätzen bestehen , und durch welche ein oberer Conditional-
Nexus mit einem unteren vermittelst eines mittleren verbunden
werden soll, also in der Form:
Wenn A ist, ist ß
Wenn B ist, ist C
Wenn A ist, ist C
60) Philop. ebend. : xafhoXov neig avXXoyiOjibg rj xb tOxiv rj xb ovx toxi
Stlxvvaiv rj xlvog bvxog xl iaxiv rj xt ovx iaxiv rj rivog iii) bvxog xt iaxiv
rj xC oix iaxiv. ol utv ovv xCvog ovrog rj /urj ovrog xt oix iaxiv rj xl ian
dtixvvvxtg ovxoi xaXoivxai äid xqkov xai dt' bXwv vno&txixol' dt bXiov
[tiv oxi nSoat al naQaXaitßaföiieVtti nnoxciatig iino&txixal' Sid xqkov ät
oxi xovXd/iOxov ovxoi oi avXXoyiafiöi äid xqkov vno&iaeiov ntQalvovxat,
oiov ßovXoiiai dftf«t oxi xfj vnofHati xfj Xtyovorj ayad-bv tlvai xov %)tbv
dxoXovdtl xö dtdiov tlvai xö ndv intlcftj ovv fivo xavxag vnoüiotig ßov-
Xoficu dti^ai inoiiivug dXXr)Xaig, ntioa avayxtj dt' ixtQov xovxo xaxaaxtväoui,
inti, ti avxö&tv xovxo Xdßoi/ttv, xö iv «<>/Ü ndXiv alxrjoöfit&a'
ovxovv ZQftct ijuTv nXtiöviov rj xovXdyiaxov dXXrjg iiitig vno&iatiog , dV rjg
ftiOr/g xavxag dXXrjXaig owdipoiitv , olov i'va tincorttv ovxiog' tl 6 &tbg
dyaftbg , dyadonoiei ' tl ayatl-onoiti , dtäia noiti' tl 6 &eög äoa dya&bg,
ßi di« noiti. biiottog iyovai xai oi xlvog bvxog xl oix iaxi xaxaaxtvd£ovrtg,
olov tl ö ,9-fof dyaHbg , äCxaiog' tl ätxaiog, tlai xd (der gedruckte Text hat
falsch: oiov tl 6 %)tbg SCxaiog, äya&ög' ti dyad-bg , tlai xd) iv c'täov dtxaiioxrjoia'
ti St xovxo, ovx tlai &vr}rai al rpv/ai xiov dv&QiönioV tt 6
&tbg uoa dya-9-bg, ovx tial &vr)xal al xäv dv&Qioniov Tjjv%a(. tri xlvog /jrj
bvxog xl tax iv rj xl ovx iaxiv , oiov tög inl xöiv avxöiv ti fii) iaxiv doixov
xb S-tiov , tiai xd lv adov äixuiiorriQia ' tl xovxo, d'huvaxoi al xöiv
av&Qtönwv ipvyai xai ovx tiai Svr\ral' tl /xrj iaxiv aoa aätxov xb &tTov,
d&dvuxot tlaiv al xäv dvO-Qionmv xpvyai xai ovx elai &vrjxa(. axönti dt
oxi dt« ndvxojv xovxojv ort ov xb tlval xi dnXwg rj firj tlvai xaxtaxtvdaafitv,
dXX' Sri xdiät vnoxtH-tvxi xoSt dxoXovSti, xai intiörj oväafiov xb
tlvai xbSt rj iir\ tlvai dntdttg~afj.t v , tixörmg dl' oXov vno&txixai xaXovvxai.
Ebend. /'. CI a : noäxov diu xov did xqkov OvXXoyiaiiov , oiov tl xov
A Xtvxov bvxog, dväyxrj xb B /.it'ya tlvai, xov d'k B iitydXov , dvdyxrj^ xb
F jir) tivai Xtvxov , äaxt xov A bvxog Xtvxov xb F fir\ tlvai Xtvxov. obxog
fiiv b fiid xov ätd xqiiöv OvXXoyioiiög d'id xqkov dt ixkrjthj Sxi Xafißavti
xovg OQOvg xai xov (Xdrrova &xqov vnoStxixbv xai xov iitl^ova. ovxt
ovv vnodtxixbg b OvXXoyiauög oxi iyti xQtlg boovg ovxt xaxrjyoQixbg Sri
ino9txixut tioiv al nQoxdatig. did xovxo äid xqkov ixXrjfftt).
V. Die älteren Peripatetiker. 381
und es rechtfertigt sich die Bezeichnung 6V oXov vno&tUKog avXloyia-
[iog dadurch, dass die Hypothesis durch die beiden Prämissen bis in den
Schlusssatz hinein sich fortsetzt, wobei natürlich die Form eines solchen
Schliessens unverändert bleibt, wenn auch die einzelnen Glieder der
Prämissen negativ sind ; es geht also der Schluss nur auf den Conditional-
Nexus zwischen irgend einem Vorhandensein oder Nichtvorhandensein
und irgend einem anderen Vorhandensein und Nichtvorhandensein (rlvog
ovxog t] {irj ovxog xL h'öxiv n\ ovk eGxiv). Die Bezeichnung Sia tqiäv
vno&etmbg hingegen beruht in der Gleichmässigkeit, in welcf1e betreffs
der Form dieser Condilional - Schluss mit dem kategorischen gebracht
worden war. Und zwar gerade in dieser letzteren Beziehung hat Theophrast,
welcher diese Voraussetzungs-Schlüsse 6vXXoyio~{iovg xcer' äva-
Xoyiav nannte (etwa in dieser Benennung abweichend voii Eudemus oder
Anderen?), die Theorie derselben ausgebildet01); nemlich er reducirte,
61) Die Hauptstelle hierüber ist Alex, ad An. pr. f. 134 a— b. ; nur entwickelt
Alexander die drei Figuren dieser Vorausselzungs- Schlüsse zuerst nach seiner An
sicht (welche mit der aristotelischen Reihenfolge der drei Figuren des kategorischen
Schlusses übereinstimmt) , und fügt dann erst hinzu , dass hier Theophrast die
zweite Figur zur dritten gemacht habe und umgekehrt; nemlich: do'iovat yaQ ol
oV oXcov vno&eiixol, ovg 0s6(f qaaxog xaxä dvaXoylav Xiyei, oioC eiaiv ol
did xqiüv Xeyofievoi , firjxizi vnonCnxeiv rjj diu xrjg ixXoyf\g (sc. tiov oqiov.
An. pr. I, 21).) Setzei' Xeyei de avxovg b @e6(fQaaxog xaxd dvaXoyt'av,
ineidrj ai ts TCQoxdaeig dvdXoyoi xcii xb avjune'Qaa/ja xaig nQoxdaeaiv' iv
näoi yaQ abroig b/j.oi6xrjg iöxCv dvuyovxai ßiivxoi xai ol dV oX(ov vtiofi-
exixol eig xd xqCa xd 7iQoeiQ>]uiva ayr\uaxa dXXcp roönq), ojg xccl 0s6-
(pgaOTog öideiyev iv xm jiqiotui xäv IIqot{q(ov AvaXvxixiäv. eaxi dk dt'
oXcov vnodexixbg xoiovTog' ei xb A , xb B' ei xb Ii, xb 7" ei aQa rö A,
to r~ xovxiov yciQ xai rö ovjineQaafia vnoO-exixbv, oiov ei dvd-Qionog iaxi,
Cipöv iaxiv ei £mov ioTiv, o(ia(a iaxiv ei aoa avS-Qionös iaxiv, ovaCu
iaxiv. inet xotvvv Sei xai iv xovxoig fteaov xiva Spov elvai, xaH' ov avvanxovOiv
al nooiuaeig aXXrjXai g (äXXtog yaQ ddvvaxov xai Inl xovxiov Ovvaxxixrjv
av^vyiav yiveaHai) , ovxog b fieao<, XQiyiog xai iv xaig xoiavxaig
ov£vy(aig xe&rjOexat. "Oxav fxev yaQ iv y /xev x<iöv nQoxdaetov Xrjyrj iv >/
dL&Qyexai, xb tiqwiov eaxai ayij/xa' ovxiog yao e'iei iög xai bxe xov pikv
xäv l'txomv xaxt]yoqoTxo xip dt vne/.eixo' drdXoyov yaQ xb fiev Xr\yeiv xai
eneo&ai iiji xaxrjyoQeTa&ai , xb iSe an/eo&ai xai vnoxeTaü-cu , vnoxeixai
yact n<og ro) iniif ego/j.e'voj abxiji. obxcog yaQ XrjffifUvrog xov /te'oov avune"-
QaOfia eaxai, o ao/exai afp' ov rjoyexo xai jj nQiörrj itQÖxaaig , Xrjyei de
eig o eXrjyev r\ devxeoa, xrjv fiev xov xaxtjyoQOVfiivov yiÖQav iv xcS Gvjxne-
Qaa^iaxi xov eno/j.e'vov Xafißävovxog, xr\v de xov inoxeifievov xov fjyovfxivov
oiov' ei xb A, xb B ' et xb B, xb jT' ei aQa xb A, xb r. dvvaxui
inl xjj xoiavxy Ov£vy(q xai avänuliv XrjwfUjvai xb Ov/tne'QctO/ja , ädxe firj
en&fievov elvai äXX' fjyovftevov , ov ufjv ctTiXcog aXXä abv ävxi&eaef cSvva%
ä-e'vxog yaQ xov „ei xb A, xb V awdyexai xai xb „ei firj xb r, oiäh
xb A". El äe änb Siaifoqiov äo/ofievai al imoiiexixul iiQoxaaeig Xr,yoiev
elg xavxb , eöxai xb xoiovxov ayr\aa äevieoov, ävaXoyov ov xq> iv xoTg xaxr]
yoQixoTg äevxe"Q(i>, iv oig b f.iio~og oQog dfXfoxe'Qoiv xtov äxQiov xaxrjyo-
QeTxo' inel yeco iv xoig vnoä exixnig xb enofxtvov xaxr\yoQovfi.evov ywQav
eyei , oxav xalg ävo TrQoxdaeoi xaixbv knö^ievov Xct/ußdvrixat , xb nQiaxov
(l. äevxeQov) eaxai ayjifia' avXXoyiaxixij de r\ 0v£vyia, idv dvxixeiftiviog
enöfievov exaxe\>o> xiov fiyov/xeviov Xaußävtixaf oiov ei xb A, xb jT' ei
xb B , ov xb T' xb yaQ t fiiaog ov öoog dvxixei/.ie'viog eXXr\nxai enbfxevog
xoTg fjyovfj.evoig xip xe A xai xi» B, dib xai awdyexai ovxiog Xr\<\ bHvxiov
xb ei &dxeqov xäv ctQjrofte'viov , ob ttdxeoov ei yuQ xb A, xb T' ei xb r,
ov xb B' ei aQa xb A, oi rö B , oiov ei dvÜQionog , (ipov ei Xf&og, ov
382 V. Die älteren Peripalcliker.
wie ilen Schluss natu jipo'gAijif'it',, so auch diesen auf die drei Figuren
des kategorischen Schlusses, wornach sich ihm ergab:
I Wenn A ist, so ist B
Wenn B ist, so ist C
Wenn A ist, so ist C
oder
Wenn C nicht ist, so ist auch A nicht
(Dem aufmerksamen Beobachter kann es nicht entgehen , dass hier der
MittclbegrifT — das Vorhandensein des B — die nemliche Stellung hat,
welche er in der sogenannten vierten Galenischen Figur einnimmt; wir
werden diese Eigentümlichkeit unten (Abschn. X, Anm. 19 u. 39) wie
der treffen und dort aus einer Gleichgültigkeit betreffs der Gattung der
Prämissen erklären müssen.)
II Wenn A ist, so ist B
Wenn A nicht ist, so ist C
Wenn B ist, so ist C nicht
oder
Wenn C ist, so ist B nicht
(Warum hier Theophrasl von dem Grundsatze des kategorischen Schlus
ses, dass in der 11. Figur der Mitlelbegriff beidemal Prädical uud in der
III. beidemal Suhject ist, abwich, lässt sich kaum erralhen; dass er es
that, ist mit aller Bestimmtheit überliefert.)
III Wenn A ist, so ist B
Wenn C ist, so ist B nicht
Wenn A ist, so ist C nicht
oder
Wenn C ist, so ist A nicht.
Möglich ist es dass Theophrast selbst die einzelnen verschiedenen
Schlussmodi in diesen drei Figuren untersuchte02); wir können es je-
£(j>oV et uQft aV&Q(onog, oi Xi&og. El Si ye and tov avTov aoyo^ievai
al nooTaaetg Xr]yoiev elg erega, 'lärm ävclXoyov jovto tö a%r)iiu to) to(t(i>'
to yän r)yovfievov vnoxti /je"vov yojQuv e/ov Iv ü/Mfoiinaig t«is nnoTaqeoi
TctvTov ianv otuv Sr\ dvTixeifih'iog tovto avvaxTixbv eorui, oiov
ei tö A, to B' el oi tö A, to jT" avva/Srjoezai yan et ftr) &areQoy tüv
XrjyövTtov , DaTenov' el yctg oi To B, to r- rj el od to r, to B, oiov el
av&Q(anog, Xoyixöv el fjr) avdqconog , aXoyov' el fjij Xoyixbr aQa, aXoyov.
TuvTrj Tf ovv ofiouti iv TovToig cd ov/unXoxai Talg iv ToTg xairjyoQixolg
a/rifiaoiv ovoai elxoimg t'iv elg ixelvug üvriyovxo , xai hi r) yeveaig inl
Toig xaTtjyoQixolg Tip äeuT^gip xai tq(t<i> ayr\iiaTi änb tiüv aviiOTQOif iöv
Ttov iv t&j 7TQ(6rq> nooTcißeiov , ovTtag d'i xai inl TovToig Toig a/rifiaai.
&eo(f QadTog jue'vroi Iv to~> noohto tcov AvaXvitxiov äevrenov nyr)fia
Xe"yei Iv 101g öV oXtov eheu iinoHeTixoig ehai (l. IxeTvo), iv <p äo/ojievai
iinb tov aiiTov al JiQOTaaeig Xr\yovaiv elg 'heoa, tqCtov äe, iv ip and
SiaiioQtov äo/6ftevai Xrjyovaiv elg xavTov ävänaXiv o ijfieig lÜeOe'fie&a.
Vgl. die Stelle des Alcinous in Abscbn. X, Anm. 79.
02) Höchstens könnte man Etwas dergleichen aus einer Siel le des Pbiloponus
schliessen , welcher übrigens gleichfalls die von Alexander vorgezogene aristotelische
Reihenfolge der II und III Figur einhält; derselbe berichtet nemlich die Reduclion
dieser Voraussetzungsschlüsse auf die drei kategorischen Figuren folgendermassen
V. Die alleren Peripaleliker. 383
doch um so mehr dem Leser selbst überlassen , dieselben aus der Ta
belle der kategorischen Schlussmodi sich zusammenzustellen, da wir ja
keinen sicheren Anhaltspunkt haben, ein solches Detail schon dem Theophrast
zuzuschreiben. Jedenfalls aber darf man das Ganze xmr_ als ein
syllogjstisches Spiel mit den Conditionalsätzen bezeichnen , und Alexan
der 63) hat l'öllifprlechT, wenn er diese Schlüsse als für die Apodeiktik
zwecklose verwirft. - " ———■
War nun hier schon die blosse Form der Voraussetzungs - Urthcilc
eine Veranlassung gewesen, um syllogislische Combinationen solcher Urtheile
aufzustellen, so sind es hingegen die eigentlichen hypothetischen
und disjunetiven Schlüsse , welche die in einer Voraussetzung liegende
Unsicherheit und Unbestimmtheit durch Ilinzunahme eines bestimmter gcfasslen
Theiles der Voraussetzung überwinden und aufbeben sollen ; und
es werden demnach zu diesem Dchufc die Formen der Verbindung eines
solchen hinzuzunehmenden Theiles mit der Voraussetzung untersucht.
Hier also hat das fisxuXafißaveiv öder die fisxaXrjijiig ihr eigentliches
Feld. Es soll nemlich hiebei nicht bloss auf einen Conditional- Nexus
{xlvog ovxog rj (ir) xl h'oxw rj ovh), sondern wirklich auf ein Vorhan
densein oder Stattfinden, auf ein xL i'axiv rj ovx l'crw, geschlossen wer-
[ad An. pr. f. LXXVa.): di' SXov di unoü-fTixovg ixaXei 6 Geötfnaaxog xovg
y.iii rag nQoxaaeig xal xb av/ATie'QaOfia l'i vno&io&taq Xafxßävovxag , oiov
ii to A, xal to B • f l de t6 B, xal ro r~ el to A äoa, xcä %b r~ axönti
yao Sri xul tö GVfinfyicGfia (J inoS-iatiog etXrjjiTai eXeye de ö @eoifQttOTog,
oti dvvaVTai xal ovioi vnb tu ti>(u G/tj/iaTa ccväyeo&ai' bxav
ya» (iTtcofiev „el xb A, xal xb B' el to B, xal to T", eha avfijieQaviofiev
„el to A cp«, xal to /"', avaXoyel to fiev A iXaxxovi oqo> xal inoxeiutvii)
, tö dk B fje'oi», xaxuiyoQovuivtp (i'tv xov A, inoxeiuiviß dt x<p r,
untn avaXoyet /jeC£ovi QQ(j> , äaxe xal ovxcog eßrai tö tiqcotov G/ij/j,a. JYj'frt
« ndXiv to devxeoov, bxav ovTing elnio' el to A, xal to B • el fix) to
r, oide rb B' el ftij xb A äga, oidk xb T. 'O/totwg xal to tqCtov ovTiog'
ff jUfj tö B, oiidi ib A' el to B, xal xb V' et jj,rj to A ana, oide ri xiöv
V. dvvaxdv de xal xaTrjyooixag XaßeTv afitpoxinag. Hiernach "wäre bei Thcophrast
(welcher ja diese aristotelische Anordnung umkehrte):
II. Wenn A nicht ist, so ist auch B nicht
Wenn A ist, so ist C
Wenn B nicht ist, so ist auch einiges C nicht
und III. Wenn A ist, so ist B
Wenn C nicht ist, so ist auch B nicht
Wenn A nicht ist, so ist auch C nicht
in welch beiden wir jedenfalls bei gleichen Figuren andere Schlnssmodi vor uns
haben, als die obigen sind. Oder sollte diese ganze Abweichung vom Berichte
Alcxandcr's auf der Ungeschicklichkeit des Philoponus beruhen?
t>3) ad An. pr. f. 107 b.: a/QrjUTov ydo nobg deigiv xal Se'aiv tov eJvat
it to dV oXtov vnoO exixbv xiav OvXXoyiGutöv eldog , oiJt£ yao vnaiiyeiv xl
nvi ovze utj vnä(>xeiv ovxe xaöoXov ovxe inl ^te'novg äelxvvxai dt' airtov
dib xal r) dia toiiov äyioyrj vyiijg /ukv av elrj , ibg de Cxvvxai , oi fir\v
ivXXftyiaTixrj al' änXiog Xfyotxo. Ebcnd. f. 134a.: ?; oide fSvXXoyiOfiol xvl>'(
u; xal änXtäg ixetvoi , äXXä tö oXov tovto IH vTio&e'oewg avXXoyiOftol,
ovdh yän eivai rj jxt] eh at äeixvvovGlV ol /jlv yao mjoeiorjfj.e'roi y7ro-
Wofsij (d. h. die nun" sogleich zu betrachtenden eigentlichen hypothetischen und
disjunetiven Schlüsse) xal avXXoyia^iol, deixvvovat yao xl vneiijxeiv rj fir\ vnän-
XW ol de ToiovToi jirfdlv toiovtov deixvuovxeg oixixi oide änXoig auX
384 V. Die ältere Peripatetiker.
den; die Voraussetzung aber enthält in dieser Beziehung wesentlich eine
Unbestimmtheil in sich, indem sie irgend ein Stattfinden entweder an
eine Bedingung knüpft, deren Vorhandensein ungewiss ist, oder inner
halb seiner selbst eine Möglichkeit mehrerer Fälle offen lässt, unter wel
chen es wieder ungewiss ist, welcher eben vorhanden sei, d. b. die
Voraussetzung (vTto&eatg) ist entweder ein Conditionalsatz (axokov&ia)
oder ein disjunctiver Salz (Sid^ev^ig), in beiden Fällen aber enthält sie
kein bestimmtes Stattfinden °4), sondern dieses wird erst durch ft£T«Aßfißavonsvov
erreicht, indem entweder der bedingungsweise ausgesprochene
Vordersatz des Conditional-Urtheiles nur in factiscb bestimmter Fassung
dazu genommen wird, oder die im disjunctiven Urlheile noch unbestimmte
Möglichkeit mehrerer Fälle durch eine factisch bestimmte Aufstellung
Eines Falles oder einiger Fälle aufgehoben wird, um durch dieses hinzugenommene
Urlheil auch betrefft der übrigen Fälle irgend etwas Be
stimmtes aussagen zu können ; immer aber beruht die jjtBrälrjipig darauf,
dass Etwas, was in dem unbestimmteren Obersatze schon ausgesprochen
war, nun wiederum, aber nur in anderer factischer Fassung, dazugenommen
wird65); und ausdrücklich ist überliefert, dass dieser techni
sche Ausdruck (to (iETCtla^ßav6^.evov) nicht bloss von dem factisch ge-
64) Plülop. ad An. pr. f. LX b. : ntol dt rdv vno&erixojv ovTojg tinco/xtv
tojv to tlvui fj firj tlvai xctTtt(SxtV(t£6vTh>v vno&tTixojv ot fiiv axoXov&Cav
xaxaaxevc'i^ovaiv oi de dia£ev!-iv (worauf die sogleich anzugebende Darlegung
der Schlussliguren für beide folgt) u. ebend. diäCtvgiv di Xiyoixtv TTjV iv diaioiöti
iinö&iGiV. Boeth. d. syll. hypoth. p. 607.: hypothesis namque, unde hypothetici
syllogismi aeeepere vocabulum, duobus, ut Eudemo placet, modis dicitur: aul
enitn tale acquiritur aliquid per quandam inter se consentientium conditionem, quod
fieri nullo modo possit, ut ad suum terminttm ratio perducatur , aul in conditio««
posita conscqnenlia vi coniunclionis rel disiunetionis ostendilur.
65) So unterscheidet sich [itTaXrjipig wesentlich von der nnogXrjipig, s. Anm.
55.; ziemlich auch Alexander sagt betreffs des jj.tr aXafißavofitvov in der ebendort
bezeichneten Stelle: diatftQtiv di doxtt xcezä Tovg^aq/aCovg (s. Anm. 68.)
tö jitTuXafifiavöfJtvov rov nnogXufißavo[j.tvoV iift' tov fitv yaQ iv Tolg ti-
Xi]f.iiitvoig iyxtnaC it xai tan rö [AtTaXaiißavöinevov, oi /jf/v ovitog oidt
roioiixov oiov Xctußclvtrai, inl tovtojv to Xafißavu/utvov fitiaXa/jßavö/Jtvöv
!o~nV oi yctQ i!;oj&tv nQOGTt&tTia , äXXä xtifitvov ciXXmg jutTaXa/jßäj'irai
eig aXXo' iv yaQ tu) „tl fj/us'Qa iöri , t/ojg loiC" to „rjfiiga eariv", — 6
TtQogXctixßavoLitvov ol vtohtQoi (s. Anm. 68.) Xiyovcsiv — , tyxeirai /itv, ov
firjV toiovtov oiov Xa/ißüvtriw rtStTca fitv yctQ iv to) ßvvrifjfihnij iv iinoöicsti
Tt xai osxoXov&i'rt , XafißävtTai St ojg vnäo/ov, ineidr) tovtojv xai
tojv Toiovrmv fitjaXtjifin' ytvtoStu Xiyovßi' to yao xeifievov, oi/ ojg xttrai
XaLußctvofxtvov, fitTctXuiißuvoLitvov ylvtraf xtCfitvov yaQ iv G/tOti xeä axo-
Xovb-iq xai imod-ioti fitTaXttfißavtTai tig vnaQ^iv. nQogXa/j.ßav6{utvov di
Xiyovttiv x.T.X. (oben Anm. 55.). Hiczu Alex. f. 133 a., welcher zur Erklärung
von Arist. An. pr. I, 29, 45b. 15. sagt: iv dt ToTg ctXXotg roTg i% vnoSt'atojg
ToTg nctQa Tovg dV ädvvÜTOV, oiov baoi xara /itTciXtj\piv fj xaiä noioTrjTa
(über diese s. Anm. 74.) tlol tojv vno!) tTixöiv , ovdt Int tovtojv r\ ixXoyr\,
Sv nootiQqxKfjev roönov, to~Tcti, äXX' Int tojv fitTaXafjßavofxivojv ij rö „iv
ToTg inoxeifitvoig oix iv to) ü rtQ/Jif" loöv iOTi to) oix iv ToTg i§
vnoxtifiivotg , äXX' iv tolg /.itTc(Xa/j.ßcivo/.i£voig , xai int toutwv ij L.rjTrjaig
to~Ttti' iv yaQ ti) inoOtTixo) to) fi ij ipv/rj ät ixlvi\xog , ad-ävaTog Ioti tt\v
nootiQrjuevrjV ixXoyrjV noirjao/xev ov ^rjTovvTtg rtva tntTat to) äeixCvijTov
tlvai TrjV ipv/riv , äXXä Xrjipönt&a Tovg iv Tri fttTaXfypti rj nQogXrjiptt
ooovg Xiyoi 3' av „xaTce utiäXrjiptv fttv Tovg xarä nQÖgXrjiJjiv Xtyo-
{.ttvovg, ot tiffi fiiXToC (hierüber s. Anm. 73.).
V. Die älteren Peripatetiker. 385
fassten Vordersatze eines Conditional - Urtheiles , sondern auch von dem
als factisch herausgehobenen Gliede der Disjunction eines disjunctiven
Urtheiles gilt66).
Was nun die Formen dieses Verfahrens der p.ttäXrjtyis betrifft, so
unterscheiden sich dieselben allerdings, je nachdem der unbestimmte Ober
satz conditional oder disjuncliv ist, aber es werden die fünf sich erge
benden Schlussfiguren doch insoferne einander gleichgestellt und auch
fortlaufend numerirt, als sie sämmtlich eben Voraussetzungs-Schlüsse (vno-
&iTixoi GvkkoyiGfioi) sind. Zunächst ist uns in Betreff jener Fälle, in
welchen der Obersatz conditional ist, die Terminologie der älteren Peri
patetiker überliefert; nemlich in dem Schlüsse:
Wenn A ist, so ist B
Nun aber ist A
Also ist B
heisst das „Wenn A ist" das riyov^svov, das „so ist B" das sitöfievov,
das ganze „Wenn A ist, so ist B" das Gvv>](i(iivov , das „Nun aber ist
A" die fierttkrjijjig, das „Also ist B" das Gv^neqaG^a 67). Diese Ter
minologie aber änderten die Stoiker (s. Abschn. VI, Anm. 175) und
nannten dasjenige , was hier u.ezah]tyig geheissen hatte, nun ngöglrityig,
wodurch in den Berichten jene oben erwähnte mannigfache Verwirrung
entstand 68). Uebrigens zeigt hiebei Theophrast eine auf die bloss sprach-
66) Alex, ad An. pr. f. 133b.: ig vno&eaeaig yag xal ol diaigeTixol, o'i
xal ctvTol Iv roig xara /j.eräXrjrptv iS vnofHaewg.
67) Philop. ad An. pr. f. LX a. : ol jj.lv ITegmaTrjTixol rfj xotvfj GvvtjdeCq
xe%Qi]/je'voi ja jiev ngctyiiaza avrö tovto ngayjuara dvöjiaaav, xal tcc vor]-
jUkt« wgavTtog , öjioiwg dl xal rag (f(oväg, en dl tö riyov/jevov iv rolg
vTtoS-tTixoig avXXoyiGfiohg airo tovto rjyovjievov, xal rb enojjevov (ögavTtog,
oiov to „ei rj/je'ga ior(" tovto rjyov/jevov, to dl „rjXtog inlg yrjv" tovto
enöfjevov, snirat yäg rü 7igü>T<p to devregov, to dl oiov tovto tö „ei
r/jje'ga itjTiv, r\Xwg imlg yrjv iori'1 tovto Gvvr\jijjivov dia TO Gvvrft&ai
TavTa &XXr\Xoig, To de „üXXa iir/v rjiie'ga ißrC" tovto ol IlegmaTTjTixol jieräXrjipiv
xaXovai dia tö fjeTaXa/jßavea&ai ix devrigov, rjdrj yag iXrjif&ri iv
T(ö tjyovfit'vcp , to de „rjXiog aga vnlg yfpi" tovto avjjnigaGjja. ovt<o jtlv
ovv ol rieginarrjTixoC.
68) Ebend. : ol de JiTbi'ixol wvöfiaßav rtjv de [ieiaXri\pi.v ngog-
Xrjiptv, xal e/jeive tovto iv Trj avvrj&eCq. Ebend. LXXIVb.: elntoiievde ijdij öti
oneg ol ZtioCxoI ngogXrjipiv ixaXovv, tovto ol IlegmaTryiixol fjei aXrjipiv eXeyov,
Alex. f. 133 a.: S yag ol vewregoi ngogXr\\piv XiyovGi, tovto ol negl ligiOToriXrjV
/jeTccXr/tpiv eieä&aat Xiyeiv (s. auch Anm. 65.). Und sowie die stoische
Logik überhaupt in den Schulen einheimischer wurde, so kam auch dieser stoische
Sprachgebrauch zu allgemeiner Geltung, was auch die eben angeführten Worte xal
ijjeive tovto iv T?j Ovvrj&eCq deutlich genug aussprechen; daher nun kömmt es,
dass Philoponus und Alexander, auch wenn sie über die peripatetische Logik berichten,
das Wort ngogXrjiptg oder ngogXa/jßäveiv völlig abwechselnd neben /jeTÜXrjipig
und jieTaXujißäveiv gebrauchen, ja sogar innerhalb etlicher Zeilen ganz beliebig
variiren (z. B. Philop. f. LXb. u. c. , Alex. f. 160a. u. öfters; einen Beleg hievon
gibt auch der Schluss der Anm. 73.). Sowie aber in den eben angeführten Wor
ten Alexanders ol veoitegoi und ol ne gl Hgi aroriXt] v einander gegenübergestellt
sind , so haben wir auch an anderen Stellen , wo wir dem Gegensatze zwischen ol
vetoTegoi und ol ag%aioi begegnen, bei ol äg/aiot an die nächsten Aristoteliker,
bei ol vedxegoi aber an die Stoiker oder an die in der Logik stoisirenden späteren
Peripatetiker zu denken. Es ist ja diess auch ein allgemeiner Gebrauch der Schrift
steller des späteren Allherthumes (z. B. der Rhetoren und ihrer Scholiasten, selbst
Praktl, Gesch. I. 25
386 V. Die älteren Peripatetiker.
liehe Form gerichtete Aufmerksamkeit, welche schon ziemlich an die
Manier der Stoiker oder späteren Peripatetiker streift, wenn er nemlich
den Unterschied hervorhebt, dass bei derartigen Obersätzen der Vorder
satz (to Tjyovfisvov) entweder mit ü, oder, wenn er unbestritten augen
fällig ist (s. Anm. 57) , mit Inn beginnen kann 69). — Die Schlussfigu
ren aber nun, in welchen von einer unbestimmteren Voraussetzung aus
durch Hinzunahme eines bestimmter gefasslen Theiles derselben auf ein
Stattfinden oder Nichtstaltfinden (ti 'eanv i] ovx 'ioziv) geschlossen werden
kann ', sind folgende. Erstens wenn die Voraussetzung ein Conditional-
Satz ist, so kann 7Ü) entweder der Vordersatz desselben als factisch be
stimmt dazu genommen werden, wodurch der Nachsatz desselben gleich
falls als ein factisches Stattfinden resultirl und hiemit als Schlusssatz er
scheint, also :
I Wenn A ist, so ist B
A aber ist
Auch B ist
oder es kann der Nachsatz als bestimmt faotisch nicht stattfindend dazu
genommen werden, wodurch auch die Aufhebung des factischen Bestan
des des Vordersatzes als Schluss resultirt:
II Wenn A ist, so ist B
B ist nicht
Auch A ist nicht.
Zweitens wenn die Voraussetzung ein disjunetiver Salz ist, so kön
nen die Glieder der Disjunction entweder Gegensätze sein oder nicht,
und sind sie Gegensätze, so können dieselben entweder Mittelglieder
zwischen sich haben oder nicht , und haben sie Mittelglieder zwischen
sich , so können diese entweder in unbegränzter oder in begränzter
des Galenus, auch des Eustathius u. dgl. sowie der Scholiasten überhaupt) , dass
sie unter jenen Liüeratur-Erscheinungen , welche sie als rovs aQxaiovg bezeichnen,
nur solche verstehen, welche nicht über die aristotelische Zeit heruntergehen. Vgl.
jedoch auch Abschn. IX, Anm. 4.
09) Simpl. ad Ar. d. Coel. f. 137b.: ,Ev toi? vno&trixoig Iv oig ro tjyovfievov
ov fiövov aXtj&e'g lariv AXXä xal IvaQykg xal avctufftXexTov , «vr!
tov ,,el" Ovväe'afxov rtp „(ntC1 yoiavTat naQaavvanrixo} avxl zoii avvantixov'
<ho to toiovtov ctiCtofxa ol yhtiriQot naoaawamixbv xtiXovßi' xal
&f6<fQc<OTog de iv rqi nqiij<f xäv 1Iqot{qu>v 'AvaXvTixhiv Tr)v aitiav rij?
ToicwTTjg yQt]GHog tdr/Xcoae. Mit Recht wohl schlicssen wir aus dieser bestimm
ten Notiz , dass auch die nähere Ausführung der fünf hypothetischen Schlussfignren
jKjn dem nemlichen Theopbrast schon gemacht worden sei. S. Abscbn. VI,
Anm. 126.
70) Philop. ad An. pr. f. LXb. : reui' iö tlvai rj /jrj ih'ctt xaTCtOxevafovTiov
VTioS-tTixtöv oi /.iev axoXovD-ittv xaTitoxevü&vOiv ol di diat^eviiv. xal rmv
axokovthtog xaicioxevct&VTOJV ol fiiv Trj Oeati tov rjyov/xe'vov xazaoxeväCovoi
tö enofievov, ol de Trj avctiQtati tov enofiivov avaipovoi xal to ijyovjxevov'
oiov ei ro nciooibv itvitoranog Iciti , xcd frjJoV Ioti' äXXce urjv avÜQionog
iorf xcd frpoi" aQa IötI. xtu eOTtv omog TTQÜTog TQonog tcov vno&STixäv
6 axoXoväiag Trj i}e"oei tov rjyov/Jt'vov xaTC<Cxevct£cuv to enöfievov. nctXtv
ei tö nnocsibv av&Qamog (oti , xal £<i)6v Iotiv ctXXce /.ir)v ovx IotI (<poV
ovde avO-Qtonog ctoct iOTi'v ovzog devTegog TQonog T(3v vno&eTixcäv 6 Ii
uxoXoväi'ag Trj avatqfaei tov knofxiyov ävaiQtüv xal tö rjyovfievov.
V. Die älteren Peripaletiker. 387
Anzahl vorhanden sein ; und sind nun die Glieder der Disjunction keine
Gegensätze oder sind sie solche Gegensätze, welche unhegränzt viele
Mittelglieder zwischen sich zulassen, so kann hier, ehen weil nicht alle
Möglichkeiten erschöpft werden können, zu keinem bestimmten Stallfin
den oder Kichtslaltfinden gelangt werden, sondern es muss die Voraus
setzung so gefasst werden, dass sie nur ausdrückt, dass die Glieder der
Disjunction nicht zusammen oder zugleich existiren können, worauf dann
durch Hinzunahme des factisch bestimmten Stattfindens des Einen Gliedes
die übrigen als mit ihm nicht zugleich verträglich abgewiesen werden,
also :
Diese Figur beisst daher auch ein Schluss „vermittelst verneinender
Satzverbindung" — St a7to<parixrjg Gvjmloxijg — 7 '). Allerdings bliebe
auch hier noch eine Schlussform denkbar, welche durch Verneinung Eines
Gliedes der Disjunction die Möglichkeit der übrigen offen liesse und so
allmälig die unbestimmte Vielheit der möglichen Fälle verringern würde;
es findet sich aber eine solche Form nicht erwähnt. Sind hingegen
die Glieder der Disjunction solche Gegensätze , welche gar kein Mittel
glied oder eine begränzle Anzahl von Mittelgliedern zwischen sich haben,
so kann die Voraussetzung disjuncliv ausgesprochen bleiben, und es wird
71) Ebene!.: tcöv t?£ öict£iv!-iv xctTctOxevct£6vTwv ol ftiv l.et/jßavovTat
ijil twv fir) icVTixti/Airtov ol <fi Ini twv äl'Tixtifit'vwv, xcd ini twv uvtixtijitvwv
fj twv ifi/jfatuv rj twv ctftiawv, xcä twv Ifjpfo'wv fj twv woictfitva
1/ovtwv tu ifi^itact fj tiov ctooiOTti, xcd int twv afiiawv fj twv xcitü t«
tvttVTla r* twv xctfl' eiiv fj ariiiijaiv rj twv xenet xurciif ctaiv xcd anocpncsiv.
ihctCtvgtv dt kfyofitv rijv iv dtctiQton iinöfttoiv, olov fi neig otQi&ftög fj
UQTlOg IffTIV fj TltQITTOq' tl Tj ^t!/{j fj &VTjTrj (OTIV fj tt&ÜVtCTOS' tt fj (fltt-
[ttTQog Tjj nXtvQii fj ovfi^itTQogrj aßvju/JSTQog. iyovai y&Q tcivtcc tov „rj"
äiaCeuxTixöv csvvätßfiov. twv ovv xcctcc äiä^ivSiv vttoO nixwv avkk.oyicsfiwv
twv fj inl twv ptr) aVTixti/iivwv kc(/jßctvotu(vcov f) InX twv tfifi(awv üvti-
Xfifitvwv xci) uoniOia työl'Twv tu (fifitoct ov Sil Tr)v vnö'Jeaiv xnia SictCQtoiv
nnoctyiiv, olov ort to nQoaibv fj uv&ywnog fj xvwv fj Xnnoq Tj ti
toiovtov IdTt (r«ür« dt ovx üvTixti'/jevu), rj ticiXiv oti to ttqocjiöv rj kivxöv
iaTiv fj fi£lav fj tfctiöv fj IqvOqov i) ti toiovtov (tcwtci dt tfi/ttoa &vtixtCfitvct
xctl aoQißTa)' ti yäo xcirct äiuCotoiv noirjCSÖfxt!)c( tt)v vno&toiv,
ToTg fir) avTixtiuivoig fj ToTg lufii-aoig xcd uonicSToig ctVTixtifiivoig , ovTt
vnoiKaii. tov ivög civuintiv ^tci lomci' akket fir)v av&QWTTÖg lariv ovx
Iotiv ctoci ijinog' xcd eOTiv ovTog TniTog t qonog twv vnod-tTixwv ö Ii; c\no-
<pctTixr)g av/j.ni.oxrjg T?j vjio&^aei tov tvbg ävaiQwv tu Xoinct.
III A ist nicht zugleich B und C und D u. s. f.
A ist B
A ist weder C noch D u. s. f.
25*
388 V. Die älteren Peripateliker.
dann entweder durch die factisch bestimmte Annahme des Einen Gliedes
das Stattfinden des anderen oder der anderen aufgehoben :
IV A ist entweder B oder C A ist entweder B oder C oder D
A ist B oder A ist B
A ist nicht C A ist weder C noch D
oder es wird durch das factische Nichtstattfinden des Einen Gliedes oder
mehrerer Glieder das Stattfinden des Einen übrigbleibenden als factisch
gesetzt:
V A ist entweder B oder C A ist entweder B oder C oder D
A ist nicht B oder A ist weder B noch C
A ist C A ist D.
Uebrigens können auch diese beiden Figuren dadurch auf die III.
reducirt werden , dass der Obersatz die Form der „verneinenden Satz
verbindung" erhält72).
Ausser diesen fünl.JF'iguren der Vorajus^lzun^sschlüsse hoben die
älteren Peripateliker auch nocIi~Jenen Fall besonders hervor, wenn das
factische Stattfinden des Vordersatzes einer conditionalen Voraussetzung
selbst erst wieder durch einen Syllogismus erwiesen wird (während der
Conditional-Nexus zwischen Vordersatz und Nachsatz von vornherein als
zugegeben gilt), d. h. also, wenn das fiBrala(ißav6(itvov in der Form
eines kategorischen Schlusses auftritt ; und weil daher solche Schlüsse
ausser jener Hinzunahme, welche den Voraussetzungs-Schlüssen eigen-
Ihümlich ist, auch noch einen kategorischen Syllogismus enthalten, so
72) Eliend. : luv dt ItiI xtüv aptowv aVTtxti/iivav noKo^e^u xrjv dtaCqtoiv
rj Inl töiv (fifiiaiov WQiOfliva äi i)f6vx(i)V tec (fifitoa, yCyovxat dvo
xnönoi v7io&txtxoiv avXXoyiOfiojv. äfie'acov /Jtv oiov ö äni&fibg rj ntQixxög
tOTIV rj ttQTWg. rj dtä/XiXQOg Tj) nXtVOtj rj OvflfUXQOg rj UOVfA flCXQOg. Ifl-
[itacov dt toQia/xfvijiv , iög brav Xaßovxtg dvo fitytftrj Xtyaifxtv oxi rode
xoide rj laöv laxtv rj [iet£ov rj eXaxrov , rj aya&bv rj xaxbv rj ovdixeoov,
xoi de oidtr^oov dvvaufyov näXiv xiuvta9-ai rj elg to dsxrixbv Ava fj^Qog
ixäripov twv Avrtxti iit'viov rj ttg to /Lirjdt'itnov tovtmv dtyofttvov. yiyvovrat
uvv Ix rovriav, wg tinov, irtooi dvo iqotioi vnot) trixoC' rtrcinrog fiiv
6 Ix diafrvxxixov rij inod-toei luv svbg avaiQWV xb Xoinbv rj xa XoiTid'
■nffinrog dt 6 ix dtafrvxitxov rij avaiQe'ati rov evbg rj xiäv Xomtäv rö xa-
T aXtm 6 fxtvov ttgdywv. nanadnyjua rov iiiv tiqiotov rj nXtvoa rfj nXevoä
rj lar\ iaxlv rj ut(£<ov rj iXariioV AXXa firjv iTrj laxtv ovx <irp« fitCCtov
oiidt IXdxxtoV. 6 nlvxi ctQiS-fiog rj neonxög laitv rj ctQxiog' AXXa jj-r^v tts-
QiTtog' ovx «p« uQiiog. rov dl ätvitQoV r) dtafiexyog rij nktvou rj Ovftfitroög
tariv rj Aav/J/utroog' AXXa ur\v avy/utTQog ovx lartv Aov/Jfitx pog
apa. rj nXtvpa nXtvpCi rj Tai] lorlv rj [itC£tov rj IXAttwV AXXa firjv ovre
fifC£u>v ovrt IXanmV iar\ iloa. iarlov Si ort dvvä[Ae&a xal rov rHaprov
tqötiov xal rov nlfinrov Ii AnuifUTixfjg av^inXoxrjg noiijaai ' Xlyio yao
oßrajg, ort r) äiiiutTQog rrj TrXtVQic ov/i xal av/u/jergog xal äavfifxtJQog ■
xal Sri r) ygau/At) rij ypafiufj ovx Xar\ xal utl£(ov xal tXurrwv. Xtyai ovv
Sit OTttV ovrto Ttooif (Qtöfiib-a , rov tqCtov TQÖnov noiovfitv nXrjv ntoirtöv
to ovrio 7Too(j ^QtaHai brav Ii tav rj ätaiQtTixmg nnor/ fyto&ai. toore
äiaxt'xoivTai ol vffo&trtxol xoönoi /idXiara pev roig Tiqayf.iuaiv, tag rjfir)
SutXofitv, ETTtira xal Tfji ayrjfiari rf,g äl'ayioyrjg avrrjg xal rrjg 7ioo<fOQcig '
fi (fi tovto, ovtitv ihavpaarbv , xal rov riraorov xal rov n(fimov dir/QT^-
fi(vov oii TTciayfiartimSäg, tntidav jzqou; tooi/tedu fiera ffV(i7iXoxijg anotf aatcog
, roCxov Xfytiv etvat tqötiov.
V. Die Siteren Peripatetiker. 389
Iiiessen sie „Gemischte" (fiwtTOi). Es waren diess 73) also Schlüsse von
der Form:
Wenn A B ist, so ist C
Alles M ist B
Alles A ist M
Alles A ist B
Also ist C
Endlich gehören noch liieher die sogenannten „Qualitäts-Schlüsse"
(<svlloyi6fiol Kettet noiöri]ta), welche schon Aristoteles erwähnt (Abschi^S
IV, Anm. 592), sie aher natürlich ebenso wie die Schlüsse xata fiera- \
hfliiv, welchen er sie gleichstellt, nicht als apodictische Schlüsse gellen
lässl. Wohl aher werden wir daraus, dass Aristoteles offenbar diese
Bezeichnung als eine übliche schon vorfand, mit Recht schlicssen müssen,
dass die nächsten Peripatetiker es schwerlich versäumt haben werden,
auch diese Syllogismen nach ihrer formellen Beschaffenheit zu untersu
chen. Auch hier aber ist es wieder die [leTÜhjtyig, nemlich das Hinzuneh
men eines in veränderter Geltung gefassten Thciles der Voraussetzung,
durch welches diese Schlüsse ihre Verwandtschaft mit den bisher betrach
teten übrigen Voraussetzungs-Schlüssen erweisen. Es enthält nemlich
hier der Obersatz in Form eines Conditional-Urlheilcs eine Gradabstufung
oder Gleichstellung in der Geltung eines cigenschafllicben Prädicates (ei
ner nowvrjg) , an welches Prädicat die Gellung eines höheren allgcmci-
73) Alex. ad. An. fr. f. IOGIj. — 107a.: oV vnoöe'aetog de uXXrjg , lüg
elrrov, elev av xal ovg ol vtwteqoi avXXoyidfioiis /novovg ßovXoVTai XfyeiV
ouroi d' etalv ol diu tqotiixov (diess ist die stoische Bezeichnung für avvr\fifi(.
vov , s. Abschn. VI, Anni. 175), äs (faoi, xal Trjg nQosXrixpetos (s. Anm. 68)
yivo/ievoi , iov tqotiixov rt avrrjfiph'ov ovtos (die obigen Figuren I u. II) ^
äeiievyfie'vov (die obigen III, IV, V) fj avfinenXeyfj.e'vov, ovs ol uoyaioi (s. Anm.
08.) XfyoVOl fllXTOVS i£ V7TO&tTIXrjg 71Q0TUOHDS Xal StIXTIxfjS TOVt(0~TI XUTriyoQtxfjs.
ei yaQ eiy vnoxe(/jevov aweyes xal avvrj/jfte'vov to „ei iniatrjfirj
tarlv «Ofrr/, diäaxTr] ianv ciaerrj", ena deixvvuno oti IniOTrj/Ar] lorlv r/
äocTTj , dedeiy/AÜ'ov av eirj oti xal diäaxrq' oüriog yaQ uv noogXriq&ehi
u>g ovziog i/ov , et ätt/&o(ri Sri imaxr\jxr\. 6 jtev ovv avXXoyio/iög nüXiv
uv eirj nQog tovto xal tovtov xuTrjyoQixög , oiov „rrüßa ?|tf äfiexÜTtTioTOS
urrö akrjS-ovs lis rpevdos lniaxr\fxi)' tj d' ä^erij UfieTÜriTioTOS und üXrj-
&ovs eis i/>£üdof tj itoerrj artet Iniarrjfir)". ovd'e yuQ aXXias uv Tt&tCri Sri
tj UQtrri iTxiaxr[fir\ itJri, diu övXXoyiOfiov, ei fii] diu xurrjyoQixov avXXoyia-
(iov, äeix&e'vxog de tovtov dia avXXoyidfiov to £f ÜQ/rjs yiverai xcnaaxeva^
ofjevov diu rr\v vno&eo'iV vneTe'&rj yaQ iv Tip awe/eT to ei ctoer)] Ini-
(5Tr\fxi\ Iml öiäaxrfjv avTrjv eivui' ei yuo eirj to noogXafjßavöfievov det^eiog
ur) deöfievov uXXa (fuveoöv xal yviooiftov ibg to owr/fj fie"vov , oiSe OvXXoytOjA.
bg av eri 6 Xoyog eirj 6 Toiovrog' ovde yuq %Qe(uv GvXXoyiOjtov tivu
Tr)v aQ/r)v tov toioviov 7r.uQfyea&ai Xoyov oiov Tf ' Sei yaQ tov UvXXoyißfiov
äeixvvvui o avev tov avXXoyiaaa&ai oix eßri yviÖQifiov. To.filv ovv
o~vvr\jJifie'vov dg yvwQtfiov iv roig bno&eTixoig , R tqotiixu Xe'yovcTi, XafjßavenU
tc xal TCOtTai, Iv oig ye ovriog e/ef Xelnerui S\ to TTQogXa/tßavä-
/uevov afMfiäo'ZovfAevov eivui xal deöfievov r/etZeios- Ehend. f. 108a.: tovs
dk xuTa nQÖgXr)\piv , olol eidiv ol fiixtol, idCiog xaT« fieTuXt)ipiv , lag tiqoiövTog
tov Xoyov f*a&t)ö6ue&u (diess bezieht sich auf die oben, Anm. 65, ange
führte Stelle f. 133 a.). Wenn aber nun jene uqxuioi die „gemischten" hypothe
tischen Schlüsse behandelten, so werden wohl auch obige fünf Figuren der nichtgemischten
den nemlichen zuzuweisen sein.
390 V. Die älteren Peripatetiker.
neren Prädicates geknüpft ist (z. B. wenn das in stärkerem Grade Nützliche
kein wahres Gut ist, so ist auch das in schwächerem Grade Nützliche
kein wahres Gut, — oder, wenn das in schwächerem Grade Nützliche
wünschenswerth ist, so ist es auch das in stärkerem Grade, — oder,
wenn zwei Dinge in gleichem Grade nützlich sind, sind sie auch in gleichem
Grade ein Gut), worauf in der fierctlrjipig von zwei Subjecten diese
Gradabstufung oder Gleichstellung in der Geltung eines Prädicates als
factisch bestimmt ausgesprochen, und dann in dem Schlusssatze von dem
einen der beiden auf das andere je nach Massgabe des Obersatzes ge
schlossen wird. Hiemit 14) ergeben sich von selbst für diesig Qnali.i.üis-
Schlüsse vier Fjg'ir_en : erstens aus dem stärkeren Grade (ano rov (i5Xkov)
, bloss verneinend :
74) Ebeud. f. 108a.: elev tT ^av iv rois £<; vnoSe'aeiog Xal ol anb tov
fiäXXov xal tov bfiowv xal tov fjTTOV xal yao iv TovToig tö fiev vnotC&t-
Tui t6 de fitraXaftßaVerai, nobs 6 xal avXXoyiOfiov xaTijyoQixov yjtela' 7iäv-
Tig yetq Ii vno9{aeivg, iv otg fteiaXtt/jßdveiaC ti, Iv lovioig de fieTaXrjipig
ytvtTaf oiov ei tö fiaXXov äya&bv rivbg ov firj löiiv evdaifiorCag noirjiixbv,
ovde to r\TTov iyCtia de u&XXov aynSbv ovaa nXoviov ovx iaTiv evdaifjiovtag
TtottjTixöv tovio yttQ fitTttXapißävfTttC Te xal deiiat xaztjyoQixijg
de(!jeiog. b/not'wg xal inl tov, ei to t)ttov di avib algeröv ioii, xal to
fxäXXov nXoviog de rjiiov Ayadbv ov vyielag di' avTov atoeTov lorf nä-
Xiv yao to fj.eiaXafißav6jxevov xal deo/xevov det^eiog xuirjyoQixfjq tovto.
ToiuvTog xal b anb tov b/xowv. Xe'yei <f' idüog b l4i)ioToTeXrjg Tovg änb tov
fxaXXov xal tov tjiTov xal tov bfioiov xaia noidtTjTtt. Ebend. f. 133 a—b. :
xaiä noioTrtia de Xiyovxai ol änb rov fjaXlov xal r/rrov xal bfiotov deix-
VvVTtg , Ineidij TcwTtt, to o/towv xal to /uäXXov xal to T/Ttov , Tip noup
naoaxoXovH-el ' ot xal avTol ytvovxai xttTa fieTaXtjipiv , xal yctQ Inl tiov
ovetog äeixvvfie'viav aXXo /iiv vnoTiO-eTai aXXov de fj deig~tg xal b OvXXoyißfibg
yCve rat , o xal avib fitTttXafjßavöuevov Xe'yer b yao deixvvg ort [irj
eOTiv iv Tip nXovieTv to eidaiuoveiv diä tov oh firjd' iv rot vytaCvttv,
vnoii&eiui fiev, ei o fiäXXov fd6fei aviaoxeg eivui nobg eidaifxovCuv, tovto
fifj ißTiv avrayy.eg , ovde rb rjiiov ixelvov etrj av tti'TaQxeg' vyCeia dt Tb
nXoviov ftaXXov doxovv eivai avTaoxeg nobg evdaijjovtav ovx laTlv avTaQxeg'
oid' äna b nXoijTog xal ioiovtoi [iev ot anb tov [taXXov ovTeg
ävaoxevaOTixoC' ot de areb tov t]ttov etat plv iunaXiv e/ovieg TovToig,
xaTaoxevaOTixol y&Q eioiV e/ovnide ovTcog ' ei to ti txov ayad-bv ayaS-öv ioxi,
xal to fxäXXov ayalibv ayad-bv av elr\' äX/.a fjrjV vyi'eia äoeTrjg fjTTOV ovßa
ayaO-bv ftyaOov Ioti' xal fj ÜQeTT] aoa b de anb tov bfj.o(ov 7iQbg
äfj.(f(o /or)Oi flog xal nnbg ävaoxevrjv xal TiQog xaTadxevrjV ' twv yao bfioi'tog
t%6vTtav ei öaTeijov e/oi avib, xal D-ccTeoov av e%oi , xal ei .u?) e/oi naXiv
&äTeoov, ovd' av to eieQov e/oi. .... oiov, ei b/ioliog olaa tj eiye'vem toi
nXovTm «tQtrbv aya-0-ov lau, xal b nXoijTog a'iQeTov ayaO-ov f) de eiiyiveia
bftot'iog ovaa «tpfrij Tip nXovTia äyaOvv lau ovxovv xal inl
Ttäv Toioviiav avXXoyidfiwv , ovg xara noiozrjTa Xe'yeiv avioig eSos, Inl
TiSv xaTa jj.eiuXri\piv b OvXXoyiafibg , äXX' oi imv bnoxeifie'vtüv , yiveTtti,
äXXa tiov (itTttXalußttVolue'vit>v. Philop. ad An. pr. f. LXXIVb. : xaia noiÖTryia
de IxeTvot XfyovTca baoi ix tov jxuXXov tm%eiQovaiv fj Ix tov i\ttov fj ix
tov bfioiov eial de ol [aIv ix tov /j.a).Xov avaaxevaaiixol , ol de ix tov
t\ttov xaTuaxe vattiixol , ol _d' ix tov ö/joCov nobg exaTena im'arjg e%ovaiV
oiov ix lov (läXXov ' ■ el vyteia fiaXXov ciya!tbv fj b nXoiiTog, ovx ayaS-bv de
näviiog r\ vyieia, ovde b nXovrog aoa. ix de tov t/itov ei fj vyCeiu i\ttov
aya&bv doxovaa eivai Trjg aoeirjg ofiiog ayttüov loit , xal fj «pfriy kpii
aycc&bv. Ix. de roß bfioCov xai aoxevd&f/ev obiwg' ei bfioCiag fj io/vg xal
to xäXXog aiü/.ittTog etaiv aoeTttt , ctyaO-bv de fj ia/vg, xal to xaXXog aQa.
naXiv ttvaaxevü£ofiev ' ei b^oiiag auipm aio/jaiog, oix aya&bv dl fj ioyvg,
ovde to xaXXog aQa.
V. Die älteren Peripatetiker. 391
Wenn das stärkere A nicht B ist, ist auch das schwächere A nicht B
C ist ein stärkeres A, als D, und ist doch nicht B
Also ist auch das schwächere A, nemlich D, nicht B
zweitens aus dem geringeren Grade (utzo. rov qrtov), hloss bejahend:
Wenn das schwächere A schon B ist, ist auch das stärkere A B
C ist ein schwächeres A, als D, und ist doch schon B
Also ist auch das stärkere A, nemlich D, B
drittens aus dem gleichen Grade (ajro rov Ofioiov), a.) bejahend:
Wenn die gleichstarken A B sind, sind sie auch gleichstarke B
C ist ein gleichstarkes A wie D, und ist auch B
Also ist auch das andere gleichstarke A, nemlich D, ein gleichstarkes B
b.) verneinend:
Wenn die gleichstarken A nicht B sind, sind sie auch gleichsehr nicht B
C ist ein gleichstarkes A wie D, und ist nicht B
Also ist auch das andere gleichstarke A, nemlich D, gleichsehr nicht B.
Man sieht, wie auch hier nur die Aufmerksamkeit auf die äussere
Form dazu führen konnte, aus Solchem eine eigene Species von Schlüs
sen zu machen , denn jener Zusammenhang zwischen den zwei Prädicalen
A und B muss bei allen diesen Schlussweisen von vornherein als
zugegeben genommen werden , er aber ist es ja gerade , in welchem
allein die logische Bedeutsamkeit liegen kann, daher die Schlusskraft auf
einem ganz anderen Momente beruht , als auf jener äusseren Ausdrucks
weise der Voraussetzung und des fisrala^ßavofievov. Sollte nun aber
in diesen Schlüssen xarc nowrr)ta uns vielleicht ein blosser herausgeris
sener Theil einer Syllogistik erhalten sein, welche wirklich bereits die
Syllogismen nach den Kategorien einthcille , und also auch Syllogismen
des noabv, Syllogismen des nov, des nöts, u. s. f. aufstellte? Wenig
stens werden wir weiter unten, Abschn. X, Anm. 25 u. bes. 44 — 48,
eine solche Syllogistik kennen lernen. Für ganz unmöglich möchte ich
es nicht hallen , dass Theophrast , welcher auch in die physikalische
Lehre von der Bewegung sämmtliche Kategorien einbauen wollte (oben,
Anm. 38), vielleicht in gleicher Weise auch für die Lehre vom Syllo
gismus die Kategorien als Norm und Agens aufgestellt hätte.
Dass Theophrast den Inhalt jener Abschnitte, in welchen Aristoteles
nach der Lehre vom Schlüsse die Reduction aller Beweisführung auf die
drei Figuren des kategorischen Schlusses bespricht (An. pr. I. 32—46),
in eigenen selbstständigen Schriften behandelte, haben wir schon oben,
Anm. 11, angegeben.
So also hat die gesammte Lehre vom Schlüsse bei den älteren Pcripatetikern
manche Erweiterung, jedenfalls aber eine starke Entfremdung
von ihrem eigentlichen logischen Principe, welches in der schöpferischen Kraft
des Mittelbegriffes beruht, erlitten ; und es sind diess Entartungen der ari
stotelischen Lehre, welche, wie wir sehen werden, vielfach massgebend
und bestimmend auf die weitere Ausbildung oder Verbildung der Syllo
gistik wirken. Dass jene Hervorhebung der äusseren Redeform nicht ganz
392 V. Die älteren Peripatetiker.
ausserhalb einer Beziehung auf rhetorische Zwecke stand, finden wir
wohl auch durch eine Bemerkung bestätigt , welche uns aus der „ Eudemischen
Analytik" überliefert ist, woselbst nemlich gesagt wird,
dass für den Dialektiker jene Syllogismen, welche auf einen verneinenden
Schlusssatz führen (tÖ av<x6xtvcc£uv) passender seien, als diejenigen, welche
bejahend schliessen (to xaTctöxevtx&iv) , denn die letzteren Fälle seien
die geringfügigeren16).
Ist uns hiemit ein ziemlich reiches Material in Bezug auf jene Be
strebungen der nächsten Peripatetiker überliefert, welche den ersten selbst
mehr auf die Formen des apodictischen Wissens gerichteten Theil der
aristotelischen Logik betrafen , so erhalten wir anderntheils nur durch
höchst kärgliche Notizen eine Kunde darüber, wie etwa auch der Inhalt
der zweiten Analytik des Aristoteles behandelt worden sei ; und wahr
scheinlich war in dieser Beziehung in der That auch sehr Weniges von
Abweichungen oder Erweiterungen zu berichten, denn Theophrast und
Eudemus werden wohl in diesen Abschnitten, welche das Princip des
apodictischen Wissens betreffen, sich bloss commentirend verhalten haben,
während dort, wo die Behandlung der Form einen Uebergang zur gram
matischen Form und eine Verwechslung der wesentlichen Form mit dem
äusserlich Formalen herbeiführen konnte, ein gewisser Umkreis einer
selbstständigen auf dieser Verwechslung beruhenden Behandlungsweise
übrig geblieben war.
So sind es denn auch nur ein paar Einzelnheilen, welche wir in
dieser Beziehung anzuführen im Stande sind. So wird berichtet, dass,
während Aristoteles , wo er von dem allgemein Gültigen (xarce 7ccivt6g)
und dem An - und -für -sich (xcc&' kvto) als Principien des Apodictischen
spricht, ausdrücklich bemerkt, es sei zwischen den Ausdrucksweisen
xctd' ctvtö und r) ccvro kein Unterschied (Abschn. IV; Anm. 132), hier
Theophrast eine Verschiedenheit erblickte , indem die Bezeichnung „als
solches" (r) ccvro) sich auf die specielleren Art-Bestimmungen eines Dinges,
die Bezeichnung „an und für sich" (xu&' uvt6) hingegen sich auf den
dem Dinge einwohnenden höheren Gattungsbegriff beziehe, und daher
ein Ding wohl manches an und für sich sein könne, ohne es darum
auch als solches zu sein ; so z. B. komme dem Dreiecke überhaupt die
Winkelsumme sowohl an und für sich als auch als solchem zu , hinge
gen dem gleichschenkligen Dreiecke komme sie bloss an und für sich,
nicht aber als solchem zu16). Natürlich ist diese spitzfindige Unlerschei-
75) Alex, ad Top. p. 70.: ort äi oixeiözeQov to> dia?.exTix(jj to ävaaxevd£
uv tov Kar aaxevdfciv, iv tiS 7rpct)T(g) twv iniyqmfofiivtov Kvärjfutliov
MvaivTixmv (iniyQnt^tTtti äe uvtb xai Evär)fiov vntQ tojv HvaXvzixüiv)
ovTtag X(yt Tai , oti o SiaXtXTixbg a /jiv xctTa<Sxtva£H [iixqu iartv, to äi
noXii rrjg dvi'äpieojg avTov noög to ctvaigeiv ti IgtI.
76) Philop. ad An. post. f. 17 b.: tot tov toIvvv oti 6 ftlv IdoiGTOTilrig iv
tovtois to avTo (ptjGiv tlvai rb xci&' airö xai to § «uro- tt ti /xiv yicQ
j) ttirö, tovto xai xa!)-' aitö' ot <Jt TitQi tov Qtöy QaGtov dimftotiv tuvtu
IfyovGi, xattoXixcÖTipov yaq tlvai to xa&* amb tov n aiito ' ti ti [ilv yuQ
r) aitb, tovto xai xjt!)-' uvto, oix tt ti d°f xatf aitb, ndvttag xai tj aitö'
I») yaq TQiytövtp f) TQlyiovav Iotiv vnäqyti io Tag ToeTg yiovCag dvoiv
6q&aTg ioug e/tiv, ä).Xa xai xai) ' avTo ' T<j5 dt tooGxii.il «o#' aitb fxiv
vndq/ti, ovxiti tf£ y aitö ' oi yaq rj iaoGxtXhg indq/ti avto) to tag tqtig
V. Die älteren Peripatetiker. 393
dung einerseits wirklich nur eine willkührliche grammatische, andrerseits
aber liegt ihr jene nemliche Schwäche , welche wir oben , Anm. 25,
sahen, zu Grunde, da hiebci die Art und Weise, wie der Gattungsbe
griff gerade nur in den verschiedenen Art-Determinationen sein Leben
erweisen kann , übersehen ist. Hingegen in Bezug auf eine Principien-
Frage erkennen wir in Theoplirast wieder nur den Commentator, wenn
derselbe es rechtfertigt, dass Aristoteles im zweiten Buche der zweiten
Analytjk von der Definition handelt, da diess nicht bloss gelegentlich
geschehe, sondern durch den Verlauf der Untersuchung selbst gefordert
sei 77). In Betreff jenes Abschnittes gegen das Ende der zweiten Ana
lytik , welcher von den Problemen handelt, s. oben Anm. 10,
Hingegen musste wieder die Topik ein freieres Feld für jene Be
strebungen darbieten, welche mehr den grammatischen Bedeformen zuge
wendet waren ; und hier begegnen wir ausser Theoplirast und Eudemus
auch dem Physiker Strato, von welchem man sogar fast vermuthen möchte,
er habe die Topik vollständig durchgearbeitet ; denn es ist uns in Betreff
irgend eines ganz vereinzelten Topus (es ist der 34. unter den bei Ari
stoteles in Bezug auf die Gattung namhaft gemachten; IV, 4, 125 a. 5)
die Notiz von einer (allerdings ungeschickten) Veränderung überliefert,
welche Strato bei der Umkehrung relativer Begriffe mit den von Aristo
teles angegebenen Regeln vornahm78), in einer Weise, dass sich nicht
ytavCtes fivoiv oQS-aig iactg tyuv' el yaQ tovto, ovx av to) laonXtvQt» rj
axaXrjVOJ vnrjQ/ev, Inel ixr) iaoOxeXr), cell' rj ctnXwg TQCycovä lortv. rcivra
filv ol ticqI 0i6(f QccOTuv, b fiivcoi lAQiGToiiXi\g evQtbv tnC tiviov Tavra
GWTQfyovTit raviov elvai iipt] afiqrto.
77) Schol. cod. Vor, b. Brand, p. 240 a. 46.: viiv (v r$ äevxe'Qip ßtßX(ip
rijf anoSeiXTtxr)g r,XH (sc. ÜqiOt.) xctl 7i(Qi tov [itaov SiaXrjipöfievog, rö yctQ
xvqos iv avXXoyto^to) to /xe'oov iatCv tnsl de to fiiaov iv änodetiei xv-
QltüTlQOV TO tiätXOV iOTIV ttlllOV, tlfilxÖV de CttllOV 6 bQlG/AOS , f»JT tl 7Tfpl
önio/tov ov xctTct TiQorfyovfievov Xöyov, tag ÜXeiävdQip doxei to) UtpQodiaieT,
os xctl tov QeötfQaOTov avTÖv (niiftQtTat [xcioTvoct, ctXXct xaTct devTeQov
löyov xctl xctTct Gvftßeßrjxbg (ijtel negl ooca^iov.
78) Der Topus bei Arist. lautet: IlctXiv et ö/aoCios r« UQÖg ti xctxct Tag
nTiäatig Xeyo/xevct fir) bfxoCoig ävTiOTQe'ipei, xa&dneQ inl tov dinXaaCov xctl
TOV TToXXttnXttalov' ixÜTSQOV yctQ TOVTWV TtVÖg XCtl CtVTO xctl XttTtt xfjV civ-
TiGTQOtfTjV XiytTctf Tivbg yctQ xctl tö rj/JiGv xctl to noXXoOTijfiontov tbgctvTOjg
de xctl inl Tijg iniaTtj/xrig xctl Tr)g vTcoXrj'peojg' ctvTcti yaQ Tivos xctl
ttVTiGTqe'tfti bfioitag' to Tt iniOTrjTov xctl to vnoXr\nxbv tivC. el ovv inl
tiviov [tri bfioitog avtiüTQe'ifei , drjXov oti ov ye"vog &ctTeoov S-ctTt'Qov. Hiezu
min bemerkt Alexander (ad Top. p. 173.): b fiivcoi Ztqutoiv nQoo"T(&tjOl Tiva
to) tÖttw tovtio xctl aXXov. el ctvTct fiev nnbg bfioCctg mmaeig Xiyono , xö
Tf änodofhev yivog xctl to eldos, tojv de nqbg a TctvTct XfyeTcti to fxev äv-
TiGTot'tf ei to de [IT], ov (jT]Gi to TeSlv eoeo&ai yfvog. xctl nuQadeCyuaat,
de yi>T\Tcu tov tottov tj Tf iXXedpei xctl t>\ Ivdeftt' ei ydo Tis ye"vog Ttjg
tXXehpetag tt)v evSeictv Xeyei , Inel exeteenov fiev ctvTtSv ngog rf/v cti>Tr)v
ctnodiäoTcti nxiöcstv (ij T£ yctQ eXXeixpig Tivbg, Ti)g yctQ vneQoyr\g , xctl r)
eväeia bfiottog Tivbg, tov yeto ixttvov), oixe'Ti äe aiiif oreQct ttqos « exaTeQov
ttvTtöv Xe"yfTcti ctVTidTQe'tf ei • t) ftev yctQ vneQoyi] xctl uvtt) Tivbg, IXXefopetog
yctQ, tö üe txctvbv oixe'Ti ctVT i aT Qfriei , ov yeto XiyeTcti to Ixctvbv Ivdetctg
txctvov, coGTe ovx av eirj r) evd*eia Trjg iXXehpttog yfvog. CtXX' ovTÖg ye xai-
V0T0fii)oa( ti ßovXrjx'i-eig dXCyov ävaiQei fieT£ov ti, to yctQ nc'tVTa nQog to
yivog ttVTiaTQitiovTct Xe"yea'hai xivet' kitiov de «i5z<j3 tt)s nXcivrjg to ixt)
SeövToys Xaßeiv tt)v eväeiav tiqos to Ixavbv Xfyead-ai, xal yctQ eväeia de'ov-
TÖg Iotiv evdeia' xal tiqos tovto Xe"yeTai tiqos ti.
394 V. Die älteren Peripatetiker.
recht absehen lässt, wie Strato gerade auf diesen Topus verfallen sei,
wenn er nicht die Topik überhaupt bearbeitete, wofür eine Bestätigung
in der bei Diog. Laert. (s. oben Anm. 18) sich lindenden Erwähnung
einer Schrift Tonmv Tt^oolfiut liegen mag.
Theophrast aber scheint es zunächst gewesen zu sein, welcher den
Begriff des TÖnog selbst zuerst technisch formulirte 70) , wobei er noch
dazu die Neuerung machte, dass er als gemeinschaftliche Quelle mehre
rer ihrem Inhalte nach verwandter Topen ein TtaQäyysXjia annahm, d. h.
einen „Zuruf, in welchem wir nur eine schulmässige bequemere Rubrik
erkennen können, die behufs rhetorischer Zwecke dazu dienen mochte,
die verschiedenen Möglichkeiten der Behandlung einer Thesis immer im
Gedächtnisse zu haben 80). Offenbar aber hat Theophrast in seiner To
pik, ebenso wie Aristoteles in dem ersten Buche der Topik that, vor
erst im Allgemeinen den Inhalt des in den einzelnen topischen Regeln
dann speciell Ausgeführten entwickelt ; und wenn wir die Nachricht
beachten, dass Einige auch schon bei der aristotelischen Topik das erste
Buch von den übrigen abtrennen und ihm die Ueberschrift tcq6 rcäy To
nmv geten wollten81), so sehen wir einerseits hieraus, dass das Compendium
topischer Regeln, welche in den übrigen Büchern aufgestellt
werden, zu. rhetorischen Zwecken als die Hauptsache betrachtet und hin
gegen das erste Buch als „ Einleitung " genommen wurde ; andrerseits
aber erhält uns so auch die Erwähnung einer Theophrastischen Schrift
Ta 7Cqo xäv Totccov bei Diogenes Laertius (s. Anm. 12) eine besondere
79) Alex, ad Top. p. 5. : idri yäo 6 Tonog dg Xeyei QeöynaOTog ctQ%y
zig rj OToiyelov ä<p' ov Xaftßävojxev Tag neoi exkOtov aQ%äs (ninTrjaavTeg
Tt)V ifiävoiav neQiyQitif r) [ttv (öyiGfte'viog (rj yäo neoiXaftßävei r« xoivä
t£ xai xa&ökov, ä lau tu xvQict T(5v OuXXoyiß/jiöv rj övvaTai ye avTäv
Ta Totavra deCxvvOiraC rs xai Xctfxßävealrai), tois df xa&' exaara aooCaiiog'
änö TovTtov yäo ÖQjii6ij.evov eaTiv evTiooeiv TiQOTaoeuig tväö'Sov TiQÖg tö
nqoxtljitvov tovto yäo «o/i}. Ebend. p. 67.: oQi'&rai 6 QtoifQuarog töv
TÖnov ovTiog' rönog larlv äp/fj Tig rj aToi/eiov äqp' ov Xa/ußocvo/tev
Tag negi exaazov aQ/äg Tfj neqiyQaiftj fj.lv cöniOf/tvtos Toig de xa&' exaara
äonCOTiog. Vgl. auch die oben, Anui. Ii., angeführte Stelle des Ales, ad Top. p. 16.
80) Ebend. p. 72.: fiel fj.r) äyvoeiv oti Oeöif Qaaiog diaipfyeiv Xfyei na-
QayytXfia xai totiov Tiut>äyyeX/ua fitv yuQ iozi tö xoivotsqov xai xa&oXixtaTiQov
anXovöTtoov Xeyofievov, ä'p' ob 6 roitog txiQCnxtTai' anyrj yito
totiov t6 TTanayyiXfia ägneo 6 Tonog tni%ttpi]fxaTog' olov naQiiyytXfia fiiv
tö ovTb) Xeyoluevov, ort Sei iTit/eioetv änö Tiav IvavTlwv, äno tiov ovotoi-
X(ov, TÖnog ok „el to (vavriov nolXa^iug, xai tö IviivtCov" rj ,,ei tö IvavtCov
Tip tvavTlia vnaQXti, xai T(j> ivavTi'o) vTCÜQyet tö ivavTi'ov" xai ndXiv
,,(ög i'v twv avfiToC/iov, oviüj xai Ta XoiTfä". ö yaQ zönog nQoraöig rjdrj
Tig änö tov naoayye'XuaTog yeyovvTa. Tavrrjv äe, Xfyoj, Tr\v dia(f ooav nagayy^
XfiaTog te xai tqotiov eid'dg ö QtoqnaOTog Ta Toiavra öfiolog iOTiv
6 nntjÜTog etori/j.t'vog Tonog (Top. II, 2, 109a. 34.), naQayyO.fj.aTa Xiyei xai
Tonovg nagayyeXfjaTixovg' tö yäo „InißXe'neiv Sei ei rö zbi' äXXov nvä
tqotiov iinaQxov tig övfißeßr\xög änod{dü>xe" TiaQayyeXfiaTixöv Tonog d"
av ärt' avTOv el'rj ö Xiyiov „ei tö ojg av/ißeßrjxög änodeäofiivov xai' äXXov
Tivä tqotiov vTiaQ/et , ov xaXiäg anoSe'd'oTai," rj fri Ttooge/e'o'TeQOV „ei tö
log avfißeßrjxög anodtSo/ie'vov yivog tir\ rj näXiv oqog rj iäiov". ö fA.e'vToi
HoiaTOTiXrjg TÖnovg xai t« roiaßr« xaXel x. r. X. Die Bezeichnung TÖnog
TiaQayyeXfxuTixog ist dann auch in der Schule ganz üblich geworden.
81) Schol. cod. Par. b. Brand, p. 252 a. 47.: äiiovai Si nveg tö tiqwtov
ßißXlov firj Tonixä aXXä tiqö tiöv Töniav lyygäipea&ai.
V. Die älteren Peripatetiker. 395
Bedeutung, mit welcher wir auch den oben angeführten Titel des Buches
des Strato werden in Verbindung bringen müssen. Nun aber nahm Theophrast
auch materiell mit dem Inhalte eben jener Einleitung, d. h. des
ersten Buches der aristotelischen Topiii, eine Aenderung vor, welche für
die spätere Geschichte der Logik von entscheidendem Einflüsse war. Ari
stoteles nemlich hatte die Ansicht zu Grunde gelegt {Top. 1, 4—9), dass
jeder topisch zu behandelnde Satz nur enthalten könne: die Gattung (ysvog),
zu welcher aber auch der Unterschied (Si.acpoQa) gehört, dann das
Eigentümliche entweder als Definition (ogog) oder als eigentümliches
Merkmal (idiov), und das bloss je Vorkommende (ov^ßsßrjxog), und fer
ner hatte er ausgesprochen, dass überall das Identische (tccvtov) in Be
tracht zu ziehen sei; und in den folgenden Büchern behandelt er auch
das Detail dieser Gesichtspunkte in der Reihenfolge: 6v(ißsßtjx6g im II.
u. III. Buche, yivog und Siaq>oQa im IV. Buche, i'öiov im V. ß., ooog
im VI. ß., xavxov im VII. B. Theophrast hingegen behauptete erstens,
dass das Identische unter die Gattung gehöre 82), und war ihm dasselbe
so als selbstständiger Gesichtspunkt weggefallen und dafür in innige Ver
bindung mit dem ysvog getreten, so musste eben darum die diacpooci
als Gegensatz des seine Identität in sich enthaltenden ysvog mehr selbst
ständig hervortreten ; und zweitens trennte er das avfißsßf]xög insoferne
vom ooog ab, als es unter denselben sich nicht bringen lasse 83). So
mit hätten wir bei Theophrast wohl folgende Anordnung der Hauptge
sichtspunkte: OQOg, ysvog, diatpoQa, USiov, Gvjißsßrjxög, und nehmen wir
dieses mit dem formellen Umstände zusammen, dass die Entwicklung
dieser allgemeineren Gesichtspunkte als Einleitung abgetrennt wurde, so
stehen wir bereits völlig auf der Stufe der Quinque voces oder der
EiGayayri des Porphyrius , welcher von ysvog , sldog, Siarpooä , 'idiov,
ßvfißcßrjxog ausgeht; und insoferne eine derartige Auffassung solcher to
pischer Gesichtspunkte sich an die Kategorien anschliessen soll, wie diess
bekanntlich in genannter Schrift des Porphyrius auch der Fall ist, so ist
die AnsiclU Adi^sJj^Sjdass die_Top_ik unmittejbjj£^ Katego
rien sasiellt werden solle°^~eigentlich eine ganz folgerichtige, und sie
durfte der schon bei TEeopnrast vorliegenden Auffassung der Einleitung
der Topik nicht sehr ferne stehen. Somit scheint uns also selbst jene
schulmässigste Behandlung der Logik , wie sie im Gefolge der Quinque
voces auiintt, auf Tneophrast als lfTre erste Quelle zurückzuleiten; und
vielleicht dürfen wir auch aus einigen Titeln von Schriften des Strato
(s. Anm. 1 8) , wie IIsqI rov Gv\ißsßr\x6rog , Htqi rov oqov , IIsqI rov
nqorsQov ysvovg, IIsqI rov ISiov, schliessen, dass in der frühesten peripatetischen
Schule überhaupt schon einzelne der später sogenannten
Quinque voces ausführlicher besprochen wurden.
82) Alex, ad Top. p. 25.: (fft tff (irj uyvosiv ort 0t6(fQaajos in ntql
ttmoi 7iQoßlrhueiTC( vnoiaoesi roTg ycvtxoi"s dignsQ xca t« anb rcov (fiaifoqäv
Xiyti yc'iQ' xca rfjv öittcpoQuv xai ripi TavTÖzryiK ytvixa &ü~ifiev.
83) Elend, p. 30.: xca QsöcpQaOTOS Si tv rois avrov TontxoTg , xa&b
nctQCtäiSövai Onovöc'tOttg tyjö(>iOt fiiv rcov tiV.tov rb ovpßißrjxo;
dg jur/ vnayofitvov tü> öqi<) , tc< ctiXa äk nttQaafreig ™ bqiOficji
vnoTaaanv aacuptoxe'Quv Inoirjas ir\v n^ciy^iaxtlKV.
84) s. Abschn. IX, Anm. 2 f.
396 V. Die älteren Peripatetiker.
Dass nun Theophrast, wenn er das Identische (ravrbv) mehr in
die Gattung hineinzog, ganz besonders den Unterschied (SuxtpoQa) in sei
ner Art-machenden Bedeutung ( tlSonoiov ) hervorheben oder das Nicht-
Identische in der numerären Vielheit anerkennen musste , versteht sich
von selbst, und in diesem liegt auch noch keine principielle Abweichung
von Aristoteles S5), wenn auch hiehei das Streben nach fortgesetzter
Theilung in alle Unterarten, also nach einer Tabula logica stärker her
vortreten mochte86); hingegen mussten hiedurch jene Gattungen, welche
einen Gegensatz gegen andere Gattungen bilden, schroffer von denselben
getrennt werden (s. oben Anm. 40), wodurch die obersten Gegensätze,
ebenso wie das Identische, selbst den Charakter von Gattungen erhallen,
welche unter keine höhere gemeinschaftliche Gattung mehr fallen kön
nen, weil sie ja gar Nichts miteinander gemein haben sollen S7), und
so wird jener natürlich von Aristoteles (z. B. Melaph. 4, 10) auch vor
gesehene Fall , dass die Gegensätze Gattungshegriffe sein können , hier
zur Hauptsache und zum Wesentlichen der Gegensätzlichkeit gemachtss),
eine Auffassung mit welcher das scholastische prineipium exclusi lerlii
sich sehr befreunden kann.
Als vereinzelte Ueherlieferung betreffs der Topik des Theophrast
haben wir anzugeben, dass derselbe in der Unterscheidung der Topen
bei den relativen Begriffen, wo wir oben Anm. 78 eine Neuerung des
Strato sahen, mit Aristoteles übereingestimmt zu haben scheint89). Ob
85) Galen, nobg Avxov, 4. XVIII, 1, p. 217. cd. Kühn: 6 fiev yaQ IlXdtojv
oiirai ävvarbv elvai , xu&dneQ ye xal lÄQiaroreXrjg xal 0e6<f Qaarög,
frtQov It(qo> rairbv ov to} yivei roaavrnv bftojg tyeiv rrjv iv eiSei diayoquv
tag ivavTiojrarov e/eiv. und QeQaTi. fi(&od. II, 7. X, p. 137.: ivbv dxov-
Oai Xe'yovrog ÜQiaroTe'Xovg re xui Öeotf Qdorov, dvvao9al ri toj fiev etflei
TetiiTov vnaQXtiv ereQov iziqto, ro) (P aQi&fiijj /urj rairov (ebenso p. 142).
86) Galen. Metk. Ther. I, 3. X, p. 26.: eh' Hoiarore'Xovg re xal IlXdrojvog
ovro) [it'ya xal /aXenov elvai vout (övtojv etg rag oixetag diayoQag
aXQtßojg ja ye'vtj re"fiveiv xal /jer' avrovg OtotfQuOTov re xal tojv dXXtov
tpiXoaötftov l$eQya&a&ai netQOjfie'vojv rbv TQonov tag ovmo xarojQöojfievov
oiiSi nag' ixelvoig x.r.X.
87) Simpl. ad Cat. f. 105^4.: OeotfQaOTog de iv roig eavrov Tomxolg
rdde y£yQatfev anoQojreQov eri noioiivrtt rbv Xbyov' tntl ät ivavrtai tojv
ivavrCoiv al aQ/al , dijXov ort oide iv ivt yivei raira, xa&dneQ oide rb
dya&bv xal rb xaxbv xal xtvnaig xal ardoig, ein d' äv x<d vneQoyrj xal
fXXeiifiis ivavrla ye xal aQ/al , xal eldog xal artQ-ijOtg.
88) Alex, ad Melaph. p. 342, 27. cd. Bon.: xal rj aQerr\ de xal rj xaxta
ovrojg ivavrCa, yivn yaQ xal avrd, el xal fiij vnb xotvov iari yivos' xal
oXojg rd ivavrCa ye'vtj, olov rb dyallbv ij xaxbv, Ivavrla yaQ ye'vrj rb dya-
&öv xal rb xaxbv, log avrbg Iv rtug KarnyoQi'aig (c. 11, 14a. 20.) xal (v
toj rerdQTti) tiöv Tonixalv (IV, 3.) xal GeäurQuorog iv to} TtQtoro) rtov Tonixiöv,
ä ov/ oid re riöv vn' aird dfia nvl inaq^m' roiavra xal rd
vnb rr\v xCvnOiv xal Ordaiv , xal baa nXelorov diatfetjei tiöv iv toj avro)
yivei IvavrCa, ojg xal rbv bgiOfibv dnoöiäövai tojv Ivavrlutv Gvvn&eg'
ovro> Xevxbv xal [iflav tvavrCa, yXvxv xal nixgöv.
89) Kbend. p. 373, 2.: Sri de X^yerai {sc. rd nnog ri) nqbg ravra iv
olg eariv, inb uev Qeoifndarov Iv ro) B rdiv Tonixüv ovrwg eXonraf ojv
fiiv yaQ exanra Xfyerai , xal iinaQ/ei rovroig , ägneo ij avufterofa xal i)
i{iS xal rj auv&eatg' fivrjfin (ff xal vnvog xal ii7r6Xrj^l/ig ovoevl tojv dipv-
%ojv oid*e rj erfyov xtvnöig dXXip' 6*ib örj xaS-' exaora äioQiariov. Diess
verglichen mit der von Alexander selbst gleich hierauf angeführten Stelle des Ari
stoteles Top. IV, 4, 125 a. 33.
V. Die älteren Peripatetiker. 397
die uns berichtete Eintheilung der yvcatnai in 7taQudo£oi, h>öo^ot und
a(iq>iGßriTovnevcti 90), welche allerdings dem Inhalte der aristotelischen
Soph. El. 12 u. bes. 17, 176 b. 18 entsprechen könnte, wirklich aus
einer der oben, Anm. 12, angeführten Schriften oder aus rhetorischen
Werken des Theophrast entnommen sei, muss wohl dahingestellt bleiben.
Hingegen die von Diogenes Laertius erwähnte Schrift des Theophrastus
ITttil rov tpevSofisvov betraf docli sicher jenen berühmten Fang-Schluss
der Megariker (Abschn. II, Anm. 83), und nicht etwa bloss den Inhalt
von Soph. El. c. 11.
Aber auch Eudemus beschäftigte sich mit dem Inhalte der Topik
und selbst der Soph. El. ; nur scheint derselbe die sämmtlichen dahinge
hörigen Punkte , sowie ja manches andere (s. oben Anm. 24) , in sein
Werk itegl Aiiccog hineingezogen zu haben. Von Einem Abschnitte der
aristotelischen Topik wissen wir diess letzlere gewiss ; Aristoteles nemlich
behandelt im VIII. Buche, Kap. 4 — 9, die Bedeutung der Frage und Ant
wort für die Topik, und beruft sich d. inlerpr. 11,20b. 26, wo er auf
die ,, dialektische Frage" zu sprechen kömmt, selbst auf jene ausführ
lichere Darstellung in der Topik; Eudemus aber entwickelte in dem
Buche negl sltl-sag seine ihm eigenthümliche Eintheilung der Fragen;
er unterscheidet nemlich91) erstens Fragen, in welchen nach demjeni
gen gefragt wird , was an eintfin als bekannt gesetzten Subjecte vor
kommen kann , oder an welchem Subjecte etwas als bekannt Gesetztes
vorkomme, also Fragen nach GvjißeßrjKOTct, d. h. ausserwesentlichen Prä
dikaten (wie auch schon Theophrast das avft,ßsßr]x6g verstand, s.
90) Greg. Cor. ad Hermog. d. meth. VII, p. 1154. ed. Walz: xara yctQ rov
6e6q Qaorovyvai/tr] iari xa&6).ov unöiiavaig iv roTg TiQaxre'oig' cM cfk
rovrtov al fiev naoadogot al St evSoiot al Sl ttfupigßtjTov/xevai. xal al [tev
nanüSo'ioi cte'ovrat xuruaxevmv o'ta iarlv avrr)' %Qr) J" ovno-9-' Sang ÜqtCwqiov
nfcrvx' ävrjo , llcuöag ntQiaaiög ixötdaaxea&ai aoorovg (Eur. Med.
v. 297.)' rag äi ivdogovg /qj] Xe'yav üvfv aTToäet'Secog , oiov' aväol rf'
vytatveiv aQtarov iari ' riov de fii) nttQuSo'iiov fiev aörjXcoy dt xal &/*<ptßöXcov
irooan&evai ifet rüg (dring abv anmp&iyjxuaiv , oiov ei rig Xtyei,
bneo ZrrjOfyoQog tlnev (vgl. Arist. Rhet. III, 11, 1412 a. 22), Sri oi Sei i/ßgiaräg
elvat, ontog jj.r\ ol rixriyeg avrolg %ct{i6&ev ävrqoiooiv ictv yctQ maiv
oi i)ßolt,ovreg övvariortooi , d'evÖQoropriOovOi rr/v xiönctv cinaaav roaovrov
toare fitjde rovg rerriyag eyetv ev&a xa&ea&e'vreg cfOovai.
91) Alex, ad Top. p. 38.: eon yctQ elärj nXetio rtSv locorrjOeaiv' ov yaq
fiövov iqdrrjOig noorctaeiov ylvercti, aXX' dg Ebärj/iiog iv roTg negl yK^eiog
tiiyqr]xev , ol lotoriovreg rj neol Ov/tßeßrjxörog iocortuOiv, r\ yao noo&e'vreg
ri xal ÖQlaavreg nvv&avovrai rb rovrii) avfjßeßrjxbg , cig ol iocortovreg rlg
rov nvQÖg t) xara (fvaiv xlvr\aig rj rl Zioxoarti Ovuße"ßrjxev , ifxnaXiv
ro fiiv ovfißeßrjxog öol£oval re xal Xafißdvovai iv rrj lQiorr]aei, 10 de rovro
avfiß(ßr\xev ctgtovoi fiaöeTv, cbg 6 intoriöv rtvi rb Xevxbv ft rb fie"Xav rcöv
Cqiov Ov/jß^ßrjxe, xal rl rcSv ctyad-tov di' abro ianv altterbv, xal rlg ianv
b xa&r/uevog' xal rovro fiev iv eldog iQcorr]aecog , äXXo de neol ovalav,
orav TiQoeveyxäfievol ti rlnore" iari rovro tT/« rrjg iotoTriOecog i^era(u)/zev,
dg b iQcoriöv rl iartv av&pionog , b yao ovrtog ioioriov rfjv ovalav tov
noäyfiurog äSioi, äXX' ob/ S avfiße'ßrjxev avrip /ua&ei~V tqItov eläog iocorriaeiag
ianv Srav ntQi noordaeoig rig rfjv ioiörrjOiv notrjrai, elra äncxqioiv
avrijg ahcov rb 'erepov rr\g ävruf äeetog fie'Qog noorelvy , oiov aga
ye b xöafiog ar^atQoetörjg ; vnb rovro rb elfiog rijg iftcorrjaeiög iari xal ))
äiaXexnxii irooraaig, ob yctQ näaa igoirtjaig nqoraaig diuXexrixr\ iartv, iv
ioiorqoei fiävroi r\ nQÖraatg rj (ftaXexrtxrj.
398 V. Die älteren Peripatetiker.
Anm. 83), dann zweitens solche, in welchen nach der Substanz, also
nach dem Begriffe, gefragt wird, und drittens diejenigen, in welchen
nach der in einem Satze auszusprechenden Verbindung eines Subjectes
mit einem Prädikate gefragt wird. So also ist auch hier (wie oben Anm.
27) das formal gefasste Verhällniss von Subject, Prädicat und Copula
das Hauptmotiv der Betrachtung. Es ist uns aber auch noch die Nach
richt einer zweiten Aenderung erhallen, welche Eudemus in dem Gebiete
der topischen Lehren des Aristoteles vornahm92); diese aber bezieht
sich durchaus auf den Inhalt von Soph. El. 4 u. 19—23, wo Aristote
les von dem i'Xeyiog naQu zi)v Ufyv handelt; und wenn daher auch
Eudemus von den Sophismen naqu rrjv X£!~iv in dem Bruche nsgl Ak*
§£<3g sprach — nemlich der Berichterstatter dieser Abweichung, Galenus,
lässt uns im Ungewissen, in welcher Schrift desselben sie enthalten
sei — , so muss Eudemus in dasselbe den ganzen Schatz der bereits
grammatisch-rhetorisch gewordenen Theile der Logik hineingeschoben
haben. Jene Aenderung aber besteht darin, dass Eudemus die von Ari
stoteles (Soph. El. 4) aufgezählten sechs Veranlassungen eines Sopbisma
naget tijv Xe£iv, nemlich oftwvufua, ajicpi,ßoXia, 6vv&eGig, öicdotoig, ngogcpSLct,
apjjiu r^g Xs^mg, auf die drei höheren, gleichsam mehr philo
sophisch sein sollenden, Hauptmotive tvEQyuu, Svvaiiig, epavTaola redu-
92) Ich glaube, dass, wer die Schreibweise des Galenns kennt, es mir nicht
als einen voreiligen Scbluss vorwerfen werde, wenn ich die Zunickführung dieser
eigenthümlichen Eintbeilung auf Eudemus als ihren Urheber aus dem Umstände fol
gere, dass Galenus (n. r. naQa r. Xti-iv aoifiOfi. 3. XIV, p. 589—93. ed. Kühn),
indem er den Grund angeben will, warum Arislotcs obige sechs Arten aufzahle, zu
nächst jene Einlheilung vorführt, und dann, nachdem er bei dem zweiten Gliede
derselben ziemlich weitschweifig geworden war, für das drille Glied sich die Mühe
weilerer Beispiele spart, dabei aber unmittelbar anknüpfend sagt, die Beispiele könne
man aus Eudemus und Anderen nehmen: ditXTiov dt fiSTct tovt' uv eitj , äid
tC tö naget To Sittov ToaavTa/cög, öoctycög ÜQiOTOTs'Xrjg tf ijoi, avv(OTCiTcti'
ft ä( xai tovto [itXXti xaXtag ivQe&rjOea&ai , Xrptxiov 7iq6t£qov oti noxi
lau Xöyog re xui ix X6y<ov , Xöyoi yctQ xctl cd ngoTctotig' .... tßrai d'ij
Xöyog ... ctvv&eoig ovo/nuruv dvdyxrj tö Sittov rj lv tivi tovtcov
tlvcti tcöv övofjccTiov rj iv nvTia i<T> Xöyep , tqCtov yitQ ovätv e/ofiev bncog
esvOTaCrj , xctl tovto tj ivSQysftf rj ävvafxti fj cf aviaaCa , naga ravTa
yorp oöSiv tTtQov Tig tvQoi vndo%ov rj Xeyöfitvov ndvTa c!f tcwtu övXXaßövTtg
eyovaiv ot elnrjfiwoi TQÖnoi' ivtQyilq ptv yciQ tö Sittov tyovoi
naqu tc TtjV ö/tcovvpn'av xai tI)v dfitf ißoX'fav , xu). iv uvöfiaTi fiiv b naget
TtjV bficovv/j.i'av , iv Xöycp Se 6 naget ttjv d/xif ißoXCav , ivsgytlu Si oti T<p
ovti Svo arj/Mti'vovac Svvdftn S' bnoje Ttj ngogepSlu yCyrovTai SittoI xai
naQa Tqv avv&eaiv xai SicttQioiv , ovtoi. yctQ ov arifialvovai nXifto äXXü
TTctVTiag i'v Sid re to exctitQov ivSfyia&ai SittoI XsyovTca' Siö xctl Svvdfj.
li i/autv aiiToig, toiovto yctQ to Svi'dfiei iv /jiv ovv övöfiaaiv rj
7igogb>SCa noiti tö Sittov Iv <Jf Xöytj) Siöti üvvütoig xctl SialQtoig
Sittov noiel (p. 593.) inel rff i'yo/xtv to iviQytiu T£ xctl Svvdfieiy
XttntTcti tfUVTaoiu' tovto 6i iciTi to natjä tö o/tifta Trjg XiSeug ....
ipcttvtTui yuQ xai tö bvojxct Sittov oi/ ovTcog i%ov xctl b Xöyog bfioCcog xai
ov tocIovtov xttit' fxaOTOV tcSv nyoeittri/uivcoV Iii TTctoctätCyfiaTa Xdßoi Tig
civ ex tc tcuv xctl (/. tov) Eväypov xai aXXcuv inel ti" ovv e/of/ev jrdi'Tag
xctTtiXeynivovg Tovg TQonovg , äv (l. oig uv) yt"voiTo ti Scttöv, i/ofitv
naVTu tc\ naQa Trjv Xigiv aocplafictTct. Sollte übrigens auch obiger Schluss
nicht zugegeben werden , so siebt man doch , dass Beispiele der Sophismen naget
Trjv Xi'iiv aus Eudemus zu holen waren, derselbe also jedenfalls auch diesen Theil
der rhetorischen Logik bearbeitete.
V. Die älteren Peripatetiker. 399
cirte, indem die Homonymie und Amphibolie Folge eines Verhältnisses
der ivsQyua, Zusammensetzung aber und Trennung und Prosodie Folge
einer dvvajug, und die Redeform Sache der cpavzaaLa seien. Man sieht,
dass der aristotelische Physiker Eudemus schulmässig consequenter sein
will, als sein Lehrer.
Endlich ist noch als ein Erzeugniss der älteren peripatetischen
Schule die Theorie des Räthsels zu erwähnen, welche Kljjij-chos von
Soli , als ein Schüler des Aristoteles, aufstellte ; denn dass das Räthsel in
naher Verwandtschaft mit den Problemen überhaupt und den Fangschlüs
sen insbesondere steht, springt von selbst in die Augen ; und sowie nun
in der aristotelischen Topik die Lösung dieser theoretisch begründet
wird, so ist der Versuch einer gleichen Behandlung des Räthsels als
Erweiterung oder Ergänzung jenes- Verfahrens zu bezeichnen, welche im
Zusammenhange mit den Literarhistorischen und grammatischen Bestre
bungen jener Zeit überhaupt steht. Der Gedanke, das Räthsel in den
Bereich jener Untersuchungen beizuziehen, ist völlig richtig, denn wenn
ein Räthsel überhaupt Sinn und Bedeutung haben soll, so inuss es eine
logische Aufgabe sein03); auch war der Gebrauch, welchen die „gebil
deten" Griechen im socialen Leben von dem Räthsel machten, völlig der
selbe wie in Bezug auf die Sophismen jeder Art, und es gehörte das
selbe bekanntlich zur geselligen Unterhaltung bei Tische oder zu den quaestiones
convivales überhaupt 94). Die eigentlich logische Bedeutung des
Räthsels aber scheint erst damals gefühlt worden zu sein, als man anfing,
das Wort yglfog in speciell technischem Sinne dem allgemeineren avviytict
gegenüberzustellen 96), und es wird daher auch, wenigstens in einer spä
teren Notiz, das logische Räthsel als der ursprünglichste und wesentlich
ste yQtqiog bezeichnet 90). Klearchos nun scheint jedenfalls der erste
93) Ehen Klearchos bezeichnete in seiner Schrift Ueol nanomiüv das Räth
sel als Gegenstand der Philosophie; bei Athen. X, p. 457 C. : tiüv yniycov ?/ fijnjaig
ovx alXorQiK q iloOotflag lati, xcd ol naXavol tt)V Tr\g naiSttag &n6~
äit£iv iv rovToig inotovvTo. Die aristotelische Definition des Räthsels laulet:
ulvCyitccrog yciQ idY« KvTtj toii, to Xiyovra imän^ovta advvara dwaxpai
(Poe/. 22, 1458a. 26.).
94) Vgl. Gell. XVIII, 2. Macrob. Sat. VII, 3. Pollux. VI, 107.
95) Bei Plalo, Hep. V, 479 B., wo jenes, oben Ann). 37. angeführte, Rälhsel
erwähnt wird, isl nicht yptr/oj, wohl aber der logische Ausdruck inajMpoTiQt'friv
neben aXviyfia gebraucht: rotg iv TciTg eoriäaeaiv, iffri, InattcfioTeg^ovaiv
toixt xal Tip tcov TtaCSusV tt1vlyfx.au To) niql tov evvov/ov rijg ßoXfjg niqi
i% vvxrtoCdog.
96) Athen, X, p. 453 B.: aQ/uwtaTog ä' lort Xoyixbg yni~(fog xal rrjg
rov yQHftveiv (fvoecog oixtiöjctTog ' „ri navrsg ovx intarafiivoi äiSäaxoflV;"
xcd „tC TavTÖv ovSctfiov xcti naVTct/ov ;" xcd nQÖg Tovroig ,,t( Tavtov
iv ovnavoi xcd inl yijg xcd iv SaXaTTy ;" tovto tT iarlv ofiiavvfiCct,
*<u }'«<) iioxTog xcd oepig xcd ccerög xcd xvcov iarlv iv ovnavcp xal iv yfj
xal iv &ctkttTTri' to 6*t /oövov Orjita(vei , atua yäo nana nUaiv 6 avTÖg
xal oida/jov cT;k to fif) iv evl TÖnii) tt\v ifvGtv f/fiV to tih nooayov iOTi
tyvX&g f/eiv, tovto yhe ovStlg fjiiäv iniarctfitvog äiäädxu töv nXrjaiov (es
könnten jedoch diese Worte eben aus der Schrift des Klearchos selbst genommen
scm). Die Beispiele zeigen auf das deutlichste den logischen Charakter des Räth
sels; übrigens bezieht sich auf das erste derselben schon Aristoph. Vesp. 20., noch
dazu mit Anwendung des Wortes yoTcjog: ovö°<)v ana yqiifov Siacfiou KXtaivvfjoc,
niog o*t) , nnogeoei Tig ToTßi Ov/inÖTaig Xtiywv, 8ti tlxvtöv iv yfj t'
"nißaXtv xctv ovQavtp xäv Tfj S-ctXaTTy &t]q(ov tt)v ctanlSa.
400 V. Die älteren Peripatetiker.
gewesen zu sein , welcher das Räthsel wissenschaftlich in seiner Schrift
IliQi yglcpcov 97) behandelte. Ueberliefert ist uns aus derselben zunächst
die Definition, welche Klearchos von dem y()lq>og aufstellte ; es sei nemlich
yqiyog ein scherzhaftes, um einer Belohnung oder Strafe willen ge
gebenes Problem, welches auffordert, das Aufgegebene durch Suchen ver
mittelst des Nachdenkens zu finden 98). Von der näheren theoretischen
Entwicklung des Räthsels bei Klearchos jedoch scheint uns nur ein kleiner
Theil berichtet zu sein, und zwar ein Theil, welcher den logischen yQi-
<pog gerade am allerwenigsten betrifft. Es wird neinlich gesagt ") , er
habe sieben Arten des yQiyog angenommen, von den dreien aber, welche
hierauf angeführt werden, Iv ypaftfitm, iv GvXkußrj, Iv övopau, ent
hält die erste nur die Aufgabe, z. B. Fischnamen, welche mit A begin
nen, zu nennen, die zweite die Aufgabe, einen Vers zu sagen, welcher
mit einer angegebenen Sylbe beginnt oder schliesst, die dritte die Auf
gabe, irgend eigene Namen zu nennen, welche eine bestimmte Bedingung
in Bezug auf ihre Bestandteile erfüllen. Somit bildet den Inhalt des
Räthsels hier nur die Probe einer gewissen Gelehrsamkeit oder einer
Raschheit des Gedächtnisses^ Unter den übrigen vier Arten , von wel
chen wir jedoch Nichts erfahren , wird wohl der ioyixog yQi<pog eine
der bedeutenderen gewesen sein. Dass es übrigens auch bei den So
phismen der Megariker nicht an grammatischer Aeusserlichkeit und tän
delnden Wortwitzen gebrach, sahen wir oben Abschn. II, Anm. 52 f.,
59 — 65, 81; und vielleicht hat auch Klearchos in seiner Theorie des
Räthsels zufolge der Manier seiner Zeit wieder mehr Gewicht auf die
formale Seite des Wortes gelegt, als er sollte.
97) B. Athen. VII, p. 275 B. u. öfters genannt; dieselbe liegt wohl der ganzen
längeren Entwicklung, welche Alhcnäus X, p. 44S—459. gibt, zu Grunde. Casaulioniis
in den Animadverss. zu der ganzen Stelle greift vielfach fehl.
98) Ebend. X, p. 448 C. : yoTifog noößXrjjuec ininciiaiixöv nqoazaxTixov
i&v <Tiä fijojrrfioi- evoetv ry dutvolif tö TiQoßktjtHv, Tipfjg fj initrjfilov yiioiv
ttqnftivov. Spätere Definitionen s. Abschn. VIII, Anm. 18.
99) Athen, fährt ebend. fort: iv Tfj5 IXegl ygCtpcov 6 abzog KXt\io%6g
tjr\aiv iura tMrj tlvcu yqltfutv iv yga/ifimi fitv, oiov iQov/iev äno tov
aX(f<t lög ovo/uä n iy&vog fj (/vtov, ö/jo(<og dt xav i/ttv ti xtXfvi) tiüv
youfipäriov fj jur) iy,ttv_ iv (TvXX«ßjj de kiyovrui yoltfoi, olov ioobfitv
ififitTQov ÖTiSrjnoTe ob r)yeTrai ßct, olov ßccaiXevg, fj tov f/ei TeXtvxr)v tö
vct'f, il>g KaXXiava 'i, fj <ov tov Xiovta xriO r)yfTaVcu,oiov ^ftiovi'drjg, fj ifinaXiv
rtXixbv tivai, oiov QQttdvXdov iv ovöpcni d£, oiov inov^tv ovöfiara c'tnXä
fj ouvfttT« äiabXXitßtt , ob fioQiifi rig ([MpatvtTai TQayixtj fj TtaXiv zantivr),
fj itd-ea ovöfxuTa, oiov KXtajvvfiog , rj #{of/dp«, oiov zftovvaiog , xal tovio
rjjoi iS ivög &eov fj nXfiövoiv, oiov 'Enfiitif QÖöiTog , fj ano dibg uQxio&ai,
zfioxXfis, fi 'Enpiov, 'F.Qjxöä (onog , fj Xrjytiv, ll tv/oi, tlg vixog. ot äe /xr) ttrzövreg
oig noogtraTitro %mvov tö noTrjqwv. xcci 6 ftiv KXiaoyog ovTtag
toqCaaio.
J
VI. ABSCHNITT.
DIE STOIKER.
Es liegt in der sogenannten Sekten-Philosophie nur ein Fortwuchern
jener Auffassung vor, welche in der vorsokratischen Philosophie bei den
Sophisten und unmittelbar nach Sokrates bei den einseitigen Sokratikern
auf die rhetorische Darlegung der praktischen Interessen gerichtet war.
Sowie sich der Sinn der Griechen einmal von den objectiv poetischen
Kosmogonien und der hieraus fliessenden physikalischen Lehre, welche
die Elemente des stofflich natürlichen Seins zu entwickeln suchte, abge
wendet hatte, so trat die hellenische Virtuosität der plastischen Formen
bildung auf dem Gebiete der subjectiven Aeusserungen des Menschen und
seiner Handlungen mit jener ganz einseitigen und verrannten Selbststän
digkeit auf, aus welcher die Sophistik floss. Allerdings nun war in
Folge der Ueberzeugungen des Sokrates, welche selbst von dem Principe
des Handelns ausgingen, dabei aber eine wahrhaft allgemein-menschliche
Forderung aussprachen , zunächst die platonische Philosophie erwach
sen, welche den Standpunkt des subjectiven Principes mit dem objectiv
kosmischen der früheren Naturphilosophie zu vereinbaren suchte, ja es
war wieder hieraus das aristotelische Syslem geflossen , welches den
die menschliche Intelligenz betreffenden Theil der sokralischen Forderung
stärker betonte, als bei Plato geschehen war, — aber während so aus dem
schlechthin allgemeinen , über die Engherzigkeit der Nationalität hinaus
reichenden Principe des Sokrates die höchste im Griechenthum erreich
bare Stufe der Speculalion sich erhob, lebte der tiefgewurzelte subjectivc
Rhelorismus, welcher eines jeden allgemeineren und höheren Principes
der Auffassung entbehrt, immer fort, und es nimmt derselbe, indem er
nach Aristoteles von der Oberfläche der platonisch-aristotelischen Entwick
lung schöpft, nur die Maske einer Speculalion an. Es kann diese ein
zig historische Auffassung betreffs der Sekten-Philosophie, nemlich dass
dieselbe nur ein Rückfall in den rhetorischen Doctrinarismus der subjec
tiven Praxis ist, nicht oft genug ausgesprochen werden , da ja in Folge
des beliebten „Construirens" der Geschichte noch so häufig die völlig
unhistorische Annahme sich findet, dass die antike Speculation in Einem
aufwärts fortschreitenden Faden bis zu Piotin sich abspinne, bei welch
letzterem erst „der Geist sich selbst erreiche", wobei natürlich die durch
weg pöbelhaften Restrebungen der Skeptiker als das Moment des höchst
ehrwürdigen „Zweifels" gefasst werden und die einer pharisäischen Eitel
keit fröbnenden Phantastereien der Neuplatoniker jenem Stadium ange
hören sollen, in welchem das Absolute in der Menschen - Geschichte
Prantl, Gesch. I. 26
W
402 VI. Der Epikureismus.
„sich selbst bezweckt". Hat man sich aber eine -unbefangene Auffassung
der Geschichte bewahrt, so wird man von aller dergleichen Tendenzmacherei
frei sein und in den Erscheinungen des späteren griechisch-römischen
Alterthumes nur das erblicken, was sie sind, nemlich die Folgen der
schlimmeren und verwerflicheren Theile eines hervorragenden aber einsei
ligen Talentes, mit welchem die griechische Nation von Anfang an aus
gerüstet war.
Darum beruhen auch in Dezug auf die Logik alle Verschlechterungen,
welche uns von hier an durchgreifend begegnen, nicht mehr, wie bei
den älteren Peripatelikcrn, in einer unbewussten Schwäche der Speculation
in Bezug auf Zusammenhang und Bedeutung der aristotelischen Gesammt-
Philosophie , sondern in den positiven Verstössen einer Richtung,
welche bloss den subjectiv-practischen Bedürfnissen durch doctrinäres
Gerede genügen will, und für welche daher dasplatonisch-aristotelische
Pjincip einer mit der Philosophie überhaupt verknüpften Logik gar nicht
^vorhanden ist. Aber, so wlH-flth^iTTeTsTm^ Dinge
an sich ist, ebenso einflussreich wurde es wegen des mit demselben
verbundenen schulmässigen Schematismus leider für die ganze abendlän
dische Culturgeschichte, in welcher noch bis in die neueste Zeit herab die
unwissenschaftliche Schul-Grammatik und die unwissenschaftliche Schul-
Logik auf jene Erscheinungen des späteren Alterthums als ihre Quelle
zurückweisen.
Von dem . Epikureismus hat die Geschichte der Logik sehr wenig
zu berichten, denn sein überwiegendes Bestreben nach unmittelbar sinn
licher Gewissheit und seine ethische Lebens-Maxime, welche auf unge
störte Ruhe innerhalb des Genusses der Aussenwelt gerichtet war, konnten
ein theoretisches Bewusstsein der logischen Functionen nicht zulassen.
Wenn daher die Epikureer auch die bereits schulmässig üblich gewor
dene Dreitheilung der Philosophie in Logik, Physik, Ethik annahmen1),
so hat die Logik, soweit sie das erkenntniss-theoretische Moment betrifft,
nur die Aufgäbe, dem Sensualismus zu dienen , und die hierüber aufge
stellt eTTRegelFmlden die von tlen Epikureern so genannte Kanonik, wel
che daher auch nicht mit Unrecht näher an die Physik gerückt wurde 2).
Der schlechthin transitorische Charakter aber, welchen nach epikureischer
Lehre die Sinnes- Eindrücke haben müssen, konnte natürlich den Syllo
gismen oder Definitionen keine grosse Bedeutsamkeit einräumen, und es
wird daher die Dialektik als überflüssiges Beiwerk verworfen 3). Aus
1) Diog. L. X, 29.: neyl rijg fiiaiQe'otajg rijs z«r' aizbv (sc. 'Enlxovqov)
tftkoOotptas' äiatquzai toCvvv elg i<h«, rd i£ xuvovixbv xal (pvoixöv
xal r\i)ixöv.
2) Ebend. 30.: to fiiv oiv xavovixbv ((föäovg Inl trjV nQayfictTtlav
fyei xal Iotiv kvl rtü iniyQttffofitvtp Kävtov eloiO-aai fisvroi rb xa
vovixbv öfiov to) qvatxq) ouvTuTTiiv, xaXovai <Jt avri hiqI xqittiqIov xal
aQ/jfS xal aroi/ei(üTix6v. Sen. cp. 89.: Epicurei duas partes philosophiae pulaverunl
esse, naturalem atque morulcm; rationalem removerunt, deinde ipsi
quoque locum, quem de iudicio et regula appellant, alio nomine rationalem induxerunl,
sed cum accessionem esse naturalis partis cxistimunl.
3) Cie. d. (in. I, 1, 22.: in altera philosophiae parte quae ).oytxr) dicilur,
iste vester plane, ut mihi quidem videlur, iuermis ac nudus est; tottif definitiones
, nihil de dividendo ac, partiendo docet, non quomodo efficiatur concludalm -
que ratio, tradit, non qua vi cuptiosa S oh an tut, ambigua distinguuntur, docet. Wog.
VI. Der Epikureismus. 403
demselben Motive eines beständigen Wechsels der sinnlichen Wahrnehmung
geht es auch hervor, wenn Epikur dem principium identüatis oder exclusi
terlii keine objective Geltung zuschreiben konnte 4) , worin wir al
lerdings, da einmal die platonisch-aristotelische Auffassung der Zusammen
gehörigkeit der Gegensätze entschwunden war, einen gesunden naturwüch
sigen Sinn gegen die Schul- Tyrannei der Dialektiker anerkennen müs
sen; s. auch Abschn. V, Anm. 37. An sich ehrenwerth ist wohl auch
iler Anlauf, welchen die epikureische Lehre dazu nimmt, in der Wortbil
dung die zur Entstehung des Begriffes erforderliche Festigkeit zu erblikken
(vgl. Abschn. I, Anm. 29 u. Abschn. II, Anm. 6), und so auf der
Sprache als Ausgangspunkt des Logischen zu stehen 5) ; natürlich aber
ist keine Rede davon, dass dieser vernünftige Standpunkt von den Epi
kureern irgend philosophisch benutzt worden wäre, da er bei ihnen im
Gegentheile mehr einer Bequemlichkeit der Speculation dient (vgl. Abschn.
II, Anm. 6); nur polemisch gegen die Stoa wurde diese Auffassung ange
wendet, indem die Epikureer jene Existenz- Weise, welche das lentov bei
den Stoikern hat , leugneten 6).
L. X, 31.: rrjv diaXexxtxijv äi ojg naqiXxovaav anoäoxifjä^ovaiv. Sext. Emp.
ad», math. VII, 14.: Tivig töv 'EnCxovQov xaxxovaiv tög xai tt\v XoyixijV %)eajqiav
ixßäXXovxu.
4) Diese Auflassung nemlich allein kann das richtige factische Verhüllniss sein,
welches den einfälligen Worten Cicero's, d. nat. d. I, 25., zu Grunde liegt; der
selbe drückt sich nemlich in seiner gewöhnlichen puerilen Weise folgendermassen
aus: idem facit (sc. Epicurus) contra dialeclicos ; a qutbus quürn traditum sit , in
Omnibus disiunetionibus , in quibus ,,aut etiam — aut non" poncrelur, alterulrum
verum esse, pcrlimv.il, nc st concessum cssel huiusmodi aliquid ,,aut vivet cras aut
non vivet Epicurus ", allcrutrum ficret necessarium , tolum hoc ,, aut etiam — aut
non" negavit esse necessarium ; quo quid dici polest obtusius?
5) Diog. L. a. a. O.: xr\v äiccXexxixrjV St ojg itaqiXxovaav anoSoxifiä-
CoviJf aqxelv yaq xovg (fvoixovg /atoilv xaxa Tovg tojv nnay/naTtov iffhoyyovg
(33.) tif*a y&Q 1°} ^ij&rjvat üvO-nojnog tvS-vg xaTa TiQÖX^fjiv xtu
6 xvnog avxov voelxai nqor\yovf.Uvojv xtov aia&^aeojv navxl ovv övo/jaxi
to ixqtoxüjg vnoxtxayfiivov tvany(g loxi, xai oix av Ityrrioa/jw to £rjxovfievov,
ei firj nochenov iyviaxeifxtv amo ovd' av ojvojjäaajjtv ti fxrj
ttqotcqov avrov xuTa no&Xr\\piv xbv xvnov avxov fiaHövxfg' Ivaqyeig ovv
eloiv ai nqoXr)\pug xai xb do'£aOxbv &7ib nqoxiqov xivbg ivaqyovg ijqxrjxai,
l(fi' o avaytqovxeg XiyojA.iv (37.) nqmxov fiiv ovv xä vnoxexayfjiva
xolg (p&oyyot; äei ilXr](p£vai, bnoig av tu So'iat,6jJ.tva rj £t]xov/j.eva rj ano-
Qovfitva e/ojfiev tig xavxa äväyovxeg ItiixoCvsiv xai pt) axqixa nävxu rjfj.lv
tig äneiQov anoStixvvojotv fj' xivovg qUöyyovg f/oj/.tev. (38.) avayxr\ yaq
to nqwxov Iwörffiu exaaxov q,&6yyov ßXintaüai xai jxifäiv ano-
Sü'itmg nqogStia&ai. Sext. Emp. adv. math. VIII, 336.: Ix ipaivijs avviaxr\x(V
t/ anoöuiis, ojg xolg 'EmxovqeCoig eiqrjxai. Ebend. 9.: 6 Sh EnCxovoog xa
filv ala&vjxa nävxa sXtytv alrj&fi xai ovxa' ob dujvcyxe yao aXrj&tg tlvaC
ti X(ytiv rj yndq/ov. ivfhtv xai vnoynMfOJV T&Xrj&ig xai ipevöog, soti, q>rjalv,
aXii&kg rb ovicog tyov tag Xiytxai e/eiv, xai ipevfiög tOTi, ifrjoi, to
ob% ovTiog e/ov dg Xfyerai %XUV-
6) Hut. adv. Col. 15.: tovto äk xai Totg vttoxiooig avjußißrjxs " noXXa
yaq xai jityäXa TiQayfiaTa xr\g tov bvrog aTToOTfQobo'i 7iQogr)yon(ag , xb
xevbv, xbv yjtovov, xbv xönov, änXwg to tojv Xtxiav yivog, Iv <j> xai TaXrjd-fj
naVTU IvtOZi' xavxa yao bvxa fihv firj (Ivai, xivä ä' ctvai XiyovOi. Sext.
Emp. pyrrh. hyp. II, 107.: ol fjiv ,EmxovQewC ifaOi /ui) elvaC xi Xevxöv. adv.
math. VIII, 13.: oi äi negl xbv 'Entxovoov Svo (xbvov änoXeCnovxcg,
atjfiaTvöv T£ xai rvy/ävov (s. unten Anm. 48.), ipaivoVTui neql Ty
26*
404 VI. Die Stoiker.
Die Schule der Stoiker hingegen, welche ja einerseits schon durch
das Verhällniss, in welchem ihr Stifter Zeno zu Stilpo sland, auf die
Megariker zurückweist lind andrerseits bekanntlich an die Antisthenecr
anknüpft) mussle ein ganz besonderes Gewicht auf GewandtheiTTiTTögT"
scher Technik legen, um hiedurch ihren Dogmatismus zu stützen, zumal
da, wenigstens zur Zeil der grössten Ausbildung der stoischen Lehre,
eine gewisse Allseitigkeit der doctrinären Construction prätendirt wurde
und daher auch eine Entwickclung der Form des Doctrinarismus selbst
sich einstellte. Die Schulmässigkeit demnach des Dogmalismus und im
Gefolge derselben die ächt doctrinäre Einbildung, dass nur derjenige
ein richtiges Urtheil über die Dinge und im Handeln fällen könne, wel
cher auch schulmässig denken gelernt habe, dürften die Ursache davon
sein, dass gerade in der Stoa die Logik in Verbindung mit grammalischrhetorischer
Theorie eine besondere Ausbildung fand. In Bezug auf die
Grundprincipicn aber treffen wir hier nur eine Erneuerung jener Logik,
welche wir im II. Abschnitte schon kennen gelernt haben.
Was zunächst die literarische Thätigkeit der Stoiker auf dem Ge
biete der Logik betrifft, so stehen auch hier Alle an Productivität weit
hinter Chrysippus zurück. Von Zeno werden erwähnt: IIsqI Xi&av,
IIsqI ovßiag, IIsqI GrjiisLwv, IIsqI Xoyov, Tsp/wcii Xvßsig1); Philo,
ein Schüler des Diodoros Kronos und Mitschüler Zcno's schrieb IIsqI
0r]iiu6iäv und IIsqI zQÖncav , wogegen Chrysippus polemisirte8). Wäh
rend Aristo die Logik nebst der Physik förmlich aus der Philosophie
strich und nur die Ethik übrig liessa), scheint hinwiederum besonders
Kleanthes der logischen Doclrin seines Schülers Chrysippus vorgear
beitet zu haben; von ihm nämlich werden uns genannt: IIsqI iniGvr[-
(ir)g, IIsqI SictXsuTixijg, IIsqi ISicov, IIsqI xctvrjyoQrjiiaTav , IIsqI Xoyov
y', IIsqI fiEtalrjipecog, IIsqI Svvaräv 10). lieber alles Mass hinaus aber
gieng die Schreibseligkeit des Chrysippus, eines Menschen, dessen
bodenlose Geschwätzigkeit wir hinreichend aus der Polemik erkennen,
welche" in den Werken des Galenus oft sehr einlässlich gegen ihn ge
führt wird; eine entsetzlich verkommene und verwahrloste Zeit musste
es sein, welche einen so hohlen Kopf, wie Chrysippus war, als den
grössten Dialektiker bezeichnen konnte. Er schrieb 31 1 Bücher logi-
^jicJifijMnhalteSj wovon Diogenes Laert. ein confuses und corrupleü Vei"
zeichniss gibt 1 '), welches jedoch ursprünglich auf einer früheren Sich-
<(navt) t6 ccXrjOts "cd \[/eväos anoXtCntiv. cbend. 258.: oyio/xtv dt tos tiaC
rivtg ol ctvrinrjXoTtg ztjV vtiuq%iv tojv Xsxtiov oiov ol 'EntxovQtioi.
7) Alles' bei Viog. I. VII, 4, 39, 40. u. 134. In Betreff der arjfifTa in der
stoischen Theorie s. unten Anm. 151 IT. Xöyog ist die Beweislheorie s. Anm. 171.
8) Ebend. 191. u. 194. Vgl. Sext. Emp. pyrrh. hyp. II, 110. u. adv. math.
VIII, 113.
9) Viog. I. VII, 160. Sext. Emp. ade. math. VII, 11. Seil. ep. 84.
10) Die b. Athen. XI, p. 467. u. 471. erwähnte Schrift lltol utinXtupiuig
scheint mehr den grammatischen Untersuchungen über logische Bedeutung der Worte
angehört zu haben; Ilenl tSvvctziSv ist angeführt b. . Arrian. Epict. 11,19; die übri
gen erwähnt Diug. L. Vif, 175.; dass das Buch n. xccrrjyoo. die Xsxrü (s. unten
Anm. 47 ir.) betraf, berichtet dem. AI. VIII, 784.
11) VII, 189— 198. Die Sammlung der Fragmente des Chrysippus von Baguet
(in den Annules Acad. Lovan. Vol. IV, 1822.), welche häufig als Quelle angeführt
VI. Die Stoiker. 405
tung und Zusammenstellung der chrysippischen Werke beruhen muss.
Diese Aufzählung nemlich der logischen Schriften des Chrysippus lautet:
Enel Se £vSo£6raxu ßtßXia ißxlv avxä, h'So^e jiot xal xi)v ngbg clöog
etvayga<pf)V avxäv ivxav&a xaxaymglßaf xal £ßxt xä8e' Aoyixov
rbnov &ißeig, Aoyixa xal räv rov qptXoßocpov ßxefj,(ictra>v, "Ogmv 8ia-
Xexnxäv ngbg MrjrgöSwgov g , Ilegl räv xara ri)v SiaXexrixtjv ovofiäxcov
ngbg Ztjvmva a 12), [190] Te%vrj 8taXexxtxtj ngbg 'Agtßrayogav
a, 2vvrj(ifisvav nt&aväv ngog AtoßxovgiSrjv d\ Aoyixov xonov
tov negl ret nguyixaxa' ßvvra^ig^) ngärr]' Ilegl a|ta>u.ärwt>
et , liegt räv oi% ctnXäv ct^iaixctrcov et, liegt rov ßvjinenXeyixevov ngbg
,Ad,t]väSr\v ct'ß , Ilegl anoqiaxixäv ngbg Agißruyöqav y , Ilegl räv
xaxayogevxtxäv ngog A&r)v68cogov d, Ilegl räv xara ßregi]ßiv Xeyojievmv
ngbg &eagov a, Uegl xcöv ctogißrcov ct^imfictrcov ngbg A'teava ■a'ß'y',
Ilegl xfjg Statpogag xäv ctogißrmv 8' , Ilegl räv xaret %govovg Xeyoixevoov
ß\ Ilegl ßvvxeXtxäv c|ttaft«Tcov ß'. ßvvru!-ig Sevr egam liegt
ctXfj&ovg 8te£evy(ievov ngbg rogytnm8r]v a, Ilegl cdrj&ovg ßvvrjfiixevov
ngbg roqyinniSrjv tf, [191] Atgeßig ngbg logymniSrjv et , Ilgbg ro
negl ctxoXov&av a , Ileol rov Sia rgtäv ndXtv ngbg rogymnlSr/v et',
liegt Svvaräv ngbg KXeirov 8' u), Ilgbg ro negl ßr]ix,aßiäv OiXcovog et ,
liegt rov rivet faxt ru ipevSrj a. ßvvra^tg rgtxn]' liegt ngogxaypiäxcav ß' ,
liegt egtoxrißecog ß1 , liegt nevßeag 8', 'Entropi) negl igcarrjßecog xat nevßemg a',
liegt anöxgißemg 8', 'Entrofii) negl dnoxqtßecog et , Ueg\ frixrjßemg. ßvvra-
|if rezdgrr\' liegt xwv xarrjyogrjfiidrcov ngbg M.y\rg68oogov t', liegt
6g9äv xat vnr'imv ngbg <PLXugypv et, Ilegl räv ßvvctfifidreov ngbg 'AnoXXmviSrjv
et , Ilgbg HdßvXov negl xarrjyogrjfjtaxmv. [192] ßvvxa^tg ne(inrr)'
liegt rmv nevxe nxäßecov et, liegt xäv xara rb vnoxetfievov oHgißfievcov
exyoqäv «', liegt nage(iq)äßecog ngbg 2kr\ßctyögav ß', liegt xäv ngogrjyogtxäv
. Aoyixov xönov itegX rag ke^etg xett rov xetr'
ctv rag Xoyov ßvvxai,ig ixgäry\' liegt räv evtxäv xat ixXrj&vvnxäv
Ixcpogäv g , liegt Xel-eaov ngbg Stoßtyevrjv xal 'AXel-avdgov e' , Ilegl
tijs xara rag Xe^etg äva>[iaXtag ngbg A'tava S' 15), Ilegl räv ngbg rag
epoovag ßugeträv Xoycovy , Ilegl ßoXotxifcövrcöv Xoymv ngbg ^tovutfioi/ et,
Aöyot naga rag ßvvrj&etag a't Aii-etg ngbg Atovvßtov a . ßvvxa\tg 8 evrega'
Ilegl räv ßrot%etav rov Xoyov xal räv Xeyofievmv e, [193]
wird, ist höchst unvollständig, da sämmtlichc reichhaltigen Stellen und Notizen,
welche bei den Commentatoren sich linden, in derselben fehlen.
12) Auch erwähnt b. Gal. d. puls. dijf. II, 4. VIII, p. 579. ed. Kühn.
13) Mit Unrecht hat man ovvragig als ein zu dem Titel einer Schrift (Ao
yixov xönov rov negl xä ngayfiaxa aivra^ig ngtorrj) gehöriges Wort genom
men; denn die folgende Numerirung mehrerer avvxä^eig als Unterabtheilungen
der verschiedenen koyixol rönoi (über diesen Gebrauch des Wortes rönog s.
Anm. 40.) zeigt deutlich, dass es nur von den Gruppen zu verstehen ist, in welche
die Bücher des Chrysippus gebracht worden waren; vgl. auch Arrian. Epict. II, 17.:
oörf" lyyiis ioö[j.e9-a tov ngoxorpai, xav näaag rag awaytayag xal rag
Ovvräieig xäg Xgvolnnov fiera Ttüv Avxinäxgov xal ilg/eä^uov SitXü-tofitv.
— In Bezug auf die sogleich folgende Schrift ntnl äno(faxix<Sv s. Anm. 138.
14) Plut. d. Stoic. repugn. 44. ed. H. d. orac. def. 28. An. Epict. II, 19.
Cic. ad Farn. IX, 4. s. unten Anm. 162 f.
15) Varro L. L. IX, p. 456. Spcng frelus Chrysippo homine acutissimo,
qui reliquit sex libros negl xfjg ävinfiaXtug.
406 VI. Die Stoiker.
liegt rrjg ewra^sag räv Xeyojievmv 16), Ilegl rrjg Gvvrahmg räv
Grotfelmv räv Xeyo^evmv ngog Qilnntov y , liegt räv Groixeimv rov
Xöyov ngbg Ntxlav a , üeqirovngbgetega Xeyopevov a. Gvvrahg rgirr}'
Ilgbg rovg ftij Siaigovpevovg ß', liegt ä^(pißoXtäv ngbg 'AnoXXav ö',
liegt räv rgontxäv ajt<pißoXiäv a , liegt Gvvrj^evrjg rgomxrjg «f«ptßoXiag
ß', Ilgbg rb negi ccyupißohwv Hav&olSov ß', Ilegl rrjg elg rag
ajicpißoXlag eigaymyijg e, 'Enirofirj räv ngbg 'Entxgarr\v ä[i<pißoXtäv et,
Svvtj jijieva ngbg rr)v elgaymyijv räv dg rag ajjtqptßoXiag ß'. Aoyixov
rönov ngbg (I. negi) rovg Xöyov g xai rovg rgonov g' Gvvrahg
ngmrr\' Tkivr\ Xoymv xai rgönmv ngbg AtogKOvglSrjv e, [194J
liegt räv Xöymv y , liegt rgönmv GvaraGemg ngbg 2hr\Gayögav ß' , EvyxgtGig
räv rgontxäv ufycoyLarmv a , liegt avnargeqiövrmv löycov xai
Gvvrjmievcov a, Ilgbg 'Aya&mva fj negi rmv e^rjg ngoßXrj(i.armv a ,
liegt rov ra GvXXoyiGnxa rtvbg fier aXXov re xai (xet aXXav a, liegt
rmv entepogmv ngbg 'AgtGrayögav a , liegt rov totteö'Sw rov avrbv
Xoyov iv nXeLoat rgönotg a , Ilgbg ra avretgrjjieva rm rov avrbv Xöyov ev
GvXXoyiGrtxm xai aGvXXoyiGrm rerayß-at rgönm ß' , Ilgbg ra avreigrjfieva
ratg rmv GvXXoytG^äv ävaXvGeGt y, Ilgbg rb negi rgönmv (PtXavog
ngbg Ttfioargarov a, Aoytxa Gvvr\\i^.eva ngbg Ttjioxgärrjv xai G?iXofia&
ij , Elg ra negi Xoymv xai rgönmv a. [195] Gvvrahg Sevrega'
liegt rmv negatvövrmv Xoymv ngbg Zrjvmva a , liegt räv ngmrmv xai
avanoSelxrmv GvXXoyiG^iäv ngbg Zrjvmva a , liegt rrjg avaXvGetog rmv
GvXXoyiGfiäv a , Hegt rmv nageXxövrmv Xoymv ngbg üaGvXov ß', liegt
räv elg rovg GvXXoyiGfiovg &emgrjjjtärmv a , liegt GvXXoytGpäv elgaymytxmv
ngbg Zrjvmva a', Täv ngbg elgaymyrjv rgönmv ngbg Zr\vmva
y, liegt räv xara ipevdrj Gpipara GvXXoytGfiäv e , Aoyot GvXXoyiGrtxot
xara. äväXvGtv ev rotg avanoSelxrotg a', (Tgonixa ^rjrrj fiara ngbg 7a\-
vmva xai (PiXopa&rj a ' rovro doxet tpev$eniygu<pov). Gvvrahg rgirrj'
(liegt räv (leramnrövrmv Xöymv ngbg 'Ad-rjväötjv a't ipevSeniygaq>ov),
[196] (Aoyot jueraninrovreg ngbg rrjv fiEödrt/TOf, ipevSentyqucpa), Ilgog
rovg 'Apetviov öia£evxrtxovg ä. ovvrahg rerägrrf liegt vno&eGemv
ngog MeXeaygov y , Aoyot vno&enxot st'g tong vopovg ngbg MeXeaygov
näXtv a , Aöyot vno&ertxoi ngbg elguymyr\v ß', Aöyot vno&ertxoi &emgi]-
(iarmv ß , AvGig rmv 'HdvXov vno&enxäv ß', (AvGig räv 'AXe^avdgov
vno&ertxmv y , tyevSenlygatpa) , liegt tx&eGemv ngog AaoSäpavra a .
Gvvrahg nefjtnrrj' Ilegl rrjg elg rov tyevdopevov eigaymyijg ngbg 'Agt-
Groxgeovra a\ Aöyot tyEvdöiiEvoi ngbg elgaymyrjv a , liegt rov ipevöofievov
ngog Agtoroxgeovra g . Gvvru'£ig exrrj' Ilgbg rovg vofiifrvrag
xai tyEvdrj xai uXrjd-rj elvat a, [197] Ilgbg rovg Sta rofirjg diaXvovrag
rov ipevdojitevov Xoyov ngbg 'AgtGroxgeovra ß't 'AnoSet^eig ngbg rb
(ir) öetv rijivetv ra aögtGra a , Ilgbg ra avretgrjiieva rotg xara rrjg
roßijg räv aog'iGtmv ngbg üaGvXov y , AvGig xara rovg äq%alovg
ngbg ZlioGxovgidrjv a', liegt rrjg rov tpevSo^ievov XvGemg ngbg 'Agt
Groxgeovra y\ AvGig räv 'HSvXov vno&enxäv ngbg 'AgtGroxgeovra
xai 'AnoXXäv a . Gvvrahg eßdo jirj' Ilgbg rovg cpctGxovrag ra Xrjjijiara
'e'xetv ipevSij rbv tyevSöjxsvov Xöyov a , liegt anotpaGxovrog ngbg rbv
lö) Dion. Hai. d. comp. verb. p. 72. Schaef. S. Anm. 168.
VI. Die Stoiker. 407
'AgiGTOxgeovTu ß' , Aoyot unoyuGxovTeg ngog yvfivuGtav et, liegt tov
nugu (itxgbv Xoyov 71:90s ÜTrjGuyoguv ß', liegt toiv elg mg vnoXtjipetg
Xoymv xat r\Gv%ut,6vTmv ngog 'Ov^toqu ß", [198] liegt tov iyxexaXvfipevov
ngog 'AgiGTÖßovXov ß\ liegt tov dteXriXvdoTog ngog ' A&TjvdS'Tjv
ä. GvvTufyg oySorj' liegt rov omtSog ngog Mevexgdxrjv rj\ liegt
xäv i| dogtGTov xat ugtGjisvov Xöymv ngog üaGvXov ß' , liegt ovxiSog
Xöyov ngog 'EntxguTtjv a. Gvvtcc^ig svvdrrj' liegt Tmv GotptGfxuTmv
ngog rHguxXetSf]v xat IIöXXiv ß', liegt tmv unögcov ötaXexuxmv Xöymv
ngog AtoGxovgtdrjv e, Ilgbg to 'AgxeGtXäov (ie&ödtov ngog Scpatgov
u. <Jwtk|i? dexärrj' Kavcc T<fjg Gvvtj&eiag ngog MrjTgöömgov g,
liegt vfjg Gwrj&etag ngog roqytnnt§r\v Aoytxov TÖnov Ta
xmv ngoetgrjjievmv TETTcegmv Statpogmv ixrbg ovra xa\
negie%ovx a GnogüSrjv xat ov Gcofiarixäg ^rjr-rjGstg Xoytxdgm
liegt Tmv xaTaXeyojievmv ^rjrrjixdrav ivvea xat zgtäxovTu. 'Opov
tu nüvTu tov Xoytxov evSexu xat TgtuxÖGiu. Es ist hier ein gewisser
Plan der Anordnung bei aller Verwirrung doch unverkennbar, und wir
gewinnen die eben in den letzten Worten liier erwähnten vier verschie
denen Gruppen (TeGGugeg dtacpoqui), wenn wir nur annehmen, dass die
obige erste Gruppe „Aoytxov Tonov" im Allgemeinen einen einleitenden
Ueberblick der Dialektik geben sollte, worauf die zweite tu ngdypuTa,
die dritte Tug XeJ-etg, die vierte wig Xoyovg betraf, und also noch ver
mischte Einzeln-Schriften folgten, welche ausserhalb dieser vier Haupt-
Theile lagen, und daher auch nicht gruppenweise (ov Gm^arixoig, denn
so ist wohl sicher statt ov Gcofiauxag zu lesen) zusammengestellt wa
ren. Ueber die ganze Anordnung s. unten Anm. 42—55. Aber einer
seits ist die Zahl der hier genannten logischen Bücher, auch wenn wir
die 8 ünächten (tpevSeniyguopa) einrechnen, nicht 311, sondern nur 302,
und andrerseits sind in der sogleich darauf folgenden Aufzählung der
Schriften ethischen Inhaltes (H&txov Xöyov) mehrere Bücher logischen
Inhaltes mitgenannt (§. 200 — 202) , deren einige selbst zu den bedeu
tenderen gehört zu haben scheinen ; so kommen nemlich zu den obigen
noch folgende : liegt elSmv xut yevmv ngog rogytnntSrjv ß' , liegt Tmv
StatgeGemv a' , liegt Tmv ivuvTtmv ngog AtovvGtov ß> , Ilt&uvu ngog
zag dtuigeGeig xat tu yevrj xat tu eidrj , liegt Tmv ^vowt/wv a , liegt
tov nmg bxuGtu Xeyojiev xat dtavoovjie&a a'17), liegt zmv evvotmv
ngog AaoddjiuvTU ß' , liegt vnoXrjipemg ngog üv&mvuxTU y , 'AnoSeti-
etg ngog to (tri doi-uGetv tov Gocpbv u, liegt xuTuXrjipemg xat entGTrj-
(irjg xat dyvotug 6', liegt Xoyov ß', liegt Trjg xgrjGemg tov Xöyov ngog
Aemivavis), liegt tov lyxg'tveiv Toig dg^utovg tijv 6iuXexTtxr)v Gvv
Talg ctnoSet^eGt ngog Zrjvcava ßt , liegt Ttjg dtuXexTixrjg ngog 'AgtGroxgeovTU
d , liegt Tmv avTtdiaXeyofievmv Toig dtuXexTixotg y . Hiemit
aber kommen wir, selbst mit Ausschluss jener 8 unächten, schon auf
die Zahl 324, so dass der Bericht des Diogenes, hier wie überall, für
eine Genauigkeit im Einzelnen durchaus keinen Anhalt gibt. Ausserdem
werden ja auch noch logische Schriften des Chrysippus genannt, welche
17) Wozu ein gewisser Aristocles vier Bücher Commentare schrieb ; Suid. s.
v. Aristocles.
18) Oefters erwähnt b. Plut. d. stoic. repugn. 9. u. 10.
408 VI. Die Stoiker.
bei Diogenes gänzlich fehlen, nemlich: Ileqi ovßtctg 19), Aoywmg tyrovfiEva20),
Ilgarrj negl ßvXXoyiafiäv elgayayy'11); auch darf aus dem Titel
einer Schrift Plutarch's ITsgl zov ngmiov enofievov ngog Xoröwtwov22)
geschlossen werden, dass auch von Chrysippus selbst ein Buch liegt
rov ngwxov Itco(isvov existirle. In dieser grossen Masse von Schriften
nun hat Chrysippus sicher den ganzen Schatz der vorliegenden Dialektik
verarbeitet, und auf ihr concenlrirt sich auch bei den Berichterstattern
alle Auctorität der logischen Theorie 23). Materiell Neues in der Logik
hat Chrysippus eigentlich nicht geschaffen , denn er wiederholt nur das
bei den Peripatetikern schon Vorhandene sowie die von den Megarikern
aufgebrachten Einzelnheiten ; seine Thätigkeit besteht darin , dass er in
\ der Behandlungsweise des Materials zu einem bemitleidenswerthen Grade
von Plattheit, Trivialität und schulmässiger Abschachtelung heruntersank,
oder darin, dass er für jede mögliche Einzelnheit, z. B. für die Spiele
reien der Trug- und Fang-Schlüsse, einen eigenen technischen Ausdruck
schuf; Nomenclatur, Schematismus in Einteilungen, Aufpflanzungen for
maler lebensunfähiger Begeln, — dies ist die starke Seite des Chrysip-
; pus 24), und hiedurch ist er allerdings der Mann seiner Zeit , denn er
ist ein Prototyp aller Bornirtheit der Schulfuchserei ; als ein wahres
Glück aber ist es zu betrachten , dass bereits nicht mehr in das Mittel
alter hinüber sich die Werke des Chrysippus erhalten haben , denn in
diesem ausgedehnten Moraste des Formalismus wäre der ohnehin nur
schwache Trieb eines selbst-eigenen Sehens und Hörens sicher erst vol
lends erstickt. — Von den nächsten Stoikern nach Chrysippus werden
wieder nur wenige logische Schriften erwähnt, nemlich von Diogenes
von Seleucia Ilegl <pavrjv rexvrj, Aiakexzwrj T£j;i/»725), wohl blosse Compendien,
von Antipater Ilegl Xeieav xal zmv Xeyojxevmv, Ilegl ogav,
Ilegl ovdtag, liegt, Svvcamv26), von Archedemus Ilegl (powrjg, Ilegl
19) I'lut. d. Stoic. repugn. 37.: „tv ztp zq(zoj negi ovalag".
20) Galen, d. pass. an. 11. IV, p. 820. ed. Kühn.
21) Hext. Emp. adv. malh. VI JI , 223. ; vielleicht idcnlisch mit der b. Gal. d.
propr. Uhr. IG, XIX, p. 47 K. genannten avXXoyiazixfj ngoiir).
22) Im Verzeichnisse des Lamprias b. Fabr. Bibl. gr. V, p. 159. Hör/.
23) „Selbst die Götter könnten keine andere Dialektik, als die Chrysippische,
haben". Diog. L. VII, 180.: ovzto <T inCSo^og tv zoig SiaXtxztxoig tyt'veTo
diäte SoxiTv zotig nXtCovg, ort ei nana &eolg r^v r\ SiaXtxztxr\, ovx cv t\v
aXXrj rj ?j XgvßCnnewg.
24) Gut drückt dicss schon Galcnus aus, d. puls. diff. II, 10. VIII, p. 631.:
i) al'neoig avztuv (sc. zoiv ^ztoCxtav) &äzzov noi.iv fj döyfia (f^al /Qtjvcti
ngoStSövat , aXV lav Oi(oni\ar\g vofio&ezovvzojv xtii ^ujjcF' oXoig avzelnyg,
f«r' Iniznixfirig negi zivog SiaXt'yeafhai , naga%nijfta zatg tavzäv vofio&eaCcug
ivavzCa (f&iyyovzai. noXii äe toüt' lözl nana t<<5 ngonännoj rrjg
cäoiaeiog avziäv XnveCnny vofio^eztl yao dvö/uaza nXelov ij ZöXiav HS-rjvaCotg
'iozri zolg ii^oai vo^iiafiaza, Ovy/ei o aiizög ngtüzog aiizä' xal
ei eooto zotig ätadu^oug avzov zrjg votuo&eöiag , t( dt) noze ovx ift/^ivei
zolg eavtov nagayyiXfiaai , „xaza/gijzctt" tfaGtv vvvi Se zb Seivozazov
ovze yevvrj&eig ilxt^vrjaiv otize zgaopelg , aXXa /#fff xal nntöztog fjxojv
ix KtXixCag naiv axqtßtäg avzov ix/xathelv tjvzivaovv 'EXXääa tf wvrjv,
valoig vnlo ovo/xäziav (ni%eiQeT vofio&ezeiv.
25) Diog. L. VII, 55-58. u. 71.
26) liegt Svvazmv b. Arr. Epkt.ll, 19, die übrigen b. Diog. L. VII, 57,
60 u. 150. Dass einige Eigenthümlichkeilen in der Syllogistik auf Antipater zu
rückgeführt wurden, werden wir unten, Anm. 186, sehen.
VI. Die Stoiker. 409
aroi%ücav, Hsqi Svvctxäv21), von Posidonius IIsqI xqiTfjQiov, Elgaycoyr)
ntqi Ae|£wg28).
Insoferne die stoische Lehre eine allseitige doctrinäre Feststellung
der menschlichen Ansichten und Ueherzeugungen zum Behufe ihrer
richtigen praktischen Verwirklichung bezweckt, nahm sie auch den vor
liegenden Stoff speculativer Untersuchungen Anderer auf, und nament
lich musste die in der platonisch - aristotelischen Philosophie sich dar-'
bietende Concentration des griechischen Denkens für die Stoiker ein
gelegener Fund sein, denn eigenes Erforschen der Dinge oder_ei%enes
Ringen nach Principien war lü3it--iimi.^Sache; sondern sie landenTs
erklärlicher Weise bequemer, ein bereits vorgefundenes Wissen schulmässig
zu schematisiren und in einen Katechismus zu bringen. So grif
fen sie denn auch die vorliegende Dreitheilung der Philosophie in „Lo
gik, Physik, Ethik" in völlig schulmässiger Weise auf, indem sie, was
natürlich immer das bequemste ist, den Eintheilungs-Gesichtspunkt nach
dem Gegenstande nahmen und in dieser Beziehung zu einer schlechthin
coordinirten Gleichstellung jener drei Theile gelangten. Sie argumentirten
nemlich so, dass der Gegenstand einer Wissenschaft jedenfalls Theil
derselben sei und daher, wenn er nicht als Theil unter eine höhere Ab
theilung falle, selbst als eine solche Abtheilung den übrigen Abtheilungen
gleichstehend unter die Wissenschaft überhaupt gehören müsse; darum
sei die Logik, da sie weder zur theoretischen Betrachtung des Seienden
noch zur praktischen Disciplin gehöre , diesen beiden als dritte Abthei
lung des Wissens gleichzuordnen 29). Es mag allerdings diese formulirte
27) Tl. dw. b. An. a. a. 0., die beiden anderen b. Diog. L. 55, 134 u. 139.
28) Diog. L. 60 u. 154.
29) Philop. ad. Anal. pr. f. IV a. : tj\xr\xiov noxeoov fttgog itixiv rj ooyavov
fj Xoyixr] xe xcii dtaXexxixr) ngay/zaieia xrjs (piXocfotpias .... ol fthv yag
Zxia'Cxol ävriXQVS fte'Qos aixr/v aneifaCvovxo , xoig aXXoig dvo fiiioeai xijg
ifiXoOoif (ag avirjV ävx idlaigovvx es xai ol fiev 2x(o'Cxol xoiovxti) xivl
Xöyqj xb elvai aixijs fte'Qos xaxaOxeva£ovOi' neol o xaxaylvexai, ipaol,
xfyvri xis rj inicSxrifiri , ei fit] ävaifigoixo eig exenav xe'/vrjv fj elg inioxr)-
firjv (ig fitgos rj fioQiov , ctixijg txtCvijg fi^Qog iaxiv rj fioQiov. et xoivvv f]
<fi2o0o(f (a xaxaylvexai neol xr\v Xoyixtfv fiiü-odov , rjxis ovx äväyexai eis
ixigav xe'/vrjv rj inißxr\fxr\v (ös fieoos rj fioQiov , r) Xoyixr) aga xrjs (fiXoaoiptas
laxl fii-oos rj fiogiov. fiogiov fiev (/. fiev exenctg) ovx taxiv , oilxe yan
xov <SfW()»jT(ZoC ovxe xov ngaxxixov [itgos iaxiv' xb yag fiogiov xivos xai
xijg vXtjs xoiviovel xai xov axonov Ixelvio ov £o~xi fiogiov' xip fiev oirv rrgaxxix(
ji ov xoiviovel' xovxov yaQ vir] xa üv&gojniva ngdyfiaxa xai fttxgiona-
O-eia, axonbs de xb negl xavxa aigexov nias xai tpevxxöv, 17 de Xoyixr] vXrjv
fiev exet xds ngoxiaeis , axonov de xd diä xrjs xotäsde avvd-e'aeias xiSv
itQOTaOtwv xüiv inofiiviav xi ü avayxrjg detxvvvai awayöfievov , o ovx
laxl xov ngaxxixov xe'Xog, äXX' tag einov fj fiexgwnaS-eta fj xb anXiog aya-
S-öv xai ovxios fiev fj Xoyixr) ovx toxi fiogiov xov ngaxxixov. äXX' oiide
/urjv xoij &e<oQrjxixov • xovxov yaQ vXrj fiev xa &eTa , xiXos ij n cqi xavxa
■f}ea)Qla. ei de firjxe xov &ea>Qrjxixov firjxe xov nQaxxixov hfti fj.e'Qos , ovx
ioxat aQa xrjs if iXoaoifCas fioQiov ; Xeinexai oiv ävxiäiaiQelaSai rip S-eia-
Qrjxixtji xai itQaxxixiß xijV Xoyixrjv xai fi^Qos elvai xrjs (piXoaoif Cas. xai
ovxo) fiev ol 21ib)Xxot. Alex, ad Anal. pr. f. 2 a.: ot jtev ovv fiegog aixfiv
Xfyovxes r\vix&r\Gav inl xovxo, äwxi ölgueQ neQi xa aXXa , a 6/j.oXoyeixai
TiQog änävxiav fi^Qr] (piXoaoiptag elvai, f) ipiXoooifiu xaxaylvexai egyov
nowvjxivr) xrjv xe evgeaiv aixäv xai xr\v xa$iv xe xai xtjV oiaxaotv, ovxia
är) xai negl xrpi ngayfiaxeiav xrjvde' ovaa de xavxtjg igyov ovdexe"Qov xwv
410 VI. Die Stoiker.
Beweisführung, dass die Logik Theil {^sQog) der Philosophie sei, durch
die Polemik gegen die späteren Peripatetiker (s. unten Abschn. IX, Anm.
4.) hervorgerufen worden sein, da diese nach einer anderen Seile der
{ Schulmässigkeit hin die Logik nur als Werkzeug (oQyccvov) der Philoso-
\ phie gelten Hessen30); aber andrerseits hängt eine Gleichstellung der
Theile der Philosophie hei den Stoikern in der That auch mit ihrer
pantheistischen Anschauung zusammen, denn diese fordert durchweg eine
gleichmässige Zusammengehörigkeit und Unterordnung des Einzelnen un
ter eine abstract höhere Einheit, und in diesem Sinne wohl sprachen
einige Stoiker es auch aus , dass keiner der drei Theile einen Vorzug
vor den andern haben solle, sondern alle drei gemischt seien31); die
gleiche Bedeutung haben auch die theilweise läppischen Gleichnisse, durch
welche von den Stoikern das gegenseitige Verhältniss der drei Theile
der Philosophie versinnlicht wurde , denn es liegt denselben sämmtlich
ein in sich abgeschlossenes Ganze zu Grunde, welches eben durch das
gleichmässige Beisammensein seiner Bestandteile in seiner Totalität er
halten wird 32). Sowie aber der Pantheismus in der Stoa nicht der
Xoirnov rT\g qpiXoaoy {ug /*ep(äv fiooiov iariv, ovre rov &e(aprjrixov ovre
rov Tipaxrixov' uXXo yuQ to re vnoxtlfievov ravrrj xuxelvwv exuzepit xul
Stu(f e'govou rj TZpöO-taig xui)^ exdorr/v ayrmv , oig de diuif epovru ixtTvct
ttXXyXiov avTidiuipeTrai dXXrjXoig, rovroig xcti r\ /.li&odog avTtj exare'pug
ixeivtav Siatf epovaa evXoywg avridiuipeizai uiroTg' xal ydp rijj vuoxeifiivtp
diay epovaa ixeivtav, ägiaifiara yuQ xal npordaeig i« vnoxiijxiva Tuvrrj,
xul T(jj Te'Xei xal rij npodioei, r\ ydp Tuvrrjg npöOeaig TÖ did rijf noiag
avv&eaeaig tojv npoTciaeaiv ix riov t i&efilvoiv re xal avy/wQovue'vwv ii
uvdyxr\g ji awuyoftevov deixvvvui , o ovdere'pag ixeivtav re'Xog.
30) Schol. Cod. Par. b. Brand, p. 140 h. 3.: ol [tev ovv Zz taixol fiipog uv-
TTjV rijg tpiXoaotpiag etvat ßovXö^evot. xuruaxevuCovaiv ovrwg' quäl yctQ
Sit o dXXrjg xfyvr\g obre fie'gog ovre fioQiöv iazi, tovto zijg /ptofie'vrjg ij
(tepog rj fioQiov vttcZq/il' uXXu fjrjv rj Xoyixrj /.wqiov ovx iariv, ovre ydp
v7io to f) t(j)Qr\x ixbv uvuyerai ovre vnö to npuxnxov ' ue'pog dpa vträpiei
(es ist dicss nur aus obiger Stelle des Philoponus verständlich). Xufißävovrai
ol negiTzazTjTixol tojv 2tw'£xi3v Xiyovreg ort xal dreXiSg xal ijjevdtSg TZQorjyäyere
rov Xoyov , äreXiHg fiev oti edei eineTv vfiug ovriag- o uXXrjg re"-/-
ytjg ovre [lipog ovre /uoptov oute bpyuvov {an, tovto T)]g ^Qiofiivrjg rj pipog
rj fiotuov rj bpyavöv iariv ' aXXd xul ipevdtög' Sri fiev ydp popiov ovx iariv
vfieTg ideiijare, diöri ovre inb to d-emprjrixbv ovre inb ro npaxTixbv
dvdytTKf äXX' ovöe fi^Qog iariv , ovre yctQ deioQtjrixbv ovre tzquxtixov
iaxi' Xtintzui ovv 'iztpöv t< avzt]V tlvai. tl ovv jxr(it fiiqog fxiyii fioniöv
laiw , bpyuvov uoa iariv ovTwg fitv ovv ol lItpijzaT7\Tixol uvarpinovai
to int/eipriftu tcöv Xtoi'Cxoiv. oix äv^/ovrai de ol 2x(o'ixol äXXu äeixvvovaiv
Sri oväi bpyavav iari ' (fuol ydp Sri oidepCa ri/vr) tö oixeTov öpyuvov
noieZ' Titög ovv Xe'yere bpyuvov etvtxi rijg (fiXoaotfiag tt\v Xoyixr^v; \pev$eg
ydp tovto, Tidjg ydp tö oixeTov bpyuvov notrßei; XeyovOi de ol rSepinarrj-
Tixol oti ipeväyg 6 Xöyog, TioXXul ydp Te/vai, rd olxeiu öpyuva Jioioiiaiv'
läov ydp fj %aXxevTixri to oixeTov bpyuvov noieT rov üxfiova. Ein grosser
Irrthum daher ist es, wenn Ritter, Gesch. d. Phil. III, S. 520. sagt, bei den Stoi
kern erscheine die Logik nur als Werkzeug für die übrigen Theile der Philosophie.
Aus einer gewissen Art von Ausführlichkeit und Breite eines Buches folgt eben
durchaus noch nicht seine Zuverlässigkeit, — eine Bemerkung, welche sich bei dem
ganzen Ritter'schen Werke leider oft aufdrängt.
31) Diotj. L. VII, 40.: xal ovSiv jxiqog zov eripov npoxexpia&ui , xu&u
xiveg uiiTÜv (paaw, dXXu pe/xTx&ai «iir« ■ xul ti\v napdäoaiv ftiXTrjV inoiovv.
32) Ebend. 39 f.: Tptfxepij (puaiv eivai tov xard ifiXoOoifiav Xoyov elvai
ydp ttiiov rb [xiv ti ifvaixbv to äk rj&ixbv tö de Xoyixov' ovtio äe npü
VI. Die Stoiker. 411
Ausgangspunkt der Philosophie , sondern nur im Gefolge und Dienste
des Doctrinarismus der Praxis ist, so wird bei aller schematisirenden
Gleichstellung natürlich in Bezug auf die Nützlichkeit auch die Logik je
nem allgemeinen praktischen Zwecke untergeordnet , welchen allein ja
der stoische Weise sucht, und es werden so die drei Theile des Wis
sens als drei Tugenden bezeichnet 33) ; hiebei aber musste der stoische
Grundsatz , dass der Weise in Uebereinstimmung mit der Natur lebe
(6fioloyov(iivwg rrj cpvau tjfjv), auch die theoretische Auflassung des objectiven
Seins hereinziehen, und es wird hiedurch die gegenseitige Stel
lung von Physik und Ethik zweifelhaft34), daher sich innerhalb der
tos dtetXe Zrjviov b Kmebg iv zip neqi Xöyov xai Xqvamnog iv to5 et'
neqi Xöyov xai iv rn a zäv ifvßixüv xai UnoXXöö uiqog xai ZvXXog iv rq>
TtQaijai T(Sv eis ict döyftaza elgaymyiöv xai Eväqofiog Iv rjj r)#ixrj azotyreiwaei
xai /tioyevi\g b BaßuXüvios xai Hoaeidaivios' ravia de r« ftiqrj
o fiev MnoXXödwqog TÖnovg xaXeT, 6 de XqvOinnos xai Evdqofios eidrj,
aXX.oi yivrj. elxd^ovai de (tpai tt)v qiloaoif Cav , öotoTs fiev xai vevqois tb
Xoyixov nqogofioioiivteg , zoig äe Oaqxddeai tb ipvaixbv, zrj de ipvyy T0
jjfrixöv rj näXiv <oo> , ta fiev yaq ixzbs eivai to Xoyixov, ta de ftera
ravtee rö r)frixbv, tu d' irsiozdzw zö ipvOtxöv rj ayqüi nafi(pöqq> , rbv fiev
neqißeßXrjuevov ipqayfibv zb Xoyixov, rbv de xannbv rb r)&ixbv, jr\v de yijv
rj tc< deväqa rb (f vötxöv r\ n,öXei xaXiSs TeTetyiafte'vrj xai xaza Xöyov dioixovfie"
vrj. Sext. Emp. adv. malh. VII, 17—19.: bfioioiiOi zijv ipiXoaoipiav nayxänncü
äXcorj , Iva Tpj fiev vi]>r\Xözr\zi riov ifvnäv elxaijjzai to (fvaixbv, iw
de voaTlfiot tiov xaqniSv to fjS-ixbv, rjj de ö%vqözriTi tüv tei%äv to Xoyi
xöv oi de (ö(3 (paOiv avTr)v elvai naqanXr^aiov iipxei yaq rrj fiev XexCöio,
rjv Tives veozzbv inäq/eiv Xiyovoi , za fi#ixü, z(p de Xevx(p , o dfj zqoqtj
iazi Tijs XexCS-ov , tu ipvaixa, rw de egordev daltqaxeodei Ta Xoyixd' b de
Iloöeiäioviog , inei Ta fiev fitfqr) Ttjs (piXoaoyCag äyaiqio'Tix Iotiv aXXrjXwv,
Ta de (fVTa tiov xaqnäv ezeqa &eu>qeizai xai za zet'/rj zwv (fvtiSv xe%(6-
qiötcu , fftJw fiäXXov elxd'Qeiv ifeiov zr\V (fiXoOo(flav , ai'uazi fiev xai (Tßpft
rö tfvOixbv , oöieoig de xai vevoois to Xoyixov, i/JV/rj de to ri&ixöv.
33) Scn. ep. 89. : pkilosophia Studium virlutis est, sed per ipsam virtutem.
Plut. plac. phil. I, prooem.: oi /uev oiiv Ziio'ixoi eipaoav Ttjv fiev aoif>(av elvai
&ei(ov T6 xai avS-Qwn Cvaov In töT^firjv tt\v de ifiXoaoipiav aaxrjOiv Te%viis
IniTijdeiov , lnizr\deiov d' elvai fiiav xai dviozaTio ty\v dqezrfli, itoeTas de
tüs yevixüizäzas TQeTs , (pvdixrjv, r/frixrjV, Xoyixrjv' Jt' rjv aiTiav xai zqifieqi\
s Iotiv ij (piXoaoipCa, rjs tb filv (f vaixbv, to de y&txbv, to de Xoyixöv
xai ipvoixbv fiev ozav neoi xoOfiov £r)zix>fiev xai z(ov iv xÖGfim, rjdixbv de
zb xazrja^oXrjfie'vov neoi zbv dvS-Qoinivov ßCov, Xoyixov de zb neqi zbv Xö
yov, o xai dtaXexTtxbv xaXovatv. Dioy. L. VII, 46.: uvztjv de zr\v diaXexzixrjv
ävayxatav elvat xai aqeztjV iv etdei neQifyovöav ctqezas zz\v ze anqo-
TtTiaoCav imOzr\fir\v zov nöze dei avyxazazi'&ea&ai xai fifj , zi\v de aveixaiötrjza
Io~%vquv Xöyov nnbg zb eixbs äoze firj iväiäövai avzty, zrjV de
ävtXeyiiav to/vv iv Xöyb> äöze fir\ anüyeö!) ai im' aizov eis zö dvzixeCfievov,
zrjv de äfiazaiözrjzu esiv ävaife'qovOav zag (favzao'Cag ini tov öq-
9-bv Xöyov (diess ist das elende Zerrbild der dianoctischen Tugenden des Aristo
teles, es ist die „logische Tugend" der Verstandes-Dressur, welche auch durch jede
Jesuiten-Logik bezweckt wurde).
34) Plut. d. Stoic. repugn. 9.: oi yaq eOziv äXXws oid' olxeiöteqov IneX-
&(Tv ini zbv t(ov ayaflüiv xai xaxwv Xöyov ovd' ini zag ägetäg oid' ini
eväatfiovCav, aXX' rj anb Trjg xotvrjs (fvOeiog xai änb Trjs tov xööfiov dioixrfitag
deZ ydq tovtois Ovväxpai tov neqi dyadüiv xai xaxäv Xöyov
oix ovorjg äXXrjg äq%rjg avTÜv afieCvovog ovd' ävaifoqäg oid' aXXov Tivbg
evexev zijg (pvoixrjs &e(oqCas naqa).rjnTrjs ovarjs rj nqbs tz\v neqi ayaS-üv
t\ xaxwv diaOTaoiv. ylveTai toCvvv äfta nqöoio xai bntO(o t(5v r)&ixdiv b
ipvotxbg Xöyos xata XqvOinnov.
412 VI. Die Stoiker.
Schule überhaupt Controversen über die Anordnung der Theile erheben ;
immer jedoch überwiegt hiebei die Vorausstcllung der Logik 35). Aus
dieser Gestaltung der äusseren Anordnung der Wissenschaften bei den
Stoikern in Verbindung mit den Auffassungen der Peripatetikcr ent
stand der auf viele Jalirh.undcr.tfL nachwirkende Schulzwang, dass die
Logik die erste Disciplin i sei, und wir werden icTic'n lÄttsrhir X! , ASm.'"
125), dass in Folge jenes letzten praktischen Zweckes aller Wissenschaft
wirklich dic„£wige-^eli^keit von der_Kenn]njss der Kategorien abhän
gig gemacht_wipd.
Darüber nun , wie jene erste Disciplin , die Logik , oder wie die
Stoiker sie stets bezeichneten, die Dialektikern Einzelnen ausgeführt und
namentlich, wie alle ihre Unterabtheilungen gegenseitig geordnet wurden,
lässt sich bis zu einem gewissen Grade eine Gewissheit und richtige Ein
sicht erreichen, woferne man nur die quellenmässige Untersuchung mit der
nöthigen historischen Unbefangenheit und mit dem Versländnisse der den
Stoikern vorausgehenden und nachfolgenden Entwickelung der Logik führt36).
Betreffs einzelner Controversen innerhalb der stoischen Schule, besonders
über die Anordnung einzelner Abschnitte, sind wir allerdings durch un
sere Quellen zu wenig- unierrichtet, um Alles genau festzustellen oder
die Entwickclungsarten der Logik bei allen einzelnen Stoikern angeben
zu können, und wir müssen uns daher begnügen, die stoische Lehre
35) Ebend.: b XavOmnog oXtxai detv tiov Xoyixdäv nniSxov aXQoati&ai
rovg ve"ovg, äevieQov tff tiöv rj&ixäiv, fiertc de TaiiTa tiöv ipvaixiSv, tügav-
T<og de ToiiToig tov neol 3-ecüv Xoyov ea/arov naoaXapßaveiv. noXXa%ov de
tovtiov vn' avTov Xeyo/ue'viov aoxe"öei nuoa&e'ö&Ki rä iv rrjJ reräQxai Ile(>l
ßtiav i/ovra xarä Xe"^iv ovtco" nnioTov uev ovv doxel fioi xcira iä ba9tdg
vnb tiöv üo/aCiav ilor\u.(va To(a y(vr) tiov tov i/iXoaoipov ^emorj/jäTiav
elvai, tu fiiv Xoyixa, tct de ti&ixa, Taäe qrvOixa" tha tovtiov del noorär-
!{(7#«l 7TQ(ÖT« flfV TCt XoyiY.d , ÖfVTlQtt de TCC Tj^lXU, TQlTU dk TB (fVßlXCC,
tiov de (f vaixoiv ea/aro; elvai 6 neol tiov Xöyog. Scxt. Emp. adv.
math. VII, 22. : oi de anb rrjg Zroäg xal avrol äp/eiv fxiv ipaOi t« Xoyixa,
devTeoeveiv dk tcc rj&txa, TeXevTaia de rfr«/#«/ r« ifvotxcf tiqwtov /jh>
yäp aeiv xaTtjOtpaXtofrai rbv vovv tlg dvge'xXQovOiov tiöv naoadtdo/ue'viDV
ipvXaxijV, d/vQWTtxbv de elvai rrjg diavolag rbv diaXexTixbv ronov devreaov
de v7ioyQa(f (iv rrjv ri&txrjv üeiooCuv nnbg ßtXritoaiv tiöv rjfhtöv, axCvdvvog
yäo rj naQadoyrj Tavrtjg tnl nQovnoxeifie'vrj ry Xuyixrj dvva/xei' re~
XevxaCav de Inaytiv xr\v ipvaixr\v fteioQCuv, theioxe'Qu yäo £ffrt xcti ßa&vr(()
ag deiTai Tf\g trtiaraaeiag. Ebend. pyrrh. hyp. 11, 13. : ol XtisüxoI roCwv
xal äXXoi. Tiveg Tf>(a u(^r) rrjg iftXoaotj (ag elvai Xfyovai , Xoyixbv ii vmxbv
r)#ixbv, xeä UQ^ovraC ye li/f äidaßxaXCttg tenb tov Xoyixov , xuCtoi noXXrjg
nun tov noütv aQxtaitca äst OTaaemg ytytvr}fxivr\g. D\og. L. Vit, 40 f. :
ctXXoi fie n^iuTov (itv To Xoyixbv TUTTOvat , äevTfoov de to t^vaixbv xal
tqitov to rjfrtxbv, luv Igti ZrjVtov fv Tip neol Xoyov xal Xnvainnog xal
Idoyt'drjfiog xal EvÖQofiog • ö yao ÜToXe^iatiig ^tioye'vrjg anb tiov ri&ixtSv
ag/erai , b ö' IdnoXXoätoQog devrena t« tjfttxa , navahiog de xal Iloöeiäiaviog
anb räv tf votxiav aQ^ovrai , xaitä iftiai 'Pavtag b üoaeiSiuviov
yvmQifiog Iv r$ nniaTia tiöv Iloatidiovtdov a/oXiäi1, b u*e KXeävttrjg ?f
uiQt) ar/al, SiaXtXTixbv (>rjTooixbv fiO-ixbv noXiTixbv if voixbv &eoXoyixbv,
aXXoi de oi tov Xoyov Tavra fitQf] ipaalv, äXX' aiiTijg rijg (f iXoOoqtag , füg
Zt)V(dv b Tanoevg.
36) Was Petersen, Philosophiae Chrysippeae fundamenla. Hamb. 1827. gibt, ist
wegen Grundlegung einer unrichtigen vorgcTasslcn Meinung und durchweg gewalt
sam erzwungener Durchföhrung derselben völlig unbrauchbar.
VI. Die Stoiker (Dialektik). 413
im Allgemeinen, wie sie wohl hauptsächlich aus der Hand des Chrysippus
hervorging, darzulegen.
Das i^etoriflfib dcmrm§[ra,|ive .VerfahreTi ist der Grundzug der stoi
schen Dialektik , und es bleibt daher hier mit gänzlicher KTisskciiiiuiig
■lo«~plnpsf>phisi'.li«ii IJntcrseliiodefr welcher bei Ptoto .upd_. Aristoteles' zwi-
"S1'-^ flftl" T*iflW,-felr'gf.hirfti Ap<><TclKfiscCcii bestand, nur ein ganz
üusserliches Merkmal zur Äbseheidurig dei-THielorik von der Dialektik
übrig; die Stoiker nemlich sagen, sowohl die Rhetorik als auch die Dia
lektik sei die Wissenschaft des richtigen Sprechens, nur bewege sich
die erstere in fortlaufender Peroration, die letztere aber in Frage und
Antwort ; und zur Versinnlichung dieses Unterschiedes fehlt es auch hier
nicht an einem albernen Beispiele37). Hiebei wird natürlich das „rich
tige" [ev oder OQ&öög) Sprechen in dem Sinne von „Wahres (ctkrj&ig, s.
unten Anm. 116 u. 137) sprechen", und Wissenschaft in dem Sinne von
Technik genommen38), und es heisst dann die Dialektik wohl die_J*Vjssenschaft
desjenigen , was w.ahr odop ■faltch^^er^ejjufis.jon beiden (!)
ist^)7TT)er dem inmjrai JtYjisaijiaiJx^ und DialekiiE~Tden-
"fisch, und letztefifbleibt daher vermöge ihrer bloss rhetorischen Geltung
37) Diog. L. VII, 42.: xr\v T£ (>T]TOi)ixr)v intaxr\fir\v ovdav xov ev Xe'yeiv
neol xäv iv ätc^öäo) Xoyojv xal t-qv äiaXextixrjv tov 6i>d<ög äiaXiyea&ai
negl täv iv iQiotrjaet xal anoxotaei Xöyoiv. Sen. ep. 89. : omnis oratio aul
conlinua est aul inier respondentem et inteiroganlem divisa; hanc äiaXexttxi)V, illam
QrjTOQixrjV placuit vocari. Schot, ad Hermog. VII, p. 105. Walz: oQog Ztoüxwv'
(5jjTO(M;oj iativ iniazrifiri tov ev Xe'yeiv. Sop. ad Hermog. V, p. 15. Walz:
ot de 2tio'ixol avxCoxQoyov xrj äiaXexxixfj avxijv (sc. tr\v {jqtoQiXTjv) xaXov-
Oiv, was allerdings dem Wortlaute nach mit der ersten Zeile der aristotelischen
Rhetorik übereinstimmt, aber das avtCOTQoqov liegt eben hier schlechthin in einem
Aeusserlichen. Cic. d. fin. II, 6, 17.: Tum ille, finem, ittquit, interrogandi, si vidclur;
quod quidem ego a prineipiu me malle dixeram, hoc ipsum providens dialecticas
captiones. Rhetorice igilur, inquam, nos mavis quam dialeclice disputare?
Quasi vero , inquit, perpetua oratio rhetontm solum, non etiam philosophorum sit.
Zenonis est, inquam, hoc Stoici, emnem vim loquendi , ut iam ante Aristoteles, in
duas Iributam esse partes; rhetorkam palmae, diakclicam pugno similem esse dicebat,
quod latius loquerenlur rhetures, diaketki aulem compressius. Oral. 23, 113.:
dispulandi ratio et loquendi dialectisorum sit, oratorum autem dicendi et ornandi;
Zeno quidem ille, a quo diseiplina Stokorum est, manu demonslrare solebat, quid
inier has artes interesset; nam cum compre sserat digitos pugnumque fecerat, dialeclicam
akbat eiusmodi esse; cum aulem diduxerat et manum dilataveral , palmae
illius similem eloquenlium esse dicebal. Quint. Inst. 11 , 20, 7. : itaque cum duo sint
genera orationis , altera perpetua quac rhetorice dicitur, altera coticisa quae dialec
lice , quas quidem Zeno adeo coniunxit, ut hanc compressae in pugnum manus,
illum explicitac dicerel similem. Vgl. Abschn. VIII, Anm. 2. u. 25.
38) Anon. Prolegg. ad Hermog. VII, p. 8. Walz: ot fiev yag avtrjv (sc. tfjV
(trixoQixyv) ixäXeaav iniaxijurjV Arno tov [ieC£ovog, oQiyöftevoi imairjfiqv
tov ev Xe'yeiv, ol Ztto'ixoi d'i tö ev Xe'yeiv eXeyov tö aXrjt^fj Xe'yeiv. Alex,
ad Ar. Top. p. 3. : ol fiev anb tqg Ztoäg boi£6fievoi ti)v äiaXextixrjV IniOxrifirjv
tov ev Xe'yeiv bi>(£ovxai, tb äi ev Xiyeiv iv tu} äXrix^ij xal nqogqxovxa
Xiyeiv eivai xiOe'fievoi , xoixo de iihov rjyov/ievoi toi aiXoooqrov xaxa tqg
t eXeon äxrjg ifiXoooqiag ifiQovaiv adxö xal äia tovto fiovog b ifiXöaoyog
xat* avtovg äiaXextixog. Scxl. Emp. pyrj-h. hyp. III, 188. : tiyvnv de eivai
ipaoi avotrjjua ix xatnXrjiijeiov avyyeyvfivadfie'vmv.
39) Diog. L, a. a. 0.: oOev xal ovitog adxi)v OQC^ovxm, imatrjfiriv aXrjftcüv
xal ipeväojv xal oMete'ncov. ehend. 62. : äiaXexxtxrj iaxiv, öig <ftiai
Tloaeiduiviog , imoxijfirj aXrjOäv xal \pev3öiv xal oväexe'oiov.
414 VI. Die Stoiker (Dialektik).
in jenem Standpunkte befangen, aus welchem Plato und Aristoteles erst
das Apodeiktische im Gegensatze gegen das bloss Dialektische heraushe
ben mussten, während hier in der Stoa dasjenige, was dem Apodeiktischcn
entsprechen sollte, seinerseits ebenfalls, wie wir sehen werden,
nur in einen' TuEjectiven sensual- psychologischen Vorgang hineingezogen
wird. Ja selbst aus einem scheinbar unbedeutenden Umstände sieht man,
wie sehr die rhetorische Technik und deren Kunst-Ausdrücke überhaupt
für die wissenschaftliche Behandlung von Einfluss waren ; einige Stoiker
nemlich nannten die Haupttheile der Philosophie selbst nicht etwa ^Qt],
sondern geradezu rönovgi(>), und z. B. Diogenes Laert. folgt diesem
Sprachgebrauche durchgängig.
Sowie nun die Stoiker die bloss nach äusserlicher Betrachtungsweise
abgetrennte Rhetorik ebenso äusserlich weiter eintheilten, so verfuhren
sie in gleicher Weise auch mit der Dialektik. Die oberste und Haupt-
Abtbeilung ist die in die Lehre vom Sprach - Ausdrucke , durch welchen
die Dinge bezeichnet werden — epcovq —, und in die Lehre von demjeni
gen, was durch den Sprach-Ausdruck bezeichnet wird, — arj(iaivo^eva —,
und diese beiden zerfielen dann in eine Masse Unterabtheilungen41).
In Ganzen ist die Basis dieser obersten Zweitheilung eine völlig formale
Auflassung des bei Plato und Aristoteles in lebendiger Bedeutung auftre
tenden Grundsalzes , dass alles Wissen nur innerhalb der menschlichen
Rede, des menschlichen loyog, auftreten kann. Allerdings nemlich wird
Jedermann zugestehen, dass an der menschlichen Sprache zwei Momente
zu unterscheiden sind, das phonologische des der leiblichen Natürlichkeit
angehörigen Lautes und das intelligible der aus dem Geiste hervorgehen
den significanten Bedeutsamkeit; aber die Stoiker, für welche die Lehre
von der qxavi] der erste Theil der Dialektik war 42), gingen hiefür wohl
bis zu den physikalischen Entstehungsgründen des Lautes zurück43); hin
gegen von diesem Punkte an halten sie natürlich keinen Begriff von der
Aufgabe einer Sprach-Philosophie oder von der Notwendigkeit, in die
bildende Werkstätte der Sprache einzudringen, um den Wechselverkehr
jener beiden Momente einzusehen, sondern sie glaubten an den vierund
zwanzig Buchstaben des Alphabetes die einfachsten Elemente, und hiemit
den richtigen Anfangspunkt zu besitzen, da aus den Buchstaben die
40) Ebend. 39. : ravree äjk t« jitqri ö fiiv IdnoXXoä <OQog lönovg xcdei, 6
(Jt Xqvainnog xcu EÜSqouos tFcTij, alloi yivr\.
41) Ebend. 43.: -irtv äiaktXTixrfV äiaiQiTa&ai ctg re ibv neQi riüv Or\-
(iaivofiiv<av xuX tije if (ovijs rönov. u. 02. : zvy/ävn d" ctiiirj, (ig 6 Xqvamnög
ifi)Oi, negl GrjfialvoVTCt xal Onfj.aiv6fitva. Scn. cp. 89.: äiaXsxuxr]
in duas partes dividitur: in verbu et significaliones , kl est, in res quac dicuntur
et vocabula quibus dicuntur: ingens deinde Sequilar utriusque divisio ; itaque hoc
loco finem faciam et ,, summa sequar vestigia rerum", ulioqui si volucro facerc par
tium partes, quaestionum Uber fiel. Es ist zu bedauern, dass Seneca diese ingens
divisio nicht angibt, denn abschreiben halle er, ein so einfältiger Mensch er auch
ist, dieselbe doch wohl können.
42) Diog. L. VII, 55 : xr)g dt dtuktxrixijs &eoiQ(ag Ov/x(fiövb>g äoxet rotg
nXeCoroig anb rov thqI ipatvrjg lvtxQ%ea&ai ronov.
43) Ebend.: f'r< tff fptovrj afjQ ntni.rryfiivog rj to tdwv cilo&rjTbv äxoijg.
Sext. Emp. adv. math. VI, 39 ff. Hernes, nut. hom. 0. Pollux. II, 4, 26. Gell. V,
15. Hut. plac. phil. IV, 20.
VI. Die Stoiker (Dialektik). 415
Worte, und aus den Worten die Sätze zusammengesetzt seien44), etwa
wie man aus farbigen Steinchen eine Figur und aus mehreren Figuren
einen Mosaikboden zusammensetzen kann ; und so gelangten sie dazu, in
der weiteren Entwickelung der Lehre von der q>avrj nur jene äussere
handgreifliche Form zu behandeln, welche die Worte dadurch haben,
dass sie eben Worte sind, und nacli diesem äusserlichen Gesichtspunkte
stellten sie Einlheilungen der Worte in die sogenannten verschiedenen
Redetheile und Einlheilungen der Flexionsformen auf, sowie natürlich
die gleiche Behandlungsweise auch die grammatischen Satzformen betraf45),
— kurz die Stoiker wurden durch diesen Theil ihrer Dialektik die eigent
lichen Ausbildner jener erbärmlichen Behandlungsweise der Grammatik,
welche dann durch die Schulen des Mittelalters sich in unserer Kultur
geschichte noch bis in die neueste Zeit fortschleppte ; ein Gegenstand,
welcher für uns hier ausser dem Felde der Betrachtung liegt, da nur
das in die eigentliche Logik hieraus hinübcrspielende am gehörigen ürte
beizuziehen sein wird. Ausser den derartigen grammatischen Schematis
men gehörte zur Lehre von der yuvrj auch die Betrachtung nicht bloss
der ungewöhnlichen und etwa falschen Wortformen (z. B. der Solökismen
und Barbarismen) und der durch die Form der Worte entstehenden
Amphibolien, sondern auch der poetischen und rhythmischen Formen und
zuletzt selbst der musikalischen Composilion 40) , und es weisen daher
auch die im späteren Alterthume üblichen Compendien der Metrik und
Musik vielfach auf den stoischen Schulbetrieb als ihre Quelle zurück, so
wie andrerseits hier schon der Anfang jener späteren empörenden Auf
fassung vorließt, dass die Poesie ebenso wie die Sophistik eine Specics
des ipiyörjg Xoyog sei (s. Abschn. XI, Anni. 122 f. u. 145).
Ist so die Betrachtung der Form und der Formen des Wortes als
solchen der eine Theil der Dialektik, so wird diesem nun ebenso formal
die Lehre von dem 6rj^ctLv6fievov als zweiter an die Seite gestellt, welcher
den Umstand betrifft, dass durch die Worte Etwas bezeichnet wird (vgl.
Abschn. II, Anm. 28); hier also hat das Wort ein Verhältniss zu den
Dingen — ret nQuy^ara — , und während man die blossen Worte nur
als Töne „hervorbringt", werden hingegen die factischen Dinge in der
44) Diog. /.. 56 f. Dion. Halic. d. comp. v. p. 154. Schaef. Galen, n. 'Inn.
x. TU. doy/A. VIII, 3. V, p. 070 K.
45) Elend. 57. : Es fohlt in dieser Beziehung noch an einer umfassenden
und krilischen Darstellung der stoischen Betriebsamkeit, denn — um von Gräfehhan's
sogenannter „Geschichte der Philologie" nicht zu reden — auch Rud. Schmidt,
Sloicorum Grammatica. Halle 1S39. ist nicht erschöpfend, bei Lersch hingegen
(Sprachphilosophie der Allen) gebricht es sowohl an Quellenstudium als auch an
Kritik , welche beide durch affectirt geistreiches Reden sich eben nicht ersetzen
lassen.
46) Dion. L. 44.: tlvai dt rijs SictXfXTixfjg Miov rönov xal röv niioti-
Qrjiievov ntnl twrijg rrjg qwvijg, in m ätixyvrcu tj {yyQa/tyaTog (f(ovr\ xal
rCva za tov löyov fidjr) xcti ni()l aolotxiafiov xiä ßayßaQiOfiov xtä noir\-
[*Üt(ov xcä üfxffißoXiiov xal neQl tfifitkoig tftovijg xal nenl fiovoixijg xctl
ntgi oQtav xaxa nvag xai äiniqiatiav xal XCitoyv (über den letzteren Zusatz
s. Anm. 53.). Ausführlicher werden alle diese Gegenstände der Lehre von der (f oivr)
bei Diog. wieder 57—62. besprochen, wo ausser der Angabe der Redetheile neben
Solökismus und Barbarismus auch die vnoyQmf<r\ und fünf astral Xöyov (elkrjviafibg,
Octtf qvei«, awiofitct, nqinov , xcaaaxevq) vorkommen.
416 VI. Die Stoiker (Dialektik).
Rede „ausgesprochen" und es ergiebt sich hiemit der stoische Begriff
des „Ausgesprochenen" — ra textet — , worin das eigentliche Gebiet
der Logik beruht47); in diesem „lexrov" (vgl. Abschn. I, Ann). 51) aber
erkennen wir schlagend die formale Verknöcherung des platonisch-ari
stotelischen „löyog" 't-ptyvfflS oder „Sicttexuxöv". Nemlich den Stoikern
ist dieses „Ausgesprochene" nicht das Ding selbst, sondern nur eben
der Sprach-Ausdruck für dasselbe, also was man die Bedeutung des Wor
tes nennen kann, deren Verständniss von der Kenntniss einer speciellen
Sprache abhängt und mit dem blossen Schalle noch nicht gegeben ist;
das Ding aber in seiner factischen Objectivität bleibt dabei „ausserhalb"48);
noch aber auch ist das Ausgesprochene der Gedanke , denn dieser ist
Nichts, als der subjective Eindruck in einer mit Denkvermögen ausge
rüsteten Seele49). Das^tKTojjjilsjQ, jg|, ein Mittleres, zwischen Ding und
Gedanke 50), und insoferne an dieses texrov dann, wie wir sehen werden,
die "Togischen Functionen geknüpft werden, befinden wir uns entschieden
auf dem StanJpunlU&jLe^ (vgl. Abschn. II, Anm. 31); es ist
ja auch nach der Ansicht der Stoiker das Xextbv das einzige Unkörperliche
— aödfiatov — 5 1) , denn bekanntlich gilt denselben alles Seiende als
ein Körperliches und nur das Körperliche als ein Seiendes, daher nicht
bloss selbstverständlicher Weise die factischen Dinge körperlich sind, son-
47) Ebend. 57.: ngoife'QOVTca fj.lv yag al qnoval, XiyeTai 6*2 toc ngetyfiata,
« (Fr) xai Xexra Tvy/ävet.
48) Sexl. Emp. adv. nialh. VIII, 11 ol änb tijs Zto&s xgta ifäftevoi
qv^vyelv äXXrjXoig , to ts Or)fjaiv6/jevov xai to Orj/jalvov xai 16 rvyxävov,
ojv atjfjalvov ftev tlvai xijV tfojvijv, oiov Tr\v^dtwv , drjfiaivöfievov oi bvtö
to ngäy/ja to in' aviijg SrjXoiifjevov xai oi tjfteig ftiv &VTiXctfißav6fj,t9cc
rji rj^fifp« nagatf tOTCtfje'vov äiavoia, ol fit ßägßagoi ovx ina'iovcfi xalneg
xrjg (f iovrjg äxovovteg, Tvy/dvov (Ff to Ixtös inoxeCfjevov , iSgneg avxbg
b dlmv.
49) Plut. plac. phil. IV, 11.: eaxt de vörjfia tfävTaOfja äiavoCag Xoyixov
((pov , tö yag (f civTccctfxa Ineiditv Xoyixrj ngognlnxrj ipu/y , tot{ iwoijfta
xaXenai elXrjipbg Tovvofja naget tov vovv' ätöneg Toig aXXoig Cqjoig oi
ngognCnTei uiavTttauaTa' off« (Ff xai Tolg &eoig xai fj/Jiv ye , xavTa <pavictOiiaTa
fiovov loTiv, böa de r) fj.lv , Tßör« xai (faVTaOuaTa xarä yivog
xai lvvor\fiaTa xut' eidog. Sexl. Emp. a. a. 0. 70.: Xixtov oi indg/eiv ifaai
to xaiä XoyixrjV (pavTuOt'av vtf iaTctfjtvov, XoyixrjV öi elvat if uvTaaCav xai}'
r/V TÖ tfaVTua&tv ?ffrt Xöyip nagaöTrjaai.
50) Ammon. ad Ar. d. inlerpr. f. 15 b.: tj/jäg b 'AgiGTOTt'Xrig diäüaxei äiä
TovTtov Tlva laii tu ngorryovfje'voig xtti ngogt^wg in' avTtöv (sc. tojv bvofiÜTiov
xai grj/jÜTwv) atjfjatvofjtva , xai oti tu vor]fjaia, äiä äi tovtidv
fjlatov to. ngayfjaTa , xai oväev eTegov äei~v nagä tkCtk InivoeTv /xe'aov
tov T£ vori/jaTog xai tov ngdyfiaTog, bneg ol änb Trjg ^Toäg inoT i&tfjevoi
XexTov fi'iCovv bvofja&tv.
51) Sexl. Emp. fährt in der oben Anm. 48. angeführten Stelle fort: tovtidv
äk ävo ijiv elvai atofjaTa xa&dneg xr\v (f tovijV xai to Tvy%uvov, l'v äe aa<ofiaTov
uigneq to ar\fjatvöfxtvov ngäyfia xai Xixtov, bneo aXrfO-ig Tt yCveTat
t) rptväog. Ebend. pyrrh. hyp. III, 52. : ei fiiv yaQ XexTov Iotiv b Xoyog xai
aaiöftuTÖg, (ög ol Ztoj'CxoC (f aOiv , b Xfytov x.t.X. Scn. ep. 117.: Sunt naturae
corporum, lanquam hic Iwmo est, hie equus ; has deindc sequuntur motus
animorum enuntialivi corporum; hi hahent proprium quiddam et a corporibus seduclum
, lanquam video Catonem ambulantem; hoc sensus ostendit, animus credit;
corpus est quod video, cui et oculos et animum inlendi; dico deinde , Cato ambulat;
non corpus quidem est quod nunc loquor , sed cnuntialivum quiddam de cor
pore, quod alii effatum voran! alii cnunliatum alii ediclum.
VI. Die Stoiker (Dialektik). 417
dern auch der Eindruck der Wahrnehmung als solcher (cpavraala) und
darum auch die Wissenschaft, ja sogar auch die Wahrheit (ahj&iLu)
selbst im Unterschiede von dem Wahren (to akrj&eg), welch letzteres
eben in dem Xsxwv liegt und daher ebenfalls unkörperlich ist 52).
Hieraus nun erwächst für diesen Abschnitt der Dialektik, nemlich
für die Lehre von dem arjuaivonEvov , folgende Einlheilung (deren voll
ständiger Nachweis allerdings erst durch die Darlegung des ganzen Materiales
gegeben wird) : Zunächst da das Xextov eben doch einerseits
in einer Beziehung" zum factisch Objecliven — to; Ttgctypara — steht
und andrerseits von einer jedesmaligen Bethätigung des Denkvermögens
innerhalb der Wahrnehmung abhängt, so musste es in dieser Beziehung
um die Erreichung einer sensualen Festigkeit zu thun sein, und es wird
daher die Logik psychologisch gestützt. Nun aber ergreift das Denk
vermögen in dem kexrov gerade nicht das körperlich Concrete oder ein
zeln sinnliche Ding, sondern das Abstracle und abstract Allgemeine (d.
h. wenn bei den älteren Peripatetikern die Lehre vom Begriffe misskannl
positiv corrupt in ihrer ersten war, so isTsie hier positiv m eisten Anlage); dieses AllgeemeliK'
äTKif'' steKt m tleni Einzelnen immer in dem Verhältnisse der Gat
tung oder des abstracten Gattungsbegriffes, unter welchen das Einzelnere
als Art oder Artbegriff fällt, und es wird daher diese Unterordnung durch
die möglichst erschöpfte Theilung und Unterabtheilung untersucht, wobei
das je abstract Allgemeinere als das je Einfachere betrachtet wird. So
mit werden hier die Xexra, noch immer nicht ausser allem Zusammen
hange mit den ihnen entsprechenden factischen Dingen, als Begriffe be
handelt, und es tritt also die Lehre vom Begriffe in dieser abstract
formalen Auflassung voraus, . — "eine. schulüiässig" doclrfjiäre BchaiullimgswelsTp°
weIche*Tlii,en Einfluss nochjjis^ zum modernen subjecliyen Idealis'lUl^
IJol'ali'erstHcti — ; hur jene er wohl, welche mehr Gewicht
"auf jene Function des Äextov legten, dass es die Bedeutsamkeit des sprach
lichen Lautes enthält (s. oben Anm. 48), konnten die Lehre von Begriff,
Gattung und Art in den ersten Hauptabschnitt der Logik, neinlich in die
Lehre von der (pavrj hineinziehen 63). Jenes Bestreben aber der fortge
setzten Division und Subdivision musste auf die Aufstellung oberster Gattungs
begriffe — yevwmara — hinleiten, welche unter keine noch höhere Gattung,
als unter den allerallgemeinsten Begriff des Etwas fallen; und so erscheint
auch die erste nominalistischc Ontolope in der , stoischen. ..KiLl e g o r i en-
1 ejjj; e . Insoferne aber nun die iSet« als Begriffe noch vereinzelt aüsge-
"sproefieh werden, sind sie weder wahr noch falsch, sondern Wahrheit und
52) Sexl. Emp. pyrrh. hyp. II, 81.: Xiynai diatfe'ntiv rfjg äXrjd-eiag to
aXrj&ts TQi%(5g, ovalu avataati ävvcijuei' ovalq jutv tntl tu /jiv äXtfötg
aOtöfActTÖv toriv, ailiofia yaQ iOTi xai Xtxrbv , r\ äi ctXrjlhtta aüfiu, tan
yäo (niOTri^ir] naVTtov etXri&tiiv ctTioif aVTixt) , r\ St tniaTrjfirj niäs e%ov fjyefiovixbv
dlgneo xal \ Tita; i%ovaa yelo Tivy/nrj, ib öi ijytfiovixbv oäfia, tan
yaQ xar' avxovg nviii/xcc Ovoraoet cSt x.r.X. Ebend. adv. math. VII, 38.;
rriv o°e äXr)!itiav oioVTitC Tivtg, xal /xaXiara ol änb xfig Zroag , diayiotiv
räX^d-ovg xaza rosig Toönovg, ovata ts xal avoräaei xal ävva/xti, oi/oia
fttv nagoaov rj fj.lv alr\f)tia aäfia tan, ib äi aXrj&ig äaaiftarov vnrjQ/ev
xal tixormg , yctalv, rovil /xh yccQ a^iiofiä tan, to äe aiioijxa Xexrbv, to
äl Xtxrbv ctaioftaToy.
53) S. Anm. 46.
Phastl, Gesch. I. 27
418 VI. Die Stoiker (Dialektik).
Falschheit des „Ausgesprochenen" neust dem gesammten Verhältnisse aller
Gegensätzlichkeit entsteht erst in der Satzverhindung — Äi£ig ■—, und alle
derartige Betrachtung ist Gegenstand der Lehre vomUrtheile; insoferne
aher eigentlich erst hier in Bezug auf Wahr und Falsch sich die Frage
über ein Kriterium zu erheben scheint, ist zu bemerken, dass dieselbe in
jener psychologischen Basis der Logik bereits erledigt sein musste, denn es
bleibt den Stoikern zuletzt kein anderes Kriterium, als eben die^jjihjective
Festigkeit der Ueberzeugüng: Möglich "Waiie'"eS7;T!H's's ebeii"je"ne Sto
iker, welche den Begriit1 imfr die Untersuchung über Art und Gattung
dem Abschnitte von der cpavt) zuwiesen, eben erst hier beim Beginne der
Lehre vom Urtheile die Grundsätze betreffs des Kriterium entwickelten,
d. h. diese rückten dann überhaupt den psychologischen Theil näher
an das Urtheil. Andere hingegen stellten, wohl veranlasst durch die Po
lemik gegen die Akademiker, die Lehre vom Kriterium in specieller Dar
stellung an den Anfang der Dialektik überhaupt 54). Nach der Lehre vom
Urtheile ' folgte dann natürlich die Lehre vom Schlüsse als der
Zusammensetzung mehrerer Urtheile zum Behufe eines Beweises —
Xöyog — und hiezu die Sophismen aller Art. So hat die Logik, wenn
wir von der ontologischen Kategorienlehre absehen, hier schon jene
später üblich gebliebene Gestaltung angenommen 55). Sie soll für den
Stoiker das Wissen betreffs des Wahren und Falschen entwickeln und
ihn fähig machen, dasselbe überall zu beurtheilen; für die doctrinäre
54) Ein solches Verhällniss verschiedener Standpunkte liegt wohl dem BerichVe
des Diogenes zu Grunde: VII, 41 f.: tö äe Xoyixbv (ie"oog ifaalv evtoi eig ävo
äitttQiTo&at iTrtOrrifjces, eig QTjzoQtxrjV xai eig SiakexrixtjV Tiveg xai eig
tö boixbv eWog tö nenl xavovwv xai xqitt]qCwv, e"vioi de rö bnixbv TTCQtctt-
QOV(tf TÖ fJ.lV OVV TTtQl XaVOVWV Xttl XQlTt]Q((l)V TlaQaXafJ ßavovdi TZQOg TÖ
ifjV aXy&eiav evQtiv, iv ttÜTGj yan rag twv </ uvTaoiwv otaifoqctg anev&vvovai'
xctl To ÖQixbv Se bfxoCwg Hoog inCyvwdiv TTtg äXrjS-etag, fita yäq
twv ivvoiwv Ta nnüyfittTtt XafißdveTat. Ebend. 49. : aoe'axei Toig ^Tw'ixoTg
tov neql tpcivraotttg xai aio'rfoewg nooiaTteiv Xöyov, xa&öri tö xqit^qiov,
(fi fj dX^&eia twv nnayfiüriov ytvwOxeTai , xazä yivog qavTaata iml xai
xu46ti b nenl GvyxaTa&iatmg xai b mal xaTaXi\\pewg xai vorjdewg Xöyog
nooayaiv twv aXXwv ovx avev ipavTaaCag avviOTttTai. Wenn Scxt. Emp.
pyrrh. hyp. II, 13. seine Widerlegung der Dogmatiker mit der Lehre vom Kriterium
teginnl, so ist diess ganz seinem skeptischen Standpunkte gemäss, hieraus aber auf
eine allgemein übliche Anordnung hei den Stoikern Niehls zu schliessen.
55) So gibt auch Diog. L. VII , 43. im Allgemeinen den Inhalt des zweiten
Hauptabschnittes der Dialektik an : Ttjv SiaXexiixrjV fitatoeto&ai eig ie tov
neQl twv önifiaivofih'iov xai rijs (fwvrjg zönov xai tov fiev twv örjfiatvofiivwv
tig Tf töj' neol twv (pavtaoiwv totiov xai twv ix tovtwv vipiOTafiivwv
XexTwv, c't$iWfiaTwv xai aiiTOTtXwv (wohl ausgefallen xai iXXiniSv),
xai xaTtiyoQrjfiÜTWv xai twv bfioCwv, oqSwv xai vtitCwv, xai yevwv xai
eiSwv, bfiolwg de xai Xoyiov xai tqotiwv xai avXXoyiafiwv xai twv naoa
Ttjv tfwvrjV xai Ta nnäyfiaTa aoyiafiaTWV. Er seihst aber folgt in seinem
Excerple (57 — 62.) Jenen , welche den Begriff und Gattung und Art in der Lehre
von der ipwvrj behandelten, daher er auch §. 62., wo er noäyfiaTa und atjfiaivöfieva
zusammenfassl, sagt: iv dt Tip neol twv noayfiaTwv xai twv arj/nai-
VOfiivwv Tonw TiTaxTai b neql Xexxwv xai avTOTeXwv xai a^iwfiaTWV xai
ijvXXoyißfiwv Xöyog xai b ntol iXXinwv Tt xai xaTrjyoqrj/jdzwv xai oq&wv
xai vtitCwv. Hingegen liegt wohl obige Vereinigung von Lehrgegenständen in der
Dialektik dem zu Grunde, was Sext. Emp. pyrrh. hyp. II, 213. sagt: inet äi riveg
twv äoyfiazixwv xr\v äiaXexTixrjV elvaC (paBiv iniGTr\fir{v OuXXoyißTtxrjv
ijiaywyiXTjV bqiGTixijv ätaiQeTixr/V x. r. X.
VI. Die Sloikcr (Dialektik). 419
Begründung seiner Ansichten aber fällt ihm das Hauptgewicht auf die
Syllogistik 50). Durch die Art und Weise aber, in welcher die Stoiker
die Logik ausbildeten , rechtfertigt sich auch der üblich gewordene
Sprachgebrauch, dass unter AiaXiKtiwn in der späteren Zeil hauptsäch
lich nur die Stoiker gemeint sind, und namentlich Sextus Empirikus,
welcher uns hier eine Hauptquelle sein wird , nimmt Zkainoi und Aialamxot
wie gleichbedeutende Worte, da er andere ähnliche Richtungen
(z. B. Megarisches) immer vermittelst der eigenen speciellen Namen aus
scheidet. Vgl. auch Abschn. II, Anm. 38 u. Abschn. VII, Anm. 2.
Der erste Theil nun, welcher den zur Bildung des Iektov mitwir
kenden psychologischen Vorgang darstellt, berührt uns hier nicht,
denn erstens enthält er gar nicht ein logisches Princip, und zweitens
kann die Logik, wenn sie einmal, wie hier der Fall ist, formal gewor
den ist, mit jedem anderweitigen Standpunkte betreffs der Erkenntniss
weise , auch mit dem des Mysticismus und der Inspiration , zusammenbestehen,
so dass hier kein . organischer Zusammenhang zwischejtjlsp.Jifci
1"""'Hn°1llflnri° '"»ÜTTy '"fihfto '^-d^ir vorfiel; nur diess haben
diese beiden unter sich und auch mit den übrigen Theilen der Philo
sophie gemein, dass Alles auf einer oberflächlichen Schemalisirung und
dem leichtfertigsten Doctrinarismus beruht. Abgesehen demnach von der
grob sinnlichen Erklärungsweise der Wahrnehmung (der Verglcichung
der Seele mit einer Wachstafel) und von der eben so roh materialisti
schen Annalirae über Entstehung der Gemein-Vorstellungen (xolvcci 'svvoicti)
durch Vergleichung u. s. f., — abgesehen auch davon, dass in der Gvyxcaa&
idig und der eigentlichen jtaraA.ijipig diese Erkenntnisstheorie sich
auf die einfältigste Weise in einem Zirkel bewegt, da die Begriffe dann
wahr sein sollen, wenn sie aus richtiger Wahrnehmung in der richtigen
Art geschlossen sind, die Wahrnehmungen aber dann richtig sein sollen,
wann sie einen richtigen Begriir veranlassen, — abgesehen endlich von
dem hieraus folgenden Schwanken zwischen angebornen Ideen und deni
gröbsten Empirismu77^ä^n^nTTy^nir""aiIs'*alI ' dem TlTeTSrisch aufgeslutz- ,
ten Gerede über derlei nur jene frivole Arroganz des Subjectes von Be
deutung sein, mit welcher dasselbe innerhalb der Wahrnehmung dasje- j
nige festhält, was es „mit Beifall ergriffen hat", mögen die Gemeinbegriffe
selbst schon als fertige oder bloss die Kraft zu deren Formirung:
angeboren sein (denn um auch nur einzusehen, dass diess letztere eine
Kern-Diflerenz der Erkenntniss-Theorie ist, war die Stoa eben zu unphi
losophisch) ; in einem solchen Verfahren aber liegt die Basis der stoi
schen Lehre vom Begriffe.
5G) Diog. 47.: oix ävev Trjg äiaXexTixrjg &ttoQ(ag ibv Gotf bv u7ZT(otov
HStaSai lv X6y<i>' t6 re yan aXrjS-tg xal to \ptiidog äiayiyvoiaxiaOai in'
«ijTjjj xal to m&avov tö tc äfiiftßoXojg Xtyofitvov äievXQivelo&at, x<oq(g ts
«urijf oix ilvai öäip Iquitöv xal anoxQCvaad-at . Sext. Emp. pyrrh. hyp. U,
229.: d yao T<5v re aktjOöiv xal iptvüüv loyiov, tfaalr, (Otiv avxt] (sc. r)
otahxxixri) SiuyviatSrixr\. ehend. 247.: Inl ti\v Tt/vtjV TrjV äiaXixTixtjv tpadiv
<°Q/irjx(vai oi SiaXexTixol ov/ anXwg vntQ tov yvävai tC ix Tfvog awüye-
T«i, a).lü TTQorjyovjiivoig vtiiq tov eft" anodtiXTixihv Xoytov to äXrjfHj xal
T« i/ifiitfij xnCvtiv InfOTaadai' XfyovOi yovv clvai tt\v äiaXiXTixrjV \niaT-t\-
nv uXr)!t<5v xal ijjevüiSv xal ovätTiQiov. Diog. L. VII, 45,: ev/QrjOTOTaTrjv
W ipuaiv tlvai xrjV ncol tojv avXXoyiGfXiav &eioQ(av.
27*
420 VI. Die Stoiker (Begriff).
Nichts anderes nemlich, als die gewöhnlichste rhetorische Generalisirung
des empirisch Einzelnen ist hier der Entstehungsgrund des Be
griffes (s. Abschn. II, Anm. 22). Es ergreift ja nach der Annahme der
Stoiker das Denken, welches erst in den Jahren der gereifteren Jugend
nach den Sinneswahrnehmungen „sich sammeln" soll 57) , sogleich den
Gattungsbegriff, wogegen die in den Arten liegende Gestaltung der unter
den Gattungsbegriff fallenden Dinge dem Gebiete der Wahrnehmung an
gehört58). Wie sich von selbst versteht, enthält diese platte Auffassung,
zumal bei der stoischen Unterscheidung zwischen koyos ivdia&sroe
und Xoyog itQOCpOQixög, nur die wunderlichste Vermengung des gröbsten
Materialismus und des formalsten Nominalismus 59); s. Abschn. II, Anm.
12. Weil aber hiebei für die Thätigkeit des Denkens eben nur die abstracle
Allgemeinheit der blossen Galtung, nicht der lebendige Wesensbegriff,
ins Auge gefasst ist, so ist es nur consequent, wenn dann diese Gat
tungsbegriffe völlig schroff den concreten Dingen als Gegensatz gegenü
bergestellt werden ; ausdrücklich nemlich wird gelehrt, dass die im Den
ken erfassten Begriffe (ta ivvorjuara) keine Dinge seien, d. h. dass sie
Nicht-Dinge (oiinva) seien60), oder in bestimmterer Ausdrucksweise, dass
sie weder Dinge noch qualitativ bestimmte Wesen (noia) seien61), was
dann bei einigen Berichterstattern nicht ohne Missverständniss der Sach
lage so ausgedrückt wird, als hätten die Stoiker die platonischen Ideen
lvvoy\p,uru genannt 62). Am strengsten ist jene Consequenz wohl gezo
gen, wenn gesagt wird , die Gedanken - Begriffe hätten gar keine reale
Existenz, sie seien avvTtaqma^); aber es scheint auch die hiemit sich
57) Stob. Ed. I, 792. Heeren: ol fxiv Ztm'ixol Xs'yovai, jxr\ iv&vg ipupveaS-
ai tbv Xoyov, vatfQov äi avvad-Qot&oitai anb riav aia&rjatajv xal (favtaoicöv
niQi äexaticraaQa etrj. So ist also auch hierin eine schulmässig fesle
Bestimmung aufgestellt.
58) 3oh. Damasc. Parall. h. Stob. ed. Gaisf. IV, 432. : XQvainnog tb :uh'
yevtxbv ijdy vorytbv, tb de ilSixbv xal TiQognintov ijöv (so richtig Petersen
für ijffrj) ala&rjTov. Cic. d. fin. III, 10, 33.: hoc quarto (sc. collatione talionis)
boni notitia facta est; cum enim ab iis rebus quae sunt secundum naturam adscendit
animus collatione rationis, tum ad notitiam boni pervenit.
59) In drei Worte ist dieser Unsinn zusammengefassl b. Diog. L. VII, 54.:
lotl d' fj TiQolrppis evvoia (fvrnxr, t(öv xa'löXov, — also ivvoia, und doch
ipvaixr), und dann doch wieder t<Sv xa&öXov. Betreff des Xoyog tvdiä&eiog
und TtQOif OQixög , welcher uns hier nicht weiter berührt, s. das Nähere bei Ed.
Zeller in d. Theol. Jahrb. 1852, 2.
60) Simpl. ad Cat. f. 26 E. ed. Bas.: ovtiva tu xoivä nag' avtolg Xt"-
yttai 6 yaQ av&Qujnog ovtig latlv, ov yaQ lail tlg b xoivbg. Ueber
die hieran sich knüpfende syl logistische Spielerei s. unten Anm. 211.
61) Diog. L. VII, 61.: £vv6r)fiu oV Idti <favtaafxa öiavoiag ovte tl ov
ovte noibv, (bgavti de tl ov xal togavel noibv, olov yCvetai avatvnm/xa
innov xal [ti] naoövtog. Stob. Ed. I, 332.: Zqvtov ta ivvor]fiata <fr\ai
jxrjte tiva tlvai jUijrf noia, (ägavel d'f tivaxat (ägavel noia <f avtaOfiata yHf^ff-
62) Stob. a. a. 0. fährt fort: tavta öe vnb tojv ao/aitov täe"ag nqogayogeveo&
af tiöv yaQ xata ta h'vorjfiata vnonintövtiov tlvai rag tofas
oiov av&Qtöntav Xnniov, xoivoteQov nävtutv tiöv £a>tov xal rtöv aXXtov bnöaiov
Xiyouaiv Xdiag elvai. Plut. plac. ph. I, 10.: ol anb Zrjviovog Xtio'ixol
ivvorjfiata r)[x{teou täg ld£ag eifttaav. Hingegen Simpl. a. a. O.: xal yaQ
xal XQvaimtog anoQel ntgl tr)g Ifiiug, et toöe tl Qrj&rjoetat.
63) Stob, fährt fort : tavtag .df ol Ztio'ixol ipiXÖGoifol ipaGiv ävvnaQxtovg
elvaf xal täv fitv tvvorjfiättov ftetfyetv itfiäg, tiävoi ntiöaeiav, Bs
VI. Die Stoiker (Begriff). 421
erhebende Schwierigkeit innerhalb der Schule selbst zu Controversen
geführt zu haben. Nemlich einerseits wird hervorgehoben, dass die
Gattungs-Begriffe an dem Wahr und Falsch gar keinen Theil haben, dass
sie weder wahr noch falsch sind, denn erst in der qualitativen Bestimmt
heit der Art- und Unterart - Begriffe erhalten die concreten Dinge ein
Prädicat, dessen Aussprechung wahr oder falsch sein kann64); andrer
seits aher sind es gerade die texrci, welche in der Satz-Verbindung des
Urlheiles das Wahre — rd ctkrjdeg im Gegensatze von ahq&ua, s. oben
Anm. 51, u. 52 — enthalten (s. unten Anm. 109), und nun ist doch das
Wort, insoferne es einen Gedanken-Begriff, ein ivvörjfia, ausspricht, eben
falls mehr als eine blosse qxovr), d. h.'es ist eben auch ein kixtöv; das
kxrov aber sowie das £tXrj&Eg selbst sind beide aGapaxa. , also nach
allgemein stoischem Grundsatze ein Nicht-seiendes. Wie soll sich da
nun das Verhältniss gestalten, dass die einen Isxru ganz ausserhalb des
Wahr und Falsch stehen, die anderen lexra aber wenigstens wahr oder
falsch sein können? oder soll wirklich die Nicht-Existenz, das avvnaqxrov
den beiderseitigen Xzxxa in gleicher Weise zukommen? Dieser Punkt
denn nun scheint es auch zu sein, über welchen der bei Sextus Empirikus
erwähnte „endlose Streit" betreffs der Existenzweise (wraplts) des
kxrov bei den Stoikern sich erhob65); und vielleicht dürfen wir aus
äij ngogriyoQia; xuXovOt , Tvyxdvuv. Die letzleren Worte scheinen mir keiner
Emendation zu bedürfen, woferne ihnen wohl der nemliche Sinn zu Grunde liegt,
welchen die oben , Anm. 58 , angefühlten Worte des Damascenus enthalten , da das
Prädicative der einzeln bestimmten Arten (ngogrjyoQt'a , s. unten Anm. 113.) eben
dem concreten Dinge als solchen (dem xvyxdv.ov, s. oben Anm. 48.), und hierait
der sinnlichen Wahrnehmung angehört, aus welcher wir es je nach zufälligem Be
fände aufgreifen (rvy/dvofiev).
64) Scxt. Emp. adv. math. VII, 246.: ovtc tfh dXrj&eTg ovte iptväeig tlatv
«l ytvixal (sc. ifaVTaaiai)' tov ydg id tTStj Tor« rj rot«, tovtidv rd ye'vt]
oure rot« ovrt rofet, oiov rw dv&QtoTKov ol fxt"v siaiv eX).rjveg ol Sl ßdgßaqoi
, &XV 6 ytvixög dv9gu>7iog ovie eXXtjV tariv , Inel nävTtg dv ol in'
(liovg rjoav sXXrjvsg , ovre ßagßagog Sid t)]V airrjV ahCav.
65) Ebend. VIII, 262 ff. : dXX' io~Tm yt xal Ix negiovoiag fTvyxex<^QVO&üi
hexa tov ngoßaCvnv tt)v tyrrjaiv , initgiei xvy%avuv rd Xexrd, xaCntg
wrjVvTov xaS-iaiiöarjg Trjg ntgl aviöSv uet/ng' oixovv ti raiira toitv, rjroi
aiofiuTtt fj aOoi/jcua Xi'iovaiv tlvai' xal auiftara fitv ovx dv tpaitv ti o*t
iaia/iaza , rjtot noitl Ii xar' avrovg rj oiidtv noitl' xal noitTv fliv ovx
av diimaeiav , tö vag daoifxarov xarj avrovg ovtc noitTv ti niqvxev ovre
naa^eiv firjflev de nowvvia ovSs ov iaxl arj/Aua (über die GrjfieTa s. unten
Anm. 151.) ivSe^eraC ti xal Sr\Xtaoti, tö yaQ ivSetxvvO&aC ti xal ärjXovv
etil noietv ti • ctTonov äe~ yt tö arj^elov pr]ie ivdtCxvvo'frai {lyre ärjXovV
ovx aga votjtÖv iariv ovSt agluifia tö atjfieTov. dXXiog xe, xa&oi>g iv noXXotg
noXXaxig vntSeC'iafiev , a fiev arj/j.a(vei.a de GrifxaCvtTai • OrjfiaCvovdi
fiiv al tfujvai, Orj/tatveT ai de t« XtXTa, Ivoig Ioti xal rd dgiaSfiaTa' ndv-
Tiav ii Tiäv a^Kafiäroiv Orj/j.atvofJ.c'viov aXXd ftr) Grj/uaivovnov ovx «V tlr)
to ar]jj.uov diCiofxa. naXiv Tra^axe/bjQ^athio ra Xcxtü qvaiv t-xtiv datöfiatov-
äXX' inti to Grjfitiov iv vyiei avvr)fifi(v<i) (s. unten Anm. 146.) xad-rjytia&
aC waoi, StrjOti nQoenixexgCo&ai tö iyiig awqfifit'vov xal nQoeirjTä-
Ol>ait ttTt tö xaid <p(Xiovä Igti tö toiovtov tiit xaid AiöSiogov rj Ti)y
ffwctpTijffii' ij dXXiog mag xgivö/ievov noXXäv ydg xal negl tovtov äiaardoeiav
ovaüv oix tvtOTi XaßeTv ßeßaCug tö ar\fieTov annixgCTov Tvyxavovarjg
if[g äiatf tovCag. Die Ursache des Streites scheint deutlich ausgesprochen zu sein
in den kurz vorhergehenden (258.) Worten: ÖQoj/^ev äe <ög eiaC Tiveg ol dvrjQtjxoTig
tt)v vnan'iiv tiöv Xcxtoiv , xal ovx °' tTigodo!;oi fiovov oiov ol 'Eni
422 VI. Die Stoiker (Begriff).
den Worten des Sexlus, welche allerdings nur seiner skeptischen Ten
denz dienen, schliessen, dass für jene lexra, welche in der Satzverbin
dung des Urtheiles auch auf die concreten Bestimmtheiten der Dinge
eingehen müssen und hierin dann das Wahr oder Falsch enthalten,
doch in höherem Grade eine Existenz beansprucht wurde (s. Anm. 109),
weil das Wahr-sein einer Prämisse schon aus rhetorischem und syllogistischem
Zwecke eben als ein seiendes ponirt werden musste, wohin
gegen für jene Xtnru, welche nur einen Gattungs- Begriff allein, ein blosses
ivvorjiia, aussprechen, die reale Existenz in keiner Weise zugelassen
worden wäre. So läge wieder in den Xtma letzterer Art der dürrste
Nominalismus, hingegen in den ersterer Art der gewöhnlichste materiali
stische Empirismus. Sollten wir aber auch mit dieser Vermuthung über
jenen Streit zu weit gegangen sein, so erhellt doch jedenfalls, dass die
Stoa keine Einsicht darin besitzt oder sucht, wie das Einzelne die Ver
wirklichung des Wesensbegriffes sei, sondern dass sie jene vorläufige
Verallgemeinerung, welche im blossen Sprachausdrucke liegt, in völlig
abstracter Fassung festhält und hierin das Einfache gegenüber der em
pirischen Vielheit zu besitzen glaubt.
Darum bleibt den Stoikern für die Lehre vom Begriffe auch
Nichts weiter übrig, als dass sie diese empirische Vielheit durch fort
gesetzte Einschachtlung in solche abstracle Art- und Gattungs - Begriffe
zuletzt unter eine angebliche höchste Einheit, d. Ii. aber unter das hohlste,
abstracteste , aller Bestimmtheit entbehrende , formal Allgemeine bringen
und so das Fächerwerk einer tabula logica begründen. Ja selbst das
Verfahren dieses fortgesetzten Eintheilens, wobei natürlich Gattungs- und
Art-Begriff völlig formal gefasst werden , wurde wieder unter mehrere
Rubriken gebracht, und so ist z. B. neben öiaiqeaig noch von rmoSiai-
QBGig, ävtiSiaiQeaig, fie^ia^iog die Rede °6), wobei zunächst die vnoSiaL-
(jiaig gar Nichts als die abwärts fortgesetzte diutgEGig ist, der ärgste
Formalismus aber in der Aufstellung der uvriSuti^iaig als einer eigenen
xovQtioi , «JUä xa\ ol 2x<oixöi tag ut neoi xbv BaaiXtCäriv , oig eäofe fir/dlv
tlvai aao')fj.ajoV xolvvv Iv Inoyrf qvlaxxtov laxi xo Orj/xetov. aXV uno-
&e($aVTis , (fccol, hqoxiqov TijV xüv Xixxwv vnaqSiv elo/uiv ßsßaiav xal
xr\v xov 0>]fif(uv (fvOiv. Aus der Erwähnung des Basilides, welcher der Lehrer
des Marc Aurel war, sehen wir allerdings, dass die ausführlichere Conüoverse erst
später, wohl wegen der Polemik gegen Akademiker und Skeptiker, sich als nolhwendig
erwies.
66) Planlos zwar in dieser Beziehung ist der Bericht bei Diog. L. VII, 60 f.,
aber zeigt doch die hohle und leere Auffassung des Gattungs- und Art - Begriffes:
ytvog oV laxi nkeiovoyv xnl ävaffaiotxow (wohl zu lesen aVawogrjx wv) Ivvor,-
[idxiov av?.Xrj\)jig , oiov ■ ttjjov , xovxo y&p nionilriift xa xaxu fitqog Ctpit'
elSog d*t lari rö vnb ytvovg nfQit%6[ievov, dg vnö tov fwou ö ävüptonog
ntQttytxai' yevtxaixaxov St laxtv o ytvog ov ytvog ovx tyu , oiov to
ov' MixmiMov vi laxi v o (Wog ov tlSog ovx iyti, wgntQ 6 Zwxqaxrjg' Jt«i-
QtOig dY lari ytvovg jj etg xä nQogfyfj tidy xopti], oiov xüiv £<3üjv xä [itv laxi
Xoyixä xä ä!.oy«- c'tvxid'tai'qeaig dt laxt ytvovg tlg tläog xofiri xaxä
xovvavxCov wg av xaxä änoifaaiv , oiov xiüv bvxiav xä fxtv tOxtv äyaüii
tu if' ovx äyafrcc vnodiaCotOig dY laxi äiafoioig Ini äiaiQtau , oiov Ttiv
ovxcuv xu [it'v lax iv äyaUä tu d" ovx äya&ä, xmv d" ovx äya&mv xa (jitv
laxi xaxä xä de üfitäifOQa' fisoio/uög dY laxi ytvovg ilg xonovg xaxäxal-ig
[mg 6 Knivig), oiov xmv äyaämv xa fttv laxi neol ipvyijv xa fih nun atofxu.
VI. Die Stoiker (Begriff). 423
Species vorliegt, da diese bloss darauf beruht, dass bei dichotomischer
Theilung das Eine der beiden Eintheilungs - Glieder sprachlich als das
contradictorische Gegentheil des anderen bezeichnet ist; hingegen durch
den (iiQiafiog betritt diese Manie des Eintheilens sogar das Gebiet der
Inhärenzien, da hier die Attribute nach den Substanzen, an welchen sie
vorkommen können, cingetheilt werden. Nach einem anderen Berichte
nahmen die Stoiker viererlei Methoden des Eintheilens an ; es könne
nemlich eingctheilt werden: 1) das Wort in seine Bedeutungen, 2) das
Ganze in seine Tlieile, 3) die Gattung in ihre Arten, 4) die Art in ihre
Individuen07); hievon sind die dritte und vierte Methode eben die äiai-
Qißig und VTtoSiaiQSGig , die zweite ist entweder die arithmetische Thei
lung, oder sie könnte wohl auch dem obigen jisgiOfibg entsprechen (da z. B.
das ganze höchste Gut nach jener Weise in Theil-Güter gespalten wurde),
die erste Methode aber, wie das Wort in seine Bedeutungen getheilt werde, -
wird uns wieder durch eine andere Notiz verständlich, in welcher acht
Methoden des Eintheilens aufgezählt werden. Ein Grammatiker der spä
teren Zeit nemlich gibt bei Gelegenheit der Eintheilung der TtQogcoSia
Folgendes 6S) : 1) die Gattung in die Arten, 2) die Art in die Individuen,
67) Sext. Emp. pyrrh. hyp. II, 213.: yCvea&ai toCvvv zr\v öittCQeaCv tfatst
titqcc/cös' rj yag bvoixa eig <st\fiaivöfieva dicuouo&m rj okov eig /J-(qt\ rj
yivog dg eiirj rj eWog tig r« xad-' exasrov. Sextus selbst versieht bei seiner
skeptischen Widerlegung unter der Theilung des okov eig ue'Qrj nur die arithme
tische (215 — 218).
68) ISekk. Anecd. p. 679.: fjjTijrfo»', xaT« ndiov tqojiov jrjg SiaiQe'aeiog
Sutintiiai r) n QogioS Ca eig reaatttja' oxrayiHg yct(> yCveiai rj dialpeaig, tan
yc<Q xtä änb yivuvg eig eidrj , tög to £<j>ov eig civ&qionov xal i'nnov rj To
(f vrbv eig ikalav xcd ct/xnekov. xal änb eiäovg eig äro/uet , tig 6 itv&Qtanos
eis Toig xttia /x(Qog äv&Qtanovg , eig XioxQairjV xal IlkÜTtova. xal änb
okov eig" [tiQr], xal avTrj öi/öig' rj yttQ eig b/noioueQij yCverai 1} ätaCqeOig
>i eig avopoiofxeQri' xal eig 6/xoiofieQrj /j.ev tepveiat tö okov, brav xal tov
bvoiiarog tov okov xal äkkrjktov fiere/tooi rä fieQr] xal tov botU^ov , oiov
ö [t(yag kC&og Te'fiverui, eig fitx.Qa ktfHäia, artva e^ti xal to bvofxa tov
okov kC&ov xal äkkrjkiov tov ÖQttSftöv xal näktv brav rfjV tfKßa Tt/tys
eig fiixqag tfke'ßas, xal yÜQ exuarrj tovtiov bfiiovv/ucog Tip äkto tfketp kiys-
Tuf eig ävofioiofieor\ St, log brav Trjv xeqakrjv Siikta/xev eig tara Qiva btf.-
dttkuovg- ruvTa yaQ ovre iü Slip bfiiovv^iiag leyo/xev (ovtc yaQ r« loTa
KyovTai xeqalrj ovre ?; qiv ovre ot ötf>{ralfio() ovTe de ällrjloig bfiiovvptos
Uyovrai (ovre yao to ovg liyerai qiv ovre rj qiv bip&akuög). änb bfxiavvjuou
Je tfiovfjs eig öiätfOQa arjfiaivbfieva , log t) xviäv tfiavrj diatQeiTai, eis
i£ tov {hukÜTTiov xvva xal tov /eouaiov xal tov aßTQipov. änb ovaCag
tig avfißeßrjxÖTa , tag brav elniofiev oti tiSv äv&Qtonwv ol fiiv kevxol ot
<ff ftilavts' (vrav&a yaQ eig to levxbv xal to ufkav, aTiva av/xßeßrjxÖTa
eiatv, lyivero rj ätaiQeaig. änb avtußeßrjxÖTog de eig ovaCag , lög ÖTav einiofiev
lag oti tov kevxov to fj.fv iaTi %iii>v to de if/i/tvOwv to äe xvxvog'
anb yaQ tov kevxov , oneQ IotI Ovfißeßrjxbg, lye'veTo r) SiaCQeaig eig ywva
xtä xvxvov xal l/jiuvfriov, aTiva ovalai elalv. änb Ov(ißeßr\xÖTog ok eis
""fißißrixÖTa, lög OTav elntofiev Sri Ttöv kevxäv t« fte"v iüTi d-eQjiä tu öi
V»>XQtt, xal VeQ/xä fiev liig Inl Trjg äaßeaTov, \pvxQa de lag Inl iijs ^lövog-
Uoe yaQ IvTav&a änb tov kevxov, oneQ (otI avfißeßr)xbg , lye'veTo r\ äiaC-
(leuig eig 3-eQfibv xal ipvyQov , aTiva xal avTÜ avfißeßr/xÖTa eiaCv. ätp'
evdg äi xal nQÖg i'v, tag brav änb Trjg laTQixrjg einiafiev laTQixbv ßißkCov,
itiTQtxbv if ÜQfittxov, vyieivrj efA.nkaOTQog ' nQog iv yaQ nQäypia, tt\v vyletav,
aif ooiovTeg övofj.ä^Ojjiev avTÜ.
424 VI. Die Stoiker (Begriff).
3) das Ganze in die Theile, und zwar (mit der üblichen Beizieliung der
peripatelischen Unterscheidung) entweder in gleichnamige (oftoiofiEpij) oder
in ungleichnamige {avo^oiOjieQij), 4) ein homonymes Wort in seine ver
schiedenen Bedeutungen, wie z. B. das Wort „Hund" ausser seiner
gewöhnlichen Bedeutung auch den Seehund und das Hundsgestirn bezeich
nen kann , 5) die Substanz in ihre Attribute (wobei durchgehends die
qualitativen Attribute bereits als blosse 6vnßißrjx6ru gefasst sind ; s. unten
Anm. 84), 6) das Attribut in die Substanzen, an welchen es vorkömmt,
7) Attribute in andere Attribute , welche an den Substanzen mit ihnen
sich kreuzen können, 8) ein Attribut der Relation in das ihm zugehörende
Relative {aqp' fvog xal jroog sv), wie z. B. in Bezug auf Gesundheit ent
weder eine ärztliche Schrift oder ein Trank oder ein Ueberschlag u. s.
f. sein kann ; hievon gehören 5 — 8 einer abermaligen Gliederung desje
nigen an, was oben (legiofiog hiess, und ausserdem ist die mathema
tische Körper-Thcil'ung ausgeschieden, die arithmetische aber hiebei nicht
ausdrücklich genannt. Mag nun auch gerade diese specielle Rubricirung
verschiedener Eintheilungs-Methoden einem späteren Schulgebrauche an
gehören (vgl. Abschn. XII, Anm. 96),' so fliesst sie doch nur aus einer
von selbst sich ergebenden Erweiterung eines Verfahrens , welches im
Principe der Stoa lag. Ueberhaupt ja zog sich erklärlicher Weise dieses
ganze Fachwerk der Stoiker durchgängig in die Schulpraxis hinein, und
wir werden sehen (Abschn. XI, Anm. 141), dass zur Zeit der Commenlatoren
alle Erläulerungsschriften in den Einleitungen die nöthige „ Ein
teilung " des Gegenstandes abhandeln, welche dann bald nach diesem
bald nach jenem Gesichtspunkte vorgenommen wird. Die ganze Eintheilungs-
Manie der Stoiker aber erinnert vielfach an die platonische Logik
(vgl. Abschn X, Anm. 74 f.), und es ist diess auch nicht der einzige
Punkt, in welchem die Stoa mit Plato kokeltirt.
Aus dieser Art und Weise aber, wie bei den Stoikern das formell
Allgemeine des blossen Gattungsbegriffes in einer tabula logica nach oben
und unten verfolgt wurde (vgl. Abschn. I, Anm. 38), ergab sich ein höchst
entscheidendes Moment für die Lehre vom Begriffe : es musste nemlich
hiebei die blosse Summe einiger aufeinander folgenden Glieder einer aufoder
ab-wärts fortgesetzten Theilung für dasjenige gehalten werden, wo
durch man der Denkforderung schon Genüge gethan habe; d. h. das
beliebte Adcl^ zum Behufe def Erkenutnjiss
eines tfjgrlffes steht hier schon in vollster Tilüthe vor uns, so z. B.
wird der BegrUL.JMfflytfd£J^U^^ .durch, Addition „von^Eer"
und „Sterblich" und „Vernünftig" gewonnen 60). So verstehen die Stoiker
69) Sext. Emp. adv. math. VII, 276.: xaCroi jtvis xäv aweräv elvai Joxovvimv
xaxa xr/v Soyfiaxixi\v a'iqiaiv nqbg xovxo vnavxwvxtg qaaiv oxt
exaoxov /jtv xiov xaTrjQifhirjfi^vwv (nemlich Cojov, S-vijxöv und Xoyixöv) ovx
ecfxiv ävd-Q(o7ios , navta ot tig to aixb Gvva)(S-£vTa noiti xoürov, oiov ti
xal inl jx'cQ<5v xal SXov &ea>Qov[*(V yivöfxtvov <w? yaq /*<£> xai' täiav ovx
ißxiv avS-Qconog, oMk xsrfaXij oväe nötig oväi aXXo xi xtüv xo/ovxiav, &XXa ;
to 1% avriSv ovv&exov oXov votixai , oviat xal 6 av9Qoi7Tog ovxe (ipöv laxt '
xliiXtog ovre Xoyixöv xax' Idi'av ovre HvTjxbv xaxa neQiyQaopfjV, aXXcc xö
&7iävi(ov iiüQOiöfxa , xovxtoit fr/jbv Sfta xal OvrjTOV xal Xoytxov. Ein in
VI. Die Stoiker (Begriff). 425
dasjenige, was Aristoteles artmachenden Unterschied genannt hatte! aber
sie sind es, aus, deren Doctrin diese bequeme Manier begrifflicher Erkennlniss
übermächtig in die formale Logik des Mittelalters sich fortpflanzte.
Insoferne aber nun hier bloss addirt wird, steht die nächst höhere Gat
tung, unter welche der Begriff fällt, nemlich das sog. genus proximum,
als der eine Summand den artmachenden Unterschieden, welche
ja auch nur Summanden sind, hieinit völlig gleich, und es wird demnach
in einer solchen Gesammt-Summe das eigcnthümh'che Wesen, d. h. das
IStov, des Dinges erblickt; und während Aristoteles in Betreff des 'iSiov
ausdrücklich den schöpferischen Wesens-Begriff (to rl v\v elvai) von den
blossen eigenthümlichen Merkmalen unterschieden hatte und nur für letz
tere, welche ein unkehrbares Urlheil begründen, die Bezeichnung tu
iSia gelten liess (Top. I, 4 u. 5), wird hier bei den Stoikern gerade
der Begriff in die Summe der Höia, also in das Bereich des Urtheiles,
hineingezogen. Daher ist es dem Sinne nach gleichlautend, wenn die
einen Stoiker den Begriff als Angabe des Eigenthümlichen, andere aber
als ein vermöge der Umkehrung nothwendig gebundenes Urtheil definirten,
oder auch wenn in Bezug auf diese Umkehrung die Forderung her
vorgehoben wird, dass der Begriff weder zu eng noch zu weit sein
dürfe 70); jedenfalls nemlich war hiebei das innere Wesen und das eigent
liche Sein des Dinges als dessen substanzieller Grund vernachlässigt,
und in der That wollten von dieser rhetorischen Oberflächlichkeit aus
einige Stoiker sogar den Aristoteles schulmeistern, indem sie in dem Aus
druck ro xl i\v elvai das elvai für überflüssig erklärten, d. h. dem ari
stotelischen schöpferischen Wesens-Begriffe gerade das entzogen, wodurch
er von der äusseren im Urtheile vorliegenden Zersplitterung sich unter
scheidet71). Mit einem Worte, es ist hier Betriff mit Definition vermancherlei
Variationen bei den Commeutatoien häufig vorkommendes Beispiel hie
für ist: ,
aXoyov Xoytxöv
xtxQanovv äCnovv &vr)xöv ä&avatov
XQiftexiOxixov vXaxxtxöv
Addirt man bier z. ß. fipov, aXoyov, xexQÜnovv, xQefiexiOxtxöv, so gibt die
Summe innog; addirt man ttjiov, aXoyov, xexQanovv, vXaxxtxöv, so gibt die
Summe xvoiv, a. dgl.
70) Bekk. Anecd. p. 647.: b äe XqvOMttos Xfyei ort oqos loxlv r\ xov
liiov anöSoois , xovxiaxiv 6 xb Xäiov anodiSovs 6 <M HvxCnaxQOS 6
Zxaixbs Xfyei' oqos toxi Xöyos xax' «vayxr\v ixtfiQÖfitvos , xovxiaxi xax'
avxiaxQOfprjv' xal yaQ 6 oqos avxiaxqiyxiv QtXu. Diog. L. VII, 60.: oqos
ii iaxiv, äg (f tjoiv IdvxinaxQOs (v xä noäxta neoi öqojv, Xöyos xaxa avä-
Xvaiv ct7ittQxi(6vxios tx(f,€QÖfi(Vos, fj , <os XQvUinnos fv x<i> neoi oqiov, xal
(wohl statt xal zu lesen: tatou) anöSoats-
71) Völlig richtig Alex, ad Ar. Top. p. 24.: ov fidxrjv efi oväi ix neQieaov
r$ „ijv" xb „elvai'1 TiQÖsxfixai aXX' avayxalias ovx aQet allxecQxes xb
»1»", äs xiveg r\yovvxai, u>v Soxet tiqüxos fJtev HvriOS-ivtis elvai, tlxa dt
*ßt xäv dnb xijs 2xoäs xivis, dXXa evXöytog xb „elvai" nQÖsxeixaf b yaQ
xC iaxi xb elvai avxoj örjXäv Xöyos ovx eöxiv b xb ytvos fj aXXo xi xäv lv
xf r' ioxi xaxr/yoQäv avxov' ov yaQ xovxö iaxi xb elvai xä elfiei xb ye"vos
426 VI. Die Stoiker (Kategorien).
wechselt und umgekehrt, weil es an einem Verstündnisse für die objec-
"ffve Wesenheit fehlt, und als scholastischer Ersatz hiefür der Subjectivismus
der bloss rhetorischen Abstraction sich einstellt. Dass aber wirk
lich die Definition mit dem Begriffe verwechselt sei, kann doch wohl
nicht deutlicher ausgesprochen sein, als wenn ausdrücklieh gelehrt wird,
dass der Begriff (oQog) einerseits für das denkende Ergreifen (xaraAjyif/ig)
und andrerseits für die demonstrative Belehrung (diSuGxciXla) unentbehr
lich sei72); denn andemonstrirt kann doch wohl nur jene Addition wer
den. Darum erkennen auch die Stoiker noch eine populärere Form der
Definition , nemlich den bloss beschreibenden Umriss {ynoyqacpri) , als
berechtigt an, welcher sich von jener durch den viel geringeren Grad
der Präcision unterscheidet13); dass hierin die Stoiker auch dem boden-
, losen Schwätzen eine gebührende Stelle in ihrem Schematismus ein
räumten, darf natürlich nicht auffallen. Die Verwechselung . abqr vunJBegriff
unj}J[)eijjai]io^^ mannigfach in der formalen Logik des
Mittelalters wieder.
Dtfisef" ganze hohle Formalismus, welcher bei den Stoikern in der Auf
fassung des Begriffes vorliegt, erweist sich vollends in ihrer Kategorien
lehre74), und zwar innerhalb dieser-, wie sich erwarten lässt, noch
am meisten bei der Kategorie der Qualität. Zunächst nemlich war es
durch jenen Schematismus der fortgesetzten Eintheilung gefordert, dass
man zu einem höchsten allgemeinsten Gattungs-Begriffe hinauf-, und zu
einem äussersten Arlbegriffe, welcher in das Individuum ausläuft, hinab
steige 75). Da aber der Stoiker an dem Individuum weiter gar Nichts
zu betrachten fand, als dass es eben unter irgend einen Artbegriff geavTOv
xarrjyoQSiO&ai , otl [irj tuvtov lau ib eiäog rfp y£vti 7(j3 kütoü'
xal eOTiv Xoov to eiQtjfiivov T(j> Xöyog 6 Tf\g tov TTQayfjiuTog ovaCag ärjXwtixog
xal xa&ö ißnv ccvTtj) to etvai. ot de Xe'yovzeg oqov elvai Xoyov xutu
ävaXvOtv anuQTi£6vTh>g ixipeQÖtxevov (dtväXvdtv jj.lv Xe'yovreg tt/V i'ianXiaaiv
tov oqiGtov xal xetfuXauoäüig, änaQTi^övTtog <St to {JrjT£ vrttQßaXXeiv (ifai
(väeiv) ovöev äv Xfyoisv tov oqov öiatfiQtiv rijg tov täiov änodöaetag'
Xöyog yaQ xal to £üZov ysXaazixöv xal ärteoirTiog re xal ävtXXincSg ffijfxaCvti
tov av&Qtonov (ovzi yao Inl nXiov ovr& In' eXairöv iari tov
äv&Qiönov)' aXXa nXuoiov oqio/xov 6 <ft« tov ISCov Xöyog anoSiäöfitvog
Station, ort fir\ Or/fiai'vei iv tCvi 1(StI to slvai T(p av&Qtima- ort yaQ tir)
tv z(p yeXaoaxü T<i> av^Qiantt) rb elvai, fiijXov ix tov Tag xa&ö iativ
'ixaOTov iveQyei'ag TavTa TtXtiovv amö , oix coti Si TtXtiÖTrjg &vdQ<onov
to yeXäv.
72) Sexl. Emp. pyrrh. hyjt. II, 205.: nQog noXXa toCvvv xQ^Oifxeveiv roiig
OQovg tüv SoyfiaTixöiv öoxovvtiov ävo r« avioTttTio xiipaXaia ntQiXr\nitxä
naatjg ijg Xe'yovOiv ävayxaiÖTrjTog avT<3v Toiog tvQTjOtig • rj yctQ lug nQÖg
xaTaXrjijjiv rj tag TiQÖg äiSaaxaXCav iv naoi SeixvvovOi Tovg OQovg avayxaCovg.
73) Diog. L. Vif, 60.: vnoyQaqrj St iOTi Xöyog Tvnwätög eigäytov tls
tu TtQaytiaTa , fj oQog anXoiaTiQov TrjV (vielleicht zu lesen xutu tt\v) tov
oqov Svvafiiv nQogtvrrvtyixivog. S. auch unten Anm. 169. u. 195.
74) S. Trendelenburg, Gesch. d. Kateg. S. 219—31., u. Zeller, d. Phil. d.
Griech. III, S. 59 — 66., von welch beiden ich aber in wesentlichen Punkten ab
weichen zu müssen glaube.
75) Sext. Emp. pyrrh. hyp. I, 138.: tiäv Tt OVTIDV T& fiiv Iotiv ävooTaTO)
y£vr\ xaTu Tovg doyfiaTixovg , t« 3' ea%aTa iiörj, tcc (Ts y£vr\ xal tiSr).
Diog. L. VII, 61.: ysvixioTaTov Si 1<3tiv o yivog ov yivog ovx e%£i , oiov to
ov, tlSixioTctjov (OTiv 8 eldog ov e2o*og oix ?/f, (SgntQ 6 2toXQäirjg.
VI. Die Stoiker (Kategorien). 427
hört, so wendet sich das Eintheilen stets überwiegend aufwärts, und es
handelt sich daher eigentlich nur um den obersten Gattungsbegriff. Als
solcher nun ergab sich sehr leicht das ov, da eben Alles ein seiendes
Ding ist, wozu man am Ende selbst das Unkörperliche noch beiziehen
konnte , da es ja wenigstens das Sein des Unkörpcrlich-Seins hat, also
insoferne auch „ist"76); aber eben in Folge der sensualen und materia
listischen Annahmen, nach welchen ja nur das concret Körperliche als
eigentlich Seiendes gelten soll, scheint hiefür die Ausdrucks-Weise ge
braucht worden zu sein, dass Alles eben ein Ding, ein tl, sei; so dass
in diesem Sinne als höchster Gattungsbegriff ov oder ti (als gleichbedeu
tend) aufgestellt wurde77), daher denn auch folgerichtig der Gedanke
als solcher dem Dinge gegenüber ein Nicht-Ding (owi) hiess , s. oben
Anm. 60. Aber eben darum mag die grosse Schwierigkeit gefühlt worden
sein, welche sich nun einstellte, weil ja doch wenigstens für die Ge
danken-Verbindungen die Existenz des Wahr-Seins (to alTj&sg, s. oben
Anm. 51 f. u. 65) in Anspruch genommen wurde ; und höchstwahrschein
lich wurde durch Polemik gegen die Akademiker, welche sich ja an
dieses Nichts-sein der Gedanken anklammern und hieraus einen Beleg
für ihre eigene Annahme von der Unerreichbarkeit der Wahrheit ziehen
konnten, es nöthig, mit dem ti eine Escamotage vorzunehmen, wornach
das zi nun sowohl das Seiende (Körperliche) als auch das Nicht-seiende
(Unkörperliche, Intelligible) umfassen sollte und also selbst als aller-oberster
Gattungsbegriff aufgestellt wurde 78). , Natürlich hielt man dann diesen
ödesten aller Begriffe, bei welchem schlechthin Nichts mehr zu denken
ist, diesen wahren Deck-Mantel der Denkfaulheit, welcher nur die Ver
mengung des Nominalismus und Materialismus beurkundet, schulmässig
76) Diog. L. a. a. 0. Sen. Ep. 58.: quod est, aut corporate est aut incorporale
; hoc ergo genus est primum et antiquissimum et, ut ita dicam, generale;
cetera genera quidem sunt, sed specialia, tanquam homo genus est.
77) Schol. cod. Urb. ad Cat. b. Brand, p. 34 b. 10.: xarä uÜvtoiv yaQ tiöv
ovriav ipfytTUL tcivtcc, xaztt ftev IlXärtava to IV, xaret !doiaTore'li) tö Sv,
xaret öi xovg ZTto'ixovg ro tC.
78) Dass die stoische Leine wirklich diesen Verlauf nahm, bezeugt deutlich
Hex. ad Top. p. 155.: ovito Seixvvoig av Sit jj.r\ xaltSg to rl oi anb rrjs
2ro5j yivog tov ovrog zCdsviaf ei yaQ ti, ififiov Sri xal Sv, et <Jf ov,
rov tov ovTog avaäfyoiTo &v loyov äXX' Ixelvoi vofj.oD-eTr]aaVTeg avTolg
to ov xata aoyfiÜTOJV /xöviov Ifyea&ai ätaifevyoiev tiv to r)7ioQ7][xe'vov" dia
tovto yäo ro ti yevixojTeoov avTov ifaoiv eivai xarrjyoQovfievov ov xutcc
OiDfiürmv fiovov aXXce xal aaojfiaToiv. äXV Inel yevixiäiaTov to ti, elrj äv
vn uvto xal to kv' all' eOTi xal tov Tivbg aiiTov to iv xarrjyoQfjaai,
<i>OTt oii yivog to tI tov evog, iniie/dftevov avrov tov ).6yov. Sen. a. a.
0. fährt fort: Sloici volunt superponere huic eliam aliud genus magis principale,
oe quo statim dicam, si prius illud genus, de quo locutus sum, merilo primum poni
äoeuero , quum sit rerum omnium capax primum genus Stoicis quibusdam
QuMam videtur ; sed quare videatur subiieiam: in rerum, inquiunt, natura quaedam
ümd quaedam non sunt; et haec autem quae non sunt, rerum natura comptectitur,
?«ia animo succurrunt, tanquam Centauri, Gigantcs, et quidquid aliud falsa cogilahvne
formutum habere aliquant imaginem coepit , quamvis non habeat substantiam.
(Dass hier bloss fingirle Begriffe als Gedanken-Producle bezeichnet sind, beruht auf
gewissen verbreiteten Schul -Ueberzeugungen der späteren Zeit überhaupt, — s.
•ttschu. XI, Anm. 145. — , und darum auf Missverständniss der eigentlichen stoi
schen Lehre.)
428 VI. Die Stoiker (Kategorien).
fest 79). In Bezug aber auf jenes ri, welches als das Körperliche und
Seiende eben doch der alleinige handgreifliche Gegenstand der scliemalisirenden
Denkthätigkeil ist (s. oben Anm. 57 f. bes. 59), musste nun
natürlich von den Stoikern jenes Motiv einer Tabula logica gellend ge
macht werden, und dieselben stellen denn auch eine Anzahl oberste Gat
tungsbegriffe (yevixiQTaTct) der seienden Dinge auf, zu welchem Behufe
sie die traditionell gewordenen aristotelischen Kategorien, welche sie allen
Ernstes für noohu ytvrj in ihrem Sinne halten, aufraffen, dieselben aber
„auf wenigere zusammenziehen" wollen 80). Natürlich hängt die objectiv
ontologische Fassung dieser Kategorien der Stoiker mit ihrer Physik
zusammen ; aber jene Bohheit des Materialismus und jener plumpe Hylozoismus
der stoischen Natur-Philosophie , vermittelst dessen dieselbe in
der Lehre von den Xoyoi ffntpjMmxoi als den artbildenden Kräften und
Mächten sich hereits mit der neuplatonischen Dämonologie nachbarlichst
berührt, ist nicht Gegenstand unserer hier anzustellenden Betrachtungen,
sondern für die Geschichte der Logik ist nur das von Bedeutung, wie
bei den Stoikern die Kategorientafel überhaupt zu einer öntologischen
wurde, und dann insbesondere wie dieselbe neben dem Materialismus des
Inhaltes im Dienste des dürrsten Nominalismus einer schematisirenden
Eintheilung steht, — kurz wir haben nachzuweisen, dass und wie hier
die erste nominalistische Ontotogie sich bildete.
Die Stoiker nemlich stellen für jenes t! folgende vier allgemeinen
Gattungsbegrilfe auf81): vitonüptvct (Substrate), noict (Qualitatives über
haupt), nag 'tjovra (bestimmte Modifikationen), nqög ti nag &/pvtct (be
stimmte relative Modificationen). Dieselben aber sind nur der in die
Ontologie hinübergespielte Abklatsch jener die Tabula logica bedingenden
Methode, innerhalb deren dann hier der übrige Materialismus ebenso gut
sich breit macht, als diess z. B. nach Umständen auch der äusserste
Spiritualismus könnte (denn das schlechthin Formale kann jeden Inhalt
aufnehmen, weil es an sich gar keinen hat). Vor Allem ja sind diese
vier Kategorien bei den Stoikern nicht coordinirte Gruppen, unter deren
je Eine ein Ding so fiele, dass es dann unter die übrigen drei eben
nicht fiele, sondern ein allseitig determinirtes concretes Ding muss grade
unter alle vier fallen 82) , d. h. es kann Nichts ein nqög ti nag i'%ov
79) Sext. Emp. pyrrh. hyp. II, 8G.: xal jir\v ro tI , oneq (paolv etvai
nävTtov yevtxaizaTov, x. t. X. cliend. adv. math. X, 234.: tiqos tovs ano tijg
2roäs (fäaxovrai t(Sv tivojv tu fj.lv elvai atöfiaTa r« öl Aamfiara.
Hotin. Enn. VI, 1, 25.: xoivöv tI xal Inl navtiav tv yivos XafißävovOi.
80) Simpl. ad Cat. f. 16 Zt.: ol 2tw'i'xoI eis (XaTTOva avaztXXeiv äk'iovn'i
tov T<5v 7iQiÖTo>v yevdv oiQifhfibv xal tivu Iv toi; IXarTOOiv vnrjXXayfieva
naQaXaiißävovai , noiovVTai yaq ttjv to(it(v eis Tiöaaqa , eis vnoxeCfteva
xal noia xal niös e/ovTa xal nqos ti ntbs 2/ovt«. Die stoische Bezeichnung
yevixcoTttTa steht öfters bei Simpl. (z. B. f. 51 B. r» yevixiÖTaza xal aQ^vyixätTUTa
ye"vrj), auch b. M. Aurel. 7tQ. eavr, VI, 14.
81) Simpl. a. a. 0. Plotin. Enn. VI, \, 25.: nqös öl tovs TiTTaoas Ti&tvtus
xal reTQa^täs öiaiQovvTas eis vTioxeCfieva xal noia xal nms t%ovTa
xal tiqÖs ti Treis e%ovTa xal xoivöv tI in' aiziöv Ti&e"vTas xal evl ye"vei
neQiXaftßävoVTas Ta nävza , oti fxlv xoivöv tI xal Inl naVTtav i'v yivos
Xa/xßävovai , noXXa av Tis Xiyoi.
82) Plut. adv. Sloic. d. comm. not. 44.: inel z^TTand ye noiovoiv vnoxelfieva
ttcqI %xaOxov , fiSXXov de r^rrap« exaaxov rjjiwv.
VI. Die Stoiker (Kategorien). 429
sein, wenn es nicht vorerst ein mag typv ist, und Nichts kann ein mag
'sypv sein , wenn es nicht vorerst ein noibv ist , und Nichts ein noibv,
wenn nicht vorerst ein vnoxeifievov 83). Also ist das vnoxtifitvov ent
weder kein noiov (d. h. es ist anoiov) oder es ist ein noiöv, u. s. f., und
hiemit sind wir auf dem obigen Standpunkte angekommen, dass im Gan
zen ein höherer (d. h. leererer und unbestimmterer) Gattungsbegriff als
sog. genus proximum zu einem eine nähere Bestimmung enthaltenden
Artbegriffe als sogenannter differentia speeifica addirt werden muss, dass
aber ein Ding seinem Begriffe nach vollständig erschöpft wird, wenn
alle auf Einer Linie einer Einteilung abwärts auf einander folgenden Glie
der der Theilung zusammenaddirt werden (s. oben Anm. 69). Eben
dieses Motiv nun erscheint ontologisch (und zwar in Bezug auf den In
halt der Ontologie materialistisch) in der Aufeinanderfolge obiger vier
Kategorien. Nemlich einerseits sollen dieselben wohl paarweise so gruppirt
werden, dass die ersten beiden, das vnoxeifievov und das noibv,
zusammen das concrete Ding in seiner wesentlichen Gestallung bilden,
und die letzteren beiden, das nag 'eypv, und das nqog ti nag l'^ov, zu
sammen den Umkreis der anderweitigen jeweiligen Eigenschaften aus
machen, andrerseits aber sollen auch diese letzteren nur als Unterabthei
lungen oder Theilungsglieder der ersteren erscheinen. Hiemit hätten
wir auf der einen Seite concrete Wesenheilen , deren Eigenthümlichkeit
(1'dW) in der Summe gewisser wesentlicher Bestimmungen liegt, welche
aber in gleicher Weise als Dinge die Träger der anderweitigen Eigen
schaften und als Begriffe die grammatischen Subjecte der Urtheile sind,
und auf der anderen Seile die jeweiligen Zustände oder Verhältnisse,
welche in den Urthcilen ausgesprochen werden 84) , beides zusammen
aber soll in der scliemalisirendcn Unterordnung der fortgesetzten Eintheilung
erhalten werden , da ja in dieser allein das Denken den factischen
Bestand der Dinge ergreift, d. Ii. beiderlei Bestimmungen, also
alle viej, Kategorien, sind ehen djocJwmrJ^tTor, höchstens mit dem Un
terschiede, dass TTTe^' WsleTTYwci mehr jenem lextbv angehören, welches
die wesentlichen Bestimmungen zum Begriffe addirt, die letzten zwei
83) Dass die vier Kategorien auf diese Weise untereinander hineingeschoben
sind, bezeugen Simpl. ad Cat. f. 43 A.: 'inixai 3i avxuig xaxetvo uxonov x6
GvvS-exa noitiv xa y{vt\ ix tiqox(qiov xivtSv xal äivxiqwv mg xb nqög xi
ix noiov xal xov nqög xi , und Platin, a. a. 0. 29. : axonog ij ätaCoeatg iv
9-axiqm xmv elämv &äxeoov xi&üaa. Auch erhellt es z. B. aus dem Ausdrucke
noiä vXrj , s. Anm. 89.
84) d. h. wir haben einerseits oiai'u oder ijioxtlutvov und andrerseits oupßtßtjxöxa.
Galen. "Oti al noiox. aaoni. 8. XIX, p. 481 ed. K. xC äk xal aiixol
ßovkofitvoi liyovatv ohalag xe xal ovfißeßijxöxa, ti xcä aixä if.aGi Omfiaxa
x.x.L Simpl. f. 47//.: 6 cFt xrjv aidaiv xcti xfjV xct&iOiv nqognoiovfitvog
eotxt Zxm'Cxij xivi avvrj&tlq avvt"/itaD-ai oväiv üllo fj xb vnoxtCfitvov
elvai vofil£cov , xäg elf neql ttvxö iftatfoqag avvnoOxüxovg r\yov(itvog xal
nmg tyovxa avxa anoxalüiv tag iv xolg vnoxti fiivoig t/ovxa aixb xovxo
To 7itog i%tiv. Dass vtioxiC/iivov , wie in dieser Stelle, auch sonst als Bezeich
nung für das concrete aus Stoff und Form bestehende Ding von den Stoikern ge
braucht wurde, lehrt die sogleich in d. folg. Anm. anzuführende Stelle; dass aber
die hier genannten Beispiele axcioig und xü&iaig zu den avfißeßtjxöxa gehören,
werden wir unten in der Lehre vom Urtheile sehen, wo das mit den Ovpßtßrjxöxa
eben innigst zusammenhängende „aijxßafia" zu besprechen sein wird (Anm. 114.
in Verbindung mit 102 u. 103).
430 VI. Die Stoiker (Kategorien).
aber mehr jenen \txia, welche das Urtheil begründen; der Umstand
aber, dass sie sämmtlich so zum Gebiete des ktxxov gehören, d. h. der
rhetorisch nominalistische Grundzug der stoischen Logik, bewirkt den
Gesichtspunkt, nach welchem alle in eine gleichmässig auf alle sich er
streckende Einlheilung eingeschachtelt werden. — Dass dieses sich so
verhalte, muss nun die nähere Betrachtung der einzelnen vier Katego
rien zeigen.
Die erste und die zweite Kategorie sind in ihrer Verbindung beide
eine „Bezeichnung" für das VTtoKsifisvov , insoferne dasselbe als ein
Concretes den anderweitigen Bestimmungen zu Grunde liegt; und zwar
ist die erste ursprünglichste Bezeichnung (tcqcStov ar\[iaiv6^£vov , also
ein XtKtov) desselben die, dass es qualitätslose Materie , d. h. eben die
erste Kategorie , ist, und hiezu die zweite die , dass es ein Qualitatives,
d. h. eben die zweite Kategorie, ist85). Die erste Kategorie also
ist das vnoKÜ^ivov im engeren ursprünglicheren Sinne, nemlich das bloss
Stoffliche, insoferne es ein qualitativ gänzlich unbestimmtes ist86); und
sowie dieses unbestimmte Stoffliche in Bezug auf den dämonisch schaf
fenden löyog antQ^azmbg ein aloyov heisst87), so entspricht es auch
logisch dem abstracten Gattungsbegriffe, welcher als solcher noch kei
nerlei qualitative Bestimmtheit enthält ss), d. h. es ist innerhalb des tl
das genus remolissimum oder jener erste Summand, welcher allein eben
noch keine Summe gibt, sondern hiezu der artmachenden Unterschiede
bedarf, um mit diesen zusammen einen „Begriff" zu bilden. Darum wird
zu dieser ersten und leersten Kategorie das Fehlende hinzugenommen,
und es ist die zweite Kate gor ie, durch welche das gewünschte „Zu
sammengesetzte" entsteht, das tcoiov eben als qualitativer Stoff — noiu
vkx] — 89); durch das tcoiov also allein kann der Artbegriff hinzukom
men, d. h. in dem tcoiov liegt die artbildende Kraft, welche dann in
dem an Dämonologio streifenden Materialismus der Stoa dem viel miss-
85) Simpl. ad Cat. f. Sixxbv, qrjOiv (sc. b IIoQtf vQtog) , Itttl xb
vnoxtCfiivov ov uövov xaxa xovg anb xrjg £xoäg ctkXii xal xovg TTQfOßvzt'-
Qovg' ij ts yaQ cinoiog SXtj, rjV ävväfiti xaktT b lAQiaxoxiXr\g, tiqüxÖv loxt
xov vnoxeifihov örj/xaivö/tivov, xal ötvxiQov o xoivcug noiöv ij iäi'cog vq>(-
axaxai , v7ioxe(fterov yaQ xal b %alxög laxi xal b ZtaxQcar)g xoig Iniyivofxivoig
fj xaxtjyoQovfid'oig xax' aixöiv. (Die xatrjyoQtifiata gehören bei den
Stoikern eben zum Urlhcile, s. unten Anm. 112). J'lut. adv. St. d. comm. not. 44.:
cos Svo fj/J.m' exaCibg laxiv vTtoxtCfxtva, xb jj.tv oiotu, xb dt noi6xr\g.
S. Anm. 92.
86) Ausser der eben angefühlten Stelle des Simpl. b. Galen, a. a. 0. 6, p.
478.: niag exi Ityovai. fiorr)V xr:v itQwxrjv vkrjv al'äiov rrjv anoiov , ov/l
xal rag äklag noiöxrjxag xal nuvra xa avfxßaCvovxa ; Plotin. VI, 1, 25.:
vnoxttfxiva fi\v yaQ nQtoxa xaSavxeg xal xfjV vXrjv IvxavHa xöiv «lltav
TiQOxaiavxsg. S. auch Anm. 90.
87) Plut. adv. St. d. comm. not. 48.: ö &ebg äi einfQ ovx lailv aaatfiarog
oicT aükog, mg «p^ij? fj.sx^a/r]xe tijg vXrjg.- d /xiv yaQ i'v xal xavibv n
vli) xal ö Xöyog , ovx ev xr\v vXrjv ukoyov änoäeäüxaai , el d" ixega, xal
afitfox^QtaV uv xig b &ebg tlr\ xajiiag. (
88) Sext. Emp. adv. math. VII, 246.: tov yaQ xa eidrj xoTa rj xoTa , rovxojv
xä y(vx\ ovxe xoia ovxe xola. S. oben, Anm. 64.
89) Platin. VI, I, 29.: el <Jf r« noia vXrjV noiav ke"yoiev, 7iqiotov /xev
ot Xoyoi aixoTg evvi.oi '/LA' ovx Iv vkn yevbfitvoi Ovv&exov ri Tioti\aovaiv.
(S. den Ausdruck ovv&exov auch in der Stelle des Simpl. Anm. 83.)
VI. Die Stoiker (Kategorien). 431
brauchten 7tvBV(ia oder den löyoi Gntqiuixmo\ zugewiesen wurde90). 2LJ 9
Aber auch wieder für das noibv unterscheiden die Stoiker mehrere „Be
zeichnungen" (GrjfiaivöfiEva , also ebenfalls lixrd); die erstere Bezeich
nung nemlicli ist das Qualitative ganz im Allgemeinen überhaupt, wo
durch ein Wesen, wenn auch momentan, gerade ein Unterscheidendes
an sich hat; die zweite Bezeichnung ist jenes Qualitative, womit ein We
sen bleibend verknüpft ist; dieses Qualitative zweiter Art aber ist wieder
doppelt: entweder ist es primär im Wesen liegend und bedarf daher für
seine äusseren (secundären) Erscheinungsweisen auch eine anderweitige
Veranlassung (z. B. Weinliebend, Verständig), oder es ist secundär und
erscheint in den Aeusserungen des primären, von dessen Vorhandensein
es abhängt (z. B. Weintrinkend, Verständig - redend) ; ob demnach ein
Ding als ein solch Qualitatives in secundärem Sinne bezeichnet werden
könne, hängt von anderweitigen Zuthaten ab ; nicht hingegen hängt es
von dergleichen ab, wenn ein Ding als ein solch Qualitatives im primä
ren Sinne bezeichnet wird, sondern hier ist das „Qualitative" eine innere
wesentliche „Qualität", d. h. dieses noibv ist noiovrjg 9 1). Eine solche
Qualität nun ist die bleibende Bestimmtheit eines Wesens, welche in der
innigsten Verknüpfung und Durchdringung gar vieler, sinnlich nicht
unlerscheidbarer, einzelner Bestimmtheiten beruht, durch welche dasselbe,
so lange es nur existirt, sich von allen übrigen Wesen unterscheidet;
90) Plut. <i. Sloic. rep. 43.: rrjv vXtjV Aoybv tf iavirjg xal axCviyrov vno- .
xitofrai xmg notoTrjGtv äno(fa(vovOt , rag äh noioTr/Tag nvcvfiara ovoag
xal TÖvovg aSQioSetg, oig äv tyy{.vu>VTai (ifQiOt rrjg vXrjg, (ISonouiv 'ixuaia
xal O/rffiarCCsiv. Üiog. L. VII, 148.: eaxi i?t ifvaig Wiig £f avTrjg xivovfiivt\
xurä antQfiuTtxovg Xoyoug änoTeXovaä Tf xal ow^/ovoa iß i£ ctvrrjg fv
lioiOfie'voig xQovoig xal Toiavra dniooa &(p' ottov anexQt&r). Also nament
lich die in der Zeugung vermittelte Erhaltung der Spccies (s. unten Anm. 92 u. 96.)
fällt den Xöyoi aneofiaTixol zu. Das Nähere über diese und über das nvev/ia
gehört der Naturphilosophie an.
91) Simpl. ad Cut. f. 55^.: tüv ds JZico'ixwv rivtg TQt^iSg to noibv
awoQi£6/xevot rce jjiv Svo arj/uatv6/j.tva ininX^ov Ttjg noiÖTijrog Xfyovoi, to
<ff i'v t\toi tov h>6g fitnog avvanaQTC£eiv airrj tpaoi" Xiyovoi yitQ noibv
i'v ftiv atjfiaivoutvov nav jb xaih Siaif OQav eire xivovfitvov eiti ttre
fyofitvov xal eite GvgavaXvTiog ilts evavaXvTiog (%ei' xara tovjo äs ov
fxovov b if Qovifiog xal b niii nnoTeCviov ctU.ä xal b tq^/(ov noioC. xaS-' f'rtpoj'
(ff xaO-' o ovx(ti rag xivrjGttg ntQieXäfißavov äXXä fiövov rag o%£otig,
0 är\ xal ioq(£ovto to ia/ofitvov xara äiaifOQiiv , olög tGTiv b ipnövifiog
xul 6 n ooßtß).y\fiivog' xal tovtwv (ff twv ififioviag ia^ouifviov xara öiaipo-
Q«v ot fitv anriQTiGfie'viog xaxu tt)v Ixqooäv civtwv xal ti)v tnCvoiäv tlat
roioOroi, ot (ff oix anr)QTia^.{viag' xal TovTovg fiiv naoryxovVTO , jovg cf£
nnaort^ovrag xal Ififibviog bvrag xara SiaipoQctv noiovg ItC&svto' anaQTtiav
(ff xara tt)v ixifoqav iXtyov Tovg rji noiÖTrjTi avvei'icfovfit'vovs , mg
rov yQa/j/iaTixbv xal rbv tf povifiov ovn ytto nltovu£ei ovre tXXeCnei tovtwv
^zrirfooj ^«p« TTjV noiotrjra, bfjoliog 6i xal b if ikorpog xal b (ptkoivog'
01 jxivxoi ntql jfis lvenyc(ag toiovtoi digneQ b oijjotf ayog xal b olvötfXvi
fyovTeg n^Qrj toiavra, dV o>v anoXavovßiv , ovrmg Xfyovrai' (fiö xal et
fiy rig ötyoifäyog, xal (fCXoxpog nävxmg, il^Si ifCXoxpog, ov nävrwg öi//o-
<l«y(og, iniXemovriav yän tiöv fitQ(3v eft' mv bxpotpaytl , irjg fitv bxpotpaytag
änoXifXviai , ri]V äi (fCXoxpov 'i'£iv bix avrjQrjXt. Tpi^cö? ovv tov noiov
kyoftt'vov ij noiÖTijg xara rb TtXeviaiov noibv awananrC^ti nqbg ib noiöv'
«iö xal brav bo(£ioviai rt)v noiöxixxa a^fdiv noiov , ovjiag axovart'ov tov
09011 iöq rojj tqCtov noiov naQaXafjßavofiiivov, [xova/mg fitv yaQ r\ noi6xr\g
Mytiui xar' avTovg Tobg Zxio'ixovg, Tot/ag äe b noiög.
432 VI. Die Stoiker (Kategorien).
und diese wesentliche qualitative Bestimmtheit als solche ist keiner qua
litativen Aenderung unterworfen, sondern sie lässt nur eine quantitative
Zu-oder-Ab-nahme ihrer Intensität (Wachsthum, Zeugung, Erhaltung der
Species, Tod — sämmtlich Erscheinungen des Koyog ßTtSQjiaxMÖs) zu,
wogegen der ihr nach Oben zu Grunde liegende abstract einfache Gattungs-
oder Wesens-Begriff keiner solchen quantitativen Steigerung fähig
ist, wohl aber durch sein Eingehen in verschiedene determinirte Unter-
Arten qualitativ geändert wird 92). Nun aber hängt die schärfere Bestimmt
heit dieser Wesens-Qualität eben von der grösseren Menge jener einzel
nen Bestimmungen ab, welche in ihr sich vereinigen; und die Stoiker
unterschieden daher zwischen einer gemeinsamen Qualität (xoiväg noiöv)
und einer speciell eigentümlichen Qualität (iöiug noiöv), indem sie von
der ersteren als einem qualitativen G^attungs-Begriffe (z. B. Eisen, Thier)
abwärts bis zum einzelnen Individuum (z. B. Dion, Theon, welch beide
Namen auch in der Rhetorik das stehende Beispiel sind) herunterstiegen93).
Natürlich musste dann bei dem concret Individuellen am stärksten das
Verhältniss hervorgehoben werden , dass es zwar nicht der abstracle
Gattungs- oder Wesens-Begriff selbst sei, aber doch auch hinwiederum
nicht ausserhalb desselben liege 94). Wie aber dieses Verhältniss der
92) Stob. Ecl. I, p. 432 ff.: lloaetdiäviog <fiu>#op«ff xal ytvtaeig xixxaQug
elvui ix xmv ovxiov eig xü bvxa yiyvofiivug, xr)v fikv yao ix xtov ovx ovxiov
xal xr)v eig ovx ovxu uniyviaaev tag uvvnaoxxov oioav, rtSv dk ix ov
xiov eig ovxu yiyvofiivtov fiexaßoliov xr)v per elvai xara diaiotötv xr)v dk
ülloCiotiiv xr)v dk xara Ovy/vOiv xr)v dk i$ Sliov leyojiivrjV xax' avä-
IvaiV xovxiov dk xr)v xax' alloCmdiv neol xr)v ohoCuv yiyvea&ui, xag de
alias xoeig ntQi xovg noiovg leyofie'vovg xovg inl xrjg ovotag yiyvo/j,ivovg
(die Stoiker sagen nemlich statt xb noibv auch ö noiög, sc. loyog , s. Anm. 96).
üxolov&iog de xovxoig xal xag yeviöeig <tvfißu(veiv , xr)v yaq ovaiuv ovx'
avieathai ovxe fieiovo&ui xaxa npög&eOtv rj airaloeOiV, allä fiövov allotoi/
O&ui xa&aneq in' UQi&fiiov xal fit"xqiov avfjßaivei , int dk xtöv Idbag
noiüv, olov xal Atiavog xal Oiurvog, xal av&fietg xal ueioloeig yCyveo&ai.
diö xal nugafie'veiv xr\v ext'taxov noioxr\xa and xrjg yeve"Otiog [xexf>i xfjg
avaiQe'aeiog , tog inl jojv avuCntaiv dtyoixiviov £<patv xal q vxdöv xal xtäv
xovxoig naQunlr\alo>v. Plut. adv. St. d. comm. not. 44.: dg dvo r)/jtov exaaxög
idxiv vnoxtlfievu, xb ftkv ovOia xo dk noiörrjg (dass notöxtjg , welches
in den Handschrr. fehlt, die einzig richtige Ergänzung der Lücke ist, erhellt eben
aus der Stelle desStobäus; Wyttenbach ergänzte noiov. Petersen aber mit gänzli
chem Missverständnisse ov) ■ xal xb /j.iv ätl qei xal (ptoexai £ir)x' av'gofievov
[irjxe fieioifievov fJi'ixe oliog , oiöv iöit, diafiivov , xb dt dia/xevov, xb dk
diafiivei xal av'iävexai xal /j.eiovxai xul navxa nao/ei xavavxCa ftaxinw,
Ov/j.ne(f vxbg xal rtvvtjnfioafiivov xal avyxe/vfxe'vov xal xrjg dtaifooäg rij
ula&r)oet firjäafiov naofyov äxpaa&ui.
93) Simpl. ad. Cat. /'. 12 d ; S xotviog notbv rj iäitag vipCaxuxat, vnoxet-
/xevov yaq xal 6 %alxög ioxi xal b Zwxnc'aris xoTg iniytvo/xeroig r) xaxrjyoQovfiivoig
xax' aixöiv (s. Anm. 85). Syrian. ad Arist. Metaph. f. 21b. Bagol.:
Stoici quoque communia qualm in propriis qualibus reponunt, wovon aber der grie
chische Text (nach Brandis' Mitlheilung bei Petersen, S. 90.) eben lautet: xul ol
Xxbiixol dk xovg xoivovg noiovg nnb xiüv tdltav noiiov anoxC&evxai.
94) Stob, fährt in der eben angeführten Stelle, in welcher schon die Beispiele
Dion und Theon diese Beziehung haben, dann fort: inl dk x(5v idCiog noiär
dvo fikv ttrat (f rjOi xa dexxixa /.ioqiu, xb fiiv xi xaxa xr)v xrjg ovoiag vnöoxuoiv,
xb de" xi xaxa xr)v xov noiov (rö Yuq, log nulldxig liyofiev, xr)v
avgrjoiv xal xr)v fteliaaiv lntde'%eo&ui), fit) elvaC xe xavxb xo xe noibv idiiog
xal xr)v oialuv i$ >jg laxi xovxo, tur) fifyxoi ye Ovd' exeoov, ullu fiovov
VI. Die Stoiker (Kategorien). 433
concret-machenden Qualität überhaupt gemeint sei , und dass dasselbe
nur mit jenem Addiren der Merkmale, durch welches der „eigenthümliehe
Begriff" erreicht wird, in einer Beziehung stehe, erhellt deutlich
daraus, dass erstens die Qualität als ein „ergänzender Theil" des abstracten
Wesens-Begriffes, d. h. eben als jener erforderliche zweite Sum
mand, bezeichnet wird95), und zweitens dass ebenso ausdrücklich ge
sagt wird, die Qualität überhaupt „laufe als ein untrennbarer Unterschied
auf den Gedankenbegriff (ivvorj^a) und die Eigentümlichkeit des Dinges
(tÄMmjs) hinaus"96). Somit also kommen wir glücklich wieder bei dem f
nominalistischen evvotjfia (s. oben Anm. 61) an und erkennen, dass die \
zwei ersten Kategorien nur der Tabula logica der wesentlichen art-bil- I
denden Merkmale dienen , und hiemit jenes kexxbv begründen , welches |
der Begriff ist (090g, s. Anm. 69 — 71).
Insoferne aber nun jene Qualität überhaupt eine Vereinigung oder,
wie der Ausdruck auch lautet, ein Zusammenfluss (Gvyx£%vfi£vov , Anm.
92) mehrerer qualitativer Bestimmungen ist , so beherrscht dieselbe alle
diese einzelnen, welche ihr ja „untergeordnet" sind, d. h. sie beherrscht
zunächst jene oben erwähnten secundären Qualitäten und sodann auch
oi Tuvio, äin to xal fitgog elvai ?f;j oiioCag xal töv avibv inivuv renov,
t« d" erega ziviüv ktyöfjtva äeiv xal Tony xt/ioola&tii xal fitjo iv [itgtt.
&t<agtia&ai. TO äi fxrj tlvai ravtb rd Tf xarä to läCojg noibv xal to xarä
irß ovoCav äfjkov eivaC qtjOiv 6 Mvr\aaqyog .... ei yag Tie nkäaag innov,
loyov x<xntv, GvvS-käaeitv, intiTa xisva noirjotiiv, evköyiog av i](iäg iäövrag
tlntlv Sri tovt' oix rjV nakai, viiv <P iatC' too&' 'iregov elvai to inl tov
noioi ktybfxevov to te inl rijg ovöfag.
95) Simpl. a. a. 0.: inl äi tov äevTe'gov vnoxei fie'vov ov näv xgcS/xa
oiiSi naaa noiöjrjg iv vnoxei fie'vip (d. h. ein sog. utiwesenlliches Merkmal),
vXV brav jxi) aviinkrigunixaC tiai rijg oiiatug' rb yovv ktvxbv inl /nkr. tov
ioiov iv bnoxeifiivip, inl äi rijg %wvog oiix iv vnoxei fievoi, akka ovfinktjgot
ti}V ovalav 10g fiigog xal vnoxtiixtrov fiakköv ioii1 fitTit Ttjg ovot'ag" btioliog
Si xal fi tiegiioirig tfjg filv tüv nvgbg ovaiag fie'gog iailv , iv vnoxei fie'vip
itylvtliu 1 tö aiärjgo> , inetärj xal ylvtxai xai unoyCverai iv roj aiä^goi
aviv z% rov aiärjgov qdogäg. Diese Beispiele zeigen schlagend den Unterschied •
zwischen den Meinenden , das Wesen constiluirenden , Qualitäten und den vorüber
gehenden oder ausserwesentlichen (s. Anm. IM.); von den ersteren gelten nun auch
aus der soeben angeführten Stelle des Stobaus die Worte : fir/ fieVTOi ye ovä'
«ifooi/, äkka fiövov 011 TavTO, äia to xal fie'gog tlvai rrjg ovfliag. Hiezu
Sext. Emp. udv. math. IX, 336 : ol äi Xtioixoi obre tregov rov okov rb fiioog
ovie to auiö uaOiV vnagyjiV rj yag ytiQOVtt t\ aviij Tip ävä-guinip iaxlv,
oi yug Iotiv äv&gionog, ovTt ere'gu nagä rov avitgumov , oiiv uvcrj yag 6
av&gomog voeTrai avO-gtonog. Wie körperliche Theile ja addirlen die Stoiker
auch die Merkmale (s. Anm. 6'J, wo ebenfalls /t!(j als Beispiel vorkömmt). Eine
Probe hievon ist Alex. Aplir. ad Top. p.96: llgodixog äi (s. Ahschn. I, Anm. 38.)
tnttociTo exaOTti) tojv övo/jÜtojv tovtoiv läiov n orjftaivöfjivov vnoTaaativ,
Mgntg xal oi anb rrjg Xxoäg, yagav filv Xs'yovrsg evXoyov inagaiv, rjäo-
I^IV ii äloyov cnagOiv, Tigxpiv äi rijV äi' ärojv T)äovijV , tvif goovvriv äi
'ir äta Xöymv vofiod-erovviojv äe iart tovtq.
96) Simpl. ebend. /'. 57 E. : oi äi Ztoj'IxoI to xoivbv rfjg nowrrjTog 16
h\ Täv amfiärav liyovCt äia(f ogäv ilvai ovoCag ovx anoäiaXrinTT]V xaS-'
fowt^ij, uXX eig ivvorjfia xal iäioTTjTa anoXr\yovaav, ovTt xgöviri out£ loxvi
1 lo°07ioiov[if'vr)v , äXka Ttj II «üiij? xoiovTÖTr]Ti. xa^ rjV noioi vif iOTaTat
yiveoig. Hiernach darf es uns nun nicht wundern, dass bloss jenes, in welches die
Qualität „ausläuft", ins Auge gefasst wurde und daher für noibv sich auch die Be
zeichnung 6 noibg sc. Xöyog einstellte, zumal da diese wieder mit dem mystisch
materialistischen Xöyos antgtiaTixbg sich berührt.
Püantl, Gesch. I. 28
434 VI. Die Stoiker (Kategorien).
Alles, was den durch sie constituirten Wesen zustossen kann {av[mxojfiata),
und sie ist hiemit die oberste centralisirende Kraft für alle der
gleichen untergeordnete wirkende Kräfte 9"), — eine Auffassung, welche
einerseits wieder an jene Hierarchie thätiger Dämonen streift, und an
drerseits ihren Reflex in der fatalistischen Ethik, i. B. betreffs der Krankheilen
u. dgl. (s. unten Anm. 208), erhält. — Hiemit werden mehrere
qualitative Bestimmungen je nach ihrem Abhängigkeits - Verhältnisse in
einander hineingeschachtelt 9S), so dass den Stoikern mit Recht vorge
worfen werden kann, es gebe bei ihnen Qualitäten der Qualitäten "). Jene
höhere Qualität nun, welche die je herrschendelsf^ heisst f'iiff, die
von ihr beherrschten aber heissen sxta, und zwar soll, was bezeichnend
ist, letzterer Ausdruck nur von qualitativen Bestimmungen jener Dinge ge
braucht werden, welche wirklich concret nur als Ein Individuum auftreten
können, d. h. bei welchen jene Vereinigung oder jener Zusammenfluss auch
materialistisch verwirklicht ist, wogegen bei anderen Dingen, wie z. B.
bei einem Heere oder einem Chore, ein bloss Qualitatives überhaupt
stattfinden soll 10°). Aber da in jenen abgeleiteten oder untergeordneten
97) Simpl. f. 58^4.: (i filv yäo, i»t ot 2%io'ixoi änoSiöoaOi , äiivafiig
tat iv f] nXewvtov inoionxr) av^inTiafiÜTtov, cüj t) (foövrjOig tov tc (fnovi/Acos
71SQI71CITHV Xai TOV (flJOVlfXWg Ö yiOfrtll , (OOVTCll XttXK TOV TOIOVTOV SlOQiOfibv
xai ai vvv Xeyofievttt äävvafiiai dvväfiag , xtd yäo al aTi%v(ai
nXeiova SianTtafima ini(/ (oovaiv (i fxivToi xax' äXXrjv diaTa$iv Ttöv
Xtiü'ixiäv Xiyono Svvafxtg r) nXtiöviov inoiOTixi] avfiriTcoficlTtov xai xctT«-
xnaTovoa tojv vnoTaaoojj.(viov (diess ist das eigentlich übliche Wort für die
Unter-Ordnung unter eine bintheilting) ivegytiäv, xai ovTwg x. t. X.
98) Plut. aih. St. d. c. not 36.: ixtiva d" bvTiag nana tt)v evvoiav iartv,
a XiyovOiv ovtoi, xai nXarTovaiv, ini {/.tag oioCag Svo Micuf yevio&ui noi~
ovg xai tt)i> avTrjV ovaluv iva noiov hUiag i/ovaav inioviog tTinov ä{%to~3-Ki
xai äiauvXÜTTttv 6/uoi'iog äfxifoTtnovg. Physikalisch gestaltet sich diess zur Leug
nung der Undurchdringlichkeil der Materie und zur rohesten Einschachtelung der Kör
per in Körper. Hut. a. a. 0. 37. Stob. Ecl. 1, p. 37ü.
99) Simpl. a. a. 0. f. 70 JE.: xai ol ZTia'ixoi ät noioTrjxag noioTrjxmv
notovotv iavTÖiv noiovvTig exräg eseig.
100) Simpl. /'. 55 £. : xai ol ZTia'ixoi dt xaTa rag avxiov vno&iotig xijV
avTt]V av änoolav nnogayäyoitv T<p Xiyovxi Xöytp , xaxa noioxrjxa nävxa
xä noiä Xe'yto&ai' Tag yäo noioxrjxag exxa Xiyovxtg ovtoi Ini xujv t)v<o~
fxivmv fioviov ixxä unokeinovaiv , Ini fit xojv xaxä ouvaq;r)v, oiov veidg,
xai Ini Ttäv xaTa äiäaxaotv, oiov GTOaTov, fxridtv tlvai eXTÖv /urjäi tvntaxta&
ai nvtvfiaTixov ti i'v In' avTiäv ^/jtTf eva Xöyov sxov <"Oxe ^7ft Tiva
vnoßTuaiv IX&eiv fitäg 'i^eaig' to dt noibv xai iv Toig Ix awanTOfjiivcov
detoptiTai xai iv ToTg ix ö*ttGTu>Tu>v lug yäo tig ynapfiaTixog ix noiäg
ai'aXrjiljfojg xai Ovyyufivaoiag ififiövwg iytt xaTa diayonitv, ovTtog xai 6
/noog ix noiiig fieXitrjg i/juovcog f/fi xaTa äuuf oqäv ' äib noiä fitv vnüo-
/ei rf/« tt\v xaTui a§iv xai tt\v noög ivög enyov auvioyftav, ät/a äi noio-
Trjrog iari noiä' ?|if yä» Iv ToiToig ovx iaTiv, ovdi yäo oXtog iv äitöTair/
nt? oiotaig xai fxr]itfj.Cav i^ovaaig OvfMf urj nobg aXXrjXag ivtooiv iaTi
noiörrjg rj lf*f (l fii noiov övrog ovx tOTi notoxrjg , oi awanaQT((nv (s.
dieses Wort auch in der oben, Anm. 91 , angerührten Stelle) Taviu aXXrjXoig
cfaliv av , oväi övvutov itiTt äiä tov noiov xijv nowTtjTa anoSCäooftat.
Auch knüpft sich hieran noch eine formale Distinction zwischen eSig und diä&tGig,
insoferne die erstere eine quantitative Steigerung zulässl (s. oben Anm. 92.), letztere
aber jener Zustand ist, welcher kein Mehr oder Minder verträgt. Ebend /. 61 B. :
xai yäo Täg fi'tv fff/? inntCviaDat (f aoi dvvaa&ai xai ävCta&ai, läg eft fita-
Diatig äventTttiovg ehui xai äviTOvg. Galen. Elgay. 9. XtV , p. 697 K. :
VI. Die Stoiker (Kategorien). 435
Qualitäten die Dinge vielfach auch in Beziehung zu anderen Coinplexen
von Qualitäten treten, so können manche qualitative Bestimmungen eines
Dinges, obwohl sie nur aus der arlbildenden Gesammt-Qualität und dem
specifischen Unterschiede desselben lliessen, dennoch ihm bloss in Be
zug auf andere Wesen, also nicht an und für sich, zukommen; d. h.
einige noict oder fxTce sind nqög n, wie z. B. Süss oder Bitter oder
Wahrnehmend; aber dieses Relative, welches an speciflsche Qualitäten
des Dinges gebunden ist und nur den Gegensatz gegen allseitige Isolirung
des Dinges von den übrigen bildet, ist etwas ganz anderes, als die vierte
Kategorie, welche noög tt nag s%ov heisst, denn diese enthält Bestim
mungen, welche mit der specifischen Differenz Nichts mehr zu schaffen
haben; daher wird auch, insoferne das ngög u und das nqög n nag
'd%ov als nebeneinander bestehend gelten, gesagt, das erstere sei wohl
eine nothwendige Folge des letzleren, nicht aber umgekehrt101).
Eben aber jene untergeordneten Qualitäten sind, so lange sie nicht
unter die je herrschende höhere oder namentlich unter die artbildende
Wesens-Qualität gebracht sind, bloss vereinzelte Prädicate, welche, wäh
rend sie unter ein höheres Ganze gehören, doch eben nebeneinander
isolirt bestehen ; sie sind gegenüber der concentrirten qualitativen We
sens-Bestimmtheit ein blosses „ irgendwie Sichverhalten " oder blosse
qualitative einzelne Modificationen. Und so bringen die Stoiker unter diese
ebenso weite als bequeme dritte Kategorie des nag üypv alle mög
lichen Prädicate, deren lockerer und entfernter Zusammenhang ünTTTer
oiersteiTaflbildenden e^ig schon in dem Sprach-Ausdrucke „nag" sich
erweist, indem die nag sypvra nur die vorläufige Aussage enthalten,
dass ein Ding eben in irgend einer Weise gerade eine qualitative Bestimnvsvfiaxa
fik xaxä xovg naXaiovg fivo toxi, xb xe rjiv/ixbv xai xb tivaixov,
ot fik Xxto'Cxoi xai xolxov ilgäyovoi xb ixxtxbv o xaXovffiv %£iv.
101) Simpl. f. 42 E. : ot Je Xxtoixoi ävfr' ivbg yivovg fivo xaxä ibv xonov
rovxov aQi&fiovVictt,, xä fitv Ii1 xolg noög xi xifHvxtg xit fit Iv xolg
noög xi Titig fyovOi, xai xä utv noög xi ävxtfitaiQovai xolg xa»-' avxä,
xä fit noög xi nag e/ovxa xoig xaxä fiiafcooäv, nötig xi [itv Xfyovxtg xd
yXvxv xai ntxqbv xai xä xotavxa xctl böa xottogfit fiiaxC&rjöi , noög xi Je
mag t%ovxa olov fit f ibv , nctxton, xai xtt xoiavxa' xaxä fitutfooäv äi tfaöi
xä xaxä xi f ifiog /aQttxxriQiCö/jt va 1 ägneo ovv äXXrj xtov *nj' avxä iwota
xai aXXrj xtov xaxä fiiatfoqäv, ovxtog äXXa /jiv xä noög xi lozlv äXXa Je
tb 7rpdff xi ntog t/ovxa tl fit fitt Oatf toxtnov utxaXaßtlv xä Xtyöfxtva,
noog xi fitv Xfyovöiv böa xax' oixitov /aqaxxriQa ätaxtlfitvä ntog änovtvti
nobg exeoov, noög xi fit ntog e/ovr« bau nitfvxt ovfißa(veiv xtvi xai firj
avfißaCvttv ävtv xrjg niqi avxä fitxaßoXrjg xai aXXoitoßttog fiexä xov ngbg
xb Ixxbg änoßXt'ntiv , tööxt uxav (Jtv xaxä ätatfooäv xi fitaxtCfitvov nqbg
ixeqov vevori, noög xi fiövov xovxo töxai, tög ij efis xai r) lnioxr]fir\ xai fj
aio&rjöig , 8xav fit fiij xaxä xr\v Ivovöav fiiatfoqäv, xaxä \ptXi\v fit xi\v
nobg ixeqov ö/e'öiv &etoqijxai , noög xi ntog i%ov eöxat, b yäg vibg xai b
fifiibg fl-to-d-ev xivtöv nqogfiiovxat, nobg xrjv vnööxaötv fitb xai /j.rjfiefjtäg
yiyvofxivr^g neqi avxä fiexaßoXfjg yivotx' äv ovxixt naxriq xov vtov äno&avovxog
, ö fit tff|toff xov naoaxttfitvov fxtxaaxävxog' xb fii yXvxv xai nixqov
ovx av äXXota yivoixo, ei (irj avfijttxaßäXXot xai r) ntoi avxä ävva-
/utg' el xoCvvv xai ur/fiev avxä na&övxa fjexaßäXXoi xaxä xi/v xov äXXov
noog avxä a^^atv , fitjXovöxi iv zij a%{ati fiövrj xb etvai e/ei xai ov xaxä
xiva fiiatfooäv xä noög xi ntog t/ovxa. Ebend. f. 43 B.: tag ot Xxto'ixoi
XiyovOt, xtp fiiv 71q6s xi ntog tyovxi, xb noög xi tnexai, xtp fit noög Tt
ovxt'xi xb noog xi nmg i/ov.
28*
436 VI. Die Stoiker (Kategorien).
mung an sich habe, daher auch hiefür statt des obigen tmbv der un
bestimmtere Ausdruck G%eGig gebraucht wurde 102). Darum fallen unter
diese Kategorie nach der von den Stoikern beabsichtigten Vereinfachung
der aristotelischen Kategorien (s. oben Anm. 80) mit Ausnahme der Sub
stanz, in welche ja der artbildende Theil der Qualität hier hineingezogen
ist, eigentlich alle übrigen aristotelischen, wobei nocli von den spätesten
syncretistischcn Peripaletikern besonders getadelt wird, dass ja die Kate
gorie der Quantität keine eigene Stelle erhält 103). Ausdrücklich aber
wird diesen abgeleiteten und untergeordneten Qualitäten die Suhstanzialilät
abgesprochen, da sie nicht selbslständige Substrate, mithin ja bloss
Prädicate, sein können104); und so nun ist es uns, da die aristoteli
schen Kategorien des Wo und des Wann ebenfalls unter diese neos s^ovra
fallen müssen, völlig verständlich, dass die Stoiker den Ort und die Zeit
gerade so wie das lextbv als ein Unkörperliches bezeichnen 105), d. h.
102) Ebend. f. GIB.: xdg /ulv ydo oye'oeig Teug inixxrjxoig xaxaaxdeSeai
/aQaxTriQC&o&tii , rag dl tSteg taTg ii; eavxeSv ivenyetaig. und f. 54 f.:
xal r) fiev do/rj tov bvo^iaTog tov Ixtov dnb xeov eieeov nagrjx&r], vaxegov
de inidiheive xovvofA.a xal inl rag oytoeig, oiov nnoßoXr)v , xd&iOiv, int
xe lag xivr)oeig o'ia iaxlv r) negmdxr\aig , inl xe xdg efvv&e'xovs ix xivq-
Oeeov xal ayiaeeov xaxaaxdaeig ol'a r) OQyrjaig el'rj.
103) Ebend. f. WJ. : noiovvxai ydg rrjv Toiirjv eig xe"oaagu, eig vtxoxel^
ieva xui notd xal neog eyovxa xeu ngog xi neog eyovxa' xal dijXov bxi
nXelaxa nagaXelnovai' to rt ydg noaov dvTixgvg xal tu iv ygovep xal Iv
xoneo' ei yag xb nwg eyov vo/z((ovoiv avxoig xä xoiavxa negtXa/^ßdveiv,
Sri xö ne"gvai ov r/rot iv Xvxeleo rj xö xalHjo&ca ^ rö vnodede'aS-ai. äidxeixaC
neog xaxä xi xovxeov, nQiSxov jjilv noXXrjs ovarjg xijg iv xovxoig diaepogäg
ddidg&geoxog r; tov neog e/eiv xotvÖTr/g ixe/igerai xut' avTrjg' ineixa
xö xoivbv tovto mag eyeiv xal rep vnoxei fiivep ägitöaei xal xta noatp fidktOxa.
Hotin. VI, 1, 30.: neog dl iv xo neos eyov nolXrjg dtawogäg iv avxolg
ovarjg; neog yag xo xqinr\%v xal xö Xevxov eig IV tov fiev noaov tov
Se nowv bvxog ; mag dl to noxl xal tö nov ; neog de oXeog neog eyoVTa xb
%9eg xal xb ne"gvai xal xb iv Xvxeiep xal dxadrj/xCei; xal bXeog niog dl 6
ygövog neog iyeov; ovxe ydg avxbg ovxe tu iv avxep i<jü ygövep ovxe tu iv
Tip TÖnep oijie b xonog' tb dl noietv niog neog eyov inel ovd' b noieov
neog iyiov dXXd jj.dXXov neog noieov rj öXeog ovx eov äXXa noieov fiovov ; xal
6 ndayeov ov neog k'yeov äXXä fiäXXov neog ndoyiov rj bXeog ndayeov ovxeog,
Xaeag o etv jjibvov aofxöaei inl xov xela&ai xb neog eyov xal inl xov eyeiv
ov neog eyov äXXä eyov.
104) Simpl. a. a. 0. f. iizt.: b dl xi)v axeiaiv xal Trjv xdftiaiv fit] ngognoiovpevog
eotxe XTeoix^ Tive avvrjäeiec avvineaHui ovdlv ctXXo rj tö iinoxeCfievov
elvai voiiC£eov, xe'ig dl neol etvxö diuepooäg dvvnoaxeixovg rjyovjievog
xal neog eyovxa avxee änoxaXedv ebg iv Toig vnoxeip,evoeg eyovxa avxb
tovto xö neig eyeiv. Hingegen sahen wir oben, Anm. 85., dass dieses substanzielle
Sein (xö vnoxet'/j.evov elvai) gerade der eisten und zweiten Kategorie
gleichmässig zugeschrieben wurde.
105) Sext. Emp. adv. malh. X, 218.: xiöv dl daeo/^äxeov xeaoaoa efdrj xaxani&
iiovvxai , eig Xexxöv xal xevbv xal Tonov xal yoovov. u. 227.: ixeivoi
fxlv yeto, (ig XiXexTai, aatöfieixöv xi xad-' avrb voovfievov vneetxrjaavxo
xov xqovov. Stob. Ecl. I, p. 392.: tö daeofienov dneioov , o xe ya(> %qovos
äneiQog xal xb xevbv. Diog. L. VII, 140 f. : el-io&ev de avxov [sc. xov xoa/xov)
neQixeyvfiivov elvat xb xevbv aneigov , oneQ daeöiiaxov elvai, daeo/iaTov
dl to oiov Tf xaxe'yea&ai vnb aeo/udxeov ov xaxeyo/xevov exi. dl xal
xov /Qovov aaoiiiaxov , didOTrj/ta ovrec xrjg xov xoOfiov xivrjaeeog. Aber in
Betreff der eigentlichen Qualitäten, der noid und namentlich der notoxrjg, hielten
natürlich die Stoiker strenge an dem Grundsatze , dass sie Körper seien ; der Wi
derlegung dieser Lehre hat bekanntlich Galenus eine eigene Schrift gewidmet.
VI. Die Stoiker (Kategorien). 437
alle derartigen Bestimmungen haben keinen Ansprucli auf eine concrct
materielle Existenz, und hierin also fallen die substanziellen nmg k'iovxa
mit den lexta zusammen. Während demnach jenes kexxbv, welches den
Begriff ausspricht, eben auf die materiell substanzirten selbstständigen
Wesen sich bezieht und hierin die Subjecte der Sätze ergreift, sind die
mag 'iypvxa als unsubstanzielle nichts weiteres als blosse Xekxu und sie
bilden die Prädicate der Sätze. Wenn aber solch untergeordnete Modiflealionen
nicht einmal mehr auf die artbildenden Qualitäten als ihre ur
sprünglichen Veranlasser zurückgeführt werden können, sondern ihr Her
vortreten erst durch das Verhältniss eines Dinges zu einem anderen aus
ser ihm und durch Veränderungen jenes anderweitigen Dinges bedingt)
ist, so sind dann solche qualitative Bestimmungen blosse relative Modi- '
ficationen. Und diese vierte Kategorie des nqog xi mag h'%ov (z. B.
Rechts und Links, oder Vaterschaft) enthält demnach den weitesten
Absland von der Wesens-Qualität 106) und muss daher gänzlich einer substanziellen
Existenz entbehren. Ist aber dieses Relative auf solche Weise
von den körperlichen Substanzen als solchen völlig getrennt, so kann
es nur dem Bereiche des Gedachten zufallen 107), und allerdings mussle
dann in diese Auffassung auch das obige Relative, das blosse nqog xi,
hereingezogen werden, insoweit es ja auch als ein Relatives zu bezeich
nen ist. Und diesen Ausweg ergriffen auch einige Stoiker, da sich bei
der verschiedenen ontologischen Stellung des Ttqög xi und des nqog ti
Ttmg typv hierüber eine Schwierigkeit erheben musste; sie sagten nem-
Hch, diese beiden Arten des Relativen seien ja doch auf den gleichen
Sprachausdruck und die nemlichc Bezeichnung zu reduciren 108). Hie
rin aber haben wir um so mehr einen Beleg für die bloss nominalistische
Fassung der jxiitfi" vierten Kategorie überhaupt. — Hielllll
haben sich uns" die stoiscTTKflväTegorien als eine blosse Tabula logica
der Subjecte und I^-ädTcatc" er wiesen. (Einzelne spätere stoische
dontrovWäCirr^el^e' stcK an die pcripalelische Kategorientafel anknüpfen,
s. Abschn. IX, Anm. 17 ff.)
Nach ebensolchen abslract_J[o.r.malen Beliandlungsweise der Lehre
vom Begriffe versteht es sich" min schon von seihst, dass auch diej^jjjbxfi J[0'n
irTTTiVi le _dnn ncinlichcn Formalismus als Grundcharakter an siel» tragen
muss. NemlicTi wenn" äüch nach der Ansicht der Molke? erst in dem
106) Die Belegstelle hieffir s. Anm. 1(11. Hiezu ebend. f.44B.: xal ov xa-
XtSg ol ^Tio'i'xoi vr>u(£ovai näßrjg Tfjg xract iitttfoq&v i&tÖTijTog anr]XXdy&tti
t« nnog ti näg S-yoVTa, Sioti niipvxs av/jßatvetv xal anoavfißaCvtiv fjrjdepiüg
fjfTaßoXijg Tiinl avTa ytvoy(vr\g.
107) Scxl. Kmp. adv. mttth. VIII, 454.: inoyomrovreg yaq tö nnög ti
(fv/Aff alvwg ifttöC' nQog ti 1(TtI tö Hoog fr^pw voov/jevov. (I ä(" yt vnaofftuf
fitxtiytv, ovx üv ovTtug ttiiTÖ itTtedtdoattv, &XX txtCvo>g /j.aXXov tiqös
ti tilTi To Tiqbg htno) hnaoyov. ovx aoa vnoxfiTttt ti iv Totg ovai TO
noög ti.
108) Simpl. a. a. 0. f. 4iB.: negl Jf tov tC xoivöv tnl nävTiov twv
noög ti ToßicvTrjV lyövTüiV äiaipooctv , Ttvis Xvovai XfyoVTfg , oti (ig fxtav
bfioiÖTrjTa X{'$iwg arüytTtti xal arjfictalag idiOTr}TK xal <T#« tovto tö xoivöv
lny iciiTOig XiyfTtti xaT« Tag öniogoiiv h'&eo>Qovft^vag xoivÖTr\Tttg tiov Ot\-
fianaiiv, a>g tö (t^qov Xtyeti&ai rj öniooovv nnög irtpov Xfyto&ai tfre Tip
ire'Qov tlvai r} iiXXo nnög aÖTÖ niög fyeiv.
438 VI. Die Sloiker (Urtheil).
Urtheile das Wahr oder Falsch auftreten kann109), so hat diese Auffas
sung nur eine Bedeutung für das Moment des Rhetorischen und Doctrinären,
nicht aber wie bei Aristoteles für das philosophische Erkennen ;
denn hier handelt es sich nicht um die Einsicht in das concrete Leben,
welches der Begriff im Individuum vermittelst der Attribute und Merk
male erweist, sondern alle Betrachtung wirft sich nun auf die äussere
Erscheinungsweise des Urlheiles als solchen ," daher die bloss grammati
schen Verhältnisse desselben gänzlich in den Vordergrund treten und
auch den Einlheilungs-Gesichtspunkt bedingen, so dass zuletzt, wo es
auf die Frage über Wahr und Falsch ankömmt, wieder nur die wider
lichste Verquickung des dürrsten Formalismus und des plumpsten Empi
rismus zu Tag treten kann , und sich auch Erwägungen einstellen , wel
che auf derartiger Basis nur der Rhetorik angehören.
In Folge des oben erwähnten Motives, dass von einem angeblich
Einfachsten durch blosses Zusammensetzen aufwärts gestiegen werden
könne , theilen die Stoiker die Urtheile (&^u6(i,ara) zunächst in mangel
hafte (ikXntrj) und vollständige ( avtotekrj ) ein110), und wenn nun
unter den ersteren diejenigen Sätze verstanden werden, welche bloss
aus einem Verbum bestehen (z. B. yadcptt) und daher bei einer über al
les Mass oberflächlichen Anschauung für subjectslose Sätze gehalten wer
den können111), so erkennen wir hierin eine wahre Bornirlheit des
Formalismus, denn Jedermann sieht ein, dass das Wort „er schreibt"
enlweder als Conjugationsform des Verbums „ Schreiben " oder eben
als ein durchaus vollständiger Salz gedacht wird (ist ja doch z. B. für
109) Sext. Emp. adv. math. VII, 244.: rüv (fi ni&avdjv r\ am&avtov (fuv-
Tctoitöv al fttv tiaiv äXrjfreTg al ipevittg al uXrjtriTg xai ipevdelg ttl
<ff otiri aXrj&iTg o'vrt \plvdtig. aXri&efg uh> ovv f taiv, tov (OTtv äXtjtrrj xaTr\yoq(
civ 7ioir)aaa9ai ojg tov „rjfitnu Iot(v" £nl tov naqovTog fj tov „<f>wg fori",
ipfvieig tov ioTi rpiväri xuTriyoQlav noir)anairai ojg tov xexXäo&at TtjV xcit«
ßv&oi) X(äni\v T\ fxvovnov tivai Tr\v OToäv , aXrj&tig <Jf xal ipevfieig, bno(ct
noogintiiTiv 'Ootfatrj xurä fiavCav anb Trjg 'HXtxToag . . . . xal nüXiv el Tig
and /Itiavog (ävTog xccrä Toiig vnvovg ivg anb naotaTÜTog bvetoonoXetTai
ipevärj xal fiiäxtvov eXxvOfiöv o'vti äf üXrjO-eTg ovt( \ptvdttg etoiv al yivixaC
(es folgen nun die in Anm. 04. angeführten Worte). Kben dasselbe, dass
aXrjO-lg u. lpivtfog erst im Satze liege, enthalten auch in den obigen Stellen (Anm.
51 u. 52) die Worte: tö aq^ciivo/xtvov nqäy/ita xal Xsxtov, Snep aXrjfrig tc
ylvttui fj ipeväog, und tö [xiv aXrj&tg aavAuaiov (otiv, a$(u>[iu yao taTi
xai Xvatov. Hieher gehört auch Schal, ad 11. ß, 349 (Bekk. p. 71): xptiäog]
üvtI tov ifievtfrig' tuvtu tft nana Tolg ZTio'ixotg XexTct xaXeizai t« ?rpö{
Ttjv atjuaolav oV aXXojv iftoöueva. Cic. Acad. II, 29, 95.: nempc ftmdamcntum
dialeclicae est, qnidquid enunlielur — id autem appellanl a!;(u)fia , quod est quasi
effalum — aul verum esse aut falsum. ebend. 30.: illa definitio , effalum esse id,
quod aut verum aut falsum sit. Tusc. I, 7, 14.: id ergo est pronuntiatum , quod
est verum aut falsum. Varro L. L. VI, p. 232. Spcng. : loqui ab loco dictum, quod
qui primo dicitur tarn fori, et vocabula et reliquu verba dicit, ante quam suo quidque
loco ea diecre polest; hunc Chrysippus negat loqui, sei ut loqui; quare «I
imago hominis non sit hämo, sie in corvis, cornieibus, pucris primitus incipientibits
fari, verba non esse verba, quod non loquantur; igilur is loquitur, qui suo loco
quodque verbum sciens ponit, et istum proloculum, quum in animo habuit , cxlulit
loquendo. Uebrigens s. Anm. 136 ff.
110) Sext. Emp. adv. math. VIII, 70. : tojv dt Xexrwv 1« fiiv tXXmfj xaXoiat
tu äi avTOTiXrj. Diog. L. VII, 03.: TiSv (Ji Xf.xTiäv tu /Jtv Xfyovaiv (trat
avTOTtXfj ol ZtujcxoI tu (J" IXXmt). Vgl. Abschn. VIII, Anm. 45.
111) Diog. L. a. a. 0.: IXXinij plv ovv tozi tu uvanänTHSTOV e'%0Vtu
VI. Die Stoiker (ürtheil). 439
den lateinisch Redenden der Vocal I, sobald er eben als significanter
Ausdruck beabsichtigt ist, ein ganz vollkommener Salz (vgl. jedoch Abschn.
XI, Anm. 76 u. bes. Abschn. XII, Anm. 30 u. 62). Ueberhaupt nun
wird auf diese Weise den „mangelhaften Urteilen" der ganze Sprach
schatz des Verbums zugetheilt, welches xarrjyÖQrjfia heisst 112); im Gegen
satze aber hievon wird jedes Subslantivum, welches Prädicat eines Satzes
sein kann (also alle Substantive mit Ausnahme der Eigennamen), sowie
das Adjectivum eine TtQogrjyoQia oder ein nqogrjyo^wöv genannt113), da
ja diese erst noch des Verbums ißxi zur Bildung eines Satzes bedürfen.
Bei all diesem aber hat die Geschichte der Logik nur den Unverstand zu
registriren, mit welchem das Prädicat von dem Suhjet:te formal josge
rissen Jst, wahrend doch" ersle?BT~enTwie7Jer'''ilen' höheren Gattungsbegriff
otter den factischen Reichthum der Inhärenzien für letzteres enthält.
Gleichgültig auch ist für die Logik die eine von zwei stoischen Eintei
lungen des Verbums in Activ, Passiv, u. dgl. (Anm. 112). Hingegen
eine zweite Einteilung gibt wenigstens durch die bei ihr gewählte Ter
minologie wieder einen Blick in die unbegriffliche Auffassungsweise des
Verhältnisses der Prädicate überhaupt; es wird nemlich das Verbum ge
radezu auch ein Gviißctfia genannt, und dann je nach dem Verhältnisse
des Casus, in welchem die Substantive stehen, zwischen einem av^ßa(ia
und einem TiaQaavjißctfiu, ja selbst einem aGvpßayiu, unterschieden 114).
tt)v ixipoQav , oiov „yyuipii"'" t7Ti£r]Tqv[xev yuo , Ti'g; avTOTti.fi <T (OTl Iß
anr\qnajjiivr\v i/oVTu Tr)v IxipoQuv, oiov „yndtpti XojxqÜttiq" .
112) ELcnd., woselbst die ganze Stelle über das Verbum lautet: (v filv ovv
Tolg IXXiniai XtXTOig t(tuxtui tu xaTr\yoor\piuTU, b> äl xotg aiiTOTtXtoi tu
ä£i(öfiuTa xui ol avXXoyißjLioi xui tu InwTrjuura xui tu nvapictTU. tOTi ät
t6 xaTyyooijfia tö xutu tivoq uyoQtvöfitvov rj TiQuyuu ovvtuxtov ntQt
Tivog rj Tivtov, dg ol ntQl'yAnokX6öaio6v ipaOtv, rj Xexrov (XXinlg avvxaxtov
öoS-fj 7iT<6au nötig it:ii(ö[ittTos ytvtoiv Töiv dt xaTr\yoqy\ixaTtav tct (i£v
laTt aupißüftuTu oiov tö cTi« ntTiiug nXttv (»her das Verdcrbniss dieser Worte
s. sogleich Anm. 114). xui tci fiiv (an tcöv x«Tr)yoor][iuT(DV 6(>{tä, S cl"
i'7iTi«, u <F ovStttna' 6qSu fiiv ovv (o~ti tct OWiaOOOfitva /jtif t<Sv nXaylaiv
miaatiav noög xuTr\yoQi]tiaTog yt'vtaiv, oiov „uxovei, ÖQ(f, o'iuktytTui".
vjitiu dt (an ric avvruaaofxivit io5 Tni&rjTixü) ucoCip, oiov „äxovofiat, 6qwpiai".
ovätTtoa d' (an Iii firjätTtoiag iyovru, oiov ,,<pQovtiv, ntomuTt iv".
uvnntnovO-oTu oY (axiv Iv roig vnrioig uvvtitiu bvrw (vtQyqfiuTa di
iOTiv, oiov „xttnti <u" , (untoityti yuo tuvTÖv ö xtiooutvog. Suid. v. xuti\-
yooi\fxa. Cic. Tusc. IV, 9, 21.: distinguunt illud etiam, ul libido sil earum rcrum,
quae dicuntur de quodam aut quibusdam. quae xaTr\yooi\piuTU diakelici appellant,
ut habere divitias, capere honnres. l'lul. Quaest. Plat. 10, 2.: äiCuipiu noogrr
yoQtvov, o tiqiötov X(yovTtg uXrjfrtvovGiv rj ifitvdovTUf tovto <S" 1$ dvöfiarog
xui (>TjfiUTog avv(aTr\xtv , <av iö pilv tiqwtov müoiv ol diuXtXTixol tö
dl xuTriyoQTjfia xuXovoiV.
113) Sexl. Emp. pyrrh. hyp. III, 14.: xui yuo iv tovtm äictntifiovrjxaoiv
ol ptiv nnogrjyoQiöiv aiTiov tlvai tö ciitiov (puaxoVTtg, oiov Tr)g xiiBtiag, ol
dl xuTTjyoQrjfxuTiav , oiov rov /ffo"#«i. Bekk. Anecd. p. 842.: ol ZtuUxoX
ovöjiuxa fiiv tu xiiQiu iltyov , tu öl nqogrjyoQixu ovx dvöfiuTW xui ipaaiv
dg öiuipooog 7) xXCOig xvqi'wv xui ngogrjyoQidtV Ilüotg yuQ Hagiäog ort
xvqiov, fiavTig öl piuvTiog oti noogrjyoQixöv' .... ?rt tu xvoiu Xiyovai fir)
e/tiv &T)Xvxu, tu TiQogrjyooixü d'£ Diog. L. VII, 58.: tOTi dl nQOgrjyogCu
jxlv xutu töv dioyivrxv fxioog Xoyov arjftaivov xoivrjv noiöxrjTu, oiov uy-
&q(anog, innog' Övo/ju d£ tau pitoog Xoyov SrjXoiiv iSiav noioTipta, oiov
dwytvr\g, X(axQuTr)g. S. Anm. 63. u. d. Bücher- Verz. des Chrysippus (192).
114) Amnion, ad Ar. d. tnlerpr. f. 36 b.: av fitv ovv övöfiaxöf u xutr/
440 VI. Die Stoiker (Urtheil).
Die grammatische Anschauung, welche hiehei zu Grunde liegt, ist nun
ebenso einfältig wie alles Uebrige, was zur stoischen Grammatik gehört;
in Bezug auf die Logik aber erkennen wir hierin eben die bloss formale
Aulfassung des aristotelischen ßvfißsßtjxog, indem gerade der Name evp-
^a£^S^~äS^)&^} .?nssYVf^S tlass ^P'Jcs mögliche durch ein Verbum aus
gedrückte Pjädical als ein aiisserwesentliclies Kreigiiiss 'für claj....SuJjej;t
genommen wird, so dass von den stoischen Kategorien nicht bloss das
nag lj;ov und ngog ti nag 'i%ov, sondern auch ein Theil das nowv un
ter das Gviußeßrjxog fällt.
Erst aber an den sogenannten vollständigen Urlheilen kann sich die
eigentliche Lehre vom Urtheile entwickeln. Ja in diese zieht sich sogar
der Syllogismus hinein , wenn gesagt wird , derselbe falle eben auch
unter die airoTeXi) ksxta (Anm. 112. z. Anf.), und wenn wir schon bei
den Peripatetikern eine starke Hinneigung zur grammatisch - rhetorischen
Form des Urthciles mit Hintansetzung des Begriffes hervorzuheben hat
ten , so steigert sich hier dieses Verhältniss noch weit mehr. Es theiyoQnfriv
aTtotpuvcsiv notrj, xctTr\yoQT\fict xctl av/jßct/jcc nctQ cciroTg övo/Att(tTtti,
atjfictCvei yctQ ä/Atpto tcivtov, tag ro niQwimt T, oiov ZtoxQctTTjg ntQMciTli'
civ <W mtaoitog , 7Tctoitau/ißtt/ja , tiguvtl TtctQctxfl^ttvov rat avfißctfictTi xal
ov oiov jraoaXKTriyönrj/ua , tüg i/ti to fitTti/us'Xti, oiov 2o>XQcixti fiiTtt[xiXii.
Apoll, n. OWTa%. III, 32.: ov fir)v roig nQoxtt [itvoig to rowvrov OvvectTi'
fitictfttXii yctQ ZioxoctTti xctl ert fttXti , Tr)g OQ&rjg ov etwoverng , tftö xctl
naQaav^ßdfiara ctvTct, IxdXtaav cti ctrrö rrjg ifro«? Ttüv ctXXtov (jtj/jctTtov
xctTtt ras Clv/jßaivovactg fitct&iaag nan' ctvTotg aviißctjUctTtov TtQogttyoQtvofi^
vtov ?"j xal Irt xitirjyoQTjfjctTOJV xttl to /xtv ctnctorfCov tt)v ätcivoiuv net-
Qttrlvußctfia. Xiyto tö fi^Xa 2toXQttTti, tö rfi IXXeinov t)ttov rj TrctQctav/jßctua,
Xfyto Sr\ to fxfXii xal xctTctfiiXii (ebenso nannlen die Stoiker auch einen Salz wie
IIXetTtov tfiXet wegen Mangels des Objectcs ein eXctTTOv rj xctTrjyÖQTjfcct. Amnion.
a. a. 0.). Ebend. I, 8.: «7i«f yctQ Ixciro ?OTf d'iaXtißtiv, tag netv ctnctQtfttf atov
bvofxc't ttSTi dijfiaTixöv , tl ys xctl ot etno rtjg 2^TOcig ctiro fitv xttXovOi
Qijfitt, to <fi jiiQtntafT rj yQcttfti xctTr\yoQntitt rj crv/ußctfict. Suid. v. Ovfißctfict :
cjifußctftct xccTtt yQctfj^tctTixovg TiooTttCJig ovöfxciTog xctl Qrj/jctTog auTOTfXrj
SlCtVOICtV CtTTCtQTi\ovact , OIOV 'ItOCtVVTjg 71 ((>/ 71 CtT (T , TTCtQClCrv/jßct/JCt <Tf 7TQOTctdig
fi- ovöuctTog xttl Qrj/jctTog ovx ctvioreXfi thcivoictv ct7iaQTt£ouOct , oiov
Tü>avvri ftfXa' tpr]cSctg yctQ 'Itoctvvrjg TitQmaTti oväerög aXXov f/(>r;f{, tintöv
dl 'Itoävvn uäXct , 7ieol Tirog nctQ^Xinjuv ilntTv. Verwirrt und unrichtig ist
der Bericht bei Priseian. XVIII, p. 1118, welcher übrigens allein das ctav/jßaua
enthält: sciendum, quod has quidem construetiones , qttac per nominutivum absolvunlur,
Stoki ctiita/jctTtt vel ovftßctfictTa , it est dignitates vel congruilates , rocabant,
ut ,,eqo Priseianus scribo, Apollonias ambulat, Cato philosophalur" ; Mos Veto
quibus Iransiliones ab aliu ad aliam fluni personam , in quibus necesse est cum
nominalivo etiam obliquum aliquem casum proferri, nnQctnvfjßdfJciTct dicebant, hoc
est minus quam congrnitates, ut ,, Cicero patriam Senat" (diess Beispiel ist falsch);
quando vero ex duobus obliquis eonstruetio fit, ttCfvfjßctjActict , id est imongruitates
, dicebant, ul ,,placet mihi venire ad te", sive nominibns ipsis tantum, snie
verbis hoc exigentibus. Aus diesen Stellen isl auch klar, dass die obigen (Anm.
112.) Worte bei Diogenes Ttöv de xctTi)yoQT\fJLctTtov Ttt [itv toxi avfxßctfictTa,
oiov to ff/« n^TQctg nXttv corrupt und namentlich lückenhaft sind; denn es fehlt
wenigstens das 7rctoittrv/Aßttuct , und auch das Beispiel ist nicht das traditionelle;
daher auch die Ergänzung Aldohrandini's tu pi£v Iciti av/ußn/jctTct dg tö TiXciv,
oiov 2toxQttTt]g TiXfT, Tee tfe nctQacivijßctjictTtt cos rö ntTQCtg nXttv unge
nügend isl, zumal da sie gegen den Begriff des TictQaavfißctfja verslösst. Erwähnt
isl der Unterschied zwischen ovußauu u. TictQcttrufjßctfttt auch b. I.ucian. BCcov
TTQCttl. 21."
VI. Die Stoiker (Urtheil). 441
len die Stoiker von vornherein das Urtheil nach der Modalität des Aus
druckes ein, indem sie von dem eigentlichen ct&ufiu, an welches dann
die logischen Betrachtungen betreffs des Wahr und Falsch besonders
geknöpft werden, noch eine Mehrzahl von Sätzen als coordinirte Arten
unterscheiden, nemlich115): zwei Arten des fragenden Satzes (igcovrifia
und jcvapu), einen befehlenden ( TtQogruy.xinöv ) , einen beschwörenden
(oqxixov) , einen betenden ( koktmcoV ) , einen voraussetzenden (wto&enxov),
einen verdeutlichenden ( ix&erwov ) , einen anredenden {nqogayo-
115) Diog. L. VII, 66 f.: $iatf(oii dt äSiiofta xal IgioTrj/xa xal nvOfia,
TiQogzaxTixnv xal oqxixov xai aganxbv xiti vno!) erixbv xai ngogayogevxixbv
xal ngäyiia bf.ioiov äSuifiari. äii'aiua iiiv yag lanv o Xiyovxeg anoifctivöiAefrcc,
ÖTien rj aXr)9-e'g iariv rj ipevaog' igmrrjfia dY (an ngayfia avrorfXtg
jiiv ibg xal to «fiVy/«, atTrjTixbv äi anoxgi'oe log , oiov ,,aqä ye
ilui-Qtt £<stC" ; tovto 6*1 ovre aXtifrtg lanv ovtc xjjeiiäog, aiare to fiev ri/xt-ga
iazlv aiCiofja (an, To d*e aoit ye r'i/j.e'ga (ot(v; (gioTTj/ja' TTvöjta dY (an
ngayiia ngbg o OvftßoXtxiog ovx eanv anoxQCvea&ai tag (nl tov (gojTrjtJatos
„va(", aXXu eineiv „otxel (v Tqjde totiio". TigogTuxnxbv Se (aTi ngäyiia
o X(yovTtg ngogTaaaofiev , oiov „av Ith' ßääii^e rag (n^ 'Iva/ov goag"'
ngogayogevTixbv äe (an noayiia o et Ifyoi Tig, ngogayogevoi av , oiov
„Jirgefär] xväiGTt , ava'f avägiov Hydfiejxvov" . ofioiov dY (anv äitoJfiaTi
o rijV (xtpogav e/ov e^itofiarixijv Traget rivog fiogCov nXeovetOfibv rj nä&og
e'ieo nimei tov ye"vovg tiSv aiioyiidnov , oiov „xaXög y' 6 n agüevtov":, ,,eog
ÜQiajtlSrio'iv (/.iifegrjg b ßovxoXog" ' ean Si xai (netTrogr\nxöv ti Tigay/ia
e>ievrivo%bg a$tioiiuTog , o ei teyoi Tig, etnogoiri av ,,«()' fffrt Ovyyeve'g ti
Xvtm) xal ßtog;" (in den Beispielen ist eine Lücke, da bgxixbv , ägctnxbv und
VTTo&eztxbv fehlen). Sext. Emp. od», math. VIII, 70 — 73.: tojv df aiiToreXibv
nXeiovg eh'ai qraOf xai ydg TTQogTaxrixä xetXoval Tiva, antQ irgogTaaaovres
Xiyofiev, oiov„3evg iS-i vv/jqtt epiXrj", xai anoif avxixa, hntq unoifaivöfievot
i(<a[ttv, oiov „b /llmv ntoinuTtT, xal nva/iara, äneo leyovreg nvv-
D-ccvöue&tt, oiov ,,ttov olxel/ttmvi" gvofjaiexai de nva nao' aiirolg xal
AodTixa , tineo X^yovreg ttQtofis&a „wüt" Oifi' {yxfyaXog xaiiaäig ()^oi log
oie olvog" xal evxnxa, lineo Xe'yovreg ev/öfie&a „Zev nareo "Id'rjdev /.ie-
St'iov xväiore (itymxe, äbg vlxrjv Aiavxi xal äyXaov tv%og äoe'O&ai".
TinogayoQevovOi Si riva tiov avioreXiov xal a^itifiata , aneo Xeyovreg ijroi
uXtj&evofiev xj iptv$6fiefric taxi Si tiva xal nXffova rj äSiai/jaTa , oiov to
[xiv toiovto „lloiafiCä rjaiv IfiweQrit b ßovxöXog" a^hoiia iariv, rj yän akr>-
ftevo/ifv XfyovTfg avTO ft \lievä6^iff)a, to dt ovrotg e/ov „lüg llQiafildaiöiv
£li(feor)g b ßovxoXog" TiXe'ov ti a^iiofiazog (ort xal ovx ci^iiotta. Anon. Cod.
Coisl. ad Ar. d. interpr. bei Brand. Schol. p. 93a. 22.: ntvxaymg b XbyogevxTixbg,
xXrjTixbg, TiQogTaxTixbg, (oioTTj/.iaTtxbg, xal anooraviixög (d. h. der
Commenlator ist Peripatetiker , s. unlen Abschn; IX., Anm. 53.) et df eigfaxovrai
xal äXXoi Traget roig' Zrio'ixoig, oiriveg eiaiv ovtoi ' (xfrerixog „(xxeio&
io evfrtTa yottitfiif, bnoSitrixog „vnoxeta&io rr)v yijv xe'vTQOv Xbyov
i/eiv nobg tov ougaybv", ecXXä xal avmi eig Tovxovg ävdyovrai (b. 20.)
xaXovOi de ot iiev Ztux'CxoI tov arioifavTixbv ä^i'io/Ja, tov df xlrjrixbv
nQogayooevTixbv, tov df evxzixbi' ägarixbv , xai TrgogTideaOi TovToig ctXXa
eiärj' äiarrogrjnxbv , bfioTixbv ijroi anouorixbv xal xaTaiionxbv , {molreTixbv
, txx'te tixov , 9avftanTixbv , CKf.rjytjf/aTixbv otioiov a^nöfiaxi. Hiezu bes.
noch die Stelle des Amnion, in Anm. 117. Ferner Excerpt. Herod. h. Cramer
Anecd. Ox. III, p. 267.: Ti&eVTai toi'vvv aijTr)v tt]v vnotrerixr)V ot Ztio'CxoI
iiXXr)V eyxXiOiv artb (l. nobg) Tag f' {yy.X(aeig, b/uoi'iog xal rr)v ävaxqixixrrV
ryyovv (QioTrj/jarixfiv , oiov „not. eßi) Z4v<fgo/ud/r] ; •' iög nag' (xeivoig enTct
eidiv al lyxXlaeig. Ebcnd. I, p. 104. Mehrere Bnchertitel im Schriften-Verzeich
nisse des Chrysippus (191.) betreffen besonders das fragende Urtheil. Zur Lehre
vom beschwörenden Unheil« gehört die b. Stob. Flor. XXVIII, 15. angeführte Unter
scheidung zwischen ctXrjfrogxtiv und .{ vogxeTv, welche Chrysippus aufstellte. Vgl.
Abschn. X, Anm. 4.
442 VI. Die Stoiker (Unheil).
qevxixov), einen wundernden {&avptt6zut6v) , einen -zweifelnden (InunoQrjTMOV
) , einen beschreibenden dem a^icofia ähnlichen (o'ftoiov a£ta>-
l*ur£). Hierin nun wäre allerdings, obwohl z. B. der Prohibitiv - und
der befürchtende Satz u. dgL fehlen, doch völlig wie bei den sogleich
unten folgenden zusammengesetzten Urtheilen der Anlauf zu einer völlig
auf grammatischer Syntax bcruhcnjdc.n. JUjgjschcn^I^ire .Y.OfflJfoÜieUe ge
nommen ; diese Consoiiuenz jedoch wurde zum Glücke unserer abendländisclien
Culturgeschichte nie gezogen, so nahe es auch läge und eine
so J^ewickligc^orderung .CS such wäre , dass man alle syntaktischen
Modalitäten des Urtheiles völlig in gleiejie.r, Weise wie das liypolheüsche
und ' "da'riJisjuiicIrve r^öTclje bekanntlich allein in der Tradiiion bestehen
blieben"," "hacli Ihren säumi.tligltco . möglichen Formen vaii Verbindungen
ünlersucjite! Der grosse Haufe der sogenannten LögilCer, von deren SchrifteTirotfer
Vorlesungen man ja auch noch heutzutage nach allgemein verbreite
ter Ansicht die „Verstandesbilduug" der Jugend erwartet, ist allerdings ent
schuldbar einerseits durch die crasseste Unwissenheit in Bezug auf die
geschichtliche Entwickclung der Logik und andrerseits durch die lokkende
Bequemlichkeit der Ueherzcugung, dass ja die Logik überhaupt
in ihren Formen eine „fertige" und „abgeschlossene" Disciplin sei ; und
so mag wohl auch der Widersinn , dass von den syntaktischen Modali
täten des ..Urtheiles gerade zwei, und zwar 'coordinirMieEen dem kafegorischen
behandelt werdenT'sich noch gar lange in der Schul-Logik fort
schleppen. Uns aber eröffnet sich hier die Einsicht, dass die Stoiker
die Logik in die grammatische Syntax und die grammatische Syntax in
die Logik hineinzogen, natürlich aber wegen gänzlicher Unfähigkeit so
wohl ihres grammatischen als auch ihres logischen Principes auch nicht
zu einer consequenlcn Durchführung dieser Verquickung gelangen ; und
wir werden sehen, wie die grammatische Auffassung der Partikeln selbst
in den Syllogismus hineinspielt, und wie in Folge des gleichen Molives
auch die Lehre der älteren Peripatctiker betreffs der Voraussetzungs-Urtheile
und Voraussetzungs-Schlüssc (s. oben Abscbn. V.) neben einigen
anderen grammatisch-rhetorischen Functionen des Satzes behandelt wird,
um später dann unter den Händen der Schul-Tradition zu dem zu wer
den, was sie eben geworden.
Während nun bei dieser Einteilung das ai-t'oofta darum vor den
übrigen ihm coordinirten Arten einen Vorzug für sich in Anspruch
nimmt, weil in ihm allein ein cclrj&eg oder ijjEvdog ausgesprochen wird 116),
116) Ausser dem in den so ehen angeführten Stellen hierüber enthaltenen noch
Diog. i. 65.: ä'giw/ua S( Iotiv ö iariv nXtjüeg fj i/jfidof fj Trnayua ctvrori-
Xig äncxfcivTÖv oaov tip' tainu) fj xaraif avröv, mg 6 XpvaiJiTrög if r^aiv Iv
tolg Siai.txTixotg oooig, oiov „»/«f'o« fori, /Uiav niqmatii." mvöfiaOxai
Sk TO ßi'i'w«« «Tfo tov aSwvaO-iu fj ä>etrt&ai , 6 yeto kfyoiv „rffitQa IotIv'
aiwiv Soxfi to tjtuSQav tlvaf ovarjg fiiv ovv r)fiiqag alr)0-ig yiviTai TO
TTQOXtCfisvov ä$"la){tci, fif) ovarig Se i/jfvSog. u. cbend. 68.: ovti Sk äXrjO-rj
(OTIV 0VT£ IplvSij TU tQUOTtjuttTtt Xttl TCC TIVOIIUTU XIU 7« TOVTOig TlttQCtnXrjoia
T(3v aiiiouaTwv fj aXrjfttVbiv fj ifjevSiöv ovtojv. Sext.Emp. a. a. 0. 74.::
nki]V Ixccvrjg oi/ffijs Iv Toig Ifxroig SiaqoQag, h'ci ti, ipadlv, äXrj^eg rf rj
iptvSog , SeT etvTo tzijo nuvrog Xsxtöv elvai, eiTa xal ctvTOTtXig xai ov
xoiviSg onoiovSfjTtoTi ovv uXV &£la>utc fiövov yctQ tovto, xcc&üg nQoelnov,
liyovTig ijroi äXrjfh(iioij.(v fj ifitvSofte&a. Suid. v. ä^i'iofia. Gell. XVIII, 8.
S. Simpl. in d. folg. Anm.
VI. Die Stoiker (Urtheil). 443
so scheinen allerdings einige Stoiker wenigstens eine Zurückfülirung der
übrigen Sätze auf das öijtoofja beabsichtigt zu haben, insoferne neinlich
erstere ebenfalls fähig seien, das Moment des Wahren und Falschen in
sich zu enthalten ; es scheint ncmlich hiebei die Annahme leitend gewe
sen zu sein, dass von dem ai;/a>j*o! die übrigen Satz-Arien sich durch einen
Ueberschuss (nltovct&iv) an Partikeln oder grammatischen Functionen un
terscheiden, und daher wegen der weniger einfachen Form dem Wahren
bloss ähnlich, nicht aber seihst wahr seien 117). Jedenfalls aber ist es dem
nach das a|t'coftK, an welches die logische Lehre vom Urlheile sich knüpft,
denn auf jenes müssen ja die übrigen Arten reducirt werden, woferne sie an
dem Wahr und Falsch Theil haben. Mit steter Beibehaltung der fortlau
fenden Stufenleiter vom Einfacheren zum Zusammengesetzteren glauben
nun die Stoiker vor Allem nichts Nothwöndigeres thun zu müssen, als
die Urtheile in „einfache" (arcXa) und „nicht einfache" (ovj£ unka) ein-
»utheilen U8), wollet die Begriffsbestimmung des einfachen Urtheiles, wel
ches eben nur aus Substantivum und Verbum besteht, eigentlich nur im
Hinblicke auf das nicht einfache gestellt ist; es wird nemlich als das
einfache jenes bezeichnet, welches in keinerlei Weise zusammengesetzt
117) Ammon. ad Ar. d. iaterpr. f. 4 a.: xaXovßi fie ol ^Tia'ixoi tov fiiv
anoipavTixbv Xoyov ailiofia , tov fie tvxrtxbv tioaTixbv , töv fii xXr\Tixbv
noogayoqtvTixbv, nnogTi&t'vTfg Tovxoig 'irena irtvxt Xöyiov iTfirj aaifmg vnö
Tiva tiüv a7irj()L^jjirijj.(vuiv avaiptQÖfitva' XiyovOi yaQ To jxtv ti elvai ofxo-
Tixbv, oiov „Xistid vvv röfie yala" , to fii {x&ertxöv , oiov ,,eaxio evO-eta
yQa/n/xij fjfie, TO fit vnod-eTixbv , oiov „vnoxilaOta xrjv yfji' xivxnov elvai
■crjg tov rj).(ov OipaCoas" , to fii 5/iotov' aiitouari, oiov „dg mQtt'l'CSTia. ij
TV/CV tv Tolg ßloig", anto unctVTa fitXTixä övTct yitvfiovq tc xal &Xr\3elag
vnäyoiVTO av tm anoif ■aVTixiti , tov uiv 6/iotixov rfj [xciotvoCu tov &eov
nXeovactaVTog xijg ano<[ dvneiog , tov fi' b^ioiov rat aiitauaTi xrj tov ,,<Ag"
Ijtiiurixov tniQQrmctTog 7iQog'h)xry nifimov fii ti mjbg rovroig tlval quai
to iniinoQr]Tixov oiov „zläog ndgeOTi iC 7tot' äyyeXwv äga;" öttsq fvaoycög
TavTÖv ov Tvy/dvei Tip iQiuzrjuarixip nXr(i< ort noogTt'&rjOi Trjv nnoTtt-
Oiv xrjg i(>ioTr)aeiog. Der ganze Zusammenhang dieser Stelle nebst der durch
gängigen Art und Weise des Amnionitis zeigt deutlich, dass die Worte aneo anaVTa
fifXTixa ovtcc ijjevfiovg tc xal dXrjd-ei'cig a. s. f. nur aus dem Munde stoischer
Anschauungen gesprochen sind; ganz entschieden ja drücken sich in dieser Beziehung
die Pcripatetiker aus, s. Ahsch. IX., Anm. 54. Simpl. ad Caleg. f. 1Ü3 A. cd Basti.,
woselbst die Stoiker dem Nikoslralus (s. unten Abschn. XI., Anm. 9.), welcher das
Wahr- oder Falsch -Sein für alle Arien der Satze in Anspruch nahm, folgendes
entgegenstellen: /top).? fit tovtoiv, ttanl, nnXia XeXvria tkitk iv Talg
yrjoeai tov oqov tov aiiaiftaTog tov difoQiCofjivov to ciiCoifxa, b Iotiv äXrj-
&eg rj \ptvfiogm oi yao to dfiortxbv oiov tc äXrjtrig elvai rj ipevfiig , aXX'
evooxeTv uiv rj tmopxelv iv Tolg ooxoig elxbg , äXrjd-eveiv fit rj ijievfiea&ai
iv «vToig ov% oiov ts, xav nein aXr/Oiöv duoGri Tig rj ijievfiwV xal iö
fxaOTixbv fii nXtovütov Tip 9uvfiaTi ttciqü to a^Ciofia xal to \p(xnxbv Tip
fiiofxlfitii ovtc äXrjS-^g ("oiiv rt tjjtväfg, ttXXä öfxoia aXri&taiv rj ifiivfieotv.
äXX' avTUi fjev dnb Trjg 2Tia'fxr)g aXQißetag k'OTwaav at XvOfig.
118) Sexl. Emp. adv. math. VIII, 93 f. : Ttov yaQ ä'SttouaTiov nnb>Tr]V ri/tfibv
xal xvQiioTttTr\v Ixif^Qovat fiuttf OQav ol fiiaXtx.Tixol z«*' rjv r« /xe'v Iotiv
avTiSv anXü to, fi' oi/ änXä. xal änXü fxlv öoa (xi\t* Ii tvbg aiiiofiarog
filg Xa/ißavo/re'i'ov avvioTrjXtv [trjr' Ii ainofiärmv fiiaif ioovtiov fiia Tivbg
fj Tivöiv awätafiiov (der Sinn aller dieser negativen Merkmale wird unten, Anm,
122, klar werden) , oiov „rjutoa larlv , vvi ttSTiV , Zioxnarriq fitaXt'ytTta",
neiv S 7^? bfioiag Iotiv ffis'ag' digniQ yao tov axrjfiova anXovv Xiyofxtv
xaCntQ Ix tqi/iüv awiarmTa , inii oix Ix arrjfjoviov , ofjivis tloiv 6/Lioyeveig,
ninXixTia , oiiTiog änXa Xfyerai a'iuöfiaTa , lirti oiix H aiia^äTCov
444 VI. Die Stoiker (Urtheil).
ist. Was nun die fortgesetzte Unter-Eintlieilung der einfachen Urthcife
betrifft, so scheinen die Stoiker zunächst das Verhältniss der Quantität
bloss in die grössere oder geringere individuelle Bestimmtheit verlegt~zu
haben, was völlig mit der stoischen Entwicklung des Begriffes (s. Anra.
69) und der Wesens-Bestiinmthcil (s. Anm. 93) in Einklang ist; es tritt
nemlich hei ihnen hierin die Einlheilung in „bestimmte" (cooia^iva), „un
bestimmte" (ctÖQiGTct) und „mittlere" (jieoa) Urtheile in den Vordergrund 11!)),
und in Bezug auf die Frage über Wahr und Falsch knüpft sich hieran
dann das quantitative Moment, s. unten Anm. 139. Die Eintheilung der
einfachen Urtheile aber nach ihrer logischen Qualität trägt schlechthin
nur das Gepräge der äusserlichsten grammatischen Auffassung; nemlich
neben dem bejahenden, welches selbst wieder je nach der grösseren
Bestimmtheit in ein überhaupt bejahendes (xaxTjyoqixöv) und ein demon
strativ bejahendes (xatayof/ivxixöv) zerfällt, erscheint das verneinende
bloss nach den jeweiligen negativen Sprach-Ausdrücken eingetheilt, je
nachdem nemlich die gewöhnliche Negation „Nicht" gebraucht wird (emoqpanxov)
, oder ein allgemein verneinendes Wort, z. B. „Niemand"
(aQvrftixov) , oder ein mit dem a privalivum zusammengesetztes Wort
(dwpjjtMtov) , wozu noch als ein wahrhaft unühersteigbarcr Unsinn das
„überverneinende" Urtheil (v7t£Qcmoq>aTix6v) kömmt, nemlich jenes, in
welchem zwei Negationen sich aufheben und eine Aflirmalion bewirken! 12°)
awtaTrjXtv a).V 1% aXXtov Tivmv o'tov ib „r^ittia taTtv" änXovv taTi nanöaov
ovti tx tov uvtov taTiv afiiä/iarog Sig Xa/jßavofitrov ovrt ix SiatptoövTtov
awtaTrjXtv , ti uXXiav St tivüv avyxtxoiTui oiov tov r)fiiga xai
tov tanv, xai utjv ovSi OvvStafibg taTiv tv itvztii. Diog. L. VII, (jS. : tojv
tt$i(o[iaTwv tu fitv Iotiv ärrXa zä S' oi% änXä, äg qaaiv ol neoi Xqvoinnov
rj Ido/tSrjfiov xai Hd-rjröSiooov xai ^4vtCtiutqov xcti KqCviv. änXä
fitv ovv ton tu owtOTtöTa t£ aiiiofiaTog ftrj SiaifoQovfitvov (/. Siifopovfitvov
, s. unten Anm. 122.) rj (l. rj ftr)) t£ a^ioifiÜTiov , oiov To „r)[*in«
IdrCv."
1 19) Sext. F.mp. a. a. 0. 96 f. : tiSv St änXiüv tivu fJtv woiOfiiva tariv
Tiva StdögiOTCt Tivä äe iitaa, toQiOfitva (tlv tu xarä Stigtv txopeQÖ/xtva,
oiov „oizog TTipiTiaTeT, oi/Tog xä&rjTai" 1 Sttxvvfji yäo Tiva T(3v tni fiinovg
&v9Q<a7ia>v äooiara Si tan xcit' avToiii tv o'tg aoQiatov n xvgitvet tto-
Qiov , oiov „Tig xä&rjTat" • ptoa St tc\ ovTtog eyovTa „äv&Qionog xä&rjrai"
Jj „ZlüXQUTr)g 7ltQl7lC(Itl". TO /ItV OVV „Tig TltQITlCCTU" äÖoiOTOV iOTIV,
tnti oix uiftiwtxt Tiva tojv tni utnovg TitntnuTovVTOJV , xoivöig yäo tqi'
txarlTov avTiöv txwtQSO&ai:' To äi „ovTog xää-rjTai" ojqiOjxtvov taTiv, tirtl-
TTtq ctiflÖQixt t6 Stixvvfitvov 7in6gio7roV TO St „^(oxnärrjg xä&rjTai" fitaov
vnfjQXtV, tntCntQ ovtc äoQiOTOv laxiv , w/ mqixt yciQ To fiSog, ovti (bniafitvov,
oi) yän fiträ Stt'Stojg ixiiiotrai, äXX' eoixt fiiaov äficfOTtoorv VTrän-
%ttv tov Tt aonCaTov xai tov (uQiOfiivov. Bei Diog. L. 70. ist auch hier eine
Lücke, denn er spricht bloss von dem «öpidror, nemlich: äÖQiOTov S4 £o~ti to
awtaxbg Ii uoqCotov fiontov rj ccoolotiov , oiov, „Tig ntomaTti"., txtivog
xivttTai." Eine hieran sich knüpfende dumme Spielerei s. Anm. 210.
120) Diog. L. 69 f.: tv St Toig änXoig at-HÖfiaoiv tan to änoffaTixbv
xai to äovrjTixbv xai to OTtnr)Tixbv xai to xarrjyonixbv xai TO xaTayoQtvnxbv
xai to äÖQiaTov (s. vorige Anm ) xai ä!;ia)fiaTog anoq aTixbv
filv , olov „oi/i iifiioa tarCv". ttäog St tuvtov to vntqanoif aTixöv vntoanotfttTixbv
St taTiv uTroqaTixbv anoif aTixov, oiov „ov/i r)iiina oix tOTi",
TtihrjOi Sh to „tjfiina taT(". äovrjTixbv St tOTt rb avrtOTog t$ är>rrjTixnv
jionlov xai xaTrjyonrj/iaTog , oiov „ovStig 7ZfQinaTtT." aTtQrjZixbv St tau
to avvtOTog tx OTtQrjTtxov /iooCov xai a'iioiftaTog xarä Svva/niv, oiov „äift-
Xäv&Q<o7i6g taTiv ovTog". xuTrjyootxbv St taTi to avvtOTog Ix UToiattos
VI. Die Sloiker (Urtheil). 445
Gerade aber dieses Hervorheben des negativen Ausdruckes eines Satzes
mussle die Stoiker dahin führen, nur jenes Urtheil als ein verneinendes
gelten zu lassen, in welchem die Negation eben zu dem Satze selbst
als solchen gehört, d. h. wo dieselbe entweder das Subject verneint
oder die Verbindung desselben mit einem Prädicate aufhebt, also zum
Verbum oder zur Copula gehört 121), wohingegen ein Urtheil, in welchem
die Negation ausschliesslich bloss einen Bcstandtheil des Prädicates aus
macht, für die Stoiker auch aus Gründen, welche unten, Anm. 135,
anzugeben sein werden, eigentlich gar keine Geltung hat
Diese einfachen Urtheile nun sind durchweg nur im Dienste der
„nicht einfachen", denn an diese letzteren lehnt sich, selbst abgesehen
von dem durchgängigen Grundzuge eines Uebergehens vom Einfachen zum
Zusammengestzten, bei den Stoikern jener Theil der Syllogistik an, wel
cher, wie wir sehen werden, aus Gründen des Rhelorismus den ur
sprünglichen und hauptsächlichen kategorischen Schluss fast völlig absorbirt.
Das zusammengesetzte Urlheil nun wird dadurch gewonnen, dass
entweder Ein und das nemliche einfache zweimal genommen wird, oder
zwei verschiedene einfache verbunden werden , jedenfalls aber eine
verknüpfende Partikel hinzutritt (das übliche Beispiel für die zwei Fälle
ist: „Wenn es Tag ist, ist es Tag" und „Wenn es Tag ist, scheint die |
Sonne"); und es wird daher auch das „nicht einfache" Urtheil als jenes
definirt, welches aus einem zweimal gesetzten einfachen (ÖLcpogov puvov)
oder verschiedenen einfachen (öicicpoQa aiiw(iaxa) besteht, und wobei
Eine oder mehrere Conjunctionen (avvdeOjiot.) einwirken 122). Durchweg
op&rjs xtä xcnrjyoQTifiazo;, oiov „Atoiv neninaxti" ' xax ayootvx txov dY laxi
To ovvtaxös Ix nioiotiag dnf)ijs ätixxtxrig xal xuxr\yogr\fi«xog , oiov „oviog
ntQinaxti." Hiemit stimmen mehrere Bücher-Titel im Schriften-Verzeichnisse des
Chrjsippus (190.) ü herein.
121) Appul. d. interpr. p. 200. Oud. : AI Stoici hanc quoque dedicalivam putanl
, cum inquiunt „evenit cuidam voluptali bonum non esse" (das Beispiel ist
schlagend vermöge der affirmativen Copula evenit, d. h. av/jßa(vei) ; ergo dedical,
quid evenerit ei, id est, quid sil ; ideirco dedicativa , inquiunt, est, quid ei, in
quo negavit esse, dedical id, quod non videtur esse. Solum aulcm abdicutivum
vocont, cui negativa particula praeponitur. (Einfaltig ist die Widerlegung dieser Auf
fassung, welche Appulejus gibt: verum Iii quidem cum in aliis tum in hac re vincunlur
, si qui ita rogaverit „quod nullam substantium habet, non esf"; cogenlur
enim secundum quod dicunt, confiteri esse quod non est, quod nullam substantiam
habet). Ehend. p. 2Tb.: al Stoici quidem tau I um negativa particula praeposita
putant illationem recusari vel ex propositionibus (Uteram tollt , utpote : ,,omnis,
non omnis ; quidam, non quidam." Daher muss das von Diogenes (vorige Anm.)
gegebene Beispiel des axfijrjxixov entweder dadurch entschuldigt werden, dass atpi-
Xüv&Qtonog als Subject voraus steht, oder das Beispiel ist nachlässig hingeschrie
ben und müsste genauer etwa heissen ätfiXävHotunog Ion yXio/gög oder dgl.
Boeth. ad Ar. d. interpr. p. 383. (ed. Bas. 1570): si ergo, quemadmodum Stoici
volunt, ad nomina negutiones ponentur , ut esset ,,non homo ambulat" negatio,
ambiguum esse possei, cum dieimus ,,non homo" , an inßnitum nomen esset, an
vero finitum cum negalione coniunetum.
122) Sext. Emp. adv. math. VIII, 95. , woselbst der Gegensatz gegen die änXä
(s. oben Anrn. IIb.) folgendermasscn ausgedrückt wird: oii/ ctnXä lxvyx«ve
i« oiov ämXä, xal Satt d" l£ ä^ioi/xaxog ifij Xa/A ßavo/xivou ij Ii aSuo/AitxiüV
äitttf eoövuov- avvtaxr\xt Stu ovvöiofiov xe fj avvS^afitov , oiov „tl Tj/xtpa
iailv, rintoa laxiv' tl vii'6 eozi, axöxog iaxiv xal rj/x^ga tan xal (f olg
toxi' r^xoi Tj/xtya iaxiv fj vv'i Zoxtv". Ebcnd. 108.: xal ärj ov% änXä (x(v
446 VI. Die Stoiker (Unheil).
also von bloss grammatischem Standpunkte aus sahen die Stoiker in
dem Auftreten einer ri£oniuiiction die alleinige Möglichkeit einer Verknü
pfung (avfmkoxri) *aer ürmeile 123). Darum denn nun bildet auch bloss
die je einzelne Art der Conjunction das leitende Motiv für die weitere
Eintbeilung dieser zusammengesetzten Urtlieile, welche hiernach, je nach
dem tl oder £7t£t oder xai oder ein disjunetives v\ oder dwn oder ein
vergleichendes ?/ die Verknüpfung bewirkt, entweder ein hypothetisches
Urtheil (avvrififiEvov und nuqaßvvri\i^ivov) oder ein copulatives (Gvpmtnleypievov)
oder ein disjunetives (dtEfeuyfu'i'ov) oder ein causales (cthiä-
6eg) oder ein vergleichendes (diaßacpovv to pakkov i] ro rrtxov) sein
können 124). Unter diesen nun ragen neben aller übrigen grammatischen
Gleichstellung das hypothetische und das disjunetive darum mehr hervor,
weil die Peripaletiker den Voraussetzungsschluss besonders bearbeitet
hatten; warum jedoch durch jene diess geschehen sei, sahen die Stoiker
so wenig ein, dass sie einerseits diese syntaktischen Functionen den
übrigen coordiniren , und andrerseits doch wieder mit denselben in die
plumpeste objective Geltung des hypothetischen und disjunetiven Verhält
nisses hineingeratben und so auch hier wieder jene Vermengung des
äussersten Formalismus und rohesten Empirismus erweisen.
Was nemlich die erstere, formal syntaktische, Seite betrifft, so ist ihre
Lehre folgende: Das hypothetische Urtheil, rö Gvvr\w&vov , ist jenes
nicht einfache Urtheil , in welchem die Verknüpfung durch „Wenn" (ei)
lanv ttiiiöuuTtt rec avioTeoov nQoeiQrifj.e'va , änen ii aiiiojxaToq diayogovfie'vov
(f. ÜHf'OQovuivov) t} c<i;i(x)/jKT<ov dinif eoovTbyv avviartjxs xal iv oig
aiivSeafiog rj aiivotclfioi imxnaxovaiv. Diog. L. VII, 68.: ov% anXä eft iazi
Ttt avvtOTÜiTtt ii a^iiöfittros Sitttfooovfiivov (/. dV/ oQovfjivov) fji'i a(~ia>ita~
TiaV 1% aiitoiiarog fiev äiaij OQüviierov (ebenso), oiov „ei ^uep« iaTiv"
(natürlich ist zu lesen el rjfiioa iarlv, rjuina cirrtr)' ig a£iwfiaT(ov de, oiov
„ei tjtiinei iarl , (fiüs eori'1. Was die hier und sonst noch oft vorkommende
Schreibung Siaq oqov/xivov betrifft, so widerspricht dieselbe vor Allem dem Sinne,
da das darnnter zu verstehende zusammengesetzte Urlheil einen Gegensalz bilden
muss gegen das ix Siaiiooiov u£ito{ittT(ov bestehende, und die häufig genug vor
kommenden Iradilionellen Beispiele zeigen deutlich, dass unter dem angeblichen <f«tqotjoufxevov
Urlheile gemeint sind wie z. Ii. eben tl fifiina Iotiv, rj/niott eaxiv
(s. auch die sogleich folgende Anm. 125.). Nun aber gibt Alexander bei Gelegen
heit der Besprechung des hypolhetischeü Schlusses (s. Anrn. 185.) die allein rich
tige Lesart Siqoooviierov welche auch Bekker zum Sext. Emp. pyrrh. hyp. 11,112.
ajs handschriftliche Variante aus der Chouelischen Ausgabe anführt; dieses Wort
äi(f onetv nun ist bei den Grammatikern häufig üblich in der Bedeutung „das nemliche
zweimal in verschiedenem Sinne vorbringen", wogegen ätayoneta „zerreissen,
verzetteln, verdauen" heisst. Ich stelle demnach von nun an überall gleich still
schweigend das richtige ät<ioQovf*evov her.
123) Hexipp. ad Catey. b. Brand. Schul, p. 44 a. 0.: (jet/uev ärj Sri [iövrjv
avunXoxr\v t't\v peTct avfjnXexTixov ovi'je'o'juov nQot/ooäv XiyovTeg lolg
Zjwixotg inuxoXovttovatv, tov äo/aioTenog ö AoiaTOTeXtjg xal rj riov noeoßinintov
ßvvrjl^e (q YQtöfie vog , o'ixiveg TtjV T(3v nXeiovior fienüv tov Xöyov
avv&eaiv avfiTiXoxtjV (Avö/jutov ro <)t Xe'yeiv oji fiera ai\unXoxfjg ö äv-
&Qio7iog ?j 6 ßoug, d'/ori OvvOeoig in' rtÜT(3v lau avXXaßöiv xal OTOi/eiiov,
xal «uro ov xnX(Sg Xfyerai ' ov yäo tijv tiov oxoi/eiojv ovv&eatv äXXü ir\v
Ttiv fAentov Xöyov oi naXaiol av/un Xoxrjv dvofid£ovOt.
124) Dioy. L. VII, 69. : iv de roTg oi/ anXotg to awt)[ifiivov xal to
nanaovvrjufie'vov xal to av£inenXeylue'rov xal to äieievyfliyov xal to al-
TKoäeg xal to äiaOa<f,ovv to fiäXXov xal to äiaompovv To tjTTOV. Auch hiefür
s. das Bücher-Verz. des Chrysippus (19Ü f.).
VI. Die Stoiker (Urtheil). 447
bewerkstelligt ist, mag hiebei Ein einfaches Urtheil zweimal oder zwei r
verschiedene einfache Urlheile gesetzt sein ; der grammatische Vordersatz
heist rjyovfiBvov, der grammalische Nachsatz Xfjyov; der innere Sinn die
ser Verknüpfung ist das Verhältniss einer Folge, einer axoXov&ict 125).
Die Nebenart des hypothetischen Urlheiles, welche TtaQdGvvTjjijxivov heisst, j
unterscheidet sich von dieser durch die Gonjunction „Da" (inst) — s.
Abschn. V , Anm. 69 — ; auch durch sie wird eine axoXov&ia ausge- /
drückt, jedoch mit factischer Gewissheit des Vordersatzes 126). Das cqjuilative
Urtheil, vo 0vy,ntitXtyp,svov ist das durch „Und" oder „Sowohl — als
auch" (y.cd, xai — xai) bewirkte 127). Das Disjuiictive , to dis&vypivov,
125) Diorj. L. 71.: awrifijxevov fxev idTtv , tag 6 Xnvatnnog iv ratg
JiaXexTixaXg yt\<Si xai /tioyevr\g iv Tij /tiaXezTixrj Te'/vrj, to OvvcjJtÖs dta
tov „ei„ GvvanTixov ovvde'Ofiov inayyiXXezai de 6 GvvdeG/xog ovrug axo-
Xov&eiv to devTeoov toj nntoTip, oiov „ei rifiioa iati, iföig effri". Sext.
Emp. ade. malh. VIII, 10911". : ...to xaXovfievov avvtjUfiivoV tovto toCvvv
Gvviairjxev Ii uiuxifiaTog di(foqov(iivov ij i£ ä^iot/xaToiv äiatflQÖVKoV diä
tov „ei" fj ,,eineo" Gvvde'Gftov , oiov ix äiqoQov/xe'vov fiev a^itofiaTog xai
tov ei Gvvdiaiiov avve'arrjxe to toiovtov Ovvrj/iu.e'vov „et r\fie"pa iOTiv, fj/.ie'na
ianv" , ix diatfeooVTtov de agiu/xai wv xai diu tov elneQ avvde'a/xov to
oiiTiog e/ov „elneQ r)ue\>a iarl, (f.tng eaziv". t<öv de iv tü GvvrifJLfievip
&£i(D[iäTiov to [xeia tov ei fj tov tlntq GvvdeGfjiov TeTayfxivov fjyov/^evöv
Tf xai 71q(Stov xaXetTai, to de Xomöv Xrjyöv re xcel öevTeoov, xcä iäv av-
TiOTQoifiwg ixrpe'orjtui to oiov owrjfifie'vov , oiov ovT(og „ifiüg eoziv , elneQ
fjjie'Qtt iorlv'1' xai yao iv TovT(f Xrjyov ^ev xaXeiTai to „(füg Motiv" xatneo
nQiiiTov i$ e ve/i)-e v , r)yovfievov de to ,,r){i£oa iaTiv" xainen devregov Xeyöfievov
, dta to fieTct tov elneQ GvvdeGfiov ieTU)r&ai. (die hierauf bezügliche
Stelle des Philop. s. unlen Anm. 175.). ij txev ovv Ovotaaig tov Gvvrjtuiue'vov,
tag iv avVTOftqt eineTv , iöTi ToiavTrj, inayye~XXeG&ai de doxei to toiovtov
äSCojfia axoXov&eiv tm iv uvTm nQioTtp to iv avim deineqov xai bvTog
tov fjyov/te'vov eGea'lai tö Xrjyov. Gelegentliche Beispiele des äufOQovfXevov bei
Sexl. Emp. sind ehend. (294.) : tö diq<0QOv/A.evov Gvvrjfx/ue'vov to „ei eOTi ti
atjuelov, eöTi Grj/xeiov" (vgl. ebend. 281.) und (4üb\): tö Gvvr\{if\evov to „ei
eOTiv änoäeiiig , eGTiv än6äei$tgu diifooovfievov xad-eOTÖg äXrj&e'g idTiv.
l'seudo-Galen, ElOay. äiaXexT. cd. Minus p. 15.: ini de Ttjg xatä aw^eiav
vno&eTixt)g nooTaoeajg , ijv ol neni XQvaiTmov dvo/j.d£ovOt, awr\fifiivov
aiCtafia, x. t. X. Galen, n. XQaff. x. dvv. t. c'tnX. (papfi. II, 16, XI, p. 499 K.
TtjV d' vno!) eTixijV nooTaaiv , i}v oi neoi tov XqvOmitiov a£i(ßfia övvtjf/.-
fie"vov 6vofAa£ovei, x. t. X. Vgl. Abschn. VIII, Anm. 49.
12Ü) Uiog. L. a. o. 0.: naQaavvrjfifie'vov de" iOTiv , mg 6 KgCvig ifr\aiv
iv A laXexi txrj Te'%vrj, aiCoifia o vno tov „inet'1 awde'Ofiov naQaOvvfjmai,
dij/ofievov an' agico/xaTog xai Xrjyov elg ä£((oua, oiov „inei ri/xe'Qa
iaTi, <pwg eOTiv". inayy(XXtiui de ö avvdeafiog äxoXov&elv te tö devTeQov
Tty nQCOT(a xai to notoTov vif edTavai.
127) lliog. L. 72.: avfinenXeyfievov d£ eOTiv aiCmua o vno tivoiv OvfinXer.
Tixüiv avvdiafxmv ovfinenXexTai, oiov „xai r)fj.e"Qa iazi xai (füg Man".
Sexl. Emp. a. a. 0. 124.: tö yag avfj.nenXeype'vov IS änXüv oqyeCXei, rj oix
ii änXiüv fj ix juiXT(Sv OvverSTavai oiov To „fifie'Qa tdTl xai (flog
eaziv". Ein gelegentliches Beispiel hievon ebend. 217.: enezai tw avtunenXeyfit'v(
i) ,...tw zä (paivofieva niioi torg b^ioCiog dtaxeifte'voig naoanXrjatoig
tfttiveTat, xai r« arifieid iati ifMiVÖfieva" x. t. X. Ps.-Galeti. a. a. 0. p. 13.:
äXX' ol neni Xovamnov xaVTavOa t/J Xe'^ei fiaXXov fj im nqayfiaTi noogfyovai
tov vovv xai iinamu Ta diä Tiäv (SvjjnXexTixüiv xaXov/ie"v(ov Gvvde'OfJ.cüV
GvviOTc'tfieva , xav ix fxayofievmv fj axoXov&cov , dvfinenXeyfie'va xaXovOiv,
d. h. den Stoikern genügte für ihre Eintheilung der zusararaengesetzten Urtheile
das blosse Vorhandensein des xai, um ein Unheil ein GvjxnenXeyfie'vov zu nennen,
mochten die zwei verbundenen Urtheile unter sich in einer axoXovS-Ca oder einer
fia/rf (s. unten Anm. 157.) stehen; hingegen der Verfasser jener Eigayioyr) dia
448 VI. Die Stoiker (Urlheil).
ist durch die Conjunction „Oder" oder „Entweder — oder" {rj, "(toi — 97)
bedingt, und der innere Sinn dieser Zusammensetzung ist das Verhältniss
einer wechselseitigen Ausschliessung128); übrigens muss gerade die
grammatische Auffassung der Partikel „?/'" bei den Stoikern noch manche
anderweitige Arien von Urlheilen neben dem disjunctiven hervorgerufen
haben ; denn nicht bloss das sogleich zu erwähnende, eine Gradabslufung
vergleichende Urtheil hängt mit dieser neinlichen Partikel zusammen,
sondern es wird auch an dieselbe ausdrücklich ein „erklärendes" (ßta-
Gacpr}ziKOv) oder „widerlegendes" (iXeyxrixöv) Urlheil geknüpft 129); und
ausserdem werden wir unten noch ein TtaqaSis^evyyLevov oder naqaöwi-
&vy[iivov treffen ; die Belegstellen für dasselbe sowie die hierüber auf
gestellten Regeln, welche möglicherweise späteren Ursprunges sein kön
nen, s. Absehn. VIII, Anm. 51 u. Abschn. X, Anm. 38 u. 53. Das
causale Urlheil ferner, to ahiäSeg, ist durch die Conjunction „Weil"
(diott) bewirkt, und es soll sich seinem inneren Sinne nach auf den
fatalistischen Causalnexus beziehen ,3°). Endlich das vergleichende Ur
theil, t6 SiuGcupovv t6 fiaXXov neu to qzrov , entsteht clurcTT Hinzufü
gung des „Mehr" oder „Minder" zu der Partikel „Als" — i] — 131).
Xexr. will nur solche av/unenXeyftlvet nennen, bei welchen weder axoXov&Ca noch
/xa^rj besieht, z. B. /lCiav neomaret xal Qliov ätaXlyeTtu.
128) Diog. L. 72.: äieievyjiivov äi lariv o vnb tov „i}TOi" äiat^tvxrixov
avväiofiov äiiCeuxrcti , oiov „f\Toi rifiioa laiiv fj j<if eariv". InayyiXXeriu
äe 6 avväeafxog ovrog to erenov iwv ül-toi/xaTiov rpeväog elvai. Ps.-
Galcn. a. a. 0. p. 37.: xaXovai äe rüg tuiv xara auvi/eiav 01 ^Tia'ixoX avvrjfxfiiva
äiioifiBTii , rag äe xara SiaCqsOtv äittevyftiva. Ein Beispiel b.
Sext. Emp. 3. a. 0. 28111'. isl: ijroi oväiv (ort arjfieTov fj eariv.
12'J) Hotner. Epimer. b. Cramer Anecd. Ox. I, p. 188 f.: rj] avväea/iog ipiXovfitvog
xal oiwofihvug orj/uat'vti tq(w fj äiu£evxrtx6g lariv fj vnoätaievxrixbg
rj ätaOarft]rix6g' äia^evxrtxbg fiiv lariv, oruv tk Iv ri/ avvraiei änariav,
oiov ,,r)e ve'og r)e nuXaiög' rj rjfxinu lariv rj yiJf." vnoäiafrvxnxbg äe ö
äiafpooa nody/jara rifrelg xccl fjrjäireoov Iv rjj alrrjan äiaiomv, oiov „dof
fj.01 XQvabv rj anyvoov rj Xlti-ovg rifiCovg". äiaaaifrjxixbs äi lariv, brav räv
äiio TinoTefSivrtaV TO ¥v eiorirai , oiov ,,XQtiaoov iv yrj neviatlai rj nXovrovvra
nXtiv" xtu ,,9iXoj rv/r/g araXay/ubv rj qoevojv nid-ov (lavig (fQt-
Vtov fiol fxaXXov rj ßvfrbg rü/jj?" (Diess isl also offenbar das die Gradabslufung
vergleichende Urtheil, to äiaoiii/ rjrixbv tov ftäXXov oder tov i)ttov; Anm. 131).
tC ätaifilnovoiv äXXrjkiov ; Sri b fitv äia^evXTixbg Toerenov fiovov tojV vnoxeiiiivtov
atoeirai, to äi eriQov avatgetriti „rj rjuina lariv rj vv£" (to
ereoav fiövov, ob ävvarai yctQ ctfiuoreQu) „fj earr/xa rj xa&i£opai' rj nXovrä
rj nivo/xai" ' b äi nagaäiu^evxrtxbg xal ä/uiforeoa ävvctTai ntioitXaußävttv,
intiäav ovtü) Xs'yoj/niv „tQiOGwv ijz' ImanäTiu rr)v ziontjV rj nnoj&fiTat"
(ä/itf'ÖTtQa yaij noiti) „r)t viog fß nctXaiog" (afjUfOTigmv y«i> atntiTiu rr)v
yväjiny , ö(Hv £rjToi/[itv ixu, noäctnog lariv) „rj XaH-ez' fj ovx IvorjOt."
tan äi xal äittGacjrjTixbg b IXeyxTtxbg xukovutvac naou ToTg Xria'ixotg '
ovroig Xvaeig' „ßovXofi' lytb Xabv aöov (fi^itvai fj anoXiaO-ai", tau yaQ
„ijntn itnoXia&at", Iv ij&u äe Xfytcut vnb rov l4ynfi{fj.vovog. x. x.X. Vgl.
'überhaupt Apollon. b. TSekk. Anecd. p. 480 — 494.
13u) Diog, L. a. a. 0.: itinwäig äe lariv a^iiofiu to avvraaaöfievov
äiä tov „äiori", oiov ,,äioTi rj/jinu lart, qojg tan"' otorti yün uItiov lau
TO 71Q01TOV.TOV äiVTioOV,
131) Ebend.: ätaoaqovv äe to fictXXov a((mfxa tati to awraiTÖfitvor
vnb tov ämout£ovVTog to fictXXov avväea/.iov xal /ueraiv läiv ä^ioj/jarojv
rnaaofiivov , oiov ,,/xeiXXov rjfiiQtt lariv fj Vvi eariv" ' ßiuatttf ovv äe to
vttov a'iCotfju lari rb Ivavrlov r<{> n ooxti (ilvoj , oiov „i]TTov vi>£ eariv fj
fj/jloa lariv1' (s. Anm. 129).
Vi. Die Stoiker (Urtheil). 449
— Da aber nun diese „ nicht einfachen " Urtheile bloss als Producte
einer mannigfachen Zusammensetzung einfacher Urtheile betrachtet wurden,
die einfachen selbst aber, wie wir sahen, nach verschiedenen Eintheilungsgründen
in mehrerlei Arten sich unterscheiden, so entstand bei den
Stoikern leicht das Gelüste , dieses ganze Verhältniss gerade so zu be
handeln, wie man etwa auch aus mehreren verschiedenfarbigen Dreiecken
mancherlei Figuren zusammensetzen und, wie man sagt, sich stunden
lang hiemit unterhalten kann, — kurz die Stoiker geriethen bereits auf
den Einfall, die Zahl aller möglichen Combinationen einfacher Urtheile
zur Entstehung nicht-einfacher zu suchen, und sie berechneten , dass für
10 bejahende Urtheile es 101049 (oder nach anderer Lesart 103049 —
was das richtige sei, möge nachrechnen, wer Lust hat —) Combina
tionen gebe, für 10 verneinende aber 310952 Combinationen132).
Die Frage aber in Betreff des logischen Werthes der Urtheile, nemlich
in wie weit dieselben wahr oder falsch seien (s. Anm. 109), bezieht
sich zwar allerdings zunächst auf die einfachen Urtheile, aber auch* hier
wieder soll sie nur den Erwägungen über die Verbindung mehrerer Ur
theile dienen; um so dann in Folge -des immer fortgesetzten Zusammen
setzens zur Lehre vom Syllogismus zu führen. Vor Allem nun ist der
ganze Standpunkt betreffs des alrj&eg und tyevdog schlechthin nur in das
grammatische Verhältniss der Affirmation und Negation, nemlich in das
des sogenannten Contradictorischen, verlegt, und es verhält sich hiemit
folgendermassen : Das Contradictorische, to avxixüyLtvov, wird als das
jenige definirt, was im Vergleiche mit einem Anderen einen Ueberschuss
an einer Negation hat, z. B. „es ist Tag" und „es ist nicht Tag"133);
und indem die Stoiker ausdrücklich lehren, dass ausschliesslich nur das
bejahende und das verneinende Urtheil gegenseitig in diesem Verhältnisse
stehen 134), setzen sie diesem Contradictorischen das Conträre, to kvavxtov,
scharf gegenüber; weil sie nemlich ersteres völlig formal in der
Weise nehmen, dass z. B. „Nicht- Tugend" auch etwa „Pferd" oder
„Stein" sein könne und ebenso auch „Nicht - Laster" gleichfalls wieder
„Pferd" oder „Stein" sein könne, so würde sich ihnen, falls sie eine
132) Plut. Quaest. sympos. VIII, 9, 3. : xat Xqvainnog rag ix dexa fioviav
tt$io}[i.äiiov avjxnXoxag (s. Anm. Yi'i.) nXrj&ti (jjjalv ixarbv jxvqiäSag vneqßäXXtiV
ccXXa tovto uiv rjXey{ ev "Innaqxog anodelgug ort rb fiiv xaraif
tiTixbv ncqifya- oufi'nenXty/jfriov pvqiaflag titxa xat nqbg ravraig /(Xta
rtaaaqaxovra ivvia, rb anoifaxixbv avtov jxvqiääag rqiaxovra filav
xal nqbg ravraig ivvaxöaia mvrrfxovra Svo. d. Stoic. repugn. 29. ^ äXXä UTjV
avrbg rag äia ätxa aiiiofj.äriov avftnXoxäg nXy&ti (frjalv vmqßäXXtiv exctrbv
uvqiäSag Xqvamnov Si navreg iXiyxovOiv ol äqiihfiririXol, <I>v
xai Iniraqxög iariv änoäeixvvonv rb äianriofta rov Xoyio/xov na/uftfyi&eg
«Äriji ytyovbq , tl yt to jxlv xararjtarixbv notei avfintnktyfiiviuv a$i<i>fiariav
[xvqiaSag äsxa xal nqbg Tavraig rqigxlXta reaoaqdxovra ivvia, rb
S' anoifaxixbv Ivvaxöaia ntvrr)Xovra dvo nqbg rqiäxovrct xal fiiä fivqtadi.
133) Sext. Emp. adv.malh. VIII, 89. : (paal yäq- cevrixtlfitva iariv mv rb
freqov rov hiqov änoipaati nXtovaiei, olov „r/fiiqa iaxCv, oix fatqa iariv".
rov yao „rifiiqa iariv" aiiiö^urog rb „oix ri^iqa iariv" änoipaati nXeovafri
tj „oixl" xal tf/aroCr' avr ixtlfitvöv iariv ixtlvip. Diog.L.13.: tri Tiäv&Siafiärtov
xaiart aXrj&tiav xal \piy<Sog ävxixelfttva äXXqXoig iariv, iov xb'irsqov
rov ertoov iariv anoipurixov olov rb „fj(iiqa iarl" xal rb „oix rjfiiQt ioxC.
13-i) Simpl. ad Categ. f. 102 z/ ed. BasiL: oi yovv Zriü'ixol ;xova rä äno-
(farixa xolg xaraiparixolg ävrtxeioS-ai vofil£ovOt.
Piantl, Gesch. I. 29
450 VI. Die Stoiker (Urtheil).
solche Verneinung als conträren Gegensatz (ßvuvclw) gelten Hessen, er
geben, dass Ein und das nemliche Ding (z. B. Pferd) zweien Gegensätzen
zugleich (z. B. sowohl der Tugend als auch dem Laster) entgegengesetzt
wäre, daher sie eben auch in der Meinung, dass unter einen bejahend
ausgesprochenen Begriff (z. B. Tugend) nur das ihm wirklich Gleichartige
fallen könne, unter einen verneinend ausgesprochenen aber (z. B. Nicht-Tu
gend) in der That alles denkbare Uebrige fallen könne, hiernach die Vernei
nung und den Gegensatz schroff von einander trennen 135); d.h. dem Stoiker
ist für den Sprach-Ausdruck des einfachen Urtheiles der reale Gegensatz etwas
schlechthin gleichgültiges, denn in dieser Beziehung existirt nur entweder Be
jahung oder Verneinung; ein Urtheil daher, in welchem die Negation aus
schliesslich zum Prädicate allein gehört, kann wegen vermeintlicher gänz
licher Unbestimmtheit ( — das Kanl'^lie, „nnp^djinhe Urtheil'' — ) für
den Stoiker gar nicht in ilefracht kommen (s. oben Anm. i21 ), denn
dafür hat der sprachliche Formalismus keinen Sinn, dass durch Heraushe
bung Einer bestimmten Determination vermittelst der Negation (z. B. „nicht
blau") ein ganz positiver Rest coordinirter Determinationen gesetzt ist
(die Anfänge einer solchen Auffassung in Bezug auf derlei Urtheile bei
den Peripatetikern s. ,im vorigen Abschn. Anm. 30 f.). So also bleibt
das Verhältniss des uvtmsüs&ai ausschliesslich nur der bejahenden und
verneinenden Form des einfachen Urlheiles zugewiesen, hingegen der
rpalp, fiegfinsatz , das £vcwTi'ov,_wjrd dann in der plumpesten Weise, wie
wir sehenwerden , im disjunctiyen 'Urtheile nachgeholt. Aber es wird
nun dieses Verhällniss~H(!S CCntracLitilurläuCeii eben' in Bezug auf Wahr
heit und Unwahrheit der Urtheile zu dem blossen formalen Grundsatze,
dass von zwei contradictorischen Gegentheilen nur das eine wahr sein,
d. h. dass kein Urtheil zugleich wahr und falsch sein könne, also jedes Ur
theil entweder wahr oder falsch sein müsse (vgl. oben Anm. 109, bes. die
Stellen aus Cicero); und mit diesem so äusserlich bloss auf sprachliclien^
Formalismus gestützten principium idenlüalis et cojiLrxidiclionis wird so
sehT~Ernst gemäcnTT'TIäss' sogar einr""Gefah7dung desselben in hohem
Grade daraus gefürchtet wird, wenn es etwa möglich wäre, dass irgend
einEreigniss in Zukunft sowohl eintreten als auch nicht eintreten könnte136);
135) Ebend. f. 102 Z— 103 A. : xal oi and Tijg Zroag tTi äua^vQ^ovrat,
Ott oiäiv tiüv xaia ünötpaaiv Xtyo[i£vtov oväevC tOTiv ivavrCov' rp> y&<>
av tj «pfr»7 ivttVTCa r\ ovx aotTT) xcü Tij xaxia IvaVTlu r\ oi xaxia, ino
fiiv rrjv ovx ttpfrij)' xal xaxiag nimovor^g xal akliav noiXiav, xal yoo
XlS-ov xul Xnnov xal navxmv tojv neol (I. 7i«pa) TtjV aQetfjV , ino äe irfl
ov xaxi'av xal ifjg Kßfrijj xal tiüv alXiav naVTiaV tatai ovv ivl Jiävia
ivavxla , xal za airct rrj äoerrj xal zrj xaxia IvaVTia (ei ftij »; äpfrij
xaxia ivavu'a, äkV ij ov xaxia) Ov/xßij(teTai xal anovdaioig fiifia Ivavifa
elvai xal ipavioig' aTonov äe tovto, xal fiähaia (ei xal ra aviä xal fity
xal To ävoiv ivavTiiov i<fi' o /xev navra ra vnoninxovTa notorrjiag flW
(dg inö tt\v ctQtzrjV xal tr\v xaxi'av), iif' o äe xal noiörrjTtt; xal Jtout
(dg ino rijV ovx aQttijV xal TtjV ov xaxCav , inö ravrag yÜQ xal noiotrjreg
xal noiä xal tve'nyeiai xal näv öriovv iaii) ' xal eari tovto aiitfiipaTvov.
ovTiog fiev ovv xal nana Toig XTto'Cxoig äioiniazai tu tc IvaVTltt
xal tu ävTiif aTixäg aVTtxeifieva.
136) Cic. d. fato 10.: concludit enim Chrysippus hoc modo: si est molus situ
causa, non omnis cnunlialio, quod a^ico/ua dialectici appellanl, aut vera aut falsa
eril; causas enim efficientes quod non habebit, id nee verum nec falsum eril; omVI.
Die Stoiker (ürtheil). 451
über den Begriff der Möglichkeit s. unten Anm. 165 ff., bes. 168. Und
verbindet sich sq dieser Grundsatz des Contradictorischen mit dem stoisch'eli^
atahsjnjtfa»t.so wird andrerseits Jedermann zimMütetieil, dass dei'-
seine rar die Erkenntnisstheorie nur der Ausdruck des rohesten Objectivismus
und faulsten Empirismus ist; eine Richtung letzterer Art aber ist
in der ganzen stoischen Logik, wie wir bisher schon öfters zu bemer
ken hatten, mit dem schematisirenden Formalismus verquickt. Und so
nun ist uns jetzt auch die stoische Definition des Wahr und Falsch
verständlich: cdrj&eg nemlich ist, was factisch besteht und ein contradjetorisches
Gcgentlicil hatTjffijwffig JungegeTPist , ~w!T5-faTtts*ch nTcEt besT"
1'' i ahor auf" ein contradWorisclies (Tege'Hfn'clt 'TO^M)7^T^äTulTH:li
liegt hier in den Worten ',waTTaM?cTrl(eslcli't'p'ünd -,7was factisch nicht
besteht" der allertrivialste Empirismus, welcher in dem blossen psycholo
gischen Abklatsche der körperlich äusserlichen Dinge und Vorgänge schon
die „Wahrheit" zu besitzen vermeint (ebenso werden wir bei dem hypo
thetischen Urtheile das ßrjfietov in gleicher Function treffen) ; hingegen in
dem bei beiden gleichlautenden Zusätze, dass ein contradictorisches Verhältniss
bestehen müsse, liegt der einseitige, sprachliche Formalismus, welcher
den rhetorischen Ausdruck, in welchen Wahr und Falsch zusammenlaufen,
für das objective Wesen des Seienden hält 138). In Folge des Empirismus
nis autem emmtiatio aut vera aut falsa est; motus ergo sine causa nullus est;
quod si ita est, omnia quae fiunt, causis fiunl anlegressis- id si ita est, omnia
fato fiunt ; efßcitur igitur , falo fieri , quaecunque ßant itaque contendit om~
nes nervös Chrysippus , ut persuaderel , vmne ä^Ciufia aut verum esse aut falsum.
Ebead. c. 16.: necesse est enim in rebus contrariis duabus (contraria autem hoc
loco ea dico , quorum allerum ait quid, alterum negal) , ex his igitur necesse est
invilo Epicuro , alterum verum esse allerum falsum; ut „sauciabitur Philoclcta"
Omnibus ante seculis verum fuit, ,,non sauciabitur" falsum. Simpl. a. a. 0. f.
103 B.: ntQi äe riüv eis rbv iie"XXovra %qovov ärnträaeiov ot fiiv Zrw'ixol
ra aiitä SoxifiäZovaiv cineQ xal tnl räv uXXidv lög yÜQ rä niQl rojv naoovrtov
xdi naqeXijXv&örav avrixeC/xeva obriag xal ra fifXXovru avrd r£
(facri xal ra ptoqia avriSv' ij yaQ rb iaerai aXrjtMg ionv rj rb ovx eaerat,
et dei rjTOi xpevoij rj aXrj&q elvai, (&Qta9ai yccQ Kar' avxä ra ftt'XXovra, xal
et ptev Mari vavfia/(a avQtov , aXrjU-eg elnttv Sri eorai, ei fit fti), enrai
tyevSog ro einelv ort iarui' ijroi iarai rj oix ioruf r\roi aga aXrjfrfg rj
xjjevSog S-artqov. Hicmit also wird das objective Wesen des Futurums und des
Perfeclums vernichtet und Alles in das Präsens gezogen; s. unten Anm. 153. u. 215.
137) Sexl. Emp. adv. malh. VIII, 10.: aXrj&tc yaQ iari xar' avrovg rb
vfiaQzov xal avnxeCfievöv rivi, xal xpeijSog rb ut) inän^ov xal avrixeluevöv
rivi. Ebend. 85. : tfaal yaQ äXij&ig ulv etvai a%i<oua o ünaQ^et. re
xal ävrlxeirat rivi, xpeväog öi S oi>x vTiäo/ei fiev avr Cxeirai öV rivi. u. 88.:
et äXrjd-e'g iori xaret rovs Zrio'ixoiig o vnÜQ/ti re xal avrCxeiraC rivi , xal
xpeviog S fir) vnäQ/ii utv ävrCxeirai oV rivi. Die letzteren Worte will Th.
Bergk (in s. sogleich anzuführenden Commentatio, S. 31.) mit Unrecht ändern in:
S fit) vnaQxei firjök avrCxeiraC rivi. Vgl. auch Augustin. c. Acad. II, 5, 11.:
ex illa Sloici Zenonis deßnitione , qui ait id verum pereipi posse, quod ita esset
animo Impressum ex eo unde esset, ut esse non possei ex co unde non esset;
quod brevius planiusque sie dicitur, his signis verum posse comprehendi, quae signa
non polest habere quod falsum est.
138) Einen Beleg dafür, wie geistlos formal dieser ganze Gegensatz zwischen
Bejahung und Verneinung aufgefasst TTmT*auch in der Darlegung der Schuldoctrin
durchgeführt wurde, gibt uns ein grösseres Fragment einer stoischen Schrift, wel
ches aus einem Payprus des Pariser Museums zuerst Letronne (Fragments inedits
d'anciens poetes grecs , tires d'un papyrus appartenant au Musee Royal, avec la
29*
452 VI. Die Stoiker (Unheil).
aber, welcher für alles Einzelne doch das Massgebende bleiben muss, ist
es nun auch erklärlich, dass einerseits betreffs der Frage um die Wahrcopie
entiere de ce papyrus etc. par M. Letronne. Paris, Didot Freres 1838), und
dann Th. Bergk (Commentatio de Chrysippi libris neqi a7io(faTixi5v. Jahresbericht
über d. Gymnas. zu Cassel 1841) herausgab. Dass dieses Fragment von Chrysippus
sei, hat Bergk mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit dargethan ; auch dass es der
Schrift desselben neol änoif ctrixdif angehöre, lässt sich nicht geradezu verneinen,
obwohl bei der Schreibweise des Chrys. Solches ebensowohl in jedem anderen Buche
desselben vorkommen konnte. Nur scheint mir dieses ganze Fragment bisher noch
nicht völlig richtig behandelt worden zu sein. Es enthält nemlich dasselbe 24
Dichterslellen , welche sammtlich vom Standpunkte der Logik aus betrachtet nega
tive Urtheile sind, und bei allen wird dann erwogen, dass ihnen ein entsprechendes
bejahendes Unheil gegenüberliege, was mit der peinlichsten Gleichmässigkeit der
Diclion , fast jedesmal mit viermaliger Wiederholung der Dichterstelle, dargethan
wird. (Bergk theilte entsprechend den poetischen Stellen das Fragment in 24 Capitel.)
So z. B. Cap. 17. nach Bergk's Textes-Herstellung: ei aXrj&äg EvQinlo^jjg
tXeyev „oix eari rov S-giipayrog rjäwv ntdov", avilxtiiai äittofia xarceyarixbv
T(fi „ovx ian tov fhoe'xpavTog fjäiov ntäov." val. oix avTlxenai
a$lu>ua xajutpaTixdv rtp „ovx iati rov d-oe'ipaVTog rj&iov niSov." val. ovx
«jbjtfcu? EvQinlörjg eXeyev „ovx eart tov $ge'\pavTog rjSiov nidov.'1 Und in
Folge der derartigen überall gleichmässigcn Textes -Recension bezeichnet Bergk (S.
25.) als Grundlage der 24 mal wiederholten Doctrin den Lehrsatz : si est negans
prommtiatum , huic oppositum est affirmans , sin minus, non est negans pronuntiatum,
was an sich der stoischen Lehre durchaus entspricht. Nun aber wurde diese
Art der Constiluirung des Textes in den 24 Capp. nur durch eine 32 malige Aenderung
des nemlichcn Wortes ermöglicht (vom 1. u. 2. sowie vom 15., 16. u. 24.
Cap. , welche grosscntheils überhaupt nur erralhen werden konnten, sehe ich hiebet
ab). Es hat nemlich der Papyrus nach jenem in jedem Cap. zweimal vorkommen
den val durchaus constant oi, auch wenn ein Vokal nachfolgt, nie oix oder ovx,
hingegen in den Worten der Dichterstellen hat er völlig richtig ebenso constant
oix, wo es einem Vokale vorhergeht; und bei solcher Gleichmässigkeit halle ich
nun eine überall durchgefühlte Aenderung für misslich. Hingegen glaube ich, zu
mal da im Papyrus stets ein Zwischenraum vor und nach val ist (wie Bergk S. 21
angibt), dass überall „val — ov" als der cingeschaltene Ausdruck des conlradiclorischen
Gegentheiles (s. Abschn. II, Anm. 41.) zu betrachten und also z. B. obige
Stelle Cap. 17. folgendermassen zu interpungiren ist: et aXriääg JEvQinCär); iXeyev
„ovx eari tov 3qi\pavTog f/äiov ne'äov" , «vrixeirai a^itoua xaraqtazixbv
T<j5 „oix iaxi tov &oe'ipaVTog ijdiov niSov," — val — ov. ävTi'xeiTai aHtaua
xara(f anxöv Tip „oix eari rov i)ge"tpavTog rjfiiov ntöov," — Val — ov.
ttkr)9ijig Evq. eXeyev „oix ean tov &Qe"\pavTog rjäiov niSov." d. h. soll das
negative Unheil „oix eari etc." wahr sein; so muss ihm nach der Form des Ja
und Nein ein bejahendes gegenüberliegen; es liegt ihm aber nach Ja und Nein ein
solches gegenüber, also ist jenes negative Unheil wahr. Völlig gleichlautend mit
C. 17., natürlich mit Ausnahme der Dichterslellen, sind C. 3 — 8, 13 u. 18.
Einen Beleg für meinen Erklärungsversuch gibt vielleicht C. 9.: ei noir\Tr\g ng
ovTtog aneqqvaTO „ov ftoi fr' eixeXaätov v/xvwv nt"Xet oid' fVt fiöXntjg",
qäoig (d. h. Bejahung) lar)v, öneo ovtw Xe%3ein av „uol fr' eixeX ",
— val — ov. (/äoig Iötiv, onen ovTto Xe/Oeltj äv „tuol fr' eix ", —
val — ov. noirjTrjg Ttg ovTcog aneifrjvaio „ov /xoi fr' ". ei noirjTrjg
Tig ovTiog ane<irjVUTO „ov fioi fi' ", axnlxeiTai T(ii „ov (toi fr' "
ailayfia xaxaifUTixov, — val — ov. avrtxeiiat T<p „ov fioi fr' " «£1-
tofia xaTaifarixov, — Val — ov. noirjitfg ttg ovvtog äneifrjvaTO „ov [toi
fi ' " In Cap. 11, 19, 20 u. 21. ist nur für die Einführung des bejahen
den Unheiles eine andere Ausdrucksform gewählt, im Uebiigen entsprechen sie ge
nau den obigen; hingegen in Cap. 12 u. 22. wird nur umgekehrt vom entsprechen
den bejahenden Urlheile auf die verneinende Dichtcrstelle übergegangen; etwas
variirt ist diess in Cap. 14. Unklar ist Cap. 10, wo gesagt wird, Einem bejahenden
lägen zwei verneinende Urtheile gegenüber, was aus dem Beispiele nicht hervorgehl.
Vielleicht nannte der Verfasser jener Schrift das bejahende und verneinende Unheil
VI. Die Stoiker (Unheil). 453
heit das quantitative Verhältniss der Urtheile (s. oben Anm. 119) in den
höheren oder geringeren Grad der individuell concretgewordenen Bestimmt
heit verlegt wird, sowie dass andrerseits folgerichtig angenommen wird,
dasjenige, was der individuell concreten Bestimmung ermangle, d. h. das
ccÖqiGtov, könne eben darum zugleich die contradictorischen Gegenlheile
in sich vereinigen, — eine Auffassung, welche in einem schulmüssig tra
ditionell gewordenen Räthsel ihren Ausdruck fand 139). Uebrigens sieht
man leicht ein, dass nach dieser Definition des Wahr und Falsch in
vollster Consequenz eigentlich als das einzige durchaus wahre Urtheil
sich nur ergiebt A est A oder A non est non A, hingegen das Urtheil
A est B entweder, weil A non est B, gleich als ein falsches bezeichnet
werden muss, — oder aus der Logik hinausfällt. Vgl. Abschn. II, b.
Anm. 14.
Noch stärker nun tritt diese unwissenschaftliche und verstandlose
Behandlungsweise da hervor, wo auch für die „nicht einfachen" Urtheile
Grundsätze aufgestellt werden , was wahr und was falsch sei ; und es
dürfte wohl kaum je irgend im Gebiete der Litteratur oder der menschli
chen Geistesthätigkeit überhaupt Etwas aufgetreten sein , was an Nichts
würdigkeit und arrogantem Blödsinne diesem stoischen Geschwätze über die
hypothetischen, disjunetiven, causalen und dergleichen Urtheile auch nur
gleichkäme. — Was zunächst das hypothetische Urtheil, to avvrjfifievov,
betrifft, gingen die Stoiker selbst unter sich nach verschiedenen Ansichten
auseinander, je nachdem sie sich auf eine der möglich gegebenen Auf
fassungsweisen warfen. Während nemlich im Allgemeinen überhaupt ein
hypothetisches Urtheil dann als „richtig" {vyieg, diess ist nemlich der
technische Ausdruck) bezeichnet wurde , wenn wirklich das Verhältniss
einer Folge (ctxokov&la, s. Anm. 125) bestehe 14°), konnte hiebei das
Hauptgewicht entweder darauf gelegt werden, dass eben „zwei" Urtheile
es sind, welche nebeneinandergestellt werden, oder darauf, dass ja eine
„Anknüpfung" zwischen beiden bestehen solle ; im ersteren Falle blieb
in ihrem Wechsel - Verhältniss „ä/xif (ßokot Stäktxxoi" , wenigstens scheint mir so
C. 23. zu erklären: d Zantpta ovxiog dno<ia>vo(iivr\ „ovx oi<5" öxxi Wo' dYo
fioi xa vorjftctxcc" untwttoxtv ,,o<d" oxxi ela'ir autfCßokoi äiäktxxoi,
— val — ov. elatv afMflßokoi Siaktxxoi , — vtU — ov. £ct7T<f(ü ovxiog anotfctivofitvr]
„ovx o/d" oxxi aniifttaxtv „olö" oxxi (I £amf<ö
ovxuig aix&faaxev ,,ovx oW U.S. f. wieder wie ohen.
139) Sext. Emp. adv. math. VIII, 1)8.: yivta&at Si tf acri xd ccoqiOxov akrj-
&ig to „xlg jisninaxel" rj „xtg xaHr)xai" öxav xd u>Qta[i£vov äkrjfrlg tvnCoxrjxai
xd „oiixos xd&rjxai" ^ „ovxog nioiTiaxti" ' /ir/ätvög yao xäv Int
govg xa&rifitvov ov fivvaxai alti&is ih'ai tö „xlg xä&rjxai" äooiaxov. Joann.
Sieel. ad Hcrmog. VI, p. 201. Walz: 6 öl xtov Zxio'Cxtav (sc. yi>(ifog, s. Abschn.
V, Anm. 95 f.) 6 kiyiav xd Ivavxia öe/eafrai xijv anQogdiöniaxov , dkrj&tg
xal \ptvSog, it.no xrjg xäv nQayjxdxiov yaiipEvexai (fvaeuig, oiov' ÖQViS-a
<f' ovx öni'i&a, öovt&a <P Sfitog, xr\v vvxxeqCda, Inl £vkov df xal ov $vkov
xnSrifxivrjV , tnl xoii vccQ'tyxog , kd'hi) xcä oi/ ktUti) ßakwv öaoktat, tj xus-
OrjQH. üg av cfi xal avxög yvolrjg xl noxt £oxi xö keyöuevov, axovaov
ot IIt\>maxt\x ixol u. s. f. (die nun folgenden Worte sind schon Abschn. V, Anm.
37. angeführt worden). Vgl. Tryph. n. xqöuiov. VIII, p. 736. Wall.
140) Sext. Emp. adv. math. VIII, 112.: xoivüg fitv ydo tfaatv anavxtg oi
Siakixxixol vyiig elvai avvr)fjtjiivov oxav axokov&T) toi (v avxü x)yov(j.£v<j>
454 VI. Die Stoiker (ürtheil).
betreffs der Frage Ober Wahr und Falsch nur die rohe factische Wahr
heit der beiden Bestandtheile , oder richtiger zu sagen Trümmer, des
hypothetischen Urthciles übrig, welch factische Wahrheit nun wieder ent
weder mehr empirisch oder mehr fatalistisch gefasst werden konnte ;
im letzteren Falle hingegen konnte entweder die sprachliche Salzverknü
pfung oder die reale Verflechtung des Factischcn hervorgehoben werden.
Und so wurde denn nun auch zunächst das bloss formale Verhältniss
der Combination von Wahr und Falsch (mit traditionell gewordenen Bei
spielen) auseinandergesetzt, und es ergab sich 141):
Vordersatz wahr, Nachsatz wahr, z. B. „Wenn es Tag ist, scheint
die Sonne".
„ falsch, „ falsch, „ „Wenn die Erde fliegt, hat
die Erde Flügel".
„ falsch, „ wahr, „ „Wenn die Erde fliegt , existirt
die Erde".
„ wahr, „ falsch, „ „Wenn die Erde existirt, fliegt
die Erde",
oder „Wenn es Tag ist, ist es
• Nacht".
Von diesen vier Combinationen nun wurde bloss die vierte als eine
unrichtige (fiox&rjQov) bezeichnet 142), und zwar war es besonders Philo
(s. oben Anm. 8), welcher diese Auffassung des hypothetischen Urthciles
vertrat und daher auch das richtige hypothetische Urlheil — to vyieg
avvtjfificvov — als dasjenige definirte, welches nicht von einem wahren
Vordersatze zu einem falschen Nachsatze übergehe 143). Dass aber hie-
141) Ebend. pyrrh. hyp. II, 105. : iö yaQ Ovvriftfitvov r/rot «QxeTtti änö
dXrj&ovg xal Xrjyei inl aXrj&eg, oiov „el f)/j.{Qa iari, wäg iaTiv", fj aQ%eTai
anb if/eväovg xal Xrjyei Inl ifievdog, oiov „el nfraTai r) yrj , nTeQioTrj iaTiv
V > V äo/exai anb aXrj&ovg xal Xrjyei inl \\tevSog, oiov „el ianv r) yrj,
nfittiai r) yf", rj central anb ipevfiovg xctl Xrjyei inl äXijO-eg, oiov „el Tit
ianen r) yrj, iOTiv r) yrj."
142) Ebend., wo fortgefahren wird: xovriav üe fxovov TO anb älrj&ovg
ctQzöfJivov xal Xrjyov inl ypeiäog fio/&rjobv elva( ifaoiv, rä 3' äXXa vyirj.
adv. malh. VIII, 449.: tö yctQ avvrj/afiivov , dg ifxnooa&tv iäe(xvv/xev, vyieg
a^iovai Tvy/äve iv , brttv an' äXrj&ovg ttQ/ofievov In' äXrjS-tg rj anb iftevßovg
tnl xptvöog Xrjyrj rj anb \pevdovg in' äXr)&eg , xal xad-' eva TQÖnov
ipevdog, brav an' äXrj&ovg an/öfttrov inl ipevöos Xr)yr\, Hiezu noch beson
ders die Stellen in Anm. 144 u. 149.
143) Ebend. pyrrh. hyp. II, 110.: b fiev yaQ <t>CXtov ifrjOlv vyieg elvat
awrjfiftivov to fir) äo^öfiivov anb aXrj&ovg xal Xr)yov inl ipevdog , oiov
yfitoas ovar/g xal ifioii äiaXeyofitvov to „el iifttoa loxlv, iyia ä taXe'yofiai."
adv. malh. VIII, 113.: oiov b fiev 'PCXtov eXeyev aXrj&ig ylvea&ai tö Ovvrj/ipiivov
bxav fir) «pyijrai an' aXrjfrovg xal Xrjyrj Inl ipevtiog, äare TQi/iög
fiev yCveaH-ai xai avtbv üXrjd-eg owrjfifiivov , xair' eva üexoonov rpevoog'
xal yaQ otuv an' ctXrj&ovg äQ/6fievov in' äXrjfhlg Xrjyij , äXt/d-tg iOTiv , lig
rd „el rjue'Qa iazl , wäg eOTiv" , xal brav ano ifievöovg aQxöfievov inl
tjjtväog Xrjyrj, nüXtv <Uij#if, oiov to „el nfrajai r) yrj, nTe'qvya; i%ei r)
yij", (ögavTtog (fi xal to aQ/öfievov anb xpeväovg in' aXrj&eg dt Xrjyov larlv
aXrjfres, tag to „el ntrarai r) yij, eaTiv r) yfj'" ubviog äk yCveTai tyeväog
OTav ao^ofievov anb aXri&ovg Xrjyrj inl ipevtiog, onotov iaxi to „el r/fiiga
iatl, vvS Iotiv", fifitottg yaQ ovatjg to filv „r)fie"Qtt icfTiv" aXtiS-tg ieriv,
ontQ r)v r)yov/xevov, to <Se „vü| iOTiv" tyevöög iOTiv , öneg r)v Xijyov.
VI. Die Stoiker (ürtheil). 455
.bei der obwaltende Conditional-Nexus gar nicht in Betracht kam, und
es als völlig gleichgültig genommen wurde, mochte derselbe auf Causalität
oder auf Inhärenz oder auf Gattungs- und Art- Verhültniss u. s. w.
beruhen , sondern dass bloss Hprjpwpiljgp fapti^rhp, BesianH der beiden
von einander losgerissenen Theile des Condilional- Satzes den Anhalts
punkt gab, ist theils schon aus obigen Beispielen auf den ersten Blick
ersichtlich , theils aber ist diess' sogar deutlich in den allerdings etwas
carrikirten, aber richtigen, Consequenzen ausgesprochen, welche der
Skeptiker Sextus Empirikus aus jenem Grundsatze folgert, nemlich nicht
bloss, dass die Wahrheit des Satzes „Wenn es Tag ist, spreche ich" da
von abhänge , ob ich wirklich gerade jetzt bei Tage spreche , sondern
auch dass der Satz „Wenn es Nacht ist, spreche ich" wahr sei, sobald
ich jetzt eben bei Tag schweige, also jener Satz die zweite der obigen
vier Combinationcn sei, endlich sogar, dass der Salz „Wenn es Nacht
ist, ist es Tag" völlig wahr sei, sobald er hei Tag gesprochen werde,
da er dann die dritte Comhination sei 144). Dieser Auflassung nun, durch
welche die völlig particular empirische Wahrheit zum Kriterium gemacht
wurde, trat eine andere entgegen, naen welclicrdtlT Fatalistisch nothwendige
Wahrheit der beiden Theile des Conditional-Satzes zu Grunde gelegt
und das richtige hypothetische Urtheil als jenes definirt wurde, bei wel
chem nie eine Möglichkeit ist oder war, dass es von einem wahren
Vordersalze in einen falschen Nachsatz übergehe. Diess aber ist keine an
dere Theorie des hypothetischen Unheiles, als eben jene, welche wir schon
144) adv. math. VIII, 115 ff. : rb yäq roiovrov ovvrjfi/tivov „tlrjfitoa lorlv,
iym ätaXtyofim" rjfttyag ovayg Inl toi nagovrog xafiov äiaXiyofi^vov xarä
fikv tov •PCXiova äXrjiKg iativ, ineCnin an ' äXrjU-ovg äqxö^tvov tov „r)/xe'na
iorlv" tig äXrjfhtg Xrjyti To „lyto diaXtyofitti" naXiv TO ovroig i/ov
,,tl vv£ iariv, iyio otaXtyouat" rj/tfna; ovßrjg xal Oiiantövrog ifiov xarä
fiiv 'PCXiava lägavriag äXrjfttg, änb yän xpiväovg än/öfierov inl \ptvb*og /jjyti
äXXä äij xctl rb „tl vv$ tariv, r)fi(qa lartv" rifitoctg ovarjg xara
fxiv 'PCXavu äia rovr' äXri&tg Sri änb iptvdovg eiQ^öfievov tov „riif ?o"riv"
(lg äXrj&tg Xrjyti rb „r)/xipa iorfv." Dass aber diese Angabe nicht bloss aus
einer skeptisch obstructiven Tendenz geflossen ist, zeigt eine andere Stelle, in wel
cher eben dieser Standpunkt völlig objecliv als die eine der mehreren Ansichten
über das hypothetische Urtheil geschildert wird, nemlich ebend. 245 IT. : xofaetg <f£
tov vyiovg awrjfifiivov noXXäg fxiv xtii ctXXag t2va( if etaiv, fitav (f * i$
anaOtöv bnao/tiv xal ravrrjv ov/ bfioXoyov rr)v änodotyrjOofiivrjV ' nav van
awrjfifjiivov i\ änb äXrjfhovg äoxöutvov tig äXrjfUg Xrjyti rj änb \jitiioovg
ipYOuevov inl i/jtväog Xrjyti rj än äXrj&ovg inl xptväog rj änb iptväovg
in' äXrj&tg' änb [ilv oiiv äXtjäovg äp/ö/xerov in' äXrj&lg Xrjyti Tb „tl tlal
&tol, nqovala d-eäv äioixtirai b xöa/xog" , änb rjjtvöovg d*k inl iptvtfog rb
,, tl nirarai r) yij , nr^Qvyag 2y£« rj yij", änb ijjtviovg fik in' äXrj&tg rb
„tl nirarai r) yrj, forty ij yij , änb ot äXrj&ovg inl \ptvA~og rb „tl xivtTrat
oviog , ntqmarii ovrog" fir) ntQinarovvrog /xkv etvrov , xivov/ttvov ät.
(Diess letztere ist nun doch gewiss das nemliche , wie wenn das Unheil „Wenn es
Nacht ist , ist es Tag" nur bei Nacht falsch, bei Tag aber wahr sein soll), rtaaä-
Q(ov ovv ovOäv tov awri^ifiivov 0v£vyi<5v , orav an ' äXrj&ovg ts «p/j/iKt
xal tig äXrjfh&g Xrjyrj, rj brav anb rpivdovg inl rpivSog , ij orav änb xf)tväovg
in' äXrj&lg rj ävaaTQÖqwg än' äXrj&ovg inl i/ifCefof , xarä fikv Tovg
7iQO)Tovg TQtig xqönovg yaolv äXr)&tg tovto yCvea&af iäv tc yag an'
äXrjfhovg äqxö/xevov in' äXr/9-kg Xrjyrj, larlv äXrj&kg , iäv Tt änb ipeväovg
inl xpevdog, näXiv äXrj&lg , laguvTwg äh xav änb xptväovg in' äXrjSMs'
xu&' eva b°t fiovov yCveofrai tytväog, orav än' äXrj&ovg äoxöfAtvov Xrjyrj
inl iptvöos.
456 VI. Die Stoiker (ürtheil).
oben (Abschn. II, Anm. 37) bei dem Megariker Diodoros kennen lernten,
nur wurde dieselbe in den Controversen der späteren Dialektiker wieder
aufgenommen und, wie es scheint, namentlich der Lehre Pbilo's gegen
über gestellt145), auch mochte sie jenen Stoikern, welche etwa den
Fatalismus auch consequenter für die Erkenntnisslheorie durchführen woll
ten , erwünscht sein. — Wurde aber nun hingegen das Bestehen einer
Verknüpfung oder Verbindung zwischen Vordersatz und Nachsatz in den
Vordergrund gestellt,, so stand allerdings mit der ganzen übrigen stoi
schen Logik jener Standpunkt am meisten in Einklang, welcher alles
Gewicht auf die sprachliche Satzverbindung legte und den Conditionalsatz
gleichsam wie ein einfaches Urtheil betrachtete , in welchem der
Vordersatz die Stelle des Subjectes und der Nachsatz die Stelle des Prädicates
vertritt; da konnte dann mit aller bloss formalen Consequenz der
obige Grundsatz betreffs der Wahrheit und Falschheil der einfachen Urtheile
aUch völlig auf die nicht einfachen hinübergetragen werden. Und so
treffen wir denn auch wirklich folgende Bestimmung: ein hypothetisches
Urtheil ist wahr, wenn das contradictorische Gegentheil seines Nach
satzes einen Gegensatz zum Vordersatze bildet, falsch hingegen, wenn
nicht; hievon ist natürlich eine Folge, dass eigentlich nur das sogenannte
öicpoQOv^tvov (s. oben) ein richtiges hypothetisches Urtheil ist146), und /\
so sind wir, wie oben für das einfache Urtheil bei A est A, so hier^ 1
für das hypothetische glücklich bei Si A est, A est angekommen. Dass
aber diese mit der Lehre vom kategorischen Urtheile übereinstimmende
Auffassung des Hypothetischen gerade von Chrysippus ausging, erhellt
deutlich aus einer Stelle Cicero's 147), und somit werden wir sie als
145) Als Beleg liicfiir dienen gerade die so eben und im Abschn. II. ange
führten Stellen des Sexlus Etnp., und offenbar stritten die Stoiker vielfach über
diese Dinge mit ähnlicher Conscquenzmacherei , nie wir sie so eben sahen. Vgl.
Cic. Acad II, 47, 1 4.'j. : In hoc ipso, quod in elementis dialectici docent, quomodo
judicare oporleal, verum falsumne sit , si quid ita connexnm est ut hoc ,,si dies
est, lucet", quanta contentio est! aliler Diodoro, aliler Philoni , Chrysippo aliler
placet ; quid ? cum Cleanthe doctore suo quam multis rebus Chrysippus dissidet etc.
146) Scxt. Emp. pyrrh. hyp. II, III.: ol dt tijv avvaQTTjaiv elgayoVTts
vyiig etvcä (faai avvrjfi fi(vov örav rb avuxtlfitvov Tip Iv abTtjj Xyyovri
(itt/ryttit Tip (v ctvTq) nyovu^vqj' xctlh' ovg tu fitv (iQrjju^va avvrj/j/i^va (d. h.
die obigen vier Combiuationen) coti (ioydr\Qa, IxeTvo äXrjfUg „(l r\fi(^a
loxiv , tjfi^Q« eariv." Diog. L. VII, 73.: auvrjftfitvov ovv aJLij&(s lotiv, ov
TO ctVTtxtlfiivov tov Xriyovrog /jä/erat tdj riyov/xtvo) , oiov ,,£? rjfitoa (an,
iftug fort"" tovto ältjiHe , rö yuo „obyl (füg" avTixtC^itvov Tip hjyovn
fidytrai Tip „rjpfya (otC". avvT)fn.fi{vov cfi xptväog (ariv , ov iö ärTixtliitvov
tov Xr)yoVTog ob fiti/tTcu Tip r)yovjxh'(p, oiov „tl i)[i{na lotl, dttov nc-
QinnTfi". to yäf) „ou/l Atiav irtomaTii" ob fjtäytxai Tip „i^fiiqa laxi".
(Diog. L. übrigens führt nur diese Auffassung allein, keine der übrigen an, und wir
dürfen wohl auch hieraus schliessen, dass dieselbe die am meisten schulmässige war.)
147) d. falo 6, 12.: Vigila, Chrysippc, ne tuam causam, in qua tibi cum Dio
doro valentc dialeclico magna luctalio est, deferas ; si enim est verum, quod ita
connectitur ,,si quis Oriente canicula natus est, in mari non morietur", illud quoque
verum est: ,,si Fabius Oriente canicula natus est, Fubius in mari non morietur";
pugnant (diess ist das /jäyeafriti, vorige Anm.) igilur haec inier se, Fabium Oriente
canicula natum esse, et Fabium in mari moriturum , et quoniam certum in Falk
ponitur, natum esse eum canicula Oriente, haec quoque pugnant, et esse Fabium et
in mari esse moriturum ; ergo haec quoque coniunetio est ex repugnantibus „et est
Fabius et in mari Fabius morietur", quod ut propositum est, ne fieri quidem polest,
VI. Die Stoiker (Urtheil). 457
die_eigentlich stoische zu betrachten haben. Insoferne aber die Urlheile
als kcxxa tfocFTn einer Beziehung zu den woa/ftan* stehen, und auch
bei der Forderung , dass das contradictorische Gegenlheil des Nachsatzes
der „Gegensatz" des Vordersatzes sei , eben der Gegensatz ( ivavxLov,
(läyri) von selbst auf das Gebiet der faclischen Dinge hinüberführt (s.
oben Anm. 135. u. unten Anm. 159), so war es, falls man von dem blossen
Si A est, A est überhaupt, sei es auch nur aus rhetorischen Zwecken,
hinwegkommen wollte, nothwendig geboten, dass man auch auf die
factische Verflechtung, welche zwischen dem factischen Inhalte des Vor
der- und des Nach -Satzes bestehe, hinüberblickte. Und es machten
nun sogar- wieder einige Stoiker diesen factischen Nexus grundsätzlich
zum Kriterium für die Frage über Wahrheit und Falschheit der hypo
thetischen Urtheile, indem sie die Bestimmung aufstellten, wahr sei jenes
hypothetische Urtheil, dessen Nachsatz vom Vordersatze umfasst werde
und also bereits in ihm enthalten sei, wornach bei voller Consequenz
des Factischen hier das Sicpooovfievov wegen der Unmöglichkeit eines
Umfassens bei Einem und demselben Dinge wieder durchweg ein falsches
Urtheil wäre148). Aber einerseits scheint es, dass auch die strengere
Chrysippische Lehre dieses Hinblickes auf die factische axoKov&ta sich
nicht ganz entschlagen konnte, wenigstens ist uns ein wahrscheinlich
auf Chrysippus selbst zurückzuführender Schul-Lehrsatz erhalten, welcher
im Zusammenhange mit obiger Viertheilung der hypothetischen Urtheile
den factischen Bestand des Vorder- und Nach - Salzes auf das wunder
samste mit dem theils logisch-sprachlichen theils selbst factischen Motive
der Abfolge (axolov&la) vermengt und völlig dem Obigen entsprechend
den Grundsatz aufstellt, dass unter jenen vier Fällen nur der eine nie
stattfinde, dass aus Wahrem Falsches folge, z. B. aus der Existenz der
Erde folge nie, dass sie fliege, wohl hingegen aus dem Fluge derselben
ihre Existenz 149) , — Beispiele , aus welchen doch hinreichend ersicht
lich ist, dass sowohl das plumpeste empirische Kriterium vorliegt als
auch an jedem Versländnisse des Causalnexus zwischen Wesen und Inhärenzien
es gänzlich gebricht. Ganz ähnlich ja auch ist uns eine Be
stimmung betreffs der Wahrheit und Falschheit des schon oben erwähn
ten jcapaöwijftfwVov (einer Nebenart des hypothetischen) überliefert, wel
che ziemlich den sprachlichen und den factischen Standpunkt verbindet
oder verwirrt 15°). Und andrerseits nun liegt inhaltlich jedenfalls der Uebergang
vom sprachlich-grammatischen Motive in den plattesten Empiris-
148) Sext. Emp. a. a. 0. 112.: ol de ry (fiifmosi xqCvovt(s <paaiv ort
alrjfrti iaxi awr)[ifx£rov ov to Xijyov Iv T(j> rjyovfitvty 7itQi£xtTai SwctfxW
xa&' ovg tö „et rifttga iariv , iifityci tan" xal nav Sitf OQovfitvov avvrj/xfiivov
lo(ag \ptvdog iaiai , avrö ya<j it iv eaurtp nenifyeod-ai a/trjxavov.
149) Diog. L. 81.: in' <Ujj#ft <Jf älrjfUg 'intrac xara rovs ^twixovs,
lög i<p „y^Qa totl" T0 ,<<f<ös edii", xal iptväet ijjeväog, tög T(ji „vvS tozi"
if/eväei ro „axÖTog ior(", xal iftivätt <U))#is, tög T(j5 „YnraaS-ai. xr\v yt\v"
tö „elvai xtjV yf/v", akrjä-fl fi^vzot tptvöog oux äxoXov&ei", T(j> yaq „tlvai
Trjv yf)v" to „nireaS-at jrjv yt]v" ovx äxoXov&el.
150) Ebcnd. 74.: naoaavvr)fifievov äi äkri&eg ixt"v louv o ctQ^öfitvov
Alto aXri&ovg tlg axoXov'kov Xrjyu , oiov „tntl ijfi^Qa iorlv , r)hog Iotiv
- \ i ' — ' ' - » I »,
oiov „inel vvS eoxi , /ICtav jicquiutu'1, av nl/xe'Qag ovöqg X(yt)iai.
458 VI. Die Stoiker (Urtheil).
mus des Faclischen in der ganzen Lelu^jpjijejn_^i2fi«bi', deren prak
tische Anwendung für die Rhetorik mannigfach genüg ist, uns aber hier
nicht berührt. Hingegen in eine Beziehung zur Logik tritt dieselbe, insoferne
zunächst das anzeigende Indicium (fadeixuxov ar\u.üov) von dem
populär angewendeten bloss Erinnerung erweckenden Anzeichen (vno-
(ivrjGuxbv ßrjjiiiov) geschieden wird161), ersteres aber in eine enge
Verbindung mit dem hypothetischen Urtheile kömmt. Nemlich offenbar
mit entschiedenem Anschlüsse an die eben zuletzt erwähnte Auffassung
des Conditional-Satzes , nach welcher der Nachsatz im Vordersatze ent
halten sein soll, heisst nun geradezu arjfiilov der Vordersatz eines rich
tigen hypothetischen Urtheiles, insoferne er den Gestand des Nachsatzes
aus sich heraus enthüllt (ixxcclvnnxöv), wofür das traditionell gewordene
Beispiel ist „Wenn sie Milch hat, hat sie geboren". Da aber nun das
Indicium etwas Wahres und Wirkliches anzeigen soll, so kann es unter
obigen vier Combinationen nur in der ersten seine Stelle haben, und
es wird daher die Bedeutung des Omnlov zusammengefasst so ausge
drückt, es sei dasselbe der d «^Nachsatz enthüllende Vordersatz (wel
cher nun technisch TtQoxa&rjyovjiBvov heisst) "eines ConcfitTönaTsaizes, wel
cher aus einem wahren Vordersatze in einen wahren Nachsatz übergeht 152).
Wie sich von selbst versteht, ist hier in dem „aus sich enthüllen" das
gesainmte factische Verhältniss des Causalnexus, welcher empirisch er
kannt vorliegen muss, sowie in der Wahrheit des Vordersatzes das je-
151) Sext. Emp. pyrrh. hyp. II, 100.: tiSv ovv arjfieCmv ra fit'v iari
vno/ivjOTixa xar' avrove t« ä' ivdeiXTixa' xal vnofivrjtsttxbv /xiv Or)/xtTov
xaXovaiv 8 avfinuQaTiiQri&tv Tip atj/xeiwrip oV ivaqyelas ciua Tip inoneaelv
ixeCvov aiSrjXovfie'vov ayei fi/xciq eis vnöftvrjOiv tov av/xnaQttTTjorjdivTOS airtp
xal vvv ivagyms fiij inontmovros, ms e/ei inl tov xanvov xal tov tivqos'
iväeixTixbv o£ iari ärijielov, ms ifaalv, o fiij avfinaqaTrjQr)d-ev Tip orj/jeimTiü
dV tvaoye(as-, aXX' ix Trjs iä(as tfioems xal xaTaOxevrjs otjfialvei tö ov
Ioti Orjfielov , msneqovv al neql tö Otüfjia xivr\aeis Orjfielä ioTi ipvxrjs.
adv.math. VIII, 143.: Xtyerai rotvw to Orjfielov $i% ms, xoivms Te xal iSiios'
xoivms fiev to äoxovv ti ärjXovv x«#ö xal to nqbs ävave'moiv tov av/xnaqaTrjorj&
ivTos airip noäyfiaTos ^Qr/aifievor eim&aiiev xaXelv Oijfxelov,
iSlms de tö ivSeiXTixbv tov aärjXovtiivov nqäyfiaros. ebend. 156. ...neql
tov ivSeiXTtxov, tovto yao vnb Tmv doyfiaTixmv ifiXoaöqmv xal TtSv Xoytxmv
larQiSv ms ävväitevov Trjv &vayxaiorairjV airols naqixetv xqetav
ninXaOTai.
152) Ebend. adv. math. VIII, 249.: ovxovv ei to Orjfielov äXri&es elvat Sei
xal aXrjS-oiis naqaorarixbv , ovtc iv Tip änb xpevd'ovs äqxofie'vo) xal inl
ipevdos XriyovTi ovre iv Tip änb ipeväovs in* aXtj&es bnoxeloeraf XeCne-
Tai ovv iv ixeCvm fiövov aiirb Tvy/äveiv Tip ctnb tov äXrjd-ovs Te äq%ofie"
vm xal in' alij&ks XyyovTi, ms äv xal avTov vnäQxovros xal tov orjfieimTov
ovvv7iäo%£iv dtpeCXovTos avrm. toCvw otuv Xiyrjrai to Orjfielov
ailm/xa elvat, iv vyiel Ovvrjfifiivip xafrrjyoifievov , derjoei Iv fiövtp äxoveiv
avTO xafhjyovfievov Owrjfifiivip Tip ctn' aXrjS-ovs Te äoxofie'vip xal in" aXrj-
9hs XriyovTi. pyrrh. hyp. II, 101.: ö&ev xal öqCCovtui tovto tö Orjfielov
ovTms' Orjuelöv tariv ivSeiXTtxbv ä^imfia iv vyiet awrjfifiivm nqoxa&i]-
yovfievov ixxaXvnTixbv tov XrjyovTos- ebend. 106. : nQoxa&rjyovfj.evov äe
XiyovOi Tb iv avvrjfxfxivm aQXo/J.e'via anb äXylrovs xal XrjyovTi inl aXrj&es
VI. Die Stoiker (Urtheil). 459
weilig factische Bestehen von Zuständen, welche objectiv vorhanden sein
müssen (wtttgxuv) , herbeigezogen, und die obige formalistisch sprach
liche Bestimmung betreffs der Wahrheit der hypothetischen Urtheile muss
sich nun bequemen, doch wieder anjhe_bloss emjjirisch tactische Wahr
heit zu appelliren. Die Rohheit des Empirismus , welcher an sich nur
den jeweilig momentanen Bestand aufgreifen kann, bricht auch darin
hervor, dass ausdrücklich gelehrt wird, jedes Indicium beziehe sich nur
auf die Gegenwart, und nur mit Unrecht sprecfie mau von Indicien für
Vergangenes oder Künftiges, denn da sei ja eben das Vergangensein oder
das Bevorstehen eines Zustandes der gegenwärtige Zustand selbst153).
Natürlich aber heisst daneben doch wieder das ffr/fmov ein Gedankenproduct
(vot/TQv) im Gegensatze gegen die bloss sinnliche Wahrnehmung154).
Es muss eben nothwendig in diesem Theile des Gegenstandes der logi
schen Theorie der einseitige Ausgangspunkt oder die ursprüngliche Priuciplosigkeit
noch deutlicher als im Uebrigen zu Tage kommen. Uebrigens
ist leicht ersichtlich, dass diese ganze Lehre vom hypothetischen Urtheile
den Keim desjenigen enthält, was später zum sogenannten principium
Talionis sufficientis sich gestaltete.
Es hatten nun die Stoiker in gleicher Weise auch für die übrigen
der oben aufgezählten Arten der nicht-einfachen Urtheile formale Bestim
mungen darüber aufgestellt, wann dieselben wahr und wann sie falsch
seien. Und zwar ist uns in Betreff des copulativen Urtheiles, des av(inETtUyinhov
, überliefert, dass dasselbe als richtig {vyils) galt, wenn
sämmtliche durch „sowohl — als auch" verbundenen Glieder desselben
der Wahrheit entsprechen, als falsch aber, wenn auch nur Eines unter
jenen falsch ist 155). Was das disjunetive Urtheil, to öie&vyfiivov, betrifft,
153) Ebcnd. adv. malh. VIII, 254 ff. : "En, If Ctol, rö Orjfieiov nanöv nanövrog
elvcu dei arjfieiov' tvioi yao tianartäfxevoi xal naQÖv naQip/rmtvov
&e"Xovat eivca arjfieiov , tog tnl rov „et oiXrjv t%ei ovrog, eaxqxev ovrog"'
ei filv yao ovXijV frei, naoöv tan, tfaCverai yao , rö dl eXxog ta^rjxtvai
naoqi/rifitvov, oixe'ri yao eanv eXxog' xal nctQÖv fitXXovrog , iog rö neoie-
%6(itvov ro} roiovnp awr)jifitvo> „el xuodlav rtrnwrai ovrog, anoü-avelrai
ovrog"' rö filv yao rQaiifia rrjg xaofiiag elvaC qaaiv rjdr\, röv dl #«rarov
fitXXeiv. ayvoovai drj ol ra roiavra Xtyomeg ort «XX' tan Iii ira-
QWtjfie'va xal rä fitXXovra, rö fitvroi OrjfieTov xal arj/ietojröv xav roxrroig
nanöv naoovrog^tailv ev re yao rm noorfnoi ro} „et oiXrjv e%et ovrog,
eXxog to/rixev ovrog" ro filv eXxog yiyovev r\dr\ xal naQo}%tjxev , ro dl 'iXxog
ta/t]x(vat rovrov afCoiua xa&earrjxög iv(arr\xtv neol yeyovöxog nvög
Xeyöfievov (also das Perfectum sowie auch das Futurum stehen dem Präsens
gleich; s. oben Anm. 136. u. unten 101, sowie Abschn. II, Anm. 102.). ev re ro}
„ei xaoälav rtrgmrai ovrog, ano&avetrai ovrog" ö filv &üvarog fiiXXet,
ro de ano&avetod-ai rovrov aiCwjia tvtartjxev neol fitXXovrog Xeyöfievov,
naqö xal vvv tailv aXtj&tg. äare xal a^ioifiä tan rö arj/ieTov xal tv
vyiei avvrjfifitvto xaftrjyeTrai ro} äQ^o/itvo) änö äXrj&ovg xal Xryyovn tnl
aXrjS-lg, IxxaXvnnxöv re" tan rov Xrjyovrog, xal diä navrög naoöv naoovrog
torl ar/fieTov.
154) Ebend. 177.: 'Enlxovoog filv yao xal ol nooearmreg airov t%
alotaewg iXe$ttv alo9rjröv elrai rö arjfieiov, ol dl anö rqg Xroäg vor\röv.
Darum ist das arjfieiov auch ähnlich wie der Begriff (s. oben Anm. 72.) lehrbar
und lernbar; vgl. ebend. 203.
tariv", xpevdos dl rö t/ov rjievdog, ndXiv vofio&erovOiv avxol airrolg' axo~
460 VI. Die Stoiker (ürtheil).
so wird uns zwar der seine Wahrheit oder Falschheit entscheidende Grund
satz nicht in strenger Forraulirung angegeben; er muss aber wohl wenig
stens in seiner einen Hälfte gelautet haben, ein disjunclives Urtheil sei
wahr, wenn zwischen den in ihm disjungirten Gliedern ein vollständiger,
gegenseitige Vernichtung bewirkender Gegensatz (eine rckeiog pagt;, s.
unten Abschn. X., Anm. 31) bestehe 156); hierin eben beruht sein Unter
schied von dem naQa8ie£evy{iivov, s. Abschn. VIII, Anm. 51 u. Abschn.
X, Anm. 38 u. 53. Darüber aber, wann dasselbe falsch sei, blieben
wohl aus Gründen, welche uns bei der Lehre vom -disjunetiven Schlüsse
erscheinen werden, manche Controversen übrig, von welchen uns jedoch
nichts Näheres überliefert ist. Wohl aber ist uns ein Blick darein verstattet,
wie sehr die Stoiker mit der ganzen Auffassung des disjunetiven Urtheiles
in^jlie_Jslnipirie des bloss factisch Gegebenen hineinfallen und aus der
selben das Kriterium in Bezug auf Wahrheit oder Falschheit dieses Ur
theiles entnehmen mussten. Das GjbjeJL_desd^junctivgiLyrtlieiles nemlich
ist von vornherein der_reale Gefiensa^z .Iro Ivävxlov) , welcher von dem
btoss YpräcTuTclien Widerspruch"? {uvrwtipzvov) scharf unterschieden wird
— s. oben Anm. 135 — , und es wird daher in einem disjunetiven
Urtheile ausgesprochen , dass zwei oder mehrere Dinge oder Zustände
factisch nicht miteinander zusammenbestchen können, also in einem ge
genseitigen Kampfe {püffi) sich befinden 157). Somit können die Gegen
sätze nur an den factischen Verhältnissen erkannt werden, in welchen
der innere Grund jeder erscheinenden Gegensätzlichkeit liegen muss; und
so verlegen denn auch die Stoiker den Gegensatz in die ursprünglichen
qualitativen Bestimmtheiten der Dinge und in die ihnen einwohnenden
unveränderlichen Eigenschaften s. oben Anm. 100), von welchen
allein im eigentlichen Sinne gesagt werden solle, dass sie Gegensätze
„seien" {ivavtlov tlvai), wogegen die äusseren Erscheinungen dieser
inneren Qualität nur als ein gegensätzliches „Sichverhalten" (ivavrCcog
fytiv) zu bezeichnen seien158); und aus dem gleichen Grunde wollen
lovS-ov y«Q rjv, ei alri&e'g ton. tö Ix ndvTtiiv altj&cöv aiv&trov eb&bg ctlrj-
«Wff elvai xal to Ix nävuov tpeväüiv avyxtifievov \fievtfog, to (Ff txipevdtBv
äfia xal äly&tSv firj fiällov alrj&ig elvai »; xfteDifog (128.) äll' liigneo
Iv T$ ß(tp, tfaal, ro xaret fiiv rit nltlara fJ^Qt] vyte; iftthiov xar' bliyov
ii dttoqtaybg ovx anb xäv nlelaxiav xal iyiiäv utoiSv vyieg tlvai Kyofitv
iXV anb tov blCyov xal äieootoyÖTog dieoqioybg, ovtio xal tö evfinenleyfifvov,
xav i'v fiovov i%r) r[/evo*og , nltCova df alrj&ij , le^dr/atTai to olov
anb tov Ivbg if>evd*og. Vgl. Abschn. VIII, Anm. 49.
156) Ebend. pyrrh. hyp. II, 191.: to yän vyieg die£tvyfi(vov Inayyillt-
Tai i'v tiöv (v aixfi vyitg elvai, to (Ff lotnbv r) za lotnä \peiidog jj \ptvdri
fltr« fiä/rjg. s. aneb Anm. 4.
157) Bekk. Anecd. p. 484. : [irjfie to nnbg T(3v Zzwiixmv leyöuevov naoaleCniofiev
, nao' oig tctrC Tig ätaqiooa Iv ToTg xaxä ifvdiv ätefcvyfie'vois
(iaxo[A.{vov xal avz ixet iie'vov' xal ijv fia%6fievov to firj dvväfievov xard ro
«uro naoalruf&Jjvai , vjiIq ob xal iv Tolg nqoxeifievoig eiQrjTai, „rjfiiqa
iarlv rj vvi eOTiv, rj (fd-fyyo/iai rj Oiyiö", xal ert tü Tovzoig ofioia. äv-
Tixe Ifievov äh to nleovd£ov anoifdaet, bneo Svväfiei näliv fia%6fitvovx.z.l.
158) Simpl. ad Categ. f. 98 £. : zovzoig ovv ol anb xrjg £zoäg (xQrjOavzo
näoi xal ToTg alloig äioQiOfioig Tolg neol tiöv tvavThov Hotc/Tortlet xarä
nöSag r)xolov9-rjOav IxeCvov Tag uifOQfiag avzoig äeSiaxöxog Iv Tip neqi
Ttöv uivTixetfiivtav tivyyoäfifiaTi , ag l'SeinyäctavTo iv Tote avrwv ßißlCoig'
xal yao xal Tag eSeig ivavTlag vne'laßov tog Ixelvog , olov ifQÖvijOtv atfqöVI.
Die Stoiker (Urtheil). 461
sie lieber nur die sprachlich isolirten Bezeichnungen der Dinge als
Gegensätze gelten lassen , nicht hingegen ganze Sätze , wenn dieselben
auch Gegensätze enthalten, da ja hier dein factischen Zustande schon
Fremdartiges beigefügt sei 159). Kurz es kömmt also in der That darauf
hinaus, dass z. B. „Tag" und „Nacht" ivuvzut seien, hingegen „Es ist
Tag" und „Es ist Nacht" avxinii^tva; und das disjunctive Urtheil „Entweder
ist es Tag oder es ist Nacht" kann ausschliesslich nur nach dem
factischen Verhältnisse beurtheilt werden, hingegen das hypothetische
Urlheil „Wenn es Tag ist, ist es Tag" fällt theilweise dem Sprachlichen
anheim, da es ja dann wahr ist, wenn das contradictorische (d. h. sprach'
liehe) Gegentheil des Nachsalzes einen Gegensatz zum Vordersatze bildet
(s. Anm. 146); eben in diesem letzteren aber, dass jenes einen „Gegen*
satz" bilden soll, stürzt diese ganze so eben gemachte Unterscheidung
zwischen contradictorischem Gegentheile und realem Gegensatze augen
blicklich wieder in sich zusammen. Weitere Consequenzen betrelTs der
gänzlichen Vcrstandlösigkeit dieser Logik hieraus zu ziehen, überlassen
wir füglich dem Leser selbst. Uebrigens liegt in jenem Grundsatze des
gegenseitigen Kampfes {y-ä%r\) der Gegensätze schon völlig das Motiv des
nachmaligen prineipium exclusi lerlii. — Endlich was noch das causale
Urtheil, to alxiädsg, betrifft, so ist uns hier wieder die formale Be
stimmung überliefert, dass dasselbe wahr sei, wenn aus seinem wahren
Vordersatze factisch wirklich der Nachsatz folge, nicht aber der Vorder
satz aus dem Nachsatze, hingegen falsch, wenn entweder der Vordersatz
falsch sei oder keine oder eben die umgekehrte Folge bestehe 160). Wie
vrjöiv , xai ra xuTrjyoorjpiaTa digneo to wqovüv xai cufioatvttv, xai Tag
fieaörrytas, oiov to (pQuvt/Jiog fj cttf oövaig' tovs piivToi noiovg xai nm; f/ov-
Tttg oixixi IvavTCovg im(Xaßov &XK tvavxCtog tyitv xai tovtov tovt({>,
aXXa piiowg , tov tpnövipiov Tm aipQOVi XfyovOiv lav oV noTt xai Xiyiofttv
tovtov tovth) {vkvtCov tivai , inl ra apitoa noiovpit&a tt\v Otjfxaalav,
log qaaiv xuoiiäTaxa pitv oiv inl tiöv t^toiv xai tiSv o~x£ae<ov xai
tiSv ivtQyetiöv xai Ttov TovToig naoanXriGitov fj ivavTlioaig fttiootiTat, fiev-
TiQov öl (og ivaVTCa teytxai tu xaTr\yoqr\fiaTa xai to. xaxrjyooovpitvä niog
txtlvoig' noogäyei df afitogytntug nQog tu IvaVTia xai to (fQOvCpiiog xai
aqnövtag' bXoig iv Tolg noäypiaai tu IvaVTta StiootiTai, xai fj (pQovrjOig
Trj aif Qoavvr) äfitoag outojs tvavTia XtytTai , oi/ JJff* T5^*' TotavTijg 6*h
ovOrjg Trjg 2.TCoixij'g diduOxaXCag, x. T. X.
159) Ebend. £ 98Z. : oVTog 61 Svvaxov To aixö xai xaxa aavv&txov
qoivfjv tintlv, owv wnövfjOiv äq noavvtjv, xai dV oqov, oiov ImOTfj/xtjV äya-
&(5v xai xaxmv xai ovStTtQtav xai ti\v äq QOGvvrjV ayvoiav TiSv aiiTiöv,
£r)Tovai noTioov Ioti (sc. Ivkvt(u) t« xaxa tu üjiXü ftövov ^ xaxet Tovg
OQOvg' xai o yt Xovainnog iqCarrjOi, fir/noTS Tct noogrjyooixa xai anXä
ftövov laxiv IvaVTia, xä d"t ovx taxtv noXXa yan xai iv TovToig avfint-
QiXapißävofttv xai /utTa aQ#Qiav xut pttxä Ovvd*{Ofiu>v xai aXXiov äij uoqIiov
ISrjyrjTixäv, (äv ixaOTOv (lg tov t<ov iravxCtov Xoyov aXXoToCmg av naqa-
XaftßavoiTo' dtö rfjV fiiv qiQÖVrjOiV Ty aq.Qoovvr) qtjO)v tlvai Ivavxlov, tov
St oqov Tai oqo> ovxtxi öpiotiSüig IvaVTiov tivai qtjaiv.
160) Diog. L. (in dossen verstümmeltem Berichte das avfintnXtyfitvov und
Sitt.tvyu(vov in dieser Beziehung fehlen) VII, 74.: alTiüStg 81 aXrj&ig (i(v
laxiv 6 aoxö/ttvov änö ccXrj&ovg tig ctx6Xov9ov Xf/yti, oi fifjv eyti Tip XrjyovTi
to ao^öfitvov äxöXov&ov , oiov „SiÖti rjfiioa IotI , wäg tau", xm
ftkv yccQ „rjfikoa iarlv1' axoXovOtl to „(ftSg iGTi" , tu tfl „(päs Zäriv"
oi>% 'intiai to „rifieoa IotCv" (dieses Beispiel für einen an sich schon einfalti
gen Lehrsatz könnte kaum einfältiger gewählt sein), aliiwdtg 6i xptvdög laxiv
462 VI. Die Stoiker (ürtheil).
sohr hiebet der Formalismus den factischen Reichthum der Causalität
beherrschen zu können vermeine, sehen wir daraus, dass z. B. der Satz
„Weil es Nacht ist, geht Dion spazieren" von vornherein als ein Talscher
bezeichnet wird, wie wenn es keine Causalität eines gerade nächtlichen
Spazierganges geben könne. Dennoch aber bildet auch hier in letzter
Instanz nur die Empirie das Kriterium, und dass die ursprünglich formal
sprachliche Auffassung hier als eine nicht mehr ausreichende verlassen
wird, zeigt sich sowohl in der Definition der Ursache (Ursache ist das-
; jenige, bei dessen Anwesenheit die Wirkung eintritt), als auch in den
läppischen Bestimmungen über „erschöpfende" Ursache (awsKuxbv a'ikiov),
„Mitursache" {ovvaiuav) und „beihelfende" Ursache (ovvtQyov), wobei
in anderer Beziehung der Begriff der factischen Causalität wieder völlig
ertödtet wird161). Ausserdem liegt hier, namentlich in dem Grundsatze,
dass die causale Folge nicht umgekehrt werden könne (weil ja mehrere
Ursachen die gleiche Wirkung haben können), auch schon das principium
causalüalis vor, aber eben in Folge jener Begriffsverwirrung, welche,
beim hypothetischen Urtheile das formale und das empirische Moment
verquickt hatte, gerade in einer Weise, dass es wie später im Mittelalter
in Confusion mit dem obigen princ. Talionis sufficienlis gerathen muss
(s. auch Anni. 201). — In_ Bezug auf das vergleichende Urtheil , ro
Sutaatpovv ro fi«Mov tj rb i)xtov, erfahren wir nichts Näheres ; s. jedoch
den Vergleichungs-Syllogismus bei Ps.-Galen. Abschn. X. Anm. 57'—62 ;
und dass auch die Stoiker das comparative Urtheil und den comparativen
Schluss eigens behandelten, möchte man wohl aus der im II. Absch.
Anm. 49 angeführten Stelle schliessen.
Alle diese Bestimmungen nun über aXrj&cg und tysvdog beziehen
sich auf das einfache wirkliche Stattfinden eines J)inges oder eines Zustandes,
d. h. auf dasjenige, was bei Aristoteles und den Peripatetikern
zb vnuqipv im Unterschiede von ivSs%6(ievov und ccvctyxaTov genannt
worden war, und wir j^herMiäufig genug, dass in detJUhre,_vßni hy
pothetischen, disjunctiven und caüsalen Urtheile auch . hex „Verhältnissen,
wetehe__an_sich über das blosse Stattfinden hinausjKeisea--4Uid^,,das^ Ge-
S ijroi anb \pevdovg «p^trr« rj fir\ eig axöXov&ov Xrjyti rj f%ei t$ Xrjyovri
ro aQxöfJ-tvov axoXov&ov, oiov „3t6ii vvi eOTt, /litov neqtnaxiV (durch dea
Versuch, dieses lelztere Beispiel etwa zu emendiren viiS fori, Sioxi /llmv n&QinctxiT,
würden wir die sloische Logik für verständiger halten, als sie ist).
161) Sext. Emp. adv. math. IX, 228.: ttixtöv toriv, ov naoövTOs ylvixai
ro ccnoxtXtafiu. pyrrh. hyp. III, 15.; xoivoTtqov uv (tri lö alxiov xovxo dV
o Ivegyoiv yCvtxai xb anoxiXtüfxa • xovxmv dt xmv altitov ol utv 7iXe(ovg
tjyovvxai xa fiiv avvexxtxä ilviu xtc di awaixia xa. aweqya , %«l awexxixä
piv vTxagxetv u>v 7xag6vxti>v nageOTi xb ärxoiiXea/i« xat algofisvmv
Xrjg ttixiov eivai tpaai rov nviyfiov), awaCxiov äi o xfjV tdrjv elgyieoexai
xiov alxia tifaßav etvcti ms ro nooxuxttQXxtxa, oiov xrjv imxeTafi^vijV rjXCmaiv
nvQ&iov , nvis äi xnvxa naQyrovvxo , lixctär) to atxiov ngog ti vtxüq-
%ov »ol ngbg ro etnorO.eauii ov ov övvaxai TTQotjyeioSai ctvxov mg aixiov
(also wird sogar hier zuletzt Alles in das jeweilige Präsens gezogen, s. oben Anm. 153.).
VI. Die Stoiker (ürtheil). 463
präge jrägueiLS^^Siiig$i(xj8M..es . bloss., möglichen oder schlechthin not
wendigen, Verbindung an sich tragen, doch nur auf das ,jeweilige , oft
bloss nioinenlane Stattfinden zurückgegangen, wurde. Nichtsdestoweniger
aber behandelten die'Stoiker auch jene anderen beiden Momente, nemlich
das Mögliche und das Nothwendige. Allerdings fliessen hierüber unsere
Quellen sehr kärglich, aber bei der den Stoikern durchweg eigentüm
lichen Sucht nach einer gewissen schulmässigen Vollständigkeit, halte
ich es für unzweifelhaft, dass dieselben schon um der Lehre von den
combinirten Syllogismen willen ausführlich auch die Möglichkeits - und
Nolhwendigkeits-Urtheile als solche behandelten, zumal da von den Be
strebungen der älteren Peripatetiker her, welche doch sonst reich ge
nug von der Stoa ausgebeutet wurden, hiezu eine Veranlassung vorlag.
Die stoischen Schuldefinitionen des Möglichen, Unmöglichen, Notwendigen,
Nichtnothwendigen sind uns erhalten , und es schlugen dieselben , wie
sich erwarten lässt, den bereits von den älteren Peripatetikern betrete
nen Weg ein. Nachdem nemlich dort schon die innere metaphysische
Verbindung zwischen dem Wirklichen und Möglichen und Nothwendigen
zerrissen worden war (s. Abschn. V, Anm. 41 u. 51), ist hier die bloss
sprachlich -rhetorische Auffassung der Form, nach welcher die Urtheile
als mögliche oder als nothwendige ausgesprochen werden , ja auch in
allem Uebrigen zum ausschliesslichen Ausgangspunkte geworden. Hier
nach gestaltet sich auch in Bezug auf diese Begriffe die formale Schuldoctrin,
und die erwähnten Definitionen sind: Möglich ist, was die
Fähigkeit hat, wahr zu sein, woferne äussere Umstände es nicht daran
hindern, Uninöglich, was diese Fähigkeit nicht hat, Nothwendig ist, was
wahr ist und hiebei entweder gar nicht die Fähigkeit ""Kat , falsch zu
sein, oder hieran durch äussere Umstände gehindert wird, Nichtnothwendig
ist, was wahr ist und .auch die Fähigkeit hat, falsch zu sein,
woferne es an letzterem nicht durch äussere Umstände gehindert
wird ; und offenbar im Hinblicke auf diese Definitionen werden auch
die Urtheile schulmässig in einer Weise eingelheilt, welche aller
dings alles Mass des Erträglichen weit übersteigt, denn das Mögliche
soll in das Nothwendige und Nichtnothwendige , und zugleich wieder
das Nichtnothwendige in das Mögliche und Unmögliche zerfallen 162).
162) Diog. L, 75.: eri re ra fJ-iv i(Sn äwitTa ra iTi ativvetra xal rec
filv ävayxaia ret <I" ovx ävayxaia' ävvarbv fA.lv rb tmStxxixov roxi ahq~
9ie tivai rwv Ixrbg firj lvavxiovfj.tvtov (lg rb äXij&h slvai, oiov „(y Jioxliji"'
äävvarov St o firi (ariv iniätxrixbv roxi äijj^f etvai , oiov „rj yr)
inrarcu"' uvayxalov S4 lortv ontp äXrj&lg ov ovx iarlv iniStxxixbv tov
xfieväovg tivai rj tniSixrixbv fitv (an, ra tt' ixrbg airq) ivavriovrai nobg
rb xpeviog elvai, oiov „rj äoerij ivipelel" ' ovx ävayxaiov ätl Irtrtv o xal
&kt)!Hi loriv xal xpevtiog oiov re tivai räv ixrbg fitjoiv Ivavriovfiiviov, oiov
rb „neoinarei Atwv". Boeth. ad Ar. d. iuterpr. p. 374.: Stoici vero possibile
quidem posuerunl, quod suseeptibile esset verae praedicationis nihil his prohibenlibus,
quae cum extra sint, cum ipso tarnen fieri conlingunt ; impossibile autem, quod
Milium unquam suseipiat veritalem aliis extra eventum ipsius prohibentibus ; necessarium,
quod cum verum sit, falsam praedicationem nulla ratione suseipiat. Ebend.
p. 429.: illud autem ignorandum non est, quod Stoicis universalis videatur esse
possibile a necessario; dividunt enim enuntiationcs hoc modo: enuntiationum, inquiunt
, aliae sunt possibiles aliae impossibiles , possibilium aliae sunt necessariae
aüae non necessariae , rursus non necessariarum aliae possibiles etc.; stulte atque
improvide idem possibile et genus non necessarii et speciem constiluentes.
464 •VI. Die Stoiker (Unheil).
Die gänzliche Unklarheit in den Grundbegriffen springt namentlich bei
den hindernden äusseren Umständen, wo dieselben zur Erklärung des
Nothwendigen herbeigerufen werden, klar in die Augen. Darin aber,
dass diese sämmtlichen vier Begriffe in eine unmittelbare Beziehung zu
dem Wahr-Sein gesetzt werden, liegt in Folge der obigen Deünition
dessen, was wahr und falsch sei, eben wieder nur eine nominalistische
Auffassung, welche wohl von dem oben erwähnten Philo auch in dieser
Beziehung stärker betont wurde, wenn derselbe den'Begriff der Möglichkeit
bloss in die Tauglichkeit des Subjectes, irgend ein Prädicat an sich zu
tragen, oder in die Vermischung des factischen Bestandes und dieser
Tauglichkeit, verlegte l(i3). Aber auch Chrysippus, welchem obige Schuldefinilion
zuzuschreiben sein wird, kam durch diesen bloss auf die Form
des Urtheiles gestützten Begriff nicht bloss in Streit mit der streng fata
listischen Annahme des Megarikers Diodorus 164), sondern auch in den
entschiedensten Conflict mit seinen eigenen Behauptungen betreffs des
Nothwendigen, sobald unter demselben nur irgend die innere Nothwendigkeit
des Causalnexus verstanden werden sollte 165). Dass nun auf
solcher Basis die weitere Durchführung der Begriffe des Möglichen und
Nothwendigen in der Lehre vom Urtheile an bedeutenden principiellen
Schwächen leiden musste, wird uns auch durch eine Notiz bezeugt,
welche bezüglich einer Anwendung des Möglichkeits ■ Begriffe's auf das
hypothetische Urtheil wahrhaft bodenlose Spielereien des Chrysippus berich
tet. Derselbe will nemlich zeigen, dass in einem richtigen hypothetischen
Urtheile es vorkommen könne, dass der Vordersatz möglich, der Nach
satz aber unmöglich sei, denn wenn bei dem Aussprechen des Satzes
„Wenn Dion gestorben ist, ist dieser da gestorben" zugleich mit dem
Finger auf Dion hingezeigt werde, sei der Vordersatz allerdings ein mög-
163) Alex. Aphr. ad An. pr. f. 72 b.: ävvuTov Xfyeiv xal ticqi tojv ävvatiöv
..... ö/Aoitog xal neol tov xarce tov <P(Xojva' r)v äk tovto xaTÜ yjiXrfli
Xtyofitvov iTriTij&etoTijTct tov inoxtijj.ivov , xav vno tlviov ti'oj&tv ävayxatojv
y ytvia&ai xtxojXv/jitvoV ovicog rö a/v(>ov rö Iv rij aröfiqj (l. «jjoi/y«?)
fj rö Iv rfj ßvirq) ävvarov eXeye xavOrjvai ov ixu xaCroi xojXvo/uevov vno
T(Sv neQiexovTwv ai/To ti; avayxng. Philop. ad An. pr. f. XLIIIa. : 6 äe 4>t-
Xmv (ftjal ävvarbv tlvai fj rö ixßeßrjxbg fj rö ävväfitvov Ixßijvcti [irjätnott
äi Ixßaivov, Sgnto Xiyofitv ala&rjxbv ttvai rö Iv ro> ßv&qi öoroaxov.
164) Cic. d. fatu 1, 13.: al hoc, Chrysippe , minime vis maximeque tibi de
hoc ipso cum Diodoro certamen est tu et quae hob sunt fulura , posse fieri
dicis, ul frangi hanc gemmam. etiamsi id nunquam futurum sil, neque necesse fuisse
Cypselum regnare Corinlhi , quanquam id millesimo ante anno Apollinis oraculo
editum esset. Ebend Farn. IX, 14.: Ilegl ävvarojv nie scilo xttiu diöäojoov
XQivtiv ; quapropter, si vcnlurus es, scito necesse esse te venire, sin autem nun
es, tojv aävvärojv est te venire; nunc vide, utra te XQiaig mayis delectet, Xqv~
Binnttanc an haec quam nosler Viodolus nun concoquebat ; sed de Iiis etiam rebus,
otiosi cum erimus, loquemur; hoc etiam xutc'c XqvOiti71ov ävvarbv est. In Be
treff des Diodorus s. Abschn. II. Anm. 35.
165) Plut. d. Stoic. rep. 46.: ö äi r<ov ävvaTwv Xöyog nnbg tov rijg tifiaQ/
jevrjg Xöyov «i/rcp nöig ov jua^o/^tvog lariv ; tl yaQ ovx tan övvcabv
oTiiq fj lar'iv aXnirig fj earai (xaree /1wä ojijov) , aXXa näv rö Iniätxrixbv
tov ytv£o~&ai , xav jirj (liXXn ytvrjöiciSai , ävvuTov Iotiv, earai äk ävvaia
noXXtt tojv firj xafr it[xaQfiivr)V avixrrrov xal ävtxßCaOTOv xal Tttqiytvrrrixr\
v nnävTiov, fj ti/uuQfj^vrjg ävvatuiv anoXXvOiv fj ravrrjg oi'av «Jiot Xqvamnog
ovang jb ImäiXTixbv tov yeveo&ai noXXüxig tig rö äävvaxov
IfineatiTtu.
VL Die Stoiker (Unheil). - 465
lieher Fall, welcher einmal eintreten könne, hingegen gerade sobald der
Vordersatz wirklich eingetreten sei, zeige sich der Nachsatz als eine
Unmöglichkeit, weil dann das Subject desselben, nemlich der „Dieser",
auf welchen mit dem Finger gezeigt werden könnte, gar nicht mehr existirt;
ebenso sei es bei dem Urtheile „Wenn es Nacht ist, ist dieser heutige
Tag nicht", woferne man dabei eben auf diesen heutigen Tag hinzei
ge 166). Sowie aber dieses läppische Geschwätz offenbar durch die
widersinnige Lehre, welche der sog. xvQitvnv des Megarikers Diodoros
enthielt (s. Abschn. II, Anm. 25 f.), hervorgerufen war, so scheint Derartigesj^
erhaupt zu den beliebten Schul-Controversen der Stoiker gehört
zuTuibenjiwenTgstens" stritten Kleanthes nnd Antipater lebhaft für die
Ansicht, dass es auch ein Mögliches gebe, welches weder jetzt noch in
Zukunft wahr sei, und dass auf Mögliches nie Unmögliches folge, hin
gegen nicht alles bereits Geschehene nothwendig sei; Andere hingegen
behaupteten gerade das Gegentheil, nemlich möglich sei, was weder jetzt
noch in Zukunft wahr sei, alles bereits Geschehene aber sei nothwendig,
und auf Mögliches könne Unmögliches folgen 167). — Nun schliesse man
von solch kläglichem Getriebe auf die ontologische Auffassung der erwähn
ten Begriffe zurück.
166) Alex. Aphr. ad An. pr. f. 70 a.: Xgvamnog Sk Xiymv firjSkv xmXvtiv
xai Swat$ aSvvatov enta&ai ngbg fikv rtjV im' Ügiarort'Xovg etgrjfit'v^v
StT^iv oiSkv Xfyti, ntigärai Sk Siä nagaSuyfiäriov rivtöv ov% iiyiiSg Ovyxtifiivaiv
Stixvvvai rovro firt ovrtog tiyov' tpnol yäg Iv T<j3 Ovvr)U[i€v<j>
„tl ri&vrixs dtwv , ri9-vt)xtv ovrog" otixvvjxkvov rov dlwvog äXr)3-ti ovri
To (itv ijyov/tevov rb „rk^vnxs Aimv" Svvarbv tlvai Tip SvvaO&a( nort
äXrj&kg ysvia9ai rb rt&vnxivai dCuva, rb Sk „ri&vrixtv ovrog" aSvvarov,
äno&avövtog yäg zICiovog <i$-t(gto&ai to äfCio/xa jb „ourog te"&vr)xt" fir)-
xtt* ovrog xoC rijv Stl^iv avaStxojxt'vov , tnl ■yäg^iSvrog xai xarä (dUvrog
ISvvaro fiträ xbv &ävarov tov Atiavog , Itf' ov rb ngörtgov (v rtp Ovvrififi(
vij), St* k"n i&i 6 dlmv, xattjyogeTro to „rt&vrjxev ovrog", xarrjyo~
gri&rjvai näXiv rb oirog' Intl Sk fxr\ oiöv re rovro, aSvvarov äv elrj rb
„rt&VTjxev ovrog" xarrjyogij&^vai näXiv tov „ovrog". Irt bfioiov rovtut nagarl&
trai xai rb „tl vvl koriv, ovx körtv avttj ijut'ga" S tixvv/j.(vrjg rfjg
■yiigag' xai yäg iv tovtip tip awrififiivip äXtj&ti bvri, dg oltrai, Svvarip
ovri rtp rjyovfiiviff aSvvarov rb knöfj.tvov. Philop. ad Anal. pr. f. XLllb : ot
Sk Xria'ixoi rfj Stl$ti ravrri avrtmtlv fj.rj Svväftevoi Siä nagaSeiyfiätiüV
rivüv IXtyxeiv ntigmvtai tov rov ipiXoOoipov Xoyov Svvarbv yäg rb rip
Svvarip knöfitvov aSvvatov tlvai' Xty<a yttQ ovtta' r$ „tl rt"&vrjxe JCtov1'
äxoXov&ti rb „r(3-vr)xev ovrog". rb (xhv ovv re&vävai JCiova dwarbv , rb
<T£ tovrov reS-vävcei uövvurov entrai 6k nuvriog r(p dbova rt&vävai rb
te&vavttt rovrov tl fj.kv yäg äno&ävoi /l(u>v, nävrwg xai oirog b ätixvvfitvog
ärjXovori r(fh>T\xtv avrb fik rb rovrov re&vävui aSvvarov' rb yag
roüro Stixrixbv inäg/ov ov ri ngäyfia oti/*a(vei, rb d*k rt&vavai fit] ov,
to 3k ov aävvaiov fit] tlvcu, rb äga it&vävai rovrov aSvvarov rovro Sk
axoXov&tt T(j5 . /rare rt&vävai Svvarip bvti' äävvatov ilga övvatqi rivv
äxolou&tt. ndXtV „tl kari vvS , avrr) rj/te'ga oiix kori". rb äk ravrrjV ri/xt'-
gav firj tivai aSvvarov ' tntrai äga rqi tlvai vvxra Svvary ovri rb
tlvai ravitjv r\fi{guv aSvvarov ov ravra fikv ot ifreui'xol, i)[itTg Sk x. r. X.
167) Arrian. Epict. 11, 19, 1.: xoivijg yäg ovong [iä/rig rolg rgial rovroig
Prantl, Gesch. I. 30
466 VI. Die Stoiker (Urtheil).
Aus den Betrachtungen aber über Möglichkeit und Nothwendigkeit
musste sich bei dem einmal eingenommenen Zwitter-Standpunkte auch die
Frage ergeben, wann und wie etwa ein Urtheil aus dem Wahr- sein in
das Falsch-sein umschlagen könne (ftEtarercoets, \xzxtatvnxovta aimpvxci),
wobei natürlich der Begriff einer in die Zukunft sich erstreckenden Ent
wicklung (vgl. oben Anm. 136) eben durch dieses „Umschlagen" ertödtet
wird ; und zwar schieden die Stoiker unter den einer solchen Veränder
ung ausgesetzten Urlheilen diejenigen besonders aus , bei welchen der
Zeitpunkt des Umschlagens sich durchaus nicht vorher bestimmen oder
abgränzen lasse — a7E£j>tyoo<p<»s (leramTcrovra — , so z. B. werde für
das Urtheil „Wenn Dion lebt, wird erleben" sicher eine Zeit eintreten,
in welcher bei wahrem Vordersatze der Nachsatz nicht mehr wahr sei;
wann aber jene Zeit eintreten werde, sei ungewiss. Hiebei braucht kaum
bemerkt zu werden, dass wir uns vollständig auf dem Standpunkte des
Sorites der Megariker (Abschn. II, Anm. 94 ff.) befinden. Vielleicht bil
dete zu dieser (lezaTCTCoeig der Urtheile die avtiörgotpri derselben in ver
wandter Behandlungsweise den entsprechenden Gegensatz, insoferne wohl
jene Urtheile, welche einem derartigen Umschlagen nicht ausgesetzt sind,
die umkehrbaren sind 168). Doch von der Lehre über die ävti6TQoq»j
bei den Stoikern sind wir durchaus nicht näher unterrichtet und kön
nen daher nur die Vermulhung aussprechen, dass auch dieser Zweig der
stoischen Logik an Albernheit nicht hinter den übrigen zurückgeblieben
sein wird.
II, Anm. 36.) ... Xoinöv dt 6 [i£v Tig xavTa Trjorjoet. Totv Svolv , ort „ean
t( ti övvarbv , u ovt' tanv äXrj9-£g ovt' iarai" xal „SwariS aävveirov
oix tc/.oXovüti" , ov nav di nuoeXrjXv&bg üXtjd-lg avayxaiöv loti , xa#antQ
ol TTfnl Kkeäv&r\v (f^neaS-at, äoxovaiv, oig inlnoXv avvrjyoorjOfV 'AvTinuTQog'
oi äl TtcXXa ävo, oti ,,Svviit6v t' Iotiv o ovt' eßTiv aXrj&eg ovt' cotcu"
xui „nav naQ(XrfXvf)ög äXrjf)-tg avayxaiöv Iotiv", dwuTip d " ndvvuTOV äxo-
XovfriT. TctTßiu d" txsTva Trjorjacti aiiriyavov dia tö xoivrjv tlvai avTwv u6%1jV.
168) Sitnpl. ad phys. f. 305 a. : r« nana Tolg ^Tw'ixoTg u$i(6pttTtt , « ^fictnCnTovTa
Tiveg XfyovGiv ävtJtiyQCKpiog .... fOn <Jf r«£r« TotavTa „ei
fjj ztdov, o'jOiTut zticov"' tovto yaij tl xul äXrj&t'g Iöti vvv , uQ/ofiivov
tino aXrf&ovg rov „fjj zliiav" xul Xrjyov etg äXrjd-lg tö ,,'Qr)atTcti'\ ctXX' sotui
noTe , ,6'rf rrjg nQogX^ifjeojg (s. unten Anm. 175.) aX.rj&ovg ovarjg Ttjg „üXXa
fj.r]V (fj /tüov" //.eTaneourai To ovvr^xuivov tig xptvSog rrj> iaeO&aC noTt,
öts a/.tj&ovg ovrog ?r« tov ,,£>; /liiav"' oix (Otui aXq&eg tö „xal £r/(7{T«i",
oü fit] öi'Tog nXrjfl-ovg to oXov ovvrj/jftevov ytyvon' äv \ptvdog (ilTmilnxav
oi yiio utl ot( tö £;] aXrj'ltg, xul tö £rj0iTctt fnel ovTiog u&avctTog av tii] ö
/ICiav oi iihv (Otui öqlaaviag tlntiv, noie oix aXrj&tg eßTcii £(vVTog uvtov to
tyatTcci , oi' o xal iv avtniynatf h) xal äoQi'aio) %q6voj XcyovOi yCyveo&ai
TljV TIÖV TOIOVTIÜV «SkOUKKOV fltTUTlTtOOlV. TOIOVTOV /J.£V OVV €BTl TO &Vtmyompiog
uttanttCTUv Xtyöfxtvov a'iitajia. Diog. L. 76.: xal aXXai rf^ tiai
Sictqofiul tt'£iiafxaT(i>v xal ueTaTiToiaeig aiTÜv IS aXrj&wv clg \psvär) xal
avTiOTQoq al ninl tiv iv nXctTti XCyb/iev (dieser ausführliche Bericht aber steht
bei Diogenes nirgends). Uebrigens besprach Chrysjppus alle diese Fragen über Wahr
und Falsch o. s. w. in der Schrift tieqI avvTa'iewg. Dion. Hai. d. comp. p. 72.
Schacf.: ag cFf XQvamfiog xuTuXiXomt GWTaitig SiTTag iniyQa(jr]V tyovOag
neo) irjg ovvTc'cSicog tiSv tov Xöyov [iinidv , oi (jrjTogixrjv Sttontav l/ovaag
äXXa äiaXfxTixijV .... vticq aSiio/jütwv avvTaZtiog aXrjiHöv Tf xal xjjeväüiv
xal dvvaTÜv xal uävvaTwv , h'Styo^viov rf xal [itTuniiiToVTiav xal äfi-
(ftßöXmv xal itXXaiV Tivtäv öfioioTQoncov oiSsfiiav ovie yotiav ovt' coiffXeiav
Tutg noXiTixoTg Xöyoig ou/jßaXXoft€Viov lig yovv ijdovijV rj xäXXog SQfirjVtiag
iov dii GToyäteod-ai Tt]V abvO-MSiv.
VI. Die Stoiker (Urtheil) (Syllogismus). 467
Endlich wurde noch in der Lehre vom Urtheile das „Glaubhafte"
(m&avöv) und das „Wahrscheinliche" (evXoyov) behandelt 169) und hiedurch
eben so, wie wir es oben~Eeim Begriffe sahen (Anm. 73), auch für das
Urtheil auf das rhetorische Schwätzen eine bei den Stoikern sehr erklär
liche Rücksicht genommen, Betrachtungen, welche sich bekanntlich auch
in die „angewandtei^Logik" der späteren Schulcompendien hineinzogen.
In engstem Anschlüsse nun an jenen Theil der Lehre vom Urlheile,
welcher die nicht • einfachen Urtheile zum Gegenstande hat, folgt die
Lehre vom Schlüsse, welche hiemit einen auf den ersten Blick
höchst auffallenden Charakter annimmt, indem sie sich ihrem Wesen nach
nur auf den hypothetischen und disjunetiven Schluss erstreckt. Jedoch
es Hess sich eigentlich schon von vornherein erwarten, dass die Stoiker
bei ihrer durchgängigen Methode des Aufsteigens vom Einfachen zum
Zusammengesetzten gerade in der Weise vom Urlheile zum Syllogismus
fortschreiten würden, dass sie als Motiv des letzteren eine erneuerte
Zusammensetzung der bereits zusammengesetzten Urtheile annehmen. Und
sowie sie bei der Lehre von den nicht - einfachen Urtheilen eine ganz
äusserlich grammatische Betrachtung der verschiedenen verbindenden Par
tikeln zu Grunde gelegt halten, ebenso knüpft sich ihnen nun die „Hin
zunahme" eines neuen Bestandtheiles zu einem nicht -einfachen Urtheile
gleichfalls an die grammatische Aeusserlichkeil einer Partikel; nemlich
insoferne sie überhaupt keine Verbindung ohne eine verbindende Partikel
annahmen (s. oben Anm. 123), nennen sie das „Aber ja" (Sa ye), wel
ches in dem Untersatze eines Voraussetzungsschlusses erscheint (z. B.
Wenn es Tag ist, seheint die Sonne. Aber es ist ja Tag. Also scheint
die Sonne), in dieser Beziehung eine „Hinzunahme - Conjunction" (ngogkrjittwog
cwösafiog), womit das ganze Gebiet der sogleich näher zu
erörternden nQÖgXrjtyig, d. h. des hinzugenommenen Urtheiles bei Vor
aussetzungsschlüssen, zusammengefasst ist1"0). Dass aber nun wirklich
in Folgendes aufwärts steigenden Zusammensetzeiis und des grammatischen
Standpunktes bloss jlj^Xihrii_Yi)jua. hypolhctischen und disjunetiven Schlüs
se Vier Hauptinhalt der_j>toischen Syllogistik war und diese sich an die
Lehre vom nichT^ einfachen Urtheile anschloss, so. dass der kategorische
Schluss jjus_jler_Reihe fiel und vernachlässigt wurde, geht aus folgendeTTJngaben
klar hervor. TErslens ist die Definition des Schlusses, welcher
Xöyog heisst und den Zweck hat, zu einer Beweisführung (ccTcodei&g, s. unten
Anm. 197 ff.) zu dienen, so gefasst, dass sie nur auf jene Syllogismen passt,
welche wir bei den Peripatetikern als Voraussetzungsschlüsse trafen (s.
Abschn. V, Anm. 67 — 72), was sich sowohl aus den in der Definition
gebrauchten technischen Ausdrücken als auch aus den gewählten Beispielen
169) Diog. L. 75.: nifhuvbv de" ianv ä^ico/ua rb ayov eig ovyxctTutheaiv,
oiov „et rCg ti ?re xe v , ixeivrj ixelvov /^vTVQ iOTt" , ijjevdog ok tovto, ov
yetn bqvig taov toxi urfttlQ (76.) evXoyov dY laxiv ailwfitt tö TiXeCovag
iuponfias e/ov eig tö uXrj&eg elvai, oiov „fliiöoopai ccvqiov." Im Schrif
ten -Verz. des Chrysippus (190.) „awrj/u/j.e'va niS-uva"
170) Bekk. Anecd. p. 518.: xaXovfievov yovv eaxiv eiqe'G&ca. nanu xolg
Zxio'CxoTg xbv „de" ye" bvxa 7iQogXrjTtxix6v xovg yaQ änb awaqrfjg Xoyovg
eig a^rj/xanafibv fiexiövxag tj xoiavxr\ avvxtt'ftg rj xtäv owdiofiiov vnäyei'
„ti Tj/xioa laxl, tfüg iouv tjfie'Qa dt ye eaxiv", xal inel Iv 7ZQogXr)\pei
iyivexo o Xoyog, nqogXr\nxixöl ol xoioöxoi Ovvdee/xoi.
30*
468 VI. Die Stoiker (Syllogismus).
ergibt; nemlich die Definition lautet: Syllogismus ist , was aus einer
Annahme (Irjpjwi) und einer Hjnzunahme (nQogXrjtyig) und einer T*oIgerühg
(^jtio^Ojga^besteht; das versinnlichende Beispiel aber ist immer,.jääÖfe
von Tag uruT Sonnenschein ,71). Zweitens haben wir das ausdrückliche
IZeugniss Alexanders, dass „die Späteren" nur die Voraussetzungsschlüsse
'einzig und allein als Syllogismen gelten lassen wollten 172). Hiezu kömmt
drittens die bestimmte Notiz, dass gerade bei Chrysinpus die fünf Figuren
des Voraussetzungsschlusses, d. h. die sogenannten ccvccTtoöeixroi, s. Aura,
181 — 184, „am Anfange der ersten Einleitung der Syllogistik" behandelt
waren173), also der kategorische Schluss keinenfalls voraustrat; dass
derselbe aber auch nicht nachfolgte, erhellt einerseits aus dem liebergehen
vom hypothetischen avvcmunbv (s. Anm. 178) in die Lehre von
der Beweisführung (anödeil-ig , s. Anm. 199), und andrerseits aus der
sogleich anzugebenden unbedeutenden Geltung, welche ihm noch übrig
blieb. Ferner wenn Appulejus mitten in der Enlwickelung der katego
rischen Schlüsse eine Eigenthümlichkeit der Stoiker betreffs der Bezeich
nung der Prämissen erwähnt, zur Veranschaulichung hievon aber plötzlich
ein Beispiel eines hypothetischen Schlusses gibt (s. Anm. 177), so möchte
man fast daraus schliessen, dass für das Gebiet des kategorischen Schlus
ses aus stoischen Schriften durchaus gar Nichts habe vorgebracht wer
den können. .Ferner auch liegt in der Nachricht, dass die Peripatetiker
17t) Diog. L. 76.: Xöyog Si iativ , lag ol ntol zbv Kqtviv <paa\, lö
avvearrjxog ix X.rjfAfiarog xal UQogX^ifiKog xcti iTiKfoqiig, olov 6 toiovios
„it rjfitnK {(tri, ifüg larf rjfitQa dt fffrf (füg äoa fori." Dass aber die
technischen Ausdrücke X^ft/xa, nnögXrjiJjig , initjoftd nur den Voraussetzungs
schlüssen angehören , ist Iheils schon aus dem oben bei den Peripatetikern angege
benen ersichtlich, theils wird es sich in der sogleich zu erörternden Terminologie
der stoischen Syllogistik (Anm. 175 f.) und in der ganzen Lehre von den sogenann
ten avanoäeixToi (Anm. 181 — 184.) deutlich genug zeigen. Sext. Emp. pyrrk.
hyp. II, 135.: forty oh> , tög (faalv, ij anödtt-itg (s. Anm. 197.) Xoyog ii
öfioXoyovfitvcov lr)[ifj.ux(av xarci avvayioyrjV inKfoqäv ixxaXvTixoiv ady°>"
aaif t'aT((>ov de S Xt'yovaiv earai dia rovriov Xöyog fort avarrifia ix lyfifxitTbiv
xal ImyoQäg, worauf wieder obiges Beispiel in der Erklärung der Ter
minologie folgt, s. Anm. 176.
172) Alex, ad An. pr. f. 106b.: oV bnotKaaog di «XXr)g , (ög tinev, «f»
uv xal ovg ol veairsQoi avXXoyiOfiovg fwvovg ßovXovtai Xtyttv oiroi o
elaiv ol dict ryonixoD, log yaal (s. Anm. 175.), xal ri)s nQogXyifitas ynoftevoi
, rov Toonixov fj avvtj/x/je'vov oviog rj äie&vyfit'vov fj avfxntnXtypivov.
Dass aber hier unter den vfiöreqoi (s. Abschn. V, Anm. 68.) nicht die spa
teren stoisii enden Peripatetiker zu verstehen sind, geht daraus hervor, dass diese
gerade im kategorischen Schlüsse wieder einige Erweiterungen vornahmen und Iheilvveise
auch denselben nach dem hypothetischen und disjunetiven behandelten (s.
Abschn. IX, Anm. 67 — 71. u. Abschn. X. Anm. 31 u. 38.); es bleiben hierait als
diejenigen, welche den kategorischen Schluss ignoriren wollten, nur die Stoiker ubug.
173) Sext, Emp. adv. molk. VIII, 223.: avanöStixiot Xe'yovrai di/wS, 01
rt (irj äjzodedeiy/.tt'i'ot xcti ol fty yiittav f/ovrtg aTiodfCgewg i<p avTofir
ehai neoK/avig in' ctvrwv rd ort owctyovotv inedtQa/iev <fi noXXtatii
WS xctTu rd devreqoy arjuatröfifrov rctvrrjg 7/ftajj/rat rrjg noogriyoQiaS »
xetr' ctQx'lf rrjg 7tt>iüi7)g ntol avXXoyiafxäv elgaycoyrjg naqä r(p Xovain7t<!>
rtrctyfit'voi. ebend. 428.: ort ä' ctvenCxotrov ion rd vyiig avvrjfi/^irov (der
Zusammenhang des Vorhergehenden und Nachfolgenden zeigt, dass der hypothetische
Schluss, nicht das hypothetische Unheil, gemeint sei), at tlgayayal rüv 2™''
Xior äiääaxovaiv, iv als x.r.k.
VI. Die Stoiker (Syllogismus). 469
am meisten sich des kategorischen Schlusses bedient hätten m), bei
Erwägung des Umstandes, dass für die Geschichte der Logik in jener
Zeit doch nur von Stoikern oder von Peripatetikern oder einer Mischung
beider die Rede sein kann, hinreichend ein Fingerzeig dafür, dass die
Stoiker wenig Gewicht auf den kategorischen Schluss legten. Unddiess
bestätigt sich wieder aus den gesammtert uns erhaltenen Quellen dadurch,
dass nirgends auch nur die geringste Spur einer Eigentümlichkeit oder
formell reicheren Entwickelung der Lehre vom kategorischen Schlüsse
irgend mit Bestimmtheit auf die Stoiker sich zurückführen lässt — an
Gelegenheit aber zu einer scholastisch erschöpfenden Vervollständigung
aller möglichen formalen Momente, namentlich in Bezug auf die Möglichkeits-
und Nothwendigkeits- und combinirten Syllogismen, hätte es wahrlich
nicht gefehlt — ; wohl hingegen finden wir in allen Notizen, welche vom
Syllogismus und der Beweis-Theorie der Stoiker handeln, als erläuternde
Beispiele sonderbarerweise immer nur hypothetische oder disjunetive
Schlüsse gegeben. Auch glaube ich wirklich, dass jene bloss logischen
Gesetze, welche in den Formen des kategorischen Schlusses liegen, eben
als logische für die Stoiker zu wenig grammatisches und rhetorisches
Interesse darboten, wohingegen die oben angegebenen sicheren Anhalts
punkte entschieden besser zu einer Richtung passen, welche von der
Lehre vom Urtheile weg nur auf die rhetorische Beweisführung zusteuert ;
und ich möchte fast die Vermuthung wagen, dass die Stoiker von den
kategorischen Schlüssen hauptsächlich nur den ersten und zweiten Modus
der ersten Figur, d. h. das später sogenannte Dictum de omni und Dic
tum de nullo , in ihren Bereich zogen , aber eben mit diesen beiden
Grundsätzen in ihren übrigen rohen Empirismus verßelen, insoferne dabei
das Wahr- oder Falsch-Sein des quantitativen Momentes der Urtheile in
Betracht kam (s. oben Anm. 119 u. 138); mit diesem aber konnte sich
dann manche Spielerei in Bezug auf die Umkehrung der Urtheile ver
knüpfen. Es wäre demnach vielleicht Manches, was als inhaltliches Moment
den syllogislischen Formen in den aristotelischen kategorischen Schlüssen
unterstellt ist, in der stoischen Lehre von der Wahrheit und von deri
Umkehrung der Urtheile enthalten gewesen; hingegen die Form des|
Schliessens fiele bei ihnen nur dem hypothetischen und disjunetiven
Schlüsse zu. Uebrigens sieht man aus dem Umstände, dass die Stoiker unter
den mehreren von ihnen selbst namhaft gemachten nicht einfachen Urtheilen
nur die vermittelst des „Wenn" und des „Oder" entstandenen auswählten,
um sie durch eine „Hinzunahme" neuerdings zusammenzusetzen, wieder
deutlich ihren Unverstand und ihre Unfähigkeit zu selbsteigencr Schöpfung.
Sie niprktpp npmlif^ rla< Mniiv der Voraussetzun£ischlüsse . jgrPerk1,3"
tetiker gar nicht (dass(h^en)cnTTenTnchdazu dienen, eine Voraussetzung
als solche zu überwinden), was auf deutlichsten aus dem blödsinnigen
Tändeln niil den diqiogovfisvoi, hervorgeht, sondern bei ihrem einfältigen
Bestreben, mit fortwährender Zusammensetzung noch über die nicht-ein
fachen Urtheile hinauszugehen, machten sie die erwünschte Entdeckung,
174) Ebend. pyrrh. hyp. II, 163.: nagankrjaia Sk Xfytiv evean xcä tiiqI
Tt5y xaxrjyoQixiäv xaXov^viov avi.XoyiO/xiäv , oig fiähara %qiövtki ol and
tov JltQinaTov.
470 VI. Die Stoiker (Syllogismus).
dass derartige Zusammensetzungen, wie sie dieselben brauchen konnten,
schon von Theophrast und Eudemus behandelt worden waren, und so
schrieben sie — hier in der Logik wie sonst überall — das vermeintlich
passende kurzweg ab, unbekümmert sowohl um den inneren Zusammen
hang desselben als auch darum, welcherlei Consequenzen es eigentlich
für sie selbst nach sich ziehen müsste. Daher war in dieser Beziehung
nach den Stoikern für die in der Logik stoisireiulen späteren Peripatetiker
noch Etwas zu thun übrig, indem diese den einmal eingenommenen
grammatisch formalen. Standpunkt wenigstens etwas allseitiger consequent
weiterführten.
Jedenfalls nun können wir, mag obige Vermuthung betreffs des kate
gorischen Schlusses gegründet sein oder nicht, Nichts anderes thun, als
dass wir der auf die hypothetischen und disjuncliven Schlüsse beschränk
ten Ueberlieferung nun im Eizelnen folgen.
Zunächst was die Terminologie der Stoiker für diese Voraussetzungs
schlüsse betrifft, so war dieselbe abweichend von der peripatetischen
(s. Abschn. V. Anm G7). Bei den Stoikern nemlich hiess der die Vor
aussetzung enthaltende Obersatz , mochte er conditional oder disjunetiv
sein, ein tqotuhov, der hinzugenommene Untersatzaber Ttqöglrjipig , und
der Sclilusssatz Iragjooa 175); dass die zwei Bestandteile eines conditionalen
Obersatzes rtyovfi£vov und Xrjyov Iiiessen, sahen wir schon oben
Anm. 125; übrigens muss es auch üblich geworden sein, wegen des
Worlstammes lafißdvm in itQÖgXiiipig auch den Obersatz eben im Unter
schiede von der itQÖgkrirpig selbst bloss ein IrjjxijLa zu nennen , ja es
heissen sogar beide Prämissen kurzweg tajitfiar« 17°). Ausserdem führten
175) Philop. ad An. pr. f. LXa.: ol St Sria'ixoi xaivÖTCQOv ßaä(£oVTtg tu
(itv nnäyficiTa xvy/avovxa (avofiaoav tö (Ff r\yovfitvov xai ewiol
rjyovfttvov ixaXtdav , xutu tovto yao fiövov Ovtuif(ovovni tolg HiQinmi\TixoTg,
tö (ff inüfievov Xrjyov, tu (Ff awt\fift£vov xqonixbv, äiÖTi TQsnöfii&ii
Ix tov rjyovjutvov f/? tö enöfitvov „ti rjfi(Qit iaxiv, 6 IjXtog inen yfjv (arC,
TtjV eff fiiTÜlrj^piv noögXy]\\nv , xai i-fieivc tovto iv Tfj avvri&tCa (s. Abschn.
V, Anm. 68.) tö <Jt Ovftneoao'/jci intifOQav, öiÖti iotg äXXoig näoiv tnitfin
pfT«i. Dass die Bezeichnung TQonixbv sich auch auf einen disjuncliven Obersalz
bezog, erhellt aus der so eben Anm. 172. angeführten Stelle Alexanders, sowie
ebend. f. 107 b.: b tT avTÖg Xöyog xcii inl tov diatnenxov „i]Toi Toäf 1
TodV', 8 xai ctvTo Ix TQonixov xai Ttjg TiQoglrfxpstog XtyouOtv. Ps.- Galen.
Elg. StaX. cd. Minas p. 19.: ditCtvyfitifov iS avT<Sv eoiai avfintlQaGfia' xaxa
fnivroi Tuvg ToiovTovg avXXoyia/xovg al nnoTÜoeig xaXovVTai ^yefiovixiit
Tiäv noogXijtpitov anto ol ntoi XnvOmnov oi/ ^ytfiovixä fiövov aXXa
xtä TQOTiixa tü ToiavTa twv a$tiofiaTu>v ovo(itt£ovöiv , üg av in' avxots
oXov tov avXXoyia/toü itt\yvvu.{vov tag Inl ToöniSi vavg. Ebenso dass auch
in einem disjuncliven Schlüsse der Untersatz noogX-nipig hiess, geht ausser eben
diesen und den in Absch. V, Anm. 65 — 68. angeführten Stellen auch noch hervor
aus Alex, ad An. pr. f. 9 a.: o avayxatov xai Tovg «tö xi)g ZToäg XfyttV "
ye iv ToTg dictineTixoTg xai tois ä ta&vxT ixoTg ovXXoyiOfioig ifaoi rj/ noog-
Xrj\p(i &«t{qov twv iv toi fit,e(tvy[x£vo) tö ävTixet'fievov ensa&at tov Xoinov
Tjjf OvXXoytaTixrig nvfinXoxijg. Von initfonä aber hiessen sogar die im Schluss
satze üblichen Partikeln ImqoQixoi. Beide. Anecd. p. 519; vgl. Anm. 170.
176) Diog. L. 76.: Xöyog dV ionv . . . tö ovi'föTrjxdg ix Xr^ufitnog nal
nf>ogXrj\p€iog xai iniifoqäg, olov ö Toiovrog- „et rtixeoa IotI , Ipät tau'
y\fi(qa ät fori • tf(ög ütja eclii"' Xrjfifia fJ.lv yät> iari iö „tt ijfifoa Ja™>
<ptog i'OTi", noögXrjxpig iö „r/fttyct (ff i-Otiv'', iniifOQu ök to „(füg aoaean ■
VI. Die Stoiker (Syllogismus). 471
die Stoiker auch zum Behufe der Schul - Theorie als kürzere Bezeichnung1
der Glieder eines Syllogismus die Ordinal - Zahlen ein (z. B. „wenn das
Erste ist, ist das Zweite ; das Erste aber ist ; also ist das Zweite), wo
gegen die Peripatetiker aus den aristotelischen Schriften die Bezeichnung
durch Buchslaben beibehielten; und es hatte diese Bezeichnungsweise bei
den Stoikern wieder ihren technischen Ausdruck, nemlich xqönog, so
wie dann die Verbindung eines in Worten gesprochenen Obersatzes
mit darauffolgenden Ordinal - Zahlen im Unter - und Schluss - Satze nun
XoyoxQOJtog hiess m).
Die Theorie nun selbst ist folgende : Es werden die Schlüsse (Xoyoi)
eingetheilt in Ovvccxtwoi (schlussfähige) und aavvaxxoi (nicht schluss
fähige). Bei den ersteren nun erkennen wir sogleich das Motiv einer
an die nicht-einfachen Urtheile angeknüpften erneuerten Zusammensetzung
(selbst abgesehen von der Wortbedeutung des Gvvdysiv) besonders darin,
dass zur Probe, ob ein Syllogismus wirklich ßvvaxnxog sei, der Ober
satz zusammen mit dem „hinzugenommenen" Untersatze, d. h. mit der
itQoshuipig , in einen copulativen Satz verbunden werden und dieser copulative
Satz dann als Vordersatz eines hypothetischen Urtheiles genom
men werden soll, dessen Nachsatz der Schlusssatz des Syllogismus ist.
Sext. Emp. pyrrh. hyp. II, 135 f. : Xöyog iaxi avaxrffxa ix XrjfAfiäxtav xai ini-
(fOQttg' tovxov äi Xrjiifiuxa fihv tlvat Xiyexai t« ngbg xaxaaxevrjv xov o~v/xnegaOfiaxog
OvfMfxövais Xufißavöfteva ägiojfiaxa, inttfoga äe ^ av/tnigaöfia
TO ix xäv Xrjfifiai a>v xaxaoxeva^öfttvov aiioifiu, oiov iv xovxm „ei rjfiiga
iaxi, (päg eoztv äXXa [trjv rj/xiga eaxiv' (fäg üga eaxiv" xb fiiv „wäg
aga iartv" ov/inegaOfia iaxi, xä de Xomit Xrf/n/uaxa. Ebend. od», matlt. VIII,
302.: löyog äi iaxiv tag änXovaxegov eineiv xb OvveOTrjxbg ix Xr^fiaTtov
xai iniifogäg' Xrjfiuaxa äe xaXoiifxev ob difiaiä xiva a awagnaCofxev,
äXX' aneo 6 ngogdiaXeyö/xevog xä ifj.(pavrj elvai di'diooi xai naga^oigei'
inlipogä de ixvy/ave xb ix xovxiov xäv Xrj^ifidxwv xaraaxeva^öfievov oiov
Xöyog uiv iaxi rö SXov xovxo avaxrifia „ei rjfiiga iarl, ifäg eaxiv' äXXa
fiijV rjftiga e"oxiv ' (füg uga idxiv", Xiju/uaxa äe avxov xa&iaxrjxe To xt „ei
tjfiiga iati, (päg eaxiv" xai to „üXXä /jtjv rjfiiga eaxiv" , iniqrogä de xb
„(f üg aga eaxiv". Diog. I. 45. : elvai de röv Xöyov aiixbv avaxrjfia ix Xrj/xftdroiv
xai iniifogag.
177) Appul. d. interpr. p. 279. Oud. : Stoici porro pro UUeris numeros usurpant,
ut ,,si primum, secundum; atquiprimum; secundum igilur." Diog. L. a.a.O.:
xgönog äi iaxiv oluvei a/^/xa Xöyov, oiov ö xoiovxog' „ei to ngäxov, xb
äevxegov äXXa fj.rjv xb ngäxov to aga äevxegov." Xoyoxgönog äi iaxi xb
i£ äfiwoxigiov avv&exov, oiov „ei fr] flXaxcov, avanvei TlXäxwv ' aXXa [xr\v
xb ngäxov' xb aga äevxegov." nageigfyä-r] de b Xoyoxgönog vneg tov iv
Talg fj.axgoTe'gaig awxa'ieoi xäv Xöyiav firjxixi xrjv ngögXr\\\iiv (laxgav ovßav
xai xi)V inufogitv Xiyeiv, äXXa avvxöf^wg ineveyxelv „xb äe ngiiiTov , xb
aga äevxegov." So gibt auch Sext. Emp. adv. math. VIII, 227., nachdem er von
den fünf avanöäeixTot, (s. sogleich Anm. 182.) die erslen drei entwickelt hat, für
sie das Schema vermittelst der Ordinal - Zahlen : ot uiv ovv Xöyoi xoiovxoi xivig
eißi, xgönoi äe aiixojv xai wgnegti G%r\jXttTa iv olg rjgüxrjvxai ot ovT(og
eyovxeg, toC fiev ngtuxov ävanoä elxxov „ei tö ngäxov , xb äevregov to
äi ye (über dieses äi ye s. oben Anm. 170.) ngäxov to aga äevTegov", xov
äe äevxegov „ei xb ngäxov to äevTegov ou/l äi ye xb äevregoV ovx aga
tö ngäxov", xoi äe xglxov „oi/l xai to ngäxov xai xb äevxegov xb äi'ye
ngäxov ovx aga xb äevxegov." Vgl. d. Stelle b. Ps.-Galen. Anm. 189. und
die des Sext. Emp. Anm. 190.
472 VI. Die Stoiker (Syllogismus).
Nemlich 118), indem ein hypothetischer Schluss hiefür als Beispiel ge
braucht wird, soll z. B. der Syllogismus
Wenn das Erste ist, ist das Zweite
Das Erste ist
Also ist das Zweite
dann ein avvcmtMog sein, wenn aus dem tgonmbv und der nQoghfipig
das copulative Urtheil (to (Sv^msnksyiiEvov) gebildet wird
Das Erste ist, und wenn das Erste ist, ist das Zweite
und hierauf dieses copulative Urtheil zum Vordersatze (rjyovfXEvov) eines
neuen hypothetischen Urtheiles, eines Gvvrjfmsvov, gemacht wird, dessen
Nachsatz die Imtpoga des Syllogismus ist
Wenn das Erste ist und, falls das Erste ist, auch das Zweite
ist, so ist das Zweite
und dann also nach dieser Operation dieses letztere verflochtene hypo
thetische Urtheil als ein richtiges (vyUg, s. oben) sich erweist. Hieraus
sieht man doch wohl deutlich, dass wir mit derjicjirfi_v.an ileii , Schlüssen
(löyoi) eigentlich nicht über die Lehre vonden nicht- einfachen Urtheilen
und deren ^emptrtsTisches Kriterium hinausgekommen sind. In diesem
"bestandigen TTelYergehen" aber1 von einem vermeintlichen Einfacheren zu
einem vermeintlich Zusammengesetzteren und in dieser steten Einschachtlung
liegt der Unterschied zwischen der stoischen Auffassung der Voraus
setzungsschlüsse und dem denselben bei den älteren Peripatetikern doch
noch zu Grunde liegenden Motive. — Statt avvaxnml und ctavvamoi ist
ein anderer technischer Ausdruck auch TttqavriKOi und aniqKmoi 179). —
Natürlich verfolgen wir nun zuerst die schlussfähigen Schlüsse, um hernach
von den ugvvukxoi oder' aniQavroi zu sprechen.
178) Sext. Emp. pyrrh. hyp. II, 137.: tojv dl Xöytov ol fj.t"v sidt avvaxTixol
ol dl ctclvvctxToc awctxTixol filv oxav to awqfifiivov to äo/öfierov
filv etnb tov dia tojv tov Xöyov XrjfifiaToiv avfincnXfyfiivov, Xrjyov dl fls
xr\v IjiKpoQctv ctvxov , vyilg 5" oiov 6 ngoctgrifiivog Xöyog (136, Anm. 175.)
avvaxxtxög icsxtv,inel t;) <I7« xtöv Xrjfificixojv ctvxov avfinXoxrf xavrtj „ypiQtt
l'tfxixctl, (l rjfiiga ictxl, tf cSg eßxtv" äxoXov&iT xb „tptög laxtv" iv xovxtp i<j>
avvrjftfi(v(p ,,et rjuiget laxi xctl, el rjfiiga loci, (füg itSxi, tftög ?ffrt" (das
zweite tftög lau, welches in den Handschriften und Ausgaben fehlt, ist selbstver
ständlicher Weise einzusetzen), cittvvaxxoi dl ol fit] ovxtog l/ovxtg. Ebend. adv.
math. VIII, 303.: xtöv dl Xöytov ol fiiv elßi Ovvctxxtxol ol dl ov' xcu gvvax-
Tixol fj.lv itf' (ov ftvy%toQ)]{Hvriov vnc'toyttv T(Sv IrjfifiaTtav naga xijv xovxtov
(Svy^ojgrjctiv äxoXov9-ti"v tpalvexat xctl f) inupogit, ojg el/€V inl tov
fiixgtö ngögS-tv (302, Anm. 176.) Ixre&t'vTOS' intl yag avvtoxijxev ix auv-
T)fifi(vov tov „tl T/uiga iaxl, tftög loTtv" , bnen vmayvetTo ovtos tov Iv
ctiiTtp nntÖTOv ctlrid-ovg iatöftai xctl to dtvTegov tcSv Iv aiixtö äXt]&lg , xctl
cti ix tov „rjfiiga itfxiv", onig rjv fjyovftevov Iv to) avvrjfifiivtp , tftifil öxt
do&ivxog filv aXrjfrovg tlvai tov avvrjfiftivov, (oOts äxoXov&eiv to) iv avtu)
fiyovfiivto to iv aiiTtö Xijyov , do&tvTog dl vnctQxetv xcu tov ngajTov Ttöv
iv ctvTtö tov „fifiioct ItSTiv", xax' avayxrjV avva%dt)aia&ai dice tt)V TovxaV
vnagk'iv xal iö dtvTenov Ttöv iv uixo) , xovxiaxi to „tftög eaxiv", bntQ V>
initfoga. xal df) ol filv tJvvaxTtxol Xöyoi xowvxoC Tivig eltfi xarä tov X"'
oaxTrjciu, titSvvaxTot dl vnaoyovaiv o'i firj ovTtog lyovOiv.
179) Diog. L. 77. : tojv $1 Xöycov ol fiiv elaiv anfoavToi ol dl ntqttvrixoi.
Diess verglichen mit Sext. Emp. adv. math. VIII, 428 f. (inl TtjV tojv »*■
gatvövTtov xctl &7iec>civTb)v xojoöifiiv Ti%voXoy(av .... tfaol TeiQa/tSg ylvitsHcti
tov ctniQctVTOv Xöyov x. t. X.), woselbst die nemlichen Formen bespro
chen werden, welche sonst bei Sextus clavvaxToi heissen; s. unten Anm. 204.
VI. Die Stoiker (Syllogismus). 473
Die schlussfähigen Schlüsse, welche im eigentlichen Sinne die avlloyißnxol
heissen 1S0), treten in mehreren bestimmten Formen ausweiche
eben dadurch bedingt sind, dass nach dem Massstabe des eben angege
benen Grundsatzes der loyog ein övvctxruibg sein soll. Aber für das hiebei
zu Grunde liegende Verhältniss einer Voraussetzung fanden ja die Stoiker
schon einen Vorrath von Schlussmodi bei den Peripatetikern vor, und
sie nehmen denselben bereitwillig ohne weitere Umsicht auf, indem sie die
fünf Theophrastischen Voraussetzungsschlüsse als Grundformen betrachten,
welche sich ja mit ihrer syntaktischen Auffassung der nicht-einfachen Urtheile
vortrefflich vertrügen. Und es heissen nun diese Schlüsse bei den Stoi
kern avcmöStMxoi, d. h. solche, welcUe_JTCirihre Schlussfähigkeit keines
™"^frlin Beweises mehr bfijhlrfen, wohl aber die GrundTäge_ der Jjeweis-
Itraft anderweiliger_Schlflsse bilden 181). Es'Täuten also diese uvcmoSuxioi,
an deren Füafcahl besonders Chrysippus , alle Schluss weisen aus
ihnen ableitend, strenge hielt, nach der Ausdrucksweise des obigen stoischen
Schema's folgendermassen 182):
I. Wenn das Erste ist, ist das Zweite
Das Erste aber ja ist
Also ist das Zweite
II. Wenn das Erste ist, ist das Zweite
Nicht aber ja ist das Zweite
Also ist das Erste nicht.
III. Nicht zugleich ist das Erste und das Zweite
Das Erste aber ja ist
Also nicht ist das Zweite
IV. Entweder ist das Erste oder das Zweite
Das Erste aber ja ist
Also nicht ist das Zweite
V. Entweder ist das Erste oder das Zweite
Nicht aber ja ist das Zweite
Also ist das Erste.
180) Ebend. 78. : tüv öl ntQavTixiöv löytov ol ftkv öfitovvfitog rqi yivu
Ifyovrui ntoavTixol (über diese s. unten Anm. 194.), ol tTi avXloyiOrixot'
OvlloyiOTixol fikv oirv elüiv ol r\xoi avanöSuxToi övTtg fj avayö/ievoi tnl
Toüff avanoSttxTovg xaxa Tt tüv H-ffiaTuv f) xiva, olov ol rowiitoi „tl
niQinctTÜ /Ittav, xiveTrai ana Jttav".
181) Scxl. Emp. pyrrh. hyp. II, 156.: ol &QvXou(j.ivot naoa roTg ZTmixoig
avttTtöStiXTOi . . .. ovtoi yÜQ eiaiv ovi (faaiv anoätC^tuig (thv fir^ ätio&ai
noög tt)V iavTiöv avaraaiv, anoöeixTixovg Sl hnäq^tiv tov xctl Tovg aklovs
awäytiv Xöyovg. Die wohl von den Peripatetikern her überwiegende Bezeichnung
„imo&trixol nru/U." erscheint in mehreren Bücher-Titeln des Chrysippus (196 ).
182) Ebend. 157 f.: nolkoiig piv ävanoäeCxTovg övfiQonoXovaiv, nivxt
S\ Tovrovg [läliora IxtC&lvrai, ttg ovg ol Xomol navreg avtuptQto&ai tfoxovmv,
nnmrov tov Ix Ovvyfifiivov xal tov i\yovfi£vov tö Xf{yov avvayoVTa,
olov „tl rifiiqa toxi, (fcog iaxiV Seilet fx^v rjfttQ« louv (ffäg «P« hsriV.''
ötvriQov tov Ix avvrjfxfifvov xal tov &vt ixtt fitvov tov XriyovTog tö aVTixslfifvov
tov r\yovu{vov avv&yovxa, olov „tl rjfi^Qa IotI, (füg töTiv ovx tOTi
(pßs' ovx aqa rtfiiott taTiv". tqCtov töv l£ änotf>aTixov ovfiirloxijg (s.
Abschn. V, Anm. 71.) xal hög t<3v ix rij? avunloxrjg tö avnxtC/Jtvov tov
lomov avvayovict, olov „oixl ijjU^f?« laxt xal vi/J IdxiV fi/iioa dl tttriV
474 VI. Die Stoiker (Syllogismus).
Hiebei nun braucht die gränzenlose Stupidität in der Trennung des
IV. und V. Modus wohl nicht noch besonders hervorgehoben zu werden (der
III. Modus ist aber nicht in zwei Fälle zerlegt!); bei Theophrast war
allerdings auch ein bloss formaler Unterschied zwischen diesen beiden
Modi, aber dort lag noch ein vernünftiger Grund hiezu vor. Eben
Jeder, welcher bloss fremde Produkte abschreibt, läuft hiebei Gefahr,
ovx ctQa vvS toriv." t4tuqtov töv ix äuCevy/jirov xai ivög tiov ätefevyfit'viov
To ayjixeiusvov tov Xomov awäyovTa, oiov ,,rjroi fiuiQa iaTiv fj vh'£ iaTiv ' fjfiiqu
äi ItfTiv' ovx bqcc vii; iaTiv". ni/jnTov tov ix otetevyfiivov xcd tov avTtxeifiivov
ivögTtöv int&vyfiiviov 10 Xomöv avväyovTa,oiov „jj'tüi fjfitQa iOTivfjvv§
iOTiv' ov/lätviSiaTiv' yfiiqtt ana iUTiv". Dioy. i. 79(1. : eiai äi xai avanöätixToC
Tivcg Tip [ir\ x<Qti£uv anoäeCfecog, aXXoi piv nao' äXXoig, nciQa äi
To) XQvatnnip nivTe, äi wv näg Xöyog nXixtTai, oiTivtg Xa/jßävovtai ini
T(Sv nCQavTixiov xai ini tiov ovXXoyiafxiov xcd ini tiov TponixdSv nQiÜTog
äi iaTiv avanöätixTog^ iv q> nag Xöyog awTaoatTai ix avvrjfiftivov xai
tov rjyovfiivov, äip' ob ttQytTai ti avvrffifiivov , xai To Xf;yov iniifigci,
OLOV „St TO 71QIÖT0V, TO äcvTlQOV' äXXä flT)V TO 71Q10T0V ' TO aQK älVTiQOV".
äevTegog ä' iaTiv ävanöäeixTog ö ätä Gvvijfi/Aivov xai tov aVTixtifiivov
tov XrjyoVTog to aVTixelfievov tov tjyovfjivov i/iov avfinioaOfia , oiov
fj/xiQa IotI, (füg iariv' aXXa firjv vi>$ iaTiv ovx aQatjfiiQa iaTiv" rj yctq
nQÖgXrj\pig ylvtTai ix tov avTixtifxivov tu XfjyovTi xai fj tnupopa ix tov
aVTixetfiivov Tä Tjyovfiivcp. TQiTog ö" iGTiv ävanöäeixiog 6 äi' anoipaTixijg
avfj,nXoxr\g xai ivög tiov iv rn ov/j.nXoxrj imifiQiov to avTixtCfitvov
tov Xoinov, oiov „ov%l Ti&vrjxe HXaicov xai fjf JIXaTiav äXXa /j.i]V tt&vnxk
IlXaziov ovx kok JIXaTiov". riTaoTog äi iaTiv ävanöäeixTog 6 äict
äieCevyftivov xai ivög tiov iv tu äie£evy[i(vtp tö ävTix£(luevov tov Xoinov
i%iov avftninaöfia , oiov ,,»)'toi to noioTov fj to ätvTtQov' äXXa fii/v tö
nQtÜToV ovx äpa tö äevTSQov". nifinTog äi idTtv ävanöäeixTog iv tö
näg Xöyog ffwr«fffffi«i ix Sit£evyjji£vov xai ivög tiov iv Tip äie&vyiiivii)
aVTtxet/xivov xai inuf inei tö Xoinov , oiov „ijToi v/tiQa iaTiv fj vv£ iOTiv'
ov%i äi vv'£ eOTiv Tjfiiga aoa eOTiv". Ps.-Galeti. Elg. zttaX. p. 17 ff.: övofiäl^
ovai öh TQonov ol SiaXtXTixoi tu tiov Xöyiov a/rj/xaTa, oiov ini fiiv
tov ino/xivov xai tov tjyovfiivov tö Irjyov neoaivoVTwv , o (Minas gibt „nt-
QaCvoVTa. iv to" und verdirbt die ganze Stelle wie überhaupt alle übrigen durch
die sinnloseste Interpunktion) Xovöinnog dvofiüfci noioTov avanöänxTov,
ö ToiovTog TQÖnog iOTiv „d tö «', tö ß' • tö äi tö äoa ß'". int äi
tov ix avvtjfiuivov xai (fehlt b. Minas) aVTixtifiivov rj (fehlt b. M.) elg o
Xf)yei tö tov Tjyovfiivov avTixeCfitvov iniq inovTog , ov xai avTÖg (Minas uvtöv)
ö Xovöinnog äevTeoov avanoätiXTov 6vo/xa(ei , ToiovTog iOTiv' „ti
tö a' , to ß' ' ovxi äi to ätvTtoov ovx aoa tö ngwTov" , ägntQ yt xai
ini tov tqCtov xaTa tüvtov , og i$ änoipaTixov GvfinmXtyfiivov xai ivög
Ttöv iv avTÜ tö aVTtxeCfisvov tov Xoinov naofyei, Toiovzog ö TQÖnog iaTiv'
„ovyi tö a' xai tö ß' (Minas gibt ov/ vnö tov a xai toS ß; Untersatz und
Schlusssatz fehlen in der Handschrift; zu ergänzen ist tö äi a' • ovx kok ß')".
öuoCiog äi xänl tov TtTaoTov xaTa töv ai/Tov (Minas tiSv avTciv), oOa ix
ä itCevy fiivov xai ivög twv iv avTm tov Xoinov tö ävTixeCfiivov innf ioti,
ToiovTog Tig ö TQÖnog iaTiv' „t\toi tö a' fj tö ß' ' tö äi a' • ovx aqa tö
ß'". xai toCvvv xänl tov nifinTov , og ix ö'tei^tvy\uivov (slatt og ix än£.
gibt Min. ö äic(evyfiivog) xai tov ävTixsi/xivov ivög (Min. gibt iv w) twv iv
aiiTÜ tö Xomöv initfioci, ToiovTog iOTiv ö TQÖnog' „t/To/ tö «' fj tö ß'
(das in d. Handschr. fehlende zu ergänzen: ov/l äi tö ß' • tö kok k')". Diess
zugleich eine Probe der Arbeit des Herrn Minoides Minas. — Vgl. Sexl. Emp. adv.
math. VIII, 223—226, woselbst nach der oben, Anm. 173, schon angegebenen Notiz,
dass dieser Gegenstand am Anfange der Chrysippiscben Syllogistik behandelt war,
eine Darlegung der ersten drei avanöäeiXTOi mit jenen nemlichen Beispielen und
dann (227.) deren Schema mit Zahlen (s. Anm. 177.) gegeben wird ; ebenso ist
der dritte und vierte . avanöäeiXTog pyrrh. hyp. II, 201. angegeben. Vgl. auch
Abschn. X, Anm. 68.'
Tl. Die Stoiker (Syllogismus). 475
nur seine eigene Dummheit zur Schau zu tragen. Aber ander Fünfzahl
der äusseren Formen — natürlich als an einem schulmässigen Anhalts
punkte — hielt Chrysippus so fest , dass er , während er die bei ihm
doch nicht mehr trennbaren Modi IV und V wirklich trennt, eine andere
für ihn eigentlich folgerichtig nothwendige Trennung unterlässt; neinlich
Theophrast hatte für III, IV und V einen Unterschied gemacht, je nachdem
die Disjunction zwei oder mehrere Glieder umfasst (s. Absch. V, Anm.
71 f.); diese auf factischen Verhältnissen beruhende Unterscheidung aber
veranlasste den Chrysippus nicht zu einer Vermehrung der Figuren, sondern
damit jene Fünfzahl nicht gestört werde, nennt er jene Fälle, in welchen
die Disjunction auf mehrere Glieder sich erstreckt, nur einen Tsragzog
Sia itXuövav avcmöSurixog oder einen nt^nrog Sia nXtiovwv ävemoäeixtog
183). Uebrigcns machte sich gerade für jene Fälle, in welchen
nur eine zweigliedrige Disjunction vorlag, der so ganz äusserlich formale
Standpunkt betrelfs des IV. und V. Modus noch in der stoischen Schule
selbst auf eine eigentümliche Weise geltend ; es wurde nemlich einer
seits die Unterschiedslosigkeit beider gefühlt und daher beide mit dem
gleichen Namen „£| uvuepetomg SutiQgtutol GvXXoyiGfiol" , d. h. contradictorisch
disjunetive Schlüsse genannt, andrerseits aber wurde hervor
gehoben , dass bei bloss dichotomischer Disjunction im IV. Modus das
Factum, dass das Zweite nicht ist, ja eben mit dem zusammenfalle, dass
das Erste ist, und ebenso im V. Modus das Factum, dass das Erste ist,
mit jenem, dass das Zweite nicht ist, d. h. dass also in beiden der
Schlusssatz mit dem Untersatze zusammenfalle, und es wurde daher gleich
sam die neue Entdeckung verkündet, dass es auch Schlüsse gebe, in
welchen die ImcpoQa eben die TtQÖgXrjipi.g sei , während sie doch das
der TtQogltjipig entgegengesetzte Glied des toojtmov sein solle. Und gegen
diesen grauenvollen Formalismus, welcher mitten in der Lehre vom Schlüsse
bloss den Wortausdruck statt des syllogislischen Verbandes im Auge
hat, aber seinem inneren Kerne nach darauf beruht, dass die Stoiker
überhaupt kein Verständniss _von__dem Zusammentreffen des sprachlichen
Widersp_ruches (des Conlradictorischeii) und des realen Gegensatzes (des
Gonträren) haben konnten — s. oben b. Anm. 159 —, widersetzte sich
Ttoch später mlF'ReCht Alexander, welcher darauf hinwies, dass es auf
die Geltung der Sätze als Glieder eines Syllogismus, nicht aber auf ihren
Wortlaut ankomme
183) Scxt. Emp. pyrrh. hyp. I, 69.: xktu b"l rbv Xovdinnov ihv fiaXiara
noXf/AovVTa zoig äXoyoig fw'oij y.tti irjg aoiSlfiov fimXtxTixrjg fietfyft (sc.
6 xviov) ' r/iijffl yovv aiiibv b TTQoiiorifitvog ctr'rjQ InißäXXtiv riß ntfAintp
Sia nXtiöviov avanotltlxrurv (zu lesen ttVunoöelxKi)) , 6'r«v ln\ tqIoSov IX-
&(0V xal Tag äiio bäovg 1%vtvaag ih' atv ov äifjX&e to ti-rjotov, Tr)v tqCt^v
firjä' iyvtvaag tifKotg ö^uijff;/ äi' ttvTrjg- ävvafiti yito tovto avrov Xoyt-
CtaSaC qrjrtiv 6 aQ/aTo; „rjroi rji(ff rj rjj(fe rj TiJtTe Öif/X^e rö &rjo(ov ovts
ryde ovre rjrff ' r^Jf äpa".
184) Alex, ad An. pr. /'.8b.: ö y&Q i£ aniiftiatcog ötainiTixbg avXXoyiafibg
ob/ otg tccvtov Ttji [itTctXafjßttVO[i(vti> rj , tag ol vetoTeooC (paar, nnog-
Xafißavofi(vu) to avßTifnaafia imtpfqw b yäo Xfytov „rjroi r/fiiQa lartv
rj ovx eaziv rjfitna'1 , eh« TioagXuftßaroiv rb freoov rdöv Iv rij5 öiaineTtxtji
fj rb ctnoif ctTixbv Tb „ScXXct tur)v uvx emiv r)fj.^Qct" rj to xaTutfctTixbv To
„rififna eanv", e/ei fiiv ovv awuyöfieva rj to „ovx ayec r)fi(oa IotCv" rj
to „r)/^^Qtt ÜQtt täx(v'\ 8 äoxei t«vtov eh'ca T<p nqoguXrjfjfj.(vt^ i$ ltäXXa
476 VI. Die Stoiker (Syllogismus).
An diese fünf avanöSuKtot, nun aber schlössen sich wieder einige
Betrachtungen und formale , in technischen Ausdrücken fixirte Bestim
mungen an, welche auf dem nun schon öfter erwähnten Motive einer
fortgesetzten Zusammensetzung beruhen. Und zwar zunächst wurde völ
lig entsprechend der Lehre vom nicht- einfachen Urtheile auch hier die
Auffassung angewendet, dass die Zusammensetzung entweder durch öftere
Wiederholung Ein und des nemlichen Einfachen oder durch Verbindung
mehrerer verschiedener Einfacher erreicht werden können (s. Anm. 122).
Hiernach werden bei diesen Schlüssen von den gewöhnlichen irgend
eine wirkliche Folgerung enthaltenden diejenigen unterschieden, welche in
blosser Wiederholung Ein und des nemlichen Satzes sich bewegen; es sind
diess die öiqjogovfievoi und die udictyogcag negaivovxeg ; es wird nemlich
innerhalb der auf Wiederholung beruhenden Syllogismen abermals
unterschieden zwischen ÄtopooovftEvot , welche schlechthin in allen Thei-
Ien das Nemliche enthalten, z. B. „Wenn es Tag ist, ist es Tag; nun
aber ist es Tag ; also ist es Tag", und zwischen ctöicttpogcog nequivovxeg,
welche nur in dem Verhältnisse des Schlusssatzes zu den Prämissen
diese unterschiedslose Wiederholung an sich haben, z. B. „Entweder ist
es Tag, oder es ist Nacht; nun aber ist es Tag; also ist es Tag"185);
(ir)v ovx taxiv fifi^Qa" rj xo) ,,aU« fifjv r)fiiga iaxtv". ov (ir\v lös xavxbv
aixo} ov imtpigexai äXX tos ävxtxel/xevov xtp exe'gcp xtöv iv xq) diaigexixtji.
Ebend. ad Top. p. 8.: ol tfe ii- uvxiifaoetos äiaigexixoX ov xavxbv xtöv xei-
[xiviov itvl inttfigovaiv äXXa xb avxixetfievov xov Xoinoii Xoyov, m avftßaCvei
Sia to Ix xoiovxtov elvai tö Siaigextxbv , tö «ürö yCveab-ai xy
7igosXr)\pet. Dass diese Auffassung den Stoikern angehöre, ist wohl daraus zu
schliessen , dass sie Alexander mitten unter mancherlei anderen Sonderbarkeiten der
stoischen Syllogistik bespricht (von letzteren ist weiter unten an ihrem Orte zu
handeln). ' .
185.) Alex, ad Top. p. 7. : oväe avXXoyiOfibs ovv tri elr) äv b fir) xr)v
XgeCav öwt,b>v xr\v xov avXXoyiO(iov ' xoiovxos Si Xoyos iv <j> xb avxb av/xnioaOftä
xivi xtöv xetpie'vojv, oioC eißi xaxa xovs anb xr)s -Siokj ol SitpogoifievoC
(hier gibt der Text selbst das richtige, s. Anm. 122.) xs xal ol Siatpögtos
(dass zu lesen ist aäiatpögtos , geht sowohl aus dem Sinne als auch aus
den sogleich anzuführenden Stellen, sowie aus Appulejus hervor, welcher es mit
»io» idem dijferenler übersetzt) negatveiv wr' avitöv Xeyöfievoi. äitpogov/xtvoL
fiev yäg etat xax' aiixohs ol xoiovxoi „ei r)/.ie"ga iaxiv, r)fiiga etsxiv aXXa
[ir)v r]fie"ga eoxivj r]fiiga leget eaxiv" ' tfiatpögtos (ebenso : atfiatfögtos) de
negaCvovxes iv ols- xb ayfinigaafia xavxov iaxiv ivi xtSv Xrjfifidxiov , äs
Ini xtöv xoiovxtov „rjxoi rj/iiga ktfxiv rj tftSs ZotiV äXXd fir)v r)fie"ga eaxiv.
i)fie"ga aga iaxiv". Appul. d. inlerpr. p. 272. Oud. : quapropter supervacunei
sunt moduli Stoicorum, non idem differenter peragentes , ut „dies est aut nox; at~
qui dies est", item idem geminantes ,,si dies est, dies est; dies igitur est". Alex,
ad An. pr. f. 8 b.: tö yao ygeoja'es ov nagexexai xb „ei ri/uiga iaxtv' ctXXa
fir)v r)fiiga iaxiv r]fiiga aga eaxiv" xal oXms ol Xeyöfievoi vnb xtöv vetoxigtav
aoiatfögtos negaivovxes' xoiovxoi de xal ol äitfiogovfievoi (gleichfalls
schon richtig im Texte), oiös iaxiv „ei r)fie"ga iaxiv, rjfiiga eaxiv ' aXXä fir)v
r)fie"ga iaxiv' r)fiega aga eaxiv". ebend. f. 9 a.: äXXä pf/v oiiäe ol tSiipogovftevoi
(ebenso) Xeyöfievoi vtt' aixtSv avXXoyidxixoC. ebend. f. 64 b.: 6V «-
/orjaxfav nage'Xmev, oioC elaiv ol Sttpogovfievoi (hier hat d. Text tfiatpog.)
Xöyoi rj ctSiatpogtos negalvovxes x. x. X. Schol. cod. Par. ad Top. b. Brand.
p. 294b. 25.: &xoXov9tos de xovxois xb iv agxy alxovvxaixai ol xaxa xovs
Zxm'Cxovs aSiatfögtos evXXoyi£6[tevoi ovxtooC' „ei r)fiega iariv, r)fie"ga ioxiv'
ceXXct fir)v r)fie"ga eaxiv rj/j.e'qu ecjxiv." Anon. n. avXXoy. b. Philop. ad An.
pr. ed. Aid. f. XXXXlIb.: di« xovs Sitpögovs xaXov/xe'vovs OvXXoytO/xovs > oi
VI. Die Stoiker (Syllogismus). 477
— hiemit also könnten ÖKpoqov^ievoi nur im I. und II. Modus, acWqoo-
Qcog niquivovctg aber in allen fünf Modi vorkommen — ; diesen beiden
gegenüber hiessen die übrigen auf Verbindung verschiedener Sätze beru
henden Syllogismen doch wohl wahrscheinlich dtcupöqcog neqaivovrtg oder
Suuptqövxaig Tteqaivovteg (überliefert ist uns dieser technische Ausdruck
nicht). — Diesem Documente der Geistes -Annuth reiht sich ein anderes
an, in welchem der Grundsatz des .Fortschreitens vom Einfachen zum
Zusammengesetzten sogar in Mitte der Betrachtung eines zusammengesetzten
Dinges — zusammengesetzt aber sind ja doch die Syllogismen — selbst
noch rückwärts ausgedehnt wird, so dass allen Ernstes von „Schlüssen"
gesprochen wird, welche nicht zusammengesetzt sind. Nemlich es soll
als ein novoXtfitnarog avXXoyiatibg, d. h. als ein Syllogismus von bloss
Einer Prämisse, gelten, wenn in einem hypothetischen Urtheile eben der
Causalnexus hervorgehoben und hiemit aus dem Vordersätze der Nachsatz
„geschlossen wird", was dann auch nicht mehr nothwendig in der hypo
thetischen Satzform geschehen muss, sondern auch ausgedrückt werden
kann wie z. B. „Du ^Jimestj also .lebst Du" statt „Wenn Du athmest,
lebst Du". Das Verdienst, die Chrysippische Logik mit diesem Lehr
satze bereichert zu haben, fällt dem Antipatros zu186); und es wurde
Tiveg ro ttvro rai; nnoxaoiaiv e/ovai OvaniquaLia , oiov „ti rj/j.e'qa IotIv,
r)Lit'qa ioriv aXXä fiijV r)iiiqa iaxiv r)fiiqa aqa iOTiv." Boeth. d. syll. cat.
p. 600. (ed. Bas. 1570.): frequenter tales ab aliquibus fiunt syllogismi, ut ea quae
proposuerunt, ipsa etiam in conclusione concludant, ut est Ate: ,,si homo es, homo
es; homo autem es; homo igitur es" ; idem enim conclusit quod ante proposuit.
186) Appul. a. a. 0. : licet Antipatro Stoico contra omnium sentcntiam videatur
plena conclusio esse „vides, vivis igitur',, cum sit illo modo pleno: „si vides,
vivis ; atqui vides ; vivis igitur" (hier ist auch am deutlichsten der Zusammenhang
des fiovoXriiitiarog mit dem hypothetischen Urtheile ausgedrückt). Sext. Emp.
pyrrh. hyp. 11, 167.: ti äi oix äqe'oxet Tial Xöyovg /zovoXijfifiätovg elvai,
oiix elalv aiiomaiörfooi lAvTinärqov og oi&e Tovg TotovTovg Xöyovg ano-
SoxtftäCtt. adv. math. VIII, 443.: tö itev yäq Xe"yeiv iit) aqiaxeiv to) Xqvalnntp
itovoXtjiiftäTovs elvai Xöyovg HvjlnaTqog yäq , tiöv tv rp
Erwixf) atqe"oei IjiHfccviGiÜTUiV ävfiqäv , (({?) dvvuo&ai xal iiovoXrjiifiäTOvg
Xöyovg awiaraaS-ai. Alex, ad Top. p. 6. : ovg yäq ol ntql jtvxlnarqov iiovoXrj/
ifiÜTovg avXXoyiitfiovg Xtyovoiv, oiix etal auXXoyteiiol, äXX' tvdeäg tqa>-
Tiovrai, dg ovtoi, „i)fi£qa tan, qojg aqa tanv avanvtig , (rjg aqa.u....
ra ovv yvmqiiiif tov avvt]/j/j.tvov xal tvaqyti xqoiiievoi rj to) rijg xa&öXov
nqoTtxaeojg tfaveqo) rjyovvrai oV h'bg TttMvrog avXXoytZea&al ti. Ebend.
ad An. pr. f. 8 a.: ov yao elal avXXoyittfiol ol Xeyöfievoi vnö tojv vemTiqojv
ftovoXy/tfictToi . .. . ot de fiovoX^iifiaroi Xeyötievoi ooxovaiv elvai nore GvXXoyiaiioX
to) tt)v eie'pav tfüv nqoTÜaeojv otä to elvai yviöqifiov lovg äxovov-
Tag KQoanS-ivttf to yäo „ävanvetg, (fjg iiqa" äoxel avXXoyidfiög elvat,
ort nag' avTov nqogTi&iqatv 6 äxovoag Trjv äevTtqav nqÖTaaiV elvai (l.
ovoav) yvoiqiiiov ,,<5 avanve'ujv £jju , tnel et ye iir) r\v yvojqi/xog aurij , ov~
äe'ig Sv avvexojqei to avfin^Qttafia ro „(Fjg npn1' (lÄ tov" avanvtTg", äXX'
än^Tti tt)v alrlav tv yovv Tat; äxoXov&iaig xal Talg a/^aeat xal
Cwt/tai xal ouvtjujui'votg roig iiyitoiv 1$ ävayxi\g äxoXovfret T<j> riyov^tävip
T'j tnöiiivov &XX ov avXXoyiOfiog r)Srf roiio, tv yaoTtpüs „il r)iie'Qa tarl,
(päg fori" äväyxng incTa r^ji fiiut'Qav elvai tö <fwg elvai, äXX* oi) OvXXoyiOTtxwg
oiä' äv al fihv X^eig aiai nXeCovg tojv Tt&tfitviov, tuvtov
Se TavTa ai\fxalvti rü tiqojtii) , oiä' ovreo avXXoyiOftog tx i(Sv Toiovriav
iOTai' xal yao ö ovriog fyoiv XöyogTrj ävväfj.et fiovoXy/i^taTo; „rjtt^Qa l-OTtv,
äXXä xal oi%l ov% Tj^qa eari, (pdig aqa soti" , TO yaq „oi%l oi>x Tjfitqa
Iffrt" toD „tj/x^qa ?<m l^övy rp Xe"£ei äta^qu. ebend. /'.9b.: ort fit) elolv
478 VI. Die Stoiker (Syllogismus).
nun das rhetorische Enthymema, ja seihst die verkümmertste Form des
selben , mit dem „logischen" technischen Ausdrucke eines ßvXXoyiBfiog
fiovokijuiiaxog gestempelt, wie diess aus dem Berichte einer Schul-Anekdote
über eine Rede des Demoslhenes gegen Aeschines hervorgeht 1S7). Diesem
nicht-zusammengesetzten Syllogismus gegenüber mussten nun wohl die
fünf uvuno&nxToi jetzt sämmtlich öUij/iftatot heissen, wie sie auch
wirklich bei Ps.-Galen. genannt werden, s. Abschn, X, Anm. 37; jedoch
erscheint der technische Ausdruck „Djlejnma" in dem auch bei uns üblichen
Sinne eigentlich nur in der Rhetorik (s. Abschn. VIII, Anm. 16 u. 62),
und das rhetorische Dilemma, welches betreü"s seiner logischen Geltung
sich nur auf die drei letzten avcatöSuxTOi bezieht, mag wohl erst dazu
Veranlassung gegeben haben, dass später in der syncretistischen Logik
jene disjunetiven Schlussweisen, wenn auch ohne eine ausdrückliche tech
nische Bezeichnung, eine besondere Bedeutung erhielten; s. Abschn. X,
Anm. 53 — 56.
Sowie aber nun durch Antipatros die ununterbrochene Kette des
Ueberganges vom Einfachen zum Zusammengesetzten nach Vornen zu (oder
eigentlich rückwärts) hergestellt wurde, so setzte sich dieselbe von den
fünf avanoäuKTOi aus auch nach Hinten zu fort, oder vielmehr es strebte
der Trieb des Zusammensetzens unaufhaltsam vorwärts. (Wenn es einmal
fiovoArjftfiorrot und Sikrm^iaxoi gibt , warum soll es nicht auch dsxaXqjißerrot
u. s. f. geben ?) Es werden nemlich die Grundsätze einer weiteren
Verflechtung dieser Schlüsse angegeben und in dieser Beziehung die ctvareoöeixtot
völlig entsprechend der Lehre vom Urtheile in „einfache" (dnlol)
und „nicht einfache" (ov% arcXot) eingetheilt, wobei nemlich die obigen
fünf eigentlichen avcatöSsixxoi als die einfachen gelten 18S); die „nichtol
Xeyöfisvot fiovoX^jifxaToi OvXXoyiOfiot' nqogät'ovTai yaQ xal ixeivoi ?f<a-
9£v rivo; oqov xal nQoTaaewg TtQÖg to rrvfiyitQatffict. Ebend. ad Top. p.274. :
el iXXeinti [itv xal /uij eir) nävta tlXtjftfitvct tu i(p' oig to OvjjLnfQaOfia
r\ Siä To Itlnov aiföÖQu h'So^öv TS xiii yviaoifiov' TOioirog xal 6 äoxtöv
fiovoXriufictTog „ävanveig, fij? «(>«" ' yi oini/jov yao to naQaXtmöfiivov to
„yi&v avanviov £>j". TotavTrc ian xal rä iv^vfirjuaTa ,,ovtoi xoXäoeojg
ä$toi, UqöovXoi yaQ11. naQtixai. yaQ Tovg hnonvXovg a$Covg eivai xoXäatmg.
Anon. n. avXX. b. Philop. ad An. pr. cd. Aid. f. XXXX1I a. : tovto rfe sYQrjTcct
TiQog &ia(SToXr\v tojv rictQa Totg qyitoqOi fjovoXriftfiaxoiv xaXovfiivwv OvXXoyiOfitöv,
o'hiveg Tt\v filav noöxaaiv tinox'Ttg, tt(V Si ixioav naQuoiyri-
OttVTig , tnufiQovai to av/ine'Qaafia , olov „ö ficTva vuxtüjq nXavaTai , Xrjm^
ff ttQa", jittoaXifiTiävovai yiiQ TrjV äXXr\v tiqotuGiv tt\v Xtyovaav „nag
Si vvxtioq nXavibfitvog XrjOTyg imiv , b dtiva aoa Xr\axi\g {oti". lieber
letzteres Beispiel vgl. Abschn. II, Anm. 79. Varro, Sat. Men. 54, 1. (s. Oehler
p. 157.): Cut Celer <JV evog XTjfifiaTog Xöyog , Antipatri Stoici filius, rutro caput
displanat.
187) Schol. cod. Par. b. Brand, p. 147 b. 42. : av/i\prjifovg avToTg ircoiovVTo
ix tovtov Tovg StxaaTttg' ovTiog yao dT\fio(S&tvr\g lnolr\atv' ixiäv nanajovCaag
xal sintav nuQo'SvTÖviog „pCafhtoTog" xalriSf äixttOräv äwQd-ojaufitvorv
xal Xty6vTtav 6\vToviag „tua&toTot" anoßXe'ipccg nQÖg Aiaxtvr\v i(frt
„axoveig a Xtyovaiv, Alayjvn-" to yao exovoCojg amov nctotnovCaai avjj.\prj-
(fovg xaTa AiOyJvov inotr\atv avTq) Tovg Sixaarag' diu TavTag Tag ahiag
Totg fiovoXrjfiftaxoig IxiyoriVTO avXXoyiOfioig ol (ir/Togeg.
188) Seit. Emp. adv. matli. VIII, 228 f. : (ti %Qr\ yivtöaxtiv ort töSv ava-
■noStlxTtav ol ft(v itatv änXol ol öi ovy ärtXoi. ihv ärtXol jxiv f.iaiv ol
avToS-iv outfig iyoVTtg to ort awayovaiv , tovt^oti to oti avvftgaysrai
avTtöv Toig Xr'y/uctOtv fj intifona, onoloC elotv ol ilcxttpievot' lav yaQ t}ü
VI. Die Stoiker (Syllogismus). 479
einfachen" aber werden nach jener stets wiederkehrenden Manier wieder
eingetheilt in solche, welche aus gleichartigen Bestandtheilen (l£ ofioytvwv)
und solche, welche aus ungleichartigen Bestandtheilen (l£ wop.
yiväv) bestehen ; jedenfalls aber handelt es sich bei den nicht-einfachen
darum, sie in die ihnen zu Grunde liegenden schlussfähigen (avvoxttxa)
Bestandteile aufzulösen {uvulvuv). Hier aber zeigt sich bei der Auflösung
der aus gleichartigen Theilen zusammengesetzten Schlüsse 189) sogleich
wieder jene nemliche Spielerei des Formalismus, welche den jiovoktfufiaroi
zu Grunde liegt, indem neinlich z. B. der erste Modus nur ver
mittelst der äusserlichsten Verdopplung selbst in zwei avanöSeiKzoi
■ des ersten Modus aufgelöst wird, deren ersterer selbst sich zu einem
fiovolrinfiatos gestaltet, z. B. der Schluss „Wenn es Tag ist, ist es hell ;
es ist aber Tag ; also ist es hell" wird als nicht-einfacher betrachtet und
in seine einfachen Bestandtheile aufgelöst, deren erster ist „Wenn es Tag ist,
ist es hell", der zweite aber „Wenn es Tag ist, ist es hell ; es ist aber
Tag; also ist es hell"; so dass auf diese Weise endlos mit der Verdopp
lung zurückgegangen werden könnte. Weniger sinnlos hingegen ist die
Verflechtung und beziehungsweise Auflösung derjenigen Schlüsse, welche
aus ungleichartigen avanöSumoi zusammengesetzt sind190); denn wenn
auch die Art der Verflechtung selbst nur im sprachlichen Periodenbaue
tov 7iqwtov evO-e"oig diäfiev äXrj&eg eivai tö „el rjfie'oa Zari, (flog ?<m",
Kyio äi tö äxoXovd-eTv Tip rjuigav elvat tö ipiSg eivai, vno&oifie&a de aXt)-
Sig ro noäiTov tö ■fjfj.e'nav eivai , bneo r)V r)yovftevov tv Tip avvyfifitvo) , £f
aväyxr\g äxoXov9-r]aei xal to ifxög eivai , örteo r)v avfine"Qaa/j.a tov Xöyov.
ov% änXoi de" etOiv ol ix tiöv anXäv nenXeyfie"voi xal fit /oeCav fyovTeg
Tfjs elg txeCvovg ävaXvßeiog, iva yvaioS-toOiv oti xal avTol awüyovoiy.
189) Ebend. fährt fort (229—233.): tovthdv de T(Sv oi% anXmv ol fiev t'€
öfioyeviüv elal awearioTeg ol de ü ävoftoyeviöv, xal i$ öfioyeviöv fihv ägneq
ol ix ävoiv nquiratv ävanodeixTiov nenXeyfj.e'vot rj ix dvolv devie'qcov , ti
ävofioyevtöv de aigneq ol ix nqiixov avanodeCxTov awecfTiöreg rj ix devTiqov
xal tqCtov xal xoiviSg ol TovToig naQanXr)aiot. i% ö/xoyevöiv fxiv oiv
ovviOTTjxev o'wv 6 toiovtos „et rjfxe'Qa iaTl, (f üg eBTiv äXXä /xfjv fj/xe'Q«
iOTiv (fcüg aqa eariv". ninXexTai yaQ ix notoTiov dvotv ävanodeixTiov,
tag AvaXvaavieg avTÖv eiao/xe&a' yviaOTiov yäq ort ^eiöqrjfia diaXexTixov
iaxiv tig Tag tiöv ovXXoyiO/xiöy avaXvaetg nagadidö/^evov toiovtov „OTav
Ta Tivög avjxntQäafjttTog owaxTixa Xr^fifiaxa eyiofiev, dvväfiei xaxeivo iv
TovToig eyofiev to ßvfjmtqaCjJ.a , xav xal' txifOQav pr) Xiyr\Tai". Inet oiv
ivo eyofxev Xr]fijxaTa , to re awrju/tevov tö „ei r)fie"Qa iaxlv (füg Zotiv",
öneQ aqyerai /jiv änö änXov äStto/iaTos tov „r)^ga eOTtv", Xr]yet de eig
oi% anXovv avvr,fifi'ivov to „ei r)[it-oa tarlv, <f (Sg ean" , xai tht tö r)yovfievov
iv rtüT^i tö „ijfie'Qa eariv" , ix tovtwv Ovvax&r)aeTat r)/xtv nntÖTtp
ävanode(xT(p to Xr)yov iv ixeCvip Ttjj Ouvripfte'vb) tö „ei «per i]fiiqa iaTiv.
v<Sg eOTtv". toüt' ovv ävväuei fj.iv e/o/xev tv T<p Xoytp rtvvayofievov, xaTa
oe rijv ixtfOQav nagaXeXei fifiivov TaSavreg fiexa Tr)g tov ixxetufvov Xoyov
Tioolrixpemg (l. noogXtjxpeiog) Tr)g „rj/iiQa Zotiv" et-oftev awayöfxevov tö
„<f (Sg röiiv" nnioTto avanoöe(xTb), oneq r/v tni(f oQa tov txxeif/.e'vov Xöyov.
(iiare Svo ylyveaiyai nQcSrovg avunoSeCxrovg , eva /jev toiovtov „el r)(*e'Qa
faxt, (flog eoTiv, eTeQov de töv toiovtov „el r/jU^pa iaxlv, ifiäg tOTtV aXXa
f-kv r)fiiQtt IotiV ifiSg «p« eUTiv".
190) Ebend. fährt fort (234—236.): Toidjtfe /j.ev ovv iOTiv ö xttQttxtr\Q
tiSv i£ öfxoyeviöv ttjv nXoxvpi iyövTiav Xöyiov Ztj ävofioyeviöv oe Xoinov
ian xa&üneo ö naqa Tip Alvr\oiSr\^iio neol tov Orjfielov iQtoTrjd-elg , e"%iav
W ot'reu? ■ „et Ta </ cavöueva änaöt ToTg öfxoCiag Siuxei/ie'voig naoanXr]aCiag
ifaCve Tat xal tu Or\fj.eia to~ri (fiatvofieva , t« ar^/xela näOt Tolg bfioltag
diaxeifxivoig naqanXi\aCiog if.alveTaf tu de tpaivopevtt näOt Totg öuotmg
480 VI. Die Stoiker (Syllogismus).
liegt und daher nur in einer rhetorischen Logik in Betracht kommen
kann, so enthalten derartige Combinationen hier doch eine folgerichtige
und nothwendig gebotene Weiterführung des einmal eingenommenen Stand
punktes. Auf diese Weise wird z. B. der verflochtene Syllogismus
Wenn das Erste und zugleich das Zweite ist, ist das Dritte
Nicht aber ja ist das Dritte , wohl aber ja ist das Erste
Nicht also ist das Zweite
völlig richtig aufgelöst in einen avanödewxog des II. Modus
Wenn das Erste und zugleich das Zweite ist, ist das Dritte
Nicht aber ja ist das Dritte
Nicht also zugleich ist das Erste und Zweite
und in einen avanöSuxrog des III. Modus
Nicht zugleich ist das Erste und das Zweite
Das Erste aber ja ist
Nicht also ist das Zweite.
Natürlich konnte man mit dieser Combinirung noch mehrerer avanoSunToi
beliebig fortfahren, so lange man Lust hatte 191). Es sind aber
die aus ungleichartigen Bestandteilen verflochtenen Syllogismen dieser
Art offenbar die nemlichen, welche uns auch unter dem technischen
Ausdrucke ot ix 6vo xqonmäv (wenn sie aus zweien combinirt waren)
oder oi Ix tqlüv tgonmöv (wenn aus dreien) genannt werden ; ein paar
andere Schlussweisen hingegen, welche vielleicht hieher gehören könnten,
kennen wir nicht näher, da uns ausser ihrer technischen Bezeichnung
öiaxtifiivoig naganXriolms (falveTai ' tk oV yt arjfiiTa ou naaiToig ö/ioiio;
äiaxtifiivoig naganXriaCias qaiverai' oix aga (faivöfitva lau lä orjjitia".
Ow{<tri)Xt ydg 6 Toiovjog Xöyog ix ätvrtgov tc ivanoStCxtov xal rgliov,
xa&iag nugtOTi fta&tiv ix tt/s avaXvat tag , r\rig aawtazfga fiäXXov ytvrjaerai
Inl tov Tgonov (s. Ann). 177.) noirjOajitviov rjftdöv jr\v diduaxuXtuv,
tyoVTOi oßrwf „sl rö ngiiiTov xal iö ätvTtgov, tö iqCtov ov/l äi yt tö
tqCtov , äXXa xal tö ngioTov ovx aga tö StvTtgov." Intl yctg e/ofitv **■
mifitvov tv io riytixcti aviintnXtyLiivov tö ngürov x«l tö ütvTtgov, X*IYli
oi ro Tglxov , e/ofiev äi xal tö ävrixii/ifvov tov Xrjyovrog tö „od tö tgttov1',
avvax&rioiTai ifuiv xal tö civTixtCfitvov tov r\yov{iivov tö „ovx aga
ro ngtoTov xal tö devTigov" devrtgtp avanodtCxTip. aXXä ärj tovto nitro
xaTct iilv Tt/v ävvafxiv iyxtiTai tiT> Xöyto , tnel e^o/j.ev ra avvtxTixit aitoi
Xijuunra, xaxä äi ttjv ngotpogäv tiagtlrai. antg Ta'iavTtg fitT« tov in-
Ttoutvov XrifXfittTOi tov ngmTov t$o/Aev Ovvayoitevov tö avfintgaafia rö „ovx
äga tö (Ff vregov" rghip avanoätCxTt». äaTt ö*vo tlvai aranoätCxTovg, 'iva piv
toiovtov „tl to ngtoTov xal tö ätvTtgov, tö TglTov' oü/l öV yt tö igttov'
ovx aga To ngwTov xal to dtvTtgov", og tan dtvTtgog avanöätixrog, tTlgov
äi Tghov töv ovTttg tyoVTU „oi/l tö ngärov xal tö ätvTtgoV iXXi
(it)V tö ngmTov' ovx aga to ätvTtgov." Auf diese ganze Theorie des Bildens
und Auflösens der Syllogismen überhaupt bezogen sich mehrere im Schriften - Ver
zeichnisse des Chrysippus (194 f.) genannte Bücher.
191) Eine Probe hievon b. Sext. Emp. a. a. 0. 281 f. und hierauf (283.) Msammengefasst
: Svo yag Iotiv tv Tip Xdyta avvrjfi fifya xal fV öif£tvy/*£vov'
TovTtov tfi Ta filv ovvrjfifitvtt vmw/ytiTai toi; (v aiiToTg r\yovji(vois
Xov&uv ra iv aiiToTs XyyovTa, tö d"i dit&vyfi{vov fV lyti T(äv iv tutf
n^>j*4y, tos lav afiifÖTtga rj äXrj&^ rj a/xifÖTtga \jttvdij, tfttväog lOTM
tö oXov.
VI. Die Stoiker (Syllogismus). 481
Nichts überliefert ist 192). Wie weit die Stoiker die Verflechtung von
drei, vier, u. s. f. üvcmöäeixtot und deren Rückauflüsung verfolgten,
wissen wir nicht; wohl aber ist uns überliefert, dass auch bei den
von ihnen noch entwickelten Combinationen nur die iloctrinär schulmässige
Vollständigkeit sie hiczu veranlasste, da gerade Anlipatros selbst zuge
stand, dass praktisch sich die Verflechtungen weit einfacher lösen lassen ;
Chrysippus jedoch blieb jedenfalls seinem Genie getreu, wenn er trotz
eines solchen Zugeständnisses doch drei Bücher über diese combinirten
Syllogismen schrieb und noch dazu diesen drei Büchern den Titel „SvXloyiaxiKcii
cfyjjtjGTOi." gab 193).
Insoferne aber gerade Chrysippus ausschliesslich nur die fünf ava-
TtoSüxtovg zuliess und von den übrigen Stoikern strenge an der Lehre
desselben festgehalten werden wollte , waren von den mehreren Arten
der nicht- einfachen Urlbeile nur der Conditional- und der disjunetive /
Satz zur Bildung von Syllogismen beigezogen, und also z. B. der Causal-
und der vergleichende Satz ausgeschlossen; dennoch aber konnte es
als nothwendig erscheinen, syllogistische Formen, welche auf jenen
anderweitigen nicht- einfachen Urtheilen beruhen, aber schon von den
älteren Peripatetikern waren geltend gemacht worden (wie z. B. die ver
gleichenden ßvXloyiapiol xuTa jrotoVjjTof , s. Abschn. V, Anm. 74), wie
der beizuziehen. Und es scheint namentlich Posidonius in dieser Beziehung
jene Schlussweisen erneuert zu haben , welche als Analogie - Schlüsse
schon von den Sophisten und Megarikern waren benutzt worden ; wenn
192) Sext. Emp. pyrrh. hyp. II, 2.: älgniQ yjtn 6 jiri dSiog, tl tv^oi, tC
Iöti To xu9* o ntQiaiQovjitvov rj to äiä 3vo TQonixtöv 9-eiÖQmfj.a , ovSi
tlneiv ti SvvaTcti ntoX avriav. Hiezu d. folg. Anm. Ob der Schlussmodus rö
xaO-' o ntQiuioov{i£vov auch zu den avartoätiXTOi oder deren Corabinalionen
gehöre, ist ungewiss ; dem Wortlaute des technischen Ausdruckes nach könnte es auch
der unten, Anm. 195, anzuführende ntouvTixbg sein, oder etwa auch ein Schluss,
welcher vorerst von einem überflüssigen Gliede (naytXxov, s. Anm. 204.) gereinigt
werden muss. Auch wenn bei Alex, ad An. pr. f. 64b. gesagt wird: dV
axCav nageXimv (sc. 'AoiOt.), oiol tlotv ol iSi<{onov[itvoi Xöyoi fj äd'iaipooiog
suotUvoVTts V V ÜnttQOi vXrj Xeyo/j.(vrj xal xaD-oXov to ig StvTtqov
xaXoiifitvov nana Totg VKOTfooig, sind wir weder über ansiQog vXr) noch
über äevTt^ov 9-ifiu uäher untcrrichlel ; sollte letzteres den zweiten Modus der
ttvanoötix-ioi bedeuten (s, d. folg. Anm.), so müsste anuQog vX-q eine specielle
Art desselben sein.
193) Galen, d. Hipp, et l'lat. plac. II, 3. V, p. 224. ed. K. : vvvl dt niSg
filv oi äiä ävo TQonixiav r\ tqiwv avttlvovTai avX.XoyiajJ.ol xal niäg oi äSiaqpÖQwg
ntoaCvovxca ((. ntoaCvoVTtg) f; Tivtg äXXoi toiovtoi Ttji Ttpeurto xal
&tvitya> iHfiari nqog/QoifiiVoi (iHfia scheint hier soviel als avanöätixxog zu
bedeuten), noXXolg eati. avVTv/tiv rjtixrj/xevoig, digntQ ajitXsi xal in' aXXoig,
booig äta tov tqItou Mftaiog fj TtxaqTov avXXoyiafiovg ävaXvovOf xuCtoi
TovToiv Tovg nXilarovg (veaxiv irtymg avaXvtiv owTOfttüTenov, mg ÜvUnuTQog
tygaiptv nqbg Tip aal ntouoytuv eivai. ov fiixgäv ä/q^OTOv nqayfj.
axog anaaav TtjV tiSv toiovtiov avXXoyiO/xiSv OvfinXoxi\v , üg avrög o
Xqvainnog eQytp ftaoTVQÜ fj.r)öa(iö&i Tiäv eavTov avyyoafi/jaTiov tlg anoäti'itv
äöyfiuTog Ixtivwv äitj&tlg tiöv avXXoyiafiäv (. (p. 225.) nobg
(a.{vtoi Tovg ZTiaixoijg avayxalöv Ioti /J.axobv avlta&ai Xöyov av&Qianovg
Iv fiiv ToTg axQ^OToig xijg Xoyixrjg »eioqiag ixaväg ytyvnyaOfitvovg , Iv &e
Tolg XQnaifioig ayvfivaaToi ÜTOvg Ti afia xal (ioz&i)Quig öäotg imxeiQi)[i«-
Tiav IvTt&Qa/ifx^vovg. Ps.-Galen. Eig. JiaX. p. 58. ed. Minas : d'ia tovto ovv
oväe Tovg i/no XQvotnnov OWTt&tvTag tv t«i; TQial „ ZuXXoytOTixaig
&XQqoioig" &noätixx(ov fiot vvv (otiv ttXQf)OTOvg oVTag.
Pkantl, Gesch. I. 31
482 VI. Die Stoiker (Syllogismus).
aber derselbe diese Schlüsse als Syllogismen „natu övvafiiv (t^dfiatog"
bezeichnete, so hatte er sicher hiebei die Stärke ihrer Beweiskraft im
Sinne, indem er sie auf gewisse Axiome (insbesondere wohl mathematische
Grundlehren) reducirte, von deren Geltung z. B. alle Proportional -Schlüsse
abhängen 194). Es ist uns dieses Bestreben einer Zurückführung der
Schlusskraft auf feststehende Axiome auch darum von Interesse, weil
wir sehen werden , dass später in ausgedehnterem Masse zum Behufe
einer regelrechten Festigkeit allgemeine Axiome an die Spitze der Beweis
führung überhaupt gestellt werden wollen; s. Abschn. IX, Anm. 81 u,
Abschn. X, Anm. 60.
Uebrigens liess auch hier betreffs aller schlussfähigen Syllogismen
die mit der Rhetorik kokettirende Logik der Stoiker noch eine eigene
Species der nsgavxiKoi zu, welche dazu bestimmt war, auch dem blossen
Schwätzen den Eintritt in die Logik nicht ganz zu verwehren (ähnlich
wie wir solches bei dem "Begriffe, Anm. 73, und bei der Wahrheit der
Urtheile, Anm. 168, sahen); nemlich im Unterschiede von den bisher nun
behandelten eigentlich logischen itSQavuxol Messen ,;ntgavxi%o\ im en
geren Sinne" jene Syllogismen, welche wohl auf ein logisch und factisch
richtiges Resultat gelangen, aber nicht in der schulmässig strengen Form
sich bewegen, sondern im Sprachausdrucke oder der Anordnung der
Glieder von derselben sich entfernen 196).
Ist nun das Bisherige die Entwicklung der Formen der Schlüsse, so
tritt hierauf auch hier ebenso wie in der Lehre vom Urtheile die Frage
über Wahr und Falsch auf; und es tragen auch die auf die Syllogislik
sich beziehenden logischen Lehrsätze betreffs des Wahren und Falschen
den nemlichen Charakter wie dort bei dem Urtheile an sich , insoferne
der e^treni,Jonnale und der roh empirische Standpunkt auch hier ge
treulichst gepaart werden ; zugleich " aber hängt, wie sich" von selbst ver-
194) I's.-Galcn. a. a. 0. p. 57, woselbst nach der Entwicklung mehrerer Arien
der Vergleichungs- und Analogie-Schlüsse (s. Abschn. X, Anm. 57 IT.) gesagt wird :
roiig de ToiovTovg änavTag GvkkoyiG^iovg Tip yivti fiiv Ix tojv ngog ti grj-
Tiov , iv etdti de xcit' äStoj/taTog ävvafiiv avviaia/xe'rovg , öigneg xal
IToGeidciiviog (prjGiv övo/iaCetv Tovrovg GvvaxTixovg xaTa dvvafj.iv a$i(ofia-
Tog. Höchst wahrscheinlich hierauf ist auch zu beziehen Schol. ad Hermog. d. im.
VII, p. 764. Walz : Gvve'GTrjxe de 6 GvkkoytG/jög ... (x ngoTaaetag xal ix
tov xa&r\yovfi£vov tfjs nooTaOeiog xal Ix tov e'niavvde'oVTog ro xa&rjyovfitvov
rijg nQOTttGiwg ovdevl tiiv komiav rf/g avTrjg ovGqg' r<j5 yag GvkkoyiO/
Mp toj vvv (sc. T(j> QijTOQixtji) /nco/je&a avrl tov avvaxTixov koyov, 01)/
<öff oi ^Tioixol inl tov xutü dvvafiiv tqotiixov nnodyovTeg. Praktisch wen
dete Posidonius einen Vcrgleichungs-Schluss bei dem Beweise an, dass die Welt ein
Organismus sei; Diog. L. VII, 143.: to yäg (<oov tov urj fftiov xneiTToV ovdev
dt tov xöafiov xgiTiTov £(j>ov uqu b xoofiog. S. Abschn. II, Anm. 49.
195) Diog. L. 78. : tojv dt negavTixwv koyoiv oi jj,e v öfiiavvfiiog to~> yivu
XiyovTai ntpavrixdl , oi de avi.loytGTi.xoC neoavTixol dt eiGiv eidixäg
oi GvvayoVTeg firj OvkkoyiGTtxojg , oiov oi toiovtoi. „ypevdog Igti tö rj/xfoa
iGTi xal rv^ eGTi.' rjiie'ija de ioriv ovx äga vv'S iaxiv.'1 Ps.-Galen., welcher
in der oben, Anm. 193, angeführten Stelle fortfährt: .... äyQ^Grovg oVTag, {«'-
ptuS-t yän edei^a tovto, xafraneQ xal tojv (wahrscheinl. zu lesen inl tiöv) neoaVTtxüv
vtz' aiirov xly&e'VTiov , ideCyßr) yäg' xal tovtwv eviot jiev ovx
Xdiov ti. yivog ovTSg GvkkoyiOfiov (Minas Gvkkoyiaiiot) , äkka nejiov&ving
k(£eojg hnfxrjvevö/ievoi (Minas eplutjvevofje'vov) , nore /xtv z«r' wxokov&ovGav
(wahrscheinl. zu lesen äxokov&Cag) inigO-tatV — , die hierauf eintretende Lücke
der Handschrift ergänzt Minas: ttotI dl xar' äkko ti nado;.
VI. Die Stoiker (Syllogismus). 483
steht, für die Stoiker die rhetorische Wirkung der Syllogismen, d, b.-
die Beweis -Kraft derselben und die Methode des Bewyeisens überhaupt
von dem Wahr-sein ab. Der stoische Grundsatz nun betreffs der Wahr
heit oder Falschheit der Schlüsse lautet: Ein Syllogismus ist wahr, wenn
er aus materiell wahren Prämissen formell richtig den 'Schlusssatz her- 1
beiführt , falsch hingegen , sowohl wenn die Prämissen materiell falsch f
sind, als auch wenn formell unrichtig geschlossen wird; aus dem letzte- j
ren Grunde falsch also sind alle jene Syllogismen, welche nicht Gvvaxti-
Kol oder nicht jrejpwwxol sind, d. h. sämmtliche antQavxoi jeder Art, •
wie wir sie unten als den formellen Gegensatz der richtigen Schlüsse
darzustellen haben. Aber eben wegen des materiellen Inhaltes der Prä
missen , welcher factisch wahr oder falsch sein kann , werden demnach
die formell richtigen ßvvaxrixol selbst in wahre und falsche eingetheilt,
wobei dieses auf empirischer Wahrnehmung des Factischen beruhende
Kriterium zwar noch ein berechtigtes ist, woferne es auf die ngöXtityig
des Syllogismus bezogen wird, jedenfalls aber den Standpunkt enthält,
dass auch hier die jeweilige momentane Wahrheit jjet.Jafitisshen Djnge
oder Zustände den letzten EntscTieTdlm^sgrund gjbtJ^^), wobei natürlich
njclif mehr voTT'eTnT^iehennli^^ wie bei Ari
stoteles, jJie^Rede sein kann, wohl hingegen mit dieser Hohlheit und.
Verfläcnung das~~Ge1)fer~aer rhetorischen Praxis der Beweisführung am j
besten sich verträgt. In diesem Sinne daher auch werden jene ßvvaxxixal,
welche wahr sind, noch des Näheren betreffs ihrer Fälligkeit zu
einer „Beweisführung" (ct7t6öu'£ig) untersucht, wobei folgendes Schema
angewendet wird 19T): die Schlüsse, welche wahr sind, führen entweder
196) Diog. L. 79.: tri räv Xöymv ot fiev aXri&etg elaiv ol fie iptvStTgaXrjd-
tig [tiv ovv tioi Xöyot ol fii' aXri&div avräyovrtg , oiov „ei r/ agerr)
taiftXtl, jj xaxta ßXänrei", iptvfittg 3t ttaiv ot itov Xtj/j/idroDV t)(ovrtg ri
\ptiifiog fj anigavroi Oft es, oiov „fi 4,«^p« iarl, (flog eanv tffie'ga fie
ianv £ij äga Jiiov." Sext. Emp. pyrrh. In/p. II, 138 f.: rmv fit avvaxrixüv
ol ji(v tioiv aXtjfrttg ol fie oix aXti&etg , aXti&eig /tiv brav fit} fiövov rb
avvrffifiivov ix rijg r(Sv Xri/i/järtov avpiTiXoxijs xctl rr)g (nuf ooitg, lüg ngoeigr/
xajiev (Anm. 178.), vyteg rj, aXXa xul rb avfi7ie'gao/iu xttl rb fiiä rtiv
Xr)fifiaxo)V airov avfxntnXtynivov aXrj&ig üttbo^//, o iariv r\yoifxtvov iv
T«j> avvrjfijA.iv(a' aXrj&ig fit avfintnXtyfxe'vov iarl rb nuvra e%ov <Ujj#ij, mg
t6 „fj^iga ean xal ti ijfiiga Iarl, ifiog eanv." ovx äXij&tig fii ol /uij ovriug
iyovrtg' b yao roiovrog Xöyog tj/it'gag ovarig „et vvi tau, axörog tartV
aXXa jU»jv vvi iariv axörog äga eanv" avraxrixbg fxiv iariv, inel rb
avvri/x/xivov xovxo vyit'g iariv „ei vvi iari xal, ti vvi eari, axörog iari
(diese beiden Worte fehlen in den Handscbrr. u. Ausgg.), axörog äga iariv",
ov [ie"vroi aXri&rig' rb yäo riyovfitvov avjxntnXtyfte'vov ipevfiög (an rb „vvi
tan xal, ti vvi tan, axorog tan", ipevfiog i/ov iv iavTtp rb „vvi eartv" '
xptvfiog yao tan avfintnXty/jiivov rb e%ov iv iavrtj) xptvfiog. ev&tv xal
äXtjU-f) Xöyov tlval ifaai rbv fit äXrjfriöv Xrjii/iänov äXtjS-ig avväyovra
OVflTl^QUOfltt.
197) Sext. Emp. fährt fort (140 — 142.): näliv St riSv ctXriS-div Xöyiav ol
(itv eiaiv «nofieixrixoi ot fi' oix unofit'xnxol, xal anofieixrixol ftiv ol
fiia TTQofiijXwv afirjXöv n Ovvayovrtg, oix airofitixrixol fit ol /ntj roiovrof
oiov b ftiv roiovrog Xöyog „et y/xioa iarl, (füg iariv' AXXa jxrjv V^Q"
■iativ (füg äoa iariv" oix larlv anofitixrixög' rb yao (füg tlvai, önto
tarlv avrov av/untgaOfia, n(>öfir]Xöv iariv b fik roiovrog „ti Ifiotörtg ge"ovai
fiiä rrjg imifaveCag, elal vo^rol nögof aXXä fitjv tfigüreg Qt"ovoi fitä rijg
Inupavtiag' tlolv aga votjrol nÖQOt" atiofitixnxög Iffrt, To ovlu,7ie'Qa0.ua
31*
484 VI. Die Stoiker (Syllogismus).
von Bekanntem (nQodrjXov) auf Bekanntes und sind dann „nicht beweis
kräftige" (ovx cmoSuxxixoi) , oder sie führen von Bekanntem auf Unbe
kanntes und sind dann „beweiskräftige" (anoSziKiinoi) ; letztere aber
wieder sind entweder der Art, dass sie bloss von der Voraussetzung
auf den Schlusssatz hinleiten {icpoSevxixäig) , oder der Art, dass sie zu
gleich aus der Voraussetzung den Schlusssatz enthüllen {ixxaXvnrixmg) ;
und letztere nun sind die eigentlich beweisenden. Erwägen wir aber
hiebei , dass in der Lehre vom hypothetischen Urlheile das Gr^tlov in
seiner logischen Brauchbarkeit gleichfalls als ein ixxaXvnxixbv bezeich
net worden war (Anm. 152.), so erhellt uns hier wieder ganz deutlich,
Siixxixol aber näher den übrigen (diacpoQmg ntQaivovxeg) Voraussetzungs
schlüssen liegen. In Folge jenes Schema's demnach wird zusammenfasschulmässigen
Doctrinarismus, besonders polemisch gegen die Skeptiker,
auch der Beweis geführt, dass es eine Beweisführung, gebe, nemlich:
„mag es eine Beweisführung geben oder nicht, so gibt es eine Beweis
führung; denn im ersleren Falle bedarf es keines Beweises mehr, dass
es eine Beweisführung gebe, der zweite Fall aber kann nur als wahr an
genommen werden, wenn er bewiesen ist; also giebt es auch dann eine
Beweisführung, wenn bewiesen ist, dass es keine gibt." 199).
h/tov SärjXov t6 ,,eiaiv uqu vorjxol nöqoi'1. xtäv 3h ad*r)X6v xi awayovxtov
ol fi'tv Itf.oöeuxixüg uovov dyovaiv rjfiäg äiu rtuv Xr\fifidr(av inl xb avfintyctOfta,
ol 3h itfooevxixäg äfjia xal ixxaXvnxixmg' oiov ((foSevxixmg fihv
ot ix nlöxttog xal fivrjfirjg rjQrrjo'&ai 3oxovVTeg (diess erinnert an das vnofivr\
OTix6v Orj/teTov , s. Anm. 151.), oiog lativ ö xotovxog „et rCg aoi iteöiv
elnev oii nXovryoei ovrog, nXovxr^au ovrog' obroal 8h 6 &ebg (3elxvvfii
3h XCI&-' vTioVeoiv röv /IIa) eine Ooi ort TtXovrr\aei ovrog' nXovri\aei uga
ovrog". ovyxaxaxid-e'ue&tt yao rtfi avfi7ieQaa/.tetri ob% oiirtog 3iä tjjv xäv
Xri/jfidrwv äväyxrjv <og marebovreg rfj roi) &eov änoifdaei (l. anoordvoei).
ol 3h ab fiövov icfodevTixäg «IIa xal ixxaXvnxixäg ayovGiv fj/xag inl to
avfiniQuafAa , wg 6 loioiirog „ei (>{ovGi 3ia rrjg initfaveCag i3n(5reg, dal
vorjTol nooof äXXä ufjv to tiqütov tö 8evrenov aoa". to yao 6eTv xovg
t3o(5xag ixxaXvnr ixov ian rov nöoovg elvai 3iä to naneiXijrf&ai, ort 3ia
Vaarov acofiaiog vypbv ob 3vvarai (fe'peo&ai. Fast wörtlich ebenso adv. math.
VIII, 3U5 — 309.
1 98) Ebend. pyrrh. hyp. II, 135.: ianv ovv , <ag tf.aotv , ij anödeij-ig 16-
yog 3i' öfioXoyov[i(v(ov Xr\jjtfidro>v xara avvaycoyijv tnuf onav IxxaXvnx t»v
aärjXov. adv. math. VIII, 310.: xovxtov 3{j ovTwg l%6vru>v rj anöSeig'ig npo
navTog öqelXei Xöyog tlvai, 3evrepov avvaxTixög , tqCtov xal äXrjfUjg , i4-
TaoTov xal aärjXov h/ujv Gvjune'paO/ja, nifA.nrov xal ixxaXvnrofievov rovro
ix Tijg Svväfietog riüv Xr\fifiariov. Vgl. ebend. 411 — 423. Diog. L. 45.: xr\v
3h cmoSei'iiv Xoyov 3ia tojv fiäXXov xaraXa/ußavofie'vaiv to rytrov xara-
Xafißavofjtvov neoatvovTa (so richtig P. Fabri für neol navTwv).
199) Ebend. pyrrh. hyp. II, ] 86. : ei eOTiv anödeiitg , hariv anöSei^igei
obx toTiv anöäei'iig , iariv ccnöäeiiig' t\toi Sh eOTiv ünoSei'Sig rj obx
i-GTiv anöäeiiig' ioriv äoa anödeig'tg. adv. math. VIII, 463 f.: otovrai yao
ol doy/iarixol rmv if iXoaötf mv Xoyov rbv äStovvra firj elvai anöäeiitv abröv
VI. Die Stoiker (Syllogismus). 485
Eben aber, je mebr bei den Stoikern die Beweisführung mit der
hypothetischen und disjunctiven Schlussweise selbst zusammenhing, um
so mehr mussten dieselben daran fest halten, dass es überhaupt Voraus
setzungen gebe , deren Wahrheil eben dadurch erhärtet werde , dass
dasjenige sich als wahr zeige, was als Schlusssatz aus den in Folge der
Voraussetzung gemachten Annahmen folgt 200). Durch diese colossale Verwirrung
zwischen prineipium causalitalis und^j^jncipiyjn raliom
dentis^ (s. oben Ä^nt.'^i^)-^^n'gleTr nun die Stoiker sogar noch dazu,
cfie Parallele der Lehre vom Schlüsse mit der Lehre vom Urtheile so
weit treiben zu können, dass sie ausser dem Wahr-sein und Falsch-sein
der Syllogismen auch von möglichen und nicht-möglichen, nothwendigen
und nicht -nothwendigen Schlüssen sprachen 201). Die Geschichte der
Logik, glaube ich, wird sich gerne mit der blossen Notiz dieses Factums
begnügen , ohne es im geringsten zu bedauern , dass uns ausser
derselben durchaus nichts Näheres überliefert ist.
Für jene Schlüsse nun , welche aus formellen Gründen falsch sind,
d. h. für sämmtliche ansQavtoi, welche als die nicht-schlussfähigen den
Gegensatz gegen die bisher besprochenen bilden, ist es in Folge der
einmal vorliegenden Auffassung des Wahr und Falsch, wie wir dieselbe
„ in der Lehre vom Urtheile (Anm. 137 und besonders für das hypothe
tische Urlheil Anm. 146) trafen, nur consequent, wenn die Schluss-
Unfähigkeit der Schlüsse in eben jenes unverstandene Misehlings-Verhältniss
des Contradictorischen und Conträren verlegt und als aneQavroi jene
Schlüsse definirt werden , bei welchen das contradictorische Gegentheil
des Schlusssatzes keinen realen Gegensatz gegen die Verbindung der Prä
missen bildet 202); und insoferne der apagogische Beweis in der That
eine Probe der Beweiskraft der Schlüsse in dieser Beziehung ist, vervqp'
aixov niQtxot'jxtodai xal fit.' thv ävatntt xavxrjv , fita xovxmv avxfjV
bgC&iv. b&tv xal avxixaihax äptvoi xotg axtnxtxoig tpaaiv, b Xiytov ftrjfiiv
elvat änöfietStv r^xoi ipiXy xal ävanofiet'xxti) yotoptvog tfäott Xfytt /.trjfiiv
inaktiv anofiti^iv rj Xoyip xb xotovxov anofittxvvg' xeel tl fitv ipiXg tfäaei
ZQtojitvog, oifitlg avxtp ntoxtvatt xtäv xrjv anöfitt'itv nuoadtxofiivtov ipiXfj
tiüoti /ü<afi(vo> , ccXXa fiiit xrjg avitxetut'vrjg inta/t^aexat t/dattog tlnovtog
xivbg elvat anofietÜiV tl fie ajiofieixvvg xb [ti] tlvai anofitiStv , xovxo
y«Q tfaatv, avxoOev tö^.oXbyr\ae xb tlvai anöfiet$tv , b yciQ fittxvig Xoyog
xb fix) tlvai anofitihv eaxiv anöfietg'ig xov tlvai änöfietitv xal xa&oXov
b xaxet xrjg änofitl^tiog Xoyog rjxoi un6fitti;lg iaxtv rj ovx itsxlv änofieiSig,
xal tl filv oix iaxtv änofiti^ig, antaxog ioxiv, tl fit iaxtv änöfiet^ig, artofiuhg
taxtv.
200) Ebcnd. adv. malh. VIII, 367.: aXX' oi fitt, queal , nävxiov änöfia 'iiv
alxetv, xiva fit xal i'i vnofKattog XatAßüvetv, inel ov fivvtjOtxat jtQoßalvtiv
ijfiiv b Xoyog, iav /*r) <Jo#f/ xi niGxbv ü avrov xvyyavttv. ebend. 375.:
vr\ diu, AXX' eliö&uöiv vTioxvy/ävovieg Xiyetv ort nCaxtg iaxl xov ioQtSa-
&ai xr)v vnöS-taiv xb äXrj&tg ebßiOxeaSai ixtTvo xb xotg i'i inu&e'aeiog
Xrjtf &ttaiv imtf toöfitvov ' tl yao xo xovxotg dxoXovO-ovv iaxiv vyttg, xäxtiva
oig äxoXov!>eT äXrjärj xal äva/j.tjlXtxxa xa&ioxrfxev.
201) Diog. L. 79. : xal fivvaxol d" tlal Xöyot xal afivvaxoi xai ävayxatot
xal ovx ctvayxaioi.
202) Ebend. 77.: jtäv fil Xöytav oi piv elOiv äntnavxoi ol fie nenavxixoC'
äniqavxoi fitv thv xb avxtxtifievov xfjg intttonäg oi fiä/exai xrj fit«
xtüv XrjUfictxtDV avfxnXoxij , oiov oi xoiovxoi tJet rjfiina iaxl, tfmg toxi'
rjfiiqa fik eaxiv neoinarei aQa Aitav. S. d. folg. Anm.
486 VI. Die Stoiker (Syllogismus).
stehen wir nun die Notiz sehr wohl, dass die Stoiker ein grosses Ge
wicht auf den apagogischen Beweis gelegt und ihn die prima constilulio
oder primum exposüum genannt hätten 203)-; vgl. Abschn. II , Anm. 43.
Aber auch dieses Verhältniss der Schluss-Unfähigkeit wurde schulmassig
in Rubriken gebracht, und wir finden folgende Aufzählung der Fälle 204):
ein Syllogismus sei anigawog entweder erstens dadurch, dass zwischen
203) Appul. d. interpr. p. 277. Oud. : est et altera probalio communis omnium,
ttiam indemonstrabilium (d. h. natürlich der ävanöö etxxoi) , quae dicitur „per
impossibilc" appellaturque ab Sloicis prima conslitutio vel primum exposüum, quod
sie defmiunt: „si ex duobus lertium quid colligitur, alterum eorum cum contrario
illationes (zu lesen iltationis) colligit, contrarium relinquit (zu lesen relinqui) d. h.
wenn ans zwei Prämissen Etwas als drittes geschlossen wird, so führt die eine der
selben verbunden mit dem Gegenlbeile der tuttioQu zu dem Schlüsse, dass nur
der Gegensatz der anderen übrig bleibt. Ebend. p. 278. : nee frustra constituerunl
dialectici, eum verum modum esse, cuius adversum iltationis cum altera aeeeplione
tollit reliquam.
204) Sexl. Emp. pyrrh. hyp. II, 146 — 150.: ol' ye firjv StuXexxixoC tpaatv
äavvuxxov Xöyov ytyveo&at ijxoi naoa äiaqx-naiv rj nuQueXXenptv rj nao«
xb xuxa fiox&rjQov rjqonija&ai 0%rjfxu rj xuxa naooXxrjv. oiov xaxa <fj«or»)-
aiv uiv oxav fifj e/y xä Xrj/xftuxa äxolov&lav nobg uXXrjXä TS xul xr\v intwoquv
, cos 6 xowvxog ,{ et tifiiqu toxi, tpdig eaxiv uXXa /xrjv nvool Iv
ayooq ntaXovvxai ' dltav dga nenirtaxel" (es ist doch eine empörende Dummheit,
derlei in einer Lehre vom Syllogismus niederzuschreiben). 7r«p« de nuQoXxr)v
oxav evqtaxr\xai Xrjfifta napiXxov nqbg xr)v xov Xöyov awaytoyijV , oiov „(t
rjfit'qa toxi, tptSg eaxiv' aXXa fifjv rjfiioa eaitv, uXXa xal Aitav Tieomaxel'^
tptög ttQtt eartv." nao« rfi xb iv /ioyd-rjQif rjoonrja&ui a^rj/^axi Sxav ptrj J
tö axrjyia J0'j t-öyov avvuxiixbv , oiov ovxtov avXXoyiafiäv , tag tpaal, xovxiav
,,el rjfie'qu iaxl, tpoig eOxtv äXXd ptrjv ^ut'p« eaxiv tpdig «pa eaxiv"
„et fjfi^Qa toxi, tpoig eaxtV ov%l di (füg eaxiv' ovx äoci rjjxiQu eaxiv" 6
Xöyog ctavvuxxög iaxtv ovxog ,,el rjfjteoa iaxl, (füg eaxiv ' aXXa pirjv tptög
eaxtV r)fiioa aqa eaxiv"' Inei yuo inuyyiXXexut xb avvrj/A/xivov ivxbg xoi
iv uvxaj rjyovfiivov elvat xal xb Xijyov, elxöxtog xov rjyovpiivov TioogXufißavofiivov
inayexai xul xb Xr,yov xal xov Xrjyovxog uvaiqovpiivov uvuioeixai
xul xb rjyovptevov ei yuo r/v xb rjyovfievov , rjV uv xul xb Xrryov , xov S\
Xrjyovxog noogXu/jißuvo^evov oi nuvxiag xlüexai xul xb rjyovyevoV oü<fi
yuo ima/veixo xb avvrjuiievov xq> Xr)yovxi äxoXov&eiv xb rjyov/xevov, üXXit
xq~> T\yovjiiv<$ xb Xrryov fiovov. Stu xovxo ovv b (ihv tx avvrjfiiikvov xal xov
r)yovue'vov xb Xijyov awuytav avXXoyianxbg etvui Xe'yexui xul 6 ix own/ifiivov
xul xov üvrixeilue'vov xov Xtjyovxog xb uvxixeifievov xtp fiyovfie'vi>>
avvuymv, b <Sh Ix awrjfxfie'vov xul xov Xrjyovxog xb rjyovpevov elgc'cywv aaivaxxog
(ög b UQoeiQtjftkvog , ttuqo xul äXrjS-cSv ovx<ov xtov Xrjfi/xüxiov uiixov
ipevfiog owuyei , bxuv Xv/viuiov ifioibg bvxog vvxibg Xfyrjxui' xb /.iev yäo
„ei r)fie"QU l<txl, <[<ög eoxi" avvri^fie'vov üXrj&e'g loxiv xal rj „aXXa firjv (ptäs
toxi" 7XQÖgXrj\pig, rj df „fiufo« uqu" tnitf oou xpevSrjg. xaxü naoäXenpiv Si
lari fiox&r)QÖg Xöyog iv tp nuQukeinexul xi tojv nobg xrtv ovvayojyljv xov
ovfiTieQdOftuxog xonoifievövxwv oiov iytovg ovxog, mg otovxui , xov Xöyov
xovxov „ijxoi uyu&ös iaxtv ö nXovxog fj xuxbg rj ctSiawooog' ovxe fie xaxös
iaxtv ovxe ätftctwoQOs- dya&bg citju iaxtv", tfuvXög laxt 7i«p« eXXetiptv
oviog b Xöyog „ijxoi clyufrög iaxtv 6 nXovxog rj xuxög' oiix eoxt Jf xaxög'
uyaS-bg iioa iaxtv." last wörtlich ebenso adv. malh. VIII, 429—434. Es braucht
wohl nicht bemerkt zu werden, dass hier wieder in der blödsinnigsten Weise facliscne
Causalilät oder faclische Disjunction mit dem formalen Momente des Syllogismus
zusammengewürfelt ist. Die naooXxti übrigens erwähnt auch Alex, ad Top. p. 9.:
aXXa xal xoyg naQiXxovxag' iv otg yitq Xöyotg noöxaatg xtg ttXnnxai naoiXxovaa
, ovxot ov cfiä xtSv xeiptivtav awuyovat xb avjxniouafiu, ei ye xai
atfftine&ei'orig ixe(vr\g ixt oiov xe xb uixb awi'tyea&ut (auf diess letzlere
könnte sich vielleicht die oben erwähnte Schlussweise xa&' o TxeniatQOVfiivov
beziehen, s. Anm. 192).
VI. Die Stoiker (Syllogismus). 487
den Prämissen unter sieh oder zwischen ihnen und dem Schlusssalze
keinerlei Zusammenhang besteht — SiaQrrjdig —, oder zweitens dadurch,
dass ein überzähliges Glied ausserhalb des Zusammenhanges eingefügt ist
— mxQoXm] —, oder drittens dass (namentlich bei Disjunction) ein not
wendiges Glied fehlt — sXXeityig —, oder viertens dadurch , dass die
Schlussfolge seihst verletzt ist, z. B. von der Wirkung auf die Ursache
geshlossen wird — xccra {loy&rjQov 0XVC,U —• Uebrigens scheinen in
Bezug auf eine solche Aufzählung auch innerhalb der Schule Abweichungen
stattgefunden zu haben ; es wird uns wenigstens noch eine weitere Art
falscher Schlüsse überliefert, welche oi afis&ödcog TtsgctivovTEg heissen
und den eben zuletzt genannten (jioi&ygov G%fjfict) entweder coordinirt
oder subordinirt werden können ; dieselben haben ihren syllogistischen
Fehler darin, dass sie einen zu ihrer Beweis-Kraft unentbehrlichen höheren
Obersalz weglassen und fortschliessen , wie wenn er bereits bewiesen
wäre 20°). Auch waren vielleicht wieder als eigene Art die speciell so
genannten äavXXöyiaroi abgetrennt, welche ihren logischen Schlussfehler
hinter einer äusserlich rhetorischen Scheinbarkeit.versteckten 206). Jeden
falls sehen wir, dass auch dieser Theil der Syllogislik von den Stoikern
ohne allen Begriff betreffs des Wesens der Prämissen, des Mittelbegriffes,
der Causalität u. dgl. in der einfältigsten Weise behandelt wurde.
-Ein Hauptzweig der ankgcivxoi, aber waren sämmtliche GogilGfiata,
d. h. alle absichtlichen Trug- und Fangschlüsse , welche , insoferne sie
eben falsche Syllogismen — „ipsvdeTg Xöyoi" —■ sind, der Dialektik an
heimfallen, da ja diese die Kunst der Unterscheidung von Wahr und
205) Alex, ad An. pr. f. 9 b. — 10 a.: xud-oXov yag fX ri iXr\ ovvaig6/j.ivov
fj.kv, oi firjv Ix tö>v xtifitvtav a)X higag ngoTÜOiiog ngogXqi)>£i, To rowvtov
avayxaiov iiiv (5ijfl-jjcK'Kt , ov fir\v avXXoyiOfxbg i]är] tovto, bnoiot tlai
xai oi ä/ueäoäoig negaivovTtg Xoyoi naget Toig Ztid'CxoIs , oiov ti Xtyti Tig
„TO JCQIÖTOV 10V StVTt'gOV fltl(oV, TO cFf ÖtVTtgOV TOV TQITOV, TO ICQa 71Q(Siov
tov tqCtov fiti&v tovto yag avayxttCiag ptv intTtii, oi fifjv xai OvXXoyiöfiüi
, ti (ir\ ngogXt\ifS-r\atTat Tig et-w&ev ngoTaaig r\ XfyovOa „to tov
fj,tC£ovog [xsitov xai tov iXaTTOVog Ixtivov fitXCöv lariv" xai oXojg
tolovtov to tldog Ioti tiäv Xoywv ovg oi vfoiitgoi Xiyovaiv ufit9oäoig ntguivoviug,
oiov laxi xai to „i]fit'gu iotiV üXXct ab Xt'yetg Sri fjfiioa tOTtv
aXri&evets ugu" 1 ov yäg avXXoyiOfibg tovto, eaiai oi ngoaTtStlarjg Trjg
xab-oXov ngoiäatojg rij? „6 to ov tlvai Xfymv al.rj&tvti". (wahrscheinlich ist
dieses speciellc Beispiel eines ufxtthoSmg ntguCvtav besonders in der Schule fest
gehalten und dann unter dem technischen Ausdrucke „äXrjfrtvojv" als Gegensatz
des berühmten iptvdöptvog — s. Abschn. II, Anm. 83., den eigentlichen Sophismen
beigezählt worden; vgl. bes. Abschn. X, Anm. 60.) ehend. f. 27 a. — b. : oOoi ifk
r\yovvTui ix dvo tni fit'govg avXXoytaiixüg ti awuyto&ai, tag ot xovg
naget Toig Ztuüxois Xtyofi&vovg afitO-oStog ntgaivovTag nagt%ofitvoi tig
ätii-iv tovtov nävTtg yag ovTwg avvayovai idiv Xtyof.it'vüjv in* avTaiv
ufitdodtog ntqaCvuv oi Tag ävo ngoTÜaetg {ni /Litgovg e/ovTtg. Ebend. ad
Top. p. 10.: toiovtoi S£ elot Xöyoi xai ot vnb tüv anb Trjg ZToäg Xeyöfitvoi
äfie&öäojg ntqalvovTtg' oi yag ti to a Xaov Tip ß', bfioiiog o"k xai Tip
/ to ß' Xaov, diä tovto xai to a' Tip y Xaov uv tit] ötotiyfit'vov OvXXoyiaxixojg-
oi yag diu tojv xtifitviav to dvayxaiov , 'intTai yag Toig xeifievoig
tovto diu to uXrjS-tg eivai to xad-öXov to tu to) uvto~> Xaa xai üXXrj-
Xqig eivai Xou. Ps -Galen. Elg. öiaX. p. 59.: ous upi&öäovg dvo/j.d^ovaiv,
otg ovötvdg oVTog bXoig ueSoäixov Xoyov avXXoyiOTiov.
206) Diog. L. 78.: aavXXoyiaioi <!" £r<rh' oi naguxeXfievoi fj.lv niSuvöig
Toig OvXXoyiOTixoig , ov avvayovTtg Si , oiov „ti 'innog lad JCtov, £o)6v
laTi /ICiaV üXXä [ir\v innog oix iotl Aloiv ovx ciga £<jiov Iffrt Aiiav.H
488 VI. Die Stoiker tSyllogismus).
Falsch ist (s. Anm. 56); und namentlich ist die Unterscheidung der ver
schiedenen Arten der Sophismen sowie die Technik ihrer möglichen Auf
lösung Sache des Dialektikers. Die schulniässige Definitioni des Spphisma'g
ist, dass es ein scheinharer ümT lisl i g™*m^cfiTu n genc r SchTuss sei,
in welchem ein falscher oder unklarer oder überhaupt unannehmbarer
Schlusssatz als annehmbar erscheine 207). Auf diesem ganzen Felde aber
mussten die Stoiker, nachdem bei ihnen grundsätzlich das aristotelische
Motiv des Apodciktischen für die Logik überhaupt fehlt, nothwendig in
das vom Apodeiklischen völlig entblössle Dialektische verfallen, und es
bleibt daher ihnen nur jene nemliche rhetorische Behandlungsweise der
Sophismen übrig, welche bereits in den vor- und neben - aristotelischen
Bestrebungen der Sophisten und der Megariker aufgetreten war. Das
Widerliche hiebei ist eben, dass hier hartnäckig einem Zweige der Dia
lektik mit aller Prätension eine Selbstständigkeit beigelegt wird, von
welchem die platonisch- aristotelische Philosophie doch hinreichend er
wiesen hatte , dass er in der Abtrennung vom Apodeiktischen nicht nur
keinen wissenschaftlich logischen Werth, sondern auch auf dem Gebiete
des Ethos die Bedeutung eines unsittlichen Momentes hat. Insoferne
aber bei dieser Lehre von den Sophismen nur die sophistisch-rhetorische
Technik und Praxis bedingend auf Inhalt und Zweck wirkt, musste
einerseits nothwendig ein Verfahren eintreten, durch welches sämmtliche
auf Sophismen bezügliche Einfälle Anderer zusammengerafft und als Eigen
thum der Schule durch Schematisirung verarbeitetet wurden, so dass
Produkte aus der Periode der Sophisten und Megariker zahlreich mit
eigenen Erfindungen der Stoiker vermischt erscheinen ; und andrerseits
darf es nicht auffallen, dass hier innerhalb des zusammengewehten Materiales
auch Sophismen vorkommen , welche der Form nach dem katego
rischen Schlüsse angehören, während derselbe, wie wir sahen, in der
syllogistischen Doktrin der Stoa jedenfalls eine sehr untergeordnete Stel
lung einnimmt; hier ja bei den Sophismen war es überhaupt um gar
kein logisch systematisches Motiv mehr zu thun, und wo auch daher
eine kategorische Schlussform vorliegt, werden die betreffenden Trug
schlüsse nicht um dieser willen behandelt, sondern eben nur darum,
weil sie überhaupt Trugschlüsse sind.
In_Einem Punkte jedoch scheint der eigentliche Schul-Kern der Stoa,
nemlich gerade die Chrysippische Lehre, sich von der schlechthin formal
207) Diog. L. VII, 44. : xal twv netqa zijv ifwvrjV xal ra nqäyfiaTa aotfiOfiarmv
, wv elvai ipevdo/ie'vovg Xöyovg xal äXrj&evoi'Tag (s. Anm. 205.)
xal anotpäaxovTag , atogeCra; re xal xovg bfioCovg rovrotg , iXXinelg xal
anÖQOvg xa\ neqatvovzag (wahrscheinlich zu lesen aut&oitog usQaCvovxag) xal
(yxexaXv/u/xivovg , xeoaxCdag Ti xal ovxtSag xal d-tni^ovrag. Scxt. Emp.
pyrrh. hyp. It. 229 f. : ovx axonov äi toiog xal t»5 ntnl T(Sv Oou tOfiaraiv
Imatfiaai Xoyo> tfi« ßna/e"wv, trtel xal tig ti)V tovtwv ätäXvaiv avayxaiav
elvai Xt"yovOt tt\v SiaXtXTixi]V ot aefivvrovTfg avrjv et yaq twv re aXtf-
&tav xal ipevdtov Xoywv , qaislv eaTiv avrrj diayvwOTixij , \pevfietg tTt Xöym
xal 7« Onif (tjfiara , xal tovtwv itv fit) SiaXQmxrj Xv/Aaivofie'vwv tt\v «iij-
9-eiav <f airofi(vaig 7Ti{hav6TrjOiv ö&ev wg ßorj&ovvrig ot äiaXexrixol oa-
Xevovri Tip ß(o> xal ttiv evvoiav xal Tag äiaif ooctg xal Tag tniXvOug <fij
tivv ocMf ia/jaTtui' /jctü anoväfig fjuäg nfiQiövTai äidaoxeiv , XfyovTtg <lo~
if tfstia elvai Xoyov niH-avbr xal ätooXiev^tivov wäre 7iQugäf'!;ao~&ai TrjV Inifonav
t/toi ipevdij rj (i/zoHOfitvriv il>evtfel rj aärjXov rj äXXwg ä7TQÖgäexT0V.
VI. Die Stoiker (Syllogismus). 489
rhetorischen Auffassung der Sophisten und Megariker „entfernt zu haben ;
und £war~Ist äless jener Punkt, welchen wir auch bisher immer im
Stoicismus neben dem Formalismus gleichsam als dessen getreuen Schatten
herwandeln sahen, nemlich der Empirismus. Es macht sich dieser auch
in der Lehre von den Sophismen insoferne geltend , als Chrysippus bei
gewissen captiösen Schlüssen (so besonders beim Sorites) eine Politik
des Zuwartens und Ruhigbleibens empfahl, um nicht zu rasch in den
Conflict zwischen logischer Consequenz und sinnlichem Augenscheine zu
verfallen, eine Taktik, welche auch gegenüber jenen Trugschlüssen geübt
wurde, deren Prämissen bloss Sache ganz specieller Fachwissenschaften
war 208). So findet alsojnjcji hwr das.ffiroieJl J'Sj'S.Z!^ . °.fi"T..<rrSn7<'
fldgr^vielmehr smpflp Jp?n-Pnpn Widerspruch, „.in. „fler,., fa.cjjgchen^^Enipirie, > *
Es erhielt dieses Verfahren lieibst seinen technischen Ausdruck und wurde
wohl als rjGv%a£(ov (sc. hoyog) besonders dem Sorites , vielleicht sogar
in einer eigenen Formulirung , gegenübergestellt ; auf das Gebiet des /
praktischen Handelns aber angewendet ist diess der sogenannte ctQyog
Xoyog, welcher mit Verzicht auf jede casuistische Erörterung das fata
listische Nichts -thun und Gehen-lassen begründet, wie z. B. dass in
einer Krankheit die Beiziehung eines Arztes überflüssig sei, da entweder
Genesung oder Nicht-Genesung mit Nothwendigkeit durch das Schicksal
feststehe 2oa).
Es wurden die Sophismen nach der Schul-Theorie im Einklänge mit
den allgemeineren Grundsätzen der stoischen Dialektik eingetheilt in jene
JtaQa za Ttgccyiiaru und jene nugcc cpavtjv, worin wir eben wieder die
208) Sext. Emp. adv. math. VII, 416.: InX ycto xov OojoCtov xijg ta^arrje
xaxaXrjjixtxijg q avxctalag tj nQoixy ÄxaxaXrjTixti) TTetoctxiifj^i'rjg xai fivg&ioqiaxov
Ozefiöv vnaQ/ovarjg (faaiv oi ntQi xov XQvamnov ort lq>' ojv fiiv
(favTaaiiöv 6Xbyn xig ovxmg ItizX Siuipooä, ozyatzcti 6 Ooifög Kai r\avyä<sn,
(tf.' iav Si nXtloiv HQognCjirtt, ini rovxoyv Ovyxaxa&rjO'txat. xfj ez^Qa tüf
«XnlrfT. pyrrh. hyp. II, 253.: xai et ye oi neol xov Xqvoititiov Soyfxazixot
hi rj avveomz ijaet zov atoQtzov ngoiövxog zov Xöyov if>ao~l <hTv tazcta&tti
xai Int'xuv, Xva fifj Ixixfoiaaiv elg ctzonCav , noXv ärjTzov fiiiXXov «v ijftiv
x. z. X. cbend. 236 ff. : oda fiiv Ootflauaza ISCiog r\ SiaXexxixrt Svvaafl-at.
ioxet äteXt'y/eiv , xovxtov r] tSiäXvatg ci/Qtjaxög loxtv , öaoiv di r\ SiüXvotg
XQnotfieve t , xavxa 6 fiiv ätaXexxtxög ovx av ätaXvoeiev , ol di Iv exüoiy
TfyvV r*IV Ini zmv nnctyfittztov 7TttQttxoXovör)<Ttv ia/rjxöreg- eHrfcog yovv
(nun folgt ein Beispiel eines medicinischen Trugschlusses) 6 fiiv tliaXexzixbg
oiSiv av einetv ix01 nQog dtäXvatv zov Xöyov xaCzot xorjalfirjv ovaav , 6
« laznbg äiaXiaezat xö aöifiOfia elSwg oxi „nanuxfirj" Xäyezai diytög
(240.) — ebenso — 6 fiiv äiuXexztxbg rjav/doit, oi di tazoog etoüg
x. x. X. Cic. Acad. II, 29, 93.: placct enim Chrysippo, quam gradatim interrogc-
<ur, verbi causa, tria pauca sint atme mulla, aliquanto prius, quam ad multa pervtniat,
quiescere, id est, quod ab iis dicitur rjOv/dCetv. Vgl. auch Anm. 222.
209) Sowie die Annahme eines eigenen Xöyog f/av^dCoiv durch den Titel der
Chrysippischcn Schrift liegt xtov etg xhg vnoXri\peig Xöytov xai rjavxaiovicov
nf>6g 'Ovijrop« (Diog. 198.) gerechtfcrligt ist, so ist andrerseits der aqyög Xöyog
durch bestimmte Ueberliefernng gesichert; Cic. d. fato 12, 28.: nec nos impediet
'"a ignora ratio quae dicitur, appellatur enim quidam a philosophis ctoyög Xöyog,
wt si pareamus, nihil omnino agamus in vita; sie enim interroganl: si fatum tibi
'st, ex hoc morbo convalescere , sive tu medicum adliibueris sive non adhibueris,
convalesces : item si fatum tibi est, ex hoc morbo non convalescere, sive tu medicum
udhidueris sive non adhibueris, non convalesces ; et ulterutrum fatum est; medicum
er«o adhibere nihil atlinel. S. oben Anm. 97. u. 136.
490 VI. Die Stoiker (Syllogismus).
oft berührte Vermengung zweier Standpunkte erkennen. Von jenen nun,
welche unter den der stoischen Dialektik in der Ucherlieferung zuge
schriebenen Sophismen in die erstere Classe gehören, halten wir einen
Theil schon in der Logik der Megarikcr zu betrachten, nemlich den
Wevdö^svog, JwlavQ-avav, 'Eyxtxukvixiiivog, ScaqLvr]g , KsQaüvrjg 21°),
welche wohl auch ohne irgend eine Veränderung aus den Schriften der
Megariker in die der Stoiker hinübergewandert waren (die sicher stoi
sche Formulirung der Schul - Definition des Soriles s. Abschn. II, Anm.
97, in der Stelle des Schol. ad Lucian.). Insoferne wir aber eben in
dieser Beziehung oben im II. Abschnitte nicht über die bestimmte Ueberlieferung
hinausgehen durften, behandeln \vir nun hier die übrigen,
wobei wir allerdings die Möglichkeit ollen lassen , dass auch noch das
eine oder andere Sophisma von den Stoikern bloss aus Megarischer
Doctrin abgeschrieben sei. Dass der geschwätzige l'.hrysippus über ein
zelne dieser Sophismen sogar ganze Monographien schrieb, sehen wir
aus dem oben angeführten Bücher- Verzeichnisse desselben, in welchem
besonders der Wtvöojitvog eine Ilaupirolle spielt (196 f.); eine eigen
tümliche Wendung des letzteren in lateinischer Form (fruslralorius) s.
Abschn. VIII, Am. 67. Es hatte jedoch die Betrachtung der Trugschlüsse
gerade bei Chrysippus in Folge des eben angegebenen fatalistischen Mo
mentes den eigenlhümliclien Nebenzug, dass zum Behufe eines unge
stört ruhigen Doctrinarismus hier das Hauptgewicht auf die Lösung der
selben gelegt wurde. Es machte sich nemlich die Befürchtung geltend,
es könne durch die Sophismen die ■xttzakr\ipig Schaden leiden , und so
wie Chrysippus aus diesem Grunde dem Redner die Vorsicht einprägte,
so wenig als möglich Gegengründe in der eigenen Rede vorzubringen
und zu beleuchten , hingegen nur die in der Gegenrede enthaltenen zu
widerlegen , so sprach er ebenso betreffs der Trugschlüsse der Megari
ker die Besorgniss aus, dass durch sie die Ansichten und Ueberzeugungen
gar zu leicht umgelenkt werden können , ja er bezeichnete die Be-
210) Die bei Dior]. L. als Eigenlhum stoischer Dialektik genannten Sophismen
s. oben Anm. 20fi. und hiezu (82.) xcti änonot äi jivig clot Xöyoi , iyxexa-
Ivfifiti'oi xai (fiakikrjU-ÖTeg xcti clionttrca xcti xtQctrlätg xcti omiöfg. Den
diuXctv&aYiov der Megariker, welcher dort wohl ganz identisch mit dem 'Eyxsxctkvfi/
jf'vog ist (Abschn. II, Anm. 85.), wendeten vielleicht die Stoiker in etwas
anderer Art an ; sie nannten nemlich bei ihrer Annahme eines Fortschrittes (nnoxont\)
in der Weisheit denjenigen Weisen , welcher sich seiner bereits errungenen
Stufe noch nicht bewusst ist, einen äiakek^iog (Wut. d. Sloic. rep. 19.: ou äi
fict/erai roi~g ns(>l tov dtaXeXrj&oza Ootf OV . . . . ctttStttjTov yat> ovrog tov c'tyct-
■9-ov xcti /Xfycikrjv 7iqbg to xctxbv ätctrroqttv fytri'Tog, ibv ix yttvkov yivöfitvov
clTioväcdov ctyvotTv tovto xcti rrjg KpfrJjs fir\ alaOctviOthtti nctooxiar^g,
ÄU' oXiafrcti TrjV xctxCctv ctvio) TTctQtTvctt. Stob. Ed. WA. p. 234.: yi'yvea^cti
tCi xcti <iiakckij&6ra rivet aotfbv vo{i(Covai xetret iovg nnwTOvg xQovovg . . . .
fitet to |ti»; xqCvuv ctito) nctnilvcti üv /p»j) ; und biemit könnte jeuer Fangschluss
die Form erhalten haben : „Ist jener ein Weiser, welcher es nicht bemerkt,
dass er ein Weiser ist?" Daraus würde sich auch die Worlform /ItaktkriUiug für
/Itctkctvthctviov erklären. Doch kann diess nur als Vermuthung ausgesprochen
werden. Unter dem „nctQct /.uxnbv Xüyog" im Uücher-Verz. des Chrysippus (1D7.)
ist wahrscheinlich der Soriles zu verstehen. — Udingens nahmen ja die Dialektiker
auch die sophistischen Beweise gegen die Existenz der Bewegung oder des Werdens
(vgl. Abschn. II, Anm. 97 f.) in ihren technischen Kram auf; vgl. Sext. Emp. pyrrli.
hyp. II, 242 f.
VI. Die Stoiker (Syllogismus). 491
weise eines Stilpo und Anderer geradezu als sophistische , welche eine
Schmach jener Männer seien211). Hieraus aber erkennen wir einerseits,
wie sehr die Stoiker grundsätzlich überhaupt dem Skepticismus, an wel
chen ja die megarische Schule sichtlich streifte (s. Abschn. II, Anm 40),
abgeneigt waren , hingegen in einem Dogmalismus sich bewegten , wel
cher eben die unmittelbar sinnliche Gewissheit der wahrnehmenden xct-
Takrjtyig sich nicht gerne trüben liess ; und andrerseits ist es bei der
überall hervorblickenden Verstandlosigkeit der Stoiker nicht zu wundern,
wenn dieselben unfähig waren, mit dem ersten richtigen Griffe sogleich
den Grund eines Sophisma's zu durchschauen und sie daher bändereiche
Bücher über die Losung desselben schrieben, natürlich ohne durch diese
Extension den Mangel an Inlension zu ersetzen.
Es bleiben hiemit hier folgende Sophismen zu erwähnen :
1.) der 'Anoqjctdxmv 212):
Mensch ist nicht Sokrates
Sokrates ist Mensch
Sokrates ist nicht Sokrates
211) Plut. d. Stoic. repugn. 10, 1.: rö 7rpö? Iii IvavxCu äiaXfyea&ai xa~
&6Xov plv ov ifrjoiv (sc. Xfiiamnog) anoäoxifiäitiv , XQrjofrca äe aiiToj
naoaiviT tiXußiCag ägniQ iv Toig üixaOTijploig pr) fiirä OvvtjyOQiag
AXXa diaXvovTag uvtojv to 7ii9avöv' „toi; fiiv yag InoyrjV uyovai negl
ndvrcüv inißaXXtt, ipnal, tovzo nonTv, xal avvtgyov Ioti ngog o ßovXovrni,
Tote <T iniclTi\fir)V iv(Qya£o[x(voig xaO-' fjv 6fioXoyovfi(v(og ßiwoofii&a , rä
tvavrCa aToi/tiovv xal xaraoroi/t^tv rovg tlgayofi^vovg an' äp/»)? ^XQl
riXovg' i(p' luv xaigög (an /jvrio&ijvai xal tojv (vavxtojv Xöyojv diaXvovTag
avTtSv to m&avbv xa&antg xal tv roTg dixaairjnioig" (8.) xaCxoi Sri
tovto avtbg (poßtirai , aa(f(Sg imodtCxwaiv (v toj TfTKpTw II(qI Bitov
ravra yoütptov „oi>x tög erv^c d°k oücTi rovg ivavriovg vnoSttxxtov Xöyovg
ovfit nQogtjta t« tvavrta m&uva, &XX' (vXaßovfx^vovg, fir] xal niQianaaiMvreg
vre' aiirtöv rag xaTaXrjipttg äydöoiv, ovts tojv Xiatojv ixavtög av ccxov-
Oai Svväfiivoi xaraXafißavovT^g if evanoasCOTtog- tnel xal ol xara ovvi\-
&eiav xaraXttfjßävoVTfg xal tu ala&rjra xal ja aXXa Ix tojv cclO&rjOewv
p'reoVwj nqoifVTai ravta, xal vno tojv Meyantxiöv ioajTijfiaTOJV ntqionojfievoi
xal vn' aXXaiv nXtiovojv xal dvvafiixojTtniov iQiorriuäriov" (11.)
oxÖJifi yaQ oia ntol tov MtyaQtxov Xoyov yfyoatptv (v toi Utpl Aöyov
XQyaeojg o'vTuig' „otöv ti avfjß(xr]xe xal int tov ZrtXntovog Xoyov xal
Mevtdrjfiov Otp6d*pa yäo inl aoqCq yevo/xh'tov avriöv £vd6 '£wv , vvv tig
ovtiäog avTiäv 6 Xöyog neQniTQaniai tög rtöv fiiv na^vriootv tojv o" (xtpavöig
aotpi£o[i£vojv." In Folge dieses Ausspruches des Chrysippus war nun die
blödsinnige Herde seiner Schüler und Nachfolger sogleich dazu bereit, auch in dieser
Beziehung nur eben den Chrysippus anzustaunen, iiher Alexinos aber sich luslig zu
machen; ebend. d. comm. not. adv. Stoic. 10.: 7r«pä Tag xotväg toTtv ivvoiag
. . . . XovOtJtJtov ftlv vTKQexmrrXrjx^ai, xaTayiXäv <J" 'AX^Cvov.
212) Dekipp, ad Categ. h. Brand, p. 45 h. 30.: ntög änavtr^omfitv Tolg
tgiOTixoig , o'i rä /nrj v7iäf>/0VTa twv xarr]yoQovfj.ti'o>v XufißävoVTig oig Xeyöfiiva
xar' airov notovoi nQog rot inoxiifttvoi tov Ttjg ano(f aaeoig ovXXoyia/
xov ; oiov 6 av&QOinog tov £o>xoaTOvg xaS-' vnoxti(i(vov xaTi\yoQtlxai,
xara S\ tov av&Qoinov XiytTai To firj elvai ^oixoärr)V , ovxovv xal
xara ZmxQaTovg (»jS-tiri av to fii] eivai ^ojXQairjV näXiv yaQ nqog roxirovg
inoXoyi^öfjitb-a ox>y_ tög oi ZtoüxoI XiyovOt xr\v tojv anotpüoeojv iint'iatgeoiv
, ctXX1 ojg ÜQiaTOT^Xrjg ö*td*aOxei TijV tojv xar' ovaCav vnagxoVTmv
Xijipiv , rjv IxeTvoi ov naQaatoaäuevoi 7iaQaXoy((ovTai rä firj vnäqyovTa dg
xar' oiaCav nnogXafißavovTig. Ich halte es für gewiss, dass diess der b. Diog.
/.. 44. u. im Bücher-Verz. des Chrysippus (197.) genannte änoifäaxtav ist.
492 VI. Die Stoiker (Syllogismus).
die Lösung soll durch Wegnahme der Negation erfolgen.
2.) der Ourtff213):
Wenn Jemand in Athen ist, ist dieser nicht ,in Megara
In Athen ist ein Mensch
Also ist kein Mensch in Megara
oder :
Was ich hin, bist du nicht
Ich bin ein Mensch
/ Du bist kein Mensch
3. ) der SiäkXrjlog io'yog214):
Wo wohnt Theon? Da, wo Dion.
Wo wohnt Dion? Da, wo Theon.
213) Simpl. ad Categ. f. 26£'.: av/jnaoaXnnTiov de xcd rr/v (Xwrj&eiav
tiSv ^TioTxiov negl T(Sv yevixcöv nouov ... Titos ovTiva zä xoivct nag' ctv-
Tolg Xe~yeTai (s. Anm. 60.) xcd bntag naga rrjv äyvoiav tov /xfj näoiv oiaCav
Tode tl arjjxnCveiv xal to naga tov ovtivu oocpiOfia ytveiui naga
tö ayrijxa Tijs Xe^eiog (diess letztere ist die Ansicht des Simplicius), olov ei t(s
iOTtv iv 'AS-rjVaig, oix iorlv iv Meyagoig' 6 yag av&gionog ovTig iailv,
oi yag eOTi zig 6 xotvög , tig Tivä de aizöv iXäßo/xev iv Tip Xöyio , xal
naga tovto to ovofia ToiiTO eo/ev 6 Xöyog „ovTig" xXrjii-eig' id cti/TÖ de
xal inl TovSe tov aotflouaTog taziv o iycö tifil, o~v oiix tl' av3-ga>nos
de" elfii iyio ' äv&gconog aga ah oix el' xal yäg inl rovde tov aoifiOfiarog
to fjev iyd xal Ov inl tojv Atö/j-cov Xfyerai, 6 de av&gionog in' oidevl
tcüv iv /j-Coei' yiyovev ovv rj nagayioyri äioTi ti7> ovtivi tog xivl i%grjoavio.
Das erste der beiden Beispiele gibt am besten Amnion, ad Categ. f. 58 b.: ol Ovxideg
nagaXoyid/iol xaza tov nag' 'O/tqgqj 'OdvOoia iv xaigqi ovtiv eavtov
xaXiaaVTa' ovTivog nagaXoyiOfxov nagädeiyfia' ei zig ißziv ivii&yvcus,
ovTog oix iOTlv iv Meyagoig' itv&gotnog dt" Iotiv iv Id&rjvaig' ävS-gionog
agtt oix eßziv iv Meyagoig. Eustath. ad Od. p. 1 634. Rom. erwähnt das Sophisma,
aber ohne Beispiel. Diog. L. 82. : ovTig di ioTi Xöyog OvvaxTixbg xal
iS ctoglOTOv xal ihgißfie'vov avveariag , ngogXrj\piv de xal iniifogav e/iov,
olov „ei Ttg iaTiv ivTav&a, oix Iotiv ixelvog iv 'Pödqj". Gell. XVIII, 13.:
erant autem eaptiones ad hoc fere exemplum, tamctsi lutina oratione non satis
scite ac paene ctiam illepide cxponunlur: Quod nix est, hoc grando non est; nix
autem alba est ; grando igitur alba non est. Item aliud non dissimile : Quod homo
est, hoc non est equus; homo autem animal est; equus igitur animal non est
übet autem dicere quam facete Diogenes sophisma id genus , quod supra
dixi, a quodam dialectico ex Piatonis diatriba per contumeliam propositum remuneratus
sit; nam cum ita rogasset dialecticus ,,quod ego sum , id tu non es" tt
Diogenes annuisset atque ille addidisset ,,homo autem ego sum" , cum id quoque
adsensus esset, et contra dialecticus ita conclusisset ,,homo igitur tu non es", hoc
quidem , inquil Diogenes, falsum est, et si verum id fieri vis, a me ineipe. Vgl.
Alex, ad Soph. El. f. 25 b. u. 58 a. S. auch Abschn. II, Anm. 66. u. Abschn. VIII,
Anm. 66.
214) Schal, ad Hermog. VII, p. 383. Walz. : nöig r\ ToiavTn ^Tijatg dVfftai
n£(>ag, iv y dV aXXrjXcaV tu Ttjg a/rodeigecog yCverai ; to yäo toiovtov
diaftevel afiif igßrjTovfievov, onov ye xal naga ToTg Zxto'Cxoig xaXeiTaC Tis
„diäXXnXog Xöyog", og iOTtv ävanoäeiXTog (d. h. hier „unerweisbar" oder „un
lösbar"), otoj'' nov 6i(ov oixel ; tv&a 4(ojv. xal nov /lloiv; evS-a &eu>v-
Ebend. p. 928. : otde TtjV diäXXrjXov dtl£iv xal nagä Totg ipiXoaöif oig diaßeßXrjfiivrjV
tag atpöäga eojXov xul avanodeiXToV nov oixel ditav ; onov
oixel Qiojv nov de Qitov ; onov Aliav.
VI. Die Stoiker (Syllogismus). 493
4.) der ötgifrv 215):
Wenn du morgen dein Gelraide schneidest, so ist diess nicht ein vielleicht Geschehendes
Wenn du morgen dein Getraidc nicht schneidest, so i. diess ebenf. nicht e. vielleicht Geschehendes
Jedenfalls aber schneidest du entweder morgen dein Getraidc oder du schneidest es nicht
Also gibt es kein vielleicht Geschehendes.
5. ) der anoQog oder xQOKOÖeiXkrjs 216):
Ein Krokodil hat ein Kind geraubt und verspricht dem Vater des
selben die Zurückgabe, wofern er errathe, welchen Entschluss betreffs
der Rückgabe oder Nicht-Rückgabe das Krokodil gefasst habe. Rath nun
der Vater auf Nicht-Rückgabe, so ist das Krokodil rathlos, was es thun
solle, denn gibt es dem Vater das Kind zurück, so hat jener falsch gerathen
und darf deswegen das Kind nicht bekommen, enthält es ihm aber
dasselhe vor, so hat jener recht gerathen und soll deswegen das Kind
bekommen. Rüth der Vater aber auf Rückgabe, so setzt er sich der
Gefahr aus, dass eben deswegen das Krokodil behaupte, den Entschluss der
Nicht-Rückgabe gefasst zu haben , um wegen falschen Rathens das Kind
ihm verweigern zu können. (In einer anderen Version sind statt des
Krokodils Seeräuber genannt, was jedoch vom technischen Ausdrucke
KQOxoäiilhrjg sich entfernt.)
6. ) eine andere Wendung hievon, welche aber wenigstens später auch
den eigenen Namen uvuGTQEcpoiv hat, ist folgende217):
215) Amnion, ad Ar. d. interpr. f. 106a.: üvayxaTov fjyov/xai tiSv navra
avayxaZiiv ntiQtofitvtov Xöyoiv tovg äoxovVTag naqtytiv Tiva Tolg dxovovßiv
anooCav ixS-toü-ai .... ö /ttv XoyixojTeoog nqoäytTai a)g inl Tivog ijiiiov
htpytiag, oiov trjs xara rö 9-tgC^tiV tov tqojiov tovtov tl xteoietg, (ptj&iv.
ovpl ra/a fxiv {hepieig rä/a de oi &epieig , äXXd nuviiog 9-SQitlg' xal et
fin &epieig, oigavitag ov%l rd/a fiiv d-egieig rä/a rft oi &epieig, äXXa navr(
og oi &epietg' aXXct (ir)V i'i avayxr\g r\roi üeoieig tj ov 9-egietg' avyQrjjai
aoa rö Tu%a , einep flirte xaret ir\V avTltbeaiv tov &epieiv nqbg tö firj &epieiv
fyei %(öoav l'( aväyx-n; tov htpov tovtiov ixßaCvovtog fir^TS xarä
io ino/ievov onoTtnaovv tcov vno&taewv. Nur erwähnt ist dieses Sopbisma b.
Diog. /.. 44. und b. Lucian. Bloiv npäa. 22. ; übrigens verstellt es sich von selbst,
dass dasselbe nur jenem logischen Fatalismus dient, welcher den Begriff einer in
der Zukunft eintretenden Entwicklung aufhebt, s. oben Anm. 136.
216) Diog. L. erwähnt den anoQog zweimal (44. u. 82.). Schol. ad Hermog.
IV, p. 170. Walz.: xaTÜ tov änot/ov iv xarifyoQtcf ov xal xpoxoäeiXCitjV rf.aalv
ol Ziw'ixot . . . . ebend. p. 154. xcä 6 xpoxodeiXlT-ng [AaVTt'iog &vyÜT-nQ
ino XrjCiTaig iyiveTO' rjX&ev b fittVTig atTiäv tt\v nttTäa, ol äe öijttoaav avTU
iiooeiv ei TccX-nfttj (iavTevaano nepl tov tiotcpov XtjipeTai r\ ov ' b St „oi
irjipofiai" etprj ' xai ßovXevoVTai ol XnatnC' ei yaQ äoiev aiiep tt\v xöorjv,
tyiväofitvm öiaaovaiv, tyn yaQ „oi Xrjxpofiai". ei dt fitj doiev , oix eioQxydovoiv,
äXtjS-evovTi /xrj nXnoovVTtg Tag v7iorf%e'rfetg. Lucian. BCoiv TiQaa.
22.: XP. Tag toiv Xoymv TiXtXTCtvccg , aig avjxnoälim Tovg 7tQogo(tiXovVTag
xal anwpQttTTio xal aiionäv noidi <f ifibv art^väg avToTg ntQiTi&eCg" bvopict
tff tj ävväfjei Tttvrn b «olätfiog ovXXoyiOftog. Ar. 'HncixXfig, aiia/öv Tiva
*ttl ßtaiov Xfyeig. XP. axonti yovv. eati Ooi naiSiov; AT. tC fir/v ; XP.
tovto i\v niog xooxodtiXog aonaorj nXtjOfov tov noTa/xoH nXa&fitvov eioiov,
xuTtt ooi änodciativ vma/yriT«i avTÖ; yv linyg raXtj&tg o Tiä(äoxttti
ttvTiji ntol Trjg änoSöastag tov ßQtyovg , tC iprjrfeig avibv lyvvjxe'i'ai.
■Ar. Svganoxpnov iptoTag' anoniö yaQ S nnoTtgov tlnoiv anoXäßoiui. Vgl.
Eselin. VIII, Anm. 65. ' "
217) Vollständig gibt diesen Fangschluss, welcher aus begreiflichen Gründen in
der Scliultradition den Sophisten zugeschrieben wird, Gell. V, 10., welcher ihn aber
den aVTiOToiipovra im weiteren Sinne beizählt: Inier vitia argumentorum lange
roaxinium e$se vnjum videtur, quae avTtOTQt'ifovTa Graeci dicunl; ea quidem ex
nostris non hercle nimis absurde reeiproea appellaverunt ■ id autem Vitium accidit
494 VI. Die Stoiker (Syllogismus).
A nimmt bei B rhetorisch-juristischen Unterricht und verspricht, den
i B hiefür zu bezahlen, woferne er (in Folge des genossenen Unterrichtes)
i in dem ersten von ihm geführten Processe den Sieg davon trage; nun
I aber bezahlt A nicht und übernimmt auch, absichtlich keinen Process;
i daher droht B mit einer Klage gegen denselben und spricht die Gewiss-
! heit aus, dass er jedenfalls die Bezahlung erhalten werde, denn siege er
I selbst mit seiner Klage, so falle ihm die Bezahlung durch Richterspruch
L zu, siege aber A, so habe eben er, nemlich B, die Bezahlung in Folge
des ursprünglichen Vertrages zu bekommen. Hierauf aber erwiedert A,
I dass dem B die Klage gar Nichts helfe, da eine Bezahlung keinenfalls
i erfolgen könne, denn siege B mit der Klage, so sei in Folge des ursprüngj
liehen Vertrages keine Leistungspflicht für A da, siege aber A selbst,
so falle die Leistungspflicht durch Richterspruch weg.
Wissenschaftliches Interesse für die Logik bieten natürlich diese
Sophismen durchaus keines dar, da vom Standpunkte einer wirklichen begriffsmässigen
Logik aus auch nicht einen Augenblick ein Zweifel über
den denselben zu Grunde liegenden Fehler bestehen kann. Das nemliche
gilt auch von anderen einfältigen Spielereien, die uns ohne ihren tech
nischen Schul-Ausdruck überliefert sind2ls). Wenn wir erwägen, dass
hoc modo : cum argumentum propositum referri contra converlique in cum polest, a
quo dictum est, et ulrimque paritcr valct, quäle est pervulgatum illud, quo Protagoram
sophistarum acerrimum usum esse fcriint adversus Eualhlum diseipulum suum.
Lis namque inier cos et controversia super pacta mercede haec fuit. Eualhlus adolescens
dives cloquentiae discendae causarumque orandi cupiens fuit; is in disciplinam
Protagorae sese dedit daturumque promisit mercedem grandem pecuniam, quantam
Protagons petiverat, dimidiumque eins dedit iam lunc statin priusquam disceret,
pepigitque ut rcliquum dimidium darel, quo primum die causam apud iudices
orasset et vicisset. Postea cum diutule auditor asseclatorque Protagorae fuisset et
in studio quidem facundiae abundc promovissel, causas tarnen non reeiperet tempusque
iam longum transcurrcret et faecre id videretur , ne reliquum mercedis darel,
capil consilium Protagoras, ut tum existimabat , aslutum; pelere instituil ex pacta
mercedem, litem cum Euathlo conlestalur. Et cum ad iudices coniieiendae causae
gratia venissent , tum Protagoras sie exorsus est: - ,,disce , inquit, slultissime adolescens,
utroque id modo forc, Uli reddas quod peto , sive contra te pronuntiatum
erit sive pro te ; nam si contra le Iis data erit, merecs mihi ex sentenlia debebitur
quia ego vicero, sin vero secundum te iudicalum erit, merecs mihi ex pacta debebitur
quix tu viceris". Ad ea respondit Eualhlus: ,,potui, inquit, huic tuae tarn aneipiti
caplioni isse obviam, si verba non ipse faecrem alque alieno patrono uterer;
sed malus mihi in isla vicloria prolubium est, cum te non in causa tantum sed in
argumenta quoque isto vinco ; disee igitur tu quoque , magister sapientissime , utro
que modo fore, Uli non reddam quod pclis sive contra nie pronuntiatum fuerit
sive pro mc; nam si iudices pro causa mca senserint, nihil tibi ex sentenlia debebitur
quia ego vicero, sin contra nie pronuntiaverint , nihil tibi ex pacto debebo,
quia non vicero". Tum iudices dubiosum hoc incxplicabileque esse, quod utrimque
dicebatur, rati rem iniudicatam rcliquerunt etc. Hingegen an den XQOXoötiXCTns
wird dieses Sophisma geknüpft bei Schal, ad Hermag. p. 180. Walz: xbv
anoQov iv xuTnyoQi'u ov xeä xqoxoötiXlTrjV ol Xroi'ixoi ifetaiv, olov Eija&Xog
awtdtjo IlQcoTityöpu tu} aoqicfTrj äioOtiv /jiO&ov, tt rqv TtoutTinv Sixr\v
Xiyiov vixrfitnv' fjta&wv Si ur) ßovXö^ttvog Xs'ytiv vno tov HQOjTayÖQov
rbv ftiaä-öv ctnaiTtTTai' 6 6*t avxiXtyw tl rt yeto vixrjatitv ov älxmog
üovvai xcait jr\v Ovvruiiv, ti rt xXrj&tfrj atg firjTiu) (itt&UiV oii; «ftoff aneu-
Ttla&ai. Vgl. Abscbn. VIII, Anm. 64.
218) Sext. Emp. pyrrh. hyp. II, 230 f.: (an obige Definition des Sopbisma's,
(bfioiojfitvTjv ifitväei äätjXov rj äXXajg «nQogätxrov , olov tpevärj [*tv big
VI. Die Stoiker (Syllogismus). 495
diese Dinge bei den Stoikern in völlig gleicher Linie mit den gleichfalls
in die Schul-Theorie aufgenommenen Trugschlüssen der Sophisten und
Megariker stehen, so liegt für uns hierin der deutlichste Beleg dafür,
wie sehr die stoische Logik unter die aristotelische Lehre hinab oder,
hinter sie zurück in den blossen Standpunkt des Rhetorismus gefallen
war, welcher nicht einmal mehr im Stande ist, das Motiv der megarN
sehen Logik zu verstehen.
Darum zieht sich hier auch die Betrachtung des Sprach-Ausdruckes, insoferne
in ihm Sophismen begründet sein können, gänzlich in die Rhetorik
hinüber, und dasjenige, was bei Aristoteles Inhalt der Topik gewesen war,
ist von dem Verbände mit logischen Principien getrennt. Die Zweideutigkeit,
welche in einem Sprach-Ausdrucke liegen kann, wird für die Bildung von
Trug- und Fang-Schlüssen als ein selbstständig berechtigtes Element betrach
tet219), sowie gleichfalls derSolökismus220), und in das Verhältniss-der ajicpißoUa,
innerhalb deren die Stoiker acht Arten unterscheiden, wird auch
das der naqcovv^ia, welches an sich der logischen Lehre vom Prädikate oder
von den Inhärenzien angehören würde, beigezogen 221). Uebrigens treffen
inl xovxov xov öo(LtßfiaTog eyei' „oväeig SCdioOi xaTrfyogrjfta nieTv xaxrjyögrjua
dY ian xo dxplvOiov meiv ovüelg «'()« äiäiaaiv d\plv9wv nitiv",
ixi Oe ouotov ipeviti iog ine xovxov „8 [irjxe ivediye xo ftrjxe ivStyexat,
xovxo ovx iaxlv ttxonov ovxt äi iveä^yexo ovxe tvofreTai To 6 lazgög,
xad-ö taxgog iexi, (pove iie i" ' ixi Se aSrjXov ovxiog' „oiyl xtA r)gtöxt]Xtt xt
o~e ngwxov xal odyl ol äo'xe'geg ägxioi etaiV rjqmxt]X« Se tC ae nqäxov oi
aga aaxe'geg &gxtot elaiv. ebend. 244.: r) ytiiv vSiag iaxl nenrjyog' fie"Xav
de to vo"u>q iöx(v /xiXaiva aga iaxlv r) ytiav. Diog. L. 186.: 6 är/ (f iXöaowog
(sc. Xgvaninog) xctl xoiovxovg xivag r)galxa Xöyovg' „6 Xiytav rolg
Afivrjroig i« jj.vaxr)Qia: äoeßtX' 6 d°t legoifävxtjg xoTg ätuvr]xoig Xiyef äatßei
aga 6 iegoq dvxtjg." (vgl. ebend. 11, 101.). äXXo' „o oiix lailv iv xij noXei,
outf' iv xij oixia' ovx iaxl tfi ifgiag Iv xfj nöXef ovä' aga iv xrj oixi'q."
tiXXo' „eoxi Tig xeipaXr) , ixeivr\v Se ovx eyjig' eaxi Se" ye xig xeuraXr) rjv
ovx eyeig' oix aga iyeig xeifaX^v" xal näXiv „et xi XaXelg , xovxo
Sia xov oxöfjcixog ßov Sttgyexaf ttfiaSav Se XaXeTg' a/xa£ct aga Sia xov
exöfiaxög ßov Sidgyexai."
219) Euslalh. ud 11. v, p. 1192, 45. Born.: xo SlyXiaaaov iv ivvoCaig Soxovaaig
Siaire'geöftai .... xal £r)XovOi xovxo fiaXw'xa fxtv ol StaXexxixol,
ixtv xal Zrji'iov 6 negiaSo/ievog xal oi iqexxixol xal 6 xa Sixxvuxd Se fieXexr)-
aag, töv axonög xa ävTtxei/xeva xaraaxiväCsiv, oiov Xovaxtov xov nvoixxovxa
Sia xa xal xä, xal av naXtv firj XovOxeov xov nvoixxovxa Sia xa xal xa. Zahl
reiche Schriften über derlei Dinge sind im Bücher-Verz. des Chrysippus (193.) genannt.
220) Z. B. Sexl. Emp. a. a. 0. 231.: hi rfi anoogdexxov äXXwg, wg ol
Xtyöjievoi aoXoixC^ovng Xoyoi,, oiov ,,o ßXtntig, $Onv ßXtneig äe (pntvixixov
taxiv aga tfgtvixixov. o önag , eaxiv öoifg d£ tpXsy/taCvovxa xonov
eaxiv ctQa q Xiy/xa?vovx a xonov." Vgl. Abschn. II, Anm. 64.
221) Galen, n. x. nana x. X£i. Ootpio/i. 4. XIV, p. 595 f. Kühn: ciQtjTai
ä£ Tiva xal xolg Sxto'ixolg .... xäg df äiarfOQttg xiäv Xtyofiiviav ä/MßtßoXiüjv
avxag XrjnT^ov' tiaC ye nobg xiäv yagisoxi'naiv Xtyo/it'viov tov «pi^jitöv r{ '
fxla filv fjv xotvijv dvofiaCovai xov xe ilQrjjue'vov xal xoii öiaiQtxov, o't'a
,,iailv ij avXrjzolg naig ovo~a", xoivij yan avxrj xov xe ,,avXt]xn(g" dvöpuxog
xal xoii eiorjfie'vov äevxe"(>a ö°e naoa xr\v iv xolg anXäg , oiov „avSgeiog",
V y"Q X'XWV rj av&Qütnog (diess ist das nanalvy/xov , s. d. folg. Anm.)' xqCxt)
de naga xi]V iv xolg avvOe'xoig öfttovvfilav, oiov „ävdnionög iaxiv", äfiq>(-
ßoXog yag 6 Xoyog (Ire xrjv oiolav eixe xrjv nxdatv elvai GrjfiaCvei' xexeigxrj
d*i iaxi naga xrjv eXXetipiv log „o iaxC Oov" , xal yag iXXeinei xo
fiiä fi(dov oiov äeanöxov rj naxgog' nt'finxrj rft naga xov nXeovaafiov äg~
neg x) xoiavxrj „änr/yogevaev avxo) [ir\ nXeiv" , xb yag (tr) ngogxeCfievov
496 VI. Die Stoiker (Syllogismus).
wir auch hier den obigen Grundsatz des sich ruhig Verhallens .und Zuwarten
§ (Anm. 208) in der dialektischen Erörterung, bis von selbst bei
einer vorliegenden Zweideutigkeit die eine factische Seite derselben heraus
trete222), womit die Andeutung zusammentrifft, dass in manchen Fällen
auch bei der Amphibolie nur der Fachgelehrte eine Entscheidung geben
könne 223); und wohl aus dieser Bequemlichkeit des Empirismus, welche
hier ihrerseits an das Epikureische Princip hinstreift (s. oben Anm. 5)
erklärt es sich auch, dass einige Stoiker die Amphibolie aus der Lehre
von den rhetorischen oräoeig auswerfen und bloss den Grammatikern
zuweisen wollten 224). Hiemit aber wären wir bei einem Selbstbekennt
nisse der Stoa angelangt, wie sehr in ihr von vornherein eine nie erle
digte Vermengung des Empirismus und Formalismus vorliege.
Ueberhaupt aber hört hier die Aufgabe einer Geschichte der Logik
auf, und der ihr ursprünglich angebörige Gegenstand fällt der Geschichte
der Rhetorik anheim. Von der Rhetorik selbst aber werden wir unten
(Abschn. VIII.) zu sprechen haben, jedoch einzig und allein nur insoweit,
als dieselbe zur Erhaltung und Verbreitung einiger logischer Keime, welche
in ihr überschüttet und vergraben liegen, im Verlaufe der antiken Schul-
Disciplin Etwas beiträgt.
tt^afiSo'iov noitl t6 näv tixe to nXttv anriyoQevatv tixe to fin nXetV txxr\
v (f aa'tv elveti xrtv fitjäiv aatfovaav ri fitTÜ jivog aorjfiov /j.6qiov t(tüxrai
&s iv iqi „xal vvv xal fir) naQt'jXaot" , ru yitQ aroiyttov av fit] yivotxo
Staitvxxixöv eßäö/j.r) oV ioxtv t) /uij ärjXovOa xl fiexit xivos xiTaXTai otf
fxuvxixbv fiüQtov (ög iv T«ji ,,7ifVTr)Xovr' äväQiSv ixuibv XCne äTos jlxiXX(
vsL>' oyäöri r) fii] ärjXovoa tC liii.it avaif(t>txai eis iv xqi „dCtov Qiiav
ioxCv"- aätjXov yüji ioxtv ttxe Int xijv äfj.yoxiQiov vnaQ^iv ccvtttfioixat
etxi int toiovxov oiov ö /tttav Oe'wv ioxlv rj nt'tXiv ot fj'tv fit) TQonoi 7ip6f
xtov xttoi tax (qwv ovtoi xaxrjQt&fiTjVxat (p. 597.) xal /jijv xal tt)s fo
Xöyiu öfjiovu/ji'as an' avxtov Xtyofie'vrjs nXtCovg ol XQonuf ol ulv yitQ TJ
Ttana&katt xtSv öfioituv nxtuattov yCyvovxat dg iv r<ji „titj fte'XXei xöv
xoaxrjv vtxfjaat" , ot fie i'tXXoi xqotioi. Auch das avviüvvfiov wurde ganz
äiisseilich und vom Begriffe losgerissen aufgefasst. Simpl. ad Cat.f.8 Z.\ olxttot("
q(us cTi ö üqtaxoxtlrjs Ovvt&vv/ia x(xXi]xe r)neQ ot Zxw'ixol r« noXlit
äfja egovxa övöfiava, (As llanis xal HXe'SavfiQOs ö avxös, xal änXtüs tu
noXvwvvfta Xtyofteva.
222) Simpl. ad Cal. f. CT.: Iv fit xois naowvvfiois avXXoyiOfiots r)avxc-
Ceiv ot fiiaXtxTtxol n ttQaxtXtvovT ai (tos av In' ciXXo arjfiaivöfitvov 6 iQi»-
x(Sv inuyuyr) to ovofiu , oiov et Tis iototq tt ö /ixiäv ävfiQtws, et tv%oi
«vfiotios (Sv, ovy/uinyaofttr , xav fi' tpaiTä ti 6 äväntios evif/v/os , xat
avTÖ avyxioqrjoö/jieiya, äXtj&is Y<tQ' avvttyäyy öxt 6 zixdv eiiijjvxot,
Ivxav&u tt)V outoVVfitttV Toi) ävooei'ov äiaaTtC urthai xal <ffjf«i xf/v «Väoilav
ijyouv xijv tvxpvxlav Sil aXXtos fiiv inl xov /ireuvof aXXws äi M
xoii Ttjv aväotiav f/uvTog Xiytiut. Vgl. Alex, ad Soph. El. f. 3 b.
223) Hext. Emp. pyrrh. hyp. II, 250.: ti yäp fj ccfiutßoXt'a le^is ioxt Svo
xal nXitia ar/fiatvovaa xal ul X("£tis Orjfiuivovai 0-e"aei , Saas f*iv XQ'la'^oV
iaxiv a/xa ifioXCas diaXitailai, xovTe"axi tus iv xivi xmv ifintiQiiov, xavxas
ol xafi' txäoirjV xfy.vijv iyytyv(j.va(ffie'voi, SiuXvaovxai Ttjv lunti(>(av f/ol-
Tts avxol Trjs im* auiüv ntnoir)fi(vrjS ihtTixtis xorjoeuis Ttöv ovofiaxaiv xata
Tiav ar)fj.aivofitf(ov, 6 Si äiaXexTixös oviaftäs-
224) Schol. ad llcrmog. VII, p. 226. Walz.: noüs xivtav xal antßäXXtxo
(sc. ij äfi<( i ßoXta) twv OTdotwv xa&dniQ vnö NeOTonos xoij Ztioixov, oiiotaCu
yuo OTaats, (f aal, ntol notc>Tt]Ta quvrjs eyei Tr)V ^Tijaiv negl xorov
Xfyio xal äiaaxäatios avXXaßäv , aneg ygafiuaxixols dixalios av xaxaltlnono'
inuxa, (faolv, äoüoTaTa av etrj, ov yitQ dvvaTÖv ne"gas rj XvtiiV
«iri), tvpt&r)val Tiva, laä£ei yitQ tu Xeyöfieva.
VII. ABSCHNITT.
DIE NEUE AKADEMIE UND DER SKEPTICISMUS.
Dass die ganze Richtung der Akademischen Schule, welche in ihrem
erneuten Auftreten hauptsächlich gegen die stoische Erkenntniss-Theorie
polemisirte und dem Dogmatismus die Unmöglichkeit eines sicheren Wis
sens gegenüberstellte, keinen fördernden Einfluss auf Portbildung der
Logik ausüben konnte, ist von vorneherein klar, und es hat auch die
Geschichte der Logik nur höchst Weniges über dieselbe zu berichten,
und dieses Wenige enthält selbst nicht Punkte, welche irgend eine wei
tere Ausbildung der Logik beträfen, sondern kann höchstens zur Kennlniss
dessen einen Beilrag geben, wie die damals bereits allgemein ge
wordene Logik aufgefasst wurde.
Durch die Polemik gegen die Stoa waren die Akademiker genöthigt,
sich der gleichen Mitlei wie jene zu bedienen, und an rhetorisch -logi
scher Schulpraxis der Argumentation standen dieselben ihren Gegnern
sicher nicht nach; ja im Gegentheile war Karneades dem Chrysippus
jedenfalls sowie an Verstand und allgemeiner Tüchtigkeit, so auch an
dialektischer Schärfe weit überlegen. Jedoch gehört weder diese prakti
sche Gewandtheit des Karneades in der Form der Beweisführung noch
auch der Inhalt der Ansichten desselben, welche auf die Grundfragen
der Erkenntniss-Theorie als solcher sich beziehen, hieher; mir mag in
Bezug auf letzleren gelegentlich bemerkt werden, dass die von Karneades
hervorgehobenen Motive des Zweifels durchaus nicht ohne Verdienst sind ').
Wegen dieser dialektischen Fertigkeit, welche als gleiche Waffe gegen
den durch Syllogistik aufgestutzten stoischen Dogmatismus selbst gekehrt
wurde, ist es daher nicht zu wundern, wenn Klei to machos, welcher
bekanntlich den Ansichten seines Lehrers Karneades den äusseren schrift-
1) Ritler (Gesch. d. Phil. III, S. 694.) greift auch hier wie so oft fehl. Man
mnss doch anerkennen, dass es ein verdienstliches Werk war, der geckenhaften und
süffisanten Faulheit des Stoicisraus gegenüberzutietcn ; und die Bedeutung, welche
die Wahrscheinlichkeit bei Karneades hat, ist ja gerade nicht das positive Moment
der Plausihilität, welche für rhetorische Zwecke vorantrilt, sondern das negative
des Nicht-gewiss-Seins. Will man denn dagegen stets die Augen verschliessen, dass
gewisse Richtungen in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung gar nicht
müde werden, über die Akademische Sekte zu schmähen, dabei aber zuweilen mit
dem Stoicismus stark kokeftiren? oder, wenn man es sieht, merkt man nicht,
warum? Karneades hatte in Bezug auf die Erkennlniss-Theorie vielleicht mehr wis
senschaftlichen Ernst als viele Neuere.
Praktl, Gesch. I. 32
498 VII. Die neue Akademie.
stellerischen Ausdruck verlieh, ganz besonders ein Dialektiker genannt
und als Begründer einer Schule bezeichnet wird, welche eben diesen
nemlichen Namen vielleicht nicht ohne absichtliche Beziehung auf die
platonische Dialektik für sich wählte 2). Natürlich war bei den Akade
mikern jede derartige Bestrebung hauptsächlich auf das negative Moment,
nemlich auf die Widerlegung gegebener Beweise, gerichtet, und wohl in
Bezug auf diese Tendenz schrieb Galenus ein eigenes Buch über Kleitomachos
3). Auch wird uns diese dem akademischen Skepticismus dienende
Uebung der Dialektik , zu welcher die fast sprüchwörllich gewordenen
Osaeig der Akademiker gehörten, durch das vereinzelte Zeugniss bestätigt,
dass Karneades und sein Schüler insbesondere sich des Soriles be
dienten, um der Voreiligkeit des Dogmatismus und der stoischen wxxdkrjipig
entgegenzutreten, und dass sie dem Auskunftsmitlei, welches Chrysippus
vermittelst des ijöi^afrav gegen den Sorites anwendete (Abschn.
VI, Anna. 208 f.), unermüdel gerade die Unmöglichkeit einer festen Gränze
oder eines Haltpunktes bei allen quantitativen und Sleigerungs- Verhält
nissen gegenüberstellten 4).
Eine theoretische Ueberzeugung über Stellung und Bedeutung der
Logik stellte sich bei den Akademikern, wenn auch nicht schon bereits
unter Karneades, so doch später in jener Zeit ein, als derartige Schul-
Controversen überhaupt sich mehr ausgebreitet hatten; und es traten
hierin die Akademiker sowohl den Stoikern, welche die Logik als^Theil,
2) Diog. L. prooem. 19.: Hxadijfjaixrjg fiev oiiv Tr\g aQ/aCag noogarr)
nkdztav ^ticcXexTixijg KXeiTOfjcct%og KaQXtjdöviog. Es hat etwas Komisches,
wenn Lcrsch, Sprachphilos. d. Alten, II, S. IX, u. 49, mit dieser Notiz eine unge
heuere Entdeckung gemacht und eine „bisher unbeachtete philosophische Sekte"
aus dem. Dunkel seiner Forschungen hervorgezogen zu haben glaubt.
3) Galen, n. t. IdCmv ßiß).. 12.; XIX, p. 44. ed K.\ nenl KXeiTO/j.<y(ov
xcd tojv rrjg ünodetieiog ccvtov XvOecov ev.
4) Flut, d. fort. Alex. I.i neql avXXoyiOfAOjv oidiv oide neoi äi'icofAccriov
iyQcuptv (sc. HXegcivdqog) oid' tv ylvxeüa neoCnuTOV ia%tv oid' Iv Hxadrjfilct
ü-ioeig elnev jovroig yctQ ön(£ovoi (fiXoOoq Cav ol Xoyov ctvTr)v ovx
eoyov vo/utforreg. Sext. Emp. ade. matth. IX, 182.: i}(«0TJj)'r«i de vnb tob
KciQvectäov xcu aoionixmg Ttveg, o'üg 6 yviönijuog ctvrov KXeiTO/uayog (ig
anovdctioTctTovg xcu ch'VTixioTchovg civeijyaifiev , e%0VTug tov xqonov sl
Zeig Seög Ion, xcd 6 Hoaeidiuv fheog ianv .... diois ei 6 Zeig &eög lari,
xctl 6 Hoaeiäojv ädeXifbg (Sv tovtov &ebg yevr]aercu ■ et de b Iloaeidiov
H-eog iari, xcu u 'A/eX(öog eariti Seog' ei de 6 'A%eX<j>og, xcd 6 NeiXog' ei
6 NeiXog , xctl nag noTcc/iög' ei nag noTccjj.bg, xcd ol qvuxeg av eiev &eol,
y.a\ ei ol oueexeg , xcu cd yctocidocu' ov/i de ol qvctxeg' ovde 6 Zeig ctqct
üeög iottv ei de' ye r\aav Heck, xcd 6 Zevg r)v civ O-eog' oix unce &toC
eiaiv. (Hierauf folgen noch mehrere eben solche Beispiele.) 190. : xcii äXXovg dij
roiovTovg acoQiTccg ioaiTwitiv ol nein tov KaqViadt\v eig to fiy elvcu &eoi/g,
tüv to ye'vog c'cnb tiov nqoexxeijxiviav ciirctoxcog yiyovi nqödr\Xov. Cic.
Acad. II, 29, 92.: quid ergo? islius villi num nostra culpa est? rerum natura nul~
lam nobis dedit cognitiorum ßnium, ut ulla in re slaluerc possimus, quatenus ; nec
hoc in acervo Iritici solum , unde nomen est, sed nulla omnino in re minulatim
interronati placet enim Chrysippo . . . quiesecre, id est, quod ab iis dicitur r\o~u-
%ä£etv. Per ine stertas licet, mquit Carncades, non modo quiescas. Sed quid
proficit? sequitur enim qui tc ex somno excilel et eodem modo interrogei; quo in
numero contieuisli , si ad cum numerum nnum addidero , multanc erunt? progredierc
rursus quoad videbilur. Quid plura? hoc enim falcris ncque ultimum te paueorum
neque primum mullorum respondere posse ; cuius generis error ila manat, ut non
videam, quo non possit accederc.
/ VII. Der Skepticismus. 499
i2>v h?'-
als auch den Peripatetikern, welche sie als \Yej:kz,eufl der Pliibsopliie^-
l^zejcjii^en^ejotg^en und" IJeliaupieten^ sie sei sowohl Theil als auch
Werkzßugj nemlich insoferne die_logischen Gesetze, z. B. die des SyllcP"
gismus, ahstract/seieri und von allem Inhalte absehen, müsse die Logik
als Werkzeug der Philosophie betrachtet, werden, hingegen insoferne" in
und^aji^en^D;enkohjecten_,.eine_ formelle Begrtadjjng. .ausgeführt werde,
gelte dieses logische Moment ais TÜelPder Philosophie; ähnlich wie z. B.
eirig*"EIle ats Mass .Wjsrk?cu£jei^ hingegen als~~gcinesscnes Stück eines
Cöncreten Dinges ein Theil desselben *\. Es braucht kaum bemerkt zu
werden, in welch* hohem Grade diese Auffassung, 'selbst abgesehen von
dem läppischen Beispiele, an üajbjieit und Schwjjphe leide, denn wenn
einerseits die syllogistisch formulirte Objectivität als solche ein Theil der
Philosophie sein soll, so kann doch nicht andrerseits die Form das
Werkzeuge/des Inhaltes sein. — Einige Controversen späterer Akademiker,
welche slcIi auf die peripatetische Kategorien - Tafel beziehen, s. unten
Abschn. IX, Anm. 20 ff.
Bekannt ist die Verwandtschaft, in welcher das Bestreben der neuen
Akademie mit dem eigentlichen Skepticismus steht, von welchem jedoch
Niemand erwarten wird , dass er die logische Theorie in irgend einer
Beziehung gefördert habe, denn höchstens könnte die skeptische De- I
struetion des Wissens überhaupt für die Praxis der Begriffsbestimmung j
und des Schliessens vorteilhaft in Bezug auf präcise Schärfe und di- /
5) Schol. Cod. Par. b. Brand. Schol. 140 b. 31.: Ol ÜxaSrjfia'ixol Sixaaxal
xa&e£öfievoi ipaalv Sri xal fie'gog iarl xijg if iXoOoipCag y Xoyixrj xal bgyavov
et fitv yag vnoü-rj rovg Xöyovg i'irigrjfie'vovg xal airoanao&tvrag Ix riäv
ngayfiarmv, bgyavov iaxiv, et St xoiig Xöyovg Xäßrj avvövxag xoTg ngdyfiaoi,
fie'gog vnag/eiv oiov tl xb Xeyöfitvov; av ei'nijg Sri ix Svo xct&o-
Xixmv xaraipaxixiav xu&oXixbv awäyexai avftnegaOfia , ineiSij Xöyovg fiövovg
eXaßeg firi iipagfioo&e'vxag rolg ngäy/iaai , xöxe bgyavov ionv x\ Xoyixr)'
kv Se inl avxmv xiSv ngay/iaxmv Xaßyg xcv Xöyov xal eirrrjg ,,r\
ipv/ri aeixfvrjxog , xb änxCvrjxov avroxCvrjrov, fj ipv/f] äga avroxCvr\rog" xal
tneiSr) ix Svo xaraiparixmv xa&oXixmv xal Ovfine'gao'fia xaftoXtxbv Ovvr\yJ^r\
negl avxmv rmv ngayfiarmv , rovg yag Xöyovg Ovv Tolg ngdyfiaaiv iXaßofiev,
röte tag fie'gog Sei XaßeTv rr\v Xoyixrrv. Philop. ad Anal. pr. f. IVa.:
ol Se anb rijg 'AxaSrjfitag , mv idrt xal TfXdrmv , xal fie'gog xal bgyavov
(patvovrai Xiyovrtg (sc. xrjv Xoyixr\v) (f. IV b.) elnm/itv xal ntgl xijg
xov HXäxmvog Söljijg' ovxog yag xal fitgog xal bgyavov ipr^ai xrjv SiaXtxtixrvv
oix ivavxCa eavxw Soljd£mv oiSe eivriifitaei negininxmv äXX' brav
fitv rijV SiaXexzixrjV airr/v xa&' avrrjv y.mglg vXrjg xal ngayfiariav Xa/ißavrj,
rovriori xip Xöyia xal ijj Siavoia yvfivyv d-eiagov^iivr)V rijg /gyoeiag,
xoxe dg bgyavov avxrjV Xa/ußävei, brav Se iv xgrjOei xal yvfivaola ngayfiaxiov
, röre uvrtji rr\v roii fxigovg avanXxjgol ygeiav , oiov xb fitv ix Svo
xa&6Xov xuxaipaxixiäv ctvväyea&ai xa&öXov xaratpanxbv Ov/iTiigaOfia, xovxo
iaxai avxtj) iög bgyavov vXrj utj ngaxxöfievov , bxav Se ngoganrovxeg vXrjV
Xe"yiofiev, oiov „nag äv&gianog £<jioV näv £(3ov ^fiipvyov nag ävägianog äga
efiipv/og", röre eörai iäg fie'gog ' xad-aneg b nrj%vg xal fie'gog iorlv , brav
xb fiergoifievov fie'gog xov aoifiaxog Xiyiofiev , xal bgyavov, bxav ävxbv
xafh' avxov rbv ftexgovvxa d-eiagiöfiev , xal tj ayxr] bvofiaata xov fiexgovvrog
xal ftexgovfie'vov ei fiev pefh vXrjg Xafißävoixo, eaxai fie'gog xov fiexgov/
ie'vov , et Si avev vXrjg , rovxiariv avrb rb ftkrgov, eaxai bgyavov.
ovxia xal ^ SiaXexxixr} nagä IlXaxiavi^ iv uev yag xip <t>aCSgü> xal &a(-
Siavi ftef)-' vXtjg aicrjV mg fie'gog Xa/ißävei, iv Se rip nag/ievtSy tag bgya
vov avev vXrjg, xal anXäg fihv avev vlrjg eaxai. mg xavmv xal bgyavov, iv
ngay/iaai Se xal fieS-' vXrjg fie'gog.
32*
500 VII. Der Skepticismus.
stinctive Auffassung wirken. Jedoch gewisserjmassen , .als Negation der
Logik_selbst kann auch der Skepjticismjis nicht aus der Geschichte der
Logik* völlig ausgeschlossen werden. Und wir sahen in dieser Beziehung
I schon oben den durchgängig skeptischen Zug der megarischen Lehre,
I welcher die Verbindung eines Subjecles mit der Mannigfaltigkeit der
I Prädikate als unzulässig erklärt (Abschn. II, Anm. 40), und hiedurch die
| Bildung der Urtheile sowie mittelbar die gesammte Function der Logik
j principiell aufhebt. Mit den Megarikern aber, an deren dialektische Gef
wandtheit auch der Stifter der Stoa als Schüler Stilpo's anknüpft, steht
in gleicher äusserer Verbindung auch der Skeptiker Pyrrho als Schü
ler eines Sohnes des Stilpo, während zugleich hier der innere Faden
der skeptischen Richtung von der megarischen Schule zum Pyrrhonismus
sich forlspinnt. Und wenn, wie wir sahen, schon mehrere Megariker
ausdrücklich gegen Aristoteles polemisirten , so hatte diese spätere Ge
stallung des durchgeführten Skepticismus an der stoischen Logik einen
Gegenstand der Bekämpfung gefunden, welcher sicher leichter als die ari
stotelische Logik über den Haufen geworfen werden konnte; hier daher
setzt der ausgebildete Pyrrhonismus das Geschäft der Akademiker in der
Weise fort, dass er nicht bloss Gegenbeweise den Beweisen entgegenstellt,
(sondern auch das Vorhandensein und den Bestand einer Beweisführung
überhaupt selbst wieder durch Beweise zu verneinen unternimmt. Dieser
Versuch nun, die Logik V0F'1 fil'UI"1'' a"s aufzuheben, muss sowohl an sich
in der Geschichte der Logik wenigstens erwähnt werden, als auch gibt
er insbesondere einen Beleg dafür, wie tief die Logik unter den Hän
den der Stoiker gesunken war, so dass eine derartige Polemik sich so
breit machen konnte, als sie wirklich es that; denn allerdings^^uss
inangcsteli£nJt.,jass , wenn es keine andere Logik als die "stoische jind
UTeTormale gäbe , das Terrain höchst günstig wäre, um "wirtlich siegv~
Wfo*HIie ganze Existenz-Berechtigung der Logik überhaupt niederzukämiJPjen^^'
ünd'Wir' Können weder Mitleid nochTlnwilten darüber empfinden,
l wenn die hodenlos unvernünftige Logik der Stoa von dem gleichfalls
•bodenlosesten und in der That pöbelhaften Skepticismus eines Sextus
■ Empirikus angegriffen wird, denn die formale Logik verdient kein besse
res Schicksal, als dass sie verhöhnt und mit Füssen getreten wird. In-
| soferne aber bekanntlich die Ansichten des Pyrrho von ihrer weiteren
/ Ausführung, welche ihnen durch die späteren Skeptiker zu Theil wurde,
J |in allem Einzelnen nicht mehr getrennt werden können, und es sich
I ; hier auch nur um die Einsicht handelt, wie mit und nach dem Stoicis-
I i mus eine Stufe der Logik erreicht war , welche einer allgemeinen Ver
werfung der logischen Thätigkeit preisgegeben sein musste, so bespre
chen wir sogleich hier schon jene vollständigere Ausführung des Skepti
cismus, welche uns in den Schriften des Sextus Empirikus aus dem
Anfange des dritten Jahrhunderts n. Chr. erhalten ist; denn das Auftre
ten der skeptischen Einwände gegen die Logik bildet wohl einen we
sentlichen Abschnitt dem Sloicismus gegenüber, also in der Zeit des
Pyrrho, nicht mehr aber in der späteren Entwicklung, sondern was
dieser letzteren angehört, ist nur als ausführlichere Wiederholung früherer
Ansichten zu betrachten.
Jene Polemik des Sextus Empirikus, welche gegen die stoische Er
VII. Der Skepticismus. 501
kenntniss-Theorie und insbesondere gegen die Kmahp\>ig und das in
diese verlegte Kriterium des Wissens gewendet ist, berührt uns liier
nicht. Hingegen in Bezug auf die Lehre vom Begriffe erkennen wir
sogleich, dass der Skeptiker gleichfalls die Ansichten der Stoa vor Augen
hat und gewissermassen richtig die wirkliche Blosse derselben trifft.
Wir sahen oben (Abschn. VI, Anm. 72), dass die Stoiker von vorneher
ein Begriff und Definition zusammengewürfelt hatten, und in dieser Be
ziehung hat der Einwand des Sextus Einiges für sich, wenn derselbe
sagt, dass der Definirende ja doch nicht vermittelst der Begriffsbestimmung
das Deflnirte in der KaTÜlfjipig erfasst, sondern diese schon vorherge
gangen ist, so dass wegen der xaväXrjipig die Begriffsbestimmung sich
ins Endlose zurückschiebt, und wir demnach überhaupt gar Nichts definiren
können, oder andrerseits, wenn die Begriffsbestimmung zum Er
fassen nothwendig sein soll, wir schlechthin Alles definiren müssen 6).
Noch stärker aber tritt jenes Motiv der Polemik hervor, wenn Sextus
die Frage aufwirft, warum wir denn nicht stets in Definitionen sprechen,
denn nach stoischer Lehre müssten wir jedenfalls z. B. statt „Hund"
immer „bellendes vierfüssiges Thier" sagen 7) ; vgl. Abschn. VI, Anm. 69.
Wir wären auch in der Thal begierig zu hören, wie die formale Logik
diesen Einwand widerlegen könnte. Es ist richtig, dass der angreifende !
Skeptiker ebenso wenig einen Begriff vom Begriffe hat, als der ange- :
griffene Stoiker, aber der letztere ist dem Angriffe rettungslos preisgege
ben. Eine andere Schwäche der stoischen Lehre vom Begriffe erkannten j
wir oben darin, dass nur das Motiv einer formalen Tabula logica zu^
Grunde gelegt war und hiebei das Hauptgewicht auf ein Addiren der \
begrifflichen Merkmale fiel. Auch hierauf nun gründet der Skeptiker ei- j
nen Einwand, dass der Artbegriff ja weder an dem ganzen Gallungsbe-s
griffe Theil haben könne, weil letzterer sich eben die Arten vertheile,!
noch auch an einem Theile desselben, weil dann z. B. Mensch nicht ein!
lebendes Wesen, sondern nur Theil des lebenden Wesens sei 8).
6) Pyrrh. hyp. II, 207.: eiifttw; ovv ei 6 phi ayvotüv to bnirtTov ob%
oiög t£ Igti to fiij yivaooxöixevov aiixtji oQlauad-iu , b Si yiviöaxmv elf)-'
botC6/j.evos oix ix tov oqov to oqiOtov xaxeCXrjifev äXX' Inl 7TQoxciTeiXtj/j-
[livta tovtü) tov oqov IniGvVTiftttxtv , TiQog xar aXr\\ptv T(3v 7iQayfiäza>v b
ooog ovx tOTiv ävayxalog' xal yao inel nävTa fikv qqI&O&cu 9-äXovie e xct-
&nnct!j oiSev ÖQi^o/je&a äia tt(v eig cineiQov exmtöGiv , Tiva de xaxaXafißavea&
ai xal Si%a twv öntav bfxoloyovVTtg oix avayxaCovg nqbg xaraXr\\piv
Tovg ÖQovg änoyafvo/xev , xa#' ov tqotxov tu fir) bqiad evTa xaTtlrjif dti,
Svvafie'viov r)/xdiv navTa /hiQig T(Sv oqojv xaTaXa/.<ßüveiv rj xa&ürtul; oiäev
ÖQtOÖfjefta rj oix avayxaCovg Tovg ÖQovg anoipuvov/^ev.
7) Ebend. 211.: ntög d°e ovx av elrj yeXoiov to Xiytiv liig ol 'oqoi ^Qrj-
MfiivovOi nobg xaTaXrjtpiv rj öidaaxaXCav rj oaqrjveiav oXtog aaäqreictv rj/xiv
IneigxvxXovVTeg Toaavir\v ; oiov yovv , Xva ti xal naC'iwfiev , ei Tig nagä
tov ßovXöfievog 7iv&{a(lca ei unrjvtryi ai aix& av&owrtog inl tnnov 6%ovfitvog
xal xvva t(i e Xxöfievog , Tr)v InwTriQiv ovto) 7toir)<Suito „io £q>ov Xoyixbv
&vrjTÖv vov xal kniatrjfirfs dexTixbv, anrjvTryiö doi Cvov ytXaGTixbv
nXaTvmvv/ov lmaTr\fir]g noXiTixrjg äex.Tixbv f<iia> &vr)Th> /QefMTtOTixty t&
aifiaiotöjjiaTa ItfTjSQiaxbg iqreXxöfievov Ctjiov TexQctnovv vXaxTixöv ;" 7i(5g
ovx av eir\ xctTaye'XaOTog etg HupaaCav ovtco yvwQifiov TiQayfiaTog 1/jßaXcov
tov- av&Qianov öta Tovg ÖQovg;
8) Ebeud. 220.: ei de i'v elvcti Xiyoixo Iv näOi rotg tXStaiv avxov to
yivog , rjxoi oXov avrov 'ixaOTov tldog avTov fieTtyei rj /^iQovg avTov. aXX'
502 VII. Der Skepticismus.
Ferner in Bezug auf das Beweisverfahren, auf welches der dialek
tische Dogmatismus das Hauptgewicht legen musste, rächt sich die gänz
liche Vernachlässigung der lnduction, welche hei Aristoteles ihre wesent
liche Stellung und Bedeutung als unweigerliche Vorstufe des apodik
tischen Verfahrens erhalten hatte, bei den Stoikern^ ajier £är^M£hL~iii
Betracht kjjmjn£n_J<.onnte. So stellt Sextus der Möglichkeit eines Beweisens
überhaupt die Bemerkung entgegen, dass der allgemeine Obersatz eines
Syllogismus doch nur durch die vollständigste Iuduciion gewonnen werden
könne, diese aber den Schlusssalz bereits involvire, denn es könne z. B.
der Obersatz „Alle Menschen sind lebende Wesen" gar nicht gültig aus
gesprochen werden, wenn nicht der Schlusssalz „Sokrates ist ein leben
des Wesen" und der Untersatz „Sokrates ist Mensch" vorher schon voll
ständig erwogen sei, und es drehe sich hiemit der Syllogismus im Kreise,
oder mit anderen Worten, der Schlusssatz liege schon lange in den Prä
missen vor und gebe daher nichts Neues Diese Polemik gegen das
Schliessen wird auch wieder so gewendet, dass wir die Folgen jenes
stoischen Atomjsnyis, welcher stets in die particulare Empirie zurückfallen
mussT'oder überhaupt die Folgen der Begriffslosigkeit der stoischen Logik
darin erkennen, wenn mit aller Plumpheit das Bedenken geltend gemacht
wird, dass bei dem Aussprechen des Obersatzes der Unter- und Schluss-
Salz noch nicht, bei dem Aussprechen des Untersatzes aber der Ober
satz oder bei dem Aussprechen des Schlusssalzes die beiden Prämissen
schon nicht mehr vorhanden seien, also überhaupt die Theile des Syllo
gismus nicht coexistiren und daher auch das Ganze keinen Bestand habe10).
oXov fiiv ovSctfiiög' a/xr]/avov y«p Iotiv sv ti inän/ov äXXu> xal äXXoj
xarce Tnvrb ntQi(%so&m. ovTOjg tag bXov Iv (xuOto) deuioiTofhai tojv iv otg
dvai XiytTai. ti oi fiioovg , nncörov fiiv ovx äxoXovftrjoei to) eiöei to yivog
netv, ui( vnoXafxßdvovaiv , oväe b ttv&Qtonog earai (q~>ov «XXa /j-ipog
(o}ov, oiov ovaia, ovrt äe (fx^v^og ovre aio&rjTtxrj.
9) Ebend. 195 f.: r) nooTacfig joCvvv avTrj ,,7räg äv$Qio7zog £ä>ov" Ix tiov
xara fiiQog inaymyixöjg ßfßaiovTai, ix yctQ tov 2o>XQairjV av&qtanov ovia
xal ftpov tivai xca IIXaToyva 6fioC<og xal jiojva xal ixaaTov tiov xartt
Qog ävvaTov flvett äoxti ämßißaiovöiyai xal ort nag av&Qtanog (läöv Iotiv,
tag ei xäv sv ti tojv xutcc pifgog ivavTiovfiivov ipaivoiTO rolg äXXotg, ovx
eOriv iyir)g ij xaS-öXov iiQoraaig, oiov yovv, Inel ra fiiv nXtTOTa tiSv Coioov
tt)v xc'tTio yivvv xivtt, /lövog de 6 xnoxöäeiXog jrjv «TO, ovx SOTiv dXrj&Tjg
■fj ,,näv (oiov TrjV xdrot yivvv xiveV nooiaoig (dass dieses Beispiel iu der
Schule traditionell wurde, werden wir unten sehen, Abschn. X. Anm. 17. u. Abschn.
XI, Antn. 16Ü). brav ow Xiyiodi. „Träg avS Qomog (ojov, 2o>xpdxr\g S' äv&Qionog,
Xti)Xolar\g (loa (oiov", ix rfjg xa&6Xov TiQOiuaiiog ifjg „nag av&QOonog
(oiov" tt)V xarä [lioog nooxaatv ovvdytiv ßovX6fj.tvoi tt)v „ZiaXQairjg dpa
(oiov", rj är) ßeßauoTixr) jtjg xa&oXixfjg nnoräaeoig Igti xara rbv inaytoyixbv
tqotiov , ojg vnt^ivi\aa(itv , tig rbv didXXr\Xov iftnlmovOi Xoyov (s.
Abschn. IV, Anm. 214.) tt)v /j.tv xaO^oXixrjV nnöraatv SC exdoirjg tojv xarä
fiipog ix Ttjg xa&oXixrjg ovXXoyiaiixojg.
10) Ebend. 144.: oiov yovv b Xöyog oiyxttxai i'$ ah(afj.ÜT(ov , ra
avv&tra npayfxaia ov dvvarai vnanyiiv idv [*rj rd i£ ojv awiair)Xtv äXX-
r\Xoig avvv7idq/rj , (ög 7TQÖär]Xov anb xXi'vr/g xal tiüv nananXr\<liu>v, tr S\
fiiQr] tov Xoyov aXXtfXoig oi avvv7rdqx£i ' Sre ydq Xe"yo/jev to ttowtov lijfjpitt,
oiSinoy inaQ/ti oiitito iregov Xrjfiua ovte t) iniif opa' ort tff to tfevxenöv
(fa/u€v, to [ifv TiQoTiQov Xr\jxfj.a ovxiTi vnuqytt, fj ä' i7Tiuroqä oiäiyito
tOTiv oTt ifi TrjV inMf OQctv 7T(ioope QOfit {ha , Tu Xr]fjfiaTa avTrjg oixiTi bq t'-
OTrjxtv. ov avvv7T('(Q/ei aqa äXXrjXoig r« fiiorj tov Xoyov, b&ev ovdt b Xöyog
inäqxtiv äöSei.
VII. Der Skepticismus. 503
Aehnlich ist es, wenn gesagt wird, weder in der Vereinigung der Prä
missen mit dem Schlusssatze könne der Beweis beruhen, weil diese Ver
einigung an dem Schlusssatze ein noch Unbekanntes enthalte und Wodurch
selbst unbekannt sei, noch auch bloss in den Prämissen, weil diese zu
sammen noch ein Unvollständiges seien Zumeist concentrirt Sextus a .
seine Destruclion des Beweisverfahrens darauf ,.• dass dasselbe ein Rela- ^
tives sei ; da nemlich durch den Beweis nur entweder Klares klar oder
Unklares unklar oder Klares unklar oder Unklares klar gemacht werden ^-■Vl/^A
könne, von diesen vier Fällen aber nur der letzte als möglich übrig -yC tuY«
bleibe, so zeige sich gerade da die Relativität, denn zwischen Prämissen
und Schlusssatz sei nur ein wechselseitig relatives Bestellen, und bleibe
hiemit immer nur Klares aus Unklarem und zugleich Unklares aus Klarem
verständlich , d. h. Relatives, als Wechselbeziehung zweier Momente, sei
aus sich selbst klar, und es werde hiemit durch den Beweis auch nicht
Unklares klar gemacht; alles Relative__aber_sei. unsuhstanziell und bloss
in den Gedankftn „wh""'1^»!,. .llflj, somitJiabe „auch der Beweis kein subsfänzielles
Dasein 12). Während Sextus mit diesem letzteren" jlsössilen
Jg^des^ipjscheu„Nominalismus richtig trifft, wendet er andrerseits
jene Relativität zu einem Einwände "an, welchen er wahrhaft zum Ueberdrusse
mit all seiner widerlich breiten Geschwätzigkeit häufig vorbringt.
Nemlich das Indicium oder der Beweisgrund (arjfiHOv), behauptet er, sei I
an sich stets ein Relatives13), das Beweisverfahren selbst aber sei ein /
.11) Adv. m'ath. VIII, 386.: rjxot ovv xb näv avaxrj/.ta, xovxiaxi xb ix xäv
l.Tififiäxcov xitl xijg inttfiogäg voov/xevov , änöäetitg r\v , rj xä /Atv Xrjfjuaxa
fiovov iaxlv anöäet'itg r\ öl Inttfonä xb anoäetxvvfievov. bnöxegov o äv
tlniaot xovxtav , GaXtiexat r) xr)g anoäei'ietog intvota. ei fiev yäo xb Ovvfl-
trov ex rs xäv Xr\tifiäxtav xal xrjg inttfOQ&g taxiv anöSetiig, aväyxr\ äär\-
Xöv xi negie'/ovGav xtjv änodei$tv eh&vg äärjXov etvat, totavxrjv <Ts xa&ettxrjxviKv
öeiaä-aC xivog änodeC(etog , bneg äxonov (389.) XtCnexat
xoCvvv xb ix xäv Xrifxfiäxtov Xeyetv fiovov anöSuiw eJvtxi, onen r\v evr\&eg"
xaixo yäg oväe Xoyog iaxl trjV ccQ/rjV, äXXä nQ&yfia iXXtntg xal ad'iavörjiov,
clye oväeig tfrjnt xäv vovv l%6vxiov xb xotovxov xax' iSCav „ei eaxt xtvtj-
Oig, eaxt xevov äXXä fir)v ?ai t xlvtfOtq " rj Xoyov elveu' rj ätdvotäv xtva oäitiv.
Ebenso Pyrrh. hyp. II, 173.ff.
12) Adv. malh. VIII, 391 ff. : ixt r/ anuduxvvovoa änöäet's'ig rjxot nnöStj-
\lof ovaa nQoöfjlov laxtv anoSuZig rj HSr\Xog ätlrjXov rj adrjXog nnodtjXov rj
nqoärilog äärjXov. oväiv dt xovxtav, tag naQaaxrjao/uev ovx aga eaxt xi Änoä(
i£ig. xal t!7; ngbär^Xog uev ngodrjXov ob ävvaxat xvy/avetv anoöetitg
«... &Sr]).og de äärjXov naXtv ovx av eirj änöäetitg ägavxtag äi oiäe
«Jj/io? 7iQodr;Xov (394.) XeCnexat Xiyetv bxt nooärjXog adrjXov, 8 xal
tthb xtSv anooiav ixüy/avev ti yaQ oi xäv xaxd neoiyoaipr\v xal anoXvtu;
voovfievwv laxlv r) anbäti^ig aXXct xiüv noög xi, xä äe noög xi Gvy-
"«xnXtiftßävexai aXXrjXoig, xa äe avyxaxaXafißuvbfieva ovx 'Ii aXXrfXwv txxaXynxerai
&XX' Ii avxäv laxi nQÖSrjXa, ovx eaxai r) anödei'iig nnöörjXog
aSrjlov cmbäd^ig d'iaxb xäxtivo ovyxaxaXctfißavö/tevov avxrj dt' avxov nnognlnxtiv.
Ebend. 462.: äXX' einet) xä Tinög xi avvnaoxxa toxi, ndvxtag
x«< r) unoSet'g'ig xtov noog xi oloa dvvnaqxxog yevrjaexaf xä de" ye JiQog
T* äiSeixxat, ävvnaqxxa (453—461)* xal r) änöSetiig äna xwv ävvnäoxxwv
yevrjaexai. (Das Komische hiebei ist, dass, wie man aus allen diesen Stellen
siebt, Sextus sich völlig genau in den Formen der Syllogistik bewegt, während er
die Existenz derselben annulliren will.)
/ 13) Ebend. 163.: Intl ovv ävo elal xäv nnayuäxtov dtatponal, fiia fiev
1 ywv jeocia äiatpooäv, äevxe'ga de r) xäv noög xi näg l%6vTtov, Seiftet
Xft xb tsrifielov tö ye Ivöetxxixbv ijxot xäv xaxä ätatfooäv i) täv nqog xi
504 VII. Der Skepticismus.
solches Indicium 14), und darum schiebe sich die stets erneuerte Nothwendigkeit
eines Indiciums für das Indicium, und also eines Beweises
des Beweises ins Endlose fort, und man könne daher gar Nichts be
weisen, weil jeder Beweis wieder bewiesen werden müsse 15). Sodann
sei auch unmöglich, die Wahrheit eines Schlusssatzes zu erkennen, denn
man bewege sich auch hier in einem Kreise, weil man die falschen
Schlüsse nur durch ihren Unterschied von den richtigen Schlüssen und
diese nur in ihrem Unterschiede von jenen beurtheilen könne 16).
Wenn man bei allen derartigen Einwänden die Hohlheit und den
Unverstand der Auffassung auf den ersten Blick erkennt, und allerdings
eine Indignation darüber empfinden muss , dass für solche Leute und
überhaupt für jene Zeit Aristoteles wahrlich umsoEr"geTfiföWTjind ge
schrieben hat, so muss man ändreRclW'lJeTtelik'etf, dass eLelf aTe stoische
LDgik""es war, welche durch ihre Principienlosigkeit für jede Polemik
eine Blosse darbot und durch ihre Anmasslichkeit sogar hiezu reizen
musste ; und so dient uns das Wenige, was von den Ansichten des Skep
ticismus in die Geschichte der Logik beizuziehen ist, dazu, die bereits
früher gewonnene Ueberzeugung von dem jämmerlichen Zustande, in wel
chem sich die Logik in Folge der stoischen Dialektik befand, zu bestärken.
vnäqyeiv , xntxr\ yttQ fiexa$v tovtcov Ifiea x(Sv noay/j<tT(ov ovx eGTiv '
äXXa züv xctra ätayonav fiev ovx av fit], üg avTÖ&ev ßvyxeyiäqr\Tai xal
71Q0Q T(Sv hiQoSo^lOV TOCVVV XIÖV 71005 XI yevfjOexai.
14) Ebend. 277. : ävmfioXöyrjxaC xe ij anöäet^ig xüj yivei Grj/jeiov eJvat,
SrjXmxixfj yttQ lött toi av/jneQÜOfiaTog , xal total r\ Sid twv Xrjfjfiaxtav
avxijg avfinXoxf] Orj/itTov rov vnao/eiv TO ov/jne'Qaüfia. Ebend. 299.: aXV
tnel xal tj anödeig'ig öoxei xurä yivog elvai arj/xeiov xal Sia rwv 6/joXoyovjj.
e'viav XrjUfiärcüV IxxaXvnjtiv TO aärjXovfievov GVfjne'naGfia , fj-fj ti olxelöv
tan ry neol arjfjeCov oxe~tpei xal xr\v ntql aixrjg CvTVatv ovvanxeiv.
15) Ebend. 342.: Xva fiev yaq rj yevixfj anödetljig ßtßaiiofhy, xfjv eiäixt\v
fj/jäg e/eiv Sei niOTijV, tva de fj eldixrj ö[ioXoyr)& ij , Tr\v yevixtjV eyeiv ßißaiov
, (Saxe fjfjTe txetvi\v nqb xavxr\g e%eiv dvvaa&ai fjfjxe xavxrjV nqb
(xeCvrjs 347.: xal fjfjv einen r) nqiaxrj änödei^ig änoäelxvvTai, rjxot
vnb tj)TOVfj.evTjg anoäeCiemg anodeCxvvTai fj vnb äfj/njrotr ovxe dk vnb
äCrjTTjTov, näoa yaq änödetljtg xrjg nqolxrjg in' a/j(/ igßf\xrjßiv nenxiaxvCag
tyxeixai, ovxe vnb fyTov/te'vris , ndXiv yaq txet'vri ei CrjTeiTai, in' aXXrjg
anodelieo>g bqtCXei xaxaaxa^fjvai, xaifj tqCtt) vnb xexäqxtjg xal fj xexäqrtj
vnb ne"fjnxx\g xal xoix' eig äneiqov 357.: xal Xva xa&oXixtoxeqov
eintofiev , tcc XfjfjfjaTa apaivö/jeva Ioti, tci dl tf aivöfteva ItfirjTai ei inöxenai,
ta de £rjxov/Jevit ovx avxöS-ev larl Xfjfj.jj.aTa, äXX' bifeCXei diä Tivog
ßeßaiia&fjvai. Ebenso Pyrrh. hyp. II, 177— 184.
16) Adv. malh. VIII, 447. : ei de xaxa xovg Zxia'ixoig Teoaäqiov otitiov
TQoniav xai)-' ovg ane'navrog yCveTai Xöyog, $de('£afiev exaaTov avTcüv
/jt) ytvoiaxofievovg tovg aneoavTovg Xöyovg, äxoXov&fiaei xal t»v neoatvovta
ayvmßTov elvai , tovtov dl fifj yivcooxo/je'vov xal b anoäeiXTtxbg iaxat Xö
yog tiSv ave vQe~T(ov. ... 451. : t)toi ovv nooärjXov toxi noäypta fj intq.oQa
xal yivaioxö/jevov fj/jiv fj adrjXov xal ayvuxTTOV. xal ei jj.ev nqoärjXov xal
yvmarbv, oiixiTi anodeixxixbg yivexai b Xöyog ix navxtov nQodfjXcav Ovveai(
bg, xovto filv Xrj/u/jdx(ov tovto dk Ttjg intqpooäg. ei de ädrjXov , IS
äväyxrjg dvenlxoiTOV ylveTai xb avvtjfjfjevov ' xb fjev yao änb xCvog apyexai
yvajQiftöv iaxiv fj/jiv, nnöärjXov yao, to öi eig tI Xftyei äyvoeirai cff«
Tt\v aifrjXöxTjxa' fArj inixsxäjjevoi S\ rtöxeqov aXrj&eg fj tyevdög laxi to
xoioijxov , ovo*' Intxnlveiv dvvqoöfje&a xb avvrj/jfievov , ävenixgCxov äe bvxog
avxov xal b Xöyog yivexai fio^&rjQÖg.
VIII. ABSCHNITT.
DIE RHETORIK. UEBERGANG RHETORISCH-LOGISCHER
_ LEHRE ZU DEN ROEMERN.
Jene Popularphilosophie , welche in überwiegend praktischer Rich
tung theils innerhalb der einzelnen Sekten selbst auftrat, theils vermöge
eines dilettantischen Eklekticismus aus denselben sich heraushob , bewegte
sich bekanntlieh fast ausschliesslich in der Form einer rhetorischen Dar
legung, welche nicht auf einen innerlich wissenschaftlichen Nachweis,
sondern ^auf die äusserlich anregende Wahrscheinlichkeit abzielte. In
dieser Beziehung war der gänzliche Rückfall zum ursprünglichen Rhetorismus
der griechischen. -fieiste^Hchfiirig elgentücli sTEonin Teraekten,-
Philosophie vollendet; und sowohTTn dein extensiv breiten Auftreten
dieser als auch in manchen Verhältnissen des socialen und staatlichen
Lebens sowie des geschäftlichen Verkehres war es begründet, dass rhe
torische Schulbildung im Allgemeinen als unerlässliches Erforderniss be
trachtet wurde. Eben aber weil djjjmPlaio^^^
betonte. UaletschiBd zwisrtifl" n i a I pk i i k .jjJLH2il__juL> "l]'tÜ5,LijL-»s r 11 nn m Folge
der Bodcnlosigkeit des Stoicismus principiell wieder entschwunden , und
durch letzleren die Logik selbst gleichfalls in den Rhetorismus verschlungen
war, so klingen hinwiederum auch in der Rhetorik einzelne Errungen
schaften der logischen Theorie aus früherer Zeit immer wieder nach,
und gewisse Momente der rhetorisch gewordenen Logik erhalten sich
auf diese Weise gleichsam unwillkürlich in der allgemein verbreiteten
Schul-Rhetorik, wodurch eine mannigfache Veranlassung erwächst, dass
die Erinnerung an Lehrsätze der Logik aufgefrischt oder die Anknüpfung
derselben erleichtert wird. In diesem Sinne , aber auch nur in diesem,
widmen wir hiemit der Rhetorik eine kurze Erörterung, denn sowohl
an sich liegt die Geschichte derselben ausser unserem hier zu verfolgen
den Zwecke (wir durften ja auch oben zu Anfang nur jene Seiten der
Rhetorik beiziehen, in welchen Keime einer logischen Theorie sich zeigten),
als auch kann es unsere Aufgabe nicht sein, die verschiedenen Einflüsse,
welche die Logik auf andere Disciplinen ausüble, zu verfolgen, sondern
es handelt sich uns hier eher umgekehrt um einen Einfluss der Rhetorik
auf die Logik, insoferne in ersterer gewissermassen ein conservirendes
Moment für die Lehrsätze der letzteren oder deren stete Erneuerung ge
schichtlich vorliegt.
506 VIII. Die Rhetorik.
Und wenn auch diese Wirkung der Rhetorik im Verlaufe der spä
teren Zeit für die Griechen weniger ein dringendes Bedürfniss zur Er
haltung der logischen Theorie war, weil der griechische Betrieb der
Gelehrsamkeit immer noch ein theoretisches Interesse bewahrte, und dort,
wie uns die folgenden Abschnitte zeigen werden, die Logik abgesehen
Von der Rhetorik in einer gewissen schulmässigen Weise stets fortgeführt
wurde, so verhält es sich in dieser Beziehung ganz anders mit den Rö
mern, welche ja bekanntlich den gesammten Umkreis der Spekulation
überhaupt nur in der Form des Rlielorismus imporlirt erhielten und an
den rhetorischen Abhub der griechischen Philosophie mit Hintansetzung
mancher edleren National-Eigenthümlichkeit oft ebenso eitel als leicht
fertig ihre Kräfte verschwendeten. In Rom trat jener Zweig der Philoso
phie , welchen Aristoteles Apodeiktik nennt , gar nicht selbstständig auf,
sondern es beschränkt sich die Kenntniss der Logik zunächst nur auf
dasjenige, was mit der Rhetorik verschmolzen ist; später wohl werden
auch griechische Compendien der Logik übersetzt (wie wir diess z. B.
bei Appulejus treffen werden); jedoch solches gehört bereits dem voll
endeten Schulwesen des späteren Altertbumes überhaupt an. Aber in
Folge des Entwicklungsganges, welchen die Culturgeschichte des Abend
landes nahm, tragen jene einzelnen rhetorisch-logischen Momente, welche
schon Anfangs mit der Popularphilosophie von den Griechen auf die
Römer übergingen, noch in anderer Beziehung ein geschichtliches In
teresse an sich; nemlich in einigen Punkten gestaltete sich schon damals
durch die Uebersetzung griechischer Compendien der Rhetorik jene Ter
minologie, welche später dann für die ganze folgende Geschichte der
Logik festwurzelte.
Wir erwähnen hiemit nun jene Einzelnheiten aus der späteren
griechischen sowie aus der römischen Rhetorik , welche theils direct lo
gische Lehrsätze enthalten, theils denselben so nahe zu liegen scheinen,
dass von ihnen aus eine Anknüpfung an die Logik unwillkürlich sich dar
bieten musste; dass Logisches in jene Schriften hineinspielte, ist uns ja
auch durch die mehreren Stellen bezeugt, welche wir aus denselben
schon im Bisherigen öfters als Quellen für unseren Gegenstand benutzen
mussten. Eben aber weil wir nur den ganzen Complex der Schul-Rhetorik
als solchen überhaupt für ein förderndes oder erhaltendes Moment in der
Geschichte der Logik hallen können, innerhalb desselben aber keine fort
schreitende Entwickelung der logischen Theorie anerkennen , so werden
wir liiebei nicht die geschichtliche Abfolge der Verfasser rhetorischer
Lehrbücher zu Grunde legen, sondern den Haupttheilen der in jener
Zeit üblichen Theorie der Logik folgend jene Punkte namhaft machen,
deren Erwähnung nöthig scheint; darum werden wir auch chronologisch
hier über die nächstfolgenden Abschnitte hinausgreifen und Manches an
führen, was aus rhetorischen Schriften der spätesten Jahrhunderte des
Alterthumes genommen ist, denn einerseits neue Fortschritte brachte jene
letzte Stufe auch in der Rhetorik nicht, und andrerseits soll uns nur
das Vorhandensein der späteren Schul-Rhetorik im Allgemeinen hier als
ein geschichtlich nicht einflussloses Factum gelten. Und insoferne auch
diese rhetorisch-logischen Momente schon zur Zeil der sich verbreiten
den Popularphilosophie vorgelegen sein müssen — denn die compilato
VIII. Die Rhetorik. 507
rische Schreibseligkeit Cicero's fusst berits auf derartigen rhetorischen
Producten als ihren Quellen — , so reihen wir diese Bemerkungen so
gleich hier nach der Besprechung des Stoicisinus und der Akademiker
ein, indem wir es dann den folgenden Abschnitten überlassen, jene Ent
wicklung, welche die eigentliche Logik als selbstständige Disciplin erfuhr,
ohne weitere Unterbrechung darzulegen ; denn jene Auffassungen, welche
z. B. bei Cicero sich linden und welche in den späteren griechischen
und römischen Compendien der Bhetorik traditionell wurden, sind jeden
falls vor der Thätigkeit eines Tyrannio oder Andronikus entstanden, mit
welchen Cicero ungefähr gleichzeitig ist.
Was hiebei zunächst die späteren griechischen Rhetoren betrifft, so
versteht es sich allerdings von seihst, dass gewisse Dinge, wie z. B.
sv&vjirjfia, Ttccoddeiyiia, EiWöfia , ccvti&eaig , i'varaSig, OQog, rsxfirjQiov,
Gr^islov u. dgl., welche wir bisher in engerer oder lockerer Verbindung
mit logischen Functionen trafen, hier rein im Dienste der rhetorischen
Technik erscheinen; sehen wir aber eben darum von ihnen ab, indem
wir es der Geschichte der Rhetorik überlassen müssen, nachzuweisen,
inwieweit eine logische Theorie auf dieselben influirte 1), so .mag uns
vielleicht eher wegen der späteren constanten Schul- Tradition von Interesse
sein, dass auch hier die stoiseheAuffassung der Dialektik (Abschn. VI,
Anm. 37) zu Grunde liegCTnsoferne derselben das in Frage und Antwort
sich bewegende Zwiegespräch zugewiesen wird, wohingegen die Rhetorik
in der zusammenhängenden Rede ihren Gegenstand habe 2). Anderswo
aber wird die Dialektik darum der Rhetorik gegenübergestellt, weil letz
tere nur das noXmxbv, erstere aber die n^ayfiara überhaupt zum Inhalte
habe3); über eine hiemit verwandte eigentümliche Auffassung des Xoyixbv
bei den Rhetoren s. d. folg. Abschn. Anm. 10, in Bezug auf die Commentaloren
aber Atschn. XI, Anm. 143 ff. Oder wo Aoyvx.i\ in allgemeinster
Bedeutung an den menschlichen Xöyog geknüpft wird , treffen wir die
stoische Zweitheilung in X. JvSia&erog und X. ^rigoqjoQiKÖ g 4).
In Bezug auf die Lehre /vom Begriffe mag erwähnt werden, dass,
während uns überall und bei jeder Gelegenheit <!ie stoische Verwechs
lung von Begriff und Definition sowie das beliebte Addiren der wesent
lichen Merkmale begegnet, /es auch an peripateth chen Anklängen nicht
fehlt ; denn um davon abzusehen , dass etwa aueji das Verhältniss der
1) Westermann's Geschichte der Beredtsamkeit durfte in dieser Beziehung
schwerlich überall genügen.
2) Doxop. Prokgg. VI, p. 25. Walz (nach welchem i(h auch in d. folgg. Anmkk.
citire): äieeifS'(isi yctQ äiaXsxtixr) QrjTOQixijg, ort r\ fi v äictXsxTixij xara nsv-
Oiv xai anöxQiOiv tioisitcu Tr\v CvTrl'J'v > h QrjTOdixr) äs ätsgoätxüs nsql
twv noXixixwv 7iQ{tyfAttT*i)V. S. Anm. 26.
3) Anon. Prolegg. Vly p. 33. : 'lort-ov ori äicaps'^et r\ {frjTOQixr) ri/s äiaXsx-
Tixrjg ry zs vXi} xai ToTg önydvoig' Trj fisv vXmoTi r\ fiiv (Jijroyixr; vXr]V
syti tu noXirixa, t] äs äiuXsxTixr) tisqX tiuvtiov caiXäig tiSv ovTtav, äg tiOi
aoxei, ätctXs/&r)asTui. In Bezug auf die oQyctvu wird dann (p. 37.) ovXXoyiOfj.bg
und tnayioyr] der Dialektik, hingegen lv9-vfJ.rjfj.tt unii 7iar>ttäsiyfja der Bhetorik
zugewiesen (aristotelisch'; s. Abschn. IV, Anm. 40.).
4) Sop. ad Hermig. V, p. 1. : /llxaiov Tolg j oyixnv Igcrüfrvoi rsyvr\v
rtvTO tovto o rt rtorl Ioti Xöyog CrjTrjoai' Xöyog ovv Ioti xoivbg svvoia
av&Qwnlfrj zn#' fjii to Xoyi'frG&ui xai ärjXoi'V rfjlv nsQltOTiv itärj äs
avTov ävo, 7iQo<f ogixbg xai iväiäirSTog. S. Absei n. VI, Anm. 59.
508 VIII. Die Rhetorik.
Homonymie beigezogen wird 5) , scheint wichtiger zu sein , wenn wir
durch die Besprechung von yevog, slSog, diatpoQa, XSwv, «deren erstere
drei namentlich im Dienste der Definition stehen, fast an die nachmalige
Bedeutung der quinque voces (mit Ausnahme des Gvfißißr]x6g) erinnert
werden 6). Erklärlicher Weise aber stellt sich gerade zum Behufc der
Begriffsbestimmung auch hier wieder überall die stoische Marotte des
Eintheilens in seinen verschiedenen Functionen ein, wie wir dieselben
schon oben (Abschn. VI, Anm. 66 ff.) mit Beiziehung einer späteren Stelle
darstellen mussten "), und es scheint namentlich dieses Haschen nach
einer Tabula logica sich auch vermittelst der Rhetorik in der üblichen
Schulmethode überhaupt erhalten zu haben.
Das Urtheil wird gleichfalls in stoischer Weise als das zusammen
gesetztere betrachtet, insoferne es aus zwei Theilen besteht, das einzelne
Wort hingegen nur Einen Bestandteil ausmacht 8). Auch die stoische
Bezeichnung des Attributes als nQogr\yoQix6v (Abschn. VI, Anm. 113)
findet sich 9). Betreffs der Eintheilung der Urtheile (ebend. Anm. 1 1 5 f.)
5) Theo Progymn. 4. I , p. 186.: bfiojvv/Jiu Sä iattv tov (pcovr) fih xal
ovofia tö avro , st(qov Si tö arj/j.aivöfievov vnö rfjg ifojvrjg , oiov nalg.
arjfiaCvet yan xal tov vlöv xal tov xa!P rjXixlav nitida xal tov SovXov.
6) Anon. Prolegg. ad Herrn. IV , p. 18 f.: fidS-ojfitv r( Igti yivog xal ii
elSog xal rl Stuopopä' etSög Ioti to xara nXtiovojv xal dtaqxQovrav tgS
aQiä-fj.o~> iv to) tC lern xaTrjyoQov/xevov yivog SA Igti tö xara nXeiovojv
xal Siaipeoöviojv to) etSei iv to) tC Igti xaxr\yooovfx(vov Siaifooa
Si iOTi to xaTa nXtiovojv xal StaiffQovTojv to) eiSei iv to) önoTöv tC lau
xaTT)yooov/j.evov «£>£i>j Se oqov ioxl tö clvai avTÖv ano oiaiiaSäv <fb>z
vojv oioiojSrjg Si (fojvrj ioTtv rjgTivog /ojqlg ov SvvaTai sh'ai ixtivo, ov
Xiyerai tlvat ovOiojor)g. Ruf. Rket. III , p. 455. : r« d" Ix tojv nqayfiaiiav
ano ovaCag xal ISiÖTrjTog' ova(a Si to xotvojg xal yevixojg ISiÖTrjg Si otuv to iSiov tov vnoxiijj.ivov noäyfiaTog ^fojqSw-fEimtgvov./ierov
7) Hermog. d. inv. III, 10. III, p. 128.: fori Si r) vnoSiatqeaig rj tov
a&QÖov noäy/xaTog elg Xf.nTÖv TO/j.r) evqißxo/j.ivi] noXXrj xal yCvsrai ovtws,
tl Tig Ta an' äq/ijg a%Qi TiXovg bqCaag iavTo) dXoa^eqojg xal anaqaXtln-
Tmg xad? exadTov ovo/j.a tojv Xeyouivoiv iv aiiToTg SvvaiTo vnoSicuoitv
ovTio nXaTTiov. Schol. Anon. VII, p. 246.: Siai'qeOig, opaalv , ictxl To/ifj tov
niqii/ovTog sig Ta neoie/auera ■ xal ev ye tov nqoxeifiivov oqov, neqiXafißävei
yaq näaav xvqCojg ovoav SiaiqcOiv xal tt)V nanu (pvoiv ovoav IXty-
Yti, p. 769.: vnoSiaCqtaig Si ianv rj tov aS-qöov nqayfittTog eis Xenriv
TOfirj' avirj Si ytvtTai rj xaTa noaoTrjTa rj noioTrfia oTav r« noXXä dXtytt
noiäfitv fj Ta fJ.eyüXa tojv iyxXrj/j.aTojv evieXfaTtna. p. 772. : vnofteoiajiös
xal vnoSiaCosaig TavTÖv Igtiv yCviTca <ft ij inodtutotoig »/rot 6 iiofiCQiG/
j.bg ^ ano tov pixQoiigov ij äno tov 6/ioCov rj and tov fte(£ovog. IV,
p. 108.: iv Taig iniGTrj/xovixalg yaq SiaiQ^atatv al tni nXiov äiaiqeain
noög tcc fj.eptxojTioa xal änooojTeQa xojqovaiv.
8) Rur". Rhet. III, p. 459.: npöiaoig fiev ovv Igtiv Iv jutv xaTtjyopCa ij
tov lyxXrjfiaTog ahCa, Iv Se Gv/xßovXrj tj Trjg äSidJGtojg SrjXojGig. Anon. Pro
legg. ad Herrn. IV, p. 17.: Igt£ov oti navTa Ta ovxa rj Sia fiiäg XQeojg oi|-
fiaCvoVTai, rj äia nXewvojv, xalore filv diu /J.iäg, äxovei to toiovto ovofie,
ots <Jf Jtä nXeiövojv , axovet to toiovto Xoyog. Schol. ad Herrn. V, p. 591.:
diaiijiQEt nqoTaatg (£paGeojg , nqojTov [tev oti ij npÖTaOig IS dvofian;
(oti xal qr'ifiaTog , oiov 2ojxpaTT]g ncpmaiu, r) Si (f paGig rj ovofia fiovov
£otIv fj (irj/ta xaff uvto , olov 2lojXQaTr)g TIXaTiov ypärftt ntpinuTti, Sev-
Ttqov t)'f ort r) fitv npoTaGig aXrj&tvii rj Sk \pcvStxai, rj Si (f päaig ovre
aXrjS-svu ovt£ ipevSeTai.
9) Hermog. d. stat. III, p. 3.: Ta änXä nqogriyoQixa , oiov öTQarrjyog (>'/-
Tioq. Schol. z. d. St. IV, p. 108 f.
VIII. Die Rhetorik. 509
und der Bevorzugung des ctnocpavTMOv, welches jedoch mit diesem peripatetischen
Ausdrucke bezeichnet und wesentlich der diijyrjOig (narralio)
zugewiesen wird, treffen wir gleichfalls Auffassungen der Schulmethode
des Stoicismus 10); in Bezug auf die sog. Quantität erscheint das allge
meine Urtheil in der rhetorischen Form der Sentenz 1 *), in Bezug auf die
Qualität begegnen wir der Eintheilung in Bejahung und Verneinung und
selbst einer Bemerkung über den Unterschied zwischen avrixEtjievov
und kvavxlov 12); ja sogar die Aequipollenz (s. Abschn. IX, Anm. 95)
wird, freilich erst bei Aristides (Mitte des 2. Jahrb..), erwähnt und auf
das Verhältniss der Abfolge des Gegensatzes bezogen 13).
Dass die Function des Schliessens hier nur dem rhetorischen Be
weisverfahren dient, und auch die doppelte Form desselben als xcaa-
Gxtvü&iv und ccvaaxsvä^eiv keinen anderen Zweck hat, versteht sich von
selbst 14) ; es handelt sich hier überall nur um den sog. rhetorischen
Syllogismus, und erst bei späten Commentatoren treffen wir die aristotelische
Definition des Schlusses und hiebei eine Erwähnung derlnduction, woneben
jedoch auch wieder Gvvüyuv und imxyuv in unwissenschaftlicher Weise
vermengt werden 15). Von Wichtigkeit aber ist uns das rhetorische
10) Herrn. Progymn. 2. I, p. 17.: o/r/itaxa äe äirjyr)fiäxav nivxe' oqS-ov
anoifavxixbv, änou; avxixbv lyxexXi iiivov, iXeyxxixbv, aovväexov, avyxQixixov.
Der sloische Unterschied zwischen iQoixrjfia und nvoua wird öfters erwähnt: VII,
p. 1133, VIII, p. 455, 678, 703.
11) Greg. Cor. VII, p. 1148.: xa&oXtxol äe Xoyoi Xfyovxai ol yvotiiixol
dl xal eig niaxiv nanaXajjßävovxai xäv iätmv Xöycov xovxe'Gxi t<Sv ItiI
(j.e'oovg. Vgl. VIII, p. 548.
12) Joanu. Sic. VI, p. 219. : exepov änoupavaig xal exeoov änoq aatg xal
xaxäyaatg' anötiavoig fiiv ovv Xöyog xaxatfaxixbg rj anoifaxixbg neol
xov vTiao/eiv tI xivl rj firj vnäftyuv. Anon. VII, p. 1024.: ätaope'Qei äk xb
Ivkvt(ov tov avxtxeifiivov ort Iv fiiv ävxixeiiie'vo) kvcori noay/xa yeyovbg
>; fir) yeyovbg, olov r)(>(axevGev, oix fiQiaxevoev, Iv äe i(5 lvavx(<p ovo,
XeXoi7ie"vai xfjv xä'iiv xal r\oioxevxivai.
13) Aristii. Rltet. IX, p. 376.: %qti Sk eiäivai oxi j(3v iGoävva/jovvxtov
xä fj.iv xaxä xo äxöXov&ov naoaxt&exai tu äe xaxä to Ivavxiov xov
axokov&ov.
14) Ruf. Rhet. III, p. 455.: änöäei'ilg toxi xwv äinfigßr)xovfiiv(ov Iv xij
vno9e'aei xtöv TiQayftaxiav eig bftoXoyiav unoxaxäoxaoig' anoäeCxvvxai ä
'ixaoxov nqayjxäxtav t'i {ni/eiorifiaxiov, Anon. Prolegg. ad Herrn. VII, p. 26.:
nCaxig toxi Xöyog xaxaaxtvaonxbg äyoiv xbv axQouxr)v eig Gvyxaxad-eOiv.
Hermog. Progymn. 1, p. 27. : ävaaxtvrj laxiv ävaxQoni) xov nQoxe!Hvxog TtQayfiaxog
, xaxaaxevi) äk xovvavxCov ßeßaCaoGig. Vgl. Aphlh. Prog. I, p. 72. u.
Theo Prog. I, p. 216 f.
15) Anon. Prolegg. ad Herrn. VII, p. 36 f.: iv&v{ir)fia iiev ovv iGxi GvXXoyiaiibg
äxeXij;, naqaäeiyiiu äi iGxiv o/xoiov b/j.o(w yvtanifiov äyvoov/ue'vm'
xal naXiv avXXoyiGfiög taxi Xöyog Iv o> xefhevxwv xivtäv eifoov i$ dvayxr\g
avfißaivti nana xa nooxeifieva xq> xavxa ovxiog t%eiv , inayiayr) äe1 iaxi
fj.(&oäog Ix xwv xaxa fj.iqog x<Sv xa'iöXov nioxtoxixr). Anon Prolegg. Rhet,
VII, p. 37.: b GvXXoytGubg fiiv ovv ajxb xäv xaSöXov inl xa xaxä fie'Qog
_ ztooel, olov „näau nooäoala xaxöv. nooäöxr\g äk AiGylvng. ovxovv xal
^Ua%ivr\q xaxög". r) d" tnay(oyr\ anb xojv fiet>ix(5v inl xä xa&öXov , olov
„üvdowTiog xal ßoiigxal innog xr)v xätio yivvv xivti. ovxovv xal näv Ctpov."
xovxo ä' ovx äX-r^ig , oi yctq xal b xQoxoäeiXog xal b (foCvi'i xb oQveov
xä fiiv yäg xalroXov xojv ihqixü~>v önxvtixai , xä äe /xeQixä ov navxiog xb
xa&6Xov neQie'/ei (betreffs des Beispieles der Induction vgl. Abschn. VII, Anm.
9. u. Abschn. X, Anm. 17.). Schol. ad Aphth. II, p. 36.: Gvvayeiv yäo xb
510 VIII. Die Rhetorik.
„Dilemma" (to öiij/fijtaTov) , welches mit dieser Bezeichnung wohl aus
der stoischen Logik (s. Abschn. VI, Anm. 187) ursprünglich enstanden
sein mag, aber wahrscheinlich erst aus der Rhetorik in technischer Gel
tung in die Logik übergegangen "IsTXs. AbTchn. X, es ersVhwnTTIasselbe
bePIknRhetofeTr natürlich nicht logisch formulirt, son
dern in der Satzform einer Frage, deren Beantwortung, mag sie bejahend
oder verneinend ausfallen, stets zum Nachtheile des Gefragten gewendet
wird ; übrigens knüpft die Schul-Tradition diese captiöse Frage ähnlich
wie andere Fangschlüsse (s. Abschn. VI, Anm. 216 f.) an eine Anekdote
betreffs der ältesten Lehrer der Rhetorik,16). Auch die Erwähnung der
Analogieschlüsse, welche wir in der logischen Theorie schon oben sahen
(Abschn. V, Anm. 74) und unten wieder treffen werden (Abschn. X, Anm.
62), ist uns eben darum bemerkenswerth 17). Dass bei den Rhetoren
auch jene Momente, welche zu sophistischen Schlüssen dienen können,
wie i. B. äjMpißoUa, aoXoixißfiog, ßaQßciQiaflös u. dgl., in rhetorischem
Interesse besprochen werden, versteht sich von selbst.
Endlich müssen wir noch erwähnen, dass auch das Räthsel, welches
wir oben (Abschn. V, Anm. 93 ff.) als Gegenstand der Logik trafen, seine
Erörterung in der Theorie der Rhetorik fand, wobei jedoch das aYviyiut
über den yoiqios überwiegt oder meistens mit diesem zusammengeworfen
wird 1S).
tnayeiv to aviinigaafiä (faat xal avvaycoytj xal av/xne'Qaafia tuvtüv , fj
ukv oti ix dvo TtQOTadewv Owayerai to de oti n(qag iniTCS-rjai t$ Xoyia.
Vgl. ebend. p. 389. u. 481.
16) Hermog. d. inv. IV, 6. III, p. 167.: to dk dtXrj/j/iaTÖv ion tfyijfAa
fikv Xoyov, doifivTrjTog dk dö^av eyov xal aXri&eiag- eOTt dk toiovtov, ötccv
dvo lQ<oTr]aeig tnioTÖivTeg tov dvtCäixov nQog exaTegov wfiev eig Xvaiv nccQsaxevaafie"
voi ■ äeldk tag ioiuTqoeig ivaVTt'ag äXXtjXaig elvai ä>g nävrtog rj tccv-
TrjV rj Ixttvrrv ttTioxQidrjO'ofiivov tov iyjtnov (p. 177.) to äk äilrjftfiaTÖv iou
toiovtov, oiov „noTioov ncigijg TovToig yivofiiyoig xal awevqtgaivov r\ ov
naqrjg;" tav TS yun tiny „naqr)fir]V xal Owe vtpqaivöfiTjV" , naqeaxevaOTai
ö (it/tcoq elnelv, nöig ovv xaTijyoqeig tovtwv oig awevifoalvov ; iäv ts
Xiyrj „ov naqrjfiijv", aTraVTrjoeTai avThi, oti di'xrjg a'Swg ToTg ayaftoTg ttjs
nöXeojg fii) nagmv. Schul, z. d. St. V, p. 429.: del yaq IvaVTiag äXXrjXatg
tJvai xal afie'aovg , iva xäv S-e"X>) xav fii] Ue'Xr} &aTfnov t&v dvo anoxqCvrjtai.
Vgl. III, p. 705, VII, p. 834, VIII , p. fö:>. Prolegg. ad Herrn. IV, p. 14.:
Iv dk T(j> SixaGTriQiip (fr)0~lv b Tiotag npög tov Köqaxa T<jji diXrjfifictTtff
Oyr]fiaTi ZQrjOäfitVog' diXrjfifiaTov de Oyrjfid iOTi Xöyog ix dvo nooraattav
Ivaviioyv to avTÖ neqag awdyiov „to KogaS, tC lnr\yyelXto didäaxeiv
6 dk Koqa% ifrjoC „ib net&eiv ov av d-eXyg". noog TaiiTa 6 Tiat'ag- „el
fikv to neC&eiv fit idCda'iag, tdov neCltio ae fitjdkv Xa/ißäveiv, ei dk tö
neC&eiv fie oix Idiäagag, xal ovTiag oiäe'v aoi naqe'yb), ineid-r) ovx iSCäaiäg
fte to neCS-tiv".
fikv yaQ.Sftoiov notÖTTjTog to de taov nr\XixoTi\Tog' xal Mivovxiavog
18) Joann. Sic. VI, p. 199.: xal fir)v xal ol yoiyoi. aocpol ovxeg Tijg ctv-
Ttjg tde'ag rfjg aaatfeCag eial Tijg inaivov/ue'vTjg xal tojv ifufaoeav ov /ufjv
i>jf yeiQCaTijg oiov „eläov iytb nvql yalxbv in'' ave"Qi xoXXrjOavTa", arifiaCvet
Sk ti(V aixviav. Anon. Schol. VII, p. 949.: eoixe dk Taig iftcfüaeai xal t«
aivtyfiata xaXovfieva r(toi yqltfoi , oiov „eläov iyai tivqC xtX.". Anon. d.
Irop. VIII, p. 717.: atviyfia de iOTi (poüoig i7riTeTrjdeviie'vrj eig äaäqieitcv
cüoif inixovnTetv to voov/j.evov. Vgl. Tryph. VIII, p. 733. Greg. Cor. VIII , p.
VIII. Römische Terminologie. 511
Eine kulturgeschichtlich grössere Bedeutung aber für den Uebergang
der Logik in das Mittelalter besitzen jene rhetorisch-logischen Momente,
welche in der sog. Blüthezeit der römischen Literatur sich breit machen ;
denn in ihnen lag doch die Vorbedingung und Veranlassung, dass spä
ter, wenn aucli durch Vermittlung des Syncretismus, manche aristotelische
Anschauungen in die lateinische Sprache umgesetzt wurden und sodann
hei völliger Herrschaft des Schulwesens in den letzten Jahrhunderten
des Aitherthumes die Resultate der gesammten antiken Logik gewissermassen
zusammengestellt jene Form annahmen, in welcher sie das latei
nische Mittelalter beschäftigten. Der Uebergang griechischer Produkte
in eine fremde Sprache und hiemit in den Anschauungskreis einer ande
ren Nation ist hier für uns die Hauptsache, denn inhaltlich haben die
nachäffenden Römer auf diesem Gebiete gar Nichts selbstständig geschaf
fen. Aber auch selbst die Uebertragung konnte bei der Zwitterhaftigkeit
des damaligen römischen Sinnes und bei der Erbärmlichkeit der grie
chischen Fabricate, welche übersetzt wurden, lange zu keiner Consequenz
des Sprachausdruckes führen , und erst die späteste Schule wirkte for
mell fixirend; und ausserdem war schon zu Anfang von den übersetzen
den Römern eine grosse Schwierigkeit in der eigenthümlichen Begabung
ihrer Sprache selbst zu überwinden. Bekannt sind die Klagen, welche
in letzterer Beziehung wiederholt von denjenigen ausgesprochen werden,
welche sich bemühten, die Philosophie der Griechen ihren Landsleuten
aufzudrängen oder mundgerecht zu machen19); und wenn Cicero in
dieser Beziehung dem Varro als glücklichem Uebersetzer alles Lob ertheilt,
so mag letzterer wohl jedenfalls tüchtiger und präciser als ersterer
geschrieben haben. Varro wird als der^_erste gerühmt, in_dgjsen
Munde dieJjial&kXjk lateinisch sprach ; in seinem encyclopädischen Werke
De novem diciplinis war derselben ein eigenes Buch gewidmet, und auch
in anderweitigen Schriften mochte er wohl Manches hierauf Bezügliche
eingestreut haben20). Cicero, auf welchen wir für die ältere römische
776.: aiviy/ict dY ton qQccaig äiävoiav ct7ioxexQVfi^vrjV xal OvvS-stov nuq(
d/x{vt] noiciv. Georg. Choer. VIII, p. 815.: aiviyfia. kari Xöyog axortivdv
Xtti xtxalvjifiivov (xtov Iv iavrä tö voovfitvov. Nur Schol. ad Aristid. p.
508. ed. Aid. giht einen Unterschied an: yoiyog dY iaziv ov% tag tviol (paat
tuvtov Tip alvCyftati' diaiftoovai yao bti tö fxiv uXviyfia öfioloytl rig
uyvouv tov df yqiipov ayvou äoxiov InCaTaG&ai , oiov atviypia fiiv lari
To „tC Tqinovv tC TiToduovv ;" ivTav&a d'ijlov TO iQoirrj/xa' yQtifog äi
oiov ,','ExTOQa tov TlQiäfiov Jio(ir\Sr^g 'ixTuvtV avf)Q". (vTdvO-a äoXil jAtv
tfStvui t6 ötj&hv, äyvoel dt ort /liO(ir\di)g jjv ävr\q 6 Hj(iXXevg. Poll. VI, 107. :
tüv [ttvToi auftnoTixiöv aiviy/ja xal yoiipog tö [isv naiSiav efyev 6 äk
",'Qiifo; xid anovSrjV.
19) Cic. Acad. I, 3 u. 5. Divin. II. 2. Laer. I, 137. Seil. Ep. 58. Hin. Ep.
IV, IS, 1. Quint. Inst. II, 14, 1.
20) Marc. Cap. IV, 334 f. Kopp: ac mox Dialeclica , quanquam partim digne
latine loqui posse crederetur, tarnen prompliore fiducia .restrictisque quadam obtutus
tibratione luminibus etiam ante verba formidabilis , sie exorsa: JVi Varronis mei
intcr Latiales glorias celebrati mild erudilio industriaque suppeteret, possem femina
Doricae nalionis apud Romuleae vocis examina aut admodum rudis aut satis barbara
reperiii; quippe posl Plalonis aureum flumen alque Aristotelicam facultalem Marci
Tertntii prima me in lalinam vocem pellexit industria ac fandi possibilitalem per
Scholas Ausonias comparatiit. Cic. Acad. I, 3, 9. : omninoque latinis et littcris luminis
et verbis atlulisli philosopläamque multis locis inchoasti, ad impellendum
512 VIII. Römische Terminologie.
Rhetorik fast ausschliesslich hingewiesen sind, kann wohl schwätzen, nie
und nirgends aber das Wort beim Worte nehmen. Auch auf dem Ge
biete , welches uns hier beschäftigt, zeigt sich die gänzliche Impotenz
Cicero 's, wenn er das Eine Mal sagt, man könne die Lehren der Peripatetiker
„bequemer" zur rhetorischen Technik anwenden, und das andere
Mal eben den nemlichen Peripatetikern Unkenntniss der Dialektik vor
wirft 2 1). Ebenso ekelhaft als dieses Gewäsche ist die gränzenlose Un
bestimmtheit in Uebersetzung griechischer technischer Ausdrücke, wovon
wir uns sogleich überzeugen werden ; das schauerlichjteaber ist. Cjcf-ro/s
__Tfljuk_, auf deren Inhalt als solchen wir zum (ilücke hier keinen Beruf
haben näher einzugehen, insoferne er der Rhetorik angehört; doch Ein
zelnes daraus werden wir gelegentlich der Terminologie anführen
müssen. Cicero ist in der That entweder so unwissend oder so frivol
leichtfertig, dass er sich einbildet, er, der bodenlose Schwätzer, habe
in seinen drei Büchern de Oralore die Rhetorik des Aristoteles und
jene des Isokrates (allbekanntlich besteht der principiellste Gegensatz
zwischen beiden) zusammen umfasst 22). Ausser Cicero dienen uns, wie
S sich von seihst versteht, noch Quintilian und Gellius als hauptsächliche
) Quellen, um jene rhetorisch-logischen Einzelnheiten anzuführen, welche in
\ der römischen Litteratur vorbereitend oder fördernd für die Einbürgerung
: der späteren lateinischen Schul-Logik wirken konnten. Auch hier aber
folgen wir dem sachlichen Inhalte, nicht den litterarischen Persönlich
keiten. Unter 'den späteren römischen Rhetoren scheiden wir den Ma
rius Victorinus hier aus, weil derselbe den Verfassein eigentlich logischer
Compendien, welche wir im XII. Abschnitte besprechen werden, näher steht.
Von vorneherein begegnet uns überall der Inhalt und die Auflas
sung jener Theorie, welche die Stoiker als Dialektik bezeichneten; es
ist das Wort dialeclica und dialeclicus neben Versuchen einer Ueber
setzung eingebürgert; Cicero überträgt es häufig mit ars (oder ratio
oder scientia — was für einen Schwätzer sänimtlich gleichbedeutend
sein mag) disserendi, auch eine disceplalrix nennt er sie, Quintilian
schlägt einmal dispulalrix vor; stets aber wird als Gegenstand dieser
satis, ad edocendum partim; causam aulem probabilem tu quidem a/fers ; aul enim
Gracca legere mahnt qui erunt eruditi , aul ne hacc quidem qui Uta nesciunt. 5,
18.: valde enim amo nostra atque nostros meque isla delcctant, quum latine dicunlur
et isto modo. Eine Stelle aus der Dialektik Varro's s. unten Anm. 25.; vgl.
Anra. 45. Wenn Varro selbst bei Cicero , Acad. I, 2, 8, sagt : et tarnen in Ulis
veteribus nostris , quae Menippum imilati . . . quadam hilaritate conspersimus (d. h.
in den Saturae Menippeae), multa admixta ex intima pliilosophia, multa dicta dialectice
, so können wir eine vereinzelte Bestätigung liievon sowohl in dem Titel
einer Satura „Aoyo/xnxla" (bei Oehlcr p. 148.) als auch in einer Stelle finden,
welche wir oben Abschn. VI, Anm. 180., unter den Quellen-Stellen anzuführen halten.
21) Brut. 31, 119.: quodsi omnia a philo sophis essent pelenda, Peripaleticorum
inslitutis commodius fingeretur oratio. Fin. III, 12, 41.: magna contentio , quam
tractalam a Peripateticis mollius, est enim eorum consuetudo dicendi non satis acuta
propter ignorationem dialecticae , etc.
22) Farn. \, 9, 23.' scripsi igilur Aristotelio more , quemadmodum quidem
volui, tres libros in disputatione ac dialogo de Oratore abhorrent enim a communibus
praeeeptis atque omnem anliquorum et Aristoteliam et Isocraliam rationem
oratoriam complectuntur. Ueberhaupt sind alle Stellen, in welchen Cicero den Na
men des Aristoteles nennt, empörend wegen der Frechheit desjenigen, welcher ohne
alle Fähigkeit eines Verständnisses sich ein Urlheil, sei es Lob oder Tadel, anmasst.
VIII. Römische Terminologie. 513
Doctrin das Eintheilen, das Definiren, das Erklären und Distinguiren, und
namentlich das Beurtheilen des Wahren und Falschen bezeichnet; zumal
Cicero klagt bitterlich, dass in der stoischen Dialektik nur das iudicare
behandelt sei , das invenire aber gänzlich fehle , und hieraus floss sein
heroischer Entschluss, eine Topik zu schreiben23). So war denn die
aristotelische Logik doch auch einmal nutzbar gemacht, um unter stüm
perischen Händen zum Ausflicken stoischer Trödelwaaren verwendet zu
werden. Es bildet die Topik das Mittel, durch welches die Rhetorik in
gewissem Grade logisch aufgestützt werden kann, sowie wir umgekehrt
sehen werden (Abschn. IX, Anm. 7 IT.), dass die Logik, sobald das blosse
Motiv der Argumentation für dieselbe in den Vordergrund tritt, vor Allem
auf die Topik gestützt wird. Cicero selbst weiss nicht, wie er xönog
übersetzen solle ; er wählt bald locus bald sedes bald nola ; als brauch
bare Werkzeuge giengen die Topen auch in die Rhetorik Quintilian's
unter dem Namen sedes (oder loci) argumenlorum über, und auch im
Dialogus des Tacitus werden die apli loci der Peripaletikcr erwähnt 24).
23) Gic. d. Or. II, 38, 157.: eidesne Diogetum fuisse qui dicerel artem se
Iradere bene disscrendi et vera ac falsa diiudicandi quam verbo graeco äittlextixrjV
appellaret? in hac arte, si modo est haec ars , nulluni est praeeeptum quomodo ve
rum inveniatur, sed tantum est quomodo iudicetur; nam omne quod eloquimur sie
ut id aul esse dicamus aut nun esse, et si simpliciler dictum sit, suscipiunl dialectici,
ut iudicent veruinnc sit an falsum, et si coniunete sit elatum et adiunclu
tint alia , iudicant rectene adiuneta sint et veralte summa sit uniuseuiusque Talionis
et ad exlremum ipsi se compungunt suis acuminibus et multa quaerendo reperiunt
non modo ea quac iam non possint ipsi dissolvere, sed eliam quibus ante exorsa
et potius detexta prope retexanlur. Brut. 41, 152.: nisi eam praeterea didicisset
artein, quae doceret rem Universum tribuere in partes, latentem explicare definiendo,
obscuram explanare interpretanda, ambigua primum videre , deinde dislinguere,
postremo habere regulam qua vera et falsa iudicarentur et quae quibus propositis
essent quaeque non essent consequenlia dialecticum mild videris dicere. Tusc.
V, 25, 72. : sequitur tertia quae per omnes partes sapienliae manat et funditur,
quae rem definit, genera dispertit, sequentia adiungit, perfecta concludit, vera et
falsa diiudicat, disscrendi ratio et scientia. Acad. II, 28, 91.: dialecticam invenlam
esse dicitis veri et falsi diseeptatricem et iudicem .... quid igitur iudicabil ?
quae coniunetio quae disiunetio vera sit,- quid ambigue dictum sit, quid sequatur
quamque rem, quid repugnet. Top. 2, 0. : cum omnis ratio diligens disserendi duas
habeat partes, unam inveniendi alteram iudicandi Stoici autem in altera elabomverunl
, iudicandi enim vias diligenter persecuti sunt ea scientia quam diatexTixijv
appellanl ; inveniendi autem quae to/iixt) flicitur .... totam reliquerunt. Vgl.
Oral. 32, 115. Quint, inst. XII, 2, 13.: ita haec pars dialectica sive illam dicere
nalumus dispulatricem , ut est utilis saepe et ßnitionibus et comprehensionibus et
separandis quae sunt di/ferentia et resolvenda ambiguitate distinguendo dividendo
üliciendo implicando , ita etc. I, 10, 37. : iam primum ordo est geometriae necessarius
illa proposilarum quaeslionum conclusio non Iota fere conslat syllogis-
>nis? propler quod plures invenias qui dialecticae similem quam qui rhetoricae fateantur
hanc artem. II, 4, 41.: Iiis fere veteres facultatem dicendi exercuerunl
assumpla tarnen a dialeclicis argumentandi rationc. Wie Cicero Boelh. ad Cic. Top.
p. 760 u. 762. ed. Basil. 1570.
24) Cic. Top. 2, 7.: ut igitur carum rerum quae absconditae sunt demonstralo
et notalo loco facilis inventio est, sie cum pervestigare argumentum aliquod volumus
, locos nosse debemus ; sie enim appellalae ab Aristotele sunt eae quasi sedes
e quibus argumenta promuntur , itaque licet definire , locum esse argumenti sedem.
oral. II, 36, 152.: sed Aristoteles, is quem ego maxime admiror , posuil quosdam
locos ex quibus omnis argumenti via non modo ad philosophorum disputalionem
sed eliam ad hanc orationem qua in causis utimur inveniretur. Vgl. eiend. II,
Pbartl, Gesch. I. 33
514 VIII. Römische Terminologie.
Nach stoischer Weise wird aher auch hei den Römern (vgl, Anm. 2.)
die Dialektik von der eigentlichen Rhetorik unterschieden, insoferne letz
tere in zusammenhängender Rede sich bewege25); und bei ersterer wird
gleichfalls das interrogare, selbst in all jener zugespitzten Form, welche
wir sehon bei den Sophisten und Megarikern trafen, in den Vordergrund
gestellt 20). Uebrigens ist zu bemerken, dass gerade ßicero eben dieses
Gebiet_jler„ Dialektik an zwei Stellen auch mit dem Worte .^joffiffi be
zeichnet27); s. d. folg. Ahschn. Anm. 9 f.
Gerade aher durch die Topik war aus Gründen, welche theils schon
oben, Abschn. IV, Anm. 356 f., angegeben wurden, theils im folg. Abschn.
a. a. 0. erhellen werden , eine Veranlassung gegeben , auch auf die Ka
tegorien hinüberzublicken ; jedoch finden wir die peripatelische Katego
rien lafol zum erstenmale erst bei Quintilian, welcher, um ovßia zu über
setzen, während er selbst anderwärts häufig das bei ihm zum ersten
male vorkommende Wort mbslanlia gebraucht, dennoch mit Rerufung
auf Frühere sich des Wortes essentia bedient , für welch letzteres bei
Seneca sogar Cicero als AuctoritäTangeführt wird28); qualilas gebraucht
39, 166. Orat. 14, 46.: idcmque (sc. Aristoteles) locos , sie enim appellat , quasi
argumentorum notas tradidit, unde omnis in ulrumque purtem traheretur oratio.
Quint. Inst. V, ]0, 20.: locos appello, non ut vulgo nunc intclliguntur in luxuriam
et adulterium et similia , sed sedes argumentorum in quibus latent ex quibus sunt
pelenda. Vgl. ebend. 100 u. 12, 17. J'ac. Dial. 31.: mutuabimur a Peripaleticis
aptos et in omnem dispulationem paratos iam locos.
25) Cassiod. Dial. 3. p. 536 b. ed. Venel. 1729.: dialecticam et rhetoricam
Varro in novem diseiplinarum libris tali simililudine defmivil: dialeclka et rhetorica
est quod in manu hominis pugnus aslrictus et palma distensu, illa verba contrahens,
isla distendens. Ebenso Isidor. Orig. II, 23. Hiezu die Stellen Cicero's, Seneca's
und Quintilian's , welche wir schon oben, Abschn. VI, Anm. 37, anführen musslen.
26) Cic. Acad. I, 4, 17.: sed utrique (d. h. Pcripatetici et Academici) ....
certam quandam diseiplinae formulam composuerunt illam autem Socralicam dubilationem
de Omnibus rebus et nulla affirmationc adhibila consuetudinem disserendi
reliquerunt; ita facta est .... ars quaedamphilosophiae. Vgl. Orat. 32, 113. Seit.
Ep. 48. : scilicel nisi interroga Hönes vuferrimas slruxero et conclusione falsa a vero
nasecns mendacium adstruxero , non polero a fugiendis petenda secerncre. vgl. Ep.
82. Quint. Inst. VII, 3, 14. : quibusdam ne placet quidetn omnino subtilis haec et
ad morem dialcclicorum formata conclusio , ut in dispulalionibus polius per argu
menta verborum cavillatrix, quam in oraloris officio multum allatura momenli; licet
enim valeal in sermone tantum, ut constrictum vineulis suis eum qui responsurus
est vcl tacere vel etiam invitum id quod Sit contra cogat faleri ; non eadem est ta
rnen eius in causis utilitas. Gell. XVI, 2, 1.: legem esse ahmt diseiplinae dialeclicae,
si de quapiam re quacratur disputeturque atque ibi quid rogere, ut respondeas
tum ne amplius quid dicas, quam id solum quod es rogalus aut aias aul negts;
eamquc legem qui non servent , .... disputandi morem atque rationem non teuere.
27) Cic. Fin. 1, 7, 22.: iam in altera philosophiae parte quac est quaerendi
ac disserendi, quac Xuyixi] dicilur, iste vester plane, ut mihi quidem videtur, inermis
ac nudus est; tollit definitiones , nihil de dividendo ac parliendo docel , non
quomodo ef/icialur concludaturque ratio , tradil , non qua via capliosa solrantur,
ambigua dislinguantur, ostendit, iudicia rerum in scnsibus ponit etc. D. Fato 1, 1.:
obscura quaestio est, quam ntgl äwctjöiv philosophi appellant, totaque est Xoyixq,
quam rationem disserendi roco. Cur. Fortun. Rhet. II, p. 72. Capp. : omnis causa
quahs est? aul impulsiva ut ira odium, aut ratiocinativa ut lucrum hereditas. tmpulsivam
Gracci quid vocant? ÖQtXTixqv. quid ratiocinalivam? Xoyixqv aMav.
28) Quint. Inst. III, 6, 23.: ac primum Aristoteles elementa decem constituit
circa quac versari vidcatur omnis quaestio; ovatetv, quam Flavius (so richtig Spalding
für Plautus) essenliam vocat, neque sane aliud est eius nomen latinum, sed ea
VIII. Römische Terminologie. 515
Cicero noch schüchtern und als ein „unerhörtes" Worl29), hei Quintilian
steht dasselbe schon sehr häufig; quanlilas, welches Quinlilian
gleichfalls oft anwendet, wird bei eben demselben aus Corn. Cclsus an
geführt30); relaüo in technisch logischer Bedeutung findet sich neben
ad aliquid ebenfalls zum crstenmale bei Quyitilian 3 '). Dass auch die
Begriffe des Homonymen und Synonymen, welche mit den Kategorien
in einer gewissen Beziehung stehen (s. Abschn. IV, Anm. 338. u. 352.),
beigezogen wurden, ist uns gleichfalls ebendort bezeugt 32).
Jene Momente nun , welche der Lehre vom Begriffe sich anreihen
müsslen, enthalten stets den stoischen Grundzug jener Verwechslung von
Definition und Begriff; die definilio, welche der Bedner anwenden kann,
ist der Ausgangspunkt für die römische Uebertragung der stoischen Lehre
vom BegrifTe, und die Theorie der Rhetorik wirft sich sofort auf die
rhetorische Auseinanderlcgung der Begriffsbestimmung ; bei Cicero, welcher
die abgeschmackte schulmässige Behauptung ausspricht, dass jede Er
örterung mit der Definition des Gegenstandes beginnen müsse, wird das
Wesen der Definition bald in der Kürze des Ausdruckes , bald in der
Angahe des eigentlichen Seins , bald in der Erklärung der eigenthümlichen
Geltung oder Kraft des zu definirenden Dinges gefunden ; Quintilian
quaeritur , an sit; qualilalem , cuius apertus inlellectus est; quantil atem , quac dupliciter
a posterioribus dirisa est, quam magnum el quam multum sit; ad aliquid,
unde duclae translatio et comparatio ; post Uaec ubi et qvando, deindc facere, pali,
habere, quod est quasi armatum esse, vestitum esse; novissime xeio&ai , quod est
compositum esse quodammodo , ut sedere , slare , iacere (vielleicht ist an dieser oft
besprochenen Stelle zu lesen: ciliare, slare, iacere). Ebend. II, 14, 2.: et liacc
interpretalio non minus dura est, quam illa Flavii (wie oben Spald.) essentia alque
entia. Sen. Ep. 58.: cupio, si fieri polest, propil'us auribus tuis essentiam dicere ;
sin minus, dicam et iratis ; Ciceroncm auetorem huius verbi habeo, puto, locuplelem;
si reccntiorcm quaeris , Fabianuni diserlum et elegantem oralionis etiam ad nostrum
faslidium nitidae; quid enim fiel, tni Luciii, quomodo dicelur oiiola? Quint. Inst,
III, 6, 39.: est etiam alia in duos dividendi Status ratio, quae doccl, aut de subslantia
controversiam esse aut de qualüate. Ebend. Vll, 2, 5.: num et substantia
eius (sc. hominis) sub oculos venit , ul non possil quaeri, an sit. II, 21, I.: sin
hac appellatione verba ipsa signißcari putamus, nihil haec sine rcrum substantia faciunt.
II, 14, 3.: nos ipsam nunc volumus significarc substantiam etc.
29) Acad. I, 6, 24.: neque materiam ipsam cohaererc poluissc , si nulla vi.
cunlineretur , neque vim sine aliqua materia .... sed quod ex ulroque , id iam cor
pus el quasi qualilatem quandam nominabant ; dabitis enim profecto , ut in rebus
inusitalis utamur verbis interdum inauditis. 7, 25.: qualitates igilur appellavi,
quas noiörrjjtts Graeci rocant , quod ipsum apud Oraecos non est rulgi verbum,
sed philo sophorum audebimus ergo, inquil , novis verbis uti tc auetore, si neccsse
erit.
30) III, 6, 38 f.: L'clsus Cornelius duos et ipse. facit Status generales ....
qualilatem in rem et scriptum dividit; scripto qualuor partes legales exclusa Irans -
lalione ; quantitatem el mentis quaestionem coniecturae subiieit.
31) VIII, 4, 21.: illud quoque est ex relatione ad aliquid, quod non eius rci
yralia dictum videtur, amplißcationis genus. vgl. Anm. 28.
32) VIII, 2, 13.: quae vel vitunda apud iudicem ignarum signißcationum earum
bei interpretanda sunt, sieul in his quae homonyma vocantur, ut, taurus animal
sit, an mons , an Signum in coelo , an nomen hominis, an radix arboris , nisi distinclum
non inlelligitur. X, 1, 11.: sunt aulem alia huius nalurae, ut idem pluribus
voeibus declarent , ila ut nihil signißcationis , quo potius utaris intersit, ul
ensis el gladius.
33*
516 VIII. Römische Terminologie.
hingegen hat von vorneherein nur die rhetorische Definition im Auge33);
und diese letztere erscheint dann auch in den späteren Compendien
nach Schul-Regeln aufgeführt 34). Insoferne gesagt wird , die Definition
solle das eigenthümliche Wesen ausdrücken , so erkennen wir in den
Worten proprium oder proprielas leicht das peripatetische i'ötov aus der
aristotelischen Topik, während dasselbe zugleich nach ächt stoischer
Weise (Abschn. VI, Anm. 93 ff.) mit der Kategorie der Qualität (oben
Anm. 29.) zusammenfällt; und hinwiederum ebenso wird mit einer aus
drücklichen Berufung auf Aristoteles, welcher die Worte Symbole der
Begriffe genannt habe, der stoische Nominalismus des Begriffes verquickt,
indem als ein hauptsächliches Mittel der Begriffsbestimmung, insoweit
dieselbe das proprium betreffe, die nolalio, d. h. die etymologische Be
trachtung des Wortes, bezeichnet wird35). Sowie aber die Begriffsbe
stimmung durch ein mehr logisches Verfahren gesucht werden soll, so
befinden wir uns bei dem stoischen Motive des Einlheilens ; und wenn
auch bei gewöhnlicherer Schreibweise hiebei species und vars als sy
nonym gebraucht werden 36), so wird doch in der rhetorisdien Technik,
33) Aul. ad Hercnn. IV, 25, 35. : definitio est , quue rei alieuius proprias ampleclilur
potestates breviter et absolute. Cic. Off. I, 2, 7.: omnis enim quae ratione
suseipitur de aliqua re institulio, dcbel a definitionc proficisci, ul intelligatur, quid
sit id de quo dispuletur. Fin. II, 2, 5. : -ulqui haec patefactio quasi rerunt opertarum,
quum quid quidque sit aperilur, definilio est. ü. oral. I, 42, 189.: est
enim definilio earum rerum, quae sunt eius rei propriae quam definire volumus,
brevis et circumscripta quaedam explicalio. II, 39, 164. : si res Iota quaerilur, de
finitionc universa vis explicanda est. III, 29, 113.: quam autem tum quaeque res
habeat, definitio explicat, ut si quacratur, quid sit sapientiu. Orot. 33, 116.:
est definitio oratio, quae quid sit id de quo agilur, oslendit quam brevissime. Top.
5, 2ti. : definilio est oratio quae id quod definilur , explical quid sit. Quint. Inst.
VII, 3, 15.: an, si non dixero ,,homo est animul mortale rationale", non potero
exposilis tot corporis animique proprictatibus latius orutione dueta vel a diis eum
vel a mutis discemere? quid quod nec uno modo definilur res eadem?
34) Rutil. Lup. d. fig. sent. 2. p. 9. Capp.: Horismus (oyiopög); hoc Schema
fit, cum definimus aliquam rem nostrae causae ad utilitatem, neque tarnen contra
communem opinionem. Cur. Fortun. Rhet. II, p. 74. Capp. : definilio quol locis dividilur?
p. 77.: definitio legalis quol locis dividilur?
35) Cic. Parti, oratl. 12, 41.: quid, definitionis quae ratio est et quae via?
Non dubium est id quidem , quin definitio genere dcclarelur et proprietate quadam
aul eliam coinmunium frequentia, ex quibus proprium quid sit eluceat. Acad. II,
18, 56.: propter id quod dilucide docetar singularum rerum singulas proprietates
esse. Top. 8, 35.: multa eliam ex notalione sumunlur ; ea est autem, cum
ex vi nominis argumentum elicilur, quam Graeci Irv/io^oytav rocanl, id est verbum
ex verbo ,,veriloquium" , nos autem novitalem verbi non salis apli fugientes
genus hoc „notationem" appellamus , qui sunt verba rerum notae ; itaque hoc idem
Aristoteles ovußoXov appellat, quod latine est ,,nola". Quint. Inst. I, 6, 29.:
ideoque in definilionibus assignalur elymologiae locus. Ehend. V, 10, 58. : proprium
autem est aul quod soll accidit, ul homini sermo risus (yelaOTixöv ist das in der
Schule übliche Beispiel vgl. z. B. auch Lucian. Vit. uuet. 26.), aul quod utique
accidit, sed non soli, ul igni calefacere ; et sunt eiusdem rei plura propria, ut ipsius
ignis lucere calere ; itaque quodeunque proprium deerit, solvet finitionem , non
utique quodeunque erit, confirmabit; saepissime autem quid sit proprium' cuiusque
quaeritur, ut si per hvfioloyCav dicalur ,, lyrannicidae proprium est tyranmim
oecidere."
36) Z. B. Varro R. R. III, 3.: eius diseiplinae genera sunt tria harum
singula genera minimum in binas species dividi possunt, in prima parle ut sint
lerlii generis item species duae de his sex parlibus , ad isla tria genera etc.
VW. Römische Terminologie. 517
entsprechend demjenigen, was wir oben (Abschn. VI, Änm. 66 ff.) als
HSQiGfiog und diaigecig trafen , die partüio, welche das Ganze in Theile
zerlegt, von der divido , welche die Gattung in Arten theilt, unterschie
den. Und betreffs der letzteren begegnen wir bei Cicero ausser den
selbstverständlichen technischen Ausdrücken genus und differenlia auch
dem Worte forma, welches als Uebersetzung des griechischen sldog vor
geschlagen wird, da Cicero an dem Worte spepes aus rein grammati
schen Gründen wegen der Pluralformen desselben Anstoss nimmt ; ausser
dem aber auch erscheint hipr im Dienste der Lehre von der Eintheilung
ein technisches Wort, welches fortan in die lateinische Logik sich ein
bürgerte , nemlich nolio als Bezeichnung des Begriffes selbst und als
Uebersetzung des stoischen IWoia 37). Nun aber fallen in Cicero's
Terminologie, oder vielmehr in dessen Gehirn, die Momente „Begriff, Idee,
Artbegriff, Form, Definition" so bunt durcheinander, dass nicht nur bei
einem häufigen Gebrauche des Wortes nolio inhaltlich der Begriff mit
der Definition verwechselt ist, sondern auch im Sprach-Ausdrucke species
und forma und notio direkt als synonym gebraucht werden und hiebei1
jenes so eben verschmähte Wort species wieder anderwärts öfters zu l
Gnaden aufgenommen wird38); aber auch selbst in der Definition der
37) Cic. Top. 5, 28. : qtque etiam deßnitiones aliae sunt partitionum aliae divisionum;
partitionum , cum res ca quae proposita est quasi in membra discerpitur,
ut si quis ius civile dical id esse quod in legibus , senatusconsultis , rebus iudicatis,
iurisperitorum auetoritate , edictis magistratuum , more , aequitate consistat;
divisionum autem deßnitio formas omnes complectitur, quae sub eo genere sunt quod
definitur ; hoc modo: abalienatio est eins rei quae maneipi est aut traditio alleri
nexu aut in iure cessio ', inier qms ca iure civili fieri possunt. 6, 30.: in partitione
quasi membra sunt, ut corporis Caput humeri tnanus latera crura pedes et
cetera; in divisione formae , quas Gracci elärj vocant, nostri , si qui haec forte
tractant, species appcllant, non pessime id quidem, sed inuliliter ad mutandos casus
in dicendo; nolim enim ne , si latine possit quidem dici , ,,specierum" et ,,speciebus"
dicere, et saepe iis easibus utendum est, at ,,formis" et ,,formarum" velim
genus et formam definiunt hoc modo: genus est notio ad plures di/ferentias
pertinens, forma est notio cuius differenlia ad capul generis et quasi fordern referri
possit; notionem appello , quam Grauci tum (vvoi-av tum nQ6i.r^\piv formae
sunt eae in quas genus sine ullius praetermissione dividitur, ut si quis ius in legem
morem aequilulem dividal ; formas qui putal idem esse quod partes, confundit artem
et similitudine quadam conturbalus non satis acute quae sunt secernenda distinguit.
8, 33.: partitione sie utendum est, nullam ut partem rclinquas quod
idem in divisione vitiosum est; formarum enim certus est numerus quae cuiquc generi
subiieiantur ; partium distributio saepe est infinilior tanquam rivorum a fönte deduetio.
38) Fin. III, t>, 21.: simul autem cepil intelligentiam vcl notionem potius, quam
appellant iwoiav Uli, viditque etc. Ebend. 10, 33.: quumque rerum notiones in
animis fiant, si aut usu aliquid cognitum sit aut coniunetione aut similitudine aut
collatione rationis , hoc quarto , quod extremum posui, boni notio facta est. JVoi.
D. I, 16,43.: esse deos, quod in omnium animis eorum notionem impressisset ipsa
natura. Tusc. I, 24, 57.: insitas et quasi consignatas in animis notiones, quas
tvvoCai vocant. Ebend. V, 39, 114.: sine varictate colorum licebat vivere beale,
sine nolione rerum non licebat. Ebend. 10, 29.: neque ulla alia huic verbo, quum
beatum äieimus , subiecta notio est nisi secretis malis omnibus cumulala bonorum
complexio. Acad. I, 8, 30.: haue Uli läiav uppellabant iam a Piatone ita nominatam
, nos rede speciem possumus dicere. Orat. 5, 18.: insidebat in eius mente
species eloquentiae , quam cernebat animo , reapse non videbal. Ebend. 14, 43.:
excellentis eloquentiae speciem et formam adumbrabimus. Rep. II, 29, 51.: sit haec
forma et species et origo tyranni elc. Off. III, 20, 81.: explica atque excule in
telligentiam tuam, ut videas , quae sit in ea species, forma et notio viri boni.
518 VIII. Römische Terminologie.
Gattung und des Artbegriffes bleibt sich Cicero nicht gleich, und für
letzteren bedient er sich sogar wieder des Wortes pars neben species 39).
Uebrigens gieng erklärlicher Weise dieser ganze Complex von Auffassun
gen betreffs der Eintheilungs-Methode in die Schul-Regeln der späteren
Rhetorik über, wobei nur bemerkt werden mag, dass sprachlich in der
nachaugusteischen Zeit das Wort species vollständig das Uebergewicht
erhält, inhaltlich aber auch hier die Begriffe genus , species, differentia,
proprium an die Quinque voces streifen40); ja selbst auch der fünfte
derselben, das accidens , fehlt nicht41). — Betreffs der Lehre von den
Gegensätzen, soweit dieselbe auf Begriffe sich bezieht, sind bei Cicero
die Einflüsse peripatetischer Lehre unverkennbar; in der Terminologie
ist er so inconsequent wie überall. Das eine Mal nennt er conlrarium
den realen Gegensatz in aristotelischer Weise (Abschn. IV, Anm. 424.)
und disparalum dasjenige, was sich wie A und Nicht-A verhält; ein
anderes Mal hingegen ist ihm conlrarium der allgemeine Gattungsbegriff
des Gegenüberliegens überhaupt, entsprechend dem aristotelischen amxe/
fi£VOv, und er theill es dann in jene vier Arten, welche wir auch
bei Aristoteles trafen (Abschn. IV, Anm. 191 f.), wobei er dem ngog xi
39) D. orat. I, 42, 189.: genus avtem (vgl. Anm. 37.) est id quod sui similes
communione quadam, specic autem differentes, duas aut plures compleclitur partes;
partes autem sunt quae generibus iis ex quibus manant subiieiunlur ; omniaque quae
sunt vcl generum vel partium nomina, definitionibus quam vim habeant est exprimendum.
D. Inv. I, 22, 32.: genus est, quod plures partes ampleclitur , ut animal;
pars est, quae subest generi, ut equus ; sei saepe cadem res alii genus alii pars
est, nam hämo animalis pars est, Thebani aut Troiani genus. vgl. 28, 42. Oral.
4, 16.: nee vero sine philosophorum ßiseiplina genus et speciem cuiusque rei cernere
neque eam deßniendo explicare nee tribuere in partes possumus nec iudicarc
quae vera quae falsa sint, neque ccrncrc consequentia, repugnantia videre, ambigua
iistinguere. Ebend. 33, 117.: cum res postulabit, genus Universum in species certas
, ut nulla neque praetermittatur neque redundel , partietur ac dividel.
40) Sen. Ep. 58.: nunc enim primuin illud genus quaerimus , ex quo ceterac
species suspensae sunt, a quo nascilur omnis divisio , quo universa comprehensa
sunt; invenietur autem, si coeperimus singula retro legere, sie enim perducemur ai
primum ..... sie enim in species secabilur, ut dicamus „quod est, aut corporate
est aut incorporale ; " hoc ergo genus est primum et antiquissimum , ut ita dicam,
generale; cetera genera quidem sunt, sed speciulia, tanquam homo genus est. Quint.
Inst. VII, 1, 1.: sit igitur divisio rerum plurium in singulas , partitio singularum
in partes discrelus ordo et reeta quaedam localio prioribus sequenlia annectens.
Ebend. V, 10, 55.: finitioni subiecta maxime videnlur genus, species, dijjerens,
proprium; ex his Omnibus argumenta dueuntur ; genus ad probandam speciem minimum
vulet, plurimuM ad refellendam itaque a gencre perveniendum est ad
ultimam speciem contra species firmam probationem habet generis , infirmam
refutationem .... nunquam itaque tollclur a specie genus , nisi omnes species quae
sunt generi subiectae removeanlur. vgl. ebend. 62 f. Gell. IV, 1, 10.: nam hoc
quidem pervulgatum est, definitionein omnem ex generc et differentia consistere, Rutil.
L. d. fig. sent. I, p. 6. Capp. : merismus (jitQianög) ; hoc Schema singulas res separatim
disponendo et suum cuique proprium tribuendo elc. Cur. Fortun. Rhet. II,
p. 83. Capp. Anon. Exc. Rhet. p. 302.
41) Quint. Inst. III, 6, 36.: idem Theodoras, qui de eo , an sit, et de accidenlibus
ei quod esse constat , id est mqI ovalag xaX Ovußeßrjxoitov, existiniat
quaeri. IV, 2, 130.: sed hae quoque (sc. personae) inlerim cum suis accidenlibus
ponendae , cum id pro futurum est. V, 10, 23.: ut omnia in haec duo parliamur,
res atque personas , ut causa tempus locus occasio instrumenlum modus et cetera
rerum sint accidentia ; personis autem uon quidquid accidit exsequendum mihi est
■ • • , sed unde argumenta sumi possunt.
VIII. Römische Terminologie. 519
ävtmsijievov keinen eigenen Namen gibt, das Ivuvziov aber adversum, j
das ßrsqrrimbv mit einer Bemerkung über das privative „in-" ein privans,
und das cmocpatmov negans nennt 42). Es hat die Betrachtung der
Gegensätze für die Rhetorik nur einen Werth in Bezug auf die Lehre
von der refutalio; und es stellt sich hiehei in der nachaugusteischen
Zeil das Wort conlradiclio in juristisch-rhetorischer Bedeutung ein, so
wie auch opponere und opposilum gebraucht wird. Jedoch liegt hier
höchstens die Veranlassung zu der späteren technischen Fixirung vor,
denn die Worte laufen noch ziemlich bunt durcheinander; theils finden
wir als Unterarten des contrarium nun das opposilum (für Ivavxlov)
und das repugnans (uvjupmixov) und das disparatum (wie oben) und
hiezu das noxium , theils sind contrarium und privalio und opposilio
völlig synonym gebraucht; docli scheint zugleich opposilum für avuxei-
(isvov technisch geworden zu sein 43).
Für die Lehre vom Urtheile herrscht der stoische.Standpunkt. Auch
eine Spur der principiellen Ansicht der Stoiker, dass das Urtheil im '
Vergleiche' mit den Begriffen ein Product einer Zusammensetzung sei,
scheint uns überliefert zu sein44). Mit steter Beibehaltung der Bedeu
tung des stoischen a£/<afiß, insoferne dasselbe in der Alternative des
Wahr- oder Falsch-seins sein Wesen hat (Abschn. VI, Anm. 116.), be
mühen sich die Römer in verschiedener Weise um die Uebersetzung
dieses Wortes; Varro und sein Lehrer Aelius wählten proloquium, An
dere effalum, welches auch bei Cicero sich findet; bei letzterem aber
überwiegen neben allem Schwanken die Ausdrücke pronunliatum und
42) Cic. d. luv. 28, 42.: contrarium est, quod posilum in gerrere diverse- ab
eodem cui contrarium esse dicitur , plurimum distal, «f frigns calori, vitae morsf
disparatum autem id est, quod ab aliqua rc per oppositionem negationis separatur,
hoc modo, sapere , non safere. Top. 11, 47.: contrariorum genera plura ; unum
eorum quae in eodem genere plurimum differunt, ut sapientia slultitia; eodem autem
genere dicuntur , quibus propositis occurrunt tamquam e regione quaedatn contraria,
ut celeritati larditas , non debililas hacc quae ex, eodem genere contraria
sunt, appellanlur adversa , sunt eliam alia contraria, quae privantia licet appellemus
latine, Graeci appellant arenr/nxet; praeposito enim „in" privalur verbum ea
vi, quam haberei, st ,,in" praepositum non fuisset, dignitas indignitas , humanitas
inhumanilas nam alia quoque sunt contrariorum genera, velut ea quae cum
aliquo conferuntur , ut duplum simplum , multa pauca, longum breve , maius minus;
sunt etiam illa valde contraria, quae appellanlur neganlia ; ea anoiparixa Graeci
e contrario aientibus , ul ,,si hoc est, illud non est."
43) Quint. Inst. V , 13 , 36. : eadem adeersus contradictiones nobis oppositas
praecepla sunt, eberfd. 50. : at in scholis rede et contradictionibus occurremus,
ebend. 53.: nostra confirmanda sunt primum, tum quae nostris opponuntur refutanda.
III, 6, 92.: cum adversus unam intenlionem plura opponuntur. VII, 10, 12.: singulis
an universis opponenda refutalio. VII, 1 1, 30. : scio quosdam inani diligentia
per minutissimas isla partes seeuisse (31.) contrariorum quoque aliler aeeipi
opposila, ul noctem lud, aliler noxia , ul frigidam febri, aliter repugnantia, ut
verum falsa, aliter disparata, ut dura non duris; sed quid haec ad praesens pronositum
magnopere pertineant , non reperio. IV, 2, 60. : nam ne contraria aul sibi
repugnantia in narratione dicamus , etc. Gell. VI, 1, 3.: nullum adeo contrarium
est sine contrario altero quid aliud iuslilia est, quam iniustitiae privatio ? quid
item fortitudo intclligi posset , nisi ex ignaviae opposilione? Ebend. V, 12, 10.:
„vesani" autem et „vecordes" ex una lantum parte dicti , quae privativa est,
quam Graeci xaxa axiqnmv dicunt. Ebend. XVI, 8, 13.: opposita, quae «vrtxelfttvct
Graeci dicunt. Anon. Exc. Rhet. p. 302. Capp. Vgl. Anm. 51.
44) s. die Stelle aus Varro l. L. in Abschn. VI. Anm. 109.
520 VIII. Römische Terminologie.
besonders enunlialum oder enunliatio, woran sich auch Spätere hielten45).
Die von peripatetischer Seite hereinkommende Bezeichnung proposilio
werden wir erst bei Appulejus und dann bei Boethius treffen ; das Wort
iudwium_ aber, welches bekanntlich im Mittelalter' neben enunliatio zur
Geltung kömmt, streift hei Cicero und besonders bei Quintilian wohl
sehr an diese Bedeutung hin, tritt aber nicht als technischer Ausdruck
auf46). Dass übrigens auch die stoische Eintheilung der verschiedenen
Satzarten, welche dem logischen Urtheile coordinirt stehen, in die rö
mische Rhetorik ebenso wie in die griechische (Anm. 10.) Aufnahme
fand, sehen wir daraus, dass der Unterschied zwischen nvafia und cqcorrjft.
ee noch bei einem späten Rhetor angeführt wird 47). — In Bezug
aber auf das sog. kategorische Urtheil und namentlich dessen Eintheilung
in bejahende und verneinende scheint im Zusammenhange mit der Ge
gensätzlichkeit des Wahr - und Falschseins und mit der sophistisch zu
gespitzten Frage (Anm. 26.) die Bezeichnung aio und nego, welche Worte
45) Gell. XVI, 18, 2 — 8.: in primo ntQi a$ia>[iaTiav discendum, quae M.
Varro alias profata alias proloquia appellal; commenlarium De proloquiis L. Aclii
docti hominis, qui magistcr Varronis fuit , studiose quaesivimus sed in eo
nihil edocenler neque ad instituendum explanate scriptum est ... redimus igitur
necessario ad graecos libros, ex quibus aeeepimus ä'^toi/xa esse his verbis: ley.Tov
avToreXis anotfetwov oaov £</ 1 ictvrip. hoc ego supersedi verlere sed M.
Varro in libro De lingua iatina quarto et vicesimo expedilissime Ha finit : ,,proloquium
est senlentia, in qua nihil desideratur. Erit aulem planius, quid islud
sit, si exemplum eins dixerimus; a^lwfx« igitur, sive id proloquitim dicere placet,
huiuscemodi est: „Ilannibal Poenus fuit. Scipio Numanliam delevit. Milo caedis
dumnatus est. Neque bonum est voluptas neque malum." Et omnino quidquid
ila dicilur plena atque perfecta verborum senlentia , ut id necesse sit auf verum
aut falsum esse, id a dialeclicis «fi'tu^ß appellatitm est, a M. Varrone , sicuti
dixi, proloquium, a M. aulem Cicerone pronuntiatum , quo ille tarnen vocabulo
tantisper uti se testatus est, quoad melius, inquit , invenero. Appul. d. interpr.
p. 265. Oud.: sola ex Omnibus veritati aut falsituti obnoxia , quam vocat Sergius
effatum, Varro proloquium, Cicero enunlialum, Graeci prolasin tum axioma. Cic.
Tusc. I, 7, 14.: omne pronuntiatum , sie enim mihi in praesentia occurrit , ul appellarcm
tt££(oua , ular posl alio , si invenero melius, id ergo est pronuntiatum,
quod est verum aut falsum. Acad. II, 29, 95.: nempe fundamenlum dialecticae
est, quidquid entmiietur — id autem appcllant ct^iojfjct, quod est quasi effatum
— aut verum esse aut falsum. D. fat. \, 1.: explicandaque vis est ratioque
enuntialionum , quae Graeci aiiojf^ura vocanl. obend. 9, 19.: omne enunlialum
aut verum aut falsum esse. 10, 20.: non omnis enunliatio, quod ailtofia dialectici
appcllant, aut vera aut falsa erit. 12, 27.: an alitcr haec enunliatio vera
esse non polest „capiel Numanliam Scipio." 28. : nec si omne enunlialum aut
verum aut falsum est. Sen. Ep. 117.: dico deinde ,,('ato ambulat"; non corpus
quidem est quod nunc loquor , sed enuntialivum quiddam de corpore, quod alii
effatum vocanl alii enunlialum alii ediclum. Quint. Inst. VII, 3, 2.: finitio igitur
est rei propositae proprio et dilucida et breviler comprehensa verbis enunliatio.
46) Z. B. Cic. Tusc. I, 1.: meum semper iudicium fuit, omnia nostros aut invenisse
etc. D. oral. II, 28, 122.: sine ulla dubitatione sie staluo et iudico , ne
minem omnium etc. Farn. III, 4, 1. : quod egomet mullis argumenlis tarn antea
iudicaram. Quint. Inst. V, 11, 36.: iudicia aut iudicationes vocanl, non de quibus
ex causa dicta senlentia est sed si quid ila visum genlibus, populis , sapientibus
viris , claris civibus , illuslribus poetis, referri polest. VI, 5, 3.: nec multum
a iudicio credo distare consilium, nisi quod illud ostendentibus sc rebus adhibetur,
hoc latentibus .... et iudicium frequentissime cerlum est. VI, 3, 6. : varia hominum
iudicia in eo, quod non ralione aliqua, sed motu animi quodam, nescio an cnarrabili
, iudicatur.
47) Aqu. Rom. d. fig. sent. p. 18. Capp.
VIII. Römische Terminologie. 521
auch hei Plautus und sonst als volksthflmlich erscheinen, auch technisch
üblich geworden zu sein, so dass man aienlia und negantia als Uebersetzung
von Kumcpatinov und anotpuTwov sagte 48). Wir werden diese
Worte noch bei Marcianus Capeila in technischer Bedeutung finden, bei
Appulejus aber dedicadvus und abdicativus treffen, hingegen affirmatio <^
und negalio erst hei Boethius. Auch für jene Arten des Urtheiles, von wel
chen wir sahen, dass sie bei den Stoikern fast ausschliesslich im Dienste
der Syllogistik stehen, suchte man lateinische technische Ausdrücke ; nemlich
das avvriiifisvov (Abschn. VI, Anm. 125) wird adiunctum oder connexum
genannt,- und das Gvpmnltyu,svov heisst coniunclum oder copulatum,
wobei auch die formelle stoische Regel (ebendort Anm. 155) be
treffs desselben erwähnt wird 49). Von besonderer Wichtigkeit aber für
die in der Rhetorik zweckdienlichen dilemmatischen Schlüsse ,(s. oben
Anm. 16 u. unten 62) ist das die&vyfisvov, und schon bei Cicero fin
den wir die Bezeichnung disiunclum oder disiunclio vollständig einge
bürgert 50) ; bei Gellius aber ist die älteste Stelle für den technischen
Ausdruck disiunclivum proloquium, und derselbe verknüpft auch mit der
Angabe der formellen Regel des disjunctiven Urtheiles (Abschn. VI, Anm.
156) eine Notiz über das TtuQudii&vyfievov (s. Abschn. X, Anm. 38 u. 53),
welches eine unrichtige Disjunction enthalte , insoferne keine wirkliche
oder vollständige Exclusivilät zwischen den Gliedern bestehe 51). Uebrigens
verstehen wir nun sehr wohl, wie es gekommen sei, dass wir
48) Cic. Top. 11, 49. (s. Anm. 42.): sunt etiam illa valde contraria quae appellanlur
negantia; ea anoiptirixu Graeci e contrario aientibus. D, fat. 16, 37.:
contraria autem hoc loco ea dico , quorum allertm ait quid alterum negat. Gell.
XVI, 2, 9.: nam si ita ego istorum aliquem rogem „quidquid non perdidisti, habeasne
an non habeas", postulo ut aias aut neges ; utrumcunque breviter responderit
, capietur.
49) Gell. XVI, 8, 9.: sed quod Graeci owrjfifiivov ftiCwfia dicunt, alii
uostrorum adiunctum alii connexum dixerunt; id connexum tale est ,,si Plato
ambulat , Plato movetur. Si dies est , sol supra lerras est " ; item quod Uli Ovfininl.
tyu.ivov, nos vel coniunclum vel copulatum dicimus, quod est eiuscemodi
Scipio Pauli filius et bis consul fuit et triumphavit et censura functus est et
collega in censura L. Mummii fuit " ; in omni autem coniunclo si unum est mendacium,
ctiamsi cetera vera sunt, tolum esse mendacium dicitur.
50) Cic. Nat. D. I, 25, 70. : idem facit contra dialecticos, a quibus quum traditum
sil , in Omnibus disiunctionibus in quibus „aut etiam aut non" poneretur,
uUerutrum verum esse, pertimuit elc. D. fat. 16, 37.: nccesse est enim in rebus
conlrortis duabus — contraria autem hoc loco ea dico quorum alterum ait quid
alterum negat — ex his igilur necesse est invito Epicuro alterum verum esse
ullerum falsum. Acad. II, 30, 97.: dialectici sie statuunt , omne quod ita dis-
'Wlum sit quasi „aut etiam aut non" non modo verum esse sed etiam necessaram.
Top. 14, 56.: quae conclusiones ideirco ratae sunt, quod in disiunetione
plus uno verum esse non polest.
51) Gell. V, 11, 8.: non ratum id neque iustum, disiunetivum esse ait, quo-
•Mm non necessum sit alterum ex duobus quae disiunguntur verum esse, quod
'« prolofut'o disiunetivo necessarium est. Ebend. XVI, 8, 12.: est item aliud
Q,iod Graeci äie£evytuivov ä^dofia, nos disiunclum dicimus; id huiuscemodi est
»aut malum est voluplas aut bonum , aut neque bonum neque malum est";
omni« autem quae dismnguntur , pugnantia esse inier sese oportet, eorumque
"Pposita, quae avuxeCfiiva Graeci dicunt, ea quoque ipsa inier sese adversa
es,c; ex omnibus quae disiunguntur unum esse verum debet , falsa cetera ; qtmdsi
aut nihil omnium verum aut omnia plurave quam unum vera erunt, aut quae
ftiiutwta suni non pugnabunt, aut quae opposila eorum sunt contraria inter sese
522 VIII. Römische Terminologie.
noch bis zum heutigen JTage in unserer Logik mit zwitterhafter Kunstspräche
das griechische WpH^^iyjiotlietisch" und andrersefeJ*B™l«tein||£
Efc37disjunctiYJ' gebrauchen ; nemlich die Schultheorie der Stoiker,
welche des Ausdruckes "vno^tri%6v in diesem Sinne sich nicht bedien
ten, ging eben vermittelst der Rhetorik früher zu den Römern über,
und die&vyfisvov wurde dort schon früh mit disiunclivum übersetzt;
hingegen erst nach der Thätigkeit der späteren Peripatetiker und Commentatoren
wurden auch die theophrastischen Voraussetzungsschlüsse und
hiemit das Wort vjto&eumg den Römern bekannt, welches wohl Appulejus,
wie wir sehen werden, mit condüionalis übersetzt, Boethius aber,
auf welchem die mittelalterliche Logik beruht, als „hypolhelicus" gleich
herübernimmt. Nicht ohne Zusammenhang wohl mit der juristisch-rheto
rischen Anwendung des Dilemma's ist es , wenn für das disjunetive Urtheil
auch die Bezeichnung alternalio („Alternative") üblich wird, welches
Wort in dieser Bedeutung zuerst in den Pandekten sich findet 52).
Was die Syllogistik betrifft, so verstellt sich von selbst , dass auch
hier die rhetorische Form des Syllogismus, nemlich das Enthymema, seine
Rolle spielt53), und auch die snayayr], für welche das Wort induclio
gewählt wird, hat in jener Weise, in welcher sie in der Rhetorik als
Beispiel und Aehnlichkeit auftritt, keine logische Bedeutung, wenn auch
Cicero in seiner läppischen Manier mit Aristoteles kokettirt und sagt,
Alles werde entweder durch Induction oder durch Syllogismus bewiesen,
wobei er dann eine höchst alberne Definition der Induction auskramt 54).
non erunt , tunc id disiunetum mendacium est et appellatur 7ic(Qudte(evy/*tvov ;
siculi hoc est in quo opposita nun sunt contraria „aut curris aut ambulas aul
slas" , nam ipsa quidem inler sese adversa sunt , sed opposita eorum non repugnanl,
non ambulare enim et non stare et non currere contraria inler sese non sunt , quoniam
contraria ea dicuntur quae simul vera esse non queunt; possis enim simul
eodemque tempore tieque ambulare neque sture neque currere.
52) L. 7, §. 4. Dig. lniur. (47, 10.) Ulp. certum cum dicere Labeo ait, qui
dicat nomen iniuriae neque sab alternatione, puta ,,illud aut itlud", sed illam iniuriam
se passum. L. 2, §. 3. Dig. Pec. const. (13, 4.) Ulp. proinde mixta inquit
rerum allernatio locorum altemationi ex necessitate facit actoris electionem. L. 9.
Dig. Serv. corr. (11, 3.) Ulp. qui cum extraneo egit , sive reeepit sive corruperit,
agere polest; qui cum socio, sine alternatione, id est, si corrupit.
53) Quint. Inst. I, 10, 37.; verum et orator, etiamsi raro, non tarnen nunquam,
probabit diulectiee , nam et syllogismis , si res poscet, utetur et certc cnlhymemate
qui rhetoricus est Syllogismus. V, 14, 1.: habet enim (sc. enthymema) rationem et
propositionem , non habet conclusionem ; ila est ille imperfectus Syllogismus. Cur.
Fortun. Rhet. II, p. 87. Capp.: quo di/fert a se Syllogismus philosophorum et enthy
mema rhetorum? Syllogismus habet alle probationem, enthymema ex proximo ; item
quod Syllogismus est plcnus omnibus parlibus probationis, enthymema non omnibus.
54) Cic. Top. 10, 42. : sunt enim similitudines, quae ex piuribus collalionibus
perveniunt quo volunt, haec ex piuribus peneniens quo vult appellatur induclio,
quae gracce inayoiyt] nominatur, qua plurimum est usus in sermonibus Socrates.
D. inv. I, 31, 51.: omnis igitur argumentatio aut per induetionem tractanda est aut
per ratiocinationem; induclio est oratio quae rebus non dubiis captat assensiones
eins quicum inslituta est, quibus assensionibus facit, ut Uli dubia quaedam res
propter similitudincm earum rerum quibus assensit, probetur. Quint. Inst. V, 11,2.:
nam idem (sc. Cicero) omnem arguminlalionem dividit in duas partes, induetionem
et ratiocinationem, ut plerique Graecorum in netQaieiyfiata et- inixtigy/nna,
dixeruntque nciQaSeiyfAu (>rjTOQmrjV inaymyqv. nam Uta qua plurimum est So
crates usus, hanc habuit vim id est induclio. M. Rufin. d. fig. sent. p. 34.
Capp. Cur. Fortun. Rhet. II, p. 87.
VIII. Römische Terminologie. 523
Der SchJus's, insoweit derselbe der rhetorischen argumentatio dient,
heisst bei Cicero ratiocinalio 5S) , neben welchem Worte aber auch conclusio
sowohl für den ganzen Schluss als auch für den Schlusssatz er
scheint, und in gewöhnlicher Schreibweise erscheint das Verbum concludere
sehr häufig, wofür als synonym auch coljigere gebraucht wird;
und diese sämmtlichen Bezeichnungen , namentlich aber auch collectio,
gehen in die nachaugusteische Zeit über50); in dieser letzteren aberstellt
sich auch die Anwendung des Wortes Syllogismus ein , und im Zusam
menhange mit dem Wesen des eigentlich logischen Schlusses und seines
Unterschiedes von dem rhetorischen wird selbst von apsdixis gespro
chen 57). Einen Beleg dafür, dass überhaupt der allmälig reichere Schul
betrieb den Römern auch die peripatetische Logik aufschloss, haben
wir bei Gellius, welcher ausdrücklich die schulmässige Formulirung der
Syllogismen erwähnt und einmal selbst die aristotelische Definition zu
Überselzen versucht, sowie er anderswo einen Fehler gegen das apodeiktische
Schlussverfahren erwähnt 5S). Solches haben wir als Vorberei
tung zur Entstehung lateinischer Compendien der Logik zu betrachten.
55) Cic. Inv. I, 34, 57.: ratiocinalio est oratio ex ipsa rc probabile aliquid
eliciens, quod expositum et per se cognilum sua se vi et ralione confirmet. Ebend.
II, 5, 18'.: raliocinatio est aulem diligens et considerata faciendi aliquid aut non
faciendi excogitatio.
56) Ebend. I, 29, 45. : Simplex autem conclusio ex neccssaria conseculione
con/ictiur. Divin. II, 49, 103. : conclusio autem rationis ca probanda est, in qua
ex rebus non dubiis id quod dubitatur efßcitur. Oral. 35, 122.: singulis argumenlutionibus
ita concludendis , ut efficiatur quod Sit conscquens iis, quae sumenlur
a<i quamque rem confirmandam. Acad. II, 14, 44.: nam concludi argumentum non
potest nisi iis quae ad concludendum sumpta erunt ita probatis , ut falsa eiusdcm
modi nulla possinl esse. D. oral. II, 53, 215.: demonstratio , id quod concludere
Uli reimt , non effici ex propositis nec esse consequens. Quint. Inst. V, 10, 2.:
certam quandam argumenti conclusioncm vel ex consequentibiis vcl ex repugnantibus.
Cic. Off. II, 16, 57.: bcne etiam colligit , haec pueris esse grata. Hör. Sal.
II, 1, 51.: sie collige mecum. Quint. Inst. II, 20, 5.: quod philosophi quidem
mullis et acutis conclusionibus colligunt. IX, 2, 103. : collectionem, qui apud
illum (sc. Celsum) est avXkoytß/xög. Sen. Ep. 45. : quod tu Uli sublilissima collectionc
persuaseris. Ep. 85.: qui prudens est .... sine tristitia est; qui sine
trislilia est, bealus est; ergo prudens beatus est; liuic collectioni respondent.
57) Sen. Ep. 108.: reliclis am.biguitatibus et syllogismis et cavillaiionibus et
celeris acuminis irriti ludkris. Quint. Inst. III, 6, 15.: et in syllogismo Iota ra
liocinatio ab eo est qui intendit. V, 10, 6.: quidam epichirema ralionem appcllarml,
Cicero melius ratiocinationem , quanquam et ille nomen hoc duxisse magis
« syllogismo videtur, nam et Station syllogislicum raliocinalivum appellat exemplisque
utitur philo sophorum , et .quoniam est quaedam inier syllogismum et epi
chirema vicinilas , potest videri hoc nomine rede abusus; anöäti'iis est evidens
probalio quidam inesse epichiremati apodixin putanl et esse partem eius
conßrmantein. V, 14, 14.: epichirema aulem nullo differt a syllogismis, nisi
quod HU et plures habeni specics et vera colligunt veris , epichirematis frequentior
circa credibilia est usus. III, 6, 43.: ratiocinativus Status, id est Syllogismus.
58) Gell. II, 8, 7.: ncque id ei negotium fuil (sc. Epicuro), syllogismum
lanquam in scholis philo sophorum cum numeris omnibus et cum suis fmibus disiculi
eliain, quod conclusioncm syllogisnü non in fine posuit, sed in
prineipio. XV, 26.: Aristoteles, quid Syllogismus esset, Iiis verbis definivit: Xoyog,
lv <l> xtMvTiav Ttvidv eztoöv ti tiSv xeiiie'vojv H c\väyxr\q avfißaCvei Sia
tw» xtiptvajv. eius definitionis non videbalur habere incommode interpretatio
fucla hoc modo : Syllogismus est oratio , in qua consensis qaibusdum et concessis
aliud quid, quam quae concessa sunt, per ea quae concessa sunt, neecssario
conficitur. XVII, 5, 3.: rheloricus quidam. sophista usum esse existimabal
524 VIII. Römische Terminologie.
Jene Lehre vom Schlüsse aber, welche durch die rhetorische The
orie durchblickt, ist keine andere, als die stoische, welche wir oben (Abschn.
VI, Anm. 182) in den sog. uvanöSuxroi kennen lernten. Cicero über
setzt Xtfujicaa mit sumpliones, nQogktjipig mit assumplio, kmcpoqa mit
complexio , gebraucht aber für den Obersalz das Wort propositio ; wegen
der möglichen Nöthigung aber, sowohl die propositio als auch die as
sumplio wieder zu beweisen, gelangt er auf fünf Bestandteile der ganzen
Beweisführung 59). Ja es gibt Cicero sogar einmal die Formulirung jener
stoischen Schlussweisen — allerdings einfältig genug ist es, dass er es
in der Topik thut —, wobei wir als etwas Eigentümliches nur zu er
wähnen haben, einerseits dass Cicero bei der dritten Schlussweise unter
scheidet, je nachdem im Obersatze zwei oder mehrere Glieder aufgezählt
sind, wobei dann im ersteren Falle der Untersatz wieder entweder ver
neinend oder bejahend sein könne, welch letzte zwei Schlussweisen er
eben von der dritten trennt und als sechste und siebente zählt (vgl.
auch Abschn. XII, Anm. 13 u. 69.); und andrerseits dass er jene
dritte als das iv&vfir^ia im engern Sinne bezeichnet; sprachlich mag
bemerkt werden, dass er unoepcniKt] 6vnnkom\ durch coniunclionum
negantia übersetzt 60). Diese Schlussweisen sowie diese specielle Beargumenlo
M. Tullittm non probo neque apodictico , sed eiusdem quaestionis cuius
esset ea ipsa res, de qua qmereretur , verbisquc id Vitium graecis appellabat,
quod accepisset a/iff isßrjTovficvov «vrl ofioXtyj'ovfih'ov (5) argumenta aittcm
censebat auf probabilia esse debere aut perspicua et minime conlrovcrsa , idque
apodixin vocari dicebat , cum ea quae dubia aut obscura sunt , per ea quae ambigua
non sunt , illustranlur.
59) Cic. Divin. II, 53, 108.: sed demus tibi istas duas sumpliones , ea quae
Irin/AttTct appellant dialectici, sed nos taline loqui malumus ; assumplio , tarnen,
quam n{>6ii.r\\\iiv iidem vocant, non dabitnr. vgl. ebend. 51, 106. Inv. I, 36, 63.:
ea est huiusmodi: si, quo die isla caedes Romae facta est, ego Athenis eo die
fui, in caede interesse non potui ; hoc quia perspicue verum est, nihil attinet approbari;
quare assumi statim oportet hoc modo: fui aulcm Athenis eo die; hoc
si non conslat , indiget approbationis , qua indueta complexio consequetur
(64.) si quadam in argumentatione satis est Uli assumptione et non oportet adiungere
approbatiunem assumptioni , quadam autem in argumentatione infirma est assumptio,
bis« adiuneta sit approbatio 67.: quinque sunt igilur partes eius
argumentalionis .... propositio .... propositionis approbatio .... assumplio per
quam id quod ex proposttione ad ostendendum pertinet , assumilur ; assumptionis
probatio complexio per quam id quod conficitur ex omni argumentatione,
breviter exponitur. 40, 72.: sunt autem qui putant nonnunquam possc complexione
supersederi, cum id perspieuum sit quod conficiatur ex ratiocinatione.
Quint. Inst. V, 14, 5.: epichiremalos et qualuor et quinque et sex eliam factae
sunt partes a quibusdam ; Cicero maxime quinque defendit, ut sit prapositio,
deinde ratio eius, tum - assumplio , et eius probatio, quinta complexio; quia vero
interim et propositio non egeal ralionis et assumplio probationis , nonnunquam
eliam complexionc opus non sit, et quadripertilam et tripertitum et biperlilam
quoque fieri posse ratiocinationem.
60) Top 13, 54. : appellant autem. dialectici eam conclusionem argumenti,
in qua, cum primum assumpseris , consequilur id quod annexum est, primum
conclusionis modum; cum id quod annexum est, negaris , nt id quoque cui fuerit
annexum, negandum sit, secundus is appellatur concludendi modus; cum autem
aliqua coniuneta negaris et ex iis unum aut plura sumpseris , ut quod relinquitur,
toUendum sit, is terlius appellatur conclusionis modus; ex hoc illa rhetorum
ex conlrariis conclusa, quae ipsi (vH-vfir/ficcTa appellant, non quin omni s senlentia
proprio nomine ivS-v/^rjfia dicatur, sed sie, cum omnis senlentia iv&v/tTjfia
VIII. Römische Terminologie. 525
deutung des Enthymema gingen auch in die spätere Rhetorik über61).
Ferner erscheint auch das rhetorische Dilemma (s. oben Anm. 16), son
derbarer Weise gleichfalls mit dem Namen complexio bezeichnet °2).
Endlich auch das Material der rhetorisch-sophistischen Kunststücke
und Fangschlüsse fand reichlich bei den Römern Eingang. Das Wort
GocpiGfia wird ursprünglich durch cavillalio übersetzt, neben welchem
aber auch die griechische Bezeichnung selbst gleich herübergenoramen
wird; auch captio wird gebraucht03). Es machten bekannlich derlei
Spielereien auch bei den Römern einen Theil der gesellschaftlichen Unterdieatur,
quia videtur ea quae ex conlrariis conficitur , acutissima, sola proprie
nomcn commune posscdil (56.) reliqui dialecticorum modi plures sunt qui ex
disiunctionibus conslant : aut hoc aul illud, hoc aulem, non hjitur illud; itemque :
aut hoc aul illud, non autem hoc, illud igitur atque ex iis conclusionibus
.... prior quartus , posterior quintus a dialeclicis modus appellatur ; deinde addunt
coniunclionuni negantiam, sie: non et hoc et illud, hoc aulem, non igitur
illud; hic modus est sextus ; septimus aulem: non et hoc et illud, non aulem
hoc, illud igitur. Ex iis modis conclusiones innumerabiles nascuntur , in quo est
Iota fere dialtxjixr).
61) Quint. Inst. V, 8, 5. : nec ulla confirmalio nisi aut ex consequenlibus
aul ex repugnanlibus (diess ist die stoische axoXovfUa oder fxä/r\ , vgl. auch
Abseht). X, Anm. 31 ff.) omnium probationum quadruples ratio est , ut vel
quia est aliquid, aliud non sil , ut ,,dies est, nox non est", vel quia est aliquid,
et aliud sit ,,sol est super lerrum, dies est", vel quia aliquid non est, aliud sit
„nox non est, dies est", vel quia aliquid non est, nec aliud sit „non est rationalis
, nec homo est." (Von den fünf stoischen avanodttxroi fehlt hier der dritte,
die übrigen vier sind in der Reihenfolge 4, 1, 5,2 aufgezählt.) Ebend. VIII, 5,9.:
enthymema quoque est omne quod mcnle coneepimus , proprie tarnen dicitur, quae
est sententia ex conlrariis , propterea quod eminere inier ceteras videtur. Jul. Rufin.
d. fig. sent. p. 33. Capp.: enthymema fit, cum periodus orationis ex conlrariis
scntenliis aslringitur.
62) Cic. Inn. I, 29, 45.: complexio est, in qua, utrum concesseris , reprehenditur,
ad hunc modum: si improbus est, cur uleris? si prolms , cur accusas?
Quint. Inst. V, 10, 69.: fit etiam ex duobus , quorum necesse est alterutrum, eligendi
adversario poleslas efficiturque , ut utrum clegeril noceat. Vgl. Ascon. ad
Cic. Die. in Caec. 14.
63) Cic. d. Orot. II, 54, 217.: inveni autem ridicula et falsa multa Graecorum
.... sed qui eins rei rationem quandam conali sunt artemque tradere , sie
insulsi exstiterunl, ut nihil aliud eorum nisi ipsa insulsitas rideatur ; quare mihi
nullo videtur modo doctrina isla res posse tradi; etenim cum duo genera sint facetiarum
, ullerum aequabiliter in omni sermone fusum, alterum peracutum et
breve , Uta a veleribus superior cavillalio haec altera dicacitas nominata est. Hier
jedoch steht cavillalio nicht in völlig technischer Bedeutung , und auf eine verlorne
Schrift Cicero's muss sich beziehen, was Sen. Ep. 111. sagt: quid vocenlur latine
sophismatu, quuesisli a nie; multi lenlaverunt Ulis nomcn imponere, nulluni
haesit , videlicet quia res ipsa non reeipiebatur a nobis nec in usu erat, nomini
quoque rcpugnulum est; uplissimum tarnen videtur mihi, quo Cicero usus est;
cavillalioncs vocal , quibus quisquis se tradidil , quaesliuneulas quidem vafras
nectit. Quint. Inst. IX, 1, 15.: nam Iii, quia verborum mutatio sensus quoque
verterel, omnes figuras in verbis esse dixcrunl, Uli, quia verba rebus aecommodarenlur
, omnes in sensibus; quarum utraque manifesla cavillalio est. VII, 9, 4.:
ineptae sane cavillalionis , ex qua tarnen Graeci controversias dueunt. VII, 4, 37.:
hinc moveniur quidem mille iuris cavillationes. Cic. Acad. II, 24, 75. : quorum
sunt contorta et aculeata quaedam ao(p(Ofiaia, sie enim appellanlur fallaces conclusiunculae.
Sen. Ep. 45.: idem de istis captionibus dico; quo enim nomine
potius sophismala appellem ? Gell. VII, 3, 35. : rem admodum insidiosam et sophisticam
neque ad veritates magis quam ad capliones repertam.
526 VIII. Römische Terminologie.
haltung aus, und wir finden in Folge dieses Umstandes mehreres Der
artige überliefert; ein Lieblingsthema waren Schlüsse jener Art, welche
wir oben (Abschn. VI, Anrn. 217) unter dem Namen avnarQeqiov trafen,
und welche in ihrer Verwandtschaft mit dem rhetorischen Dilemma na
mentlich auch eine juristische Wendung erhalten64); das Gleiche gilt
von dem cinoQog (Abschn. VI, Anm. 216) oder inexplicabüis , wobei ein
Beispiel in Bezug auf die Majorität der Richter erwähnt wird 65). Sodann
als Aufgaben, welche beim Gastgelage gegeben wurden, erscheinen der
KeQctrUit]g und der Wevööfievog (Abschn. II, Anm. 90 u. 83), ferner
Schlüsse, welche die Continuität der Bewegung aufheben (ebendort, Anm.
99 ff. u. Abschn. VI, Anm. 210), auch das Sophisma von der Maus
(Maus ist eine Sylbe ; die Maus frisst Käse ; also eine Sylbe frisst Käse)
und mehrere, welche dem O'vxig (Abschn. VI, Anm. 213) sich anschliessen,
— alles Dinge, wobei wir nur die geistreiche Erbärmlichkeit bewundern
können, welche bei dem Vorhandensein einer aristotelischen Logik an
solchem Blödsinne ein Vergnügen fand 66). Zum Theile bemerkenswerth
64) Gell. V, 11.: Exislimant quidam, eliam illud Bianlis responsum
consimile esse alque est Protagorion illud .... nam cum rogatus esset o quodam
Bios, deberelne uxorem duccrc an vitam vivere coelibem: rjrot , inquit , xa).rrv
'i'ieig rj alo/oav , xal ei xair)v , fl«f xoivrjV, ei tti aia/Qav, i^ets nowr\V
exaieoov de oix ccya&oV ov Xnnriov üqa. Sic autem hoc rtsponsum convtrlunt:
ei fxiv xaXrjv ?f«a, ov/ f'|cu noivrrv ei Se ctiayQuv , oi% f'|w xowrrv'
■ya/xrjriov ccoa. Scd minime hoc esse videlur ävziözQe'cfov , quoniam ex altero
latere conversum frigidius est infirmiusquc ; nam Bias proposuit, non esse ducendam
uxorem propter alterulrum incomnwdum , qaod necessario patiendum erit ei
qui duxerit ; qui converlil autem, non ab eo sc dcfendit incommodo, quod adest,
scd carere se altero dicit , quod non adest. Ebend. IX, 16, 5.: siculi hanc quoque
sentcntiam ponit ex huiuscemodi controvcrsia : „vir fortis pracmio quod optaverit
donctur; qui fortitcr fccerat, petit altcrius uxorem in malrimonium et accepit ;
is deinde, cuia ea uxor fuerat, fortitcr fccit ; rcpetil candem ; contradicitur."
eleganter, inquit, et probabililcr ex parte poslerioris viri fortis uxorem sibi rcddi
poslulantis hoc dictum est ,,si placet lex, redde ; si non placel , reddc." fugil
autem Plinium, senlentiolam islam, quam pulavit esse argutissimam , vitio non
carere, quod graecc aviißrQe'qov dicitur; et est Vitium insidiosum et sub falsa
lemmatis specie lalcns; nihilo cnim minus converti ex contrario id ipsum advcrsus
eundem polest, alque Ha a priore illo viro forli si ,,dici placel lex, non rcddo;
si non placel, non rcddo." Cur. Fortun. Rhet. 1, p. 55. Capp.: quae est atUislrephusa?
quum aclionem suam convcrlunl litigantes et neuter .utitur sua priore
senlentia, sed adversarii sui.
65) Gell. IX, 15, 6.: exponit igilur tentamenti gralia conlroversiam parum
consistenlem , quod genus Graeci anonov vocant; latine autem id non nimis incommode
inexplicabile dici polest; ea controvcrsia fuit huiuscemodi: ,,de reo Sep
tem iudices cognoscant eaque senlentia sit rata , quam plures ex eo numero dixerinl
; cum Septem iudices cognovissent , duo censuerunt reum exilio muletandum,
duo ulii pecunia , tres reliqui capilc puniendum ; petilur ad supplicium cx senlentia
trium iudicum et contradicit."
66) Scn. Ep. 45. : Ccterum qui interrogalur an cornua habeal Quid me detines
in eo, quem tu ipse pseudomenon appellas. Ebend. Ep. 48.:. nisi interrogaliones
vuferrimas slruxero et conclusione falsa a vero nasecns mendacium adstruxero
,,mus syllabu est; mus autem cascum rodil; syllaba ergo cascum rodit" ....
nisi forte acutior est illa colleclio : „mus syllaba est ; syllaba autem cascum non
rodil; mus ergo cascum non rodil." Gell. V, 13, 4.: quaerebantur autem ... tv-
&v(xrj[j.ciTtt quaedam lepida et minula quaesilum est , quando moriens moreretur,
cum iam in motte esset, an tum eliam , cum in vita forel ; et quando surgens
smgeret , cum iam slaret, an tum eliam, cum sederei; et qui arlem disceret, quando
VIII. Römische Terminologie. 527
v hiebei ist höchstens ein einzelnes Sophisma, welches dem ipcvSofitvos
sehr verwandt ist und vielleicht frustralorium (s. d. folg. Anm.) hiess;
es wurde dasselbe bereits von Ennius benützt0"). Durch die praktisch
rhetorische Anwendung aber, welche diese Sophistik auch bei Schulcontroversen
der Juristen fand, kam es, dass die Namen anoQog, ßaiQikrjg,
fyevöojxEvog und das Wort cavillalio in obiger technischer Bedeutung
auch in den Pandekten erscheinen GS). Dass im Dienste der Rhetorik
auch die Begriffe ambiguüas (a(i(pißoXict), 6^.covvfiia, soloecismus, barbarismus
u. dgl. besprochen werden, versteht sich von selbst °9).
arlifex fierel , cum iam esset, an tum , cum etiam tum esset; Uttum enim horum
dices , absurde atque ridiculosc dixeris , mulloque absurdius esse videbilur, si aut
ulrumque esse dicas aut neutrum. Elend. XVIII, 2,9.: tertio in luco hoc quaesitum
est, in quibus verbis captionum istamm frans esset, et quo facta distingui
resolvique possenl: „quod non perdidisti, habes; cornua tum perdidisli ; habes igitur
cornua;" item altera captio: ,,quud er/o sum, id tu non es; homo igitur tu tum
es" ; quaesilum id quoque ibi est, quae esset huius quoque sophismalis resolutio :
,,cum mentior et menliri mc dico , mentior an verum dico." Ebend. 13, 5.: crant
autem captiones ad hoc fere excmplum , tatnetsi latina oratione non satis seile ac
paene etiam illepide exponunlur : ,,quod nix est, hoc grando non est; nix autem
alba est; grando igitur alba non est;" item aliud non dissimile: „quod homo est,
non est hoc equus ; homo autem animal est; equus igitur animal non est." Quint.
inst.J, 10,5.: exquisitas Interim ambiguitales , non quia Ceratinae aut crocodilinae
possinl facere sapientem , sed quia illum nc mininüs quidem oporleat falli.
67) Gell. XV1I1 , 2, 6 f. : quaerebanlur autem res huiuscemodi: aut sententia
poetae veleris ... aut captionis sophisticae sululio .... ilaque nuper quaesila esse
memini ... quorum prima fuit cnarralio horum versmim, qui sunt in satiris Qu.
Ennii non mullifariam verbo concinniter implieali, quorum exemplum hoc est:
JVam qui lepide poslulat allcrum fruslrari,
Quem frustratur, fruslra cum dicil fruslra esse;
JVam. qui sese fruslrari quem /rustra sentit,
Qui frustratur, is frustra est, si non ille est fruslra.
I). h. Wer durch eine Scherzlüge Jemanden täuschen will , sagt in einer Selbst
täuschung, dass Jener, welchen er täuscht, in einer Täuschung sich befinde; denn
derjenige, welcher fühlt, dass er Jemanden nur dadurch täuscht, dass er selbst sich
täuscht, ist eben als der Täuschende der Getäuschte, wenn Jener nicht der wirklich
Getäuschte ist (denn der letztere sollte ja eben in die Täuschung gebracht werden,
dass er der Getäuschte sei).
68) L. 177. Dig. Verb, signif. (50, 16.) Vlp. Cavillalio, g<oq(ti);. Natura
cavillalionis quam Graeci OoiqCttjv, id est acervalem syllogismum, appellaverunt,
hacc est, ut ab evidenter veris per brevissimas mulalioncs dispulalio ad ea quae
evidenter falsa sunt, perduculur. L. 88. Dig. Leg. Falc. (35, 2.) Afric. De perplexüale.
Qui quadringenta habebat, trecenta legavit, deinde fundum tibi dignum
centum aureis sub hac conditione legavit, si legi Falcidiae in teslamento suo locus
non esset ; quaeritur, quid iuris est. Dixi tojv unoQOiv, id est ex perplexis, haue
quaeslionem esse, qui tractatus apud dialeclicos toi \p£vSojxivov,id est fruslralorii
(s. A. vor. Anm.) cavillalorüque dicil ur ; elenim quidquid constiluerimus verum esse,
falsum reperietur ; namque si legatum tibi datum ralere dicamus, legi Falcidiae locus
eril, ideoque deficiente conditione non debebitur ; rursus si , quin conditio deficial,
legatum valiturum non sit , legi Falcidiae locus non eril ; porro si legi locus non
sit , existente conditione legatum tibi debebitur (die Lex Falcidia nemlich sichert
dem Erben den vierten Tbcil der Erbschaft gegenüber einer übermässigen Belastung
derselben durch Legate).
69) Ueber das ambigitum oder ambiguüas z. B. Aul. ad lierenn. I, 6. u. II, 12.
Cic. d. Or. 11,26, III. Quint. VII, 9, 1. C. Fortun. p. 69. Capp. Gell. XVIII, 1.;
über öftiavvfita Quint. Inst. VII, 9, 2. ; über burburismus Aut. ad lierenn. IV, 12.
Ommj(. I, 5, 6. Gell. XIII, 6, 14.; über soloecismus Aut. ad Herenn. IV, 12. , Quint.
I, 5, 36. Gell. V, 20.
IX. ABSCHNITT.
DIE SPAETEREN PERIPATETIKER.
Auch nach jener Ausbildung , welche die Logik durch die Stoiker
im Sinne des Rhetorisraus erhalten hatte, ruht das Hauptgewicht doch
noch stets auf der peripatetischen Schule, und wenn dieselbe auch schon
unter Theophrast und Eudemus einen Mangel an philosophischem Ver
ständnisse in Bezug auf den inneren Kern der aristotelischen Logik sehr
stark fühlen lässt, so sind es doch die Peripatetiker, welche wenigstens
in einem gewissen Grade die Reinheit der äusseren Formen der von
Aristoteles gegebenen logischen Theorie bewahren, und diese peripatetische
SchullraditLon zieht sich neben einem bald eintretenden Syncretismus
stoischer und aristotelischer Logik bis zum Schlüsse des Allertbumes
hindurch, so dass selbst noch Porphyrius, wie wir sehen werden,
das ausdrückliche Geständniss ablegt, dass er in seiner Isagoge peripatetische
Lehre entwickle.
Jedoch ist betreffs dieser Fortführung aristotelischer Doctrin ab
gesehen von einer durchgängigen Schwäche der eigentlich speculaliven
Auffassung zweierlei zu bemerken. Einmal standen diese Peripatetiker
innerhalb der allgemeinen Richtung ihrer Zeit, insoferne auch sie den
Einflüssen der Schul-Methode überhaupt, wie sich dieselbe überwiegend
aus dem Stoicismus heraus ausgebildet und umfassend verbreitet hatte,
unterlagen und so immerhin eine fremdartige Behandlungsweise an ari
stotelischen Stolf anlegten. Sodann aber war der Stoicismus ja selbst
ohne eigene innere Production doch nur auf ein von Aristoteles und
Theophrast her vorliegendes Material eingegangen, und verschiedene Controversen
der Stoiker unter sich hatten schon Manches erörtert, was
ebenso wohl unter den Peripatetikern Gegenstand der Untersuchung
gewesen sein möchte ; und war nun auch die Sekten-Feindschaft noch
so stark, so führte doch schon die Polemik selbst es mit sich, dass von
Seite der Peripatetiker man sich auf manche stoische Dislinctionen und
Aporien einlassen musste, und hiedurch schlichen sich nun selbst inhalt
lich einige Auffassungen der Stoa in peripatetische Untersuchungen ein.
Namentlich aber scheint in den beiden genannten Beziehungen die Topik,
welche ja so leicht als gemeinschaftliches Band der Rhetorik und der
Logik betrachtet werden konnte, im Stillen als Vermittlerin gewirkt
zu haben.
So treffen wir hier natürlich noch keinen beabsichtigten Syncretismus
der einzelnen Autoren, welche hiebei in Betracht kommen, sondern
IX. Die späteren Peripatetiker. 529
im Gegentheile die Tendenz derselben ist, die aristotelische Lehre zu
fördern; aber es kann immer noch gefragt werden, ob sie diess in
wirklich aristotelischem Sinne thaten, und hier liegen die Uebergänge zu
mancher unwillkürlichen Unreinheit nahe. Sodann auch wird man we
gen der Berührungspunkte, welche zwischen späteren stoischen und
diesen peripatetischen Controversen bestehen, es wohl entschuldigen,
wenn wir hier auch zwei Stoiker und einen Akademiker besprechen;
denn einerseits wäre es nach dem Umfange dessen, was uns von den
selben überliefert ist, in der That nicht der Mühe werth, ihnen im Hin
blicke auf das chronologische Motiv an betreffender Stelle je einen ei
genen Abschnitt zu widmen, und andrerseits bilden sie auch wirklich
inhaltlich keine eigene Modifikation der logischen Theorie; nemlich die
ganze Thätigkeit dieser späteren Peripatetiker ist nur eine commentirende,
welche eben darum mit verschiedenen Controversen sich be
schäftigt, so dass wir für gegenwärtigen Abschnitt ebenso wohl auch
die Ueberschrift „die älteren Commentatoren" hätten wählen können;
und an diesen commentirenden Erörterungen betheiligen sich nun auch
in polemischer Absicht von stoischer Seite Athenodorus und Cornutus
und von akademischer Seite Eudorus ; aber was wir von denselben wissen,
reiht sich der Methode nach als gleichartig an die Aporien der Peripa
tetiker an, und es kommen jene hier nicht so fast als Anhänger ihrer
Sekten in Betracht, sondern als Gelehrte, welche an den Controversen
über die aristotelischen Kategorien lebhaften Antheil nehmen.
Hauptsächlich im Anschlüsse an das unter den aristotelischen Schrif
ten uns erhaltene Buch, welches den Titel KazrjyoQlai führt, gehören
zu diesen älteren Erklärern der Logik des Aristoteles *) der Zeitfolge
nach zunächst Andronikus von Rhodus (um d. J. 50 v.Chr.), sodann
als dessen Zeitgenossen oder höchstens etwas jünger als er die drei
eben genannten Anhänger anderer Richtungen, dann Boethus von Sidon,
der Schüler des Andronikus (um 30 v. Chr.), Alexander Aegäus
(um 30 nach Chr.), Aspasius (um 110 n. Chr.) und Adrastus (um
130 n. Chr.); auch den Herminus.und ebenso den Aristo werden
wir wohl diesen früheren Commentatoren, welche von Späteren selbst
als die Alten {ol aqyaloi) bezeichnet werden, beizählen dürfen, wenn
sich auch ihre Zeit nicht genau bestimmen lässt. Uebrigens fliesst
trotz mannigfacher Einzelnheiten die Tradition über die Genannten nicht
so reichlich, dass wir in der Darstellung die Reihenfolge dieser einzelnen
Autoren zu Grunde legen könnten, zumal da auch noch manche Eigenthümlichkeiten
dieser späteren Peripatetiker ohne specielle Namen uns
überliefert sind, so dass wir es vorziehen müssen, uns an die Abfolge
der hauptsächlichen Theile der logischen Disciplin zu halten und hiebei
die Einzelnen am betreffenden Orte stets wieder zu nennen. Am Schlüsse
dieses Abschnittes aber soll uns Galenus (131 —200) den Uebergang
zum eigentlichen Syncretismus bilden.
Vor Allem also würde diesem Abschnitte die Schrift Kaxr\yoqiai
1) S. Brandis, Ueber die griechischen Ausleger des Organons in d. Abhdll. d.
pbil. hist. Classe d. Berl.-Akad. 1833, S. 268—299. Zumpt, Ueber d. Bestand d.
philos. Schulen in Athen, ebend. 1842, S. 96 ff.
Pbanil, Gesch. I. 34
530 IX. Die späteren Peripatetiker.
anheim fallen , woferne dasjenige , was wir oben (Abschn. IV, Anm. 4 f.
u. 417. u. 476.) über dieselben bemerkten, richtig ist; sie müssten je
denfalls vor jener bekannten Redaction der aristotelischen Werke, welche
Tyrannio (um 70 v. Chr.) veranstaltete, verfasst worden sein, und nach
dem ihre Aechth'eit in der Schule theils gar nicht beanstandet, theils
vertheidigt worden war, blieb sie fortan als der Ausgangspunkt und
Gegenstand der ausgedehntesten Erörterungen und Schul- Controversen
ein Buch vom höchsten culturgeschichtlichen Einflüsse (in ähnlicher Weise
wurde ja auch die unächte Schrift mql Köß^ov die Veranlassung fast
unzähliger Notizen der späteren Tradition betreffs einer angeblichen
nepiztr) oieia des Aristoteles). Das Buch Kcarwoolui ist wohl sicher
unter den Einflüssen der allgemein" 'VfiWffBll6len ^ehul-Methode -entstanden,
insoferne der Verfasser desselben davon ausgieng, dass unter eine
bestimmt abgegränzte Zahl von obersten Begriffen die Gesammtheit aller
Denk-Objecte rubricirt werden müsse; und es bot sich hiezu für eine
schulmässige Behandlungs weise auch-ein erwünschter äusserer Anknüpfungs
punkt an jener oben (Abschn. IV, Anm. 355) angeführten Stelle der
Topik dar. Auch scheint schon damals ein zweites Schul-Motiv, welches
zugleich mit der Stoa sich ausbreitete, mitgewirkt zu haben, nemlich
das Bestreben, dass man überall von dem Einfacheren zu dem Zusammen
gesetzten fortschreite , ein. Grundsatz , welcher später, wie wir sehen
werden (Abschn. XI), bis aufs Aeusserste mit einem wahren Schul - For
malismus festgehalten wird; und hiemit konnte in ächt schulmässiger
Weise leicht die Erwägung in Verbindung gebracht werden, dass ja ge
rade in der Topik an jener Stelle die Kategorien als ein bereits Bekann
tes angeführt und folglich vorausgesetzt zu sein scheinen, daher man
wohl nichts Wichtigeres thun zu können glaubte , als dass man diese
unentbehrliche Voraussetzung wirklich vor die Topik vorausstellte. So
kam es wohl, dass in jenem Buche zunächst Begriffe, welche gleich
falls in der Topik eine grosse Rolle spielen, erörtert wurden, nemlich
das Synonyme, Homonyme und Paronyme (Cat. 1), wobei selbst eine
Anknüpfung an Bestrebungen des Speusippus (Abschn. III, Anm. 93) mit
wirken konnte ; an Erörterungen über das Verhältniss des Prädicirens
(e. 2 u. 3) reiht sich dann die Aufzählung der zehn Kategorien an (c. 4),
und nachdem die Kategorien der substanziellen Wesenheit (c. 5), der Quan
tität (c 6), der Relation (c .7) , der Qualität in viererlei Species —e£if,
6ice&t6ig, Jtd'&rjrixov, Gyfjfiu — (c. 8) ausführlicher, die des Thuns
und Leidens, des Wo und Wann, des Habens und Liegens, aber völlig
kurz und karg (c. 9) besprochen sind, folgen Angaben über das Gegen
überliegen (c. 10) und den Gegensatz (c. 11), worauf am Schlüsse des
Buches wieder einige andere Begriffe, nemlich das Früher (c. 12), das
Zugleich (c. 13), die Bewegung (c. 14), und das Haben (c. 15) nach
ihren verschiedenen Wortbedeutungen aufgezählt werden.
Ueber die niedere Stufe der Speculation, auf welcher der Verfasser die
ses Buches stand, und überhaupt über den höchst geringen Werth, welchen
dasselbe an sich besitzt, uns weiter zu verbreiten, ist nicht nöthig, nach
dem wir im IV. Abschnitte uns hierüber hinreichend äusserten. Aber
eben ein durchgängiger Beleg für die fast ausschliessliche Herrschaft
einer schulmässigen Behandlungsweise ohne alle Tiefe einer logischen
IX. Die späteren Peripatetiker. 531
Theorie ist für diese ganze Epoche gerade der Umstand, dass in der
Schule dieses Fächerwerk einer Kategorien - Tafel zum haupj.säj:hhchen
Gegenstande der Erklärung odec...d^er^J^ntro^rsen gemacht wird ; und
von "hier an gestaltet"sich" die sog. Kategorien - Lehre allmälig zu einem
an Extension bedeutenden und gewalligen Momente der Culturgeschichte ;
wenn wir schon oben bei den Stoikern in dieser Beziehung eine nominalistische
Onlologie nachweisen konnten, so zieht sich dieses Motiv ge
rade im Zusammenhange mit stoischer Schul-Methode bis in die ontologischen
Streitigkeiten des Mittelalters hinab, ja es wäre sogar eine schlimme
Täuschung, wenn wir selbst heutzutage von den Einflüssen der Schola
stik frei zu sein glaubten und nicht anerkennen würden, dass jeder Ver
such, objectiv ontologische Kategorien zu construiren, doch nur auf jener C i
übererbten Rumpelkammer des späteren Alterthums beruht.
Das grösste Gewicht in Bezug auf die inneren Fäden, an welche die
ununterbrochene Tradition aristotelischer Logik geknüpft ist, muss ich
auf den Zusammenhang legen, welcher zwischfln .dw^Kat^riftnl^iyjim^
der Topik besteht. Wir besitzen in dieser Beziehung die höchst schätzenswerthe
Notiz, dass bereits Andronikus, der erste Commentator nach
der von Tyrannio veranstalteten Recension der aristotelischen Werke, die
Ansicht Einiger als eine schon vorliegende fand, dass _das_Jluch Karriyoqlai
eigentlich die Ueberschrift Ilgo räv Toncav tragen solle ; Ändromkus
nemlich sprach die~Meinung aus, Jäss Alles, was in jenem Buche
nach Cap. 9, also nach der Erörterung der eigentlichen Kategorien, folgt,
von Jemandem hinzugefügt sein müsse, welcher eben die Kategorien vor
die Topik gestellt wissen wollte 2). Und es blieb diese Ansicht nicht
vereinzelt, sondern gerade Adrastus, welcher noch von den späteren
Commentaloren als ächter Peripatetiker bezeichnet wird, machte sie zu
der seinigen, indem er in einer eigenen Schrift über die Reihenfolge der
philosophischen Werke des Aristoteles die Topik unmittelbar nach den
Kategorien folgen liess 3). Dieser Zusammenhang aber (vgl. Abschn. V, j
Anm. 84) bleibt culturgeschichllich für die Tradition und Verbreitung \
der aristotelischen Logik bewahrt, denn in der Topik ist die Veranlas- |
2) Simpl. ad Cat. f. 95 Z.: Ttvlg fJ.lv y&Q , tov xal livÖQÖvtxög ton,
n«qa Tt)v nqä&tatv tov ßißUov TrgogxüaS-aC qaaiv vno Ttvog raCrce (nem
lich von c. 10 an) tov TO tojv KaTrjyontiov ßtßkCov Hgö tojv Tönmv Intygä\
paVTo;, oix iwoovvTeg xtX. In einer anderen, und zwar etwas verdächtigen,
Wendung, findet sich diese Notiz bei Borth, ad Ar. Praedic. IV, p. 191. (cd. Basti.
1570.): Andronicus hanc esse adiectionem Aristotelis non putat simulque Mud arbitratur,
iiicirco ab eo fortasse harte adiectionem [de oppositis et de his quae simul sunt et de
piwe et de motu et de aequivocatione habendi) non esse factam, quod hunc libetlum
°He Topica scripseril quodque haec ad illud opus tton necessaria esse putaverit (sicut
tpsae calegoriae prosunt ad sensum Topicorum}, non ignorans scilicet, quod sufficiente
i* Topicis, quantum ad argumenta pertinebat , et de his omnibus quae adiecta sunt et
* pntedkamentis fuisse propositum. Sed haec Andronicus.
, 3) Ebend. f. 4 f. : oix ° tv/ojv Iotiv avfig 6 usra Tag KctTrjyootag ev-
W{ tb Tontxa Ta£ag ßißlla , äXV 'MoaOTog o Utpooäiaitvg uvrjQ rtSv
yvyettav IItQi7it(TfjTixäv ytyovoig Iv to) neol Tattaig Ttjg liQiOTOTtXuvg tpiloaotflttg
fitxa xr\v Tt5v KctTrjyoQitöv ßCßXov tu Tontxa ßovXcrai r£i«£#at.
Anon. prolegg. ad Cat. b. Brand. 32b. 31.: elMvat öl öet ort i'£ ytyövatstv ini-
YOttpal zfjs ngay/iaTsfag TavTr\g TlQbTtSvTonmv, log'MoaaTog b lAtfQO-
«totlvg Tip Ta TtXtvTaia TtSv KaTTjyoQttüv avyytväg i%HV ngbg rovg Tönovg.
34*
532 IX. Die späteren Peripatetiker.
j sung der Quinque Toces, diese aber werden bei Porphyrius wieder das
I Mittel zu seiner auf den Kategorien beruhenden Lehre vom Begriffe.
War auf diese Weise die Topik in Folge einer allgemeinen Hinnei
gung an das rhetorisch Dialektische so sehr in den Vordergrund getre
ten, dass sie gewissermassen als dasjenige erscheint, welchem die Kate
gorienlehre und die hieran sich anschliessende Lehre vom Begriffe dienst
bar ist, so steht _ eben , hiemit die von dieser Zeit an durchgängige ^An
schauung der Peripatetiker in Zusammenhang , dass die Logik WerksSBuä
"seil ""KemlicK " Alexander ' Aphröd. berichtet einerseits ausdrücklich^
"dass schon die Alten (of äp^aioi), unter welchen wir wenigstens eben
jene oben genannten späteren Peripatetiker zu verstehen haben, die Lo
gik als QQyavoy , nicjitjädjex_als_jrheil , bezeichneten4); und andrerseits
knüpft er gerade an eine Stelle der Topik jenen Grundsatz, dass die Lo
gik als Werkzeug betrachtet werden müsse, weil ja Aristoteles dort jene
Probleme als dialektische erkläre, welche als mittelbare Beihülfe zur Erkenntniss
dienen 5) ; so dass wir gewiss nicht irren , wenn wir diesen
Grund eben jenen nemlichen Alten zuschreiben, denn von denselben sagt
Alexander (Anm. 4), dass sie die Logik bis zu ihrer praktischen Anwend
barkeit fortführten , d. b. mit anderen Worten , dass sie hauptsächlich
dem Gebiete des Dialektischen (im Gegensatze gegen das Apodeiktische)
Rechnung trugen ; von einem solchen Standpunkte aus niusste aber frei
lich die logische Theorie der Probleme nur insoweit eine Gellung er
halten, als sie eine Beihülfe für die Aufgabe der Topik liefert. Darum
wirft sich die Beweisführung für diese Stellung der Logik als eines Werk
zeuges bei den Peripatetikern zur Abwehr der stoischen (Abschn. VI,
Anm. 29 f.) und akademischen (Abschn. VII, Anm. 5) Ansicht nicht etwa
auf jene Stelle in aristotelischen Schriften, welche wir oben, Abschn. IV,
Anm. 176 ff., als mögliche Stützen einer solchen Auffassung anführen
konnten, sondern auf die Topik und hierin hauptsächlich, auf dieses Motiv
des praktischen Anwendens, da, wenn die Logik ein Theil und Erzeug-
4) Alex. Aphr. ad Anal. pr. f. 2 b. ed Flor. : tvXoyms vno rcSv b^k/w,
oi fityQi XQtCctg nQorjyayov ir\v Xoyixijv nQayfiatsCav , OQyavov airrjv
oi fit-QOS i.e"yea&ai. Die Bezeichnung oi UQ^aioi würde uns sogar noch weiter
zurück bis auf die alteren Peripatetiker führen (s. Abschn. V, Anm. 68.); jedoch,
wenn es auch nicht schlechthin unmöglich sein sollte , dass diese Auffassung schon
bald nach Aristoteles sich geltend machte , so wird sie wahrscheinlich erst später
in der Polemik gegen Stoa und Akademie ausführlicher zu Tage getreten sein , so
dass hiebei höchstens eine Berufung auf noch ältere Auctoritäten vorkommen mochte.
5) Zu Top. I, 11, 104b. 1, welche Stelle wir oben, Abschn. IV, Anm. 711,
anführten, bemerkt nemlich Alex, ad Top. p. 41.: oo*« dt /uifre ms TiQaxrixä
(rjTtliai firixt tiXos e%ei rrjv yväoiv jijs (v avrois alri&iCtts, aXV (äs avvtQyct
rj tcqos TTjV rtöv algtitöv re xal (ty yvüaiv rj tiqos ttjv iojv aXrj&äv
TS xal ipevöriSv svqcoiv fj/Ttirct, javra nQoßXyfiara Xoyixd' tj yaQ Xoyixfj
nQayfiartCa OQyavov /oiQav t%t( iv (fiXoaoyCq. oaa äij xara TavTtjV
TeiTtti, tov tiqos IxeCvrjv /Qrjai^ov (tjieiTai xctgiv , 6 yaQ fijiwj' ntQi> Av-
TiOTQO(ff{s , <p£Q£ tl'nsiv , TiQOtaatojs ij neql OvXXoyiOTixijs tj ccOvXXoyCarov
Ov(vyias (os avvegya xavja xal avvrtXovvta tiq6s ~ir\v xmv nQotiQrj/A.e'viov
tvQiaCv re xal yv(ö~0(V fjjrei~. aa(p(5s de xal iviav&a rfjV Xoy(xr)V TiQayftareCav
OQyavov tlvai Xkyei äiä tö avviQytTv avrfjv 71q6s rijv tüjv ngai-
T(ov QriD-t'vxuiv tvQtalv i£ xal yväaiv, aStav elvat tov Ci)reTo9-ai Xfycav.
Man sieht, dass hiebei auf das in den Worten des Aristoteles vorkommende owsqyöv
das Hauptgewicht gelegt ist. •' ■ -
IX. Die späteren Peripatetiker. 533
niss der Philosophie selbst wäre, dann die sie anwendenden Wissen
schaften höher stehen müssten als die Philosophie selbst 6). Nemlich ein
selbsterzeugtes Werkzeug der Philosophie selbst und hiedurch mittelbar
der übrigen Disciplinen ist diesen Peripatetikern die Logik, und darum
polemisiren sie gegen Jene, welche glauben, sie enthalte auch Momente,
welche zu Nichts gebraucht werden könnten, denn dann müsse ja gerade
das Unbrauchbare, weil nicht Werkzeug, ein Theil der Philosophie sein,
und da der Theil höheren Rang als das Werkzeug hat, so hesässe das
Unbrauchbare eine höhere Geltung als das Brauchbare; ferner müsste
das Brauchbare wohl zur Uebung der Denkthätigkeit dienen, hingegen
das Unbrauchbare dann das um seiner selbst willen Anzustrebende sein,
solches aber sei gerade das Höchste und Göttliche, und diess werde
gewiss nicht von dem unpraktischen Theile der Logik herbeigeschafft;
somit also sei mit Recht dasjenige, was in der Dialektik Unbrauchbares
ist, aus der Philosophie und dem. Theoretischen überhaupt auszuweisen,
die Logik aber als Werkzeug dürfe darum, weil sie Werkzeug ist, nicht
mit weniger Eifer betrieben werden , denn die Grösse ihres Verdienstes
hänge von der Würde des vermittelst ihrer Erreichten ah 7).
6) Sehol. Cod. Par. ad Anal. pr. b. Brand. 140b. 22. (jener Theil der Beweis
führung, welcher specieil gegen die Stoa gerichtet ist, wurde bereits oben, Abschn.
VI, Abb). 30., angeführt): xaTaoxsva&vOi. äs oi nsomaTijTtxol ort OQyavov
iariv rj loyixr) xfjs ipiXoOocpi'ag ovitog' (fetal yctQ ort. xqsCttojv iarlv fj xe-
XQrjfiivrj rk^vrj zrjs noiovarjg OQyavov ti, oiov tov xttXivbv noisl rj %ttXivonoiryiixrj
, xs"xQr]Tai äs r\ 'mnixr\, äib xqsCttojv r\ tmuxrj Trjg nowv<sr\g tov
XaXivbv , jourtOTi Trjg y^aXtvonoirjTixrjg. st toCvvv äöi/^sv Trjv (fiXo0o(f(av
fisv noisiv rrjv Xoyixrjv, rag äs «klag xsxQrjO&ai, evoe&qaovt ai xctl aXXai
rfyvai XQtinovg Trjg cpiXoaoifCag ötisq äxonov. OQyavov ovv &m jrjg
(fiXoacxflag.
. 7) Alex, ad Anal. pr. f. 2 a.: ij' Xoyixi\ ts xal avXXoyiOxixrj 7TQay/iarela
. . . eaxi fisv iqyov tpiXooocpCag, xQOJVTai äs airy xctl aXXai Tivsg imcixrjfial
rs xctl xfyvcti, ctXXct TTctoct (f iXoOotfiCctg Xaßovtiai , TavTrjg yctQ rj ts sv-
QSOlg iaxt xal rj OvOraOtg xctl rj 7iQog tu xvQioiraTa xQrjaig ' ovda äs SQyov
ctvTrjg Tolg fj.sv xal fif'nog sivai. tfiXoaocpCctg äoxsT , oi äs oi fitgog ctXX' oQ
yavov avTrjg cpaatv slvat ol äs firj fis~Qog avTrjV äXX' boyavov tpiloooqCag
slvai Xs"yovTeg ov ifaaiv avTaQxsg slvai ttqos to (it-Qog slvai ti
xi%vrig Ttvbg rj IniaxT\fir\g TO Trjv Tfyvrjv rj Tr\v imcfTrjfirjV xal tisqI ixeTvo
xaTay(vso&ai 6/j.olaig o'ig xal nsQi sxaaTov töjv uXXojv fiSQiSv avTrjg tisqI
a TtQayfiaTtvTai' XQCvsa&ai yao to uiQog oix änb Trjg nSQl.avTo anovärjg
ts xal TtQayfxaTtCag fiövrjg (f. 2b.) si äs /jrj netaav Xiyoisv tt\v Xoyixr\
v nqayfiaTflav nQog svqsaCv TS xal avcfraaiv tojv xaret (fiXodotplav
tov/j.s'vojv TrjV ävaifiOQccv f/etv rj tojv xar' aXXrjV iniOT-rj/iriv TS xal TS'xvrfV
Tivd &t<oQovfis'vb)V ts xal £r)Tov[it'v(ov, äXX' slvaC ziva iv avry ihscoQovfisva
ts xal irjTovfisvct a nQog oiSe'v Ion xQrjcti/xa , ttqwtov fxiv GuyxcoQrjcioveiv
svXoytag vnb tojv ao/aCoiv OQyavov avTr)v ctXXd firj [is'Qog Xe'yeG&ai,
sha <f£ xaT' airovg to fiiv xQrjoifiov «üriyf iciTiv OQyavov , xb äs ov XQV~
aifiov eoxai fj.s'Qog ov st äs to y^Qijaifxov ßs"XTiöv ts xal nXsCovog anovärjg
ts xal nQayfiazst'ag a^tov , xal xaT' aiiTovg iaTui to fisv ßiXTiov rijg Xoytxfjg
/xÖqiov OQyavov (f iXoüocpCag xal twv ctXXtov tsxvojv ts xal imaTrjfiöiv,
to äs iXo-TTovog anovärjg a%wv /xs'Qo'g , xuItoi to oQyavov tv näcli tov ojg
fiS"Qovg SQyov äsvTt"Qav x°>Qav f/fi. sti tl /xsv anoväctZoiTo cog yvfivctowv
Trjg äiavoiag nQÖg svqsaiv tcöv Iv roig fiSQSOi Trjg (f iXoöotplag £r\Tovfis'vcov,
xal ovTeog av Trjv tov bnyävov x<^Qav %X01' ^ °^ TVV & aiTolg äXrf-
&slag yvcSaiv , (ioqiov av yivoiTo Trjg fhscoQriTixrjg , txsCvrjg yctQ i) yvmdig
TiXog- Ti äs to xaXbv sxovaa fj tojv axQr)aTwv xata Trjv Xoyixrjv [is'&oäov
&sojQ(a anovärjg av «ftoiio tag oiaa Trjg tfiXooocfCag fiiQog; Tct yctQ anoy534
IX. Die späteren Peripateüker.
Man sieht, wie verknöchert hier schon die durch die Topik veran
lasste Anschauung ist, dass die Beweisführung und die Herbeischaffung
des zu derselben Nöthigen schlechthin nur Mittel zum Zwecke sei; es
wird wie etwas Selbstverständliches vorausgesetzt, dass Alles dasjenige
in der Logik, was nicht Werkzeug ist, sofort ein Unbrauchbares sei,
wie wenn es nicht neben diesem noch ein Drittes, nemlich das um set
ner selbst willen Bestehende gäbe; diess letztere wird ja von vorne
herein in die Region des höchsten Wissens-Objectes und des Transscendenten
verlegt, so dass wir auch hier jene durchgängige Richtung des
späteren Alterthumes überhaupt erkennen, welches in seinen edleren Be
strebungen wohl einem Zuge nach Oben folgte, aber zur Realisirung des
selben allen concreten Boden verloren halte. Zugleich mit dem philoso
phischen Principe der Logik, in welchem sie ihren Anspruch auf Selbst
ständigkeit besitzt, ist hier auch bei den Peripatetikern der sokratisch
anthropologische Ausgangspunkt des Aristoteles längst abgestreift, und es
gibt fortan kein ontologisches Motiv mehr innerhalb der Logik selbst,
söMern~ dieseTTsl vefurtheilt, eine Maschine zu sein, varmMälst" deren
man die objectiv ' erhaschte Ontotogie in der_ScIiuIe'"(Temonstrirt. Das Ar-
Kumetitlren demnacli (vgl. d. vor. Abschn. Anm. 'i'L i.), in welcheni^lfie"
Logik mit der Rhetorik zusammentrifft (Topik), wird die Hauptsache, und
weil die Beweise aus Sätzen bestehen, in den Sätzen aber gewisse Mo
mente (die aus der Topik herausgelesenen quinque voces) immer wieder
kehren, und in diesen gewissen Momenten die Tabula logica von Gattungs-
und Art-Begriffen und unterscheidenden Merkmalen eine Hauptrolle
bei sämmtlichen Kategorien-Bestimmtheiten spielt, so tritt die hierin formalge^
y^rdene Lehre j^ornjegfiffe in Dienst bei der selbst wieder nur
dleTistbarerTSyllogrstlk^ Mit diesem ganzen Motive nun, dass und warum
die Logik Werkzeug sei , stimmt es vortrefflich überein , wenn bereits
A n djjlüj k u s den Grundsatz aufstellte, dass das Studium der Philoso
phie, m it der LilgÜL-hegtnnen.müsse, worin wir nur eine Bestätigung da
für finden können, dass diese auf der Topik beruhende Auffassung
schon jenen ältesten Commentatoren angehöre; und notwendigerweise
stellt sich bei einer derartigen Ansicht auch das stoische Motiv ein, dass
vom Einfachen zum Zusammengesetzten fortgeschritten werden müsse, so
dass Alexander Aegäus wohl eigentlich nur einer allgemein verbrei
teten Anschauung Worte gab, wenn er es aussprach, dass innerhalb der
6r)g aZiovfitva Stovrmg rj in' aXXa rivä rrjV avaqooav tyti a Ion <ft'
avta atytiä rj tv aitolg f/a to rrjg anovärjg ag~wv , ov yctQ r) rov navtos
xal r) rov rv/ovrog yväaig tftXoaoqlag aljiu . . . äXk* r) rtov &e(av r( xal
Tifitwv <oV oväiv oioV T£ naget rrjg a/nrjOrov äiaXlxrixfjg awrtXovV
elg (fiXoOoiflav Xaßetv J/ö xal dg naVränaaiv u/orjOrog re ovoct xal m-
Qirrr) SixaCwg av rrjg <f>iXoSÖ(fov ötmoCug 1%oqC£oiio. oix Intl oQyaWV
oi xal ov uiQog tfiXoOotfCag r) ävaXvrixr), fita rovro iXäzrovog fjfiTv form
OnovSrjg aiCa, r) yctQ anovSr) rtov oQyavtov rfj rtov ytvofiivtov rj dtixvvfifrtov
oV avrtöv a'iCa xnivitai. Die gleichen Gründe gibt Philop. ad Anal. pr. f. IV b.
an, nur spricht er Einiges noch schulmässig schroffer aus, z. B. : eri rd fifgos
lavrov y.äoiv naoaXafißävaai, rd <f£ oQyavov irtQov, t) ö"l Xoyixt) lavrijs
fxiv %aQiv ov TtaQaXufAßävtjai , anoddiitog Si %vexa- tri rä fitQij pb>
ävttiQoüfieVtt awavaiQti to SXov, ra cCi oQyava oväafitög, avaintd-fvroi
^"?,TOP oxenctQVov tan to ctßäxwv, %al Xoyixrjg ävaiQt&eCörjg qtXoOotp/it
ovotv ryirov iari.
IX. Die späteren Peripatetiker. 535
so vorangestellten Logik die Kategorien das erste seien, weil in ihnen
die Bezeichnung der einfachen, nicht zusammengesetzten Dinge als ein
facher Bestandtheil der Rede vorliege s).
Uebrigens muss in der Zeit dieser ersten Commentatoren auch die
Bezeichnung „Logik" (Aoyixjf) für den Inhalt dieser vorbereitenden Disciplin
üblich geworden sein , denn schon Cicero gebraucht dieses Wort
(s. Abschn. VIII, Anm. 26), und bei Alexander Aphrodisiensis treffen
wir den Ausdruck „ij Aoyix»)" bereits als völlig recipirt im Gebrauche
(s. z. B. die Stelle in Anm. 7), ebenso auch bei Galenus; und ausser
dem besitzen wir die bestimmte Notiz, dass schon lange vor den spä
teren Commentatoren in der peripatetischen Schule jener Name aufkam,
und zwar, wie wir vielleicht schliessen dürfen, in Opposition gegen die
Stoiker, welche die Bezeichnung „Dialektik" gebrauchten9); wenn daher
hinwiederum auch berichtet wird, dass sich jene Bedeutung, welche das
Wort „loymäg" bei Aristoteles hat (Abscnn. IV, Anm. 104), gleichfalls in
der Schule erhalten habe, und zumal bei Boethus vorkomme 10), so kann
8) David ad Cat. b. Brand. 25b. 37. : Tlg r) äp/r) tojv XptOTOieXixojv OvyypaufiaTOJV
, jt xd rfUof, rCg f] fisza^v bSög ; tuvtu (ff l?]TOV[iev od (jlovov oiä
t6 nXrj&og avTÜv, ctXXa xai Sia Tr)v diaipojviav tojv uQxa(a>v oi phv yäp
iXtyov ort äti anö Tijg ifvotxrjg äoSaa&ttt, oi äi anb Trjg loyixrjg, aXXoi (ff
Anb Trjg r)9-ixr)g, 'htgoi ok anb Trjg ftaxtrjfiaTixijg' Boijfhog yap 6 2iSojviog
anb Trjg (pvotxrjg X&yti, HvSgövixog dt 6 'PöSiog 6 JleginaTrjTixbg, ö fVoVxttTog
äiäSoxog Trjg liigiOTor(Xovg axoXrjg, änö Trjg Xoyixrjg %Xeye, tiöv (ff
nXcatal/ixäv xtX. Simpl. ad Cat. f. 3/1. : 6 AtfgoSiaitvg ]dX(^av6gog ag%r)v
tlvai Xfytuv trjg Xoyixrjg ngayfiaTt(ag tovto to ßißX(ov oiaze negi tiöv
unXüv xai yevixioTartov tojv tov Xoyov uoqCojv eivat tov axonbv t(Sv tu
anXä ngay/xara atjuaivövrojv xai in nigi tojv anXöiv ngay/j,ÜTOjv änXct
vor]/iuTa. Tijg (ff «imjs iytvtTO (fd|j)f xai 6 Alyalog HX^avogog.
9) Boeth. ad Cic. Top. I, p. 766. : haec est igitur disciplina quasi disserendi quaedam
magistra ; quam logicen Peripatetici veleres appellaverunl, hane Cicero definiens dis
serendi diligentcm rationem vocavit; haec vario modo a plerisque tractata est varioquc
tliam vocabulo nuncupata ; ut cnim dictum est, a Peripatcticis haec ratio diligens dis
serendi logice vocatur contincns in se invenießdi iudicandique peritiam, Sloici vero haue
eandem rationem disserendi paulo angustius tractavere , nihil cnim de inventione laboranles
in sola tanlum iudicatione consistunt deque ea praeeepta multiplicitcr dantes
dialecticam nuneupaverunt. Ebend. d. diff. top. p. 857.: omnis ratio disserendi quam
logicen Peripatetici veleres appellavcre.
10) Ebend. ad Porph. a Viel, transl. p. 56. : Probabiliter autem ait, id est, verisimiliter,
quod Graeei Xoyixäg vellvöok'ojg dicunt ; saepe cnim et apud Aristotelem
Xoyixmg verisimilitcr ac probabiliter dictum invenimus et apud Boethum et apud Klexani'tim
■ Porphyrius quoque ipse in multis hac signißcatione hoc verbo usus est , quod
"os scilicet in transtatione , quod ait XoyixojTtgov, ila interpretati, ut rationabiliter
diecremus, omisimus. Betreffs der Stelle des Porphyrius übrigens (lsag.l, p. 1 a. 14.
Brand.) ist Boethius in Irrthum, denn dort hat XoyixojTtgov gerade die technische
Bedeutung. Bei dem Rhetor Hermogenes (Mitte d. 2. Jahrh.) wird die Xoyixr) oT«-
ß'i der vofiixt) OTaaig gegenübergestellt, da erste auf ngäy/ta und letztere auf
Piro» sich beziehe (III, p. 12. Walz: xav ulv ntgi prjTbv, vofiixr)v noitt Tt)v
BjuBiv uv (ff negi ngäyfia, Xoyixr)v); in ähnlicher Weise wird bei Aphthonius
und bei Theon S-ioig als eine Xoyixr) InCaxtrpig definirt, welche ein ngäy/tu
betreffe (I, p, 108. W. : Staig loriv Inioxsipig Xoyixr) dciogov/ifrov Tivbg
^«yjuarof. p. 242. : #tVrts IotIv inloxerpig Xoyixr) afxif igßriTrjaiv lväex°lx^vll
«w» ngogtänarv WQKSfiivioV xai näat]g negtaTaaeoig. Vgl. Ahschn. VIII, Anm.
■>. Hermogenes hingegen p. 50. bloss: tijv 9(aiv elvai (niaxetpiv ngäyfxaTÖg
w*os &£ioqov/j.£vov). Ueber diese Auffassung des ngäy/xa vgl. Abschn. XI, Anm.
143 ff. Ein später Commentator des Hermogenes theilt die Aoyixr) geradezu in Dia536
IX. Die späteren Peripatetiker.
uns diess einerseits nur zur Bestätigung dafür dienen, dass die technische
Bedeutung des Wortes „Logik" erst allmälig zur Geltung kam, und an
drerseits sind wir hiedurch verhindert, in dieser Beziehung schon an
die älteren Peripatetiker zu denken, da, wenn bereits damals jener Wort
gebrauch entstanden wäre , er sich gewiss schon früher und fester in
der Schule eingebürgert hätte. Der innere Grund desselben aber liegt
natürlich gerade in jener Annäherung an das Dialektische.
Im Ganzen aber befinden wir uns mit dieser ganzen Periode bei
einem Stadium der Logik, in welchem dieselbe, wenn sie auch aristo
telisches Material enthält, vollends wieder bei einem voraristotelischen,
ja geradezu bei einem vorsokratischen Standpunkte angekommen ist. Wie
sie damals völlig unausgebildet in bloss praktischer Bethätigung dem
Schwätzen und dem sophistischen Doctrinarismus dienstbar war , so ist
sie von nun an mit aller Fülle eines ausgebildeten, aber nur formal ver
standenen , Materiales als WerEzeug im Dienste des gelehrten, insbeson
dere des ontologischen und theologischen, Doctrinarismus. Die stoische
Logik als Theil der Philosophie ist bodenlos, weil dort die Lehre vom
Begriffe jeden weiteren Verwirklichungs-Process des Denkens ausschliesst
und Alles, was nachfolgt, ein zweckloses Tändeln ist, vergleichbar den
Zusammensetz-Spielcn der Kinder ; die peripatetische Logik als Werkzeug
der Philosophie ist verfehlt, weil sie die Denkform ihres selbstständigen
Wesens beraubt und zur Dienerin des Inhaltes oder Productes des Denkens
macht. Diese beiden Auffassungsweisen aber, mit mancher nachbarlicher
Berührung und im Ganzen mit Ueberwiegen der letzteren, sind für die
ganze folgende Culturgeschichte des Abendlandef die stets erneuerte Quelle j,
der Logik, und in solcher Form schleppte sich ein gewisser Abhub der
aristotelischen Lehre von Schule zu Schule fort. Die einmal verlorne
Selbstständigkeit errang die Logik nie mehr bis zur Fichte - Hegel'schen
Gestaltung der Philosophie. Die Hegel'sche Logik aber ist verfehlt, weil
sie die Form zum Inhalte, oder, was nach Hegel's Escamotage gleichviel
ist, den Inhalt zur Form macht. Ob aber heutzutage schlechthin zu Ari
stoteles zurückgekehrt werden müsse, haben wir einerseits in der Ge
schichte der Logik nicht direct zu untersuchen , und andrerseits haben
wir diese Frage bei der Darstellung der aristotelischen Logik dennoch
bereits verneint.
Werkzeuge des Wissens nun sind ja auch die Kategorien, sobald
sie als eine fest bestimmte Zahl von Rubriken betrachtet werden, in deren
eine überhaupt jedes Object des Wissens gehören muss ; in solcher Ab
sicht aber ist von dem schulmässigen Bestreben aus , die Gegenstände
der Beweisführungen zu gruppiren, die Kategorien-Tafel in jenem peripatetischen
Buche aufgestellt; und als solche Werkzeuge werden uns von
nun an die Kategorien in dem Verlaufe der Geschichte verschwisterl mit
der formalen Methode der Logik fortwährend begleiten, nicht bloss bis
zur Ars magna des Lullus, sondern auch bis zu Leibnitz und selbst bis
zu Kant. In solchem Sinne sind die Kategorien schon hier bei den
ältesten Erklärern des aristotelischen Organons ein ganz besonderer Ge
genstand ihrer Erörterungen oder Bedenken.
leklik und Rhetorik (VII, p. 190.: ei ys fj nada QrjroQtxf) loytxr) iariv, tttyoftev
yüq dvo Tt^vag tlvat Xoyixcts, tr\v dtaXexrixqv re xal ^TOQixrjV).
IX. Die späteren Peripatetiker. 537
Wenn berichtet wird11), Andronikus habe eine Paraphrase der
Karriyoqicii geschrieben, so dürfen wir diesen Ausdruck nicht in der ge
wöhnlichen Bedeutung, welche er bei den späteren Autoren hat, ver
stehen ; denn Dasjenige , was wir sogleich von den Untersuchungen des
Andronikus betreffs der Kategorien anzuführen haben, geht, so wenige
Punkte es auch betrifft, in denselben doch weit über den Zweck einer
blossen Paraphrase hinaus. Das wichtigste ist, dass er zu Jenen gehörte,
welche an der grossen Anzahl der Kategorien Anstoss nahmen, wobei wir
zugleich erfahren, dass es eine ziemlich verbreitete Ansicht war, es seien
der Kategorien unnöthiger Weise so viele ; und zwar wollte Andronikus
-ebenso wie Xenokrates (s. Abschn. III, Anm. 99) zunächst nur die zwei
Hauptgruppen des Ansich (xa&' avxo) und der Relation (itgog ri) gelten
lassen 12). In Bezug auf die Kategorien der Relation aber hob Andro-
" nikus einerseits die ächt aristotelische Auffassung (s. Abschn. IV, Anm.
313 u. 345) hervor, dass dieselbe überhaupt die letzte von allen Kate
gorien sei13); und andrerseits wurde er vielleicht gerade hiedurch da
rauf geführt, dass er, wie schon in dem pseudo - aristotelischen Buche
geschehen war (s. Abschn. IV, Anm. 5), die aristotelische Relation dem
stoischen tiqÖs n nag Ifypv (Abschn. VI, Anm. 81 u. 106 ff.) näherte
und durch die von ihm aufgestellte Definition es in Einklang brachte,
dass diese Kategorie sowol bei Aristoteles als auch bei den Stoikern die
letzte ist 14). Aber innerhalb des xa&' avxo, d. h. der übrigen Kate
gorien nach Ausscheidung der Relation , muss Andronikus seinerseits
gleichfalls die schulmässige Distinction und Numerirung weiter ausgeführt
haben; denn es wird berichtet, dass er bei den in der pseudo -aristo
telischen Schrift aufgezählten vier Species der Qualität noch eine fünfte
hinzufügte, oder eigentlich von der dortigen vierten noch besonders
trennte, nemlich jene Bestimmtheit, welche sich in den Gegensätzen des
Aggregations-Zustandes der körperlichen Dinge zeigt 15). Nicht ganz wi
11) Simpl. ad Cat. f. & F.. : lAvSqövixog naoaifä^tav xd xiüv KaxrjyoQKÖv
ßißXlov. Schon Brandis (a. a. 0. S. 273.) hat auf dieses Missverhältniss hin
gewiesen.
12) Ebend. f. 15 E- : Xiyovai xoCvvv ol nXeovaOfiöv lyxaXovvxeg
aXXoi dl xax' äXXov xoönov aixiävxai xr)v neQixxöxrjxa, ol yag neol Sevo-
XQttirjV xal lÄvdqövixov navxa x(p xa&' avxo xal xtp nqög xi neoiXafißäveiv
doxoiai , äaxe neaixxbv elvai xax' avxovg xooovxov tcSv yevojv nXrj-
9os' aXXoi äl eig ovaCav xal avußeßrjxbg diaxe'uvovaiv.
13) - Ebend. f.iOZ.: aXX' oiiäl AvSqovixov anoSexxiov xit noög xi fiexä
näoag &ivxa xäg xaxrjyoofug, äiöxi O/taig toxi xal nunatyvääi eoixe.
14) Ebend. f. 51 B.: Störten 6 lAolaxiav dg Inl Oaipe'oxeoov fietaXafxßäviav
xa ngög xi nibg e/ovia, (frjol, xavxa idxiv, ols xd elvai xavxöv
iaxi r$ niug tyetv noog 'dxeoov xal ovxtag Sl xal uivSgövixog anoälfiwni
(r.) xal 6 HgCaxtovog xal 6 AvSqovixov (sc. ÖQtO/tbg) 6 Xfyuiv „oig xo
elvai xavxöv Iaxi nqbg extoov ntog e^eiv". Porphyr. 'Egr/y. Lx.Aq.
xaxryy. f. 43 a. : rj oig /ivöndvixog „oig xd elvai xavxöv iaxi x<p nqbg exeqov
narg k'xeiv, ixeivä iaxi noog xi".
15) Simpl. a. a. 0. f. 67 r. : Avänövtxog dl ne'finxov elgäyei ytvog , iv
t[i xaxxei /xavöxrjxa xal nvxvöxrrxa, xoviföxrjxa ßaqvxrjxa, na/vxrjxa Xenxöxrjxa,
ov xr)v xaxa xbv oyxov äXXa xa&b ae~na Xiyo/xev Xenxbv elvai xal
xov SSaxog Xenxöxeoov' noiä yaq , wr)Ol, Xfyo/uev nävxa xa xoiavxa xtji
anb noiöxrjxog elvai avxä' öfioCaig ol xal xd ä~ta(pavlg xal xo öxoxeivov,
äaxe, (ftjalv, rj äXXo xi yivog noiöxrjxog xovxo d-exiov Jj av(evxxiov avxä
538 IX. Die späteren Peripatetiker.
aristotelisch aber ist die Auffassung, dass jener Zweig der Qualität, wel
cher mit stoischer Terminologie zunächst als bezeichnet wird, sich
auf ein zukünftiges actuelles Eintreten der habituellen Eigenschaft be
ziehe 16). Hingegen wieder wahrhaft scholastisch ist es,- wenn derselbe
sich bemühte die Begriffe des Grossen und Kleinen , des Vielen und
Wenigen (s. Abschn. IV, Anm. 531) von der Kategorie der Relation
weg in die der Quantität zu bringen 17). Endlich das gleiche Missverständniss
desjenigen, was ächte aristotelische Ansicht gewesen war, zeigt
sich darin, dass Andronikus für die Kategorien-Bestimmtheit des Wo und
Wann die abstracten Begriffe Ort und Zeit setzte, unter welche jene an
deren beiden derartig, fallen sollen, dass sie nur im Hinblicke auf die
entsprechende abstracte Kategorie ausgesagt werden 18).
Insoweit die beiden Stoiker Athenodorus und Cornutus betreffs
dieser Controversen hieher gehören, haben wir zu erwähnen, dass ersterer
gegen die aristotelischen Kategorien, und letzterer sowohl gegen Ari
stoteles als auch gegen den ersteren schrieb, beide aber an den tradi-
/ tionellen peripatetischen zehn Kategorien besonders tadelten, dass die Ein-
( theilung in denselben durchaus nicht erschöpft sei 19). So also stand
nad-r/Tixaig, rtp (Atv yaQ na&elv ti to Ttöfia tovtwv exaOTOV toiovtov
ytyovev , dict(f (Q(i de Ixeivcov Sri nd&ovg oix eiaiv l/inotr)Tixai avTai (so
ist die Schul-Logik bereits hier so unverschämt, physikalische Begriffe ohne Kenntniss
der Physik in ihrem Fächervverke zu rubriciren). f. 69 A. : oaa ovv xovxiav
fii) ri{> noO(j> awrarmai äXXa tä ^agaxi^Qi xcti rc5 noiä , nÖTtQOV Iv
aXXtp elSei tÜttitui naQct ra elQri/je'va t^ttko« Trjg notoTtjTog, ügneQ Idy
ll QÖvixog tc xai HXioTivug inoXafißavovaiv, fj eveOTiv i(p' Sv avTct TwvTertüqiov
nQogßtßä£eiv ; Vgl. übrigens Cat. 8, 10 a. 17.
16) Ebend. f. 55 £. : ol Sh neQi tov HvSqovixov r{itovv , ovx äif' ijs
i%ovOi Swäfieiog (Avouao&cu avToiig, &XX' <x<f ' Tjg e$ovai, Tovg yaQ ev nQog
rag f^eXXoiaag sing oiaxeifie'vovg ovTug xaXeia&at.
17) Ebend. f. 36^/.: fi^nore de, (prjolv 6 'IäußXi%og , r^3 Mvdqovlxia xai
TO fiiya xai fiiXQbv xai to noXii xai öXCyov ov povov nqög ti lariv aXX.it
xai noabv aogidrov orav yaQ Xtymfiey fiiya , noabv aÖQiOTov är}Xoi[iev,
ov yaQ StjXovTai nöam fj r(vt [A.eye'itai /neya lariv i] noo/p nXrj&ei noXv,
oxav de /xeT£ov xai fiiXQÖreQov Xfyto/xev , xaTa TrjV 7iQÖg aXXrjXa ayjaiv
S-ecoQeirai.
18) Ebend. f. 34.B. : afxeivov laoig , (faaiv , HvdQOVixog inotr\aev , Idi'ag
fihv notf/aag xarrjyoQias tbv rönov xai rbv /qovov , vnozaSag de aitaTg
to nov xai xb nÖTi. f.SGB.: aXXct xai nQog Toviovg QtjTe'ovug To avai xai
xÜtiü ov totiov örjfAaCvei aXXa rrjv tov nov xaTTjyoQtav , ägntQ to g
xai OrjfitQov oii XQÖvov äXXä ib nore, Tovre"aTi Tb xaTa xqovoV ravra yag
xai T<j5 'AvdQovCxip doxel. f. 87 A. : b fiivxoi lÄQxvTag xai l4.v$Qovixog äxo-
Xov&tav Ttjj ÜQxvTq T(p fiiv %q6v<p to noTi Owt ctSavTCg , TOJ rf^ TÖllIp TO
nov, ovTwg e&tVTo Tag äiio xaTi\yoQtug if vXa'iavTtg tt\v StxaSa xai ovtoi
tüv ytväv. f. 884. : ÜQ/vTag de xai IdvÖQÖvtxog ISCav xiva tpvOtv tt)V tov
XQOvov &^fitvoi 6fj.oi tovt<o avvHaSav to noTe tög neQi tov %qövov v(piöTafievov
(jB.) otuv ovv oi neoi ÜXmTivov xai HvSqovixov to xai
avQiov xai niovot, fiiQr\ XQÖvov Xe'ytooi xai dta tovto u£i<3ai XQÖvip avv-
TCTax^ai xtX. f. 91 B. : IkvdQÖvixog Se (sc. Tb noQQto xai iyyvg) eig to nov
Ttörjßtv aiira aÖQiOTa xaTa lönov oVTa.
19) Ebend. f. bA,: xai äij aVTiXtyovaiv avT<p Tiveg *&CTovVTeg TfjV diaCqcOiv
ot fiev mg nXeovä&voav /ictTrjv, ol de cbg noXXa naQielaav mg KoqvovTog
xai H&rjvöäoiQog. f. \hd.: aXXoi rfi noXXoi nQog aiiTrjv a/iopigß^Trjoav
avxoS-ev xaTTjyoQovVTeg Tr\g eig toöovtov nXfj&og diaigkaeag , togneQ
■A&r)v63o>Qog iv tiS nQog zag ÜQiOTOT^Xovg (th> KaTtjyoQCag iniyeyQapfie'vqi
ßißXdp, fiövrjv äe TtjV eig toöovtov nXij&og dialQeoiv igeTafrvTi xai Koq
IX. Die späteren Peripateliker. 539
die stoische Monomanie des Eintheilens, welche wir ohen schon kennen
lernten, den Bestrebungen der vorhin so eben Erwähnten, welche auf
das ursprüngliche Einfachere abzielten, gegenüber. Jenen beiden Stoi
kern ist gemeinsam, dass sie bei der Kategorie der Quantität. ausser der
Grösse und Zahl noch die Schwere als dritte Species derselben bezeich
neten 20). Cornutus aber machle auch noch die Entdeckung, dass Nahe
und Ferne relative Begriffe sind, und wollte andrerseits alle in der Spra
che vorkommenden Orts - Adverbien und hierauf bezüglichen Flexions-
Sylben in der Kategorie des Wo untergebracht wissen ; auch quälten
ihn, wie es scheint, Bedenken wegen der verschiedenen Bedeutungen des
Wortes „Ausdehnung"21). Dass wir nicht mehr im Stande sind anzu
geben, in welchen Albernheiten er wohl gegen Athenodorus polemisirte,
dürfen wir in der That nicht bedauern. Nicht viel gediegener scheinen
die Erörterungen gewesen zu sein , welche der Akademiker Eudorus
pflog; ziemlich annehmbar zwar ist noch, was derselbe in Bezug auf
die Beihenfolge der hauptsächlichsten Kategorien bemerkt, dass der substanziellen
Wesenheit die Qualität, und hierauf die Quantität folgen müsse,
da hiedurch die Subsistenz des Wesens determinirt sei , wornach sich
die zeitliche und räumliche Kategorien-Bestimmtheit anreihe 22) , so dass
wahrscheinlich auch Eudorus die Belation weiter zurücksetzte ; hingegen
fast an das Einfältige streift ein eigentlich nur grammatisches Bedenken
vovxog <Te iv otg ngbg A&r)vöd ioqov xai AQtaxoxtXijv iniynaxpt. Porphyr.
'E%riy. f. 4 b.: ol ninl Ad-rjVÖä oiqov xai Koqvovxov , oi xä fyxovfieva neol
xüv Xt"£t<av xa&b XtSetg, oia xa xvgia xiä xa noonixa xai Satt xoiavxa,
äiatfona yao iaxi Xi$eu>v xaitb Xi'itig dal, ja xoiavxa ovv Jigotj {govxtg
xai noiag iaxl xuxr/yogCag änogovvxeg xai /xr) evgiOxovxeg tXXinij tpaolv
elvai TtjV ätalgeatv (ig av piij naai\g (ftovrjg arifiavxixT]g tlg avxi\v negt-
Xttfißavout'vrjg (hiedurch ist die stoische Manier trefflich chaiakteiisirt). Ehend.
f. 21a: A&tj vöfitagog yag Tjxrjaaxo ö 2xta'ixbg ßißXCa ygäxjjag ngbg xag AgiaxoxiXovg
Kaxr)yog(a; , Kogvovxög xe iv xaig ' Prjxogixaig Tiyyaig xai iv
xrj ngbg ASrjVoätogov avxrj ygatfy, xai aXXoi nXtTaxoi.
20) Simpl. a. a. 0. f. 32 £. : alxttövxai dt) xai xb tlg ävo ytvta&ai xr\v
Siatgtaiv, iSti yag fiextt xbv agtS-fibv xai xb [itye&og xgCrov etäog xäxxtiv
xb ßäijog rj xr\v gontjV, <ig Ag/vxag xai log vaxegov A&rjvöötogog exa^e xai
üxoXefxaiog 6 /.laft-rj/zarixog. f. 33 .4. : ngbg eft Kogvovxov xttl ITogtrvgtov
xijV gonrjv xaxa ßagvxyxa xai xovtföxrjxa &etogovliivtav noaöxrjxa Xiyovxag
xxX,
21) Ebend. f. 91 Kogvovxög cfi änogel, el xb nov xov xonov xai xb
noxe xov zqovov xaxa xbv xagaxxTjgia/tbv xtöv XiStt»v Sttvr]Voy_6xa dg ISCag
xaxaxixaxxai xaxrjyogCag &ia xb xr\v ngo&taiv ntgl %agaxxr\gtov elvai Xexxixmv
(diess betrachtet also der Stoiker als Aufgabe der Kategorien), xi Si]rtoxe
ovyl xai xavxtt xrj xaxryyogla xavxy ngogid-rjxtv, otov xb ditovöirtv xai dg
Ai'tava xai xa xoiavxa noXXä ovxa, 8/toia yag iaxi rip Ati-i]vr\&tV xai dg
'A^vag näXiv ö*i b aiixbg ävi)g xb nöggta xai iyyirg tlg xb ngög xi
ävaytiv a^iol xonixbv eyovxa xb vnoxtt'fitvov. f. 89 B.: xai nXrifi/xiXovOir
ovxoi (sc. ol Zxtaixol), Siöxi xüv Ilv&ayogtCtov xb äiaaxtifia y voixbv xai
iv ifvaixoig Xöyoig xai, d ovxmg xtg ßovXoixo xaltiv, tv xoig OTtto/tanxoig,
dlg noxe xai Koovovxog bxpi xoiixo vnwnxtvatv , ... oKpoQifafitviov , ovxoi
aaifiäg [ilv ovx tyovoi ditXtoO-ai bnolov XiyovOi äiäaxrj^ia.
22) Ebend. /'. 53 E. : xai EväaiQog <Sh x$ ntol ovOi'ag Xöyip xbv_ negl
xijg notöxrjxog Xoyov , xai fitxä xovxov xbv ntgl xov noaov owt£tvx&at
(f TjOtv , xijV yüo oiaCttV u/ia io5 noty xai noaif) avvvif laxao&ai , fitxa äi
xavxa xtjV XQOVtx-qv xs xai xonixr\v xaxr\yog(av nagaXa^ißavta&ai , naouv
yag obalav nov xe that, xai noxe, 6*r)Xov6xi xtjV ala^r)xrfv.
540 IX. Die spateren Peripatetiker.
betreffs einiger relativen Begriffe23); mehrere Schwierigkeiten scheint
derselbe bei der Kategorie der Qualität erhoben zu haben, indem er
einerseits die zwei ersten unter den vier Species derselben, welche das
pseudo-aristolelische Buch aufzählt, als identisch bezeichnete und hiebei
ziemlich in die stoische Distinetion (Abschn. VI, Anm. 92 u. 96) gerieth24),
andrerseits aber doch wieder in ähnlicher Weise wie Andronikus (Anm.
15) wenigstens einige Bestimmtheiten, welche auf dem Aggregations-Zustande
beruhen, von jenen vier Species der Qualität abtrennte 25). Ueberhaupt
scheint von Seite der Akademiker die Kategorien-Bestimmtheit des
e|tg ein Lieblings • Thema der Controversen gewesen zu sein26).
Der begabteste aber unter den älteren Commentatoren war jedenfalls
Boethus, dessen Talent und Scharfsinn bei den Späteren auch ausdrück
lich anerkannt wird ; er schrieb einen sehr ausführlichen, fast von Wort
zu Wort folgenden Commentar zu den Kategorien und eine eigene Mono
graphie über die Kategorie der Relation in ihrem Verhältnisse zu dem
stoischen nqög ri jews 'iyflv 27). Dass er nicht wie Andere in jenem
scholastisch Dialektischen befangen war, sehen wir schon aus dem Um
stände , dass er nicht die Logik, sondern die Physik an die Spitze des
philosophischen Studiums gestellt wissen wollte (s. d. Stelle in Anm.
8) ; und sowie er hierin in Widerspruch mit seinem Lehrer Andronikus
stand, so näherte er sich vielleicht den Ansichten der älteren Peripate
tiker, namentlich etwa des Strato. Zunächst schon betreffs der Kategorie
der substanziellen Wesenheit verwahrt sich Boelhus gegen das Beibringen
eines unaristotelischen Massstabes, da es sich nicht um den Unterschied
sinnlich-wahrnehmbarer und intelligibler (platonischer) Wesenheiten handle,
und mit Recht weist er auf eine wichtigere, in aristotelischer Philosophie
begründete, Frage hin, wie sich der Stoff und die begriffliche Form
23) Ebend. f. 41 E. : EvSiooog de b AxaSr)fia'ixbg iyxaXel mg ov Ovvrarrerai
To nreqbv rm nrenmrQ (s. Cat. 1, 7 a. 2.), rb pkv ycto nreqbv
Iveqyefq Xfyerai , rb oi nreqmrbv ävväftei tag ävväfievov nreqmd-fjvat , ei
ifi iveqye(a yivoixo , ov nreqmrbv äXX' Inreqmfievov Xfyerai' bftoCwg de
xai £nl rov nrjäaXCov SioqC^erai , Sri oi nqbg nrjäaXtmrbv aXXcc nqbg nentjSaXimue'vov
äv Xiyoizo, xai r\ xe(paXrj nobg xexeifaXmfiivov.
24) Ebend. f. 63/*.: b de Eväo>qog airiäzai <og r(p nqore'qm zavrbv
ov rovro rb eläog Ttjg noiörr\zog- ctl yaq (fvGti ävväfxeg ei fiiv evfieraxlvrjToi
Tv/oHti, tiiaxHaeig itsovxai, ei 3e fxövifioi, e$etg.
25) Ebend. f. 67 A.\ EvSmqog äe rfjV naxvxrjxa xai Xenrörtjra eig ?rtqov
raxxei ye"vog, rag d°e äXXag ov. f. 68^/.: Evämqog de anoqei rC cfjjnoxe
zb fiev fiavbv xai nvxvbv xai Xtiov xai ZQa%v xtfoiv OrjfiaCvei, ovxizi
de xai r\ xafxnvXözrjg xai tj eb&vzrjg.
26) Ebend. f. 54 f.: ot Se anb xrjg Axaär)fA.(ag anb zov exea&ai rag
efeig ixzä txaXovv, ägnen rä ivvor^iara /xe&exxa anb xov [ierfyeo'&ai *"*
rag nrmßeig revxrag anb rov rvyxavea&ai xzX. f. 567*.: mgneq ot Axaätjfia'ixol
mqCßavro exrbv rb o'iov re ?/fo"fl-Kt avrb ctnoäovreg, ovx anb ri"?
irvfioXoyiag avrov naqaXaßovxeg rov Xöyov.
27) Ebend. f. \ A. : TIoXXol noXXctg xareßdXovro <pqovx(äag eig rb xcöv
Karriyoqimv rov AqiGxoxiXovg ßißXCov rtveg fie'vroi xai ßa&vriqaig
neql avrb äiavoCaig txqrjoavxo ülgneq b 3-av/xärtiog Borjdög. f. IT.: xai
lijriyovfievog de b Botjdbg xaS-' exäaxrjv X{%iv. f. 209.B.: ravra /xev ovv
b Borjd-bg xazä zr\v iavxov ayxCvoiav Siaxqlvei. f. \1A. \ b jxe'vioi BorjS-og
bXov ßißXCov yoäijjag neol rov noög ri xai nqög ri natg exovzog. Porphyr.
'EStfy. i. r. Aq. xar. f. 4b. : äXXä xai Borj&bg Iv rolg eig zag Kazijyoodts
eiorixe ravra. Vgl. die Bezeichnung IXXoyi/xog avtjQ in d. Stelle in Anm. 31,
IX. Die späteren Peripatetiker. 541
und das concrete Wesen zur Kategorie der Wesenheil verhalten; er
selbst entscheidet diese Schwierigkeit in einer Weise, welche sehr stark
an physikalische Grundanschauungen sich knüpft, indem er nur Stoff und
concretes Wesen unjejijdie.^esenheits - Kategorie rechnet, der begriff
lichen Form aber eine anderweitige Function zuweist78), was erklärlicher
Weise von Anderen sogleich so verstanden wurde, als habe Boethus
das Bedenken geäussert, es sei das Allgemeine gar nicht das der Natur
nach Frühere, sondern das Spätere29). Nemlich was die begriffliche
Form betrifft, so nähert derselbe sie dem artmachenden Unterschiede,
welcher ja nie zur Gattung , sondern stets zum Artbegriffe gehöre ; so
wirke der artbildende Unterschied als eine Ergänzung der Wesenheit
(evfi7tXr]QcoriKr] ovßiag) d. h. er sei eben nicht selbst Wesenheit, sondern
trage nur dazu bei, dass die Wesenheit so oder so qualitativ determinirt
auftrete ; hingegen wieder sei er auch nicht bloss als untrennbare Eigen
schaft zu nehmen, denn wenn es selbst solche untrennbare Eigenschaften
gebe, bei deren Wegnahme auch ihre Träger untergehen, so bestehe bei
denselben doch noch stets ein Gradunterschied, was bei dem artmachen
den Unterschiede nie der Fall sein könne; und wenn hiemit derselbe
weder Wesenheit noch Inhärenz sei, aber alles Seiende eines von diesen
beiden sein zu müssen scheine , so sei eben gerade diess die Function
des arlbildenden Unterschiedes, dass er als substanzielle Qualität (noiÖTTig
ovOModrjg) die Mittelstufe zwischen Wesenheit und Qualität einnehme,
und dabei als gemeinsames Band und Brücke für beide wirke 3U). Es
28) Simpl. a. a. 0. f. 20 B.: b /uivxoi Borjfl-bg Taira /uev nage"i.xeiv ivrttvS-
a xa (rjxri/uaxa ßovXexai ' /ur) ydg elvai negl rijg vorjxfjg ovalag xbv
loyov /uäXXov (Ff eäei, (ftjol, ngoganogelv , ort iv aXXoig xr)v oi/Glav äte-
Xöfuevog tig xgeig aXXiog /uev xr)v vXr\v aXXtog 3i xö eldog äXXwg de xö
avva/uipöxegov oioCav Xtytafrai elnev, ivxuv&a de jj(av xt&exai xaxrjyog(av
xr)v ovaCav. xtva ovv xavxrjv xal ntog avxy inoxd^ei xag /ur) xa&' eva X6-
yov Xeyo/ue'vag ; dnavxiov de ngbg xavxa 6 Borj&bg xbv xr)g ngiair\g oiaCag
Xöyov xal xrj vXr) xal xtjj avvä-e'xu) iifag/uoxxeiv ipr\alv exaxe'gq) yäg avxdtv
vnägxei T° jur)xe xa&' vnoxei/ue'vov xivbg Xtyead-ai /ur]xe iv vnoxeifi£
vo> xtvl elvai , ovde"xegov ydg avxäv iv aXXoj iaxlv, dXXd xö /uev avv&exov,
xav (i. xal el) /ur) iv aXi.fi> loxlv, Z/et xö eldog xo iv aixtp iv aXX<p
ovti ((. ov) xrj vXri, r) de vXr\ oide i%ei Tl ^ & »XXo> iaxlv xoivbv ovv xi
tgovoi xal didyogov, xa9-6oov r) /uev vXrj xivbg iaxlv vir] xa&b vXr) ägneg
xal vnoxeC/uevov, r) de aiv&exog oiola oix laxl xtvog' dXX' ovxm /uev, <fi\-
aiv 6 Borjxtbg , r) vir) xal xb Ovv&exov vnax&r'jOovxai xrj xr)g oiaCag xaxrjyogCa,
xb de eldog xrjg fiiv oiaCag Ixxbg iaxai, vifi' extgav dh neaelxa xaxr/
yoglav rjxoi xr)v noi&xryia fj noaoxr\xa r) äXXrjv xivä.
29) Dexipp. b. Brand. Schal. 50 b. 15.: xC av einoi/uev ngbg xovg negl
avxov xovxov aiA(f:igßr)TovVTag , fir\noxe oidl (fvoei ngöxega y xa xa&6Xovxtöv
xa&' ixaaxov , äXX' vaxega; rj Oxonovvxeg axQißiög tvQoifitv av xa
äftwigß>ixoviueva cig biu.oi.oyov/ueva avxovg Xa/jßävovxag • Sxav yao ivbg
ixaaxov ngcSxa <pvaei Xiyioai xa xu&ökov , nävxiog Se naXiv voxega vnoxifht'fievoi
xa xaä-' exaaxa elvai xal xrj wvaet ngoxega, oi xaliög cög iv
ägxrj lafjßävovaiv avxb bneg äelxai a&ooeC£ e log ...... ovx cog /uev ovv xoTg
negl iH^avctgov xal Borjä-bv anoxgtvea&ai ygrj.
30) Simpl. a. a. 0. f. 25 A.: xal yag xioi äoxel äiaifogä elvai xb /cog(£
eiv Tieif vxbg xa vnb xb avxb yivog • xal ärjXov Sxi ibg ngbg xb yivog
avxrjg ovxiog r) äidxgiOtg anodiSoxai. b fiivxoi Bori&bg ngbg xb eiäog xvg(
mg yr/al avvxäxxea&ai xr)v dtaqogav aXV oi ngbg xb ye"vog , diöneg xal
nolXäxig avxl xov efdovg nagaXa/ußdvovxai aläiaipogal, xal Ov/unaoai /uev
ö/uov grj&eiev av negl xov ye"vovg, xaS-' iavxi)v de ixäaxr) xaxd /ukv xmv
542 IX. Die späteren Peripatetiker.
ist diese Ansicht des Boethus und deren Begründung das schlagendste
Beispiel dafür, dass in jener Zeit auch die tüchtigsten Köpfe nicht mehr
im Stande waren, ein historisch vorliegendes System nach den inneren
Principien desselhen rein zu verstehen, sondern dass ein unwillkürlicher
Syncretismus in der ganzen Richtung der Auffassung überhaupt bereits
liegt. Denn erwägen wir, was wir oben als aristotelische Ansicht von
der determinirendcn Thätigkeit des artmachenden Unterschiedes anzugeben
hallen (Abschn. IV, Anm. 475), und erinnern wir uns zugleich, wie die
Stoiker die qualitative Bestimmtheit als Ergänzung ihres hohlen allge
meinsten Gattungsbegriffes verstanden (Abschn. VI, Anm. 95), so müssen
wir gestehen, dass Boethus, abgesehen von einem ächten tiefen Verständ
nisse, in der That ebenso glücklich als scharfsinnig diese beiden Stand
punkte in Eins zusammenführt, wohl ganz gewiss, ohne absichtlich den
Stoicismus mit der peripaletischen Lehre verschmelzen zu wollen, sondern
nur von allgemeinen Anschauungen inficirt, welche ihn auch bei aller
Verstandesschärfe den Aristoteles ganz eigenthümlich betrachten heissen.
Aber auch in geschichtlicher Beziehung ist diese Annahme des Boethus
von Wichtigkeit, denn sie ist, wie wir sehen werden, der Grundton,
welcher in der Isagoge des Porphyrius immer wieder durchklingt.
Ein weiteres Anzeichen für die Art und Weise des Boethus erken
nen wir darin, dass derselbe für die peripatetische Definition des Rela
tiven die Keime und Spuren derselben bereits bei Plalo nachzuweisen
vif' iavrrjV <!iv äv Xiyr\Tat xaid ndvrwv Qr^&eCrj av , xain Si tov
yl-vovs oväa^itüs, aide yaQ fXOQ<fo>Tixi\ inriv (XÜgtov tov yivovs' äievrjvo/e
de tov e'idovs, oti t) diat/oQä iOTi ftfTtt tov yivovs xal eOTtv r) fiev dia-
WOQtt fJOQlfrj TIS TOV ytvOVS, TO rff J'fTOff (ÖSTZfQ VTTOXei'fllVOV TlQOVTlttQXtl'
eanv ovv r) dtaifooa civ/^TrXrjQOjTixr) oioias ÜTiXovOTeQov ojs r« eXdrj xal tu
yivt] avftnXriQioTixa ovoCas XiyeTin, avfinXr]Qol yaQ tov livfhqWTJov xal to
£euo»' xal to Xoyixöv , äXXd 70 /uiv fepoj' fie&' vTioxeifiivov xal ätaifOQäs,
tö de Xoyixöv lös ünXfj notorifc ' xäv ndXiv to Xoyixöv nQogTe&elrj fieTa
tov Cqjov, to uiv IS äfiqolv iOTai lös GvvO-erov, to de nQosTt&e'fievov näXiv,
olov tö &vrjTÖv eis dnXij noioTrjs. äiö rri fiiv etdr] xal t« yivt] ojs inoxeCfieva
devTeQtti ovalai Xiyovrai, al di diaifOQal xa&' vnoxei fiivov u'ev
XiyovTui , ov fir\v eioiv oiaCai, ov yaQ eis tö eivai äXX* eis to Toiövde
tlvai avfxßaXXovTai. ov fiivTot ovTe o~v[xßeßt)x6Ta eialv, oti av/ißdXXoVTia
eis oiaCav TovTtov aneQ eidorrotovatv. did tovto ovv oiide iv vnoxei fiivoj,
to yän iv vnoxei ixivip xal go>Q(£eTai avev Trjs tov vnoxetfiivov ip&oQas,
tö de Trjs äiatfOQtts rotovde dvtv (p&ooäs ov xojQ(£e Tai. aXX' oiide tö d%ojqiOtov
av/ußeßrjxös, tfiab) v av Tis, y_iaqt^tTai dvtv (f &ooäs. aXXa xäv fir)
yiao(£r}Tai tovto, dvedis o/jios xal inlraois nenl avTÖ &(u>Qci~Tai (nl
de Trjs diaifoqds to fiäXXov xal tö t/ttov oiix mtiv ovTt tv nXetoaiv eideatv
rj ttTO/jois oü'rf iv to) avTqj. ToiavTrj de ovaa r) dtaqoQa, ei [Ii]
ovOt'a iarl firjde avpßeßrjxös , TaiiTÖv de elnttv /J.rjTt ovx f*v inoxtiixivif
jUJjTf lv iinoxt ijAtvo) , tC äv eirj , einin nävnt i« övtci rj h> iitoxuitivtf
tdTlv rj ovx iv inoxeifit'vq] ; aväyxrj ovv noioTrjTa oiiOiiaSr) tt)v ötatpogäv
tlvai av/j.7iXt)Q(OTtxt)v Trjs oiiOüis rj fj.(<sr\v noioTrjTos xal ovaCas xoivov Tira
avvdtojxov 7iaQeyo/u€VrjV TaTs fiiv ovoCaig tiqös t« OvfißeßrjXÖTa tois de
avfißeßrjxoai tiqos tccs ovotas' r) yaQ (fvois ovx a/je'aias anö tiSv ivavtCiov
eis rte ivaVTla fieTaßalveiv if iXel lüsneQ oide anö tojv Ctptov eis tb
(pvrä äXXä /ueTa^v Tiva if vöiv tt)v tojv tyoif vTorv vne"aTrjae avvayioyöv
afJif OTe'Qtov tojv aXQojv xal avfj.7iXriQ0jT ixr)v rj awSeTixr)v avTÜiv ttqos Ö-
XrjXa, xal iviav&a toIvvv fie'ariv vne'cfTrjae tt)v ifiaif ofjäv xaTa fiiv Tivas
öjs xexojQiOfie'vr\v dfiipoTv, xar' äXXovs de lis äfttpoTe'QOJV fteTfyovilav.
IX. Die späteren Peripatetiker. 543
suchte 31). Aber in Bezug auf diese Kategorie fand er jene zweite De
finition, welche in dem pseudo - aristotelischen Buche das stoische nQog
xi nwg s%ov beizieht, undeutlich , und während er in Uebereinstimmung
mit obiger Auffassung des artmachenden Unterschiedes diesen als den
nolhwendigen Träger des nqög w annahm, wurde er offenbar dazu ge
führt, diese beiden Kategorien - Bestimmtheiten nebeneinander anzuerken
nen, aber auch von einander zu unterscheiden, und zwar so dass er im
Gegensatze gegen die Stoiker (Abschn. VI, Anm. 101) behauptete, das
nqög vi mag %%ov sei wohl eine nothwendige Folge des nqög n, nicht
aber umgekehrt, denn nicht Alles, was überhaupt relativ zu einem An
deren sich verhält, besitze darin einen wesentlichen artmachenden Un
terschied in sich 32). Bei der Kategorie der zeitlichen Bestimmtheit un
terschied auch Boethus zwischen der Zeit oder deren objectiv gemesse
nen Abschnitten und jenen Prädikaten, welche im Hinblicke auf die Zeit
ausgesagt werden, so dass letztere sogar unter eine andere Kategorie,
wohl besonders unter die Quantität, fallen33), und sicher dürfen wir
annehmen, dass er bei der Kategorie des Wo das Gleiche gethan hat.
31) Ebend. f. 41 B.: dV vnoyQatffjs äirtvog jijv rjfier^Qav evvoiav ävaxiveTv
ir\v awao/uö^ovaav roig nqos ti dvvmöv r\V xal rovto noiel (sc.
6 HqiOTOT^lltjs) Tip nXaiwvi xaTa tr\v dnödoniv zijV nqwcrjv axoXovdwv,
lös (prjOiv 6 iioijS-o's' XtyiTtti yaQ xal 6 HXärwv ovtws in' avToii anodovvai
neql twv nqos rt, boa avrä äneQ IotIv eTe"qwv elvai Xe'yeTai. xal
ws eoixev, IniXikrjOTai twv vno tov nXaxwvos elQTjfilvwv 6 BorfSög, ov
yiiq dij eXnoifii av oti rjyi'öei IXXoyifios ävrjq yeyovws ' oti yäq ov Tip X£-
yeo&ai Tinos aXXrjXa äXXä ra~> tlvtsti i« nqos ti %aqttXTriQC£e i , lös xal Tip
AQiatoxiXu doxet , dtjXoi fiiv xal lv JloXnedc Xfywv „aXXa fi(vroi, r\v d'
iya) , Oda ye" laxi roiavra oia elvai avra fiev noiit ktt« noiov Tivös" xal
lv Äy)j(TT;7 de ßovXrjdilg^ *b STeQov twTwv tiqos ti ov Inidei^ai ovtws (fijalv
„bu ntQ av STtoov _rj , avfißeßrjxev l'i ävayxris he'qov zovto airö onen
IhtIv elvai" (s. Abschn. III „ Anm. 49.) f. i1A.\ 6 (x(vtoi. Bor)&6s olerat
tov oqov anb tov HXchwvos änodedooSai fje"xQi T0" »<*neQ IgtIv he'qwv
elvai Xe'yeTai", t6 de eSrjs (s. Cal. 7, 6 a. 36.) vno tov iioiOTOT tXovs nqosxela&
ai dioQ&waews evexa.
32) Ebend. f. oti de xal toIs tiqos ii Titos tyovoiv aväyxrj /«-
QaxTfjQa Ivvnaq/eiv toIs vnoxeifje'vois Ixavws ö Borjfrbs äne"det$e, xal
avTÖ&ev de nqödrjXov tovio' ov yäq e%ei ifvßiv aiir) zk#' avTrjv ij tiqos
ertqov a/lats iitf CaTaa&ui, aXX' aväyxrj ai/TJjV lv Tt!i xaTa äiatf OQav xa~
QaxifiQi IvvTiaQytiv , 6 de /aQaxTrjQ ovtos ovtos onov fiiv TiowTr]S iarlv,
ms t6 XevxoTtQov avv rj; XQ°cl toiovtov, onov Si nooÖTrjs, tos lv Tq~> nXtlov
xal fxaxQÖTtQov , onov di xivrjais, tos lv r$ wxvttQov, onov äi yQovog, lös
lv Tal nQeaßvTtQov, onov de TÖnos, lös lv Tijj äviÖTeQov (/i.) äXXa
xal neQi Trjs axoXov&las . . . . 6 Bort&ös ajxwofxevos avToiis (sc tovs Ztw'ixovs)
Tip fiev nQÖs ti ifi\cil tu nQÖs ti nws eyovTU avvaxoXov&elv , fxeTa
yaQ tov nQÖs eTSQov niös eyeir Tavza nQoseCXrjtpe xal Tr\v olxelav äiatpogäv
, Tip de nQos ti niös e/ovn oixhi Ta nQos ti avvän teTai , ov yaQ
näaiv vnaQ/eiv tois nQos ti nQog IrtpöV tc Xtyeo&ai a%laei xal tt(V
diaif OQav TTjV olxelav tyeiv. f. 51 Ii. : t« de nQos ti ÖQiCöuevov, oig to
that, ifijal (d. h. Cal. 7,8a. 31.), tuvtov Ioti Tip ttqös ti ntös eyeiv.
äXXä xal äaaif ij tt\v anödoaiv InotrjaaTO, lös xal Borfs-tp xal MglOTtavi doxel.
33) Ebend. /'. 88 r. : xal Borj&ös de aXXo fiiv tov %q6vov InoTlS-eTai
uXXo de to fieTfyov xqovov xal lv %QÖvtp, xal elvai fxlv IviavTov xal fiijva
Zqövov, Iviavaialov de xal [irivtaTov fieT^ov %q6vov , wsneQ äXXrjs xaTrjyo-
Qias ipQÖvrjOis xal to xaTa (fiQÖvytiiv, oiov Ioti to (fQoveTv, alXr)s, xal to
fiiv Ioti noiÖTtjTos to de tov noietv, ovtws xal 6 /qovos xal to xarä %qovov
dilOTrjxev544
IX. Die späteren Peripatetiker.
Betreffs der Kategorie des Thuns und Leidens suchte er sogar einen
speculativen Grund dafür nachzuweisen, dass dieselben als zwei Katego
rien, nicht aber als Eine, gezählt seien, da ja in der ersteren derselben
die reine Actualität inbegriffen sein müsse, welche bei der zweiten gar
nicht vorhanden sei34). Sehr genaue und reichhaltige Distinctionen stellte
Boethus in Bezug auf die Kategorie des Habens auf, so dass im Vergleiche mit
diesem die betreffende Stelle des pseudo-aristotelischen Buches als höchst
armselig bezeichnet werden muss ; er unterscheidet nemlich bei dem Ansichhaben
ein Verhältniss dessen, welcher hat, zu ihm selbst, und ein
Verhältniss des Besitzenden zum Objecte, und ein Verhältniss des Objectes
zum Besitzenden, und weist darauf hin, dass der allgemeineren Be
deutung des Wortes ?j(£iv jene Fälle, welche der Kategorie des Thuns
und Leidens und der Kategorie der Relation angehören, wohl ausgeschie
den werden müssen, hingegen bei der engeren Wortbedeutung, welche
mit dem Besitzergreifen zusammenfällt, die übrigen Kategorien schon abge
zweigt seien und die letztere Bedeutung allein dann die Kategorie des Habens
ausmacht 35). Eine Erörterung in Bezug auf die Bewegung und die ihr
entgegengesetzte Ruhe gehört der Sache nach mehr der Physik als der
Kategorienlehre an36); jedoch sehen wir aus derselben, dass Boethus
auch die sog. Postprädicamente vollständig commentirte. #
34) Ebend. /. 77 B. : ixeivog yctQ (sc. Ügidr.) to nguxfog noiovv xal
xivovv axCvryxov tlval tpnaiV diä tovto xal to noielv nag' uvxiS xe/togtaxai
tov naa/eiv xal ov% i(f>' ev a/jyw iHaxiai ye"vog, iliore ovre elg e'v
iiptfw Tctvta ävdyeiv xqij ÄXXa dvo awopCCea&tti ägneg xal IrfpiaroTÄljjj
aiira /laolg ditOTTjOtV ovxtog fiiv ovv o BotjSbgxai 'lä/nßXixog noog tt)v
anoglav IvCottiOuv tt)v i'v yivog ctÜiovaav tt)v xlvrjOiv tov je noielv xal
tov nao/eiv ngovnoTl&ea&ui.
35) Ebend. f. 94.E. : Ttov de änb Trjg Sxoag a^iovVTtov elg tö ntbg
ly_eiv avaifigeiv to tyeiv b Borj&bg iravxtoiixai ovTe eig to nmg i%ov r)yoi—
(ievog deTv ovre eig t« ngög ti avdyeiv avTo, tdlav de elvat xaTrjyogt'av •
elvat fiev yao G%extxr)v avT-fj», jQiyüg dk /udXtaxa xal dfuovvficog xr)v o/iaiv
Xfyeo&af xr)v ftiv yag elvat iv eavxtp xal xa&' eavxb, tx)v de ngbg
exegov , Tr)v de exjgov ngbg eavxo. r) fiiv ovv iv eavxtp O-etogeTxat xaxa
tov ntbg e/ovxa oiov 6 ngoßeßXr}fie"vog, o^foig yao ißTtv aiiTov ngbg iavTÖv '
r) di ngbg 'fregov r) xtSv Xeyofiiviov noog ti , 6 yäq naxr)g xal b degtog
xaTa o/tcftv Xfyexat, ov Tr)v avTov Tivog ngbg eavxbv aXXa xr)v noog exeqov
r) de «</>' ixe"gov ngbg eavxb ol'a t) tov tbnXtOfiivov xal vnodeoefiivov,
eßxt yag aXXov O/eatg noog aixbv t<Sv fiiv bnXwv ngbg tov tonXtafievov
tiSv oh vnodriftäxtov noog töv vnodeäefi(vov fir)noxe de, (frjalv ö Botj&ög,
tov tyetv £otI arifiaivö^ieva to per o iaoäwafiei Tiji tytiv Ötiovv ehe fi(-
Qog eixe yiaqtov , o dfj xal Tit%a vnb Trjg Xiljecog xa& avTr)v nooTad-eloris
OrjfiaCveTai , tu de nXeico Ixelva xal etega {v rjf awTuiei, b yaq äyQog
ngoTa&elg rj b naTr)o rj to fi(Qog tt)v äiuqooav noiel' vnb de t«i)tijv
aXXtiv elvat tov e/jiv atjuaaCav xr)v Idlwg inl tov xnaTelv TeTayfiivrjV.
luv fiiv ovv tt)v xaTr\yoqlav xaTa To nqiaTov arjfxaivöfievov Tt&ij Tig, xal
to tf Qovtiv xal to 0(o(fooveTv xal to iyialveiv elg TavTHjV Tr)v xaTijyoQlav
avay&r)aeiai , yoövr/aiv yag e/eiv to a goveTv Iotiv vneiaige&r]aeTai di
äno TavTTjg r) xara xb noielv xal näaxetv xaTrjyoQla. äiaxQi{hr)aeTai de
xal tov noög ti, ö fiiv yctQ xexTrjue'vog tov noog ti eaTat, tö de xexTi)a&ui.
tov e'xe'v> ""^ ° nctTr)Q T°v noog ti , to de nar^oa elvat iv Tip vlbv
tyeiv. iav dl xaTa to devTeqov, t« /xiv tiXXa tov f/eiv oryxaivöfieva elg
. r«f äXXag xaTriyooCag ärax&qoeTai, ooa de xutu xqaTr\aiv inixTr\rov xivbg,
elg TavTrjV fxovov. TOiavTa fiev ovv xal r« tov yevvalov Bot)9-ov ngogtoto-
Qela&ia.
36) Ebend. f. 209 B.: b [xivToi BorjUbg tt)v aVTixei(ie'vr\v fjoe/jlav rij
IX. Die späteren Peripatetiker. 545
Von Aspasius und Adrastus erfahren wir in Bezug auf die
Kategorien nur, dass sie gleichfalls Commentare zu denselben geschrie
ben haben 37).
Herminus, welcher sich Oberhaupt in tiefere Untersuchungen nicht
einliess38), — offenbar ein höchst bornirter Mensch — betrachtete als
Zweck der Kategorien von vorneherein nur die propädeutische Rubricirung
der Dinge, welche hiebei in die ihnen je entsprechende Gattung unterge
bracht würden39). Darum findet er auch ein Bedenken darin, ob die
zehn Kategorien zu diesem Zwecke wohl ausreichen möchten, denn er
bildet sich allen Ernstes ein , Aristoteles habe „ überall von dieser Zahl
derselben Gebrauch gemacht und nirgends eine weggelassen oder eine
andere hinzugefügt"40), wodurch hinreichend bestätigt ist, dass er wohl
kaum etwas Anderes als das pseudo-aristotelische Buch in Betracht zog.
Die stoische Schul-Monomanie des Eintheilens scheint überhaupt den Ge
dankenkreis des Herminus ganz besonders in Anspruch genommen zu
haben (s. auch Anm. 70 f.); nemlich er sieht das Wesen der begriffli
chen Unterschiede nicht in ihrer die Wesenheit ergänzenden Wirkung,
sondern in ihrer Bedeutung für die Eintheilung, und in einem wahrhaft
scholastischen Bestreben sucht er diesen Standpunkt für subordinirte und
für coordinirte Gattungsbegriffe festzuhalten, wobei er dazu kömmt zwixara
noioTivTa xivyati ovx äfioi noioTrrxa tlvai oiäk xr\v xara ftfyt&og
oiiät tt\v *ki' oialav , ivaqyig liyatv tovto tlvai ix Trjg xarä xönov, aloyov
yän rijv Iv tötto? r\o(fir\aiv Tonov xaXelv ov fjfvroi ov&t anotfnatis
TtSv xaj' avTÜg xivpatatv Tag f^Qtfitag tlvai avy/ojQtl, aXXa Oxfatv tlvai,
Ti]V rjot'fitiOiv xal irjV xCvrjüiv noög Tt tov XQ0V0V xctl T" tMog xad-b av
Tv/y xivovfitvöv ti rj ^otftovv.
37) Galen, n. t. IdCtav ßißX. 11, XIX, p. 42.: tov dl tiüv Stxa xctiijyooiiSv
xoiviavdv lxt"Xtvaa tiSv vnofivrjuaTioi' txtCvotg fiövoig Toig uvtyvo}~
xöoi nana ätfiaaxaXov to ßißXCov rj Tiavriog yi TiQotigrjyfit'voig Jt' £t(q(ov
fSrjyijTixüv bnoTa tu tc UtfnaOTov xal lAanaatov tatlv.
38) Simpl. a. a. 0. /. \A. : aXXoi äi 7iq6s Tovroig xal fj/rjj1u«r<ui' l<f>rjtf/
avTO utroüog , (ig b Ü<f>Qofntitvs JtXt"iavfinog xal 'Eo/jTvos xal baoi toiovtoi
. .. . jivig [itvioi xal ßa&vrtyag ntol avrö äiavoCaig IxQrjoavio.
39) Porphyr. 'EÜriy. i. T. xaxr^y. f. 4 b. : xal Borj&bg iv Toig tlg rag xa-
Ti\yoolag tigt)xt jaira xal 'Enfitvog ßaa/tojg, tint z« 'En/iivov intCntn
ttiiä (/gg <fi« ßoayiiav tignoS-ai, Xfyti rolvvv 6 'EofiTvog nooxtToitai ovrt
ntol tiöv iv tj ifvati nmötiav xal ytvixiuraTiov ytvtSv, ov yaq vfoig noogrixovOa
f) Ttäv toiovtiov otSuOxaXla, ovre rtvtg ai noiaTw xal OTOixtiiöätig
T(äv Xtyofit'viov öiaif ooal , (ig tov Xoyov tlvai äoxtlv ntol tiüv tov Xoyov
ptQäV , äXXa fiaXXov neol Trjg xa&' ixaaxov yivog tiüv ovtwv olxtlag av
iaofj^vrjg tiüv Xtyo[i{v<av xaTr\yoolag. Anon. Prolegg. ad Cat. b. Brand. Schot.
31b. 22. 'EQfiTvög ye f*ijv irtnl ngayftaTiov, xal aiiTÖg anb tov /ifj Sittxfvovg
tlvai Tag tfotvag t't'ü.ä xarä ngayfiuToiv atl (ftgouivag iinax&tlg,
xal tov edTi xal tov bvTog.
40) Simpl. ad Cat. f. 15 r.: b Si 'Eo/xlvog, anagdtfirjaig ovv Ioti, (frjal,
xal ovTt äiatgtaig ovTt [xtQiafiög (s. Abschn. VI, Anm. 06.). ovStv yao olov
äfKf'ißäkXoVTi ioixtv ei ToaavTÜ (oti i« yivrj' ygätiei ovriot' oib et
Pbantl, Gesch. I. 35
546 IX. Die späteren reripatetiker.
sehen Gattungs- und Art-Unterschieden zu distinguiren41). In Bezug auf
die Kategorien des Wo und Wann unterschied auch er, wie Andronikus
und Boethus (Amn. 18 u. 33), die Begriffe Art und Zeil von den specielleren
Determinationen derselben 42).
Von Arislon werden uns Bedenken betreffs der Kategorie der
Relation überliefert, in welchen er thcils mit Andronikus zusammentraf,
theils aber auch durch eine Erörterung, dass die Welt ein Relatives sei, uns
Gelegenheit gibt, die Albernheit seines Scholaslicismus zu durchschauen43).
So also waren in jener Zeit die Kategorien der Gegenstand der
vielfachsten Erörterungen, welche innerhalb der dienstbaren Stellung der
Logik überhaupt dennoch mit einer gewissen speciellen Vorliebe gleich
sam um ihrer selbst willen gepflogen wurden, indem man sich in die
mannigfachen' Gesichtspunkte dieses Fächerwerkes im Einzelnen vertiefte
oder verrannte, so dass, was das äussere Auftreten solcher Untersuchun
gen in der Schule selbst betrifft, es fast den Anschein gewinnen könnte,
es seien dieselben als Selbstzweck betrieben worden, während der innere
Gang, welcher hiezu führte, doch nur auf dem Interesse der Topik be
ruht. In jener Weise aber, in welcher die Schul-Controversen sich speciell
auf die Kategorien warfen , bilden sie die Brücke zu demjenigen,
was als die Lehre vom Begriffe sich ins Mittelalter hinüberzog, und un
ter Jenen, deren Namen in der Tradition besonders hervortreten, scheinen
hauptsächlich Boethus und Herminus auf die Auffassungs-Weise des Porphyrius
eingewirkt und so vermittelst der Isagoge desselben einen wei
teren geschichtlichen Einfluss gehabt zu haben.
Uebiigens wurden auch jene Eingangsworte der pseudo -aristoteli
schen Schrift, welche im Anschlüsse an die Interessen der Topik über
41) Ebcnd. f. HA.: b de 'Eguivog lag avunXrjgcoTixdg oix a£ioi dia-
(fogag xaXecv, ciXXä fiovag Tag diaigeTixclg. f. 14<f.: 'Eg/xTvog dl eTt'gag
riS eidet ßoüXtjiu (Sven rag diacpogctg tcuv fjtj in' älilrjlLa yevtov äXX'
geov , diott, c/rjolv, tan tivc'i ye"vi] ov/ in' uXXijXa filv , aficpa) dl vnb iv
avayöfieva , (ig ro nxr\vbv xal to ne£bv afttpw ino to Z<pov, xcii tovtcov
eiaC iivig cd avicd diaipogcd, xal yag tov tttijvov to jitv dCnovv lorl rö
dl KTQanovv, dg ygi'p lOTogeiTca xal atf 'iy'S , xal tov ne£oi> bfioCmg, äXX'
ov/l Tti't eidei al avTcd itaiv aviai diaipogal, äXXce yivtt , £cpov yäg eioi
TTQohtog diacfogaC' diu tovto, cprjol, tiöv /xfj in' aXXrjXa oii/ änXcög ertgag
aXXa im efdei eTe'gag eine Tag dic«( ogetg, xal yag avTai ruv /xi] in' äXXrjXa
ovcsai , xuv al avrai doxüoiv , aXX' ov tü> etdei eiaiv al avTid, ctXXü tcu*
ye"vei.
42) Porphyr. 'E'ir\y. f. 33 a.: äXXa ntög 6 'EgpTvog än^rrrjOev; Xe'ycor
oti to avia xal tö xütco ov TÖnov <7r)[iu(vet aXXä nov , ägneg ovdl to
%&tg ovdl to avgiov /govoV ctXXa nore.
43) Simpl. a. a. 0. f. i8A.: 6 de 'AgtOTtiv toiuvti^v etnoglav rot? elorjfte'voig
inäyec el näv ngög n dg ngog eiegov ti unoXeXvfie"vov eavrov
ngog ti XfyeTai, oiov 6 ncnrjg ngog vlöv, o de xöafiog ovdlv cinoXeXvfce'vov
ectvTov e'/ei, ov yäg lotl ti tov xoOfxov ixibg, oix emcti ngog ti 6 xodpiog'
xccCtoc tiov ngog ti (o"t(v (ig yag to nTegbv megioTov nregöv, ovTtog xal
Tb (v xoaucp xoafxcoTov xal to Iv yrj yecoTov xal to Iv äe'gi äegcoTov. f.
hl IS.: aXXc't xal aaaqrj TrjV anodoaiv (sc. tov ngog ti s. Anrn. 32.) inoiriactTo,
dg xcd BotjOcji xcd 'AgiGTiavi doxel diöneg 6 Aglarcav cig inl
csaif (cSTtgov ueraXttftßdvcov, tu ngög ti nöig eyovTa, (f rjcrl, tccvtcc Iotiv oig
to elvai tuvtöv (oti t<5 ndg e/etv ngog eregov. xal ovToig dl xal AvdQovixog
dnodCdiodi . . . . (r.) xal b AglaTcavog xcd b Avdgovtxov 6 IfywV „oig
to elvai tuvtöv ian Tip ngög eregov neig eyeiv".
IX. Die späteren Peripatetiker. 547
das Synonyme und Homonyme handeln, schon von diesen frühesten Commentatoren
mit der nemlichen Subtilität wie die Kategorien erörtert, so
dass hier die Veranlassung zu den weitschweifigen Discussionen vorliegt,
welche wir bei den späteren Erklärern über diesen Gegenstand finden.
Namentlich scheint B o e t h u s es gewesen zu sein , welcher mit Bezug
nahme auf Speusippus eine reichhaltigere Eintheilung dieser sprachlichen
Kategorien aufstellte, indem er die Worte in ravtwwfi« und heQmvvjia,
und erstere wieder in 0(u6vv(ia und Gvvavv^a, letztere aber in sxtqojvvfia
in engerem Sinne und in nolvcowpu und Ttaqävv^a eintheilte
und deren gegenseitiges Verhältniss näher zu bestimmen versuchte 44),
— ein Unternehmen, welches allerdings schon zu den Zerrbildern einer
Logik gehört, denn für eine richtige Lehre vom Begriffe gibt es keine
Nicht weniger ausgedehnt aber waren offenbar auch die Bestrebungen
dieser späteren Peripatetiker betreffs jener Theile der Logik, welche die
Lehre 'vom Urtheile und Syllogismus enthalten. Das Buch IltqVEq^vtias
wurde zwar von Andronikus als unächt bezeichnet, aber auch nur von die
sem allein45), und während Andere denselben zu widerlegen versuchten,
wurde jene Schrift des Aristoteles als völlig unangefochten schon früh commentirt.
In den Werken der Späteren treten namentlich Aspasius und
44) Ebend. f. 9^/.: elqyxwg toCvvv b HqiOTOTiXrjg 7itql bftwvvßtuv xul
Bwiovv/ioiv xul Tiaoiorv fitov nuqrjxe ir! re heqoivv/xu xal in noXvmvvfia
Znevamnov toCvvv iOToqei Borj&bg toiuvti\v diuCqeaiv TiaquXufißäveiv
rä bvofxuTu nuVTu rt eqiXufißuvoiJauv ' tiüv yuq ovojiuTiov , if yol , ra
fitv iavToivv/jü iOTi rü dt tJfQo'n'vfj.a, xal tojv ravTmvvftoiv ra fxev bfiiä-
Wjiä Ioti Tic de owww/xu xurd tj\v TiSv naXuiiov Ovvr)&eiuv axovovtiov
VH<av tu avviövvfia' twv dl frequivv/utov 7idi.iv tu (t(v ißTiv Idtiag henwrvua
tu de noXvoivv/iu tu de nuqiovv^ia. uXXu neql piev tojv icXXcov
ttnooe'doTtti, , noXvtovvfiu de" iaTi tu diuifoqa xul noXXd X.eyöfieva dvofxaTa
xa9-' ivbg nqäy/iaTog , bxav eig xal b ui/rbg avTiöv jj Xöyog, ägneq renn
U<fog tfäayuvov [iä/atqu- erequivv/ju de" iaTi tu xal Toig dvofxuot xal Tolg
nquyfinai xal xoig Xöyotg erequ, otov yqafifiaTtxri uvihqtonog $vXov. dia-
(fiqei ovv äXXqXtov Tavra fiev y tu ftev noXvoivvfta xoivtavet tov uvtov
Xoyov xal tov nquy/xuTog , tu de eTeqtävvfiu xut' u^itpto dUcSTt^xe' nqbg
m tb noÖTenu tu filv noXvtovv/xu Toig bfxtavvfiotg ävTtOTqe'qpei , xuftoaov
Inl jufv tiöv öfiiavvfiiav to fiev ovofiu xoivöv >jv, b de bqog Xäiog Ixuotov,
inl dt tcüv noXviovvptov to üvanuXtv to [ilv nqayfju xal b Sqog xoivbg,
tu de bvöfiuTu diätfOQu, tu de" ye ereqoivvfiu Tolg ovvatvvfiotg ävTixeiTat,
ixtlviav yuq xut' üuifw xoiviovovvt tov tuvtu xut' oidfrenov xotvtovet.
Rikk. Anecd. p. 868.: owwvvfiöv Iciti to iv nXeCooiv bvo/xaot fiiü ovaCcf
vnoxtiuevov, otov fiiqoip ßqoTog uvihqtanog, uneq ol JleqtnaTtjTtxol noXvoi-
*vJitt XiyovOtv, bfioivvuu dt Ta To uvto yivog e/oVTU xul tt\v uvTrjV ovoluv"
to &vd-Qct>7tog 'innog tkBtpüt bfitövv/jd quaiv tnel Ta tq(u xut' uopivoiv
xat tytov iXe"x&ii. Euslalh. ad II. X, 557.: ovog de xoivtSg ftev to (tijov....
h de öpiovvfi(a xul ti axevog uvto olde naoa Toig UntOTOTeXixoig.
, ( 45) Alton, b. Brand. Schol. 94 a. 21. : nenl tov yvrjaCov lAvdqövixog 6
to4tog äfKf ißdXXei ftövog b Xtyofxevog eväe'xuiog dtüdoxo; lijg HgiOTOTe'Xovg
d'UTQißfig. lnel yÜQ b liiniOTOTe'Xrig iv TuvTy Trj npayftttTeiq (pijalv ort
7<« h tj (ftavij TtSv iv tn i/'fjfjj na^r/ftttTcov iOTl avpßoXu, tovK'otiv ai
Vwvol^ ra T^j VM^^f ii'uyyiXXovaiv , eha nuQuxaTioiv q-ijtftv oti „negi
(tili ovv tovtiov iv to) negl if>v%r,g rjfiiv elQ7]Ttua , slvdoövixoi äxovoag t«
'("/^otk jTa&rifiuTtt täs ipvXVS xaXovVTog avTov xul naQane'fXTTOVTog i)(U«f
f's iö neql ipvxijg , f»r« iyxvrpag ixet xal fiij awidtov Sntog TavTa Xtyei,
"fayxalov (üijfli) tojv dvo nquyfiaxeaüv , TavTrjg te xul rijg neql tyvj(ris,
■
35*
548 IX. Die späteren Peripatetiker.
Herminus als Erklärer jenes Buches hervor 4 6), jedoch ohne dass durch
sie oder ihre Zeitgenossen überhaupt die Lehre vom Urlheile in Wesentlichem
gefördert worden zu sein scheint; abstruse Spitzfindigkeit und schulmässige
Wortklauberei mochte auch hier als Ersatz philosophischer Auffassung
gegolten haben, und was wir schon oben bei den älteren Peripatetikern
als einen Grundzug bezeichnen musslen, dass nemlich die äusserlich
sprachliche Form über die innere Geltung des Begrifflichen ein unge
höriges Uebergewicht hatte, diess trat hier in noch erhöhtem Grade ein,
so dass schon Alexander Aphrod. von seinen Vorgängern sagen musste,
dieselben hälten mehr auf die Function der A&jig als auf die begriffliche
Bedeutung gesehen47); s. Anm. 74.
In solcher Weise knüpfte sich an die ersten Worte der aristote
lischen Schrift nicht bloss die wunderliche Einlheilung der Rede, d. h. des
Ao'yos, in das Gedachte (voovfxsvov) und das Ausgesprochene (ßxyavov-
(isvov) und das Geschriebene (yQacpojisvov), wobei das dritte ein Symbol
des zweiten und das zweite ein Symbol des ersten sei48), sondern es
erscheint auch in den hierüber erhobenen Controversen eine früheste
Spur des bewussten Gegensatzes zwischen Nominalismus und Realismus.
Denn während Herminus meint, Aristoteles spreche an jener Stelle
nur darum von den psychologischen Vorgängen, damit die Brauchbarkeit
der Lehre vom Urtheile hiedurch hervorgehoben werde , und während
er an dem Ausspruche des Aristoteles, dass der psychologische Eindruck
bei allen Menschen der gleiche sei, wegen des Vorhandenseins der Syno
nyma Anstoss nimmt, kömmt er hiebei darauf hinaus, dass das Gedachte
seinerseits abermals ein symbolischer Ausdruck der objectiven Dinge
vo9evdai ri)V^ STfynv xal äeiv ivöfiiai Tavitjv ä&eittv iA.ai.lov fj ixtCvnv
TrjXixavrrjV ovftav xal fi{yt&og vorj/jciriuv ^ouow xal a$(to[ia, Boeih. ad
Ar. d. interpr. Ed. II, p. 292.: Andronicus enim librum hunc Aristotelis esse non
piitet , quem Alexander vere fortiterque redarguit non esse namque proprium
Aristotelis , hinc conatur ostendere , quoniam quaedam Aristoteles in principio libri
huius de intelleclibus animi tractat, quos intelleclus animae passiones vocavil et de
his se plenius in libris de anima disputasse commemoral ; et quoniam passiones animae
vocabat , vel trisliliam vel gaudium vel cupiditalem vel alias huiusmodi a/fectiones,
dicil Andronicus ex hoc probari hnnc librum Aristotelis non esse, quod de huiusmodi
a/fectionibus nihil in libris de anima traclavisset.
46) Boeth. a. a. 0. p. 291.: Aspasius quoque et Alexander sicul in aliis
Aristotelis libris in hoc quoque commentarios ediderunt. Ebend. p. 394. : ab Hermino
vel Aspasio vel Alexandra expositiones singulas proferentes etc.
47) Alex, ad Anal. pr. f. 154 a.: ot ö"k vetöreooi talg XQtaiv inaxoXovfrovvrtg,
ovxtri dt roig Orifiaivofi^voig. Hiemit auch stimmt der Tadel eines
späteren Rhetors überein, Scho/. ad Hermog. n. IS. VII, p. 899. Walz: ol de
IleoinuTtitixol itüv Xoywv (fQovriaavtes xai fiijdfya rijg ala&rjoetog noirjoäfiivoi
Xöyov xivdvvevovaiv inl iov TtaoövTog Avofxä&afrai anävei tiöv
fiCTiövriov tr)V roiuirrfv (f iXoaoq Cav diu ryv neol tovg Xöyovg raXainwotav '
foyov yao avroig iartv a/idöv r\ äffawua xal jö noXXfjV iunoirjoat avy/vaiv....
äXX' exovrl vnoxaXvnrovai ja vor/uaTu xal dianXixovai icüv övofiäitav
ifjV kQfii)Vtlav, ö&ev xal Xvnovai rr\v axor\v.
48) Amnion, ad Ar. d. interpr. f. 19a: Inel Taird ti xai 6 ig avräv avyxelfievog
Xöyog rpi^ws deaioeirai , r\ iv rrj rpv/ij xal ra änXä voy/iata xal
xbv ivdia&etov xaXovfttvov Xöyov ij tv avriji' t$ ixcfioveio&ut. rj iv t$
yqa<f,ea&ai inel rolvvv TQixtäg , Sneo iXe'yoixev, &t rnne trat ra ovöfj.axa
xal tu ^rjfiara, a itf.ri deiv »tcffrai, rj iv Tip voeiO&ai f, Iv r£ XiytO&ai
»J iv T<j> yQcupea&ai, diu jovto ovriag eine xtX (f. 20 a.) X(yo/jitv oiv
IX. Die späteren Peripatetiker. 549
sei49); und Aspasius, welcher auf die parallele Stellung jener drei
Arten der Rede ein besonderes Gewicht legte, versteht die psychologi
schen Vorgänge so einseitig passiv, dass er die unkörperlichen Dinge,
welehe ja auf die sensuale Seele nicht wirken, für die Bedeutung jenes
symbolischen Ausdrückens förmlich ausschliesst 60). Selbstverständlicher
Weise aber liegt hierin bereits, dass die sog. Universalien jedenfalls nur
in dem menschlichen Sprachausdrucke existiren; und .es erklärt sich
auch , wie später (namentlich bei Porphyrius) das Wort qtavrj jene Bedeu
tung erhalten konnte, in welcher wir es dort treffen.
Sicher dürfen wir es auch schon diesen älteren Commentatoren zu
schreiben, wenn in der peripatetischen Schule strenge an dem Unterschiede
festgehalten wurde, welcher in Bezug auf das Urtheil zwischen dem Nomi
native und den übrigen Casus besteht (s. Abschn. IV, Anm. 182), so
dass man namentlich in Opposition gegen die Stoiker den Nominativ nicht
einmal als Casus (mciaig) bezeichnen wollte 51); war es ja gerade auch
Herminus, welcher eine erschöpfende Eintheilung der Formen des Verö'u
xQi%mg, oneo siQtjzca, xal cmv ovofiüxmv xal xtüv qr\fxäxmv Xeyo/iivmv,
49) Boelh. a. a. 0. p. 298.: a Iribus tantum, quantum adhuc sciam, ratio
Imius interpositionis explicata est, quorum Hermini quidem a verum verilate longe
disiuncta est; ait enim idcirco Aristotelem de notis animae passionum inlerposuisse
sermonem, ut utilitatem propositi operis inculcaret ; disputalurus enim de vocibus,
quae sunt notae animae passionum rede de Iiis quaedam promisit. Ebend. p. 303.:
diät enim (sc. Herminus) non esse verum, eosdem apud omnes homines esse inteilectus,
quorum voces significativae sunt; quid enim, inquit, in aequivocatione dicetur
, ubi unus idemque vocis modus plura significat et hoc simpliciter accipienium
est secundum Herminum, ut ila dicamns, quorum voces significativae sunt,
Mae sunt animae passiones , tanquam dicerel : animae passiones sunt, quas signifeant
voces , et rursus quorum similitudines sunt ea quae intelleclibus continentur,
Mae sunt res; tanquam si dixisset: res sunt, quas intellectus significant. Ammon.
ad Ar. d. interpr. f. 21a.: cfio xal IvxavS-a (1 , 16 a. 8.) xb „xavxä" iv xo)
„ngäyfiaxa rjdrj xavxä" 6'£~vx6vmg ävayvmaxe"ov, xal oii nnoneqianmfA.e'voig,
togniQ "Eo/xTvog.
50) Boeth. a. a. 0. p. 302.: Sed Alexander id quod cum sensisse superius
memoravi, hoc probare nititur argumento ; ait enim, ctiam in hoc quoque similem
esse significationem litterarum ac vocum, quoniam sicut litterae non naturaliter vo
ces, sed positione significant, ila quoque voces non naturaliter animi intellectus,
sed aliqua positione designanl Aspasius quoque secundae scntenliae Alcxandri
quam supra posuimus , valde consenlit , qui u nobis in eodem quo Alexander errore
culpabitur, Ebend. p. 303.: arbitratur enim Aspasius passiones animae non de re
bus incorporalibus, sed de his tantum quae sensibus capi possunt , Aristotelem pas
siones animae dixissc, quod perfalsum est.
51) Ammon. a. a. O. f. 34 b.: neql xrjg xax' ev&eiav yivofiivr\g xmv dvouaxmv
TCQoifOQ&; eimd-e nana rofg naXaioig (rixeToVat noxeqov nzäoiv
'OTtjy ngog-^xei xaXtlv rj ovoafimg, äXXä xavnqv uev ovofia, mg xar' avxt)V
exaaxov xmv nnayfiäxmv bvofiatofiivov , rag de aXXag nxmaeig ovo/xaxog
«reo toü [iiraa/TiftaTiafiov xyg iv&elag yivofiivag. xrjg fj.lv ovv devitnag
XQoCaxaxat dofjyf 6 Hoiaxox^Xtjg xal enovxaC ye aixq) nävxeg ol äno xov
Ueoinäxov, xrjg de nnoxtgag ot äno xrjg Xxoäg xal mg xovxoig äxoXovd-ovvol
xijv yoafi/uaxixiiV fiexmvxeg xtyvrjv. Xeyövxmv de nqbg avxovg xmv
ntqinax-nxixtov mg xäg ftev aXXag xe"aaaoag elxöxmg Xfyofiev nxmattg diä
To nenxmxfvai äno xijg ev&elag, xijv de tii&etav xaxd xCva Xöyov nxmdiv
°vofiäfav SCxawv mg anb xCvog neaovdav; drjXov yaq Sri näoav nxüoiv
550 IX. Die späteren Peripatetiker.
bums vermisste B2). Und in gleicher Weise wie beim Nomen wurde nun
auch der directe Modus der Satzform (Abschn. IV, Anm. 184) den übri
gen Arten des Urtheiles gegenübergestellt ; die Peripatetiker nemlich unter
schieden im Gegensatze gegen die Stoiker nur fünf Satz-Arien, für welche
sie auch andere Bezeichnungen als Jene wählten (vgl. Abschn. VI, Anm.
115 ff.), indem sie den wünschenden Satz (evxnxog Xöyog) und den ru
fenden (jdjjTMtog A..) und den befehlenden {nqogramiKog X.) und den fra
genden (iQMTrtfiaTixbg X.) und das logische Urlheil (cmoqpavnxbg Xöyog)
aufzählten 53); von diesen fünf Arten aber bezeichneten sie ausschliess
lich nur die letzte als Gegenstand der Lehre vom Urtheile, da nur bei
einem solchen directen Aussprechen einer Verbindung die Frage betreffs
des Wahr- und Falsch-seins in Betracht komme 54).
änö tivos avioTiqio Terayfjivov yCveolhat noosqxei, anoxqCvoVTai ol änö
rijf Zroäg los änö tov vorjfiazog roii iv Tfj tpv/rj xctl avTrj ne'nrioxev.
Ebenso Leo Mugent. b. Brand. Schol. 104 a. 40.
52) Amnion, a. a. 0. f. 43 a. : ei Se xävTav&ä Tis änoqoir) Siä zt fir\
£| äq/rjs zas Siaifoqäs tuvtus nqoseri&ei Tip Xöyio tov qrjfiaTOS ö HqiOxo-
Te'Xrjs, oix iXXmrj ifjoo/uev rjfxelg, xa'häneq 'JSq/jivos „ töv i'i äq%rjs änoSi-
Söfievov Xöyov.
53) Schol. ad Aphlhon. II, p. 661. Waiz : tov Se Xöyov SieiXov ol /uev
IleqinaTnrtxoi eis nivTe' eis cvxtixöv „al yäq Zeil Te näieq xcti H&r]Va(r)
xai !knoXXova, TtQosTttXTixov „ßäax' i&i rIoi.Ta%eZa", iqioTrj/uaTixöv ,,ntös S'
al tiöv äXXiov Tqiöiov if.vXaxaC xe xai evval ;" änoqttVTixöv „'IXtö&ev fj.e
tov ave/xos Ktxöveaai niXaaae", xXrjTixöv „Sevqo näqoi&' iX&ovoa, ipl-
Tixos, X&v IfxoTo". ol Sk Stioi'xoi noosTi&e'ttOi tovtiov Sk ol tleomaTt]
Ttxo'i tov fikv nvo/uaTixöv xal inanoqr\Tixöv ini töv iqioTrjfiaTtxöv
aväyovrstv . . . . tovs Sk Xomovs iinö töv änoifavitxöv äväyovai xa&ö ivdiyezai
tovtiov exaOTov xai ipevSrj elvai xal äXrj&fj ■ ovSev ereqöv iOTiv ö
anoipavTixös rj Xöyos i vSe%öfievos xai ipevSr/s elvai xai äXrj&tfs- Fast wört
lich ebenso in Prolegg. ad Hermog. ebend. VII, p. 3. u. b. Bekk. Anecd. p. 1178.
Amnion, a. a. 0. /'. 4 a,: xaXovOi Sk ol ZTiaixoi töv fiiv änoipavnxöv Xöyov
ätCwiitt, töv de evxTixov äqaTixöv, töv Sk xXrynxöv nqosayoqevxixöv.
o4) Anon. ad Ar. d. interpr. b. Brand. 93 a. 20. : töv toCvvv axonöv exei
SiSaSai neqi änoipavTixoii Xöyov fiövov Xiyofiev Se fiövov , äiÖTi nevxa-
X<ös ö Xöyos, eixTixös xXr\Tixbs nqosraXTixbs iqioTriftaTixbs xai änoipaviixos.
(b. 20.) xaXovßi Se ol pev Xxioixoi töv änoq avrixöv ä'iliofna, %bv Se
xXrynxöv nqosayoqevTtxbv, töv Sk evxTixov äqaTixöv. Amnion, a. a. 0. /.5 b.:
fxövov Se tö anoif avTixöv änö T<Sv yvtoßTixiöv , xai %gti tovto i'iayyeXTixöv
Trjs yevofie"vrjs iv rjfiiv yvioaeios tiüv nqayjiaTiav äXr\i)ms fj ipaivofte'vios,
Stö xai /uovov tovto SexTixöv Iotiv äXrj&eCus rj xftevSovs, tiov Se äXXtov ovS-e'v.
tovto Tolvvv tö tlSos tov Xöyov To ttTToipuvT ixöv eQfxnveCav «ftot xaXeiv ö
,AQiaT0Te"Xi)S ms eq/xrivevov tt/v yviöotv Trjs '/'f/^f. Ebeud. f. 23a.: ij /xiy ovv
aXy&eia xai tö yfieiioos naVTias neoi avvS-eaiv rj SiaCqeaiv, ov fiivToi näaa
avv&eat s rj S ittCneats #«Tfpou tovtiov laTlSexiixrj' xai yaqb ev/öfievos rj äXXq)
Ttvi Xöyiü naqa iöv anoiraVTtxbv xqtä/xevos owTCD-natv ovo/taTa Te xai
qrj/iBTa ßrjS'ev prjre äXrjSis firjre xpevSos X(yiav äXXa Sei tt)v ovvd-eoiv rj
tt)v SiaCqemv inaqxTixrjv elvai, Tovriare SrjXtoTtxrjv tov aXXo aXXto vnäq-
%eiv rj fir\ \maq%eiv, bneq neqi fiövov tov anoifavzixbv fheioqeliai Xöyov. Joanu.
Ital. b. Brand. Schol. 95 a. 44.: ovSev yäq yviöaeios tOTiv aXX* öqe'ietos fiäXXov
xai xoelrTovos alTTjöeios lös tnl Trjs evj(rjs rj /e(qovos eis ini ttis nqosTageias
xai tos tni xXrjaetos, öfioCms xai äXXios Iii Trjs tqtoTrjoeios. tovtiov toCvvv
änaVTtov tiov eiSöSv tC av eiri äXri&e's ; naviios oiSev, ovTe fifjv if/evSis,
iftel ov niifvxev iv ev/fj rj IqioTrjaei rj äXXtt> rio tiov elqq/j.e'viov, äXX' anoif
ävaei xai fiövn , rjns Xöyos anoipavTixös xai iqfiijveia tois naXaioTeqois
is>vöjj.aOTai. Leo Magcnl. ebend. 95 b. 14.: nevTa^iös yäq ö Xöyos, nqosTaxxixös
eixTixös xXrjTtxös iqioirj/xaTixös xai cmoipavrtxös , neqi ov xai anoipaVTixoi
fiövov SiaXiyeTai , iv yäq tovtio fiövip Staxqivetw tö uXrj&es
IX. Die späteren Peripatetiker. 551
In Bezug aber auf diese Satzverbindung, welche die Geltung eines
logischen Urtheiles besitzt, hatte bereits Andronikus (wohl gewiss in
seinem Commentare zu den Kategorien) die Frage angeregt, welche
Worte oder Begriffe fähig seien, als Prädicate in einem Urtheile aufzu
treten; und indem er einerseits zugab, dass nicht bloss die wesentlich
begrifflichen Bestimmtheiten des Suhjectes, sondern auch viele andere
Merkmale Prädicat desselben sein können, unterschied er andrerseits bei
den letzteren betreffs der sprachlichen Form, so dass z. B. nicht „Farbe",
sondern nur „Gefärbt" Prädicat des Suhjectes „Körper" sein könne, da
es darauf ankomme, ob das „ist" wirklich ausdrücke, dass das Subject
dasjenige sei, was im Prädicate ausgesprochen ist ; denn man könne
z. B. Wohl sagen „Sokrates ist ein Athener", nicht aber „der Körper
ist Farbe" 55).
Anderes hingegen ist nur rein commentirender Art; so dasjenige, was
Aspasius betreffs der Definition des Urtheiles515), oder über die Gel
tung eines allein stehenden Verbums bemerkt57); ob die Erörterungen,
welche derselbe dem aus bloss zwei Gliedern bestehenden Urtheile („A
ist") widmete, von grossem Belange oder förderndem Einflüsse gewesen
änb tov ipeväovg. Bocth. ad Ar. d. interpr. p. 32-1.: species quidem oralionis
multac sunt, sed eas varic partiuntur; ut vero Peripatetici quinquc purtibus omnes
species oralionis ac membra dislribuunl perfectac auteni oralionis alia est deprecaliea
.... alia imperaliva .... alia inlerrogaliva .... alia voculiva .... alia enuntiativu,
ut „dies est, dies non est"; in hae sola quae est enunlialiva , veri falsive
natura perspicitur. Ebend. inlrod. ad syllug. p. 561.; oralionis autem species, ut
arclissime dividamns, sunt quinque: inlerrogaliva . . . . imperaliva . . . . invocativa . . . .
deprecativa .... enunlialiva quarum quidem praeter enuniialionem nulla vel
esse aliquid vel non esse designal , ceterae numque vel interrogant vcl invocunt
vel imperant vel precantur , enuntiatio vero Semper esse aliquid aut non esse significat,
atque iiieo sola emmtiatio est, in qua veritus vel falsitas inveniri queal.
55) Simpl. ad. Cal. f. 13 £. : iortov äi bri xal IdvSoovixog xal clXXot
Tivig ob fiovov ret lf ro) t( lari xarqyonovfieva xaS-' iinoxeifttvou xctzrjyoQfio&
ai if aoiv, ctXXct xal aXXa , oiov rb fiovaixbv xar' ^iQiaroiivov xal
to 'A&r)vaiog xaiä £u>XQ(xiovg x«i iawg Ixtiva bau xarrjyoQovvT^g rivog
ixeivo firm Xs'yofiiv niiö otzio xairiyonovfxtv ' ßaölCtiv fiiv y«i> X^yorieg
tov ZoiXQttitjV ov UyOfUV ßaä((eiv livat rov XuiXQarrjv, 'Av&rjVaiov äi
ilvat Xfyofitv xal q iXöooifov xal baa äq Tovrtov xaTrjyoQtTxai XtyövTiav
ijiiioy zstUTa Ixftva tivai , xal xaiä rov vnoxiifi(vov (>ri&r)ohTai ' tl yaQ 6
jZojXQairis (fU6oo<fös (aiiv, 6 rfi (piXoaouog l/riar^/jaiv , tatai xal b XaixQarijs
IniOTrificov. naXiv dV (fqoiv, ei rb esüpia Xevxbv, xal to Xevxbv
XQiüfxa, iatai xal to uoiiia %(>ü>fia, t\ to Xevxbv dvo aqfxaivti, TijV re noiÖTnra
xal rb xe/QtaOfiivov , xal rov fitv oeöftaTog to xexQüjope'vov xaryyopetrai,
ov yao (an to aiäfia XevxoTtjg, rijg rff nowT-qxog ov to /nw/ja,
aXX' (/. oücJ") r) Xevxärijs' ö>ots ov to %(>d>pta xaTrjyoQqO-qaeTai tov Oiofxa-
Tog, äXXa iö xe/Qu>o/xe'vov.
5ü) Boeth, ad Ar. d. interpr. p. 333. : Aspasius etiatn consentit Alexandra ; di
elt enim Alexander, eodem modo lue, di/ßnisse Arislotelem enuniialionem sicut alibi
quoque, tri est in resolutoriis idem qaoque Aspasius Sequilar.
57) Ebend. p. 3 IG.: est hic quaestio , non enim verum videri polest, quod ait
,,consliluil enim qui dicit inlelleclum et qui audil quiescil" (Arisl. d. interpr. 3,
lüb.20.) cum dieo „legil", qui» legal, unimus audicnlis requirit ; nondum ergo
qui dicit consliluit inlelleclum nec qui audil quiescil; sed ad hoc Arislotelem relulisse
putundum est, qwmiam quilibet audieus, cum significutivam vocem ceperit animo,
eius intelligcnlia nititur sed huiusmodi quaestio ab Aspasio proposita est et
ab eodem resoluta.
552 IX. Die späteren Peripatetiker.
seien, lässt sich aus einer vereinzelten kargen Notiz nicht schliessen ; nur
möchte aus derselben hervorgehen, dass Aspasius wohl nicht ganz frei
von stoischen Anschauungen war, wornach man überall einen Fortschritt
vom Einfachen zum Zusammengesetzten darthun zu müssen glaubte58).
Von geringer Bedeutung dürften auch jene Schwierigkeiten gewesen sein,
welche in Bezug auf die Einheit des Urtheiles erhoben wurden, und nament
lich scheint Her minus bei Lösung derselben manche Probe davon
gegeben zu haben, dass er keinerlei Verständniss des Art-Begriffes besass
59). Dass bei dieser commentirenden Thätigkeit insbesondere auch
dasjenige, was Aristoteles „unbestimmtes Nomen oder Verbum" genannt
hatte, besprochen würde, liess sich von vorneherein erwarten ; aber eben
so sicher konnten wir auch überzeugt sein, dass jene tiefen Schwierig
keiten, welche bei Aristoteles selbst in Bezug auf sprachlichen Wider
spruch und realen Gegensatz vorliegen, hier gewiss nicht gelöst würden ;
denn wenn Herminus sagt, es könne ein mit Nicht verbundenes Wort
(nemlich z. B. Nicht -B) zuweilen auch den realen Gegensatz schon involviren,
je nachdem eine Naturbestimmtheit in dem Subjecte des Ur
theiles vorliege, so ist diess eben nur der Ausdruck jener Schwierigkeit,
nicht aber eine Lösung derselben60); ob Aspasius, von welchem nur
berichtet wird, dass er in diesem Punkte ebenso wie Alexander eine Er
klärung gab, welche von der des Porphyrius verschieden war61), bereits
gleichfalls den Begriff des Subconträren, auf welchen Alexander sich stützt
(Abschn. XI, Anm. 30.), hiezu benützt habe, wird sich schwerlich mit Ge
wissheit behaupten lassen. Uebrigens wollte Herminus, welcher sich
auch sehr mit der Erklärung jener Stelle beschäftigte, welche wir Abschn.
IV, Anm. 210 besprochen haben, und auch die dortige Tafel der vier
58) Ebend. p. 321.: hoc loco Aspasius inconvenientcr inlerstrepit ; ail enim
Arislotelem non in onincs orutioncs diffinitionein constüuere voluisse , seil lanlum in
simplices, quae ex duobus constant, verbo scilicet et nomine; sed ille perfalsus est.
59) Ebend. p. 356.: Hermmus vero sie sentit: quod ail Aristoteles ,,sic vero
duobus nornen unum est positum , ex quibus non est unum, non est una affirmatio
nec una negatio" (d. interpr. 8, 18 a. 18.), ul in eo, inquit, quod est ,,homo gressibilis
est", quoniam quod dieimus gressibile polest et bipes esse et quadrupes et
mullipes animal demonstrari , ex his (inquit) omnibus unum fit quod est „pedes
habens" , isla (inquit) huiusmodi affirmatio non multa signijicat, sed sententia
Arislotelis omnino non sequilur ; neque enim ex his omnibus unum fit, nec quadru
pes et bipes et mullipes „pedes habere" faciunl , hic enim numerus pedum est, nun
pedum couslitutio. quare Herminus praetermittendus est; huic autem exposilioni,
quam supra disserui, et Aspasius et Porphyrius et Alexander in his quos in hunc
librum edidere commentariis consensere. Ebend. p. 415.: nos autem supra ton
diximus, magnae fuissc curae apud Pcripatclicae sectae prineipes diiudicare, quae
essel una affirmatio vel negatio, quae plures.
60) Ebend. p. 347. : Herminus namque dicil, ideirco indefinitas posse aliquando
significare contraria, cum ipsae careant contrurietate , quippe quae uiiversalium rerum
sunt , addilum tarnen universale non habent , in solis his quibus ea quae affirmantur
aut negantur subiecto naturaliler insunt (diess ist eben das aristotelische
nftpvxös) — ut cum dieimus „homo rationalis est, homo rationalis non est",
quoniam rationalitas huiusmodi est, quae in natura sit hominis — et affirmatio et
negatio inier se verum falsumq'ue dividunt , ul est „quidam homo rationalis est,
quidam homo rationalis non est", has igitur secundum Hertninum videmus posse
significare contraria.
61) Ebend.: meliorem sentenlium, quam Porphyrius approbavil Aspasius
vero et Alexander hanc posteriorem non probant.
IX. Die späteren Peripatetiker. 553
Urtheile wohl nicht mit besonderem Glücke erörterte 62) , insbesondere
die Möglichkeiten der verschiedenen Stellungen der Negation erschöpfen,
wobei er jedoch sowohl die Bedeutung „ist nicht" verwischte, als auch
eben jene Tafel der Urtheile verwirrte 63). Ueberhaupt wurden wohl
sicher auch bei diesen späteren Peripatetikern die Erörterungen und Controversen
über die verschiedenen Arten des Gegenüberliegens und des
Gegensatzes in reichem Masse gepflogen und hauptsächlich an alle einzel
nen Kategorien angeknüpft64); aber es lässt sich unmöglich bestimmen,
wie viel von demjenigen, was bei den späteren Commentatoren erscheint,
auf Rechnung dieser früheren Erklärer zu setzen sei. Höchstens mit einiger
Wahrscheinlichkeit könnte man annehmen, dass ein einzelner Punkt, wel
cher der Lehre vom Urtheile angehört und zugleich eine polemische Stel
lung gegen die Stoiker einnimmt, in Folge hievon sich schon früher
iixirt haben müsse, nemlich der Grundsatz, dass das exclusive Wahr
oder Falsch-sein bei dem widerspruchsweisen Gegentheile auch für ein
noch nicht eingetretenes künftiges Factum gelte , und hiebei nur unge
wiss sei, welches von beiden Gliedern des Gegentheiles das wahre oder
falsche sei 65). In Bezug auf die Umkehrung der Urtheile und die sog.
Aequipollenz s. unten Anm. 95. .
62) Ebend. p. 387. u. 401.: alque hoc quidem Herminus non recta exposilione
dicens ordinem lurbat.
63) Ebend. p. 388.: ait Herminus Iribus modis cum infinite- nomine propositiones
posse proferri; aut enim infinilum subieclum habent , ut „non homo iustus
est", aut infinitum praedicatum, ut ,,homo non iustus est", aut infinitum subieclum
et infinitum praedicatum, ut ,,non homo non iustus est"; kariim igitur , inquit,
quaecunque ad praedicatum terminum habent nomen infinitum, similes sunt his quae
aliquam denunciant privaiionem; denuncianl autem privationem hacc quae dicunt
„homo iniustus est, homo iniustus non est"; ergo istiusmodi quae proponunt „homo
iniustus est, homo iustus non est", illue (inquit) consentiunt , quae sunt ex inßnilo
praedicato . . . . idem enim est (inquit), esse hominem iniustum quod hominem
non iustum; illae vero quae habent aut subieclum infinilum, ut est „non homo
iustus est", aut ulraque infinita , ut est „non homo non iustus est", non consen
tiunt ad privatoriam propositionem , quae est „homo iniustus est" sed hic
Herminus longe a toto intellectu et ratione sententiae discrepans has interposuit,
quae aut ex utrisque infinitis aut ex subiecto fierent infinito.
64) Ebend. ad Ar. Praedic. p. 192.: sed in hoc Stoicorum I'eripateticorumque
diversa scnlentia fuit, et ut ipsi inier se Peripatelici diverse seclati sunt, worauf
die Angabe folgt, es sei selbst Controverse gewesen, ob das Wort ctVTixtt/jitvov
bloss als vieldeutig oder als allgemeiner Gattungsbegriff der verschiedenen Arten
des allgemeinen Gegenüberliegens zu nehmen sei. Galen. Meth. Ther. XI, 12. (X, p.771.
Külm) : oi) yctQ Iv toi; noiolg aiofiaai fiovov aXXit xav toi; noooig IrtTiv ihoeTv
rrjv Toiavitjv ivctVTCtoaiv fjv oi negl tov MoiatoTiXrj xaXovaiv uvilfrtoiv,
ovx tvavifuioiv ovts yäo tö utya Tip /xixno) (faaiv vnaQxtiv ivavrCov
ÄU' ttvrixslfisvov (v toj tiqo; ti ovre tö noXv tu} oXCyip, xara dt tov
eti/TÖv tqÖtiov ovo" ccoaiov Tip nvxvo) oüJe Tip avVTtTa/j.t'vip to xs/aXaafiivov
oWf Tij5 xttTct ipvOiv etil to ncioa ifvoiv.
65) Simpl. ad Cal. f. 103 B. : ot tuevToi IleoinuiriTixol ttjv fitv uvtl-
(pttoiv Tfjv et; to ftiXXov aX-n^fj fj ifjeväfj slvtti Xe'yovOt, noTtQov dk iaeTtti
fiÖQiov uvtiSv &Xrjd-fs xal nÖTSQOV xpeiiäo; , aXr\jiTov tlvai ifj ipvoei xcti
äaTctTov tt[V fiiv yitQ avrhpaaiv l<f>' ovrivogovv /qövov oi xioXvti Xtyeolrai
to rj eatTiu fj ovx taeTai, tojv 6*' ifiniQitxojxivoiv iv ctvTrj /xoQimv sxaTtnov,
oiov to ffffTKt fj ovx fo*fi«i a(fu>Qia[iiviag uiv (nl tov tiuqövtos xal na-
QtXrjXv&ÖTos xQÖvov ijöi iariv äXqfHj fj \[>evo"fj , ooa de neoi tov ii^XXovtos
anotpaCvtT at- t\Sti pev ovx larlv fj äXrjirij fj ijjevärj, ?o*T«t rfs fj ToTa fj tolcc.
554 IX. Die späteren Peripatetiker.
Dass es aber auch in Bezug auf die Lehre vom Schlüsse nicht an
ausgedehnter litterarischer Thätigkeit in der peripatetischen Schule ge
brach, müssen wir aus der Notiz schliessen, dass schon bei der Sichtung
der aristotelischen Werke sich vierzig Bücher Analytiken vorfanden, unter
welchen jene vier, welche uns überliefert sind, allein als acht bezeichnet
wurden66); und sicher wurde auch in der späteren Zeit dieser Theil
der aristotelischen Logik nicht vernachlässigt. Nur sind uns auch hierüber
bloss wenige vereinzelte Notizen betreffs dieser älteren Commentatoren
überliefert.
Von Wichtigkeit ist die merkwürdige Angabe, dass bereits Boethus
und einige andere Peripatetiker die Voraussetzungs - Schlüsse vor
den sog. kategorischen Schlüssen voranstellten, wobei sie noch dazu für
erstere, deren praktische Nützlichkeit vielleicht besonders hervorgehoben
wurde, sich der stoischen Bezeichnung (avurcoSuKtoi). bedienten 67); so
dass wir hier einen entschiedenen Einfluss jenes Uebergewichtes träfen,
welches bei den Stoikern der Voraussetzungsschluss über den kategori
schen besitzt; und es war demnach jene Anordnung der Theile innerhalb
der Syllogistik, welche in der scholastischen Logik üblich wurde , sogar
schon bei einigen Vertretern der peripatetischen Lehre vorhanden. Darü
ber aber sind wir nicht unterrichtet, in wieweit in jener Zeit etwa die
theophrastische und eudemische Lehre betreffs der Voraussetzungsschlüsse
durch die stoische Logik alterirt, oder bereichert worden sein mag; noch
auch darüber, ob vielleicht schon damals das Wort xatijyootjcdg in tech
nischem Sinne dem vno&etinös in solcher Weise entgegengesetzt worden
.sei; wahrscheinlich aber dürfte letzteres der Fall sein, da wir bei Galenus
(s. Anm. 102) und bei den späteren Commentatoren eine solche tech
nische Unterscheidung der beiden Worte schon völlig reeipirt finden 6S).
66) Philop. ad Anal. jir. f. IV a.: quäl yäo dg xeoaaqaxovxa evnt'&ri xmv
HvaXvxixmv ßißXCa iv xalg naXttiaig ßißXw&yxag- xai xa xiaaaqa [tövu
xavxa ixQtörjöav elvai HgiaxoxiXovg.
67) Ps.-Galcn. Elgay. oiaX. ed. Minas. p. 19.: xai fiivxoi xai xiov Ix xov
Hegmaiov xivkg , xafrdnen xai Borj&ög , ov /xövov avanoäeCxxovg övofiä-
£ovOi xovg ix läv i\yeuovixoiv Xi\(ifidxviv avXXoyiafiovg, äXXä xai TTQtixovg'
oOoi de ix xtav xairjyoQixtäv ngoxciaeoiv eloiv ävanödeixxoi avXXoyiOfioi,
xovxovg ovxixi notoxovg ovo/AttCeiv avy/mnovOi ' xaCxoi xa&' exegöv ye
xgönov ol xotovxoinQÖveooi T(Sv vno&exixäv elaiv , eineq ye xai ai tiqoxdaeig
avxüv II (iv avyxeivxai , ngöxegai ßeßa(a>g elaiv ovdeig yctQ a/i-
(pigßrjxrjOti fxr] ov ngöxegov elvai xo aTiXovv xov ovvfUxov. aXXa negi
fiiv xüv xoiovxaiv äfi(ftgßrjX^aso>v ovxe evgeiv ovre äyvorjaai fie'ya' %qii
yaQ äfi(pöxega xä /J.igrj yivtöaxeiv xüv avXXoyiafidv xai xovx' iaxi xö
/Q^difiov, övouäCeiv de xovg exe"oovg rj dtddaxeiv nooxioovg (ig exdaxh) (fl-
Xov' ov fj,i)v ixeCvoig ye äyvoelo&ai nQogrjxev. Ebend. p. 57.: iml de xai
((. xai negi) xiöv xaxa 7inögXrj\piv 6vo[*a£o/ue'v(ov OvXXoytOfiäv oi ix xov
Ueqindxov yeyqdqaxat (/. yeyqdifaO/v) dg yqj\(Slfji(ov, ifioi de ((. ovde) nt~
Qixxoi äoxovoiv elvai.
68) Ps.-Galen. a. a. 0. p. 22. : ov xavxbv de arjfiaCvei nag' avxolg (sc.
xolg naXaiolg (fiXoaö(foig) xaxrjyoqeia&ai xö xaxaqdoxea&ai , xai yctQ
6 anoqaaxöfievog „ov" xaxrjyoqelxai' Xeyövxmv ovv ovt(o „xö xaXöv ovx
iaxi (fevxxöv" vnoxela&ai piv xö xaXöv, xaxrjyoqeTa&at de anoqaxixäg
avxov 10 „(fevxxöv iaxi", xaxr\yoqelv ä' avxov xaxa(paxix(Sg xö „(fevxxöv".
xaCxoi vevixTjXÖxog xaxaqaxixtög piev dfiqoxiqag övofxd^ovai (so die Hand
schrift; Minas gibt dvofxdfriv ohne zu merken, dass hier eine Lücke ist; denn
offenbar ist zu lesen : vevixrjxöxog xaxaqjaxixmg fiiv xi)v hiqav övo/xd^eiv
IX. Die späteren Peripatetiker. 555
In Bezug aber auf den sog. kategorischen Syllogismus dürfen wir
vielleicht die Erörterung hieher ziehen, welche im Zusammenhange mit
den Controversen über Stellung der Negation sich an die Frage anschliesst,
ob nicht doch nach Umständen auch in der ersten Figur aus zwei ver
neinenden Prämissen ein Schlusssatz erreicht werden könne ; wenn nemlich
in dem verneinenden Untersatze die Negation völlig zum Prädicate
gehöre und mit diesem verbunden einem bejahenden, Begriffe gleichstehe,
so könne, wenn die nemliche Verneinung Subject des Obersatzes sei,
richtig geschlossen werden. Insoferne aber bei Erwälinung dieses Umstandes
auf ein platonisches Beispiel hingewiesen wird, dürfen wir
vielleicht auch hier ein Eingreifen akademischer Bestrebungen in die peripatetischen
Schul-Controversen, welches bereits Alexander als vorliegend
vorfand, erkennen 69):
Ein einzelnes längeres Fragment ist uns aus der Syllogistik des II e rminus
erhalten, welches uns hinreichend Aufschluss über den hohen
Grad gibt, welchen schon damals jene antike Scholastik erreicht hatte,
und bei der Einsicht in diese falsch und unvernünftig aufgewendete Spitz
findigkeit werden wir es kaum beklagen müssen, dass uns nicht reiche
res Material über alle Peripatetiker dieses Schlages überliefert ist. flerminus
gibt sich nemlieh unsägliche Mühe, nachzuweisen, dass auch in
der zweiten Figur der eine der beiden Subjects-Begrilfe von Natur aus
dazu berufen sei, Oberbegriff zu sein, und bei diesem Bestreben, welches
nur durch gänzlichen Unverstand in Bezug auf das Wesen der drei syllogistischen
Figuren hervorgerufen sein kann, ist er auf das Widerwär
tigste von der stoischen Marotte inticirt, vermöge deren die schulmeister
liche Tabula Logica überall eine so grosse Rolle spielt. Seine Ausein
andersetzung ist folgende70): Gehören die beiden Subjectsbegriffe zu der
xaniyoßiXKff övojAa&vifi) tag tlQ-nptvag nQordoets xal dV airag xcu rovg
DvXhyyiafxovg xartjyoQtxovg, ov fir\v xataqitxTixag ajiiroT^Qag, iU' mg ävriiigQvrat.
Allerdings darf aus dieser Notiz mit Sicherheit nur soviel geschlossen
werden, dass man auf den Sprachgehrauch von xarriyoQixog und xuxayajixög
aufmerksam war; jedoch kann durch sie auch obige Wahrscheinlichkeit wenigstens
bestärkt werden.
69) Boelh. ad Ar. d. inlerpr. p. 403.: sed fuerunt qui hoc cum ex mullis aliis
Iura ex aliquo Piatonis syllogismo colligcrenl, ul quid ex ea re definirent , doctissimorum
virorum auctorilatc cognoscerent ; ex duabus enim negativis Syllogismus fieri
non polest; in quodam enim dialogu Plato (So/)/», p. 2-19 f.) huiusmodi interrogat
syllogismum: sensus, inquil, non conlingit rationem subslunliuc ; quod non conlingit
ntionem substantiae, ipsius verilatis notionem non conlingit ; sensus igitur veritatis
Mfionem non conlingit. videtur enim ex omnibus negalivis fecissc syllogismum,
ifiod ßeri non polest , atque ideo aiunl, infinilum verbum quod est „non conlingit"
P'o prineipio (I. parlicipio) infmilo posuisse, id est „non contingens est"; est enim
»» pluribus aliis inveniendi facultas frequenler verbum infinilum positum pro nomine
">/iMi(o, quare verbum quidem dixere quidam Semper facere negationem, si infinilum
poHatur , partieipia autem rel nomina si sint infinita, posse facere affirmationem,
e< ideo quotiescunque a magnis viris infinilum verbum et duae negationes in syllo-
S'snio ponunlur, hac ralionc defcndilur, quo dicalur infinilum pro parlicipio esse
fosilum, quod partieipium Hominis loco in proposilione praedicatur ; et id quidem
Alexander Aphrodisieus arbitralur celerique complures. Diese Unterscheidung zwischen
Verbum und Parlicipialform könnte selbst vermulhungsweise auf Herminus bezogen
werden, da derselbe, wie wir oben Anm. 52. sahen, ähnliche grammatische Erür-
Iwuogeii angeregt zu haben scheint.
'O) Alex, ad Anal. pr. f. 2Sb.: iö ftev ovv Xeyeiv , tag 'EQftivog oisxai,
556 IX. Die späteren Peripatetiker.
neinlichen höheren Gattung, so ist» wenn sie in ungleichem Abstände von
derselben liegen, jener der natürliche Oberbegriff, welcher näher an je
ner gemeinschaftlichen Gattung liegt; wenn sie aber gleich weit von je
ner abstehen, so muss man seilen, von welchem der beiden der Mittelbegriff
unmittelbar und an und für sich prädicirt werde ; so werde z. B.
„Vernünftig" von „Mensch" an und für sich prädicirt, von „Pferd" aber nur
mittelbar verneint, nemlich vermittelst des Begriffes „Unvernünftig" ; und
nun liege dieses vermittelnde Merkmal näher an dem gemeinsamen Gat
tungsbegriffe „animalisches Wesen", und darum sei dann „Pferd" der na
türliche Oberbegriff. Gehören hingegen die beiden Subjectsbegriffe nicht
zu der gleichen höheren Gattung, so ist derjenige der prädestinirte Ober
begriff, welcher innerhalb seiner eigenen Gattung näher an dem allge
meinsten Gattungsbegriffe liegt; so sei z. B. „Farbe" näher an ihrem
Gattungsbegriffe „Qualität" als Mensch an seinem Gattungsbegriffe „substanzielles
Wesen", und darum „Farbe" nothwendig der Oberbegriff;
stehen sie aber gleichwcit von je ihrem eigenen Gattungsbegriffe ab, so
iv Tip devTigio <$xi\fiaii tov [ieC£ova axoov elvai, iav afiipÖTeooi bjjioyeveis
maiv tov b fiioog xarriyoQHTai , rb iyyvreQov tov xoivov yivovg avTÜV
av yao toaiv ot uxqoi bnveov xal av&Qwnog , iyyviiQio tov xoivov yivovg
ctvTiöv tov fojou tö oqvsov tov avS-Qianov xal iv tj JiQiÖTr) diaioiaei dt'
rjv xal (itl£tov axqog to OQveov , xal xa&oXov tv Totg bfioyevioiv 6 oviiog
e/iov nobg t6 xoivov yivog fieC^iov ei ä' elev laov äffeariÜTeg afj.tp6Teoot
tov xoivov yivovg , lös Xnnog xal av&Qtonog , äeiv neniOxoneiv tov fiiaov
tov xaTijyoQovfitvov airiöv, Tlvog /xev oV avTov xaTr\yoneiTai Tlvog de di'
aXXov xaTr\yoqovfj.svov , xal Ovyxolvtiv tov di' ov xazrjyoQeiTai tov STioov
tcü oV ov xa&' eavTÖv xaTrjyooeirai , xav y ixeivog oV ov iyyvxiqia tov
xoivov yivovg avTiöv , tov Iti-quv xaTrjyoooiTO, xal tovtiov ov xaTrjyoQtirai
bfiiaog dia tov (l. tö tov) tyyvTSQio tov xoivov yivovg (isl&va Xiyeiv,
olov ei elev ot fiiv axgoi Xnnog xal avS-oionog , xaTrjyoqoito de airtov to
Xoyixbv xal tov fiiv Xnnov anoifaTixmg tov de äv&Qionov xarauparixdi;,
inel to Xoyixbv oi) xu& ' airb anoopuöxkTai tov Xnnov aXXa Si 1 tö aXoyov
avTov elvai , to de Xoyixbv di' aizb xaTaifaaxeTai tov avfhmnov , lyyvTioia
tov xoivov yivovg avTiSv Ioti tov £o)ov b Xnnog rjneo b av&Qtanog'
eOzai drj xal b Xnnog fiel^iov tov avS-Qiinov axqog xaiToi laov aif tOTrjxö-
Tog tov yivovg Tov.oixelov avTov, Sri ftei£ov 6V ov av tovtov xaTtjyooovfiivov
xaTtjyoQOiTO dg äXoyov aiiroi), oi/ ojg Xnnov, to Xoyixbv anoipäoxet
«i tov äv&Qolnov xtiTaipaOxo/xivov tov Xoyixov avTo. ei de fir\
elev bfxoyevelg ol axooi äXXä äiaif eoövTOJV yeväv , /xel^ova avTiöv fteriov
tov iv Tip olxe(o> yivei iyyvTinai bvTa aiiriSv, oiov av xtiTrjyoorjTal ti /og!-
ftaTog xal ävd-Qolrcov, {iel£iav äxoog to /ota/ia, iyyvze'oio yeto tovto rijs
notÖTrjTog rj b äv&Qionog zrjg ovaiag, aTo/.iov yaQ eläog b äv&Q(onog, To ik
XQÜfia ov. av äe laov naXiv änex<D0iv ä/xif özeQoi tiSv olxetmv yeväv,
inl tov xaTTjyooov[tevov inawevai xal tyreTv Tlvog ftev avTiöv rft' aviov
Tivog Se Si aXXov xaTr\yooelTai , xav t\ Si" ov xaTr/yogeirai rov iregov
iyyvTiqiD tov olxejov yivovg, xal tovtov Si" ixetvov xart)yoQoiTO, fiei'Zova
rtyr\Tiov axqov , olov ei elev oqoi Xevxbv xal av&Q<onog to (J.iv tv noiä
ccrofiov eläog to de iv ovOta, xaTijyoQrjTai de to Xoyixbv xaTaifaTixwg (tb>
tov avd-Qtönov , änoifaTixiSg de rov Xevxov , inl tov fj.lv üv&qiönov xa9'
o iiv&Qianog xaraq äoxerai , tov de Xevxov ov xafr' o Xevxbv anoipäoxerui
äXXa xa&' 8 äi/jv/ov eOTiv, inel to aipv/ov, di' o tov Xevxov tö Xoyixbv
anoipäaxe Tai , xoivotcqov xal xa&oXixcoTegov xal iyyvreoov Tfjg oiaCag rijg
tov äiliv/ov fj b avü-Qionog rijg tov i[i\pv%ov, xal tö Xevxbv öia tovto uel-
Cojv ooog tov av&Qtanov. to dtj ravra Xiyeiv xal fjjrtrc xal ipvaei oeixvvvai
iv to) devTiQü) a/_rifiaTi to [xel£ov axoov nobg to neoieoy(av f^w
aide aXrj&ig Iotiv.
IX. Die späteren Peripatetiker. 557
ist wieder jene nemliche Procedur mit den Mittelbegriffen vorzunehmen
wie oben. Diese Darlegung, denke ich, und die dabei gebrauchten Bei
spiele werden genügen, um die Bodenlosigkeit dieses peripatetischen
Schulmeisters darzutiiun.
Wie ausführlich aber überhaupt die Sache betrieben worden, und
wie sehr man dabei wohl auch in eitler Ostentation nach Neuerungen
gehascht habe, sehen wir daraus, dass der nemliche Herminus sowie An
dere seines Gleichen bei der zweiten Figur eine Aenderung in dem
Nachweise für nöthig fanden, welchen Aristoteles für die Schluss-Unfähigkeit
zweier bejahender oder zweier verneinender Prämissen gibt. Das Komische
aber dabei ist, dass, wie schon Alexander richtig bemerkt, der von Her
minus geänderte Beweis nicht einmal seinen Zweck erfüllt, sondern die
Möglichkeit eines partikular verneinenden Schlusssatzes für jene Prämissen
offen lässt 1). Ob auch bei anderen Punkten die gleiche Manier geübt
worden sei — wofür allerdings die Wahrscheinlichkeit spricht —', sind
wir glücklicherweise nicht näher unterrichtet.
Ueber alles Mass einfältig aber ist es, wenn Aristo und mit ihm
noch Andere die Zahl der Schlussmodi in der Syllogistik überhaupt da
durch vermehrten, dass sie, wo ein allgemeiner Schlusssatz erscheint, das
in demselben involvirte particulare Urtheil als eine neue Species des
Schlusssatzes eigens zählten ; hiedurch wurden in der ersten Figur drei
neue Modi gewonnen, denn in I 1. kann aus dem Schlusssalze „Alles C
ist A " sowohl „ Einiges C ist A" als auch „ Einiges A ist C " gemacht
werden, und in I 2. wird aus „Kein C ist A" dann „Einiges C ist nicht
A" ; in der zweiten Figur aber erwachsen zwei neue Modi, denn sowohl
in II 1. als auch in II 2. lautet der Schlusssatz „Kein C ist B", und beide
mal wird aus ihm „Einiges C ist nicht B"72). Dass von dem nemlichen
Aristo wohl der erste Versuch ausgegangen sein mag, eine algebraische
Combination der Prämissen als Stütze der Syllogistik aufzustellen, müssen
wir aus einer Stelle bei Appulejus schliessen , s. Abschn. X, Anm. 23,
und man konnte auch in der That den aristotelischen Mittelbegriff nicht
gründlicher desavouiren, als durch ein derartiges Mosaik- Spiel, an wel-
71) Ebend. f. 35 a. : ^mtoT^Xrig ptv ovv äittaße (l. SitßaXi) rag nQoti-
Qi]fi(vug av^vyCag ort aavXXoyiaroi T(ji tv7ioQTjOcti vXrjg xal lov „narrt xal
firjSivC" (An. pr. I, 5. 27 b. 15.), Ixavrjv yaQ ravrrjv r)yiliai SiußoXrjV aavXXoytaxov
ou{vyias oiät r)ytiTai dvvaa&ai ätaßäXXeß&ai Tag ngoeiQrj/iivag
Ov£vyiag , xav äe(^ij ng Sri firjötvl xal rivl to N T<j5 3, Swti avu<j>ctOH{
ioir«, tag aXXoi ti' rivig tiSv atjxaiiov xal 'JEo/A.Tvog Xiyw l(f>' rjg yuo Ov-
(vylag, (fiijol , ri}V avTbf ttOiv eveaji Bvvayofiivr\v ßei£ai, tvXoyov Tavrrjv
Ifldtv (l. firjäiv rjirov) aövXXöytOTov Xfynv xi]g tv y tu ivaviCa awaytrai
"BuvvnaoxTa yaQ xal lavra öfio(<og ixtCvoig' xal naQurC&tTai ogovg tov
tivl äipv/ov — t-fj.tpv/ov — atäfia öÜqxivov to ycto a\pv/ov l^irpv^q) fihv
ovievl, etäfittji $i oaqxlvtp rj xal änXüig aiäfian rivl oii/ vnäyxei, xal to
tuipvxov rivl aaoxtvti) aiöfj.ati xal änXäg rivl GoSfiazi ov% vnaQ%St,. tovto
ovSa/iüg vyikg oiiäc avjaQXtg tig Ov^vyCag ötaßoXyV GvyxccQtj&foeTai
fth yctQ rovTip fir)S4jeQov avväyeG&ai avXXoytatixüg , äiöu torlv avaioe-
Tui, Ipti fifvioi xig öaov Inl roig xtifiivoig Svvaa&ai ovvüyea&ai Inl
[i{(iovg anoifazixov.
72) Apul. d. inlerpr. p. 280. Flor. : Aristo aut'em Alexandrinus et nonnulli
Peripatetki iuniores quinque alias niodos praetcrea suggerunt universalis illationis,
* prima formula tres, in secunda formula duos, pro quibus Uli particularcs inferunt;
quod perquam ineptum est, cui plus concessum sit, minus concludere.
558 IX. Die späteren Peripatetiker.
chem die ganze spätere Zeit so grossen Gefallen fand; ob aber jene
ganze confuse und falsche Auseinandersetzung, welche wir unten a. a. 0.
treffen werden, dem Aristo zuzuschreiben sei, mag ungewiss bleiben ; an
der nöthigcn Sinnlosigkeit hiezu gebrach es demselben schwerlich.
Aus einem Bestreben ferner, welches schlechthin nur auf die Aeusserlichkeit
des Sprachausdruckes gerichtet war (s. Anm. 47) und das Verhällniss
der Begriffe gänzlich vernachlässigte, floss auch eine anderwei
tige Vermehrung der Schlussmodi , welche bereits Alexander als eine
Erfindung dieser älteren Commentaloren vorfand ; es wurde nemlich in
dem vierten Modus der zweiten Figur ein Gewicht auf den äusseren
sprachlichen Unterschied zwischen „Einige nicht" und „Nicht Alle" gelegt,
und so kam als Verdopplung dieses Schlussmodus ein neuer hinzu, in
welchem der Untersatz lautet „ Nicht alles C ist A " , und entsprechend
dann der Schlusssatz „Nicht Alles C ist B"; diese Vermehrung erhielt selbst
eine eigene technische Bezeichnung, indem dieser fünfte Modus vno6vlkoyianxög
genannt wurde 73). Es versteht sich von selbst, dass consequenter
Weise die nemliche Verdopplung auch in dem fünften Modus der
dritten Figur vorgenommen werden musste. (Noch eine andere Vermeh
rung der Schlussmodi in der dritten Figur, welche erwähnt wird, dürfen
wir bei dem gänzlichen Stillschweigen Alexanders über dieselbe schwer
lich diesen älteren Commentatoren zuweisen, und wir werden sie daher
nebst Anderem erst unten, im XI. Abschn., anführen.) Jene nemliche
äusserliche Distinction des Sprachlichen aber wurde auch für die Praxis
der Syllogistik sogar einer der verschiedenen Vorschriften des Aristote
les- gegenübergestellt; wo neinlich dieser in Bezug auf die Reduction
unter die drei- Figuren empfiehlt, so sehr als möglich die entscheidenden
und präcisen Worte zu substituiren (Abschn. IV, Anm. 601), leugnen die
Späteren überhaupt die Möglichkeit einer Substituirung und erkennen die
Schlussfälligkeit mehrerer Termini ausschliesslich nur in der äusseren
Formulirung, in welche die Begriffe nach dem banalen schulmässigen
Schema gebracht werden 74).
Dass endlich auch der Inhalt der zweiten Analytik schon bei den
73) Alex. a. a. 0. f. 33 a. : Inl tov Ttvl fit] inäqxeiv rrjV <fei£iv noir)
Oä[iivos , tnel t6 Tivi /tii vnäqxeiv laov ävrafievov r<£i fifj navtl xutb
Tr\v Xt"£iv diaiftnei , fieTitXußiov ttvrX tov tö M Tivi Tip 3 /*y vTiäo/tiv
Ttöriai To M ov tiuvtI Tip 8 vnt'cQ/civ (An. pr. I, 5, 27b. 2.), xal Xiyei tov
kvtöv OvXXoyitifiöv Kai dia Tr\g avTrjg $e(£eu>s, xav eig Ttjv Xi^iv raurijv
fitTaXrnf&fi tö e"nl pt'Qovg ÜTioifaTixoV öftoCwg yeto xal to avfiTi^QttOfitt
T{f Xi%ei Swian , auvttx&rjOeTai. yan tö N ov navTl Tip B. toiovto; Iotiv
6 vnoavXXoyiOTixös vnö tiüv veioTtniov Xtyöutvog ö Xa/jßdviov /*tv tö ftroivvapovv
Tfj TiQOTÄOti Trj ouXXoyittTixrj, tuvtov fih xttl ix TttvTtjs OvvaymV
to yaq Tivi inDtp/tiv Tip fiij tiuvtX vnäoytiv laoäüvctfiov ov /xtTefXtjntai.
äXX' txetvoi fjtiv XfyovOi tovs toiovtovq avXXoytOfiovg eig TtjV ifioriiv
xal tt\v Xt{iv ßXtnovTeg.
74) Ebend. f. 154 a.: ö AqiUTOTt'Xjjg fxlv ovv ovtih nenl T(3v xaTa Tis
Xt$tig /*tTuX>)il>eiov anotfaCveTui, ol cM viiotcqoi Tals X^eaiv tnaxoXov&ovv-
Tis, ovx^n jf rof? OTjfiaivo/je'voji , ov TavTÖv if aoi yCveG&iti lv Tai; ti;
Tag looävvufiovaag Xe"itig (iiTaXr)\ptai tiSv oqidV tuvtöv yito arifiatvovTog
tov „ei to A, to B" Tip StxoXov&eTv rw A tu B, avXXoyiOTixöv /xev Xöyov
itftalv elvai ToiavTTjg Xrjif^eiarjg tt\s Xi'Seiog „ei tö A, tö B' tö äi A' tö
«p« B", ovx(ti 81 OvXXoytotixöv dXXa naqenTixöv tö äxoXovS-eTv r$ A
tö B, tö de A, tö tkqa SevTeqov.
IX. Galenus. 559
älteren Commcntatoren in ihrer Weise verarbeitet wurde, dürfen wir aus
dem Umstände schliessen, dass ein besonderes Gewicht auf die Methode
der Eintheilung gelegt wurde; schon Andronikus schrieb eine eigene
Monographie über dieselbe75), und die Späteren führten diesen Gegen
stand, wohl namentlich im Hinblicke auf die Interessen der Topik, nach dem
Gesichtspunkte der Unterscheidung zwischen Substanziellem und Accidenziellem
noch weiter aus 70). Unleugbar hatte hierauf schon von Anfange
die stoische Schul-Disciplin einen bedeutenden Einfluss , und es muss
damals die Grundlage zu jenen ausführlichen Erörterungen entstanden
sein, welche wir bei den späteren Commentatoren , und namentlich bei
Boethius, über die Eintheilung finden ; s. Abschn. XI, Anm. 60. und Abschn.
XII, Anm. 96—102.
Galenus, welcher bekanntlich als Philosoph überhaupt den Eklekti
kern beizuzählen ist, mag für die Geschichte der Logik wohl den spä
teren Peripatetikern angereiht werden, jedoch nur in dem Sinne, dass
seine Annahmen als ein Mittelglied zwischen peripatetischer Lehre und dem
ausgebildeten Syncretismus betrachtet werden mögen. Er war auf dem
Gebiete der logischen Theorie ein nicht weniger fruchtbarer Schriftsteller
als in den übrigen Zweigen der gelehrten Polyhistorie; in seiner frühen
Jugend war er in der stoischen Schul -Logik unterrichtet worden, ünd
schrieb schon in jener Zeit Commentare zur Syllogistik des Chrysippus,
machte sich aber dann mit allen logischen Schriften, welche damals als
bedeutend galten, bekannt 77), und in Folge hievon verfasste er mehrere
kritisch-exegetische Werke über die logischen Theorien Anderer, so sechs
Bücher zu der theophraslischen Schrift üsqI Kctxacpäsmg xal anocpä-
HEtog, drei Bücher zu Eudcmus IIeqI l&sag, ein Buch über Kleitomachus,
ja selbst über die platonische Logik, und dann wieder Mehreres über
die Logik und Syllogistik des Chrysippus und der Stoiker überhaupt, wo
bei er offenbar in der Principienfrage betreffs der Methode polemisch
gegen dieselben auftrat'8), sowie er ja bekanntlich auch in seinen natur-
75) Boeth. d. divis. p. (538.: Quam magno s studiosis afferal fruclus scientia
dividcndi, quamque apud Peripalelkam disciplinam sempcr haec fuerit in honore
notitia, docel ei Andronki diligentissimi senis de divisionc Uber editus.
70) Ebend. p. 048. : posterior quidem Peripateticae secla prudentiae differcnlias
dkisionum diligentissima ratione perspexit et per se divisionem ab ea qvae est
secundum accidens ipsasque inier se disiunxit ac distribuil , antiquiores aulcm in
differenter et accidente pro genere et accidentibus pro speciebus aut dijfercntiis uteiimlur.
Schal, ad Hermog. VII, p. 240. Walz : ot neol ÜQiaroxX^ct to(vvv töv
IIigiTictTTjTixbv öq&ojs tonloavto diaCntaiv tlvai To/xijV rjxot dictXQiaiv vno-
Moeojg iig tu tvövra £r]Tri[J.aia.
77) Galen, d. propr. libr. 10. XIX, p. 43 K.: in df nalg <o v r\vlxa nQtöxov
o nurriQ us tu rrjv loyixr\v d-tiaglav XQvaCnnov xctl xtSv iväoitav Xxto'Cxioy
SiSätccvti mtnitiiaxtv, l7Xongciafir\v Iv ctixtp iojv X^vaCnnov avXloyiaxix<
5v ßißUtov v7TO[tvq[j<tTu. Eliend. p. 39.: n&aiv uiiv rotg wir' Ixnvov xbv
XQovov (vdö^oig XxaüxoTg xt xut IleoiTictxrjxixoig l/xaviov iy^riitiCottg noklct
feV ifiufrov (iXXct T(Sv Xoyixojv f)-eojQij/no:Tajv xxX.
78) Ebend. 11, p. 42. xa s' xct tig xov QeotfQÜoxov ßißXCov 5 neol
x«TU(r aof ojg xctl anotf aaeiag tygatye' xä d" eig xo ttqoteqov X^iojg Eiärjtf°
v. 12, p. 44.: tiiqI KlfijouK/ov xctl xtöv rijg ttTioäeC'ittog ttvxov Xvaemv
ey- 14, p. 46.: ntql xf/g xaxet HXc'txiov Xoyixrjg &iO)i>(ctg. 15, p. 47.: elg to
"'(.'i xciT«(fäat log xctl itnotfütfuog QtotpQi'tGxov v7iouvri[iaxci eis to
ntQi i-(i((og EvSrjfiov vnouvrjftaTa y. 10, p. 47.: neol Ttjg xctxu Xnvainizov
560 IX. Galenus.
wissenschaftlichen Schriften reichlich die Stoa bekämpft nnd besonders
den Schwätzer Chrysippus lächerlich macht. Andere sehr zahlreiche
Bücher waren der eigentlichen ausführlichen Entwicklung der logischen
Theorie, entschieden im Anschlüsse an aristotelische Doctrin, gewidmet;
in seinem Verzeichnisse der von ihm verfassten Werke macht er folgende
namhaft19): Ilegl rijg aitoöeil-emg te' , Elg ro neql eg^irjveiag'AgiGrore-
Xovg y , Elg ro ngoregov rmv negl GvXXoytGfimv (d. h. die erste Ana
lytik) 8', Elg to Sevzegov ö', Elg ro ngoregov rmv itegl cmodd^emg
(die zweite Analytik) g', Elg ro devregov e', Ilegl rmv ävayxaimv dg
rag ctnoSet^etg a', Ilegl rmv nagaXemo^evmv ngoraGemv iv rrj Xe^et
rmv anoSei^emv a', Ilegl rüv iGo6vva^.ovGmv ngoraGemv a', liegt rüv
xarcc Stört ctnoSdifiav a , Ilegl rov rüv GvXXoyiGfimv ägt&fiov a', IIsqi
naguSsiyparog ß', Ilegl iitaymyijg a', liegt elxovog a', liegt eocotoj
«', Ilegl ofioto'tjjrog y' , Ilegl l| viio&sGemg agymv a' , liegt rmv Karet
to yevog xal ro eiöog Kai rmv Gv'gvyovvrmv uvxotg GrjfJiaivo^evmv Tjfuv
xara rrjv avroparov tpmvr\v a ', liegt rov ävvarov a', liegt rmv noXXayßg
Xeyofievmv y , liegt rmv iv ralg rfyvatg xotvmv xal lälcov a , liegt
rmv eavtovg ntgtrgenövrmv Xoymv a' , liegt rmv ivSeypplvav ngoruGeurv
ä' liegt rmv (itxrmv ngoräaemv xal GvXXoytGjiäv a', "Onmg %gr) Staxgivetv
rrjv ngay\xcaiKr\v %rpn\Sv» rijg xar' ovofia xal ro Gti(iatv6(ievov a ', liegt
Xgeiag GvXXoytGfimv, liegt %getag rmv elg rovg GvXXoytGfiovg &emgrjfiarmv
ß' , liegt rov rmv ovrmv exaGrov ev re elvat xal noXXa, Hegl rov
ort rolg avrtxet^evoig ?v xal ravrov ii- äväyxr\g axoXov&etv aSvvarov
Igxiv a', Ilegl rijg änoöetxrixijg algeGsmg a', Ilegl rijg Xoytxijg Sevregag
(vielleicht Swa(iemg^) xal &emgtag a', Ilegl rmv Grjfiaivo^evav ix
rijg xar eldog xal yevog cpmvijg xal rmv naqaxetfievmv avrotg, 2vvotytg
rijg anoSetxrtxijg &emgiag a', "Ort rijg ngmxrjg ovoiag a%mgtGtog
rj jtoootjjff a , Hegl rov ngoregov a\ liegt rijg St' aSvvarov ano-
Sd^emg a', liegt rmv evex' avrov (wohl zu lesen evexa rov) ytvofiivmv
a', Ilegl rmv noXXaymg Xeyofievmv ß', Ilegl rijg xar' oVofta xal
Grj[iaiv6jievov tftrrjGemg, [Elg r6 negl egfirjvelag wrofivj/ftorra y'], [i7poregmv
ävaXvnxmv rov ngoregov negt [rov öevrigov vnoiivrjpara
Xoytxijg dewQCag y. rijg XgvoCnnov (SvXXoyiarixijg npwrjj? v7io[ivrjfiuTct y.
Sevrigag ev Sri fj yeuuergixij ävctXvrixrj itfAtCviav rr)g räv 2tioix<av sv.
79) Ebend. II —16. Die handschriftliche Uebcrlicfcrnng in diesem Verzeichnisse
scheint ziemlich verworren, und namentlich dürften die in c. 15. u. 16. am Schlüsse
aufgezählten Schriften grossentheils nur Wiederholungen von früher genannten
sein. Und namentlich wird unter diesen letzteren (cap. 15.) eine Schrift zu den
Kategorien erwähnt, was in directem Widerspruche mit der bestimmten Aeusserung
des Galenus steht, dass er nie zu den Kategorien einen Commenlar, weder für sich
noch für Andere geschrieben habe und daher Diejenigen, welche einen dergleichen
wünschten, darauf hingewiesen habe, gemeinschaftlich an den Erläuterungsschriften
mit Jenen Antheil zu nehmen , welche die Kategorien bei einem anderen Lehrer ge
lesen oder sonst mit Commentaren derselben sich beschäftigt hatten (c. 11, p. 42.:
rov Si räv dYz« xttTtjyogKoV ovx iTroirjaafirjV ovr' ("fif'VTty ri roiovrov
V7r6/ivrjfia TiQoafriv ov&' irt"goie ffiwxa, xal oia tovO-' vaiegöv nore r<äv
tcaCgiav nvl Jerj&fyjt vno/xvq/tctTa t/etv, oaet xara ro ßißXCov fixovaiv ets
Tttg tiSv iv ttvT<j> {tjTovfj.t'vaiv Xvaeig, xowtavtiv IxiXtvaa rmv vTio/iVTjftäriav
(xslvoig ftövotg roTg aveyvaxößi ttkq« öiäuaxalov rb ßißXCov ri nävxeuf
ye ngougt\yfx(voig Si ixiqiav l%r\yi\T ixüv bnoia ra re AdgaGrov xal
liionualov lozi).
IX. Galenus.
56 t
8 '3, [Etg rag Sixa xarriyogiag vTCOjivrniara S'], [Elg to rrtgl rov rco-
Ga%o5g VTto(ivrj(iara y 1, [ .Zirpt räv xazcc to tfiort a7roÖ£i'|fcov «'], JTspl
tc3v lvdi%ofievcov ngozäoeav xat ttvlloytOptav a', Ilegl zäv ix ntxräv
rcQOzaOfav GvkkoytGfiäv a', liegt zäv xarä rtjv ke!-tv GoytGuürav, [liegt
zijg loywrjg Svväfieiag xai Üecogtag f'], liegt zijg %gelag rüv tig roitg
GvXXoytGjiovg dswgrjfiarav a' u. ß'. Von allen diesen Schriften ist nur
Eine, die liegt räv xazce rr\v Xil-tv GocpiG^iarmv , auf uns gekommen
(denn dass die von M. Minas herausgegebene rakrjvov Etgayayytj Stalextom/
nicht von Galenus sei, werden wir im folg. Abschnitte zeigen), und
bei der ausgedehnten Gelehrsamkeit, welche Galenus besass, mag es im
Interesse der Geschichte der Logik immerhin bedauert werden , dass
seine Thätigkeit auf diesem Gebiete für uns fast gänzlich verloren ist,
denn aus seinen Werken müsste eine gewisse Stufe der Logik voll
ständig in Einem Gusse sich haben darstellen lassen. Doch streut
Galenus auch in seinen medicinischen Büchern ziemlich häufig Bemer
kungen ein, welche der Logik angehören, so dass wir wenigstens im
Stande sind, durch Benützung solcher Einzelnheiten ein allgemeines Bild
davon zu entwerfen, auf welchem Standpunkte der Logik er selbst sich
befunden habe. Sein Einfluss aber auf Fortbildung der Logik scheint im
späteren Alterthume wirklich auch sehr gering gewesen zu sein, denn
bei allen Commentatoren des Organons zusammen wird er nur an drei
Stellen genannt, und erst durch die Araber wurde Galenus wieder in
die Logik des Mittelalters eingeführt.
Galenus bedient sich überall des Wortes Aoytxrj in technischem
Sinne (s. oben Anm. 9), und sowie er hierin schon den Peripatetikern
näher steht als den Stoikern, so ist auch die gesammte Terminologie,
welche er anwendet, der peripatetischen Schule entnommen. (Als Be
zeichnung einer medicinischen Partcistellung wird Aoytxög gleichbedeu
tend mit Me&odtxog und ^oyfxaztxog gebraucht, welche drei dem E(ijmpwcög
gegenüberstehen.) Uebrigens theilt er auch in Bezug auf die
Bedeutung der Logik schon völlig den schulmässigen Standpunkt , wel
chen wir oben als Grundrichtung der späteren Aristoteliker charakterisirlen,
denn auch Galenus sieht in der Logik nur eine dienstbare Metho- I
dik zum Behufe der übrigen Wissenschaften, welche in Bezug auf alle I
Probleme und Gegenstände des wissenschaftlichen Suchens den Weg !
diesem Sinne den Massstab des Brauchbaren an die logische Theorie80).
80) Ebend. 11, p. 39.: änavrag av&giönovg ogiSv iv oig äftqigßrjzovOtv
iavzovg ze aTiodeixviieiv InayyeXXofiivovg tXfy^eiv rt rov; 7zs"Xag Iniyeigovvzag
oväiv ovzwg lanoväaaa fta&ttv änavzmv ngtözov <ög ztjv ano~
otixTixijV &etog(av r\§imGa ze nagte ztSv tpiXoaotfuv IxeCvovg yctg rjxovov
avrijv äiäaoxeiv , ei ^.ev zi xai dXXo xctzä to Xoyixbv fie"gog zijg (ptXoGo-
(p(ag äiäaaxezai (f vXuzzeiv elgav&ig , zijv loälva zijg neqi zag anoäeCieig
(7ii9vu(ag navctai, äidföavzug ijxig aga fie"&od*6g laziv, f\v 6 fia&mv hrtgov
ze Xeyovzog Xöyov anoSeixzixbv axgißmg yvmglaei, nözegov bvztog tozl
zoiovzog fj xa&äneg zi vöfttOfia x(ßöz)Xov iotxe fiev z$ foxfftip , f*o%3-rigbg
Si xaz' aXy&etäv idziv, avzog ze ävvrjaezai xa&' 'ixaatov zwv ^zovfie'vtüv
öefqjü Zivi xgtöfievpg ln\ zr\v evgeotv avzov nagayeve"Od-ai. n&aiv ovv toig
xaz' IxeTvov %gövov lyä6£oig Xzmixolg ze xai Heginaxr\zixoig ifiavzbv
tyXeigCaag noXXa fiev ("/xad-ov uXXu rtöv Xoyixtöv &eiogrj/j.azcov a zip ftezi
bahnt und als Beweisverfahren
Wi führt; und er legt daher in
Prantl, Gesch. I. 36
562 IX. Galenus.
In Bezug aber auf die Darstellungs- und Lehr -Methode haben wir das
geschichtlich wichtige Zeugniss , dass hier bei Galenus zum erstenmale
mit entschiedenem Bewusstsein, namentlich im Hinblicke auf den Skepticismus,
die Ueberzeugung ausgesprochen wird, die Logik müsse nach
Art der mathematischen Lehrsätze („more geomelrico" ist der mittelalter
liche Ausdruck) demonstrirt werden, d. h. es sei das synthetische Veri
fahren, wie es z. B. in den Euklidischen Elementen erscheint, einzuhal
ten81); vgl. Abschn. X, Anm. 60.
Für diese Auffassung der demonstrativen Methode der logischen
Theorie selbst mussten nun wohl auch ähnlich wie bei Euklides gewisse
Axiome an die Spitze der Entwicklung gestellt werden, und mit Vernach
lässigung des inneren einheitlichen und philosophischen Principes der
Logik erlangen nun die äusseren methodischen Principien der Demon
stration ein Uebergewicht über jenes; nicht ohne Einfluss aber auch
hierauf war jene ganze Tendenz, welche man damals der Logik gab, in
dem dieselbe selbst nur auf das demonstrative Beweisen abzielen sollte.
In solchem Sinne nun treffen wir bei Galenus zunT erstenmale den Aus
druck „logische Principien" — \oymai apfai — , (s. Abschn. X, Anm.
60 u. Abschn. XII, Anm. 138.) wobei die Grundsätze, dass Gleiches auf
gleiche Weise verändert gleich bleibt, und dass Alles seine Ursache habe,
und dass Alles entweder bejaht oder verneint werden müsse, namhaft ge
macht werden, und zwar mit der Bemerkung, dass sowohl er, Galenus, selbst
hierüber so ausführlich als möglich in seinen Schriften über die Apodeixis
gehandelt habe, als auch die Philosophen seinerzeit in mannigfachem Streite
über diese Principien lägen ; er selbst aber ist hiebei hinreichend Aristoteliker,
um die Unbeweisbarkeit dieser obersten Grundsätze jenen Unwis
senschaftlichen gegenüber scharf zu betonen, welche auch diese Axiome
wieder beweisen wollen82); nur darin ist er von der Schul - Richtung
tuvxu XQÖvii> axorrov/utvog u^Qt^axa nnbg xag anoätC'Ztig tioov , bXlyiaxu
fih XQt]0(/j,(t>g jj.lv avxoig itt]Tt]uiva xal xov nqoxtiftivov axonov xv%tiv
i<fiifieva, Siane(fü)vr)fiiva fit xul tarnet nuou xolg ixtCvoig, ivia fit xai
reuff (fwaixacg iwoCuig ivavxCa. D. Hipp, et Plat. II, 2. V, p. 213. : ifirjXtoau
xrjv anofiuxjixrjV [j,4&ofiov onola xCg ioxiv naotxuXovv xe iv ixe(vy yvfivuOaa&
ui nooxtQov, oaxtg bxiovv unofitixvvtiv inixtiQtl. Aehnlich an vielen
anderen Stellen.
81) D. pr. libr. a. a. 0. p. 40.: xal vi] xoiig &sovg oOov inl xoig fitfiaoxaXoig
eig xi]V tüv IIvQQtovsCmv anoqtuv ivenmxmxtiv av avxbg , ti fir]
xal xä xaxa yeiolutXQ{av aqiä-jirjxixTjV xe xal XoyiaxixijV xuxu/ov, iv als
inl nXelaxov vnb x(p naxql nmfitvöfitvog l'£ aQ/ijg nootXrjXv&t iv ,
ßilxiov iprj&tiv tlvai xöv xönov xbv ytiafitxQixbv ünofietl-et xQtja&af xal
yag xal avxovg xovg fiiaXtxxixmxäxovg xal (piloo6(povg od fiovov aXXrjXotg
aXXä xal avxoZg ijvqiOxov fiiuytno/xivovg inaivovvxug 6/j.oi(og anavxag togavxtog
tag ytmfttxQixag änofitZ^ttg. xaxa xovxo xoCvvv txi xal fiäXXov iyvu>
v fitlv anoaxf]vai fiiv mv ixeZvot Xfyovaiv, axoXov&rjaai fit x<j> xaoaxTTjqi
TtSv yQafiftixtöv ä7Tofit(i-e(ov. Vgl. eine Stelle des Quintil. im vor. Abschn. Anm. 22.
82) Therap. meth. I, i, X, p. 36.: .oi <T av naXcuoi <f*X6o~otpoi äixxov
yivog elvaC tpaai xiav quivofiiviav, tv fxiv ixtqov fit xdöv vnonmxövriov
vor]OU xaxa yxqcöxrjv inifiokxiv uvunofitixxov, (ig xa xtp avx<it loa xal
AXXrjXoig vTiän/eiv lau, xal iuv Xootg iaa 7tqoOTt&ij xal ra bXa loa yivtoS-
ut, xal iäv änb Xaiav lau aquiotd-fi xal xu Xoinu loa tlvai ' xov xoiovxov
yivovg tivui wual xul xo firjfitv avaixCwg yCvto&ai xal nävx' iS ovxog xivbg,
ix fik xov- fjrjfiöXmg ovxog firjfiiv , ovtio fit xal xo (f,d-t(qto&ai fitjäiv
ttg To rtiog ovx äv, xal xo ntql navxbg ävayxatov fj xuraiiytuaxtiv >} ano~
IX. Galenus.
seiner Zeit inficirt , dass er dieselben im Interesse des demonstrativen
Verfahrens sofort zu „Principien der Logik" stempelt, d. h. er und seine
Zeitgenossen waren überhaupt mit der Logik aus der philosophisch principiellen
Einheit in die äussere Vielheit des DiäleTSs'cIienTieTaTigesünken,
mrtTso "ko"nnte es aMirkommenj dass mau TöT^InTerrilieiihche" Disciplin
eine Mehrheit von „Principien" an die Spitze stellte, ein Unsinn, an wel
chem freilich die Bornirtheit der formalen Logik nie Anstoss genommen
hat In Bezug auf das geschichtliche Fortschreiten dieses Unsinnes wis
sen wir allerdings nicht, wieweit die Fixirung und Numerirung der nach
maligen . drei Principien, welche wir schon bei den Stoikern spuken sahen,
hier gediehen war ; nur scheint, wie wir aus dem Vorkommen bei den
späteren Commentatoren schliessen müssen , das princ. exclusi terlii da
mals noch am wenigsten einer legitimen Geltung sich erfreut zu haben.
In diesem Punkte mag es Schade sein, dass wir die nähere Kunde von
der logischen Weisheit des Herminus entbehren , denn derselbe scheint
sonst so der rechte Mann dazu gewesen zu sein, um Principien zu numeriren.
Sowie Galenus in Bezug auf die Stellung der Logik mit den spä
teren Pcripatetikern übereinstimmte, so theilt er mit denselben auch die
Ueberzeugung , welche er ausdrücklich ausspricht, dass die Kategorien
der Anfang der logischen Theorie und eine Einführung (elsaycoytf) in
dieselbe seien, und es erhellt, dass er dieselben als Rubriken für die
Bedeutung der Worte verstand 83). Auch selbst darüber, wie viele und
welche Kategorien Galenus zu diesem Behufe angenommen habe, scheinen
wir aus jener nemlichen Schrift, in welcher er gelegentlich jene Ansicht
kundgibt, unterrichtet zu sein ; nemlich in einer längeren und, nach seiifuaxeiv,
'heget rf toiuvtu noXXä , nenl töv iv raig Xoytxaig TiQtxyiittTeCaig
InHSy.injoviai , xal i/fiTv df etg baov olov rf aaif.iaxaTa Site tüv vntQ
ttnoäeli-eiDg v7To/*vrj£iäT(i)V eiQtjTeii. nein tovtiov iv Treis ToiavTaig ätt^aig,
«{ 0^ xctl Xoyixäg ovofiä£o[iiv, tifitftgßTjToiaiv evtoi tüv ipiloOotfwry t(u(av-
MI' &U| ixeivoi iilv tt/Qi yovv roaovrov otutf/QovovOiv lös ünioteiv äno-
Slliti 7ittor) , ytvtoaxovTeg, oifitti, xav [irj XeytotSiv, tag avtö yovv tovto ßeßattag
InCmavjai rö uijSev tinooei/O^vai ävvaaOca tiöv Xoytxtöv ttn/töv
uTiiGTovfii'vioV otsoi ä ii/!>i tovtov axuioi xttl avorytoi Tvy/ttvovtSiv bvTeg,
o>i fir\Si iwTtö tovtio TiciQttXoXoväuv , ctnoöeixvvvai fiev neiQtovicti , Ttveg
94 eiai xul noiai xal nöaai tiöv anodei'ietav tttj/tel, fi^re yivtöoxeiv /*r)Te
tlietv i'UXetv f.ir)x' aXXov äidäaxoVTog äxoveiv vjioiiiveiv, aXX* änXtög xtX.
-83) Ebend. II, 7, p. 147 f.: xttl n^vCiriv d' ei vorjotug o&ev ovoiiä^CTai,
voijtjtig, olfttti, xttl tüv itttoov b&ev wVQLUtOtai, tovtov d" tl vorjtstas oS-ev
orofiä(eTai, oix av frt aoi äe^ati noXXrjg TToayfiaTet'ag iievoeiv itp' Stov
Toii t6 i^uieioixög bvofia TiTttxTtti • tovto rf' «uro tItiot£ iOTtvo xeXevto
"£ not uv ; oidtv Oe/J.vöv oväe fiiyw rö yitQ SitUQCtV Tag xaTrjyoQi'ag «QXV
Trj; Xoyixijs ion öetoniag. Ebcud. p. 145.: et d" Kort xttl Xfyetg äXrj&äs
rouri fiiv 10 TiQogeti/öfievov Zipov elvtti ij TtjV tfioeviTiv vötlov , tovtov d"
*' ru^ot röv xtiTttxelfjevov av&Qtonov voaeiv, eaxi ti nävTbig tiöv inttQyovTiov
aiiTolg, Itp* ov tpigetg exaaTov tiöv ovoiiaTtaV äXX' oi yeyvfivaaat
voeiv itiiTn xaUoi ye Ix tiöv tiqwtiov eigaytoytav ovite Tijg Xoytxtjg &etoQ(ag.
!>■ puls. diff. II, 9, VIII, p. 022.: ort d" iv Ttp Trfot tiöv toiovtuiv axoneTa&ai
ytyvfiväo&at /oi) SiayivtatSxetv Tag xttit]yoQ(ttg, fjyovfiai nood'ijXov vTiftQ^etV
• •••• (p. 624.) r«|iff yag ianv ägneQ loitav loyaoCttg ovtio xttl fia&rjfiaTmv
ätSaaxaXlag oßrw dj; xav ToXg xaTti tt\v äiaXexTixr)V oix ivd'e'/eTaC
W«, hqIv iv ToTg 7rptu'ro<s xal olov tSTOi%eioig yv(ivttaaa&ui, itxTf tiöv iir\t
«TiofeCSeaiv enea^at.
36*
564 IX. Galenus.
ner Schreibweise, sehr weilläufigen Auseinandersetzung gibt er zu wie
derholten Malen an, dass Alles, was ausgesagt werde, entweder eine substanzielle
Wesenheit (oußia) oder ein an ihr Vorkommendes ((JuftjSfjSjjxöj)
bezeichne, und zwar könne letzleres entweder eine Thätigkeil (ivsoysia)
oder ein Leiden (nä&rj(ia) oder ein Zustand (Sut&saig) sein 84). Wie
sich aber nun diess mit einer anderweitigen Notiz, Galenus habe folgende
fünf Kategorien: ovßia, nooov, noiov, 7toog ti, nqög u nuig 'd%ov ange
nommen 85), vertrage, lässt sich allerdings nicht einsehen, zumal da jene
Angabe, welche in den eigenen Schriften des Galenus sich findet, auch
viele innere Wahrscheinlichkeit für sich hat. Wohl muss Galenus unter
jene Hauptgruppen die einzelnen peripatetischen Kategorien untergeordnet
haben, denn an einer anderen Stelle nennt er das nowv und das noßov
und das nqog xi ausdrücklich Kategorien 86), wobei es am schwersten
zu erklären sein mag, wie die Quantität etwa unter die Siä&£6ig gebracht
worden sei; oder sollte er etwa die Quantität gar nicht den übrigen
wandelbaren Kategorien gleichgestellt, sondern als nolhwendiges und un
trennbares Attribut der empirischen substanziellen Wesenheit bezeichnet
haben? Fast müsste man das letztere aus dem Titel der Schrift "Chi vqs
jrpwTrjs ovaiag u%mQiOTOg rj itoGorrjg vermulhen.
Uebrigens sehen wir die bloss äusserlich sprachliche Auffassung der
J Kategorien bei Galenus aus der Art und Weise, wie er das Homonyme
; mit denselben in Verbindung bringt; jenen Standpunkt nemlich, welchen
wir als die noininalistische Ontologie der Stoa kennen lernten, wornach
die Kategorien sofort als die obersten Gattungen des Seienden genommen
werden, bezeichnet er als einen unwissenschaftlichen und auf Mangel an
dialektischer Bildung beruhenden ; denn er will zwischen xcarjyoQiaundysvos
84) Thcr. Meth. a. a. 0. p. 129 f.: ov fitjv rdv Intyttcav xvvcöv 6 fih
iXaxTixög ictriv, 6 fit oi/ vXaxrixbg , xcel TtTQcinovg jitv otTt Tig, treqo;
6h /xi] Toiovxog, aXXa nctat uiv ctirolg fv elcfög laxiv j xvvsg dvofuxfrvxai,
xcd oi fiövov ratg ovaCctig toixtv vncig/siv to toiovtov, äXXa xal rolg avfißlß-
qxöaiv aitoig rj mg äiaS-toeoiv rj dg Iveoyijiiaaiv rj (ig nafrrjftaoiv
(p. 146.) oü firjV tt)v oiaCav yc cinaaav, ctXV iv ti r<Sv avftßißrjXOTiov
ttiTrj ärjXoifiev , ro goto/ia, xcd fitviot xäv sl nagvv rj Xchtov iinoifiev rj
axXrjobv rj txaXaxbv fj äaaiiv rj ipiXbv rj Ti kov aXXcov sxaarov & Ttjr
xoarti av/xßfßtjxev , oi xara nciar/g oi$* ovtco Sr\XovoTt oiaCag Imcfigofiiv
Tr\v noogriyoQdtv . ctXk' SV ti tüv GviißtßrjxÖTCov airrj cfrjXoSfxeV ovicn tff
xcd rö xatht)afhai xal ro niQinattiv xal to xivüO&ai xal TO xoi/täo9m
xal to iypriyogtvcit xal rdv aXXcov 'exacfrov tcSv toiovtwv ovo/jcctcov oi xcti
oidevbg orjnav tcöv ovtcov Iniiptooittv, ctXXci ti tcöv vnaoyövitov 2coxgarsi
ärjXovfitv , a xara t6v tynnoa&ev Xöyov ij lvtQye(ctg iXfyoutv vnaQ/tiv <l
naS-rjfjaTa tovtcov rj Tivag cfia&toeig. a/.itivov ovv Oe xal vvv ixe iodiw
tcö TQoncp %Qr]0~ä[t£Vov yv[ivdociG&tti (worauf dann bald die in d. vor. Anm.
angeführte Stelle folgt) (p. 156.) nävra yao ravia xolg ocöftaaiv inctg-
%ei rä fj.lv dg ätctS-totig tü cf' dg tvtoytiac ra tf' dg nä&rj.
85) David ad Cat. b. Brand. Schol. 49a. 29. : äXXa di , öia t( ftr) nhrtt m
xaTryyoqlai , dg 6 r«Xr]v6g, ova(a , noabv , nowv , nqög ti , noög rt noK
3-/0V nobg o (fttfiev oti- oi ävvaTcu to nqog ti ndg I%ov yivog tlvai xäv
Xoin&v xaTrjyoQitöv. Da selbst bei dem laxesten Spielräume vieler Möglichkeiten
eine Vereinbarung dieser Angabe mit dem Obigen als unmöglich sich zeigt, so
möchte ich eher glauben , dass bei David der Name „raXr)VÖg" verschrieben sei.
86) D. puls. Diff. a. a. 0. p. 622 f. : XKTr\yonlu ith> r) tov uoioi xotvr) xcti
&ft<polv toiv yevolv xcd tö noabv Ztcqov tov nowv vnb yag *P
toö noög ti xcttrjyoQCav ?g£fißt tcxvtcx avfinaVTU. Vgl. Anm. 88.
IX. Galenus. 565
unterschieden wissen, da ja jede einzelne Kategorie von mehreren Gat
tungen der Dinge in homonymer Bedeutung ausgesagt werde 87), wobei
er offenbar gegen die sto'ische Leichtfertigkeit polemisirt, welche sich
bei einem hohlen und leeren Gattungsbegriffe begnügt, während er selbst
nur darauf zu dringen scheint, dass mit Beiziehung der Kategorien-Unter
schiede die lückenloseste Eintheilung bis zum Individuum herab fortge
setzt werde, so dass es hiebei höhere Galtungen der Kategorien selbst
und innerhalb jeder einzelnen Kategorie wieder mehrere Gattungen gebe88).
So dringt durch die sprachliche Seite der aristotelischen Kategorien das
stoische Motiv der Tabula logica in die peripatclische Lehre ein. Bei
solcher Tendenz ist auch erklärlich, warum Galenus eine so besondere
Sorgfalt auf die Gattung und die Art und den Unterschied verwendet,
und in letzterer Beziehung kömmt auch er wie Herminus (s. Anm. 41)
auf eine Unterscheidung zwischen Gattungs- und Art-Unterschieden, wobei
er noch dazu eine Abstufung annimmt, so dass die einen Unterschiede
wieder mehr oder weniger den Gattungen und Arten angehören, als
andere, und zuletzt als äusserste Stufe der Unterschied der Individuen
(lötet diaqiOQa) erscheint S9) ; Alles schon ganz in einer Weise , wie wir
diese Erörterungen später bei Porphyrius finden , sowie sich überhaupt
die ganze Behandlungswcise der Begriffe avußeßtjKÖg, yivog, tlSog, Siatpoqa,
XSiov (dieses ist in der ISia Suttpoaa repräsentirt) bedeutend den
Quinque voc.es genähert zu haben scheint. Doch mag hiefür auch noch
87) Ebend. p. G22. : tv* oxav vnb fiiav uiv äuquo äytjxai xaxr\yoQlav
xä ^rjxovfieva , fifj fiivxoi xoivöv yivog xi in aixotg y , ui) xaQaxx«5/j.eS-a
t$ xoiviji rijj xarrjyoQtas , a>g xovg ye nXetaxovg xwv bipiua&töv xe xal
ayvfiväaxmv \\>evdodiaXexxixmv , ev&u xaxrjyoQia xoivij , xal yivog ivxav&a
evQyoeig voui&vxag dg av fiij dvvauivovg diatQeia&ai xr)V b/xiüWfiCav. ovxio
yovv e/ti xänt xov xaxa xt/v xlvrjaiv xal xb aäfta xijg aoTr)Q(ag notov, xaxtjyoota
jiiv fj xov nowv xoivij xax' äfUf otv xoiv yevolv, oi ur)V xal yivog
yi xi xoivbv In' a/xifolv bfiiovvuiag yaQ, oi Ovvtovvuiog , auwm noia Xiyexai,
oi yao ¥v xaixbv lattv Iv auipoxiQoig xb notbv , aXXa xivrjoei
fiiv tö noibv idiov xal yivovg aXXov , xiö di atöuaxi xijg aQxrjQCag tdiov
xal yivovg aXXov (p. 023.) äXXa xävravfra naXtv vnb fiiv xijV avxijv
xairjyogCav avax&qoeiat , yivog ä' oi xaixbv auifoiv yevf)Oexai.
88) Ebend. p. 632.: oiaifioti d' äXXrjXtov xa fiiv ei&ig Iv rolg nQtöxoig
yiveai xäv xaxijyoQicSv , mg itvfrQionog xal Xsvxöv xal dlnr^v xal de-
S'öv, tö fiiv yaQ oiot'a, xb di noibv, ib de noabv , tö di noög ji' xa d'
iv rolg in' aixä, xa&äneQ tö Xevxbv xal tö xqiymvov , xov uiv yao tö
XQtöfia yivog, xoii di rb a/ij/ia' ninrioxe d' afiipot xavxa naXiv vnb xijV
xov noiov xaxrjyooCav , älaxe xb Xevxbv x(p xQtyiäviff xaxa fiiv xrjv nQtoxrjV
xaxr\yoolav mgavxiag örjfrrjaexai , noibv yaQ ixäxtgov , iv yivei d' eoxav
&ia(fioovxi xb ftiv xmv /Quifiüxuiv xb di xäv a/ij/xäxtov.
89) Ebend. p. 625.: ö'rt xiöv dtaipoQiSv al uiv Tivig elOi yevixal ai di
eldixal, xal aixwv ye xovxmv al uiv yevixmxeoai al fii eloixmxeQai. p.
633.: aXXa d" av xax' elSog Siatfioei iiji yivei ur\ Siaifipovxa , xa&äneo
xb Xevxbv xal xb £av&6v t^p uiv yaQ yivei xaixä, %Q(öuaxa yaQ, eläixijv
3i xiva e%ei äiaipoQav, eitfi] yaQ /Qiöuaxog iSgneQ xb uiXav xal xb (qvS-qov
xal xb xvavovv, ovxat xb Xevxöv xe xal $av&6v aXXa d" av xaxa xb ktoftöv
xe xal agiS-pup fv äiaipiQei, xaO-äneQ xal xb Xevxbv 8 SeigD-rivai. Svvaxai
xovde xov Xevxoii xov äeix&ijvai ävva/xivov ätaqiiQti uiv xiva öiaif oquv
iSCav, vnb de xaixbv ninxtaxev etäog xb Xevxöv r\ SiaifOQa nana
xb SiawiQeiv eiQi]xai xal vevörjxai, xb äiaipipeiv de xäv xolg axöuoig xav
xoig eloeai xal xolg in' aXXtjXa yiveoiv evQCaxexai xal neol nav&' änXäg
zä bnaigovv ovxa.
566 IX. Galenus.
das der Topik angehörige ravxbv beigezogen worden sein , bei welchem
Galenus gleichfalls die Art- und Gattungs-Identität neben der numerären
coordinirt aufzählt 90). So scheint bei Galenus die Lehre vom Begriffe
neben der sogleich zu erwähnenden sprachlichen Auffassung hauptsäch
lich jene Richtung eingeschlagen zu haben, durch welche sie sich an
die Kategorienlehre anschliesst.
Dass Galenus sich aueh an jener Frage betheiligte , welche betreffs
der Geltung des excpcovovfievov sich an den Anfang der aristotelischen
Schrift n. 'Eqfirjv. anschloss, sehen wir theils aus mehreren Titeln einzel
ner von ihm verfasster Monographien (Jlepl rtöv xaxa to yevog xal rb
elöog xal xäv ov&yovvxuv avxolg ö^fiowoftEvrav ijfuv xaxa %v\v avxofiaxov
cpavqv/'Oitwg XQ^I Siaxqivsiv ri]v Tcqayfiaxixxjv ^t^öiV rr^g xax
ö'vofi« xctl rb arj^aivofievov, liegt xäv arjfiaivojjtevav ix xrjg xax' elSog
xal yevog qxovijg xal xäv naqaxeinevwv avxolg), wobei wir wohl nicht
sehr irren, wenn wir auch hier einen grossen Einfluss des Bestrebens
nach einer Tabula logica der seienden Dinge vermuthen ; und theils be
sitzen wir auch wenigstens eine Andeutung darüber, welche Ansicht in
dieser Beziehung Galenus gehabt habe. Indem er nemlich von vornherein
die homonymen Worte ausscheidet, weist er wiederholt darauf hin, dass
alle übrigen Eine bestimmte Bedeutung haben; und nachdem er unter
diesen wieder diejenigen abtrennt, welche keinem real wirklichen Wesen
entsprechen, wie z. B. mythologische Vorstellungen, behauptet er auf das
entschiedenste, dass für alle anderen ein reales Object zu Grunde liege,
und ausdrücklich unterscheidet er innerhalb dieses realen Substrates die
allgemeine substanzielle Wesenheit und die Determination derselben im
Artbegriffe und das empirische Individuum, so dass er offenbar in aristo
telischer Weise an der objectiven Realität der Gattungs- und Art-Begriffe
festhält91). Aber zugleich scheint ihn eben die peripatetische Auffas-
90) Thvrap. Meth. U, 7, X, p. 135. : xal xoaoviov ro(vvv tiov Tovg na-
Xaiobg tf>iXoa6<povg inaiveTv oig fie"ya ti xal ooybv iHsvqövx ag, Sti tö r<tutbv
xal tö exeqov xal To i'v xal To ov/ i'v ov fxovov xax' aqt&fibv aXXit
xai xax' eMog xgii vottv nqogxe itai filv oiiv vnb toSv naXatäv tpiXoao(
f(ov, mg <oii fittvov aqi&fitp xal tidii Xiyexai ti tuvtöv aXXä xal toi yivei.
91) Ebctid. p. 130.: xal exaOTov äij töiv mjfiatvofie'vojp i'v anaoiv
vJtäo%u xaiiTÖV SrjXol <5t xal i) xafh' kxäsxr]V ijfttqav ijfiiv yivottivi] nqbg
aXXtjXovg äiaXexTog, mg tv oig ovx eaxiv bfiiovvfiCa, tö ar)fiaivöfievov i'v
VTtctQZti, MyovTog yäq xiVog V7TÖ avd-qainov nXtjyfjvai, . Xi&to xrp xtfaXijV
oirtevi tojV axovövxmv äacaftrjg ö Xöyog ovfi' äfMftßoXog ..... p. 131.: »1*9- '
ixttexov ovv xäv atfjiuivofiivuiv ev xt nocty/j.« Igtiv vnoxtifievov , od fxijr
xaS-' ixaoVyv ye ttüv tftovxov i'p, IvCoxe fiivToi Gr\fiuiviTai fiövov noog rij?
(favffg , inöxtnai äk ovtiey (üXXct jrfpi (iiv rmv ovxio Xeyofi^vav ov nqoxeixat
vvv äieX&etv)' (v oig äe ov <sr)fnaivexai Tc fiövov tx xrjgtfmvijg, uXXa
xal natty/xä ti tariv vnoxitfitvov, oauneq äv >} r« at)fitavöutvtt, TottavTui
xal wf nSv TiqayfiÜTav vntcq%ov<$%v IfletH , xijg jiiv qwijg t'v Orifi-auvovatjs
i'v ££ aväyxiqg toxi xal to tov npayfiarog tläog p. 133.: ovno ivaoyig
tvri xal tpvGti naOiv vnäqxti xal &v9mönoig xai ßoax^fittHiv Stiqov
[is"v ti oig vnoxti/ufvov xax' ovKttnv ttfqov oi ejg f!ö"og IV tmvotiv , mOxt
xal rolg ovoig , ofaio aixavxtov xmv &QifipiwTe>v avotjiÖTiicToi yt doxovo~tv
vJTnQxav, «XXo fj.lv tö «ht' tliog i'v &Ut» (fi To xax' agiM-fiöv elg fodyvuaiv
fjxft p. 144.: «<Ht ye oMe'f ul qxaval äoxoiaC am Oti/iaCvetv r\ te
£q}ov xai i\ vö<Sog , ai.V öftoiag ixtf u>veTo~#ai T<j> ßXiTVQt xal axtväTnfrog ; >f
atlfiuivouei fihv, oiSiv d" vnoxtiTai nqayfta ratg (pmvarg wg iv xtt) 2üxvXla
xal Ke"vTavQog ; el fj.lv yan oiSiv Ioti nqayfia to ärjXovfitvov wxö Tijg
IX. Galenus. 567
sung, dass die Worte auf einem psychischen Eindrucke beruhen und hiedurch
symbolische Ausdrücke der Dinge sind, zu einem stark dualisti
schen Nebeneinanderstellen der Objcctivität und des Sprachlichen veran
lasst zu haben , so dass er — um die banalen Schulbezeichnungen zu
gebrauchen — zugleich Nominalist und Realist gewesen sein dürfte ; denn
in der Polemik gegen diejenigen, welche das "real empirische Dasein
der allgemeinen Gattungsbegriffe leugneten, kömmt er selbst zu {fem argen
nominalistischen Verstösse, welchen wir schon bei den Stoikern trafen,"
dass, er Betriff und n^fjniiinn y»"ig ^i^anig.q!lwüj[pJjMrinH ausdrücklich
erklärt, der erstere sei nur eine kürzere Ausdrucksweise der letzteren,
da ja das durch beide bezeichnete Ding das nemliche sei und in diesem
der nächst, höhere Gattungsbegriff sowie der artmachende Unterschied
real vorliege 92). Vielleicht stand hiemit auch seine Schrift IIsqI öVofwtrov
öß'froTjjTos in einem inneren Zusammenhange, in welcher er, pole
misch gegen die Stoa, auch über den Missbrauch und die Unsicherheit
der Etymologien sprach 93).
In der Lehre vom Urtheile scheint Galenus im Zusammenhange
mit dem so eben Erwähnten zunächst die Frage betreffs der Möglich
keit der Urtheile erörtert zu haben, insoferne die Vielheit der Prädicate
Eines Subjecles hiezu eine unerlässliche Bedingung ist; wenig
stens dürfte der Titel einer Schrift IIeqI rov räv ovrmv exaatov 'iv te
wn xai noXku darauf schliessen lassen , dass er gegen megarisch-stoi-
(ijiov rj rrjg vöarjfta (f(ovrjg , oix dq&äg Xiycig rov av>anov slvai £äov fj
iirv tpqtvlriv vooov tl tf* eari xai Xfyetg aXrj&äg, rovri fj.lv rb ngogeg/öptvov
(äov elvai rj rr)v tpgevlriv votsov, roviov <T st tv/oi rov xaraxsl/xevov
av>onov voaelv , iari ri nävrwg räv inag/övroiv airolg, t(p' ov
iptgug btaatov räv dvoftärarv p. 155.: aXXit yäg negi rov fxr) fiövov
hvotav (Ivai voafjfiurog iSlav, aXXa xai ngayfiä ri rrjg ngogrjyoglag ravrijt
rvyxävov vnoxtlo'htt , xarä ys rd nagbv ägxel XtXfy&ai ravta.
92) Ebend. p. 151.: xaOäntg, olfiai , xai b avSgtonog avrbg, iva^ ftr)
Uyrfiai £äov Xoyixbv &vr)rbv, evexa avvrofiCag ävS-gurnog ävofiäoS-rj Xoyov
rivä Svvafiiv txovOrig rrjg äv&gianog ngogr/yogCag ' xai rovr ' iariv o xaXovatv
ol naXaioi tpiXöaoqioi rov Xoyov eintlv rov dvöfiarog. oi firjv eis äneigov
ye nposäyovOtv äXX' ä/gi räv änXäv äv^g/ovrai ' rov yaq äv&qtonov intii&
V oiaXvOrjg {ig (äov xai Xoyixbv xai 9-vrjrbv, xai av&ig Xvaeig rb £äov
eis ovalav xai alofrtrrutrpr' oi fir)v rrjv y' oioCav tri Xiaai ävvrjot) xa&aneQ
oiSt rt)v aio&rjaiv , änXovv yäg r\Sr\ xai ngäröv lartv ixärcgov rovrmv
p. 154.: xai rovrov yeXowreQov , ttla&avöfievov fiiv elvai aäfia,
t$ov d" tlvai fxrjSlv, ägneg äXXo ri xai oi roi&' vnagxov £äov rj ätatpi-
Qov ri rä Xöyar ärjXoüv inixtigtlv brtovv rj ävöfiarf rrjg ä' avrrjg äronCag
f/fiai xai rb 'fir) övyyugelv tlvai ri voaoV et yao oiöt"v tan fiiäiicaig,
oiit vöoog Unrat n, ooÖeCarjg d" ilvai &ia&t'aecog torai ri xai vöaog ....
<U1' oix fytig iioi öeltiai, (paai, vöaov aiirijv xad-* lavrijV oiät yeto ipotvtnv,
tu ovrog , oitfiv nvotröv akV o/jorg xai ravra avyxmoeig vnÜQxuv^
xai a).).a noXlä' rr)v yao fiixgoXoyCav räv ovo/jäitov , rjv Ixo/npevOavro
nvt( räv (fiXoaöiparv, avarginovaav anaaav rijv Iv rä ßltp awrjS-etav, mg
/ir) ifi' IxeCvovg avrrj xgijoS-ai övvaaS-ai xarä ra a<päv airäv avyyga/uuara,
naqttirovuat Xiyuv ra viv , Mgto&i dmXey/At'vog inig avräv inl nkiov.
93) D. Hipp, et Plat. II, 2, V, p. 214. : ovrta Sk xai rr)v izvfloXoyUtv, . . .,
kitttfxyvfitv airolg oiäiv fi&XXov ixtCvoig (sc. rolg Zrto'Cxolg) rjntg fj/MV
pagiygovaav' &IV ort filv äXa((ov iOrl (uxgrvg y irvjjioXoyCa , noXXäxig
bjioCmg uagrvgovOa rolg r&vavrCa XiyovOi räv aXtj&äv, oix öXiyäxig
rf« rolg ipeviofiivotg [läXXov ijneq rolg aXrjS-evovaiv , iv ertgif ngayfiartla
ädtixraC hol rrjg ntgl övo/xäraiv dgD-örrjrog.
568 IX. Galenus.
sehe Einseitigkeiten polemisirte. Sodann beschäftigte wohl auch ihn die
übliche Controverse über das Gegenüberliegen und den Gegensatz, und
es lässt sich in dieser Beziehung der Titel seines Buches IleQl tov ozi
rolg uvux£t(iivoig ?v xal zavzbv i| aväyxrjg axolov&elv aSwuröv Iötiv
anführen; auch sehen wir, dass er jene negativen Ausdrücke, welche
sprachlich durch das sog. a privativum gebildet werden, durchaus nicht un
vernünftig behandelte, denn demjenigen, was er gelegentlich hierüber
bemerkt, liegt die Auffassung zu Grunde, dass bei allen derartigen Worten
die positive Real-Potenz das frühere sei, und daher die sprachliche Nega
tion entweder dazu diene, das Nichtvorhandensein der positiven Mög
lichkeit zu bezeichnen, oder dazu, dass bei vorliegender realer Fähigkeit
die actuelle Verwirklichung des potenziellen Zustandes verneint werde 94),
so dass wir hierin eine Uebereinstimmung mit dem aristotelischen Stand
punkte erkennen (s. Abschn. IV, Anm. 416). — Dass Galenus auch das
Möglichkeits-Urtheil einer speciellen Betrachtung unterwarf, bezeugt der
Titel einer eigenen Schrift JIsqI rüv £v8i%0(ievcov TtooxaGsav , und wir
dürfen sicher schliessen, dass auch das Nothwendigkeits-Urtheil nicht unbe
achtet blieb, zumal da in der Syllogistik die hierauf beruhenden Schlüsse
von Galenus ausführlich besprochen worden zu sein scheinen. Betreffs
des hypothetischen Urtheiles werden wir sogleich einen Beleg dafür
sehen, dass auch dieses seine eigene Geltung fand.
In Bezug auf die Umkehrung der Urtheile begegnen wir hier zum
erstenmale einer Lehre, welche fortan als eingebürgert in der logischen
Theorie auftritt, nemlich der^Lehre von der Aequipollenz (Ißodvvajuia)
der Urtheile. Es schrieb Galenus lleqi tcov iGobvva^ovaäv itQozäßiav,
so zwar dass wir vielleicht annehmen müssen, die Umkehrung der Ur
theile sei hier bereits aus ihrem wesentlich dienstbaren Verhältnisse, in
welchem sie zum Syllogismus steht, herausgetreten und sei zum Gegen
stande selbstständig losgetrennter Untersuchungen gemacht worden. Aller
dings kömmt es uns nicht in den Sinn, zu behaupten, dass der Begriff
der Aequipollenz von Galenus selbst etwa erst geschaffen worden sei,
sondern wir glauben, dass derselbe sich schon bei den oben genannten
späteren Peripatelikern überhaupt gestaltet habe; aber da wir über die
: specielle Autorschaft gänzlich jeder Kunde entbehren , so können wir
• diesen Zuwachs der Logik erst hier erwähnen, wo er zum erstenmale
namentlich genannt wird. Eine anderweitige gelegentliche Erwähnung
eines einschlägigen Lehrsatzes weist darauf hin , dass mit der Aequipol
lenz eine Unterscheidung zwischen avriGtqiqouv und avaavQecpHV in Ver
bindung stand, also auch hier schon die sog. Contraposition (im Unter
schiede mit Conversion) hereinspielt. Nemlich bei einer einzelnen Ver
anlassung weist Galenus darauf hin, dass das allgemeine Urtheil nicht
94) Ebend. IV, 4, p. 3S3.: to yovv akoyov töguvitag aqtävtp js xai ärga-
Xyty difliög änavTts ayS-qionoi XfyovOiv xal tqCtov ovdt'v loriv in' aviäv
drjfiaivo/ievov eiioeiv ovre netoa tolg vvv "Eklyaiv ovre naqa tolg nakciiots,
et ri XQV TexfirttQea&ai rotg ßtßlCoig ttuiäiv a<pa>vov näg Ifyovoi xat
ntQBXißOV; zö fttv, otfiai ffrfpjjffft (fcovtjg r) toaxyXov, to <ft xaxoiaef
ei fiev yäo Tig ifäöxei, rovg tx&vg aq?(6vovg vnawtiv rj z« tfvia, Jif
firjdöXotg tyciv tfoivfjv ovTwg avra noogayootvei , ti rig ä(f(avov elvtti
teyoi jov xiS-ctg^iädv rj tov xrjgvxa, xdxcoOlv tivk tudtCxvvxai rrjg (ftavrjs
Tav&ownov xtL ; , ...
IX. Galenus. 569
rein umgekehrt werden könne, und er wählt hiefür die Ausdrucksweise,
dass ttvuGTQiyovra nicht nothwendig zugleich wahr seien (d. h. die Urtheile
„Alles A ist B" und „Alles B ist A" sind nicht nothwendig gleich
berechtigt) ; hingegen, bemerkt er, die avriaxQt'q>0VTtt sind stets nothwen
dig zugleich wahr, und die von ihm gebrauchten Beispiele zeigen, dass
er für das Urtheil „Alles A ist B" unter dem ctvxißxgiqjov das Urtheil
„Alles Nicht -B ist Niehl- A" versteht; und namentlich sehen wir, dass
gerade in diesem Sinne auch die (Jmkehrung der hypothetischen Urtheile
behandelt wurde, denn als ävriergiaiovxa erscheinen die Urtheile „Wenn
AB ist , ist A C " und „ Wenn A nicht C ist , - ist A nicht B " , welch
beide als äquipollent zugleich wahr sind, hingegen als uvctOxQecpovxa
die Urtheile „Wenn AB ist, ist A C" und „Wenn A C ist, ist A B",
welche nicht nothwendig zugleich wahr sind 95). Uebrigens liegt eine
Veranlassung zu dieser Bedeutung des Wortes avziGxqlcpHV , in welcher
es dem iaoSwupüv oder dem scholastischen aequipollere entspricht,
bereits in einer aristotelischen Stelle, welche wir Abschn. IV, Anm. 286
anführten.
In der Syllogistik tritt namentlich die peripatelische Richtung des
Galenus hervor, insoferne er gegen hohle und principlose Doctrin der
Sloa polemisirt, denn hauptsächlich dem Chrysippus gegenüber weist er
auf Aristoteles und Theophrast hin und hebt hervor, dass man, wie jene
gethan, schon bei den Prämissen der Schlüsse unterscheiden müsse, denn
denjenigen Behauptungen, welche auf die Sache selbst und das ihr an
sich Zukommende sich beziehen und daher allein als wissenschaftliche
und apodeiktische zu betrachten sind , seien alle übrigen gegenüberzu
stellen, welche entweder als dialektische nur zur Uebung gehören, oder
als rhetorische auf äusserlichen Zeugnissen beruhen, oder endlich als
sophistische von absichtlich verdrehten Formen der Rede ausgehen 96), —
95) D. temp. simpl. medic. II, 16. XI, p. 498.: näv fikv yag xo öäxvov
xal Sgifxv xal xegxvwäeg , oi ftr)v anav xo xegxvioäeg äaxvov xai igifiv'
ftövag yag ovicog av antSeCx&rj xovXaiov Saxvtäoeg, el näv xo xeg/voSieg
lijioloyrjTo öaxvdöSeg vnägxeiv (p. 499.) äXX' Ix twv vnoxet fie"vo>v
xovxtov ov negaCvexai äaxvtödeg elvai xovXaiov ovxe xaxtjyogixag ovxe vno-
9extxag ijfjiwv noirjaävxiov xitq ngoxäaeig oi ftkv yag rj oV «?<r#jj-
Gfws ij tfor' ala&rjaewg rj ontog av xig ovo[xä£eiv l&eXrjOei xa xoiavxa xiov
übwfittXiov etXrjnxai „näv xb öaxvdödeg xal xegxvtoäe'g toxi" xal „et xi
äaxrtSSeg, xovxo xal xegxvwdig loxiv" our' el näv ro SaxvüSeg xal xeg-
X*<i>$£'g loxiv, ijär) xal xo xeg%vajfieg anav vnägxei $axv(äd*tg , ovxe xü
„näv ei xi äaxväoig laxlv, xovxo xal xegxväätg vnägxei" enexai xo „näv
it xi xeQxvüiSe'g iaxiv, xal äaxviöäeg vnägxei" , äXXä xo ftev „el fir) xeg-
Xviödeg, oi&k SaxvwSeg" äXt/d-kg, avxiaxgfyei yag' oi fir)v et xi xegxvmSeg,
tv&iig xal Saxvmdeg, avaaxge'tpei yag xovxo' oe"6*eixxai d" Iv xatg Xoytxaig
fieH-oäoig dg ol fikv üvxioxge'cpovxeg xoTg aXrj&e'Ot Xöyoig aXrj&eig eloiv , ot
avaaxgiff ovxeg oixixi navziog äXrjS-elg. Ebend. 3, p. 405. : näv fikv yag
nig, el ovxtag exvxtv, Igvd-gbv elvai Xexxiov laxlv , näv o*i xo Igv&göv
nvQ elvai tpävai xaxaytXaaxov el fikv l£ ägxrji eiXr\nxo xaxa xbv X6-
yov , tüg näv xo d-eg/iöv Igv&göv iöxiv, rjv loiog Siaaxgfxpavxa xo a£Ciofia
*» Iqv&qöv anav anoojijvai &eguöv , äpagxävovxa /xkv xäv xovxip ngo(pavüg-
ot yag avxidxge'ipovxeg , ovx ol avaaxgiffovxeg äXXrjXoig Xöyoi awa-
Xy9evovxai.
, ,96) D. Hipp, et Plal. II, 2, V, p. 213.: rn ö*e ovv otxela xäv Xrjfiuäxtav
«noaa jr)v (fvoiv laxlv, elgrjxai fikv Inl nXeTirxov iv xoTg negl änoäe(£eiog
"no/tvrj/iaatv .... yeygd<p&ai äk Xiyia vnkg avxijg agiOxa xotg naXtttolg tf>i
570 IX. Galenus.
eine Viertheilung, welche wohl überhaupt in der peripatetischen Schule
üblich geworden sein muss, da wir sie noch bei den späteren Commentaloren
treffen. Vielleicht setzte Galenus mit dieser Unterscheidung der
Prämissen auch den bekannten Grundsatz in Verbindung, dass das Falsche
eines Beweises entweder formell im Schlussverfahren oder materiell in
den Prämissen liegen könne °7).
Ein angeblich grosses Verdienst aber ist es, in Folge dessen bekannt
lich der Name des Galenus so sehr mit der Lehre vom Schlüsse ver
knüpft ist, dass derselbe wohl fast in sämmtlichen, selbst den trivial
sten, Compendien der Logik erscheint. Galenus nemlich hat, wie man
sich auszudrücken beliebt, die Zahl der aristotelischen drei Figuren des
kategorischen Schlusses durch Hinzufügung einer vierten vermehrt, in
welcher der Mittelbegriff Prädicat des Obersatzes und Subject des Unter
satzes ist, also:
A B
_B C_
C A
Die Kunde dieser Neuerung, welche von der formalen Logik in der
einfältigsten Weise ausgebeutet wurde, konnte man~msher nur aus ara-
XoooifiOig xolg neol &eo(fQaGxöv xe xai MoiGxoxiXriv xaid xmv devxiomv
avaXvxixmv ßißXCmv r« yäo läimxtxä xe xai gryiooixa Xrjfifiaxa atdovvxai
nagaXaftßaveiv etg änoä et'Seig iniaxrjuovixdg , mv ntnXr\axai xa Xqv-
«Cnnov ßtßXCa, Ebend. 3, p. 224. : onmg oh %{>r) yvmgC(eiv xe xai diaxQlveiv
ijiiairjjxovixä Xr]fifiuxa diaXexxtxmv xe xai grjXOQixmv xai OofpiOTixtüv,
ovxe'xi eyQaxjjav agwXoyov oi/div ol negl xöv XQvamnov ovxe tpalvovxai
XQajfievot. Ebend. 4, p. 227.: uaa f*lv anö xmv vnaQ/övxmv ... Xafißdvexai
Xrififiaxa, dixxr)v ffet xr)v äiayogäv iaxai yao aixmv xä fj.ev xax' avxö
xö nQoxelfievöv xe xai (rjxov/xevov Iniaxrj/xovixd, ja d' iiXXcc ndvxa yivovg
ixiqov devxigov naQaxeifie'vov toTs iniaxrjftovixolg' oßa de änö xmv äv-
S-gmnlvmv dogmv eh' ovv idimxmv ehe noirjx ixmv ehe (piXoo6<pmv elx' i$
öfiokoyiag xivög (hieran aber erkennen wir die Schwäche des Galenus, indem er
die ofioXoyCa den wissenschaftlichen Prämissen gegenüberstellt und dann doch den
hypothetischen Schluss als berechtigt anerkennt) ehe ix vevfiaTmv ehe Inivevfiäxmv
ehe lg~ oxov drj xivog exigov xovrov Xafißdvexai Xrifiuaxa, tov
xqCxov yivovg iaxai xaiixa, dixxr)v ftiv änöoxaGiv äfpeoxmxa xmv Iniaxryfiovixmv
, ov noXXip de xivi fiicup£Qovia xmv aotpiGxixmv , aneq iv öfimvvftCatg
te" xt-Gi xai xolg xi/g Xi'iemg GxtjfiaOi fidXiGxa awCaxaxai. Ebend. 8,
p. 273.: jag xixxaqag dtaipoQag lnidel$ai xmv Xrjfifxdxmv IxdXovv de xö
ftiv nqmxov yivog avxmv iniGxrjfiovixöv xe xai änodetxxixöv, xö de devxeqüv
yvfivaaxtxöv xe xai, mg UniGxoxiXrig övofidaete , äiaXexxixöv , xo de
xqixov nt&avov xe xai Qr\xoQixöv , xö de x£xuqxov aotpiox txöv , inedetxvvöv
xe , tu jiev änö xmv vnaQ%6vxmv xe xai ovfißaivövxmv .... awMfTctfieva
xaxa (4,ovov aixö xö (rjTOiifievov nqäyfia xtSv iniaxi]fiovtxmv elvai Xr}fifiaxtov
, xä d' äXXa Gvjxnavxa öiaXexxixa , r« d" anö xtöv eStod-ev fiaitxvQcov
QTjXOQixä, xa cf' öfiiow/xCaig xiolv rj xolg xrjg Xe"le(og axTjfiacti nenavovfyynfikva
aoqiiaxixa. Ebend. III, 1, p. 286.: xe'xxagag iXeyov eivai xag nuGctg
diaqtoQag xmv Xrjfifiäxmv ' evia fiev yaQ aixwv anö xmv vnaQ%6vxwv . . ■
XafAßavetJ&ai xaxa xr)v xov nQoßXrjpaxog ovGCav, tvia öe änö xmv vnaQ%6vxmv
fiev, ov ftt)v xaxa xö nQoßeßXrjfievov xe xai £r)xovfievov, exeQa dt änö
xtöv e%m&ev fiaQxvomv, nQÖg xovxoig de xai xö xixaqxov änö xmv aoipioxixmv
Xrjfiftdxmv xolg xrjg Xi^emg a^rjfiaGi nqög ä[A.(ftßoXCav nenavovQytjfiivov.
97) D. an. pecc. dign. 3. V, p. 72.: Inetdr) cf' ol xpevdelg Xöyoi nävxoog
ijxot xmv Xtjfifidxmv $xova( xi ipevdog rj xö Ovfine'Qao'fXtt xaxmg InKf.egöfievov
, ov ipuCvexat dk nQo^eCqmg xavxu xaxa xa ootfCafiaxa , dia xovxo
dvgonxa xolg ayvfiväßxoig negl XöyovgIX.
Galenus. 571
bischen Berichten schöpfen 9S), da sich weder in den Werken des Ga
lenus, noch in der gesammten späteren griechisch-römischen Litteratur
eine Spur hievon zu finden schien; und insoferne weder bei Avicenna
noch bei Algazel hievon Erwähnung geschieht und auch aus Alfarabi bei
Vincentius Bellovacensis, welcher denselben für die Logik so häufig be
nützt, hierüber Nichts angeführt wird, so bleibt die hauptsächlichste ara
bische Stelle, auf welche alles Spätere sich zurückführt, immer jene bei
Averroes "). Was jedoch dort innerhalb der Polemik, welche Averroes
mit Recht gegen die vierte Figur richtet, gesagt wird , bezieht sich nur
auf den allgemeinen Charakter dieser Schlussfigur, ohne dass auf die
einzelnen Modi derselben eingegangen wird; oder höchstens könnte nur
der erste Modus (Bamalip) gemeint sein, so dass hieraus ungewiss bleibt,
ob Galenus auch das Detail der vierten Figur erörtert habe. Nun aber
98) Unfruchtbar in Bezug auf geschichtliche Forschung ist Juc. Zabarella, Liber
de quarla syllogismorum figura (in dessen Opp. cd Lugd. 1587 , pag. 41 —53.).
99) Averr. Prior. Resol. I, 8. (Venet. 1553. f. 63 b.): Verum Syllogismus, qui
concludit non quaesilum, non ita se habet, ut potentia cogitaliva Sit in ipso naluraliter
sollicita, neque ipsum penitus componit ; exempli gralia si quaeramus, an A
sit in C, et dicamus ,,A est in C, qnoniam A est in B et B in C", nimimm erii
Syllogismus isle naturalis secundum sermonem plurium hominum, et hoc in figura
prima; consimiliter si dicamus ,,A non est in C, qnoniam B est in C et B non est
in A" , planum quod compositio isla inest nobis secundum naturam, et haec est
figura secunda et invenilur secundum sermonem mullorum hominum per naturam; con
similiter si dicamus ;,A est in C, quoniam A et C sunt in B", isle eliam Syllogis
mus inest nobis per nqturatn, et est figura tertia. Sin autem dicamus ,,A est in
C, quoniam C est in B el B in A", res erit quam nemo naturaliter faciet, propterea
quod ex hoc sequitur non quaesilum, id est, C esse in A, et est hoc in
gradu eo in quo dieimus ,,A est in C, quoniam A est in B et B in C" ; et hoc
est quiidam, quod non faceret cogitalio secundum naturam. Et ex hoc planum,
quod figura quarla, de qua meminit Galenus, non est Syllogismus , super quem cadut
naluraliter cogUalio ; et hoc, quoniam si quaeramus, an C sit in A, et dicamus
,,C est in A, quoniam B est in A et C in B", sumus intcr duo, auf ul admittamus
quod sequitur ex isla compositione et reiieiamus hoc quaesilum penitus, quod est,
C tsse in A , sed hoc est diversum ab eo quod quaerebamus : aul ut simul cum eo
quod ex hoc compositione deduc'Uur , remaneat eliam quaesilum secundum cogitationem
noslram, quemadmodum de eo quaeslionem feceramus , id est ut subiectum in
eo sit subiectum et praedkatum praedicalum, et hoc quoniam in omni quaesito uno
subiectum est subiectum secundum naturam et praedkatum praedkatum secundum
naturam. Et cum remanet apud nos subiectum quaesiti subiectum et praedkatum
praedkatum, et hoc est secundum cogilalionem nostram in hac disposilione , quac
Semper quaesilum maneat quaesilum, adducitur deineeps lerminus medius , qui praedicelur
de praedicalo quaesiti et subikiatur subieclo quaesiti, secundum quod existimavit
Galenus hanc figuram quarlam esse, secundum quod refertur ad quaesilum.
Si vero non, non erit hk figura quarla, sed polius prima figura vel de quaesito vel
de converso ipsius. Verum ponamus ut hk sit figura quarla; nimimm formabitur in
hunc modum, id est in relatione ad quaesilum determinatum , ut subiectum in eo
subiectum sit secundum naturam et praedicalum praedkatum secundum naturam, quo
niam non formabitur figura quarla, nisi secundum modos istos. Si igitur quaera
mus inventienem alkuius in aliqm et a'ccipiamus terminum medium praedicemusque
eum semei de praedicalo quaesiti el semel de ipso praedkemas subiectum quaesiti,
sequitur ex hoc, ut aliquid ttnum per se sit lanquam de sc ipso praedkatum, quo
niam ex parte qua praedkalur de praedicalo quaesiti el subiieitur subiecto eiusdem,
praedkatur quodammodo de se ipso quod est abswdissimum. Et isla est causa, ob
quam non componit ipsum cogilatio secundum naturam super quaesito delerminato,
ita ut sit hk Syllogismus concludens quaesilum deUrminatum per duas conuersiones,
secundum quod existimavit Galenus de figura quarla.
572 IX. Galenus.
kömmt seit neuerer Zeit uns dennoch eine griechische Stelle zu Hülfe;
Minoides Minas nemlich, welcher jene von ihm aufgefundene, angeblich
dem Galenus angehörige, Elgctycoyi] SiuXtKciwq herausgab, bespricht in
seiner Einleitung in einer Weise, welche man von ihm erwarten musste,
auch die vierte Schlussfigur, wobei er das Eine Verdienst sich erwarb,
dass er ein Fragment eines griechischen Commenlatoren zur ersten Ana
lytik abdruckte, in welchem in der That die vierte Figur dem Galenus
zugeschrieben wird ; und so auffallend es nun auch sein mag, dass die
zahlreichen uns erhaltenen Commentare oder späteren logischen Schriften,
deren einige an historischen Notizen sehr reichhaltig sind, über diesen
für die Schul -Logik doch sicher wichtigen Punkt gänzlich schweigen,
und dabei dennoch in der occidenlalischen Litteralur hierüber eine Kunde
vorhanden gewesen sein soll, so wollen wir natürlich an der Glaubwür
digkeit des Hr. Minas nicht den geringsten Zweifel hegen , sondern die
von ihm entdeckte Notiz als geschichtliches Document benützen , wobei
jedoch immerhin die Möglichkeit offen bleiben mag, dass jener Cominentator
aus arabischen Quellen schöpfte, denn Näheres über denselben zu
berichten, fand natürlich Minas nicht für nöthig. Aber wir erhalten aus
dieser Notiz eine höchst eigenthümliche Aufklärung über die Galenische
vierte Figur , und hierin mag ein grosser Beleg für die Aechtheit jener
Angabe liegen, denn um eine derartige Fälschung zu begehen, wäre ein
gründlicheres Wissen erforderlich , als Hr. Minas zur Schau trägt. Die
Sache ist folgende100): Jener anonyme Commentator,- welcher sehr ver-
100) Minas erzählt nemlich (Gal. Eis. StuX. Paris. 1844. ügo&emg. pag.w'),
er habe nach Vollendung seiner salbungsreichen Discussion über die vierte Figur
noch gerade zur rechten Zeil eine schon früher einmal excerpirte Notiz aus einer
anderen von ihm entdeckten Handschrift wiedergefunden: r\v Se rö ävifygtufov
vnouvrijj.a avtntygatfov eis To Ilegl ^IgfxrjveCas tov HgiOTOTe'Xovg xai eis
t« AvaXvzixä (p. vs') 6 fiev ovv avüvvfiog vTzoftvrjfittTiazrjg Ste^tl-
&(bv iv rot? eis t« Hgörega 'AvaXvTtxa vnofivr]/xaai tu negl tojv Tgiäv
avXXoy lOTixmv- O/rjfittjiov xai tüv xai' aizä Ov£vyiäv oirmai negl tov
d' roväs ajfjjjUaToj Sii^etaiv inanogiäv xai iniXvöfievog' „Zinogta. Ilagä
ravra plv ovv 'hegov oxrjfta ytve'aS-ai OvXXoyiOTixbv aävvaxov eSo'^e.Kf
Te AgiOTOTiXei xai xoTs negl airöv aävvaTov yag xai aXXrjV tiva a/iatv
naga tag eigrjjxe'vag iv tqio'iv ogots tov fiiaov ngbg tovs ävo awiax^vm
tovs äy.Qovs. &e6(fgaOTos fik xai Evär)jxos xai xivas eze"gag Gv(vytas naget
Tag IxTtd-tlOus toj HgiazoTS'Xei ngoOTe&eCxaai (Minas schreibt ngoOTe&yxaai)
rtji 71 Quno) oxyfiazi, negl ojv Iv tois [teja javja iqov/tev ' as xai t(iuqtov
cmoTeXüv a%ijutt tojv vetoiinuiv (py&rjOav Tiveg ojs ngbs naTtga TtjV Silav
tov raXtjVÖV ava(f,e"goVTes ' Xoytp äs ngbs i/Jinidoiaiv ravrrjs XQOjvtai ioi-
(ptC«' tl yag edTi zrer' aXXijv nva a/iaiv naga ras elqrj/te'vag cbv fiiaov
71QÖS tovs äxgovs OWTttyxHjvai ogov, laiai xai aXXo naga rä elgrifie'va aii-
Xoyiarixov axv^a aXXa /j.fjv rö ngiSTov, aga xai 16 SevieQov' ielxvwtu
rj IXätTiov Iffr» yag ibv fiiaov ogov avriajgoifms 10} «' ax^/tan xarrryogtltiS-
ai fiev tov fieC(ovos axgov, vnoxeiG&ai äe rcjJ iXÖTTOVi, olov ' nag äv&QO>nos
£o)ov • näv £o)6v iativ oiat'a ' zig aga oiiaCa ioiiv äv&geonog, [teitov fitv
axgov 6 av&gionos, ort Iv to) avfinegäa^iati Tvyx&vei xaTrjyogovfievov, IXntov
de ijovola, oTiivzq) aizep avfiTiegäafiaiC lartv vnoxetfievov ojv loüjih
av&qänov xarijyogtiTai to £q)ov, oneg iarl (i£aos bgos, zrj äk ovOitf vnoxtiTai
iXaiTov axgov ovOr/." Hierauf folgen wieder einige Tiraden in antikem
Neugriechisch des gelehrten 'Gräculus Minas und hierauf (p. vrj'): b di vnonvijfiatiOTrig
ngbg Tavta anavTq ovrios ' „MTtävTrjoig. "Exti [livroi ävtXXt-
7i<ög ja txTt&tvTa rtp (f,iXaaö(foj öxtf/iaTa, ojg xai roig yvrfoloig aiioi
&iaa(öraig doxet. ei yäg Tis iniaTttCr) Toig tcSv äviixeifiivcov Xöyoig, oi
IX. Galenus. 573
nünflig die Berechtigung der sog. vierten Schlussfigur bestreitet, gibt an,
dass einige der Jüngeren jene Schlussmodi, welche Theophrast und Eudemus
der ersten Figur des Aristoteles hinzugefügt halten (Abschn. V,
Anm. 46), zusammen als eine eigene vierte Figur bezeichneten und sich
hiebet auf Galenus als den Urheber dieser Ansicht beriefen. Somit müs
sen wir annehmen, Galenus habe in den drei theophrastischen Schluss
weisen
5. Alles B ist A 6. Kein B ist A 7. Alles B ist A
Alles C ist B Alles C ist B Einiges C ist B
Einiges A ist C Kein A ist C Einiges A ist C
welche bei Theophrast durch Umkehrung der Schlusssätze in I 1, I 2 u.
1 3 entstanden waren, den Umstand aufgegriffen , dass nun der Unterbe
griff vom Oberbegriffe prädicirt werde, und er daher, um diess zu ver
meiden, die Prämissen vertauscht:
Alles C ist B Alles C ist B Einiges C ist B
Alles B ist A Kein B ist A Alles B ist A
Einiges A ist C Kein A ist C Einiges A ist C
wodurch wenigstens das regelmässige Verhältniss hergestellt wurde, dass
im Schlusssatze der Oberbegriff vom UnterbegrüTe prädicirt wird ; hin
gegen in den theophrastischen Modi
8. Alles B ist A 9. Einiges B ist A
Kein C ist B Kein C ist B
Einiges A ist nicht C Einiges A ist nicht C
welche bei Theophrast durch Umkehrung und Vertauschung der Prämissen
gewonnen wurden, müsste dann Galenus vorerst die blosse Vertauschung
vorgenommen haben:
Kein C ist B Kein C ist B
Alles B ist A Einiges B ist A
Einiges A ist nicht C "Einiges A ist nicht C
rijv SiätpoQov xoii fitaov nQog rovg cixQovg G%{aiv tvQTjCSci Tioiovduv tt)V
& roT; Toi,ovToig avXXoytdfxoTg dictipogav, äXXa %r,v filTctTaStV IW nqoTÜaitav
xal rrjV ävreUTQcififi^vrjV tov avfintQaa^.arog avvaymyrjV ro tXaTTov
bxqov tov fiiC^ovos xuTTjyoQovo'ctV Tee yctQ Xomct oi avioC tlöi roig (v Tcp
S' (natürlich ist zu lesen a') a^r/fJ-ccri anXXoyiafiolg", IlQogTl9-t)o~i ik xal i«
ffijs nXaivTtgov ro aviö XiyovTa' „ij h tois roiovroig avXXo^iafioig dtui^
opa- oü ii\v SiätfOQov a^iaiv tov fi(aov oqov ngbg Toig dxqovg noi€i,
«H« Ttjv /jtra^v (dass fiETaTcti-iv zu lesen ist , brauchte Minas nicht zu merken)
Tßv nooiäaecov xal tt\v &vt tai nu/xiitvriv tov ovfifteQcto/taTos clvvayu>yt]V,
«re rö iXaTTOv cixgov tov [iil&vog xctTtjyoQovO'av (Minas liest xaTtjyogovcta)
qiot tov av&Qtonov xarct rijf oiaictg' ov yctQ avuirigco il-t&evTO OvXXoyid-
,«ov, ovälv tov Iv «' a/^uaTi fitaif eoei, 3#ei ä' ofxwg tt)V tcöv ngoTaOtcav
tuhy lvi)XXay(i£vr\v ioti yctQ aiiTovg Tr\v oiatav inmXiov ovOctv tov ctvvqunov
jttiCov cixgov noitlv, tov fih avS-gconov (XaTTov Ti&tvai axgov xal
tmtiv otov näv Cvov ovaCcf neig av&Qtanog £tj>ov nag avO-gmnog oiala'
«vtoX Si Tr\v TÜt;iv TttvTrjV peTtS-eaav xal tov vytij avXXoyiOfibv ctavXXoyldTmg
ovvtXoyiaaVTO xal änaiToiivTa ciel t« inmXiov fiütpva ye.vie&cti
ooov xal iv t$ ouujicoctOije.Ti xctTrjyoQÜaO-ai , mg rjfittg iyiäg ioxrifitti(
Oafiev". '
574 IX. Galenus.
Und hiemit stehen in der That die scholastischen fünf Schlusswei
sen der sog. vierten Figur in folgender Ordnung vor uns : Bamalip, Calemes,
Dimatis , Fesapo, Fresison.
Also das wirklich Wichtige und Neue, was wir nur durch die von
| Minas gegebene Notiz erfahren, besteht darin, dass Galenus nicht unmit-
| telbar von der erschöpften Möglichkeit der Stellungen des Mittelbegriffes
• aus auf die vierte Figur verfiel, sondern dass er durch die bereits bei
| Theophrast vorliegenden Ergänzungen der ersten Figur auf die Umstellung
! der Prämissen in derselben und erst hiedurch mittelbar auf die vierte
Stellung des Mittelbegrifles geführt wurde. Hieraus sieht man einerseits,
[ dass die Tradition von einer grossen syllogistischen Entdeckung, welche
i Galenus gemacht habe, schlechthin unberechtigt ist, und andrerseits, dass
\ die ganze sog. vierte Figur, insoferne sie eine vierte sein soll, nun um
so mehr als bodenlose Spielerei zu bezeichnen ist.
Dass Galenus ausser dem sog. kategorischen Schlüsse auch die übri
gen Theile der aristotelischen Syllogistik behandelte, sehen wir aus den
Titeln mehrerer Monographien ; so IJsqI räv ivSe%0(iivmv nqoxaGmv xcci
ßvki.oyiG(iäv ; ob wir bei den Ueberschriften IIsqI räv (iixräv noorec-
6tmv xai <SvXloyi6jiäv und Heq\ räv ix yuxxäv TtqoraGtav GvlkoyiGfimv
(woferne letztere nicht eine Dittographie der ersteren ist) an die theophrastischen
fttxroi GvXi.oyiG(ioi (Abschn. V, Anm. 73), oder an jene
Schlüsse zu denken haben, welche aus Urtheilen des Stattfindens, der
Möglichkeit und Notwendigkeit, combinirt sind, lässt sich nicht entschei
den ; auch die Induction und den apagogischen Beweis besprach Galenus
in speciellen Schriften (IIsqI iTtuyaSyrjg, Ilsol rijg 6V ctdvvcaov cmoSst-
|ecos). Die aristotelischen Erörterungen über die im Mittelbegriffe be
ruhende Causalilät scheinen Veranlassung gegeben zu haben, dass als eine
eigene Art die Causalitäts-Beweise abgetrennt wurden; wenigstens lautet
ein Titel Ilegl räv xarce Swxi caioSä&cov , und vielleicht müssen wir
hiemit einen anderen IltQi räv i'vExct rov yivofdvcw in Verbindung brin
gen, da bei den Arabern, welche möglicherweise auch hiezu durch Ga
lenische Schriften aufgefordert sein konnten, sich besondere Abhandlun
gen über den Unterschied der demonstratio propler quid und der de
monstratio quia finden 101).
Uebrigens sehen wir auch aus gelegentlichen Anführungen bei Ga
lenus, dass es damals schon üblich war, sich bei Beweisen ausdrücklich
auf die schulmässigen Formen der hiezu nöthigen Schlüsse zu berufen;
so wird z. B. einmal gesagt, die eben vorliegende Behauptung könne,
abgesehen von der Widerlegung ihres Gegenlheiles (fAsyjjoff), auch direct
erhärtet werden , und zwar sowohl durch einen kategorischen Schluss
101) Divers. Arabum Quaesila bei Averr. ed. Veuel. 1553./'. 381b. — 382 b.:
Quaesüum primum. De modo discernendi demonstrationes propler quid et demon
strationes quia. AU Abuhalkasis Mahmath Ben Kasam philosophus declamalor: quia
periti speculatores scientiac logicae iam pcrplexi sunt circa cognitionem demonstra
tionum propler quid et demonstrationum quia, et non fuit eis manifeslus ordo, quo
discernuntur demonstrationes propter quid et quia, cum eo quod tulil Abunazar
(d. h. Alfarabi) circa hoc, pro quo commendundus est ; causa autem suae perplexionis
xirca id, cuius memini, fuit id quod accidil in editione demonstrationum ex sermonibus
fallenlibus corruptis, qui non sunt de littera Abunazar. etc. elc.
IX. Galenus. 575
{naxmyoqMÜg, s. Anm. 68), als auch durch einen Voraussetzungs-Schluss
(vno&snwäg) ; und es folgt dann ein sog. hypothetischer Syllogismus, an
dessen Schlusssatz noch ein sog. hypothetisch-disjunctiver Schluss ange
knüpft wird, so dass letzterer offenbar auch hier noch keinen eigenen
technischen Namen hat, sondern unter die Bezeichnung „Voraussetzungs-
Schlüsse" fällt; und hernach wird die kategorische Beweisform für das
vorliegende Thema angegeben, worauf zuletzt noch ein einfacher disjunctiver
Syllogismus, aber ohne eigne Bezeichnung, folgt102); ja ein anderesmal
wird sogar die Nummer der Schlussfigur , welche in Anwendung
kömmt, genannt103), und wie sehr die stoische Schul-Logik reeipirt war,
sehen wir daraus, dass in solchem Sinne einer Numerirung auch auf den
ngoirog avanoSumog (Abschn. VI, Anm. 181) verwiesen wird 104).
In seinem Commentare zur zweiten Analytik besprach Galenus auch
die Lehre von der Definition ausführlich und offenbar im Anschlüsse an
aristotelische Doctrin, wenn auch die Behandlungsweise hier schon schulmässiger
war, wie diess namentlich betreffs des Unterschiedes zwischen
Wort- und Sach-Definition der Fall gewesen zu sein scheint105). Ebenso
102) D. sein. II, 1. IV, p. 609. : tan äi xai %tonls IKyxov rr/v anöätiiiv
('S tvD-e(ag noitio&ai äirrüg Ovlloyi&fitvoig , vno&tnxmg rt xai xarrjyogixtos.
vuo&erixiög fiiv tl (xarigoig tiöv yoviiov öfiotovrai r« T-yyova,
xara xoivrjV altittv äfiiporigots vnägxovaav Ofioiovrai' ällä ftkv kxariooig
twv yoviiov öfioiovrai ra lyyova' xara xoivr\v alrtav Sqb afiiforigoig
vnäqyovaav öfiotovrai. ffr' av&ig' tl xarce xotvijV alrlav öfiotovrai rä
fyyova xolg ytvvrjOaatv , ijrot ye xara rijv rov an^Qfiarog ovaiav, rj xara
tijv tiöv xara/irjvdov öfiotovrai ' all' oiix tan räv xarttfirjvCiov xoivy' xarä
TtjV rov antofiarog ovaiav tina öfiotovrai. xarrjyoQtxtög äi ovrio avlloyioöftt&
a' (nel rä tyyora äfiiforigotg növ yovtiav öfiotovrai, xoivtjv %/ti
TtjV öfiowvoav ai/Toig roig yovtvOiv äqxr\v iyyovoig ydq rj öfiotörrjg ngög
tö ytvvfjßav xara rrjv äqxhv yivtrai. eh' av&tg Inl rti)d"t T^p löym (qco-
TrjOOfttv irtQOV d)ät' rj dtä Ontqfia roig (yyovotg ij öfiowrrjg noog To
ytwriOav (an, rj ätä To xaiafiyviov all oi d°(« xarafirjVioV diu
Oniofia csqa.
103) 1). lemp. simpl. medie. II, 16. XI, p. 499.: Snav fiiv yäq löfiolöyrfrai
t6 ääxvov tivui xtqxvtöötg, tofiolöyrfrai Si xai rovlatov inäqxtiv xtQ%v<ötfff
• älV ix twv vnoxtifiiviav rovnav oi ntgaCvtxai öaxviöötg tlvai rov
laiov ovTt xartjyoQtxäg ovrt vTzo&tnxag tjfiiöv notrjaävr lov rag nqoräatig,
tiö fir\r' Ix Sio xa9ölov xaraqsarixiöv (v ätvrtnio Oxrjfian ntquCvta&al
ti fir\rt To awrjfifiivov (i; ävüyxqg älrj^tvta&ai' ytvr\aovrai S (v fiiv
Tip xarriyoQixtp avlloyiafiiö <füo ngoräotig aXät' näv tö ääxvov xtQXVÜätt'
iräv ilatov xtQxvtüätg' l'i aiv 6fioloyr,y(vrajv ovdiv nigavS-^atTai'
ti\v ä' vTio&tnxriv ngöraaiv, r]V oi ntqi XQvamnov äiCto/xa avvrjftfitvov
övofiätpvaiv (s. Abschn. VI, Anm. 125.), ovx ixofitv alrjSri laßtlv.
104) Ebend. p. 500.: fiöviag yän äv tlnto to fiolöy rjj o , n«v to xegxviöätg
fiaxvioätg imaQ/eiv , ältj&üg av tvo£&t) to toiovtov awr)fi/xfvov ' tl
xtgxvääig (an tö tlaiov, xai äaxvtöSig tanv' i'va Unrjrai rovrai n^ löyip
nooglyiptujg roiugät ytvofiivrjg' allä /urjV xtQxvwStg (an tö tlaiov, 'intrai
tö avfin(i>aafA.ct xarä töv itqö>tov avanöStixxov toiovtov - äaxviöätg aoa
(arl tö Zlaiov.
105) D. puls. diff. IV, 2. VIII, p. 704.: toCto tv&tiog airö oiittig Oxtäöv
avrmv (nCararai xai tovto y' tri fiällov ävayxalov lyväa&ai , ovo
■yivtj tu jrpwT« nuv oqtOfiäv tivai, tö (itv htoov ityyovfitvov Oaq?<3g
TrjV tov noäyfiarog ivvoiav, tjv e%ovaiv ol ovofiätpVTt g avrö, tö <f' irtgov,
log tlqrjTai, tö rijV ovaiav äiSaaxov (p. 705.) Siö xai löyov airöv
övofianöär) xixlrjxtv ö ÜptOTOTÄJjs, (ög tl xvl löyov övöfittTog iQftrjvtvn
576 IX. Galenus.
müssen wir zwar anerkennen, dass die Polemik gegen die Stoiker, welche
überall mil ihren hohlen Definitionen prunkten, sehr verdienstlich ist, insoferne
Galenus darauf hinweist, dass nicht Jedwedes definirt werden
könne ; aber andrerseits begeht er, wie wir oben (Anm. 92) sahen, inner
halb des Definirbaren den gleichen Verstoss wie seine Gegner, und ausser
dem lässt uns eine Aufzählung der Fehler einer Definition (zu weit, zu
eng, unbestimmt, undeutlich, zu lang, falsch) schon ziemlich deutlich Ein
flüsse einer Schul-Theorie vermuthen 106).
Endlich die uns erhaltene logische Schrift des Galenus Ilsgl tov
naga rijv U£iv aocpiaficncov hat völlig den Charakter jener zahlreichen
Produkte der Gommentatoren , welche wir besitzen; sie schliesst sich
ganz an des Arfstoteles Soph. El. an, und verweilt bei einigen Punkten
näher. So fand es Galenus für nölhig, an einer Stelle, wo Aristoteles
sagt, der Beweis für die Sechszahl der Sophismen naga rrjv kil-w könne
inductorisch oder syllogistisch geführt werden, eben diesen syllogislischen
Beweis zu formuliren 107) ; an einer anderen Stelle erhalten wir eine
xov ilgyxei' xbv d" extgov ogov (ovaimSri xivlg ixäXtaav) Xoyov tlvai <ftf
Giv xbv xl tlvai cftjXovvxa • xC piv yäg ioxiv exüaTip xtav ogifyfiivtav 10
elvat xovxov igpirjvevetv <f>)0l, tu av/ißeßrjxöxa eft id*((og aixtp aw6iigx1'
a&ai xbv iworificcTixöv inoXcc/jßävfi ik xal aXXov ogtOfibv eivac tov xal
TtjV oiaCav tov ngäyfiaTog diSäaxovta. xal xC fit rfel Xfysiv (tttXQOHQor
ixi TitQi xrjXixovioiv TXQay/itttwv , a ävolv läey&t) ßißXloiv , tov tqCtov xat
tstüqtov tojv vnoftvrifittTwv oiv iTToitjaäfttjv sig tö otvttgov Hqiotot(Xovs
rmv Scvt^qiov HvaXvTtxäv.
106) Ebend. II, 3. p. 569.: eiegov xo nsgl tov; bgia/iovg fiaxQf
toviov x«XentÖTtQov tviot yag avxaiv (sc. tiov Ztü)Tx6>v) öoxovaC fiot firjUi
Xa%KV0V av ngiaoSai x<»gig oqov, xal xavxa /xtvxoi firjd" bvag tftaXixxtxijg
tj/A/xivoi (p. 570.) otuv tmxetoij Tis avyg äiaXexxixbg xovg ooovs
avTÖiv xovg fiiv IXXineTg xovg cTf nigixxuvg xovg 6*1 aSiogCaxovg xovg ii
äaaipelg xovg dl uaxgovg Tovg df \pfvffeTg xovg d" oXtog oüd" ögovg ätixvvttv,
i^aCqvijg ägnsg ivS-ovniiövxeg nixool xijg äiaXtxxixrjg ävaifaCvovxat
xaxrjyogoi TÖ äi xHagxav avxoTg iv Toig xowvxotg nXrjfififXrjpta, fir\S'
ort navxiav oix lialv ogoi yiviäoxtiv' eld-' cbg av xovto ayvoovVTtg Im-
XUQtiv öoCfrad-ai nävTa xal ngbg äXXyXovg b*ia<f£geofhai xal xtxgayivcu
/xäxrjV vnhg ngayfiäxtav oQiaS-ijvai fit) dvvautvtov. tö dl äi) nifinxov xal
9-avfiaaitöxaxov avxöiv Iv ToTg bgta/Aotg afidgxx]fta , nglv cfitX&elv iip
ofiwvvfiCav eva tiov 7ioXXa%iäg Xtyofiiviav bgiOfiöv noiovVTai ägnig ov
tiov TtnaypaTiov Tovg ogovg äXXa rwv dvofiaTiov ovTag.
107) 1. XIV. p. 584.: tö d" IqfSijg navTanaaiv aaaqig lart, xt noxt
ßovXiTai Xfyav Iv xip „xal avXXoyiafiog, av xe Xrjy&fj xig exegog xal an
TOOavTaxüs av xoig aixoig ovnfiaai xal Xöyoig ov tuvto ärjXmaaiftir
(Soph. El. 4, 165 b. 28, woselbst aXXog für 'ixtgog und ftr/ für ov in unseren Tes
ten siebt), oüdV yc oniag av exenöv Tiva Xäßoifiev ovXXoyia/aov tlotiTai
T(Sv ovv i'ir\yr\aa^iiviav avxbv ol fxtv oöJ' tnixiigrioav tuvi' äx^ißiöaat
tov nQogrjxovxa TQonov, ol fir oix txvxov, quetg rfi TitigaSiSfitv., ovx XqiaxoxtXovg
evixev ovä' log ry Xoyip ßorj&etav xiva noof&VTeg <UA' rjftiöv
avxäv, u. s. f. Wegen dieses Verdienstes wird Galenus auch bei Pseudo-Alex.
ad Soph. El. f. 8 b. erwähnt , sowie eben derselbe, f. 45 a. , als besondere Eigenthümlichkeit
des Galenus anführt, dass er ovv&iaig und dialgtaig als Eine Species
gezählt habe, was sich auf folgende Worte in der uns erhaltenen Schrift bezieht
(p. 583.): naget dt xr\v dvv&(0iv xal fitiu'gtoiv, oxav avxy Troig toD atjfttuvo/
j.(vov xijv äitufogav, ägntg „nivTrjxovT^ avägmv (xaxbv XCnt titog 'AyiXXevg"
, ij yag äiaif oga xov „avägäv" xov rj avvx iD-tfi(vov i\ Siaigovfitvov
änb tiov v' lau.
I
IX. Galenus. 577
Probe der peripatetischen Bestrebungen anch in diesem Zweige der Logik,
insoferne Galenus acht Arten der Ainphibolie speciell namhaft macht108).
108) 4. p. 595 f.: Tag (fi ötaqoQag TtSv ktyofitvwv ctfiy ißolttöv avrag
\r\miov tloC yt nqbg t(Sv xaQitOTtoiov Xtyo/jtvtav tov aQi^fibv rj'. fiCa
fiiv TjV xoivr)v ovofxa£ovoi tov re tlQrjfi^vov xal tov diatotrov, ol'a ieftlv
r) avXrjTQit nalg ovefa, xoivtj yäo avirj tov Tt ayXrjTQtg ovöfiaTog xai tov
tlmipivov ätvT^Qa dl nctQtt TtjV Iv toi; änXäg, oiov avÖQtTog, fj yaq /iTtov
rj av&Qtonog' tqCtt) öt naQa rijv ll> TOtg Ovv&tToig bfj.mvvjj.Cav, oiov avÖ-
Qtonög Iotiv , ä/iif tßolog yuQ 6 Xoyog (?Tf tt)v ovaCav ttrt tt)v moiaiv
elvai ßrjfiaCvei' titüqtti fit Ioti naQtc Tr)v tXXtnpiv , dg o Iöti aov, xal
yag IXXtCnti to äia fitaov, oiov ätanÖTov rj nuTQÖg' 7xifinTr\ St iraou tov
nXtovaajibv , ägnto r) roiavrrj, änrjyÖQfvOtv avrtp fir) nXtlv , tö yäo fir)
ngogxiCfitvov aiiifCSo^ov noitt to nav tiTt to nXtiv anriyoQtvo'tv tiTt iö
fxr^ nXtlv ixTrjV if aalv elvai tt)v fir\Stv aatfovaav iC fiSTa Tlvog äotjfxov
fjoQiov Tfaaxiai, log Iv tu, xai vvv xai fir) naQ^Xaae, tö yitQ ßToi/eiov av
(j.ti yivono Sia^tvrixöv ißSofir) St tdTiv r) fir) SrjXovßa tC fiträ T(vog rtraxTat
OrifiavTixöv fiÖQiov, iög Iv Tip, ntVTr]xovT ' &vSqwv cxaTÖv X(nt Stög
Z4ytXXtvg' dySor/ r) fxr) SrjXovaa Tt tn\ t( ävaiftQtTat, tög Iv Ttp/Ittav Qttov
IotC, äSrjXov yäg iOTiv ttTt ini tt)v atxtf OT^Qiov ynaoSiv avaiftQtTcu tlTt
iitl lowvTov , oiov ^6 JCtov Birnv IotIv rj naXiv. ol filv Sr) tqotioi nqbg
T(3v /aqttOTäQUV ovTot xaTrjQt&firjVTtti.
Prantl, Gescb. I. 37
X. ABSCHNITT.
SYNCRETISMUS STOISCHER UND PERIPATETISCHER
LOGIK.
Wenn die Haltlosigkeit des späteren Alterthumes selbst auf dem
Gebiete der eigentlichen Speculation, wo doch eine Verschiedenheit der
Principien Jedem , welcher die Sache um ihrer selbst willen betrachtet,
von selbst in die Augen fallen müsste, bekanntlich in die mannigfaltigsten
Erscheinungen einer syncretistischen Denkweise verfiel, so ist es an sich
um so erklärlicher, dass in der Logik, welche jajängjst^jede^auf Princi
pien beruhende Sicherheit und Tiefe verloren hatte, das äusserlictPFörmeITe~
äuT verschiedenen Schulen zusammengerafft und, eben_weil es vermöge
des Formahsjnus_
s^hjenTTir'cEaotischer Mischung als logische Theorie vorgetragen werden
konnte. Ausserdem auch lag, wie wir schon oben (S. 528.) angaben, noch
eine nähere Veranlassung dazu vor, dass gerade stoische und peripatetische
Auffassungen einander berührten, und bei einem nur einigermassen
hohen Grade von Blödsinn, an dessen Vorkommen zu zweifeln durchaus
kein Grund vorhanden ist, konnte es sehr leicht geschehen, dass alle principielle
Verschiedenheit jener beiden Sekten-Ueberzeugungen ignorirt und
Alles, was in beiden als handgreifliche Form bei oberflächlicher Einsicht
in die Augen sprang, mit gleicTimassTger Geltung in einen compendiösen
Katechismus der Logik zusammengetragen wurde. Das weite tiewand
des Stoicismus und der stoischen Schul - Manier machte es überdiess
möglich, dass auch Neupythagoreer und Neuplatoniker, sowie Mystiker
überhaupt, sich theils an jener antiken Scholastik betheiligen, theils selbst
zu der ihnen eigenthümlichen Praxis des frommen Betruges auch in Be
zug auf die Logik greifen konnten. Für jenen trüben und schlammigen
Strom aber, in welchem die spätere Tradition der logischen Theorie
wenigstens bis zu dem Auftreten der Araber, wenn nicht selbst über
Thomas von Aquin hinaus, dahinfloss, sind selbst diese Producte des
Syncretismus von geschichtlicher Bedeutung; denn aus Appulejus schöpfte
nicht bloss Marcianus Capella, sondern auch Isidor, und die Kategorien
des Pseudo-Archytas wurden auch von Simplicius mit aller Naivetät für
ein achtes Product des Archytas gehalten.
Zunächst gehört hieher das_Jp^jÄClißjCam£«Klium , welches unter
den Werken des Neuplatonikers Appulejus, eines Zeitgenossen des
Galenus, uns erhalten ist; es bildet den dritten Theil oder das dritte
Buch der Schrift desselben De dogmale Piatonis und führt in den bes
seren Handschriften den speciellen Titel IIeqI 'EQitrjvsicig, welcher auch
X. Syncretismus. Appulejus. 579
durch Isidor bestätigt wird. Es ist dieses eigentümliche Buch, an dessen
Aechtheit wohl mit Unrecht gezweifelt wurde1), offenbar eine Uebersetzung
irgend eines griecJii^chj,n^cJbulbuches , und der Syncretismus
EeruhT^JeT^eTKselben" theils auch in der auffallendsten Vermengung peripatetischer_
und stoischer Terminologie, daher wir schliessen müssen, es
haBeme allgemein verbreitete Schul-Disciplin, welche hauptsächlich stoisch
war, sich nöthigen Falles auch des peripatetischen Materials bedient, so
dass hinwiederum letzteres an stoische Einkleidung sich gewöhnen musste.
(Gerade auf die Terminologie aber müssen wir bei Erörterung dieses
Compendiums ein besonderes Augenmerk richten, weil, wie wir sehen
werden, hier Vieles zum erstenmale schon so fixirt auftritt, wie es dann
bei Boelbius erscheint und auch vermittelst des Marcianus und Isidor in
der mittelalterlichen Logik sich erhielt.) Fast komisch ist es, wie bei
übjrjvje^end_jraipatelischem Inhalte dieses Schulbuch, in welchem Ari
stoteles doch wieder nur in sehr eklektischer Weise angeführt und durch
aus nicht als Urheber rühmend zu Grunde gelegt wird 2), zuweilen förm
lich in die stoische Theorie hineinplumpt und daneben wieder gegen
einzelne Eigenthümlichkeiten derselben polemisirl. Auffallen mag wohl,
dass hier Manches, was wir bei den späteren Commentatoren antreffen,
fast wörtlich ebenso sich findet; jedoch darum eine spätere Abfassung
dieser Schrift anzunehmen, liegt keine Nöthigung vor, denn wenn z. B.
die Quinque voces hier schon völlig unzweideutig und schulmässig auf
treten, so sahen wir dieselben ja eigentlich bereits bei Theophrast wenig
stens entstehen , und darüber , wie weit Derartiges bei den im vorigen
Abschnitte besprochenen späteren Peripatetikern etwa im Detail erörtert
und fixirt worden sei, sind wir viel zu wenig unterrichtet, um mit Be
stimmtheit unterscheiden zu können, wo und wie viel Neues durch die
späteren Commentatoren dazu gekommen sei; zumal ja waren letztere
1) Durch jene Gründe wenigstens, welche der neueste Herausgeber Hildebrand
(II, pag. XLIV.) für die Unächtheit geltend macht, wird man schwerlich von der
selben überzeugt werden; denn allgemeine Redensarten, dass Appulejus, welcher
ein excellenlissimus oralor gewesen sei und ein fervidum iiigenium gehabt habe,
derlei Dinge, welche nach Schulstaub (scholarum pulvercs) riechen, nicht habe
schreiben können, beweisen gar Nichts. In einer Zeit, welche in ihrer Gesammtheit
nach Sclmlstaub roch, wird wohl ein Mensch, wie Appulejus war, keine Ausnahme
gemacht haben; und was das Rednertalent und die fiorida dicendi ratio betrifft, so
zeigt er sich in den ersten Zeilen genannter Schrift hinlänglich als eben jenen
schwülstigen Schwätzer, welcher er überhaupt ist. Nichtssagend auch ist es , wenn
Hildebrand aus der von Appulejus gemachten Ankündigung (d. dogm. Plat. I, p.
189. Oud.), er werde die drei bei Plato vorliegenden Theile der Philosophie be
sprechen , die Forderung folgert , dass die Logik platonisch behandelt sein solle ;
denn um von der Möglichkeit einer platonischen Logik überhaupt abzusehen , dürfte
doch als bekannt vorausgesetzt werden, dass es in der Schule keine andere Logik
gab als die peripaletischc und die stoische , und also Appulejus auch keine andere
darstellen konnte (dass aber auf Plato gar keine Rücksicht genommen sei, ist nicht
einmal wahr, denn p. 267. wird ausdrücklich der Theälel angeführt). Somit können
wir auch die Fiction Hildebrand's entbehren, dass Appulejus jenes Versprechen doch
nicht gelöst und ein Anderer dann die Lücke ausgefüllt habe. — Uebrigens kann
Hildebrand's Text-Recension nicht überall genügen, und namentlich ist die Inier -
punetion durchgehends nachlässig, oft geradezu widersinnig.
2) p. 272. Oud.: secundum Aristotelem commodissime polest ita deßniri (sc.
conclusio). p. 280. : verum Aristoteles in prima formuia qualuor solos indemonstrabiles
prodit, Theophrastus et ceteri quinque enumerant.
37*
580 X. Appulejus.
sicher ebenso wenig productive Köpfe als Appulejus, sondern im Ganzen
wurde doch nur von dem Erwerbe der früheren Zeit gezehrt. Und so
mag uns das Buch des Appulejus als ein Document gelten , in welchem
Zustande ungefähr um die Mitte des zweiten Jahrhunderts sich die Schul-
Logik befunden habe. Uebrigens besitzen wir die Schrift nicht voll
ständig, sondern nur jenen ersten Theil derselben, welcher vom katego
rischen Urtheile und kategorischen Schlüsse handelt; dass aber hierauf
die Lehre von den Voraussetzungs-Urtheilen und Schlüssen folgte, dürfen
wir theils aus des Appulejus eigenen Worten schlicssen (s. d. Stelle in
Anm. 5), theils scheint die Bearbeitung dieses Gegenstandes bei Marcianus
Capeila hierauf hinzuweisen, insoferne derselbe wohl für die ganze
Syllogistik aus Appulejus schöpfte.
Der Verfasser des griechischen Orginales, welches Appulejus über
setzte, muss sich jenen Stoikern angeschlossen haben, welche die Logik
als Tf£W£, SiaXtxnxrj in der bekannten Dreitheilung der Philosophie an
dritter SteTTe^setzten ; in solcher Weise gebraucht Appulejus die Bezeich
nung atj_disserßjidi 3). Und im Hinblicke auf dieses Disserere beginnt
das Compendium sogleich mit der Lehre vom Urtheile.
Es wird nemlich von der menschlichen Rede (oratio, d. h. Xoyog)
ausgegangen, und innerhalb derselben neunzehn Arten , also mehr, als
wir bei den Stoikern (Abschn. VI, Anm. llSyund Peripatetikern (Abschn.
IX, Anm. 53) zusammen trafen, aufgezählt; unter diesen jedoch wird
auch hier das eigentlich.Jogische Urtheil, pronunliabüis oratio (omocpuv-
Ttxog Xoyog) als jene Satz-Art ausgeschieden, welche allem junter_^Jlen
zum Ausdrucke desi^a^eii und Falschen dient; als technische Bezeich
nung desselben erscheinen hier friedlich nebeneinander prolensio (tcqotaaig)
und rogamenlum (al-iiofia) , über welch beide aber im Verlaufe
des Buches das Wort proposilio bei weitem das Uebergewicht erhält 4).
Dieses logische Urtheil nuif wird dann in zwei Arten getheilt, deren eine,
das sog. kategorische Urtheil, praedicativa, und die andere, das sog. hypo
thetische, subsliluliva vel condilionalis genannt wird, mit dem ausdrück
lichen Zusätze, welcher durchaus auf stoischer Auflassung beruht, dass
erstens das ursprünglichere und gleichsam der einfache Bestandteil des
letzteren als eines zusammengesetzten sei 5). Unmittelbar hierauf folgt
3) p. 265.: Studium sapientiae quam philosopliiam vocumus , pleritque videtur
tres species scu partes habere: naturalem, moralcm, et de qua nunc dicere proposui
rationalem, qua conlinetur ars disserendi.
4) Ebend. : sed cum disseramus örutione (so ist mit zwei Handschr. für de
oralione zu lesen), cuius variae species sunt, ut imperandi vel narrandi mandandi
succensendi optundi vovendi irascendi odiendi invidendi favendi miserandi admirandi
contemnendi obiurgandi pocnilcndi deplorandi . tum voluplalem afferendi tum metum
ineutiendi, in quibus oraloris excellentis est lala nngustc , angusta täte, vutgala
decenter, nova usilate , usiaia nove proferrc (s. Hildebr. ■/.. d. St.), exlenuare ma
gna, maxima c minimis posse cf/icere aliaque id genns plurima : est una inier has
ad proposilum putissima , quae pronunliabilis appellatitr, absolulam seutenliam eomprehendens
, sola ex omnibus veritati aut falsitati olmoxia , quam rocat Sergius
effatum, Varro proloquium, Cicero etiuntiatum, Grueci protasin , tum axioma , ego
vero verbum e verbo tum prolensionrm tum rogamenlum , familiarius tarnen dicetur
proposilio.
5) p. 206. : proposiiionum igilur perinde ut ipsarum conclusiotmm duae species
sunt, altera praedicativa, quae eliam simplex est, ut st dicanms ,,qui regnal, bea
X. Appulejus. 581
eine kurze Angabe der Einteilung der Urtheile nach Quantität und Quali
tät, und zwar mit Gebrauch der Worte quantüasund qualüas, welche
ups in der Geschichte der Logik hier zum erstcnmale be^e^j'un ; nach
dem ersleren Gesichtspunkte zerfallen die Urtheile in universales, parliculares
fgfafrJifall« Hia altAgfr» t<foll« fflr Hibscti technischen Wortgebrauch)
und ind.eß,nüae (das peripaletische und stoische aäioQiGxov), welche um
der Sicherheit willen den particularen gleich _jgiltend genommen werden
sollen; nach dem letzteren ^TesTchtspunKtein dedicalivae (bejahende)
und abdicalivae (verneinende) ; hierin schliesst sicli eine Polemik gegen
die Stoiker an °).
Die eigentlichen Bestandteile des Urtheiles — wird mit Berufung
auf Plato (s. Abschn. III, Anm. 43) fortgefahren — seien Nomen und
Verbum, und die Ansicht, dass die Adverbien u. dgl. unwesentlicher Zu
satz oder höchstens gleichsam ein Kitt der Sätze seien, wird als Meinung
einiger Anderer augeführt ") ; von jenen zwei Bestandteilen aber sei der
eine subiecliva vel subdila , d. h. Subject, und der andere declaraliva,
d. h. Prädicat, und zwar sei der Prädicatsbegriff immer der weitere
(maior) und der Subjectsbegriff der engere (minor); eine Ausnahme je
doch hievon bestehe, wenn das proprium, d. h. das ausschliesslich eigenthümliche
Merkmal (l'öiov) prädicirt werde, denn in diesem Falle könne
Subject und Prädicat völlig vertauscht und das Urtheil rein umgekehrt
werden s). Uebrigens bestehe noch eine Aehnliclikeil zwischen dem Ur
theile und seinen beiden Bestandteilen, insoferne auch letzlere, sowohl
tus est", altera substilutiva vel conditionalis, quae etiam composita est, ul si aias
„qui regnat, si sapit, beatus est"; Substituts enim conditionem , qua, nisi sapiens
est, non Sit beatus; nos nunc de praedicaliva dicemus, qua natura prior est ac
velut elemenlum subslilulivae.
6) Ebend. : sunt et aliae differentiae quantilatis et qualilalis ; quanlilatis quidem,
quod aliae universales sunt, ut ,,omne Spirans vivit" , aliae particulares , tit
,,quucdam animalia non Spirant", aliae indeßnitae , ut ,,animal spirat" , non enim
definit, utrum omne an aliquod, sed tarnen pro particulari Semper valet, quia tutius
est id ex incerto aeeipere quod minus est; qualitativ autem-, quod aliae dedieativae
sunt, quae dedicant aliquid de quopiam, ut „virtus bonum est", dedieat enim virluti
inesse bonitalcm, aliae abdicalivae, quae abdicant aliquid de quopiam, ut ,,voluptas
non est bonum" , abdicat enim voluptati inesse bonitatem. Die polemische
Stelle gegen die Stoa wurde oben, Abschn. VI, Anm. 121, schon angeführt.
7) p. 267.: celerum est propositio, ul ait in Theaetcto Plato, duabus pautissimis
orationis partibus conslans , nomine et verbo ....unde quidam rati sunt, has
duas Solas orationis partes esse adverbiä autem et pronomina et partieipia et
coniunetiones et id genus cetera quae grammatici numeranl , non magis partes ora
tionis esse quam navium apluslria et hominum pilos , aul cerle in universa eompage
orationis vice clavorum et picis et glulinis deputanda. Vgl. Abschn. XII, Anm. 43. u. 60.
8) Ebend. : porro ex duabus praedictis partibus altera subiecliva nominatur
vel subdila, ut ,,Appuleius" , altera declaraliva, ut „disserit" vel „non disserit",
declaral enim quid faciat Appuleius plerumque autem subiecliva minor est,
declaraliva maior et non hanc modo sed alias quoque subiectivas comprehendens
....nisi forte proprium cuiuspiam de eo declaretur , ut si dicas ,,qui equus est,
hinnibile est" (xQtfittmxixöv ist auch bei den Commenlatoren ein stehendes Bei
spiel für das lotov); at proprium est equi hinnire, et ideirco in his propriis par
est declaraliva par subdita, ac non ul in ceteris maior, quippe cum eadem possit
mutata vice subdita fieri, et quam prius habueril subditam nunc habere sui dcclarativam,
ut si verso ordine dicas „quod hinnibile est, equus est" ; at non ilidem ubi
impares partes, convertere .vices possis. Uebrigens fehlt hiebei die Erwähnung der
Definition, vgl. Aum. 13.
582 X. Appulejus.
der Subjects- als auch der Prädicats-Begriff, gleichfalls indefinitae sein,
d. h. (nach peripatelisclier Lehre Nicht-A und Nicht-B) die Negation an
sich haben können 9). Im weiteren Verlaufe aber wird hievon kein Ge
brauch gemacht, sondern mit Umgehung aller betreffenden Schwierigkeiten
die Negation überall sofort zur Copula gestellt.
Hierauf folgt10) die Erörterung des gegenseitigen Verhältnisses jener
obigen vier Arten der Urtheile (allg. bej., allg. vern., part. bej., part.
vern.), womit wir uns zum .erstenmale schon völlig bei dem nachmaligen
scholastischen A El 0 befinden ; und es wird, wie sjcjL. nichtanders
erwarten liess, die Sache durdL-jaine. Figur y^ranschaulicht : *
' " "T Iffies A~ist B IL Ahes A ist nicht B
III. Einiges A ist B IV. Einiges A ist nicht B
Iliebei heissen I und II gegenseitig incongruae, hingegen III und IV
gegenseitig suppares ,' und insoferne nun zunächst angegeben wird, in
welcher Weise sich diese vier Urtheile paarweise widerstreiten, d. h.
9) p. 268. : id eliam pro similitudine tenendum est, quid, ut sunt propositiones definitae
et indefinitae, ita ctiam constat particulas tarn subiectivas tarn declarativas partim
definitas esse, ut ,,homo, animal", partim indefinitas, ut ,,non homo, non animal"; non
enim definiunt quid sit, cum hoc non sit, sed tantum ostendunt aliud praeter hoc esse.
10) Ebend.: nunc dicendum est, quemadmodum quatuor itlae propositiones inier
se affeclae sinl , quas non ab re est in quadrata fonnula spectare ; sint igitur in
superiore linea, ut infra scriptum est, universalis dedicativa et abdicativa, ut ,, omnis
voluptas est bonum, omnis voluptas bonum non est" , dicanturque hae inier se in
congruae; item in inferiore linea sub utraque parliculares subnotenlur , ,,quaedam
voluptas bonum est, quaedam non est bonum", dicanturque quae hae inter se sup
pares; deinde ducanlur obliquae lincae angulares, altera pertinens ab univcrsali de
dicativa ad particularem abdicativam , altera a particulari dedicativa ad universalem
abdicalivam, quae inter se et quanlitale et qualtlate contrariae allerulrae nominentur,
quod iam necessc est allerutram veram esse, quae dicitur perfecta pugna et integra ;
at inier suppares et incongruas pugna dividua est, quod incongruae nunquam quidem
fiunl simul verae , interdum tarnen simul mentiunlur ; suppares autem mutata vice
nunquam quidem simul mentiunlur, interdum tarnen fiunl simul verae, et ideo utriusvis
Harum revictio confirmat alteram, non tarnen et ulriusvis confirmatio revincit altcram;
de incongruis qui ulramvis posuit , utique alteram tollit, non tarnen mutata
vice qui ulramvis tollit, utique alteram ponit; enimvero de allerutris qui ulramvis
comprobat , utique (so die Handschriften, unbegreiflicher Weise gibt auch Hildebr.
wie Oudend. nunquam) alteram refutat, et qui alteram refutat, utique alteram com
probat ; celerum universalis ulravis particularem suam comprobata utique confirmat,
revicta non utique infirmal , particularis autem versa vice universalem suam revicla
utique infirmal, probata non utique firmat. Ilacc omnia ita esse ut dieimus ,' ex
ipsis propositionibus facile ostendunt infra scripta:
Omnis voluptas bonum est. — incongruae — Omnis voluptas bonum nen est
Quaedam voluplas bonum est. — suppares — Quaedam voluptas non est bonum.
certum est enim quod concedat qui aliquid proposuerit; destruilur autem ulravis
universalis trifariam, dum aul particularis eins falsa ostenditur aul utravis ex duabus
celeris vera, sive incongrua sive subneutra ; instruilur autem uno modo , si alterutra
eius falsa ostenditur ; contra particularis uno quidem modo destruilur, si
allerulra vera ostenditur; instruilur autem trifariam, si aul universalis eius vera est
aul ulravis ex duabus celeris falsa, sive suppar eius sive subneutra.
X. Appulejus. 583
welcherlei pugna (diess ist der stoische Ausdruck pa%ri, Abschn. VI,
Anm. 156) zwischen ihnen bestehe, lesen wir folgende Regeln: die Urtheile
I und IV, sowie auch II und III schliessen sich derartig einander
aus, dass notliwendig jedenfalls das eine der beiden wahr sein rauss,
daher dieselben auch alterulrae genannt werden (sie sind sowohl in
Quantität als auch in Qualität conlrariae), und dieser Widerstreit heisst
perfecta pugna (riksiog fiäp], s. unten Anm. 31 (f.). Die ürtheile I und
II schliessen sich derartig aus, dass sie nie beide zugleich wahr sein
können, wohl aber können sie beide zugleich falsch sein (peripatetischer
Anklang; s. Abschn. IV, Anm. 213). Die ürtheile III und IV schliessen
sich derartig aus, dass sie nie beide zugleich falsch sein können, wohl
aber können beide zugleich wahr sein. (Um den blödsinnigen Formalis
mus dieser Regeln einzusehen, setze man in den vier Urtheilen z.B. für
A „Dreieck" und für B in sämmllichen vieren das eincmal „gleichschenk
lig" und das andremal „sittlich", und denke wegen des „nicht" auch
an „ungleichschenklig" und „unsittlich".) Hieraus aber folgt: bei den
alterulrae (I u. IV, sowie II u. III) wird durch das Setzen des einen Urtheiles
stets das andere aufgehoben, und auch umgekehrt; bei den incongruae
(I u. II) wird durch das Setzen des einen stets das andere
aufgehoben , nicht aber stets auch umgekehrt durch das Aufheben des
einen das andere gesetzt; bei den suppares (III u. IV) wird durch das
Aufheben des einen stets das andere gesetzt, nicht aber stets auch um
gekehrt durch das Setzen des einen das andere aufgehoben. Durch das
Setzen des allgemeinen (1 oder II) wird das particulare (III oder IV) ge
setzt, nicht aber durch Aufheben des allgemeinen das particulare aufge
hoben ; durch Aufheben des particularen wird das allgemeine aufgehoben,
nicht aber durch Setzen des ersteren auch das letztere gesetzt. Jedes
von beiden allgemeinen Urtheilen wird widerlegt {deslruilur, das aristo
telische ävaa%Evu£uv), indem gezeigt wird, entweder dass sein particulares
falsch ist, oder dass sein incongruum oder sein allerulrum wahr
ist; jedes von beiden allgemeinen wird erhärtet (instruitur, xaTaGMva&iv),
indem gezeigt wird, dass sein allerulrum falsch ist. Jedes von beiden
particularen wird widerlegt, indem gezeigt wird, dass sein allerulrum
wahr ist; jedes von beiden particularen wird erhärtet, indem gezeigt wird,
entweder dass sein allgemeines wahr ist, oder dass sein incongruum
oder sein suppar falsch ist.
Dann wird bemerkt, dass eben diese Regeln auch für die „äquipollenten"
Ürtheile (älteste "stelle für das lateinische Wort aequipollentes;
iGoövvajiovaai s. AbschTTTTrTntmT^I})^^^ jene
Urlheile seien, welche bei verschiedener Ausdjatcksweise gleiche Bedeu
tung haUe.u und daherimmer gleichzeitig wahr oder falsch sind; in die
sem Sinne wird namentlich angegeben, dass ein Urtheil, wenn an den
Anfang (!) desselben (d. h. zu dem die Quantität ausdrückenden Worte)
eine Negation gesetzt wird, äquipollent mit seinem alterutrum wird11).
11) p. 270.: cadem servabinms cliam in aequipollentibus proposilionibus ;
aequipollentes aulem dicuntur quae alia emmtiatione tantundem possunt et simul
verae fiunt aut simul falsae , altera ob alteram seüicet; sieul indefinita et particularis
, item omnis propositio si assumal in prineipio negativum parliculam , fit alterutra
eius aequipollens, ut cum sil universalis dedieatim „omnis voluptas bonum",
584 X. Appulejus.
Hierauf folgt die Lehre von der Umkehrung, conversio ? welches
Wort gleichfalls hier zum erslejuBäk. als., technischer Ausdruck der Logik
erscheint ^). Hier "aber werden nun in höchst merkw&ntiger Weise
jene fünf Momente beigezögen, welche wir bisher schon öfters durch
blicken sahen und welche wir als die Quinque voces des Porphyrius unten
treffen werden. Nemlich 13) nach der Angabe, dass das allgemein ver
neinende und das particular bejahende Urlkeil schlechthin umkehrbar, „conversibites"
, sind, wird bemerkt, dass bei den übrigen zwei Arten des
Urtheiles die Umkehrung nur unter gewissen Modificationen stattfinde,
und dieselben daher nicht eigentlich umkehrbare genannt werden dürfen.
Es sei in dieser Beziehung einUrtheil nach sämmtlichen Arien des von ihm be
zeichneten Inhaltes, d. h. nach sämmtlichen „significaliones" (das griechische
Original müsste hier wohl arjficiaiat gelautet haben) , zu untersuchen ;
jene aber seien nicht unbegränzt viele, sondern der Zahl nach fünf, da
in einem Urtheile nur entweder proprielas oder genus oder differenlia
oder ßnis oder accidens ausgesprochen werden könne (also wörtlich
schon jenes, was bei Porphyrius XStov, yevog, öiacpoQu, ooog, ovfißeßtjxog
heisst). Und lasse sich nun ein Urtheil umkehren, so enthalte das
Prädikat , wenn durch dasselbe das Was des Subjectes ausgesprochen
werde, die Definition, und, wenn nicht das. Was ausgesprochen werde,
das eigenthümliche Merkmal (z. B. „Lachend" bei dem Subjecte „Mensch") ;
sei hingegen das Urtheil nicht umkehrbar, so sei das Prädikat, falls das
zur Definition gehörige in ihm liege, entweder der Gattungsbegriff oder
der artmachende Unterschied, und, falls das nicht zur Definition gehörige
in ihm liege, das unwesentliche Merkmal. Hieraus aber gehe hervor, dass
das particular verneinende Urtheil nicht umkehrbar sei, sowie dass das
si ei negativ praeponatur, fiel ,,non omnis voluptas bonum" lantundem Valens
quantum valebal altcrutra eius „quaedam voluptas non est bonum".
12) Bei Cic. d. Or. III, 54, 207. sowie bei Auel, ad Heren. IV, 13. und bei
Quintil. IX, 1, 33 f. u. X, 5 , 4. ist conversio nur ein lechnisches Wort der Rhe
torik in anderer Bedeutung,
13) p. 270.: Deinde de conversionc. Conversibiles propositiones dicuntur uni
versalis abdicativa el altcrutra eius, id est particularis dedicaliva, eo quod parliculae
earum subiectiva et declarativa possunt Semper servare (so alle Ausgaben ohne
Anstoss; doch wohl tu lesen versare) inier se vices permanente conditione rerilatis
aul falsitatis . . . . quod duae cetcrue propositiones Semper facere non possunt, quanquam
interdum convertanlur ; nec tarnen ideirco conversibiles dicuntur, nam quod alieubi
fallit, certo repudiatur ; ergo unaquaeque proposilio per omnes significationes
reperienda est', an etiam conversa congruat , nec innumerae vero (so ist mit Einer
Handschr. stall des sinnlosen nec universe verae , welches auch Hildebr. gibt, zu
lesen) sunt istae sed quinque solac; aut enim proprielas declaralur alieuius aul
genus aul differenlia aut finis aut accidens , nec praeter liaec unquam quiequam inveniri
potest in ulla proposilione, ut si hompnem subslituas, quiequid de eo dixeris,
aul proprium eius signifieaveris ut cachinnabile (yelaarixöv ist das solemne Beispiel
auch bei den Conimentaloren), aut genus ut animal , aut differentiam ut rationale,
aul definitionem ut animal rationale mortale, aul accidens ut oralor. Quippe omne
dcclarativum alieuius aut potest eius vicissim fieri subiectivum aut non polest; sed
si polest, aut signißcat quid sit, et est definilio, aut non signißcut, et est proprium ;
sin autem non potest, aut id est quod in definilione poni debeat , atque est genus
vel differenlia, aut quod non debeat, et est accidens. Igilur per haec agnoscetur
particularis abdicativa non esse conversibilis ; universalis autem dedicaliva et ipsu
quidem non est conversibilis , sed particulariter tarnen polest converli verum hoc
in simplici conversione, quae in conclusionum ülalionibus reßexio nominatur.
X. Appulejus. 585
allgemein bejahende „particulariler" (gleichfalls die älteste Stelle für
dieses Wort in der Logik) umgekehrt werden könne. So wenigstens
verhalte es sich bei der einfachen Umkehrung (simplex conversio), welche
bei den Schlusssätzen der Syllogismen reßexio (offenbar äväxkaats, s.
Abschn. V, Anm. 46) heisse. Nun aber gebe es noch eine andere Art
der Umkehrung (es ist die sog. Contraposition gemeint, jedoch ohne
eigenen technischen Namen; vgl. Abschn. IX, Anm. 95), vermöge deren
auch das allg. bej. und part. vern. Urlheil umgekehrt werden könne, nemlich
z. B. : Alles A ist B — Alles Nicht -B ist nicht A, und: Einiges A
ist nicht B — Einiges Nicht -B ist A. Auch diess folge aus jenen fünf
Arten 14).
So erhält, wie wir sehen, die Lehre von der Umkehrung eine vom
Syllogismus getrennte Stellung, zugleich aber schliesst sie die wenigen
kümmerlichen Reste der Lehre vom Begriffe in sich, und zwar in einer
Weise , welche in den Grundzügen mit der bei Porphyrius vorliegenden
Quelle der mittelalterlichen Doctrin übereinstimmt. S. Näheres im folg.
Abschn.
Nun folgt die Syllogistik. Die höchst eigentümliche Terminologie,
in welcher sich hiebei Appulejus bewegt, ist folgende: Die Vereinigung
zweier Urtheile zu einem Schlüsse überhaupt nennt er coniugalio (offen
bar Cvgvyia), die Prämissen aber bald proposüionns (peripatetisch itQÖxa-
Gig), bald aeeepliones (stoisch At/fifiara), indem er die aeeeplio ausdrück
lich als jene proposilio definirt, welche mit Ueberwindung der Frageforni
von dem Antwortenden zugestanden wird (also sogar hier noch das
dialektisch-rhetorische Fragen und Antworten, s. Abschn. 1, Anm. 11 u.
Abschn. II, Anm. 41); der Schlusssatz heisst bald conclumo (peripatetisch
GvfjmiQaGjia), häufiger aber illalio (stoisch {tzhpoqcc) oder ülalivum rogamenlum
(imcpoQixbv a^itofui), der ganze Syllogismus aber bald raliocinalio
(AoyMfftoff), bald collectio (wohl GvlkoyiGpog), bald selbst wieder conclitsio.
Uebrigens wird in aristotelischer Weise an der Dreizahl der
Figuren und an der Priorität der ersten Figur festgehalten ; betreffs der
übrigen zwei wird gesagt, die zweite habe vor der dritten darum den
Vorzug, weil in ihr wenigstens allgemein, wenn auch verneinend, ge
schlossen werden könne, so dass die dritte wegen des particularen
Schlusssatzes jedenfalls die letzte sei15). Ja es wird sogar bemerkt, am
14) p. 271. (fortgefahren): est enim et altera proposilionnm conversio, qua»
non (onluM ordinem sed eliam ipsas particulas in contrarium perdueü, ut quae definita
est, inde finita fiat , et contra quae indefinita est, de finita; hanc eonversionem
vicissim reliquae duae admittunt , universalis dedicativa et particularis abdicativa,
ut ,,omnis homo animal" , ,,omne non animal non homo", item ,,quoddam animal
non est rationale", ,,quoddam non rationale animal" ; id ita esse perpetuo , ut dieimus,
per Mas quinque praedictas species explorabis.
15) Coniugatio autem proposilionnm dicitur ipsa connexio earum per aliam
communem particulam qua inier se copulanlur; ita enim possunt ad unam conclusionem
consentire ; quae particula communis necesse est aut in utraque propositione
subiecta sit aut in utraque declarans aut in altera subiecta in altera declarans ;
lies igitur formulae fiunl , quarum prima dicatur , cum illa communis particula in
altera subiecta in altera declarans est, qui ordo non tuntum cnumeratione sed conclusionum
dignitate conlenlus est; quippe ultima est formula tertia, qui nihil in ea
nisi parliculare concludilur; hac superior est secunda, quae habet conclusiones uni
versales sed tarnen abdicalivas lantum; et ideo sie prima pollet, quia in omne
586 X. Appulejus.
passendsten (commodissime) könne man die aristotelische Definition des
Syllogismus anwenden , und es knüpft sich hieran eine Erörterung der
einzelnen Momente, welche jene Definition enthält, völlig in der nemlichen
Weise, wie wir derlei bei den Commentatoren treffen ; hiebei aber
fällt der Verfasser, wo er die Worte „s'teqov xi twv xufisvcov" des
Aristoteles (s. Abschn. IV, Anm. 537) bespricht, zugleich mit einer Pole
mik gegen die Stoa auf das lächerlichste selbst in den stoischen hypo
thetischen Schluss hinein, da in dem Syllogismus „Wenn es Tag ist, ist
es helle; nun aber ist es Tag; also ist es helle" das lucet im Schluss
satze, in der That darum etwas verschiedenes von dem lucet im Ober
satze sein müsse, weil ersteres den gegenwärtigen Augenblick betreffe,
der Obersatz aber nur den allgemein gewöhnlichen Causalnexus ent
halte 16). Auch an das Moment der Notwendigkeit (i| ävctyn^g) , wel
ches die aristotelische Definition des Syllogismus enthält, knüpft Appulejus
oder vielmehr sein griechisches Original eben jene pöbelhafte Polemik
gegen den Inductionsschluss, welche wir schon oben bei den Skeptikern
(Abschn. VII, Anm. 9) bemerkten und unten bei den Commentatoren (Abschn.
XI, Anm. 160) selbst mit Anwendung des nemlichen Beispieles, dass
das Krokodil die obere Kinnlade bewege, treffen werden17). Dass der
Erfahrungsschluss in der bornirten Schul-Logik gäjizlich_jibhaiiden kam
und" die jogische Nothwendigkeit nur^jp dem tändelnden Formalismus
schohsjiäcjjer'llesetze erblickt wurde, ist nicht zu wundern. Erst in
der" allerneuesten Zeit zeigt uns die Geschichte der Logik verschiedene
Bestrebungen in England aus dem gegenwärtigen und verflossenen Jahr
zehend, indem man dort eine technische Formulirung des Empirismus
Baco's und Locke's versuchte.
Bei der Darstellung der einzelnen Schlussweisen in den drei Figu
ren gebraucht Appulejus als technische Ausdrücke : formula für das
aristotelische ö^fta, coniugatio für die möglichen Combinationen der
Prämissen, wobei keine Rücksicht darauf genommen ist, welche derselgenus
illationum toncluditur ; dico autem illationem vel illathum rogamentum , quod
ex acceptionibus colligitur et infertur ; porro acceptio est propositio quae concedilur
a respondente , ut si quis ila proponat ,,eslne omne honestum bonum?", propositio
est et, si assentire se dicet, fit acceptio remota interrogatione , quae et ipsa tarnen
communiler appellatur propositio „omne honestum bonum est" ceterum tota ratiocinatio
ista quae •acceptionibus et illatione conslat , collectio vel conclusio nominetur.
16) p. 272.: illud potius verisimile est, cum dico „si dies est, lucet; atqui
dies est: igitur et lucet", non male colligere praeter quod accepi; num quod est in
conclusione „lucet." , fuerat et in propositione ; hoc tarnen ita refutabimus , aliler
dici in conclusione „igitur lucet", ut oslendatur nunc luccre , aliler in propositione
acceptum, in qua non est dictum nunc lucere , sed tantum consequens esse, ut si
dies sit , utique et luccat ; multum autem refert , ilane nunc affirmes aliquid esse,
an tantum solere esse, cum aliud quiddam praecesscrit. (Die diesem vorangehende
Polemik gegen Anlipater s. Abschn. VI, Anm. 186.)
17) p. 273.: Item illud quod in eadem definitione necessilas comprehensa est,
factum est ut conclusionis vis a similitudine inductionis dislingueretur ; nam et in
inductione quaedam conccduntur , ut pula „homo inferiorem malam movet, equus in
feriorem malam movet, item bos elcanis", in islis acceptionibus in conclusione aliud
quid inferlur „ergo et omne animal inferiorem malam movet" , quod cum sit in
crocodilo falsum, potes superioribus concessis illationem ipsam non recipere , quam
tibi in conclusione non licuisset recusare.
X. Appulejus. 587
ben Obersatz und welche Untersatz sei, so dass bei der hierin statthaf
ten Mannigfaltigkeit es natürlich weniger Combinationen als Schlusswei
sen sind ; für die letzteren selbst gebraucht er das Wort modulus oder
modus. Er schickt die vorläufige Angabe der Anzahl der Combinationen
und der Modi zugleich mit der Bemerkung voraus, dass weder beide
Prämissen particular noch beide verneinend sein dürfen, und überhaupt
das Vorkommen des Particularen oder des Verneinenden in den Prämissen
stets für den Schlusssatz den Ausschlag gibt, so dass wir auch hier
(vgl. Abschn. V, Anm. 51) bereits den späteren scholastischen Grundsatz
conclusio sequüur parlem debiliorem erkennen18). Vgl. Anm. 21.
In der ersten Figur werden nun genau jene nemlichen neun theophraslischen
Schlussweisen angegeben, welche wir in Abschn. V, Anm.
46. zu entwickeln hatten; nur beliebt es dem Verfasser, gleich von vorn
herein in Bezug auf die theophrastische Umkehrung des Schlusssatzes eine
Doppelheit des Schliessens an die Spitze zu stellen, je nachdem direclim
oder reßexim geschlossen werde, und in solcher Weise setzt er dem 1.
Modus sogleich den 5. gegenüber, und dem 2. den 6. sowie dem 3. den
7. ; höchst einfältiger Weise aber leitet er den 8. und 9. aus dem 4.
ab ,• indem in letzterem zugleich mit Vertauschung der Prämissen nicht
bloss die allgemein verneinende Prämisse umgekehrt, sondern auch die
particular bejahende in eine allgemein bejahende, aus deren Umkehrung
sie entstanden sei, wieder zurück umgekehrt werden solle, wodurch dann
der 8. Modus entstehe, sowie durch blosse Vertauschung der Prämissen
des 4. sich der 9. ergebe. Unter diesen neun Modi haben daher drei
(nemlich 5, 6 u. 7) keine eigene selbstständige Combination, und die Modi
1, 2, 3, 4, 8, 9 bilden die in dieserFigur möglichen sechs coniugaliones.
Eine merkwürdige Eigentümlichkeit aber enthält die Entwicklung der
Schlussweisen bei Appulejus darin, dass derselbe überall consequent in
den Beispielen die Prämissen in verkehrter Ordnung vorführt, so dass
in der ersten Figur für den äusseren Anblick der Mitttelbegriff jene Stel
lung hat, welche er in der sog. vierten Figur einnimmt l9). Jedoch ver-
18) Ebend. : JVunc Iradendum est, quibus modis et coniugalionibus fiant intra
ccrtum numerum praedicalivi generis verae conclusiones , quippe in prima forniula
novem soli moduli, sex autem coniugaliones rcperiuntur, in secunda quatuor moduli,
tres coniugationes , in tertia sex moduli, quinque coniugaliones; de quibus hie iam
suo ordine demonstrabo praefatus, neque ex particularibus solis neque abdicativis
solis ratam fieri conclusionem , quia saepe possunt et falsa conducere ; item quamlibet
mullis dedicativis, si utravis abdicativa iungatur, non dedicativam sed abdicativam
fieri illationem, tantum vel una mixta celeris praevalet; similis etiam parli~
cularium vis est, utravis enim mixla univcrsalibus particularem facit illationem.
19) p. 274 f.: lgilur in prima formula modus primus est, qui conducit ex uni
vcrsalibus dedicativis dedicativum universale directim, ut „omne iustum honestum,
omne honestum bonum, omne igilur istum bonum est"; at si reflexim inferas
,,quoddam igitur bonum iustum", fit ex eadem coniugatione quintus modus, nam
sie tantum reflecti posse universalem dedicativam supra doeui. Secundus modus est,
qui conducit ex universalibus dedicativa et abdicativa abdicativum universale direc
tim, ut „omne iustum honestum, nullum turpe honestum, nullum igitur iustum
turpe" ; at si reflexim inferas „nullum igitur turpe iustum" , sextum modum effeceris
tantum meminisse debemus , subiectivum ex dedicativa trahendum ad illa
tionem in secundo modo alque ideo eam priorem aestimandam, licet ante abdicativa
enuntietur; similiter et in celeris prior poleslate prior inlelligatur ; in sexto autem
modo trahitur subiectiva ex abdicativa (ebenso nun der dritte und siebente
588 X. Appulejus.
steht sich von selbst, dass bei der ausdrücklichen Angabe der Dreizahl
und auch in Folge dessen, was wir oben von der vierten galenischen
Figur erfuhren, nicht daran zu denken ist, dass hier wirklich die vierte
Figur vorliege (vgl. auch Abschn. V, Anm. 61). Man könnte auf die
Vermuthung kommen, dass diese Stellung des Mittelbegriffes bei Appule
jus nur vermittelst einer schlechten und nachlässigen Uebersetzung sich
ergeben habe, indem z.B. bei „tb xukov xara nuvzbg tov Smuiov" oder
auch bei „xb A xaza nctvmg tov B" in der Uebersetzung das xata kurz
weg durch est gegeben worden sei, wodurch sich natürlich Subject und
Prädicat vertauschen. Aber wir werden unten (Anm. 39) auch bei einem
griechischen Produkte die gleiche Eigenthümlichkeit treffen; und es ist
daher wahrscheinlicher, dass wenigstens bei einigen Schulmeistern der
Logik die Reihenfolge der Prämissen ausser Acht gelassen und darin
Nichts Arges gesehen wurde , wenn der Unterbegriff vom Oberbegriffe
prädicirt werden musste. Ja Appulejus kömmt mit sich selbst in Wider
spruch, indem er sagt, bei dem zweiten Modus müsse die bejahende
Prämisse, obwohl sie zuletzt ausgesprochen werde, doch darum als die
ursprünglichere und frühere gelten, weil aus ihr das Subject des Schluss
salzes genommen werde und sie daher die mächtigere sei; im sechsten
Modus hingegen werde das Subject des Schlusssatzes aus der verneinen
den Prämisse genommen. In diesem einfältigen scholastischen Geschwätze
wirkt natürlich auch schon jener Grundsatz mit, dass die Bejahung mäch
tiger sei als die Verneinung. Uebrigens nennt Appulejus die ersten vier
Modi dieser Figur indemonslrabiles (also auch hier avanööumoi im
kategorischen Schlüsse), weil sie an sich so klar seien, dass sie keines
Beweises bedürfen. Bequem ist diess jedenfalls.
In der zweiten und dritten Figur werden die aristotelischen Schluss
weisen entwickelt20); nur ist in der dritten die Reihenfolge geändert
Modus) Quarlus modus est, qui eonducit ex parliculari dedicativa et universali
abdicativa abdicativum particulare direclim, ul „quoddam iustum honeslum est,
nulluni honeslum lurpe, quoddam igititr iustum non est lurpe" ; ex hoc modo con
trarius vices inveniunlur prioribus , octavus et nonus quippe servant eins illationem
non ul Uli reßexam; coniugationem ipsam tantum reßectunt propositionibus aequipollenlibus
mutaloque ordine , ul prior fiat abdicativa, atque ideo conducere dicitur
ambo per coniugationis conversionem ; nam etsi abdicativam universalem quarti converlas
et subiicias (hiedurch ist die Reihenfolge doch deutlich bezeichnet) ei uni
versalem dedicativam, quam converterat parlicularis eius dedicativa, fiet octavus mo
dus , qui eonducit ex universalibus abdicativa et dedicativa particulare abdicativum
reßexim, velut „nulluni lurpe lionestum , omne honeslum iustum, quoddam igilur
iustum non est turpe". Nonus quoque modus per similem conversionem ex universati
abdicativa et particulari dedicativa abdicativum particulare eonducit reßexim
„nulluni lurpe honeslum, quoddam honeslum iustum, quoddam igitur iustum non
est turpe" Ex hisce igitur in prima formula modis novem primi qualuor
indemonslrabiles nomine nlur , non quod demonstrari nequeant , sed quod tarn
simplices lamque manifesti sunt, ul demonstratione non egeant.
20) p. 276 f. Es mag genügen, nur die von Appul. gebrauchten Beispiele
der Keihe nach aufzuführen: für die zweite Figur: (1.) omne iustum honeslum, nul
luni turpe honeslum, non igitur iustum turpe — (2.) nulluni turpe hone s tum, ' omne
iustum honeslum, nulluni igilur turpe iustum — (3.) quoddam iustum honeslum,
nullum turpe honeslum, quoddam igitur iustum non est lurpe — (4.) quoddam iustum
non est turpe , omne malum turpe, quoddam iustum non est malum ; für die dritte :
(1.) omne iustum honeslum, omne iustum bonum, quoddam igitur honeslum bonum
oder quoddam igitur bonum honeslum — (2.) quoddam iustum honeslum, omne
X. Appulejus, 589
(1, 3, 4, 2, 6, 5), und auch in diesen beiden die verkehrte Ordnung
der Prämissen consequent beibehalten ; in der zweiten Figur sind drei
coniugationes , weil 1 und 2 nur Eine ausmachen , und in der dritten
gehören 2 und 3 (d. h. bei Aristoteles 3 und 4) gleichfalls zu der nemlichen
Combination, so dass hier sechs coniugationes sich ergeben; II,
1 u. 2 werden auf I, 2 reducirt, II, 3 auf I, 4, III, 1 u. 2 u. 3 auf I,
3, III, 4 U; 5 auf I, 4 ; für II, 4 und 111, 6 aber wird nur der apagogische
Beweis vorbehalten. — Hierauf folgt eine Angabe betreffs der
Reihenfolge der Modi in den drei Figuren, welche theils auf dem Vor
zuge des bejahenden und des allgemeinen Urtheiles, theils auf der leich
teren und kürzeren Rückführung der einzelnen Modi auf die indemonstrabiles
beruhe21). Sodann werden, insoferne bei zwei Schlusswcisen
auf den apagogischen Beweis hingedeutet worden war, demselben einige
Erörterungen gewidmet; er wird probatio per impossitrile (das peripatetische
öi' aSvvaxov) genannt, und angegeben, dass gegen jeden Schluss
acht Gegenschlüsse möglich seien, da der Schlusssatz in doppelter Weise,
entweder durch Vorsetzung der Negation oder durch Annahme seines
aUerulrum (z. B. „Alles A ist B" wird aufgehoben durch „Nicht alles
A ist B" und durch „Einiges A ist B"), aufgehoben werden könne,
und dann bei jeder dieser beiden Weisen vier Schlüsse möglich
seien", weil jede der beiden Prämissen wieder auf zweierlei Art auf
gehoben werden könne ; und bei allgemeinen Schlusssätzen komme
selbst noch eine dritte Art der Aufhebung, durch das directe Gegentheil
(Kein A ist B), hinzu, und es erwachsen hiedurch aber
mals vier Gegenschlüsse, alsö im ganzen zwölf 22). Dass übrigens
diese Rechnung unrichtig isl, sieht Jedermann daraus, weil auch unter
iustum boiwm, quoddam igitur honestum bomtm — (3.) omne iustum honestum,
quoddam iustum bonum , quoddam igitur bomtm honestum — (4.) omne iustum ho
nestum, nulluni iustum malum , quoddam igitur honestum non est maium — (5.)
quoddam iustum honestum, nulluni iustum malum, quoddam igitur honestum non
est malum — (6.) omne iustum honestum, quoddam iustum non est malum, quod
dam igitur honestum non est malum.
21) p. 277.: in omnibus formulis ordinatio facta est pro differentia coniugalionum
et illationum; nam quin prius Sit dicere quam negare polenlhisque est univer
sale quam parlkulare, priores sunt universales parlicularibus et ex utrisque dedicativa
illatio ; n similes sunt, et is praeponilur modus (die Ausgaben haben sinnlos: et
utrisque dedicatio et illatio similes sunt; et is praep. mod.) , qui celerius ad indemonslrabilem
redigilur , id est una conversione , quac una probatio est, certos eos
ad cludendum modos esse.
22) p. 277 f. : est et altera probatio communis omnium, eliam indemonstrabüium,
quac dicitur per impossibile Fiunt igitur adversus unamquamque conclusionem
conlrariae quae opponantur ocio , quoniam ulraque aeeeplio bifariam tollitur, fiantque
conclusioncs bis quaternae , modo negativa particula praeposita illationi modo
alterutra illationis uccepla item si pro codem facias „nulluni iustum botium",
ut trifariam sit subtata illatio , erunt terliae qualuor conclusioncs , iumtaxal in bis
quae habebunl universalem illalionem, ea enim potesl sola trifariam tolli. In den
sogleich hierauf folgenden Worten will ich hier nur gelegentlich einen Unsinn, wel
cher in allen Ausgaben, die Hildebrand'sche nicht ausgenommen, sich findet, ver
bessern; es sind die Worte ut eliam hypothelicorum more per litleras , in welchen
statt hypothelicorum natürlich Peripateticorum zu lesen ist, wie die sogleich nach
folgende Gegenüberstellung der Stoiker auf den ersten Blick zeigen musste.
590 X. Appulejus.
den Prämissen einige sind, welche nach des Appulejus eigener Aussage
dreifach aufgehoben werden können.
Den Schluss desjenigen, was von dem Buche uns erhalten ist, bil
det eine Berechnung, durch welche nachgewiesen werden soll, dass in
den drei Figuren zusammen wirklich nur jene neunzehn Schlussmodi
möglich seien (9 in I, 4 in II, 6 in III), es wirft sich dieser Nachweis23)
eigentlich nicht auf die modi, sondern auf die coniugaliones , deren wir
sechs in der ersten Figur, drei in der zweiten, und fünf in der dritten,
also zusammen vierzehn, trafen, und er beruft sich dann betreffs der
modi auf die vorhergegangene Entwicklung derselben ; er ist uns aber
insoferne wichtig, als hier zum ersten Male, allerdings mit Berufung auf
Aristo, s. Abschn. IX, Anm. 72, die Beiziehung algebraischer Combina-
I tion in einem logischem Schulbuche auftritt. Mathematisch richtig wird
zu Grunde gelegt, dass die vier Arten der Urtheile (allg. bej., allg. vern.,
part. bej., part. vern.) zu einer Zweizahl von Urtheilen sich sechzehnfach
combiniren lassen, und hiemit in den drei Figuren zusammen 48 coniu
galiones möglich seien; von hier an aber ist die Rechnung falsch, denn
23) p. 280 f. Die Stelle ist wohl corrupt, aber das technisch Richtige könnte
nur durch die gewaltsamsten Aenderungen hergestellt werden ; wir trauen uns hiezu
wohl ebenso viele Kenntniss der formalen Logik zu, als Petavius besass, aber die
groben Verstösse eines zusammengeflickten Machwerkes bessern zu wollen , ist un
nütze Mühe. Omnes autem modos in tribus corum formulis certos non nisi undeviginti
esse, quos supra ostendimus, comprobaltir : Quatuor fiunt propositiones, duae
particulares et duae universales; Harum unaqttaeque , ut ait Aristo (wenn Petavius
Aristoteles schrieb , hätten nicht sämmtliche Herausgeber ihm nachtreten sollen ; bei
Aristoteles findet sich eine solche Angabe nirgends) , ut sit subiecta sibi et aliis
tribus praeponalur, quaternc scilicet coniungitur, atque ita senae denae coniugaliones
in singulis formulis erunt. Harum sex aequaliter in omnibus non valent; duae quidem,
cum ex abdicativis utravis alteram praecedit (d. h. EO u. OE), quatuor autem,
cum ex parlicularibus utravis semet praecedit (JJ u. 00) aut alteri subditur (JO u,
OJ), nihil enim concludi polest, ubicunque aut duae particulares sunt aut duae abdicalivae
(also fehlt unter den auszuscheidenden EE; die Art wie Petavins abhalf, ist
höchst willkührlich, und noch weuiger zu billigen, dass Hildebrand die Conjecturen
desselben sofort in den Text aufnahm). Igitur remanent singulis formulis denae
coniugaliones. Porro ex his tarn in prima quam in secunda formula duae non va
lent , cum universalis dedicaliva particulari praeponitur (AJ n. AO); simililer et in
prima et lerlia formula duae recidantur, quibus particularis abdicativa utramvis dedicalivam
antecedil (diess wäre nun doch wieder OA a. OJ , so dass EE unausgeschieden
verbliebe; hierin liegt die unlösbare Schwierigkeit). Quo fit ut remaneant
primae formulae sex coniugaliones ; alleris vero (diess oder etwas dergleichen vermuthe
ich statt des sinnlosen iam in novem, was die Handschriften geben) formulis
adhuc octonae ; ex quibus una in neutra probalur, cum universalis abdicativa praecedit
particularem dedicalivam {EJ); ex his septenis quac supersunt iam propriae sunt in
secunda formula quatuor falsae, cum universalis dedicaliva vel sibimet ipsa {AA) vel
particulari suae utrovis loco (also JA und noch einmal AJ) iungitur, vel cum prae
cedit altera (diess ist sinnlos; man könnte alterutra vermuthen, wodurch man hier
doch auf OJ käme); item propriae in terlia formula duae non valent, cum utravis
abdicativa universali dedicalivae praeponitur (also EA und noch einmal OA). Beliquas
certas esse tres in secunda, quinque lerliac formulae, supra ostendimus, cum
eas ad sex coniugaliones primae formulae redigeremus. Igitur ex quadraginta octo
coniugationibus qualuordeeim solae probanlur , ceterae triginta quatuor, quas enumeravi,
merito repudtantur , quia possunt ex veris falsa concludere et ex Ulis
qualuordeeim , quas probavimus , non plures quam qraedictum est modos fieri, docenl
ipsae illationes, ut tum directim sumanlur tum reflexim, quousque ipsa verilas passa
est; proplerea eorum non potest numerus augeri.
X. Appulejus. Pseudo • Galenus. 591
es wird gesagt, dass unter diesen für jede Figur überhaupt 6 Combinationen,
also zusammen 18, von vorneherein wegfallen, weil weder aus
zwei verneinenden noch aus zwei particularen Prämissen geschlossen
werden kann ; nun aber ist bekannt, dass aus diesem Grunde 7 Combinationen
(nach der üblichen Bezeichnung EE, EO, OE, 00, JJ, JO, OJ),
also im Ganzen 21, unmöglich sind; und auf solcher Basis ist auch die
nachfolgende Ausscheidung aus den übrig bleibenden 10 Combinationen
für jede einzelne Figur von vorneherein verfehlt, und das Ganze wird
um so verworrener, weil Appulejus die Reihenfolge der Prämissen , wie
wir sahen, umkehrt und ausserdem Combinationen wie AE und EA, oder
AJ und JA, im Obigen doch nur als Eine gezählt hatte. Jedenfalls aber(
liegt uns hier ein Document vor, dass das Zusammensetz-Spiel der kin
disch blödsinnigen Stoiker bereits zum Motive der Syllogistik gemacht
worden war, und hiemit ist ja schon ein grosser Schritt für die formale
Logik gewonnen.
Einige einzelne Aehnlichkeiten mit dem so eben betrachteten Producte
antiker Schul-Logik hat des Pseudo-Galenus Elgctyayri dustXexnxij,
welche erst in neuerer Zeit (1844) durch Min. Minas bekannt wurde,
der sie als achtes Werk des Galenus herausgab 24). Dass das Buch von
Galenus verfasst sei, können wir nicht annehmen, wenn wir auch gerne
jeden Zweifel darüber unterdrücken, ob in der zu Anfang verstümmelten
Handschrift wirklich, wie Minas angibt (IIqo&. pag. Mr'), die Ueber-
24) raXrjVov Eigay<oyrj AiaXtxxixr\. EvQt&eioa xaxa tt\v xtXivau tov
'YnovQyov xfjg ärjfioat'ov jiaiäe(ag Oorpov BiXXe/iaivovg nQiaxijV iniaTt)fiovixi)
V xal wiXoXoyixfjV anoazoXr\v tov M. Mrjvä, v(f' ov xal vvv tiqiotov
iwQ&aiS-eToit xal öiifiooitu&eiea fiera riQo&ecoQfag xal TtaQtxßoXmv. 'Ev
n«Qia(tp. atofiä'. Die Ausgabe als solche gehört zu den schändlichsten Producten,
welche man sich denken kann. Das Schlimmste sind noch nicht einmal die Hqo-
9-doola und die IlaQixßoXaC , denn Solches mag dem mit französischer Schul-
Bildung zur Noth übertünchten Barbaren zu Gute gehalten werden, und auch kann
man diese Dinge ja ungelesen lassen (nur eine kleine Probe mag sein, dass Minas,
welcher den Galenus für den Verfasser des Buches hält, zugleich hinter jenem Borj-
0-bg, welcher in demselben angeführt wird, den Boethius sucht) ; hingegen der Text-
Abdruck übersteigt alles Mass des noch Erträglichen; um abzusehen davon, dass
der gelehrte Neugrieche nicht einmal die Accente richtig zu setzen weiss, gibt er
zahlreiche Proben , dass er die Handschrift eben schlechthin nicht lesen konnte,
daher auch bei allen so zahlreichen schwierigen Stellen jeder Anhalt für uns schwin
det, denn wer kann wissen, was wirklich in der Handschrift stehe? Die Aenderungen,
welche Minas selbst vornahm, sind von vornherein keiner Beachtung werth,
denn derselbe besitzt nicht die Spur eines Verständnisses vom Inhalte. Das grauen
vollste ist die Interpunktion; Minas macht sich Nichts daraus, mitten in einem
Salze einen neuen Abschnitt zu beginnen und für denselben eine Ueberschrift zu
fabriciren (s. z. B. Anra. 26). Der Text der Handschrift ist jedenfalls sehr corrupt,
und die Sprache, welche zuweilen au das Barbarische streift, hat namentlich im
syntaktischen Baue manche Verrücktheiten als cousequenle Eigentümlichkeiten, so
dass ich sogar an die Möglichkeit dachte, das Ganze sei etwa eine Rückübersetzung
aus dem Arabischen ; ich wurde jedoch von meinem Freunde Prof. M. Jos. Müller
belehrt, dass solches aus jenen syntaktischen Eigenheiten durchaus nicht folge. Ich
gebe nun in den folgenden Anmerkungen sofort einen lesbaren Text, ohne gerade
bei jedem Worte einzuschalten, wie dasselbe bei Minas laute; wie viel aber bei
dieser Herstellung eines neuen Textes fast in jeder Zeile zu thun gewesen sei, kann
aus einer einfachen Vergleichung mit der Ausgabe des Minas gesehen werden; eine.
Probe gab ich gelegentlich schon oben einmal (Abschn. VI. Anm. 182.), und wie es
in jener Stelle sich verhält, so in allen.
592 X. Pseudo - Galenus.
schrift den Namen des Galenus enthalte. Der Verfasser dieser Elgceyayi]
führt in derselhen auch andere von ihm angefertigte Schriften logischen
Inhaltes an, neulich : IIsqI iaoSvva^iovaäv nqoTaaeayv (p. 29., Minas
schreibt laoövvafiovvtmv), IIeqI catoSU^iag vitofivrjiiuTa (p. 30 u. 50),
Ilsgl tov tuv 0vXXoyi6ficöv agi&fiov (p. 50), und, wie es scheint, 'TitojivrjficiTa
7i£(A xov (iciklov; von diesen stimmen wohl die Titel der ersten
beiden mit Büchern, welche wir oben als Galenisch anzugeben hatten, über
ein ; aber wer möchte auch aus diesem Zusammentreffen auf einen be
stimmten Autor schliessen, da über die Aequipollenz und über die Syllogislik
gewiss sehr Viele geschrieben haben; und wenn nun auch noch
rTjro{AVJjft«TK Eig tÖ 'AfiiGioxeXovg xäv dexa xutrjyooiwv ßißliov angeführt
werden (p. 36) , so liegt hierin gerade der stärkste Gegenbeweis , da
wir wissen , dass Galenus nie über die Kategorien geschrieben hat
(s. Abschn. IX, Anm. 79). Aber auch der Inhalt des Buches passt nicht
zu demjenigen , was wir von den Ansichten des Galenus in Bezug auf
Logik wissen; zunächst zeigt schon die ganze Hallung einen offenbaren
Syncretismus peripatetischer und stoischer Logik , welcher auch hier,
völlig wie hei Appulejus, an einzelnen Stellen mit einer Polemik gegen
die Stoa sich verquickt; sodann ist die Geltung, welche hier die Katego
rien sowohl für das Urtheil als auch für den Schluss erhalten, sowie
deren Aufzählung seihst (s. Anm. 25) in offenem Widerspruche mit jenem,
was wir oben (vor. Abschn. Anm. 83 ff.) sahen ; endlich ist auch ein sehr
gewichtiger Beweis aus dem Stillschweigen zu nehmen, insoferne jene
ganz eigenthümlichen Arten der Schlüsse, welche wir unten treffen werden,
weder in dem Schriften-Verzeichnisse des Galenus irgend angedeutet
sich finden (eben aber die Monographie über die Vergleichungsschlüsse
— to fiakkov — würde hieber gehören), noch auch in den gesammten
medicinischen Schriften desselben jemals angewendet werden , wozu ge
rade bei dem Gegenstande der Galenischen Untersuchungen reichlich Ge-,
legenheit gewesen wäre. In welche Zeit aber dieses in der That merk
würdige Producl zu setzen sei, lässt sich schwerlich mit Bestimmtheit
angeben ; die theilweise halbbarbarische Sprache mag immerhin auf
Rechnung der Tradition geschrieben werden ; auch möchte ich gerade
wegen der ausdrücklichen Bezugnahme auf die Stoiker, auf Plato und
Eratosthenes das Buch nicht allzu weit herab setzen, da bei den späteren
griechischen Compendicn der Logik Solches nicht mehr Sitte war.
Bei dem gänzlich verstümmelten Zustande, in welchem sich der
Anfang des Buches befindet, müssen wir darauf verzichten, denselben in
Betracht zu ziehen , und wir können bei jener Stelle heginnen , wo die
verschiedenen Arten des kategorischen Urtheiles angegeben werden. Zu
nächst werden die kategorischen Urtheile nach den peripatetischen Kate
gorien eingetheilt, insoferne diese den Inhalt der Urtheile bilden; nur
fehlt biebei die Kategorie des H%ttv, und andrerseits wird als erste Spe
eles offenbar der sog. Existenzialsalz aufgezählt25). Hierauf folgt die
25) p. 5 f. : \4yo{iiv ä' ctviol ntyi xarr/yo^ixiov nQoiaaeiov. tovkov
ovv tviai (Utv vniQ ctnlrig v7iÜQ%tb>( (vnaQ^is ist stoischer Ausdruck ; Abschn.
VI, Ana. 65.) aJiotfttCvoviai , xu&äniQ önoTaC ilai' „tiqovqiu tariv. innaxti'Tavgos
oiix eariv." Hierauf folgen bei Minas die Worte alviyfict tj xa&änt(>
, statt deren der Sinn der Stelle ungefähr iviat <ff vntq oioCus XK&aTrtf)
X. Pseudo ■ Galenus. 593
Angabe, dass das Urtheil, wenn es aus Substantiv und Verbum besieht,
in zwei Begriffe, ein Subject (vnoxtcuEvov) und ein Prädicat (■xuzriyoQOvliwov),
zerfalle, hingegen wenn aus zwei Substantiven und einem Ver
bum, dann das eine Substantiv Subject und das andere Prädicat sei und
liiezu als STtLqqr^ta das Zeichen der gemeinsamen Verbindung jener bei
den komme 26). Dann wird das individuelle Urtheil in Bezug auf die
Quantität allen übrigen gegenübergestellt, insoferne bei jenem die Bezeich
nungen „Alle" und „Einige" unmöglich seien, und die übrigen werden
nun in der üblichen Weise in allg. bej., allg. vern., part. bej., part. vern.
eingetheilt, nur mit Hinzufügung der Bemerkung, dass das particular ver
neinende äquipollent ist mit jenem Urtheile, welches aus dem allgemein
bejahenden dadurch entsteht, dass die Negation vor „Alle" gesetzt wird 27).
Uebrigens wird das individuelle Urlheil auch hier im weiteren Verlaufe
nicht mehr als eigene Art betrachtet.
fordert; die Aufzählung würde nemlich folgeudermassen fortgeführt: iviai de vneg
oiaCns, xa&äneg ai roiaiSe' „b njjy atö/xä iortv. 6 afjQ oix tttrl (Stauet"'
vnh{> ii rov fieye'&ovg „b ijXtog ovx iarl noäiaiog" (das bejahende Urtheil
ist offenbar ausgefallen)' evittt <Jt vneo rf/g noiöryrog „b fjXiog ovx iarl
fcQftög" (ebenso)* evtai dl vnio rov ngög ri „f*t(£(ov 6 fjXwg rr^g aeXt)vr)g"
(ebenso)' iviat Si vneg top nöre „xara rä IleXonovvTjOiaxa yfyovev b'Inno-
*j«rij-" (ebenso)' eviai de vnlg rov nov „Sevregog änb yfjg iaxiv 6 ijXwg.
ovx lau äeviegog ano yi\g 6 fjXiog"4 nveg de vneg rov xeio&ai „xafhquevöv
hn tb rov dibg iv 'OXvftniäotv äyaX/xa. diderai rb rov /libg äyaX/xa"'
nvhdk vneg rov noteiv „H-egpalvu rb godivov. ov S-eguaCvei rb gödivov" '
hiai de negl rov näa/etv „&eg/jaCveo&ai. netpvxa/xev vnb rov godivov.
ol) &eoualvea&at netfvxafiev vnb rov godivov".
2b) p. 6 f. : rag roiavrag ovv ngoräaeig anaaag xarrjyogixäg dvofiti-
{outv 'hexet oatpovg re au« xal awröfiov dtdaOxaXiag' ra (ifgri de iS
vv avyxetvrat xaXovuev öoovg inöuevoi rolg iv ij naXatt) avvrjS-eitt (hier
hat Minas zwischen den Worten öoovg und knouevoi einen neuen Abschnitt mit
der doppelten Ueberschrift „liegt ögtov. lltäg dei dtatgeiv öoovg begonnen),
oiov Iv ijj „dCtav negtnarei" rov re JCtova xal rb neginaretv, vnoxeCutvov
ulv ögov ibv Äitova^xarrjyogov/xevov de rb neginaretv Xafißcivoftev
Sik ulv ovv tS öröfiuTog rj xal gt),uaToe ») ngöraOtg , ovrm /gij diatgetv
toiig öoovg' örav de £f övofiürtov xal grjfiarog, oiov ,,/ICtov äv>onog iariv",
inoxtioHui uev igovuev rbv Alwva, xartjyogeto&at de rov av&gainov, e(to-
*fv de nqogxaztjyogetO&ai (aristotelischer Ausdruck, s. Abschn. IV, Anm. 204.)
tnt'oQriua rijv xotvtavlav rtov ögtov ivdeixvv/ttvov.
27) p. 7 f. : örav utv ovv (nl sfCtovög ri xarijyoQäj/uev, ovx iy/togel
Uyeiv ovre nag ovre rlg , örav d" Itp' hioov noayuarog , ö re"fivea&at
ivvttrai , xa&äneo in1 av^Qtänov xal SivSpov , öiiooCa&ai /Qtj xara rbv
löjw, elre navrbg ttvrov xart)yooeirat rb xarrjyoQovpievov elre rivög'
üsttvrtog äe xal, ei navrbg rj rtvbg anoif aoxerai. xal roCvvv ai nnordoetg
ttl utv hua r<fi nag 'ieyöfievai xa&öXov xaratf arixal xa).t(o{tioo~av , tag av
et tlnoifiev „nag äv&ptonog £ü)6v (an. naaa nldravog StvSoov iarl",
<ti äi änotpäaeig navrbg rov yivovg xarrjyooov/tevai anotparixal re xal
Crtpiji'xai xaS-ökov nnogayonevtaStoattV, tos örav elntauev „oldilg av&Qton°
t yoanrög loriv" , öaai de ovre xaiyyooovotv ovre änotpäoxovotv ölov
Toi yivovg,Jv fiioei xaleCa&toOav, mg ini fte'oovg xaratf.artxrj fiiv fj roiavri}
„rlg av&Qtonog £tjjov" , anotf.artxr) Sk fj roiaSe „rlg av&Qtonog ovx iarl
tßov" , laov äk ävvafiivrjv ry rekevrala nqoraaei rt)V rotäväe „ov nag
ttv&Qtanog f-pov lariv'1, dnotparixriv iv fiigei xal ravrqv dvofia^ouev. örav
rff oiaiag tÖQiauivtjg ov xara rb etäog uovov aXXa xal xaret rbv agiS-ubv
xarriyoQtöiiiv ri, rore ovx iy/tooel liyetv ovre rb nag ovre rb rlg ovre rb
oi näg ovre rb oiäe(g' Iv yovv rrj „Altav av&Qtonög lariv" oiiä'ev rtSv
tlgiftiviov oiöv re nnogelvai.
Punil, Gesch. I. 38
594 X. Pseudo - Galenus.
Dann folgt die Untersuchung über die Voraussetzungs-Urtheile (wrodermal
ngorccGsig) , in welchen nicht ein Stattfinden, sondern das Verhältniss
einer Voraussetzung, unter welcher Etwas stattfindet, ausgesprochen
wird; und zwar solle ein Voraussetzungs-Urtheil der Continuität (xcatt
Gvve%uav) jenes heissen, in welchem der nothwendige Nexus des Statt
findens zweier Dinge ausgesagt wird, hingegen ein Voraussetzungs-Urtheil
der Disjunction (cWi^iet»»/) jenes, in welchem die gegenseitige Exclusivilät
des Stattfindens zweier Dinge ausgesprochen wird28). Vergleichen
wir diess mit den Annahmen der älteren Peripaletiker betreffs der Voraus
setzung (Abschn. V, Anm. 64) und mit der stoischen Eintheihing der
zusammengesetzten Urlheile (Abschn. VI, Anm. 124 — 128), so liegt aller
dings zunächst darin , dass die Voraussetzung (v7t6&s6ig) der gemein
schaftlich höhere Begriff ist, ein peripatetischer Grundzug; aber abge
sehen von diesem ist, wie wir sogleich sehen werden, alles Uebrige
durchgehends stoisch. Es werden nemlich an jene Angaben über die
Voraussetzungs-Urtheile sprachliche Bemerkungen über den Gebrauch der
Terminologie selbst angeknüpft; und schon eine flüchtig hingeworfene
Notiz, welche diesen noch vorausgeschickt wird, hat deutlich das Gepräge
stoischen Ursprunges ; denn wenn gesagt wird, die ruhenden Eindrücke
der Sinneswahrnehmungen seien IWoiat, und hinzugefügt wird, es gebe
auch solche ivvoiai, welche nicht aus dem sinnlichen Gedächtnisse fliessen,
sondern allen Menschen gemeinsam eingepflanzt seien, und ferner, der
Sprachausdruck der 'ivvoiai sei das ai-imfia 20), so dürfen wir uns nur
an dasjenige erinnern , was wir in dieser Beziehung als Eigenthum der
Stoa kennenlernten (Abschn. VI, Anm. 62 ff. u. 115), um über die Quelle
dieser Angaben nicht einen Augenblick in Zweifel zu sein ; und wie sollte
nun Galenus , welcher ebenso wie Plutarch bei jeder Gelegenheit die
stoische Lehre von den xowui h'vvoiai tadelt und verspottet, Solches ge
schrieben haben? Hierauf nun wird angegeben, dass das Urthcil „Wenn
es Tag ist, scheint die Sonne" ein Voraussetzungs-Urtheil der Continui
tät sei und als solches (vno&STixij netza Gvvi%Eiav) auch von den Aelteren
bezeichnet werde (d. h. wohl von den Peripaletikern) , hingegen
bei den Jüngeren (d. h. den Stoikern) ein 6vvf](i[ievov vJ-lcofia heisse;
das Urlheil aber „Wenn es nicht Nacht ist, ist es Tag" sei ein Voraus-
28) p. 9. : yfvos aXXo nooraatiüV löriv, Iv aig ri\v anöifavaiv ov niQi
irjg vJtäo'Stiug notoifxi&a rwv TTQay/xilrwv , äXXä ntol rov rCvog oviog ri
Ion xai rlvog ovx ovrog ri loriv' inofrtrixai ovv övofia&o'lioOav a't
roiavrai TiQOTctaitg , al /.(iv, orav nvbg ii^gov bvrog l'£ aväyxrjg elvai Mywoi
roSt ri, xctrtt owfytitiv , ai flk, orav rjroi /xrj bvrog tlvai f] ovrog fii)
tlvai, äiaiQtnxal.
29) Ebend.: Xfyttv 3t tlvai r/ vnaoytiv ovätv Siaifjintt rotg "MXXriair
(d. Handschr. hat aXXoig iva) iinaai roig rt vvv xai zoTg TiaXaioTg öigntn
ovSkro wf>tOTi\x(vai, naoa roig vvv yat> xai roiiro xara rijg avrijg tvvodti
Xtytrai (also an die Bemerkung, dass jenes Synonyma seien, knüpft sich die Er
wähnung der ivvoia und hiemit das sogleich Folgende). Inti Si t<3v aia&Tjrwv
ngay/iariov e/o/.itv fj.vr]fxag, orav /itv xivr\otig ravrag noirjaiö^t&a, xa9antp
tl rv/oi In' l4&rivcäiov , övo/ia&O&w rovro fjUiv vör\aig, brav St r\0\>-
%aQuvaai rvyiaGiv, evvoiaf roiavrai <5" eloi xai aXXct i, ovx ix fxvr\fir\q tat
aiafhr/atiov , aXX' 'ifiiivroi niiaiv vnaoyovai' xaXovOi eff airag ol iraXam
rtSv iftiXoaöif oiv , brav tQfirivtvmvrai öia rfiavijg, ä$Co)/xa' noXXäxig fitvrot
xai rryv ivvoiav vor/mv dvo[ia£ovaiv ol "EXXr/veg.
X. Pseudo - Galenus. 595
setzungs-Urtheil der Disjunction, und heisse l)ei den Aelteren vito&srwr)
xcaä öicüqeoiv oder diaiQEtwr), bei den Jüngeren aberdiE£evynivov al-imfict ;
und während ganz nach stoischer Weise die grammatischen Partikeln
als Kriterium erscheinen, insoferne bei erslerem Urtheile eI oder lud der
Sprachausdruck sei, bei letzterem r/' oder r\xoi, wird doch wieder aus
drücklich gesagt, das Urtheil „Entweder ist es Tag oder es ist Nacht"
sei äquipollent mit „Wenn es nicht Nacht ist, ist es Tag"; und wenn
daher auch der Sprachausdruck gleich sei, so liege der Unterschied in
der objectiven Sachlage der Dinge, welche im Urlheile ausgesprochen
werden 30).
Eben an diesen objectiven Bestand der Dinge knüpft sich nun die
Erörterung betreffs des Widerstreites (ft«CT) an ; es wird nemlich zwischen
einem vollkommenen {xtlüa fiüxr)) und einem mangelhaften {ikkum\s ft.)
Widerstreite unterschieden, und diess näher dahin bestimmt , dass der
vollkommene zwischen jenen Dingen stattfinde, welche nicht bloss nicht
zugleich bestehen, sondern auch nicht zugleich vergehen oder abwesend
sein können, d. h. deren immer das eine nolhwendig bestehen muss
(das Beispiel ist Tag und Nacht) , der mangelhafte hingegen zwischen
jenen Dingen, welche bloss derartig sind, dass sie nicht zugleich bestehen
können (z. B. Aufenthalt einer Person in Athen und in Korinth) ; zugleich
auch wird hinzugefügt, dass bei einem vollkommenen Widerstreite eben
wegen der nolhwendig bestehenden Alternative syllogistisch durch Annahme
(jtpo'sArjij/i?, s. Abschn. V, Anm. 67 u. Abschn. VI. Anm. 175) des einen
Gliedes derselben nothwendig das andere bedingt sei, hingegen bei dem
mangelhaften Widerstreite diess nicht der Fall sei31); auch werde letz-
30) p. 9 IT.: (lüXtOTu fiiv ovv Ineidav bnän/ov ri mattvtfTtu dt' ereQov
inufixav xtträ TtjV ßvve'/eiitv , vno&enxi) ngög tiöv Trctlaiiöv tpiloaoipiav
övouafcTcu riQoraaii' ijdr) di ftivroi xtei ineiäctv, dtöii iti}' tort Torfe, tiveti
röoe roiö/tev, oiov öri viiS ovx eariv, rjfiioctv etvcu , fidkiarct fiiv ovv ovofiiifouffi
%r\v ToiavTtjV itqouxoiv diainerixqv ov fti)V ctkX« xcil die(evyfte"vov
«lliafiu not tiöv VeariQtav ifikoaöifiav ovofiaZnm , xtiltcirren ye xa\ ovvtjfiftivov
to 'frtQOV eldog rrjg TTitoräaemg tiöv imoüettxiöv (ig xnrä avvi/eiav
lUyofitv ytveoft-tti' oixdorÜTTj ii ian le"£ig iov die ff vyfi(vov rolg ct'iiiofia-
<liv, « äijkovöri diaiijenxctg nooTnaag equitev dvoft&fco&ai , diä tov rjroi
(j. ij tj r^xoi) avvdiaftov , äimpt'Qti di oiidiv jj dia fiiäg aviXcc'ßfie Xiyeiv ij
äiädvoiv, eri. rolg awrififie'votg du'i roi) ei (l. ei rj Inet), eiTret) i'v xai '
otiot arjfiutvovotv äar' dvofid^eaf^ai rbv fiiv rowürov Xöyov „et ij/xt'Qcc
lor'tv, ö f,kiog vneo yijv ton" avvrjjtfie'vov »Stuftet xarü ye rovg veioTegovg
iptioaowovg , xara fie'vroi rovg yrtü.aiovg ngöritaiv vno9trixr\v xaia rfwe"-
yeiuv rovg d£ yt roiovrovg „rjroi rjfie'gct toriv t) vvS iori" die^evyfiivov
fttv ü'itiofta. nagaroTg veiure'goig wtloooipoig, noorttaiv de vnoSerixriv xcitix
diatgeaiv netou toig nnkaiuig. iaov de r\ diaiQiTixrj nnürtiGig dvvciTtii
Tip Tmovrip loyip „ei fir\ tjfiinn toit, vi$ löri", ov Iv o/^o«ti le"£etog aw-
"jltftt'vov leyo/tevov, äaoi fiiv T«i"s tf iüvctig ftovov nQoge/uvoi, avvijjtftt'vov
ovoftafcvaiv, öooi äi ry (f vrfei tiöv Troayfiuxiov äieievy/te'voV mgavrtog de
xal to raiovrov eläog rVjs Xe"£etog „et ftrj vyS lanv, rjfte'Qcc iart" d*ie£evyfiivov
lariv aiiiafta tj ifvaei tiöv noctyftKTiav airrj, awrjfifit'vov de idiav
fr« t» U£et.
31) p. 11 f.: r] fiiv ovv roiavTTi uvaig tiöv ■noayftaTiav reletav evietxvvTtti
t»|V ftäxijv, ij di irf'p« rijv llkeinfi xctd-' %v oidinio Xfyoftev „iv
Xfrrivt)Olv laxi Jtmv, Sri ovx lariv 'loS-ftot /liiov". r) yctQ toi fia/r) xoivöv
ftiy fjrf«. tö ftTj awvnaQxeiv ra 0vft/ttt%6fteva' dtaipe'Qei ycig tiö tivu
ftiv ttqös rio fti) avvvn&Qxetv (tij oidi awanölkvaS-tti dvvua&ai, tial di
38* V
596 X. Pseudo - Galenus.
tere Art des Widerstreites schon sprachlich durch „Nicht zugleich"
ausgedrückt, hingegen in jenen Fällen, wo weder Continuilät (üxolov&icc,
wieder der peripatetische Ausdruck) noch Widerstreit (fict%ri) bestehe,
sei die Verbindung eine copulative (avimenXeyfiivov, stoisch ; s. Abschn.
VI, Anm. 124 u. 127), und werde ein ganzes solches Urtheil verneint,
so heisse diess anoqxnmr] öi>f«rAo>nj (s. Abschn. V, Anm. 71) oder catoqxtuxrj
6vfi7t(7fXeyjiivt] 32). Nachdem hierauf neben diesem Syncretismus
der Terminologie und auch des Inhaltes (denn die fiap], welche wir
auch bei Appulejus trafen, ist stoisch) eine polemische Stelle gegen die
Stoiker folgt, wird sodann festgestellt, dass, wo vollkommner Widerstreit
ist, das Urtheil öu&vy(ie'vov heissen solle, und wo mangelhafter, nagetjiXrjOicog
8ie$tvyiievov, mit Hinzufügung der Bemerkung, dass einige Urtheile
auch mehrere Glieder, welche zugleich wahr sind, haben können,
und dass diese von Einigen itagaöie&vyfieva genannt würden, im Unter
schiede von dem Sit&vyiievov , bei welchem nur Ein Glied wahr sein
könne; bei diesem letzteren nemlich stehe, wenn es mehrere Glieder
habe, jedes derselben mit jedem einzelnen anderen in mangelhaftem Wider
streite, mit der Gesammtheit aber in vollkommenem, weil wenn Eines
besieht, die übrigen nicht bestehen können 33).
xal toC#' vnaQ^eiv' oxav oiv iv fiövov avxotg xb ftr) avvv7idQ%eiv, iXXei-
Tifis iaxiv r) fia%r) , oxav dt xal rovro rb fir) ovvanöXXvO&ai , xeXeCa, xcüv
yctQ xotovxtov nQayfictxtüV äväyxrj dvoTv &ctxeQov firj ovx elvaf diö xcti
avXXoyidfibg airoTg dirrbg , ei fiiv nQogXtiy&itT) rb rj/ie'Qav elvai, neQalvofifV
rb fiij elvai vvxra, nQogXrjtp-D-e'vrog de xov fir) elvai rjfiiQav rb vvxra
elvaf xaxa de xi)v iXXemfj fict/r/v i'v fiövov TXQogXafißavövxtov oidtv avayxalov
(die beiden letzlern Worte fehlen in d. Handschr.), xaxa dt rrjv xeXeiav
fi&X,r\v ävayxaiov &äxeQov S d' av ovxta noogXafißävrig äSl(o/ia , nqog-
Xrjipig eixöriog övofia£erai. Vgl. Anm. 51.
32) p. 12. : inl fiiv rrjg iXXeinovg ficyrijg iv e&ei rotg "EXXrjalv iortv
ovrio Xiyeiv „ov%l (dass ov%C einzusetzen ist, zeigt ausser dem Zusammenhange
die Stelle in Abschn. V, Anm. 71.) HS-rjvrjai re xal 'lafrfioi /Hiov". ivdeixxixr\
v dt etei rr\v xoiavxrjv ipwvrjv (diese ipiovrj ist eben oii^i— xe xal) Saov y*
ix xrjg iXXeinovg fiä/rig. et dt iq>' exe~Qav Xiyoixo (fiovrjv xal fir]xe äxo-
XovS-Cav t^oi ngbg aXXrjXa firjxe fiä^r/v a7ioq. arixriv , GvfinenXeyfiivov xa-
Xeixai ro xotovxo aiCiofia, xct&cineQ inl rov „dimv neomaxel xal Qe"u>v
diaXiyerai" ■ zavxl yctQ obre fict/r/v ovx' dxoXov&Cav e/ovia xaxa avfinXoxrjv
eqfxT\vevef dib xaneidav anotfäaxtofiev aixet, xbv Xöyov ixeivov rjxoi
äno(f axixi)V avfi7iXoxr\v fj anotfaxixrjv elvai OvfinenXeyfiivr\v (prjoo/ieV
ovdtv yao TiQog xo tiuqov äiatfioei nvfinenXeyfiivx\v Xiyetv anotfarixifv
rj avfinXoxrjv dnotfaxixrjV , e%ovxög ye" Oov oxonbv iv ändarj Xi^ti rb drj-
Xtöaat xolg niXof oxi neg äv aiixbg ivvorjg. Die folgende gegen Chrysippus
gerichtete Stelle haben wir schon oben, Abschn. VI, Anm. 127., angeführt.
33) p. 13 f. : xal xoCvvv evexa aa<povg xe ajua xal awxo/xov öiäaaxa-
■XCag oiidiv xtoXvei xä ftiv xijV xeXeiav f^ä/rjv e%ovxa die(evy(ie"va xaXelv,
xä fit xijV iXXeinij naQanXr\ai(ag die £evyfie"vu , TxaQttnXrjaia dt Xiyeiv rj
ofioia diatfeQixot [irjäe'v evia d' ä£i<äfiaxa iy/aioel fiev elvai. xal nXelio
xal ndvxa xal firj fiövov iv dvayxalov dia xb avvvnaQ/eiV bvofiäCovot d'
evioi. xä xoiavxa 7ia(iadie£evy/ie'va , xtüv die(evyfie'viav e'v fiövov i/övxmv
aXrj&eg av x' ix dvoiv a^imfiaxoiv änXtag av r' ix nXeiövmv <svyx£r\xaf
fv- fiev yctQ änXovv äiiojfia to ,,/llu>v neQinaxeV xa&cmeQ ye xal xb „xä-
O-rjxai dltov" , i'v dt äjjCiofia xal rb „xaxdxeixai A(tov" , ägneQ ye xal rb
„XQfyei" xal rb „eort]xevu , äXX' iij anävxmv airiov diefrvy/ie'vov ct'itwfia
■ylvexai roiövde „JCtov tfroi neQinaxet rj xd&tjxai fj xaräxetrai rj rQe^ei rj
eorrjxev'1 ' oxav de ovxto rt avyxeCfievov 5, i'v fiev iv ctvxoig bxiovv ixetaro)
X. Pseudo - Galenus. 597
Unmittelbar hierauf folgt eine ganz kurze Angabe betreffs jener
Syllogismen, deren Obersälze Voraussetzungs-Urtheile, sei es der Disjunclion
oder der Continuilät, sind. In Bezug auf erstere wird gelehrt, dass,
wenn die Disjunclion nur zweigliedrig ist, bei vollkommnem Widerstreite
sowohl von der Existenz des einen Gliedes auf die Nichtexistenz des
andern, als auch umgekehrt geschlossen werden könne, hingegen bei
mangelhaftem Widerstreite bloss aus der Existenz des einen aufdieNichtesistenz
des anderen; ist die Disjunction mehrgliedrig, so gelten eben
diese nemlichen Regeln bei heiden Arten des Widerstreites nur für das
Verhältniss Eines Gliedes zur Gesammlheit der Uebrigen, nicht für ein
zelne Glieder unter sich. In Bezug auf die Schlüsse aus Voraussetzungs-
Urtheilen der Continuität wird , selbst mit gelegentlicher Nennung des
Chrysippus, der Grundsatz angegeben, dass aus der Existenz des Vorder
satzes auf Existenz des Nachsatzes und aus der Nichtexistenz des letzteren
aufNichtexistenz des ersteren geschlossen werde 34). Somit ist hier in stoi
scher Weise der sog. hypothetische und disjunctive Schluss unmittelbar an
die Lehre vom hypothetischen und disjunctiven Urtheile angeschlossen und
hiedurch gleichsam eine Vorausstellung jener Schlüsse vor den kategorischen
(s. vor. Abschn. Anm. 67) bedingt; auch werden wir sogleich sehen, dass
dieselben wieder an die Lehre von der Unikehrung angeknüpft werden.
Allerdings treffen wir bei der eigenthümlichen Behandlungsweise der ver
schiedenartigsten Syllogismen, welche diesem Compendium eigen ist, den
nemlichen Gegenstand noch einmal unten (Anm. 50 IT.).
Nun folgt die Lehre von dem Gegenüberliegen (ccvrixEiadai) der
Urtheile und Schlüsse, woran sich hier die Umkehrung der Urtheile anschliesst.
Zunächst nemlich wird bemerkt, dass das Gegenüberliegen bei
Urlheilen und Schlüssen in jenem vollkommenen Widerstreite beruhe, sodann
dass bei hypothetischen Urtheilen diess schon erreicht werde, wenn nur
das eine Urtheil vor dem anderen überhaupt einen Uehersehuss an einer
Negation voraushabe (über diese stoische Auffassung s. Abschn. VI, Anm.
133), dass aber bei dem kalegorischen die Negation mit dem die Quan
tität bezeichnenden Worte zu verbinden sei und nur, wenn das Urtheil
tiäv aXXmv fiü/ttai päxW WA**«?, ttt ncevice dt aXXrjXoig äpa rekeCav,
IntiäriniQ üvayxaTöv taztv , i'v ftlv vTittoyjtv iv aitroig, ov/ vnctQxetv 6*k
rn «XXa.
34) p. 14 f.: xttiü ftiv ovv xr(V TtXeiav pccxiv dvo avvtOxaVTai tfuüo-
^idfiol noogXafißavovTwv ^uiöv rjrot rö vnäQ%eiv rj to /j.rj vnanxnv to
ertQov ttiiräv , (nuptnövxiav d" ixaregov od% vjiaQyjiv f) vnägxetv Sia
ioD#' «nXtSg- xarcc dl tt\v ikXt mrj fj.la fiiv 17 nQogXrjrpig iv räv fia^o^vtav
vnaQxttv , Sv <f£ xai to avfintqaafiit fii] vnaQyeiv t6 Xomöv ovxm fiiv
ötuv ix Svolv r\ fiayt] avvtarrjxrj. nXetovwv di tüv [itt%Ofx£v<ov ovTtov
ln\ fih' rr\g reXclag f*«xi5 ijroi ye i'v vTtttQytiv tinövitg anofryaofiev rö
iomöv cmav ^ (xitvo n&v nnoqi^aofiev vnaQxuv toovVTtg to ev oh /itjv
oute änotprjOccvTeg tu i'v läaofiev inan/eiv ti Xotnbv ovrt xa.T«<fr\aaVTig
Ixiivo ro i'v vnäqxsiv iTi iv Inl r% (XXemovg fiäxiS inägxeiv ünövTig
änotf.riaojxiv to Xotnbv nXij&og , ov ur\v äXXijV yk Tiva nQÖgXrjxjjtv i^ofttv
(nnrySetav etg avXXoyiOfiöv. Iril di rijs x«t« aweyetav ino&eTixrjg noo-
TKortoif, jjv ol negi tov XnvOtnnov dvopaCovai Ovvrjftfitvov it^Cmfia,
nQogXafiövTtg fitv rö fiyovftevov t'iofiev to Xijyov avunioatjfia , ngogXaßovreg
de tö tov XriyoVTog «vrixeCfievov eSjofitv övfin(gaa^.a to tov tjyovji(
vov aVTixttfitvoV ov (ir)V oü'it to Xijyov noogXaßövTeg ovtc to ccvrixeCfiivov
tov riyovjxivov avfiniQaafia eSo/iev.
598 X. Pseudo - Galenus.
ein individuelles sei , zum Prädicate gehöre — ein wirklich unsäglicher
Leichtsinn in Behandlung der Negation — , ferner dass zu dem allge
mein verneinenden Urlheile keine Negation gesetzt werde-, weil dessen
Gegentheil schon im particular bejahenden vorliege. An die Angabe
sodann, dass alle derlei Urtheile, welchen die gleichen Begriffe gemein
sam sind, Ovvoqoi heissen, knüpft sich, weil solches auch bei der Um
kehrung der Urtheile der Fall ist, die bekannte Regel betreffs der Um
kehrbarkeit 35). Bei dem hypothetischen Urtheile wird in gleicher Weise,
wie wir es bei Galenus sahen (vor. Abschn. Anm. 95) , zwischen ava-
GTQOCpfi und avuGTQOCpri unterschieden 3ß). Und es scheint, dass dieser
Unterschied auch für die Umkehrung der Schlüsse eingehalten wurde,
allerdings nur mit Bezug auf die stoischen fünf avanodimroi, welche
hier die Bezeichnung äikrj(i,(iiazoi haben (s. Abschn. VI, Anm. 182 u. 187);
es scheinen nemlich avctGToecpovzeg ovlkoyioiiol jene genannt zu werden,
in welchen bei Einer gleichen Prämisse (der itqögkriipig) die ungleiche
(das sog. tQoniKOv) sich durch blosse Vertauschung der Termini unter
scheidet, hingegen avziozoirpovzsg jene, in welchen die ungleiche Prä
misse das einemal contraponirt ist; wenigstens wird noch hinzugefügt,
dass innerhalb der gleichen Figur (d. h. eben bei den fünf avcmöäHxtoi)
die avxiOzqitpovztg gleich wahr und gleich schlussfähig seien 37).
Insoferne aber hier jene hypothetischen und disjunetiven Schlüsse der
35) p. 15 f.: ctVTtxeiaS-ai (Fi äXXrikotg Ovfine'Qaa/xa xai nooraOtv övo/iafrfiev
, ei (Ort ztXeCa uä%r) xai %QV nävziag nvxiSv eivat filv zo titQov
ovx elvat 3i *«rf (W 1 (nl fiiv ovv rtäv vnod-ez txtSv nooTttaetov anotpäoet
nXeovexTei to 'heqov aittöv in% äe tiöv xazriyoQixtSv. ev&a fiev nQÖgxenat
To näv, äfia anötfaotg rovrov, xara äl rr\v „StaxQazrjg neginaxtV tov
xazrjyooov/ie'vov TiooTaS-o/Aev tt)V AnotpaOiv, tag yevia&at tov Xöyov Totövöe
,^SioxQ«Trig oi neQinaTt t" • Ttjg tff xa&öXov OTeQtjTixijg ob äerjaöfted-a tiqotüttsiv
änötpaoiv, ccvt ixet fi(vr\v e^ovreg ctörrj rr\v tv ftiqei xazatftiztxrjV;
ägneq ye xai zijg TOiavTtjg TtjV xa&öXov OTeqrjTtxijV , (Hots firjäi ravTtjg
anoifttTixiiv TtQOTtt^Ofitv. dvofiäfovTai ö°e ai Totaurai nQOTÖoeig anaaai
Ovvoqoi , Stört xotvtavovOi Totg OQotg, in xai al aVTtOToe'tfovoai ftevövztov
(bei Minas steht zoig bqotg aroxlag OTQetfovaat ftiv adztüv) Hoog aXXrjXag xara
zr\v ivaXXa'itv Tijg XiZetog ztöv oqtov, zovze'OTtv brav ftiv 6 vnoxeCfievog
yivryiai xaTr\yoqovfievog , ö xarrjyoQovftevog dl bnoxelytevog ävztozQe'tpy'Kt
äi uerä Tijg Toiavrrig IvaXXäSetog OvvaXrjS-evöftevat r\ ftiv xad-öXov tfrtpi;-
Ttxrj nqbg eavrijv logneQ ye xai r\ xara fte"qog xaratfaztxrj xai fj xa&öXou
xaTaipaitxii (diese vier Worte fehlen in d. Handschr.) nqbg rrtv Iv jxe'qef Xoinbv
oi r) xara ftiqog anotpuzixri nqbg oiäe/xCav avTiazqetpet.
36) p. 16.: xara fte'vzot Tag bnoS-erixag nqoTaaetg ij ftiv avaorqotpri
ylverat Tijg Xe"£etog TtSv oqtov vnaXXaTTOfte'vrjg, rj de avTtarqotpri ftera äv-
Tid-tattog avxäv ' tö yao „ei rjfie'Qu IgtI, tpäig Iotiv" avaatqe'qiei eig ro „ei
(füg Iotiv, rjfie'oa (ot("' toihvtt) ftiv iv Talg noozaaeoiv fi avaaiQoif^.
Das Beispiel für aVTiOTgourri scheint ausgefallen zu sein.
37) p. 17.: (es gehören die folgenden Worte zu den corruptesten) avXXoyiqfiol
rft äXXrjXoig avaOTQt'<povaiv (Min. aVTiOTotipovaiv) oi äiXrjftftaTOi , (iv
i'v Xijftfta xoivbv, iö äi Xomov (M. xotvöv) ov (M. rj) erepov avrCxeiTai
T^ tov Xomov ov/j-nepäoiuaTog rj xarä rijv Af"|iv (M. xarä TaXoinä)' xarä
tft Toiig noXXa (M. noXXovg) Xrififiara e/ovrag habe ich eingesetzt) Tovg
. ovx änXovg d'oxel ere"Qu>g (für änX. ä. er. bei M. änXovare'qovg)' oi fir\v äXXä
i'v Xijfifta xotvöv {xotvöv eingesetzt) • aXXa noog&i\aofi.ev iviore nXeCto eig (für
Iv. nX. e. bei M. oi eig nXeCto) tov bXov Xöyov , noiovvreg ioiovtov. aVTiaToitpei
öl Xöyog Xöytp , tov i'v rj nXetta X^fifiaia xotvtovel, ra 6°e Xoma
0/j.ov ävTCxeiTtxt xtfi tov Xomov avft7TeQaa/j.aTog xai fiövov x«i« tov rqonov
X. Pseuda - Galenus. 599
Stoiker gelegentlich der Umkehrung ausführlich angegehen wurden, reiht
sich die Bemerkung an, dass hiebei noch Eine Schlussweise , das sog.
nitQaevvs&vyiievov, fehle, nemlich jene , in welcher bei mehreren Glie
dern der Disjunction auf die Existenz des einen aus der Nichtexistenz
der übrigen oder aus der Nichtexistenz des einen auf die unbestimmt
mögliche Existenz der übrigen geschlossen werde (s. unten Anm. 53 fl'.).
Und nach einer Erörterung über die Stellung der Voraussetzungsschlüsse
überhaupt wird auf den kategorischen Schluss übergegangen 3S).
In eigentümlicher Weise aber wird dieser Uebergang veranstaltet;
es wird neinlich dem VorausSetzungsschlusse , hm welchem der Unter
satz, d. h. die TtQÖglrjiiiig, durch den Obersatz nothwendiger Weise schon
bedingt sei, der kategorische Schluss eben darum gegenübergestellt, weil
in letzterem keine dergleichen bindende Notwendigkeit bestehe ; denn
sowie nur Einer der beiden Termini, aus welchem das eine Urtheil be
steht, wieder in dem zweiten vorkomme (wobei die Reihenfolge der Prä- '
missen als gleichgültig erscheint; s. oben Anm. 19), könne ein Schluss
erreicht werden, wobei weder in Bezug auf die Wahl des dritten Ter
minus noch in Bezug auf Bejahung oder Verneinung ein beengender
Zwang vorliege 30) — man sieht, dass der aristotelische Mittelbegrill'
hjioliai f%ti. Nun folgt jene Aufzählung der stoischen fünf aviaiödeizToi, welche
wir schon "oben, Abschn. VI, Anm. Ib2., angeführt haben, und hierauf (p. Ii).):
uu xoivvv ägTien to Xr)iifiuTa Ovi'aXij&tveTat xaja Tag aVTiai QOffäg, ovtco
?.ta roig äXrjSifai. Xoyotg xai rnÖTTotg (es gehraucht also der Verfasser auch hier
die stoische Terminologie) vTtäg/ti avXXoyiOTixolg eivcu, äare tov avTiOToeifovx
« tw avXXoytaTixw tqötcio avXXoyiarixbv slvcti xai uvtqv.
38) p. 19.: Inl ftiv ovv r<ov ynotttTixiov TZQOTaoecov ovntQ tqötiov ol
ovttoyiOfiol ytvovcai, ifedtiXTai ttXt)v trug tqötiov tov xttta to nuQuawt-
C'vyfitvov, hfi' oii ijärj tiov tt QogXfj-ptiöv Iotiv t) dtttqoQcC t]toi yicq ov^
vnaf>%uv uTtavTci nXmv ivbg TiQogXußövreg vnttQxfiv igov/jev ixuvo r\ to fv
nhito xaraXtinot av övtcc , xai xciTa to sv än&vyLit'vov i% avTtov iaiui
vvfint'QaOfin. Was hernach über die Keihenfolge der Schlüsse gesagt wird, haben
wir schon im vorigen Abschn. Anm. 67.' angeführt.
39) p. 20. : oaoi dt bnoU-eTixol avXXoyiOiiol , tt)v nQÖgXrjijjtv AvayxaCav
(yovaiv, oi xaTr\yoQixol dt oix f/ovaiv 6 yuQ toi tinav „anav xaXov ai-
<>itöv lonv" avayxalov fxkv f/f/ nijbg tu yivta&ai Tiva avXXoyiafiöv f/Vot
ro xaXov rj to ctloeTÖv Iv r/j d'twrf'p« nqoTaasi nanaXitiißttVtiv , oii fir)v
iO.X' iv Ttj xitTct tlaTCQa TTQOTaaei nanaXaiißavti Ötiovv , ovts xaTcwf üaxti
"vre äjiotf äaxei. ti II; aväyxr\g ovts liövov <äg iv tatg vnod-tTixalg , äXXä
piU-' oiov nto av hitgov avimXixuv avTÖ [lovXrjftfi' ävvaTov fitv yaQ avTcp
Xttl TOlCtVTT]V TCQÖTttOlV Tjjf TIQOTfQll nQOg&f-VTl TlOlijOai OvXXoyiOflOV „71UV
ttineibv aya&öv Iotiv" , (Otcu yäo b o~vXXoytafj.bg „anav xaXov äyaS-öv
1<jti." (Allerdings sind auch hier, wie wir es bei Appulejus (Anm. 19.) sahen, die
Prämissen umgestellt, und es haben insoferne die Termini eine äussere Anordnung
wie in der sog. vierten Figur; aber da eben hier die Willkür in Zusammenstellung
der Prämissen hervorgehoben wird, so ist an eine specielle Figur um so weniger
2u denken; und indem nun im Folgenden mit den dürrsten Worten mehrmals ge
sagt wird, dass es drei Figuren gibt, und dieselben rein aus aristotelischer Doctrin
dargelegt werden, so ist es geradezu einfältig, wenn Minas mit knabenhaftem Juhelgeschreie
verkündet, hier in jenen Worten stehe die vierte Figur deutlich vor uns,
und es sei nun unbezweifelt Galenus der Verfasser dieses Compendiums; s. übrigens
d. vor. Abschn. Anm. 99 f.). ifwarbv cF£ xai näv xaXov otlovv itXXo xctTrjyo-
QrjauvTa tocovtov iQyüfra&ai tov avXXoyiafiöv oviio ö°k xai xafh^ heoov
Ttiv Spray tö xaXov aXXto öpw vnoftivTi oiöv t' iOTi noiijOae&ai avXXoyiafibv,
oiov ovTtog „■) tfixaioovvri xaXov lau , To xaXov alotTov iOTi."
600 X. Pseudo ■ Galenus.
hier schon völlig todtgeschlagen und das Terrain hübsch egalisirt ist,
um das raathematische Combinations-Spiel aufzupflanzen — ; und mit der
Bemerkung, dass in Folge eben dieser Freiheit der beiden Urtheilen ge
meinschaftliche Begriff (jtowoff 090g heisst hier der Mittelbegriff) sowohl
in dem einen Urlheile Subject und in dem anderen Prädicat, als auch in
beiden Prädicat und ebenso in beiden Subject sein könne, wird zur Dar
stellung der drei aristotelischen Schlussfiguren geschritten 40). Hier aber
folgt der Verfasser des Gompendiums, welchen wir nach dem Bisherigen
fast für einen Stoiker halten müssten, nun plötzlich der reinen aristote
lischen Lehre, indem er, wenn auch mit einigen Ungeschicklichkeiten, die
vierzehn Schlussmodi der drei Figuren g^anz nach Aristoteles aufzählt
(die vier Modi der ersten Figur werden avanoduxroi genannt, s. Anm.
19 a. E.) und auch in dem Nachweise der Schlussfähigheit oder ihrer
Keduction auf frühere Modi völlig mit demselben übereinstimmt41). So
also wird bei aller Missachtung und Unkcnntniss eines tieferen Principes
das formell Handgreifliche aus der aristotelischen Lehre aufgerafft. Mit
\ dieser Sinnlosigkeit verträgt sich sehr gut, dass auch hier ein Anlauf
zur mathematischen Combination der möglichen Modi (vgl. Anm. 23)
gemacht wird ; derselbe aber wird durch eine Verweisung auf eine Schrift
über die Aequipollenz abgeschnitten 42). Diesem wird noch hinzugefügt,
40) p. 21.: ovxm fj.lv olv 7tQog&e\g rjj nQtöiy nooiäau xb Sevxegov,
xbv xoivbv oqov iv äft(fojfQaig xcp fitv vnoxtlftivov ioyä(Tri &axtoov äe xaxriyooov/
xtvov' iy/toQfi äe xai ovxio nqog&tivai rijv ngbxaoiv äaxe tov xoi
vöv 8qov apupoxtowv xmv vnoXoinmv xaxrjyoQrjoai , xa&anep iv xolg xoiovxoig
avXXoyiOfioig „nav xaXbv uloeröv toxi-, näv xaXbvinaivtxov iaxi"
(man sieht aus dem Beispiele, welches sich auf die drille Figur bezieht, dass vor
demselben das Beispiel der zweiten und die Angabe jener Stellung des xoivbg ogog,
in welcher er beidemal Subject ist, ausgefallen ist). xal xolvw ixdXeoav ol na-
Xawl <fiXöaoq?oi nQiSxov fiev a/rjfA.a xiav xaxrjyoQixüv OvXXoyiBfiiäv iv (pneo
av 6 xoivos OQog inoxeCfavog tj Saxintp xiSv dxquv xaxijyoQovfievog S\ &ctxtpov,
öevxtQov <f{ iv <p xaTtjyoQtTxtti xtSv äxQtov UfUfoxiQoov , xqCtov fit
iv ipTTiQ äv vnox{r)TUi .
41) p. 23 — 28. Insoferne hier nichts Neues erscheint, ist es unnöthig, die
ganze Stelle auszuschreiben ; nur mag bemerkt werden , dass , wo Aristoteles die
Schlussfähigkeit eines Modus apagogisch oder durch ix&eaig beweist, dieser Nach
weis hier ausführlich formulirt gegeben wird (p. 25 u. 27 f.). Umgekehrt ist, wenn
(p. 23.) gesagt wird : xqiiöv ovv ovtojv axijfiäxwv iv xalg xaxryyoQixaTg tiqoxäoeOi,
xad-' exaoxov uixcSv ytvovxai. avXXoyiOfiöl nXeoveg, tSgnep xav xalg
inoftextxaig, h'ioi [ikv avanoSeixxoi xai noitixoi, xiveg 0" anodeiStiog (Ffofitvoi
.... inl cTi xmv Xttxrjyoqixiav iv ftev ioü nijtöxia o^fJ-axi xiooccQe'g
ovxix' ovfiels üvanoJeixxog taxiv ovo" iE eavxoO jiioxog. und dann wieder
(p. 28.): al (ff dXlai anaOai avfinXoxat xüv nQoxäaewv iv exäoxifi xtov
axrjuttxtav etotv ASoxiuoi ovXXoytOfiog x' oväeig iE ewxäjv yCvexai äia xb
firjolv iE ävdyxr)g nen«(vfa&ai firjxe öiaXexxixmg ftrjxt dV dnoSetEeiag' *VäeiE'V
(iiv yeto xctXovai xijv iv xrjg xov nody/xuxog ifvOemg tvniOiv xov
xov/xivov xax' äxoXovlHav ivaoyaig xöiv (paivofxiviov (diess soll wohl eine
Anspielung auf den Inductionsbeweis sein; vgl. Anm. 17.), anbötiEiv de Xöyov iE
äXtj9-(öv Xrjftfiaxoiv n ega(vovxat. Also der Verfasser kennt noch andere Schltissweisen,
ist aber hier puritanisch Aristoteliker ; die Unterscheidung zwischen ev<fei$ig
und anöSeiEig lindet sich sonst nirgends.
42) p. 29.: yivovxai ilf xad-' exaoxov a/fjfin avtvytai (coniugatio bei
Appul.) xiöv nooxäoeiov tax' äitc xb ä' elvai ««.? ' exaoxov ff/ij,««, ävo ftiv
rag xaihöXov fivo cTi xäg iv fitoei' xal nXeCovg xfj X{(tt (fttlvovxm äiatpi
X. Pseudo-Galenus. 601
dass bei jedem der vierzehn Schlussmodi noch andere Schlusssätze mög
lich sind, welche entweder in dem vorliegenden Schlusssatze schon implicirt
enthalten sind oder vermöge der Umkehrung mit demselben gleich wahr
sind (s. Abschn.IV, Anm. 608 f.), so dass hiemit offenbar die theophrastischen
Schlussweisen gemeint sind, aber dieselben zugleich als eigene Modi abge
wiesen werden ; hierauf wird die Theorie der kategorischen Syllogismen
mit der Bemerkung abgeschlossen , dass über jene , welche zugleich in
mehreren Figuren formulirt werden können, in der Schrift JJtpl anodeij-
mg gehandelt worden sei 43).
Nun aber geht der Verfasser des Gompendiums auf die praktische
Anwendung der Syllogistik über, und hiebet erscheinen Eigentümlich
keiten, welche sonst nirgends sich finden. Schon von vorneherein nemlieh
wird die Anwendbarkeit der Schlüsse wegen des Inhaltes unserer
Aussagen, welche das Seiende betreffen, auf die Kategorien bezogen44);
und sofort wird als ein Beispiel eines auf die Kategorie der Quantität
gerichteten Schlusses die Berechnung des Erdäquators , welche Eratosthenes
gab, angeführt, welchem nach einigen technischen Bemerkungen
über Schlussfähigkeit in der ersten Figur die Berechnung der Grösse
der Sonne und des Mondes oder der verschiedenen Tageslänge folgt45);
und nachdem hier schon der Vorzug der ersten Figur ausgesprochen
wird, reiht sich eine an sich läppische Erörterung darüber an, dass bei
Verhältnissen des Mehr und Minder (d. h. wie aus dem Beispiele her
vorzugehen scheint, bei den Begriffen „Kleiner, Gleich, Grösser"; aber
warum nur bei diesen?) eine allgemeine Behauptung als particular ge
nommen werden könne (vgl. Abscbn. IV, Anm. 602), und als Beispiel
dient hier der geometrische Lehrsatz vom gleichschenkligen Dreiecke,
dessen wissenschaftliche Form allerdings sei „Alle gleichsch. Dr. u. s. f.",
welcher aber auch in der Form „Das gleichsch. Dr. u. s. f." ausgesproneiv
(diess wäre die Umkehrung und Aequipollenz) ' Titög ät Sil yvftvateoSai xal
avTag yva)Q((ctr, iv T<j» neol laoävvafiovaiäv nooTcißHov tfpijr«« ynäfifiaTi
(bei Min. übrigens lauten die Worle : xal TiXilovg rrj Mtti. (faCvovrai ä\ nn6g
fxeivag yv(ivü(ia!)ai , xa) avxäg yvwoCCuv , mg (v rw nsgl iaoä. x. t. )..)•
vvv yetQ vnoyQtt(fr) tan rijg Xoyixijg S-tupiae, ov xarä ät('$oäov äiSaOxciXCa.
43) Ebend.: toig äi Sii)(trjfi(Voig iS' avXXoytOfiotg ffiwv fxäatov avfini-
QaOfia (%ovai xal äXXai Tivig awaXtjS-fvovai nnoräaeig, ui fifv neQu^ofifvai
rolg avfi7ito«(fpaOiv avrmv itt (Fi f 'S ävciyxrjg tfuvaXrjOfvo/ievai ' nenit-
%ovtcu [ilv ovv x. j. X (p. 30.) ovroi fiir ol OvXXoytOfiol xarriyoQixoi
noiovvwi (M. xccXovVTcti) xafhünsQ earjv oi dt xara nXtlm ayi\fiara ävvafitvoi
avorfjvai tiöv elnrjfifvmv tqiiöv (Ire xar' aXXo ävaoi&/ioi icirioi
(M. tqhüv, ovre z«t' ttXXov äoid-fiöv exaOToi)' dgäeiXTat yan tovxo tv toig
neol anoSeCitmg isnofivr\fiaai.
44) p. 30.: XQtiutlta <J" iwrote fV raig anoStt^toiv , iv aig intQ ivog
TtSv ovtiov fVrt tftTr\aig , nrjXCxov (ariv rj önoiov rj nov xtlfiivov Iotiv rj
7Z(qI noOov rjxoi (M. tov) Ix ttäv xaret tag aXXag xaTrjyootag.
45) Ebend. : tv fiiv yao Tip irjrelv f i öo&mg 'Egaroo&(vi]g «ff/|e röv
fisyiaxov tv ifj yrj xvxXov iXHV araSlmv^iiVQiäSag xe' rj joiavTrj tfiTjOCg
tan rov xvxXov nr\Xlxog rj Tft> peyc'&ei rj rij noaoTr)Ti >| onmg av t&eXyg
6vo/xä(tiv TavTTjV ye xa). oia rovro roig iv T<p notorq) a/^fxaTi OvXloyiafioig
Tip fiev 7iQ<ÖTa xal SevT^ptp xa&6Xov (fv/tntoaOfia i^ovaiv at (yii
pioovg neoit'xovTai nooTaaeig u. s. f. unbedeutende Bemerkungen.^ (p. 31.) fjiytS-
og <ff xa\ i)Xlov xal atXr]vr^g xal Ttäv xut' avToig änoaTTjftäTiüV ^rjrjjrat
xal diSuxrai xoig äOTQovöftoig .... xal fitjv tiöv xa&' ixäaTt)V otxt\<Jiv i]fitqiov
rö fifyt&og l^Tr)ra( Tt xal tvqr)Tai xa&äneQ xal Ta nQosiorjfiiva.
602 X. Pseudo - Galenus.
dien werde und dabei doch als allgemeines Urtheil zu betrachten sei 46).
Sodann aber wird ausdrücklich angegeben, dass zu wissenschaftlichen
Beweisen der erste Modus der ersten Figur der tauglichste sei, und
zunächst nach ihm der zweite in der nemlichen Figur, hernach die ersten
beiden der zweiten Figur, hernach der dritte der ersten Figur und die
bejahenden in der dritten Figur, indem jene, welche in derselben ver
neinend schliessen, als unbestimmtere (Üoqiozotsqoi) bezeichnet werden47);
so dass wir auch hier eine Einwirkung der aristotelischen Grundsätze
betreffs des Vorzuges des bejahenden und des allgemeinen Schlusses er
kennen dürfen. Nun aber geben die bei der eben angeführten Erwäh
nung der dritten Figur gewählten Beispiele Veranlassung, \Vieder auf
obigen Standpunkt in Bezug auf die Kategorien zurückzukehren, insoferne
dieselben der Qualität angehören, und wir erfahren zugleich, dass
obiges Beispiel betreffs des gleichschenkligen Dreieckes der Relation
anheimfallen soll; ebenso werden nun Beispiele für die Kategorien des
Wo und des Wann und abermals der Qualität gegeben ; sodann wird be
merkt, dass nach der Kategorie des noieiv und naaytw die Einsicht in
die Causalitäl erschlossen werde, und auch das e%nv, welches oben
(Anm. 25) gefehlt hatte, wird hier beigezogen, allerdings nur mit der
Beschränkung auf den Besitz ; bei dem xelG&ai endlich wird dem Aristo
teles ein Uebersehen vorgeworfen , da er die Zusammensetzung (z. B.
eines Kastens u. dgl.), welche eine eigene Kategorie sei, vernachlässigt
habe48). Man sieht, dass hier in eigentümlicher Weise für die Syllo-
4(j) p. 32. : xal fiiv ovv xal tivig tlotv ett ir\V ixuOtov tiöv tlQiffiivmv
nr\XixÖTt\Ta ir\Tovatst Tt xal änoätixvvovaai {it&odot uXhotov lyyjtiofitvm
iwv xaTa To u' ayijfia xairjyoqixüiv avXXoyiafitaV xal yao toi xal i«s
änotfäatig vnto ixaOTov av iiüv ^t)TOV[i(vtov, iov noiovVTai , xaOoXov niaag
tvQtiv ißTivin' ttvziZv leyofitvtts Tt xal ätixvvfitvag' (ml d" (v t$
fiäXXöv Tt xal i\ttov elveu xaxuig (M. xaXiüg) SvvaTai (M. ävvaVTai) tö
nobg Tag ytvixioTaiag avidiv Ini fttoog äoxtTv (M. öoxtl) Xfytad-ai, diu
tovto xaTa av/jßtßtjxbg töti ipalvoVTal xivtg anouravoeig Tt xal dtlfeie
tlvat xaiä fie'oog. nqbg yao ti\v ntql navTog Toiytavov Sti^lv Tt xal anai^
avaiv , otc ävalv do&alg laug tyti Tag TQttg yiovlug, tnl fjiiqovg Soititv
av tivai nqoxaaig X^yovoa urj ntql naOiSv Iv TQiytovia äXX' (vlag Tag nnbs
t?j ßaan ymvlag laug aXXrjXaig iyoiv ovto) filv ovv qrj&iv xal ovto) äia-
QiOfitvov ovä' imaTtjfiovixrjV tyti tt)V ctnoifuvalv Tt xal yvtoaiV ixtlviag
<St imaTT\^.ovixt\v Tt xal xaO-öXov „näv laoaxtXtg xqlyiavov Tag nqbg iTj
ßäoti ymvlag laag aXXi\Xaig iyti" . .... xal Simfiqti yt ovS'tv ti TalaoaxtXf\
Tqtytava Xiyti anavTa Tag nqbg Trj ßaati ymvlag laag aXXrjXaig iytiv, rj
tö iaoaxtXig Tqlyiovov nqbg tläog änoßX&novtag nuXXolg xuto (itqog vnäqyov,
dg ntol ivbg tixÖTtog noiovvxai ir\v änöifavaiv.
47) p. 33.: olxtioTaTog ovv anodtlg'tatv IniOTtjfiovtxalg b tov nqtaTov
OyyfiaTÖg (an nq&Tog avXXoyiafiog ((ft^fjg ök ätvTtqog utr (v tiö
nqalca) ayrjfiaTi' xaTa St to ötvTtqov ol iSvo nqtliToi yqtjOifioi nqbg Tag
anoStl'itig ylvovral noTt fiiyvvfxivr\g Iv avxoig Tt\g xaO-öXov xaTayaTixrjgxal
fiijV 6 Tqlxog (v Ttji nqwTO) ay^uari avXXoyiafiog tig anoifävatig
noTi ylvtTai yor^aifiog tial d'i xal xaxä io tqi'tov ayijfia avXXoyiafiot
Tivtg — änoStixvvVT ig tö im pt'oog xaTatpaTixov änoätlxvvxai o( noTt
xal tüv Inl (ifyovg anoy.aTixiöv xivä xaTa TO tqItov 0/^/j.a XaTa äk
r« ToiaiiTa äooiaTOTtqa „näv ciya&bv aiotTov ton. Tlg rjSovi] oiix (atlv
alQtTÖv. Tlg äqa Tjäovrj oix iatlv äyad-öv'" in xaTa Trjvöt ttjv XCiiv ao-
QiaTOTiaa unotf avoig ylvtTai „näv äya&bv alotTOV. näoa ijäovr] alntTOY.
ov näaa clqu TjSovi} äya&6v."
48) p. 35 f. : tvärjXov Si oti xaTa tt\v xoiavTTfV anoätt 'Ziv ov tb fiiytX.
Pseudo - Galenus. 603
gistik mit den Kategorien Ernst gemacht wird, und es liesse sieh hören,
wenn man sagte, dass hiebet nur eine Erwägung aus der Topik mit ein
seitiger Consequenz formalistisch fortgeführt sei. Ja die Sache gestaltet
sich sogar anscheinend noch tiefer.
Nemlich diesen eben namhaft gemachten Kategorien wird nun als
die vorzüglichste und erste die der substanziellen Wesenheit (wrayltg
oder ovoicc) gegenübergestellt, und indem als Beispiele der hierauf bezüg
lichen Probleme die Fragen, ob es ein Schicksal, eine Vorsehung, ob es
Götter, ob einen leeren Baum gebe (— stoische Erörterungen —), angeführt
werden, wird sogleich hinzugefügt, dass hier die Voraussetzungsschlüsse
ihre Anwendung finden49). Von hier an aber befinden wir uns augenblick
lich wieder bei dem stoischen Materiale der fünf uvctnöSuKtoi (Abschn.
VI, Anm. 182); nur wird, da es sich jetzt um die Anwendbarkeit der
Schlüsse handelt, der drille derselben als unpraktisch bezeichnet50); und
indem die obige Unterscheidung des doppelten Widerstreites (i^äpf) jetzt
mit dem Zusätze wiederholt wird, dass überhaupt dreierlei Unterschiede
(öiaqioQai) in den Dingen bestehen, nemlich äxokov&ia oder (tcc%ri oder
keines von beiden51), werden nur die ersten zwei unter den fünf stoi-
&os, ügneo Inl xwv uqxCoig elqrifievwv , äXX' r; noiöxr\g änoSeCxvvxai xov
nriäy/uaxog' bnolov yaQ lonv r) r\Sovi\, noxeqov äyafrbv rj xaxbv rj fiiaov
(aus der stoischen Ethik) iv.xtp xr\g noioxrjxog ytvei, xr\v t,rtxr]isiv ia/ei, xa-
&äneg iv i(f noog xi xb xäv iaoaxeXiav xoiydvtov ttJug elvai xäg ngög xrj
ßäöei yoivCag' b de änodetxvvg iv t<j5 fiiatff xov xöa/xov xexäjfi^ai xr\v yrjv,
xet&b vnöxeixai , xaxä xb nov vnöxeixai xrjv Oxiif/iv notetoä-ai , xad-äneg
ye xal xb xaxä xov avxbv %qövov 'InnoxoaxrjV xe xai JrjUÖXQixov yeyovivai
xaxä xo nöxe yeyövaai xr\v änbSei^iv noirjoexai • 6 fiivxoi (tjxiüv el
• aqiaiQoeiSrjg iaxiv i) yr\ xaxit zrjv xov noiov xaxr\yoolav noielrai xr\v ax£\\nv,
xa&änen ye xal 6 änoifr]väf.ievog elvai aifuiQoetär) noioxr\xä xivit xrjg yrjg
aniäeiie' xö de xaxä xo noitlv xal näa/eiv ul xwv utziwv yCvovxai £■>]-
xrjaeig , iv lazQixrj fiiv ovv xt'v' iaxlv «tri« toü näo%eiv , voßot xe xal
ifu)vi) xal avanvoh xal S-Qii/jig nenl a r) Oxi\])ig , iv (fiXoaoifCa äe aetO/töi,
xegavvol , äoxnanai xc xal ßqovxaC' xaxä äe xo St/eiv £r]xüzai xCg iaxiv
b nXovOtog rj ztg b nivr\g rj xCg b e'vnoqoq rj xCg b nxio/og " b de" toi inanogiSv
xCg ifiäxiov vtprjvaro xal di'xzvov inXe"$axo xal xißtozCov xal axifinodog
avvirtaiv (tjxetio) in naqaXeXei/jueva vnb UniazoxiXovg iv xip xiiiv
äe"xa xaxrjyoQixäv , ws imde'detxxai xaxä iiöv elg ixüvo xb ßißXlov vnofivrjfiaxtav
exeoov yän yivog iaxl xaxrjyoqtag o xal avxbg eigrjxe xefaä-ai,
xb yovv xazaxeia&ai, xaHijaUai' xaxa yaQ xb ioxaa&ai xavTa Xeytxai xal
Ätfirjg ixooitav xov adfiaxog iväeixvvxai a/r)/jaxa xaxä xrjv nobg aXXrjXa O/i-
Oiv yivofitva.
49) p. 36.: o d" iaxlv aoiazov xt xal noäxov iip^ ixaoxov xäv fiij
(fttivoftiviav ataä-r'iöti , xb xaxa xr)V vnan'Ziv r\xoi oietaV ytvtafrai rj slvai,
t,r\xr\fj.tt ioxtv iv ij) yt xct xoiavxa nQoßäXXixai' „and ye elftanfiivri eoxiv;
«()« yt nqoVoia eanv; aqä ye S-eol eloCv; ctod ye xevbv taxiv;" iv oig
7iQoßXr]iiaai- fiaXictxa yQ(afj,eOa xaig vno&extxalg nqoxäaeaiv ag xal xaxä
ßuvi/eiav xai xaxä Siaiqeaiv exefiov ol iiaXaioi.
50) p. 37.: xaXovat äe xäg /J.ev xaxä avve'/eiav ol Zxoiixol avvr\(ifieva .
ä$ia>[taia , xäg df xaxä äiaCoeaiv äieCevy/xiva , xal ov^uiavelxal ye uvxolg
övo fiev yivead-ai ovXXoyiOfiovg xaxä xö awrj/^fiivov öfj'Wjit« ävo de xaxä
xb äie&vyfiivov ext cTf dV anotf axtxov avfinenXeyfiivov avXXoyiGfiov elc
an6dei'(iv xQrjai/iog oiäe elg laxi tqCtov ovv ävanoäeixxov xtäv neql
xov Xovamnov r)yovfxivu>v i$ änoifiaxixov Ou/ATieoaG/taxog xaS-' exinov
xwv iv aixij) xb ävxixeCfievov xov Xoinov negaCvovxa.
51) p. 38.: inl Si xüv fia/ofievaiv äXXr\Xoig nqayfxäxmv xe xal Xbymv
evia [iev bXöxXrjgöv xe xal xeXeCav iyji ir)v fi-ä/rfv afia vnao/eiv Sfiu
604 X. Pseudo- Galen us.
sehen Vorauss'etzungsschlüssen auf die vollkommne axokov&ia, die lelzten
zwei aber auf die vollkommene ina%r] bezogen52); an Stelle des dritten
aber scheint nur der oben (Anm. 38) schon erwähnte nciQttSn&vyjievos
treten zu sollen, und zwar in ähnlicher Weise, wie wir die anoyuxm]
ßv^nloKr) bei den älteren Peripatetikern (Abschn. V, Anm. 71) trafen;
nemlich es scheint nur jene Form als praktisch empfohlen zu werden,
in welcher die mehrgliedrige Disjunction durch Verneinung aller Glieder
mit Ausnahme des Einen auf eine zweigliedrige Disjunction hinausläuft;
denn es wird zu Anfang entschieden hervorgehoben, dass bei dem Jtoroadie&
vynfaov es sich um Fälle handelt, in welchen möglicher Weise auch
sämmüiche Glieder der Disjunction zugleich bestehen können, und daher
durch Ponirung des Einen noch eine unbestimmte Möglichkeit der öh
rigen offen bleibt, wohingegen durch Verneinung aller übrigen mit be
jahender Bestimmtheit auf das Eine geschlossen werden könne 53). Nunaber
werden diese Schlüsse, deren Obersatz eine mehrgliedrige Disjuncft-
r]x' oi>x vnÜQXtiv dvväfieva , xivu de 1$ rjfiCaeog vnägxt,v fiiv &(ia ftl)
dvväfieva, (Uij vnagxeiv de tifia dvväfieva' dia xovxo i« fiiv xaxä xrjv ri-
ItCav fiäx'rjv rVv T°ü die^evyjufyov ngogayogCav xaXetv fjfCwxa, tb di xki«
ri)V iXXemrj xrjv x%g f-äxng unXäg rj xal fiexä ngoa&-rjxrjg iXXtnovg /"«/IS
xgtiöv yäg ovOiöv diaipogäiv Iv xotg ngäyfiaai , fxtäs fiiv xrjg xuxtt
xrjv ftaxvv tnl xü.v fir/de'noxe awvnagxovxiav , extgag di Tis xaxet xp
äxoXov&(av inl xäv iei [ir\ ob awvnagxövxiov , rj Tpirj; ixeCvmv ovtta (die
Worte fj rp. ix. ö. fehlen; irgend Etwas der Art muss eingesetzt werden), off«
fir]xe t^v axoXovIHav afia ixtl /Ur/If TVV ^"X^i 10 OvfinenXeyfie"vov aUCa/ta
OvviOxrjaiv, bnoict xä toiavxä iaxiv „/ICtov neginaxei xal 0e"iov diaXfyexia.".
52) p. 39.: oi yäg ü; vno&txixtäv ngoxäaetov yivöfievoi avXXoyiBfioX
xara fiixäßaaiv a<f>' exe"gov ngäy/iaxog Irp' exegov inixeXocvxai dt «xo-
Xovd-lag rj fiäyrjg r\xoi y* iXXetnovg kxaxfgag rj xeXeiag , xal xgliov Jlnoi
xavxag yivos ovdiv iaxi xrjg ä(fiy ixigov fiexaßäaeoig i(f' 'exegov tlg änodttitv
xQrjai/iov. eaovxai dr) dvo fiiv ix xrjg xeXeCag axoXov'htag ovXXoyiouw
xadäntg ye xal ix xrjg xeXtCag ftäxii diu, xaXeCaO-maav i' oi fiiv ix n;s
äxoXovfMag ngojxög re xal devxegog, oi de ix xi)g ftaxiS xixagxog xal ntjinxog,
inetdi) XgvOinnog ovxoig eSexo.
53) p. 40 f.: ovarig *^ äxoXov$-(ag dg idel'Siifiev iXXetnovg iv xoi;
xaXovfie"voig nagadie^evyfiiroig, eaovxai xai xaxä xovxovg ovXXoyiOftol dvo'
7TQ(Sxog ftiv o xoiovxog (ig ävädooiv xrjg XQoq fjg ix xoiXiag etg bXuv io
oiö/xa , et xe xojv aixltav eoxai avräv (peQoutvmv rj vnb xrjg ynaxobg nijinofxfviov
rj vnb xmv fiooCiav tfenoftivtav rj vnb xwv (f Xeßüüv naoeigayofiirtav
yCvtxaf avyx(oQt(ad-(b de xal näv& vnÜQxeiv Sfia dvvao&ai, xal yaQ Wvaxai'
xal xax' avxöye xovxo naQadie(evy/xivov xov dieCevyfit'vov dtr)V(yyw,
in' ixtCvov t'v pev yaQ nävxiag iaxl xiöv aXXaiv d' oidev , inl xovrov (fi
nävxoig ev xi, dvvaxai de xal xäv aXXmv xal nävxa xa xaxeiXrf/xfxiva rij»
vnaQiiv e"xe,v Sfta. nQogXrjxpetg d" iaovxai xovxoig xov ä^tai/uaxo; aixotpitxixal
fiev nävxajg xc<xa ftiav xolg xaS-' i'v xtäv yivofie'vaiv rj xara nhltn.
ftövov xad-* i'v jUfV oiav „rj ävädoaig xrjg xQo<f,rjg ix xoiXCag eig o>.ov ri
Ot5pa rjxoi xrjg xoiXtag ix'lXi ßovarjg rj rwv (fkeßiSv naoayovaüv rj xtäv f">-
ptwv eXxövxtav ft avxrjg rfjg xoorpijg ig atiir)g iteQOfiivrjg yivexaf äXXa fUfl
r) yaaxijQ ovx ix&Xlßti ' r\xoi ilga xiöv wXtßäv naoayovatäv rj xmv fioqfay
eXxövxtav rj i$ iavxrjg rj xgotfr) tfigexat." ioxai di drjXovöxi xal xovrov
aufinfouafia naoadie&vyfie'vov ix xqmöv xa yeeg vnoXotna xgia xctra
naottdteCeuyfte'vov ä£(a>ua Ovv&exov xal xb Ov/tne'nao'fia iqyäCexai. hioit
di noogXrjipig iaxai xaS-' ijv ovxe xrjv xoiXt'av nifineiv ovxe xäg (pMß«i
nanäyeiv inovfiev ovxe xr\v XQo<fr\v Ü; eavxrjg iftgeafrai rj bnoig av «WfflS
utito{iäxo>v aixoaparftv noogXrjtpoi'ped-« , dvvaxai yaQ noXXaxig xal xqmv
fiiv fiäXXov ütjxeivov xb xtxaqxov negalvea&ai , xaxarfaxixüg di xal o«»1'
QiOfievag.
X. Pseudo - Galenus. 605
tion ist, ausdrücklich von jener Formulirung des gleichen Inhaltes unter
schieden, in welcher der Obersatz die Gestalt eines hypothetisch-disjunetiven
Urlheiles annimmt, und indem diese Schlussform auf die ersten
zwei (hypothetischen) avanoSumoi reducirt wird, begegnet uns hier zum
erslenmale der eigentlich sogenannte hypothetisch - disjunctive Schluss ;
nemlich es ergeben sich die zwei Schluss weisen:
(I) Wenn A ist, so ist es entweder B oder C oder D
Nun aber ist A
Also ist A entweder B oder C oder D
und (II) Wenn A ist, so ist es entweder B oder C oder D
Nun aber ist A weder B noch C noch D
Also ist A nicht
wobei in dem letzteren das sog. Dilemma deutlich erkennbar ist, wenn es
auch durchaus nicht mit diesem technischen Namen bezeichnet wird 54).
Und nachdem hierauf abermals die bloss disjunctive Form des naqaSiefsuyftfVo?,
welche durch Gleichstellung mit einer zweigliedrigen Disjunction
als öiefcvynsvog gelten kann, berührt wurde55), tritt das Dilemjna
noch deutlicher hervor, indem mit der Bemerkung, dass die auf den
zweiten avcatoSsimog reducirten disjunctiven Schlüsse praktisch brauch
bar seien, gerade ein Beispiel mit zweigliedriger Disjunction aus Plato
angeführt wird, worauf als Gegensatz hievon der gleiche Inhalt in disjunetiver
Schlussform gegeben wird 5li). Uebrigens ist sowohl an sich
54) p. 42 f.: 6 de TotovTog avXXoyiGfibg t«vto vnofxe'veiv dof« r«jJ „ei
avadCdoTai r) ipor/^ Ix xijg xoiXt'ag eis öXov to aojfj.ee, rjioi lg avTr)g qieoofte'vrj
tovio Tiao/ei rj vtto rijg yaargbg nefjnofiivrj rj vnb tojv fiooCmv
eXxofjivrj rj inb töjv (fiXeßöiv nagayofievrj." oix ean de 6 avTog, «XX' ovtog
fiev ir)v aiiirjv e%ei dvva/jtv t<£ nQuiroj tüv vTioS-etixojv nranodeCxxio
ryyovfjivov fiev £| vno&e'oeojg tov avadldoa&ai rr\v TQoqrjv inoixivtav de
tojv Iweg^e elorj/je'vojv, xai ovdev äiat/egei nöreoov die£evyfje'vojv ngayfiaxojv
vXrj to lni(f eoöfjevov laxiv rj nanadie'Cevyfie'vujv xaS-' e xeQov yäg tov
tqötiov rj tov TiQtÖTov twv iino&eTixöiv GvXXoyißfjtov dvvafjig laxiv ovaa
TOIttVTrf „el TO 71QIÖTOV , TjTOl TO devTCQOV rj TO TQITOV rj TO T^TCtOTOV rj
to ntfiTiTov" , eiTtt nnögXr)\pig „üXXct fjr\v rb ngoiTov", eha av/jn^gaa/j«
„rjToi aga to deviegov f/ to xgCxov rj tö TeragTov rj tö nifMTov." ixioa
de 7ig6gXrj\pig xktu tov tov devre"gov tiov vno&eTixdöv avanodelxTtov tqö
tiov Ttt Toiaäe " „aXXa ni]V oide to deiiTegov rj tu tqCtov ovde to Te"TugTov
rj TO TlfflTlTOV. OVX UQtt TO JlnÜTOV."
55) p. 43.: ov d' bXCyov efjngoafrev elnövreg GvXXoyiGfxbv yCvea&ai
x«t« To TtttQuä ieievy[ievov tis bfioXoyovfievojg Tq~> dteCevyfie'voj Tr)v ngogXijipiv
XctßeTv , xadaneg ei xai dieCevy/xe'vov eirj , toiovtos' „rjrot IS abtojv
üvuäCäoTui r« aCria rj inb Tijs y«OTgbg InineiineTai rj vnb tojv ipXeßäv
nagayeTui rj vnb tojv tov Guiiuarog uoglojv eXxenu." «XX« firjv knl to)
dieCevyiiivoj avXXoyiOfjo> ngogXrjipetg e%ouai dvo, rjxot ye ev ti tojv x«t«
to die&vyfie'vov rj xai tu äXXa nävT« nXrvv evbs oi% vnaQ^rovTog.
5(5) p. 44 f.: ort d"£ 7Tp6ff «Jtodei'iiv ol toiovtoi avXXoyiOfiol, drjXot xai
HXaTOJV Iv Mxißiädei (Ale. I, p. 112 C.) xe/Qrjpe'vo; x«ia dvvafj.iv tov dev-
Tioov tojv vnoO-eTixäv , tv&a ipr/oiv ,,el iiXxißiadrjg oide t« dCxaia , ij'rot
nao' eTigov fiiiO-ojv rj «vrbg evqo)v oide", elra del£ug ort fir/Te hbq' ere"-
oov fja&o)v /JrjTe «vrbg einiüv, (jiitf e'Qei ovjjTre'QaOft« to firi yivaloxeiv ÜXxißiadrjv
t« d(xaia. xaxä de xbv 7iaQndie£evyfie'vovrpiXbv o Xoyog av ovrojg
fjQajTttTO ,,'AXxißiädrjg oide tcc älxttittrjTOi fja&ibv rj avTog evqmv' äXXä finV
ovx oide fjaS-oiv avTog ä(i« evoojv oide."
606 X. Pseudo - Galenits.
als auch aus den hier vorkommenden Beispielen ersichtlich , dass obige
Bemerkung betreffs des Zusammenhanges der Vorausselzungsschlüsse mit
der Kalegorie der substantiellen Wesenheit durchaus nichtssagend ist,
denn selbstverständlicher Weise kann durch derlei Schlüsse ebensosehr
auch ein qualitatives oder quantitatives Verhältniss u. s. w. erschlossen
werden.
Nun aber wird den bisherigen zwei Arten des Syllogismus (d. h. dem
kategorischen und den Voraussetzungs-Schlüssen) als dritte der Syllogis
mus des Ttpo'ff ti hinzugefügt und biebei bemerkt, dass die Aristoteliker
denselben in widernatürlicher Weise den kategorischen Schlüssen bei
zählen57). Es muss also die Kategorie der Relation, welche oben (Anm.
48) zugleich unter den übrigen aufgezählt worden war, von diesen nun
besonders getrennt werden, und es erscheinen als Beispiele dieser drit
ten Art von Schlüssen, welche, wie bemerkt wird, besonders bei den
Skeptikern (d. h. wohl den sog. skeptischen Aerzten) und den Mathema
tikern Anwendung finden, zunächst Syllogismen, durch welche eine mathe
malische Proportion oder das wechselseitige (relative) Verhällniss zwischen
Vater und Sohn dargelegt wird ; dieselben aber sollen in Bezug auf ihre
Beweiskraft eben im Gegensatze gegen die Peripatetiker nicht auf kate
gorische, sondern auf Voraussetzungsschlüsse zurückgeführt werden, und
nachdem für die inathematischen Proportional - Schlüsse mit Hinweisung
auf Euklides an die in hypothetischer Form ausgesprochenen Axiome (z.
B. Wenn zwei Grössen der nemlichen dritten gleich sind, sind sie unter
sich gleich, u. dgl.) erinnert wurde, soll auch der Relations-Schluss „A
ist Vater des B, also ist B Sohn des A" auf den hypothetisch ausge
drückten allgemein zugestandenen Satz „Wenn A Vater des B ist, so ist
B Sohn des A" reducirt werden 5 s). Man sieht, wie läppisch und ge-
57) p. 45. : t07i äi xai aXXo xqCxov eläog avXXoyia/xwv , ovg iyiö
6vo/jäCiu xaxa tö nqög ti yCvtafhai , ßiä'Covxai ä' ol tzcqi "JniOToxiXr)t toi;
XttTTjyooixoig awai>if}fitTv.
58) Ebcnd. : ian ä' ovx öXiytj /qfjotg avxiäv nctQa xe Toig axtnitxoig
xai uoi&fiTjiixoTg xai XoyiaxixoTg tni xotovxwv xtviuv Xöyiov ,,zlCiovog Bitov
äinXaOta xixx>jxat. aXXa xai Osoivog 'frCXiov äinXaata xixxtjxai. Jimwg
aoa 4>CX(ov xe xoanXaota xixirjxai" (die Handschrift ist in diesem lieispiele lücken
haft, die Ergänzung, welche Minas gibt. ,^ lächerlich) " xai xai' avTiaxooifrjV St
Ttjg Xe"ieiog Tavro ävvaTai 6 Xüyog ovxog el tqioiri&yoeiai ' ,,/tiiov Giioros
fjixiarj xixxr\xai. aXXa xai Se'iov *t>tXiovog i\fiiai\ xixxrjxai. /ICmv aoa 4>i-
Xiovog xixaqxov fie'qog i'/ei rrjg xx^aeiag" (p. 46.) noXii äi nXijdos
ianv , lüg (ii rjv, iv aqi'hfAiixixi] xe xai XoyiOxtxj xovxiov OvXXoyißfjäiv , tat
hnävTiov laxi xoivöv ix tiviov a^iiafiaxiav rr/i' 3vvap.iv (M. avxtjv) f/W
avoxäottog , tov /v xofg itnijfitvoig fjvij^ovevovxeg eig xov; vnoOexixoiig (MxaxtjyoQixoüg
, die sogleich folgenden Beispiele zeigen das Richtige) avayeiv Xoyovg
üvVTjOoutiya xovg xoiovxovg avXXoyta/xovg aai/iaxeijov yfiiv agSoptt'vois^
ovxog yÜQ ä!jiiü/uaxog xoiixov xa'toXov xrjv nioxtv e/ovxog 1$ eavxoü xa x<f
nürai loa xa) avxa iaa, xai avXXoy(£ea&at xe xai änoätixvvvai iaxiv wfneq
F.vxXttärjg (v xo> ijqmxi;) ftetoQ^ian (El. 1,5.) irjv anoän^iv inoiijoaxo
xäg xov Tmymvov yiovi'ag iaag ätixvvtoV tnii yäq xa rw aviot ton xai
ttXXr\Xoig loa lail, ä(äeixxai äi xb tiqmxöv xe xai xo äevxenov, exaxeQOV
aiiTiSv laov av flr; ovxia T$ notoxtii' ovxog äi näXtv aSiiopaxog tlj eavxov
niOxoii xoväe ,.(äv iaotg loa rnjogTeHi), xai xä öXa loa iaxai", täv 6/toloyovfiiviov
ioiov iiXXr)Xoig elvai xov nqiäxov xai ätvxe'Qov, Trnogxe&ij xt xaft
ixuxtqöv loov iOo>, iaxai xai xö öXov xip öXq> laov ...... (p. 48.) ligavxiog
äi x&TTfiääv dno xiviov laiov tOa äif.atne&fi öfiolmg äi xanl xmv
X. Pseudo - Galenus. 607
zwungen diese Behandlungsweise, abgesehen von der Einführung der
Relations-Schlüsse als einer eigenen Species, sich gestaltet. Diesen aber
nun werden ausdrücklich auch die Syllogismen xarä to fiäklov, welche
wir oben (Abschn. V, Anm. 74) in hypothetischer Form trafen, beige
zählt50); und indem der Verfasser des Compendiums hiebei gelegentlich
veranlasst wird, von seinen Bemühungen zu sprechen, in Folge deren er
die Schlüsse überhaupt auf allgemeine Axiome (xa&olMa «|t_cojt<ag — das
Bestrebennach_jjinjy^jnj^^ ; vgl.
AhscTmTTx7Tn7n781. u. Abschn. XII, Änm. 138. —) zurückgeführt habe,
fügt er hinzu, tlass auch die avcacö8umoi zuletzt auf dem Grundsalze be
ruhen, dass dasjenige wahr ist, was mit Wahrheit ausgesprochen wird eo),
wobei Jedermann von selbst an die stoische Doclrin denkt, und vielleicht
eine Hinweisung auf den sog. ctkrj&svcov (Abschn. VI, Anm. 205) zu vermuthen
ist. Hieran dann knüpft sich für die praktische Anwendung der Schlüsse
die Vorschrift, dass man auf zwei Punkte sehen müsse, nemlich erstens
auf die Wortbedeutung und zweitens eben auf jene zu Grunde liegenden
Axiome cl). Sodann noch einmal auf das Frühere zurückkommend gibt
äkkutv anavxtav i] avaiaaig tüjv änoäeixTixduv avkkoyiOfJiov xara dvva/jiv
ccgiw/jaTo; torai avi'tifjfj't'vov (nl aQt&ftqi' (tiC t€ Ttüv äkkuv ngayfiäcojv
iv tö nqog n ytvti xal HvTwv vTtagy'jVTiav b -avkkoyia/jbg earai xata n
towvtmv ä^icouatuv, oiov ovtoaC „Soiq qovCaxog nair\g (an 2mxQcaovg.
Xor/.oaTr\g vlog (an ZtatfQOViOxov" xal ävanakiv „2(oxoärrjg vlog (an Zta-
<f QovCaxov TTttjrjQ (an 2io<fnoviaxog Zwxgaxovg" ivSrjkov df twv tiQr^fjf-
Viov nQOTftattav al nQogkrjijieig vnodtnxul ftkv , ovrog df 6 avkkoyiO[J.bg
(oMTr/fl-rjaiTai.' ,,(/ 2.'o>xnajrjg vlog (an 2imj Qoviaxov , 2üH{QOVloxog ntctrjQ
(an XwXQaTovg. akket fJTjV u £<üXQcarjg vtög (an Utaqgovtaxov. 2(o(fQovCOxog
itna Tiuir\g (an 2ti)XQKtovg." xarrjyoQixaTg dt ngoraatai ßiaioTtoa
(otcu rj aiioiaaig roß ovkkoyiafiov.
59) p. 49.: (ögctvriog d* xal ol xaä' rjvnvaovv ayiaiv (ijuiTüifjevot avkkoyiO.
fj.ol ytvet tc xtä (etwa yevvtjnxip ?) cti-toi/jan TTiairjV ttjv OvOTctOir
t$ovai xal TijV rrjg anod'eflsitos äivcifjiv , oiov xal oi xara rb jjükkov ev
(stoischer Begriff) ör)kovfj(roi , on xal oütoi twv avakoyiav (M. akkoytviüv)
lial Tolg xara tt)V roll ngog n xarrjyooCav avviara/jfvoig ol oi rrjg
tov fjäkkov (fiovtjg ol ioiovtoi avkkoyiauol kiyovrai xarc'i ävva/jiv avTrjg,
bnoiög (an xal ödV xotlnovog äoirij algertotina. XQfCitwv dt
aal/jarog. ntpfTWTf'p« aoa fj tfjg i/JU/ijg ttQfti) rijg tov atö/jarog" , Sfioiog
äi Tovrbj xal 6 joiovrog avkkoyia/uög „rb tov XQtliTovog ayaObv «ipsreurfqov.
xoiftrojv r\v df i/jv/i] aiti/uaiog. XQfhrov a(>a to rrjg i/JV/f/g itya&ov."
60) p. 50 f. : xal a/iöbv airavitg ol avkkoyia/jol iTui jrjv nov (nirerayfjtvtov
avioig xaftokixiäv aiitojjänav niaTovjjtvot Tr\v OvOruaiv vOtsqov
fjoi vorjlKvTtg' ovrt <T' (v ToTg IltQl ariodtl'itiag vnofJvi)fjaaiv our' (v T<j!
flenl tov räv avkkoytOfjäv Aoififjov yeyoanTai , xaiToi Tovg elg rb nQog
ti ovkkoyiauovg ijcfij fj.lv oiv xal xar' (xtCvag Tag nnayfjaTtiag fipjjzo'rfs
liQrjxafiev (fehll in d. Handsch.) tov ti]s ovOTäaeo>g loönov avrüiv xal Tr\g
nlaxiwg. baoi dh nahv ol avanbdtixToi avkkoyiafiol diu tt\v twv xa&okov
nianv äSuofjätoiv dal toioütoi , fjatHTv evtdnv (vanyt'OTCoov anavrag
~ tovg bntagovv rjQTti/jivovg koyoig toiovxoig (ncßke^ayng, xa&än(Q l^fi xal
6 loiögäe ,,k(ye.ig i)fjt(>«v elvai. äkkä xal akrj&eveig. fjfj^Qa aga tati' "
fcnoStixnxog (an. xal b ToioiiTog avkkoyia/ubg, Sioti xal rb xa&ökov ä^(tofitt
inonbiTtaxiv ..cikrjMc (an jpioSimv v2räoyov aky&wovTa.. ktyetv." ?
61) p. 52 f.: nnogt/eiv ovv %q!i tov'otiovv avkkoyiCö/jevov rj tmodeixvvvra
äval roTgät ngioToig xal fjäkioxa, T(p re tb at]fjaiv6fjevov (x rrjg
tf tavrjg axoieiv xata to tiüv 'Ekkr)Vtov tO-og t(p re rb ka/jßavö/jtvov kijfjfju
ttotiqov dg vnont7iT(oxbs agioi/jan xa&okov 6V (xeivo avtb niatbv dvai
608 X. Pseudo - Galenus
er an, dass ebenso wie die zuletzt erwähnten Schlüsse auch die Syllo
gismen xara to aaavtag und xara to avakoyov zu den Relations-Schlüssen
gehören, und nachdem er für dieselben ein Beispiel aus Plalo vor
gebracht, formulirl er als deren Axiom den allgemeinen Grundsalz der
Proportionalität 62).
Hierauf schliesst das Compendium mit der Abweisung einiger Schlüsse,
welche als unpraktisch bezeichnet werden, nemlich der peripatetischen
Syllogismen xaxct 7t()o'sit)i^tv (Abschn. V, Anm. 55 f.), dann der ojjCT0101
des Chrysippus (Abschn. VI, Anm. 193), der vxoGvkkoyiarixoi , welche
auf Aequipollenz beruhen (s. oben Anm. 43) und der ctfie&oöoi. (Abschn.
VI, Anin. 205), wobei übrigens auf andere ausführliche Schriften verwiesen
wird °3).
An diese Schrift nun, welche in der abenteuerlichsten Weise Peripatetisches
und^Stoisches zusammenwürfelt, können wir füglich einige
Einzelnheiten anreihen, welche gleichfalls einem Pseudo -Galenus an
gehören, natürlich ohne hiedurch etwa gar andeuten zu wollen, dass die
neinliche Autorschaft bei dem eben betrachteten Compendium und bei dem
jenigen vorliege, was den Werken des Galenus unter vielem anderen
Unächten in der sog. hist. philös. und in den definüiones beigefügt ist.
Erstere nemlich ist mit einer Art Einleitung versehen, welche in ihrem
Doppelgänger (bekanntlich den ps.-plutarchischen Plac. phü.) sich nicht
findet, und dort werden nun in der schulmässigsten Weise auch einige
die Logik betreffende Punkte zusammengestellt; es sind diese Dinge
ij oV äXXo xi' i« nXtioxu yitQ wv vi av&Qianoi avXXoyCi^ovxat xal ano-
Stixvvovai xcträ Svvafiiv üSioifiaxog Xiytxai.
62) p. 54 f.: intintQ iv im yiytt xiav xara xb nnös ri avXXoytafiwv
mgntQ oi xata xb fxuXXov xt xal r)XXov ovxia xui ol xaxä xb logavxoig xui
aväXoyov imoxtnrioi , xai xovxwv ») niaxig ix xtSv xu&oXixwv aitiafiaxav
ijoxijraf äiU(ffQtxw d't fttjäiv x\toi läguvtiog llntiv r) ioiag T) bftoCiag- fort
31 xowvxog b Xbyog ovxog xai UXüxiovog iv xy ItoXixtCq ytyQUtifitvog (IV,
p. 441 f.)" a'iiol ^loxnäirjg , wg nöXig yivtxui xui Xtytrui äixaia, ovrm xai
V>VX'1V ytvtd&nt rt xai Xfyto&ai äixuiuv, töguvrmg äi xui nijü$iv xai vofxov
xai nav öxiuiiv xiüv äixuiutv tlvai Xtyo/ttviov xaxä ravrbv Xiytodia
arifiuivbfttvov (p. 55.) <ög tivai xbv ovXXoytOftbv toiovrov „lögavxiug
noXig rt xai 'Ijv/tj SCxuiui Xiyovrai xai tlo~C. noXig äi öixuCa Xiytrai rj
xara rmv ftiQäv atirijs IdionnayCq. xui i/v/ji una xar' avxb tovxo Sixaia
Xtx&rjOetai" naoaday/ia yitQ xovxo voyaeiog xui xotg äntigoig koi#-
firjTtxijg xt xai yttofitXQtag tozw xodt „mg xb A nobg xb B, ovxio xui to
r nijbg tö A. to tff A rov B dtnXaaiov ian. xb r aqa rov A äinXäöiov
Ion" ' xa&oXixbv efi xui x«rn rovg rotovrovg Xöyovg uiiuiftu votiruC xt xai
martvtxui uaot xotovät „(iv a avxbg b Xöyog xu&oXov, xovriov xai oi
xara /xiQog Xoyoi nuvrtg oi aiiroC."
b"A) p. 5711'.: tu <ft xai ntQi xiov xaxä noögXr)\jnv ovo/uaCofttviuv avXXoyiafimv
oi ix rov lltnniäiov ytyijäi/ uaiv iAg %Qi]alfi<»v, i/xoi tff ntuixtm
äoxoiaiv tivui, xud-oxi ätänxxaC /toi xuv xj 7it(>i xtjg unoätl$to>g noayft«-
xtt'u Tioogrixov tlvuC xt xui Titgi xoviojv tlntiv (p. 58.) ätü xovxo ovv
oiäl xovg vnb XqvoCtitiov Ovvztfrtvxag iv xuig xoiai OvXXoytorixafg ä/QT
aroig anoätixriov fioi vvv lariv u/Qriaxovg ovxag, ix{nto&i yao iSti 'iu xovxo
xu&öntQ xui xibv ntQavxixdSf vn' avxov xXij&tvxmv oi <ff vnon'vXXoyioxtxoi
xXxj(Hvxig iv iaoävvuftovauig Xi'£tai xoig avXXoyiaxixolg Xtyoftivotg.
riXog dt TitQirroi 7xuq' avxoig (M. rtXog ö" oi ntol tqCxov nobg uviovs),
ovg ü/xt&oöovg öt'Oftdfrvaiv , oig ovätvbg bvxog oXwg p.t&od'ixov Xöyov avXXoyiariov.
X. Pseudo - Galenus. 609
böchst jämmerlich und reiben sich dem Einfältigsten, was es auf diesem -
Gebiete geben kann, an, aber sie zeigen uns, wie mit der frivolsten Ober
flächlichkeit einzelne Brocken verschiedenartigster Theorien in den encyclopädischen
Schulkram zusammengeknetet wurden. Während halb stoisch
und halb peripatetisch gelehrt wird, dass der logische Theil der Philoso
phie voranzustellen sei, wird doch wieder gesagt, Aufgabe der Logik sei
die Kenntniss der seienden Dinge in Bezug auf ihre substanzielle Wesen
heit und ihre Merkmale und artmachenden Unterschiede64); bald darauf
aber folgt wörtlich die stoische Definition des aijuelov (Abschn. VI, Anm.
151 f.), bei der Definition von oqog hingegen wird jener „endlose Streit"
der Stoiker (s. ebend. Anm. 59 — 65) über die Bedeutung des Begriffes
(natürlich mit jener durchgängigen Verwechslung von Begriff und Defi
nition) sehr einfach dadurch geschlichtet, dass zweierlei oqoi, ein substanzieller
(oiauod^g, peripatetisch) und ein intclligibler (ivvorjiianxög,
stoisch) angenommen werden65); auch eine Bemerkung über die Eintheilung
in stoischem Stile (ebend. Anm. 66 ff.) fehlt nicht66). Das wun
dersamste aber ist die Definition des Syllogismi^s^vvornach derselbe ein
Ausspruch sein soll, welcherlm Zwiegespräche einen unerwarteteliTojr^ö?-
Smrjzov) Schlusssalz bildet, worin^wir eine wäTireTTarrlcatur JeTHirTstotCltsrtleTTTTe'lihition
erkennen6"); danebeni aber"'werden" für die otTtödei^ig
die stoischen ihiST'avctnoS^Eixtoi als einziges Mittel aufgezählt68). In völlig
ähnlicher Weise wird auch in den pseudo -galenischen Definiliones eine
wahre Auswahl peripatetischer und stoischer Begriffs - Bestimmungen von
ooog und ogiafiog mit Hinzufügung der stoischen vnoyQuqn\ (Abschn. VI,
64) Galen, cd Kühn. XIX, p. 231.: iu Xoyixöv fityos irjg <f tXoooqiag äno
tiov vaTtoov ytyovÖTtov nooieiaxiai rjyovfi^vwv ätlv xovg pt'XXovtug äxgißiög
iriXoatxf tTv fxri nooTtgov roig äXXoig jjtlgtaiv Ini^tiQtiv iiqIv o^tl tovtiuv
sxaaxöv lau yivmoxeiv (p. 232.) lö Xoyixov fitnog oV ob xaiafiav#
avo{iiV rüiv ovriov exaarov xar' ovGluv xal xarit OvfißfßTjXÖg xal
Tag Siaqogag jovttüV Tigöi äXXrjXa xal tu roiavTK yiviooxofitv.
65) Ebend. p. 235.: ar/fitiov toIvvv oi äiaXtxTtxol itaaiv ä^tufiit Iv
vytll avvrjfifitvov (I. rtvvrjftfie'vq)) xal T/yovfit Vov IxxaXvnxixbv tov Xrffoviog'
im äk (SrjfitCtov ra fiiv ianv Meixxixä tu d°k bno(ivr\axixa. 236. j:
OQog dV laxi Xöyog avvxo(iog elg yv&atv fjftäg aytav txäaxov ngay/iaxog ij
Xöyog ö*ta ßgayiiag vnofxv>iat<ag ffi<ravtg rifilv änigyaCöfievog to iinoxeCfitvov
naäyfta- xmv fik oqtov ol fi(v tlaiv ovoiuideig oi fit twotjfittTixol.
66) Ebend. p. 237.: xf)V SiaCgtatv vnoXa/tßävovai /(ooiOpov elvai xmv
auveXrjXv&öxmv eig i'v, tfiaiQHOOai äk vo[i(£ovaiv övö^axa (ig Orj/jatvovTa
xal ctai}fiu xal oXov tig fiiQixä /jeot) xal ylvrj eig tXfir) , Staifogag stg To
xu&' exaoxov xal tig arjfjßeßtjxÖTa.
67) p. 236.: avXXoyiOjibg OY laxi Xöyog SiSofxfviov anoxqiaiaiV negl
(/. nana) xmv Si aXtyo/j.lvmv avvdywv avftnlQaafxa anQogäöxrjxov (dies hier
statt des aristotelischen ?rf(>oV xt. xmv xtifih'mv, s. Abschn. IV, Anm. 537.)
log (v tj IloXixtla nana IlXäxmvr xov yao @oaav(idxov tigrjxöxog xxX. (
68) p. 230.: anotStC^ug xaXm avXXoyiafiovg^ xovg efi« jag Ivaoytlg ngöfltaiv
xal Xqlptv avfintQaOfia dnoöeixvvvxag rj ov äeofitvovg irioov fii\vifiaxog-
tlal de oi'äc TiQÜiog 6 Ix avvrjfiuivov tov ri^ova^rov to Xijyov
inafioiav . . . (die traditionellen Beispiele) ... ätiiTSQog äk o IS nyov^vov xal
tov ävTixeiftivov toü Xrtyoviog tö AvTixtlptvov tov rjyovufvov Iniffioiav
TQiTog äi 6 iS ctTiotpuTixijg avfinXoxijg xal ev6g Ttüv (V in ov/jTiXoxfj
tö avTixtifievov to Xomov Intyt'QWV xiraoTog Sk 6 Ix öit(evyftt'vov
xal ivög t<Sv avTixeifilviav tö Xoinbv Inufioiov nifiUTog Sk 6 Ix «Tkitvyfiivov
xal tov ccvt ixei fttvov ivog twv Iv t$ Si*itirj'ti(vi$ tov avuxtififvov
to Xoinbv InifflQmv.
Pbantl, Gesch. 1. 39
610 X. Pseudo - Galenus. Alcinous.
Anm. 73) dargeboten69), der Syllogismus hingegen wörtlich nach Aristo
teles definirt 70), von dein dr\\iüov aber wieder die stoische Theorie ge
geben71). Wie gesagt, all dieses ist nur ein Beleg für die arge Gedan
kenlosigkeit, mit welcher bei der üblichen Schuldoctrin syncretistisch
verfahren wurde.
Es geriethen aber auch die Neuplatoniker und Neupylhagoreer be
treffs der Logik, wo sie um dieselbe sich interessiren, in den gleichen
Syncretismus stoischer und peripatelischer Lehre, denn die erstere biWet
überhaupt durch Anknüpfungspunkte an Plato in so mancher Beziehung
eine Brücke zum Neuplatonismus , und die von ihr ausgegangene Schuldisciplin
hatte, wie wir sahen, im Verlaufe sich selbst nicht rein von
peripatetischer Beimischung erhalten ; die aristotelische Theorie aber ihrer
seits konnte auch gerade von jenen Neuplalonikern am wenigsten ganz
umgangen werden, welche nachzuweisen bestrebt waren, dass in den
Schriften des „göttlichen Plato" der InbegrilT aller irdischen und nament
lich der überirdischen Weisheit enthalten sei ; und hier musste dann ge
zeigt werden, dass die platonische Dialektik vollständig allen Anforderun
gen, welche an die Logik gestellt werden, genüge. In solchem Sinne
hat A lein, ou s (aus nicht ganz sicherer Zeit, jedenfalls aber vor Plotinus)
die Unverschämtheit in seinem Ueherblicke der Philosophie Plato's (Elg
tci xov Ukvxcovos Soyjicna riGctyayr)) die gesammten Grundzüge der ari
stotelischen Logik als platonische Lehre anzuführen, wobei er jedoch
auch stoische und theophrastische Lehrsätze mitlaufen lässt. Er bezeich
net die Dialektik als jenen Theil der Philosophie, welcher den loyog be
trifft, und theilt sie ein in : EintheiluHg, Definition, Analyse, Induction, Syl
logismus, den letzteren wieder in einen apodeiktischen, wahrscheinlichen,
rhetorischen, sophistischen ; es sei nemlich zunächst die substanzielle
Wesenheit (ovaia) der Dinge zu erkennen, was von oben herab durch
Eintheilung und Definition, von unten hinauf aber durch Analyse geschehe,
und hierauf erst die Merkmale (ßvpßeßriKOTa), welche entweder aus dem
jenigen, was unter das zu erkennende Ding fällt, durch Induction, oder
aus jenem, unter welches es fällt, durch Syllogismus erkannt werden72).
C9) Ebend. p. 3481'.: ooos xoCvvv xat' ZvCovs lail löyos Sijläv notöv
Iotiv ixüvo XU.&' ob laxiv ö löyos (peripaletiscb). övvaTÖv dt xtii ovtüis
öoCa«a')ai • oqos lail löyos iwolas (stoisch)' nvis äi xal ovrios (AoCotcvro'
oqos Inrl löyos xut' ävdlvaiv anttoTii^öriiov txtpeoofietos i V oqos iot)
ötä ßoa/et'as hnotivriattos (ls ivvoiav i)jj.as aytuv t(Sv vnoTtiuyfi£v(or
reds (fojvctts noay/xartov, ^ oqos IgtI löyos ro tlvai örjliSl', r\ löyos lotiv
ivvoiav ijfitv tov noäyi.taios ätixvvg T£ xal oaiir\vt£tov' öoio/xös ioxi lö
yos aövrofios örjlwjixds xrjs (fvastog tov imoxtifitvov nqay^taxos
vTzoyQttqti iori löyos Tvniuöäs eisaytov eis xijv ärjlovfiivriv tov noayfjatos
yvtäoiV ol öi ovto>s' vnoyocMf i) Ioti löyos tvttmöios lfKptcvt(an/ Ttt
7lQCty[lUT<t.
70) p. 354.: ovlloyKTfiös iön löyos ?v <{j rc&e'viwv tivcuv tttQÖV n
tiSv Tt&ivTwv xar' aväyxtjV awayercti uqotiqov ayvoovfitvov.
71) p. 396.: ivSeiXTixbv Grifieiöv tau to aQ%ix<Hs tts xttTalrjipiV «tfijlov
mos Axolovfrovvios xaO-' iavri ctyov vTTOfivrjOrixöv atj//siov tarir,
ds ol tfiTitiQixol Myovaiv, nndyiia (fatvöiievov xtä ytvioaxö/jevov tx ttoo-
7rctoaTrjo^a((os /otjat/jevov eis vnö(nvr^div ytviooxofiivov noäyficnos.
72) c. 3. (p. 339. in d. Heinsins'schen Ausg. des Max. Tyr. 1607) : rj öt neot
tov löynv dialexTixr)' tSiuiqhtki öl ttVTi) eTs te to äiaiQSTixov xal to
X. Alcinons. 611
N'acli dieser merkwürdigen Eintlieilung wird dann der Inhalt der Dialektik
näher dargestellt. Sowie aber dieses Rubriciren selbst und ingleichem
die Voranstellung der Eintlieilung stoisch sind, so wird auch letztere
völlig in jener Weise, wie wir es bei den Stoikern (Abschn. VI,
Anm. 67 f.) trafen, behandelt; es solle nemlich eingetheilt werden ent
weder die Gattung in die Arten oder das Ganze jn die Theile oder
das Wort in die Bedeutungen oder das Merkmal in die Substrate oder
das Substrat in die Merkmale 73). Aus der ersten dieser genannten Ar
ten des Eintheilens entstehe die Definition, indem (wie in der stoischen
Theorie; ebend. Anm. 69) der Gattungsbegriff zu den passenden Artun
terschieden addirt werde 74). Die Analyse hingegen schreite von unten
hinauf entweder vom Sinnlichen zum Intelligiblen oder von den Bewei
sen zum Unbeweisbaren und Unmittelbaren oder von den Voraussetzungen
zum Voraussetzungslosen75). Man sieht, wie der Piatonismus sich hier
mit dem Stoicismus verbrüdern muss ; an sich wohl geschieht dem ersteren
nicht so sehr Unrecht, wenn er eine Genossenschaft erhält, welche
vom Begriffe keinen Begriff hat. Unter der Induction aber versteht unser
Neuplatoniker das Gebiet des Urtheiles, welches den äusserlich natürlichen
Gedanken anheimfalle und hiebei von Aehnlichem auf Aehnliches oder
vom Einzelnen auf das Allgemeine übergehe; und er knüpft hieran die
Eintlieilung der Urtheile in die bekannten vier Arten (allg. bej., allg.vern.,
part. bej., part. vern.) sowie in kategorische und hypothetische, deren
letztere entweder auf ccxoXov&la oder auf fiajp? beruhen 76). Nachdem
öqhstixov (ausgefallen ist liier xai rö draXvnxov) xai to tnayiayixbv xai rb
GvXXoyiaxixoV tovto de eis rö änodeixxixbv bneo loxi neoi xbv dvayxuTov
övXXoytO/xbv , xai eis to tniyeiQrj/taTixbv 5 ttewoenai ntni ibv erdogov
avXXoyiOfibv, xcu eis tqCtov rb ^tjxoQixbv oneo toxi neoi to tv&v-
(ir]f*tt o xaXelrai äTeXi)g avXXoyia/xbg , xai nooghi tu ootfCoptai a , bneo
TiQoriyovßtvov [ilv ovx av eit] Tip iiiiXoooiftp , uvayxuTov de1, c. 5 , p. 343. :
Tr)S diai.exxixr)s de axoiyeiiode'aTaTov r)yeiTai nomrov ftiv rb tt)v oiolttv
InißXtneiv nttvrbg otovovv, Intira neoi xiSv av/ußeßijxÖTiov tniaxonei
de dir 6 fj'tv o lanv txaOTov rj icvio&ev diaioerixüg xai bniorixtig tj xt'txto&
ev dvaXvTixiSg , xa de avfißeßrjxora xai ja vnÄQyovru xaig oialaig rj
ixxtöv neQie/ofie'viov öV tnayioyrjg t/ ix xtSv neoie/orxiDV did avXXoyiOfiov'
10g xaxd Xoyov elvui rrjg äiaXexuxrjg to fiev diaiQenxbv rb de botarixbr
to de dvaXvrixbv xai nftogixi inayioyixöv xe xai OvXXoyiOxtxöv.
73) c. 5, p. 343.: dia/oeaig ftev joCvvv iaxiv t) ftiv yevovg eig etdrj
xofir), r) de SXov eig fiior) »i de ifu>vr)g Tofir) elg ar)[iaiv6(ieva r) de
avfjßeßrjxöriov eig vnoxeCjjeva .... r) de vnoxei fte"vmv eig av/Aßeßrjxdra.
74) Ebend.: tj rolvvv xov ye"vovg noiurov eig etdrf xo/uij xQrjo&ai dei
vnio tov dtaytvioaxtiv avTo exuaiov o tau xara xr)v ovalaV tovto de
ävev Sqov ovx av ye"voixo, ö de ö'pof tx äiaioeoeiog yevväxai tovtov tov
tqottov tov /xe"XXovrog OQia vnontnTeiv nQayfiaTog del to ye~vog XitßeTr
lös tov avD-Qiönov tu £$ov, ineixa tovto T{fiveiv xaxa rag 7tQO~gej(eTg diaif
OQÜg xaxiovxag fttyQ! xiäv eldwv, otov eig Xoyixbv xai «Xoyov xai &vr)TÖv
/xai ätiüritTOV, äare ei ovVTe&elev al 7tQoge/eTg äiuifooai Tili ye"vn , TÖr
i'i avToiv Sqov avS-Qiönov ylvea&ai.
75) Ebend.: ivaXvaeiog de etdri lari tq(u, r) uev yan laxiv anb roh'
ulo&riTtöv (ni t« nomTu vojjt« «vodog, r) di out Ttöv deixvvfte'viov xai
vTiodeixvvfie'viov avodog ini Tag uvanoäeCxxovg xai äfte'aovg nnoxaaeig, r)
de Ii vTio&taeiog avioiitsa Ini Tag avvnofMxovs äo/dsl.
ni xd xaä-oXov yQijat/AloxäxTi dk r) tnayuyr) eis xb uvaxiveiv xds tpvaixag
39*
612 X. Alcinous.
aber mit dieser letzteren Bemerkung der Standpunkt der Syncretisten
eingenommen ist, folgt unmittelbar die aristotelische Definition des Syllo
gismus, sogleich aber wieder mit dem Zusätze, dass es kategorische, hy
pothetische und gemischte Schlüsse gebe, sowie dass Plalo auch die wahr
scheinlichen und eristischen Syllogismen anwende17); dann werden die
drei aristotelischen Figuren des kategorischen Schlusses mit Beispielen
aus Plato belegt78); und hierauf das Gleiche betreffs der hypothetischen
Schlüsse Vorgenommen ; hiebei aber treffen wir die auffallende Erschei
nung, dass Alcinous unter denselben nicht die gewöhnlichen fünf stoi
schen, sondern jene drei Syllogismen verstellt, welche wir oben (Abschn.
V, Anm. 60 f.) als die theophraslischen 61 öXov vnodEuxoi sahen (nur
die Reihenfolge derselben ist hier geändert, und die einzelnen Glieder
der Prämissen sind als disjunetive Sätze genommen, daher die Schlüsse
in der Form der sog. hypothetisch-disjunetiven auftreten), so dass er wahr
scheinlich unter den „gemischten" gleichfalls die fiixroi der älteren Peripatetiker
(s. ebend. Anm. 73) meinte; ausserdem gibt er noch die zwei
ersten der theophrastischen Voraussctzungsschlüsse (ebend. Anm. 70) als
KaxaGxtvuaxixoi «| ctxoXov&iccg und avaGxtvaßtMoi J| ctxoh an79). Endivvoiag'
zov Se Xöyov ov xaXov/jev nqozaaiv Svo iaziv etStj , tö fiiv xazaifaaig
zb Si änoitaaig rij? Si ÜTioträatwg xai xazaifäaeiog r) fih
iazi xa&6Xov r) Si enl fjipovg ztäv St nnozäntiov al fiev xazrjyoptxai
tloiv al Si ino&ezixal, xaTTjyoQtxal fiiv al änXal oiov nag Sixaiov xaXbv,
ino&ezixal S£ elOiv al äxoXov&Cav SrjXovaai rj fia/r/v.
77) c. 6, p. 345.: tan St b avXXoyiafj.bg XSyog iv ^ ze&e'vziov uväv
ezepöv zi zäv xeifiiviov Si aiiztSv zäv ze&e'vzaiv i'S ävayxr\g avfjßtttvu'
riSv Sk avXXoyiofiiov ol fie"vtiai xazr\yopixol ol Si vTzofrtztxol ol Si fiixroi'
ix zövziov xazr\yooixöi fiiv iüv xai zä Xrjfifjaza xccl zä ovfjntpäöfjaztt änXtti
v7io{he'otig (/. npozäoeig) v7iäp%ovatv, ino&ezixol Si ol i% vno&ezixtov tiqozäat
iov , fxixzol Si ol zä Svo aweiXrjifozeg. ^Qfjzat Si 6 ävr)r> zolg fiir
änoSeixzixoTg iv zoig vifrjyrjzixotg SiaXöyoig , zoTg Si ivSögotg TiQÖg zov;
aoifiazäg zt xai viovg, zolg Si ipiOzixoig noog rovg ISCiag Xtyofiivovg igiazixovg
p. 347.: xai zr)v z'iöv aoifiafiär iov Si iii&oSov evqoiixev äv inö
HXäziovog vnoyeyQa/.ifie'vrjV iv zip Ev&vSrjfia> ei äxpißtög ivzv^oi/uev rtj» ßißX(<p.
78) Ebend. : zäv Si xazrjyppiztüv O/zifJaztav övziav zqiiöv xai zov fiiv
TiQtäzov iv (!) 6 xoivbg ogog (über diese Bezeichnung vgl. oben . Anm. 40.) toi
fiiv xazrjyoqtizai z(xi S' vnoxeiztu, zov Si Sevztpov iv q> 6 xoivbg oqos
äfiifoz t-Qtov xatrjyoQtlzat , zov Si zqCzov iv (ff o xoivbg ogog äfjifoziqoii
vjioxtiztti oQovg Se" (ftj/ut zä (ttQm zwv UQozäoetov xai xarä zd Tiptüzov
a/fjfia io(ozi$ Xöyovg b Jlkäziov xai xazä zb Stvztqov xai zb zqCtov
(nun folgen Beispiele hiefiir).
79) p. 346.: zovg Si VTiot)-tzixovg iv noXXoig ßißXCoig evQrjaofjev iow
ziofit'vovg in' avzov, fxakiOza S' iv zip Ilaoiitv(Sr) zotovzovg tvgoifM
äv Xbyovg' „tl iir\ t/ti [i£qi] zb tv ovzt äg/rjv ovzt /.it'aov ovzt zeXevzriv
tl fxrjzt &Qxhv f11!** (it'aov fjrjze TtXtvzijv f/£( , ovSi nt'qag i'/ef ci
firj t/ii nipag, oiSi o/rj/nazog iitztyw ei äpa fit] t/ei fi(Qr) z6 iv , oütff
a/yfiazog fitztyti". xazä Si zo Stvzeqov vno&tzixbv a/fifia o ol nXelOxoi
zqCzov tpaal, xa&' o b xoivbg ooog äfiipoztQoig zolg axqoig entzai , ovzai
iqioia' „ti fj.ii t/u fitgr) zb i'v, ovze ev9-v iaziv oijze azgoyyvXov ' ei fieze~/
ti a/rifiazog , rj ei&v iaziv rj oznoyyvXov ei äoa firj faei fityi), oi fit-
Tfyei a/rjfjaz og" . xai pr)v xai xazä zb zqCzov axnfia nqög zivmv St.Stv-
Ttpov, xa#' o b xoivog oqog äfiq oze'Qiav fjyetzai, iv zip 4>aCSu)Vi oilzios
iptoiä Svväftei' „ei Xaßövzeg zr)v zov Xaov iniazrjfjrjv oix iniXeXrjafie&tL
imaiäfiefrif ti Si iniXtXr)ofie&a , ävafiifjvriaxöfje&a". xai zwv fjixzäx
Se fje'/jvrjzai,. ziov fjiv iS äxoXov&i'ag xazaaxtvaazixiov ovztag' „ei zb h
o/.ov iazl xai zb neTiepaafje'vov zovzo äp%i]V xai uiaa xai zeXevzr)v e^w,
X. Alcinous. Plotinus. 613
lieh noch wird bemerkt, dass Plato auch die zehn Kategorien (!) nachge
wiesen und das etymologische Verfahren entwickelt habe, überhaupt aber
das grösste Verdienst in den Hauptzweigen der Dialektik, nemlich in der
Eintheilung und Definition besitze80).
Dass aus einer Speculationsweise, wie die des Plotinus' ist, nichts
Erhebliches für die Logik oder deren Geschichte lliessen kann, versteht
sich von selbst; diese Gottseligkeit ist natürlich viel zu vornehm, um
sich mit dem mühseligen Wissens-Materiale des irdischen Jammerthaies
oder gar mit Formen des menschlichen Verstandes näher abzugeben.
„Die Urtheile sind ja nur Buchstaben, und die hoch erhabene Dialektik,
welche bereits die Sache selbst und das Seiende besitzt, ist darum weit
davon entfernt, bloss als Werkzeug zu dienen ; sie besteht nicht aus nackten
Lehrsätzen und Regeln, sondern indem sie auf das Eine Seiende blickt,
darf sie die Lehre vom Urtheile und von den Syllogismen füglich hei \
Seite lassen, da dieselbe nicht mehr Werth hat als etwa die Technik \
des Schreibens" 8 1). Mit dieser ekelhaften Tirade ist nun Alles abgefertigt,
worum sich Aristoteles gemüht hatte; aber Ein Zweig der Logik bleibt
dem hochmülhigen Pharisäer, nachdem er das Gebiet der „Buchstaben"
in seine gebührende Nichtigkeit zurückgewiesen hatte, dennoch übrig;
natürlich, er muss nach den obersten Wesenheiten schnappen, und hiezu
bietet sich jener Abhub aristotelischer Logik, welchen peripatetische und
stoische Schulmeister filtrirt hatten , vortrefflich dar ; ein Verzeichniss
der Grundbegriffe des Seienden, d. h. eine Kategorientafel, muss wohl
ebenso süss und behaglich sein als die Faulheit der Ekstase. Gerade
aber dei diesem einzigen Reste eines Gegenstandes, in welchem logischer
Verstand sich zeigen könnte, vermissen wir bedeutend jene Klarheit oder
Trefflichkeit der Methode, welche an Plotin zu rühmen in neuerer Zeit
öfters beliebt wurde. Es hat an sich schon etwas komisches, einerseits
in die Well der sinnlichen Wahrnehmung, welche ja doch nur besteht,
damit sie zuletzt der Teufel holt, noch die Regelmässigkeit einer Kate
gorien-Gruppe einzutragen, und andrerseits die Welt des Intelligiblen
und Einen durch die entsprechend gleiche Zahl von Kategorien so fre
ventlich mit der abominablen Vielheit zu besudeln. Die Polemik Plotins
xal ayrifiaros fitxi^W ib Sh r\yovy.tV(iV rb aoa Xfjyov." räv d*k £| &xolov&
lag ävaaxevaßrixöjv ovita ittas ras Sia<fooas xcträ tovto &e(i>geTo9ai.
80) p. 347. : xal [trfv ras Sixa xajrjyoQ(ag üv re r<p TlaQ^ievlSy xal
roTs aXXoi; vniSti^e, rbv livfioloyixov re tvtiov oXov tv TtS KnariXio d7f|-
eq/eiai, änXiSs re Ixartörarog 6 ävrjQ xal &av[iaöTt3s rijs rs bqiOTixrjs
xal äiaiQtxtxr\s nQayfxareCag , at näaav Seixvvovtii fiaXiOTa Tr\v Svvajjiiv
rf;s äiaXexTtxfjs-
81) Em. I, 3, 4.; p. 43, 5. ei. Oxon.: yq(0(xAvi\ äe (sc. fj dtuXexTixrj)
xal inl t« 7tQ(5Ta ye"vt] xal Ta ix rovrmv voeotäs nXixovrta, eiog av $i£X&y
näv To vorjiov , xal avänaXiv avaXvovoa eis S av in' aqyjpi fX&rj' töts
°" qGvxiav ayovda d>g ye tov ixel elvai iv rjavyt'a ovSev frt noXviTQayfiovovOa
eis $v yevofifyrj ßXinei rrjV Xeyo/j,evrjV XoyixfjV n^ayfiareCav
neoi TTuoräoecov xal avXXoytOutöv , ägneQ av rb eide'vat yna<peiv aXXy
te"yvrj SovGa tov riva ävayxaia xal tiqo T(yvr\s r\yovfxe"vr\. 5, p. 44, 2.: ov
yaQ äi] olqTe'ov oqyavov tovto elvai tov (fiXoaoqov oi yäo yjjiXa &eti}qr\-
fiarä idri xal xavoves , äXXa neol npayfiarä ioti xal oiov vXr\v tyei r&
6'vra, 6cTo3 fieVTOi in' avra /tuoet afia tois d-eworipaai za itgayfiara
eyovaa . . . . ne qI nnoTaaetos ovv ovx oWe, xal yaQ youfifiara, eldvJa &k
rb aXtjd-es olSev o xaXovai nqoTaaiv x. t. X.
614 X. Plotinus.
gegen die peripaletischen Kategorien ist um so läppischer, da er selbst
wieder aristotelische Anschauungen zu Grunde legt. Jene Kategorien
tafel aber, welche Plotinus aufstellt, blieb auch geschichtlich ohne alle
weitere Wirkung, denn bereits der Schüler desselben, Porphyrius, lenkte
wieder in die peripatetische Lehre zurück; und da sie ferner überwie
gend nur eine mystisch-ontologische, nicht aber eine logische Bedeutung
hat, so können wir uns umsomehr dabei begnügen, bloss die einzelnen
\ Kategorien des Plotinus namhaft zu machen. In der Sinnenwelt sind es
folgende fünf: erstens Wesenheit, theils Stoff theils Form theils Vereini
gung beider; zweitens die Relation; drittens das Merkmal (Gv(ißeßr]»6s),
welches in der Wesenheit ist, entweder als Quantität oder als Qualität;
viertens dasjenige, in welchem die Wesenheit ist, nemlich Zeit und Raum ;
fünftens die Bewegung als Thun und Leiden 82). In der Idealwelt sind
es: Seiendes, Ruhe, - Bewegung, Einerleiheit, Verschiednerleiheit 83),
welche in roher und unverstandner Weise aus dem platonischen Sophistes
aufgerafft sind (vgl. Abschn. III, Anm. 50). Der einzige logische Ge
brauch dieser Kategorien, welchen Plotinus selbst andeutet, weist auf
stoische Schul-Theorie hinüber, indem die Kategorien auch hier als Be
griffe bezeichnet werden, welche das substanzielle Wesen ausfüllen und
ergänzen (s. Abschn. VI, Anm. 95), so dass wohl auch hier die Defini
tion durch Addiren gewonnen werden müsste 8*).
82) VI, 3, 3, p. 1133, 11.! ftm <ffj ngeäxov ovriog rb fiev SXijv tlvcti
tb d" eläog rb uk fitxrbv £f ä/xefoiv , r« eTi 7te(>i ravra, räv Se negi
ravra rä fiev xarrjyogov/xeva uövov rä de xai avfjßeßrjxöra, riov df avfißtßtjxörtov
rä filv tv airoig rä efi avrä tv txeCvoig , rä Se ivegytjfiara airiov rä
Se nä&rj rä Sk nagaxaXov&rjfJ.ara, xai rr/v filv vXrjV xoivöv fiev xai tv näaaig
raig oialag el Se elSog Xfyojjev rb noirjrixbv oialag xai Xöyov
rbv oiaiiuSr] xarä rb elSog, ovneo rrfl> oiaCav einopev ntag Sei Xafxßäveir,
rb Se IS äfMfoiv ei rovio fiövov oialav, txeiva oix oialag , ei Se xäxeiva
xai rovro , rl to xoivöv axenreov. ra Se xartjyogovptva [*6voV tv r$
ngög ri av elrj, oiov airiov elvai, aroi%etöv elvai. rüiv Se airoig avftßeßtjxoriov
rb fiev noabv elvat rb Sc noibv elvai, a tv airoig- rä S' avrä
tv txelvoig cig rönog xai /gövog, rä dt tvegyy/iara airüv xai nä&tj , tag
xivrjaeig , rä de nagaxoXov&yftara ibg rönog xal /govog, b /xev reSv Ovv-
&iimv, b Se rrjg xivr\aemg b ygövog.
83) VI, 2, 7, p. 1104, 6.: xivrjoetog Se negi rb ov (taveCatjg oix üiaräar\
g rf/v txeCvov ifväiv, /täXXov d° iv rüi elvai oiov r^Xetöv nov ovoijg
äel re rijg roiavrr\g tpvOetog tv rtj> ovrio xiveio&ai fievovaijg , et rig ftii
aräaiv ine'igäyoi , aronmregog äv eir) roß [irj xlvrjOiv StSövrog 8, p.
1105, 6.: aXXä XQV rgta ravra rl&eo&ai, einen 6 vovg ytoglg exaorov voei,
afia <fe voei xai rl9rj<Siv eXneo voeT, xai eariv etneQ vevotjiui' olg /xev yiry
rb elvai fiera vltjg tori, rovrmv ovx tv T<ji viji rb elvai, Ulk* tanv avUa,
a d*' iariv aiii.« et vevörjrai rovr' taiiv aiirotg rb elvai .....(p. 1107, 2.)
«£>' ov/ 'irega äMßiov eipjjxt xai äiiarijaev tv henörr/ri xai eide rijv tv
r$ bvri iregörrfra rnCa nfheig xai e'v exaarov; naXiv oh ravra eig iv xai
tv evi xai nävra elg e'v elg rairbv av Owäytov xai ßkeniov TnuroTijrK
eläe yevofie"vi)V xai ovßav ovxovv 7rpöj rqtaiv txeivoig ctvayxr) ävo ravra
Tigogr i&evai rairbv darenov , äare rä nävra ytvrj ylvea&ai ne"vre näat
xai ravra äidövra roTg fiera ravra rb erigotg xai ravroig elvai.
84) VI, 2, 14, p. 1117, 2.: tv de roig nomroig ye"veOi rijv SiaCgeaiv
ovx änXäv xai aw&e'rusv del noteTa&ai äXV änliSv xai ridv rr)V oiaiav
avfinXrigovvriov ov rijv rivä obalav rijv [ihv yäg nvä ovOiav OvfinXi]gova&
at xal ix noiörr\rog ovSev aronov , t/ovarig rfd?/ rrjv oiaiav ngb rijs
7ioi6ti)tos ..... vi/v äe Xiyopev oix oiaCag oXeog elvai OvfinXrjQiorixä rä
rfjg rivbg oialag, ov yäg ovalag ngogS-TjxTj yCverui T(p äv&gainq) 1 o
X. Pseuto- Archytas. 615
Endlich reihen wir hier die Erwähnung eines neupythagoreischen
Falsums an , durch welches auch Siniplicius sich um so eher täuschen
liess, da er selbst an einen pythagoreischen Ursprung der aristoielischäLKategorien
"gTäuhte^I). ~ Es ist ncmlicTi die Schrift des Pseudo-ArchytalTüber
die Kategorien (xa&ökov Ao'yoi oder xcc&ohxol köyov) in zwei
Büchern, welche zwar von Themistiiis als das Product eines Pcripatetikers
bezeichnet und insoferne für unächt erklärt wurde S6) , aber bei
Siniplicius, welcher ziemlich viele Fragmente aus ihr anführt, allen Glau
ben fand. Offenbar aber ist die Sache ein pythagoreisches Fabricat mit
der Absicht eines literarischen Betruges, vermöge dessen nachgewiesen
werden wollte, dass die aristotelischen Kategorien eine Erfindung des
Archytas seien. Den Fragmenten bei Siniplicius zu Folge scheint die
Schrift sich ganz an den Verlauf des pseudo-aristotelischen Buches ge
halten zu haben; im Inhalte aber dürfte manche Aehnlichkeit mit den
Bestrebungen der späteren Peripateliker, welche wir im vorigen Abschnitte
sahen, vorgelegen sein, Um abzusehen von syncretistischen Anschau
ungen, in welchen betreffs der Denkthätigkeit, der Wortbedeutung, der
Bewegung, der Wichtigkeit der Zahlen, der Bedeutung der Substanz u. dgl.
Stoisches und Pythagoreisches und Aristotelisches bunt sich mischt 8 ~),
mag erwähnt werden, dass der Verfasser der Schrift die Qualität vor der
Quantität und das nov und 'e%uv vor dem noulv — naGysiv stellt88),
avSQianog ttg oiaCav, ctXk' iaxiv oiaCct ävto&tv nglv inl xf/v öiatpogav
iXS-eiv, älgneo xal £t3ov r'/Sri tiqiv int xb Xoyixbv rjxuv.
85) Simpl. ad Cat. /'. 13 A. ed. Bas. : xal ictojg xolg /Iv&ayopiCoig axolovfrwv,
cup cor rfjV ntQt xöiv fiixa ytvcov $to* ctGxaXCav nccgiXaßtv (sc. AQtßxoxiXrjg).
S(i) Boelli. ad Ar. Praed. p. 114. (ed. Basti. 1570.): Archytas el'wm duos
composuit libros quos xct'höXov X.öyovg inscripsil , quorum in primo haec decem
praedicamenta dispusuil ; unde posteriores quidam mn esse Arislotelem Indus divixionis
inventurem suspicati sunt, quod Pythagoricus vir eadem conscripsisset , in qua
senlentia lumblichus philosophus est tum ignobilis; cui non consentit Themistius neijue
concedit eum fuisse Archytam qui Pylhagoricus Tarentinusque esset quique cum
Viatone aliquanluluni vixisset , sed I'eripatcticum aliquem Archytam qui novo operi
auetoritatem vetustate Hominis conderet.
87) Simpl. a. a. 0. f. 10Ü. : Ag/vxug fxivxoc xov iojv xctxrjyogibiv ßißXi'ov
ayxöfitvog rjxoi xwv xa&oXov Xoytov nigl Xoyov äiSäaxu tiqüjxov xal xovxov
iv diavoCct xal Xi'iei nentiXaße xcd xrjv- fihi ßrjuttivovoccv tiTis Xi'£iv
ttvai xr\v ät arj/j.aivo/xivrjv dtavoiav, xc't xe c'cnXä xal xcc ovvtttxa xal xiXeici
xcd iXXi7if, äioiptouxo xcu fup' iov cftl xci xt xaxc't Ov[inXoxi)V xal ävev OvfinXoxr\
g äoxi^iiXuv iSiSa.it. f. 15 B. : b St Ap%vxag xal iv rjj npcöxy tv-
■frbg SiSaaxaXic( tineuv rd bvojxa xal xb vnöStiyjxa ngogStlg Icp* txaaxov
inriyays xal xijv xaxa ivvoiciv iSwxrjxa x. x. X. f. WZ.: ylpyvxag St
nvS-ayoQixüg inixtiptSv inl rag ao/ag dyet ndaag xeov bvxcov xi]V aitCctv
low xtov Sixa ÜQid-fMW, T(/Vrjv yitQ naaav xal Imaxrtfirpi (prjdl Teray^-
vov ti elvat y.ai üpio/jevov nqäyfict, jd dt toiovtov Iv äoi&/xo~> ä(p optff <7&ca,
luv elf dv/ATiavTa agiO-fibv dtxaSa tlvai x. j. X. f. IQ A.: Aviyvtag rr\v
n&Oav ovdCav (f vcsixtjv ze xcd ala&rjTixijV xcd xivt)zixr)V änoxaXeT, tfvdixifli
fxev ttiv xata rrjv vXrjv xcd rb eldog Xiycov , ctta^rjzix^v (Jf zrjV Bvv9erov,
xivrjTixrjV (St T^J' voenäv xcd ctOuluatov. f. 23 r.: Agxvzag dt b Ilv&uyo-
Qt tog . . Xiycov „rüg xe yäp obaCag tvtl diacfooul xqtlg, « fitv yctQ iv vXce
« rff (xoQCfä et Si OvvafKfoxeoov ix xovxiov". f. 29 jB. : 'An%vxag äi ... Xi
ycov „xäg oiaictg XSiov VTlÜQXfiV xb xav avxctv xal [ilav äQi&[j.qj diapiyovaav
xcöv ivavxCcov Stxxtxav rjfjev".
88) Ebend. f. 31 B.: b /j.ivxoi Ag/iixag fitxcc xrjV ovai'av xb noibv ixa^tv
(vgl. f. 40 Z.). f. ,75 E. : b fiivxoc 'Aoxvxag xal xb 'i/eiv xal xb nov noott
«{?£ tod noieTv xal ncia/eiy616
X. Pseudo - Ärchytas.
dass er in Bezug auf die Eintheilung der Quantität mit Athenodorus und
Cornutus 89) und betreffs der Zeit oder des Wann mit Andronikus über
einstimmt 90), ferner dass er das (ütkXov und yrtov Weiter als Andere
ausdehnt91), die sog. passiven Qualitäten zum na&og rechnet92), und
die Kategorien des nouiv und naa%eiv sowie des xtla&ai sehr ausführ
lich eintheilt 93); endlich dass er in ziemlich umfassende Erörterung
über die verschiedenen Arten des Gegenüberliegens unp der Gegensätze
sich eingelassen zu haben scheint 94). \
Ein ganz jämmerliches Product aber, offenbar aus kehr später Zeit,
sind jene Ka&oXMql Xöyoi. dexa des angeblichen Arcjixiajjj welche
von Ca'merarius herausgegeben wurden95). Es stimmt diese kleine Schrift
mit den Fragmenten des eben erwähnten Pseudo-Archylaslüberein, ja sie
widerspricht denselben direct90). Ihr Inhalt besteht iir der magersten
und oft sinnlosesten Aufzählung der verschiedenen Unterarten, in welche
die einzelnen Kategorien eingeteilt werden können 97).
89) Ebend. f. 32Z.: ÜQXVTa . . . . ro/^ij xal avTifi dieXövri TÖ nooöv
ynatpet ye ovjias „näs 7ioaoTt\ios diutfooul iQeig, tö fiev yaq avräs Ivri
Iv doTitt mg tö TaXaviov, tö de iv pty&ei lös tö dinaxv, 16 de iv TtXä&et
lös t« de"xa. vgl. f. 38 /I. 11. 68 Z. (s. Abschn. IX, Aom. 20.)
90) f. 88^.: Xqxvtus dk xal iivdoövixos idCa rtvä qrvOtv rfjv tov
XQÖvov ■S-e'/tevoi öftoS tovtw awiraSav tö nörs lös neol tov XQOVov vifiaxäfttvov.
vgl. f. 89 jT. (s. Abschn. IX, Aura. 18).
91) f. 45 E.: iaxe"ov de oti 6 Aqxvtus tovtiov tiov nttQftxoXovä-rj/niriav
to /tev Ta ivaVTia iTXide'xta&ai naqf[xe to de fiäkkov xal t/ttov noog-
T)XKTO. "Vgl. f. 73 E.
92) f. 66^/.: xal tovto lüTiov oti. tö oXov eidos tovto Ttjs noioTrjros
6 'Aqxvitts iv nji na&ei xvqCios eidonoiet xal tovto ai/Tov xoivöv ffroi-
XeTov unode'dioxev.
93) f. ÜQA. u. E. , wo ivtoyeia als der höhere Begriff in deiooeiv, noitlv,
nnaTTtiv getheilt wird. f. 83 E. , wo der Unlerschied zwischen 7r«#oj, nenov-
9ös, noCrifta , näü-rj/xa angegeben wird. f. 85 .E. : ö uiVToi ÜQXÜtas dtai/ooäs
tov xeTa9-at Xiyiav To filv avxov tv dvväfiei <ft)0>. to de Iv aräan,
xal tov iv dvva/xei tö fitv iv Tip iveoyetv to de iv Tip naoyeiv. vgl. f. 84 Z.
94) f. 99 B., 103T. u. 105 B. gibt Simpl. längere Stellendes Ps.-Archytas
ither diesen Gegenstand, welche uns jedoch nichts Neues darbieten ; f. 99 B. wird
unterschieden, je nachdem bei Gegensätzen ein Mittelding besteht oder nicht, sowie
je nachdem Gattungen oder Arten entgegengesetzt sind (letzteres auch f. 105 B.) ;
f. 103 7". aber enthält jene nemliche Vieriheilung des ävnxeia&ai , welche wir
auch bei Aristoteles trafen.
95) Nach Hoffmann Bibl. Lex. d. Gr. 1, p. 235. zum cislenmale gedruckt
Venet, 1501, 8, dann Lips. b. Vögelin (1564.); zuletzt in Orelli, Opusc. Gr. sent.
II, p. 273 ff. Ich konnte nur letzteren Abdruck benützen.
96) Z. B. betreffs der Reihenfolge (p. 275. Or.) : TfraxTai de fteTtc Tt)i>
ovolav rj noooTTis xal ngö Ttjs nooTrjTos, oti xaTa ifvoiv naoomai to ötiovv
nqäyfia xal oyxov Xafißävei xal ovtid nepl aiiTÖ fi noozrjs xafhoQÜTai xal Xäye-
Tai tov de xelo&ai Xöyos nähv nnoijye'eTat tov eyeiv. Vgl. Anm. 88.
97) So wird (p. 276.) die oiiaCa getheilt in aiöfia und anaifiarov , aiSfta
in i/j.\pvxov und a\pt>xov , 2jui//u/ov in aia^rjTov und ävaia^ijTov , ala&rjTÖv
in £qiov und Zwölf vtov, £<t>ov in Xoyixöv und äXoyov , Xoyixöv in 3-vt\TÖv und
a&ävaxov. Dann noaortjs in yoa[ipiq iniifäveia Oiöfta tötios XQÖvos aQtS—
1x6; Xöyos, noiÖTr\s (p. 277.) in tilg äiü&eOis na&rjTixr) noiOTtjs (vgl. Anm. 92.)
nü&os dvvafiis ädvva/tta Oxrjfia fiooiprj , noos ti (p. 278.) in q voti Te^vy
tvx<) nooaioiaei, nov in avio xärio efi7iQo0&ev öniathev deitä antOTeoft, noTt
in ivearos naQifixift^vov fiiXXov, noteiv in nqä$is Xöyos diavörjfia (vgl. Anra.
93.), naoxeiv (p. 279.) in ipvx^ «nd aüfia, xetaS-ai in OTaöis xatHdqa «växXiais,
exeiv in nenCO-eOis IvS-eais iiIovtos XTijOis.
XI. ABSCHNITT.
DIE COMMENTATOREN UND DIE SPÄTEREN
GRIECHISCHEN COMPENDIEN.
Jene Richtung und Bestrebungen, welche wir im IX. Abschnitte als
die der späteren Pefipatetiker hatten kennen lernen, setzen sich bei den
eigentlich so genannten Commentatoren in ausgedehntestem Masse fort,
und es bildet insoferne die Pflege der aristotelischen Logik im Sinne der
peripatetischen Schule immer noch, die Grundlage, wenn auch nicht bloss
durch manche Erweiterungen, sondern namentlich durch die Behandlungsweise
die Entfremdung von den aristotelischen Grundsätzen in stets hö
herem Grade fühlbar wird. Stoische Schill-Ansichten und ein in Folge
derselben eingetretener Syncretismus sind es hauptsächlich , auf welchen
die mannigfachen Verzerrungen beruhen. Während in dieser Beziehung
Alexander Aphrudisiensis eine ruhmvolle Ausnahme vor den übrigen Com
mentatoren macht, ist es vor Allem die Thätigkeit des Pprphyrius, welche
wegen ihres Unverstandes um so mehr als eine unheilvolle bezeichnet
werden muss, je grösser und entschiedener ihr Einfluss auf die gesammte
nachfolgende Theorie der Logik war; denn Porphyrius wurde vermit
tels^ römischer Uebertragungea der. Ausgangspunkt der fortan in lateini
scher Form auftretenden Logik. Während aber die Darstellung ~(TTese"r
Anfänge der lateinischen Schul-Logik dem folgenden Abschnitte anheim
fallen soll, müssen wir hier auf den extensiv höchst weitschichtigen Betrieb
aller jener späteren Commentatoren eingehen, welche nach Porphyrius
und meistens von den Auffassungen desselben ausgehend sich mit der
Erklärung des aristotelischen Organons beschäftigten ; und wir müssen
hiehei, da es sich um Schilderung einer stets glelchmässig sich erneuern
den und fortschiebenden Thätigkeit handelt, ohne Unterbrechung bis in
die äussersten und letzten Stadien der griechischen Litteratur hinabgehen,
woselbst wir in der byzantinischen Periode auch compendien-artige Zu
sammenstellungen der logischen Theorie finden werden. Dieser äusserliehe
Verstoss gegen die Chronologie (da wir ja im folgenden Abschnitte
wieder bei dem 4. Jahrhunderte beginnen , hier aber seihst bis in das
14. hinabgreifen müssen) rechtfertigt sich innerlich von selbst; denn
abgesehen von Syrianus und Themistius, welche selbst chronologisch noch
vor Boethius zu behandeln wären , bildet die ganze Masse der übrigen
Commentatoren und der spätesten griechischen Compendienschreiber eine
völlig abgeschlossene Abzweigung der griechischen Bestrebungen, welche
mit Ausnahme des Psellus (aus ihm schöpfte Petrus Hispanus) auf das
ganze lateinische Abendland auch nicht den geringsten Einfluss hat und
618 XI. Die Commentatoren.
von demselben überhaupt gar nicht gekannt ist (erst Georgius Geinistus
Pletho und Georgius Scholarius sind in Berührung mit Bessarion und den
Gelehrten des Abendlandes). Eben darum aber müssen wir diesen ganzen
letzteren Umkreis, weil er in der That abseits von der Kulturgeschichte
liegt, weit mehr um der litterar -historischen Vollständigkeit willen, als
etwa wegen innerer wirksamer Leistungen besprechen, und wir werden
uns daher hier kurz fassen können. Ueberhaupt ja auch gehört die bloss
commentirende Thäligkeit als solche mehr der Geschichte der philolo
gischen Kritik und Exegese, als der Geschichte der betreffenden Wissen
schaft selbst an, und wir werden daher wohl unterscheiden müssen, um
nicht etwa alle einzelnen Erklärungsweisen einzelner Stellen vorzuführen,
sondern vielmehr nur die Auffassungsweise der Commentatoren im All
gemeinen zu charakterisiren und jene Punkte hervorzuheben, welche für
'die weitere Fortbildung der Theorie der Logik von Einfluss waren.
Zunächst mögen einige genannt werden, welche theils nicht strenge
den Commentatoren beizuzählen, theils aus einer nicht genau bestimm
baren Zeit sind. Als der erste müsste Sosigen es genannt werden,
ein Lehrer des Alexander Aphr. (also verschieden von jenem Mathematiker
Sosigenes, welchen Julius Cäsar zur Kalender-Verbesserung beizog); je
doch sind jene zwei Einzelnheiten, welche über ihn überliefert werden,
höchst unbedeutend und werthlos *). Gewiss auch vor Alexander sind
Lucius und Nikoslratus zu setzen, welche bei Simplicius häufig
zusammen genannt werden, deren letzterer aber der jüngere ist; der
Akademiker Attikus, welcher im zweiten Jahrhunderte lebte, benützte
und erweiterte die Einwendungen, welche Nikostratus gegen die peripatetische
Kategorien-Tafel im Einzelnen erhoben hatte ; und es gehören
auch wirklich alle diese drei Autoren, soweit wir von ihnen etwas hieher
Bezügliches wissen, nicht eigentlich den Commentatoren an, sondern
ihr Verhältniss ist hier das hemliche wie jenes des Athenodorus, Cornutus
und Eudorus zu den späteren Peripatetikern (Abschn. IX) sowie
auch bei ihrem Zusammentreffen mit Eudorus überhaupt kaum ein Zweifel
darüber bestehen kann, dass sämmtliche drei der akademischen Schule
angehörten; Lucius und Nikostratus machten sich ein Geschäft daraus,
jede erdenkliche Spitzfindigkeit den Kategorien gegenüberzustellen , und
gaben hiedurch zu vielfacher Thätigkeit der Späteren Veranlassung 2).
1) Philop. ad An. pr. f. XXX11 1 b. : (betreffs der Syllogismen ans Urlheileu der
Notwendigkeit und des Stattfindens) xal b AXfiavöijog b rov qiXoaöifov
ISiyi^VS *v TIVI ftovoßißlip xal ibv civtov äiSdaxaXov Xb>aiyivr\v rnuitjs
tlvai rf,g o*df jjf, ibg Sri tb i£ vftod-eaearg avayxaiov avvayn Ivrav&cc b
XQiOTortXyg- oti yan , (f rjffl, tovto ßovXerai , ärjXov Ii; <äv otc fiiv vTtäoyov
(Svvayttai tb avfin^Qaajxa rrjg /xiC&vog vnaoyovarjg ovarig, rijg tff irtnag
avayxaiag IxrC&tTai oQOvg b (plXoOtxpog. Porphyr. Kir\y. tlg t. Au. xai.
f. 20 a.: xal yäg Z<x>aiyivr\g b TItqinaxr\Tixbg nanaXXr)Xovg iniyeigr^aeig nenl
tiov i.tyo[iev(ov avTtir)taaev, ob ui)V negl fiiäg nvog avioieXiog änetf tjvaTo,
äXX' iaofiayovvxag atffjXi xovg Xöyovg.
2) Simpl. ad Cal. f. 1 A. : äXXoig d( ijotöev anogCag fjövag yomf/ai- ngög
r« Xcybfieva , oneo Aovxwg rf ntnolr\xt xal fier' avxbv NixoöTQarog t«
iov Aovxlov vnoßaXXöfitvog , aytSöv ti TTQog nävra tu tlffijfiiva xaxa iö
ßißXCov Ivoxdaeig xojxC(tiv (fiXon/iovf^evoi xal ovSt evXaßwg , äXXä xara-
(fiooixiöi fxäXXov xal änrjQV&Qtaxozotg' nXr)v xal rovroig yugig xai '0T' HQayftazeiaiäeig
rag noXXdg rtöv anoQimv nooeßäXovTo xal ort Xvßeoig re toüv
XL Die Commentaloren. 619.
Sie greifen die Voranstellung der Erörterung über das Homonyme sowie
dessen Geltung an, und verringern im Vergleiche mit anderen Erklärern
die Arten desselben3); sie bestreiten die Eintheifung der Kategorien
selbst und vermissen die Beiziehung der Partikeln 4) , bei der Substanz
bezweifeln sie , ebenso wie Plotinus, die Gattungs-Einheit derselben, und
machen Bedenken betreffs des Attributes und TheilbegrifFes geltend 5) ;
bei der Quantität tadeln sie einen Mangel an sprachlicher Unterscheidung
und wollen wie Atbenodorus (Abschn. IX, Anm. 20) die Schwere als
dritte Species beifügen 6) ; in Bezug auf die Reihenfolge der Relation
und auf jene Qualitäten, welche entweder wesentlich sind oder auf dem
Aggregations -Zustande beruhen, stimmen sie mit Eudorus (Abschn. IX,
Anm. 24 f.) überein 7). Insbesondere aber scheint Nikostratus sich mit
dem Abschnitte über die Gegensätze beschäftigt zu haben, indem er hiebei
Schwierigkeiten wegen der Einlheilung in Arten und Unterarten sowie
wegen des wechselseiligen Uebergehens vorbrachte, aber auch mit ein
fältigen oder sophistischen Gründen eine Vermehrung der viererlei peripatetischen
Gegensätze beantragte s) ; bei dieser Gelegenheit brachte er
nnoQiüv awoQfiäg xai itXXiov noXXiSv re xai xaXdiv fleioori/xariov Totg fttr'
avtovs ixdediixuOi. Ebend. f. 1 A.: nQoganoQel de ö NixoGTauTog 7if(«
Twv bjxmvvfiiov xui en aaij e iszeoov ATTixög TtjV AnoQlaV HetltTo.
3) Ebend. f. 5 _4. : anoQoiiaiv ot nttji tov Nixögtqutov , tC dr]noTe neQi
7wv xarriyoQitöv einelv nQo&ijuevos ob neQi avTÜv eb9vg, üXXa neQi tojv
aXXiav didäaxei tiSv re bfiiow/J-iov xui Ovvmvvfiwv xai nuQiovv/Aiov. Ebend.
f. 7 r.: [itiTrjV iyxaXoöai naXiv ot neQi tov Nixöaiouxov wg iv ftdvi) tif
oialct doxovvti Xe"yetv TtjV b/Maw/itav to> 'AoiatoiiXti. Ebend. /'. bA.:
Zivis de tov xtii ATTixög lau tov xtuts //(Tct<j OQav Toönoveig Tctirur ayov-
Teg Tijjü xut' avaXoytttv eva roonov twv b/jtovv/Jtov tov trvvttutfÖT eoov tfa-
((iv. Porphyr. 'E$>;y. {■ 9 a.: iatfäXrjnav [Atv noXXoi tov xai b Attixos eva
tqotiov xaTale"$as b/utovvftiov tov xaia fitTatf ogetv xui xaru uvuXoyiav.
4) Simpl. a. a. 0. f. läA.: xai ul neQi tov Aovxiov de xai tov Nixö-
OTQaTov üisTitQ tiqos tu äXXa nuVTtt a/fdbv ovtio xai nobg Ti}V diainetstv
aVTiiQr\xaai. ebend. f. ldA.: diu Ti^tfaatv ot neQi tov Aovxiov, tovs ttvvdtafiovg
naotXintv , el XiS-ttg xai o'vtoi tirjfiuviixai ; .
5) Ebend. f. 19Z.: anoQovtst de xai tiqos tov ntQi Tt/g ovai'ug Xöyov o
Tt IIXiaTiiog xai ot neQi tov NixoGtoutov , Titäg iv y(vog i) ovaitf ei yicQ
xotvov Tt xai Trjg vorjTtjg xai Ttjg ulo&rjTr)g tiij, nob apupoiv eaTai xai &(*.-
tf oiv xttTriyoQT\&-qatTat. Ebend. f. 12 F.: änooovGt de ot neol tov Aovxiov
xai toüto TiQÖg rö firj tbg f*e"Qog Xfyeotrui iö £v vnoxeiiie'vo).
ti) Ebend. f. 32 E.: iyxaXoirti dt ot neoi tov Aovxiov xai NixÖGTQaxov
äiatoe'aei tiqojtov /t'ev iög fj.fj äeövTiog xai rö ue'yeHog noabv Xeyovorj,
nrjXlxov yctQ etfet tovto Xfyeiv, noabv d* tov ctQi&ubv, xb de xoivbv rj aXXo
ti fj bfia>vvft(»s Tip ivi tüv elSäiv noabv xai «ürö dvo/uüfrtv ... uItiiovtki
de xai rö eis dvo yeve~a&ai TtjV äiatQtaiv , eäet yäo ueTa tov aoiH/xbv xui
t6 [ieye&os tqCtov eldog TÜTTetv tö ßuQog.
7) Ebend. f. iOA. : nQoriyeiTui to noibv Ttov ttqos ti , xai Trj oiaia de
oixewTCQov, iög xai ot neoi tov Aovxiov lyxuXovaiv. ebend. f. h% E. : uItiutui
de 6 NixoaTQaTog einibv oti iv eidog notÖTtjTog obx $v vnr\yayev, aXXä
dvo tt)V t{ e|iv xui xfjv diaS-eaiv. eliend. /'. 66 A.\ uXoyov vo/ii'(ovaiv ot
neQi tov NixÖotqutov to nüvTU t« /qw^UTa nüS-ovg (yyivofiivov yivetsd-
ai, xai (xuXiOtu r« Ovfiq vTcc xai ovaioidtj ägneQ to Trjg xiovog. f. 68 A. :
ot di neQi tov Nixootqutov xai TtjV fxuvÖTT\Ta xai nvxvÖTTjTtt nowxr\Tag
tfiXovetxovifi detxvvvai.
8) Ebend. f. 98 A.\ b fifvToi NixÖotqutos «?t/«t«i, oti iv Tip uvto)
yfvei t$ ZQaifraTi, tö Xevxbv xai /xe"Xav, xai yXvxv xai nixobv iv T$ /v/tip,
dixaioavvr\ de xai adixCa t$ tvaVTÜov yeväv, Trjg ftev yaQ aQttr) rijs de
620 XI. Die Commentatoren (Alexander Aphr.).
jene ganz abweichende Ansicht vor (vgl. Abschn. VI, Anm. 117), dass
nicht bloss das logische Urtheil , sondern auch andere Satzformen des
Wahr- und Falsch-seins fähig seien n). Uebrigens bemerkte er auch den
Widerspruch betreffs der Bewegung zwischen den sog. Postprädicamenten
und der aristotelischen Physik 10).
Gleichfalls nur auf die Kategorien, wie bei den so eben genannten,
scheint sich die commentirende Thätigkeit bei Achaicus und Sotion
erstreckt zu haben; aus welcher Zeit sie sind, wissen wir nicht; Simplicius
nennt sie einmal beide zusammen, und einige Male den Achaicus
allein, wohl in einer Weise, dass man verinulhen kann, es möchten
dieselben den älteren Commentatoren angehören ; auch der Inhalt des
über sie überlieferten, welcher theils die verschiedenen Arten der Quali
tät (vgl. Abschn. IX, Anm. 24), theils besonders den Begriff der Relation
(vgl. ebend. Anm. 13 f. u. 32) betrifft, schliesst sich an Früheres an11).
Bei weitem der hervorragendste unter allen Commentatoren ist Ale-
* xander vo^n Ap hrodisjji (zwischen 198 und 210 als Lehrer der
Pfiilosöphie jh~Ätt)eri angestellt), welcher selbst als speculativer Philosoph
eine höchst achtungswerlhe Stellung einnimmt, indem er an Schärfe und
xaxt'a to yivog. f. WA.: ävTiliyti NixößTQUTog , u>g ei r) dnoifaaig rö fi{-
aov SrjXol , xai to ovx av&ouinog xai ov% innog, ueaoirjTa drjlolaei (s.
Abschn. IV, Anm. 416 u. 420.). f. 102 A. : tag NixoOtqutov unooCag diaXieiv,
os iftjdi (.li) «XQißdig tavrtjv ujiodeäoa&ai rijV diaipooäv , [irjte yaq i«
traft (a nüvimg elg aXXrjXa /ueraßdXXetv , dio'ri anb anovSalov ov (favlo;
ylvexai, firpe näaav at^QrjOiv a/ieTaßXijTov eivai elg %$tv (Abschn. IV, Anm.
412.). f. 104.4.: NixoGTQaTos tfi alrietrai e'v fiev ort «reXiog Z/ei rj räv
tvnvjCoiv SittCotatg, ov yao nQoge'&rjXtV ort xai aSicupoQov aäiatfÖQio avtixuxai
iieoov äk ahtäTai 6 ctvrog txvijQ neintafievog xai aya&bv äyct&ä
äeixvvvat tvavtCov , Tr\v yao <fQov(firjV neQiJiaTrjOiv ry (fnovtfitj Oldau
Ivavrlav (ftjat. f. 105 A.: 6 Nixöaioarog aVTiXafißäveTai ftrj yao eivai
Tiva ivavjia, aneo torl fiovov ye"vr\ , oi%l df xai eiSr] tivös' avitxa yovv
rö ctya&bv xai to xaxbv vnb rijV noiÖTrvra TttTTexai.
9) Ebend. f. 103 A.: b NixoarQatog alTiaxai xävrav^a Ifyoiv fit\
läiov eivai Tiäv xarä avtCqaaiv avTixeifiiviov to fitaioetv ib äly&eg xai
to ijjevöog, ovts yao fiovois ovre naOiv aixoTs vnäq^ei' ov fiövoig fiev
ort xai roiff öfioTixoTg xai ToTg änofioTixoTs Xöyoig vnaQ%ei tb l§ ävayxys
#«r«pov aXXa xai ToTg d-avfictOtixoig , (f rjol, 16 airb inan/ei ...xai
Tolg iptxTtxoTg.
10) Ebend. f. 108 z/.: lyxalei äe 6 NixöaiQarog Sri e'v fiev rjf (fvSixy
aXQoäati tt)V yiveatv xai tt\v (f&oqav oi ßovXexai eivai xivrjaeig , tvravlttt
fit xai kütö? elg Tag xivrjoeis ovyxaTaoiß fiel.
11) Ebend. f. 4 1 jT. : oi neol rbv A/aYxbv xai ZidtCoivu o)y9-rj(Tav fii] Sc
/ifp ovOtav xai oioi'ag xai noobv xai noaa xai h'ixdig xai nXrjS-WTixäs
Xe"yofiev ovTiog xai inl tiSv nqög n rb nQÖg ti xai Ta Tinos ti Xe"yea^tti,
aXXa fiövov nXqdvvTixöis- f- 51 Ii.: xrjv de anoQiav (s. Abschn. IX, Anm. 43.J
6 fiev A/aixos Xvwv (f rjOiv, oi to öqhStov tv T<j5 6qo> neoieiXrnf frai, cd)-«
xai tb> otuT^ptt) ttqÖs ti butovvfiios a&Tov xe/oyad-ai (r.) b tov A^dixov
ÖQiO/xns Xe"y<oV „ois to eivai tüvtöv laxi rcj) nqbg otiovv tcios tyeiV.
f. 67 J. : Evdiooos 3£ ttjv na^vT^Ta xai XenTÖTr\xa eis eTeoov tÜttci yfvos,
Tas d* 'äXXag ov ' ol äe neol tov A/aixbv raiir«? fiev eis to Te"TagTov fivog
räiTOvai avvenofie'vas Tiji fiavip xai nvxviji. f. 68^?.: ol de neol tov
A%a'ixbv naqaiTovVTai xai eis to tiqos ti ävdyeiv tijv fiavÖTT\Ta xai tU
exeoov ti nifinTov elSog tioi6ti\tos , aXXa oid'e eis rag na&rjTixas av'ty
Ti&iaaiv . . . all' elg Tag e"v Ttji TeTitora) ye'vei, lenTÖTr\Ta fiev xai xovifotj)
i« enea&ai fiavöiriTi leyovTeg, TTa/vtrjTa de xai ßanvTrjTa uvxvott(i<.
(f. 54 A. betrifft die philologische Kritik einer Stelle).
XI. Die Commentatoren (Alexander Aphr.). 621
Verstand alle Neupiaton iker, wie sich von selbst versteht, weit überragt,
und auch in den tiefsten metaphysischen Fragen, wo sich in dem aristo
telischen Systeme bedenkliche Schwierigkeiten erheben, mit wahrhaft philo
sophischem Ernste eine Lösung derselben anstrebt 12). Von seinen hieher
gehörigen Schriften sind uns nur erhalten der Commentar zum
ersten Buche der ersten Analytik und jener zur Topik13); dass der
schlechte und höchst unbedeutende Commentar zu Soph. El. nicht von
Alexander sei, dessen Namen er trägt, ist auf den ersten Blick klar und
jetzt bereits anerkannt 14). Verloren sind : der Commentar zu den Kate
gorien 15), zu D. inlerpr. 10), zum zweiten Buche der ersten Analytik 17),
zur zweiten Analytik ls), und eine Monographie über die aus Urtheilen
des Staltfindens , der Möglichkeit und der Nothwendigkeit gemischten
Syllogismen bei Aristoteles und seinen nächsten Schülern 19). Wenn
Alexander bekanntlich häufig als „o i|ijy»yr»;g" bezeichnet wurde, so ver
dient er in der That diesen Beinamen als einen ausschliesslichen ; denn
innerlich befähigt zu einem richtigen Verständnisse der aristotelischen
Philosophie spricht er dasselbe auch meistens treffend und klar aus, ohne
in dem genauen Eingehen auf jede Einzelnheil sowie selbst auf Textes-
Krilik zu ermüden ; sein Reichthum an historischem Materiale machte ihn
uns schon oben bei den Untersuchungen über die Peripatetiker und Sto
iker oft zur einzigen Quelle, und in dieser Beziehung könnten wir alle
übrigen Commentatoren , mit Ausnahme höchstens des Simplicius , sehr
leicht vermissen, wenn die Schriften Alexanders erhalten wären. Unter
dem übrigen Wüste dieser verkommenen Zeit fühlen wir bei den Commenlaffren
Alexanders wirklich einige Erquickung, da derselbe wenigstens
nach Kräften und besonders in Erklärung des Einzelnen eine reine aristotpljschc
Auffassung aufrecht hält; eben darum aber winr^derseffie" "von
den späteren Commentatoren, welche sämmllich von plotinischem Mucker-
12) Wenn H. Ritter über einen Mann, welcher in der Thal von aristotelischem
Geiste beseelt war, sich wegwerfend äussert (Gesch. d. Phil. IV, p. 264.), so ist
uns diess ebenso erklärlich als gleichgültig.
13) Erslerer gedruckt Venet. (Ahl.) 1520. fol. u. Flor. (Juni.) 1521, 4., letzle
rer Venet. (Aid.) 1513. fol.
14) Venet. 1520. fol. u. Flor. 1521, 4. S. Brandis, Ueb. d. griech. Ausleger
d. Organons, Abhdl. d. Reil. Akad. 1833, p. 298, welcher auch berichtet, dass
dieser Commenlar in einigen Handschriften dem Michael Ephesius beigelegt werde.
15) Simpl. ßd Cut. f. 1 A. : ciXXot (Si ttqos rovriiig xal tyrriftttTiov i<f rjrpavro
[iiTQi'tos wg ö 5i(f>Qodi0itvs jiXt'iavdqog x. r. X. Bei Simplicius, Dexippus
und David ist derselbe öfters benützt.
16) Bei Ammonius und bes. häufig bei Boeth. d. inlerpr. angeführt (bei letzterem
p. 29S. : Alexander in commenluriis suis huc se impulsum causa pronuntiat sumpsisse
longissimum expusilionis lahorem , quod in mullis illc a priorum senienliis scriptorum
dissiderei).
17) Bei Philoponus benätzt. Brandis a. a. 0. p. 290. fuhrt eine Pariser Hand
schrift dieses Commentares an, welche, während sie im Titel Alexander's ISarnen
fuhrt, im Texte sich häufig auf ebendenselben beruft.
18) Bei Philoponus polemisch benützt. Nach Gesner's Angabe (Bibl. p. 27.)
soll dieser Commentar handschriftlich in der Valicana vorhanden sein ; das Dasein
einer arabischen Uebersetzung führt Holfinger an (Analect. p. 253).
19) Von Alex, selbst angeführt, ad An. pr. f. 49b.: e'i'qrjTai yän rjfitv iv
roig itefA Ttjg xara zctg plieig Stutf oQag 'kr>iaTox£Xovg r« xai tojv htcCQmv
uiitov y(yQctfifi(voig. ,
622 XI. Die Commentatoren (Alexander Aphr.).
thume und jeder möglichen sonstigen Albernheit inficirt sind , fast stets
nur in der Absicht erwähnt, um förmlich instinctmässig eine Polemik
gegen Alles, was jener sagte, anzuknüpfen; er halte freilich jene höhten
Köpfe höchlich verletzt, indem er manches philosophische Spielwerk Piato's,
z. B. die Lehre von der Rückerinnerung, selbst bekämpfte20). Ja
gerade in letzterer Beziehung sind Alexanders eigene Annahmen über die
menschliche Seele völlig auf aristotelischer Grundlage entsprungen , denn
er unterscheidet von dem an den Stoff gebundenen natürlichen und po
tenziellen Denken (vovg vhr.6g xai (pvGixög) den hieraus sich entwickeln
den habituell werdenden activen Versland {vovg xu&' e!-iv oder vovg Inixrjjrog,
im Mittelalter „inlelleclus acquisitus"), um dem letzteren, welcher
eine Folge der Uebung und des Lernens ist, allein das Denken der be
grifflichen Formen zuzuschreiben 2 Was nun die Logik selbst betrifft,
so sahen wir schon oben , Abschn. IX, Anm. 4 f., wie-Alexander die peripalelische
Auflassung, dass dieselbe ein Werkzeug sei, stützte ; und viel
leicht im Zusammenhange mit derartigen Schul-Ueberzeugungen , welche
ja zugleich immer die Festigkeit eines wissenschaftlichen Beweisverfahrens im
Auge hatten, mochte es stehen, dass Alexander ein so grosses Gewicht auf das
?5& jW»£^ij2MÄttfeat''c(!0,w* UI)d wii<si {ertii legte, welch beides in sei
ner Zusammengehörigkeit er schon mit Hern technischen Ausdrucke vcpwi _
xi)g ävri(paOmg bezeichnet zuhaben scheint22). Auch finden wir neben
IteT*"ächT'aristotelischen Einteilung der Logik in Apodeiklik , Dialektik
und Sophistik hier zum erslenmale die in der Schul-Theorie conslanl
gebliebene Untej^hjiffuT^Twischejn analytischer und synthetischejr^lhodej
wobei das erstere dieser zwei Worte an den aristotelischen Ausdruck
'Avalvnxci geknüpft wird23). In Beziig .auf den .Inhalt der... Jo^iscjieii
20) Anon. ad An. pr. b. Brand. Schol. ly.'ib. 17.: ö (Jtv favioot (Hat»
roiro tioijo&ai noög ava(Q07ir)v tov Tag (xaO-ijOtis tivai avaftvrtatig. Vgl.
mir Ii Anm. 27.
21) Alex. d. an. I, f. 135 a,: ö di dvvätiti vovg ov e/orrfs yivö/itStt....
vXixog vovg xuXtiTaC n xai ton' .... xai 6 /uiv ifvaixog je xai vXixbg h
7iüoi roTg jxtj 7i(7xr]i>(ufi(rnig t>)V tSia(fopäv iymv , xa&oaov oi ftfv tißtv
tvifvtOTiQoi Tiäv ävOnalntov ot dt ütfvtainjoi 6 di t'ni'xjrjTog t£ zßi
vnrtQov tyytvöfitvog xai tidog xai jffij aiv xai Tii-eiorng tov t/voixoi ovxtT*
Iv nümv , aXX' iv xotg äoxrjaaaC je xai ftttäovdtr. f. 138b.: xiu
rowvTog jxiv ö i/Xixog vovg, 6 di tlig e!-ig Xtyöfitvog tidog lau xai .... Tf-
Xtiöiijs roviov. II, f. 113b.: 6 vovg vXixog tov Iv naaiv (an toig (>i;
TtXti'ag tyvyin xtxotitovrjxöoi , xovxiaxiV äv&Qionoig , Silos dt" Iotiv ö
vomv xai i'giv f/eiv tov votiv xai dvvd/jtvog r« tidrj tiöv voTjTiäv xttü
t))V avTov dvvafiiv Xttfußavtiv- I, f. 126a.: tt di iaviv tidog ij ffi^XH, W
äidtiXTai , dvuyxaiov avTi\v a/tooiarov tivai tov aaiuuTog ov Iotiv.
22) Alex, ad Melaph, p. 225, 21.: tlniov di o'iav tivai ätT ti)v ßtßaioict-
TijV (iQ/JiV ii'rjg Xt'yti xlg Iotiv r\ ToiavTt), dißoröii yvwnt/jioTÖn) Tt *«i
avvno&tTog , xaiqrjoiv tivai Tavxt]V tr/j' Tt\g avxiqäatias . ... 226, 15.:
ddvvaTov tü avrö vnoXaiißdvtiv tivai Tt xai fit) tivai , S lau xaTaOxtv«-
axixöv tov wavtQmxüxt)V uQxkv tivai to fti, awaXrj&tvtoOai tt)v ivxtlfdC*
if;« To fit] dvvuoü(u TitQi avii/v äuojitvaaaflai , . .. 227, 5.: ii avtQWTKKn
uSCiopta tit] to aövvatov OvWTiiioxiiv Tr)v itvritf aoiv . . . 22S, 15.: OvviOvtfl1
ßtßaioiÜTijV xai yvoiQiftoiTaTrjV ('Q/riV ti)v ir)g aVTiqäatiog. Ebcnil. ad Toj>.
fi. 200.: ö yeto ro tTtoov Tijg ttVliu äatiag äti'iug pr) vTTÜQXtiv To hlQOl
vttuijxov i'dnitv, oidiv yäo fitTa'iv Ttjg aVTiifäanog.
23) Alex, ad An. pr. f. 2 a.: 'H Xoyixr] Tt xai avXXoyiOTtxt) nnayna-
Tf(a {j vvv r)ftiv Tiooxtifit'vTj , iy' fjV y Tt (Imodf ixtixt) xai ij di«Xtxti>>l
XI. Die Commentatoren (Alexander Aphr.). 623
Doctrin aber ist es eben jene sirengere Rückkehr auf, Aristoteles, welche
wir bei "Alexander hervorheben müssen. So ieet er in der Katesorienlehre
in Folge seiner psyclKjloascheii. fiiundsltze (Anm. 21) antiplatonisch
ein vorzügliches Gewicht auf die Individualität der begrifflichen Substanz,
was seine späteren Gegner (ebenso wie bei Boethus, s. Abschn. IX, Anm.
28 f.) so verstanden , als nehme er eine Priorität der Einzelwesen an,
während er selbst doch scharf genug die Unkörperlichkeit des Begriffes be
tonte24); auch bei den übrigen Kategorien lenkte er gegenüber den spitzfin
digen Controversen Früherer (Abschn. IX) auf den ursprünglichen Stand
punkt zurück, indem er z. B. bei der Qualität auf deren arlbifdende Gel
tung (Abschn. IV, Anm. 475) hinwies, beider Quantität die Hinzufügung der
Schwere tadelte, und auch die Stellung der Relation richtig erkannte25). Insoferne
er aber, wie es scheint, als der erste die Schwierigkeit erhob, unter
welche Kategorie wohl die Bewegung unterzubringen sei, so gibt er hiedurch
einerseits allerdings den wiederholten Beweis, dass selbst die Tüchtigsten
ts xai nttQuoxixrj, 'in xt ooi/iorixi] fri&ofiog (vgl. ad Top. p. 3 f.) ....
f. 4 a.: 'dvaXvxixd fit, bxi i) nuvxbg awS-frov elg rd £f tuv ij Ovvfheaig
avxov dvaywyi], ävdXvOig xaXelxai , dvxeOTQOfiue'vojg yaQ r) dvdXvOig e/ei
Tri avviUoei ' r) fiiv yitQ ovvfrtaig anb xiov ag/iöv ofiög loxiv inl xd Ix
Ttov txQxtüv, r) fit dvdXvOig tndvofiog ionv int rag aQ/äg anb xoii riXovg
.... (b.) dvaXvtiv fit Ifiltag Xiyovxai xai oi xovg OvviUxovg ovXXoyiOfiovg
avafivovxtg tig xovg im Xovg .... dXXd xai xr\v riäv Ti&tfit'vm' avXXoyiOfxiäv
ävuyiayr)v tlg xd olxtia a/i\(ima dvdXvoiv Xiyovoiv, birtv xai xaxd xovxo
tö ar^aivö/jt vov xfjg dvaXvaeojg judXioxa dvaXvxixd xai xavxa iniyiyQanxai.
24) Simpl. ad Cat. f. 21 B.: ö /jivxoi AXi^uvfiQog xai rb vorjxdv xai
%toQioibv elfiog dro/.iov ovo luv Xe'ytaflul </ ijOi , xai lomg oixtiov xovxo xqj
JltoinuTip, tfritQ rc xoivä ovfit eoxiv bXiog iavxa iv vnooxdoti äXX'
iv xoig dxöjioig tyei rb elvai' ll ovv xd /(OQiOxä tifirj ndvxorv fidXiaxd
iortv iv vnoaxdati , itroiia av ettj xai ov xoivä. Dexipp. ad Cat. b. Brand.
Schot. 50 b. 15.: rl av ttnoi/j.tv ni)bg xovg neoi avrov xovxov afi(ptgßr]TOVVrag,
fir/nore ovfit ifvoti 7rQoreQa ij rä xa&6Xov rijöv xai)' ixaotov äXX'
vOrtQtt ; .... ovruig /u'tv ovv roig ntin AXt'iavfiQov xai BorjSöv. David ad
Cat. ebend. 51b. 10.: i.rirtlviov b Alf Qofiioievg AXQuvfiQog xr)v eig i/iXo-
Oowlav xaivoTOfttav ntioäxai xaxaoxtvdftiv ort xai qvtiu nQoxe~Qa iorlv
r) drofiog oiola ndvxiov. Boeth. ad l'orph. a se tränst: p. 55.: quaestio quam
nos Alexandra consentienle hae ruiioeinationi' solvemut genera ergo et species
eeteraque vel in ineurporeis rebus vcl in Iiis quae sunt corporea reperinntur , et, si
ea in rebus incorporeis invenit animiis , habet iltico incorpureum generis intellectum,
si vero corporalium reruiu genera speciesque prospexerit, aufert, ul solet, a corporibus
incorporeormn naluram et solam puramque ut in se ipsa forma est intueiur.
25) Simpl. ad Cat. f. 57 A.\ fioxtZ fit rotg ntQl AX f^avfiqov ... .ojg ovx
ovor/g rijg iroibrrrrog iv fiovor r(i! tii>i)fit'vt>) yt'vti , iv qi tiotv at itjetg xai
al öiulte'otig aXXa xai iv raig äXXaig xarrjyooüug , iv näoutg yaq t« yivrj
xai Ta tiörf noiortjia Or\fialvti tj; J' nt(>l rainu luv ioxi yivt] xai ilfirj,
ägntQ xb ntQl ovolav noiöv. David ad Cat. Brand. r>8 b. 15. : b fit AXt^avSoog
ßovXo/uevog xr\v noioxrfxa tag y(vog tlg tifirj fiiaiQttoSai x. r. X. Simpl.
a. a. 0. f. 65 Z.: AXtSavfiQog fih ovfit SijTCtv agioi , tl xä ndfrrj i/nb TijV
noiöxrjxa, avrbg yaQ b 'AQiOxoxt'Xijg . . . . xä nä&r\ vnb tö avTO elfiog ?r«ff»'.
Ebend. f. 38 r. : ö (jl€vxoi AXQavfiQog äxoXov&atg xip AQioxoxe'Xei xr)v Qonrrv
ovx iv noao> ritHfitvog äXX* iv xo) noiq) xai inl xiuv ßuQiorv xb loov xai
ävtoov ob xvQloig Xiyea&at tfrjOiv aXXa xaxaxQrjOxixiog. Ebend. f. Hr.:
b fxivxoi AipQofiiOievg AXi$avfiQog inl fiövwv xäv nQÖg ri Ov^ißatvuv
olexat xovto xb xiva xojv nQÖg xi xai vn' aXXriv xaxrryoQlav äväyea&ut,
fiiöxi xf/V aQ%t)v xb nqog xi ovfit tl%tv otxelov vnoxtt(itvov dXX" in'' äXXrjg
xaxrjyoqlag rb tlvai et/tv.
624 XI. Die Commenlatoren (Alexander Aphr.).
in jener Zeit sich von gewissen Anforderungen der schulmüssigen Auffassung
nicht völlig frei halten konnten, andrerseits aber ergreift er auch hier
den einzigen Ausweg, welcher in acht aristotelischem Sinne noch übrig
bleibt (s. Abschn. IV, Anm. 315 f.), indem er JÜ^JBe^gu^gjHjlexjjen
allgemeinen Begriff des Vorgai^s.,,j^.a#os3 subsmnirt und sie hiedurch
mit den sog. ipassj^_Jlhia]i^lj3iijn die Kategorie der Qualität einre
Ui t "^J. Tn der Controverse über delT"A"nräng des Buches" l). inlerpr.
(vgl. Abschn. IX, Anm. 48 ff.) blieb er offenbar seinem psychologischen
Sjanduuujtte gelreu, indem er bei Anerkenntniss dessen, dass die Schrift
ein Zeichen des Wortes und das Wort ein Zeichen des Dinges sei, ebeu
bei der Denkthätigkeit, welche dem natürlichen Materiale des Lautes erst
jenes Zeichen aufprägt, auf die verschiedenen Wirkungen des psycholo
gischen Eindruckes bei verschiedenen Menschen hingewiesen und so die
Verschiedenheit der Sprachen erklärt zu haben scheint, was dann in ge
hässiger Weise von Neuplatonikern so aufgefasst wurde, als verlege er
gerade die Entstehung der Sprache in die Natur selbst 27). Bei dem
Urtheile hielt Alexander gegen Eudemus (Abschn. V, Anm. 26 f.) daran
fest, dass das „Ist" nur Copula, d. h-. Zeichen der Verbindung, nicht selbst
aber ein Terminus des Urtheiles, sei (daher er auch das Participium dem
Nomen gleichstellt), was wohl damit zusammenhängt, dass er die Formen
des Verbums „Sein" überhaupt für homonym erklärte28). Den Unter-
26) Alex. Quaesl. nat. I, 21, p. 68. Spcng.: 'JEv t/vi xaTr\yoq(a tj xfvrjOii.
tijV xivtjOiv tl Tis f*y TiaoaSi/oiTO tv rois noaoli Tfp iv Tai; xaTTiyoqtmt
aiiTTjv tv iotc noaols xela&ai , Xfyotr' av elvai tiqös ti' tj> dY riH
ovorj Trj xivrjOti vnaQXtt to npöf ti tlvai , tirj av na&os' tl yäq to xivtlofrai
näa/tiv tC Ioti , nääov; dY nttgovottf to naa%ov näa^ti xal latt
t6 xtvovfiivov xivrjOttus naqovoiu xivovfttvov , rj xCvrjOig av na&og tirj, to
eff nuD-og notÖTi);.
27) Boeth. d. inlerpr. p. 208. : Alexander . . . quoniant, inquil, nominii et verlia
interpretatione simplici conlinenlur , oratio vero ex verbis nominilmsque coniuneta
est .... quocirca, quoniam significanlium momentan! ex Iiis quae significantur oritur,
ideirco prius nos de Iiis quae voces ipsae signißcanl docere proponit. Ebeiul. p. ■
301.: quemadmodum eliam ea quae scribuntur eorum quae sunt in voce, ea vero
quae scribuntur — inquil Alexander — nolas esse vocum ....et quemadmodum tue
litterae Omnibus eaedem , sie nee eaedem voces (302.) sicut litterae non mturaliter
voces, sed positione significanl, ita quoque voces non nuluraliter unimi
intelleclus, sed aliqua positione designunl. übend, p. 323.: Alexander multis in et
nititur argumenlis monstrans orationem non esse instrumentum naturale (gegen Plalo)
quoniam oratio ad placitum non nuluraliter est, partes enim manifestum est
oraiionis ad placitum posilus , quae sunt scilicel noinina et rerba, sicut monstrat
apud omnes genles diversitas vocabulormn , quoniam ergo per liaec secundum placi
tum omnis oratio esse monslralur , quod aulem secundum placitum est, non est
secundum naluram, nun est ergo oratio suppellex. Gegenüber diesen wörtlichen An
führungen sieht man deutlich, wie andere Berichte zu verstehen sind, neuilica:
Amnion, ad Ar. d. interpr. f. 32h.: Iniaxtipuifitfra töv avXXoyiOfxbv o jiqQOSiaitvs
tsyyyTTjg (xTd)trai xaxaaxtvdCttv öoxovvtu /xuvojs tlvcti qvoti t«
ovöfinTa xcti tu (JjjjMftTK • t« yäq övöftaTa, tpyol, xal Ttt (iq/jata (fioviü,
eil ät (ftovai (fvati, t« «Qtt ovöfxaTu xcti lä (nj/uma ifvdti. Mich. Ephes. Ii.
Hrand. Schol. 100a. (not.) äXkoi; yäq ovofiaai. xal qyfiaot xcti yqctpftaTtoV X"~
qctxTtjqai xQojviai 'Iväoi, tiXkoig Aiyvnnoi xal äXXoig "jEXXrjVts ... 6 wir
iavSqog IvlGTuxai Xt'ytov ort nüq r« vorifiuia naoa niai tcc aüicc;
yao t(Sv avTÜiv noayfiaToiv äiayoQa tioi vorjuaTa nag* rjuTr. Ehend. 103b.
(not.) ö <ff HltSaroQog qvoa fiövov avxä (f rjai.
28) Schol. Anon. b. Hrand. 146 a. 19.: 0vyxaTtiyoqeiTGntQ är) iOTiv 8 ov ßovXoVTai oi nigl ikXtSavä«giovyaoIfyieätovv oToOov„fdotii/"i
XI. Die Commenlatoren (Alexander Aphr.). 625
schied zwischen Bejahung und Verneinung liess er nicht als eigentliche jCf^t' ]'
Einteilung des Urtheiles gelten, da das bejahende eine wesentliche Prio- ,
rität behaupte, sondern es werde das Wort „Urlheil" nur homonym von " ,
beiden Formen gebraucht 29). Bezüglich der gegenseitigen Verhältnisse (<r*/
der nach Qualität und Quantität verschiedenen Urtheile scheint Alexander {^l^
den BegrilT des Subconträpen, welcher fortan eingebürgert erscheint (vne- (.^
vaviiöv), eingeführt zu haben , wenigstens kömmt uns derselbe in einer
Erörterung Alexanders über die unbestimmten Urtheile zum erstenmalc
mit Bestimmtheit vor30). Aus der Lehre vom Schlüsse haben wir einer
seits den merkwürdigen, von den Späteren öfters wiederholten, Einfall Alexan
ders zu berichten, vermöge dessen er die drei Figuren mit der Dreitei
lung der Logik in Verbindung bringt, da der apodeiktische Schluss wegen
seiner Allgemeinheit mit der ersten Figur verwandt sei, der dialektische
aber durch sein überwiegend negatives Verfahren mit der zweiten, und
der sophistische im Hinblicke auf die Unbestimmtheit und den Parlicularismus
mit der dritten31); und andrerseits müssen wir rühmend erwäh
nen, dass Alexander in Uebereinstimmung mit Aristoteles die sämmllichen I
Voraussetzungs - Schlüsse nicht als eigentliche Syllogismen anerkennt32),
/xiqos nQoxdaews, dXXd ow&e'oeojs f) Siainioeios fir\vvxixbv fiöqiov xiov tv
xfj nnoxdoei 8q<ov. Bocth. a. a. 0. p. 317.: Alexander quidem dicil „est" vel
,,ens" aequivocum esse, omnia euim pracdicamenla quac nulli communi jenen subduntur
aequivoca sunt et de omnibus ,, esse " praedicatur , substantia enim est et
qualilas est et cetera. Ebcnd. p. 403. : partieipium nominis loco in propositione
praedicatur , et id quidem Alexander Aphrodisicus arbitralur celerique complures.
29) Bocth. a. a. 0. p. 294.: quidam vero , ... contendunt, a/firmationem et
negationem aequivoca esse , praedicari autem enuntiationem ad ulrasque ut nomen
aequivocum, non ut genus univocum, quorum prineeps Alexander est ....Ale
xander namque ideirco dicit, non esse specics enuntiationum affirmalionem et nega
tionem, quoniam affirmatio prior sil. Ebenso p. 325. Amnion, ad Ar. d. interpr.
f. 14a.: ((rjxrjxai de tiuqcc toi; i^rjyrjxats ...rCva xoönov diaiQetxui rj dnotf
avaig eis xr\v xaxdtfaaiv xal eis xrjV anöiiaoiv. xal oi fiev ei'Xovxo Xe"yeiv
uixijv tos qiovr/v b/xoivvuov tlg didifOQa arifiaivöfieva diaiQete&ai , xa&direQ
6 Ü(f Qodtaievs HXegttvdQos , oi de tos yivos eis et&tj, xu&dneo 6 </ 1-
loOoif os IIoofpvQios- S. Anm 78.
30) Boeth. a. a. 0. p. 347.: Alexander autem hoc dicit: quoniam indeßnilae sunt
hae, nihil eas, inquil, prohibet sicut ad particulares ita quoque ad universales reducere,
quaevidenlur esse contrariac, ut ineo quod est „homo animal est, homo animalnon est",
quoniam hae propositiones indefinitac sunt, possunl aeeipi quasi contrariac cum
autem dicitur „homo ambulat, homo non ambulal", non ad contrarias, sed ad subcontrarias
mens ducilur audiloris et haec quidem scnlcnlia habet aliquid rationis etc.
31) Alex, ad An. pr. /'. 20 a.: dXXd xal bvxos avXXoyia^ov xoii jiiv dnoäeixxixov
xov äl äiaXexxixov xov de aoyiaxtxov xal xi/j.aoxdxov /jiv xov
dnoäeixxixov , devxinav de e/ovxos xdgiv xov diaXexxixov xal xgCxtjV xov
aotpioxixov , rto~ fth änod'eixxixip xö rtoöixov Oxrjfia olxe loxaxov , oi yäg
anoäeixvvvx es xvq((os xaOoXov xaxati uxixd avfineouCvovxai , dia xovxoov
ydo rj (tnod'tiiig , « fiövov did xov noioxov deCxvvxai ay^fiaios oiiev eii-
Xoyws xal (Tt« xovxo nniöxov xq) de diceXexxtxq) xb devxenov , O/eäbv ydo
ö diaXexTixbs ael xa xi &e"[teva vixb xoii nQosdiaXeyoftivov dvaaxevdCeiv nei-
Qiöfievog d7io<iaxixd avvdyei , xovxois de xb äevxeoov dvdxeixai axt^iaoi
3h ooqioxal ääioQiaxa tnaixtövies xal avväyovxe s xq} xb adiöntaiov Xaoy
ävvctaltai x<y tn\ /xtgovs, tnl pe'nos W ndvxa tv xq) xolxo) axn^axi owdyeoitai,
olxelov dv xovxo e/oiev xb Ojfiifta.
32) Alex, ad Top. p. 6. (bei Erklärung der aristotelischen Definition des Syl
logismus) : dvvaxai xb „xeMvxtov" tfj.qatveiv xal xb xaxr\yoqixbv ' xtöevxat
yÜQ xvq((os xavxa iv xip inaQ/eiv ij firj vnaQ/uv Xa//ßavo/xeva , xd ydt>
Phantl, Gesch. I. ' 40
626
XI. Die Comnientatoren (Porphyrius).
— eine Festigkeit und Unbefangenheit, welche in jener durch die stoi
sche Schuldoctrin corrupten Zeit um so erfreulicher sein muss , je
genauer Alexander die ganze ausgebildete Technik jener Schlüsse selbst
kannte (er diente uns ja hierüber hauptsächlich als Quelle).
War hiemit durch Alexander wenigstens die Möglichkeit gegeben,
dass eine reinere Auffassung der aristotelischen Logik sich geltend ge
macht hätte, so liegt in dem grossen Einflüsse, welchen Porphyrius
(geb. 233 , gest. 304) auf die ganze nächste Zeit ausübte , der Grund,
warum man gegen ein richtiges Verständniss der Logik Auge und Ohr
verschloss. Unleugbar bequemer war allerdings die hohle und flache
Boctrin der Stoa . und wenn dann diese mit platonischen J^scjiauuflgen
mehr wollenlM?ür jeden, welcher bezüglich der Logik den Verstand für
ein wesentliches Moment hält, muss zur vorläufigen Beurtheilung des Por
phyrius es schon genügen, dass er ein Schüler Plolin's war, und in der
That müssen wir ihn als den bej_wgjte^^jjyiu^reichsitcn Verdexber der
Logik für die ganze folgende Entwicklung bezeichnen; denn wäre der
Stoicismus und Syncretismus nicht durch des Porphyrius bekanntes Schul
buch schon den Zeitgenossen desselben förmlich eingebläut worden , um
dann fast unvertilghar forlzuwuchern , so hätte alle jene Verkehrtheit,
welche wir in früheren Abschnitten schon darstellen mussten, wohl eher
wirkungslos vorübergehen und in sich selbst absterben können, und in
der That dürfte es für die spätere Ausbildung der Logik heilsamer ge
wesen sein, wenn vom 4. Jahrhunderte an zunächst durchaus keine Logik
betrieben worden wäre, als dass man in den Schlamm der verstandlosen
Produkte des Porphyrius sich versenkte. Neuplatonismus und Stoicismus
bewährten auch hier ihre verpestende Wirkung, welche stets und überall,
wo sie erschien , jeden frischen und gesunden Keim der Entwickhing
tödtete. — Porphyrius sehrieb ausser jenem kleinen Buche, welches den
Titel Eiöayayyi] ug xctg 'AQiaxoxskovg xccxrjyoQiag oder auch IIsqI twv
nivxs q>avmv führt und bekanntlich zu den gelesensten und verbreitetsten
Schriften unserer Cullurgeschichte gehört, auch Coinmentare zum Organon,
von welchen uns nur die 'Ei-rjyrjOig elg tag 'Aqigx. xuxrjyoQlag xaxcc
mvoiv xai cazöxQtäiv erhalten ist33); verloren sind uns der ausführliche
Commenlar zu den Kategorien in sieben Büchern34), ferner jener zu dem
Buche D. itilerpr. 33), sowie jener zu einem logischen Werke des Theophrastus
30), und ausserdem ein Commentar zum platonischen Sophistes,
VTlolhtTIXtt OV iC&tTtU• ÜXX' VTIOT (0(1 «l ' ÖoXOVOl faQ Tip l4oi (TTOTeXei B^WSlf«!
xvnlaig Z/av avXXoyia/^ol, (ig Iv xoig Hqoi{qois lAvalvTixoTg ätlxwaiv., ol xarrjyoQixoi'
ol äi vnoSirtxol oi% airXäig tiai OuXXoytOuoi tiXXit utret 7ioogfrrjxr)g.
33) Gedruckt Paris. 1543. 4.
34) Simpl. ad Cat. f., IB.: 6 navxuiv r/uiv tojv xaXüiv aiuog TIoQifv-
Qiog t'iriyr)o(v tt (vxeXij iov ßißXiov xut tojv (vaxäaeiov nttaoiv Xvocig ovx
ÜTT6vo>g iv inxu ßißXi'uig inoirjOaxo xoig rtdaXCtp nowgif xuvri^iTai , noXXn
xul tojv Ztu'CxüV Ixtl äoyfiüjwv xttxa xr(V xoivtovlav iov Xöyov nftogiaxoq(
Sv. Simpliciits benutzte diesen Commenlar Qeissig.
35) Borth, d. interpr. p. 290. : de interpretalione Uber . . . euius exposilionem
nos scilicet quam maxime a Porphyrio, quanquam eliam a eeteris transferentes, lalina
orationc digessimus. Darum isl für das Einzelne Boelhius auch die Hanptquelle;
ausserdem hat Ammon. ad Ar. d. inlerpr. den Porphyrius häufig benülzl.
30) Khend. p. 294.: sed Porphyrius ait, sese doeuisse species enunliationis esse
konnte man in jener impotenten Zeit
XI. Die Commentatoren (Porphyrius). 627
worin die Lehre von der Einteilung enthalten war, s. hierüber unten
Anm. 60; dass Porphyrius auch die erste Analytik bearbeitete, scheint
ziemlich gewiss zu sein, s. unten Anm. 82.
Was den niedrigen und zugleich verderblichen Standpunkt des Por
phyrius betrifft, so ist derselbe hauptsächlich in der Isagoge niedergelegt.
Davon, dass Porphyrius selbst etwa der geistreiche Erfinder der quinque
voces (yivog, cldog, dtufpooce, l&iov, avfißeßtjxog) gewesen sei, wie die
spätere höchst naive Tradition stets annahm, ist natürlich keine Rede;
denn wir sahen (Abschn. IV, Anm. 708), welche Bedeutung schon in der
aristotelischen Topik für die Praxis des Schliessens den Momenten der
Definition, des eigenthümlichen Merkmales, der Gattung und des jeweilig
Zukommenden, zugeschrieben wurde, sowie ja selbst die Meinung sich
ausgesprochen findet, die quinque voees stünden bereits bei Aristoteles37);
und nachdem wir hierauf bei Theophrastus aus jener aristotelischen Stelle
wirklich jene Fünfzahl hatten entstehen sehen (Abschn. V , Anm. 82 IT.),
waren wir bisher auch schon öfters den quinque voces begegnet (Abschn.
VIII, Anm. 6 u. 40 f., Abschn. IX, Anm. 90, bes. Abschn. X, Anm. 13).
So beruhen dieselben auf jenem Uebergewichte der Topik und auf jener
Verbindung, in welche die Kategorien mit der Topik gebracht worden
waren, worüber wir uns gleichfalls schon zu wiederholten Malen äussern
mussten (Abschn. VIII u. IX). Darum beginnt auch dieses höchst läp
pische Compendium des Porphyrius, in welchem übrigens das Wort cpmvi'j
selbst nicht vorkömmt (s. Anm. 130 ff.), mit der Hinweisung auf die
Notwendigkeit der oben genannten fünf Begriffe zunl Verständnisse der
Kategorien und auf die praktische Nützlichkeit derselben zum Behufe der
Definitionen, Eintheilungen und Beweisführungen38), worin. Jedermann
sogleich den Grundzug der_ stoischen Schul • Theorie erkennt. Nach der
Bemerkung hierauf, dass die tieferen metaphysischen Fragen hier über
gangen und nur die logische Seite nach peripatetischer Lehre behandelt
werden solle39), wendet sich Porphyrius zur Erörterung über die Gat
tung (yivos), wobei er unter den verschiedenen Wortbedeutungen die
bei den Philosophen übliche als Definition angibt und dann lehrt, wie
sich die Gattung von den eigenthümlichen und unwesentlichen Merk
malen unterscheide40); nun folgt der Artbegriff (tfSog), für welchen er
afßrmalionem et negalionem in Iiis commcnlariis quos in Theophrastum edidit. Es
isl hiemit das Werk Tlieophrast's HtQt xaratfdaetog xal anotfaaiiag gemeint,
37) Boelh. d. defin. p. (152. : conslal cnim Iiis quinque partibus veluli membris
suis integra deßnitio ; verum et Aristoteles in libris quos Topiea appcllavit docuil,
quid gcnus sit, quid specics, quid differenlia, quid proprium et quid accidens ; et plurimi
praelcrea philosophi libris suis complexi harum vim rerum et potenliam declararunt.
38) c. 1, p. 1 a. 1. (Ii. Brand. Schot.): "Ovxog avayxaCov , XovOa6(>tf,
xal dg rrjv rtöv nuQct 14(>i0roriXei xairiyoQiiäv diäaoxaXlav rov yviSvai
r( yivog xal rC <5i«</opK rt re (Mog xul tC YSiov xal rl Ovfißcßtjxög , fig
ts rijV riSv ÜQtOfiüv anödoaiv xal öXiog dg ra ttsqI äiaiQeoewg xal äno-
(ff^ffftif yj>T)OCfirig ovar/g rijj rovriov S-liaoCag, Ovvroftov x. r. X.
39) Ebend. i a. 7.: rtöv fitv ßa&vrt'Qiov ani/ofievog Cirtj^ärcov
(13.) rö (5" O7i(og ntol avriäv re xal nov rtQOxet fiiviov Xoytxiirtqov oi na-
Xaioi dttXaßov xal rovxiav fiaXiara oi ix rov IIeQi7iäzov, vvv Ooi TieiQÖao/
x ai -ütixvvvai.
40) c. 2, 1 a. 16.: ioixt Si fiyie tö yivog fir]rs tö ilSog änXwg XiyeaS-
ai.... (36.) roi/tog ovv rov yivovg Xeyofit'vov ntql rov tq(tov nana rolg
tpiXoaotfoig o'Xöyog, o xal vnoyQaifovxsg AnoStäiaxaoi-, yivog üvai Xtyov
40*
628 XI. Die Commentatoren (Porphyrius).
mehrere Definitionen zur beliebigen Auswahl vorlegt, um daran den_Grundsatz
der Tabula logica zu knüpfen, dass es höchste Galtungen (yiviyuoTuxa)
und niederste Arten (eldixcotaia) gibt, zwischen welchen die Stufenleiter
der subordinirten Begriffe ivnaklrika) , welche zugleich Gattung und Art
sind, sich befindet41); eine hieran sich anschliessende aristotelische Ver
wahrung gegen das stoische ov als höchsten Gattungsbegriff, da es ja
zehn höchste Gattungen, ncnilich die Kategorien, gibt, wird in köstlicher
Naivetüt mit der platonischen Vorschrift verbunden, dass man bei Leibe
nicht bis zu der schmutzigen Particularität des Individuums herabsteigen
solle, denn nur durch die „Idee" (so wird hier £?öog in Einem Athernzuge
platonisch und aristotelisch gebraucht) bestehe eine Einheit unter
den Dingen 42). Wir bemerken hier sehr wohl, warum der Schüler PIotin's
(s. vor. Abschn. Anm. 81 f.) ein Bedürfniss nach einer Kategorientafei
habe. Indem dann Porphyrius das Verhältniss der Aussage erörtert,
dass der Prädicatsbegriff nie enger als der Subjectsbegriff, sondern höch
stens (bei dem Vdwv) gleichweit sein könne, und indem er mit völlig
stoischer_Terjnjnologic (Abschn. VI, Anm. 91) das Individuum als einen
Complex von Idiottptg bezeichnet, worauf er als Ausdruck für die
Tabula logica schlechthin nur das zwischen dem Ganzen und den
TheileaJjestehende mathematische Verhältniss des Uiiifassens (jKgiEjw)
wählt43), beweist "er schlagen?" seinen Standpunkt sowie seinen Mangel
res To xutu nXeiövojv xal diawioövTiav to) eMei iv to) tl iOTi xartiyopov/
xevov . . . . b.4.: 7(Sv [ilv ovv xa#' evbg fiövov xaTryyopovfxivojv äiaifioii
ja ye'vtj to) TttCia xaru nXetöviov xaTtjyoQelaS-at (U ) tov d" av Ulov
äiatpipei t6 ye'vog, ort to filv ISiov xa&' evbg /xövov eTöovg ov lonv
idiov XttTmoQSititi xal tojv inb to elfiog aröfiojv, dg tö yeXaörtxöv ....
(15.) rijg d" av dtatfopäg xal tojv xoivcög Ov/ußeßtjxÖTojv üiaifipei to ye'vos,
Sri et xal xata nXewvtav xalätaipepövTojv to) etdei xaTtjyoQovrrai at Sitttpopal
xal in xoivojg avfißeßtjXÖTa , aXX' ovx iv Tip tC Ioti xaTtjyooeitm
äXX, iv rw bnoiov ti IÖtCv.
41) Ebend. Ib. 40.: tö eldog ifauev rb inb to anodo&ev yivog ....
(43.) anoSiS&attiv ovv to eliog xal ovriag' elSög ian to TaTTÖfievov inb
to yivog xal ov to yivog iv to) tC ian xaTtjyoQetraf ert d°e xal ovrios'
elSog iOTi to xutu 7iXei6v(ov xal äiaiptQÖvrtav to) api&piq) iv Tip tC lau
xaxtjyopov/j.evov . . . 2 a. 5.: xa&' exaOTtjV xaTtjyoptav iar( tivu yevixojtaxa
xal näXiv aXXa eidixuirm a xal /jeTa$i tojv yevixunäriov xal tojv eläixw-
TaTiav aXXa a xal yivtj xal elätj Xiyerni t« avrä... (folgt ausführlich ein
Beispiel mit der Stufenleiter: oiaCa, OtSfta, i/iipv^ov, £q)ov, Xöyixov, avS-piono;,
2o)XpÜtt)s) ... (42.) äwoQ((oviai toCvvv tö /xev ye vixiututov yivog ovTiag' 8
yivog ov ovx iarlv eläog' xal näXiv vn\p o ovx av eltj äXXo inavaßextjxb;
ye'vog' to de elStxwTtnov elSog ovtios' o elSog ov ovx iarl ye'vog (46.)
räde fiiaa tojv axpojv v7iäXXrjXäre xaXovoiv elätj xalyivtj xal exaOTov aviüv
elöog elvai xal ye'vog rCfhevrat 7i(iög aXXo fiivxoi xal aXXo Xa/Aßav6ftevov.
42) Ebend. 2 b. 6.: ov yäf> ian xoivbv yivog nävTwv to ov oiiäl narTit
ö/toyevij xa& ' k'v to avioraTio ye'vog , lag qtjaiv HpijfToriXtjg , aXXa xelaSai
ojgneg iv Talg xarriyoQtaig tu nptoTa öixa yivrj oiov «(>^«i äe"xa Ti^iirai
...(12.) äixa fitv oßv tci yeviXüiraTa .... r« d"e chofta, &ne(> r^v /uerä r«
eiäixiixara, aneiQa" äio ä%(ii tojv elSixoiziiriov anö riov yevixioTÜTiov xtt-
TiövTag nuQextkeveTo 6 TlXäriov navea&ai ...(20.) avvayiaybv yap tu*
tioXXiSv ttg fiiav if viriv to elöog xal Iti fxäXXov To ye'vog ... rij ftiv J'i»?
tov etfiovg fierovoitf ol noXXöi äv9-Qionoi eig . .. SiatpeTixbv fiev yap «*'
to xad-' ixaoiov, avXXr\nTixbv Se xal evonoibv To xoivöv.
43) Ebend. 2b. 28. : 16 /uev ye'vog äel tov eiSovg xaxriyoptiTat xal n&vxn
tu. inävio tojv vnoxuTOi , xb oe eidog ovre tov npoge/ovg avTov yevovi
ovxe tüv inävoj, oväi yap avr tax piipei ■ rftt yap rj r« Xaa tojv iOojv xaTif
XI. Die Commenlatoren (Porphyrius). 629
an Einsicht, sowje^^ ja_Jj^exhaup^^
trägt, dass iB.J[ej.J,fhrp vom BWiffe,~und sftlhsi. -in * der SyBopigk
das Verhältnis^^deAiImlaage_s__der Begriffe in der ungebOhrlichjtg£j^i_se
ein üeberpewicTt Ober jenes des Inhaltes erhielt. NuTloTgtlter^^
schied (öiacpopä), welcher seine eigentliche "Bedeutung in dem untrenn
baren Merkmale (aiäqiGrov ßv^ßeßfjxög) , seine eigentlichste Bedeutung
aber in dem artmaehenden Unterschiede habe; nemlicb der Unterschied
mache ein Ding entweder bloss zu einem qualitativ geänderten (akkofov)
und gehöre dann dem nag $%ov (natürlich stoisch) an, oder zu einem
schlechthin anderen (aUo) und sei dann, sowie er den Begriff des Dinges
ergänze (Gv(iTcXrjqovv , Abschn. VI, Anm. 95), vortrefflich zur Begriffsbe
stimmung und Eintheilung zu gebrauchen; es wirke ja auch dieser art
machende Unterschied, welcher nur in jenen untrennbaren Merkmalen
welche dem Dinge an sich zukommen , liege, einerseits als eintheilend
in Bezug auf die Gattungen (diaiqeuMj) und andrerseits als constituirend
in Bezug auf die Arten (GvtJTuTixri), und darnach seien die artmachenden
Unterschiede selbst, welche Porphyrius anderswo sogar noiorrireg ovGiwöng
nennt, zu classificiren 44) ; hierauf folgt wieder eine Auswahl von
Definitionen des Unterschiedes, wobei auch das nolöv n in den Vorder
grund tritt45). Man sieht, dass Porphyrius das Talent besass, aus der
yoqelaS-ai mg tb xqefietionxbv tov innov »/ ta fte({to rtöv IXattovav . . . .
(48.) icrofia de Xiyetai rä ToiavTa , oti 1% idioTr/Tcov avve"atr)xev exaarov,
tov to a&qoto/xa ovx av In' äXXov Tivög noie tb amb yivoito täv xata
fic'qog. ... (3 a. 5.) neqiejretai ovv tb ftev atopov vnb tov eldovg, to de eidog
vnb tov ye'vovg, äXov yaq ti tb ye"vug , tb de atofiov fie'qog , tb de £?-
dog xai oXov xai /utoog. Vgl. Doctli. d. interpr. p. 339.: incommunicabilis Pia
tonis Uta proprietas Plalonitas appelletur (offenbar aus Porphyrius).
44) c. 3, 3 a. 12.: r) diatpoqa de xoiviSg te xai iäitag xai IdiaiTara XeyiaS-
ia . . . . (17) id(mg dt diaipe'qtt.v Xfyetai stcqov ete"qov, btav aymqCaTto
avfißtßrjxöti tö 'tTeoov tov eTtqov dtacp^qy . . . (20.) IdiuCtuTa de äia<pe'qeiv
eteqov ere'qov Xtyttai, btav eidonoiöp dia(f,oqa diaXXätty (23.) cd ftcv
xoiväg xai iätoig äXXoiov noiovaiv, r\ de IdiaCtata aXXo ... (25.) al fiev
ovv noioiioai aXXo eidonoiol xe'xXrjVtai, al de dXXoiov änXiög dia<foqaC...
(29.) xctTct /xtv ovv Tag aXXo noiovaag dtaipoqäg a'i te diaiqe'oeig ytvoVTai
täv yeviav eig ta etdtj o'i te oqoi anodldovtai ix ye'vovg ovteg xai täv
towvtoiv diaqoQiöv, xata de tag aXXoioiaag Iteqottjteg fiövov awlOtavTai
xai al tov nibg e^ovTog fietaßoXaC (37.) täv de ä/(oq(ot(ov ai ftev
vnäq/ovoi- xa&' avtäg ai de xatä av/jßeßrjxög' to [iev yaq Xoytxbv xa&'
avtb vnaq/et tä äv&Qalna) .... to <ff yqvnbv rj Oifibv elvai xata Ovfißeßr\
xög . . . al fiiv ovv xaO-' avtb noo^ovclai tv rw Ttjg'o&Oiag Xöyip XafißavovTai
xai notovoiv aXXo . . . (47.) avtai plv yaq elaiv al tov exäatov
Xoyov dv/inXrjqovaai ... (b. 4.) nciXiv täv uvtag öiaqoqwv al fiiv eiOi
xa&' ag fiiaiqov/xe&a rci ye"vr\ eig ta etärj al dt xaS-' ag tä äiatqe&e'vta
elSonoieTtai , oiov tcSv xa&' avTag ätaifoqwv ... tov £(pov...f) fxlv TOvt
tfiipv/ov xai aio&rjTixov äia(foqä OvOtutixti Ioti Trjg tov fijJoti ovßlag. . . .
ft de tov &vt]tov xai e\&avaTov äiaqoqtt .. . SiaiqeTixaC eidi tov £(jiov Sia-
(foqal (12) äXX' avtai ye al äiatqeTtxai äiaffoqai tiüv yev(üv Ov(inXr\-
qwrixal ylvovTai xai GvßTaTtxai tcSv elfiwv . . ■ (21.) tnei ovv al av£ti n<5g
fiev Xricf fheTaai yCvovTai avataTixai n<3g de diaiqeTixai , eidonoioT näaai
xixXrjVTai , xai tovtiov ye /.taXiOTa %qe(a eig Te Tag diaiqe'oeig tiöv yeväv
xai eig Tovg öqto/xovg. In der 'E^rjy. i. r. Hq. xat. heisst es [. 26a.: Iniäei'iov
ovv, ntög oiiaiwSrjg nototr]g rj äia<foqä Igti. oiaioicfetg eiai now-
TtjTeg al Gv/tnXijqiüTtxai T<3v ovGuöv.
45) hag. 3, 3 b. 25. : ag d^ xai bqi£öfievoC q>uGi • Siatpoqä Iotiv rj neqiOtftvei
to eläog tov yivovg (32.) bqtCovtai de xai ovitog' diaqtoqa
630 XI. Die Commentatoren (Porphyrius).
peripatetischen Lehre (oben Anm. 39) jene Annahmen auszuwählen, welche
den meisten Syncretismus mit stoischer Doctrin enthielten, denn das so
eben Angegebene ist Nichts anderes, als was schon Boethus und Hermi
nus gesagt hatten (s. Abschn. IX, Anm. 29 f. u. 41). Nun wird noch
kurz die Definition des eigenthümlichen Merkmales (ffitov,) , natürlich
mit Angabe der Umkehrbarkeit des betreffenden Urlheiles und dem_gewölmliehen
Beispiele ,. yEAgffwxov " 4(i) , und die Definition des Merkmales
überhaupt (Gv{ißsßr]%6g) gelehrt47), und dann wieder auf das Verhältniss
der Aussage für sämmtliche fünf Momente in Bezug auf die Tabula logica
hingewiesen 4S). Hierauf beginnt eine höchst armselige Erörterung, in
dem aus der bisher angegebenen Charakteristik der fünf Begriffe das
Einzelne herausgeholt wird, um der Reihe nach zu erörtern, in welchen
Punkten dieselben , paarweise betrachtet , in einem Gemeinsamen zusam
mentreffen oder eine Verschiedenheit zeigen, wobei der Leser nicht ermü
den darf, wenn er zehnmal das Nemliche erfährt. In solcher Weise wird
zuerst erörtert yivog und dictcpoQÜ49), dann yevog und eiöog 50), dann yivog
undiSwv51), dann yevog und avfißeßrjxög b-\ Hier aber fällt dem Porph.
toxi ro xaxa nltiövtov xui SiuifenövTiov ttp etSet tv Tip nowv xi tan
xuxrjyooovfievov (43.) vnoyoüifovat Si xat ovxio' Siui/oqü toxi xb /vi
lliLuv neqvxbg xü vnb xb uvxb ytvog (Iii.) anoSiSouOi Si xai ovxio'
dirtipooä Igt iv oitß SiuqtQet exuaxov.
4<i) c. 4, 4 a. 14.: xb Si ISiov SiuiqovOi xexQa/iog (18.) ThuQTOv Si
ttp' ov OvvSeSQufirjxe to fiovn) xai nuvTi xul äti, log Tai av9-noj7it>> rö ye-
IuOtixÖv (22.) tuvtu Si xai xvoiiog ISiu i/uotv, ort xai uVTioiotipti.
47) c. 5, 4a. 24.: ovfißeßr\xbg St toriv u yivtTui xul unoyCvnai ztoolg
xrjg tov vnoxti fitvov tp&ooäg ' SiaiQeiTiu St elg Svo' rö fiiv yüo ctiiTov
/iooiOtöv Ioti to Si uj(wqiOxov .... (29.) bnl£ovxai Si uvxb xul ovTtog'
avfißißtixög ioriv o IvSt/CTat xü avxip vnüo/tiv xui fiij vnüafreiv.
48) c. 6, 4 a. 35.: xoivdv fiiv Si] ndvxiov to xaxa nkeioviov xuxtjyoofiO!
hui dg eiQrjxaf ali.ee xb fiiv ytvog xtov vti' avxb etStöv rf xai xiüv
axöfiiov, xai fj Siuqrona mgavTiog, rö Si elSog tojv vn' uvto aTOftiav, TO Si
ISiov tov Tf eiSovg . . xai xiöv axöftojv, to Si ovftßeßrjxbg xai etSiöv xui äxö/xiov.
49) c. 7, 4b. l.t xoivbv Si ytvovg xai Siuifooag to n eijiexT txbv elSiöv,
neott/ti yüo xui r) Stutrooü eTSt] , ei xai fiij tiuvtu bau iü ytvrj.... (12.)
xoivbv Si xai to uvaiQtS-tVTog rj tov ytvovg ij Tr\g Stuifooag ovvuvutoetoftat
xui tu vn' nir« .... (15.) XSiov Si tov ytvovg to tni nletoviov xuTtjyoneTofrni,
i]7T(Q ij Siuirooü xai to elSog xui rö ISiov xui to avftßeßtjxög . . .
(22.) hi to ytvog neoit/ei xijv Siuqooüv Svvüfitt... (24.) hi tu uiv ytvtj
ngöxenu tiöv v(f' aöx ü SiatpoQtöv . . . (28.) hi to ftlv ytvog ivTÜi tC iaxiv,
ij de Siuifona iv Tip noiöv ri Iotiv ... (30.) ?rt ytvog ftiv IV xu» exaaxov
tldog äiaifOQui rff nltCovg . . . (32.) rö fiiv ytvog eoixev 5ly, (tomf'ij dt
r\ Siuiponü.
5Ü) c. 8, 4 b. 35.: ytvog Si xui elSog xoivbv fiiv i/ovai xb xara n/Liiovojv,
mg tiQtjTai, xuTrjyonito&ut xui to nnöxtQa tlvui tov xaxrjyooiiTut,
xui to oKov ti eh'ui ixctTenov ... (39:) Siuiftoci Si jj rö fiiv ytvog neott/
et tü eiSr; ... hi tu ytvt\ nootinoxtiafrat Sei .... (42.) xai avvuvuiqovvtu,
ukV ov ayvuvuwovfitvu .... xui tu fiiv ytvr] avvtovvfttog xaxiyyo-
QÜTai tojv vtf' uvxä eiStov (s. unten Anm. 77.) ... hi xü fiiv ytvr\ nitoväCet
rjj tiöv vir' uvtu eiSiöv negtoxy.
51) c. 9, 5 a. 1 . : ytvovg Si xui ISiov xoivbv uiv to 'intaöui xotg eiStoiv . . .
xul xb fV' larjg xuxyyoQtio&ai xb ytvog xüv tiStöv xui rö ISiov . . tojv uTofitov
. . . (5.) xai xb awtovvfiiog xuxrjyoneto&ui .... Siutf tnti Si oti rö fiivytvog tiqö-
Ttijov ... xui to fiiv ytvog xutu nktiöviov eiStov xuTTjyooeiTui (1U.) rö
ytvog ovx ttVTixttTijyoQSizui .. . (12.) in to fiiv ISiov huvti Tip tlStt vJTÜQXti
.... (14.) hi tü fiiv IStu uvaiQovfievu oi awuvuintl tu ytvr).
52) c. 10, 5 a. 17. : ytvovg Si xai OvfißeßtjXÖTog xoivbv to xaxa nlewvtov ..
XI. Die Commentatoren (Porphyrius). 631
plötzlich ein, dass er den Grund noch nicht angegeben habe, warum fünf
Dinge eigentlich zu zwanzig Paaren, mit Berücksichtigung der Wiederholun
gen aber doch nur zu zehn Paaren combinirt werden können, und er holt
diese wichtige Notiz nun nach 53) ; dann nimmt die Sache wieder ihren
Verlauf, und es folgen nun öiacpOQa und eldog5i) , dann diacpOQa und
t'rJtoi/55), dann SutcpoQa und avjißeßrixög 56) , hierauf eldog und 'iSiov 5~),
dann elSog und ßvfißeßijxog, wobei wir hervorheben müssen, dass letzte
res hier als- ein sitEioodiwSeg bezeichnet wird58), und zuletzt noch Vdiov
und avußeßfjxog 59).
xuTriyooeia&ui .... (20.) äiuije'oei dl..., ort tu ftiv yt'vog nob t<Sv eläiov,
i« »i avfiftißtjxÖTit tiov eläiöv voxeou .... (25.) inlTaatv xal aveaiv iniäe'-
Xtrca r) tüv avftßeßi/xuitov fie'&ei;tg, r) äi tiov yeviiiv ovxiu ... xal lü ftiv
auußeßyxÖTct inl iiov ärufiiov nuor/yuvfteviag vipiOTUTai, tu äi yivr/ xal tu
eiätj ifvaei noÜTenu tiöv uTÖfiiov oiaiiöV xal tu uiv ye'vr/ iv tw t(
irSTi xairryoQHxai .., tu äi avftßeßr/xÖTu iv Tip nowv tC iaxiv r) niSg
f/ov exaaTov.
53) c. 11, 5 a. 34.: äaxe nivTt ftiv ovrmv, evbg äi ixuaxov tiov tcttüqiov
iimpiqavTog, TCTQuxig tu ne'vTe, etxoai yivea&ui äiuifondg TÜg nüaag'
aXX' ovyr ovriog ejret, äXX' uel tiov iffe$rjg xuTaoirJftovftiviov xul tiov ftiv
ävo fiia Xemuftt'vtov äiuifoon diu tu rjär/ elXijip&at , tiov äi tqiiöv äval,
tiov äi TtTTÜQiov Tnial, tiSv äi ne'vTe reVapfft, äixa ttl nuaut yivoVTui
äiaitooai . . . . (b.5.) m> Tag T^aoauug, a'i r)rruv tov yivovg nnög t« äXXa,
rf &ttOavTeg untäeCSaftev.
54) c. 12, 51>. 7.: xoivbv Totvvv ätuifooäg xal etäovg to in' larjg fte-
Te^eaS-ai ... xal tu äel naoeivai ... (10.) läiov äi ätuifooäg ftiv to Iv
Tip noiöv ti xuTrjyoQtTrtfrui ... (14.) eri r) ftiv äiaiponä inl nXeioviov noXXüxig
eläiov SeiooeiTut .... (Hi.) frt r) oia<f>OQa nooTiou tov xar' uiiTrjg
eiäovg ... (19.) tri äimpoou ftiv ouvtiH-ctui fteT' uXlr/g äiaifooug ... el
äog äe etäei ov awrCtttTat Ttg /uiv yäo innog tivI bvip aiiveiaiv eig
i)ftwvov ytvvr/aiv , 'Innog Si ünhäg bra> ovvjtd-tlg ovx uv unoTekiaetev
i/fiCovov.
55) c. 13, 5b. 24.: iitapooa <Jf xal läiov xoivuv uiv i'/ovoi to £ti'
iGr/g (itT{ytötyat ... xal To utl xal ttuvtI TCttQtivai ... (29.) läiov äi äiaipoQäs
ort avTr/ ftiv inl TlXsi6v(OV tläöiv XfylTai noXXäxtg xul r) /iiv
oiaipoou gntTut ... ov /xr)v xul ävilßTQ€(ftl.
515) c. 14, 5 b. 34.: äiuqonü äi xal Ou/xßeßi/xÖTt xoivbv ftiv to inl
nXtiöviav Xfyea'lai. ... (37.) SitupiftovOi äi Sri r) ftiv diai/iona ntqU^ti tu
tiSt], ov TTtQitytTui St" (41.) xul r) ftiv diaifooä avtnlTUTog xal uvu-
VfTog.
57) c. 15, 6 a. 1.: tläovg äi xal iälov xoivbv tu üXXi^Xiov avTixaTr/yo-
(ftto&at ... xal tu f,7t' Xar/g elvui ...(5.) ätuiftoei äi ... oti to ftiv eläog
äüvuTca xul aXXiov y£vog tlvai ... xal to ftiv eläog nnovifiGTr/xt tov läiov
... ht to ftiv eläog üel Iveoyelu naoeOTi Tip vJioxeifie"via.
58) c. 16, 6a. 15.: etäovg äi xal avftßeßrjxÖTog xuivuv ftiv to Inl noXXiov
xuTt/yoQiia&ai ... (17.) täiu äi ... toö ftiv etäovg tu iv r$ tC iari,
xuTr/yoneia&ut. ... xal to exüaTrjV ovatav evug ftiv etäovg fteTfyeiv, avftßeßr/
xÖTiov äi nXeiövtav ... xal tu ftiv elärj nnoemvoeiTui tiSv avitßeßrjxotiov
.. (b. 2.) r« äi avftßeßr/xÜTa vBTeooyevfj ntit vxe xal ineiauäiioär/ tt)v
if vcliv e/tt (die einen Handschriften und die meisten Ausgaben haben iTiovOitöär/ ;
es ist diess eine Variante, welche in einer Menge von Stellen bei den späteren
Commeulaloren und Scholiaslen stets glcichmässig wiederkehrt; ich glaube, dass
im Hinblicke auf Arist. Mctaph. A, 10, 1076a. 1. und JV, 3, 1090b. 19. überall
ineiauäiioätjg zu lesen ist, denn aus jenen Stellen dürfte dieser Ausdruck ge
schlossen sein) ... xal tuv ftiv eläuvg r) fteTo/r) in' tar/g.
59) c. 17, 6 b.8.: xoivöv är) Tip ISCtp xal rw u/iooi'OTip avftßeßryxön tö
iivev uvTiov fir) inoOTr/vui ixelva iip' täv S-eiooenai (12.) ätevr/vo^e äi
632 XI. Die Commentatoren (Porphyrius).
Völlig in innerem Zusammenhange mit dieser Isagoge und gleich
sam im Anschlüsse an dieselbe hatte Porphyrius offenbar jenen Commentar
zum Sophistes des Plato geschrieben, in welchem er auf eine Empfeh
lung des Plotinus hin die Schrift des Andronikus über die Einlheilung
(s. Abschn. IX, Anm. 75) verarbeitete, denn er sagte dort ausdrücklich,
dass wegen der Unentbehrlichkeit der quinque voces zu einem richtigen
Verfahren des Eintheilens eben dieses letztere einen ausnehmenden Nutzen
als Einleitung zu den Kategorien stifte ; da uns aber dieses Product des
Porphyrius in einer abermaligen Uebcrarbeitung , welche Boethius von
demselben lieferte60), erhalten ist, so wollen wir uns den Genuss des
selben auf die Darstellung der logischen Annahmen des Boethius versparen
(folg. Abschn. Anm. 96 — 102); so viel sehen wir schon jetzt, dass zum
Behufe der Dressur es sich um eine Tabula logica als Einleitung zu den
Kategorien handelte.
Was sich von der commentirenden Thätigkeit dieses stoisch-peripaletischen
Neuplatonikers erwarten lasse, ist aus dem Bisherigen von selbst
klar 01), und leider hat Porphyrius auch vermittelst seiner Commentare,
wie wir bei Boelhius sehen werden , seinen verderblichen Einfluss auf
das Mittelalter erstreckt. Betreffs der Kategorien heben wir aus seiner
.Eijijp/Gts62) und den bei Simplicius erhaltenen Fragmenten des grösseren
Commentars Folgendes hervor: In der Frage über die Objcctivität der
Kategorien und der fünf Begriffe tritt er, wie sich von selbst versteht,
auf die Seite des Realismus B3), und indem er erst die Bezeichnung jener
realen Momente sowie der Dinge überhaupt dem significanten Laute
(6rj(iavTi.mi (pmvrf) zuschreibt, nennt er eban dieses Verhalten der Worte
die erste Position (ngarri &saig), wohingegen eine zweite es sei, wenn
die Worte als Redetheile betrachtet werden , daher Gegenstand der Kate
gorienlehre natürlich die erstere sei 64). Einer grossen Ausführlichkeit
oxi xö [iiv idiov ivl /xövii) nägtariv iiäii ... (17.) xcti xtov filv iSliav iix'
Xarjg ij fitToyri.
60) Boeth. d. divis. p. 638. : Quam magno* studiosis afferat fruetus scientia
diridendi quamque apud Peripateticam diseiplinam Semper haec fuerit in honorc notitia
, doeet et Androilici diligcnlissimi senis de divisione Uber editus et hic idem
a Plolino gravissimo phihsopho comprobatus et in libri I'latonis qui Sophistes inscribitur
cummenlariis a Porphyrio repclitus et ab eodem per haec introduetionis
laudata in Calegorias utilitas ; dicit enim fore neecssariam gencris, speciei, differentiae,
proprii accidenlisque peritiam cum propter alia mulla tum propter utilitalem
quae est maxima partiendi; quare quoniam maximus usus est facillimaque doctrina,
ego quoque id sicut pleraque omniu Romanis auribus Iradcns perscripsi etc. introduetionis modo
61) Wenn Brandis an dem in Anm. 14. ang. 0. p. 280. sagt, dass kein Neuplatoniker
wohl weniger in den Schulhcgriffen Defangen war als Porphyrius , so
scheint sich dieses Urlheil durchaus nicht zu bestätigen.
62) In derselben ist Porphyrius einmal (f. 13h.) so kindisch, dass er die
dortige läppische Frage- und Antwort-Form bis zum förmlichen recapitulirenden
Examen über das so eben Docirte ausdehnt. Wird ja sogar noch heutzutage zu
weilen im Cotlegium logicum das lieft in Frage und Antwort dictirt.
63) 'El-yy. f. 3 a.: Sri xä filv ovxci xcti xct xovxwv yilij xcti xct etärj xcti
itl cftcttf'Opcti TTQctyttctrit ton, xcti ov yiavcti.
64) Ebend f. 3 b.: ixctclxcp nnctyfinxi Mtitig xcti dvöfictxct xt&ttxiv (sc.
ö ctv&Q(ü7zog) dTjuctvxixci avxcSv xcti iirjWTixa cfiä xtöv xuiovxcuv xijg cf tovrjg
ipoifoiv . . . 7icH.iv 6 ttV&Qconog xuret dtvxtqctv imßoXrjV inctvt).&cl>v avTag
XI. Die Commentaloren (Porphyrius). 633
werth hält er die Verhältnisse des Homonymen u. dgl. (wohl dem Boethus
folgend, s. Abschn. IX, Anm. 44); er unterscheidet fünf Arten der
Homonymie, je nachdem dieselbe auf Zufall, Aehnlichkeit, Analogie beruhe
oder von Einem Gesichtspunkte aus oder auf Einen Gesichtspunkt hin
genommen sei, wovon Aristoteles nur die zweite Art berücksichtige, so
wie hei diesem auch das nolvmvvfiov und §tsqcovv(iov fehle ; auch wird
untersucht, ob und wann ein Wort zugleich synonym und homonym sein
könne, sowie bei dem naQoovvfiov die Gelegenheit benützt wird, gram
malische Verhältnisse beizuziehen 65). Bei der Erklärung den Ausdrücke
iv v7tox£ifiivip und xct&' vitoxujievov macht Porphyrius die abenteuer
liche, von den Späteren oft wiederholte, Bemerkung, dass die grösste
Eintheilung der significanten Worte eben jene in die zehn Kategorien,
die kleinste aber jene in allgemeine Substanz, particulare Substanz, allge
meines Accidens, particulares Accidens sei; und indem nun diese letztere
Viertheilung als Verbesserung des aristotelischen Sprachgebrauches je
entsprechend den Iv vnox. und nad' vnox. substituirt werden soll, wer
den noch neue Bedeutungen des i'v nvi aufgezählt, von welchen Aristo
teles nur die auf das Theilverhältniss und die Oertlichkeit bezügliche
berücksichtigt habe 66). Da hiehei Gelegenheit ist, im Interesse der Ta
xas xe&elaas Xi'^ets d-eiogr/oas rag piv ... ovöfzaxa xixXrjxe, xas <J1 ...
(irjfiarn xal xr)v ^xoiavxtjV vXr\v xr)v ovxto äiaXa/inovaav ngosayogevoai
rjXiov xijs ngoixrjs r)v 9-äaetos xtöv bvofiäxtov , xö de xijv „xgvOov" X^iv
elnelv elvcci ovofia xr)s Sevxe"gas {Hattos toxi xotvvv r) ngö9etSis xov
ßtßXCov negl xijs ngtöxrjs Mottos xtöv Xtgetov xijs nagaoxaxtxrjs xtöv ngayfiäxtov
.... (4a.) Sxi tv&ääe pev negl xrjs ngor)yovfiivr\s Maitos xtöv
XtSecov xrjs xaxa xtöv ngay/xäxtov notelxai xdv Xöyov , iv de r$ negl igfiTjveCas
negl xrjs devxtgus.
65) Ebend. f. 5 b.: ovxe de xtöv noXvtovvfxtav ovxe xtöv ixegtovvfxtov pe"-
fivtjxai. f. 8a.: nXeCovs eiolv bfitovvfitov xgönoi ... töv 6 fiiv itfxiv anb
xvxvs, 6 de anb äiavoCas eis xt xov xa&' bfioiöxr\xa xai xov Ix xijs ava-
XoyCas xal xov ä(f>' Ivos xai Tinos ev 6 anb xv/r/s xgönos disneg
ÜX^avdgös xi b Hgiä/xov xai SlXe'i'avdgos b <piXinnov o ye xa&' bfxoCtaaiv
avviaxafitvos xgönos xfis bfitovvjxCas , oxav, tpe'ge , äv>onöv xe
ngosayogevto xb £töov Xoytxbv 9-vrjxbv xai eixöva avd-gtinov näXiv
oxav äg/rjv ägi9fttöv xaXiata xr\v fioväda , agxr\v de ygaftuijs xr,v axty/xrjv,
ao^rjv de noxafiäv xrjv nr\yi\v, . . . xb xijs ag%ijs ovofia Int bfitovvfitov xaxxofiivov
Ix äiavoCas av eXr\ xaiit HvaXoyCav xb anö xivos evos ...oiov
fiiäg ovorjs xijs iaxgtxrjs anb xavxrjs xexXrjxa/xev xö xe ßtßXCov iaxgixbv xö
xe tpägfiaxov xai xb OfitXCav ngbg ev tosneg iyieCas ovarjs fjv xiXos
noieixai 6 iyia(ö/*evos, anb xavxrjs xö xe Oixtov Xiyexai vyteivbv xal b
negCnaxos vyietvös .... ö deUgtOxoxe'Xrjs nolta x^gtjxai xgönto xtöv bfttovvfxtov
; xtp Anb xrjs b/xotoxrixos. f. 20 a.: noXvtävvjjta laxiv tov dtätpoga
/xtv xal nXelaxa övö/xaxa, b <f( Xöyos eis xal b aiixbs, tos aog \ttpos ipäayavov
exegtövvfia a fir\xe rov bvöfiaxos ^xe xov Xöyov xoivtoveT, tos
nvg xgvoös. Simpl. ad Cat. f.l d,: Xvei de xal ravxrjv trjV ctnoglav b llogtfivgios
Xiytov, Sxi obdtv xtoXvei xa avxä ngäyfj-axa xaxa äiatpögovs ngosriyogCas
b/utövvfiti xe elvai xal avvtövvfia, tosneg ot Atavxes xa&' o ävftgtonot
fiiv OvvtövvfioC elßi, xaft' o de Aiavxes bfitövvfioi. Ebend. f. 9T. :
xtöv äe nagtoviijjnov av eltj , tprjolv b Hogqwgws , xal xa naxgtovvfiixa xal
xa ovyxgixixä xal xa inegO-exixa xal xct vnoxogiöxixä.
66) 'Egtjy. f. Hb.: eis iXa/(axr]v fiev oiiv ötaCgeatv ytvtöv äiiXoipev av
xa ovxa xal xäs xovxtov ar\fA.avxixds tftavas eis 6" , Xe"yto Sxi xa ovxa rj
oioCa xa9-öXov ?} oiaia inl ^igos rj avfißeßtjxöxa xaS-öXov rj avfißeßr\xöxa
fnl /iie'govs' eis yag ttiaCgeaiv xavxrjv (XaxCoxrjV oix av yivoixo aXXrj' eis
<fi fieyCoxrjv äiaCgeaiv rfirtot^' av eis Sixa .... /.12a.: yCvovxai ovv Ovpi
634 XI. Die Conimentaloren (Porphyrius).
bula logica wieder von Gattung, Art und Unterschied in grösster Weit
schweifigkeit zu sprechen, so kömmt Porphyrius hier auch auf die Frage
betreffs jener Wesen, welche nur in Einem Individuum existiren, wie
z. B. der Phönix 6 "). Dass die Kategorie der Substanz den übrigen neun
als blossen Accidcntien schroff gegenübergestellt werde, durfte man von
einem Schüler Plotin's und nach dem Obigen von vorneherein erwarten,
und es wird diess auch oft genug ausgesprochen us); durch diese Fassung
Laber ist der schulmässige Unverstand in die Lehre vom Begriffe betreffs
der Inhärenzien fast unausrottbar eingewurzelt. Erklärlicher Weise aber
verbindet sich hiemit, zumal bei der Unterscheidung zwischen erster und
zweiter Substanz, jene äusserste Rohheit des Empirismus, welche wir
auch bei den Stoikern trafen, dass die eigentliche Substanz das. einzelne
sinnlicliwahrnehmbare_Individuum sei, um dessen grammatische Prädicate,
seien es Art- und Gattungs-begrill'e oder Inhärenzien, sich die Aus
sage drehe °9). Ein Blick auf die Geschichte der Naturwissenschaften
zeigt uns die Folgen dieses exorbitanten Blödsinnes z. B. bezüglich der
sog. Imponderabilien ; solcher Art sind die Früchte Plato's und der mit
ihm zusammentreffenden Stoa. Bei den übrigen Kategorien zeigt Por
phyrius namentlich das Talent, jede Sinnlosigkeit der pseudo - arislotelinXoxal
Tiaaaqtg , tö yaq xet&oXov (fvfini.fr.tTcn. rj Trj ovalif rj Tip avfißtßt]-
x6ti, xat tioiv civTai ävo avfinXoxal, xai to Inl fiiqovg avfinXixiTai rj Tjj
oiala rj T(p OvußeßrjXÖTt, xat tloiv aviai äXXai ävo avfinXoxai . . . . f. 12 b.:
H(>iOTOiiXr)g ät oii Tovßotg ovöiiaai xi/qrjTat c'tXXd äXXoig .... ävo Xaßcov
to ti iv vnoxtifiivip tlvai xctl tö xat)-' vnoxuiiivov Xiyioihai, xtü ävo
tovtwv noirjaag änoipdottg , Trjv Tt fitj iv vnoxtt fiivcp tlvai xai Tt)v xai)-'
vnoxttfiivov fir) Xiytai)ai , itfrjquooiv tovs Tiaoaqag TovTOvg Xoyovg Tai;
anXaig xai aOvv&iToig Tr)g äiatqiOKog intvoCaig ... f. 13a.: naqaaraiixöv
toIvvv xai oiov ivvorjfjai ixöv anoäiäioxt Xoyov tüv avfißtßtjxÖTog, xa&öoov
avftßeßijxög iOTi tö iv vnoxiiiiivip tlvai. f. 15 b.: iaTi roivvv to iv tivi
tiöv nXtova^iog Xtyofiiviov xai yaq tö Iv TÖncp ... xai to dg iv ayytCip
... xai to mg fiiqog Iv Tip bXip ... xai to ägniq tö oXov Iv näoi Toig avtov
fiiqtaiv ... tö log iv Ttji yivti tö tläog ... otg yivog tv Tip tläti ...tag
to iv TiXti tlvai ....tö iv Tip xqaTovvn ...lüg iv tj vXrj tö tläog ...
notsa ovv flrjitaivöfttva tov iv tivi xa^rjqii) firjaug ; ivvia äfia ouv xai
ö HqiOTOTiXrjg tiöv ivvia ifivrjai)rj ; oväafi(ög. äXXd tiviov; ävo fiövov, tov
tc oVTog iv tivi mg iv SXtp tlvai fiiqog xai tov iv dyyiltp övTog.
67) Ebend./1. 18b.: ö yäq tf.otvi'i tö öqvtov tläog tov oii xaTa nXtiöviov
äqt&fitp XiytTai tlvai, tl yt tig fiovog ifoCviS all ytvtiai' äXX' tl aqa xai«
nXnoviov ov Tip dqt9fi(p dXXd äiaäoy^ XiytTai.
68) Ebend. f. 21b.: ntql Trj'g ovaCag nqäTov tüv dXXiov noitiTai tov
Xoyov, oti Ta aXXa naVTa tu iv aiiry ovtu xai TavTr/g ätöfitva ilg tö elvai
tligniq nqoriqav avTr)v dtixvvcfiv ovßciv (fvOlt. f. 22 b.: 'Xiyio äi Ta aXXa
ivvia avfißtßrixora . . . vnöxtiTai äi (sc. oixsCa) anaai Toig fikv olxiCoig
lidtot. xai Toig yivtOi xai)-' vnoxttfiivov xaTrjyoQOVfiivoig avTtjg , Toig <fi
avfißtßt]x6aiv iv vnoxtifiivr) avTfj ovOtv. f. 24 a.: cd yaQ Toiavtat. xair)yo~
()Cai clnö Tiöv avußtßrjXÖT(ov ytvofiivai naqä ifivGtv av lltv ov TÖ t( tOTi
tö vnoxttfiivov SrjXovOai , ctXXa äXXiov t( uvtiöv avfißißrjxtv. f. 26 a. : fiim|
ü dt oiiOCag xai avitßtßtjXÖTog ovdiv iOtiv ciXXo.
69) Ebend. f. 23 b.: Intl toCvvv ntnl Xigttov Orjfiavi ixiöv r) nqöO-iaig,
ai ik XiStig inl nqiÖTa t« ttlo&rjTct intTi&rjdav, TovTOig yao nqioTOig xat'
atcld-ridtv tvTvyxavofiiv ' TavTag xai nqioTag ii)tTO ö U.Qt(STOiiXrig tlvai
ovaCag ... SivTtqa oi Ta ipvon fiiv nniÖTa, alaHrjOtt dt divTioa ilxÖTaig
a Talg Xi'itai nqtÖTa xaT(ovofiaai)-ri ... toOTt (ög nqög Tag cfri/xaVTixäg Xi-
$ftg nqioTai ovO(«i al aTOfioi alo&rjTal, lös öi nqög TrjV (f vOiv 7iqiÖTai.
al vorjTal.
XI. Die Commentaloren (Porphyrius). 635
sehen Schrift als vernunftgemäss und höchst nothwendig darzustellen,
und in solcher Weise stützt er es durch die dümmsten Gründe, dass
nach der Substanz die Quantität, hierauf die Relation und dann erst
die Qualität folge70) — ein ächt scholastisches Bestreben, das Unvernünf
tige vernünftig machen zu wollen — ; bei der Relation, für deren Sprach
ausdruck er dringend die Pluralform fordert, findet er es am bequem
sten, die verschiedenen Definitionen (Abschn. IX, Anm. 14 u. 32) als
gleichbedeutend zu nehmen, sowie er auch dig_Coexistenz für, aUe_ Arten
der Relativa beansprucht 7 1) ; die Qualität, welcheerTüF eine Vereinigung
der~Quantilät und Relation hält (!), will er einerseits gegen die stoischplolinische
Annahme stoffloser Qualitäten schützen, verfällt aber andrer
seits gänzlich in die stoische Lehre von dem qualitätslosen Stoffe und
dem gemeinsam oder eigenthümlich Qualitativen 72). Eine specielle Aus
führung gab Porphyrius auch von den Kategorien des Wo, des Wann, und
des Habens , und an jene des Thuns und Leidens scheint er die Bewe
gung geknüpft zu haben 73). Ein gelegentlicher Beleg aber für die Stu
pidität des Porphyrius ist, dass er den Abschnitt über die Gegensätze
Ihr acht hielt und noch dazu Gründe angab, warum am Schlüsse des
peripaletischen Compendiums Alles in schönster Ordnung sei 74).
70) Ebend. f. 29 a.: Sid ii ovv r) tov noaoii xal ov% r) tov noiov [itrct
zavia xaTryyoqta ; oti äfia t4 Ioti xal sv lanv rj noXXd, to 6*k tv rj noXXd
tov noaoii. f. 35a.: nsol tojv nqög rt. Sid t( fiaXXov rj lö noiov; ort
TiQovipiarrixÖTog tov firjxovg nXaTovg ßafhovg Iniytvtiui to pttifrv xid to
Hkttov, öniQ ioil nqög ii' Sioti find to noabv eiltvg Iftvrjo&tj xäv nqög
ti. f. 44 a.: fiiTcc v*k Tr)v tov nqög ti xaxryyoqlav Tig av i$ftg tiSrj ; r) tov
noiov ... xal ydq Sr\ fitTa to' fityttfog q Ioti noabv xal /xtTa rö fitifrv 6
Iöti twv nqög ti ixifivSTai tu ndfrrj, oiov {htqfiov ipv/qöv.
71) Simpl. ad Cat. f. 41 V. : tcc ydq noog äXXrjXa oix IotIv iv, oM' dv
tig tlnoi to noog aXXrjXa , dlld fjöviag to, nqbg dXXr\Xa, ovTiog ovv oidk
to nqög ti, dXXd ftöviog t« noog ti (^/.) Toüiovg fit Tovg Xöyovg 6 jukv
Hoqtpvqwg lüg dqsaxö/jsvog avayqäipti. ebend. f. bQE.: xal ydq Sv avTog
änoolämaiv (sc. öqia/jöv) „oig to tlvai TttyTov laxi Tip nqög ti mag t/nv"
laoSvvufiti xal xaTa üoQif vQiov Tip nqoTt'qti) , og xütu Trjv evvotav dnoSt-
Sotcii. Boeth. ad Ar. Praed. p. 167.: sed quidam quorum Porphyrius quoque unus
est adslrmmt, in omnibus verum esse relativis , ut simul natura sinl , veluti ipsttm
quoque sensum et scientiam non praecedere seibile atque sensibile , sed simul esse.
72) Simpl. a. a. 0. f. 41 B.: 6 äk üoqipvqiog naqaOTrjvai rij xktü tov
liiQiGTOTilr\v Ta'iu ßovXo/jtvog Ix avvöäov ifrjal tov noaoii xai tov noog ti
TtjV yivtaiv e/eiv to noiov. ebend. f. 72 <r/.: iifiatdvti äk ö Iloqi^vqiog
ravTi) Tjf äögrj tög oi xaXiög avXovg noiÖTryiag Ti&tfie'vrj , Ixetvai yaQ ov
alen dal, iprjal, xal äia tovto oiie avtOtv ovtc Inftaaiv Iniotyovxai.
ebend. f. VIA.: Tr\v cinooiav Xviov 6 Tlooi/voiog Sittöv, (frjalv, iatl to
vnoxiifitvov oi fiövov xaTa Tovg äno trjg ZToüg dXXa xaTa Toiig notoßv-
T^Qovg • rj Ti yao änowg vXrj r]v Svvafiti xalel 6 liioiOTOTiXrig ngiÜTOV iati
tov vnoxtifiivov arijj.aiv6fj.tvov, xal ätvTtQov 6 xoiväg noiov ^ iäCiog viptaxaTtti.
S. Abschn. VI, Anm. 93.
73) Ebend./1. 76 A.\ niol iiivioi tiov Xoinmv tqiiöv iov re nov xal tov
noTt xal tov e/eiv äta to nootpavr) tival iprjaiv oiikv äXXo ntol avTwv rj
Saa iv ao/y tiorjTai ... etil Inel r«5ra naoä t$ lAqiOTOTiXu naqantipQovrjTai,
xaXiäg av f/ot r« nugä JIo^ifVQiia xal 'laftßXCyoj nfoi avTtöv
tpiloTfxvovfieva xaTa/ja&tlv x. t. X. f. (IB.: Ilooipvoiog St ifrjOiv iv Tiai
äoxiiv tt)v xCvrjOiv Int te tov noitiv xal tov nda/uv fiCav xal owexv
tlvai , 10g inl tiöv xaTa nXr\yr\V xivrjatmv.
74) Boeth. ad Ar. Praed. p. 191.: Porphyrius vero haue adiectionem vacare et
carere ralione non putat .... doeet autem hoc, inquil, etiam ipse ordo congrms ra636
XI. Die Commentaloren (Porphyrius).
Dass des Porphyrius Commentar zur Lehre vom Urtheile im Prin
cipe nicht besser war, als das bisher Betrachtete, sehen wir aus den
Anführungen bei Boethius und Ammonius , deren ersterer bei seinem ei
genen Anschlüsse an Porphyrius uns oft genug Zeugniss davon gibt,
dass der Schüler Plotin's in der Erklärung fast aller schwierigeren Ein
zel-Stellen aus einer erklärlichen Marotte den Ansichten Alexanders wider-
^jspricht. In der Frage über die psychologischen Eindrücke üh<T das Verhällniss
des geschriebenen und gesprochenen Wortes zum Denken muss Por
phyrius von seinem Standpunkte aus ein grösseres Gewicht auf die innere
Perception eines bereits -fertigen Begriffes legen 75), sowie ja überhaupt
in den Neuplatonikern der Uehergang zur lux inlerior des Augustinus
ersichtlich ist (folg. Abschn. Anm. 21). Dass bezüglich der „einfachen"
Beslandtheile des Urlheiles die stoische Auffassung hier zu Tage kommen
werde, musste man erwarten ; übrigens finden wir hier zum ersten male
die Erwähnung jener Urtheile, deren Verbum ein sog. Impersonale ist,
I insoferne bei diesen das Subject nicht im Nominativ stehe , das Urtheil
aber doch ein vollkommenes sei 78). Es trägt Porphyrius hauptsächlich
die Schuld, dass die Rohheit des Zusammensetz - Spieles der Stoiker in
jenem ausgedehnten Masse in das Mittelalter überging, in welchem wir
derlei bei Boethius treffen werden. Oh wirklich Niemand ausser Porphy
rius den Unterschied zwischen Einheit und Einfachheit des Urtheiles
eingesehen habe, dürfte zu bezweifeln sein 77). Das Verhältniss zwischen
Bejahung und Verneinung aber fassle er gleichfalls vom stoischen Stand-
' punkte des Eintheilens aus und im Gegensatze gegen Alexander (Anm. 29)
als dasjenige zweier coordinirtcr Arten, welche unter den Gattungsbegriff
„Urtheil" fallen, unbekümmert um den Selbstwiderspruch, in welchen er
durch diese Polemik mit anderen Behauptungen betreffs des Gatlungsbetionique
conveniens lihtlorum, hanc adiectionem fuisse pertitilem .... ideirco quod in
Omnibus quidem praedicamentis anle quaesivü, utrum possint habere contraria . . . hic
igitur rede quod illic praetermiseral prius edoeuit.
75) Ebend d. interpr. p. 301.: cum enim quis aliquam rem inlelligit , prius
imaginatione formam necesse est intellectae rei proprietatemque suseipial et ßat vel
passio vel cum passione quaedam intellectus pereeptio ; hac vero posila ac in mentis
sedibus collacata fit indicandae ad alterum pussionis voluntas, cui actus quidem continuandae
intelligentiae protinus ex intimae rationis potestate supervenit, quem explicat
scilicet et effundit oratio nilens ea quae primitus in mente fundata est pas
sione Porphyrius quoniam tres proposuil orationes , unam quae lilleris contineretur,
secundam quae verbis ac nominibus personarel, tertiam quam mentis evolveret
intellectus.
76) Ebend. p. 315.: hoc in loco Porphyrius de Stoicorum dialectica aliarumque
scholarum mulla permiscet, et in aliis quoque huius libri partibus, id est in expositionibus
, idem facil. p. 320. : Porphyrius . . . dictio, inquil , est simplex nomen et
simplex eliam verbum et ex duobus compositum, ut cum dico ,,Socrales" vel rursus
„ambulat" vel „equiferus" ; procedit enim nomen dktionis ad orationis quidem, sed
simplieibus verbis et nominibus coniunetas. Vgl. p. 322. Ammon ad Ar. d. interpr. f.
36 b.: navv xnläi 6 (filöooqos In ear)fir)VUTO Hoqi/vqios ori ro „iaxtv" ovx
ävil nctVTÖs itktjnxai ^rifittTog noiia y«Q cOti {irifutra awraTröftiva
talg mäatoi xal noiovvra Xöyovg aXri&tit fj \ptvStTg, xols äk Svoftaai
ovvt azt eo&ai ov dvväfieva, oj; rö fierafi^ia, olov ZmxQuiti fierttfitkei".
77) Boelh. a. a. 0. p. 328. : expositio quam nullus anle Porphyrium expositorum
vidil ; non est idem namque unam esse orationem et mulliplicem, quod simplicem
et composilam, et distat una a simplici , distal eliam multiplex a composita.
Vgl. p. 416.
XI. Die Commentatoren (Porphyrius). 637
griffes (Anm. 50) gerieth 7S). Von dem nemlichen Motive aus behandelt
er auch die ganze Frage über die verschiedenen Vereinigungen und Ent
gegensetzungen der Urtheile', wovon wir die Wirkung gleichfalls bei Boethius
treffen werden (folg. Absclin. Anm. 113 ff.) ; Porphjrms^mmmt nemlich
die Negation in der That als einen der Bausteine , aus welchen das
UMKttjiUfiammcngefügt wird; und indem er im Blödsinne™ so weif geht,
dass er die Quantitäts-Bestimmung ebenfalls als einen „Theil" des Subjectes
betrachtet, meint er, die Negation werde stets zu dem mächtigeren
Theile des Urtheiles gesetzt, dieser aber sei bei den unbestimmten Urtheilen
das Prädicat, bei den bestimmten hingegen eben jenes die Quan
tität ausdrückende Wort79), und von einer solchen Auffassung aus polemisirt
er auch gegen jene Erklärung Alexanders, in welcher derselbe
(Anm. 30) bei dem unbestimmten Urtheile das Subconträre zu Hülfe ge
nommen halte 80). Uebrigens knüpfte Porphyrius an diese Erörterungen
offenbar das sog. princ. conlrad. oder excl. terlii 8 1). — Endlich haben
wir noch zu erwähnen, dass er bezüglich der Syllogistik nicht bloss in
der ersten Figur die fünf theophrastischen Schlussweisen recipirte, son
dern auch in der dritten Figur ebenfalls dem Theophrast folgend (s.
Abschn. V, Anm. 49) sieben Modi zählte 82).
Durch Porphyrius nun ist jene Stufe und Auffassung der Logik er-
78) Ebend. p. 294: aiunt enim quidam, affirmationcm alque negationem enuntiationi
ut species supponi oportcrc, in quibus et Porphyrius est. p. 334. : manifestum
est, secundum Porphyrium ex tola vi affirmationis et negationis enuntiationem esse
descriptam. Ebend. ad Ar. Praed. p. 192.: aliis aulem Peripaleticis placet , nomen
hoc opposili de subiectis aquivoce praedicari.
79) Amnion, ad Ar. d intcrpr.f, 76 b.: öXojg fit nSQi aütäiv tiSv anoif a-
Ttxwv 7iQos&ioQtßfiojv bau ykayvQtoiiQav e/ovra $-&(ßQCav 6 (ftXöootfog ntt-
QadCdioOi IIoqij vqios nttQa&ojjiev tlneiv nQogenivoovvrig tl ti üvväf*t&a
xai avrol nqbg TrjV OatftOitQctv ntQl uinmv äiäaaxaXCav änoQqaeie yag
äv Tis, nmg Ix tojV 7iQosäi(OQia/A^vwv xccTKif äoewv rag anoifiuotig noiovv-
Tfff oo rolg xarrjyoQOVfifyoig , ägntq £fi7it>oo9-ev r/iiou/nv , awictTTofisv
jceg ciQvrjaiig &XV avtoTg iotg n QogäioQiafiolg dt \4yoviai uiQt] T(3v
vnoxtifitriov ov tojv xad-' avrovg leyofxiviav aXkct tojv ibgneQ tloonoirj&tv-
Ttov v7i' avTäv .... (77a.) iQoCpev xaxä rovg nqöriQov naqaätSojxiiiovg
xävovag ro) xvQiatre'Qoj navtagov iftg nqotuatmg [ifyei dliv nQogüyto&ai
rüg aQVrjoeig, l'va rag änoi/üaeig noirjOwfiev inl [iiv ovv Tiäv xa&txaOTa
TiQoräaeiov xai tiSv aTiQogdwQiOTtov xvqiiotiqov dpärreg tö xurrjyogoiiuevov
tov vnoxttfitvov xeä xovrov xvQiojTtQov oväiv tvQtaxovteg Iv Talg rotuv-
Tttig nQoiaasaiv tixouog kvto} nQogfiyofttv tö anoffaiixöv fxÖQiov inl äe"
yt T(öv 7iQogäi(oQi(Sfi£vo)V To xvqiü}tc(t6v loziv 6 noogdiOQiGfjiog' diö xai
ivTtvS-ev r\ 7iQÖTaaig övoftä^iTui TiQogSiiaQiajxivrf xai yaq, et xai ouvtüt-
TOVTai rolg vnoxtifiivoig ol 7TQogdioQiOfj.ui xai ytvovtai avTwv <og eiQTjTtti
fi£(>T) , ctlV Itfiünzoviai mag xai tiöv xaxr\yoqov(i£viov,
SO) Boeth. d. interpr. p. 347. : meliorem sententiam quam Porphyrius approbavil
; sunt enim quaedam negaliones quae intra se affirmationis eius quam ncgant
retineant conlrarietatem , ut in eo quod est ,,sanus est" et ,,non est sanus"
sed hoc non semper, nam in eo quod est ,,homo ambulat, homo non ambulat" nul
luni contrarium continctur.
81) Ebend. p. 338.: dicit autem Porphyrius argumentum esse ad id quod dicimus
affirmationum negalioni ita oportere opponi, ut una vera opposita in alteram
mox falsiias veniul si aliquid aut est aut non est mediumque inier esse et
non esse nihil potent inveniri, lalis opposttio integrum facit contradictionem, in
qua affirmatio et negalio utraeque verae simul esse non possunt.
82) Ebend. d. syll. cal. p. 594.: lertia ve.ro (sc. figura) autore Aristotele sex;
addunl eliam alii unum, sicut ipse Porphyrius superiores scilicet sequens cete638
XI. Die Commentatoren.
i reicht, welche dadurch, dass die späteren Römer hauptsächlich an ihn
sich anschlössen , von entscheidendem Einflüsse auf das Mittelalter war.
I Indem wir aber bezüglich jener lateinischen Producle den Faden der
Chronologie erst im folgenden Abschnitte aufnehmen , müssen wir hier
noch jene Thätigkeit besprechen , welche in der griechischen Litteralur
auf Porphyrius folgte und gleichfalls von den Anschauungen desselben
wesentlich bedingt war. Es erstreckt sich die Reihe dieser Autoren,
unter welchen nur noch Syrianus und Themistius eine Wirkung auf Boethius
und hiedurch mittelbar auf die späteren Jahrhunderte äussern , bis
in die äussersten Ausläufe der griechischen Kulturgeschichte hinab, ohne
jedoch, wie schon bemerkt wurde, über das fünfte Jahrhundert hinaus
von lateinschreibenden Autoren berücksichtigt oder auch nur gekannt
zu werden.
Zunächst hat Jamblichus, der Schüler des Porphyrius (gest. um
330) in einem weitläufigen Commentare zu den Kategorien theils seinen
Lehrer wörtlich ausgeschrieben , theils überall eine vergeistigende Erklä
rung (vosocr &mola) im Stile des zügellosesten Neuplatonismus beigefügt,
und ausserdem den Pseudo-Archytas, welchen er natürlich für ein achtes
pythagoreisches Ileiligtbum hielt, stets mit der peripatetischen Kategorien
lehre verglichen83). Auch das Buch D. Inlerpr. commentirte er, wobei
er z. B. betreffs der Möglichkeits-Urthcile die Orakel berücksichtigen zu
müssen glaubt 84); ja selbst zu einer Erklärung der ersten Analytik ver
stieg er sich 85). Dass wir den Verlust der logischen Schriften dieses
überhaupt ekelhaften Phantasten nicht bedauern dürfen, versteht sich von
selbst. Von einem Schüler des Jamblichus, Dexippus, welcher seinem
ganz an Porphyrius und Jamblichus sich anschliessenden Commentare
über die Kategorien eine dialogische Erörterung der Einwendungen Pin-
»•os vero quinque (sc. in prima figura) modos Theophrastus et Eudemus addiderunl,
quibus Porphyrius gravissimae vir auctorilatis visus est consensisse p. 601.:
Tertiae figurae moii: primus: omne bonum iuslum est; omne bonum virtus est ; quaedam
igitur virtus iusla est. secundus: omne bonum iuslum est; omne bonum virtus
est (die Ausgaben stellen fälschlich die Prämissen um), quoddam igitur iuslum rirtus
est (dann folgen die noch übrigen fünf aristotelischen, also im Ganzen
sieben).
83) Simpl. ad Cal. f. IB.: fittä toiitov äe (sc. llooqvotov) 6 &eiog 'idußXi/
og noXvati/ov xal aitog eig tovto tb ßißXlov xattßäXtto jiQayjxattluv
tu ulv noXXa tolg lTooqvQlov xal. in' avtijg tfjg X(%Smg xataxoXov&<2r,
tivu imxolvo>v Ixelvwv xal äiaQUoiäv axQißittxtnov /xetä tov avatiXXitv
tr\v ojg iv a/oXalg nobg tag ivataasig /laxooXoylav, navta/ov di trjv voiquv
&e<on(ctv kxäatm a/efibv twv xei/aXaluv fitmS-tls, xal ti xal «XXo
noög tovtoig xq7i<si/aov t<p avyynau/taii 7ioo0tt{)elg' IdQ/vrov yaQ tov II v-
&ayogtxov xal tiqö ÜQiatottXovg. tr\v (lg oVx« tcöv ngiötmv yeviSv noir^aufitvov
äiatgfOiv avtdg tv tolg 7iQogr)XovOi tönoig tä tov lAg^vtov uagayaytov
Ixelva te votnwg aweanagfitva i'irjnXwae xal tqv avfiifxovlav rijr
nobg avtä tov ü4Qiatot(Xovg ijiiäei'if xal ft nov ti äitupiovov r/v, dXty«
de xal tavta , xal tovto vn' o\ptv rjyayt■ toig (f ilofiaxHai.
84) Amnion, ad Ar. d. inlerpr. f. 109.: npög tovtov ovv tov Xoyov . ■ . xal
V7t' aiitijg äoxovvta tveoytCag xoatvvto&ai , dg ac tüiv fiavtftiov TiQOQQt\-
aeig diqXovOiv , anavtHivteg rj/uelg xara Trjv tov &elov 'lafißXC/ov vff ^ytjOiV
tä äiäif ooa [ihoa ttöv yvütattav StaiQiTv äi;t(oBo/u(v Xtyovttg x. t. X.
85) Philop. ad An. pr. f. VIII b. : ol oV ye axpißtateoot täv i'it\yr\täv </«•
oiv , mg 6 &etog 'Iä/jßXixog, x. t. X. .
XI. Die Coramentatoren. 639
tin's vorausschickte 86), besitzen wir letztere, welche genugsam neuplato
nischen Unfug in Unjdeulung der peripatetischen Lehre enthält87); dass
derselbe ausserdem über die Quantität geschrieben habe, ist falsch88).
Maximus hingegen, dessen Lehrer Aedesius , 'ein Schüler des Jamblichus,
war, schloss sich völlig an Alexander an 8<J); derselbe stellte übri
gens (vielleicht in einem Commenlare zur Analytik?) die wunderliche Be
hauptung auf, dass alle drei Schlussfiguren gleich vollkommen seien, und
in einem hierüber entstandenen Streite mit Themistius gab der zum
Schiedsricjy^j*ewählte Kaiser ^Jujjanus als dankbarer Schüler "seinem
Lehrer Maximus JAecht *")*
Von Themistius (ungefähr 330 — 390) besitzen wir nur eine
Paraphrase der zweiten Analytik 9 '), wobei er den neuen Weg einschlug,
nur den hauptsächlichen Inhalt zum Behufe einer übersichtlichen Wieder
holung für Jene, welche die aristotelische Schrift schon kannten, anzu
geben und zugleich auch, wo es ihm nöthig schien, die Beihenfolge der
einzelnen Partien in eben jener Absicht zu ändern92); und es gehört
86) Simpl. a. a. 0. f. IT.: xai AQmnog de 6 '[a/xßXfyov xai avzög fJtv
ro tov AQiOTOTiXovg ßißXCov avvxöfxojg i'£i)yrtaaTO , TiQorjyov/ue'vojg de zag
TIX(orCvov AnonCag (ig iv diaXoyoi 7TQOTeiv6/J.evog «Ütoj diaXveiv nnoxC&ezai'
ovdiv de oiide ovrog o%efiöv roig IIoqo;vq(ov xai 'fafjßXCxov TiQoareüeixolg.
87) Man kannte diesen Dialog, welcher zwischen Dexippus und einem gewissen
Seleucus geführt wird, nur ans einer lateinischen Ueberselzung (gedruckt mit d. lat.
Hebers, der '-Efjjj/. des Porphyrius Venel. 1546, fol. und allein Paris 1549, 8.),
bis Brandis in der Scholien - Sammlung einzelne, bes. auf Geschichte der Philos.
bezügliche, Stellen aus einem Cod. Coislin. veröffentlichte. Die ncuplatonische Auf
fassung aber springt in die Augen , wenn z. B. gesagt wird (f. 36 b.) , Aristoteles
unterscheide substantia intelligibilis , sensibiHs, und in Mitte beider naturalis; u.
dgl. öfters.
88) Denn was bei Warle, Calal. codd, Malrit. p. 135. angeführt wird, ist ein
Theil eben jenes Dialoges, und stimmt mit der lateinischen Uebersetzung wörtlich überein.
89) Simpl. a. a. 0. f. 1 A.: äXXoi de nqog toiiroig xttl £rjirjfx«Ttov iqqxpctvxo
fiezQiwg ... tov xai Mäfifiov iyib Ti&r)fii tov Aiäealov fiiv 'Ia/j,ßX(-
%ov ftaSrjii)V , iv (Tf ro) elg rag xaTr\yootag v7iofivr\fj.axi nävra cxeäbv -reu
2kXe%ävdoo> awäaavxa. Ueber das Vorhandensein seines Commentars s. Lobbe,
Nov. Bibl. p. 172'.
90) Schol. cod. Par. ad An. pr. b. Brand. 156 b. 44.: ö fiev yao Mälifjog
e"kty& nävxug roiig OvXXoyiOfiovg xeXeCovg elvat, 6 de &e/j.Coxiog fxövov xoig
iv «' xovxo anediäov eiXavxo de XQixijV 'lovXiavöv tov aixoxQaxooa., Sg
neeftia/e xijv vixäaav Ma'^Cfjio äiäaaxaXoj aiixpv yeyovöxi 6 ovv Ma-
£i[*og eXeyev ort navxeg Te"Xeio( eioiv idov yao qctfiev xö M ovdevl tojv
N , t6 M navxl toj S, xai awäyexai to N oiidevl xojv 3, inel yao ro
M navxl xo) £ xo> de iV oiidevl, xe/ajoiaxai aoa xai tö N tov M, oixovv
xai tov S nuvxojg xtoQiaÜTjöeiai to N xai ovdevl avxov vnäo'iei' xai Idov
ovx iderj&rjuev trjg elg iö a' a/pua avaywyfjg 6 ij-iv yao Maiifjog
nävxag xeXelovg <pt)Olv amäojv bxt exaaxog avXXoyiGfJog oixo&ev e/ei to
avayxalov.
91) Gedruckt Venel. (Aid.) 1534. fol.
92) f. la.: tö fie'vxoi IxXa/jßavovxa xa ßovXrjfjaxa tojv iv Tolg ßißXCoig
yeyoufifie'vtov civv Ta%ei Te i'iayyiXXeiv xai Tfj avvxofiCa tov quXoaötpov
xaTa dvvafj.iv naoo/tanzelv xaivov ti iäoxei xaC Tiva löope'Xeiav naQiieö&at,
evxoXov yao taeoS-ai äiä tov xoiovxov tqotiov TrjV aväjxvr\aiv vneiXrfqpafiev
tojv AQiaxoTiXovg ßißXCojv etg inCxovipiv (ie{j,r)%avijG&ai , ovx VxiaTtt <^
640 XI. Die Coramenlatoren.
so diese Art eines Commentares zu denjenigen, welche zwar bei einzel
nen Schwierigkeiten wenig Nachhülfe geben, aber das Verständniss im
Allgemeinen nicht entstellen. Darüber, dass eine ähnliche Paraphrase des
Themistius zu den Kategorien 93) uns, wie wir vermuthen dürfen, wahr-
^ scheinlich in der pseudo - augustinischen Schrift De decem calegoriis er
halten sei, s. d. folg. Abschn. Anm. 40 — 50. Auch die erste Analytik
bearbeitete er in gleicher Weise, und sprach dort in der Einleitung die
i Ansicht aus, dass die Analytik eigentlich eine Erfindung Plalo's und von
~ / Aristoteles nur in technische Regeln gebracht worden sei 94). Von Einfluss
aber für das Mittelalter war, wie wir sehen werden (folg. Abschn.
Anm. 164 ff. u. 184) vermittelst des Boethius die Bearbeitung der Topik,
welche Themistius veranstaltete 95) ; er suchte hiebei namentlich eine planmässige
Eintheilung der Topen aufzustellen, und indem er von dem Vor
handensein gewisser allgemeiner Sätze ausgeht, findet er in den wesent
lichen Unterschieden derselben ein noch höheres Allgemeines, in welchem
die obersten topischen Gesichtspunkte enthalten seien ; als die Hauptgattungen
dieser stellt er jene auf, welche entweder aus der Substanz selbst
oder aus dem der Substanz Folgenden genommen werden oder endlich
eine mittlere Stellung zwischen diesen beiden einnehmen, und unter
diesen obersten Gruppen werden dann die einzelnen Topen unterge
bracht 96). .
xal ja nQoxeifteva , numiov fiiv eft« ir\v avvy&i) ßga/vXoy(av , £tz«#' ort
xai ij raliff TtSy xeqaiaiojv ov ätaxtxQirui , äaS-' rjfitv aväyxrj avyyiväaxtiv,
ei x« fiiv (paivöfit&a fiiXQOTtQov eg/irivevovi eg ... t« Si fii&aQfiorröfitvoi
xai fietaxi&^vreg (og av qaCvoixo sxaaxa x(5v xeifaXaloiv negiytygafifitva.
93) Simpl. a. a. 0.: ol fiiv avxrjv fiovrjv xrjV Xe"£iv Inl xb aaqtartgov
fiexaO-elvai. nQo&Vfiti&tvxeg, togntQ QtfiCoxwg xs. b Ev(fQaätjg xal et Tis
tiXXog xoiovxog.
94) Boelh. d. interpr. (s. Aura. 14. d. folg. Abschn.); hiezu obige Anm. 90.
Plülop. ad An. pr. f. IV a.: ivxavSa yivöfitvog 6 Btfilaxiog anoqtT Xtyojp •
«p« ye 'AQiOxoxtXoug toxi yivvnfia xa lAyaXvxixa i] oll; xai t/TjOiv oxi yev-
VTjfiara fiiv avxov ovx laxt' (paCvexai yaQ ö &tiog HXäxwv avXXoyiauxojg
xal anoätixxixbg (f tQÖfitvog iv rs Tip 4'aCSiovi xal (v näaiv avxov a^tSav
xolg SiaXoyotg' avvxa(at öi avxov xal xt^vöiaai xavoaC not xb nqoxtCfitvov
avyyQttfifia, oiifiiv axonov. Das früher angenommene Vorhandensein dieser
Paraphrase in der Pariser Bibliothek verneint Brandis a. oben angef. O. p. 288.
95) Bei Boelhius häufig erwähnt, und von Averroes aus eiuer hebräischen
Ueberselzung Iheilweise in seinen Commentar zur Logik übertragen.
90) Boelh. d. diff. top. p. 865.: est igilur uno quidem modo locus, ut dictum
est, maxima et universalis et principalis et indemonslrabilis atque per se nola propositio
alio vero modo loci vocantur maximarum differentiae propositionum ....
cum enim sinl plurimae propositiones quae maximac vocantur hacque sint inier se
dissimiles, quibuscunque differentiis inier se discrepant, eas oinncs locos vocamus ....
et hi loci qui sunt differentiae propositionum ipsis proposilionibus universaliores
exislunt atque ideo pauciores esse deprehendunlur hi loci qui in differenliis
positi sunt, quam propositiones ipsac quarum sunt differentiae (p. 866.) omnes
igitur loci, id est maximarum differentiae propositionum, aul ab Iiis ducantur necesse
est lerminis qui in quaestione sunt positi, praedicalo scilicet atque subiecto , aut
extrinsecus assumanlur aut horum medii qui inier ulrosque versanlur. corum vero locorum
qui ab Iiis dueuntur lerminis de quibus in quaestione dubitatur duplex est
modus; unus quidem ab eorum substanlia, alter vero ab his quae substantiam eorum
consequuntur ; hi vero qui a substanlia sunt in sola dcfinilione consistunl huius
autem loci duplex est modus, partim namque a deßiitione partim a descriplione
XI. Die Commentatoren.
641
Von Syrianus (390—450) wird berichtet, dass er einen sehr compendiösen
Commenlar zu den Kategorien geschrieben habe ; aber das
ihm hiebei gespendete Lob eines kritischen Verfahrens scheint sehr ver
dächtig 97); denn in dem Commentare zur Lehre vom Urtheile zeigt er
sich in einer gleichen Albernheit wie Jamblichus (Anm. 84) befangen,
und auch er ging in der Erklärung aristotelischer Lehre auf Plato als
Anhaltspunkt zurück; einzelne Behauptungen über die Bestandtheile des
Urtheiles oder über das verneinende unbestimmte Urtheil scheinen mehr
capriciös gegen andere Commentatoren gerichtet zu sein, als auf irgend
einer wissenschaftlichen Basis zu beruhen98). Uebrigens muss er sich
besondere Mühe mit der erschöpfenden Aufzählung aller Urtheilsformen
gegeben haben , und wir werden seine hierauf bezügliche Ansicht bei
Boethius, welcher sie adoptirt, anzugeben haben (folg. Abschn. Anm. 118).
Die Erläuterungen des Proclus (214 — 485) zu dem Buche D.
inlerpr., welche offenbar ganz im Sinne des Porphyrius gehalten waren,
verarbeitete Amnionitis fl0) ; dass die Aufstellung schulmässiger Regeln die
argumenta dueuntur (p. 867.) nunc de Iiis dicendum est qui terminorum substantiam
consequuntur ; horum mullifaria est divisio argumenta duci solent aut
ex toto aut ex partibus aut ex causis vel efficienlibus vel materia velnaturali forma vel
fine et est effieiens quaedam causa quac movet atque operalur ul aliquid explicetur
(p. 868.) nunc de Iiis dicendum est qui licet extrinsecus posili argumenta tarnen
quaestionibus subministrant ; hi vero sunt vel ex rei iudicio vel ex similibus vel a
maiore vel a minore vel a proportione vel ex opposilis vel ex Irans sumplione
(p. 869.) ex oppositis vero multiplex est locus aut enim ul contraria adverso
sese loco constitula respiciunt aut ut privatio et habitus aut ul relalio aut ut affirmatio
et negatio (p. 870.) nunc de mediis disputabitur ; medii autem loci sumuntur
vel ex casu vel ex coniugatis vel ex divisione nascentes (p. 871) et
Graeci quidem Themislii diligeniissimi scriptoris ac lucidi et omnia ad facililalem
inlelligentiae revocantis laüs locorum videtur esse pattitio (872) quoniam divi
sio Themistii patefecta esl, etc cum antea secundum Themistium locorum differentias
dederimus etc. Vgl. Averroes {ed. Venct. 1552.) /. 270 f.
97) Simpl. ad Cal. f. 1 /t. : 6 äk axonüg rjv fioi xal xo noXii nXfi-
&og xmv noXvnä mv avyyoa[i[iäx<ov in' (Xaxxov onmgovv avaxsZXai , oijr
ovxtog mg 6 wiXoaoipwxaxog Xvqiavög eig IXä/iaxov, äXXa x. x. X. Ebend.
f. 50 4.: d df XQiitxahttxog ZvQtavdg . . . (frrjol... näaa piiv yat> ovaCa xaS-'
uiiTrjv laxi xal savxijg mg xal SlQxvxa fioxei.
98) Amman, ad Ar. d. interpr. f. 109 b.: (irjxiov noog avxovg anSQ 6 fii~
yug (frjai Zvoiavog, ort nnmjov fthv i(fiax<iveiv i/i>rjv big aXXrj [i£v loxiv
ij xwv %re<5v yvmöig xctl vorjatg, exi-Qci äk rj xijg nnocptjxiSog ivtnysia. Ebend.
f. 202 b.: 6 ftivxoi fifyag £vniavdg änidra xal {remQrjXixmxttxa xavxq rij
fijrijff« ätt)xr)<fe xd xc noayfxaxa onmg ifvaemg xal xijg ngög äXXijXa
äiaaxäoemg fiäXa ivaoymg tntöetxvvg xal Iv naoi xöv xt frtioraxov
nXaxiava jjiaQXVQa nanafftnmv. Bocth. d. inlerpr. p. 321.: Syrianus vero qui
Philoxenus cognominatur non pulal orationcs esse quarum intellectus sit imperfectus,
atque ideo nec eas aliquas habere partes arbitrans omne quod imperfectum est
nullis partibus conlineri. Ebend. p. 352.: Syrianus tarnen nititur indeßnitam negalionem
vim definitac obtincre negalionis ostendere et hoc mullis probare nitilur argumenlis
. . . quod Syrianus dicit , indefinitem quidem afftrmationem particularis obtinere
vim, indeßnilam vero negationem universalis.
99) Ammon. a. a. O. f. 2 a.: 1 1 ök xal fjftttg ävvin»tCrjfitv elgeveyxeiv
ireol xijv xov ßißXiov (ta(f>rjvetav anofivrj/iovevOuvxeg xmv lÜrjyriotmv xov
&tCov nfiwv äioairxäXov HqoxXov xov IlXaxmvixov öiaSöxov xov tig axQoy
Tfjs avfrQomCvtjg (fvotag xrjv xt l'friyrjxixtjV xmv Soxovvxmv xolg naXatolg
Sivauiv xal tjjv tmaxinfiovixr\v xijg (f vatiog xmv ovxmv xoCOiV äax^aavxog,
7ioXXijV av T(j5 XoyCm &to~) X«Q'V ofioXoyrjdaifitv. Gerade der Umstand , dass
Prantl, Gesch. 1. 41
642 XI. Die Commentatoren.
Hauptsache war, werden wir unten sehen. Auch mit den beiden Ana
lytiken beschäftigte sich Proclus ; auf die erste deutet eine Anekdote über
ein Sophisma, für die zweite aber wird Proclus von Philoponus einige
Male angeführt, jedoch so, dass letzterer sicher auch diesen Commentar
nur durch Vermittlung des Ammonius kennen konnte100). Hermias,
der Vater des Ammonius, ein Schüler des Syrianus, schrieb eine Einlei
tung zur Isagoge ,01). Ammonius selbst, der gelreue Schüler des
Proclus, gehört zu den fruchtbarsten Commentatoren; wir besitzen unter
seinem Namen einen Commentar zur Isagoge des Porphyrius , einen zu
den Kategorien, und einen zu D. inlerpr. 102); seine Thätigkeit bezüg
lich der Analytik kennen wir nur aus den so eben erwähnten Notizen
bei Philoponus; s. jedoch auch unten Anm. 168. Ammonius zeigt in
der Erklärung der Lehre vom Urlheile einen stupiden schülerhaften Fleiss,
nie aber die geringste Spur einer Selbstständigkeit ; er findet ein eigenes
Vergnügen daran, die plattesten und einleuchtendsten Dinge, man weiss
nicht, ob sich selbst oder den möglich dümmsten Lesern, noch verständ
licher zu machen; hierin, sowie in der unleidlichsten Breite und Geschwät
zigkeit erscheint er als geistesverwandt mit seinem römischen Zeitgenossen
Boethius. Von dem Armenier David103), welcher jedenfalls, sei es
schon durch Syrianus oder erst durch Proclus, in die neuplatonische
Schule eingeführt sich derselben anschloss und das übliche Bestreben
zeigte, sie mit der aristotelischen zu verschmelzen, besitzen wir eine
Einleitung zur Isagoge und einen gleichfalls mit einer Einleitung versehe-
Ammonius im weiteren Verlaufe den Proclus nur noch einmal nennt (f. 146 a.: o
6V ys rjftfrtQo; xa&tiytjxaiv xal tvtnytirjq xavövag rifiiv navv it%vixovs nepftfj'ifoi;
xa&' ovi oiöv i£ näarj tj/ nooreSetorj nnoräau rfjV axoXov9ov(i(<v
svqcTv), zeigt, dass wir eigenllich einen Commentar des Proclus vor uns haben,
welcher jedoch wahrscheinlich durch mündlichen Vortrag dem Ammonius beigebracht
worden war.
100) Schol. cod. Pur. ad An. pr. h. Brand. 157 a. 44.: tf auiv yati, naVTaioaytXaqov
itSvvaTov tivat, jovifOTi navrbg TQaytXai/ov aävvarov v7iatj!jis.
nana TQaytltuf OV ovx aävvarov fti) tlvat, xal Ouvayetcu riva tQteyiXaqor
a&vvarov tlvat ij ovx aävvarov fti) tlvat' rovro nqoträ&ri Tcp tftXoaötf®
ITqöxXoj t6 eötfidfia nnos o tlntv ort o*i5o eialv tvravfta oooi rö inttyt-
Xatfos xal to aävvarov iv olifi rtp avXXoyta/^o) , rpffff äe Snovg &tXti l%m
näs avXXoyta^tög. Philop. ad An. posl. f. 35 b. : ätä rovzo xal 6 Jloöxfos,
xa&änto 6 tfiXosot/og (d- •>• Ammonius) iXtytv , olirtog £%r)ytiro. Ebend. /.
118a.: IXiye dt 6 ytXöaotiog IIqoxXov töv avrov ätääaxaXov tntttxrpiuci
rjj ÜXtHävänov tlt]yi\oti. Vgl. 40 a.
101) Brandis gibt in der Scholien-Sammlung aus einer Pariser Handschr. de»
Anfang, mit der Bemerkung, dass das Ganze fast gleichlautend sei mit des Ammo
nius Erklärung der Isagoge.
102) Zusammen gedruckt Venet. 1503. fol. n. 1546, 8. ; Einzelnes öfters. Di'
Bedenken, welche Brandis a. a. 0. p. 283 f. gegen die Aeeblbeit des Commentai*
zu den Kategorien äussert, sind jedenfalls böchst gerechtfertigt, da, wie die Nach
forschungen desselben ergehen , in den Handschriften eine grosse Verwirrung mi
schen dieser Schrift und einem Commentare, der den Namen des Philoponus trägt,
herrscht (von einer medieeischen Handschr. berichtet das Gleiche Bandini, C-atd
III, p. 3.); doch entscheidet sich auch Brandis dafür, dass der in Pariser Hand
schriften enthaltene noch ungedruckte Commentar eher dem Philoponus angehöre
als der gedruckte. Der Commentar zur Isagoge ist jedenfalls nur ein breites Ge
wäsche.
103) s. C. F. Neumann, Memoire sur la vie et les ouvrages de David, ftrii
1829. und im Nouv. Journ, Asiat. I.
XI. Die Coramentatoren. 643
nen Commentar zu den Kategorien 104); da dort auch noch Ammonius
erwähnt wird 105), so muss David nicht zu weit in das 5. Jahrh. zurück,
sondern mehr in die erste Hälfte des 6. gesetzt werden.
• Was S implicius, der wirklich gelehrte Schüler des Ammonius (hei
der Philosophen-Vertreibung durch Justinian i. J. 529 nach Persien aus
gewandert) in seinem ausführlichen Commentare zu den Kategorien 106)
durch seine zahlreichen historischen Notizen für uns Erspriessliches ge
leistet habe , können die bisherigen Untersuchungen , für welche er oft
die einzige Quelle war, genügend bezeugen. In seiner Auffassung aber
schloss er sich dem Jamblichus an 107), wenn er auch in einigen Ein
zelnheiten eine gegründete Polemik gegen ihn führt, und von jenem hatte
er offenbar auch seine Anhänglichkeit an den Pseudo-Archytas gelernt.
Ein zweiter Schüler des Ammonius, Johannes Grammaticus Philoponus
(welcher noch, wenn auch als Greis, die i. J. 640 durch
Omar erfolgte Einnahme Alexandria's erlebte) schrieb einen Commentar
zur Isagoge und einen zu den Kategorien, welcher (Anm. 102) in der
Tradition in Verwirrung mit jenem des Ammonius gerieth 108) ; wichti
ger als diese sind seine Commentare zu beiden Analytiken 109), wenn
auch Philoponus gleichfalls kein hervorragender Geist ist, sondern mehr
mit Abschreiben und Verwässern des Abgeschriebenen sich beschäftigte ;
er ersetzt wenigstens hiedurch einigermassen den Verlust an den Schrif
ten Alexander's.
Einer noch späteren Generation von Commentatoren gehören an:
Michael Psellus (geb. 1020), dessen höchst unbedeutende Paraphrase
des Buches D. inJerpr.110) hier zu erwähnen ist;,'seine Compendien s.
unten Anm. 173 ff. Johannes Italus, Nachfolger des Psellus als Haupt
der Philosophen (vitcttog qnloßötpav) , schrieb einen Commentar zu D.
interpr. m) und zu den ersten vier Büchern der Topik 112) ; das nemliche
Buch wurde von Michael Ephesius (wahrscheinlich ein Schüler des
Psellus) commentirt 11 3). Von Eustratius (Metropolit von Nicäa in der
ersten Hälfte des 12. Jahrh.) besitzen wir einen höchst widerlich breiten
Commentar zum zweiten Buche der zweiten Analytik114). Eine Paraphrase
des nemlichen Buches von Theodorus Ptochoprodromus (Mitte
104) Beides nun in Brandis' Scholiensammlung veröffentlicht. Vgl. auch Cramer
Anecd, Par. IV, p. 434 ff. , woselbst der Text der ersteren Schrift in ganz ver
schiedener Gestalt erscheint.
105) Brand. Schol. 66a. 15. ol ntqi lAufiiäviav Si (lcksiv x. r. i-,
106) Venet. 1499. fol. u. Basti. 1551. fol.
107) f. 1 T. : tyut yctQ Ivjxv/ov per xat rißt xäv tlqt)fiiviav ygaft/iaßiv
, impeMaxigov Si ms olös xe ijv xolg 'Iafifiktyov nttQaxokovd-äv ane-
YQUtpttfirjV xal avrf 7ioXltt%ov xrj li£u xov tptloaoqov xgrjaäfievos.
108) Ein Auszug des ersteren und die Einleitung des letzteren in Brandis'
Scholien.
109) Zur ersten Anal. Venet. 1536. fol,, zur zweiten Venel. 1504 u. 1534. fol.
110) Bei der Aid. -Ausg. (Venet. 1503. fol.) des Ammonius.
111) Einzelnes daraus in Brandis' Scholien.
112) Nach Lambeccius Commenl. IV, p. 322 u. VII, p. 257. handschriftlich in
der Wiener Bibliothek vorhanden.
113) Aus einer Pariser Handschrift Einzelnes b. Brandis.
114) Bei Philop. ad An. post. Venet. 1534. fol.
644 XI. Die Commentatoren.
d. 12. Jahrh.) ist werthlos115). Leo Magentin us (Metropolit von
Mitylene in d. Mitte d. 14. Jahrh.) schrieb einen Coramentar zu D.
interpr.ii6) und zur ersten Analytik117), beides unbedeutend. Endlich
kömmt hiezu noch Vieles von anonymen Verfassern oder bloss in Hand
schriften vorhandenes 118).
Insoweit aber die Masse dieser Commentatoren von Proclus an eine
gewisse Stufe in der Entwicklung der Logik bezeichnen und einnehmen,
müssen wir versuchen, dieselbe in collectiver Weise zu charakterisiren119).
Was zunächst die Auffassung der Logik überhaupt und ihrer Stel
lung betrifft , so gilt es überall als selbstverständlich , dass sie die erste
unter den philosophischen Disciplinen ist und als Werkzeug zur Erkenntniss
des Unterschiedes zwischen Wahr und Falsch gilt120), und es dient
dieser Grundzug (vgl. Abschn. IX, Anm. 6 ff.) allem Folgenden zur Stütze.
Indem im Umkreise des menschlichen Sprechens eine Thätigkeit des
Denkens anerkannt wird, welche auf das Material des Lautes formgebend
wirkt, und indem im Hinblicke auf die Dressur dieser Denkthätigkeit die
Logik auf das Entschiedenste vor die Ethik gestellt wird121), erhält auch
die Gliederung der crsleren stets den Nebenzug der praktischen Bedeut
samkeit, wobei selbst die ewige Seligkeit nicht vergessen wird. Es tritt
nemlich das Beweisverfahren zur richtigen Beurlheilung des Wahren und
Falschen und des Guten und Bösen als oberster Gesichtspunkt an die
Spitze, und hiernach wird das Material des „Organons" zunächst getheilt
in das dieser Methode vorangehende, das sie selbst betreffende, und das
115) Nach Brandis' Urlheil (a. a. 0. p. 297.) und der daraus gegebenen Probe
(Schol. p. 241 a.).
1 1 G) Bei Amnionitis, Venet. 1503. fol. Einen hievon verschiedenen Tcxl einer
Pariser Handschr. iheilt probweise Brandis mit.
117) Bei Pkilop. ad An. pr. Venet. 1536. fol.
118) So z. B. der Anonymus zum 2. Buche der zweiten Analylik (bei Pkiloy.
ad An. post. 1534.); mehrere Commentare von Stephanus, Nicomedes , Sophooias
und anderen weiter nicht bekannten Autoren sollen handschriftlich vorliegen; Bran
dis a. a. 0. gibt mehrere Resultate seiner Nachforschungen.
119) Ich wähle in dem Folgenden hei der ausserordentlich grossen Masse des
Maleriales einzelne besonders schlagende Stellen gleichsam als Probe der slets
gleichmässig wiederkehrenden AuU'assuugcn aus.
120) David ad Cal. h. Brand. 20a. 33.: äfi <S* cidfrai Sit nivK tia\
ßadfiol rijs (/ 1 Xoamj (ag ' Xoyixi) ijötxq if vaixi] fia&rjfiartx!) itioXoyCa' axoa
fiiv Iv rovrois d'vo, Xoyixij xal thtoXuyitt, [Ataa dt ja Xuma. Ebenso Alto».
Prolegg. ad Cal. 30b. 24. Scltol. Anon. b. Galen. Etgay. ed. Minus p. xtj': «
äk ztXog riji Xoyixijg OQyava naQctd'ovvat tj tfiXoaoifiq lig äiayvwOiv ily-
&t(ag xal ifxüäovg, ö&tv xal ifjg VtujQtjTixfjg if iXoaoijlttg ögyavov iniyoawtiai
xcti TiQoraTXtTttt xiüv ßißXCtav lijs &tojQrjiixrjg TiQayfittTsCag tov ifi-
Xoaöif ov. Vgl. Cramer Anecd. Pur. IV, p. 417 f.
121) Amnion, ad Ar. d. interpr. f. 14 b. Xöyog Si xal emoq avaig xiti r«
xavt-ng f?(fij, xaTtufjaaig xtti anoiiaaig, tfiavctl /xiv xivig tidiv, äXXa noog-
XaßovOai TO «7iö T^ff rjfiere'Qag tvvoCag tldonoisiG&ai xcti jolmg r\ tolai
nootf fQta&ai • dib xiä loCct rig anovtv^fxijtui ctvroTg TjQtty^ittTiltt naQcc ras
tf vaixäg. Philop. ad Cal. b. Brand. 30 a. 43.: äxöXov&ov [ii v qv cctio rijg fl^ixrjg
uQSaO&at ngayfiaxtiag ... &XX' innärj xcti tv Ixeivoif xfyQtjzai &7IOäei^
cai xal avXXoyiafiotg, lfi4XXo/xtv dl avxovg ayvotiv avrjxooi xojv roiovxeov
vittto%ovTig Xöymv , äia xovto «pa äno rrjg Xoytxfjg üqxx£ov nooxoaftrjoaviccg
(itv xu iavtiäv {j&tj xal äCx» rijg r)&txijg 7iQuyf>iaieCag ' fiira iff
rijv XoyixtjV Ixiov Inl zr/v rj&ixijv xal ovxag aVTihnmiov x<3v (f vdixtöv xw
ftet' txiivtt t<Sv /^tt&rjfXttTixiöv xal ovxmg ea^axov tüv &eoXoytx<5v.
XI. Die Commentatoren. 645
anhangsweise ihr nachfolgende ; liievon zerfällt das erste, welches zuweilen
auch näher an das zweite gerückt und mit ihm verbunden wird , nach I
der unweigerlichen Stufenfolge der allmäligen Zusammensetzung in die \
Kategorien, das Buch D. inlerpr., und die erste Analytik ; das zweite als I
eigentliche Lehre vom Beweise soll in der zweiten Analytik enthalten
sein, das dritte dann in Topik, Rhetorik , Soph. El., u. Poetik ; Demiich J
das bloss Wahre sei in der Apodeiktik, das bloss Falsche in der Poetik,
das theilweise Wahre und theilweise Falsche bei völligem Gleichgewicht
in der Rhetorik, bei Ueberwiegen des Wahren in der Dialektik (Topik), l
bei Ueberwiegen des Falschen in der Sophislik (zuweilen werden Rhc- l
torik und Polemik auch weggelassen) ; somit wird als Kern und Sehluss- ]
stein wegen des Beweises die zweite Analytik betrachtet122). Dieser Stand- |
122) Simpl. ad Cal. f.oT.: tl St xal inb nolov fiigog xrjg HgiaxoTiXovg
ipiXodoifilag tco&sZ Tig /xaS-tiv, SijXov ort inb xb bgyavixöv xr)g yag Xoyixr)
g ngayfiaxtCag StSttxxai xb ngäxov Int/ovoa /xtgog t) ntgl räv anXüv
(f o>väv otäaaxaXta, i\ St Xoyixfj naaa to bgyavixöv ian /xtgog rrjg (ptXo^
aotflag, ägntg ol xavovig Tt xal al 0Ta&/ual jäv TtXTÖvmv Tt xal olxo-?
Söfiiov. David ad Cal. b. Brand. 25 b. 12.: tö Xoyixbv xal avTo elg TgCa
SiaigtiTai , tlg rce ngb Tr)g anoStCStmg ijyovv fitftöSov xal eig tthxrfv xr)v
dnoSii^iv xal slg xd inoSvo/xiva ti)v anöSti^tv' xal ra pikv ngb rrjg pe-
S-öXov^ xal Ttjg dnoStlgtaig ilatv a'i Tt KaxrryogCai xal xb TItgl tgprjvtlag
xal xd Ilgoxtga l4vaXvTtxd , tb de avxijV xr)v fit"&oSov rrjg dnoStC%t(og Si-
Sdaxovxa ttoi xd dtvxtga lA.vaXvnxd , xd St vnoSvbfitva avxrjv xr)v anö-
Sti'gCv tloi xd Tonixd, al 'PrjTogixal xi%vai, ol Zoipiaxixol tXty%oi xal xb
Htql noirjjixfjg- nivxt yag ttaiv tlSrj avXX<iyi<Sfi(3v, dnoStixxixbg SiaXtxztxog
OoqiOxtxbg gtjxogixbg noirjiixög fj ydg ndvxrj dXrj&tTg iloiv al
TtQOTÜcseig xal noiovOi tov dnoS tixx ixbv , rj naVTt^ ijjtvSttg xal noiovai tov
noirjTixbv tov uv&iuSr) , rj nrj^/itv äXrj&tfg njj St tjtevStlg, xal tovxo tqi-
%cig, rj yag fiaXXov äXrjStvtt t\ttov St rjitvStiai xal noitl tov SiaXexTixbv
ovXXoytOfibv, rj nXtiov f^fi xb \fjtiiSog tov äXrj&ovg xal noitT tov ooipiaxixöv,
fj In' Taov ty*1 iö äXriS-lg xtp ifitvSti xal noiti tov (irjxogixöv ....
ovxio xal r) Xoyixfj ogyavov ovo« xrjg wtXoOoqCag SiaxgCvti xb äXrj&ig xal
TO xfJSvSog xal xb uya&bv xal To xaxov, "va fir) x/jfvär) SogaOiofttv firjSk
xctxä Sianga'Soiut&a. Philop. ad An. posl. f. 3 a.: tovxo xb ßißXiov, Xiyto
St) ö ntgl anoSelZtiug Xoyog , toxi x/Xog xrjg Xoytxfjg ngayfiaTt(ag , t« yag
äXXa Xoyixa (ia&r}[iaxa Sia xr)v &n6Sti'(tv fjfilv nag^Siaxtv b ÜgiOxoxtXrig
.... äSvvaxov yvtövat xbv anoStixxixbv avXXoyicr/tbv ngb xov /j.a&sTv xbv
anXmg ovXXoyiOftöv tlxa trittSt) b änXmg OvXXoyta^tbg Ovyxtixai ix 7xgoxäastov,
oi Svvaxbv St ävtv ngoxdatmv yvüvai xov anXiSg OvXXoyiOfibv,
nagiSwxtv t)/aiv to ntgl kgfii]VtCag . . . nciXty St intiSi) äSvvaTÖv lexi yvmvai
Tag ngoxäütig ävtv xiSv anXtav tf <ovü>v££ tav avyxtiviai, ngb xovllegl tgfitjvtCag
nagt"Saixtv r)[ilv xag Kaxt]yogCag . . . xal Inti OvXXoyiajxov nXtCova tXSri
...oi« ooipioxixbg, ö S ittXtxxixbg xal b anoStixxixbg, xbv fiiv anoStixxixbv OvXXoyiafibv
iv xomoig r\füv nagaSlStaai, tov St StaXtXTixbv iv Tolg TonixoTg
.... SiSäaxti St rj/xäg xal ntgl tov GotpiOnxov dvXXoyirSuov iv Tolg 2otpiOTixolg
IXiy/otg logntg äXt^TjTTigiov r)fiiv (fidgfiaxov nagt/tov. Ebend. ad Cal.
b. Brand. 36a. 15.: xiSv Sk bgyavtxwv xd fiiv tlg xä ntgl twv dg^((Sv rrjg
fitd-öSov, xd Si ttg xd ntgl xtäv aXXiog tlg xr)v [itd-oSov ctvvx tXovvxmv . • .
inttSr) ydg ij dnöStifig OvXXoyiOfiol Inidxrjfiovixol, Sil ngb xovxov Tbv
xaäoXov avXXoyiOftbv tlStvai' dXX' avib to xov UvXXoyio'/j.ov bvo/ia Sr\Xoi
oix dnXovv xi dXXd avvS-txov ... oixovv ngb IxtCvov Sti (la&tlv xd anXS
ig utv avvTl&tvTai , xavxa St" tloiv at ngoxdatig ' dXXd xal aixal t$ dvofidiaiv
xal grjftdxiDV, ovxovv Sil t«Ct« ngofia&tlv T« övöftaTa ovv xal
id gquara SiSd'iovOiv al Karriyogiai, Tag St ngoTÜotig xb Tltgl ig/J.r)Vt(ug,
xbv Sk xaü-oXov tivXXoyt0fibv xd JlgÖTtga ÜvaXvTixd' xavTa xotvw al
ägxal Tr)g ftt&öSov tlolv , i« Sk /ItvTtga lAvaXvTixd avTrrv fj/täg SiScßti
646 XI. Die Commentatoren.
punkt des unverschämtesten Schul-Doctrinarismus, welcher mit der durch
weg pöbelhaften Auffassung sich vereinigt, dass die Poesie gleiche Gel
tung mit der Lüge habe (natürlich ohne zu bemerken, dass der gesammle
Neuplatonismus nur eitel Poesie ist, und zwar eine höchst ekelhafte darum,
weil sie sich für Philosophie ausgiebt und durch diese Lüge auf den
Markt kömmt, — ungefähr wie auch heutzutage —), wird hinwiederum
theils psychologisch mit der Behauptung gestützt, dass alle Phantasie stets
I lüge, theils auf die Begriffe der Nothwendigkeit (Apodeiklik), Möglichkeit
\ (Dialektik und Topik) uud Unmöglichkeit (Poesie und Sophistik) bezogen123).
Da aber nun fromme Gemüther ein arger Schrecken vor dem Buche der
Soph. El. oder selbst vor der Topik befallen könnte, so werden sie einer
seits hierüber beruhigt, da ja jene Bücher nur zur Uebung und zum
Schutze vor den bösen Sophisten geschrieben sind, nicht aber um etwa
selbst Sophistik zu lernen124), und andrerseits wird eine complete Stufen
leiter von den Kategorien aus ununterbrochen direct in den Himmel gebaut,
kurz ..wenn das Buch der Kategorien nicht wäre, gäbe es keine [ewige"1
Glückseligkeit" 123). Aber auch abgesehen von dieser in das Jenseits
hinüberragenden Wirkung des Collegium logicum wird die Stufenfolge
vom einfachen Worte (oder auch Begriffe) zum zusammengesetzten Urtheile
und von da zu dem noch mehr zusammengesetzten Syllogismus theils
tijv fie"&oSov Ineidr) ol aoipiatal nqäyuata nagt/ovai tolg trjg «Aij-
&e(ag eigetalg .... yncupei xal tovto 6 (ftXoaoqog tva qevyoj/iev aitoig.
123) Philop. ad An. pr. f. lila.: rj yao ix tov vov tag «p/äff äe^afterri
ij öiävoia avXXoyeltai ... xal noiel tov anoäeixttxbv avi.koyiay.bv iei
aXrj&ij ovitt xal fir\dinote \pevdöfievov .... fj Tjjf o'ofjj av/inXaxeiaa ...
noiel tbv äiaXextixbv avXXoyiofiov , ... og ov nävtcog äXrj&evei aXXa noti
xal \jjevaetai ... r) toCtov rrj tfavt«a(a avfinXaxeTaa ... notel tbv ffotfiatixbv
avXXoyiofiov ael rjjevär) ovia (b.) tqg ipavtaatag all ipevoofi4vrji
.... xal tv fihv tolg fieta tavta övo ßtßXiotg tiöv devte"Qiav XveXv*
jixmv (Tufafft negl änoSeC'Seojg , tv d°t tolg Tonoig ntnl tov öiaXextixoi
avXXoyiofiov , iv de totg Xoifiatixolg tXe"yyoig ncol tov aoifiatixoii ol%
tva avttp /Qi]a6fie»a '6XX' Xva fit) note anatbifie&a. Schol. cod. Par. b.
Brand. 140 a. 23.: ovök yag tb eltiog noitl iimpogag ovXXoyiOfiojv äXX' r\
vXl) rj äyayxaia rj {vdiyofie'vri rj aävvatog ovOa' et fiiv yäg avayxala el%
noiel tov anoStixtixbv avXXoyia/ibv, el di tvSexofiivn, not et tov öiaXexuxbv,
et tfi ädvvatog, noiel tov noirvtixbv ij tov OoifiOtixöv.
124) David ad. Cat. b. Br. 27 b. 35.: ftäXiOtu äe tb /.orjaifiov (in^tta»
Sia ta äoxovvta fiätrrv yeyoäif&ai ßißXCa mg oi Tonoi ta avtä Ave-
Oxevafavtcg xal xataaxevätoVteg rj inl xaxw wg ol Sofia nxol ZXeyxoi toönovg
äiäaaxovteg änäfng • vnio tov tativ elneiv oti xal ol Tönoi Inl
xaXä lyQätf-naav , yv/iVaaiag yäq /«pfr All' ovde ol Xotfiatixol eXiy
/oi inl xaxiji, el xal toönovg anätr/g SiSaaxovaiv, ov yän iv* anatrjaiaftev
äXX' l'va /nij anutrftäfjiev. Ebenso Anon. Prolegg. b. Br. 30 a. 39.
125) David a. a. 0. 29 b. 34.: el fir) r)v r) noiötr\ Se"atg ibJv änlüv
tfwyäv (s. d. folg. Anm.), r) äeyte'Qa oix av r)v el ur) rjv r) devt^Qa Wtf«f,
avöfiata xal fäuata ovx av r)aav ' tovtiov dt fir) ovtiov -ngötaaig oix fo
rfvr rrgotaaeotg Oe fir) ovarjg avXXoyia/ubg ovx avtjV avXXoyiofiov ftij ovrof
aftöäeihg ovx rjv, anoäeCg'etog /xr) ovarjg aniXinov av ta ooyava tä (Tibxgitixä,
ly (ih> d-emqla Siäxqiaig tojv äXrj&äv xal tmv rpevdüv ... h ti
it(>a£ei diäxQiaig ayaihoy xal xaxov xal ixXoyt) ftkv tojv aya&täv anexXoyij
«ff to3v xaxtov^ el fir) rjv tb 9-eo>Qr)tix6v xal tb nqaxtixbv , r) (ptXoaotflti
ovx -nv- el fir) r) qiiXoaoifCa rjv > „jö evSatuoveiv oix jv. Anon. Proitgy.
schliessl die nemliche Argumentation mit den Worten TSrTSRn!. 26.): mq-t' d
j£SJ& l&v Knti^s^^^t^krVj^äaifiovta ovx av r)v. Aebnlich Philop. ad
T^TT. Br. 37b. 41 IT. Vgl.^nTm. " '■
XI. Die Conimentatoren. 647
nach des Porphyrius Bezeichnung (erste, zweite Position, s. Anm. 64),
theils selbst mit dem mathematischen Ausdrucke einer Proportion stets
als das einzig richtige Verfahren zum Behufe des Lernens aufgestellt126), I
und es ist daher nicht zu wundern, wenn Philoponus eine förmliche
Verwahrung dagegen einlegt, dass jemals ein Mensch vor. dem Buche D.
inlerpr. irgend Etwas anderes als die Kategorien und nach diesen je Et
was anderes als D. inlerpr. lese 127). Nur wollten Einige (in neuplato
nischem Sinne offenbar consequenter) die Topik und Svph. El. als das
Gebiet des Wahrscheinlichen vorausslellen, um von diesem aus erst zur
Wahrheit und Nolhwendigkeit des Apodeiktischen aufzusteigen m).
Nun aber war für einen derartigen Schulbelrieb der Logik — und
wie weit verbreitet diese logische Schulmeisterei damals gewesen sei,
bezeugt der Spott sogar des Theniislius selbst 129) — auch die Isagogc
des Porphyrius in gehöriger Weise zu benützen, und in der That auch,
indem man die Abfassung derselben als einen_Akt der „Menschenfcejindi
lichkeit" pries130), entdeckte man, dass unter die fünf Worte (hier wird
überall bereits „epwvq" gebraucht) sämmtliche philosophischen Worte
ebenso fallen müssen, wie unter die zehn Kategorieji alle Dinge131);
126) Anon. ad Ar. d. inlerpr. b. Br. 93 a. 13.: 6 axonbg rotvvv larl t$
nagövri avyyget/^fian SiaXex&ijvai negl rrjg ngeörrjg ow&tottog rcüv xarä
rijV äevrigav &£oiv ärrXoiv (ftoväv rrjg xarä ro xarryyogixbv ilSog tov
anoifavrixov Xöyov ytvo(iivr\g' ngtaxr\g St Xfycu Stört, rgeTg etat &tatig xal
Svo avvd-foeig , ngeorrj uiv fc'atg al änXal tpiavttl rtäv äixtt xarrjyogiäv,
Stvrtga &£otg To JTegl (gfirjVi(ag, T(f)t)Oi yäg rb ovo/xa xal rb gfjpa AnXäg
tlvai (ftoväg ... t(ilxr\ &(0i{ rb negl OvXXoyioptäv. Joann. Hai. b. Br. 94b.
30. : % Xoyixf) ngay/iartia rö.og i%ti xrrv evgtatv rijg anoSiiiaag, ngorjyurat
Si ravrtjg r\ rov änXov ovXXoytOfiov yviäatg xal ravz^g rj nigl itgotä-
Ottav yvedOtg , raiirrjg Si rj rtöv anXtäv ifwveäv StSaoxaXCa. Leo Magent. b.
Br. 95 b. 9.: bv yäg Xöyov £/ft b bgog ngbg ngoraotv , rovrov tbv Xöyov
e%u xal ngöraatg ngbg avXXoyiafiöv.
127) Philop. ad Cal. b. Br. 39 b. 29.: (Hart ixärega igovrat «XXtjXwv
digntg Oeiga rtg xal oiirt ngb txtCvov Svvaxat rig aXXo avayiviöoxetv rj
rag KarrjyogCag ovre fierä ravra äXXo rj to Iltgl sqfirjvciag.
128) Alex, ad Soph. El. (s. Anm. 14.) f. 2 b.: ol fitv yäg tpaatv (ig eiSei
Tt/v SiaXexnxrjv ngayfxartCav , bfiotwg Si xal raviijv rijV OoepiOTtxfjV rijg
itnoStixrixfjg ngora%{hfjVai , xgrjvai yäg ngöregov roig niO-avoig /govorgißtjaavtag
f«#' ovrtog xal roig avayxatotg xal äXtjS-iat 7TgogStaTg(tj/ai.
129) Themisl. Oral. 34, p. 446. Dind.: 6 yäg ZöXuv xal ö Avxovgyog
xal b iiirraxbg xal 6 B(ag xal u KXtößovXog äveggrjlhjOav ooepol naget
xeSv röte av&goSnoiv ol/ ort avXXoyta/xovg i'ozgeefov avto xal xärio ovSi
ort- negl rtöv IStiSv äteXtyovro ovo" ort roig lyxfxaXvfi/ttvovg ävsxaXvnrov
xal rovg xegar(vag x. r. X. Ebend. 21, p. 316.: oiiäk irgogtmelv rovg rotovrovg
ctvtv rrjg ivg/igefag ravrrjg vnag/ei, äXX' ev&iig inri^el To /lotdmvalov
%aXxuov „al Svo xaTMfiaQStt" xal ort „oi avvayei ovreo rö äevregov
ax^jf*«". Ebend. 23, p. 351.: rjxovaetTt <T av rtvog rmv IficSv inirtjS sliav
vij/rjXoXoyovfi^vov xal ßgtv&Wofitvov inl ToTg Ovvwvvfioig rj övcovvfioig ij
nagtovvfioig;
130) Hermias b. Brand. 10 b. 14.: iftrrjaS^l tv ip äidaaxuXla (pmvtäv ntmv
irivrt (sc. 6 Idgiar.) ayviäareov fjfilv overäv Iv rfj Ovvrj&tiq, yivovg
äiaepogäg Movg lölov xal aiifißißrjxorog' 6 ovv epiXöooefog Hogepvgwg <pi-
Xctv&gujnus aua noiüv xal ifiXoaötf wg eygaxpt tovto ro ßißXCov äiSaaxotv
131) David Prolegg. ad Porph. b. Br. 17b. 45.: ol ukv Xtyovesiv ort oi <fi'
aXXo ri äiaXafißävei ntgl rtöv nivtt ifiiavüv ti fit) dV avräg, xovxian
äiä to nagetarrjvai ijftiv to ig airäv &va<pv6(tivov XQ')0i/*ov i ^
648 XI. Die Commentatoren.
darum ist es erklärlich, das Philoponus in wahrer Begeisterung davon
spricht, wie von den quinque voces jeder Unterricht „fruchtbar befeuch
tet" werde, und dieselben die unerlässliche Eingangslhüre für „Alles"
seien 132). Durchdrungen nun von dem unzweifelhaften Nutzen der Isagoge
für die Dialektik , welche ja in Eintheilung, Definition , Argumenta
tion, Analyse sich bewegt133), lässt man sich durch abweichende Mei
nungen, dass es allenfalls ja auch sechs cparvccl, anstatt fünf, geben könne134),
nicht irre machen, sondern bringt mit diesen ehrwürdigen fünf Worten
auch die etwas modißcirte und verrenkte Kategorientafel der Stoa in
Verbindung 135), ja man schiebt lieber gleich die ganze Dialektik sammt
und sonders in dieselben hinein, was mit Ueberwindung einiger Hindernisse
sehr leicht bewerkstelligt wird, weil doch in der Isagoge schon allerlei von
dem Aussagen u. dgl. vorkam und beliebte Schablonen, wie z. B. „Eines
und Vieles, Vieles und Eines" dortselbst zur Verfügung bereit lagen136);
Xeyovaiv oxi ätä xäg xaxrjyogtag XgiaxoxtXoug diaXafißävei negi avxmv ...
(18 a. 5.) ägneg yag^ ol yga/jftaxtxoi inevörjaav xa bxxia fjigri xov Xöyov
... xai ägneg inevor/aev SigtOxoxiXrjg xag flixa xaxr/yoglag itp off navtu
xa bvTtt avdyexai , ovxoj xai naaa tfiovr) vnb xijv (fiXoaoiplav ovaa ini "
xäg njvxe<M>v«£ ävaytrai. Vgl. 'Cramer Anecd. Par. IV, p. 437.
132) PiülS'p. ad Porph. b. Br. IIa. 9.: lya> fit ... (frj/ji ... IxeTvo ngoxi-
9ea9ai navxmv , ä<p' ov xä nävxu xa Xomä jj.a9rjij.uia agSevovxat , SxtQ
iaxi to xäiv nivxe tptovaiv /jad-r/fta, xoiio yag nävxtov iaxiv elgaywyrj xai
SidaoxaXla.
133) David a. a. 0. 18 a. 28.: av/jßdXXeiai dk . . . To nagbv avyygafifi't
xai tlg rag SiaXexxixäg ue&öfiovg ... (32.) loiiov oxi SiaXexxixai fitöoäot
iXiyovxo ineiSrj iv TtjJ OiaXfyeo&ai äveqalvovxo' iv yag r<jj äiaXtyta&ui
xai äirjgovv xai SimglCovxo xai anoäel£eaiv ix(xQr]Vxo xa^ TV ävaXvau'
eloi äe xiaaageg at äiaXexxixai /jiS-oäot , eaxi yag ätaigextxr) , bgtaxixrj,
anoSeixxixrj xai ävaXvxixfj.
134) Ebend. 18 a. 12.: anogovOi Si xiveg Xiyovxeg ort ovx eiai nivn
fiövai qitavai aXXä xai ?{• toxi vag yevog , elSog , äiaqoga, auftßißnxbs,
täiov ovaitöSsg xai läiov inovaiiaSeg (s. Anm. 58.]L
135) David b. Cramer a. a. 0. p. 439.: nivxe ovv oiaäv xmv wiovüv ...
nivxe eloi xai ot xgönoi x(Sv xaxr,yogitöv x<5v iptovtäv . . . iaxi yag elnelr,
x( lau, bnolov xl lax iv , bnolov iaxiv, xai nolov loxi, xai näg e%ii'
xai xb /xev yivog xai xo elSog iv xtä xl iaxi xaxrjyogelxai ... ij o*i dtatfoftü
xai xo iSwv ovaiiaäeg Iv T<jü bnolov xl iaxi ... xai xo Xäiov Si inovaiiädi;
Iv xtp önotöv loxi...xö cc^ojgiOxov ov/jßeßtjxög iv itp nolov ioxi...
xb x<ogi-<Sibv äe avfißeßrjxög iv rtjJ n(5g f^ci xarriyogetxai. Schal. Anon. b.
Waits, Org. I, p. 13.: at nagä xtp üogtfvgtCj) Xeyofievai nivxe qiovai to6-
nov xivä xalg xov IdgiOxoxiXovg (fiovalg rjyovv ä£xu xuxr\yoglaig xaixöv
tlaiv^ äXX' at fiev Xoyixiäg at äe (f vOixtSg. . .
136) Anon. Prolegg. philos. b. Cramer a. a. 0. p. 429. : naaa (ftovrj rj ffi)-
/javxixfi rj äorjfiog, r\ xa&oXov ij /jegixt] , rj ovOicöärjg rj ineiaoäimärjg, %
vTiaggtv JfijXol fj xgönov (s. Ann). 159.) iinägSeojg Siayogov, rj fila wvats
vnö (/. ij fjiäg (pvoetog) tSwv fj noXXatg ovfißeßrjxog , 1j ev&vg elg atofia
äiaigeixai elöog rj ngüixov elg xa eXSrj tlxa (Tin xwv eiämv eig xa axofiu
yivog. rj Orj/javxixr) ij äarjfiog, ij xafhöXov rj jiegixi], rj oüffteu'tfijff fj intuso-
SimSrjg, rj xaxä diayegovxcav Tß) tifiei ij xaxä ätaqjegövxmv xiji «gi^ftif
2v tw xl Joxi xaxrjyogelxai xai noiel xb elfiog, rj avriaxgiqiei xai noul
xb Wioy rj ovx avxioxgiifiei xai noiel xb Ov/jßeßrjxbg , rj Iv x$ xl iati xaxrjyogetxai
xai noiel xo eldog rj iv xip nolöv xl iaxt xai noiei xjjv diaqogäv
... .. p. 430.: eig xag SiaXexxixag [it&ödovg. xiaaageg yag aiixai, Simgexixij,
bgioiixr), anoäeixxixij, avaXvxixr), iireidi) xai reoactga xa äiaXexxixa
ngoßXrjfiaxa, ei iaxi, xliaxi, bnolov xl iaxt, xai Sia xl ioxf xai xb uev il
foxiv avaXoyei rj diaigextxfj ... xb de xl iaxi xrj bgiaxixrj .. . xb ö*k onolw
1
XI. Die Conimenlatoren. 649
am kürzesten hiebei hat sich doch Jener geholfen, welcher gleich sagte,
d^J^ogjk^bestehe nur in Definition und Einthflibing137). und es ist diess
in der That auch der einzige,' und zwar taube, Kern der Logik des Por
phyrie, sowie er es ebenso bei Plato gewesen war.
Gerade durch die Isagoge, welche mit der stoischen Schuldisciplin
so enge verbunden ist, ergab sich jenes formale Ileherge.wjph.t,, schulmäs;
siger Definitionen, welche wir in den Einleitungen sämmtlicher Commentare
ia "der einfältigsten Weise angewendet und bis zum äussersten Ueberdrusse
wiederholt treffen ; obwohl aber diese Leute den Aristoteles commentiren,
sind sie und bleiben sie in der rhetorisch - stoischen Begriffs
bestimmung der Definition und in der eben hiemit gegebenen Lehre über
optöftög und vnoyQciqyr) befangen 138), sowie überhaupt Alles, was sie
betreffs der Definition vorbringen, sich von der Thfiflfje Aer Rhejßrgn
gar_nicht unterscl)eidej]_jässt 139). Jenes stets gleichmässig wiederkeh
rende beschwätz, welches durch die schulmässige Forderung bedingt ist,
dass man immer mit der Delinilion beginnen müsse, knüpft sich überall
an die Erklärung, was Philosophie sei, und es haben sich in jenen Ein
leitungen neun hierauf bezügliche Gesichtspunkte oder Capitel (xecpaXaia)
in der Tradition förmlich lixirt und werden von Allen eingehalten 140).
Eine ähnliche Marotte aller Commentatoren, welche sie aus der gelehrten
Praxis überhaupt herübernehmen, besteht darin, dass sie bei jedem Buche
eine gewisse Zahl von Gesichtspunkten (Zweck, Nützlichkeit, Aechtheit,
Ueberschrift, Stellung in der Reihenfolge u. dgl.) erörtern, wobei sie
auch hinreichend Gelegenheit haben, dem mit der Definition verschwisterten
Triebe des Eintheilens Genüge zu tbun 141).
i( iari rjj äTxodeixxtxrj (diese Worte sind im Texte ausgefallen), naOat yao at
anoäel^eig tov önolov rl toxi .... rö Jf d°ia tC Iotiv avaXoytl rjj ävaXvxix
j ixeCvr\g (sc. xijg ÖQtOxixijg) xa noXXa tv noiovarjg . . . Xäiov Trjff
äiaiQexixtjg rö rö i'v noXXa noie Tv . . . rijij anoöeixTixrjg tö del'^ai aXXo aXX(j)
inittQxov oV äXXov fiiaov (p. 431.) rijj avaXvxixijg xö XaßeTv avv&exöv
xi nQäyjin xal avaXvOai eis tu änXä iS wv avvete'&q .... avfißaXXexai
rifilv eis xijv dittiQexixijv , ineiäij xqIu xiva avyxooxei Trjv öictigeoiv, tö
iSiaiQov/jievov , rö äiaiqovv, xa dtaioed-ivxa . . . . oiaioovftevov fiev rö yivog,
äiaiQovv äi ij dittifoQct, fitaioe&e'vxa rä eiSrj.
137) Bekk. Anecd. p. 659. : anaaa yag rj Xoytxfj ftetooCa xijV BvOxaOiv
eyet ix xe oqidv xal diaioe'aetov ' xaxa yao xbv üXaxiova deivov xfjV xtyvnv
avSgög toxi xä xe noXXa ?l> notijaai xal tö ev noXXa, tovtiov äi tö tuiv
ÖQKffJ-ov tö &e äiaiqiaetav.
138) Simpl. ad Cal. f.'tT.: SiÖti ö fiev imoynaif ixög Xöyog TrjV iäiÖTtjTu
rijjs oiötag ä(f>oo(£ei, ö ögiaxixög xö xl r\v elvai kxaaxov xal TrjV ovoCav
avxf)V. Philop. ad An. post. f. 80b.: öoiafiög yao iaxi Xöyog avvxofiog Jij-
Xoitixo; nagiaxäv TrjV qvaiv tov TioayfiaTog &tiö xmv ovaimärng vjiuqxuvtiov
avx^.
139) Anon. Prolegg. b. Cramer a. a. 0. p. 392. Bekk. Anecd. p. 647 ff.
140) David b. Br. 13 a. 14.: ivve'a xiva xetpaXata nanadldofiev, xal ngäxov
fiev ... Iv (!) Xiyofiev xl loxiv ÖQiOpös, devxeoov &e ... x( äiatfioei öoiafiös
öqou xal vnoyouipris xal vnoyoayixov ögidfiov, xoCxov ... no&tv Xe"yexai
ÖQKt/uös , xixaoxov . . . nö&ev Xaußavovxai ot ÖQiOfiol , ni/xnxov . . . txoios
xiXeiog xal nolos axeXtjs ÖQia-fios xal x(s j) xaxla xal t(s r) iiyleia tov
ogiOpov, 'exTov . . . nöaoi ÖQiOfiol Ttjs tftXoao(f(ag, eßäo/nov . . . äia tC toOovtoC
eioiv ol xijg <fiXoao<f>Cag öqiOfiol xal ftqxe nXeiovg /J-rixe (XaTTOvg , oySoov
iv ij) Xiyofiev xrjV Ta£iv avTäiv , evvaTOV Iv tp Xfyofitv iCveg t<pevQov Toiig
OQiOfiovg TovTovg.
141) David b. Br. 27 b. 24.: ?f Toivvv xetpäXaia äei nqoXafißäveiV , xöv
650 XI. Die Commentatoren.
In solcher Weise gestaltet sich die Form, in welcher die Logik bei
den Commentatoren erklärt und docirt wird; inhaltlich gehen ihre Lei
stungen höchstens in die Breite, und darin allein liegt ihr zweifelhaftes
Verdienst im Vergleiche mit ihren Vorgängern.
Was die Kategorienlehre betrifft, so finden sich zunächst bezüglich
des Synonymen u. dgl. keine neuen Erweiterungen, sondern man begnügt
sich bei dem von Porphyrius hierin gethanen (Anm. 65) ; nur wird ein
mal der Grund angegeben, warum Aristoteles nicht jene sämmtlichen Ver
hältnisse besprochen habe 142). Die Stellung und Bedeutung aber der
Kategorien selbst erhält die Auffassung, dass vom Standpunkte der ffijfiwuÄ-
ij qpcovi) des Porphyrius aus (Anm. 64) die widerstreitenden Mei
nungen über Laut, Ding und Gedanke ausdrücklich vereinigt werden, und
es gelten nun die Kategorien überall einstimmig als ,,sigmT|j»j^ ejnfejjhj;
^ lÜlL-^-' ^ . Rfa^ V1 e 0— D | » , \y r " |CJ,? !: ü'nfael)c_r^J|eiUuJiSfl'' > wobei
dieiSctlsche Objectivität d erDin ge, welche Tu^eTur ch zu classificiren seien,
sehr betont wird 143); ja sogar aus der Ueberschrift des Compendiums
der Kategorien wird geschlossen, dass dieselben in der That das nemliche
seien, was die Dinge sind, und nur ein Unterschied der Betrach
tungsweise bleibt übrig, dass insoferne man diese obersten Dinge als signilicante
Worte betrachtet, sie der Logik angehören, insoferne aber als
Dinge, der Metaphysik 144). Indem daher im Einklänge mit Obigem (Anm.
axonbv , to xQrjdifiov, lijV uttt'av Tr)s Intyqaqijs , Tr)v Taljtv Ttjs ävayvdaems,
rfiv eis tu xetpuXaia dia(okaiv, xai ei yvqmov tov (fiXoaöopov ßißllov.
Ebend. 17a. 4.: elal 6i...ta äxTdli TavTa xe<püXaiu, oiov 6 axonbs, rö
XQTjatuov . tb yvr]oiov , r\ aitla Tijff lniyqa<pr\s , ij eis tu xeifäXaia öiaiqt-
Ois, i\ raiis, o diöaaxttlixbs Toonos, ij vnb tC fiiqos avwpooä.
142) Simpl. adCat.f 9/".: naqijxe Ta ie heQtävvfia xai tu noXvmvvjia,
xa fiev itoXvtövuput , äiört ov nuqiaTTjai tu nqüyfiaTa , fiovov ras Xeftiff
nXrtt)vvei , tu äe heQiövvfia, äwjt ov ras xutu aqi&fibv aneloovi
aller, zäs xecret ye"vos orjfiuivovOus ti Xe"$~ets d'ieaneiTai tu vvV xai fie'viot
äfufLo raiiTa nanrjxev,,. äwTi xai qtjTOQtxrjs /xäXXov xai nottjTixijs
neoteqylas , äXX' ov (piXorfötpov &econ(as.
143) Ebeod. f. 3iJ.: avTai äe" eiaiv ai ünXaT qxoval r) oqfiavTtxal räv
jioayfittTWV xu&' 8 arjfiavTixai eiaiv äXX' ov xaS-' o X(i;eis AnXtSs, *«*
8 fiiv yäq Xe"Seis, aXXus e%ovai noayfiaielas xai f) ftev XCgis xarr\yoqUt
XfytTui tos xaza tov nQÜyfiaxos uyoqevo/xe'vrj, to dt nqäyfia xaTrjyÖQr\fia'
Ttjs oiiv xaTTjyonias ijioi nQÜyfj,aTos ovtos ftera Trjs ar^fxaivovOrjS airb XIftwj
fj Trjs Orj/uavTtxr)s Xe"s"e(os, xafhoaov IotI arjfiaVTixr) exuxeqwv exeiai,
xai xwv XtZetav xai Ttöv nqay/j.ÜTmv q xaitjyooCcr cmelomv Sl ovtwv i<5»
xaia xai äneotXtjnKov eis okxa. yivi) tu. aneiqa ävrjyayev UniOToiäris.
Bexipp. b. Br. 30 a. : äeixvvTui toivvv ij xrjs xaTTjyooCas iniyQa(f>r) Sri xtti
t' ykvrj xai x« fltfi) xai nuVTias tu xa&6kov xaTtjyooeiTai xutu t<5v itf
cuvtoTs pvxiov xai al aij/uayrixal le'ieis ai xoival xaTtjyoQevovTai xuxä naaöiv
Ttöv v7ioieTuyfj,e'v(av ftenixüv Ifietov. David ad Cat. b. Br. 29 a. 13.:
ovt(os oiiv xai i/fieis ö fiiv neql <pwv<5v fiövov ö äe neql ngayfittTtav 6 St
neol vor)fiaxiov , Ivbv nävTa /xi^ui xai eineTv ort xai neoi (pwymv xai
neni vorj/xaTtuv xai neol iTQay/^aT(ov .... (b. 13.) b axonbs tov ßißXiov tüv
xaTT)yoQtiäv neol rijj noditjs &e'o"eo>s (Anm. 126.) twv unXäv ^iftovmv T<äv
arjftaivovamv änXä nqäyfiuTa äta tuiaov anXwv vor)ftäz(DV. Ebenso Philop.
ad Cat. b. Br. 38 a. u. Anon. 31b. Ammon. ad Ar. d, interpr. f. 21a.: t« iv Ty
ifiDvr) ... örjftaCvezai yuo in' avTwv xai i« noäy/jiaTa, oii fie"vToi noost-
X<3s aXXu diu fiiOoiv tiSv vorjjuuTtov.
144) David ad Cat. b. Br. 30 a. 10. : 6 yetq tmyocupiov Sti „KaTijyoqlai"
ivSeixvvxat oxiol Xöyoi äi olxeiav ia/iiv tü^vaav yevia&ai oneq xa noay
XI. Die Commentatoren. 651
122) alle „Anginen" Worte, zu welchen der absichtlich gebildete Unsinn
und die poetischen Wesen gleichmässig gehören sollen , ausgeschieden
werden 145), bleiben die Kategorien als das Schul-Werkzeug zur factischen
Belehrung und als das erschöpfte Verzeichniss aller faclischen Dinge
übrig 146). Während die Controversen der Früheren über Auswahl und
Zahl der Kategorien, oder das Bedenken, dass die Negation in denselben
keine Stelle gefunden141), zusammengestellt und wiederholt werden, macht
man hier andrerseits auch den Versuch, die Zehnzahl durch Beiziehung
des iv vnoKUfiiva (Anm. 66) wirklich zu begründen, kömmt aber hiebei
doch zu dem Resultate, dass nur die ersten vier einfache Kategorien
seien, aus welchen in der abenteuerlichsten Weise die übrigen sechs durch
Verflechtung gewonnen werden148); übrigens findet sich hierauch schon
der Ausdruck ,,PostpjrjH[c|mcnte''149). Bei den einzelnen Kategorien treffen
wir hier ebenfahs äffe früheren Erörterungen über Reihenfolge u. dgl.
[iaxa ... ol äi iniypätpovxeg „Hepl xojv xaxt)yopitöv" ... ivSeCxvvvxtu bxt,
ol Xoyoi SC olxeiav aaü-ivetav xaxontv iyivovxo xmv Trpayjxdxtov xai ovyl
Xö%v<Sav yevia&ai tög avxä xä npayjj.axa Simpl. ad Cat. f. 75 /i. •■ at yaQ
ag%al xaxa jj.lv xr)v ar\fiavxixr}v aviäiv Xe"£tv iv xrj Xoytxfj TtQayfxaxeCa
SrjXovvxai , xaia tfi t« Orjuatvöueva npäyaaxa iv xrj Mtxa xä 4>vatxä.
Anon. b. Br. 33 a. ' ' ' '
145) Anon. ad Cat. b. Br. 32 a. 10. : IgöfieS-a yaQ avxoiig, negl nottav
xäe ättrjfiovg tptoväg ovxe nav vör\iia nqäyfia, Sia. xö „axCväaxpog" xal
„xqaye'Xatfog", Aehnlich David 28 b., Philop. ad Cat, 37 b. Das stehende Bei
spiel ist meistens xQ«ye"Xtt<pog.
146) Simpl. ad Cat. f. 75 /I. : aQxelxat, ö*e tag iv etgdytoyrj xtp xi)V evvotav
avxtöv naQaaiijaai , Xva %%waiv ol vioi xä änXa tig xä oixeia ylvr\ äväyovxeg
oixeltog noteiaS-ai xttg xaxrjyoQCag. Philop. ad Cat. b. Br. 38 b. 7.:
ändQtt yäp eitlt , xä rf anetga iniaxrjfin ov neQtXa/xßävovxai, diäte Siä
xovxo ov SiaXrjipextti neqi naatSv xwv xa'xä fifyog äXX' etg xa&6Xov xtvag
ävaytav tpwväg xal xavxag ovx äogCaxovg aXXä xtjj tijg Sexääog ägid-fiw
negtxexXeto'jj.ivag .... (14.) ovxw xal ol (ptXöaotpot ndvxa xa bvxa ßovXöfitvoi
SiSag'tti, ineiär) xa xaxä fxigog anegtXrjnxä elüi, awdyovxeg anavxa
negiixXetoäv xe xal negieygatyav vnö xivag äe"xa tpwväg.
147) Simpl. ad Cat. f. 40//.: axaxxöv tfaatv avxwv xr)v SiSadxaXtuv
xal xaxa xo intxvxbv xrjg dtagi&fir)aewg xvyyjtvetv. Ebend. f. 314.: eigtjxat
noXXäxig Sit noXXa täv ovxwv xax' aXXo xal aXXo vnb ätatfogovg
äväytxai xaxr\yoglag. Ebend. f. 16,4.: aXXy ai änotpäaetg xal at axegrjaetg
at xe Stätpogot xwv grjfiäxwv iyxXlaetg iv xivi xa%&r\aavxai ;
148) David ad Cat. b. Br. 48 b. 30.: rjfteig xal xfjv alxtav ngog^täfiev
Stic xt Sixa- Stixvvfiev S\ xovxo ix Siatge'aewg xoiavtrjg' xo ov fj iv vnoxeiue'vo)
fj ovx iv vnoxufiivm, xal ei fxtv fif/ iv xinoxiifiivo) , noisl xr\v
ovtsCav , et (Fl iv vnoxeifit'vm , rj x«*' tavxd ?; ov xafr' eavxo' ,xal ei ftiv
eavxö, i) iiegiöxbv fj äfj.e'Qiaxov • xal ei fiev /legiaxdv, nottl xo noabv,
et 6*k äue'QiOxuv , noiel xo noiöv ....ei eft ov xa&' iavxö, rj o^^ffii iaxl
ftövrj xal noiei xa ngög xi, rj xaxa oxiaiv äXXoov voetxai xal noiel xttg
Xomag ?! xaxrryoglag , xeaaäqwv yap oiaoöv anXiäv xaxr\yogtmv , ovoCag
noaov Tiotoii ngog xi, ix tijg avfinXoxrjg xovxojv at Xomal unoyevviäviui,
Ü ovolag xal noaov xo nov xal noxe , i'i ovOtag xal rtowv xb noietv xal
7iärf%eiv , i$ ois(ag xal xtäv npög xt xb tyetv xal xb xeta&ai. Ebenso Am
nion, ad Cat. f. 123 a.
149) Philop. ad Cat. b. Br. 39 a. 33.: Statgeixai Se xb ßißXCov eig xgia,
etg xa tiqo xtäv xaxrjyoQiwv , eig rag xaxrjyogtag avxctg, xal etg xa jxexa
xitg xaxtjyogCag .... (9) tlxa äiSaiei negl avxwv xtäv Sixa xaxriyooimv Xal
vaxepov iv xw xiXet, StaXe'i'exai. negl xtäv fiexa xag xarnyopiag.
652 XI. Die Commentatoren.
wieder; ein hauptsächlicher Gegenstand der Controverse aber war, unter
welche Kategorien die Bewegung (Anm. 26) gehöre 150). Die Erklä
rungen über das Verhällniss zwischen erster und zweiter Substanz ga
ben Gelegenheit , hier wieder den Hauptinhalt der Isagoge einzufügen,
und es erhob sich da die Schwierigkeit, wohin der arlmachende Unter
schied zu rechneu sei, welcher sich zuletzt bequemen rauss , der Sub
stanz beigezählt zu werden151); ja es wird auch hier ähnlich wie oben
(Anm. 136) an die Tabula logica, um deren willen die Kategorien mit
einer „Tiefe" und einer „Breite" ausgerüstet werden, vermittelst des sog.
Dictum de omni sofort die Syllogislik, nemlich die erste Figur, geknüpft152),
worin abermals jene einzige Bücksicht, welche nun waltet, nemlich jene
auf den Umfang der Begrifl'e, ausgedrückt ist.
Betreffs der Lehre vom Urlheile könnte auch die Terminologie her
vorgehoben werden, dass für sie der Satz, welcher in der Syllogistik
nQotaaig heisst, cmotpctvoig genannt werden solle, sowie das Wort, wel
ches dort ooog heisst, hier q>doig oder ovofiu und ^fta153). Ausser-
150) Simpl. ad Cat. f. 35//.: xai eoixe noXXr\ Tig ä[t(tißoX(u yeyovevai
negi rijV xtvnotv , elneQ ol fxlv vno tö noög ti avtr\v avayeo&aC if udir,
ol de vno nXelovag xuTr\yonlag iv tag HemoeTrai .... äXXot di Tiveg tö Sur
vufxei xcd iveoyeCa xotvmg ini nävxmv xmv yeviov &etoQovvreg ir^v xlvnaiv
... xoivr\v elvai räv de"xa yevtiv (faoiv, ol Se iv np noieiv xai na<s%uv
avrijv xataiäiTovai. Vgl. 77//. u. 78//.
151) Amnion, ad Cat. f. 48 b.: al namrat ovolat vnöxeiVTUt naaiv, all'
oh% Ofiotwg, roig /*ev yan noög vnaoi-tv, lovitGu TOig oufjßeßnxöoi , roh
de noög xaT-nyonluv, xovTiOTi iaig xa&oXov obaCaig. Dexipp. b. Br. 52b. 16.
AUL' el firjre ovtlla tariv r\ diatioqa firjie av/xßeßnxög , aXXo Si ovalag r.m
OvfißeßtjxÖTog, ovde eaxi diatfooa tqCtov nurtu yan rä ovftt j) xa&' inoxei/
ie'vov iailv ij iv ynoxeifiivoi , ^ yica ovatai eialv rj ovftßeßrjXOTa' il
oitv Iv fxndeTiom iovxiov ruxiiov xr\v äiaifooav, nov xaTazäSo/j.ev aviqv;
eiai ftiv ovv noXXai noög tovjo Xvaetg. Amnion, a. a. 0. f. 52a.: Tiveg ouv
nqög roiid ipaoiv ort romd elßi tujv diaifoomv r« fi"«f>;, xai al fiev «üxmv
elOi ftäXXov oittCai ijnen av/ißeßrjxoxa , al de ftäXXov avftßeßnxÖTit
ijneQ obalai, al de fifamg niog t/ovoiv, (äg ädnXov elvai nöieoov av/Aßeßijxöia
/ä&XXov avTäg einmftev »; ovoi'ag ort di ovoCai elaiv öfioXtryovfie'vmg
al diaqpooai, dfjXov fjev ix ioü nvftnXtjQmTixag elvai aüritg eliäv
xai ovmmdug xai' avTmv xaxiiyoqeiOfrai.
152) Amnion, a. a. 0. f. 33 a.: al xainyooCai xai nXärog e%ovot xai ßtt-
&og , ßä&og f*ev tt)V elg ra /teoizioTena airäv noöoSov, nXaiog äl ir\v eis
rä nXayia [lexadraoiv , oiov iva ßü&og fiev Xaßng o'utid ttjv oiolav xai
t6 atüfiia xai tö Ifii/iv/ov xai tö ffpov xai ovTiog l<f,ci;ijg, nXdvog tff, orav
ä'ie'Xng tt)V oiaCav elg amfj.a xai aoolfiaiov ' 6 liiiiaTOTtXng ovv xavova xcti
tov nXaTovg xai tov ßä&ovg ijfilv änodiäioai ... fffrt J" ö xavmv ovros'
oiav noojTov ifevie'nov xa&' inoxetfih'ov xazvyogijT ai xai deviegov tqi'tov
xaS-' vnoxeifievov xaznyooijTai, Tore xai tö notorov tov tqCtov xa&' inoxeifiivov
xaTrjyoQtjlh'ioeT ai.
153) Amman, ad Ar. d. interpr. f. 5 a.: <f<ö Tovg änXoig Tovrovg Xöyovs
xaTa jjiev TrjvSe tt)V nqayfxaTeCav avTovg xaih' avToiig &ea>od>v dg änoqavaeig
fiövov IniaxixpeTui xai oi% tig nooTaaeig , iv <f£ toi""? HvaXvuxoU
tag f^e"QT) tojv tlvXXoyiouajv naQaXa/xßavo>v tifia xai lüg nnoTaoeig elxoroK
aiitäaei tsxoneiv. Philip, ad An. pr. f. V a. : Iot4ov fiivioi 8zt bqog xai tfttatg
xai änXfi iftovr) xai bvo/ua xai qfifia to) fiev vnoxeifiivit) TtwTÜ id'<,
Trj a^taei de äiaif e'Qovrsiv ' Stuv fiev yaq mg tlvXXoytafiov [if.nog Xa/tßttv>r
tai, oQog XfyeTat , Brav de mg (tioog nnoTaaemg, tf aoig, otuv de mg i"oxetfievov
iv Tp ngoTaaei, bvoua, oTav de mg xaTtjyooovftevov, oTW
de tig (pmvrj anXmg OnfiaVTixrj, ünXij tpmvrj.
XI. Die Commenlatoren. 653
dem wird überall das logische Urtheil in jener Weise, in welcher wir
diess schon oft sahen, den übrigen Satzarten gegenübergestellt, und in,
Bezug auf die Theile des Urtheiles die Partikeln sämmtlich als blosser
Kitt der Worte (Abschn. X, Amn. 7) ausgeschieden 154). Dem kategori
schen Urtheile tritt das hypothetische in seiner doppelten Form vermöge
des „ti" und des „ij" (es wird auch das TtuQadislsvy^iivov erwähnt, s.
d. vor. Abschn., Anm. 33) gleichfalls in der ganz gewöhnlichen stoischen
Schulmanier gegenüber 155). Die Hauptsache bildet auch hier die Erör
terung über die Arten der Urlheile und deren Gegensätze ; während eine
Controverse geführt wird, ob bezüglich der grösseren Schwäche eines Ur
lheiles (jjMprav) im Zweifelsfalle die Qualität oder die Quantität den Ausschlag
gebe 156), wird andrerseits alle Sorgfall auf die Zahl der möglichen For
men und Entgegensetzungen verwendet, zu einer solchen Berechnung
aber nicht einmal ein überall richtiger Ausgangspunkt genommen (z. B.
mit Beiziehung des Unmöglichkeits-Urtheiles doch nur drei derartige For
men gezählt); uud ebenso wird, offenbar nach Porphyrius, an eine Ta
belle der vier Hauplformen des Urtheiles (allg. bej., allg. vern., parL bej.,
part. vern.) in peinlichster Ausführlichkeit und formalster Auffassung (s.
Anm. 79) die Zahl der Stellungen der Negation und bei allen möglichen
Quantitäts - Verhältnissen das gegenseitige Wahr- und Falsch-sein unter
sucht157); die Früchte dieser Thätigkeit des Porphyrius werden wir
154) Amnion, ad Ar. d. interpr. /'. Ha.: togneg yäg Trjg vetög ut fiiv aavlfie
; eidl tcc xvoCtog fie"Qr] , yö/iqoi tft xul Xlvog xai nCxta. avvSiaetog avtiöv
xai riji tov oXov evtöaeoyg evexa nat>aXajußavovTai, tov avrbv Toonov
xai Ttö Xöyto aivfietSfioi xai «p#p« xai JlQO&eOtis xai avra r« iniQortuaTa
yöjxqtov Tivtöv /geiav änonXrjoovai, fieor) Se ovx äv Xeyono ätxaCwg.
155) Ebend. /. 4b.: ngbg Ttö xai aXXtag jag vjioO-trixag änoif dvoug Ix
Ttöv xaTTjyogixtöv rrjv ye"veo~tv i%tiv' riXXrjg y&Q nobg aXXrjV xairjyoQtxijg
nooTatsetog rj AxoXovIUav rj SiäaiaOiv atjfxaCvovai awStovatu avräg nobg
&XXr]Xag fj to) tsvfinXexTtxtö rj Ttö diu£evxTixtö n qogayoge vo/^e"vo> awds'o'fia).
Ebend. f. 54 a.: ot vno&ectxol navxeg Xeyöfievot Xöyoi ...ix nXeiövtav fiiv
eloiv ctnXtöv Xbytov , ivovfxtvoi öi vnb tov Gvvamixov noogayoQtvofitvov
avvdt'auov. l'lälop. ad An. pr. f. VI b. : tov yäg „ij" OvvSeOfiov ov äiit£evxtixöv
aXXcc 7ictQaäta£tvXTtxöv Xrjijjöfxe&a ävrl tov „xai".
156) Amman, a. a. 0. f. 72 a.: ävo /uiv xaihoXov, b näg xai b ovtfet'g,
ävo äe //.(qixoC, b Tlg xai b ov nag. Ebend. 214 a.: oväa/uov fitvToi noir\o~exai
uvei'av rj rtuv aätogt'OTOJV »/ Ttöv xarä fie'oog mg t/ovatöv Ttva ngbg
aXXtjXag tvccvrliadiv. Leo Magent. b. Hr. 113 b.: /eigoveg äe Ttöv ngoTÜaetov
Xiyovrm abtut, ijyow rj xig xai fj ov näg, ätä to äel Ta uegtxa %e(Qova
elvui Ttöv xatföXov ... ol äi UXaTtavixol fiij ngbg to fiegtxbv xai xufroXov
anoßXe'tpuvTeg aXXa ngbg unagSiv xai avvnanZiav xrjv filv Tlg elnov %e(-
oova Trjg nag ... trjv äe oväelg eXeyov %tCoova elvat Trjg ov näg ... itvatgovvreg
oiiv Tovg IIXaTtovtxovg Xeyofiev ort inl Trjg Xoytxijg ngayfiaTtiag
ovx inäq^eig xai ävvnuqit'ag (TjTovptv, äXXtt xa&6Xov xai fientxä, xai diu
tovto Xtyofitv tu /j.eqixä %tli>ovu tiöv xad-öXov.
157) Amnion, a. a. 0. f. 72b.: ttvaif aivovTai ovv r/fiiv Ix Trjg fiiaiot'atiog
tov vnoxiifie'vov T^TiaQa elärj tiöv Iv nooTaataiv avxi&t'aitoV Ttöv xafhtxaaTa,
Ttöv anQogäioQldTiov , Tr«»» xaSöXov ijroi xa&oXov tag xu&öXov , xai
Ttöv xa&öXov ,U)j xafhoXov (73 a.) xai txVTifitat Qt trat nqbg fiiv TtjV
anXiög xa&6Xov fj xaiHxattxa, nqbg de tt\v xa&6Xov tög xa&oXov rj fieoixi)-
. . . anb dY ye tov xaTTjyoQovue'vov t«üt« nävTa xä t^ttko« ettfr) TQinXaatct&
afhat (jrjTe'ov Inel yctg ... %oovog Xa/LtßaveTBi Tgi^tög , xttTa to nage-
XrjXvS-bg, to tvedrbg, To fie~XXov , drjXov oti Ttöv t£ttbo(ov elStöv Ttöv ngo-
Tciaetov ixaOTov TQtxtög noixCXXetv anb tov xaTtjyoQovfie'vov tfvvaiöv. ....
654 XI. Die Coramentatoren.
bei Boethius treffen. Die Lehre von der Umkehrung erscheint bei den
Commentatoren natürlicii nur in der Analytik, wo sie Aristoteles bespricht ;
den Unterschied zwischen avTiatQotprj und avaßrQoqnj (s. Abschn. IX,
Anm. 95) finden wir wohl erwähnt, aber nicht ausführlich dargelegt ;
schulmässig einfältig ist es, wenn um der Gleichheit willen auch von
einer Umkehrung der Begriffe gesprochen wird, welche in den Katego
rien zur Anwendung komme, geradezu läppisch aber ist der Zweifel an
der Umkehrbarkeit des allg. vern. Urtheiles, welcher durch das Beispiel
ausgesprochen wird : „Keine Wand ist in einem Nagel, also ist auch kein
Nagel in einer Wand" 15 s). Bezüglich der Möglichkeits - und Nolhwendigkeits
- Urtheile ist zu bemerken, das für diese Verhältnisse hier der
Ausdruck rgönof (modus. ..modal"! gqhr;mcht wird.-1 5 \
In der Lehre vom Syllogismus herrscht das gleiche Motiv der fortnel
fie exdoiijv Ttäv fitöfiexa tovxiüv avji&t'aetov tqiyw; XaftßäveaS-ai fiv-
Vttiov xaxa rag TQeTg vXttg (nemlich p. 71b.: retviet; oe rag Gyiatis xaXov-
OiV , olg tftiXrjae rri; rovKav TexvoXoyCag , T(Sv Trnojaaetov ilXag xal elyai
avTtäv (faoi TTjV pev avayxaiav ttjv fie äfivvajov rt)V fit ivfie/o/x^vtjv) , ff
xitl TQtecxoVTu yt'vtalrai avfußaCvei Tag näoag avitöv ävTi&taeig tÖQiafxe'vQv
ovTog tov vnoxei/j.e'vov. jairatg fit laug äväyxt] y(vea&ai rag ig äoQ(arov
vnoxeifitvov , x«#' exäarrjv yitQ Ttöv taQiafie'vtff xQtoutviov Tfp vnoxajitviQ
tö aQvrjrixbv fxÖQiov t$ v7i oxei/j.evti> nnoglHig ifjv [$ aooCaTov notrjOetg,
wäre fivo xal ißfiourjxovta ytvea&at. jag näaag aVTi&e'oetg Tt xat uvxitfäaeig.
p. 75 a. wird zur Erläuterung der vier gewöhnlichen Urlheilsformen folgende
Figur gegeben:
ovfielg avfro.
ntQinaiet
näg äv&Q.
ntQmaret
IvavrCcti
ilg iiv&Q.
neomaTel
vnevavrlai
ov näg itv&Q.
nSQlTlttlSl
158) Philop. ad An. pr. f. Clllb. : TQetg vnaQxovaiv ävTiOTQOtial, ft(a fitv
ij tv oooig , fiivitga fii i) tv nnoxaaeat , tq(ti] fit t] tv avXioyiauq) • aXXä
negl jj.lv tijg tv roTg oooig avriajootfrig eiQtjxev iv KuTrjyooCaig, Star iXeyev
to laov iOfp ioov, negl fie rijf tv nooTaaeoiv ävTtOTQutprjg eJnev iv
r«ji jrpw'ißj i.6y<[> Tiov nooriotav HvaXvTixmv , viiv fit ßovXeTai einelv nepi
rijs aVTiOTQOfprtg rrjg tv avXXoyia/x^. Ebend. Cl b. : fiituftoei fii avattt Qotfif
ävT lOTQoqiijg , oti 17 ftev avTiOTQotf i) fiera tov awaXijfreveiv yCvsjm, jj äk
üvaOTQOif ri ov naVTtag. Ebend. f. XIII b. : XafißavoVTai fit Tiveg rfjg ävTi-
OTQoapijg dg iir) äXrjä-evoüßjjg xal fiiä naQttfitiyfxaTiav tXfy/iiv ntiQÖiVTtti
tov Xoyov XiyovTtg oviojg' ovfielg Tol/og iv naTTaXip toTiv tovto uXrj&e's
iativ &Qct ovv , ff aal, xal ävTiaTQiifjavTeg iiyitög ano^aivöfii&a „ovfielg
naTTaXog iv toCxq".
159) Amnion, ad Ar. d. interpr, f. 171 b. : TQonog fiev ovv ton tfmvri «fijixalvovou
Snmg vnctQxei tö xaxtjyooovfievov Ttj> vnoxeifie'vfp, oiov tö tc/^<u?
xiTTaoag fie fiovovg^ 6 !4Qiai0TiXijg naQaXa/ißavei 7ioög Tt\v &eiop(av
Tiäv fitTa tqÖtiov itQOTaaeiüV, tov avuyxalov, röv ävvaTÖV, löv ivfiexofievov,
xal inl tovtois tov afivvarov.
XI. Die Commentatoren. 655
malen Aeusserlichkeit, daher es selbst diesen Erklärern des Aristoteles
an allem Verständnisse der Bedeutung der Induction gebricht, und gegen
dieselbe sogar ausdrücklich vermittelst des in der Schule traditionellen Bei
spieles (Abschn. VII, Anm. 9 u. Abschn.X, Anm. 17) polemisirt wird160). We
gen des Uebergewichtcs, welches auf das Beweisverfahren gelegt wird,
tritt auch hier die Erwähnung des princ. conCrad. oder excl. terlii (s.
Anm. 22) hervor, und bei der Erklärung des aristotelischen Causalitäts-
Schlusses (Abschn. IV, Anm. 665) stellt sich, seihst ein Vorspiel des
princ. causal. ein161). Auch die Unterscheidung zwischen aualytischem
und synthetischem Verfahren (Anm. 23) erscheint hier schon sehr schulmässig,
und zwar, was bezeichnend ist (vgl. Abschn. IX, Anm. 81), mit
Hinweisung auf die Mathematik 1(i2). Völlig an das Verfahren bei der
Lehre vom Urlheile schliesst es sich an, wenn umständlich die Zahl der
möglichen Combinationen der Prämissen gesucht wird163), oder wenn
die Schlussmodi dadurch vermehrt werden, dass das in der Quantität
nicht bestimmte Urtheil eine selbstständige Stellung erhält, noch dazu
mit der Bemerkung, dass es dem particularen ja doch gleichstehe164).
Aehnlich wird die aristotelische Erörterung über Wahrheit und Falsch-
160) Üavid ad Porph. b. Br. 18 a. 36.: ovx aXrj&evei nävTojg ö Xöyog 6
ix rtöv fj.eqixtoV rtt xa&6Xov XttVovttyaV tu yäq Xiyttv Sri 6 avS-Qtonog Tt)V
xärto yivvv xtvel, 6 Xnnog Ttjv xarto yivvv xivei, nüv aqa (tjiov rf/v xütio
ye"vvv xivtt, ovx äXij&evti' ovts yao 6 xqoxödeiXog ovre oqod'i!; tö öqveov
ovre 6 dtXtftvog rijv xäivj yivvv xivovdtv äXXa tt)V avto.
161) David ad Cuteg. b. Br. 23 a. 16.: 6 de ^AoißioriXr\q di' evög xal tov
avToii int/eiQrjfittTog iXe"y%et (sc. tovg IlQOJiayoQtt'ovg) d'icc rö uiCtofia rrjg
aVTitfiatsttog ' tl yttQ oi fiev narret i[ttv<fij do£tt£ovßiv ol de nävTa aktjlrfi,
ctvitq ttOig tö toiovtov, ovde'noTe de r\ &VT((fttOis owaXtjtrevei. Philop. ad
An. post. f. 30b.: tö dt rijj aVTttfäaeojg äSito/xa inl nävrtov fiev T(Sv öv-
Tiov xal firi övrtov dttttqei tö ipevdog xal lijv aXqüetttv. Ebend. f. 37b.:
ix yaq tov ahlov tö aiTiaröv dtixvvTut (38a.) tov (*iv uItCov ovtog
xal tö aiTiajov eOTt, tov dt ahtaTov oVTog ov ncivrtog tö tuTtov.
162) Philop. ebend. /'. 35 b. : aväXvatv de xaXovatv ol yeto/xe'TQat. TtjV
tvoeoiv Tiäv nqoxäottuv dV tov ovvrj%&n tö aXrj&eg Gvfine'oaafitt , olov el
TTQOTe&eCn rjutv av/j.niqaa/jä ti aXrjäeg, ort rode TQiytovöv eanv laonXevqov
.... u avaXvatg de eunaXtv t%tl TV Ovv&ittti , XaßoVTtg yao tö tiqöreqav
fyTovpevov täg öf.toXoyov/*tvov , oti Tode TQiytovov ißriv laönXevqov,
(tjTovfiev TCveg av elev td nooTaaetg dt' wv tovto xaTeOxeväa&tj, Xva t'S
avTtöv ävcdvovrtg tvqojfitv ttiiTctg, etog ob tfSamofiev eig riva öfioXoyovueva
xal Tag ÜQXag rijj yetofieToittg.
163) Schal. Aium. b. Waitz, Ory. 1, p. 46.: rgiaxoVTtt ?f Ou£vyiat elalv iv
ixdoTtt) rtüv a^tifiaTtav dt' ahdtv rotavT^V ttväyxt] Tag Tigoiäaetg ... ij
öftoetdetg elfat ävo^oetdetg xal el [iev 6/*oetdeig eitst yCvovTat dtodexa
äiatf-oQttl, ij yat) atxtf ta xnftöXov eial xal TiotxCkkoVTai xaxä lö noiöv
TfT£>«£euff ... tögttvTtog xal tnl tiöv fieoixtSv xal Inl tojv änoogdiOQtOTüjv
uva TiaattQttg yt'vovTat xtaä töv airöv rrtönov' tl de a/.itfoj avopottdeig
eltst, 6xTtt%tög notxCXXovTttt (der Schluss fehlt).
164) Philop. ad An. p,r. f. XXI a.: (bei d. 1. Figur) ^«»' toCvvv iv tij IXüttovi
nqoTaaei avtl Trjg fitQtxfjg naoaXtißojfttv anoogdiÖQiOTOv xaTutfaTtxr\
v , aXXai dvo yCvovTtu avXXoyiorixal nvCvytai ... äare näaat, .. ai iv
TtS nQüjTto a/y/taTi ?f elotv. f. XXV b.: (bei d. 2. F.) iäv di inl Ttjg iXÜTrovog
fteoixfig ovOtis nooTtiattog anoogdiÖQiOTOv Xaßtafxev ... tag laoävvafiovatjv
Ty ueQixß ... yevriaovTttt aXXai dvo avXXoyiOTtxal av£vy(ai. f.
XXX a. : (b! d. 3. F*.) el de änQogdiÖQiarog , ytvovxai aXXai Tiooaqeg avXXoyiOTixal
av^vytai.
656 XI. Die Commentatoren.
heit der Prämissen (Abschn. IV, Anm. 612) formal vervollständigt 165).
Betreffs der hypothetischen Schlüsse finden wir bei den Commentatoren,
abgesehen von jenen zahlreichen Berichten, durch welche sie uns als
Quelle über Früheres dienten, als theoretische Notiz über jene Zeit die
Aufzählung der fünf stoischen avaTtöSuxroi, (nur mit Wechsel in der Reihen
folge derselben), welchen jedoch als sechster Modus der theophrastische
Schluss öi oXatv VTto&etixmv (Abschn. V, Anm. 60) als ein von Alexander
Aphrod. erfundener hinzugefügt wird106); eine andere Angabe hingegen steht
völlig auf jenem Standpunkte, welchen wir bei Boethius für diesen Theil
der Syllogistik treffen werden; es wird nemlich dort zunächst davon
ausgegangen, dass in dem einfachen hypothetischen Urtheile sowohl der
sog. Vordersatz als auch der sog. Nachsatz entweder bejahend oder ver
neinend sein kann, und hiernach werden die möglichen Fälle des syllogistischen
Untersatzes angegeben, je nachdem durch denselben entweder
der Vordersatz des Obersatzes ponirt oder dessen Nachsatz aufgehoben wird;
und sodann werden jene hypothetischen Schlüsse, welche aus drei Termini
bestehen, d. h. wieder eben jene cV olav, nach den drei Schlussfigu
ren des kategorischen Schlusses entwickelt; die sog. disjunctiven For
men aber, welche bei den stoischen avanöStiHTOi als eigene Modi auf
treten, werden hier nur als eine andere sprachliche Ausdrucksweise der
hypothetischen betrachtet 10"). Ueberhaupt aber können wir bei dem
165) Elcod. /'. lCa.: iariov ort untoimn^at xr\v ix Ttjg fitl&vog \ptväovg
xccxcaraxixijg xrjg äi iXÜTTovog ctXi)S-ovg anoq.ctTixijg xccl tx\v ix itjj
(itl£ovog «Xrj&ovg xamqai txtjg xrjg äi iXanovog tfitväovg ctnoiparixijg.
166) Bei dem Anon. negl ovXXoyiojiojv (b. Philop. ad An. pr. Venet. 1536.
fol.) findet sich, jedoch offenbar von anderer Hand als das Compendium selbst
(s. Anm. 184.) ist, mit Vorausschickung einer Angabe über die Terminologie (es isl
die gewöhnliche) die Aufzählung folgender hypothetischer Schlussweisen: ngmo;
rgönog iariv b xura awi/ttav oictv Ttj Öiati tov rfyovuivov tlgüytTcu ti
inbfitvov. ätvxtgog . . . oiav xij ävaigiatt> xov inoftivovavcagttxcci xb r\yovfievov
xgCxog xgönog ioxlv b xaxit ätä£tv$iv, bxctv inl rdSv äfiioiuv
{tvxixufiiviav Xufißävrjxm ij inl xtöv ipixiatov xäiv toQiOfiivov ixövxwv xo
fxiaov , 6 9-ioti xov h'og ctvcugäv to Xombv ij xa Xoijiä. TiragTog o
xaxit äiä&vfiv 6 xrj avuigiati tojv Xomäv ij tov ivbg tlgüyiov xb Xomov,
bg xetl avxbg inl xüv äfiioojv ävxixtifie'vwv Xctfißavtxat r} inl xüv mgiafievov
ixovxmv io fiiaov' nifinxog ... 6 ptxa GvjinXoxr\g xi\g ¬faatisi<;,
bg fj inl xäv &vxixtijxiv(ov Xa/xßavtxai xtov iyövxtov xb fiiaov aöoiaxov y
SXiog oix inl Ttov &vi ixtt ftivtov , bg xiä xij ftiott xov ivbg ctvitigti xä Xoina.
txxog ... 6 i£ bXtov vnodiattov bv iqtvgtv AXigctvägog ö Atfgodiauv;.
Schol. Anon. b. Galen. Etgay. ätaX. ed. Minus p. 92. : ot vno&STixoi avXXoyiOfxol
tiaiv {'£" eis ftiv xctl Ttgtöxog 6 xij liiati xov iyyovfiivov xb inofxtvov
avvei gtfigtov ätvxtgog äi b xy «vatgiati xov enofiivov xb ijyov-
[itvov uvatgtSv ... xgCiog äi b fitxb. ctnotfäattog noitöv xrjV ätaigeatv —
xixagxog äi o ix äia£tvxxixtov ijj inoittoet, xov ivbg ävitigtöv xb Xombv ij
xä Xoina nifinxog b rji avctigiatt xov ivbg ij xtov Xoinöiv xaxuoxiva-
£wv xb exegov .... 'ixxog ö i$ bXwv inofliaetov nooeozopevog.
167) Schol. Anon. b. Waitz, Org. I, p. 9.: iv xoig vnoOtxixoTg GvXXoyiOftolg
ngbixoC tiaiv ol ix ävo oqcov Ovvrjfiftivoiv r[ äiaXtXvfiivtov, fixa ol h
xqiiöv ovo avvrjfjfiivoig ogoig yCvovxai avXXoyiafioi' Tiaaaotg äia Tijg M
tov TXQÖTtQov InavoSov xctl xioactotg Sta xijg inl xov ia/axov . . . oiov il
xb A, xb B ' inavodog' xb A oV' avfinigao/xw rb B aga. tlxa ti xb A,
ov xb B' xb A äi' ov xb B agec. näXiv si ov xb A, xb B' ob rb A Si'
xb B aga' xiiagxov ti ob To A, oväi to B' ob to A äi' oväe To B ag«.
inl xbv ätvTtgov inävoSog' ti to A, to B' ob to B äi' oväi xb A agu.
XI. Spätere griechische Compendien. 657
Mangel an griechischen Quellen die Lehre von den hypothetischen Schlüs
sen hier nicht vollständig erörtern, sondern müssen die Darstellung der
selben auf Boethius, welcher hiefür nur aus griechischen Autoren schöpfte
(folg. Abschn. Anm. 139), verschieben168).
Endlich wurden aber auch in den letzten Jahrhunderten des Griechenlhums
Compendien der Logik zum _Gebjay«cJh.e in den . Schulen _angefertigt
Schon^ G r e^THMröTTTTäTi a nT (i. 4. Jahrh.) schrieb"einen Aus
zug des Organons 16<J). Erhalten ist uns die sogenannte Dialektik des
Johannes Damascenus (in der Mitte des 8. Jahrh.), in welcher
nach einer christlichen Einleitung thqI yväßsoag, woselbst die Philoso
phie als snjyr) yvmßecog bezeichnet wird, und nach der üblichen Einlheilung
der Philosophie zuerst über Substanz und Accidens, dann (in christ
lichen Anschauungen) über qxovr), und hierauf über Eintheilung und De
finition mit der gewöhnlich üblichen Angabe der verschiedenen Arten
beider170) gehandelt wird; sodann aber folgt ein sehr ausführlicher Aus
zug aus der Isagoge des Porphyrius, dann die Angaben über Homonym
u. dgl. (auch Tiokvävvnov u. eteQmvvjiov), hernach ein Auszug aus dem
Compendium der Kategorien (bei der Substanz tritt die christliche Speculalion
wieder hervor); am Schlüsse wird nur mit einigen Worten das
Urtheil und der Syllogismus ohne alle Angabe einer Doctrin hierüber er
wähnt, und noch die bei den Commentatoren üblichen sechs Definitionen
eha el to A, ov To B' to B oV' ov to A apa. tri ei ov ib A, ib B'
ov To B 64' to A «p«. lerapToj' el ov to A , ov t6 B' tö B oV' xai jö
A ä'pre. ffijj tois ix avvrj/j.fie'vtav ogoiv ol ix SiaXeXvfiivwv elai avXXoyiafiol,
(ov r) inävoäog iq?' bnötenov av tv/y) , oiov et {'( aväyxrjg to A rj to
B , ftfj iOTt y*f tö ß , tö A <Vp«, rj fit) eon di to A , to B «pre. ix <ff
toiwv ooiov ovvrjfi^ie'vwv bxrtb [tiv avXXoytaftoi b*iä rrjg ini tov tiqoitov
inavöäov, öxtio dt u*i« rrjg ini tov varegov oiov tag ini kvbg TQÖnoV
et to A, to B' et to B, tö jT- ei to A «p«, tö r. to a/ij/ja tiqütov
.... fievregov fie a/r/fia iv (i b ovvayiav öoog rrjv avTr/v l%ei a%e"aiv nobg
exiiregov tiöv auvayo/xe'vcov xu&b rjyehai iv exaTioa) avvrjft/j.e'vio, nXrjv iv
/jev tiS It^qü) xnTct<fttTiX(Sg iv äe Tip irigto anoo?aTixäg ... oiov el
to A, to B' ei oi) to A, to T' el ov to B «p«, rö r tqCtov a/r]jj.a
iv io b avväyoiv bgog . . . Xrjyotv iv exctTt'Qip Tip awfjfiftivtp .... otov
el to A, to B' el to r, oi to B' et to A «p«, ov to r elaiv ol
TQÖnot oXTti) tov äevTioov o^iJjUaTOS xai tov tqCtov oxti».
168) Cramer Anecd. Par. 1, 390. führt aus einer Handschrift folgenden Titel
eines darin enthaltenen Buches an: lleoi vnofreTix<5v avXXoyiaptäv ix tov fiovoßtßXov
'Afifiioviov. Nach der Art und Weise des Ammonius dürfen wir schliessen,
dass wir hier vielleicht am ehesten das Original der Arbeit des Boethius träfen;
jedenfalls hätte sich der Abdruck dieser Mouographie ebensosehr gelohnt als der
so mancher Lappalien, welche in Cramer's Sammlung sich finden.
169) Nach Lobbe Nov. bibl. p. 113. in der Pariser Bibliothek handschriftlich
vorhanden.
170) loh. Damasc. Opp. ed. Paris. 1712. I, p. 15.: ötcaoeTixoi el* Toönoi
elaiv öxtoj .. näv yaQ SiaiQovfievov rj xa&' avTo fiiatgeiTai rjyovv xar'
ovaCav'rj xuto. Ovfißeßrjxög' xai ei (iiv xaü-* amb , rj ojg noäyjia rj (ig
(f dovr) ' xai et dg nQäyfxa rj <ag yivog elg etdrj . . . rj iög eläog elg ÜTOfia .. .
fj dg oiov elg ^ufpij, xai tovto Oix<äg, rj elg bfiow/teorj rj elg avofioio^eQr]
. ... ij iög b/xavvfiog (fiovfi eig Siäqiooa arjfiutvoueva , xai tovto näXiv ät-
X<3s, rj yaq oiov ti arjfxaCverai vnb rrjg (piovrjg rj /xtgog .. . . xaTa > Ovftßerj
iög avfißeßrjxbg etg ovfißexrjXOTa. p. 18.: ovvCOTaTai äi b bgiOftog ix y{-
vovs xai avo"TaTtX(öv äiaqsoQwv (p. 19.) r) äe vitoyQa<pr\ ix t(3v inovaimämv
avyxeirat.
Piiktl, Gesch. 1. 42
658 XI. Spätere griechische Compendien.
'der Philosophie und die vier Theile der Logik (s. Anm. 122) angegeben.
Eine Zusammenstellung der Kategorien von Photius (in d. zweiten
Hälfte des 9. Jahrh.) scheint in mehreren Handschriften zu existiren171).
Von dem oben erwähnten Michael. Psellus (s. Anm. 110) besitzen
wir eine höchst armselige Hvvotyig rcöv nkvxt qwwmv neu zwv dexa na
TTjyoQiäv in Verbindung mit den gewöhnlichen Erörterungen über die
sechs Arten der Philosophie172), und ein Compendium der gesammten
Logik (Zvvotyig slg rrjv 'AqidtOTslovg loymrjv inKSvrnvqv) in fünf Bü
chern113), deren erstes von der Dialektik im Allgemeinen, dann von
den Theilen des Urtheiles , vom Urtheile selbst und von der Entgegen
setzung und Umkehrung derselben , sowie von dem hypothetischen Ur
theile174) und der Aequipollenz, auch von den modalen Urtheilen175) han
delt ; das zweite ist ein Auszug aus der Isagoge, das dritte handelt zuerst
von Definition und Eintheilung und gibt dann einen Auszug aus den Ka
tegorien ; das vierte geht von einigen Notizen über das Urtheil schnell
zur Lehre von den Syllogismen mit Einschluss der aus Nothwendigkeitsund
Möglichkeits-Urtheilen gemischten sowie der hypothetischen Schlüsse170)
über; das fünfte enthält die Topik, offenbar aus Themistius; es ist übri
gens diese £vvotyig die Quelle der Summula des Petrus Hispanus. Von
Nicephorus Blemmides (in d. Mitte des 13. Jahrh.) haben wir
ausser einem armseligen Excerpte aus der Isagoge177) eine 'EnixofLri kayoeij?
178), relativ eines der besseren Bücher dieser Art, in welchem von
der Definition und EiDtheilung ausgegangen, dann in verschiedenen Ge
sichtspunkten über Philosophie überhaupt gehandelt und hierauf der
Hauptinhalt der Logik gegeben wird; zuerst stehen sämmtliche Verhält
nisse des Homonymen u. dgl. , dann erst folgt der Inhalt der Isagoge,
hierauf jener der Kategorien , dann die Lehre vom Urtheile ausführlich
in der Weise des Porphyrius oder Ammonius, dann die Syllogistik gleich
falls mit Aufnahme der hypothetischen Schlüsse179), hernach ein Excerpt
der Soph. El., zuletzt noch eine Zusammenstellung der Arten der Ur
theile in Bezug auf ilircn Werth für die Schlüsse. Von Georgius Pachymeres
(im Anf. d. 14. Jahrh.) ist uns ein Compendium erhalten,
welches den gleichen Titel wie jenes des Psellus über die Isagoge und
die Kategorien führt, und auch an Werthlosigkeit demselben gleichsteht180),
und ausserdem eine Emrojiri r^g 'Agiarorskovg koymijg 181), welche in
der That nach einer Einleitung über die Philosophie und dem üblichen
171) s. I.abbe a. a. 0. p. 114. a. Brandis a. oben ang. 0. p. 235.
172) Zusammen gcdniclil Venel. 1532, 8.
173) Gedruckt in Augsburg 1597, 8.
174) p. 33.: itüv viroSerixüv nnoräaeav rj fif'v lanv £f axoXovd-i'as ij
dt avfinltxtix^ fj dt diu&vxxixri ... (p. 35.) av(inXixxixr\ loxtv . . . olov Xmxnärrjs
avayivmaxu xiti lIXarwv SittXiytrai.
175) p. 45.: üenl nQoxäattov XQontxäv ...?f xgonoi , olov avayxaitog
lvde%o/*t'vwi Svvaxüig äövväxiog aXrj&üg rptvämg.
176) es werden (p. 200—207) die gewöhnlichen fünf stoischen Modi angegeben.
177) mit obigem Psellus (Anm. 172.) gedruckt.
178) August. Vindel. 1650, 8.
179) es werden (p. 254—261.) jene sechs Modi, welche wir oben (Anm. 166.)
trafen , angegeben.
180) auch mit ihm zusammen gedruckt (Anm. 172.).
181) Paris. 1548, 8.
XI. Spätere griechische Compendien. 659
Excerpte aus der lsagoge einen fast stets mit aristotelischen Worten ge
gebenen Auszug des gesammten Organons (Cot. D. interpr., beide Analy
tiken, Top. u. Soph. El.) enthält. Aus unbekannter Zeit ist Gregorius
Aneponymus, wofern desselben hieher gehöriges Buch , nemlich ein
2vvomixov rijg cpdooocpiag awray^a, nicht dem Georgius Monachus
(in d. ersten Hälfte d. 10. Jahrh.) zuzuschreiben ist182); nach einer Ein
leitung über die Dialektik und der Bemerkung, dass ov nicht oberste
Gattung sei, folgt der Auszug der lsagoge und dann der Kategorien mit
Auffassungen vermischt, welche der Richtung des Porphyrius angehören,
dann die Lehre vom Urtheile, ziemlich nach Ammonius, hierauf die An
gabe der syllogistischen Modi und nun erst die Umkehrung des Urtheiles
vor der Reduction der Schlüsse , dann die hypothetischen Syllogis
men183), und zuletzt sehr ausführlich der Inhalt des zweiten Buches der
ersten Analytik, insoweit derselbe die Fehler des Schliessens betrifft, da
her hiemit zugleich auch der hauptsächliche Inhalt der Soph. El. ver
bunden wird. Ein getreuer Auszug aus der Lehre vom Urtheile und
aus der Syllogistik in Form eines Schulbuches ist der Anonymus IIbqI
avXXoyiß^äv 184), und ebenso haben wir ein gutes und genaues Excerpt
aus der ersten Analytik185); in ersterem tritt namentlich das Uebergewicht
des Umfanges über den InhalUdeutlich hervor, und das sog. Dictum
de omni et de nullo hat schon völlig die spätere scholastische Form180).
182) wie Leo AUatius , De Gregoriis (b. Fabric. Bibl. Gr. ed. Harl. XII, p.
120.) annimmt. Gedruckt ist das Buch August. Vindel. 1600, 8. mit einem dick
leibigen Commenlare von Wegelin.
183) es sind (p. 98 IT.) wieder jene obigen sechs (Anm. 166 0. 179.).
184) Gedruckt beim Philop. ad An. pr. Venet. 1536. f. XXXXIIfT. und in einer
Spec.-Ansg. mit Commentar v. Mich. Wolf. Jena. 1621. 8.
185) in Brandis' Scholiensammlurig p. 187 f.
186) f. XXXXIlb.: t6 CvTVani ^°"Tt ° Afyopev tlvai xaret nuvros xal
xctra ftrjäevos xal Iv oka> xal oix iv 67w .... t6 de iv oXtp xal ovx iv Slu>
ovSiv äitt(f{Qtt iovtojv , ei f*ri xarä jijV a^otv , to yäg xatu nai'Toc xal
t6 iv oX(j> tainöv ioriv.
42*
XII. ABSCHNITT.
DIE SPÄTERE RÖMISCHE LOGIK.
Dem eigentümlichen Berufe einer nur secundären und compilatorischeu
Tliätigkeit blieben auf dem hier zu betrachtenden Gebiete auch die spä
teren Römer um so mehr treu , als schon ihre Vorfahren in einer noch
frischeren Zeit auf jede selbsteigene innere Productivität verzichtet hat
ten. Und in solcher Weise übten auch die Bestrebungen der griechischen
Commentatoren einen Einfluss auf die römische Schultheorie der Logik
aus, indem griechische Produkte jener Zeit entweder direcl übersetzt
oder anderweitig durch eine excerpirende und compilirende Ueberlragung
in lateinische Form gebracht wurden. Vor Allem aber ist es die ver
kehrte und verstandlose Auffassungsweise des Porphyrius, welche auch
hier mächtig bedingend wirkt und hiedurch einen durchgreifend verderb
lichen Einfluss auf die nachfolgende Logik des Mittelalters behauptet.
Der weitere Verlauf wird uns zeigen, wie im Mittelalter sowohl der
coinpendiarische Schulbctricb der Logik als auch grossentheils die spitzlindigsten
ontologischen Erörterungen ihren ursprünglichen Ausgangspunkt
in jenem Materiale haben, welches durch Marcianus Capella, Boethius
und Cassiodorus den nächstfolgenden Jahrhunderten dargereicht war.
Und wieder in Bezug auf die Quelle dieser römischen Excerptoren oder
Compilatoren muss die Geschichte der Logik, indem sie hiemit zugleich
den Anfangspunkt der mittelalterlichen Scholastik bezeichnet, wieder an jenes
Stadium anknüpfen, welches in der griechischen Entwicklung gegen das
Ende des 3. und zu Anfang des 4. Jahrhunderts durch Porphyrius ein
trat. Nachdem wir daher im vorigen Abschnitte noch jene griechische
Abzweigung, welche durch die späteren Commentatoren nach Porphyrius
sich entfaltete, bis in ihre letzten, stets aber von lateinischen Bestre
bungen unberührten, byzantinischen Auslaufe verfolgt haben, kehren wir
nunmehr für die Entwicklung der fortan lateinisch auftretenden Logik
auf jenen eben genannten Zeitpunkt zurück, um jene Stufe zu betrach
ten, welche sowohl durch die äussere Form der Sprache und Termino
logie als auch innerlich im Principe oder vielmehr in der Principlosigkeil
eine weithin sich erstreckende Herrschaft ausübte und selbst durch die
erneuerte Kennlnissnahme der aristotelischen Philosophie, sei es vermit
telst der Araber oder sei es im Originale, nur im Einzelnen alterirt,
nicht aber priucipiell gestürzt wurde.
Bereits in der Milte des 4. Jahrhunderls, also nicht lange nach
Porphyrius, übersetzte der Rhelor und Grammatiker Marius Victoribus
die Elsayutyri desselben, und es sind uns mehrere Stellen dieser
XII. Marius Victorinus. 661
Uebertragung in den Werken des Boethius erhalten , da dieser sie mit
einem Commentare in Form eines Dialoges (in zwei Büchern) begleitete,
wobei nach Art der Commentatoren meist die Anfangssätze der erklärten
Stellen mitaufgenommen sind1); betreffs der dort erscheinenden Termi
nologie mögen hervorgehoben werden : praedicamenlum neben categoria,
Individuum, substanlia, differenlia constiluliva , subalternus. Ausserdem
schrieb Victorinus offenbar eine eigene Monographie über die Definition,
woraus uns ein Excerpt bei Isidor erhalten ist; es werden dort fünf
zehn Arten des Definirens mit Beispielen aufgezählt2), wobei die grie
chische Quelle selbst noch in der Terminologie erscheint. Ferner verfasste
er ein eigenes Buch De syllogismis hypolhelicis3), und wenn wir schon
hieraus schliessen dürfen, dass er wohl wahrscheinlich den ganzen Um
kreis der Syllogistik überhaupt behandelt habe, so wird uns diess durch
eine Notiz bei Cassiodor fast zur Gewissheit4), zumal da dieser auch
1) Boelh. Opp. ed. Basil. 1570. pag. 1 — 46. Wenn hid. Orig. II, 25. sagt:
nunc Isagogas Porphyrii cxpcdiamus; isagoga quippe graece , laline introductio dicilur
Isagogas autem ex graeco in latinum transtulit Victorinus orator, commenlumque
eins quinque libris Boethius edidit, so verwechselt er mit diesem Com
mentare zur Victorinischen Uebprsetzung denjenigen , welchen Boethius zu seiner
eigenen Uebersetzung der Isagoge schrieb ; denn letzterer wohl hat fünf Bücher,
jener aber nur zwei. (Noch heutzutage könnte die Ueberschrift der Seiten in der
Basler Ausgabe des Boethius den nemlichen Irrthum veranlassen.)
2) hid. Orig. II, '29. Die Ueberschrift des Capitels lautet: De divisione difßnitionum
ex Marii Victorini libro abbreviata. Dann folgt : Diffinitio est philosophorum,
quae in rebus exprimendis explicat quod res ' ipsa sit, qualis sil, et quemadmodum
membris suis constare debeat ; est enim oratio brems uniuseuiusque naluram
a communione divisam propria significatione concludens. Divisio diffinilionum
in partes XI1II. (/. XV.) habetur (ich lasse nun die zur Numerirung dienenden Worte
und Anderes weg, mich bloss auf die Namen der fünfzehn Arten und je ein Bei
spiel beschränkend) ... nvaidSrjg, substantialis nt, homo est unimal rationale
mortale tvvor\fittr>xrh latine notio . . . homo est, quod ralionali coneeplione et
exercitio praeest animalibus cunetis noiöx-nq , laline qualitativa . . . homo est,
qui ingenio valet vnoyga<fi\ , laline a Tullio descriplio nuneupatur .... luxuriosus
est victus non necessarii sed sumptuosi et honoris appetens, in deliciis
afßuens, in libidine promplus xara uvrCXf fiv , (zu lesen xara rijV lihv,
s. Anm. 178.) laline adverbium (/. ad verbum) dieimus .... conticescere est tacere
....xara Sictifoqäv, nos per dijfereniiam quid sil inier regem et lyrannum
xara fitTaipaoav, latine per translationem .... adolescentia est flos aetatis
xara «(fctioeatv tov (vavr(ov , Laiini per privautiam conlrarii eins quod
difßnitur bonum est, quod malum non est xara vTtoxvnaxSiv , l.atini per
quandam imaginationem Aeneas est Vcneris et Anchisae filius xar 11-
keiffts nliriQovg 6fio(ov ytvovg, l.atini per indigentiam pleni ex eodem genere . . .
quid sit thesis? ... cui vis deest, nt sit arsis xctia avakoyCav, Latini iuxta
ralionem (al. proporlionem) ... quid sit animal? .. ut homo xaik enaivov,
. . per laudem pax est tranquillu libertas {fit et per vituperationem, quam
Graeci tpöyov nominant) xar« iö nQog n Laiini ad aliquid pater est,
cui est filius .... xara tov oqov (f. xttTu to olov) , latine generalis genus
est, quod plures amplectitur partes xar« alxwloyCav , Latini secundum rei
rationem .... non est sol sub terris. Vgl. Anm. 9.
3) Cassiod. Dial. p. 539 b. (Ven. 1729.): modos autem hypotheticorum syllogismorum
si quis plenius nosse desiderat, legat librum Marii Victorini, qui inscribitur
de syllogismis hypolheticis. Wörtlich ebenso lsid. Orig. II, 28. fin.
4) Cassiod. Expos, in Psalm. 7. II, p. 28a.: st quis autem sive de schematibus
sive de modis syllogismorum sive quid sint simplices sive composili, plenissime
nosse desiderat, Aristotelem in Graecis , Victorinum autem Marium lectitet in
Latinis, et facile sibi quisque talia confirmat, quae nunc difficilia fortasse diiudicat.
Tu-^ \
662 - XII. Marius Victorinus.
eine Definition des Enthymeraa's aus Victorinus anführt5). Die Verbin
dung aber, in welcher auch hier die Logik mit der Rhetorik stand, er
kennen wir theils daraus, dass Victorinus auch einen ausführlichen Commentar
zu Cicero's Topik in vier Büchern schrieb 6), theils ersehen wir
in dieser Beziehung die Ansichten desselben aus seinem uns noch er
haltenen Commentare zu Cicero's Schrift De Invenlione. Er nimmt dort
betreffs der Kategorien gleichfalls jenen Standpunkt ein (vgl. vor. Abschn.
Anm. 68), dass unter den zehn peripatetischen, welche er auch als das
Verzeichniss aller „Dinge der Welt" betrachtet, die letzten neun sänimtlich
accidenlia sind7), poleinisirt aber gegen di? (stoische/) Annahme, dass
das ov der höhere. Gattungsbegriff von Substanz und Accidens sei s). In
Bezug auf die Definition (vgl. Anm. 2), welche er in dieser, rhetorischen
Schrift nach stoischer Dialektik von der Beschreibung unterscheidet, er
scheint hier die allgemein übliche Schul - Theorie des Herabiteigens von
der Gattung zum eigentlichen Merkmale (proprium), und auch insoferne
natürlich die Eintheilung hiemit verbunden ist, wiederholt er dre gewöhn
liche (Abschn. VIII, Anm. 7 u. 37) Unterscheidung voi^visio und gartttto*).
Hingegen entnimmt er aus aristotelischer Lehre, freilich mit eigenthümlichem
Missverständnisse, die vier Arten der Gegensätze, wobei opposilum
dem ctvrmeifievov und contrarium dem evavziov entspricht, disparatum
aber in privans (ariQrjßig) und negans (ajt6q>u0ig) getheilt wird10). Aber
5) Ebend. Bhe t. p. 536 a. : praelerea secundum Viclormum enlhymematis allem
est dcfinilio : ex sola proposiliöne , sicut iam dictum est, ita constat enthymcma , ut
est illud ,,si tempeslas vitdnda est, non est navigalio requirenda" ; ex sola assumptione
, ut est illud ,,sunt aulem qui mundum dicant sine divina administratiunc
discurrere" ; ex sola conclusione, ut est illud ,,vera est igitur divina senlenlia" ;
ex propositione et assumplione, ut est illud ,,si inimicus est, occidit, inimicus au
lem est", et quia Uli deest conclusio, enthymema vocalur. Wörtlich ebenso Isid.
Orig. 0, 9.
6) Boelh. ad Cic. Top. p. 757. : sed cum in M. Tullii Topica Marius Victori
nus rhetor plurimae in disserendi arte nolitiae commenta conscripserit quatuor
enim voluminibus Victorinus in Topica conscriplis (es folgt hierauf die Inhaltsangabe
der vier Bücher) .... p. 760.: nec si quis hacc apud Victorinum latius tractata
repererit, nos neglectae integritatis stringat invidia.
7) Exp. in Cic. Rhet. p. 130. Capper. : Aristoteles ail, res omnes quae in dictis
et factis et in omni mundo agunlur decem esse , quarum rerum nomina ponemus :
prima subslanlia est , deinde quantilas , qualilas , ad aliquid , ubi , quaudo , silus,
habere, facere, pati .... harum prima, ut diximus, subslanlia vocatur, reliquae novem
in subslanlia sunt, quae accidentes vocantur cum inlerca et subslantia
res sit, et ea quae accidunt res sint, nunc etc.
8) p. 157.: Sv Graeci subslantiae et accidenti genus ponunl ; sed non bene,
pars enim omnis generi suo similis esse debet ; subslanlia porro res est quae aliis
rebus subest capax accidentium qualitatum, deinde accidens est id quod in substantiam
cadit ; quare quoniam illud superius ov utrumque esse non polest , non rede
substantiac et accidenti genus factum est.
9) p. 129.: deßnitio talis est „homo est animal rationale bipes risus capax".
desp-ipMo vero talis est „homo est qui erectum verticem rotundo capitis aitoiui! etc."
p". 141.: optima deßnitio est, quae a genere ineipit, deinde descendit ad specien,
poslremo ita propria amplectilur, ut excludat omnino id quod cum aliis polest esst
commune. Ueber divisio p. 154.
10) p. 173.: Aristoteles opposita genus posuil, contrarium, disparatum, ad aliquid
sub opposilis ; contrarium porro Aristoteles sie deßnivit ,,sub eodem geneit
species multum inier se diversae", hac ratione , ut omnia ad unum illud genus rierantur,
quod supra omnes res principales Graeci ponunl, id est to ov, quod La
i
XII. M. Victorinus. Albinus. 663
wieder stoisch (Abschn. VI, Anm. 124 ff.) ist bei Angabe der Arten des
Urtheiles die Bezugnahme auf die Partikeln11). In Bezug auf die Lehre
vom kategorischen Schlüsse erscheint in dieser rhetorischen Schrift des
Victorinus Nichts, was nicht schon bei Cicero sich fände ; nur ein ein
ziges Mal gebraucht er den kusdru^jo^licj^jtilloßisnius in jener Be
deutung, welche im Mittelalter üblich wurde, d. h. als eine Häufung
mehrerer Prämissen janl» Abv .112*™,. Schlussfifiir 12)- Hingegen slnd~uns
aus seiner Schrift über die hypothetischen Syllogismen wenigstens die
sieben Schlussmodi, welche er für dieselben annahm, überliefert; sie schei
nen wieder von einem anderen Motive aus aufgestellt zu sein als bei Cicero,
wo wir gleichfalls diese Anzahl fanden (Abscbn. VIII, Anm. 60); es sind
nemlich folgende 13):
1. Wenn A ist, ist B 2. Wenn A ist, ist B 3. Nicht zugleich ist A und Nicht-B
A ist B ist nicht A ist
B ist A ist nicht B ist
4. Entweder A ist oder B ist 5. Entweder A ist oder B ist
6. Nicht zugleich ist A und B 7. Nicht zugleich ist A und B
Wie einfällig diese sieben Schlussweisen seien, ist wohl nicht nöthig
zu bemerken ; s. übrigens auch unten Anm. 69. — So scheint Victori
nus allerdings die aristotelische Logik und zugleich die stoisch-rhetorische
Dialektik betrieben zu haben.
Vielleicht. ein Zeitgenosse des Victorinus ist Albinus, welcher De
dialectica oder, wie es schein!, eine Art Commentar zu ArisU d. inlerpr.
tini ens vocant, id est quod esse possit sub disparato autem Aristoteles duas
species posuit, privuntiu et neganlia. Vgl. Abschn. VIII, Anm. 43.
11) p. 1 90. : cum in proposilione ,,si" est, xaict ovvt]{J[i£vov dicitur ; cum
in proposilione ,,aul" est, xcnct Sie&vyfitvov dicitur.
12) So p. 185 ff. über ratiocinatio , Syllogismus, inductio , assumptio n. dgl.,
p. 177. über complexio in der Bedeutung „Dilemma"; dann (wo Cic. von der relatio
criminis spricht und II, 27, 81. sagt: si vero ceteri quoque idem faciunl,
omnino iudicium nulluni futurum) p. 230. : sorilici syllogi'smi fecit formam , qui in
infmitum Semper intenla rei definitione porritjitur, ul granum, cumulus , acervus ;
,,occidit Horalius, occideret accusalor", iia Semper sine iudicio crit poena.
13) Cassiod. Üial. p. 539 b.: modi syllogismorum hypolheticorum qui fiunt cum
ali qua coniunetione scplem sunt: primus modus est, velut ,,si dies est, lucet ; est
autem dies) lucet igiiur" , secundus modus est ita ,,si dies est, lucet; non lucet;
non est igiiur dies", lertius modus est ita ,,non et dies est et non lucet; atqui
dies est, lucet igiiur" , quarlus modus est ita ,,aut nox aut dies est; atqui dies
est; non igitur nox est", quintus modus est ita „aut dies est aut nox; atqui nox
non est; dies igitur est", sexlus modus est ita „non et dies est et non lucet; dies
autem est; nox igitur non est" , septimus modus est ita „non et dies est et nox;
atqui nox non est; dies igitur est" (die Verwirrung, welche bei diesen letzten zwei
Modi zusammen mit dem dritten besteht, löst sich wenigstens einigermassen durch
die inhaltlich gleiche Angabc dieser Schlussweisen bei Marcianus Capella; unten
Anm. 69.). Dann folgen unmittelbar die in Anm. 3. angeführten Worte; und wer
die Art und Weise kennt, in welcher Cassiodorus compilirt, kann keinen Augenblick
zweifeln, dass jene Aufzählung aus Victorinus selbst entnommen sei.
A ist
B ist nicht
A ist nicht
B ist
A ist A ist nicht
B ist nicht B ist
664 XII. Albinus. Prätextatus. Marcellus.
geschrieben haben soll; nicht vor das Ende des 4. Jahrhunderts aber
wäre jedenfalls Vegetius Prätextatus zu setzen, da er des Themistius
Paraphrase der aristotelischen Analytiken in das Lateinische über
trug ; beide werden von Boethius angeführt 14). Nun aber scheint in
Bezug auf den letztem dieser beiden , dass in der Stelle des Boethius
Veclius statt Vegelius zu lesen sei, wornach jener hervorragende Staats
mann und Priester Vettius Prätextatus (gestorben 378) gemeint
wäre, welcher in enger Freundschaft und brieflichem Verkehre mit dem
jüngeren Symmachus stand15). Ein weiter nirgends genannter Tullius
Marcellus aus unbekannter Zeit, auf dessen sieben Bücher über die
kategorischen und hypothetischen Syllogismen als ein umfassendes Compendium
Cassiodorus verweist 16), möge hiemit auch gleich hier er
wähnt sein.
Sogar Hieronymus (331 — 420), welcher doch die Philosophie
als den Hoi-t^atler Hetzerei bezeichnete, übersetzte logische Commentare
des Alexander Aphrodisiensis 17).
14) Boeth. ad Ar. d. interpr. Ed. sec. p. 289.: mihi vero maior persequendi
operis causa est, quod non facile quisquam vel transferendi vel etiam commentandi
conlinuam sumpserit Seriem, nisi quod Vegetius Praetcxtatus priores poslremosquc
Analyticos non verlcndo Arislotelem latino sermoni tradidit , sed transferendo Themishum,
quod qui utrosque legit, facile inlelligit; Albinus quoque de eisdcm rebus
scripsisse perhibelur, cuius ego geometricos quidem libros editos scio , de dialectka
vero diu multumque quaesitos reperire non valui; sive igitur ille omnino tacuit,
nos praetermissa dicemus, sive aliquid scripsil, nos quoque docti viri imitati Studium
in eadem laude versabimur. Die Vermulhung, dass jener Albinus identisch sei mit
dem Verfasser der Schrift De metris und mit dem in einer Inschrift philosophus
genannten Albinus, s. bei Osann, Beitr. z. gr. u. r. Litt. Gesch. II, p. 361. Mir
dünkt es sehr wahrscheinlich, dass es jedenfalls einer der beiden Albini ist,
welche in den Saturnalicn des Macrobius redend eingeführt sind (s. L. v. Jan , I,
p. XXVII f.) ; der eine wäre Caesonius Rufius (nicht Furius) Albinus (eben der phi-
(J losophus), der andere hingegen Caecina Decius Albinus, und im Hinblicke auf eine
«| \ P Bemerkung bei Oltfr. Müller, Etrusker 1, p. betreffs der allconservaliven Richtung,
mit welcher noch die späteren Caecinae sich an die Freunde des Heidenthums an
schlössen, möchte ich lieber an den lelzteren Albinus denken. Vgl. d. folg Anm.
15) Somit hätten wir noch einen zweiten Hauptredner der Salurnalien des Ma
crobius (L. v. Jan, I, p. XXII f.) ; denn eben diesem Vettius Agorius Praetextatus ertheilt
Macrobius eine besondere Rolle schon durch die Trinkmeisterschaft, und so
dann auch durch ein gewisses Uebergewicht im Gespräche; gerade er ja wird auch
(I, 11, 1.) princeps religiosorum genannt (Hieronymus, Ep. 61. ad Pammach. meinte
wohl, er sei homo sacril'egus et idolorum cultor , weil er zu Papst Damasus gesagt
hatte : facite me Romae Vrbis episcopum et prolinus ero Christianus). Tendenz und
Gesinnung jener Gesellschaft bei den Saturnalien des Macr. , in welcher auch des
Vettius näherer Freund, der jüngere Symmachus selbst, erscheint, sind bekannt. Und
so möchte bei Albinus und bei Vettius Prätextatus die Beschäftigung mit aristotelischer
Logik einen Grund in der Richtung derselben überhaupt haben.
16) Cassiod. Dial p. 539b.: sciendum quoque, quoniam Tullius Marcellus
Carlhaginiensis de categoricis et hypothelicis syllogismis, quod a diversis philosophis
lalissime dictum est, Septem libris breviter subtiliterque traclavit; ita ul primo libro
de regula, ut ipse dicit , colligcnliarum artis dialecticae disputaret, et quod ab Aristotele
de categoricis syllogismis multis libris editum est, ab isto secundo et terlio
libro breviter expleretur, quod autem de hypothelicis syllogismis a Stoicis innumeris
voluminibus tractalum est, ab isto quarlo et quinto libro colligerelur ; in sexto vero
de mixtis syllogismis (vgl. Abschn. X, Anm. 79.), in septimo autem de compositis
disputavit; quem codicem vobis legendum reliqui.
17) Hieron. Ep. 50. ad Domn. (I, p. 234. ed. Veron. 1734.) hunc dialecticum
urbis vestrae (sc. Rufinum) . . . non legisse quidem xaxriyoqlaq Aristotelis, non ntQl
XII. Augustinus. 665
Augustinus (354 — 430) hatte bekanntlich die in jener Zeit
üblichen Schuldisciplinen sich gründlich eigen gemacht und ausserdem
die platonische und aristotelische Philosophie durch einlässliches Stu
dium kennen gelernt. Sowie er an dialektischer Bildung unter seinen
Zeitgenossen hervorragte und vielen seiner Gegner (wenn auch vielleicht
weniger gerade dem Pelagius) überlegen war, so kennt er auch den
Werth der Dialektik und schreibt derselben ausdrücklich die Kraft zu,
dass sie allein das Wissen erzeuge und die selbstbewusste Technik des
Wissens sei18); und vielfach macht er bei einzelnen Gelegenheiten, be
sonders wo die Meinungen Anderer zu prüfen oder zu widerlegen waren,
von den Formen und Regeln der Logik Gebrauch 19). In seiner späte
ren. Lebens-Perjode allerdings und in jener Zeit, als er zu der Ansicht
gelangt war, dass selbst die Tugenden der Heiden nur glänzende Laster
seien20), spricht sjch gmngschätzigflber die dialektischen Disciplinen
aus.?1). In seinen früheren Jahren aber, tla eFTeTK st noch als "EcKrer
der Grammatik und Rhetorik thätig War — es hatte ja eben jener Symmachus
ihm die Lehrstelle der Rhetorik in Mailand verschafft 22), —
verfasste er mehrere auf die Arles liberales bezügliche Schriften; und
es fragt sich nun, wie es sich mit den unter Augustin's Werken über
lieferten Büchern Principia dialeclicae und Calegoriae decem verhalte.
Nach demjenigen, was Aiigustin selbst über Abfassung, Form und Schick
sale jener Schriften erzählt23), muss es gerechtfertigt erscheinen, dass
iQfirjVsCag , non «vaXvrixa, non sallem Ciceronis rönov; , sed per imperilorum
circulos muliercularumque avfinöoia syllogismos advXXoyCOTOvg texere et quasi
sophismata nostra callida argumentatione dissolvere ; stultus ego qui me putaveram
hoc absque philosophis scire non posse ..; frustra ergo Alexandri verti commentarios,
netquidquam me doclus magister per tlgaytayrjv Porphyrii introduxil ad Logicam.
Vgl. Ru/inus c. Hier. II. (ebend. II, p. 638.).
18) D. Ord. II, 13, 38.: ipsam diseiplinam diseiplinarum , quam dialecticam
vocant; hae£ docet docere haec_dj^^^^~trrWVje_jpsa ratio demonstrat atque
aperit, quae sil , quid velit , quid vokal ; seil scire^ sola ScWflTeS ßartTnon
solum vult. sed eliarnjolesi.
19) So z. B. zählT er contr. Acad. III, 13, 29. als Lehrsätze der Dialektik
Einiges auf, was sich auf die bekannten Schul-Regeln betreffs der hypothetischen
und disjurictiven Urlheile und Schlüsse oder auf die Methode des Disputirens und
die Fangschlüsse bezieht , oder d. quunt. anim. 25, 47. erwähnt er die Umkehrbar
keit des Urtheiles als Probe der Definition, u. dgl. häufig. Ich kann die Versicherung
aussprechen , dass in allen derartigen Stellen Augustin's Nichts vorkömmt , was wir
nicht schon bisher als reeipirte Annahme getroffen hätten.
20) D. civil. Dei, XIX, 25.
21) Betract. I, 4, 4.: item quodam loco {SÖUL II, 11, 20, vgl. d. Ord. I, 8,
24.) dixi, quod diseiplinis liberalibus erudili sine dubio in se Utas oblivione obrutas
eruunt discendo et quodammodo refodiunt ; sed hoc quoque improbo ; credibilius est
enim propterea vera respondere de quibusdam diseiplinis etiam imperilos earutn,
quando bene interroganlur, quia praesens est eis, quemtum id capere possuul, turnen
raliotiis aeterni , ubi haec immutabilia vera conspiciunt. So tritt hier das Motiv der
inneren Erleuchtung (,,lux interior") an Stelle der sich selbst erzeugenden Wissen
schart. Vgl. Confess. IV, 16, 30.
22) Confess. V, 13, 23.
23) Betract. I, G. : Per idem lempus quo Medioluni fui baptismum pereepturus,
etiam Diseiplinarum libros conalus sum scribere interrogans cos qui nweum erant alque
ab huiusmodi studiis non abhorrcbanl , per corporalia cupiens ad incorporalia qui
busdam quasi passibus cerlis vel pervenirc vcl ducere ; sed earum solum de grammatica
librum absolvere potui, quem poslea de armario noslro perdidi, et de musica
666 XII. Augustinus. Pseudo - Augustinus.
die Benedictiner in ihrer Ausgabe der augustinischen Werke jene zwei
Schriften als unächt bezeichneten (die' Bücher über Grammatik und Rhe
torik berühren uns hier nicht). Nur auffallen könnnte es, dass Possidius,
Bischof von Calama , der langjährige Freund und Gefährte Augustin' s,
welcher seiner Biographie desselben auch ein Verzeichniss sämmtlicher
augustinischen Schriften beifügte, eben jene nemlichen Bücher über die
Arles liberales anführt, wenn nicht eine wörtliche Uebereinstimmung mit
jenem eigenen Berichte Augustin's vorläge 24), so dass aus Possidius
betreffs dieser verdächtigen Bücher gar nichts Weiteres geschlossen wer
den kann 25).
Wenden wir uns aber an die beiden genannten Schriften selbst, so
scheint in Bezug auf die erstere derselben , die Principia Dialecticae,
nichts Sicheres gegen, wohl aber gar Manches für die Aechlheit dersel
ben zu sprechen26). Dass das Buch nicht in Dialogform geschrieben ist,
gibt eben so wenig einen Beweis für die Unächtheit desselben27), als
wenn in den Handschriften ein Schwanken betreffs des Autors bestanden
haben muss, in Folge dessen es auch unter dem Namen des Chirius
(d. h. selbstverständlicher Weise Curius) Forlunalianus gedruckt wurde25).
sex volumina de aliis vero quinquc disciplinis Ulk similiter inchoalis, de dia
betica, de rhetorica , de geometria, de arithmetica , de philosophia , sola principia
remanserunt, quae tarnen eliam ipsa perdidimus , sed haberi ab aliquibus exislimo.
Den Ausdruck per corporalia ad incorporalia hat man hier so verstanden, als müsse
in jeder einzelnen dieser Disciplinen jener sehnsüchtige Zug nach Oben gewaltet ha
ben; hingegen scheint offenbar hiemit nur die Reibenfolge der sieben Schulwissenschaften
gemeint zu sein, unter welchen die Philosophie die letzte ist (auch nach
platonischer Auffassung gehen Mathematik und Musik als Millelstufen vor der Phi
losophie vorher).
24) In den Ausgaben der Vita Augustini des Possidius ist dieses Schriflen-Verzeichniss
weggelassen, weil dieselben nur ad worum adißcalionem und sonst zu
Nichts weiterem dienen sollten (so in der Ed. Romana, 1731, 8, p. 67., und aus
ihr in den übrigen). Gedruckt ist jenes nicht unwichtige Document in der Bene
dictiner Ausgabe der Werke Augustin's (Ausg. v.J. 1733. Vol. X, Append. p. 281 ff.);
dort heissl es (p. 285.) : Divcrsi libri vcl tractatus vel epistolae ad utilitatem ovtnium
sludiosorum conscriptae : De vila beata ad Theodorum Uber unus, Soliloquiorum
libri duo, De grammatica Uber unus, De musica libri sex, Ceterarum diseiplinarum
principia libri quinque , id est De diabetica, De rhetorica, De geometria, De arith
metica, De philosophia , De animae quantitale etc.
25 Bahr, Gesch. d. röm. Litt. Suppl. Bd. II, p. 241. sagt in gewohnter nach
lässiger Weise, dass „sogar Possidius dieser unter Augustins Namen verbreiteten und
selbst in seine Ausgaben aufgenommenen Schriften gedenke" (also wirklich gerade
dieser, so wie sie gedruckt sind?!). Doch wer wird auch von Bahr verlangen,
dass er dasjenige vorerst gelesen hat, worüber er schreibt.
26) Der Forschung unwürdig ist jener Leichtsinn, mit welchem Tillemoni (Afemoires
p. s. a l'hist. eccl. Par. 1710, Vol. XIII, p. 962.) sagt: enfin , quand an
pourrait soulenir q"ue ces ouvrages sonl de Saint Augustin , il ne perdrait guere cn
les perdant , puisqu'ils ils n'ont rien de considerable , ni qui soit digne de lui.
27) Denn die obigen (Anm. 23.) Worte Augustin's , ,interrogans eos qui mecum
eranl" hat man nur durch Missverständniss auf die äussere Darstellungsform jener
Schriften gedeutet, wohl verführt durch die Dialogform der uns erhaltenen Bücher
De musica.
28) Chirii Consulti Fortunatiani Dialeclica. Basil. 1542. 8. In der Staats-
Bibliothek zu München befindet sich ausser dieser Ausgabe noch ein Incunabel-Druck
ohne Ort u. Jahr mit gemallen Initialen, in welchem diese Dialektik unter gleicher
Bezeichnung an die drei Bücher Rhetorik des Fortunatianus angereiht ist. Beide
Ausgaben stimmen wörtlieh mit dem unter Augustins Namen gedruckten Texte überein.
XII. Augustinus. Pseudo - Augustinus. 667
Hingegen stimmen sowohl die Ueberschrift „Principia Uial." (einige Hand
schriften haben wohl „Tractalus de Dial.") als auch der Umfang des
uns erhaltenen Bruchstückes völlig mit der obigen Erzählung Augustin's
(Anm. 23) und mit Possidius überein, denn, was wir besitzen, ist in der
That nur der erste Anfang einer, wie wir sogleich sehen werden, höchst
weitschichtig angelegten Dialektik. Ferner nennt sich Augustinus in dieser
Schrift gelegentlich sogar selbst29). Sodann auch weist der Inhalt völlig
auf die damals übliche (vielfach stoische) Schul-Doctrin hinüber, deren
Kenntnissnahme zu den früheren Studien Augustin's wohl ehenso passen
dürfte, wie die häufigen Beziehungen auf Virgilius, Cicero, auch auf
Varro und stillschweigend auf Plalo. Endlich auch der Stil zeigt jene
eigentümliche auguatinische Mischung von Präcision und Breite. Dem
nach möchte ich die"sTs"~Fragment unbedenklich für jene von Augustinus
bloss begonnene Dialektik halten. Soweit aber die Ausarbeitung reicht,
liegt ihr Inhalt theilweise der Rhetorik und hauctsächlicli der Gramnjasich
sogleich die Erwägung des Sprachschatzes (verba) knüpft, und mit
dem durchgängig in dieser Schrift waltenden stoischen Motive des Fort
schreitens, zum Zusammengesetzteren werden die Worte in simplicia und
coniuncla eingeteilt; hiebei aber ist etwas ganz Eigenthümliches, dass
als einfaches Wort und hiemit als ein unvollständiger subjectsloser Satz
(Abschn. VI, Anm. III) nur das in die dritte Person gesetzte Verbuin
(mit Ausnahme der sog. Impersonalia, vgl. auch unten Anm. 62) gelten
soll, wohingegen die erste und zweite Person (z. B. ambulo und ambulas)
schon den „verbundenen Worten" beizuzählen seien 30). Hierauf
wird bei dem Urtheile (sentenlia) , welches eben das Product der Wort
verbindung ist, in der gewöhnlichen Weise das des Wahr- und Falsch
seins Fähige von den übrigen Satzarten unterschieden 31), und dann die
Der „Litterar-Historiker" Bähr weiss von diesem ganzen Verhältnisse Niehls; warum
sollte er auch ?
29) cap. 7. : verbum movet, quando per verbum acceplo signo animus nihil aliud
quam ipsam rem intuetur, cuius illud Signum csl quod aeeepit ; ut cum Augustino
nominato nihil aliud quam ego ipsc cogitor ab ipso cui notus sunt, aut quilibet hominum
menli occurrit , si forte hoc nomen vel qui me ignorat audierü vel qui alium
novit, qui Augustinus vocetur. Wer die Uuächtheil erzwingen wollte, miisste na
türlich zu der Auskunft sich flüchten, dass hier entweder ein anderer Augustinus
gemeint oder überhaupt der Name gefälscht sei. Uebrigens steht auch diese Stelle
wörtlich in jenen beiden Texten des sog. Fortunalianus.
30) c. 1.: fiialcctica est bene disputandi scienlia; disputamus autem verbis ;
verba igitur aut simplicia sunt aut coniuncla nec mireris , quod ,,disputat",
quamvis ex duobus compositum sit, tarnen inier simplicia numeralum est omnis ilaque
prtma et secunda persona verbi , quamvis singillatim enuntietur , tarnen inier
coniuncla verba numerabilur si quidem quisquis dicat ,,ambulo", et ambulalionem
facil intelligi et se ipsum qui ambutat; et quisquis dicit „ambulas", similiter
et rem quae fit et cum qui facil sigttificat; at vero qui dicit „avibulat", nihil aliud
quam ipsam signifteat ambulalionem ; quamobrem lertia persona verbi Semper inter
simplicia numerabilur .... nisi lalia verba sint, ut cum dieimus ,,p\uil" aut ,,ningit."
31) c. 2.: restanVea verba coniuncla, quae sententiam comprehcndunl ; horum item
duae species sunt; aut enim sie sentenlia comprehendilur ut vero aut falso lenealur
obnoxia , ut est ,, omnis homo umbulat" aut „omnis homo non ambulal" et si quid
huiusmodi; aut sie implelur senlentia , ut licet perficiat proposilum animi, affirmari
668 XII. Augustinus. Pseudo - Augustinus.
Urtheile abermals nach stoischer Weise in einfache und verbundene ein
geteilt, wobei unter den letzteren die stoischen Schlussweisen geroeint
sind 32). Nach diesem folgt Eintheilung und Plan des Ganzen ; nemlich
der eine Hauptzweig sei das Einfache, Nichtverbundene , als Stoff der
Dialektik — de loquendo — , der andere hingegen das Verbundene als
Werk der Dialektik, und zwar entweder blosse Betrachtung der einfachen
tJrtneile — de eloquendo —, oder Prüfung und Beurtheilung derselben
— de proloquendo — , oder Prüfung der verbundenen Urtheile — de
proloquiorum summa — 33); es wird uns diese Eintheilung unten, Anm.
51 — 55, aus Marcianus Capella völlig deutlich werden, von dessen voll
ständigem Compendium aus wir auch auf den beabsichtigten weiten Um
fang des von Augustin begonnenen Buches schliessen können. Die specielle
Ausführung dieser Haupttheile beginnt mit der Angabe, dass das
Wort ein Zeichen einer Sache und die Schrift ein Zeichen eines Wortes
sei, und indem das articultrte Sprechen vom Schalle unterschieden wird,
tritt mit Abweisung des letzteren nur das erstere als Gegenstand der
Dialektik auf; hiebei aber wird wieder viererlei für die beabsichtigte Er
örterung auseinandergehalten: das Wort als solches in etymologischer
Gellung — verbum — , das bei dem Worte Gedachte — dicibüe —,
das der Bedeutung sich bcwusste Aussprechen — dictio —, die hiedurch
bezeichnete objective Sache — res — 34). Und nur von der Besprechung
des ersten dieser vier Gegenstände, welche den ersten Theil (de loquendo)
betreffen, ist noch die erste Hälfte vorhanden ; denn bei dem verbum
als solchen wird neuerdings viererlei unterschieden: origo, vis, deelinalamen
negarive non possit , ul cum imperamus , cum oplamus , cum exsecramur , et
his similia.
32) c. 3. : aut simplices sunt aut coniunetae ; simpliecs sunt , quae sine ulla
copulatione sententiae alterius enunliantur , ul est illud quod dieimus ,,omnis homo
ambulat" ; coniunetae sunt, de quarum copulatione iudicatur, ul est ,,si ambulat,
movetur" ; sed cum de coniunetione senlenliarum iudicium fit, lamdiu est, donec
peneniatur ad summam, summa autem est quae conficilur ex concessis ; quod dico
tale est: qui dicil ,,si ambulat, movetur", probare vull aliquid, ut hoc concesso
verum esse reslel Uli dicere, quod umbulcl et summa consequatur, quae iam negari
non potest , id est quod moveatur.
33) c. 4.: sinqulas partes consideremus ; nam sunt primae duae , una de iis
quae simpliciter dicuntur, ubi est quasi materia dialecticae, altera de iis quae coniuneta
dicuntur, ubi iam quasi opus apparet; quae de simplieibus , vocatur de lo
quendo; illa vero quae de coniunetis est, in tres partes dividitur: separata enim
coniunetione verborum quae non implet sententiam , illa quae sie implet sententiam,
ut nondum faciat quaestionem vel dispulatorem requirat , vocatur de eloquendo ; illa
vero quae sie implet sensuin, ut de sententiis simplieibus iudicelur! vocatur de pro
loquendo; illa quae sie comprehendit sententiam, ut de ipsa etiam copulatione iudicetur
, donec peneniatur ad summam, vocatur de proloquiorum summa.
34) c. 5.: verbum est uniuseuiusque rei Signum, quod ab andiente possit inlelligi,
a loquente prolatum loqui est articulata voce Signum dare omne
verbum sonat; cum enim est in scripto, non verbum, sed verbi Signum est sed
quod sonat , nihil ad dialeclicam . . . . et tarnen cum de Iiis disputatur, praeter dialecticam
non est .... quidquid autem ex verbo non auris sed animus sentit et ipso
animo tenetur inclustim, dieibile vocatur; cum vero verbum procedit non propter se
sed propter aliud aliquod significandum , dictio vocatur; res autem ipsa, quae iam
verbum non est neque verbi in mente coneeptio nihil aliud quam res vocatur
proprio iam nomine; haec ergo quatuor distincle teneantur : verbum, dieibile,
dictio , res.
XII. Augustinus. Pseudo - Augustinus. 669
Ho, ordinalio, wovon wir die Angaben über origo 35) und das die vis
Betreffende besitzen ; diese letztere wird in das movere verlegt , welches
von dem Worte entweder an sich (diess wieder mit vielen Unterabthei
lungen) oder durch seine Bedeutung oder durch beides bewirkt wird;
diese ganze Geltung aber wird auf einen doppelten Zweck bezogen, auf
einen dialektischen — verilas ■— und einen rhetorischen — deeor —,
und um des ersteren willen werden dann die sich erhebenden Hinder
nisse erwogen36); dieselben beruhen in obscurilas 37) und in ambiguilas,
letztere wieder entweder im univocum 38) oder im aequivocum 39).
Hier dann bricht die Schrift ab, und nach den Proben, welche dieser
Anfang gibt, mögen wir im Interesse der Geschichte der Logik es immer
hin bedauern, dass Augustin die Vollendung des Werkes unterliess, denn
nach dem vorliegenden Massstabe ^wäre diess jedenfalls bei weitem das
ausführlichste aller logischen Compendien geworden, welche wir aus je
ner Zeit besitzen.
Was hingegen die zweite jener Schriften betrifft, welche den Titel
führt Categoriae decem ex Arislolele decerptae, so ist von vorneherein
so viel klar, dass sie nicht von dem gleichen Verfasser wie jene erstere
herrühren kann , denn sowohl der Boden der Anschauungsweise ist ein
gänzlich verschiedener, als auch weichen Form und Ausdruck, namentlich
35) c. 6. : ergo omne verbum propler id quod sonal , quatuor qunedam necessaria
vocat in quaestionem: originem suam, vim, declinationem , Ordinationen!.
Dann werden Etymologien des Wortes verbum angeführt, von verbero, von verum,
von verum und bum, d. h. bombum (S.chall); hierauf nach Erwähnung der stoischen
Prahlerei, dass jcdi'S Wort etymologisirt werden könne, wird vom Standpunkte des
platonischen Cralylus ausgegangen ut res cum sono verbi aliqua simililudine concinal",
und diese Aehnlichkcit bis zum Gegensatze ausgedehnt („lucus a non («-
cendo"), hiezu auch noch efficientia und id quod continelur und aparte lotum oder
a loto pars als etymologische Agcntien angeführt.
36) c. 7.: vis verbi est, qua cognoscilur, quanlum valcat ; ■valel autem tantum,
quantum audientem movere polest; porro movel audientem aut secundum se aut se
cundum id quod signißcal aut ex utroque communiter; sed cum secundum se movet,
aut ad so tum sensum perlinet aut ad artem aut ad ulrumque ; sensus autem aut
natura movelur aut consuetudine Duplex lue ex consideralione sensus nascitur,
partim propter explicundam veritalem , partim propter servandum decorem , quorum
primum ad dialecticum, secundum ad oralorem maxime perlinet ilaque nunc
propter veritalem diiudicandam, quod dialcclica proßtetur, ex hac verborum vi, cuius
quaedam semina sparsimus , quae impedimenta nascanlur , videamus.
37) c. 8. : impedil audilorem ad vcrilatem videndam in verbis aut obscuritas
aut ambiguilas. Von obscuritas werden drei Arten aufgezählt: unum est, quod
sensui palet, animo clausuni est allerum genus est, ubi res animo pateret,.
nisi sensui clauderetur . . . . terlium genus est, in quo eliam sensui absconditur, quod
tarnen, si nudaretur , nihilo magis animo emineret. Dann folgen Beispiele hievon.
38) c. 9. : ilaque rectissime a dialecticis dictum est, ambiguum esse omne ver
bum nunc ambiguitalum gencra vidcamus , quae prima duo sunt ; unum in iis
eliam quae dicunlur , allerum, quod in iis solis quae scribuntur dubitationem facil
quidquid dicilur et per plura intclligi polest, eadem scilicet plura aut uno
vocabulo et una inlcrpretationc aut tantum uno tenentur vocabulo, sed diversis expeditionibus
explicanlur ; eu quae una definitio potest includere, univoca nominantur,
Ulis autem quae sub uno nomine necessc est definirc diverse, aequivoci nomen est
(folgen Beispiele des univocum).
39) c. 10.: ambiguitalum igitur, quae ab aequivocis veniunl, primo genera
tria sunt: unum ab arte, allerum ab usu, terlium ab utroque. Zahlreiche Beispiele
hievon füllen dieses letzte Cap.
670 XII. Augustinus. Pseudo- Augustinus.
] durch häufige Einstreuung griechischer Terminologie, bedeutend ab ; und
je wahrscheinlicher Augustin für den Verfasser der vorigen Schrift zu
halten ist, desto grösser wird die Unwahrscheinlicbkeit, dass er dieses
Compendium der Kategorien geschrieben habe. Aber dasselbe erweist
sich auch direct ohne allen Zweifel als unächt, und zwar nicht bloss,
weil Augustinus selbst sagt, er habe das aristotelische Buch ohne Lehrer
leicht verstanden40), und er daher schwerlich, zumal bei seiner über
wiegend platonischen Richtung, zu einer Paraphrase der Kategorien den
Themistius zu Hülfe genommen hätte, sondern hauptsächlich darum, weil
weder Augustinus selbst bei Erwähnung seiner früheren Schriften der
artigen Inhaltes die Kategorien namhaft macht, noch auch bei Possidius
sich dieser Titel eines Buches findet ; denn unter „De philosophia" ist
doch gewiss nicht eine Abhandlung über die Kategorien zu verstehen.
Das Buch selbst ist durchaus in jener Manier geschrieben, welche zwi
schen einem Excerple und einer erklärenden Paraphrase die Mitte hält;
es geht zu Anfang mit grosser Ausführlichkeit auf die einzelnen Punkte
ein, wird aber, wie diess meistens der Fall ist, gegen die Mitte und das
Ende zu immer magerer. Zufolge einer Berufung auf Themistius als
einen gleichzeitigen Philosophen 4 ') wäre die Abfassungszeit des Buches
ungefähr gegen Ende des 4. Jahrhunderts zu setzen; und ich will die
; Vermuthung nicht unterdrücken, dass möglicherweise die von Themistius
! verfassle Paraphrase der Kategorien (vor. Abschn. Anm. 93) uns grossentheils
in dieser pseudo-augustinischen Schrift durch irgend einen Uebersetzer
erhalten sein könnte; denn abgesehen von äusserlichen Aenderungen,
welche durch die Ueberlragung veranlasst waren (z. B. dass „Cicero"
als Beispiel des Individuums gebraucht wird, u. dgl.) , scheint mir die
Behandlungsweise grosse Aehnlichkeit besonders mit der noch vorhan
denen Paraphrase der zweiten Analytik zu haben 42). Inhaltlich bietet
40) Confess. IV, 16, 28.: el quid mihi proderal, quod anitos natus forme tiginti,
cum in munus meas venissenl Arislolelica quaedam quas appcllant decem calegorias,
quarum nomine cum eas rhetor Carlhaginiensis magistcr meus buccis typhe
erepantibus cnmmemorarcl ..... lunquaiu in nescio quid magnum et divinum suspensus
inhiabam; legi eas solus el intcllcxi .... nihil inde aliud mihi dicere potucrunl
quam ego solus apud mc ipsum legens cognoreram.
41) cap. 3. : sed ut Themislio noslruc aetatis crudilo philosopho placel, de his
Aristoteles traclarr ineipit , quae pereipiuntur , quaeque ipse vocat graeco nomine
arifitttvöfiivtt sive (f aviaaltt; , id est imagines rerum insidentes animo ; venm
cum de pereeptis proposuerit disputare , et de iis quae sunt et de iis quae dkuntur
necessario locuturus est; percepla enim ex Iiis oriunlur quae sunt, quae videudo
pereipimus, pereeptorum autem deerit demonstratio, nisi corum quae dicuntur auxilie
fuerinl demonslrata.
42) Wir sahen schon oben, Anm. 14., dass gerade Themistius auch anderweitig
in ähnlicher Weise benützt wurde. Auch Hesse sich zu den so eben angeführten
Worten verweisen auf Themist. Paraphr. Arist. d. an. III, f. 91a.: ovro( ovv ö
tfvvüfjei vovg ... ttqü>tov fiiv voei t« c'tTiXä xcA aäicuQtTa arjfiaivojxtva,
Saa iv rciTg xarriyoQiKig öiojytaiat , (v oig ovnto rö «Ljflis ^ io lpeiios
tdTt , TiQÖiiov äk xctl avvtC&r)Otv avice TiQog äkkrjXce ourotg H änläv
arifiutvofitvoiv ünXovg av&tg ylvticti 6).6yog xjl. Selbst der Schluss des
Buches (c. 22.) scheint mir dieser Vermuthung eher günstig zu sein, als entgegen
zustehen; es heisst dort: Haec sunt, fili carissime , quae iugi labore assecuti, cum
nobis Themistii nostra memoria egregii philosophi magislerium non deesset, ad vidi'
latent luum de graeco in lalinum convertimus , scilicet ut ex iis quoque bonam fra
gen! sludü etc.
J
XII. Augustinus. Pseudo - Augustinus. 671
das Buch nichts Neues. Es wird zu Anfang darauf hingewiesen, wie
wichtig die menschliche Rede (oratio) und innerhalb derselben das Substantivum
und Verbum seien (was an Appulejus erinnert, Abschn. X,
Anm. 4 u. 7), und dann angegeben, dass die Allgemeinheit des Sprach
ausdruckes sicli stufenweise bis zum höchsten Begriffe der substanzieilen
Wesenheit (für welche durchweg das Wort „usia" gebraucht wird)
erhebe 43). Hierauf werden die Begriffe des Homonymen und Synony
men erläutert, welchen als von Aristoteles übergangen das noi.voovv(iov
und htQfovvfiov hinzugefügt wird44). Nach der sonderbaren Angabe so- i
dann, dass hier in einer Mischung sowohl von den Dingen als auch von |
dem subjectiven Eindrucke und von dem Wortausdrucke gehandelt werde45),
folgt erst das naoavvjiov 46). Hernach wird mit extremster Auffassung
der sog. ^Q^^LJOvoia (vor. Abschn. Anm. 69) dieselbe demjäiniüicjien
Wahrnejimen, alles juL.jh£j[Pito^^ mtelligjblen Thätjgkeit..
zugewiesen, und es knüpft sich hieran die Erörterung, was de subjeclo
und was in subieelo (xa&' tmoxsiphiov und h VTtoxeijisva) sei47). Und
nachdem dann in Bezug auf dasVerhältniss des Aussagens die Begriffe genus,
differentia, species, sowie die subordinirten Gattungen (vn aXhffka) be
sprochen werden 4 s), folgt die Nennung der zehn Kategorien, deren_jneun
auch hier als ßviißc^xgrccj^eiei^ mit dem eigentümlichen
Zusatze7~diis~ die einen derselben in der Substanz, andere ausserhalb
43) c. 1.: Cum omnis scientia disciplinaqne arlium diversarum nonmsi oratione
Iractetur itaque solas oralionis partes auctore Aristotele nomen et verbum
debemus accipere, celeras vero ex bis fieri et compagines orationis potius quam par
tes eins debere nominarl (vgl. Anm. 60.) .... uno tarnen voeabulo mm hominem
dixeris , noscis omnes poslremo .. umne quidquid est comprehendens dixil
oiaiav , extra quam nee inveniri aliquid nec cogitari polest; haee est «na de categoriis
decem; appellatas rero calegorias constal propterca, quod non possint nisi
ex subiectis agnosci, tög xarü rirmv Xiz&iiOai (auch hiemit könnte verglichen
werden Themist. a. a. 0. f. 88 b. ff. u. Paraphr. d. Memor. f. 97 a.) alo&nTtt
arofia, £VttQt&[iK , xctOfrMOTtt vocavit , deinde altiora... tiäia vel läkas
ars dicit, dehinc superiora ... genera nuncupavit , ipsam vero usiam,
supra quam nihil est, genus appellari voluerunt.
44) c. 2.: his rebus quas unum nomen complectilur , duo vocabula ars dedil,
ut ex his alia homonyma alia Synonyma vocaret nunc ad eas res quae singulae
multis nominibus signari solent, veniamus , quamquam haue parlem Aristoteles
praetermiserit baec divisa sunt simililer in partes duas cl alia poh/onyma alia
heleronyma sunt.
45) c. 3.: primo de iis quae sunt, secundo de iis quae percipiuntur , tertio de
ilt quae dicuntur. _ . . . . mixtam tarnen de tribus disputationem debemus accipere.
46) c. 4. : his ergo cognitis paronyttta videamus, quae sunt in homonymorum et
synonymorum media constituta.
47) c. 5. : sunt igitur illa, quae aal percipimus sensibus aut menle et cogitatione
colligimus id quod dignoscilur sensibus, iam dici oiaiav, illud autem
quod animi traclalu colligitur ae sacpe mutatur, Ovfißißnxbs , id est- accidens, no
minale voluerunt ; et quoniam in permanente usia ca quae accidunl iticsse noscuntur,
ipsam usiam vnoxiljitvov, ... illa vero quae accidunl, iv vTioxeifitvti) , id est
in subiacenti, dixcrunt. Dann c. (i. über de subieelo und in subieelo.
48) c. 7. : eadem in ipso subieelo inveniuntur, quae sunt in eo quod de sub
ieelo significatur genus igitur esl , quod secundum multa et differentia quid
sil specie ostendilur atque significatur differentia vero est , quae secundum
multa et differentia non quid sil sed quäle sil specie praedicatur species autem
esl, quae secundum multa et differentia quid sil numero praedicatur atque eegnoscilur
denique illa genera, quae alterna sibi societate lnäX.).jnXc( (l. in' itl-
XrjXa) coniuneta, sunt, easdem di/ferentias et easdem species habent.
672 XII. Marcianus Capeila.
derselben, und andere zugleich innerhalb und ausserhalb seien; und zu
gleich wird im Gegensalze gegen die verbindungslose Stellung der Kate
gorien die Satzverbindung und deren übliche fünf (peripatetische ; Abschn.
IX, Anm. 53) Arten erwähnt, unter welchen das cmoyuvxiKov allein lo
gische Bedeutung habe 49). In der nun folgenden Erörterung der ein
zelnen Kategorien schliesst sich das Buch enger an das pseudo-aristotelische
Compendium an und kann, so wie es ist, als eine excerpirende
und zugleich erklärende Uebersetzung desselben betrachtet werden 50).
Wichtig für den Uebergang der Logik in das Mittelalter ist bei allem
inneren Unwerthe das vierte Buch des um d. J. 470 von Marcianus
Cape IIa geschriebenen Werkes über die Arles liberales. Es ist das
älteste uns ganz erhaltene vollständige , wenn auch noch so klägliche,
Compendium der damaligen Schul-Logik, und sowohl durch diesen um
fassenden Inhalt bei möglichster Beschränkung auf den äussersten Nothbedarf
als auch durch die abgehackte und katcchismus-artige Form musste
es sich für die Schul- Tradition wohl ganz besonders empfehlen. Nach
einer phantastisch allegorischen Einleitung (wie Marcianus sie überhaupt
den einzelnen Büchern vorausschickt), in welcher die personificirte Dialektika
bezüglich ihres äusseren Auftretens geschildert wird, legt Marci-
49) c. 8. : hae sunt calegoriae decem , quarum prima usia est , scilicet quae
novem ceteras sustinel; rcliquae vcro novem avfißt ßrjxora , id est accidenlia sunt
qualitas , quanlitas et iacere in ipsa usia sunt alia sunt extra usiam,
ubi, quando , habere alia sunt communia, id est et intra et extra usiam, ad
aliquid et facere et pati haec igitur cum singularia sunt, nihil affirmant, copulata
vera faciunt ex se aliquem sermoncm vel nQoaraxiixdv vel tvxjixdv vel
iQUTijfjmixöv vel xXtjtixov ipsum dcniquc pronuntiativum , quod dicimus
«noif tcvTixov, aut falsum est aut verum.
50) c. 9. : handelt über prima und secunda usia und enthält in Bezug auf das
iv viioxitfiivtp (Cal. 5, 2 a. 35 IT.) den Zusatz: ea enim quae insunt cuique , aut
in solo et in omni, aut in solo et non in omni, aut in omni et non in solo, aul
nec in solo nec in omni; haec Gracci vocant iv fiövoj xct't iv tiuvtI , iv /ioVtu
xcil ovx iv 7t civil, iv nuvxt xai ovx Ip fitöi'tp, ovx iv (a6v<i> xcu oix iv
navxi. Was Cal. 5. von 3a. 32. an sieht, wird übergangen. C. 10. folgt die
Quantität, selbst mit Angabe des Grundes, warum diess die nächste Kategorie nach
der Substanz sei (quorum primum est quanlum, nec sine causa; nam cum aliquid
viderimus , id necesse est, quanlum sit, aislimare); c. 11. die Relation mit Weg
lassung der Aporie Cal. 7, 8a. 13. (de qua categoria quanlum potuimus explanavimus,
licet lanla huic cum ceteris vidcalur esse permixtio , ul tpse quoque Aristo
teles huius discretionem hand facile repererit. C. 12. über die Qualität schliesst
sich am engsten an das Original an; c. 13. über facere und pati ist wieder commenlirend:
• es wird diese Kategorie auf die Qualität reducirt, und am Schlüsse
steht: Itarum vero cutegotiarum proprium, quod est grucce töiov , quoniam ipse
quoque Aristoteles omisit , nec a nobis leclor inquirat. C. 14 — 16. handeln ganz
kurz über iacere, ubi, quando, habere; c. 17. wird ein Uebergang auf die Lehre
von den Gegensätzen gemacht (nam et in culegoriis singulis de conlrarietate traclalum
est) , und c. 18. folgt diese selbst, wobei Cat. 10. bis 12b 5. ziemlich getreu
excerpirt, das Uebrige aber weggelassen ist; nur 11, 14a. 2. gibt Veranlassung zu
folgender Bemerkung: quae Gracci Ivdtiav xcd vntQßoXrfy vocant, his enim duobus
malis sibi opposilis mediocrilas media reperitur ; haue rationem Peripatetici seculi
virlules medias esse dixerunt , was wohl Zusatz des übersetzenden Börners ist.
Dann folgen ohne allen Uebergang c. 19. das prius , c. 20. das simul und c. 21.
die immutalio (fitraßolrj) , sämmllich in comtnendirendem Auszuge. Uebrigens lie
gen gerade derartige Versetzungen , wie hier die Besprechung des tyeiv (Cal. 15.)
weiter hinauf verlegt wurde, auch sonst in der Manier des Themistius; s. vor.
Abschn. Anm. 92.
XII. Marcianus Capella. 673
anus eben digser_Dame sofort in der nüchternsten Weise die Einteilung
des zu behandelnden Gegenstandes in den Mund, um sodann seine compilirte
Doctrin , welche er wohl theilweise aus Appulejus schöpfte, zu
entwickeln. Es werden sechs Theile der Dialektik aufgezählt, deren erste
vier wir wenigstens dem Namen nach (de loquendo, de eloquendo, de
proloquendo, de proloquiorum summa) schon aus Augustinus (Anm. 33)
kennen ; hiezu aber kommen noch zwei, nemlich Kritik der poetischen
I'roducte und Rhetorik-"'1) ; jedoch dass diese über das Gebiet der Logik
hinausgehen, werden wir einerseits betreffs des poetischen Wortes unten
(Anm. 71) sehen, andrerseits bezüglich der Rhetorik ist diess daraus klar,
dass ihr Marcianus das darauf folgende Buch als selbständiges gewid
met hat. Die Gegenstände aber jener vier Haupttheile werden dann noch
folgendermassen vorläufig näher bestimmt: für den ersten (de loquendo)
die quinque voces und Definition nebst Eintheilung, sowie die Verhält
nisse des Homonymen u. dgl. und die zehn Kategorien nebst der Lehre
von den Gegensätzen 52) ; für den zweiten (de eloquendo) Nomen und
Verbum als Bestandteile des logischen Urlheiles53); für den dritten (de
proloquendo) die Verhältnisse der Quantität und Qualität der Urtheile, so
wie deren Umkehrung 54) ; für den vierten (de proloquiorum summa)
die Lehre vom kategorischen und hypothetischen Schlüsse 55). Bei die
sem Inhalte, welcher die gesammten Theile der nachmaligen formalen
Logik mit Ausnahme der Lehre von den Trugschlüssen (s. Anm. 71) ent
öl) IV, §. 338. ed. Kopp: quippe in ditione mea iureque consistuut sex normae,
quis constant celerae disciplinae ; tum prima esl de loquendo, secunda de elo
quendo, tertia de proloquendo, quarla de proloquiorum summa, quinla de iudicando,
quae perlinet ad iudicalionem poelarum el carminum, sexla qiiue dicenda rhcloribus
comtnodata esl.
52) §. 339 f. : in prima aulem parte quueritur , quid sil genus , quid forma,
quid differeniia, quid uccidens, quid vero proprium, quid definitio, quid tolutn, quid
pars, qui in dividendo modus, qui in partiendo , quid un ivocum , quid (ut ita
dicam) plurivocum (debelis -quippe insolentiam perferre sermonis, qui Graiam disserlare
hatialiter compulislis) , quae ergo rebus verba sua sint , quae aliena et quo!
wodis aliena sint, quid sil substantia, quid qualitas, quid quantilas, quid relativutn,
quid loci, quid temporis , quid silus , quid Habitus, quid fatere , quid pati, quae
sibi opposita et quol modis silii opponanlur , — haec in prima nostri parte censnntur.
53) §. 341.: in secunda vero quam de eloquendo diximus , quaeritur, quid sil
numen, quid verbum, quid ex Iiis iunetum , quae ex Iiis subiecliva pars senlentiae
sit, quae declarativa , qui subieclivac modus sil, qui declarativae , qualenus tiomen
aeeipialur, qualenus verbum, qualenus sit perfecta senlenlia , ut possit esse proloquiutn.
54) §. 342.: excipil haue, pars lerlia de proloquendo; in ea quaeritur (quantum
ad propositum hodiernac sufficiat brevilatis), quae sint differenliae proloquiorum
in quanlilale , quae in qualilate , quid universale sit, quid partikulare, quid indefinitum,
quae sint aientia, quae negantia, quam vim habeanl singula el quemadmodum
inter se affecla sinl.
55) §. 343.: Iiinc progredilur ad quarlam partem, quam esse diximus de pro
loquiorum summa; in ea quaeritur, quid sil suniptum, quid illalio, quid Syllogismus,
quid symperasma, quid praedkativus Syllogismus, quid condilionalis, el quid intersit,
quot formae sinl praedicalivi generis el quae sinl, utrum certum ordinem leneanl et,
si teile ut , quae sit eiusdem ordinis ratio, quol modos habeanl singulae et utrum hi
tnodi certum ordinem leneanl et, si ita est, quae sit eiusdem ordinis ratio, deinde
condilionalis syllogismi quot primi modi ac necessarii sinl, qui eliam istorum ordo
sil, quid inter se differatil.
Pbantl, Gesch. 1. 43
674 X II. Marcianus Capeila.
hält und auch die später stets eingehaltene Reihenfolge gibt , erkennen
wir leicht, wie der ohen (Abschn. X) geschilderte Syncretismus, gestützt
durch spätere Bestrebungen, bereits stationär geworden war; denn des
Porphyrius lsagoge leistet als solche schon getreulich ihre Dienste (vgl.
vor. Abschn. Anni. 132), und mit dem stoischen Schul-Motive. eiflas-steten
Fortschreitens vom Einfacl.ieu.jrum Zusammengesetzten, sowie mit der
ebendortheF rührenden Manie des Eintheiiens und mit der gleichfalls aus
der Stoa geerbten Verwechslung zwischen Begriff und Definition muss
sich hier die peripatetische Kategorientafel eben so friedlich in den Ei
nen und nemlichen Katechismus vereinigen lassen, wie die Grundzüge
der aristotelischen Lehre vom Urlheile und Schlüsse mit den peripatetisch-
stoischen Voraussetzungsschlüssen. Eine solche Gestaltung aber,
oder vielmehr ein derartiges Mondkalb einer logischen Theorie bewährte
in Folge der süssen Bequemlichkeit einer nur nachbetenden Schultradi
tion bekanntlich in unzähligen Verjüngungen ein so zähes Leben, dass
— um nur Eines zu erwähnen — man selbst noch heutzutage an der
Ausrollung der fixen Idee, dass die Logik mit der Lehre vom Begriffe
beginnen müsse, fast verzweifeln möchte.
Was die einzelne Ausführung betrifft, welche Marcianus gibt, so ist
dieselbe in Kürze folgende. In der. armseligsten Stoppellese aus Porphy
rius sind die quinque voces (genus, forma, differentia, accidens, proprium)
schulmässig zugerichtet, indem sie kurzweg deiinirt und dann meistens
durch einige Beispiele erläutert werden ; bezüglich der Terminologie kann
hervorgehoben werden, dass forma und species als synonym gelten, be
treffs des Inhaltes aber höchstens die zugespitzte Hinweisung auf genus
proximum im Gegensatze gegen die Unbestimmtheit eines obersten allge
meinsten Gattungsbegriffes 5ti). Was hierauf von der Definition gesagt
wird, ist aus der Rhetorik entnommen (vgl. Abschn. VIII, Aiim. 33); es
beschränkt sich auf die Regel, dass die Definition weder falsch noch zu
weit noch zu eng sein soll 57). Natürlich aber in Verbindung mit der
Definition ist die Methode des Eintheiiens, wobei ein Unterschied zwischen
tolum und omne gemacht wird, insoferne ja auch die divisio vermöge der
Artbegriffe und der differentia zum Individuum hinabsteigt, hingegen
die parlüio die concreten Theile verfolgt 5S). Hierauf wird angegeben,
56) §. 349.: genus est mttltarum formaruni per Uttum ttornen tomplexio ....
nonnunqnam aliquae formae ila generi subiieiunlur , ut eliam ipsae «Iiis sttb sc
positis genus esse possint tili aulem eo genere debtmus , quod est prnesenti
negotio proximum .... nmn «i ,.subslanliam" di.rerimus, quanlum ad rationtm pertinet,
verum est, quanlum ad necessilulem , sttper/lutim. §. 345.: formte eusdem
dieimus quas et species; formae ergo sunt qtiae subdilae getieri tetieut dc/initionetn
eius et nomea. §. 34l>. : differentia est snfficiens ad id quod suseeperis iliseretiti
.... anintadccrlcre aulem debemus , quod quia mullac sunt in rebus singulis differenliae,
nnaniquainque rem dissimililer nos possc dividere, qttotiens in ea poterimus,
alias alque alias differenlias invenire. §. 347. : accidens est, quod non nisi eidem
formae, sed non Semper evenit. §. 318.: proprium est, quod et eidem formae et
Ha semprr accidit, ut unamquamqttc rem ab omniitm cominunionc discriminet , ut in
Itomine risus.
57) §. 349.: deßnilio est, quam involula uniuseuiusque rei notilia aperte ac
breviter explicatttr ; tn hac Iria vitunda sunt, ne quid falsum , ne quid plus, nc
quid minus significetur,
58) §. 350. : tolum est, quod duabus pluribusvc in se partibus positis no't
XII. Marcianus Capeila. 675
was aequivocum, univocum, plurivocum sei , sowie dass es eine eigent
liche und eine übertragene Wortbedeutung gebe59); und es folgt dann
ein ziemlich magerer Auszug aus den zehn Kategorien (praedicationes),
wobei wir wieder die schroffste schulmässige Trennung zwischen prima
und secunda subslanlia treffen, sowie betreffs der ersteren derselben den
Zusatz, dass die individuelle Wesenheit von ihrem jeweiligen Orte ge
lrennt werden könne (betreffs der Terminologie ist „relativum" völlig
technisch recipirt); nach der Erörterung der einzelnen Kategorien werden
neben der gewöhnlichen Bemerkung, dass dieselben ausser der Satzver
hindung stehen, auch hier wieder (vgl. oben Anm. 43) die Partikeln von
den significanten Worten abgetrennt 00). Auch der betreffende Abschnitt
über die Gegensätze fehlt nicht; es ist hiebei oppositum das allgemeine
Gattungswort, havxiov wird durch conlrarium, e^ig x. 6TCQr]Gig durch
habitus el orbalio (oder orbilas) gegeben, für das Verhältniss der ctvzlcpttGig
aber erscheint noch kein einheitlicher technischer Ausdruck, son
dern es wird aientia (als Substantiv der sog. ersten Deelination) und
negalio (oder neganlia, vgl. Ahschn. VIII, Anm. 60) gebraucht61). Dann
also folgen die Gegenstände des zweiten Haupttheiles, und es wird zuerst
angegeben, was nomen und was verbum sei, sodann aber ebenso wie
bei Augustinus (Anm. 30) die Verbalform der ersten und zweiten Person
von jener der dritten unterschieden und den sog. unpersönlichen Zeilsemper
nomen, definitionem nunquam accommodat .... sed animadvertendum est, quod
aliquando omne pro toto dicere possumus , sed alio quodam intellectu, nam Mum
cliam in singulis et omne in mullis agnoscitur. §. 351.: partes sunt, quae in toto
esse intelligunlur el ex quibus totum constat. • §. 352. : dividere usque eo debemus,
donec ad individuum veniatiir, et hoc fit, quum per differentias ad paucilalem genera
redigimus el eis ita formas subiicimus , ut et ipsae singulae aliis sub se positis
etiam genera esse possinl. §. 353.: partiendi differentiae non frequenlcr occurrunl
atquc ita sine Iiis infinita polest esse partilio , si usque ad individuum voluerimus
pcrvenire. §. 354. : intcrest autem inier divisionem el partitionem , quod in divisione
per formas cunimus, in partitione per partes.
59) §. 355.: aequivocum est, quando multarum verum unum est nomen, seil
non eadeni definitio. §. 356. : univocum est , quando duarum aut plurium rerum
unum nomen est et definitio. §. 357.: plurivocum est, quando mullis nominibus
una res dicitur. §. 35b.: rebus verba sua sunt, quae naturaliu atquc etiam propria
dicimus. §. 359.: aliena sunt, quae ratione aliqua mutuantur vel propler necessitatem
vel propler decorem. §.360.: aliena verba tribus modis fiunt, aut per similitudinem
aut per conlrarium aul per differentiam.
60) §. 361 —383.: Den specicllen Angaben über die subslanlia geht auch hier
(§. 361.) die Erörterung voraus, was de subiecto und was in subiecto sei. §.364.:
quid subslanlia prima? subslanlia est, quae nee in subiecto est inseparabililer neque
de ullo subiecto praedicalur ; ,, inseparabililer" autem ob hoc definiliotii adiectum
est , quod omnis prima subslanlia , quamvis in loco aliquo sil , turnen ab eo
separari el migrare polest. §. 365.: secunda subslanlia est, quae de prima prae
dicalur. §. 383.: islae sunt decem praedicationes , ex quibus aliquid necessario
singulalim enunliamus; nam quidquid omnino dixcrimus quod aliquid siynificet,
nondum tarnen intelligi possil, an verum an falsum sit , unum est de Iiis decem,
exceptis duntaxal Ulis verborum quodammodo articulis ; sunt enim pleraque a grammaiicis
in oralionis parlibus enunciuta, quae omnino per se nihil valent aul ali
quid significant plenum, nisi quum fuerinl verbis adiuncta, ut coniuneliones el praepositiones
et quidquid lale Uli docent.
61) §. 384—387. (opponuntur autem sibi ita, ut aut relative opponantur ....
aul ut contraria ... aut ut habitus orbationi aut ut aientia negalioni
quartum genus oppositorum est aientia el neganlia).
43*
676 XII. Marcianus Capeila.
Wörtern eine eigene Stellung zugewiesen und ausserdem das logische
Urtheil (proloquium, auch sententia) den übrigen Satzarten gegenüberge
stellt62); ferner wird mit einer Terminologie , welche wir schon bei
Appulejus trafen, bestimmt, was Subject (subiecüva) und was Prädicat
(declarativa) sei; wobei in höchst läppischer Weise bemerkt wird, es
könne auch ein Verbum Subject und ein Substantivum Prädicat sein 63).
Von dem dritten Haupttheile an aber sehliesst sieh Marcianus noch enger
an das Compendium des Appulejus an , indem er nur die Reihenfolge
einigermassen ändert und dem Ganzen mehr die Form von Schulregeln
verleiht; er gibt in Kürze die Eintheilung der Urtheile nach Quantität
und Qualität, wobei es auffallen muss, dass, nachdem bisher nur aienlia
und neganlia oder affirmare und negare gebraucht worden war, nun
ganz nach der Terminologie des Appulejus dedicaliva und abdicaltia
angewendet wird e4). Hierauf folgen die gewöhnlichen Regeln betreffs
der Umkehrung, und es werden auch hier wie bei Appulejus unter den
quinque voces zwei, neratich Definition (was hier in species enthalten
sein muss, bei Appul. war es finis) und proprium beigezogen, um eine
Umkehrbarkeit der sonst nicht umkehrbaren Urlheile zu ermöglichen;
ebenso wird die schon dort angegebene sog. Contraposition hier gleich
falls entwickelt und dieselbe als secunda conversio im Gegensatze gegen
die gewöhnliche, welche prima heisst, bezeichnet 65). Dann wird das
62) §. 388.: nomen est, quod aliquant rem signißcat et per casus flecti po
lest; verbum est quod aliquid signißcat et per tempora flecti polest esse autem
dabei nominativus casus nominis cl tertia verbi persona; prima persona significat
aliquid quod iam negati rcl affirmari possil .... item secunda persona et ipsa
iam veriiati aut falsitati obnoxia est .... (389.) tertia vero persona non hominis
tantum est, sed aliarum etiam rerum, et simulac dicta fucrit non coniinuo inlclligitur,
nisi forte de deo dicalur aliquid quod de eo solo possil inteUigi, ut quum dieimus
,,pluit" quod ergo fnerit ex nominalito casu nominis cl tertia verbi
persona coniunetum, proloquium diciiur .... (390.) ubi vero illa verba sunt quae
impersonalia dicunlur , non ex naminalho casu implctur sententia, sed alios casus
reeipit. §. 391.: sunt etiam sententiae quae quamris constent ex nomine et verbo,
affirmari tarnen aul negari non possunt; quae non proloquia sed eloquia dici nonnullis
placuit, ut est modus imperalivus .... hoc facil et oplativus modtis.
63) §. 393.: nam sunt proloquii partes duae ; quae in nomine «na, subieetiva
dicitur, quae in verbo altera, declarativa; subiieitur enim quid sil , et declaratur
quid de illo possit intelligi .... (394.) illud tarnen sciendum est , posse fieri ut
verbum sit in subieetiva, nomen in declarativa .... velut si dicamus ,,qui disputat
Cicero est."
64) §. 396.: proloquia igilur differentias habent binas, in quanlitate et qtialitale;
quantitatis differentia est, quod alia sunt univcrsalia alia parUcularia alia
indefmila quoniam id polissimum enumerandum , quod securum habet inlellectum,
indefinitum pro particulari aeeipitur in qualitate item duae, quarum al
tera dedicaliva altera abdicativa. Vgl, Abschn. X, Anm. 6.
65) §. 397.: universale igilur dedicativum non necessario sequitur conversio
.... universale autem abdicativum necessario sequitur conversio .... particulare
autem dedicativum habet necessario convei sionem .... particulare vero abdicativum
non habet necessariam conuersionem (398.) sed propter duo proloquia, quae
diximus non necessario converli , debemus inlelligere omnia quae proloquiis attrihuuntur
.... haec autem quinque sunt iam süperius demonstrala , genas , species,
differentia , accidens , proprium; ex Iiis duo faeiunt illa proloquia recurrcre , alia
tria nullo modo; namque ut omnis hämo animal est rationale mortale, ita amne
animal rationale mortale hämo est, et quemadmodum omnis homo risibilis est, ita
omne risibile homo est; rursum in particulari abdicativa videndum est, quid sit
XII. Marcianus Capeila. 677
wechselseitige Verliältniss der vier Arten der Urtheile angegeben und
hiezu auch die bei Appulejus stehende Figur benutzt ; die dortigen tech
nischen Ausdrücke incongruum, alterulrum, suppar, pugna finden sich hier
nicht, sondern es werden, wohl mit Beibehaltung des dortigen Beispieles,
nur die Regeln aufgezählt, welche dieser Urlheile zugleich bejaht oder ver
neint werden können oder nicht können , sowie welche sich gegenseitig
setzen oder aufheben60). Von dem Verhältnisse der Aequipollenz ist hier
keine Sprache. Es folgt hierauf der vierte Haupttheil, indem zunächst die
Theile des Syllogismus , nemlich die Prämissen (hier sumlum genannt)
proprium non esse; .... „quiddam risibile non est praeter hominem" recurrit sine
dubio, quiddam praeter hominem non esse risibile (399.) item sunt aliae concersiones,
quae faciunt easdem proloquiorum particulas indefinitas , etiam negatione
scilicet de loco migranle (400.) voretur ergo docendi causa Uta prima conversio,
haec seeunda. Vgl. Abschn. X, Anm. 13 f.
66) Die Worte mil welchen die Figur eingeleitet wird (§. 401), sind die
iiemlichen wie bei Appulejus; die Figur selbst ist folgende:
[simul affirmari non possunt, slmul negari possunt]
universalis dedicativa universalis abdicativa
particularis dedicativa particularis abdicativa
[sitmd negari non possunt, simul confirmari possunt}
Die mit [] eingeklammerten Worte sieben in den bessern Handschriften nicht j
ich setzte sie nur her, weil sie zugleich der abgekürzte Inbegriff der hierauf fol
genden Regeln sind (die geringeren Handschriften enthalten auch die vier Beispiele
noch einmal um den äusseren Rand der Figur herumgeschrieben). In den aus
Appul. excerpirten Regeln betreffs des gegenseitigen Selzens und Aufhebens ist hier
conßrmare und negare statt des dortigen instruere und destruere gebraucht.
678 XII. Marcianus Gapella.
und der Schlusssatz (ülalio), hernach aber auch der Schluss selbst (ratio
cinatio) in höchst jämmerlicher Weise definirt werden, wobei wir das
wirklich Neue erfahren, dass die Griechen es OvuneQaGjitt genannt hätten,
wenn der Schlussatz nicht die unmittelbare, sondern erst eine mittelbare
Folge der Prämissen ist, für welches Verhältniss hier der Ausdruck „confinis
conclusio" vorgeschlagen wird; sodann wird noch bemerkt, dass
jeder Syllogismus entweder kategorisch (pmedicalivus) oder hypothetisch
(conditionalis) sei 67). Die nun folgende Angabe der drei Figuren des
kategorischen Schlusses und der in denselben möglichen einzelnen Modi
ist aus Appulcjus mit Hinweglassung der dortigen Begründung wörtlich
excerpirt, so dass auch die bei jenem consequent übliche Umstellung
der Prämissen hier gleichfalls erscheint 6S). Nun aber , gibt Marcianus
auch die Modi des hypothetischen Syllogismus an, welche bei Appulejus
fehlen ; er stellt den Unterschied auf, dass bei dem kategorischen Schlüsse
von aussen Etwäs dazugenommen werde , bei dem hypothetischen aber
nicht von aussen, und er zählt dann mit eigenen technischen Bezeich
nungen in einer allerdings etwas confusen Darlegung jene sieben Schluss
weisen auf, welche wir oben (Anm. 13) schon bei Victorinus trafen,
wobei er in der Zusammenstellung sich nach stoischer Weise (Abschn.
VI, Anm. 177) der Ordinalzahlen bedient; von denselben soll 1. ab anlecedenlibus,
2. a consequenlibus, 3. a repugnanlibus, 4. und 5. per dis
iunetionem, 6. und ".per negalionem heissen 69). Nach einer höchst
67) §. 404.: plenam sententiam quum proposuerimus illiquid ea volenles efficere
et quum concessa fuerit, sumtum dicitur; huic etiam uni sententiat alia certa
rtttione debet innecti H ulique propter id quod inferre volumus concedenda; et haec
quum concessa fuerit, sumtum dicitur; ex duobus sumtis ratione sibimet .... (406.)
hoc totum quod constat ex duobus sumtis et illatione , ratiocinatio a nobis , a
Graccis ovi.Xoyicff.ids appellatur ; est ergo ratiocinatio ex duobus pluribusve conccssis
ad id quod non conceditur neecssaria pervenlio (407.) nonnunquam
etiam concludimus inferenles non qufdem id quod conßcilür , sed quod es ipso
quod inferre debemus , necessario conficitur ; hoc modo: ,,omnis virtus bonum est,
omne bonum utile est, omnis igitur virtus non nocet" .... hoc a Graccis tsvfmi-
QctOfict dicitur, a nobis dici polest conßnis conclusio; ratiocinatio igitur sive pro
prium et suam sice confinem habens conclusionem dividilur in im genera, in praedicalivum
et conditionalem syllogismum.
68) §. 408—413. Vgl. Abschn. X, Anm. 18 ff. Insofern hier nur die neun
zehn Schlussmodi in der dürrsten Aufzählung vorgeführt werden, fehlt auch die
Erwähnung der coniugationes sowie jener combinatorischc Nachweis der Anzahl der
Modi , kurz Alles, was nur irgend über das formale Schema hinausreicht.
69) §. 414.: conditionalis Syllogismus est, cuius proposilio et plenum argu
mentum et plenum id de quo quaestio est continet nihil tarnen in assumtione
accessit extrinsecus , quod est proprium praedicativi syllogismi (vgl. §. 408.: quod
proloquium secundum, ut implcret sententiam, aliquid petivit extrinsecus) .... hic
primus modus a diulecticis appellatur qui est ab antecedentibus (415.) seeuhdus
modus est, qui appellatur a consequenlibus ,,si esl rhelorica Uliiis, est
bene dicendi scientia ... non est aulem bene dicendi scientia, non est ulilis igi
tur." (416.) lertius modus est qui appellatur a repugnanlibus .... ,,non est bene
dicendi scientia rhelorica et non est ulilis, est aulem bene' dicendi scientia, ulilis
est igitur" (417.) quartus modus esl qui per disiunetionem effteitur ,,aul
sanus est aut imbecillis, sauus est aulem, non est igitur imbecilKs".- (4!8.) quintus
modus est qui etiam per disiunetionem efßcilur .... ,,aut sanus est aut imbecillis,
non esl aulem sanus, igitur imbecillis est." (419.) addili sunt alii duo mödi , qui
per argumeiitorum istorum riuorum fieri possunt, non tarnen per disiunetionem, sed
per negalionem; est ergo sextus modus „non est sanus et imbecillis, sauus est
XII. Marcianus Capeila. Boethius. 679
läppischen auf einem Wortspiele beruhenden Bemerkung über den Grund
der Reihenfolge dieser Schlüsse und nach der Angabe, dass zu einer
Beweisführung kategorische und hypothetische Syllogismen auch gemischt
werden können70), wird dises über die Dialektik handelnde Buch mit
einer dem Eingange wieder entsprechenden poetischen Stelle (wie diess
Marcianus auch in den übrigen Büchern thul) abgeschlossen , woraus
wir nur diess hervorheben müssen , dass der Frau Dialektika gerathen
wird, die etwa noch zu erwartende Lehre von den Trugschlüssen für
sich zu behalten71); d. h. Marcianus steht offenbar auf dem Standpunkte
derjenigen, welche dieses Gebiet nebst dem poetischen Ausdrucke jeder
Art dem tyevörjg koyog zuwiesen (s. vor. Abschn. Anni. 122 ff.).
Allbekannt ist es, von weichein ausserordentlichen Einflüsse auf das
Mittelalter die Werke des B o c t Ii i us (geb. um 470, gest. 524) waren,
und wir werden uns im weiteren Verlaufe der Geschichte der Logik
noch hinreichend davon überzeugen können, wie oft man auf Boethius,
und nicht weiter zurück, recurrirte. Er auch war es hauptsächlich, der
theils durch seine classischen Ueberselzungen aristotelischer Schriften
theils durch seine weitschweifigen und leicht versländlichen Commentare
oder Monographien die Kennlniss oder sogar das Studium der aristote
lischen Logik für die nächstfolgende Zeil vermittelte und ermöglichte 92).
autem, non igitur imbecillis" ; septimus modus proponitur sie et in eo assumitur
ul in qttinto alque ilu coneludilur. (420.) urf rem faciliiis intelligendam Iiis quaedam
formae iungunlur .... est primi modi forma haee : ,,si primum, secundum ; primum
autem, secundum igitur"; sccundi hacc: ,,si non primum, nec secundum; secundum
autem, et primum igitur" (diess wäre doch zu einfältig, auch passt es nicht zu
obigem Beispiele; das richtige wäre: si primum, secundum; nun secundum autem,
nec primum igitur); terlii hacc: ,,uon et primum et non secundum; primum autem,
igitur et secundum" ; quarti haec: ,,aut primum uul secundum; primum autem, non
igitur secundum" ; quinli liuec: ,,uul primum aut secundum; non autem primum,
igitur secundum" ; sexti haec : ,,non et primum et secundum; primum autem, non
igitur secundum" ; septimi haee: ..non et primum et secundum; non primum autem,
igitur secundum."
70) §. 421.: huius autem ordinis ratio est, ut primus modus sit, qui appellatur
ab antecedentibus, quin ulique quotl antecedit peius est ; secundus a consequenlibus
eadem ralionc , et ipso nomine suo primum se debere sequi eliam in ordine
videatur ostendere etc. §.422.: miscentur autem sibi multis modis syttogismi , ul
in und ratiocinatione et pruedicativi generis et condilioutilis formas atjnoscas.
71) §. 423.: Tatibus insistente Dialectica et ad quaedam mm minus inextricabilia
quam caliginosa properaulc Pallas nulu Maiugenae fest'mantis inlcrvenit : ....
edilum est compendio Quidquid decenter docta disputatio MultO adstruendum contulil
volumine Nam quae supersunl fraude mulla consita , Quis falsa caplos circuil
deeeplio , Dum ambuye ßcta. (diess ist das bezeichnende Wort) praestruis sophismata
Captentulisvc ludis Mitjantibus , Pellqx soritas quumque sensim congeris Fofmasvc
mendas, comprobal quas veritas, ifefas tonaniis garriat sub auribus Facinusquc
dirum; quippc summi coclitcs Oderc turpis omuc fulsum feminue.
72) Er sagt selbst von sich, Ad Arisl. d. interpr. p. 318. [ed.- Basti. 1570.):
ego omne Aristotelis opus quodeunque in manus venerit , in Itomanum stilum vcrlens
corum omnium ' commentu lalina oratione perscribum, ut si quid ex logicae artis
subtilitate et ex moralis graeilate peritiue et ex naturalis aeunüne veritatis ab Aristotele
conscriptum est, id omne ordinalum transferam atque id quodam lumine
commentationis illustrem, omnesque Plalonis dialogos vertendo vel eliam commentando
in latinam redigam formam haec si vila otiumque supererit , cum mulla
operis huius utilitate nec non eliam laude contenderim , qua in re faccanl oportet,
quos nuüa coquit invidia.
680 XII. Boethius.
Wir besitzen noch seine Übersetzungen der Analylica priora und posleriora,
der Topica und Soph. Elenchi des Aristoteles, sowie die Uebersetzung
des Buches De inlerprelatione, welche er mit einem Commentare
begleitete, und namentlich ist die zweite Bearbeitung desselben wohl re
lativ die bedeutendste Schrift des Boethius auf diesem Gebiete ; ferner
haben wir seinen in gleicher Weise an eine Uebersetzung geknüpften
Commentar zu den Kategorien und seine Uebersetzung der Isagoge des
Porphyrius, welche er ebenso wie die von Victorinus gefertigte Ueber
setzung desselben Buches gleichfalls commentirte ; sodann noch folgende
Schriften : Inlroduclio ad calegoricos syllogismos, De syllogümo calegorico,
De syllogümo hypolhelico, De divisione, De definilione; eigentlich
der Rhetorik gehören an: De differenliis Topicis und ein nicht ganz er
haltener weitläufiger Commentar zur Topik Cicero's. Einiges Andere,
was Boethius noch zu schreiben vorhatte, scheint wohl nicht mehr zu
Stande gekommen zu sein73). So gehört Boethius sowohl den Commentatoren
als auch den Verfassern von Compendien an, und wenn er auch,
namentlich in ersterer Beziehung, durchaus nicht eine selbständige neue
Stufe im geschichtlichen Verlaufe der logischen Theorie begründet, son
dern gleichsam nur als Sammelpunkt der ihm zunächst vorhergehenden
Bestrebungen betrachtet werden kann, so müssen wir doch versuchen,
eben diesen Complex seiner Auffassungen zu charakterisiren und zugleich
hervorzuheben, wo er in Bezug auf Terminologie oder auf Feststellung
gewisser Srhul-Begeln für die nachfolgende Zeit von Einfluss war. Und
gerade in letzlerer Beziehung zeigt sich , dass Boethius eben doch nur
auf dem unphilosophischen und formalen Schul- Standpunkte seiner Zeit
steht und daher auch keinen anderen als diesen den folgenden Jahr
hunderten überliefert; denn bei allem lobenswerthem Eifer, mit welchem
er sich auf die Originalschriftcn des Aristoteles wirft, weiss er sich für
die Erklärung derselben doch keinen anderen Gewährsmann als gerade
den Porphyrius zu wählen 74), und wir dürfen daher in Bezug auf principielle
Auflassung und Durchführung der Logik von Boethius sicher nichts
Gutes, sondern nur Schlechtes erwarten, so dass derselbe vom Gesichts-
73) So noch eiu zweiter, mehr wissenschaftlicher Commenlar zu den Katego
rien (ad Ar. Praed. p. 112. : in aHo commentario, quem componere proposui de
eisdem categoriis ad doeliores ; (vgl. ebenil. p. 127.), ein kurzes Compendium der
Lehre vom (Jrtheile (d. interpr. p. 379.: huius enim libri posl has geminas commentationes
quoddam breviarium faciemus), und eine Analytik (</. syll. cat. p. 605. :
si qua vero desint , in Analyticis nostris calcatius exprimemus. ebend. p. 600.: sed
in Analyticis nostris iam dictum est (?)). Verloren hingegen ist die Schrift De ordine
Peripatelicae diseiplinue (d. divis. p. 642. : qui vero huius operis, id est dialeclki, ordo
sil, cum de ordine Peripatelicae diseiplinae mihi dicendum esset, diligenler exposui).
74) Er nennt nicht etwa bloss obenhin den Porphyrius ,,gravissimae vir auetoritatis"
(d. syll. cat. p. 594.). sondern sagt auch ausdrucklich, dass er demselben
in der ganzen Erklärung des Buches D. interpr. folge (rf. interpr. p. 290.: evius
expositionem nos scilicet quam maxime a Porphyrie, quanquam eliam a ceteris
transferenles, lalina oratione digessimus), und in der That auch fast überall, wo
Porphyrius in seiner unverständigen Weise gegen Alexander Aphrod. polemisirt,
schliesst sich Boethius gewiss an ersteren an (so d. interpr. p. 348, 368, 388.),
ebenso auch in der Syllogistik (d. syll. cat. p. 594 u. 605). Ein Beleg dieser
Richtung des Boethius ist ja schon der Umstand, dass er sich nicht dabei begnügte,
die Victorinische Uebersetzung der Isagoge zu commentiren , sondern jenes Product
selbst noch übersetzte und abermals mit einem Commeulare schmückte.
XII. Boethius. 681
punkte des geschichtlichen Verlaufes aus wohl neben Marcianus Capella
uDd Cassiodorus als die liaiipKrieldir.hp Rriiekp ^ Hpni Unverstände der mit
telalterlichen Logik bezeichnet werden muss.
Es ahmt lioelhius nicht bloss äusserlich die Manier der griechischen
Commentatoren nach, indem er z. B. bei jedem Buche in der Einleitung
die üblichen sechs Gesichtspunkte (intentio. utilitas, ordo, si germanus
Uber est, inscriplio, ad quam partem philosophiae ; s. vor. Abschn. Anm.
141) erörterl75), sondern er theilt auch überhaupt die dort traditionell
gewordenen Ansichten über Wesen und Zweck der Logik. Indem er die
gewöhnliche EintheiJung der Philosophie angibt, bezeichnet er die Logik
als die zu allen Theilen derselben nothwendige und höchst dienliche
Disciplin, meint aber auch in Bezug auf den zwischen den Sekten hier
über geführten Streif, es stehe ja Nichts im Wege, dass nicht die Logik
zugleich sowohl Theil als auch Werkzeug der Philosophie sei; jedenfalls
sei ihr Zweck die Auffindung und Beurlheilung der Begründungen '*).
WJTlür" Von" der Reihenfolge" n>r~etfizelnen Schriften der aristotelischen
Logik spricht, geht er von dem schulmässigen Motive des Fortschreitens
zum stets Zusammengesetzteren aus, und stellt demnach das Buch De
inlerpr. vor die Analytik , sowie die Kategorien vor De inlerpr. , hiehei
gegen die Ansicht polemisirend , dass die Topik unmittelbar auf die Ka
tegorien folgen müsse ; im Interesse des Unterrichtes aber hält er daran
fest, dass letzteren eben die Isagoge des Porphyrius nothwendig vorher
gehen müsse, da man erst nach derselben die aristotelische Schrift „ler
nen" könne '"'). Und dieses Motiv der Dressur ist überhaupt bei Boe-
75) So betreffs der Isagoge ad Porph. a Viel. Iransl. p. 1 u. ad Porph. a se
Irunsl. p. 50., betreffs der Kategorien ad Ar. Pfaed. p. 112.; ähnlicb d. inlerpr.
{F.d. I.) p. 215 u. (Ed. II.) p. 292., und bezüglich der Einteilung d. divis. p. 638.
76) Ad Porph. a Vict. transl. p. 2. : est enim philosophia genus , species
vero eins duae, una quae &e(vQt]Tixi] dicitur, altera quae nQitXTixrj .... est enim
irecoQijrixijs pars una de inlellectibilibus (d. h. quam parletn Graeci ötoXiyyCav
nominant), alia de intelligibilibus (d. b. jenes Ewige, welches mit dem Körperli
chen verflochten isl), alia de naturatibus .... (p. .'S.) ad haec igilur ut sein possint
et superiora intelligi queant, necessarius muxime uberrimusque fruetus est artis eins,
quam Graeci Xoytxr\v, nos rationalem possumus Meere, quod recta oralionis ratione
quid verum quidque decens sil, nullo erroris flexu direrticuloee fallatur. Ad Porph.
a se Iransl. p. 48.: nihil quippe dieimus impedire, nt eadem logica partis vice simul
instrumentique fungalur officio ... est uutem fmis logieae i'irrnlu;_jiidiriun,q"'' fffl-_
tionum. In letzterem Sinne scbliesst er sich älfcTrmPCommcntare zur Topik Cicero's
(p. 760 f.) völlig an eben diesen an; vgl. Abschn. VIII, Anm. 23.
77) Ad Porph. a Viel, transl. p. 4. : et quoniam Syllogismus genus est apodielici
et dialectiei syllogismi, diulectieam in Topieis suis exercuil {sc; Aristoteles), apodielicam
in secundis Resolutoriis ordinavit; Horum diseiplina, quam Ute inmonstrundis
syllogismis ante collegerat , peius etiam in studiis lectilatur ; ilaque primi prius
Hesolutorii quam secundi , qui de apodictico syllogismo , vel Topica , quae de dialectico
syllogismo sunt, aeeipinnlur ; truxil igitur Aristoteles dialecticam atque apodicticum
scientiam adunaeitque in syllogismorum resolutoria disputationc ; sed quoniam
sytlogismum ex propositionibus conslare neeesse est , librum neol kQutjViCa; qui
inscribitur de propositionibus annotavit ; omnes vero proposilioncs ex sermonibus
aliquid significantibus componunlur , itaque Uber quem de decem praedicamentis
scripsit, quae aptid Graecos ximqyoqlai dicuntur, de primis rerum nominibus significantibusque
est rede igitur ut ßlo quodam lue Porphyrii Uber primiis legentibus
studiorum praeguslalor et quodammodo initiutor occurril; quod si in hac re
quod dictum est sat est , rem etiam de inscriptione confeeimus ; quo enim alio me
lius quam introduclionis nomine nuneupetur hie Uber? est namque ad ealegorias
682 XII. Boethius.
thius bei weitem das überwiegende, sowie er ja auch seine eigenen
Compendien selbst öfters als inlroduclio oder inslitulio bezeichnet78); hier
aus aber folgt die Form der Darstellung, welche überall die widerlichste
Breite und Geschwätzigkeit zeigt. Wir begegnen hier eigentlich zum
erstenmale einer Darstellung der Logik , welcher man es durchweg an
sieht , dass sie .ausdrücklich .jiarauJJiejej&aet ist, selbst ^n^dflmmsten
Köpfen eine ggwigse_Anzab.l . vou_.Regelu_ ciimibläuen ; ja in solcher Für-
• ^fseTüF~HIe Geistesarmut!] wird sogar einmal gesagt, es müsse die
„ verworrene " Ausdrucksweise des Aristoteles in das Gewöhnliche und
Verständliche umgesetzt werden 70). Auch gehört Boethius zu jenen
unausstehlichen Schriftstellern oder Lehrern , welche sich selbst .immer
wieder excerpirenSÜ) und mit einer gewissen salbungsvollen Miene je
den ihrer Leser oder Schüler für noch bornirter halten , als sie selbst
sind; daher wendet er sich auch zuweilen im K.ochbuch - Stile an den
Leser selbst, indem er diesem das Recept einer logischen Juixtur an
gibt81). Es sind alle diese Eigenschaften und "namentlich die fürsorg
liche Verbrüderung mit der Stupidität in dem Schulbelriebe der formalen
Logik als pädagogische , Agentien fortan eingebürgert geblieben, und wir
müssen sie daher bei ihrem ersten entschiedenen und einflussreichen
Auftreten besonders hervorheben.
Das Gebiet der Logik wird hier ebenso, wie wir diess bei den
griechischen Commentaloren trafen (vor. Abschn. Anm. 122 f.), abgegränzt
und in Hauptgruppen gegliedert, so dass mit Ausscheidung der Rhetorik
neben der Dialektik als hauptsächlicher Umkreis der Schuldoctrin die
auf den Kategorien und der Lehre vom Urtheile aufgebaute erste
Analytik erscheint82), wobei in der Anordnung des Einzelnen stets strenge
Aristotelis introitus et quaedam quasi ianua venienles admittil. Ad Arist. Praed. p.
114.: Annolant alii hunc librum legendum ante Topica, quod nimis absurdum est
.... quasi vero minor liuius sit libri usus in pltysicis , cum primi ResoltUorii ante
Topica legantur et ante primos Resolutorios ntQl (QprjveCag Uber ad Cognitionen
veniat incltountis , cur non magis hunc librum vel ante perihermenitts vel ante reso
lutorios inscripscrunt? Ad Porph. a sc transl. p. 50.: hunc librum Porphyrius de
Carum quinque rerum cognitione perscripsit, quo perspeclo et considerato quid unumquodqtte
eorum quae supraposuit designaret, facilior intellectus ea qttae ab Aristolelc
praeponerenlur addisceret.
78) 1). syll. cat. p, 580. : kinc per inlroduclionem est facilior diseibiiiurque
doctrina. Ebend. p. 591.: illutl vero meminisse debebis , introducendis hic me
praestitisse doetndis , non introduetis. I). Sylt. hyp. p. Ü08. : quas praedicalivus
primo instilutionis categoricae libro diximus. Ebend. p. 613.: sicut in calegoricorum
syllogismorum instittttione monstralum est. Ebend. p. 616. : quantum ad instittttionis
pertinel modum , sttfftcienter expressimus.
79) D. syll. cat. p. 580.: si quid brevius dictum sit, id nos dilatationc ad
intelligentiam porrigamus , si quid suo more Aristoteles nominum verborumque mulutione
tttrbavit , nos inlellitjeniiae servientes ad consuetum vocabulum reducamus.
80) So ist das erste der zwei Bücher d. syll. cat. Nichts anderes als ein Aus
zug aus der Inirod. äd cat. syll., und die hiebei behandelte Lehre vom Urtheile
scheint noch einmal excerpirt in der Schrift d. diff. top. p. 857 f.
81) Z. B. d. syll. cat. p. 589. : converte igitur universalem quae est „nullus
homo hinnibilis est" et fac ,,nullum lunnibile homo est", converte huic particularem
netjationem quae est ,,quidam homo non est hinnibilis" et fac „quoddam hinnibile non
est homo" — utraeque verae sunt. Man sieht, es fehlt nur noch das misce, da, Signa.
82) Ausser ad Porph. a Viel. tr. p. 4. (s. Anm. 77.) besonders d. diff. top.
p. 862.: qualuor igitur facullatibus earumque velut opifieibus disserendi omnis ratio
XII. Boelhius. 683
daran gehalten wird, dass man von dem Einfachen zu dem Zusammen
gesetzten aufsteige 83). Und indem hiebei natürlich die Kategorien als
das Erste an die Spilze treten, werden dieselben als jene vox significans
{arjfictvviKrj (pavr\ , vor. Abschn. Anm. 143 ff.) bezeichnet, bei welcher
von jeder weiteren Satz-Pormirung u. dgl. abzusehen ist, und mit der
oft wiederholten geschmacklosen Ausdrucksweise, dass Aristoteles diese
zehn höchsten Gattungen (genera) „erfunden" habe, werden sie stets als
die schlechthin erschöpfende Tabelle aller Dinge betrachtet84); es sollen
jedoch zur „Erlernung" derselben die quinque voces eine unerlässliche
Bedingung sein, und Boethius kann es nicht dringend genug aussprechen,
wie unentbehrlich die letzteren namentlich zur Definition und Eintheilung
der Dinge seien S5).
subiecla est, id est dialectico, oratori , philosopho , sophistae; quorum quidem diuleclicus
atque orator in comhuni argiimenlorum natura versatur, uterque enim sive
necessaria sive minima, probabiliu tarnen argumenta sequitur; Iiis igüur illac duae
species argumenli famulantur , quae sunt probabile ac necessarium , probabile ac
uon necessarium • philosophus vero ac demonstrulor de sola tanlum veritute pertraclat
atque sint probabilia sive non sint, nihil refert , dummodo sint necessaria palet
igilur , in quo philosophus ab oratore ac dialectico in proprio consideralione dissideat,
in eo scilicel, quod Ulis probabilitatem , huic verilalem constat esse propositam
; quarta vero species argumenli, quam neque argumentum quidem rede dici supia
doeuimus , sophisticis solet esse attributa. Ebcnd. p. 880.: diulectica interrogatione
ac responsione, constricta est, rhelorica vero rem propositam perpelua oratione decurril ;
dialectico perfectis ulilur syllogismis , rhelorica enlhymemalum brevitate conlenla est.
83) D. interpr. p. 291.: praedicamentorum vero in hoc ratio constituta est, in
quo hae duae partes inlerprelalionis res inlelleclibus subiectas designent .... sunt
igilur elementa interprclationis verba et nomin o , proprie vero partes quibus ipsa
constat interpretatio , sunt orationes. Ebend. p. 331.:. si qua vero plures habcat
terminos et eins partes duorum lerminorum multitudinem egrediaulur, illac compositac
orationes dicuntur, et est enunliulio compesita huiusmodi „si dies est, lux est, dies
enim est et lux est." lntr. ad syll. cat. p. 558.: quoniam igilur nobis hoc opus
est in categoricos Syllogismus , syllogismorum vero compago propositionibus texilur,
proposilionum vero partes sunt nomen et verbum , pars autem ab co cuius pars est
prior est, de nomine et verbo quae prima sunt disputatio primu ponatur, dehnte de
propositione, ad ultimum de syllogismorum connexione traclabitur. Fast wörtlich ebenso
d. syll. cat.p. 581.; vgl. den Ausdruck „filo quodam" in Anm. 77. u. d. folg Anm.
84) Ad Ar. Praed. p. 112.: in hoc igilur opere haec inteutio est, de primis
rcrum nominibus et de voeibus res signißcantibus dispulare, non in eo quod secundum
aliquant proprietatem figuramque formanlur , sed in eo quod significanles sunt
.... (p. 113.) hinc est, quod ad logicam tendentibus primus hic Uber legendus occurrit,
ideirco quod cum omnis logicu syllogismorum ralione sil constituta, syllogismi
vero propositionibus iunguntur , propositiones vero sermonibus constent, prima est
utilitas , quid quisque sermo signifteet , propriae scientiae dc/inüione cognoscere,
D. interpr. p. 291.: praedicamentorum vero haec intenlio est, de significativis verum
voeibus truetare in tanlum, quanlum eas animi medius signißcet intellectus. Ad Porph.
a se tränst, p. 75. : decem enim praedicamenta ab Aristotcle esse reperta, quae rebus
omnibus generis loco praeferenda sunt. Ebend. p. 48. : Aristoteles enim qui de de
cem praedicamenlis inscribilur librum liac inlcnlione composuit , ul inßnitas rerum
dieersitales quae sub scientium eadere non possent, paucilate gencrum comprehenderet
atque ita id quod per incomprehensibilem multitudinem sub diseiplinam venire non
polerat , per gencrum paucilalem animo fieret scientiaeque subiectum. Ad Ar. Praed.
p. 1 1 9..: nam quod rerum vocabula in decem praedicamenta distributiv major hac divisione
non polest inveniri, nihil enim esse potent, quod huic divisioni undeeimum adiiei queal.
85) Ad Porph. a se Irans, p. 49. : cum Aristoteles decem rerum gencra repe
risset, quae vel intelligendo mens caperet vel loquendo disputator efferret, quidquid
enim intelleclu capimus id ad ulterum sermone vulgamus, evenil ut ad herum decem
praedicamentorum intelligentiam quinque harum rerum Iractatus ineurreret , scilicel
684 XII. Boethius.
In diesem letzteren Sinne gestaltet sich denn auch die ganze Lehre
vom Begriffe, und es dienen dieser Auffassung die beiden Commentare
zur Isagoge und die Erklärung der Kategorien, sowie die Monographie
über die Eintheilung und theilweise jene über die Definition. Es werden
hiebei die Annahmen des Porphyrius wiederholt, welchem Boethius auch
bezüglich der realistischen Geltung der quinque voces folgt S6). Der
herrschende Grundgedanke ist auch hier das Streben nach einer Tabula
logica, und es mag, da inhaltlich nichts Neues dargeboten wird, nur die
Terminologie bemerkt werden; wir treffen hier stets subslanlia, species,
Individuum, magis genus, generalissimutn, magis species, specialissimum,
subalternus, maior, minor, di/ferenlia divisiva, diff. consliluliva, diff. speeifica,
diff. alteralum faciens , diff. aliud faciens, substanlialis, accidentalisH1).
Auch an den gewöhnlichen Erörterungen über univocum , aequivocum,
mullivocum, diversivocum fehlt es nicht88). Was aber die
Kategorien seihst betrifft, welche dem stoischen unbestimmten „ens" ge
genüber als selhstständig aufrecht erhalten werden 80) , so wird erklärgeneris,
speciei, differenliae, proprii et accidenlis ; generis quidem , quoniam oportet
ante praediscere quid sit genus , ut decem Uta quae Aristoteles ceteris anteposuit
rebus genera esse possimus agnoscere, u. s. f. Ad Porph. a Vict. tr. p. 3.: quas
definitiones nisi per genera, species, di/ferentias proprietalesquc truetareris , nullus
unquum definitionibus terminus imponelur. Ebend. p. 7.: si quis igilur Harum
quinque rerum minus sollers divisiones rerum facere voluerit, nun est dubium quin eas
per inscientiam saepe a speciebus in genera solvat, quod est fuetu foedissimum a. s. f.
86) Ad Porph. a Viel. tr. p. 8. : prima est quaeslio, utrum genera ipsa et spe
cies verae sint an in solis intellectibus nuda inaniaque fingantur non est du
bium , quin verae sint et certa animi consideratione teneantur , quod ipsius quoque
Porphyrii probalnr assensu (p. 10.) non est dubium, quod quinque haec ex
eodem sint genere , quod et praeter Corpora separatum esse possit et corporibus
iungi patiatur , sed i/o ul si corporibus iuneta fuerinl , inseparabilia a corporibus
sint. Achnlich ad Porph. a se tr. p. 54 ff.
87) Z. B. , was differenlia betrifft: ad Porph. n se tr. p. 81.: dijferenliurum
aliae alteralum fnciunt aliae rem aliud, et illae quidem quae faciunl alteralum,
simpliciter puroque nomine differenliae nuneupantur, illae rero quae aliud , speeificae
differenliae praedicanlur aliud est quod Iota speciei ralione diversum est ut
equus ab homine , .... si unus humo sedeat, aller assislat , non efficietur homo diversus
ab komme, sed eos alleratio sola ditiungil (p. 84.) omnes hae diffcrentiae
speeificae nuneupantur, generum enim specierumque differenliae sunt, sed generum
quidem divisivae , specierum aulcm constilulivae. Vgl. ad Porph. a Vict. tr. p. 25
u. 30. Bei dem specialissimum wird auch Iiier die Frage betreffs jener Wesen
erörtert, welche nur in Einem Exemplare existiren; ad Porph. a se tr. p. 72.: sunt
enim quaedam quae de numero differentibus minime dicuntur, ut phoenix, sol , luna
.... (p. 73.) solis species de hoc uno sole quem novimus nunc dicilur; al si in
animo plures soles et in cogitatione finganlur , nihilominus de pluribus solibus individuis
nomen solis quam de hoc uno praedicabitur.
88) Ad Porph. a Viel. tr. p. 11.: nomen generis in tres dnidii formas, sed ut
aequivoca non ut univoca , id est ut hae formac uno quidem generis nomine contineantur,
sui autem proprielale disgregala dissentiant. Ad Ar. Praed. p. 118.: multivoca
vero et diversivoca respuit, quod ad praesentem Iractalum utilia non putavit;
breviler tarnen ulraque definienda sunt ; multivoca sunt quorum pluru nomina , uno
definilio est, ut est scutum clypeus .... diversivoca sunt quorum neque nomen idem
est neque eadem definilio.
89) Ad Porph. a se tr. p."84. : ultimum omnium genus ens posuerunt , scilicet
quod de omnibus praedicaretur . . . . sed Aristoteles sapienlissimus prineipiorum cognilor
reclamal huic senlentiae nee ad unum res omnes putat duci posse primordium,
sed decem esse genera in rebus, quae cum a semetipsis diversa sunt, tum ad nul
luni commune prineipium educunlur.
XII. Boethius. 685
licher Weise auch hier die substantia, welcher die übrigen neun als
accidenlia gegenübertreten no), in prima und secunda subst. getheilt und
die Annahme, dass erstere dem sinnlichen Wahrnehmen, alles aber an
ihr Vorkommende dem Intelligiblen zufalle, erfährt hier gleichfalls den
neuplatonischen Rückschlag, dass der Unterschied zweier Individuen in
das bloss Accidentelle verlegt wird01). Es wird aber auch zum Behufe
der Erklärung dessen, was de subiecto und in subieclo sei, wobei gele
gentlich eine neunfache Bedeutung des Wortes inesse erscheint, mit der
Eintheilung in Substanz und Accidens eine zweite sich kreuzende ver
bunden (s. vor. Abschn. Anm. 66), welche selbst schon dem Motive der
Tabula logica näher liegt, nemlich die Eintheilung in Allgemeines und
Particulares, und eine Figur soll dieses Verhältniss anschaulich machen92).
90) Ad Porph. a Viel. tr. p. 5. : cum omnium sermonum significantium varietalem
diversa rcrum summa divideret et in substantiam alquc accidens omnes res secarel
alaue dispergeret , accidens in novem seeuit partes etc.
91) Ad Ar. Praed. p. 128.: facit autem quandam subslantiarum divisionem, cum
dicit alias primas esse subslantias alias secundas .... (p. 129.) merilo primas substantias
nuneupavit ... quac prius sub sensibus capi potuerunt; sensibus vero obiiciuntur
prima individua .... (p. 130.) posteriora vero in nominibus ponendis putanlur
quaecunque ad inlelligibitem pertinent incorporalilalem. Ad Porph. a se tr. p. 89.:
quomodocunque enim Socrales a Plalone distiterit, nullo alio modo distare ab illo
nisi accidenlibus potesl.
92) Ad. Ar. Praed. p. 119.: parvissima vero (sc. divisio) est, quae fit in quatuor,
in substantiam et accidens et universale et particulare .... quoniam substantia
proferri non potesl , nisi aal universalilcr uut parlicularüer intelligatur ... (p. 120.)
neque accidens ullo modo proferri polest, nisi in suo nomine aut universalilatis vim
aul parlicularilatis indual .... ergo quatuor complexiones , universalem substantiam,
universale accidens, particularem substantiam , particulare accidens Aristoteles disponere
cupiens non eorum nomina sed descriptioncs apposuil ... id substantiam esse
diecns quod in subieclo non esset, accidens vero quod in subiecto esset .... «mversalitatis
vero descriptio est de subiecto praedicari .... particularitas vero de nullo
subiecto praedicatur (p. 121.) dicitur enim esse aliquid in aliquo novem
modis .... in loco ... in aliquo vase ... pars in toto ... lotum in partibus ....
in genere species . . . genus in speciebus .... in fine ...in quolibet potente . . . forma
in materia. Dana p. 123. steht folgende Figur (auf derlei Versinnlichungen
legte ja die Schulmeisterei stets einen hohen Werth):
Substantia (asystaton) Accidens
Universale (asystaton) Particulare
686 X». Boethius.
Anderes, wie z. B. was die Reihenfolge der einzelnen Kategorien be
trifft93), gehört der bloss commentirenden Thätigkeit an, enthält aber
auch hierin nichts Neues. Das gleiche gilt von der üblichen Erörterung
der Gegensätze, wobei als die je entsprechenden technischen Ausdrücke
(vgl. oben Anm. 61) auftreten: opposüum, conlrarium, habüus et privaiio,
affirmalio et negalio, für letzteres aber zusammen hier zum erstenmale
conlradictio^*); hingegen aus einer anderen Schrift desBoetluus
kömmt KTezu der uns hier gleichfalls zum erstenmale begegnende Begriff
des disparalum, worunter jenes verstanden wird, was, ohne gegensätz
lich zu sein, von einander verschieden ist95). Hauptsächlich aber hal
Boethius die Lehre vom Begriffe, insoweit sich dieselbe nach stoischer
Schulmanier um Eintheilung und Definition dreht, in seiner Schrift De
divisione behandelt, auch hierin dem Porphyrius und sonach mittelbar
vielleicht selbst dem Andronikus (Abschn. IX, Anm. 75. u. Abschn. XI,
Anm. 60) folgend. Er zählt zunächst die verschiedenen Arten des Einlkeilens,
welche er annehmen zu müssen glaubt (Abschn. VI, Anm. 67 f.),
auf, nemlich : die Gattung in die Arten, das Ganze in die Theile, das Wort
in die Bedeutungen, das Substrat in die Attribute, das Attribut in die
Substrate, das Attribut in Attribute, wovon die ersten drei divisio secundum
se , die letzten drei aber divisio accidenlis heissen sollen96);
sodann nach der Aufzählung einzelner Beispiele entwickelt er ausführlich,
worin die ersten drei Arten sich gegenseitig unterscheiden, wobei selbst
einige tiefere Momente betreffs der Galtung, . des Ganzen und des Wor
tes besprochen werden 97). Hierauf folgt die nähere Entwicklung jener
93) Ebend. p. 144.: post subslantiae Iraclatum cur de quanlilale potius ac non
de qualitate proposuerit, huec causa est, quod omnia quaecunquc sunt, simulalquc
Mini, in immer um cadunt , omnis enim res uul est uns aui plurcs. p. 155.: cur
autem de Iiis quae sunt ad aliquid disseral ornisso Interim de qualitate tractalu,
haec causa est, quod posila quanlilale magis minusve esse necesse est; quare cum
quantilalem continuo ad aliquid consequatur, rede post quantitatem relativorum series
ordinata est. Vgl. p. 172. Uebrigens verfährt Boethius in diesem Commenlare
weniger genau als in jenem zu D. inlerpr. Ed. II , denn er führt häufig Meinungen
Anderer an, ohne diese bei Namen zu nennen (z. Ii. p. 155, 18b\).
94) D. divis. p. 642. : voco autem conlradiclionis Oppositionen, quae afftrmatione
et negatione proponitur. D. inlerpr. p. 336. : manifestum est, omnem offirmalionem
habere aliquant contradictionem negationis oppositam et omnem rursus negationem
affirmationis Opposition« facere contradictionem.
95) I). syü. hyp. p. 608. : negalio vero omnis indefmita esl alque ideo in contrariis
et in conlrariorum medklalibus et in disparalis fieri polest; disparata avtem
ea voco, quae tanlum a sc diversu sunt nulla conlvarietale pugnanlia , vcluti terra,
vestis, ignis.
96) D. divis. p. 638.: divisio namque mullis modis dicilur ; esl enim divisio
generis in species , esl rursus divisio cum lolum in proprias dividitur partes, tst
alia cum vox multa signißcaiis in sigtiificaliones proprias recipit seclioncm ; praeter
has Ires est alia divisio quae secundum accidens fieri dicilur, luäus aulem est triplex
modus ; unus cum subiectum in accidenlia sepuramus , alias cum accidens in
subiecla dividimus, tertius cum accidens in accidenlia secamus (p. 639.) omnis
enim vocis et generis et totius divisio secundum sc divisio nuncupatur, reliquaevero
Ires in accidenlis dislribulione ponunlur. An einer anderen Stelle aber folgt er der
gewöhnlichen rhetorischen Eintheilung ; ad Porph. a Viel. ir. p. 7. : omnis divisio
duplex est, aut cum lolum corpus in diversa disiungis , aut cum genera per species
tlislribuis.
97) Ebend. p. 639 f. : differt enim divisio generis a vocis definitione :
genus ... in quasdam a sc proereationes disiungilur ; .... nihil habenl commune
XII. Boethius.
Eintheilungs-Methoden, und die erste derselben führt sofort auf die Defi
nition und die Lehre von der differentia; indem die Unterschiede in
wesentliche (per se) und unwesentliche (per accidens) getheilt werden,
kommen hievon nur die ersteren in Betracht, da sie die artbildenden
sind, und es wird nun das durch sie bedingte Gegenüberliegen (oppositio)
der Arten erörtert, wobei ein Hauptgewicht auf das contrarium fällt,
aber auch mehrmals darauf hingewiesen wird , dass es häufig in der
Sprache an den nöthigen Worten zur scharfen Eintheilung gebreche,
daher als ein Auskunftsmittel zum Entwürfe einer Tabula logica auch
der Gehrauch von Buchstaben empfohlen wird ; jenem Deutlichen sprach-
Jichen Hindernisse falle es auch anheim , wenn zuweilen die Gattung in
•die Unterschiede, statt in die Arten, getheilt werde98). Nachdem hierauf
für diese Eintheilung die praktische Begel gegeben wird, dass man an
die nächste Gattung (primum genus) und nur an die eigentümlichen
Unterschiede derselben sich halten müsse, damit die Eintheilung nicht
au eng und zu weit gerathe, und nachdem auf die Möglichkeit hinge
wiesen wird, Eine Gattung- nach verschiedenen Gesichtspunkten einzu
teilen, schliesst sich unmittelbar der Grundsalz der Definition an , dass
•eben wegen der Stufenfolge von Gattung und Art nur jene mittleren
Wesenheiten definirt werden können, welche zugleich eine Gattung über
sich und eine Art unter sich haben (also nur auf einen formalen Grund
wird dieses Verhältniss gestützt; s. hingegen die aristotelische Ansicht
Abschn. IV, Anm. 485 ff. u. 701), sowie Boethius auch an einer ande
ren Stelle für die obersten Gattungen nur die vnoyqacpti (Abschn. VI,
praeter solum nomcn quae sub cadem voce sunt; quae vero sub gencrc collocantur,
et nomen generis et deßnitionem sttscijiiu.nl; non eadem apud omnes vocis est
dislributio , generis apud omnes eadem divisio distribulioque permanet (s.
Anm. 110.) generis quoque Sectio a totius distributione seiungitur, quod totius
divisio secundum quantitalem fit .... generis vero disiribtttio qualitate perficilur ....
genus onine naturaliter prius est propriis speciebtts , totum autem propriis parlibus
posterius est (acht stoisch) .... genus speciebus materia est totius vero partium
multitudo materia est specics idem Semper quod genus est, ul hämo idem est
quod animal .... pars vero non Semper idem est quod totum, neque enim idem est
manus quod Homo .... reslat autem vocis et totius dislribulionis dijferenlias dare ;
di/ferunt autem j quod totum quidem conslat partibus , vox vero non constut ex Iiis
quae signifteat.
98) p. 640. : genus est quod praedicalur de pluribus speeie differenlibus in eo
quod est, specics vero est quam sub gencre collocamus .... (641.) nunc autem ad
definitiones integras speeierum divisio necessaria est et forte in eodem divisionis definilionisque
ratio versalur .... sunt autem differentiae aliae per se aliae vero per
accidens .... Uta vero quae per sc sunt sola ad divisionem generis apta sunt
hae igittir differentiae , per quas specics consislit, ipsae et in definilione speciei et
in generis eins divtsione collocantur conslat quaecunque a se aliqua oppositiohe
di/ferunt, eas Solas differeutias sub genere posilas genus ipsum posse disiungere
; sunt autem oppositiones qualuor (6J2.) necessc est autem saepe speciem
negatione componere, cum ea quam simplici nomine speciem volumus assignare nullo
vocabttlo nuneupatur (643.) in contrarias autem gencrum multa divisio est
..... sed quoniam animalis ralionalis unum nomen non est, ponamus ei nomen A
iitteram; rursus A littcrae , quod est animal rationale, alia morlalia sunt alia immortalia
maxime autem contrarielas in differentiis ponenda est dignum vero
inquisilu est, utrum in specics an in differentias rede genera dividantur .... oportet in
proprias species Semper ficri generis disgregationem , sed hoc interdum fieri nequil
propter eam quam supra reddidimus causam, mnltis enim speciebus non sunt nomina.
688 XU. Boetliius.
Anm. 73) an Stelle einer Definition als zulässig erklärt"). Dann folgt
die zweite Methode der Einteilung, nemlich des Ganzen in seine Theile,
wobei das Ganze in vierfacher Bedeutung, als conlinuum, non conlinuum,
universale, ex virtulibus conslans genommen wird100); auch die dritte,
die Eintheilung des Wortes, wird zerlegt, je nachdem signißcalio oder
modus oder delerminalio den Gesichtspunkt darbietet, und es werden
dabei die aristotelischen Arten der Amphibolie aufgezählt 10 *). Endlich
ganz kurz werden die noch übrigen Eintheilungen per acädens durch
blosse Angabe der allgemeinen Regel, dass stets die opposita einzuhalten
seien, erledigt 102).
Eine völlig andere Haltung aber hat des Boethius Schrift De definüione,
indem sie sich durchaus an jenen Standpunkt betreffs der De
finition anschliesst, welchen wir oben (Abschn. VIII, Anm. 33—39) als
den Cicero's trafen, und überhaupt schon äusserlich durch mannigfache
Beziehungen auf Ciceronische Stellen, sowohl aus dessen rhetorischer
Theorie als auch aus einzelnen Reden, weit näher dem Gebiete der Rhe
torik als jenem der Logik liegt. Die Hinweisung auf die Dialektik (s.
oben Anm. 82) liegt auch schon in den Eingangsworten, welche an Ci
cero's Ausspruch anknüpfen, dass jede Erörterung mit der Definition des
99) p. 644.: hoc autem fit hoc modo, ut primum genus in suas differenlias
disgregemus, non in poslerioris, et rursus posterioris in suas, sed non in poslerioris
. manifestum est , secundum proprias differentias , non secundum posterioris
generis , prior««! generum divisionem esse faciendam oportet autem divisionem
quoque sicut terminum neque diminulam esse neque superßuam fit autem ge
neris eiusdem divisio multiplicitcr solam tantum exsequar definiendi regulam ;
rerum enim aliaC sunt superiores aliae inferiores aliae mediae ; superiores quidem
definilio nulla complectitur, ideirco quod earum superiora genera inveniri non possunl ;
porro autem inferiores , ut sunt individua , ipsa quoque speeificis differentiis carent,
quocirca ipsa quoque a definilione seclusa sunt; mediae igitur, quae et habc.nl ge
nera et de aliis vel generibus vcl de speciebus vcl de individuis praedicantur , sub
definitionem cadere possunl .... (hierauf folgt in gi'össler Ausführlichkeit als Bei
spiel die Definition des Begriffes ,,nomcn") .... (645.) genus in divisione totum
est, in definilione pars, et sie est definilio, quasi partes totum quoddam coniungal,
et sie est divisio, quasi lolum solvatur in purlcs. Ad Ar. Piaed. p. 120.: quoniam
gencralissimorum generum definilioncs non poterat invenire, descriptionibus usus est.
Ad Porph. a Viel. tr. p. 14.: quae Graeci imoy(>cc(f<rjg Xöyovg dicunt , Laiini subscriptivas
rationcs dicere possunl .... subscriplivae autem raliones sunt demonstrativae
et quodammodo insignilivae proprietatis illius rei quae cum ipsa generalissima
sit et genus cius nulluni reperiri possil, eam tarnen definire necesse est.
100) D. div. p., 646. : nunc de ea divisione dicamus quae est lotius in partes
.... quod enim dieimus totum , multiplicitcr significamus ; totum namque est quod
continuum est dieimus quoque totum quod conlinuum non est .... dieimus
quoque totum quod universale est .... dieimus quoque totum quod ex quibusdam
virtulibus constat, ut animae nXia est polenlia saptendi alia sciendi etc.
101) p. 646.: rcslat igitur, ut de vocis in signifteationcs divisione tractemus;
fit autem vocis divisio tribus modis ; dividilur enim in significalioncs plures ut
acquivoca vel ambigua .... alio autem modo secundum modum; haec enim plura
non significant sed mullis modis (647.) alius vero modus secundum determtnationem;
quolics enim sine determinalione dicitur vox ulla, facil in intelleclu dubilalionem
. ... est autem omne quidem ambigman dubitabile, non tarnen dubilabile est
ambiguum.
102) p. 648.: nunc de Iiis divisionibus dicemus quae per accidens sunt; harum
autem commune praeeeptum est, quidquid ipsorum dividilur, in opposita disgregari.
XII. Boethius. 689
Gegenstandes beginnen müsse ,03). Es wird die Definition als jener
Ausspruch bezeichnet, welcher von einem Dinge angibt „quid sil" (im Ge
gensatze gegen an sit und quäle sit), und dann die dialektische oder
philosophische Definition von der rhetorischen unterschieden 104). Die
erstere, welche sogar der Kenntniss der Existenz des Gegenstandes vor
ausgehe, müsse jedenfalls auf die Substanz desselben gehen, d. h. subslanlialis
sein, und es habe daher unter den quinque voces das accidens
die wenigste Bedeutung für die Definition ; dieselbe werde dadurch ge
wonnen, dass man vom genus abwärts durch differenlia und species zum
proprium, und hiemit zur Ausschliessung aller NebenbegrifTe gelange105).
Und nachdem nun im Anschlüsse an Cicero für eine solche Methode des
Definirens drei Gesichtspunkte, nemlich a lolo, a partibus, a tiola, ange
geben werden, wobei selbst der Sprachgebrauch in der Gleichstellung
von divisio und parlitio , sowie von species und pars, mehr rhetorisch
als logisch auftritt106), wird unter jenen drei Arten der Definition die
erste als die eigentliche und wahre bezeichnet, dieselbe aber wieder
103) D. divis. p. C48. : Diccndi ac disputmidi prima Semper oratio est et tum
Diulecticis auloribus et ipso M. Tullio saepius admonenle , quac dicitur definitio ;
quippe cum in cerlanien conlenlionemquc nihil possit , quod tarnen in dictione consistal,
aliquando deduci , nisi de quo futura pugna est prius fueril in de/initione
ita defixum, ut possit inier ujrumque qui inituri sunt eam litem esse manifestum,
quid sit illud de qua in futura quaeslione tractabitur.
J04) p. 649.: nos turnen apertius id ipsum quid sit definitio noslra explanalione
faciamus ; omne quod demonstralur oratione aut an sit aut quid sil aut quäle
sit ostenditur; quod cum adhibelur oratio ad declarationem rei alieuius an sil, non
est definitio, item cum quäle sit aliquid oratione monslratur, pari modo definitio
non eril , cum vero quid sit ostenditur, quod medium est inier an sil et quäle sit,
.... omnis definitio aut rhelorica est oratio aut diuleclica ; nun folgt, p. 650 f.,
die rhetorische Theorie der Delinition.
105) p. 651.: praeeeplis et dialeclicornm philosophorumque omnium illud lenere
debemus, non esse definitionem nisi solam quae in ca re quam definire volumus,
priusquam eins rei esse intelligimus , declaret atque ostendal substantiam ; hoc ut
apertius fiat , docebimus nulluni esse definitionem certam integram approbandani nisi
eam quam dicunt philosophi subslanlialem, graece oiioiaiifng appellalur (652.)
quidam tarnen cauliores plenioresque in docendo definitionis ipsius quasi quaedam
mcinbra constituunl dicunlque eam pcrfeclam definitionem islam quam appello sub
slanlialem ex quinque partibus, id est genere specie differenlia accidenti proprio,
debere consislere ; sed accidens in definitione minimum , proprium plurimum valet
.... in oratione isla subslanliali lamdiu interpoliere debemus species et di/ferentias,
quamdiu seclusis onmibus quae hoc idem esse possunt co perreniatur ut proprietas
iam certa leneatur (653.) arbilror aperlam esse eam definitionem, quae substantialis
esse debet, sie esse dicendam , ut proposito eius rei de qua agitur genere et
adiunetis speciebus cum differenlia usque ad eius proprium dischisa omnino communitione
veniamus ; ac si velimus iudicium veri philosophis auetoribus sequi, nulla
dicetur alia definitio.
106) p. 653. : M. Tiillius in Topicis (6—8.) de tribus locis primis Iraclans, a
lolo, o partibus, a nota, cum a tolo argumentum est, definitionem esse adliibendam
dicit at a partibus cum argumentum est, etiam ipsa quidem dicitur definitio
(p. 654.) fiel igilur etiam a partibus definitio ergo divisione vel parlitione
efficilur isla de qua loquimur definitio partes pro speciebus poni rationalis licentia
est ut totum pro genere, nunquam tarnen genus pro tolo aut pro parle species
nominatur (655.) tertia definitio est quae a natu dicitur, cum vis verbi vel
nominis, quae in composilione sila est, rem suam facta quadam separatione designat
.... sed saepe verbum simplex et purum nulla composilione connexurn in definitione
a nota ducetur, ub~i est vis eius quam Graeci appellant hv/xoXcryCav, at Cicero veriloquium.
Prantl, Gesch. I. 44
690 XII. Boelhius.
in fünzehn Ausdrucksweisen (formae) getheill; und zwar sind dieses fast
die nemliclien fünfzehn, welche wir schon ohen (Anm. 2) hei Victorinus
trafen, nur fehlt hier dieDefinilon xarct to ölov, hingegen neu kömmt hinzu
die Definition ag rvnog; jedenfalls inuss bei denselben unbegreiflich bleiben,
wie sie sämmtlich unter die höhere Gattung „o toto" gebracht werden
sollen 10T). Die specielle Darlegung derselben nebst Beispielen und na
mentlich Reducirung auf Ciceronische Doctrin und Praxis füllen den Rest
des Buches, an dessen Schlüsse noch die allgemeine Regel, dass die De
finition weder zu weit noch zu eng sein soll, angegeben und gleichfalls
durch Beispiele erläutert wird 108).
Die Lehre vom Urtheile scheint Boethius mit besonderer Vorliebe
behandelt zu haben , denn er widmete ihr nicht nur einen doppellen
Commentar zur aristotelischen Schrift D. inlerpr., sondern stellte sie
auch in der für Compendien üblichen Form mehrmals (s. oben Anm. 80)
dar. Bei der Erklärung des aristotelischen Buches, in welcher er eben
falls dem Porphyrius folgt (Anm. 74), beginnt er mit der üblichen Erör
terung über den Titel desselben, wobei bemerkt werden mag , dass er
mit loculio und q>ccGig mit diclio übersetzt, unter inlerprelatio
aber die Vereinigung des articulirten Lautes mit der inneren Geistesthätigkeit
versteht 10°). Bei der Frage über das Verhällniss zwischen Ding,
Gedanke, Wort und Schrift, wo conceplio schon sehr an die nachmalige
technische Bedeutung streift, fehlt auch hier weder die Hinweisung auf
die Verschiedenheit der Sprachen bei gleicher allgemein menschlicher
107) p. 655.: hae sunt trcs nunc a me positae prinzipales dcßniliones substanliales
, quae a toto est, a partium enumerationc , et a nota , ila ut illa qtiae
prior est sola vere definitio nuncupctur; istae aulem duae Hominis honore et honestale
, quia id de quo quaerilur quid sil oslenditur, non vere sed tarnen defmiliones
esse dicentur ; nunc ad illam quae a lolo est deßnitionem revcrtamur , quia ipsa in
se recipcre formas polest plurimas • sed ex his eas quas colligere potuimus parliemur,
sunt enim et aliac fortassc , dcinclc raliones ac differcntias et cxempla dicemus ; est
igitur prima quae gracce ovaitöä-ng, laline subsiantialis appellari polest; secunda
est IvvorjfAccTtxr), quae solam nolioncm subiicit ; lertia noi6xi\g , quae a qualitale
nomen accipit; quarla vnoyi>a<fixi\ , quae a M. Tullio descriplio nominalur ; quinta
xax' ävilXtiiv (I. xarci ir(v l£(iv, s. Anm. 176.) laline ad verbum possumus
dicere ; sexta xnrä äict(fonctv, Laiini de eodem et de altera nominunt , quae differentia
dici polest; seplima est xuza (itTutpoQuv , id est per translalionem ; octava
est xar^ ätpulQCOiv tov ivavxiov , id est per privantiam contrarii eius;
nona xarä vnorvnwOiv , id est per quandam imaginationem ; deeima est dg zvnog
, laline vcluti; undeeima est *«r' evdtiuv nXr)novg ix tov civtov y^vovg,
id est per indigentiam pleni ex eodem generc ; duodeeima est xm' inaivov , id
est per laudem; lertia deeima est xkt' ävaXoyüiv, id est iuxta ralionem quae
proporlio dicitur; quarladecima est xarct tb TiQÖg n, hoc est per id quod ad ali
quid est; quinladecima est txtiicöttijg, causam Iribuens.
108) p. 660.: quam solain diximits definilionem, duo viliareeipit prineipalia ; siea
oratio quae defmil aul amplius complexa fuerit aul minus quam res plcna sil declaravit.
109) D. inlerpr. Ed. II, p. 290.: loculio enim est articulala vox , neque enim
hunc sermonem , id est Xiiiv , dictionem dicemus, ideirco quod ipctoiv diclionem
inlerpretamur , Xä$iv loculiouem coneurrentibus igitur his tribus , linguae percussionc
, articulato vocis sonilu , imaginulione aliqua proferendi, fit inlerprelatio ;
inlerprelatio namque est vox articulala per se ipsam significans. An einer anderen
Stelle spricht Boethius ein Bedenken betreffs der Uebersetzung des Wortes Xöyog
aus; ad Ar. Praed. p. 145.: apud Romanam namque linguam discrela sunt vocabula
oralionis alque Talionis, Graeca vero oratio ulriusque vocabuhm et ralionis el orationis
lüyov appeltat.
XII. Boethius. 691
Wahrnehmung, noch die gewöhnliche Bemerkung üher die erdichteten
Begriffe110); auch die Conlroverse über die Passivität des Eindruckes
bietet nichts Neues. Das logische Urtheil, welches stets enunlialiva
heisst, wird in der üblichen Weise von den anderen vier Satzarten un
terschieden, und auch die Bemerkung betreffs der Partikeln und der Im
personalia findet sich111). Das kategorische Urtheil nennt Boethius praeiicaliva
proposüio, aber fügt fast immer die Bezeichnung vermittelst des
griechischen Wortes bei, und gegenüber dieser Urtheilsform, welche ihm
als die einfache gilt, nimmt er als Product einer Zusammensetzung (vgl.
Anm. 83) das hypothetische, worunter er nur jenes versteht, welches
ronditionalis heisst112). Was zunächsKdas kategorische Urtheil betrifft,
ist zu bemerken, dass bei der üblichen Angabe der Viertheilung dessel
ben in allg. bej.j allg. vern., part. bej., part. vern. (affirmalivus und ne
gativus sind ausnahmslos technische Worte) und des gegenseitigen Ver-
110) D. inlerpr. p. 296.: res enim ab intellcclu coneipitur, vox vero coneeptioues
animi intellectusquc significat , ipsi vero intelleclus et concipiunl subiectas res
el significantur a voeibus ; cum igitur tria sint haec .... quartum quoque quiddam
esl, quo voces ipsae raleant designari , id aulem sunt litterae, scriptae namque litlerae
ipsas significant voces; quarc qualuor isla sunt, ul litterae quidem significent
voces, voces vero intellectus, intelleclus aulem res concipiunl nam cum Roma
nus , Graecus aul harbarus simul videanl equum, habent quoque de eo eundem inlellectum
quod equus sit , sed Graecus aliler equum vocal , alia quoque vox
in equi significalione Romana est, el Barbarus ab ttlroquc in equi designatione dis-'
senlil .... plurcs enim voces invenies , quae nihil omnino significent nec inlellcctui
quoque subiecla res Semper est, sunt enim intelleclus sine re ulta sibi subiecla , ul
quos centauros vel chimaeras poelae finxerunl. Vgl. p. 309. Ad Porph. a Viel. tr.
p. 8. : hinc ergo animus non solum per sensibilia res incorporales intclligendi est
artifex, sed eliam fingendi sibi alque etiam menliendi; inde enim ex forma equi et
hominis falsam centaurorum speciem sibi ipsa inlelligenlia comparavit.
111) D. interpr. p. 291.: pcrfeclarum vero oralionum partes quinque sunt: deprecativa
. . . imperativa . . . interrogativa .... vocativa .... enunlialiva, in qua verilas
et falsitas invenitur (ebenso p. 324.). p. 293. : coniunclioncs aulem vel praeposiliones
nihil omnino nisi cum aliis iunclae designant. D. syll. cat, p. 582.:
nomen et verbum duae solae partes sunt pulandae , ceterae enim non partes sed
oralionis supplementa sunt. 1). interpr. p. 312.: quod aulem dictum est, obliquos
casus cum ,,esl" verbo iunetos orationem perfeclam non facere , non dieimus , quoniam
cum nullo verbo obliqui casus iungunlur ila , ul nihil indigentem perficiant
orationem, cum enim dico ,, Socialem pocnitel", enuntiatio est.
112) D. interpr. p. 330.: simplicem propositjonem , quam xcnrjyoQixijV Graeci
dicunt, nos praediculivam interprelari possumus Ebend. p. 343.: propositionum
quae sunt simplices, quas calegorkas Graeci vocanl , nos praedicativas dicere pos
sumus. Ebend. p. 357.: calegorkas proposiliones Graeci vocant , quae sine aliqua
conditione propositionis promuntur .... sunt aulem conditionales proposiliones huiusmodi,
„si dies est, lux est", quas Graeci bypotlieticas vocant .... et Utas quidem
quas calegorkas Graeci nominant, latine praedicativas dicere possumus. Ebend. p.
361.: calegorkas proposiliones, quae praedicativae laline possunl nominari Mae
namque quas hypolheticas vel conditionales vocamus. Ebend. p. 327.: quemadmodum
in his quae hypothelicae vel conditionales dicuntur , coniunetiones vim proposi
tionis lenenl, sie in simplieibus proposilionibus praedicalio vim obtinet , unde et
graece quoque tales proposiliones xarnyoQixta , id est praedicativae , dicuntur,
Introd. ad syll. cat. p. 562.: simplex est, quae conditione seposita esse aliquid vel
non esse proponil .... composita vero, quae ex duabus simplieibus copulante con
ditione consistil. D. syll. hyp. p. 606. : Syllogismus qui ex calegoricis proposilioni
bus iunclus est, categoricus appellelur, id est praedicalivus quidem, qui vero ex
hypothelicis proposilionibus constat , dicalur hypothelicus , id est condilionalis. Vgl.
d. diff. top. p. 858. Betreffs des Disjunctiven s. unten Anm. 141, 148 u. 163.
44*
692 XII. Boethius.
hältnisses dieser vier Formen hier zum erstenmale vollständig jene Ter
minologie erscheint, welche fortan die unbedingt herrschende wurde;
nemlich allg. bej. und allg. vern. heissen conlrariae (auch contrarietas
findet sich häufig), part. bej. und part. vern. subconlrariae, allg. bej. und
part. vern. sowie allg. vern. und part. bej. conlradictoriae, allg. und part.
bej. sowie allg. und part. vern. subalternae (hievon ist namentlich „contradictorius",
vgl. Anm. 94, wichtig); an diese Terminologie werden die
gewöhnlichen Regeln geknüpft, welche dieser Urtheile zugleich wahr sein
können und welche nicht113). Und sowie Boethius schon hiebei alle
nur möglichen Fälle und insbesondere das unbestimmte Urtheil (indefinito)
berücksichtigt114), füllt er ebenso auch jene Lücke aus, welche wir
in der aristotelischen Schrift bei der Tafel der Urtheile bemerkten (Abscha.
IV, Anm. 203), indem er die verschiedenen Formen des unbestimmten
Urtheiles angibt115). In dem gleichen Bestreben einer erschöpften Voll
ständigkeit wendet er auch für die einzelnen Fälle eigene technische
113) D. interpr. p. 343
Gestalt (vgl. Anm. 125.):
Affirmatio universalis
omnis homo
iustus est
quidam homo
iustus est
Affirmatio particularis
114) Z. B. p. 350.: contra affirmationem quae est „omnis homo iustus est"
videnlur esse negationcs hae: una ,,nullus homo iustus est", altera ,, quidam homo
iustus non est", altera ,,non omnis homo iustus est", et postrema indefinita ,,homo
iustus non est" restat ergo ut aut ea sit (sc. conlradictoria) , quae est ,,non
omnis homo iustus est" aut ea quae est „quidam homo iustus non est", sed hae
sibi consentiunt.
115) p. 382.: hoc autem subiecta descriptione declaratur:
indefinitae ex simplici nomine subieclo:
homo ambulat homo non ambulal
indefinilae ex inßnito nomine subieclo:
non homo ambulal non homo non ambulat
universales ex simplici nomine subieclo:
omnis homo ambulat nullus homo ambulal
universales ex infinilo nomine subieclo :
omnis non homo ambulal nullus non homo ambulat
particulares ex simplici nomine subieclo:
quidam homo ambulat quidam homo non ambulal
particulares ex infinilo nomine subiecto:
quidam non homo ambulat • quidam non homo non ambulat.
ff. Die übliche Figur erhält hier (p. 345.) folgende
Negalio universalis
: nullus homo
contrariae
iustus est
Negatio particularis
XII. Boetlüus. 693
Ausdrücke an und nennt bei jenen Urtheilen, welche drei Bestandtheilc
haben, dasjenige, in welchem die Negation bloss bei dem „est" steht,
negatio simplex, sowie jenes, in welchem keinerlei Negation ist, affirmatio
simplex; diesen beiden gegenüber heissen affirmatio inßnita und
negatio infinita (auch äff. und neg. ex infinilo) diejenigen, in welchen
die Negation bei dem Prädicate steht, ferner jene , in welchen das Prädicat
mit dem privativen „in" zusammengesetzt ist (z. B. iniustus), wer
den affirmatio privatoria und negatio privatoria genannt; endlich alle
diese Formen sind wieder doppelter Art, nemlich entweder definilae oder
indefinilae, je nachdem die Quantität derselben ausdrücklich bezeichnet
ist oder nicht116); und es wird hiebei mit ängstlicher Sorgfalt stets
eine erläuternde Figur entworfen, in welcher die contradictorischen
Urtheile einander gegenüberstehen und diejenigen, welche zugleich wahr
sind, wo möglich schräg gegenüber (angulariter) liegen ; ebenso wird in
der eindringlichsten Weitschweifigkeit untersucht, welche Urtheile zugleich
wahr sein können und wie sie sich gegenseitig einander folgen ; kurz
dem Interesse des Tändeins wird Genüge gethan, Niemand aber wird von
einer solchen Verfahrungs weise erwarten, dass jene Schwierigkeiten be
treffs der sprachlichen Verneinung und des realen Gegensatzes irgend
nur gefühlt, geschweige denn gelöst werden (vgl. Abschn. X, Anm. 10);
wohl hingegen bemerken wir das schon direkt scholastische Bestreben,
das Unvernünftige vernünftig zu machen, d. h. Methode in den Unsinn
116) p. 384 ff. So z. B. (p. 385.)
affirmatio simplex
homo iustus est
affirmatio ex infinilo
homo non iustus esl
dann p. 389. : hoc autem subieeta descriptio docet :
simplices :
affirmatio
est iustus homo
opposilio una
opposilio una
negatio simplex
homo iustus non est
negatio ex infinilo
homo non iustus non esl
negatio
non est iustus homo
negatio
non est iniustus homo
negatio
non est non iustus homo
privatoriae:
infinilae
affirmatio
est iniustus homo
affirmatio
est non iustus homo
illud quoque in descriptione videndum est, quod angulariter se affirmationes negationesque
respiciunt. Dann bes.
affirmatio simplex
homo iustus est
negatio privatoria
homo iniustus non est
negatio infinita
homo non iustus non esl
affirmatio universalis simplex
omnis homo iustus est
negatio particularis privaloria
non omnis homo iniustus est
negatio particularis infinita
non omnis homo non iustus esl
p. 396. : erit aulem huiusmodi descriptio :
indefinilae :
negatio simplex
homo iustus non est
affirmatio privatoria
homo iniustus est
affirmatio infinita
homo non iustus est.
definilae :
negatio particularis simplex
non omnis homo iustus est
affirmatio universalis privatoria
omnis homo iniustus est
affirmatio universalis infinita
omnis homo non iustus est.
694 XII. Boethius.
zu bringen ; denn wirklich komisch ist, wie auch Boethius sich bemüht,
aus jenen verstümmelten Abschnitten der aristotelischen Schrift alles No
tlüge herauszuinterpretiren , ohne nur auf den Gedanken zu kommen,
dass hier in anderer Weise zu arbeiten wäre. Zu bemerken ist übrigens,
dass Boethius da, wo er die Abfolge der Urtheile bespricht und gleichfalls
durch eine Figur versinnlicht, nicht das Wort aequipollens, welches bei ihm
sich überhaupt nicht findet, sondern consenliens gebraucht (vgl. Anm. 128);
auch hier aber vervollständigt er die Tafel durch Beiziehung des unbe
stimmten Urtheiles U7). Erklärlich wird man es finden, wenn auch
Boethius ein grosses Gewicht darauf legt, die Anzahl der möglichen Urtheilsformen
anzugeben (vgl. unten Anm. 151 f.); er nimmt dieselbe aus
Syrianus, welcher 48 Formen je für das Urtheil des Stattfindens, der
Möglichkeit und der Nothwendigkeit, also zusammen 144 annahm118);
dass aber diese Zählung, dennoch nicht einmal vollständig ist, geht aus
demjenigen hervor, was wir oben, S. 164, selbst hierüber angeben muss-
117) p. 411. wird hiefftr folgende Figur gegeben:
Esl omnis homo iustus Nullus est homo iustus
I • x/ 1
I " I
Nullus est homo non iustus Est omnis homo non iustus
Dann p. 412.:
Est omnis non homo non iustus Est omnis non homo iustus
Nullus non homo iustus est Nullus non homo non iustus est
Quidam non homo iustus esl Quidam non homo non iustus est
Non est omnis non homo non iustus Non est omnis non homo iustus.
118) p. 404 f.: nos quoque a Syriano .... propositum omnium numerum de
quibus in liac libri disputatione perpendit , nimis ad rem perlinentem alque Uli lern
transferamus quatuor modi sunt proposilionum , aul enim indefinilae sunt aut
universales aut particulares aut singularium alque individuorum cum igitur sex
sinl afßrmationes , duae quibus „esl" praedicatur., quatuor vero quibus adiacens,
has si per quaternarium ducam, viginti quatuor fient, quas rursus si binario numero
multiplicem, quadraginla Odo mihi summa succrcscet .... quas si per qualitales
proposilionis , necessariam scilicet et conlingentem et messe significantem; multiplicavero
, centum quadraginla quatuor fient ; subter adscripsimus. Nun folgen in
einer allerdings sonderbaren Anordnung :
Est homo Est iustus non homo Est non homo
Est omnis homo Est iustus omnis non homo Esl omnis non homo
Est quidam homo Est iustus quidam non homo Est quidam non homo
Est Soerates Est iustus non Socrales Est non Socrales
Esl non iustus homo Est iustus homo Est non iustus non homo
Est non iustus omnis homo Est iustus omnis homo Est non iustus omnis non homo
Est non iustus quidam homo Est iustus quidam homo Est non iustus quidam non homo
Esl non iustus Soerates Est iustus Soerates Est non iustus non Soerates
und hierauf die nemlichen vierundzwanzig Urlheile mit vorangeselztem Non, so dass
überall Non est für Est steht.
XII. Boethius. 695
ten. Was nun eben jene Modifikationen des Urtheiles betrifft, welche
in der Möglichkeit und der Nolhwendigkeit beruhen, so ist bezüglich der
Terminologie zu. bemerken, dass auch hier entsprechend dem griechischen
zQonog (vor. Abschn. Anm. 159) das Wort modus für dieses Verhältniss
überhaupt gebraucht wird, woraus natürlich später die Bezeichnung „Mo
dalität" entstand; im Einzelnen sind die technischen Ausdrücke: necessarium,
possibüe {övvarov) , impossibile , conlingens {höe%6uevov) , ulrurnlibet,
und zwischen possibile und conlingens wird nur der Unterschied
aufgestellt, dass man wohl impossibile, nicht aber incontingens sage119).
Inhaltlich zeigt sich die schlechthin formale Auffassung, indem Boethius
ein arges Bedenken darin findet, ob denn die reale Bedingung überhaupt |
in die Logik gehöre 120); eine formale Eintheilung der hierauf bezügli
chen Urlheile s. unten Anm. 150. Uebrigens bespricht er die Möglichkeit
und Nothwendigkeit auch hier in dem Sinne jener Tendenz, welche seine
bekannte Schrift De consolalione phüosophiae hat121). In der Erklärung
des Einzelnen, welche im Ganzen als eine breit commentirende Para
phrase zu bezeichnen ist, wendet er auch auf diese Urtheilsformen das
Verhältniss des Conlradictorischen und Conträren an 122).
In jenen zwei Schriften, welche als Compendien der Lehre vom
Urtheile zu betrachten sind , neinlich in der Inlroduclio ad syll. caleg.
und dem ersten der zwei Bücher De syllog. caleg., holt Boethius zunächst
erklecklich weit aus, indem er, natürlich um vom Einfachen zum Zusam
mengesetzten fortzuschreiten, vorerst nach den schon oben bezeichneten
schulmässigen Grundsätzen von vox signiftcaliva , rtomen, nomen infinilum,
verbum, adverbia handelt, und dann bei der oratio ankömmt, welche
119) Z. B. p. 424.: seil quoniam sunt modi alii, per quos aliquid fieri posse
dicimus, aliquid non posse, aliquid necesse esse, aliquid conlingere, quaeritur in
Iiis quoque , quemadmodum fieri cvnlradictionis debeat oppositio (425.) in his
autem in quibus modus aliquis upponitur. p. 358. : necessarias aulem proposiliones
vocamus , in quibus id qiwd dicitur aul fuisse aul esse, aul certe necesse est evenire
, et haec quidem quae sempilerna significant, sempilernac necessitalis sunt....
aliae vero sunt quae non sempilerna significantes sunt tarnen et ipsac necessariae,
quousque üla subiecla sunt de quibus proposilio aliquid affirmal aut negat . . . . quod
si tes impossibilcs sunt, propositiones quae illas demonstrant impossibiles nominantur
, sin vero res conlingentcr sunt rcnienles alque abenntes, quae illas prodit con
lingens proposilio nuneupatur .... solet autem futura vocare quae eadem contingentia
dicere consuevit .... (359.) ingreditur autem ex his tribus quae supra dicla sunt,
ex casu, ex libero arbitrio , ex possibilitale , quae omnia uno nomine ulrumlibcl
voeavil. p. 426. : quorum conlingens esse et possibile esse idem sirjnifical neque
quidquam discrepat nisi hoc tantum, quod possibile quidem polest privatione
subduci, conlingens vero minime ; contra enim id quod dicilur possibile esse et negalio
possibililatis infertur aliquoties , ut est „non possibile est esse", et privatio,
ut „est impossibile esse" in contingcnli autem, quamquam idem significet, . . . .
dicimus ,,non conlingens", et haec negatio est, ,, incontingens" autem nullus dixerit,
quod est privatio. Vgl. Anm. 150.
120) p. 357.: Ea quae huius libri series continebit exponere , allioris paene
tractatus est, quam ut in logica diseiplina conveniat disputari. p. 361.: non autem
incommode neque incongrue Aristoteles de rebus allioribus et forlassc non pertinenlibus
ad artem logicam disputationem transtulit, cum de propositionibus loqueretur.
121) z. B. p. 370. sind bedeutende Anklänge an jene Auffassung.
122) p. 442.: disponantur enim hae , scilicet quae sequuntur cl sub his ne
cessariae, et quae sil contradictio , quae conlrarietas , adscribatur:
696 XII. Boethius.
als logisches Urtheil von den übrigen Satzarten unterschieden und die
ses in das einfache und das zusammengesetzte getheilt wird123). Nach
dem hierauf die Eintheilung nach Qualität und Quantität (letztere aber
nicht bloss in allg. und part. , sondern auch in unbestimmt und indivi
duell) gelehrt wird, folgt die Angabe, was Subject und was Prädicat sei,
und zwar hier zum erstenmale mit eben dieser Terminologie „subiectum"
und „praedicalum " , wobei hinzugefügt wird , dass der Subjectsbegrifl'
stets der engere (minor) und der Prädicalsbegrifl' der weitere (maior)
ist, ausser wenn letzterer das proprium des ersteren angibt; ferner wird
bemerkt, dass diese zwei Begriffe , da in sie das Urtheil zerlegt werde,
termini heissen, das „esl" und „non est" aber kein lerminus, sondern
nur ein Zeichen der Qualität des Urtheiles sei 124). Eigentümlich aber
ist, wie nun der übrige Theil der Lehre vom Urtheile unter Einen Eintheilungs-
Gesichtspunkt gebracht wird ; nemlich nach der Angabe , dass
zwei Urtheile entweder gemeinschaftlich die gleichen Termini haben kön
nen oder nicht, wird der erstere Fall wieder gespalten, je nachdem diese
Gleichheil der Termini bei unveränderter Reihenfolge derselben oder mit
einer Aenderung ihrer Stellung stattfindet ; ersteres führt zu dem Verhält
nisse der Entgegensetzung jeder Arl, letzleres natürlich -zur Conversion
und Contraposilion. Man sieht, dass hiebei die Termini des Urtheiles
gleichsam die Grundsteine des Zusammensetz - Spieles sind , die Copula
aber und alle Bezeichnungen der Quantität und Qualität nur nach jeni
Motive njaJJ^matislJhinpT^ .■ipnt!,n jn, Verbindung gebracht
werden j_ und diess blieb auch fortan die Grund-Änsicfit_^B^^ d^JIctlwil.
Was" nun das" erste jeh^"*zw^Terhältnisse betrifft, so gibt Boethius,
wie sich von selbst versteht, hier wieder die Lehre der verschiedenen
Gegensätze und des gleichzeitigen Wahr- und Falsch-seins mit Beifügung
einer versinnlichenden Figur125), führt aber dann auch hier das Gleiche
possibile esse non possibile esse
non necesse esse necesse non esse
necesse esse
123) Inirod. ad syll. cat. p. 558—561. D. syll. cat. p. 581 f.
124) Inirod. p. 562.: in qualitale quidem, quod alia affirmativa alia negativa
esl secundum quantitatem vero differenliae enuntiationum sunt, quod aliae quidem
universales aliae particulares aliae indeßnilae aliae singulares simplicium vero
enuntiationum partes sunt subieclum et praedicatum; subiectum est, quod praedicati
suseipit dictionem praedicalum vero est, quod dicitur de subiecto aequalis
vero est subiectus lerminus praedicato , ut si quis dicat „Homo risibilis est" ....
ut vero id quod subiectum esl malus possit esse praedicato , nulla prorsus enuntiatione
contingit , ipsa enim praedicata natura minora esse non patilur .... termini
vero dicuntur , quod in eos postrema sit resolutio (p. 563.) „est" igilur tl
,,non est" non sunt termini, sed, ut dictum est, significatio qualilalis. D. syll. cat. p.583.
125) Inirod. p. 563 ff. : propositionum vero simplicium aliae sunt quae in nullaparti
conveniunt, ut ,,Plato philosophus est" et ,,virtus bona est" .... aliae vero sunt,
quae aliqua terminorum partieipatione iunguntur , id autem duobus fieri modis pofest,
aut enim ordine eodem aul per ordinis commutalionem .... nunc de singulü
quibusque tractemus , ac primum de ea propositionum convenientia, quae cum ulris
XII. Boethius. 697
für das unbestimmte und individuelle Unheil durch 126). Hierauf ent
wickelt er in grösster Ausführlichkeit, wie sich allg. bej., allg. vern.,
part. bej., part. vern. (AE 10, von dem unbestimmten und individuellen
wird hier doch wieder Umgang genommen) Urtheile, sowohl wenn das
Prädicat ein wesentliches Merkmal ist (homo—rationalis), als auch wenn
ein nicht-wesentliches, entweder ein auf das Subject beschränktes (homo—■
grammaticus) oder ein über das Subject hillausreichendes (homo—iuslus),
als auch wenn das speciell eigentümliche (homo — risibilis) , als auch
wenn ein widersprechendes (homo — lapis), sämmtlich zu jenen ent
gegengesetzten Urtheilen verhalten, in welchen die Negation entweder bei
dem Subjecte und bei dem Prädicate oder bei dem Subjecte allein oder
bei dem Prädicate allein steht127); und von diesem letzten Falle wird, wenn
in ihm auch noch eine Verneinung des Satzea selbst hinzukömmt, auf jene
Urtheile übergegangen, welche convenienlia (d. h. sog. äquipollente, s. oben
Anm. 117) sind128). Betreffs nun aber jener Urtheile, deren gleiche Termini
que partieipet terminis , purlicipandi tarnen ordinem servent. Für dieses Vcrhältniss
gestaltet sich dann obige Figur (Anm. 113.) hier folgendermassen (p. 567.):
Universalis afßrmatio contrariae Universalis negalio
hae tum dividunl verum et falsum,
tum falsae sunt utraeque , verae nmquam
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hae tum dividunt verum et falsum,
tum verae sunt utraeque, falsae nmquam
Particularis afßrmatio subcontrariae Particularis negalio
126) Introd. p. 568. : nunc de infinitis ac singularibus disseramus. p. 569. :
nunc de singularibus explicemus. Oer Auszug dieser Erörterungen d. syll. eat. p.
583 ff. , woselbst statt contradiclorius fast beständig contraiacens gebraucht wird.
127) Es werden nemlich (Introd. p. 570.) die zwanzig Urtheile, welche sich
ergeben, wenn homo zuerst mit ralionalis, dann mit grammaticus, dann mit iuslus,
dann mit risibilis, dann mit lapis verbunden und jedesmal in A, E, 1, 0 gesetzt
wird, zuerst mit jenen enlsprechenden zwanzig verglichen, welche die Negation so
wohl beim Subjecte als auch beim Prädicate haben (also z. B. omnis homo rationalis
est — omnis non homo non ralionalis est u. s. f.), hierauf (p. 572.) mit
jenen , in welchen die Negation bloss beim Subjecte steht (omnis homo rationalis
est — omnis non homo rationalis est u. s. f.) , und dann (p. 573.) mit denjenigen,
deren Prädicat verneint ist (omnis homo animal est — omnis homo non animal
est u. s. f.). Diese Erörterung ist in dem Auszuge (d. syll. cat.) übergangen.
128) Introd. p. 574.:' convenienlium autem ordinem seriemque describimus,
quas si quis in superius posita respexerit , videbit angulariler conversas:
omnis homo rationalis est 1 inullus homo non rationalis est
omnis homo non ralionalis est \ nteniunt }nu""s nomo rationalis est
quidam homo non rationalis est 1 \quidam homo rationalis non est
quidam homo rationalis est ' ( quidam homo non ralionalis non est
698 XII. Boethius.
ihre Stelle tauschen, wird zunächst die bekannte Regel der Conversion ange
geben, hier aber zum erstenmale mit dem fortan üblich gebliebenen Ausdruckj3Ji£
eracc7deris'' für die nicht reine Umkehrung, die reine aber
wird mit „prmcipalUer'' bezeichnet; auch die "Angabe, dass bei dem pro
prium volle Ümkehrbarkeit besteht, fehlt nicht129). Sodann aber wird
dieser Umkehrung (simplex conversio) gegenüber noch jene besprochen,
mit welcher eine Hinzufügung der Negation verbunden ist, und da letzte
res wieder entweder beim Suhjecte und beim Prädicate oder beim Subjectc
allein oder beim Prädicate allein geschehen kann, so ergeben sich
drei Fälle , bei welchen das gegenseitige Verhältnis des Wahr - und
Falsch-seins zu untersuchen ist. Zu bemerken ist hiebet, dass Boethius
diese Art der Umkehrung als conversio per opposilionem, und wenigstens
den ersten der drei Fälle (wo Subject und Prädicat verneint werden)
auch als conversio per contraposit iQjmm bezeichnet, welch letzteres tech
nische Wort uns hier ebenso ^.irtL Tsj.CT""^1." begegnet wie die Angabe
der formalen Hegel der Contraposition, dass das allgemein bejahende
und das particular verneinende Urtheil rein contraponirt werden können,
und es sich hiemit gegen die Konversion hier umgekehrt verhalte130). —
129) lntrod. p. 574. : nunc cam propositionum convenientiam vel parlicipatinnem
loquamur, quae in utrisque quidem terminis convenientia, sed ordinis commutalione
consistunt, cuius diseeptationis nie finis est, de propositionum conrersione doeuisse
harum igitur parlicularis affirmatio particularilcr quidem sibi ipsa convertitur,
uiiiversuli autem afßrmaliimi per ueeidens ; et rursus universalis negutio loco prin
cipe sui reeipit conversionem , ad particularem vero negationem per ueeidens converti
polest ; affirmutionis vero universalis ad se ipsam perpelua tum polest esse conversio,
ad particularem vero uffirmalionem per ueeidens polest ; nec vero negationis parlicu
laris ad se ipsam principaliler stabilis ac firmu conversio est, sed negutioni unirersali
secundo loco atque accidenlaliler (p. 575.) universalis vero affirmatio non
tenet perpetuam conversionem ; quameis enim quoties de speciebus propriu praedicantur,
converti universales affirmationes queant, etc. D. sytl. cal. p. 589. : per ueei
dens autem converti dicilur parlicularis affirmatio ttniversali affirmationi; quia 'par
licularis affirmatio sibi ipsi principaliler converti tur.
130) lntrod. p. 576.: Testat nunc de ea propositionum convenientia vel parlicipulione
dissererc , in qua ulrimque terminorum ordine permutato uni vel utrique
eorum negativum copulatur udverbium .... Iiuius vero purtieipationis est triplex mo
dus; aut enim praedicato tuntum termino negalio iungilur aut subieclo aut utrique
tennini denegantur ac primum quidem de hnc disseremus, cuius subiectum praedicalumque
negalur
simplices conversae ulrisque infinitis
onmis homo animal est omne non animul non homo est
nullus homo animal est nulluni non animal non homo est
quidam homo animal est quuddam non animal non homo est
quidam homo animal non est quoddam animal non homo non est
sed quanquam huiusmodi purtieipationis plures esse differcnlias noverimus , ad in~
struetionem tarnen categoricorum syllogismorum de huc tantum proposuisse sufficiat
universalis namque affirmatio et parlicularis negalio per opposilionem sibi ipsa
convertitur, universulis autem negationis el parlicularis affirmutionis non est ad veritalis
falsitatisve consensum fida conversio (auch in der näheren Erörterung p. 577 f.
wird hier überall conversio per opposilionem oder converlcre cum oppositione ge
braucht). Hierauf wird die Untersuchung über Wahr- und Falsch -sein noch bei
einen nemlichen zwanzig Urthcilcn (Anm. 127.) für den Fall geführt, dass in dem
umgekehrten nur das'Prädicat verneint ist (simplices: onmis homo animul est u. s. f.
conversae de praedicato infinite : omne animal non homo est u. s. f. p. 578), und
endlich für jenen Fall, dass bloss das Subject verneint ist (simplices: omnis homo
XII. Boethius. 699
Des Boethius Lehre vom hypothetischen Urtheile s. sogleich unten Anm.
140 — 152.
In der Lehre vom Schlüsse, zu welcher das so eben Angegebene
nur als Vorstufe dienen soll, weil alles Zusammengesetzte von seinen
Bestandtheilen abhängt131), ist, soweit es sich um den kategorischen
Schluss handelt, aus dem zweiten Buche De syll. cat., welches als Compendium
dieses Theiles der Syllogistik zu betrachten ist, wenig Eigenthümliches
zu berichten. Von Einfluss auf die folgende Zeit musste es
sein, dass hier schon sehr deutlich das sog. Dictum de omni und Di
ctum de nullo an die Spitze tritt 132). Die Terminologie steht in der
Weise fest, dass überall Syllogismus, lermini und proposilio, für die Combinationen
complexio, dann figura und modus, für die Termini selbst
medius (auch medium) , maior, minor (letztere beide auch exlremitates),
gebraucht wird; auch die übliche (peripatetische) Anwendung der Buch
staben wird um der Kiize willen empfohlen 133). Uebrigens erkennen
wir die Macht des ForjmaJispnis auch daraus, dass Boethius ausdrücklich
sagt, man solle sich nicht daran stossen_i_wenn auch die Beispiele unsinnig,
und f^c|i seien, denn es handle sich hier nicht um die factischc
WäTfnieit^ jsondern eben um syllogistische Verbindungen 134). Boethius
nennt, wo er "milcKsTTire drei ^cTilussfigüfen*" angibt, jene Syllogismen,
deren Beweiskraft nicht anderswoher gestützt werden muss, perfectos syllogismos,
die übrigen imperfeclos 135). Er zählt für die erste Figur ne
ben den vier aristotelischen Schlussweisen mit Berufung auf Theophrastus,
animal est u. s. f. conversae de subiecto infinilo: omne non animal Homo est u.s. f.
p. 579.). Hingegen D. syll. cat. p. 589 f. wird nur der erste dieser drei Fälle be
sprochen, hiebei aber slets der technische Ausdruck conversio per contrapositionem
gebraucht, und dann die eigentliche sog. Conversion als simplex conversio bezeich
net. So (p. 589.): restat ut de Iiis conversionibus dicamus quae per contrapositior
nem fiunt, et primum eurum sit dispositio in descriplione subiecta (es folgen dann
obige vier contraponirten Urlheile); hierauf: in simplici terminorum conversione
quod parlicularis afßrmalio et generalis negalio sibi ipsis converlenlur , generalis
vero affirmatio et parlicularis negatio sibi ipsis non converterentur, hic in per con
trapositionem conversionibus contra est; nam generalis affirmatio per contrapositio
nem sibi ipsa convcrlitur et parlicularis negalio sibi ipsi convertihir , generalis vero
negatio et particularis affirmatio per contrapositionem, sibi non convertuntur.
131) D. syll. cat. p. 5'Jl.: omnium compositorum firmiludo vel Vitium aul in
his maxime reperitur ex quibus est compositum , aul penes bonam malamve compositionem
eins laus viluperatioque tenetur.
132) Ebend. : et quid sit esse in omni vel non esse, paucis ostendam diffinimus
ergo in toto esse vel in toto non esse (also omne und tolum gellen hier als
gleichbedeutend ; vgl. hingegen Anm. 58.) sie : in toto esse vel de omni praedicari
dicilur , quoties non potesl inveniri aliquid subiecti , ad quod illud quod praedicatur
dici non yossil .... in luto vero non esse vel de nullo praedicari dicilur, quo
ties nihil subiecti poteril inveniri, ad quod illud quod praedicatur dici pos sit. -
133) p. 592. : qnoliescunque ila dieimus , ut lilleras pro terminis disponamus,
pro brevilate hoc et compendio faeimus ; id quod per lilleras demonstrure volumus,
universaliter demonslramus.
134) p. 605.: nec hoc nos perlurbet, si quae hic propositiones et conclusiones
falsae sunt, quandoquidem non verilates rcrum sed connexioncs syllogismorum, figuras
et modus suseepimus disscrendos.
135) p. 593.: perfectus Syllogismus est, cui ad integram probalamque conclusionem
ex superius sumptis et propositis nihil deest .... imperfeetns vero Syllogis
mus est, cui nihil aeque ad perfectionem deest, verumtamen in his quae in propositionibus
sumpta sunt aliqua, desunt , cur ita esse videtur.
700 XII. Boethius.
Eudemus und Porphyrius auch jene fünf theophrastischen', welche wir
nun schon oft trafen, auf, bemerkt aber, die letzteren seien nur per conversionem
refractionemque (d. h. xcct' ävdxlaaiv, Abschn. V, Anm. 46)
oder imperfecti ; ja ihnen gegenüber seien die aristotelischen direcli,
woraus natürlich die mittelalterliche Bezeichnung der theophrastischen
als indirecli modi floss130). Auch in der dritten Figur fügt er aus Por
phyrius jenen siebenten Modus hinzu, von welchem oben (vor. Abschn.
Anm. 82) die Rede war. Ucber geringschätzige Aeusserungen betreffs
der Induction dürfen wir uns auch hier nicht wundern 137). Uebrigens
verwendet Boethius am Schlüsse des Buches allen Fleiss auf die ausführ
lichste Darlegung, wie und durch welche Umkelirung u. dgl. alle übririgen
Schlussweisen auf die der ersten Figur zurückzuführen seien. Die
Schlüsse aus Möglichkeit- und Nothwendigkeits - Urtheilen werden über
gangen. Insoferne aber die Syllogistik dem Beweis-Verfahren dient, treffen
wir auch hier ähnlich wie schon oben (Abschn. IX, Anm. 81 f. u. Abschn.
X, Anm. 60) das Bestreben nach gewissen höchsten und allgemeinsten
Obersätzen , principales proposiliones oder probalionis principia , selbst
mit Angabe des nemlichen Beispieles wie dort138); nirgends jedoch er
scheint eine Fixirung derartiger Grundsätze etwa auf eine bestimmte Zahl
derselben (vgl. vor. Abschn. Anm. 161).
In einer merkwürdigen Vollständigkeit aber entwickelt Boethius die
Lehre von den 'hypothetischen Syllogismen in seinem denselben gewid
meten Compendium in zwei Büchern, wozu er, wie er ausdrücklich be
merkt, nur aus griechischen Quellen schöpfte, da er in der römischen
Litteratur Nichts dergleichen vorfand139); es hat ja die spätere unkritische
Tradition darum den Boethius sogar zum „Erfinder" der hypothetischen
Schlusswcisen gestempelt. In der Darstellung selbst, welche Boethius
gibt, können wir zwar die Ordnung eben nicht rühmen , wir wollen
derselben aber dennoch folgen , um auch den Eindruck des Compendiums
wiederzugeben. Es wird zunächst von dem hypothetischen Urtheile
136) p. 595. : per conversionem refractionemque dicitur, quoniam quod universaliter
colligebatur , conversum parlicidariter collectum est. p. 601.: primae figurae qualuor
primi indemonslrabües nominantur et directi ....Uli quoque quinque primae figurae
modi imperfecti et per conversionem sunt.
137) p. 600.: frequenter ad induetionem verae quaedam proposiliones sunt,
quarum conclusio nullo modo vera est .... propter eas conclusiones, quae sunt per
eas proposiliones quae per induetionem dicunlur, additum est (d. b. in der Defini
tion des Syllogismus), conclusiones in syllogismis necessarias contingere. D. Aiff.
top. p. 864.: iuduetio , quae habet maximam probabilitatem , sed interdum veritale
deficit.
138) D. diff. top. p. 859.: et illae quidem (sc. proposiliones) quarum nulla
probatio est, maximae ac principales vocantur, quod his illas necesse est approbari,
quae uX demonstrari raleant, non recusant ; est autem maxima proposilio , til haec
,,si de aequatibus aequalia demas , quae derelinqtiuntur acqualia sunt", ila enim
hoc per se notum est, ut aliud notius quo approbari valeat esse non possit; quae
proposiliones cum fidem sui natura propria gerant , non solum alieno ad fidem non
cgent argumenlo , verum ceteris quoque probalionis solenl esse prineipium; igitur
per se notae proposiliones , quibus nihil est notius , indemonslrabües ac maximae et
principales vocantur.
139) D. syll. hyp. p. 606. : quod igitur apud scriptores quidem Graecos perquam
rarissimos slrictim alque confuse , apud Latinos vero nullos reperi , id luae
scientiae dedicatum noster taesi diuturnus coepti tarnen efficax labor exeoluil.
XII. Boethius. 701
gehandelt, durch welches Nichts prädicirt, sondern irgend ein Bestehen
an ein anderes bedingungsweise geknüpft wird ; auf ihm ja soll der hy
pothetische Syllogismus beruhen, insoferne, wenn auch nur Eine der
Prämissen hypothetisch ist, der Schluss selbst es gleichfalls ist; doch
die Beweiskraft soll auch dieser Syllogismus nur durch den kategori
schen erhalten 140). Nur als eine Species des hypothetischen Urtheiles
wird das disjunctive bezeichnet, welches wohl mit dem negativen hypo
thetischen gleichbedeutend zu sein scheint, in der That diess aber nur
dann ist, wenn das Urtheil „Wenn A ist, ist nicht B" auf einem directen
Gegensatze und dem notwendigen Bestehen des Einen Gliedes der
Alternative beruht — „Entweder A oder B ist" — ; und in solchem
Sinne wird gesagt, dass das hypothetische Urtheil überhaupt entweder
durch connexio (diess wäre evvr]ji(ievov) oder durch disiunclio (dii&vyp&
vov) bestehe141). Weil aber Boethius diese ganze Urtheilsform nach
stoischer Weise als Product einer Zusammensetzung betrachtet, so stützt
er auf die Bestandtheile desselben zunächst auch eine ganz äusserliche
Eintheilung, da es entweder aus zwei bejahenden kategorischen oder aus
zwei verneinenden desgleichen oder aus einem bejahenden und einem
verneinenden oder aus einem verneinenden und einem bejahenden
bestehen könne142); und erst nachhinkend folgt mit der Bemerkung,
dass „si" und „cum" gleichbedeutend seien (s. hingegen Abschn. VI,
Anm. 126) die Angabe, dass eine Verschiedenheit in dem inneren Ver
hältnisse der Abfolge (consequenlia) liege, indem dieselbe entweder bloss
accidentell oder in dem Wesen der Dinge begründet sein könne, in letzte
rem Falle aber wieder entweder von dem Aufstellen der Termini noch
140) p. 607.: praedicaliva Simplex est propositio , conditionalis vero esse non
poteril , nisi ex praedicalivis propositionibus coniungatur neque enim omnino
ailemm de allere praedicalur, sed tantum dicilur esse alterum si allerum fuerit
ita igitur propositionibus disgregatis ex enuntiationum proprietate syllogismi quoque
vocabulum pereeperunt , ut alii dicantur praedicativi alii condilionales .... in quibus
vero hypolhetica propositio prima est, polest namque et assumplio et conclusio
esse praedicaliva , hi tantum per unius hypolheticae propositionis naturam hypothetici
et condilionales dicunlur .... necesse est calegoricos syllogismos hypotheticis vim
conclusionis ministrare.
141) p. 608.: quae vero a simplieibus differunl, illue sunt quando aliquid di
cilur esse vel non esse, si quid fuerit vel non fuerit; hac Semper cum coniunetionibus
proponuntur fiunl vero propositiones hypolheticae etiam per disiunetionem
ita ,,aut hoc est aul illud est", nec cadem videri debet haec propositio quae superius
sie enunliulur ,,si hoc est, illud non est", haec enim non est per disiunetio
nem sed per negalionem , negatio vero omnis indefinita est alque ideo et in contrariis
et in contrariorum medietalibus et in disparatis (s. Anm. 95.) fteri polest ....
at in co quae per disiunetionem fit , allerum semper poni necesse est .... igitur
qttoniam per disiunetionem propositio in certis laut um rebus, in quibus allerum eorum
evenire necesse est, ponitur , hoc autem per negalionem, separatio, quae in
omnibus etiam his quae suam etiam invicem naturam non perimunt poni polest,
aperta ratione discreta est; omnis igitur hypothetica propositio vel per connexionem
fit (per connexionem vero illum quoque modum, qui per negalionem fit, esse pronuntio)
vel per disiunetionem , uterque enim modus ex simplieibus propositionibus
comparatur. Vgl. Anm. 148.
142) p. 608. : quoniam omnis simplex propositio vel affirmativa vel negativa
est, qualuor modis per connexionem fieri hypotheticae propositiones possunt, aul
enim ex duabus affirmativis aul ex duabus negativis aul ex affirmativa et negativa
aul ex negativa et affirmativa.
702 XII. Boethius.
verschieden oder durch dieses bereits gegeben sei 143). Der äussere
Ausdruck dieser Abfolge erscheint in der Terminologie, da der sog. Vor
dersatz praecedens, der Nachsatz consequens heissen soll, was bei dem
disjunctiven Urtheile bloss in der Reihenfolge des Aussprechens beruhe144);
ihr inneres Wesen aber wird mit weitläufiger Beweisführung in den ober
sten Grundsatz verlegt, dass aus dem Bestände des Vordersatzes jener
des Nachsatzes und aus dem Nicht-Bestehen des Nachsatzes jenes des
Vordersatzes folge 145). Nun wird zur Einlheilung der hypothetischen
Urlheile geschritten, und dieselben , wie wir erwarten durften , in ein
fache und zusammengesetzte getheilt, letztere aber wieder unterschieden,
je nachdem sie aus zwei hypothetischen oder aus einem kategorischen
und einem hypothetischen Urtheile bestehen, welch letzterer Fall durch
die Möglichkeit der Reihenfolge wieder ein doppelter ist; also:
Wenn A ist,' so ist B
Wenn, falls A ist, B ist, so ist, falls C ist, auch D
Wenn A ist, so ist, falls B ist, auch C
Wenn, falls A ist, B ist, so ist C
hiebei sollen die als Bestandteile auftretenden Sätze nun lermini heissen146).
Hiezu aber kömmt als noch eine Species ein Mittelding zwischen den
letzten drei der eben genannten, nemlich hypothetische Urlheile, welche
je nach den drei Figuren des kategorischen Schlusses ausgesprochen
werden :
Wenn A ist, ist B, und wenn B ist, ist C
Wenn A ist, ist B, und wenn A nicht ist, ist C
Wenn B ist, ist A, und wenn C ist, ist nicht A
143) p. 608.: sed quoniam dictum est, idem signißcari „si" coniunetione et
„cum", quando in hypothetieis propositionibus ponilur , duobus modis conditionales
fteri possunt, uno secundum accidens , altera vi habeant aliquant nuturae conseqlienliam;
secundum accidens hoc modo , ut cum dieimus ,,cum ignis calidus sit , coelum
rotundum est", non enim quia ignis calidus est, coelum rotundum est i
(609.) sunt autem aliae quae haben! ad se consequentiam naturae , harum quoque
duplex modus est; unus cum neecsse est consequi, ea tarnen ipsa consequentia non
per lerminorum posilionem fit .... „cum homo sit, animal est", hacc enim conse
quentia inconeussa rerilate est subnixa, sed non ideirco animal est, qui homo est
sunt autem aliae hypotheticae proposiliones , in quibus et consequentia necessaria
%eperielur et ipsius consequcnliae causam lerminorum posilio fach , hoc modo
,,si terrae fueril obiectus , defeclio lunae consequilur" .....istae igilur sunt propo
siliones cerlae atque utile» ad demonslrationem.
144) p. 609.: pariimur autem proposiliones hypotheticas in suas ac simplices
proposiliones, cl primam quidem , cui coniunetio proponitur praecedentem dieimus,
secundam rero consequentem .... in disiunclivis vero propositionibus ordo enuntiandi
praecedentem vel consequentem facil (das Letztere ist einfältig genug).
145) p. 609. : ac primum quae sit propositionum consequentia consideremus
(610.) ex omnibus igitur solae duae consequenliae stabiles sunt et immutabi-
Uter conslat , si sit primum, ut consequatur ut sit secundum; si secundum non
fueril, necessario consequi ut non sit primum. '
146) p. 610.: hypollietica proposilio aul ex duabus simplieibus coniuneta est
et vocatur simplex hypothelica, ut haec ,,si A est, B est" .... aut ex duabus hypotheticis
copulalur et dicitur composita, veluli cum dieimus „Si, cum A est, B est,
cum sit C, est D" aut ex una simplici et ex una hypothelica copulalur, velul
haec ,,Si A est, cum sit B, est C" .... aul ex priore hypothetica et simplici
posteriore commitlitur, ut cum dieimus ,,Si, cum sit A, est B, erit et C"
terminos autem nunc partes propositionis simplices quibus iunguntur appello.
XII. Boethius. 703
also genau die nemlichen Formen, welche wir schon früher (Ahschn.
V, Anm. CO ff.) als övlkoyia^iovg dt' olov vno&suxovg kennen lernten;
das Einfällige hier ist nur, dass sie Boethius nicht schon in dieser Form
zu den Schlüssen, sondern wohl wegen des „und" noch zu den Urlheilen
rechnet14')- Nachdem sich hieran eine au dieser Stelle höchst unnöthige
Bemerkung ahermals üher das disjunctive Urtheil anreiht148), folgt die
Ankündigung, dass nun bezüglich der connexae die Abfolge, sowie das
Verhällniss des Conlrären und Contradictorischen untersucht werden
solle149); ein anscheinend tieferer- Anfang aber führt nur zu leeren Formalien.
Es wird nemlich bemerkt, dass die Modalität (modus, s. oben)
in dem Unterschiede zwischen Stattfinden, Möglichkeit und Notwendig
keit beruhe, ferner dass ersleres keine weitere Einlheilung in sich zu
lasse, hingegen jede der beiden letzteren drei Arten unter sich habe,
nemlich je eine, welche mit dem Urtheile des Stattfindens zusammenfalle,
dann eine, welche mit einer auf das Subject des Urlheiles beschränkten
Allgemeingültigkeit ausgesprochen werde, und eine, welche schlechthin auf
Allgemeingülligkeit Anspruch macht; hieraus demnach folge, dass es be
züglich der Modalität fünf Arten des Urlheiles gehe150); und dieses letz
tere Besultal nun wird nur dazu benützt, um die Anzahl der möglichen
147) p. 611.: est eliam alia species propositionum in connexione posilarum,
quae media quodammodo sit Carum propositionum quae ex hypolheticis simplicibusque
iunguntur et Carum quae ex duabus hypotheticis copulanlur proponuntur
vero hae vel per primam figurata vel per sceundam vcl per lerliam; per primam
hoc modo „si est A, est B, et si est 6, est C" .... per sceundam vero figurata proponilur
hoc modo ,,si est A, est II; si tum est A, est C", per terliam vero figuram
sie ,,si est II, est A ; si est C, non est A".
148) p. 611.: disiiinclivae vero propositiones Semper ex contrariis constant,
ut hoc aut est A aut B est, altera enim posilo altcrum lollilur et inlcrcmplo al
tera ponilur altcrum, nam si est A, non est B; si non est A, est B; eodem modo
eliam si sit B, non eril A; si non est B, eril A.
149) p. 01 1.: Iiis igilur cxpcdilis ad connexas revertamur ; in Ulis enim vcl
propositio proposilionem vel conditio condilionem vel propositio condilioncm vel con
ditio proposilionem Sequilar; dicendum est igilur, quae propositiones quarum pro
positionum consequentes esse vidcanlur, quae contrarictalis modo quam longissime a
se differant, quae vero opposiiionis conlradictione dissentiant.
150) p. 011.: simplicium naniquc, id est praedicativartim, propositionum aliae
praeter modum proponuntur aliae cum modo (Anm. 119.) .... sed maximas faciunl
syllogismorum diffcrcnlias hae propositiones cum modo cnunlialae , quibus necessi
tatis aut possibililatis nomen adiungitur (612.) quo fit ut omnis propositio
aut inessc signißcet mit incssc neecssario aut posse conlingere; quarum quidem ea
quae inesse significal simplex est neque in ullus partes alias deduci polest ; ea vero
quae ex necessilale aliquid inesse dcsignal tribus dicilur modis; uno quidem quo ei
similis est proposilioni quae incssc significal .... alia vero necessitatis significatio
est, cum hoc modo proponimns „kontinent necesse est cor habere, dum est atque
vivit" alia vero necessitatis significatio est universalis et proprio quo absolute
praedicat ncccssilalcm possibile uiilcm idem tribus dicilur modis ; aut enim
quod est, possibile esse dicilur aut quod omni tempore conlingere polest, dum
eu res permanet cid illiquid conlingere posse proponilur .... item possibile est
quod absolute omni tempore conlingere polest ex Iiis igilur upparet alias pro
positiones esse inesse significantes alias necessarias alias conlingentes atque possi
bile s , quarum necessariarum conlingciitiuniquc cum sit Irina partitio , singtilae ex
iisdem purlitionibus ad eas quae inesse significanl referuntur ; reslant igilur duae
necessariae et duae conlingentes quae cum ea quae inesse significal cnumeralae
quinque omues propositionum faciunl differenlias ; oninium vero haruni propositio
num aliae sunt afftrmativac aliae negativae.
704 XII. Boethius.
Formen des hypothetischen Urlheiles anzugeben (vgl. Anm. 118); nemlieh
da jede jener fünf Arten sowohl bejahend als auch verneinend aus
gesprochen werden kann , das einfache hypothetische Urlheil aber aus
der Verbindung zweier kategorischer besieht, so ergibt sich, da zehner
lei Urlheile mit zehnerlei Urtheilen paarweise zu combiniren sind, die
Zahl von hundert Formen des einfachen hypothetischen Urtbeiles 151);
in gleicher Weise berechnet sich die Zahl der Formen desjenigen hypo
thetischen Urtheiles, welches aus drei Termini (in obigen Sinne) besieht,
auf 1000, sowie bei jenem, welches aus vier Termini besteht, anf 10000;
zum Glücke findet es Boethius selbst unnöthig, zu einer noch vollständi
geren Berechnung auch die Verhältnisse der Quantität zu berücksichti
gen 152). Nun folgt eine höchst karge Erledigung der vorher angekün
digten Punkte, indem nur bemerkt wird, dass die Abfolge jedenfalls
auf dem Nexus des Notwendigen beruhen müsse, die Contrarielät aber
in der Aufhebung dieser Abfolge liege, hingegen das Contradictorische
in der sprachlichen Verneinung des sog. Nachsatzes bestehe 153).
Nun folgt die ausführliche Angabe sämmtlicher hypothetischer Schluss
weisen im Hinblicke auf obige (Anm. 146 f.) Einlheilung der hypotheti
schen Urtheile, hingegen mit durchgängiger Uebergehung jener zwei
Arten des Möglichkeits- und der zwei Arten des Nothwendigkeits-Urtheiles.
In einer längeren vorläufigen Bemerkung wird -die Terminologie festge
stellt, dass der Obersatz proposüio oder sumptum, der Untersatz assumplio,
der Schlusssatz conclusio heissen solle , und zugleich wird die Meinung
derjenigen, welche annahmen, der hypothetische Schluss habe fünf Be-
151) p. 613.: nam quoniam proposilio simplex hypothelica cx categoricis dua
bus iungilur, una earum vel inesse significabit simpliciler vel contingere esse vei
necesse esse dupliciter (diese Worle sind in d. Ausgg. widersinnig umgestellt), quoi
si sunt affirmativae, quinquies uffirmativa enuntiatione proponentur. ... rarsus
quinquies negativa enuntiatio poieril pronuntiari ; erunt igitur in prima propositioni
.... modorum propositiones decem; secunda etiam proposilio ... totidem proponi
polest sed cum prima proposilio secundae propositioni quadam consequentk
copuletur, complexae ccnlum omnes efficiunt propositiones.
152) p. 613.: quae ex condilionali et calegorica conslant , vel quae e diverso
ex tribus categoricis iunetae sunt, .... quo fit ut terlia proposilio cum duabus snperioribus
ccnlum inier se modis copulatis alque complexis iuneta atque conrmissa
mille omnes faciat complexioncs rursus quoniam ex duabus hypotheticis iunäa
condilionalis quatuor categoricis copulatur, .... ficnl deeem millia complexioncs; in
Ulis aulem propositionibus quae tribus variantur figuris (Anm. 147.), .... milk
erunt complexiones ad earum simililudinem quae ex tribus categoricis connectunlvt
(614.) longe aulem multiplex numerus propositionum exsisteret, si inesse
significantes et necessarias et contingentes affirmativas negalivasque propositiones
per universales et particulares vel oppositas vel suballernas variaremus ; sed id non
convenit , quia conditionalium termini propositionum infinito maxime enuntiantw
modo.
153) p. 614.: omnes vero necessariam consequenliam teuere volunt et quaf
inesse significanl et quibus necessitas additur et quibus praedicatio possibilitatis aptalur
necessitas vero hypotheticae proposilionis et ratio earum proposilionnm
ex quibus iungunlur inier se connexiones , consequentiam quaerit opponuntw
aulem hypotheticis propositionibus Mae solac quae earum substanliam perimuut..--
si quis ergo rede condilionali propositioni repugnabil, id efficiet, ut earum destrual
consequentiam sunt autem hypotheticae propositiones aliae quidem affirmalivae
aliae negalivae ad consequenlem enim propositionem respiciendum est, «'
aii affirmativa an negativa sit proposilio iudicetur.
XII. Boethius. 705
standlheile (Abschn. VIII, Anm. 59), widerlegt und an der Dreitlieilung
desselben festgebalten 154). Zuerst dann werden natürlich jene Schluss
weisen angegeben, welche aus dem einfachen hypothetischen Urtheile
fliessen, und hier- ergeben sich, da dasselbe in Folge seiner Zusammen
setzung vier Formen hat (Anm. 142), der Grundsatz der Abfolge aber
eine zweifache Möglichkeit darbietet (Anm. 145), acht Schlussweisen.
(Würden hier statt des Einen_ Urthciles des^ S ta tt fi n de n s ob ige fftn f , fflp -
da^ejiJEiriyen^^h^JJrtheiles berücksichtigt, so ergilben sich zweihundert
Schlussmodi^ lnnn sinliffionfTiliTs Tüs"srden"Beförderern der formalen Logik
nöcTi eiufi.ii {jrossartigeu Wirkungskreis iilirig.) .lene acht sind folgende^"):
I. 1. Wenn A ist, ist B 2. Wenn A isl, ist B nicht
A ist A ist
B ist B ist nicht
3. WennA nicht ist, ist B 4. Wenn A nicht ist, ist ß nicht
A ist nicht A ist nicht
B ist B ist nicht
5. Wenn A ist, ist B 6. Wenn A ist, ist ß nicht
B ist nicht B ist
A ist nicht A ist nicht
7. Wenn A nicht ist, istB 8. Wenn A nicht ist, ist B nicht
B ist nicht B ist
A ist A ist
Nun aber kommen hiezu noch zwei Modi, da in 3 und 7 die Termini
das Verhältniss einer exclusiven Alternative aussprechen (s. Anm. 141 u.
148.) und daher mit dein disjunctiven Urtheile zusammentreffen; dem
nach kann hier bei 3 aus dem Obersatze der Nachsalz anstatt des Vor-
154) p. 614.: hypotheticos syllogismos quos latine condilionales vocamus alii
quinque alii quatuor alii tribus constarc partibus arbitranlur .... quoniam enim
omnis Syllogismus ex proposilionibus texitur , prima vcl proposilio vel sumptum vocatur
, secunda vero diciiur assumplio , ex Iiis quae inferlur conclusio nuncupatur
(615.) saepe evenil ut propositionis enunlialae consequentia non sit verisimilis
.... assumptio quoque saepe ad fidem per se non videtur idonea .... quo fit
ut saepe quinque partes, saepe quatuor , interdum tres , hypolheticos syllogismos ha
bere contingat manifestum est , eorum esse sententiam praeponendam quae
asserit syllogismum tribus partibus tanlum iungi.
155) p. 615.: Iiis ila determinatis de Äis prolinus syllogismis, quorum propositiones
in connexione posilae duobus terminis conslanl, explicandum videtur; horum
aulem duplex forma est, quatuor enim per praecedenlis propositionis affirmalionem,
qui sunt primi hypothetici alquc perfecti , quatuor vero per sequentis negalionem,
qui cum demonslratione indigeant non videnlur esse perfecti onmium igitur talium
propof itionum primum numerus explicetur .... sunt aulem quatuor : Si est A,
est B. Si est A, non est U. Si non est A, est B. Si non est A, non est B
primus modus est .... Si est A, est B; alqui est A; est igitur B .... (616.) secundus
vero modus est Si est A, non est B: atqui est A ; non est igitur B
tertius vero modus est ' Si non est A, est B; atqui non est A; est igitur
B quarlus modus est Si A non est, h non est; atqui non est A; non est
igitur B nunc vero dicendum est de Iiis , quorum consequens propositionis ita
sumitur, ut perimalur est igitur primus modus Si est A, est B ; at non
est B; non est igitur A (617.) secundus modus Si est A, non est B ;
atqui B est; igitur A non est tertius modus Si A non est, B est; B
aulem non est; A igitur est quarlus modus .... Si non est A, non est B;
est aulem B; erit igitur A.
Pbantl, Gesch. I. 45
706 XII. Boethius.
dersatzes ponirt und bei 7 der Vordersatz statt des Nachsatzes aufge
hoben werden, und es ergeben sich :
9 (3) Wenn A nicht ist, ist B 10(7) Wenn A nicht ist, ist B
B ist A ist
A ist nicht B ist nicht
Darum wird gesagt, dass in dieser ersten Klasse hypothetischer Schlüsse
acht oder zehn Modi bestehen ; zehn nemlich ,- wenn man bloss auf die
Termini, nicht aber auf die Natur des Schlusses selbst sehe 156). Welch
sinnloser Formalismus diesem sowie dem Folgenden zu Grunde liege,
springt in die Augen.
Dann folgen jene Modi aus hypothetischen Urtheilen, welche zu
sammengesetzt sind, und zwar zunächst aus einem kategorischen und
einem hypothetischen Urtheile ; es sind in Folge der möglichen Bejahung
und Verneinung in einem derartigen Urtheile 16 Modi (nach den fünf
modalen Formen wären es 400), nemlich folgende151):
156) p. 616. (bei Angabe des lertius modus) sed in his si altcrum non fuerit,
statim necesse est esse allerum, et si allerum fuerit, statim necesse est alterum non
esse; videtur ergo quodammodo ex consequenti posilo in his fieri syllogismos ; sed
quantum ad rei naturam, ita est, quantum vero ad proposilionis ipsius pertinel
conditionem, minime consequitur si vero id quod sequitur ponendo assumatw,
nullam fieri necessitatem praeter in tertio modo, qui cum sit similis syllogismis gui
per disiunctionem proposilis enunliationibus fiunt, videtur in rebus de quibus proponi
polest servare necessitatem cum in complexione non servet .... p. 617. (bei
der Angabe des anderen lertius modus) nam hic quoque ut in his in quibus in assumptione
secundus lerminus ponebalur, dicendum est, secundum ipsius quidem complexionis
naturam nulluni fieri syllogismum, secundum terminos vero ... tn contrariis
tantum et in his immediatis, id est medium non habentibus , haec sola propositio
vere poterit praedicari .... (618.) ilaque si quid in assumptione ex his
quae in propositione sunt pronuntiata ponatur , quatuor vel quinque fieri necesst
est syllogismos quatuor ubi prima pars proposilionis , quinius vero ubi secunda
pars proposilionis ponendo assumitur, si non ad complexionis naturam, sei
ad terminos aspieiamus .... si vero prior proposilionis pars auferalur .... hic quo
que quatuor vel quinque sunt syllogismi .... quocirca si ex duobus lerminis propositio
prima constat, oclo sunt vel decem nec amplius syllogismi.
157) p. 618.: nunc de his syllogismis dicendum est, qui ex praedicativa et
hypothetica vel ex hypothetica praedicativaque connectunlur . . . sunt igitur priores
quidem quae ex praedicativa atque hypothetica connectunlur hae : Si Sit A, cum sil
B, est C. Si sit A, cum sil B, non est C. Si sit A, cum non sit B, est C. Si
sit A, cum non sit B, non est C. Si non sil A, cum sil B, est C. Si non sit A,
cum sit B, non est C. Si non sit A, cum non sit B, est C. Si non sit A, cum
non sit B, non est C (620.) ex prima propositione: Si est A, cum sit B,
est C; atqui est A; cum igitur sit B, est C. vel sie: atqui cum sit B, non est C;
non est igitur A ... ex secunda propositione : Si est A, cum sit B, non est C:
atqui est A; cum igitur sit B , non est C. vel ita: atqui cum sit B, est C; »ob
est igitur A. Ex tertia: Si est A, cum non sit B, est C; atqui est A; cum igi
tur non sit B, est C. vel ita: atqui cum non sil B, non est C; non est igitur A.
Ex quarla: Si est A, cum non sit B, non est C; atqui est A; cum igitur non sit
B , non est C. vel ita : atqui cum non sit B , est C ; non est igitur A ....ex
quinta ... Si non est A, cum sil B, est C; atqui non est A; cum igitur sit B, est
C. vel ita : atqui est A ; cum igitur sit B , non est C. vel ita : atqui cum sil B,
non est C; est igitur A. vel sie: atqui cum sit B, est C; non est igitur A. quod
ideirco evenit ul huiusmodi propositio quatuor eolligal syllogismos, quia in his tan
tum si non sit aliquid, esse aliud proponi polest .... ex sexta: Si non sit A, cum
cum sit B, non est C; atqui non est A; cum igitur sil B, non est C. vel ita:
atqui cum sit B, est C; igitur est A. ex septima: si non est A, cum non sit B,
est C; atqui non est A; cum igitur non sit B, est C. vel ita: atqui est A; cum
XII. Boethios. 707
II. 1. WennAist, so ist, falls B ist, C 2. WennAist, so ist, falls B ist, nichtC
Aist Aist
Falls B ist, ist C Falls B ist, ist nicht C •
3. Wenn A ist, so ist, falls B nicht ist, C
A ist .
Falls B nicht ist, ist C
4. Wenn Ä ist, so ist, falls B nicht ist, nicht C ,
A ist
Falls B nicht ist, ist nicht C
5. Wenn A nicht ist, so ist, falls B ist, C
A ist nicht
Falls B ist, ist C
6. Wenn A nicht ist, so ist, falls B ist, nicht C
A ist nicht
Falls B ist, ist nicht C
7. Wenn A nicht ist, so ist, falls B nicht ist, C
A ist nicht
Falls B nicht ist, ist C
8. Wenn A nicht ist, so ist, falls B nicht ist, nicht C
A ist nicht
Falls B nicht ist, ist nicht C
9. Wenn A ist, so ist, falls B ist, C
Falls B ist, ist nicht C
A ist nicht
10. Wenn A ist, so ist, falls B ist, nicht C
Falls B ist, ist G
A ist nicht
11. Wenn A ist, so ist, falls B nicht ist, C
Falls B nicht ist, ist nicht C
A ist nicht
12. Wenn A ist, so ist, falls B nicht ist, nicht 0
Falls B nicht ist, ist C
A ist nicht
13. Wenn A nicht ist, so ist, falls B ist, C
Falls B ist, ist nicht C
A ist
, 14. Wenn A nicht ist, so ist, falls B ist, nicht C
Falls B ist, ist C
A ist
igitur non sit B, non est C. vel ita: alqui cum non sil B, non est C; est igitur
A. vel ita: alqui cum non sit B, est C; non est igitur A. in hae quoque complexione
propter eandem causam quatuor collectiones fiunt. ex octava: Si non «sf A,
cum non sil B, non est C; alqui non est A; cum igitur non sit B, non est C. vel
ita: alqui cum non sit B, est C; est igitur A in seplimo vero et quinto modo
quaque ratione assumptum allerum in utrisque partibus faciet conclusioncm ; itaque
fiunt sedecim vel viginti potius syllogismi.
45*
708 XII. Boethius.
15. Wenn A nicht ist, so ist, falls B nicht ist, C
Falls B nicht ist, ist nicht C
A ist
16. Wenn A nicht ist, so ist, falls B nicht ist, nicht C
Falls B nicht ist, ist C
A ist
Hiezu kommen aus dem gleichen Grunde wie oben auch hier noch vier
andere Modi, indem sowohl in 5 und 13 als auch in 7 und 15 mit
dem gleichen Verfahren wie vorher der Nachsatz anstatt des Vordersatzes
und umgekehrt in den Untersatz genommen wird, so dass also auch hier
von einem anderen Standpunkte aus 20 Modi sich ergeben; nemlich:
17 (5) Wenn A nicht ist, so ist, falls B ist, C
Falls B ist, ist C
A ist nicht
18 (13) Wenn A nicht ist, so ist, falls B ist, C
A ist
Falls B ist, ist nicht C
19 (7) Wenn A nicht ist, so ist, falls B nicht ist, C
Falls B nicht ist, ist C
A ist nicht
20(15) Wenn A nicht ist, so ist, falls B nicht ist, C
A ist
Falls B nicht ist, ist nicht C "
In gleicher Weise ergeben sich aus jenen hypothetischen Urtheilen,
welche aus einem hypothetischen und einem kategorischen zusammenge
setzt sind, ebenfalls 16 Modi (mit Berücksichtigung der Modalität wären
es abermals 400) nemlich158):
158) p. 621.: nunc ad eos Iransiluin faciamus , qni ex prima condilionali, secunda
vero praedicativa nectuntur .... Si, cum sit A, est B , est C. Si , cum sit
A, est B, non est C. Si , cum sit A , non est B , est C. Si , cum sit A, non est
B, non est C. Si, cum non sit A, est B, est C. Si, cum non sit A, est B, non
est C. Si, cum non sit A, non est B, est C. Si, cum non sit A, non est B, non
est C .... (622.) ex prima propositione : Si, cum sit A, est B, est C; atqui cur»
sit A, est B; est igilur C. vel ita: atqui non est C; cum igitur sit A, non est B.
ex secunda: Si, cum sit A, est B, non est C; atqui cum sit, A, est B; non
est igitur C. vel ita: atqui est C; cum igitur sit A, non est B. ex tertia- vero
utrobique assumptis lerminis. collecliones fiunt, ut: Si , cum est A, non est B, est
C; atqui cum sit A, non est B; est igitur C. vel ita: atqui cum sit A, est B;
non est igilur C. vel ita: atqui non est C; cum igitur sit A, est B. vel sie: at
qui est C; cum igitur sit A, non est B .... ex quarla: Si, cum sit A, non est B, non
est C ; atqui cum sit A, non est B ; non est igitur C. vel ita : atqui est C ; cum igitur
sit A, est B. ex quinta : Si, cum non sit A, est B, est C ; atqui cum non sit A, est
B; est igitur C. vel sie: atqui non est C; cum igitur non sit A, non est B. ex
sexta: Si, cum non sit A, est B, non est C; atqui cum non sit A, est B; non est
igitur C. vel sie : atqui est C; cum igitur non sit A , non est B. ex seplima
utrobique colligitur hoc modo : Si, cum non sit A, non est B, est C; atqui cum nm
sit A, non est B; est igilur C. vel ita: atqui cum non sit A, est B; non est igi
lur C. vel ita: atqui non est C; cum igilur non sit A, est B. vel sie: atqui C
est ; cum igitur non sit A , non est B ex octava : Si, cum non sit A, non est
B, non est C; atqui cum non sit A, non est B- non est igitur C. vel ita: atqui est
C ; cum igitur non sit A, est B quare sedeeim quidem vel viginli ßunt syllogismi.
XII. Boethius.
III. 1. Wenn, falls A ist, B ist, so ist C
Falls A ist, ist B
C ist
2. Wenn, falls A ist, B ist, so ist nicht C
Falls A ist, ist B
G ist nicht
3. Wenn, falls A ist, B nicht ist, so ist C
Falls A ist, ist B nicht
C ist
4. Wenn, falls A ist, B nicht ist, so ist nicht C
Falls A ist, ist B nicht
C ist nicht
5. Wenn, falls A nicht ist, B ist, so ist C
Falls A nicht ist, ist B
C ist
6. Wenn, falls A nicht ist, B ist, so ist nicht C
Falls A nicht ist, ist B
C ist nicht
7. Wenn, falls A nicht ist, B nicht ist, so ist C
Falls A nicht ist, ist B nicht
C ist
8. Wenn, falls A nicht ist, B nicht ist, so ist nicht C
Falls A nicht ist, ist B nicht
C ist nicht
9. Wenn, falls A ist, B ist, so ist C
C ist nicht
Falls A ist, ist B nicht
10. Wenn, falls A ist, B ist, so ist nicht C
C_ist
Falls A ist, ist B nicht
11. Wenn, falls A ist, B nicht ist, so ist C
C ist nicht
Falls A ist, ist B
12. Wenn, falls A ist, B nicht ist, so ist nicht C
C ist
Falls A ist, ist B
13. Wenn, falls A nicht ist, B ist, so ist C
C ist nicht
Falls A nicht ist, ist B nicht
14. Wenn, falls A nicht ist, B ist, so ist nicht C
C ist
Falls A nicht ist, ist B nicht
15. Wenn, falls A nicht ist, B nicht ist, so ist C
C ist nicht
Falls A nicht ist, ist B
710 XII. Boethius.
16. Wenn, falls A nicht ist, B nicht ist, so ist nicht C
C ist
Falls A nicht ist, ist B
Auch hier kommen noch vier hinzu, indem aus dem gleichen Grunde
sowohl bei 3 und 11 als auch bei 7 und 15 wie oben verfahren wird:
17 (3) Wenn, falls A Cjsistt, B nicht ist, so ist C
Falls A ist, ist B nicht
18(11) Wenn, falls A ist, B nicht ist, so ist C
Falls A ist, ist B
C ist nicht
19 (7) Wenn, falls A nicht ist, B nicht ist, so ist C
C ist
Falls A nicht ist, ist B nicht
20 (15) Wenn, falls A nicht ist, B nicht ist, so ist C
Falls A nicht ist, ist B
C ist nicht
Nun folgen die Schlussweisen aus jenen hypothetischen Urtheilen,
welche aus drei Termini bestehen (Anm. 147.); da in denselben vermöge
der Bejahung und Verneinung acht Fälle möglich sind, ergeben sich
acht Modi durch Setzen des ersten Vordersatzes und acht durch Auf
heben des zweiten Nachsatzes ; die durch das umgekehrte Verfahren ent
stehenden sechzehn werden als unwahr abgewiesen. Es bewegen sich
diese Schlüsse in den drei Figuren des kategorischen Syllogismus ; fol
gende 16 (welche durch die Modalitäts-Verhältnisse gleichfalls 400 würden)
bestehen in der ersten Figur159):
159) p. 623.: nunc de his dicendum est syllogismis quorum propositiones ita
tribus terminis continentur , ut mcdiae sint earum quae ex hypotltelica praedicativaque
texuntur et earum quae ex duatus hypothelicis connectuntur .... sexdecim neccsse
est fieri complexiones ex quibus octo tanlum servant consequentiae necessitatem,
reliquae vero octo nihil idoneum videnlur habere ad fidem ßunt vero syllogismi
tum in prima figura tum in secunda tum vero in tertia est enim primae figurae
primus modus si est A, est B, et si est B, necessc est esse C; lunc enim si
est A, eliam C esse necesse est .... (624.) secundus modus ... si ist A, est B,
et si est B, necesse est non esse C; at vero est A; non est igitur C tertius
modus .... si est A, non est B; et si non est B, necesse est esse C atqui
est igitur A; est igitur C quartus modus .... si est A, non est B, et si non
est B, non est etiam C; hie enim si A est, necesse est non esse C quintus
modus si non est A, est B; si est B, etiam C necesse est esse; alqui non
est A; C igitur necesse est esse sexlus modus . . . si non est A, est B, et si
est B, non est C; alqui non est A; non est igitur C .... septimus modus .... si
A non est, B non est, et si B non est, necesse est esse C; alqui non est A; ne
cesse est igitur esse C .... oclavus modus .... si non est A, non est B, et si »on
est B, necesse est non esse C; alqui non cslA; non est igitur C (625.) quoä
si A terminus ponendo assumatur, erunt octo necessarii syllogismi; si vero C terminus
ponendo assumatur, nullus efficilur Syllogismus ; eodem quoque modo sylhgismorum
complexionumque ordo constabit , si id in assumplione quod in propositione
posilum fuerat auferatur ....primus igitur modus hie est: si est A, est B , et
A est B, etiam C esse necesse est; at non est C; igitur A non est secundus
modus ... si est A, est B, et si est B, non esse C necesse est; atqui est C; igilur
si non erit .... tertius modus: si est A, non est B, et si non est B, necesse est
XII. Boethius. 711
IV. a. 1. Wenn A ist, ist B, und wenn B ist, ist C
A ist
C ist
2. Wenn A ist, ist B, und wenn B ist, ist C nicht
A ist
C ist nicht
3. Wenn A ist, ist B nicht, und wenn B nicht ist, ist C
A ist
C ist
4. Wenn A ist, ist B nicht, und wenn B nicht ist, ist € nicht
A ist
C ist nicht
5. Wenn A nicht ist, ist B, und wenn B ist, ist C
A ist nicht
C ist
6. Wenn A nicht ist, ist B, und wenn B ist, ist C nicht
A ist nicht . .
C ist nicht
7. Wenn A nicht ist, ist B nicht, und wenn B nicht ist, ist C
A ist nicht
C ist
8. Wenn A nicht ist, ist B nicht, und wenn B nicht ist, ist C nicht
A ist nicht
C ist nicht
9. Wenn A ist, ist B, und wenn B ist, ist C
C ist nicht
A ist nicht
10. Wenn A ist, ist B, und wenn B ist, ist C nicht
C ist
A ist nicht
11. Wenn A ist, ist B nicht, und wenn B nicht ist, ist G
C ist nicht
A ist nicht
12. Wenn A ist, ist B nicht, und wenn B nicht ist, ist C nicht
C ist
A ist nicht
esse C; atqui non est C; necesse est igitur non esse A quartus modus: si
est A, non est B, et si non est B, necesse est non esse C; at est C ; igitur A non
erit quinlus : si A non est , B est, et si B est, etiam C esse necesse est ; atqui
non est C; igitur A esse necesse est sextus: si nort est A, est B, et si est
B, necesse est C non esse; atqui est C; igitur A esse necesse est . . . . septimus :
si non est A, non est B, et si non est B, necesse est esse C; atqui C non est;
igitur A esse necesse est octavus ... si non est A, non est B, et si B non est,
C non esse necesse est: atqui est C; igitur A esse necesse est.
712 XII. Boethius.
13. Wenn A nicht ist, ist B, und wenn B ist, ist C
U ist nicht
A ist
14. Wenn A nicht ist, ist B, und wenn B ist, ist C nicht
C ist
A ist
15. Wenn A nicht ist, ist B nicht, und wenn B nicht ist, ist C
C ist nicht
A ist
16. WennA nicht ist, ist B nicht, und wenn B nicht ist, istCnicht
C ist
A ist
In der zweiten Figur ergehen sich nach Ausscheidung derjenigen
Conibinationen des zusammengesetzten hypothetischen Urtheiles, in wel
chen der mittlere Terminus A in gleicher Qualität wiederholt würde
(aequimodae), ebenfalls 16 Modi aus den inaequimodae, nemlich160):
IV. b. 1. Wenn A ist, ist B, und wenn A nicht ist, ist C
B ist nicht
C ist
2. Wenn A ist, ist B, und wenn A nicht ist, ist C nicht
B ist nicht
C ist nicht
160) p. 626. : conditionalium propositionum quae Iribus Icrminis constant secunda
figura est, quolies cum aliquid dicitur vel esse vel nun esse, consequitur ul
duo quaedam vel esse vel non esse dicantur .... in quibus illud est praedicendum,
quod saepe aequimode proposiliones ponuntur , saepe vero non, ac de aequimodis
quidem nullus est Syllogismus ,' aequimoda enim propositio est, si ita dicamus „si
A est, B est, et si est A, non est C" si igitur non sit aequimoda propositio,
assumpto quidem B fiunl sedeeim complexiones , quarum tantum octo sunt syliogismi;
rursus si assumatur C, sie quoque sedeeim complexiones fiunt , sed in octo
tantum syllogismorum deprehenditur firma necessitas. sit igitur primus modus seemdae
figurae .... si est A, est B, si autem non est A, est C; dico quoniam si
non est B , est C .... quodsi C terminus assumatur, si quidem non esse ponatur,
erit necessario B ex secunda si est A, est B, si non est A, non est C;
dico quia si non est B, non est C si C terminus affirmalus fuerit, erit B
(627.) ex tertia .... si est A, non est B, et si non est A, est C; dico quia si S
est, est C .... si quidem non sit C, non erit B ex quarla ... si est A, non
est B, si non est A, non est C; dico quoniam si est B, non est C si C ter
minus assumatur, si quidem esse ponatur, necesse erit non esse B quinta: si
non est A, est B , si est A, est C; dico quia si non est B, erit C si C ter
minus assumatur, si quidem negative, faciet syllogismum (628.) ex sexta ...
si non est A, est B, et si est A, non est C; dico quia si non est B, non erit C
.... quodsi C terminum sumpseris , si quidem afßrmes , facies syllogismum ... si
igitur C fuerit, erit B ex septima st non est A, non est B, si est A, est
C; dico quia si est B, erit C .... si igitur non sit C, non erit B ex ociava
... si non est A, non est B, et si est A, non est C • dico quoniam si est B, non
est C si igitur est C, non est B .... et secundae quidem figurae inaequimoeas
complexiones omnes explieuimus ; si vero aequimodae sint , nullus omnino fit
Syllogismus.
XII. Boethiüs. 713
3. Wenn A ist, ist B nicht, und wenn A nicht ist, ist C
B ist
C ist
4. Wenn A ist, ist B nicht, und wenn A nicht ist, ist C nicht
B ist
C ist nicht
5. Wenn A nicht ist, ist B, und wenn A ist, ist C
B ist nicht
C ist
6. Wenn A nicht ist, ist B, und wenn A ist, ist C nicht
B ist nicht
C ist nicht
7. Wenn A nicht ist, ist B nicht, und wenn A ist, ist C
B ist
C ist
8. Wenn A nicht ist, ist B nicht, und wenn A ist, ist C nicht
B ist
C ist nicht
9. Wenn A ist, ist B, und wenn A nicht ist, ist C
C ist nicht
B ist
10. Wenn A ist, ist B, und wenn A nicht ist, ist C nicht
C ist
B ist
11. Wenn A ist, ist B nicht, und wenn A nicht ist, ist C
C ist nicht
B ist nicht
12. Wenn A ist, ist B nicht, und wenn A nicht ist, ist C nicht
C ist
B ist nicht
13. Wenn A nicht ist, ist B, und wenn A ist, ist C
C ist nicht
B ist
14. Wenn A nicht ist, ist B, und wenn A ist, ist C nicht
C ist
B ist
15. Wenn A nicht ist, ist B nicht, und wenn A ist, ist C
C ist nicht
B ist nicht
16. Wenn A nicht ist, ist B nicht, und wenn A ist, ist C nicht
C ist
B ist nicht
714 XII. Boethius.
In gleicher Weise sind in der dritten Figur folgende 16 Schluss
weisen möglich lel):
IV. c. 1. Wenn B ist, ist A, und wenn C ist, ist A nicht
B ist
C ist nicht
2. Wenn B ist, ist A, und wenn C nicht ist, ist A nicht
JJ jst
C ist
3. Wenn B nicht ist, ist A, und wenn C ist, ist A nicht
B ist nicht
G ist nicht
4. Wenn B nicht ist, ist A, und wenn C nicht ist, ist A nicht
B ist nicht
C ist
5. Wenn B ist, ist A nicht, und wenn C ist, ist A
B ist
C ist nicht
6. Wenn B ist, ist A nicht, und wenn C nicht ist, ist A
B ist
C~ist
7. Wenn B nicht ist, ist A nicht, und wenn C ist, ist A
B ist nicht
C ist nicht
8. Wenn B nicht ist, ist A nicht, und wenn C nicht ist, ist A
B ist nicht
C ist
' 9. Wenn B ist, ist A, und wenn C ist, ist A nicht
C ist
B ist nicht
161) p. 629. : nunc igitur de terlia'figura dicendum est, in qua quidem totidem
complexiones fiunt ei totidem syllogismi , sed ita ut non aequimodae propositiones
ponantur , quod si aequimodae fuerint , nullus omnino , ut in secunda figura dictum
est, fiet Syllogismus primus modus ... si est B , est A, si est C, non est A
.... quoniam si est B, non esse C necesse est si C est , B non erit ex
secunda ... si est B, est A, si non est C, non est A; dico quidem si est B, erit
C .... si igitur non est C, non erit B .... tertia ... si non est B, est A, si est
C, non est A; dico quia si non est B, non erit ,C....si igitur sit C, est B ....
(630.) ex quarta ... si non est B, est A, si non est C, non est A; dico quia si
non est B , est C .... si igitur non sit C, erit B .... quinta .... si est B, non
est A, si est C, est A; dico quia si est B, non est C si igitur sit C, non
erit B sextae propositionis haec cohelusio est: si est B, non est A, si non
est C, est A; dico quia si est B, erit C .... si igitur non sit C, non erit B
(631.) septimae .... si non est B, non est A, si est C, est A; dico quia si non
est B, non est C . ... si igitur sit C, erit B . ... octavus modus .. . si non est B,
non est A, et si non est C, est A; dico quia si non est B , est C .... si igi
tur non sit C, erit B quocirca cum tribus terminis texiiur propositio et ex
prima quidem figura fiunt syllogismi sedecim, ex secunda syllogismi sedecim, ex tertia
etiam totidem colligunlur, omnes ex tribus terminis syllogismi quadraginla oclo sunt.
XII. Boethius. 715
10. Wenn B ist, ist A, und wenn C nicht ist, ist A nicht
C ist nicht
B ist nicht
11. Wenn B nicht ist, ist A, und wenn C ist, ist A nicht
C ist
B ist
12. Wenn B nicht ist, ist A, und wenn C nicht ist, ist A nicht
C ist nicht
B ist
13. Wenn B ist, ist A nicht, und wenn C ist, ist A
C ist
B ist nicht
14. Wenn B ist, ist A nicht, und wenn C nicht ist, ist A
C ist nicht
B ist nicht
15. Wenn ß nicht ist, ist A nicht, und wenn C ist, ist A
G ist
B ist
16. Wenn B nicht ist, ist A nicht, und wenn C nicht ist, ist A
C ist nicht
B ist
Nun folgen jene Schlussweisen, welche bei den aus zwei hypothetischen
Urtheilen zusammengesetzten Obersätzen sich ergeben ; diese letzteren
aber haben in Folge der Bejahung und Verneinung sechzehn Formen,
und es sind die dem obigen Verfahren (I, II und III) völlig entsprechen
den 32 Modi, deren nach allen Modalitäten 800 wären, folgende162):
162) p. 632.: reslat vero ut de his syllogismis nunc dicamus qui duabus hypotheticis
connectuntur , quorum quidem consequentiae similis modus est ut in his
propositionibus quae ex duabus categoricis ac simplicibus efficiebanlur (635.)
ex prima propositione ... si , cum est A, est B, cum sil C, est D; atqui cum sit
A, est B ; cum igitur sit C, etit D. vel ila: atqui cum sil C, non est D; cum
igitur sit A, non est B ... ex secunda ... si, cum est A, est B, cum sil C, non
est D; atqui cum sit A, est B; cum igitur sit C, non est D. vel ila: atqui cum
sit C, est D; cum igitur sit A, non est B. ex tertia: si, cum sit A, est B, cum
non sil C, est D ; atqui cum sil A, est B; cum igitur non sit C, est D. vel ila:
atqui cum non sit C, non est D ; cum igitur sit A, non est B ... cx quarta: si
cum sit A, est B , cum non sit C, non est D; sed cum sit A, est B; cum igitur
non sit C, non est D. vel ila: atqui cum non sit C, est D ; cum igilur sit.A, non
est B. ex quinta propositione fiunt quatuor collecliones ... si, cum est A , non est
il, cum sit C, est D ; atqui cum sit .A, non est B; cum igilur sit C, est D. vel
Ba: atqui cum sit A, est B; cum igilur sit C, non est D; vel ila: atqui cum sit
C, non est D; cum igitur sil A, est B. vel ita: atque cum sit C, est D ; cum igi
tur sit A, non est B. ex sexla: si, cum est A, non est B, cum sit C, non est
D ; atqui cum sit A, non est B; cum igitur sil C, non est D. vel ila: atqui cum
sit C, non est D; cum igilur sit A, est B. ex septima item fiunt quatuor syllogisnU
hoc modo: si , cum est A, non est B, cum non sil C, est D ; atqui cum est A,
non est B; cum igilur non sit C, est D. vel ita: atqui cum sit A, est B; cum
igitur non sit C,. non est D. vel ita: atqui cum non sit C, non est D; cum igitur
sit A, est B, vel ita: atqui cum non sit C, est D; cum igilur A sit, non est B.
ex octavu ... si, cum est A, non est B, cum non sit C, non est D; atqui cum
716 XII. Boethius.
V. 1. Wenn, falls A ist, B ist, so ist,
Falls A ist, ist B
Falls C ist, ist D
falls C ist, D
2. Wenn, falls A ist, B ist, so ist,
Falls A ist, ist B
falls C ist, D nicht
Falls C ist, ist D nicht
3. Wenn, falls A ist, B ist, so ist,
Falls A ist, ist B
falls C nicht ist, D
Falls C nicht ist, ist D
4. Wenn, falls AFalilsts, AB iisstt,, issot Bist, falls C nicht ist, D nicht
Falls C nicht ist, ist P nicht
5. Wenn, falls A ist, B nicht ist, so ist, falls C ist, D
Falls A ist, ist B nicht
Falls C ist, ist D
6. Wenn, falls A ist, B nicht ist, so ist, falls G ist, D nicht
Falls A ist, ist B nicht
Falls C ist, ist D nicht
7. Wenn, falls A ist, B nicht ist, so ist, falls C nicht ist, D
Falls A ist, ist B nicht
' Falls C nicht ist, ist D
sit A, non est B; cum igitur non sit C, non est D. vel ita: atqui cum non sit C,
est D; cum igitur sit A, est B .... ex nana ... si, cum non est A, est B, cum
sit C , est D; atqui cum non sit A, est B; cum igitur sit C, est D. vel ita: atqui
cum sit C, non est D; cum igitur non sit A, non est B ... ex decima: si, cum
non est A, est B , cum sit C, non est D; atqui cum non est A, est B; cum igi
tur sit C, non est D. vel ita: atqui cum sit C, est D ; cum igitur non sit A, non
est B. ex undecima: si , cum non est A, est B, cum non sit C, est D; atqui cum
non sit A, est B; cum igitur non sit C, est D. vel ita: at cum non sit C, non
est D ; cum igitur non sit A, non est B. ex duodecima : si, cum non sit A, est B,
cum non sit C, non est I) ; atqui cum non sit A, est B; cum igitur non sit C, non
est D. vel ita: atqui cum non sit C, est D ; cum igilur non sit A, non est B. ex
tertia decima quae qualuor colligit syllogismos ... si, cum non est A, non est B,
cum sit C, est D; atqui cum non sit A, non est B; cum sit C, est D; vel ita:
atqui cum non sit A, est B; cum igitur sit C, non est D. vel ita: atqui cum sit
C, est D; cum igitur non sit A, non est B. vel ita: atqui cum sit C, non est D ;
cum igilur non sit A, est B ex quartadecima : si , cum non est A, non est
B, cum sit C, non est D; atqui cum non est A, non est B; cum igitur sit C,
non estD. vel ita: atqui cum sit C, est D; cum igitur non sit A, est B. quintadecima
rursus quatuor colligit syllogismos .... si, cum non est A, non est B, cum non sit C,
est D; atqui cum non sit A, non est B ; cum igilur non sit C, estD. vel ita: atqui
cum non sit A, est B ; cum igitur non sit C, non est D. vel ita: atqui cum non sit C,
non est D; cum igitur non sit A, est B. vel ita: atqui cum non sit C, est D; cum
igitur non sit A, non est B. ex sextadecimu . .. si, cum non sit A, non est B, cum
non sit C, non est D ; atqui cum non sit A, non est B ; cum igitur non sit C, non
est D. vel ila: atqui cum non sit C, est D ; cum igitur non sit A, est B. ex quibus
omnibus quadraginta conclusiones ßunt , sedecim quidem assumpta prima conditione
. . . sedecim vero assumpta secunda conditione contrario modo .... octo vero ex
quinta, septima, tertiadecima et quintadecima propositionibus fiunt assumptis primis
quidem conditionibus contrario modo ... ., secundis vero conditionibus eodem modo.
XII. Boethius. 717
8. Wenn, falls A ist, B nicht ist, so ist, falls C nicht ist, D nicht
Falls A ist, ist B nicht
Falls C nicht ist, ist D nicht
9. Wenn, falls A nicht ist, B ist, so ist, falls C ist, D
Falls A nicht ist, ist B
Falls C ist, ist D
10. Wenn, falls A nicht ist, B ist, so ist, falls C ist, D nicht
Falls A nicht ist, ist B
Falls C ist, ist D nicht
11. Wenn, falls A nicht ist, B ist, so ist, falls C nicht ist, D
Falls A nicht ist, ist B
Falls C nicht ist, ist D
12. Wenn, falls A nicht ist, B ist, so ist, falls C nicht ist, D nicht
Falls A nicht ist, ist B
Falls C nicht ist, ist D nicht
13. Wenn, falls A nicht ist, B nicht ist, so ist, falls C ist, D
Falls A nicht ist, ist B nicht
Falls C ist, ist D
14. Wenn, falls A nicht ist, B nicht ist, so ist, falls C ist, D nicht
Falls A nicht ist, ist B nicht
Falls C ist, ist D nicht.
15. Wenn, falls A nicht is,t, B nicht ist, so ist, falls C nicht ist, D
Falls A nicht ist, ist B nicht
Falls C nicht ist, ist D
16. Wenn, falls A nicht ist, B nicht ist, so ist, falls C nicht ist, D nicht
Falls A nicht ist, ist B nicht
Falls G nicht ist, ist D nicht
17. Wenn, falls A ist, B ist, so ist, falls C ist, D
Falls C ist, ist D nicht
Falls A ist, ist B nicht
18. Wenn, falls A ist, B ist, so ist, falls C ist, D nicht
Falls C ist, ist D
Falls A ist, ist B nicht
19. Wenn, falls A ist, B ist, so ist, falls C nicht ist, D
Falls C nicht ist, ist D nicht
Falls A ist, ist B nicht
20. Wenn, falls A ist, B ist, so ist, falls C nicht ist, D nicht
Falls C nicht ist, ist D
Falls A ist, ist B nicht
21. Wenn, falls A ist, B nicht ist, so ist, falls C ist, D
Falls C ist, ist D nicht
Falls A ist, ist B
718 XII. Boethius.
22. Wenn, falls A ist, B nicht ist, so ist, falls C ist, D nicht
Falls C ist, ist D
Falls A ist, ist B
23. Wenn, falls A ist, B nicht ist, so ist, falls C nicht ist, D
Falls C nicht ist, ist D nicht
Falls A ist, ist B
24. Wenn, falls A ist, B nicht ist, so ist, falls C nicht ist, D nicht
Falls C nicht ist, ist D
Falls A ist, ist B
25. Wenn, falls A nicht ist, B ist, so ist, falls C ist, D
Falls C ist, ist D nicht
Falls A nicht ist, ist B nicht
26. Wenn, falls A nicht ist, B ist, so ist, falls C ist, D nicht
Falls C ist, ist D
Falls A nicht ist, ist B nicht
27. Wenn, falls A nicht ist, B ist, so ist, falls C nicht ist, D
Falls C nicht ist, ist D nicht
Falls A nicht ist, ist B nicht
28. Wenn, falls A nicht ist, B ist, so ist, falls C nicht ist, D nicht
Falls C nicht ist, ist D
Falls A nicht ist, ist B nicht
29. Wenn, falls A nicht ist, B nicht ist, so ist, falls C ist, D
Falls C ist, ist D nicht
Falls A nicht ist, ist B
30. Wenn, falls A nicht ist?. B nicht ist, so ist, falls C ist, D nicht
Falls C ist, ist D
Falls A nicht ist, ist B
31. Wenn, falls A nicht ist, B nicht ist, so ist, falls C nicht ist, B
Falls C nicht ist, ist D nicht
Falls A nicht ist, ist B
32. Wenn, falls A nicht ist, B nicht ist, so ist, falls C nicht ist, D night
Falls C nicht ist, ist D
Falls A nicht ist, ist B.
Und ganz entsprechend dein Obigen kommen auch hier noch acht neue
Modi hinzu, indem in -eben jener nemlichen Weise sowohl mit 5, 7,
21, 23 als auch mit 13, 15, 29, 31 verfahren wird:
33. (5) Wenn, falls A ist, B nicht ist, so ist, falls C ist, D
Falls C ist, ist D
Falls A ist, ist B nicht
34. (21) Wenn, falls A ist, B nicht ist, so ist, falls C ist, D
Falls A ist, ist B
Falls C ist, ist D nicht
XII. Boethius. 719
35. (7) Wenn, falls A ist, B nicht ist, so ist, falls C nicht ist, D
Falls C nicht ist, ist D
Falls A .ist, ist B nicht
36. (23) Wenn, falls A ist, B nicht ist, so ist, falls C nicht ist, D
Falls A ist, ist B
Falls C nicht ist, ist D nicht
37. (13) Wenn, falls A nicht ist, B nicht ist, so ist, falls C ist, D
Falls G ist, ist D
Falls A nicht ist, ist B nicht
38. (29) Wenn, falls A nicht ist, B nicht ist, so ist, falls C ist, D
Falls A nicht ist, ist B
Falls C ist, ist D nicht.
39. (1 5) Wenn, falls A nicht ist, B nicht ist, so ist, falls C nicht ist, D
Falls C nicht ist, ist D
Falls A nicht ist, ist B nicht
40. (31) Wenn, falls A nicht ist, B nicht ist, so ist, falls C nicht ist, D
Falls A nicht ist, ist B
Falls G nicht ist, ist D nicht
Dass Boethius den sog. disjunctiven Schluss nicht eigens behandeln
werde, durften wir schon aus dem Obigen (Anm. 141 u. 148.) erwar
ten, und es sind die disjunctiven Schlussweisen, wenn auch nicht for
mell, so doch inhaltlich bereits in jenen obigen hypothetischen erledigt,
welche bei I, II, III und V jedesmal durch jenes umgekehrte Verfahren
hinzugekommen waren ; daher bleibt dem Boethius belrefTs der disjuncti
ven Formen in der That auch Nichts anderes übrig, als dass er die
einfachen Arten des disjunctiven Urtheiles auf die ihnen entsprechenden
hypothetischen Urlheile reducirt, nemlich
Entweder A ist oder B ist auf Wenn A nicht ist, ist B
Entweder A ist nicht oder B ist nicht auf Wenn A ist, ist B nicht
Entweder A ist oder B ist nicht auf Wenn A nicht ist, ist B nicht
Entweder A ist nicht oder B ist auf Wenn A ist, ist B;
und er verweist hiemit nur auf jene Schlussmodi, welche sich aus diesen
hypothetischen Urtheilen ergeben163). So treffen wir noch am Schlüsse
163) p. 636. : Iii vero qui in disiunctione sunt positi Ulis videntur adiuncti
eorumque rnodos formasqvc suscipiunt , quos superius in connexione positos ex his
propositionibus fieri diximus, quae duabus simplicibus iungerentur .... quatuor igitur
superius (Anm. 142.) differcntias per connexionem enunliatarum propositionum
esse diximus .... per disiunctionem quoque propositiones quatuor tcnent diffcrenlias
hoc modo: Aut est A aut est B; Aul non est A aut non est B; Aut est A aut non
est B; Aut non est A aut est B; quarum quidem ea prima est quae proponit „aut
est A aut est B" ... similisque est ei propositioni quae dicit ,,si non est A, est
B" quicunque igilur syllogismi in ea propositione fiunt quae est „$i non est
A, est B", hi etiam in ea faciendi sunt quae per disiunctionem proponetur ....
item ea proposilio disiunctiva quae proponit „aut A non est aut B non est" ....
similis est ei propositioni connexae per quam ila proponitur ,,si est A, non est B"
.... (637.) quocirca et in disiunctiva propositione totidem syllogismos esse necesse
est item ea proposilio per quam ila proponitur „aut est A aut non est B" ....
720 XII. Boethius.
des Alterthumes den Bestand jener Auffassung, von welcher die Lehre
über die Voraussetzungsschlüsse zu Anfang ausgegangen war, indem das
Verhältniss der Disjunction keine eigentlich selbstständige Stellung ein
nahm, sondern als eine Unterart des Hypothetischen auftrat; s. S. 375.
Uebrigens hätte bei dieser ganzen handwjerksmäss^gen Arbeit, welche
Boethius betreffs der hypothetischen Schlüsse liefert, genüfiTnoch gefehlt,
dass er entweder sein mechanisches Schema auch auf sämmtliche Formen
der Modalität ausgedehnt (es wären mit Einschluss jener jedesmal „hinzu
kommenden" im Ganzen 3450 Modi geworden) oder das beliebte „Zu
sammensetzen" der hypothetischen Urtheile, dessen in der That bei sol
cher Auffassung kein Ende zn finden wäre, noch einige Male fortgesetzt
hätte. Es kann nicht oft genug wiederholt werden, dass in jenem Motive
des Zusammensetzens, welches man dem Blödsinne der Stoiker verdankt,
zumeist die Quelle jener bornirten Auffassungen beruht, durch welche
die formale Schul - Logik derartig sich gestaltete, dass ihre Existenz - Be
rechtigung vor dem Forum der Vernunft bestritten werden muss.
Was endlich die Schrift De differenliis lopids betrifft, so gehört die
selbe allerdings mehr der Rhetorik, als der Logik an, erhielt aber
durch den von Cassiodorus aus ihr gemachten Auszug einen grossen Einfluss
auf die logischen Compendien des Mittelalters (s. Anm. 184). Indem
Boethius davon ausgeht, dass die Topik überhaupt der facultas inveniendi
diene, und indem er zu ihrer Darstellung sogleich von vorneherein auf
eine doppelte Quelle, nemlich auf eine griechische und eine lateinische,
verweist 1S4), gelangt er dann nach seiner Gewohnheit vom Einfachen auf
steigend endlich zur Angabe, was argumentum und argumentalio , und
was ioews sei, welch letzteres ihn bald auf das Vorhandensein der maximae
et principales proposiliones (Anm. 138) führt 16a). In diesem Inte
resse der Argumentation (s. Abschn. IX, Anm. 7 f.) gibt er hierauf an,
was quaestio sei, und theilt dieselbe in thesis und hypolhesis, deren erste
auf die Sache selbst, abgesehen von den sie betreffenden Ums linden
{circumslanliae), gehe und dem Dialektiker anheimfalle, sowiriletztere ge
rade auf jene Umstände sich beziehe und Sache des Redners sei 1B6).
similis est ei proposilioni connexae quae enuntiat ,,si non est A, non est B" ....
ea vero propositio quae diät „aul non est A aut est H" .... est similis ei pro
posilioni connexae quae diät „si esl A, est lt."
164) p. 857. : ea vero quae inveniendi facullatem subministral a Graecis To
pice, a nobis Localis dicitur nunc vero consilium esl aperire , qui sinl loci,
quae eorutn differentiac, qui eliam quibus apti sinl syllogismis ; nec id simpliciter
atque uniformiler videtur esse faciendum, verum duplex est tradenda partitio , una
quidem ex graecis voluminibus erula, altera vero ex M. Tullii Topicis sumpta.
165) Ebend. : ut igilur cuncla perspieuis rationibus constent , paulo altius ordiendum
est; propositio est oratio verum falsumve signifteans argumentum est
ratio rei dubiae faciens fidem; non vero idem est argumentum et argumentatio
argumentalio vero argumenti per orationem explicatio ; locus aulem sedes est argumenli
vel id unde ad propositum quaeslionem conveniens trahitur argumentum
Hierauf folgt ein Excerpt der Lehre vom Urtheile (s. Anm. 80.) und dann p. 859.
die schon oben, Anm. 138. , angeführten Worte über maximae et principales prepositiones
; letztere werden im 2. u. 3. Buche für jeden einzelnen Topus beispiels
weise angegeben.
166) p. 859.: quaestio vero dubitabilis est prop itio, in qua necessc est fere
cadem considerari quae dudum in proposilione diel sunt .... quaestionis untern
duae sunt species ; una quae dicitur a dialccticis Ihesis , haec huiusmodi est, quae
XII. Boethius. 721
Indem er sodann eine Einteilung der Ihesis, auf welche die loci dialectici
abzielen, veranstaltet, gibt er an, dass die einfache, d. h. in einem
kategorischen Urtheile bestehende, Thesis je nach Geltung und Umfang
des Prädikates sich nur auf genus, accidens und proprium beziehen könne
(da die differenlia hier entweder unter genus oder unter species falle),
hingegen bei der zusammengesetzten Thesis, d. h. dem hypothetischen
Urtheile bei gleicher Qualität des Vorder- und Nach -Satzes sowohl die
eben erwähnten Gesichtspunkte .als auch das Verhältniss von causa und
effeclus, von lolum und pars, von nomen und modus (d. h. Stamm- und
abgeleitetem Worte), und von accidens in Betracht komme, ferner bei
bejahendem Vordersatze und verneinendem Nachsatze das diversum, das contrarium
und privatio el habilus, bei verneinendem Vordersatze und bejahen
dem Nachsatze aber nur das Verhältniss der exclusiven Alternative 167). Hier
auf wird noch an den Unterschied zwischen Wahrscheinlichkeit und Not
wendigkeit der argumenta obige Unterscheidung zwischen Philosophie,
Dialektik, Rhetorik und Sophistik geknüpft (Anm. 82). Im zweiten Buche
sodann gibt Boethius die Eintheilung der loci dialeclici aus Themistius
(s. dieselben i. vor. Abschn. Anm. 96) und hierauf im dritten Buche aus
Cicero 16S), welch beiderseitige Einteilungen er in Einklang zu bringen
sucht; das vierte Buch endlich, in welchem die loci rhelorici angegeben
de re cetcris circumstanliis nuda quaerit ae disserit, quales c dialecticis maxime ad
dispulationem sumuntur .... altera vero quae a Graecis vocatur hypolhesis, a nobis
dicitur causa, haec quaestiv est personis, temporibus, faclis, ceterisque circumstanliis
implicita et thesis quidem philosophis , hypolhesis vero oratoribus allributa est,
167) Ebend.: seti eins quidem quaeslionis quae est hypolhesis posterius divisioncs
dabo (d. Ii. im 4. Buche), nunc de thescos divisione pcrlractabo , quae in
qualuor dividilur species ; in omni enim dialectica quuestione pruedicativa .... (p.
860.) si tale est quod in qnaestione proponilur, ut subiecto sit maius et de subiecti
substanlia praedicetur , erit genus ut si maius quidem fuerit, sed de
subs'."nlia eins nun praedicetur, erit accidens .... quodsi acqualc quidem sit,
sed substanliale, subieeli erü defmilio quodsi aequale quidem sit, sed a ratione
substanliae c nnclum, erit proprium itaque dialecticae simplices quaesliones
aul de genere aul de accidenti aut de definitione aut de proprio fiunl ; possunt vero
fieri eliam de differenlia quaesliones .... sed tantundem est de differenlia quaerere,
quanlum si de genere dubiletur , aut enim constituliva erit differenlia aul divisiva,
sed si constituliva fuerit, quasi generis obtinet locum .... ut si divisiva fuerit, velut
species consideralur nunc igitur de conditionalibus quaestionibus tractandum
est .... ac prius quidem eins quaeslionis facienda esl divisio in qua diseeptalur
an affirmationem affirmulio consequatur in iis fere rebus evenire solet quas
paulo superius commemoravi .... praeter haec autem alias quidem effectus causam,
alias quidem effecium causa sequitur item lolum partes sequuntur . . . modus
eliam sequitur nomen principale . . . nomen eliam principale sequitur modum
accidenlia quoque comilantur id quod subiectum est ... (861.) in iisdem eliam differentiis
illas quoque consislere necesse esl quaesliones quae ab Iiis veniunt proposilionibus
quae ex utraque constant negatione earum vero quaestionum quae
ex afßrmatione et negatione consistunl, illa fere divisio est, quod vel in diversis
generibus vel in diversis speciebus vel in coutrariis vel in privatione alque habitu
continenlur ut autem negationem affirmatio consequatur, quae erat quarta conditionalis
proposilionis differenlia, fieri non polest nisi in his contrariis quae medio
carent et quorum allerum Semper inessc necesse est.
168) p. 87].: et Graeci quidem Themislii diligentissimi scriploris foiis locorum
videtur esse partitir ... p. 872. : sed quoniam divisio Themislii patefacta
est, nunc ad M. Tullii divi onem Iranseamus .... cum antea secundum Themistium
locorum diffcrenlias dederim ;, nunc diversas secundum M. Tullium depromamus.
Prantl, Gesch. I. 46
722 XII. Cassiodorus.
werden, ist schlechthin rhetorischen Inhaltes. Am Schlüsse desselben
werden noch einmal die dialektischen und rhetorischen Topen in Bezug
auf ihre Aehnlichkeit und Unähnlichkeit mit einander verglichen 169).
Auch CajsjjLd-O-f u s , ein Zeitgenosse des Boethius, welcher aber
diesen noch lange überlebte (geb. um 468, gest. nicht vor 562) gehört
bekanntlich zu jenen Schriftstellern , deren Werke auf den Schulbetrieh
des Mittelalters einen bedeutenden Einfluss äusserten ; denn seine Schrift
De arlibus ac disciplinis liberalium lülerarum, von welcher uns hier
der Abschnitt De dialeclica . berührt , wurde in den nächstfolgenden
Jahrhunderten vielfach gelesen und benützt. Dass Cassiodorus ausser
dem noch eine Monographie De divisione und einen Commentar zu Ari
stoteles D. inlerpr., sowie über die Topik geschrieben habe, konnte nur
in Folge des grössten Mangels an Kritik angenommen werden 17°). Je
nes Compendium aber, welches den hauptsächlichsten Inhalt der ganzen
Dialektik oder Logik171) angeben soll, ist eine höchst klägliche und ver
standlose Gompilation aus sehr verschiedenen Büchern. In der Einleitung
wird auf Aristoteles als denjenigen , welcher diese Disciplin zuerst in
„Regeln" brachte, hingewiesen und die Syllogistik als die praktische Be
deutung und Nutzbarkeit der ganzen Dialektik bezeichnet, worauf, zu Folge
einer Gewohnheit der doclores philosophiae, ein Schema der Eintheilung
der Philosophie gegeben wird172). Daun wird auf die Isagoge des Porphyrius
übergegangen, aus ihr aber nur die quinque voces aufgezählt
und definirt 173); ebenso wird hierauf mit den Kategorien verfahren,
welche als ein zweifellos sicheres Verzeichniss Alles desjenigen, worü-
169) p. 886.: ac de rhetoricis quidem locis satis dictum est; nunc illud est
explicandum , quae sit his similitudo cum dialecticis quaeve diversitas .... ut in
dialecticis locis alii sunt ... qui in ipsis haerent de quibus quaeritur, alii assumuntur
extrinsecus, alii vero medii inter ulrosque lucali sunt, sie in rhetoricis quoque
locis differentiae Mae sunt, quod dialcclici thesibus eliam apti sunt, rhetorici
tantum ad hypotheses , id est ad quaestiones informatas circumstantiis assumuntur
dialecticoram maior est ambitus et quoniam praeter circumstantias sutU,
quae singulares faciunt causas, non modo ad theses utiles sunt, verum etiam ad argu
menta quae in hypothesibus posila sunt . ... dialeclicus prior est, posteriore non eget.
170) Nemlich sämmtliche folgende Stellen: D. dial. p. 541b.: sed de ttuiusmodi
propositionibus in his commenlariis quos in perihermenias Aristotelis libros
scripsimus, diligenlius disseruimus. 545 a.: quos in exposilione Topicorum Aristo
telis diligentius persequuli sumus. 546 a.: in meo libro diligenlius explieavi quem
de divisione composui. 550 a. : de eorum differentia in Topicorum commentis per
transitum disseruimus. sind samrat demjenigen , was ihnen zunächst vorhergeht und
nachfolgt, wörtlich aus des Boethius Schrift De diff. top. abgeschrieben (die je ent
sprechenden Stellen dortselbst sind p. 858, 869, 870, 882.), und beziehen sich
also nur auf Bücher, welche Boethius verfasst hatte.
171) Cassiod. d. art. ac. disc. p. 528 b. (Ed. Venet. 1729.): tertio de logica,
quae dialeclica nuneupatur ; haec, quanlum magistri saeculares dicunt, dispulalionibus
subtilissimis ac brevibus vera sequestrdt a falsis.
172) D. dial. p. 536 b.: Aristoteles ...ad regulas quasdam huius doctrinae
argumenta perdnxit. . . . sed priusquam de syllogismis dicamus , ubi totius dialecticae
utilitas et virtus ostenditur, oportet de eius initiis quasi quibusdam elementis
pauca disserere consuetudo itaque est doctoribus philosophiae , antequam ad
isagogen veniant exponendam, divisionem philosophiae paucis attingere. Die Ein
theilung selbst ist jene überall vorkommende.
173) p. 537 b.: nunc ad Porphyrii Uttum qui Isagoge qui non sine proprio laude visus est talia dicta formasse.inscrib■itu■r accedamus
XII. Gassiodorus. 723
ber gesprochen werden kann, gelten und ganz besonders empfohlen wer
den ; bemerkt mag werden, dass die Verhaltnisse des Homonymen u. dgl.
hier Werkzeuge {organa) der Kategorien genannt werden114). Nun folgt
aus' D. interpr. die Definition von nomen, verbum, oratio, enunlialiva,
affirmatio, negatio, contradictio durchweg mit der Terminologie des Boe
thius175), unmittelbar darnach aber gibt Cassiodorus die syllogistischen
Figuren und die neunzehn Modi des kategorischen Schlusses wörtlich
aus Appulejus an, wo er also auch der dortigen technischen Ausdrücke,
z. B. dedicalivus und abdicativus für bej. und vern. , sich bedient176);
die Formen des hypothetischen Schlusses hingegen entnimmt er aus Victorinus
177). Dann geht er auf die Lehre von der Definition über und
zählt jene nemlichen fünfzehn Arten derselben auf, welche wir bei Boethius
(Anm. 107) trafen 17S). Hierauf folgt mit ausdrücklicher Angabe
eines Ueberganges von der Definition zur Topik179) ein langer und um
fassender Auszug aus des Boethius vier Büchern De differ. top., wobei
die je einen einzelnen Topus betreffenden Worte meist gleichlautend
herübergenommen sind 180). Hier jedoch ist zwischen den Inhalt des
dritten Buches und jenen des vierten noch Mancherlei eingeschoben; zu
nächst nemlich eine abermalige Angabe der Modi des kategorischen
Schlusses, und zwar mit jener Terminologie , welche bei Boethius sich
findet (also z. B. affirmalivus und negativus), und zugleich mit ausdrück
licher Beschränkung auf die vierzehn aristotelischen Schlussweisen181); so
dann unter der Ueberschrift De paralogismis eine höchst alberne Angabe
der formell unrichtigen Schlüsse (zum Glücke ist sie nur auf die erste Figur
beschränkt), indem aus der bekannten Regel der ersten Figur gleichsam
174) p. 538 a.: sequuntur categoriae Aristotelis sive praedicamenta quorum
Organa sive instrumenta sunt tria ; organa vel instrumenta categoriarum sive
praedicamentorum sunt aequivoca , univoca, denominativa hoc opus Aristotelis
intente legendum est, quando, sicut dictum est, quidquid homo loquitur, inter decem
ista praedicamenta inevitabiliter invenitur ; proficit eliam ad libros intelligendos qui
sive rhetoribus sive dialecticis applicanlur.
175) Ebend. : sequilur Uber perihermenias subtilissimus de quo dictum
est : Aristoteles quando librum perihermenias scriplilabat, calamum in meiüe tingebat.
176) p. 538 b.: nunc ad syllogisticas species formulasque veniamus, in quibus
nobilium philosophorum iugiter exercetur ingenium 539 b.: Aas formulas categoricorum
syüogismorum qui plene nosse desiderat , librum legat qui inscribitur
perihermenias Appuleji et quae sublilius sunt tractata cognoscet.
177) p. 539b.: nunc ad hypotheticos syllogismos ordine currente veniamus;
nach diesen Worten folgen die bereits in Anm. 13, 3. und 16. angeführten Stellen.
178) Ebend.: hinc ad pulcherrimas definitionum species uccedamus quae tanta
dignitate praecellunt , ut possint dici orationum maximum decus et quaedam lumina
dictionum. Bei der fünften Species gibt der Text des Cassiodorus allein das Rich
tige (p. 540 a.) quam graece xarä A/ftv (vgl. Anm. 2. u. 107.), latine ad verbum
dieimus ; die elfte nennt er xara tt)V tllttxpiv , Laiini per indigentiam pleni ex
eodem genere, die fünfzehnte (p. 540 b.) wieder ähnlich wie Victorinus xaia alrio-
XoyCav, Laiini secundum rei rationem.
. 179) p. 540 b.: scire autem debemus , praedictas species definitionum Topicis
merito esse socialas, quoniam inter quaedam argumenta sunt positae et nonnullis locis
commenwranlur in Topicis ; nunc ad Topica veniamus, quae sunt argumentorum sedes etc.
180) p. 540b. — 548a. und 549b. —553a. Dass in aller Gedankenlosigkeit
auch Fremdartiges von Cassiodorus mit abgeschrieben wurde, sahen wir in Anm. 170.
181) p. 548a.: De syllogismis. Prima figura modos habet qualuor u. s. f. p.
549 a. : demonstrali sunt omnes modi trium figurarum categorici syllogismi , licet
quidam primae figurae alios quinque modos addiderint.
46*
724 XII. Cassiodorus.
der negative Gehall vollständig entwickelt und alle jene Fälle, in welchen
nicht geschlossen werden kann , erschöpft und mit Beispielen (!) belegt
werden182); endlich noch eine Stoppel-Lese aus des Boethius Lehre vom
Urtheile (Anm. 125 — 130) selbst mit Anwendung der nemlichen Bei
spiele183). Hernach also, wie bemerkt, wird auf den Inhalt des vierten
Buches D. Uff. top. übergegangen, welches durchaus der Bhetorik ange
hört, und hiemit der Schluss dieses Compendiums der Dialektik gemacht.
Eben aber durch diese ganz äusserliche und höchst confuse Vereinigung
des Materiales der eigentlichen Logik und des Inhaltes der Topik ist es
geschehen, dass vermittelst des Cassiodorus, man möchte hier fast sagen,
zufällig die Topik in die mittelalterlichen Schulbücher der Logik sich fort
pflanzte 184);*^denn während in dem Compendium des Marcianus Capeila
dieser Gegenstand nicht behandelt ist, excerpirte gerade aus Cassiodorus
denselben wieder Isidorus, indem er an der Scheidung zwischen dialek
tischen und rhetorischen Topen festhaltend nur erstere aufnahm; durch
Isidorus aber gieng dieses Material, dessen Quelle, wie wir sahen (Anm.
168) neben Cicero hauptsächlich Themistius ist (in der Tradition er
scheint daher selbst noch bei Vincentius Bellovacensis der Name des
Themistius), in die gesainmte mittelalterliche Logik über, von wo es
sich dann erklärlicher Weise wegen seines Zusammenhanges mit der
Argumentation zu einem Theile der goff. angewandten Logik gestaltete.
182) p. 549 a.: puralogismi vero primae figurae ila fiunt : ex priori affirmaliva
universali et secunda negativa universali . . . item paralogismus , qui ex duabus
parlicularibus affirmativis fit , a. s. w.
183) p. 549 b.: omnes propositiones his modis constant: dann werden Beispiele
gegeben von simplices, contrariae , contradictoriac, ex utrisque terminis inßnitis, ex
infinito subiecto u. s. w.
184) Ich gebe darum Iiiemil hier, wo dieses Material zum erstenmale in ein
Compendium der Logik aufgenommen erscheint, wenigstens Namen und Reihenfolge
der dialektischen Topen, wie sie Cassiodorus aufzählt, an : nachdem p. 540 b—543 a.
mit der Ueberschrift „De dialecticis locis" das Excerpt des ersten Buches des
Boethius und des Anfanges des zweiten enthalten, ist, wird p. 543 a. zur Sache
selbst geschritten: omnes igitur loci, id est maximarum differentiae propositionum
(s. vor. Abschn. Anm. 96.) aut ab his ducantur necesse est terminis qui in quaestione
sunt propositi, praedicato scilicet alque subiecto, aut extrinsecus assumantur,
aut horum medii alque inier ulrosque versentur ; eorum vero locorum qui ab his
dueuntur terminis de quibus in quaeslione dubitalur, duplex modus est ; unus quidem
ab eorum substantia, alter vero ab his quae eorum substantiam consequuntur. Und
nun folgen als Topen aus der Substanz selbst : ex definitione , ex descriptione , ex
nominis significatione ; dann aus den Folgerungen der Substanz: (p. 544a.) ex
toto, ex partibus, ex causis, ex materia, ex fine, ex forma, ex effeclibus , corruptionibus
et usibus; hierauf als Topen, welche extrinsecus genommen werden: ex
rei iudicio, ex simüibus, a maiori, a minori , ex proportione, ex oppositis (vierer
lei : ex contrariis, ex privatione et habitu, ex relatione, ex affirmationc et negalione),
ex transsumptione ; dann als medii loci: ex casu, ex coniugatis , ex divisione, ex
parlitione. Diess nun sind die Topen des Themistius. Hierauf (p. 547 a.) folgen
mit der Ueberschrift „De Topicis" die Ciceronischen : erstens loci ex ipsis rebus :
a coniugatis, a gencre, o specie, a simili, a differeniia, a contrariis, a coniunetis,
ab antecedentibus , a consequentibus , a repugnantibus , a causis, ab effeclibus, a
comparatione (a maiori , a minori , a paribus) ; dann loci extrinsecus oder inartificiales:
ab auctorilate (o persona, a natura, a dictis factisque, a tormentis). Erst
später dann nach jenen Einschiebseln folgen (p. 549 b.) mit der Ueberschrift „De locis
rheloricis" die rhetorischen Topen, welche in ähnlicher Weise wie jene dialektischen
in die Logik, so diese in die mittelalterlichen Compendien der Rhetorik übergiengen.
REGISTER.
Abdicativus 581, 670.
acceptio 585.
accidens 518, 584, 662.
accidenlalis 684.
Achaikus 620.
ud aliquid 515.
aöiuifÖQtos ntQctlvovTts Xöyoi 470.
adiunclum 521.
Adraslus 531, 545.
adrersum 519.
ad'vvarov 171, 463.
rfiä roö (Wuyßrou avXXoyiauög 294 f.
309.
uequimodus 712.
Aequipollenz 568.
acquipollens 583.
acqitivocitm 669, 675, 684.
affirmare 676.
affirmatio 686.
infinila 693.
privatoriu 693.
simplcx 693.
affirmativus 691.
tiyvota iXfyyov 346.
x«t« äia&eotv 328.
ityX'Voia 114.
itymviaxixov 69, 101.
aienlia 521, 675.
aio — »icr/o 520.
niviyfia 510.
atrrjiuci 322.
atriov Ovvexitxöv 462.
«/r/iidf? 446.
Akademie allere 84 ff.
neue 497 ff.
«xo;.ouW« 384, 447, 457, 595, 603, 611
aXQov filifrv u. iXuxrov 271.
Albirms 663 f.
Alcinous 610.
Alexander Aegcus 534.
Aphrodisiensis 620 ff.
Alexinus 34.
alternatio 522.
alternier 583.
ambiguitas 527.
&fx(tkoäot OvXXoyiOpoC 608.
lyitOdd'tof 7TtQcttvovTtg Xoyoi 487.
äueobi TiQozäntis 127, 322.
Ammonius 642.
Araphibolie 22, 46, 495, 688.
Pr*ntl, Gesch. I.
656.
478.
«»-«j'ZK/bj' 165, 173 ff., 181 f., 372 f., 463.
«K(xAf<(T(f 365.
[Analogie - Schlüsse 23, 510.
z«r' avaXoyiciv avXXoyiafioC 381.
x«r« To Kj'ftUoj'oj' OvXXoyiafioC 608.
«>'«iüf(y b. Aristoteles 116.
b. d. Sloikern 479.
Analytik 92.
avaXvTixüg 116.
avafivrjaig 60.
«vaTroje/xrot 173 f., 605 f.,
«7i^of n. oü/ anXol
avciaxtväfeiv-xttTaoxtvd'Ceiv 299, 509.
ävaoTQ&feiv u. nvnatQ^if iiv 568 f.
avaOTQOif ri u. tcVTtarQoqri 598.
Andronikus 529 ff. 551, 559.
angulariU'r 693.
itvofioiofieQfi 424.
Anonymus 7/tpt ov).Xoyi<Sfxwv 659.
üvTavaxXai/xivoi ovXXoyiOftoC 365.
«fc antecedentibus 678.
nvTiSiulQtOig 422.
ttl'TlXttTTiyOQOVfitVCl 323.
ttvnxilo&ui u. ctVTtxtl/Atva b. Arislotelcs
142 f., 154 ff., 221 ff.
stoisch 449, 509, 597.
ävriXfyeiv 13,y7, 32, 37.
Antipater 408, 477, 481.
ävrhfaoig 142 f., 152.
ttVTKfäoiM; ätttiQiTixoi OvXXoytaftoC
475.
etVTii/ arixiSg äviixeC/jev« 154 IT.
Anlislhenes 30.
aVTiOTQfyetv 266 ff.
u. avaorqtipetv 568 f.
avXXoyidfxov 308.
aVTtaiQ&f (ov (ein Sophisma) 493.
avti(3T(>o<fri 466.
u. nv««»«»/!^ 598.
(ivi57rnpzr« 420.
(WqiOtcc äSi(ö:u«ra 444.
«o'pioroj' 357, 453.
ovo/xa u. (5^,u« 143 f. 195.
«TTK/CU)')/ 319.
t/j rö ücfvl'KTOi' s. d. folg.
Apagogischer Beweis 43, 294 f., 300, 309,
t 485 f.
an{QuvToi Xöyoi MI, 485 ff.
äneoiyQaif ug (itxunlitxovta 466.
«7ri« «fuJ^an* 443.
47
726 Register.
anXol ctvanötStixxoi 478.
anö rivo; 142 ff.
Apodeiktik des Aristoteles 104 ff.
u. Dialektik b. Aristoteles 96 ff.
AnoSiiXTixo). Xöyoi 484.
KTrdtffiftff b. d. Stoikern 483.
apodixis 523.
Apollonias Kronus 34.
unöifctvots 140, 352.
änoipuvrixov 509, 550.
Ü7i6(paois 142 f.
aie(>r)Tixri 226.
uncxpäaxtav (ein Sophisma) 491.
«noifttTixti OvfinXoxy 387, 596, 604.
anoipttrixov ä'£(iofj.a 444.
anoQrifia 100.
anoQog (ein Sophisma) 493.
etTiooos vkr) 481.
Appulejus 579.
ttQaxixöv 441.
ocQ/cil täiai 125.
loyixaC 562.
&t>x9 aUelaS-cu 311.
Archede'mns 408.
Archytas s. Pseudo - Archytas.
UQybg löyog 489.
Arislippus 29.
Aristo 546, 557.
Aristoteles 87 ff.
ttQVrfTixov a^Ciafitt 444.
Art-«. Gattungs-Begriff b. d. Sophisten 15.'
b. Plalo 81.
b. Aristoteles 219 ff.
b. d. Stoikern 422 ff.
b. Porphyrius 627 ff.
b. Boethius 684 ff.
Artbildender Unterschied 219 ff. s. auch
diuipoQa u. differenlim
Aspasius 529, 545 ff.
assumptio 524, 705.
navli-oyiaroi Xöyoi 487.
aovfißttfia 439.
aovvttXToi Xöyoi 471.
Athenodorus 538.
Atlikus 618.
Augustinus 665 ff. s. auch Pseudo - Augu
stinus.
avTorelfj a$iiö[iaTu 438.
tt£tto[iit b. Aristo). 322;
b. d. Stoikern 438 ff.
tt£ttö/*c<Ttt anlä u. ov% unla 443.
xtt&olixit 607.
xoivä (Aristot.) 125 ff. 199. -
Begriff b. d. Sophisten 15, 20.
b. Antislhenes 31.
b. d. Megarikern 42.
b. Aristoteles an Stelle der plato
nischen Idee 88, 104 u. Princip
seiner Logik 122 ff. , 135 f.,
arist. Lehre vom Begriffe 210 ff.
b. d. Stoikern 420 ff.
b. Porphyrius 627 ff.
b. Boethius 684 ff.
Bejahen u. Verneinen 1 18 ; s. auch vaC—ov.
Bewegung 189.
geleugnet 55 f.
zu welcher Kategorie sie gehöre 624.
ßCa 173.
Boethius 679 ff.
Boethus 529, 540, 547, 554.
Calvus (d. Sophisma) 54.
caplio 525.
Cassiodorus 722 f.
categoria 661.
Causalität geleugnet 40.
b. Aristoteles 172., Causal. d. Be
griffes 237 ff., im Mittel -Be
griffe 332.
s. auch Principinm causalitalis.
cavillatio 525.
\xt((>(i)V 653.
Chirius s. Curius.
Chrysippus 404 ff.
Cicero 511 f.
circumstanlia 720.
Cirkel - Beweis 306.
collect™ 523, 585.
Commentatoren 617 ff.
comp idio (Schlusssatz d. Syll.) 524, 699.
(Dilemma) 525.
coneeptio 691.
conclusio 523, 585, 705.
conftnis 678.
Conclusio sequitur partem debiliorem 371,
587.
Concrete Totalität d. Dinge 238 ff.
condilionalis 580, 678, 691.
coniugalio 585.
Conjunctionen 446.
coniunetionum neganlia 52-1.
coniunetum 521.
connexio 701.
connexum 521.
consentiens 694.
consequens 702.
a consequentibus 678.
emsequentia 702.
contingens 695.
conlradictio 519, 686.
contradictorius 692.
Conträr u. contradictorisch h. Arist. 147 ff.
b. d. Stoikern 449 ff.
contrapositio 698.
contrarielas 692.
contrarius 518, 583, 662, 675, 686.
conveniens 697.
conversio 584.
prima u. secunda 676.
simplex, principaliter, per accidens
585, 698.
Register. 727
conversio per conlrapositionem, per Opposi
tionen 698.
per conversionem Syllogismus 700.
copulatum 521.
Cornutus (der Stoiker) 538.
Cornutus (das Sophisma) 53.
cum 702.
Curius Fortunalianus 666.
David 642.
declarativus 581, 676.
dedieativus 581, 676.
Deductio ad absurdum 309.
definitio 515.
Definilion b. Aristol. 216, 247 f. , 255,
321 ff.
b. d. Stoikern 425 f.
b. Boethius 688 ff.
ä£ ye 467.
detXTixiög 294.
de subiecto 671.
äevrtoa ovdCa 243.
öevrsQov 9-tu.a 481.
Dexippus 638.
äialosaig 81, 422.
SiaiQtTixol lg ävriwäamg avlkoyioixot
475.
tfiaXitv&dviov (Sophisma) 52.
äicdfyta&ai b. Plato 62.
b. Aristoteles 95.
Dialektik b. Zeno 9.
b. Aristoteles 99 ff.
b. d. Stoikern 413 ff.
dialeclica 512.
äiakexTixoC 41, 419.
dialecticus 512.
iiällrjXog Xöyog 492.
älttQtriais 487.
äinapooa b. Arist. 219 ff.
b. Theophrast 395.
£idWo«dS;229ff. 395.
diaiQiTixrj u. OvOTUTixtj 629.
cFlütpoQa tt^ioifxartt 445 ff.
äiiupoQovpievov s. SitpoQovLUVov1.
äiaecupovv 446.
tft* aviö 122.
öiä&vhs 384.
Dichotomie 82, 160.
dicibile 668.
rficfto 668, 690.
Dictum de omni u. de nullo 266, 652,
659, 699, 704.
dieitvyfitvov 446, 595.
naQanXr\aCiag 596.
differentia 517, 584.
aliud faeiens u. alteralum faciens
684.
constituliva 661.
specifica b. Arist. 219 ff., 229 ff.
differentiae topicae 720 ff.
Dilemma 510, 525.
ötkrififiaToi Xöyoi 478.
aulloyia/xoi 589.
SikrifijxaTov 510.
Diodorus Kroaus 34, 39.
Diogenes 408.
Dionysodorus 20.
fiwTi 446.
äiffoQov/xevoi ioyoi 476.
SitfOQovfitvov &SC(x>fj.a 445 ff.
directi syllogismi 700.
direclim 587.
disiunctio 521, 701.
per disiunctionem 678.
distM'idj't)« proloquium 521.
disiunclum 521.
Disjunctives u. hypothetisches Urtheil 446 ff.
Disjunctive u. hypothetische Schlüsse 375 ff.,
385 ff., 470 ff. s. auch Voraussetztings-
Schlüsse.
disparatum 518, 662, 686.
disputandi scientia 667.
disputatrix 512.
disserendi ars 512.
diversivocum 684.
diMsio 517, 662, 674, 678 ff.
äüvttfiig 112.
zßT« 6vvau.iv äftß!u«roff ffiUioyto"-
«o£ 482.
cTw«töV 165 ff., 181 f., 363, 463.
? 446.
tymv 194, 544.
effatum 519.
tyxtxai.vuu.4vog (Sophisma) 51.
ti 386, 446.
ttäij der Megariker 35 ff.
b. Plato 75ff.
b. Arist. 108.
tlSixtäjUTa 628.
elöog b. Aristot. 211, 262 (Anm.).
b. Porphyrius 627 ff.
etxög 320.
Einheit der Substanz 236.
des Urtheiles 141.
Einlheilungs - Methode b. Plato 81.
b. Aristot. 233 f. 334, 339 f.
b. d. Stoikern 422 ff. •
b. Boethius 678 ff.
ixxalvntixov 458.
Ixxalvnnxäg 484.
tx(p(ovovu.evov 548.
ix&saig 275.
Ix&ettxov 441.
iiarrov äxoov 271.
Eleaten 8 ff.
lltyxxixöv 448.
tleyxog 100, 312.
aoifiartxog 346.
Elisch-Eretrische Schule 57 f.
fUen/-if 487.
tkjLinij aiidfxata 438.
47*
728
Register.
eloqui 668, 673.
lunttnia 106, 110.
li'ccviCov 143, 449 ff., 509.
ivairtCtaf nvTixtlfitvu 155 ff.
h'St^ofitvov 166 ff., 303.
tvvoTj/xa 420.
ivvoiai 419, 594.
cns 684.
evartcaig 320.
IvSv/itifia 103, 320.
enunlialio 520.
enunliativus 691.
tnayioyj) 318.
Inuxrixdi Xoyoi 28.
lnanoor\nx6v 442.
tei' 386, 446.
IniuioSttoStg 631.
l(podevTixojg 484.
Epikureismus 402.
tnitfooct 468, .470.
inCQQrjua 593.
Inioirjfiovtx!] cuo&tiot; 85.
£flrt tö 7io/ü 175 ff., 269.
inovaitSieg s. IniusodtwSts.
Erislik 41.
(niarixöv 69, 101.
iQiüjäv 42.
iQioTTjpa 441.
iQüjTTj/iaTixöv 550.
essentia 514.
&m ob Copula 355, 624.
tqItov noogxajrjyontiTat 147.
Eubulides 34.
(ü/ij 141.
Eudemus 349 ff.
Eudorus 539.
Euklides 33 ff.
tiixrixov 550.
evXoyov 467.
evaro/Ca 114.
Euthydemus 20.
Existenzial - Satz 355.
exlremilates 699.
Fang -Schlüsse s. Sophismen,
/ijuro 699.
/ras 584.
/ormo 517.
formula 586.
Fragen u. Antworten 9, 42, 68.
frustralorius 527.
Galenus 559 ff. s. auch Pseudo-Galenus.
Galenischc Scblussfigur 570 ff.
Gattungs- Begriff s. Art -Begriff.
Gellius 512.
gencra 683.
(icncralissimum 684.
yÄT) 195 ff., 219, 325.
rdv xaTrjyoQiiov 198.
TTQwra 428.
ytvixiäjaxa 428, 628. ■
y^of 125, 187, 343, 395, 627 f.
</enus 517, 584.
magis genus 684.
genug primum 687.
pruximum a. remotissimum 429 f.,
074.
.Georgius Pachymeres 658.
\y(vto~&cci tI u. anlag 187.
Gorgias 14.
yQatfUfitvuv 548.
Gregor v. Nazianz 657.
Gregorius Aneponymus 659.
Monachus 659.
yqttfos 399, 510.
Uabilus 075, 686.
ij twrö 121, 392.
yyovfiivov 385, 447.
fxi« 434 f.
Ij/—noU<H0, 19 f., 64, 69, 100.
i'v l(p' evoq 31.
ft'oirjg 221.
(nopivov 385.
7i£(» 'Enfitjvelag 91 f.
Hermias 642.
Herminns 545 ff.
[nffi^äfco»' 489.
^reQoivvftqv 547, 633, 671.
«tto toü rjtrov OuXXoytGfxög 390.
?ftS 258, 434 f.
u. ariorjaig 222 ff.
Hieronymus 664.
Hindernisslosigkeit 169, 173.
dt' bXov i/no&tnxoi o~vXXoyi.O[io( 380.
\6fioiofieQfi 424.
ojj-oiov ä^toj/xctri 442.
öno tov öfiuCov OvXXoyiOfioC 390.
Homonym 85, 91, 208, 530, 547, 633.
üncQ ov 211, 262 (Anm.).
o nore ov 259.
\(ÜQia[i{va a^KÖfjttja 444.
lüpfd^ö? 211, 262 (Anm.), 322 ff.
6i>(£e<J&ai 31, 75.
Öqxixöv 441.
ö'oof b. Plato 75.
b. Arislot. 211, 262 (Anm.), 343.
b. Thcophrast 395.
b. d. Stoikern 426.
im Syllogismus 271.
xotvög 600.
ovaitöärjg u. ivvotj/xarixög 609.
xajtt tö (öottvrtag GvXXoyiOftos 608.
\vyiig awrjfififyov 453.
vndXXrjXa 628, 671.
vnüo/ovTa 254.
xctd-' avTtt 126.
'vnaofig 421, 603.
vntvavrCov 625.
iniQttnotf aTixüv 444.
vnoäutCotatg 422.
inoyQcupr] 426, 609, 688.
Register. 729
vnoxtCfitvov b. Arist. 217 ff.
b. d. Stoikern 42S ff.
vnöXtjipig 313.
vnoovXXoyiarixöl OvXXoytauoi 608.
hypothcsis u. Iliesis 720.
vnod-eaig 322, 378 ff, 384.
1$ vno&faetog 294.
inoO-trixal naoTiioeig 594.
vno&erixfi x«r« dictioeotv 595.
vno&trtxol äia TQiüiv avXXoyia/j.ot3S0.
dY oXov avXX. 380.
vnoS-arixöv 441, 554, 575.
hypolheticus, 522, 661.
Hypothetisches u. disjunct.Urtheil 446ff.,594.
Hypothetische u. disj. Schlüsse 375 IT., 355 ff.
470 ff, 656, 700 ff.
Ja — Nein s. vctC — ov.
Jamblichus 638.
Ichthyas 34.
Ideenlehre der Megariker 35 ff.
Plalo's 75 ff.
icfiß nu9rj 254.
iSiai umtat 125.
iäiov 323, 343, 395, 628.
IStörrjs 433, 628.
Ifiiaig notöv 432.
Ignoratio Elenchi 346.
illalio 585, 678. -
illativum rogamentum 585.
impossibile 695.
per impossibile probatio 589.
inaequimodus 712.
incongruus 582.
indefinita propositio 692.
indefinites 581.
indemonstrabiles 588.
Indirecte Syllogismen 367 f., 700.
individunm 661, 684.
'Iväog (Sophisma) 48.
induclio 522.
Induction 28, 318, 326, 586, 655.
inesse 685.
inexplicabilis 526.
i» subiecto 671.
Johannes Damascenus 657.
Grammaticus Philoponns 643.
Italus 643.
laoSvva^iovaai nqoTÜoag 568.
ioxonia 129.
iudicium 520.
x«/ 446.
Karneades 497.
xarä fir\Stv6g 266.
naviog 121 ff., 266.
iH-ds 142 ff
xarayogevTixov ailiofxa 444.
xajäXrnpiq 419.
xctitupaOis 442.
xctTKOxiva£iiv — nv«o"X£u«£f 299,509,
xazriyoQflv 184.
Kategorien, Spuren b., Plato 74.
b. Aristoteles 182 ff.
b. d. älteren Peripatetikern
360.
b. d. Stoikern 426 ff.
b. d. spät. Peripat. 537 .
b. Galenus 563 f.
b. Pseudo - Galenus
601 ff.
b. d. Commenlatoren
650 f.
b. Porphyrius 632 ff.
b. Boethitis 684ff.
KaxtjyoQtui (das Buch) 90, 530.
xttTt]yoQrjjj.a 439.
ixcirriyonixi] nooraOig 195.
\x«rr)yuQixbv a^Ctofia 444.
xuxr\yoQix6g 554, 575.
je«*' aira {mttQYOVTtt 126, 254.
xad-' avr6 lG,r 121 ff., 185, 212ff., 392.
Ixa&nXixä a^itüfiara 607.
xa&ÖXovlb, 104, 109, 119 ff., 213 f., 324.
6oC£ta!tai 28.
xeta&ca 206.
IxtQctT (vqs 53.
xtvt)Oi( 189.
Kleanlhes 404.
Klearchos 399.
Kleinomachus 34.
Kleilomachus 497.
xXrjtixov 550.
xoiva 64, 73, 79, 84, 99, 117, 196.
xoivet aSitttfiBTtt 125 ff.
Ixotvui svvotui 419.
xoivij xairiyoQOVfitva 196.
xmvwg nowv 432.
\xQoxoösiX(rrjs 493.
xvxXqi deixvvvcu 306.
Kyrenaiker 29.
xvQievwv 40, 465.
xvoltog ov 185.
XexTci 416 ff.
Xfjyov 447.
A^UjUß 468, 470.
Leo Magentinus 644.
Lernen 112 f.
loci apli 513.
dialectici u. rhelorici 721.
(ocas 513, 720.
loculio 690.
Xoyixcä äny_aC 562.
Auyixri 511, 535, 561.
Xoyixbg avXXoyiOfiög 336.
XoyixtSg 116.
Aoyto'uds 63, 106.
jloyos b. Arist. 211, 262 (Anni.).
b.d. Stoikern iväia&tTog u. 7tQotfio-
Qixog 420, aiieQfiaTixöq 428.
Syllogismus 467.
\X6yoi adtcuföncog hiquCvovtis 476. ■
730 Register.
Xoyoi afit&öSiog ntgalvovrtg 487.
avanoäiixToi 473.
«ittMtvxoi 472, 485 ff.
änooetxxtxoi 484.
aavXXoytoxoi 487.
ttOvvaxroi 471.
öupoQovfjevoi 476.
&e (füo TQonixiöv 481.
ntQavTtxoC 472.
avXXoyiaxixoC 473.
avvaxxixol 471.
tytv&üg 487.
s. auch avXXoyiO/xol.
Xoyoxqönog 471.
Lucius 618.
Lykophron 20.
jU«/)) 457 ff., 603, 611.
r«Atfo 595, 603 f.
ma/or 581, 684, 696.
im Syllogismus 699.
ano xov ftäXXov avXXoyiOfiög 390, 607
Marcianus Capella 672 ff.
Marius Victorinus 660 ff.
Maximus 639.
medius 699.
Megariker 33 ff.
Meistentheils s. inl xb noXv.
fteT(ov axQov 271.
Melissos 9.
Menedemus 57.
fxfj nttQu xovxo 312.
fj.eQiafj.6g 422.
fUoa aiiäftcna 444.
[liaog 271.
xä fiera rag xaxrjyoqCag 641.
fitxaXa/jßavöuevov 378, 384 ff.
fiexäXrj^tg 378 ff. 384 ff.
fitinnlntovia aZioifiaxa 466.
fttxäniiaoig 466.
fieräd-taig 357 f.
fit&tStg 79.
Michael Ephesius 643.
Psellus 643, 658.
minor 581, 684, 696.
im Syllogismus 699.
Mittelbegriff 271, 324 ff.
fiox&riQov awrjfjfttvov 454.
ff/j)u« 487.
Modalität d.Urtheile 164 ff., 177 ff. 363, 463.
modus (Modalität) 695.
(Schlussweise) 699.
Möglichkeit 39, 164 ff., 181 f., 362 f. 371 ff.,
462 ff.
Möglichkeit*- u. Nothwendigkeits-Svllogismen
278 ff., 370 ff.
ftovij ttlG&rjatwg 105.
uovoXrififiaTog ovXXoyiOpiög 477.
More geometrico 562, 607, 700.
multivocum 684.
val—ov 9, 42, 145, 160, 452.
Namen-Definition 337.
Naturbeslimmlheil s. nttfvxög.
necessarium 695.
negans 662.
neganlia 521, 675.
negart 676.
negativ 675, 686.
infinita 693.
privatoria 693.
simplex 693.
per ncgutionem 678.
Negalion b. Aristo!. 143 ff.
negativus 691.
Nicepborus Blemmides 658.
Nichtandersseinkönnen 104, 111.
Nikostralus 618.
vorjta «otöuttut 35 ff.
non per hoc 312.
yoovfitvov 548.
Hühl 513.
notalio 516.
Nolhwendigkeit 165, 173 ff., 181 f., 372 f.,
462 ff.
im Wissen 104 ff.
Nolhwcndigkeils-Syllogismcn 278 ff., 370 ff.
notio 517.
vovg 88, 106 ff.
nonjxixög 112.
vXixög u. imxxtjxög 622.
Oberbegriff 271.
oi< 427.
xvQdog 185.
tivofia 31, 73, 140.
aÖQiaxov 143.
oppositio 519.
bei cofujmio 698.
oppositum 519, 662, 675, 686.
oratio pronuntiabüis 580.
oQyavct 345.
Organon, Reihenfolge der Bücher b. d.
Commentaloren 644 ff.
"OQyavov 89, 136, 532.
orbalio 675.
orbitas 675.
oüx Mtxöfitvov aXXcog %Xllv 104, Hl.
oüo-fo b. Plato 73.
b. Aristot. 187 ff., 217 ff., 222 ff.
x«r« to> Xöyov 245.
oüV» 427.
oiixiva 420.
oi'rif (Sophisma) 492.
TT«*?; täia 254.
ttbSoj 189, 258.
nttQußoXr) 14, 36.
7T«pnyj'{A1aß 394.
nctQctäeiyfia 103, 319.
nctQaSu&vynevov 448, 460, 596, 604.
Paradoxon 346.
paralogismi Iii.
7iaQaavfißafj.a 439.
Register. 731
naQtt<fvvt(evy{i£vov 599.
■nitQaavvrjfifjifvov 446, 457.
Parmenides 8.
nctQolxri 487.
Paronym 530, 547, 633, 671.
naQwvvfiCa 495.
Particulares Urtheil 356.
particularis 581.
particuiariler 585.
partitio 517, 662, 674.
nttoaazixov 68, 100 f.
ni(f,vx6s 175 ff, 222 f.
per accidens (conversio) 698.
ntQitvTixol Xöyoi 472.
Peripalcliker ältere 347 ff.
spätere 528 ff.
pelitio prineipii 311.
tpalttXQos (Sophisma) 54.
Phanias 351.
(paoti 116, 141.
Philo 404.
PbilopoDus s. Johannes.
(ptovri 414.
OrijzavTtxrj 632.
Photius 658.
ni&avöv 467.
TT/o-rtf 29, 318.
Plato 59 ff.
nltCovtg fxiaoi avve%etg 296 f.
Plotinus 613.
plurivocum 675.
Poesie 646, 679.
Tioia ovola 243.
Tioiilv— näo/tiv 74, 189 ff.
nowv b. Aristot. 190 ff., 255 ff.
b. d. Stoikern 428 ff.
noiöitjs ovaitaöris 541, 629.
xarce nowTt\x(t OvkXoyia/AoC 389.
Polemo 86.
noXXaxtS; ityoutva 354.
nolvtovv/uov 547, 633, 671.
Porphyrius 626 ff.
mag ?/ov 428 ff.
Posidonius 409, 481.
noaöv 190 IT., 255 ff.
possibile 695.
Poslprädicamenle 91, 208, 651.
Postulat 322.
Polenz zum Actus übergehend 168 ff.
praccedens 702.
praedicamentum 661.
praedicationes 675.
praedicalivus -580, 678, 691.
praedicatum u. subiectum 696.
Prätextatus s. Vegetius.
principales propositiones 700.
principaliler (b. eonvertto) 698.
prineipia probalionis 700.
Principien der Logik 562.
Principium causalitatis 655.
Principium causa I. u. rationis suffle. 462,
485.
Principium exclusi terlii 395, 461.
Principium identitatis angeblich bei Plato 70f.
angcbl. b. Arist. 131 ff.
später 360, 450,
Principium ident. u. excl. terlii 403, 622,
637, 655.
privans 519, 662.
privatio 686.
privatorius 693.
probalio per impossibile 589.
nQoßlrjfxa 299, 332.
Proclus 641.
Prodikus 15.
iiQOxaO-riyovfiivov 458.
proloqui 668, 673.
proloquium 519, 676.
proloquiorum summa 668, 673.
pronuntiutum 519 f.
proposüio 524, 580, 585, 705.
im Syllogismus 699.
praedicaliva u. conditionalis
691".
proprietas 516, 584.
proprium 516, 581.
nQogayoQtvrixöv 441.
nQogäioQlOJiog 359.
nQogrjyoQia 439.
TtQogr/yoQtxov 439, 508.
nf)6glr\\pig 376, 468 ff., 595.
7tQogXr)7iux6g avvdtafiog 467.
7T(>0ST«XTIXÖJ' 550.
7r?öV ti 74, 189, 261.
xarä To nqög ri avXXoyia^iol 606.
nqög ri nüg 428 ff., 537, 543.
7TQuavU.oyi(S/^o( 296 f.
Protagoras 12.
nQOTttOig 352.
xatriyoQixrj u. orf^ijrtxij 195.
TiQorärteig äfieaoi 127.
£x ftera&^aemg 357 f.
TTpturi} oiWa 243, 246 f.
protensio 580.
7r(«5ro)' tpeväog 312.
Psellus s. Michael.
ifievdcig köyoi 487.
Pseudo-Archytas 615.
-Augustinus 669 ff.
-Galenus 591 ff.
\ptvS6fitvog (Sophisma) 50, 490.
ipvxtf 60.
pugna 583.
perfecta 583.
Pyrrho 500.
niafia 441.
Qualität b. Aristot. 190 ff., 255 ff.
b. d. Stoikern 428 ff.
Qualität der Urtheüe 142 ff.
Qualitäts-Schlüsse 389.
732 Register.
qualitas 514.
qualitas der Urtheile 581.
Quantität 190 ff., 255 ff.
Quantität der Urlheile 145 f.
quantitas 515.
quantitas der Urtheile 581.
Qninqne voces, ihr Keim b. Arist. 342 f.
b. Theophrast 395.
in d. Rhetorik 508, 518
h. Galenus 565.
h. Appulejus 584.
b. Porphyriiis 627 ff.
h. Marc. Capella 674.
b. Boethius 684 ff.
Quintiiianus 512.
Rälhsel 399, 510.
raUocinatio 523, 585, 678.
Raum und Zeit (Kategorien) 260 f., 538 ff.
reflexim 587.
reftexio 585.
per refractionem syllogismi 700.
relatio 515.
Relation 189, 261, 428 ff.
retativum 675.
(irjfta 73, 140.
aÖQiaxov 143.
repuqnans 519.
a repugnantibus 678.
Rhetorik 11, 17, 67, 103, 413, 505 ff.
Römer 511 ff.
spatere 660ff.
sifogtunentutn 580.
(l/ijfict xtariyoniag 184, 197.
■tijs Xdtios 204.
im Syllogismus 271.
o%e'ais 436.
Schlusss.oruMoj'/o'Mö'f, Syllogistik a.löyui
sedes 513.
Sein, dreierlei Arten b. Arist. 184 ff.
at)uaiv6fitvtt 414.
ar][iavTtxT) (pftinj 632.
ar\jxtTov b. Arist. 320.
b. d. Stoikern h'öeixrtxöv, vnofivrjOTixöv
H. txxcdvnrixöv
458. in d. Rhetorik 503.
senlcntia 667, 676.
Sextus Empirikus 500.
si 702.
significans vux 683.
significatio 584.
aifxov 245.
Simplicius 643.
Sinneswahrnehmung b. Arisl. 105 ff.
Skepticismus 41, 199 ff.
Sokrales 26 ff.
Solökismus 340, 495.
OotpUt 120.
auif lBfiajct 7inn«jTjvi.(Siv3A(i, 398, 576
Sophismen der Sophisten 20 ff.
der Megarikcr 41 ff.
Sophismen der Stoiker 488 ff.
Sophisten 11 ff.
Sophistik 70, 102,
Xo(f laxixoi iXtyxoi 92, 346.
OtoQiCTrjg (Sophisma) 54.
Sorites angebl. b. Arist. 294.
soriticus Syllogismus 663.
Sosigenes 618.
Solion 620.
specialis simum 684.
species 516 f., 676, 684.
magis species 684.
Speusippus 84.
Sprache 14, 18 , 36, 65, 98, 117, 403,
548, 632, 690.
Ornats 194 f., 222 ff.
OTtQrjuxrj nQoraais 195.
OTfQTjTIXÖV C^lblUtt 444.
Slilpo 34 ff.
Stoiker 401 ff
Stoff b. Arist. 222 ff.
b. d. Stoikern 428 f.
Straton 351, 361, 393.
subaltemus 661, 684, 692.
Subconträr 625.
subcontrarius 692.
subiectivus 581, 676.
subiectum a. praedicalum 696.
Subordinirt 628, 671.
substanlia 514, 661, 684.
prima u. secunda 675, 685.
subslanlialis 684.
Substanz b. Arisl. 187 IT., 222 ff.
substitutive 580.
sumplio 524.
sumptum 67S, 705.
suppur 582.
OvyxctTÜlltaig 419.
ouzoqitVTtiv 102.
ouÄXoytaftoi 264.
Xoyixög 336.
OvX).oyta/joi tt/ititodoi 608.
xcit' aVc'txXciOiv 365.
xut' avaXoylav 381, 608.
tov itävvaiov 309.
äikrj^ifictioi 598.
xctxu övvauiv tY(tiäfiitio$
482.
«7i6 tov tjTTOV, jjaXXor,
öuoCov 390, 607.
XttTtt iAtTakijVt>iv 378 ff.
/xiXToi 389.
xttTa noiöxigxu 389.
xuitt TTQÖsirjiptv 376 f.
XUTCt TO TIOOS ti 606.
ff v7io&{ai(og 294, 378 ff.
385 ff.
bnofrtTtxol äiit rpi<ö>3S0.
vnofrextxol dV SXov 380.
vnoavXXoyiOTixol 608. *
I
Register. 733
OvXXoyiOfiol xcijä tö wdavicos 608.
s. auch Xöyot.
Syllogismus 523, 699.
perfectus u. imperfectus 699.
syllogismi direcli u. indirecti 700.
per eonversionem 700.
per nfraclionem 700.
Syllogistik b. Arist. 263 ff.
b. d. alteren Peripatet. 361 ff.
Ij. d. Stoikern 467 ff.
Jj. Galenns 569 ff.
b. Boelhius 699 ff.
avXXoyianxol Xoyoi- 473.
avXXoy(Ctaiira 83, 264.
av/jßafta 439.
ov/Lißeßrixoc 102, 121, 213, 253, 343, 395.
Cv^oi^iOrov 629.
avfinsnXty[tevov 440.
avfintQadfia 385, 678.
Ovjj.nXrjQioTixrj äittipooü 5,41.
avfj.nkoxr] 72, 140, 446.
ärcoifaiixij 387, 596, 604.
awayüv 81.
awatxiov 462.
ofwaxrixot ^.öyoi 471.
(SvväiOfioi 445.
avvrjfifitvov 385, 440.
awiQyov 462.
ciWoj/ 238, 241, 244.
Synonym 85, 91, 208, 530, 547, 633.
Syrianus 641.
OvOToi/Ca Trjs xarrjyoQCctg 197.
Tabula logica 396, 422, 628ff., 684ff.
Tautologie 346.
javTov 344.
ii-/yr\ 106.
zexfxrjQiov 321.
terminus 696, 699.
&itvfiaozixöv 442.
Theile, stoffliche u. begriffliche 250 f.
Themistius 639, 670.
Theodoras Ptochoprodromus 643.
Theophraslus 349 ff.
&£Qt$<ov (Sophisma) 493.
&(oig 322.
»iaeig 498.
tliesis u. hypotlicsis 720.
Thrasymachus 34.
il 427.
Ion 211, 262 (Anm.).
ti ijy £?j/«j 211, 262 (Anm.).
töSe ii 242.
Topik b. Aristot. 341 ff.
Topik b. d. älteren Peripatet. 393.
b. Cicero 513.
b. d. späteren Peripatet. 534.
b. Boelhius 720 ff.
rönot 344.
iqCiog uv&qanog 18, 353.
diu iQitSv vno&tzixoi OvXXoyiö/xot 380.
tqotiixov 470.
Ix dvo TQonixtov Xöyoi 480.
iQonog im Syllogismus 471.
Modalität 654.
Trugschlüsse s. Sophismen.
Tullius Marcellus 664.
Umkehrung der Syllogismen 308.
der Urlhcile b. Arist. 266 ff.
b.Theophrast361f.
universalis 581.
univocum 669, 675, 684.
Unmöglichkeit 171, 463.
Unterbegriff 271.
Unwahr 171.
Unheil geleugnet 37, 49.
b. Plato 72.
h. Aristoteles 140 ff.
b. d. älteren Peripatet. 352 ff.
b. d. Stoikern 438 ff.
b. d. späteren Peripatet. 547 ff.
b. Galenus 56611.
b. Porphyrius 636ff. "
b. d. Commenlatoren 652 ff.
b. Boelhius 690 ff.
usia 671.
utrumlibel 695.
Varro 511 f.
Vegelius (?) oder Vellius Prätextatus 664.
verbum 668.
Vergleichungsschlüsse 390, 607.
Verwirklichung des Möglichen 168 ff.
Voraussetzungsschlüsse 294, 3751T., 385ff.,
j 470ff., 625, 663, 700 ff.
vox siynificuns 683.
Wissenschaftslehre des Arist. 104 ff.
Wortbedeutung b. Arist. 132 ff.
[Wort-Definition 337.
Wortspiele bei Sophismen 23 f., 45 ff., 495.
Xenokrales 85.
Xenophanes 8.
Zeit und Haum (Kategorien) 200 f., 538 ff.
Zeno der Eleate 9.
der Stoiker 404.
Zufall 175.
Zustand 189.
DRUCK VON C. P. ME LZ ER IN LEIPZIG.
DRUCKFEHLER.
S. 616, Zeile 12 von oben lies: nicht überein slatt überein.
-. „ 621, „ 24 „ „ „ bei den Commentaren Alexanders slatt bei den
Commentatoren Alexanders.
* „ 664, „ 25 von unten lies: Oltfr. Müller, Etrusker I, p. 418. ,