GESCHICHTE

DER

LOGIK

IM

Dr. OABL PRANTL,

Pnornsson m nnn UNIVERSITÄT UND MITGLIED DER AKAD‘IIE zu immcrier

. mihi

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I

ZWEITER BAND.

LEIPZIG,

VERLAG V0_N s. anzst

1861.

 

MEINEM LIEBEN FREUNDE UND COLLEGEN

DR. JOSEPH POEZL

GEWIDME'I‘.

i

l!

Inn...—

 

VORWORT.

Nach einem längeren Zwischenraume, als mir selbst lieb ist, l‘olgt

hiemit eine Fortsetzung meiner mühevollen Arbeit, bezüglich deren ich

im Ganzen auf das Vorwort des ersten Bandes verweisen könnte.

Doch wenn ich schon dort es aussprach, dass für die „Geschichte

der Logik“ überall die Forschung erst von vorne habe beginnen müssen,

so knüpft sich hieran hetrell‘s des Mittelalters eine doppelte Bemerkung.

Einerseits nemlich lagen hier in einigen einzelnen Theilen allerdings

höchst dankenswerthe Vorarbeiten vor, und namentlich sind es V. Cousin,

A. Jourdain und B. lium-dam welche bekanntlich durch Veröll'enb

lichung oder Benutzung handschriftlicher Quellen sich die grössten Ver

dienste erworben haben. Aber andrerseits handelte es sich noch um

kritische Untersuchung des gesammten zugänglichen Materiales, sowie

um Auffindung des wirklichen geschichtlichen Verlaufes. Und in letz

terer Beziehung zeigte sich bald, dass gerade die Geschichte der Logik

den Berul' haben könne, die Einsicht in die sog. Philosophie des Mittel

alters zu berichtigen oder zu ergänzen. Sowie nemlich bezüglich des

Streites über die Universalien eine bisher unbekannte Manigl‘altigkeitJ

der Parteispaltung zu Tag trat, so konnte hinwiederum nicht bloss das

Maass der logischen Litteratur-Kenntniss jener Jahrhunderte seine rich

tige Abgrenzung finden, sondern auch der unbestreitbare Nachweis

geliefert. werden, dass im ganzenMittelalter ohne alle Ausnahlne kein

einziger Autor einen eigenen Gedanken aus sich selbst schöpfte, sondern

die gesammte Litteratur jener Zeit von dem Umfange eines dargebotenen

traditionellen Materiales abhängig und bedingt war. Indem ich mich

der unsäglichen Mühe unterzog, gleichsam ‚bei jedem Satze die Frage

vl Vorwort.

aufzuwerfen und zu beantworten, woher derselbe entnommen sei,

konnte ich den objectiv richtigen Entwicklungsgang darlegen, musste

aber hiebei allerdings jene lllusionen zerstören, in welchen man von

„Verdiensten“ einzelner Autoren zu sprechen gewohnt ist, insoferne

man meint,/Dieser oder Jener habe von sich aus einen Fortschritt her

beigeführt. Auch wo ich einmal (bei Psellus) jene Frage des „Woher?“

nicht mehr beantworten konnte, ist hiedurch die Richtigkeit meiner

allgemeinen Behauptung nicht alterirt, sondern in jenem speciellen Falle

gebricht es der Forschung nur an dem erforderlichen Materiale.

Erhält aber durch eine solche geschichtliche Betrachtungsweise die

sog. Philosophie des Mittelalters eine, wenn auch nicht schmeichelhafte,

doch neue Beleuchtung, so sage ich hiemitwahrlich nicht, dass etwa

Alles, was von Anderen, und insbesondere von B. Haure'au geleistet

wurde, verfehlt und unrichtig sei. Aber es schien mir auch überflüssig,

bei jedem Schritte der Entwicklung ausdrücklich anzugeben, wo und

worin ich von Anderen abweichen müsse. Daher zieht sich auch na

mentlich gegen Heinr. Ritter, dessen ebenso worlreiche als schiefe

Darstellung bei Vielen in grossem Ansehen zu stehen scheint, grossen

theils nur eine stillschweigende Polemik durch mein ganzes Buch hin

dcnn hätte wozu fast überall Gelegenheit war r,

durch; ich,

Bitter’s Angaben berichtigen wollen, so wäre eine solche nachträgliche

Recension für den Leser wohl ebenso langweilig gewesen wie für

mich selbst.

Wenn ich übrigens grundsätzlich mich auf jene Litteratur-Erzeug

nisse beschränkte, welche gedruckt vorliegen, so gestehe ich gerne zu,

dass möglicher Weise aus mancher Bibliothek durch Benutzung hand

schriftlichen Materiales Berichtigungen oder Ergänzungen meiner For

schung zu Tage gefördert werden können, und an mehreren Stellen

habe ich auch ausdrücklich den Wunsch geäussert, dass Solches ge

schehen möge. lch darf vielleicht annehmen, meine wissenschaftliche

Pflicht erfüllt zu haben, wenn ich den Anstoss und etwa die richtigen

Gesichtspunkte zu einer derartigen Durchforschung der vorhandenen

Handschriften gegeben habe. ‚ Doch in Einem Falle machte ich von

jenem meinem Grundsatze eine Ausnahme; nemlich, -- abgesehen da

von, dass ich die Schälze der Münchner Staatsbibliothek nicht unbe

Vorwort. vn

achtet liess —-‚ henützte ich jene Andeutung, welche Haure'au in

seinem trell'lichen Werke (De la philosophie scolasliqua Paris 1850.

2 Bande) zuweilen über einige Pariser Handschriften gab, und nachdem

dieselben auf Vermittlung des königl. Staatsministerinms mir hieher

übersandt worden waren, ersah ich zu meiner Freude die Pflicht, das

dort vorliegende Material heiziehen zu müssen; denn es ergab sich ein

ebenso neuer als interessanter Aufschluss über das Verhältniss des

Psellus zu Petrus Hispanus oder vielmehr zu den Vorgängern und Zeit

genossen des Letzteren, ein Aufschluss, welcher durch die gedruckte

Litteratur nie hatte gewonnen werden können.

Wenn die in den Anmerkungen reichlich angeführten Quellen

Stellen häufig (namentlich in dem die Araber betreffenden Abschnitte)

noch mehr zu enthalten scheinen, als ich im llaupttexte darlegte, so

wird der Leser diess dadurch entschuldigen, dass ich durchweg nach

möglichster Kürze strebte und' darum im Texte weder eine blosse Ueber

setznng noch auch ein Excerpt, sondern den innersten Kern der Origi

nal-Stellen zu geben versuchte. Dem gleichen Zwecke der Kürze dienen

auch die zahlreichen wechselseitigen Verweisungen, welche der Leser

nicht als eine müssige Verzierung oder Verunzierung, sondern als ein

compendiöses Mittel betrachten wird, in vielen Fällen einen weiteren

Zusammenhang im Auge zu behalten.

Nachdem die ersten Bogen dieses Bandes bereits gedruckt waren,

erschien nicht bloss das Werk meines Freundes und Collegen Dr. Job.

Huber über Scotus Erigena (München 1861), sondern auch Haure'au’s

Ausgabe des bisher unedirten Conimentares des Scotus Erigcna zum

Marcianus Capella (Notices et Extraits des llhmusciiplsl Vol. XX, Abthlg.

2.)‚ und ich bedauere. dass ich dieses neuanl‘gel'undene Material, welches

einzelne Bestätigungen meiner Darstellung des Scotus darbietät, nicht

mehr benützen konnte.

Der dritte und zugleich letzte Band meiner Arbeit wird dem gegen

wärtigen hoffentlich in Bälde nachfolgen.

M'ünche n, im October 1861.

G. P'rantl.

h,

ÜBERSICHT uns INHALTES.

1.

i Seite

Xlll. Abschnitt. Das Mittelalter in unvollstän

diger Kehntniss der aristotelischen Logik 1—97

Die Verbreitung der späteren römischen Logik in den Schulen 2.

Besehranlttheit dieser Tradition bezüglich der Uehersetzungen des

boethius und Unkenntniss der logischen Hauptwerke des Aristote

les 4. Stellung der Orthodoxie zur Logik 6. Die lsngoge des

- Porphyrius 7. Uebel‘wiegen eines platonischen Realismus 9.

lsidorus Hispalensis 10. Aleuin 14. Fredegisus 17. Hrnha

nus Maurusilt). Pseudo-Boethius De trinitate zuy Johannes Sco—

tus Erigena 20, seine logisch-formelle Gewandtheit ilv sein theo

logischer Realismus neben Werlhschätzung der vor 25, hiedurch

nominalistisehe Anschauungen am und ein gewisser lntelleetualis

mus 32. Die Quellen der logischen Parteispallung nachweisbar

in zwei Stellen des Boethius vorliegend 35. Stellung des Scotus

Erigena 37. Steigerung der nominalislischen Wendung des Scotus

bei Pseudo-Hrabanus 38, und noch mehr bei Eric von Auxerre

41. Mathematisirender Aristotelismus des Pseudo-Eric oder Jepa (Y)

43. Platonismus des Remigius v. Anxerre 44, und des Otto v.

Clugny 45. Thätigkeit in St. Gallen 46, das Glossan‘um Salo

munis 47. Unfruchtbarkeit des zehnten Jahrhundertes 48, Poppo

in Fulda, Reinhard in Würzburg, Johann von Gorz 49, bewusste

Parteistelluug des Gunzo ltalus 50; Wolfgang in Regensburg, Abbo

v. Orleans, Bernwnrd in Hildesheim 51, Walther v. Speier st

Gerben 53, ausserste Unbedeutendbeit desselben 57. Adalbero

v. Laou 58, Fulbert v. Chartres 59: Anonymus sec. ll mit nomi

nalisliscber Färbung 60. Reiche Thätigkeit in St. Gallen, Notker

_ Labeo 61 ; dorliger Nominalismus 63, Bedeutsamkeit des Auonymus

De ryllogismis 64. Franco in Lüttich 67, Othlo in Regensburg,

Petrus Damiani 68.

Frischere Bewegung in der zweiten Hälfte des 11.Jahrhundertes.

Rechtswissenschaft, Papias 69; Lanfraneus, lrnerius, die Formel

büeher 71. Theologie, Bereugarius als Nominulist in der Abend

mahls-Frage und der Ketzer-Richter Lanfrancus 72. Purtei-Gegen- lll-il

satz 75. Albericus v. Monte Casino 76. Die Lehre des Scotns b IV"

x Uebersicht des Inhaltes.

Erigena und Robert v. Paris und Arnulph von Laon 77, und Ros- su'ta

cellinus als Vertreter einer „neuen“ Logik 78; die gebissigen

Berichte über Letzteren seitens seiner orthodoxen Gegner 79.

Baimhert in Lille und die „alte“ Logik des Otto v. Cambray S2.

Wilhelm v. Hirschau und Konstantin der Karthager 83. Anset—

mus v. Canterbury 85, der ontologische Beweis und Gaunilo 86.

der unwissenschaftliche Realismus des Anselmua 88, und der

kläglich niedrige Standpunkt seines Dialogus de grammatico 89.

Honm‘ius v. Autun 97.

XlV. Abschnitt. Allmälige Vervollständigung der

Kenntniss der aristotelischen Logik . . 98—260

Bekanntwerden der beiden Analytikcn und der Topik nebst den

Soph. Elenchi 98. iacobus v. Venedig 99. Wahrend der Text

jener aristotelischen Bücher zwar selbst nicht vorliegt, transspiriren

anderswoher sporadische Notizen 100; Adam v. Petit-Pont bear

beitet die erste Analytik 104. Otto v. Freising bringt (nicht aus

Italien. sondern aus Frankreich) jene Bücher nach Deutschland

ma Zur Zeit des Johannes v. Salesbury ist das ganze Organen

bekannt 106; Drogo in Troj'es bearbeitet die Topik 107. Neue

Uebersetzungen des Organons entstehen in Unteritllien und im

byzantinischen Reiche 107. I

Gesteigerter Betrieb" der Logik 108. Theologie, Pseudo-qu

thius Dr tn'rn'tale 109. Gegensatz der Logik und des Dogma's

110. Petrus Lombardns‚ Hugo v. St. Victor 111. Grossa Ana

dehnung und zugleich Einseitigkeit der logischen Litteratur 114;

eigenthumliclier Gegensatz zwischen „alter“ und „neuer“ Loglk

116. Der Streit über die Universalien, Spaltung in wenigstens

dreizehn nachweisbare Partei-Ansichten 118.

Nominalismus an sensualistische Ansichten streifend 122, Abstu

fungen desselben (Garmuttd) 123. Die Lehre, dass die Univer

salien „maneries“ seien. — Huguccio - 125. Die Platoniker‚

Bernhard v. Chartres 125. und Wilhelm v. Concbes 127. Der

Realismus des Wilhelm v. Champeaux 128; die Schwierigkeiten

und Abstufungen des Realismus 131. Controversen über Definition

und Theilhegrifl' 134. Vermittlungsversuch durch die Lehre von

„stutus“, Walter v. Mortagne 137. Die Lehre von der nindiffe

l‘enz“ 138; platonische Wendung derselben durch Adelard v.

nam 140. Die Ansicht des Gauslenus oder Josceltinus v. Sois

sons bezüglich des „colligere“ 142. Dio Ansicht des Verfassers

der Schrift De generibus e! speciebus 143, seine Auffassung des

Urtheiles und Hinneignng zum Platonismus 148. Controversen l

über die Kategorien 152, und über die Lehre Vom Urtheilc 154;

Syllogistik 158, Topilt 159.

Abalard 160; seine Begabung 161, seine logischen Schriften

162; theologische Auffassung und innerer Zwiespalt seiner Lehre

164; er ist Aristoteliker 166, und zugleich Platoniker 167, und

Uebersieht des lnhaltes. XI

XV. Abschnitt. "Einfluss der Byzantiner.

diem keines von beiden, sondern Rhetoriker 168. Gliederung

seines Hauptwerkes ma Die Isagoge oder „Anteprudicamento“

nach seinen „Glossae“ und besonders nach den „Glossufae“ 172;

Auffassung des user-mo praedicabilis“ 175; das Universale als das

jenige, quod natum est de pluribus pracdicari, in platonischer 177,

und zugleich in aristoteliseber Verwendung 181; aus letzterer

folgt seine Betonung des Urtbeiles (praedicari) 182, und sein an

geblicher Intellectualismus 185. vSein Rhetorismus 187. Die

Kategorien 188. Die Postpraedicamenla 190. Die Lehre von der

Definition und dem Theilbegriffe nach seinem Liber Divisionum 192.

Die Lehre vom Urtheile 195. Die Syllngistik 199. Die Topik

200. Die hypothetischen Syllogisrnen 202. lviii

Steigerung der aristotelischen Seite Abalard’s bei einem Ano

nymus De interpr. 204, sowie bei dem scharfsinnigen Pseudo

Abalard De intellectibus 205. Ueberwiegen der Lehre vom Ur

theile bei Adam v. Petit-Pont 211. Logischer Skepticismus des

Robert Pulleyn 213, und'theologische Reaction durch Petrus v.

Poitiers und Robert v. Melun 214.

Gilbertus Porretanus und seine Lehre von den formae natives

215, die Stümperhlftigkeit seiner Schrift De sex principiis 223.

Otto v. Freising ein Anhänger Gilbert's 227. Pseudo-Boethins de

unitate et iuno 228. Alberich in Paris, Williram v. Soissons

229. undemebrere andere, bei Walter Mapes angeführte Autoren

p 230-, der m. Comitlcius des 10a. v. Saleshury 231. xumi

Johannes v. Salesbury 232, sein cicerouianischer Utilismus 233,

und Rhetorismus 235; Verwandtschaft mit Abälard 239, Beurthei

lung des Aristoteles 241; seine „ratio indi/fm-enliaeu als unwissen

schaftlicher lndifl‘erentismus 243; sein gröblicher Eklecticismus

bezüglich der Universalien 246, und der unbestimmte Begrifl‘ der}

„netto“ 251; seine Erörterungen über die Kategorien 253, über

das Urtheil 255, über die Sj‘llogistik 256. Eine unbedeutende

Schrift des Alanus v. Lille 259. lamam-lx

Berührung des Abendlandes mit den Byzantinern 262; reiche Lit

teratur zur Zeit der Anna Comnena 263. Die Synopsis des Psel

lus, welche durch Wilhelm Shyreswood, Petrus hispanus und

Andere dem lateinischen Abendlande zugänglich wurde 264', die

dort entwickelte Lehre vom Urtheile 265, mit Benutzung techni

scher Memorial-Worle und -Verse 272, die lsagoge 272, die

Kategorien 273; die Lehre vom Syllogismusa gleichfalls unter

Anwendung technischer Worte, 'in welchen die Entstehung des

_ logischen Schulgcbrauches der vier Vokale (A, E, I, O) sich

kundgibt und zugleich das Original der bekannten lateinischen

Nomenclatur vorliegt 275; die Topik; der Abschnitt „De termi

norum propn'uati'bus“ oder nngcalegoreumalaus welcher die Lehre

von der significatio in ausmhrlichsler Gliederung der „suppositio“

Seite

. 261—296

XII ‘ Uebersic‘ht des Inhaltes.

va Abschnitt. Einfluss der Araber.

darlegt 279. Der aus den Lateinern zu ergänzende verlorene Rest

der Synopsis 287. Die Frage über die Quellen oder Vorbilder

des Psellus 290. Johannes ltalns 293. Nicephorns Blemmides 295.

Beschränkung auf die lateinisch—arabische Litleratnr 298, und zwar

auf den Umkreis der eigentlichen Logik 299. Die arabische Logik

im Allgemeinen 300. Alkendi 301.

Alfarabi 301. ethische Beziehung der Logik 302, der doppelte

Weg von B'ekanntem zum Unbekannten, Argumentation 303, Bhe

torik und Poesie 304; die Universalieu anle rem, in re, post

rem 306; die Kategorien und ens 307; das Urtheil 308; die

erste Analytik und die hypothetischen Schlüsse 310; Ergänzungs

versuche zur zweiten Analytik 312, demonstratio quia und propter

quid 317.

Avicenna 318, sein lutellectualismns 320; Definition und Argu

mentation 322; die Universalien und die Quiddit'at 324, das Sub

stantielle und das Accidentelle 326; Erörterungen und Controversen

über die einzelnen fünf Worte 330, besonders über den Artbegrifl‘

334, und über die Difl‘ercnz 338; Berichtigungen und Zusalze zur

lsagoge 344; nähere Darlegung des lnlellectnalismus in Unter

scheidung der Universalien anle rem, in re, posl rem 347; die

Kategorien 351; das Urlheil 356; die erste Analytik und die hy

pothetischen Schlüsse 357; die zweite Analytik 359; die Stellung

der Topik und Sophistik 360.

Algazeli 361, Tendenz seiner Logik 361; imaginatio und cre

dulitas 362; signi/imita dictinnum 363; die lsagoge 363; die

Kategorien der Ontologie zugewiesen 365; das Urtheil 366; die

Argumentation, Combiuation der möglichen Schlussvveisen 368,

die hypothetischen und disjnnctiven Schlüsse 369; die Urtbeile

als Stofl‘ der Argumentation 370; [allaciae 371; die zweite Ana

lytik 372. Avempace 373.

Averroes aug sein strenger Aristotelismus 375, Methode des

Abtheilens 376; nothgedruugene Beiziehung der lsagoge 377; die

Kategorien 378; das L'rtheil 379; die erste Analytik, Polemik

gegen Galenus 380, die hypothetischen und disjnnctiven Schlüsse

381, Praxis der Syllogistik 382; die zweite Analytik 384; die

Topik und Sophistik.

Des Pseudo—Averroes Epitome 385, agens und dirigens 386, die

Universellen 386, Geltung der Kategorien 387, das Urtheil 388,

Argumentation 389, die Topik 390, die Definition 391. Die

Unaesita des Pseudo-Averroes und anderer Araber 392. Das Buch

De causis 394. Die Juden 394. Moses Maimonides 394. Levi

Ben Gerson 394.

Seite

. 297—396

xm ABSCHNITT.

DAS MITTELALTER IN UNVOLLSTÄNDIGER KENNTNISS DER

ABIS'I‘OTELISCHEN LOGIK.

vIn das Mittelalter geht die Logik als blosser Sohulgegenstand in

jener Form über, deren Darstellung der vorige Abschnitt enthält, und

die dort geschilderten Schriften des Marcianus Capella, Boethius, Cas

siodorns und theilweise auch des Augustinus und Pseudo-Augustinus

sind es, welche für den Schulbetrieh der Logik das ausschliessliche Ma

terial darboten. Aller Orten, wo im Zusammenhange mit der Verbreitung

des Ghristenthums entweder zahlreiche völlig neue Bildungsstätten ent

standen oder auch zuweilen eine Anknüpfung an antike Institute mög

lich war, finden wir bekanntlich den Studiengang des Triviums und

Quadriviums in grösserer oder geringerer Vollständigkeit eingebürgert,

und wenn auch die mathematischen Disciplinen (Arithmetik, Geometrie, ‘

Astronomie und Musik) nicht sämmtlich überall die gleiche Pflege fan

den, so bestand doch zu allermeist eine Gleichmässigkeit im Betriebe

der Grammatik, Rhetorik und Dialektik, insoferne diese drei „Künste“

in keiner Schule fehlten. _Es ist nicbthrase oder Uebertreibung, wenn

wir bezüglich der Logik oder Dialektik den Ausspruch thun, dass der

ganze Occideot, soweit ihn überhaupt die Kultur des Mittelalters in ihrer

allmaligen Ausbreitung berührte, durch die Tradition der genannten

Autoren des späteren Römerthums geschult wurde, dass nemlich in Ita

lien, Deutschland, Frankreich, Spanien und Britanien man wirklich mit

einem gewissen Materiale logischer Lehren bekannt wurde, und zwar

ausschliesslich nur auf Grundlage jener Ueberlieferung. Eben in dieser

Beziehung jedoch scheint die Geschichte der Logik das ihr zukommende

Gebiet wohl nicht üb'erscbreiten zu dürfen. lnsol‘erne nemlich aus ein

zelnen Notizen über Schulen oder aus Bibliothekverzeicbnissen u. dgl.

schlechthin nichts Weiteres folgt, als dass da oder dort eine logische

Schrift des Marciauus capella oder des boethius u.» s. f. bloss vorhan—

den war oder in irgend einer Klosterschule eben nur gelesen wurde,

oder dass irgend Jemand durch solche Lectüre sich gebildet oder sie

Anderen empfohlen habe u. s.w., müssen wir derlei Nachrichten immer

hin, so kostbar sie ger-‚ade wegen ibrer Vereinzeltbeit auch sind, der

allgemeinen Kulturgeschichte oder der Geschichte der Pädagogik über

lassen; denn für die „Geschichte der Logik“ genügt das Factum einer

verbreiteten Uebung der sog. sieben freien Künste überhaupt als allge

PIAN'I’L‚ Gesch. lI. l

2 Xlll. Das traditionelle Material. _

meine Grundlage für den Eintritt in das Mittelalter, und auf diesem

Boden haben wir hier dann demjenigen nachzuspüren, was durch eine

eigene, wenn auch noch so geringe, Thätigkeit einzelner Lehrer oder

Gebildeter geleistet wurde und hiedurch Momente eines geschichtlichen

Weiterschreitens darbietet; überdiess ja wird dann Solches, wobei auch

das anscheinend Geringfügige nicht übergangen werden soll, wieder

einen Rückschluss auf Ohiges in sich enthalten, dass nemlich neben

vereinzelter individueller 'l‘hatigkeit auch ein massenhafter Betrieb, wel

cher bloss an dem Texte der Schulbücher-Tradition haften blieb, bestan

den haben muss l).

Aber Eine Bemerkung ist betreffs dieses Schul-Materiales gleich

hier in all ‘ihrer Schärfe und ihrem ganzen Umfange nach vorauszu

schicken. Wir müssen nemlich die völlige Ausschliesslichkeit desselben

von vornherein im Auge behalten, d. h. erstens, dass lediglich nur diese

lateinischen Litteraturprodnkte cursirlen, und hiemit ausser dem Mar

cianus Capella, dem Boethius, dem cassiodorus und dem achten oder

dem unachten Augustinüs das Mittelalter bis zum m Jahrhunderte für

die Logik überhaupt keine anderweitigen Quellen kannte oder benützen

konnte. Es war jenem ersteren Zeitraume über die griechische Grund

lage der Logik nur jene secundäre Kunde möglich, welche aus eben

diesen Autoren geschöpft werden konnte, und namentlich die aristoteli

schen Schriften (ja im Allgemeinen wohl auch nur der Name des Aristo

teles) waren ausschliesslich bloss in jener Form bekannt, in welcher

sie Boethius überliefert hatte. Man darf, wenn in Urkunden, welche

sich auf jene Jahrhunderte beziehen, aristotelische Schriften erwähnt

werden, durchaus an Nichts anderes denken als an eben diese Ueber

setzungen des Boethius; so z. B. wenn unter den Büchern der Biblio

thek zu York im 8. Jahrh. auch ein ‚.acer Aristoteles“ genannt wird 2)‚

oder wenn wir im 10. Jahrh. in Tegernsee die Kategorien des Aristo

teles erwähnt finden 3). Dass alle dergleichen Stellen nur in dieser

Weise zu erklären seien, wird allerdings erst aus dem Folgenden, so

wie aus dem Uebergange in jene Periode, in welcher der Originaltext

des Aristoteles dem Mittelalter bekannt wurde, völlig deutlich gleichsam

durch eigenes Erlebniss erhellen, aber es schien nicht überflüssig, schon

' i‘i V ‚treffi F... ficie- ab wm

l) Für den hiesigen Zweck demnach muss ich ein nicht kärgliches und nicht

ohne Mühe errungencs Quellen-Material bei Seite lassen, welches entweder zu

einer Geschichte der mittelalterlichen Schulen anschwellen würde oder bei einer

(übrigens kaum durchführbaren) Beschrankung auf herausgerissene Auswahl des

Logischen doch nur den Beleg der ohnediess allbekannten Thatspche enthielte, dass

jene obigen Autoren den lnhalt der Schulwissenschaft ausmachten.

2) Die von Aelbert in York angelegte Bibliothek beschreibt‚dessen Schüler

Alcuin ausführlich in s. Gedichte De Ponli/icilms et Sancli's ecclesiae Eboracensis

(Alcuim‘ Opp. cd. Frobcn. ll, p. 241111); dort heisst es v. 1548111 (p. 257.): Ouae

victorinus scripscre, hoc-lllius atque Historici ceteres, Pompeiusr Plt'nius, ipse Acer

Aristoteles, rhetor quoque Tullius ingens.

3) Ein Tegernseer Monch schreibt in einem Briefe (b. Pes, Tims. Anecd. vlv

1, p. 131.): stullum fecit Deus sapientiam mundi huius (diese Worte sind aus Paul.

ad Corinth. l, l, 20; s. unten Anm. 20 f.), postquam ezsiccavil lluvios Ethan; prae

dulcedine enim decem chardarum Davidis .pacne oblitus sum totidem catcgoria

rum Aristotelis. '

XIII. Das traditionelle Material. 3

hier den Gesiclitskreis richtig alizugränzen 4). Nur eine scheinbare Aiis

iialime liegt natürlich darin, wenn überliefert wird, dass im Anf. d. 10.

Jahrli. ein gewisser Simeon, ein Bulgare, in Constantinopel die Syllo

gistik des Aristoteles im Originale stuilirt habe 5); denn dass im oslrö

mischen Reiche die Griechen noch bis in späte Jahrhunderte sich mil

berartigem beschäftigten, sahen wir hinreichend uben‚Absclin. XI, Anm.

los-na Aher Eine vereinzelte Notiz könnte unserem Ausspruclie

entgegenzustelien scheinen; es schickte nemlicli Papst Paul l. im J. 757

an Pipin den Kleinen mehrere griechische Schriften, unter welchen

Ersterer selbst in dem betreffenden Briefe auch Bücher des Aristoteles

anfülirt“); ist jedoch die Urkunde acht, woran zu zweifeln kein Grund

vorhanden scheint, so spricht sie weit eher für uns als gegen uns,

denn offenbar blieb dieses damals in jener Gegend einzige Exemplar

eines griechischen Textes des Aristoteles am fränkischen Hofe vergn

ben oder gieng verloren, da wenigstens von einer Benützung desselben

nirgends die leiseste Spur sieh zeigt; auch fallt ja für jene Länder die

erste sichere Kunde von einem Studium des Griechischen oder voii

Uebersetzungen aus dem Griechischen überhaupt erst in die Zeit Karls

des Gi'ossen 7)‚ worauf dann noch im 9. Jalirli. die Arbeiten des Sco

tiis Erigena folgten (Uebersetzuiig des Pseuilo-Dionysius). Ä

Zweitens jedoch ist selbst jenes lateinische Quellen-Material gerade

jn der Hauptsache abermals ein beschränktes. Während neinfich die

logischen Schriften des Aristoteles insgesamint in den Uebersetzungeii

des Boethius, welcher Iiiefiir die einzige Quelle war, hatten gelesen

werden können, zeigt sich eben liierin‚.eine scharfe Aligränzuiig; denn

unter den oben (Absclin. XII, Anm. 72 f.) angeführten schriftstelleri

schen Erzeugnissen des Boethius beiiützte man im Mittelalter vorerst aus

4) Schon hier darf ich vorlaullg auf die bekannte vortreffliche Arbeit Am.

Jourdain's (Recherchcs cri'liques sur l’aye et l'ori'gi'ne des trailncti'ons latinas d’Ari

stete. 2. Aufl. Per. 1813) verweisen, wenn auch mit dem Vorbehalte, dieselben be

züglich des 12. Jahrhunderts mannigfach berichtigen und-ergänzen zu müssen (s.

d. folg. Absclin. Anm. 2, 14111).

5) ‚Liutpnmd Antapod. III, 29. bei Peru, Moiium. V, p_ 309‚: hunc etenim Si

meam-m eminrgon, id est semigraecum, esse aiebant, eo quod a pueritia Byzantii'

Demosthcm's rhetoricam Aristotelisque syllogismus didi'cerit.

6) Der Brief ist gedruckt h. cat Ceiini', Moniim. donu'nal. poetif. sine codex

Curol. (Rom. 1760. 4.) I, p. 148, woselbst die Stelle: Direximus etiam cxceltmtiac

vertrau libros quantas reperire potuimus, Aiiliphonrili! et Respensale, iiisiniiil artem

grammaticum, Aristolelixy Dionysi'i Areopagi‘tae libras (bei Cenrii' steht ohne Unter

scheidungszeichen arten} grammaticum Aristotelis), geometriam Orthographiom, Gram

malicom, omnes graeco eloquio scriptores. Die Worte graeco eloquio, deren Be

deutung im damaligen Spracligebranche völlig feststeht, beziehen sich wohl iiiir

erst auf die_ von Aristoteles an genannten Biicher, denn das Anliplionale und Ite

sponsale war natürlich lateinisch, lind wahrscheinlich ebenso die erstere Grammatik,

die zweite hingegen griechisch. (Uebi'igens findet sich diese Notiz bei Joiirdai'ii

nicht benützt.) -

7) z. B. bei D. Chytraeiis Chron. Simon. (Lt'ps. 1593. L. III, p. 83.: instituit

autem Carolus Osnabrugae, ut i'n cullegio assidui' lectores graecae et lali'nae Iin'giiae

essent; vidi enim exemplum literarum fuiidati'om's, ut vocunl, quas ecclesiae Osna—

lmigensi Carolux dedit) und öfters, stets aber mit Beziehung auf die bekannte Ge

sandtslrhaft der Kaiserin Irene und den hiedurch hervorgenifenen diplomatischen

Verke r.

lt

4 Xlll. Das traditionelle Material.

schliesslich nur jene Uebersetzungen, welche derselbe durch Commentare

erläutert und schuhnässig angerichtet hatte, d. h. ausser der doppelten

Bearbeitung der Isagoge des Porpbyrius nur jene der Kategorien und

die beiden Ausgaben des Buches d. interpr., wozu dann allmälig noch

die eigenen Compendien des Boelhius hinzukommen. Hingegen die

Uebersetzungen der beiden Analytiken, sowie der aristotelischen Topik

und der Sophist. elenehi, welche sämmtlich Boethius ohne Commentar

belassen hatte, blieben aus eben diesem Grunde unbeachtet und entzo

gen sich hiedurch der Kunde des Mittelalters so sehr, dass man lange

Zeit hindurch überhaupt nicht einmal mehr um das Vorhandensein dersel

ben wusste. Darum liegt aber in dem allmäligen Bekanntwerden jener

Hanptwerke des Aristoteles ein entscheidender Wendepunkt für die mit

telalterliche Logik. Und während ich alle Versuche, die sogenannte

„Philosophie“ des Mittelalters aus inneren Motiven in Abschnitte einzu

theilen, für verfehlt halte, scheint mir für das gesammte Mittelalter (bis

zum Ende des 15. Jahrh.), in welchem ich, abgesehen von Alchemie

oder Astrologie, nur Theologie und Logik, aber durchaus keine Philo

sophie, finden kann, der Eintheilungsgrund lediglich in dem äusserlichen

Befunde der Masse des traditionellen ‘Schul-Materiales zu liegen. So

könnte ich auch den Unterschied zwischen diesem gegenwärtigen und

dem folgenden Abschnitte dadurch scharf bezeichnen, dass in ersterem

eine fragmentarische Kenntniss des Boelhius obwaltet, in letzterem hin

gegen theils ein allmaliges Bekanntwerden des ganzen Boelhius und

theils die Anfertigung neuer Uebersetzungen der bis dahin unbenutzten

Werke eine deutlich ersichtliche Wirkung aussert, worauf dann für die

späteren Abschnitte wieder analoge Bereicherungen des Materials ein

treten. — Der Nachweis hievon wird im Folgenden selbstredend vorge

führt werden.

Kurz also, -— um die Abgranzung so entschieden und deutlich als

möglich zu wiederholen —, es besteht‘l'ür diesen ersten Abschnitt des

Mittelalters das traditionelle Material der Logik ausschliesslich aus Fol

gendem: Marc. Capelhz, Augustin, Pseudo-Augustin, Cassiodorus, Boe

lhius ad Por‘ph. a Vfct. transl.‚ ad Porph. a se transl., ad Arist. Categ.,

ad Arist. d. interpr.‘ ed. l u. ll, ad Cic. Top., lntrod. ad cat. syll.‚

D. syll. cat.‚ D. syll; h.yp.‚ l). div., D. defin., D. cli/f top. Hingegen

fehlt die Kenntniss der beiden Analytiken, der Topik und der Soph. El.

des Aristoteles. ‘

Diefieigepe 'l‘hätigkeit aber, welche die Lehrer oder Gelehrten die

ser ganzen Periode an diesem ausschliesslichen Materiale der Schultra

dition übten, war eine doppelte; Entweder nemlieh handelte es-sicb

um Herstellung von Compendien, wobei meist ein planloses Zusammen-r i

rafl‘enwer'schiedencr Quellen in ganz ähnlicher Weise waltete, wie wir»

es‘scbon im vorigen Abschnitte besonders bei der Schrift des Cassio-‚-L

dorus‘bemerklich machen mussten, oder man beschäftigte sich mit einer

mehr oder weniger einlässlichen Erklärung der schon im Gebrauche

stehenden Bücher, unter welchen vor Allem des Boelhius Bearbeitung

(Uebersetzung und Commentar) der lsagoge und der Kategorien in den

Vordergrund treten. Dabei aber spielten sowohl Fragen der christlichen .

rllhgologie in die logischen Erörterungen hinein, als auch Wirkten diei

Xlll. Dir kirchliche Auffassung. 5

Controversen der Logik machtig auf die Kämpfe der Dogmatik hinüber,

und überhaupt ja waltcte in dieser Beziehung Anfangs ein sehr eigen

thümliches Verhältniss, welches nicht ausser Acht gelassen werden darf.

Nemlich die christliche Lehre an sich —— ganz abgesehen von der

Entstehung der christlichen ldeen überhaupt —— trat wohl in völlig

schlichter Unmittelbarkeit auf und sprach zum religiös erregbaren Ge

müthe, zugleich aber fand sie sich bei ihrer weiteren Verbreitung an

eine Bevölkerung hingewiesen, welche theilweise durch den Schulbe

trieh des späteren Alterthums gebildet worden war und so eine formale

Seite des Antiken mit dem neuen luhalte christlicher Lehre und christ

lichen Lebens verbinden konnte. _Wie aus dieser Vermischung religiö

ser Unmittelbarkeit und geschulter Lehrfähigkeit sich rasch der Gegen

satz zwischen Laien und Klerus entfaltete, d. h. eine ecclesia docens

entstand, und wie die Kirche desshalb, weil sie docens war, ganz na

türlich zu Schuleinrichtungen griff und hiebei der Form nach sich an

Vorhandenes anlehnte, gehört eben so wenig hieher als die mit Waffen

der Dialektik geführten Kämpfe, in welchen die Dogmenbildung vor sich

gieng. Wohl hingegen ist für uns der Umstand von Interesse, dass

überhaupteine doppelte Richtung vorlag; ja wir mussten im Verlaufe

der Geschichte der Logik selbst schon oben (Abseh. Xll.) von zwei

hervorragenden Vertretern der christlichen Theologie, nemlich von Hie

ronymus und besonders von Augustinus sprechen, unter welchen nament—

lich der Letztere das Nebeneinandertreteu der zwei Richtungen sehr

deutlich“zeigt (s. ebend. Anm. 17——22). Je starker aber hiebei'der

specifisch christliche Standpunkt betont wurde, desto mehr Gewicht

musste auf jene innere Unmittelbarkeit fallen, welche Augustinus als

lux interior bezeichnete, und es ist nicht bloss erklärlich, sondern so

gar principiell gefordert, dass gerade die Strengeren unter den ersten

christlichen Theologen neben der gebotenen Polemik gegen den Inhalt

antiker Philosophie sich auch spröde gegen die Formen des Wissens

verhielten, durch welches der Glaube nicht nur nicht ersetzt, sondern

selbst häufig gestört werde.

So bestand also allerdings zunächst eine grundsätzliche Abneigung

gegen Logik oder Dialektik, und wenn wir bedenken, dass in den

Kämpfen der Dogmenbildung gerade die Arianer und Pelagianer an dia

lektischer Bildung und Gewandtheit wirklich im Vortheile waren, so

können wir es uns erklären, dass jene Abneigung sich zu gereizter

Feindschaft steigerte. Es liesse sich nicht bloss aus lrenäus (2. Jahrh.)

und Tertullianus (3. Jahrh.), sondern namentlicli‚in| 4. u. 5. Jahrh. (der

Zeit des hauptsächlichsten Dogmen-Kampfes) aus Basilius d. Gr„ Grego

rius v. Naziauz, Epiphanius, Hieronymus Presbyter, Faustinus, Mansue

tus, Eusebius, Sokrates, Theodoretus u. A. eine übergrosse Menge von

Stellen anführen, _in welchen die Dialektik als überflüssig St) oder als

ein nichtiges sich selbst zerstörendes 'l‘hun 9) und ein zweckloser ver

8) Basil. M. adv. Eimom. (Opp. ed. Paris. 1518 fol. Il, p. 10.): ii nöu

11916101601); b'ww; fudit xal ngo'lnzrov oulloyto‘ äsiv 811 6 a’zyäm'q'ro; afl yeye’wnrm; (vergl. Anm. niliubi 1‘651 neas rd pu-‚

ay Tertull. Pruesoripl. e. 7. com ed. Venel. 1701. fol. p. 119b.): Miserum

Aristotelem qui illis dialectidam instituit artificem struendi et destruendi versipellcm

‘i‘

6 ' XIII. Die kirchliche Auffassung.

künstelter Wor’tkram 1°) bezeichnet wird, welcher vermöge seines welt

lich bunten Charakters untauglich für die reine einfache Wahrheit“)

und überhaupt unchristlich 12) sei, daher alle Syllogislik, sowie sie vor

den schlichten Worten der Apostel zerstieben müsse 13), ihrerseits hin

wiedernm nur zur Bekämpfung und Verfälschung des Glaubens diene H),

was sich insbesondere bei den Ariauern zeige 15), u. dgl. m. War aber

so die Dialektik, für welche meistens Aristoteles, und zwar namentlich

wegen der in den Kategorien liegenden Sophistik, verantwortlich ge

macht wurde 16)‚ fast zu einem Gegenstande des Abscheues geworden,

..

in sententiis coaelam, m com'ecluris dumm, in argumentis operariam conlentiancmy

maleslam etiam sibi ipsi, omnia retraclonlem, ne quid onmino lraclaveril. .

10) Greg. Naz. Oral. m (Opp. ed. Colon. 169D. l, p. 458.): 06x oide ldyaw

o'zgoq‘o‘z; friday te dor/ah xai alyfyyara xal nig llüggmvo; banden; i

Waffel; ii cinnamus mi növ ngafnnav avlloymytöv uic dictionem .1)“

uüv Hglorotälovg zezvah/ tfiv xaxorezylma Oral. 33. (p. 529.): lateantth

uxfg pepriloig xevoqutalg xai iii/hilarem tijg ipevdiwi/ziluou ymuo'ew; xal

natg ef; oüdh' glorioung qzegodomg loyoyazliugn

11) Epiphun. adv. hacres. Il, 69, 69. (Opp. cd. Pelav. Col. 1682. I, p. 795.):

demo-mii ydllov Eavzor); ixd‘edaixamv t'vd‘umiyevoz fleta-rarefiant te xai

roi/g Eli/lau; roi xooyou d‘mlexnxm); agr xal am); zapnoü; portam yn

d‘e'vu xagm‘w d‘txmoo'üwyg eido'reg. Ebend. III, praef. (p. 809.): Ex avum/i

oyubv yizg xal Mgmrordixuiv mil yewysr um‘w rbv Sufw napmzävflmilov

mu Ebend. lll, 76, 20. (p. 964.): titium de äqmgsizm. näo'uv doli za‘w lö

uuv ovllaytanxr‘lv ‚111180110wa xal 00x dimidlum iuda noozgfrpadSm

zur-Mrd; yet'e’o‘äm HQ/aroze'loug mi uoü lnm'teirov oii 7sz lv löyip

aal/10716112147 iz finallefa 1151/ odgawöll am) ty 1.on xoluimanmp1 aul lv

dvrdyez xal didyqu (s. Anm. 20). Ebend. 76, 24. (p. 971.): n oge‘laße rö

animi uic amici n‘w mir löyor EI; 11‘711 animi ntorw tim angloymnxr‘yv

ruv-mv oov tinx nzvoloytam (Ausserdem kommt Aehnlicbes gerade bei Epi

phanius höchst ha'ulig vor.) Vgl. Hieran. adv. Helvid. (Opp. HI. Pur. 1706. IV. 2,

p. 130): non campum rhetorici eloquii desideramus, non dialeclicorum tendiculas

nec Arisloletis spinela ronquirimus; ipxa scripturarum verba ponenda sunL

12) Fauslin. d. lrin. adv. Arian. 1,10. (Bild. Palr. Galland. Ven. 1770, VII, p.

444.): Noli infelix adversns christum dominum totius creatarae Aristotelis artifieiosa

argumenta colligere qui te christianum qualitercunque profilerl‘s, quasi ex discipli

nae lerrenae suppulalionis circuniscriptor advenias.

13) T/icodorel. serm. 5 d. aal. hom. (Opp. cd. Sirmond. Par. 1642. IV, p.

555.): ipsis d‘l- iri/tuin rr‘lv t’ymlrß-‘(av olor/vniusch im dn opem-reg flug—

ßrtgotpaimvg dvdgainou; fiiv mquw edylwntai/ vevixnxdrag xal toi/g

xexoylpevytvovc ‚46901/; navrellö; läslqlaye’vovg am} rar); älrevnxm); ao

lmxlayoog 1m); alunmi/g xazalelvzäm; dulloywyovg. (Diese Anspielung auf

die schlichte Rede der Fischer findet sich auch sonst noch öfters.)

14) Iren. adv. haer. Il, 14, 5. (Opp. cd. Vem‘l. 1734. I, p. m b.): minulilo

quiam autem el sublimilulem circa qaaesliones, cum sit ArislaleIicum, inferre fidei

conanlar. Euseb. hisl. cccl. V, 27. com ed. Paris. 1591. II, p. 108): christum

ignorant, sed quaenam syllogismi figura ad suam impielulem 'canfirmandam re

perirctur, studiose indagarant,‘ quod si quisquam forte illis aliquod divi-ni eloquii

testimonium pro/eratj quaerunt1 ulrum coniunctum an disiunctam syllogismi figaram

possit efliecre . aollcrti impiorum aslulia el subtilitate sjmplicem ac sim-eram

divinorum scn'plurarum fidem arlalleranl. ‘

15) Hieron. adv. Luct'fer. (oh. Ausg. lV, 2, p. 296.): Ariana haeresis magis

cum sapientia seculi facit el argunienlationum rivos de fontibus Aristotelis mutuatur.

16) Sven, hisl. eccl. ll, 35. (cd. Vales. Turin. 1747, p. 114.): eiai/g odr 15e

t'orpwt'e: (nemlich Aetius) roi/g Ivrvyldvovrag, tobra Je Snofu ruf; xarnyo

glzug .‘ipio‘zon'lou; morticini- ßißllov iii oihwg 30111/ SmyeyguyßEI/ov aoro

E aütlüv te dmleyoyevog zul famili adquirunt nomiv 06x audito .. mit;

---.. ..f _

‚l

XIII. Die Die kirchliche Auffassung. Behandlungsweise. 7

so stellte sich doch zugleich von selbst das Gefühl der Nothwendigkeit

ein, mit gleichen Wall'en sich gegen die Feinde der orthodoxen Lehre

vertheidigen zu können, und crklärlicher Weise musste dieses Motiv,

dass die Dialektik dem Kampfc gegen die Ketzer diene, das Ueberge

wicht erlangen. Also auf die Gesinnung uml die Absicht, in welcher

man Logik betrieb, kam es nun an 17)‚ und in solcher Weise durfte

man sich sogar logischer Kenntnisse rühmen lta); sehr wohl aber konnte

hiemit die Anschauung verbunden seinydass die dogmatische Theologie

eben doch nur aus äusseren Gründen in der Dialektik das Gebiet eines

bloss ausserlichen Wortkrames betreten habe, und es wird uns dem

nach nicht befreiden, wenn wir weiter unten wiederholt eine oll‘ene

Feindschaft gegen alle Dialektik überhaupt antreffen werden.

Jedenfalls aber war, wie gesagt, die ecclesia docens schon in den

ersten Jahrhunderten auf diese Weise dazu gelangt, dass sie eine ge

wisse Summe logischer Lehren in den Umkreis ihres Betriebes aufnahm,

und waren einmal irgend welche Compendien, —— wenn auch mit Vor

behalt der Gesinnung und Absicht —‚ für den Gebrauch der Kleriker

recipirt, so konnte und musste wohl auch der Fall eintreten, dass Ein

zelne jenes Material, welches anderweitig als lllitlel zum Zwecke dienen

sollte, zu einem speciellen und selbstständigen Gegenstande ihrer Be

schäftigung machten. Und hiebei waren es vor Allem die Kategorien,

welche von der spät-antiken Schultradition her eine reichliche Ver

wendung in den theologischen Hauptfragen, und zwar gerade zumeist

bei Augustinus (betrell's der 'I‘rinität und der sog. Eigenschaften Gottes)

gefunden hatten; ja es ist selbst möglich, dass man schon ziemlich

frühe die pseudo-augustinisehe Schrift über die Kategorien (s. Abschil.

XII, Anm. 40—50) für ein achtes Werk hielt und so durch die Aucto

rilät des Augustinus selbst sich in dem Studium dieses Gegenstandes

bestärkt fühlte. Hatten aber die Kategorien jedenfalls eine bedeutende

Geltung für die Theologie, so lag ja in der Schrift des P0rphyrius,

d. h. in den quinque voces, eine in der Schule für unerlässlich gehal

tene Einleitung zu den Kategorien vor, und es verstand sich von selbst,

dass man für den Unterricht sowie für das Studium stets den Anfang

mit der Isagoge machte. Beide aber, nemlich sowohl das Buch über

rv

8x uini xazqyoguüv ooqlayaoi o'vvene‘yurß, dui obire variam dafür/111m,

mag Eunv äyäquo; ye'wqm; (vgl. Anm. 8).

17) Theodoret. hist. cccl. IV, m (Opp. ed. Sirm. lll, p. 707.): xai 115V}! l

arore'lov; auuoymycüv xal 11‘}; Klären/o; ciuitas d‘u‘z ran dxmöv 515-21?

Euzo (so. Aldi/#05) ni ‚uaßfiyara aia/y a3; dlriliuav ixnald‘eziuy'm, äll’ ais

önla nic älqäelu; ata-rd roü tpEüd‘ou; yiyröyera.

18) Cyrl'll. Alex. Thesaur. d. trin. ll. (Opp. ed. Auberl Par. 1638. V, 1, p.

87.): Ex yasnydtwv fiyiv nili Zymrou’lou; 69’116};va xal tg d'en/611111

tiis- h xolqu amplas- änoxexgnyeroz xrünou; L’ysfgoutn (511,140:th terti-v

oüx 616‘612; ön xai 7196; Turiqu d‘umä‘tög flavus Slcylärioovnu' anv ti

um ydq b'vzw; o'mo'lovßoy, {in d‘r) rbv nagi roi yetgorog xal litium/og äs—

niCows; 1.67011 in! rbv mel roü öyolou xal dvoyolov peranenrajxabw

06x 516‘615;- an xot'ni: ubi lägmrote‘lou; [i'll/71V, {(p’ ä freiliqu ueyalongo

wir stemum uürol, orbe als müzöv zawrdzrowai. ye'vo; ‘ni' te Syozov

xal 1b dild/www «Jg xal rb yu‘g‘ov xal 16 narrata (S. Abschn. lV, Anm.

522 u. 531.)

o

iq-wi s.w... A m

S

.

8 XIII. Die Behandlungsweise

die Kategorien als auch das Scliriftclien des Porphyrius, lagen für die

lateinische Kirche in der Uebersetziing des Boethius, noch dazu mit

Erläuterungen versehen, vor, und so wurden sie die hauptsächlichen Io

gischen Schulbücher des Mittelalters.

Der geschichtliche Verlauf wird uns zeigen, dass lediglich aus der

unausgesetzten Beschäftigung mit Porphyrius und Boethius jener Streit

über die Geltung der sog. Universalien entstand, welcher nach der bis

her gewöhnlichen Annahme in dem Gegensatze des Realismus und des

Nominalismus sich entspann Hl), in Wahrheit aber eine bunte Menge

gar vieler Partei-Ansichten zu Tage kommen liess. Es war nicht etwa

ein eigener, individuell selbstständiger Gedanke eins hervorragenden

Mannes, durch welchen diese logischen Kämpfe waren hervorgerufen

worden, sondern ein überkommener Stoll', scliulmässig fortgeerhte Ge

danken aus dein Alterthume waren es, welche man nur allmälig etwas

genauer ins Auge fasste und erst hiedurcli zu einer bestimmten Partei

slellung veranlasst wurde, deren Wurzeln in der Tradition selbst schon

vorlagen. Von einem innerlich selbstständigen Schall‘en eines neuen

Momentes kann im Mittelalter keine Rede sein, selbst bei Scolus Erigena

nicht, und auch bei Alialard nicht.- Jene ganze Zeit klebte wesentliclist

noch an der blossen‘ Tradition und konnte so höchstens durch einen

hingehenden, vielleicht auch durch einen minutiösen Fleiss sich inner

halb ihrer engen gegebenen Grünzen in einzelne Punkte fester verren

neii, nie aber frei mit dem Stoffe walten. Wohl trifft die Scholastiker

nicht der Vorwurf leichll'ertiger Zuversicht oder liohler Eitelkeit, wo

mit sie etwa ferlige Systeme in die Welt geschleudert. hätten, noch er

regen sie durch bodenloses Geschwätz jenen wissenschaftlichen Unwil

len, wie wir ihn z. B. bei der Lectüre Gicero’s empfinden; aber weit

eher beschleicht uns ein Gefühl des Mitleides, wenn wir sehen, wie bei

einem ausserst beschränkten Gesichtskreise die innerhalb desselben mög

lichen Einseitigkeiten mit ungenialer Einsigkeit getreulichst bis zur Er

schöpfung ausgebeutet werden, oder wenn iii solcher Weise Jahrhun

derte auf das vergebliche Bemühen verschwendet werden, Methode in

den Unsinn zu bringen. Solch welimi'itliige Gedanken über verlorene

Zeit werden in uns zumeist gerade da rege, wo die verschiedenen

Meinungen betreffs der Universalien in ihren ausgebildetsten Consequen

id

19) V. Cousin (Ouerages'inedi'ls d’Abelard. Paris 1836. 4, mit einigen Ver

besserungen und Ziisatzen wiederholt in Fragments de plit'losoplu'c du nioyen-iigc..

Par. 1840 u. 1850. S.) hat das grosse Verdienst, zuerst diese wahre Quelle des

Nominalismus und Realismus geneigt zu haben, und auf Grundlage der Nachweise

desselben gab H. lium-dan (De la pltilosopliie scolastiqne. Par. 1850. 8. 2 Bände)

noch manches schätztiare Material aus Handschriften, welcher überhaupt die Wis—

senschaft mit einer ebenso reichhaltigen als genauen Darstellung des Scholasticis

mus bis z. 14. Jahrh. beschenkte. Auch M. X. Rousselot, Eindes sur ta plii'los.

dans lc 1noycn-dge. Par. 1840 f. 2 dee. ist zu erwähnen. Abgesehen von älterer

und veralteter Lilteratur, wie z. R. von dem ziemlich armseligen Buche des Ad.

Tribbecheidus, De doctoribus scholastt'ci's (2. Aufl. v. Heumann, Jena 1719. 8.)

werden wir EinZelnes noch unten am geeigneten Orte abzuführen haben. In neue

ster Zeit erschien eine werthlose Compilation von II. 0. Kühler, Realismus u. N0

minalismiis etc. Gotha 1858. 8.

e

xm Die Behandlungsweise. Hang zum Platonismus. 9

zen sich am heftigsten hefehden, während das erste Auftauchen des .

Streites uns eher noch als befruchtend und anregend erscheint.

Doch dürfen wir hiebei nicht die Granzen unseres hier gesteckten

Zweckes aus dem Auge verlieren; denn nicht in seiner ganzen Aus

dehnung gehört jener Kampf der Geschichte der Logik an, und wir

haben hier nicht die Aufgabe, ihn nach allen seinen Seiten zu entwickeln,

sondern wir werden lediglich den logischen Gesichtspunkt festhalten

und daher sofort alles Theologische, was sich daran knüpft, atlsscheiden

müssen und hiemit auch die Ontologie, ‘je mehr sie sich Schritt für

Schritt von der Logik losscbält, bei Seite lassen, ja selbst von der Er

kenntnisstheorie nur jene Momente heizieben, welche innerhalb der lo

gischen Lehren bis zu einem späteren Umschwunge der Logik selbst

fortglimmten. _ _ ixb-u

Auf Grundlage dieser gebotenen Abgranzung versuchen wir nun,

die‘ Erscheinungen auf dem Gebiete der Logik des früheren Mittelalters

nach ihrer Zeitfolge darzustellen, sei es dass sie als Compendien oder

dass sie als commeutirende Erläuterungen auftreten. W regt».

Aber Ein höchst entscheidender Gesichtspunkt steht uns hiebei aus

Obigem bereits fest. Wenn nemlich die gesammte Dialektik als ein lee

res und formales Wortgeklimper betrachtet wurde (Anm. 8—16), so

mussten diejenigen Kleriker, welche dennoch aus dem angegebenen

Grunde sich mit ‚diesem Gebiete beschafligten,. nothwendiger Weise

bestrebt sein, dem Ganzen eine reale Grundlage zu geben, und zwar

‘ konnte, wie sich von selbst versteht, hiebei keine andere Realität mass.

gebend wirken, als diejenige, welche in den christlichen ldeen siehe

fand. Auch ist es 'wohl möglich, dass wie in anderen Beziehungen, so

auch betreffs der Logik Aussprüche, welche in den Briefen des Paulus

vorlagen 20'), als entscheidende Auctoritat mitwirkten. Wenigstens finden

wir bei Theodorus Baithuensis (Mitte des 7. Jahrh.) mit directer Bezug

nahme auf Paulus die Ansicht ausgesprochen, dass man sich in einem

Widersprüche gegen den Apostel befinde, wenn man das Studium der

Kategorien als einen entscheidenden Vorzug des Theologen bezeichne

und hiemit die christlich fromme Stimmung in blosse Worte oder Wort

klange verlege 21). Und wenn wir auch eben diese Stelle nicht gera

20) Z. B. ad Corinth. I. l, 17.: eüayyeHCwäeu. odae 811 ootpfa ldyov. ib.

2. 4.: am) ä 1.670; you xal rö xrjng‘uä you oüx Sv 1161007; o‘oqla; lo'yotg,

eur lv änod‘eläez nvsüparo; xal uvniyrwg, i'm iy nlon; (/‚utöv pii y' h

vog-tg ävögnduaw, ut lv d‘vmiye: ziemi ad Thessal. l, 1. 5.: 'rb sitam/lle

v‘yuö'i/ olüx dyewrji‘hl und; {wäg- Er Äo'yrp „am, am xal tv dvvdyu am)

lv zum; an r'zyhp. ad umam l, 6, 3.: st zu; Eregodiduaxmtsi...., animæ

uu yn lv imarriysvog dua vooaiv nagi frlnjaug xal loyoztallag. Vgl.

oben Anm. 3 n. 11. .

21) Theod. Raüh. Praepar. d. incarn. (Bibl. Patr. Galland. Xlll, p. 2D.) : eundi

ab 6 Zevrjgo; uulan nquui‘IfCum quan/ais iv (Srjpuzm' te ydyolg am) fixer;

r‘v eüo'e’ßemv ünon'ßsnu, xahozye mi änoaro'lov le'yovro; novi yi‘zg hi

loyrp rit pan-dem roü acci dui lv d‘uvdyu xal msszqu (arl curium l, 4,

20.)' ovmg de nag’ mini zemiglp ugtinarag 05610710; yt'wgi’ierm, 3; tiv

1d; narqyoglu; latera-midum zur) ni Äorm‘t flöv {Em (plloaörpaw sequuti

imm e‘va; zvyxnivy. Uebrigens sind dergleichen allgemeinere Motive, welche in

der amaligen Zeit überhaupt lagen, weder bei Cousin noch bei Haure’au in Be

tracht gezogen. '

10 XIII. lsidorus.

‘n

dezu für das Mittelalter als die älteste und erste Kundgebung des Gegen

satzes zwischen Nominalismus und Realismus .anführen wollen, so ist

doch jedenfalls so viel klar, dass der bei weitem überwiegende Zug

der Logik für die ersten Jahrhunderte grundsätzlich auf Seite des Rea

lismus liegen muss. Ein längerer Verlauf daher ist erforderlich, bis

endlich die Auffassung zu einiger Geltung durchdringen kann, dass auch

die Worte etwas Reales sind und dass die Worte in ihrem realen Sein

das Allgemeine in sich enthalten. - -

Auf solche Weise ist es uns nun ‘völlig verständlich, wie schon

der erste Schriftsteller des Mittelalters, welcher der Geschichte der

Logik angehört, nemlieh lsidorus IIispalensis (gest. 636) einen

entschieden theologischen Standpunkt einnimmt, während er zugleich

die logische Schultradition von cassiodorus und Boethius ausgehend

fortführt. Nemlich nicht etwa bloss dass er-heidnische Lectüre den

Mönchen untersagt wissen will oder dass er die Dialektik und Ithetörik

als ledigliches Wortgepränge dem Inhalte des Christenthnms, ganz wie

wir oben sahen, gegenüberstellt '12), sondern er substituirt auch aus

drücklichst die Theologie an Stelle der Logik; d. h. während er die

üblichen Eintheilungen der Philosophie und zugleich die Aufzählungen

der sieben Künste in den von ihm benützten Quellen vorfindet"), hat

er in seinem bekannten encyclopadischen Werke „Origines“ oder „Ety

mologiae“, dessen zweites Buch die Rhetorik und Dialektik enthält, noch

besonders Gelegenheit, auf diese Fragen einzugehen, und dort lügt er

demjenigen, was er aus cassiodorus abzuschreiben findet (Abschn. XII,

Anm. 172), noch die Bemerkung hinzu, dass in den drei Zweigen der Phi

losophie (Physik, Ethik, Logik) sich auch die heilige Schrift bewege, und

zwar namentlich die Evangelien sich auf die logische Wissenschaft

beziehen, an deren Stelle man jetzt die Theologie betreibe 24). Dabei

aber verbindet sich mit diesem Standpunkte eine für das Mittelalter

weit fortwirkende Unterscheidung zwischen ars und disciplina, welche

Isidor wahrscheinlich dem Victorinus (Abschn. XII, Anm. ltl'.) ent

nahm 25); wenn nemlich ars dem Gebiete des Veränderlichen und Wahr

_a.__._—_-‚_—

22) lsid. Hisp. Opp. ad. du Breul. Paris. 1601. fol. —— Regula monach. c. 8. (p.

1023.): gentilium libros vel haereticorum volumina monachus legere caveaL Scn

tenl. III, I3. (p. 670 b.): ldeo libri sancti simplici sermone conscripti suntl ut non

in sapientia ucrbi. sed in ostensione spirilus homines ad fidem perducerenturi nam

si dialectici acuminis versulia aul rhetoricae artis eloquentia editi cssent, nequa

quam putaretur fides Christi in dei virtute sed in eloquentiae humanae argumentis

’consistere, nec quemquam crederemus ad fidem divino inspiramine provocan, sed

potius verborum calliditate seduci. onmis secuturis 'doctrina spumantibus verbi-stre

sonans ac se per eloquentiae tumorem attollens per doctrinam simplrcem et humilem

christianum evacuata est, sicut scriptum est: nonne stultam fecit deus sapientiam

huius mundi

23) D. cii/f spirit. c. 34. (p. 302.) u. Orig. I, 2. (p. 1.) u. Il„24. (p. 29 in).

24) Orig. II, 23. (p. 29 a1): In bis quippe tribus generibus philosophiae etiam

eloquio divina consismnt; nam aut de natura disputare solent ut incenesi et lic

clesiaste, aut de moribus ut in Provrrbiis et in omnibus sparsim Iibrts, aut de lo

gicav pro qua nostri theologlam sibi vindicanty ut in cantica cantioorum et Svangelm.

25) Wenigstens stimmt sie dem Sinne nach ganz mit demjenigen überein, was

in der Einleitung der uns erhaltenen Schrift des Victorinus Expos. m Cm. thet.

(p. l02 ed. Capper.) sich findet. Vgl. auch Marc. Cap. II, 138.

qu lsidorus. 11

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scheinlichen, disciplina aber jenem des Ewigen und Wahren angehört 2")‚

so konnten nicht bloss das Rhetorische und das Speculative als zwei

gesonderte Zweige auseinandergehalten werden, sondern es durfte auch

letzteres nach seiner äusseren technischen Seite eine besondere Behand

lungsweise finden.

So theilt lsidorus das Gesammtgebiet der „Logik“ (auch im Hin

blicke auf dictio und sermo) in Rhetorik und Dialektik”), und sowie

er sich bezüglich der schulmüssigen Unterscheidung beider wörtlich an

cassiodorus (s. Abscbn. VIII, Anm. 25) anschliesst, so ist es überhaupt

des Letzteren oben (Abschn. XII, Anm. 172—184) geschildertes monströ

ses Gompendium,

oder Zusätzen den folgenden Jahrhunderten überliefert wurde.

welches durch isidorus mit". einigen Abweichungen

Nach

dem er nemlich den Uebergaug von der Eintbeilung der Philosophie

zur lsagoge in der nemlichen dürren Weise gemacht, welche wir bei

cassiodorus sahen 28), gibt er eine Aufzählung und Erklärung der quin

que voces, wobei er die Verdienste des Porphyrius gegenüber dem

Aristoteles und cicero bervorbebt”) und oll'enbar nur aus der von

Boethius commentirten Uebersetzung des victorinus geschöpft hat, auf

welch letzteren. er auch am Schlusse des Gap. selbst verweist 30);

eigenthümlich ist ihm dabei der höchst schulmässige Einfall, die. fünf

Worte in Einem Satze beispielsweise auszudrücken 31). Die hierauf fol

gende Angabe der Kategorien ist zu Anfang und ant Schlüsse wörtlich

aus cassiodorus entlehnt 32), in der Mitte aber ist sie ausführlicher,

26) Orig. 1,1. (p. 1.): Inter artem et diseiplinam Plato et Aristoteles hanc dif

ferentiam esse voluerunt diccntcs, artem esse in iis quae se et aliter habere possunt;

disciplina vero est, quae de iis agit quae aliter evenire non possant; nam quando

aeris disputationibus aliquid disserilur, disciplina eril; quando aliquid verisimile

atque opinabile tractaturl nomen artis habebit.

27) I). difi'er. spir. c. 34. (pv 30211.): nunc partes logicos assequamur; con

stat autem ex dialectica et rltelorica. Diatectica est ratio sine regula disputandi in

tellectum mentis acuens uaraquc a falsis distinguensg haec scientiay sicut quidam

ait, sicut ferrum venemnn, sie armat eloquium Orig. .ll, 24. (p. 2911.): Logicams

quae rationalis vocatur, Plato subiunxit ..'. . dividens eum in dialectieam et rhetori

cam; dicta autem logica. i. e rationalis-g la'on enim apud graecos et sermonem

significat et ratiouem. Ebend. VIII, ö. (p. 106a. :

moribus rationem adiungant, ratio enim graece Äoyo; dicitut

Logici quia in naturis et

Ebend. ll, 22. (p.

28 b.): Diatectica esl diseiplina ad discernendas rerum causas inventag-ipsa est

philosophiae spceies, quae logica diciturj i. e. rationalis (lt/finiendi qaaerendi et

disserendi potens Aristoteles ad regulas quasdam huius doctrinae argumenta per

duzit et dialecticam nuncupavit pro eo quod in ea de dietis dispatatar, nam 1.55:;

dictio dicitur (vgl. ebend. I, 22 f.); ideo autem post rhetoricam disciplinam dia

lectiea sequitur-1 quia in multis utrique communia existunt _

28) Abscltn. XII, Anm 173.

29) Orig. II, 25, p. 30a.: cuius disciplinae diffinitioncm plenam existimarunt

Aristoteles et Tallius ez genm et differentiis eonsistereg quidam postea pleniores

in docendo eius perfectam substantialem dif/initionem in quinque partibus velut in

membris suis dirismmt. Vgl. Boeth. ad Porplt. p. 7. (ed. Basit. 1570).

30) Ebend. p. 30b.: lsayogas autem es: graeco in latinum transtulit victorinus

oraler, commentumque eius quinque libris boethius edidit.

31) Ebend. p. 30 a.: Ut est ex omnibus his quinque partibus oratio plenae

sententiae itar „homo est animal rationale mortale eisibile boni matique capax.“

(Vgl. Abschn. xi, Anm. 46.)

32) Cap. m p. 30b. S. Abschn. XII, Anm. 174. (auch die verdorbeneli

A

u

12 XIII. lsidorus.

namentlich an Beispielen. Dann reiht sich natürlich d. interpr. an, ein

Abschnitt, welchen wir hier zum ersten Male unter der barbarischen

Uehcrschrift „De Perihermeniis Arislolelisn antreffen 33); die Eingangs

worte und der eigentliche Kern (die Definition von nomen, verbum

oratio, enuntialio. a/firmrm'o, negativ, contradictio) sind wörtlich aus

cassiodorus ausgeschrieben 3‘), dazwischen aber stehen einige allgemeinere

Bemerkungen, welche aus Boethins (s. Abschn. Xll, Anm. 110) entnom

men sind und dadurch, dass sie das Verhältniss zwischen Sprache und

Denken betreffen, eine grosse Wichtigkeit für die Folgezeit erhielten 35); .

die SchlusSWorte aber des Cap. geben einen erträglicheren Uebergang

zum Syllogismus als jene bei Cassiodorusaf'). Die nun folgende Syl

logistik selbst ist nach einer einleitenden Verwahrung vor sophistischem

Missbrauche 37) wörtlichst aus CaSsiodorus herübergenommen 3”). Den

Inhalt der hierauf sich anschliessenden Lehre von der Definition, welche

lsidor aus VictorinUs entlehnt, mussten wir eben desshalb bereits oben,

Abschn. XII, Anm. 2. anführen. Von' der Definition aber wird zur 'l‘o

pik mit den nemlichen Worten wie bei cassiodorus (s. ebend. Anm.

179) der Uebergang gemacht, und auch bei Aufzählung der Topen nur

Letzterer benützt; aber es bleiben hiebei vorerst jene fremdartigen

Einschiebsel, welche wir oben (ebend. Anm. 181—183) sahen, völlig

hinweg, und ausserdem werden mit Uebergehung der rhetorischen To

pen unter den dialektischen nur die Giceronischen vollständig und hiezu

drei aus jenen des Themistius aufgenommen 39). Endlich den Schluss

macht ein eigner Abschnitt „De oppositis“, welcher allerdings hier nicht

in dem üblichen Zusammenhange mit der Kategorienlehre steht“),

sondern sich noch an das Material der Topik anschliesst, sowie er auch

Schlussworte des Isidorischen Textes sind nach dem dortigen Wortlaute des

Uassiod. zu lesen). _

33) Man hielt nemlich das zusammengeschriehene I'erihcrmenias fingi {Wul

vflag) für einen Accusativ Plural und dachte sich hiezu einen Nominativ Periher—

meniae. (Ja noch im 19. .Iehrh. finden wir bei lld. v. Arx, Gesch. v. St. Gallen,

I, p. 262. „die Periemerien“ des Aristoteles; s. unten Anm. 245.)

34) C. 27, p. 31 a. S. Abschn. XII, Anm. 175. (auch das Sprücblein über

Aristoteles). ’

35) Ebend.: omnis quippe res quae non rst et uno signi/icalur sermrme, aut

per nomen significatur aut per verbaut, quae duae partes orationis interpretantur tov

lum, quidquid concepit mens ad eloquendum; omnis enim cloculio conceplac rei

mentis interpres'esl. Namentlich müssen wir hiebei den Sprachgebrauch „conci—

pere, conceleq hervorheben.

36) Ebend. p. 31 b.: utilitas periltermcniarum haec ext, quod ex his interpre

Iamenlis syllogismi fiunl, unde et Amzlylica perlractantur. Vgl. Abschn. XII,

Anm. 176.

37) C. 28, p. 3111.: plurimum adimmt hectorem ‘ad veritatem investigandnm,

tantum ul absit illc error decipiendi adversarium per sophismala fulsarum con

elusionum.

38) Das ganze Cap. enthält somit dasjenige, was wir schon oben Abschn. XII,

Anm. 176. u. 177. anzugeben hatten; nur lasst lsidor unter den ehendort Anm. 3,

13. u. 16. angeführten Stellen den Inhalt der Anm 3. hinweg.

39) c. ao S. Abschn. XII, A—nm. 184; unter den dortigen Topen des 'l‘hc—

mistius treffen wir hier nur: a toto, a pnrlibus, a nola.

40) Wie z. 8. Abschn. Xll,.Anm. 61.11.94; hingegen in anderer Weise ebend.

Anm. 10.

Xlll. lsidorus. 1'3

in der That aus des Boethius Commeutar zur Cicei‘onischen 'l'opik ex

cerpirt ist“). i

Aber ausser diesem Abrisse der Dialektik ist es bei lsidorus auch

noch Anderes, was in Folge der Auctorität, welche er in der nächsten

Zeit genoss, einen Einfluss auf die Geschichte der Logik ausübte. Nem

lich einerseits finden sich einzelne Bruchstücke logischer Lehren in an

deren Abschnitten seines encyclopadischen Werkes, so z. B. neben der

(in dem Abschnitte über die Kategorien, s. oben Anm. 32) üblichen

Begriffsbestimmung des Homonymen u. s. f. kömmt lsidorus auch in der

Grammatik auf diesen Gegenstand, woselbst er aber die griechischen

Worlformen anwendet 42); auch ist insbesondere aus der Rhetorik der

Abschnitt De syllogis'mt's zu erwähnen, da er einerseits für die Argu

mentation dem enthymema eine hohe Geltung verschaffte (s. unten Anm.

92), und andrerseits eine wenn auch noch so kümmerliche Notiz vom

Dasein der lnduction enthält. Der Inhalt dieser Lehre über den

Schluss 43) bietet natürlich durchaus Nichts neues dar, sondern ist aus

victorinus entnommen (s. Abschn. XII, Anm. m und weist hiedurch

bis zu cicero (Abschn. Vlll, Anm. 53—62, woselbst hes. Anm. 60 die

betrefl'ende Stelle über das enthymema) zurück.

Andrerseits endlich hat lsidorus durch ein paar ledigliche Einzeln.

heilen, welche an sich ausserhalb der Logik liegen, —- gleichsam ohne

es zu wollen —‚ den Späteren Veranlassung zu Fragen dargeboten,

deren Beantwortung wir unten als Gliedendes geschichtlichen Verlau

fes werden anführen müssen N). D s Eine, was wir hiebei im Auge

haben, ist die Aufstellung eines Uu rschiedes zwischen Rationale und

Rationabile 4"‘), welcher oll'enbar auf einer Stelle des commentan des

boethius zur lsagoge beruht 4“) und bewirkt haben mag, dass man

41) C. 3l, p. eam Primum genus es! contrariorump quod iuxta Cireroncm

diversam (zu lesen aducnum) vocatur ....secuudum genus es! relatu-orum ter

tium geuux es! opposilorum (man bemerke den ungenauen Sprachgebrauch) habitus

vel orbuh'o, quod genus Cicero priuationem vocat . . . quartum vero genus es: cou—

firmotione et negatione opponitur quod genus quartum apud diatecticos multum

habe! con/tictum c! appcllatur ab eis valde opposimm. Die Quelle hievon s. b.

Borth. ad Cic. Top. p. 815f., dle betreffende Stelle Cicero's wurde oben, Abschn.

Vlll, Anm. 42. angeführt. o

42) Orig. l, 7, p. 4a.: Synonimo hoc es! plurinomiua . homom'ma hoc es!

umiiomma . . . ..

43) Orig. ll, 9. u. m (p. 23 h.: syllogismus graue. latine argumentatio ap—

pellatur. .. .. syllogismorum apud rhetorex principaliter gencra riuo sunt, inductio et

ralt'ocinoh'o). ‚ '

44) Wenn es demnach auch dem Leser auffallen mag. dass ich hier Solches

erwähne, so wird unten es sich zur Genüge begründen, warum ich aus dem über

reichen Scbatze lsidorischcr Schulweishcit gerade diese. und zwar ausschliesslich

vnur diese paar einzelnen Momente heraushcben musste. Wenn aber hiedurch be—

treffs der Auffassung der Geschichte der Philosophie des Mittelalters an die Stelle

einer bisher üblichen rühmenden Erwähnung eines selbstständigen Denktriebes die

Einsicht in die völlige innere Unselbststäudigkeit damaliger Denker tritt, so

scheint eben eine derartige Aenderung der Ansicht uns das Richtige zu sein.

45) I). iii/fen spiriL 18, p. 2978.! inter rotionoie et rutionobile hoc interests

sapiens quidam dicitz rationale estl quod rationis utitur intcllectu. ut homo; ratio

nabiie verol quod ratione dictum vel factum ext. Fast wörtlich ebenso lii/fen tib.

p. 770a.

46) Porphyrius hatte nemlich bei Angabe desjenigen, was dem yflvo; und der

14 XIII. Alcuinus.

spater die dortigen Worte noch genauer erwog (s. unten Anm. 212m).

das Andere aber besteht in der an die „Schöpfung aus Nichts“ ge

knüpl'ten Angabe, dass die Finsterniss keine Substanz sei ‘17), wovon wir

eine weitere Folge bald unten (Anm. 72 fl‘.) treffen werden.

Der nemlicbe Standpunkt wie bei lsidorus, sowohl betreffs der

Geltung der Dialektik als auch in abenteuerlicher Compilation eines

tiompendiumsa waltet auch bei Alcuin (735—804), dessen Unterricht

in der damals üblichen Logik bekanntlich auch Karl der Grosse ge

noss"). Es gibt Alcuin nicht bloss die Eintheilung der Wissenschaf

ten in einem Schema nach lsidorus, sondern wiederholt auch wörtlich

aus demselben obige (Anm. 24) theologische Auffassung der Logik 49);

dabei aber zeigt er überall eine hohe Werthschätzung der Philosophie,

und während er häufig Klagen über eine weit verbreitete Unwissen

heit hieran knüpft, erhebt er sich zu dem Ausspruche, dass die freien

Künste die sieben Säulen der Weisheit seien 5°), und so übt er, auf

Augustin hinweisend, reichlich die überlieferte Schulphilosophie, d. h.

die Kategorienlehre, in den theologischen Hauptfragen über den Gottes

begrill‘ und die Trinitatßf).

Dass aber Alcuin selbst über alle sieben Künste geschrieben habe,

ist schon langst widerlegt“) durch den Nachweis, dass ein im Mit

telalter viel gelesenes Excerpt aus cassiodorus für ein Werk AIcuin's

gehalten wurde. Wohl hingegen bearbeitete er die Grammatik, die Rhe

torik und die Dialektik, und ausserdem übersandte er an Karl d. Gr.

das pseudo-augustiuische Buch über die Kategorien (Abschn. XII, Anm.

_— O

Jlßqflgl‘! gemeinsam sei (Abschn. XI. Anm. 49.), als Beispiel das loymcir ge

braucht in einer Stelle, welche nach der Uebersetzung des Boelhius (p. 95.) lautet:

cumque sit differentia „rationale“, praedicatur de ea ut tii/ferentia id quod es!

„ratioue ali"; nan satum autem de eo quod est rationale, sed etiam de his quar

xub rationati sunt specicbur praedicabt'lur ratione uti. ln der Erklärung nun dieser

Worte sagt Boetbins (p. 96.): de rational: duae difl‘erentiae dicunlur; quod enim

rationale esl, utitur ratione vel habet rationem, aliud est autem uti ratione, aliud

est habere rationem ergo ipsius rationabilitatis quaedam differentia est ratione

utt', sed sub rationabilitate positus est homa.

47) Sentcnl. l, 2, p. 620b.: Malaria ex qua coetum terraque formale est,

ideo informis vocata esl, quia nondum ea formula cranl, quae formari reslahanl,

verum ipso materia ex nihilo facta erat (p'. 621a.:) Neu es: hoc substantiam

habcre credendae mul ffnt'brltt'. quia dicit damiuux per prophrtam nego dominus far

muns lucem et creans lenehrus“, seil quia angelica tlnlura, quae mm est prawa

rirala, tur dict'lur, illa autem quae prarvan'cala (sl, lenclirarum nomine nuncupalur.

48) Egt'nlt. m ('ar. M. c. 25.: habuit in ceteris disciplinis prat'rrplorem Albi— .

uum cognomcnto Alcuinum .. apud quem et rltetbricae cl diatecticae ediscen

dae plurimum et temporis et laboris mipcndil, SUIU, Arm. d. yesl. Car. M. V, v.

aas f. bei Parts, Mouum. I, p. 271.: Artis r/tclon'rae seu rui diaiectica nomen, sump

sil ab Alcuini dogmalc notitiam

49) Alcuin? Opp. cd, Frobeu. natis-lu 1777. foI. Il, p. 332. u. Dialecl. 1,

ebend. p. aai 4 <

50) Z. B. Epist. 38. (l. p. 53.), Episl. ea (p. 94.), Eptst. 141. (p. 202.).

Gramm. (ll. p. 268.): Sapientia tiberaiium litterarum septem columnis ronfirmalur,

"er aliter ad perfectam quemlibet deducit scicntiam, nisi lus septem columnis cel

etiam gradibus ez‘allelur.

51) D./ide trin. l, 15. (l. p. 713.) u. Epist. dedic. (p. 704.), Ouacsl. d. lrin.

(l, p. 740.), Epist. 122. (l, p. 177.), Episl. 221. (p. 285

52) Von Frohenius in d. prael. ll, p. 263 f.

XIII. Alcuiuus. 15

eum mit einem metrischen Prologeöa), welcher in Auffassung der

Kategorien den Standpunkt des Boethius (s. ebend. Anm. 84) enthält.

Das compendium der Dialektik selbst, welches ebenfalls einen der

gleichen (unbedeutenden) Prolog an der Spitze trägt, ist in Dialogform

geschrieben, so dass Karl d. Gr. immer die Fragen stellt, Alcuinus aber

sie beantwortet. Im Anfange ist hiebei Alles, auch die Theilung der

Logik in Rhetorik und Dialektik, wörtlich aus lsidorus (oben Anm. 27)

genommen, auf den eigentlichen Inhalt aber wird mit einer höchst

schulmässigen Eintheilung der Dialektik in „fünf Arten“ übergegangen“).

Der erste Abschnitt, natürlich die Isagoge, ist wörtlich aus Isidor aus

geschrieben (mit Weglassung der Stellen in ob. Anm. 29 u. 30), auch

jener Eine Deispielsatz (Anm. 31) fehlt nicht“). Die hierauf folgende

ausführliche Angabe der Kategorien 56) ist vollständig aus dem pseudo

augustinischen compendium mil barbarischer Schreibung der dortigen

griechischen Worte excerpirt (s. Ahschn. XII, Anm. 50); das Einzige,

was neu binzukömmt, ist, dass hier nun auch für die Kategorien Ein

Satz als Beispiel gebildet wird“). Wenn aber bei Pseudo-Augustin

(c. 18) nach der zehnten Kategorie (haben) die übliche Besprechung

der Gegensätze folgt, so verschmäht hiefür Alcuin diese Quelle, indem

er unter der Ueberschrift „De contrariis vel oppositis“ nun wörtlich

den betreffenden Abschnitt aus lsidorus (oben Anm. 41) ausschreibt“);

unmittelbar darauf aber springt er für die sog. Poslprüdicamente (pries

und simu!) wieder auf l’s‚-Augustin zurück, lasst aber das dortige Cap.

21 (die immutatio) ganz hinweg 59). Sodann folgt unter der Ueber

schrift „De argumentis“ zunächst ein höchst kurzer Auszug aus jenem

Excerpte der Lehre vom Urtheile, welches Boethius seiner Schrift d.

cli/f top. (s. Abschn. XII, Anm. 80 u. 165) einverleibt hatte“), und

53) Derselbe lautet (II, p. 334.): continet iste decem naturae verba libellus,

quae iam verba tenent rerum ratione stupendalolnnel quod in nostrum poterit de

currere sensum Oui legit,» ingenium veterum mirabile laudet Atque suum stuch

tali exercere labore Examens titulis vitae data tempora honestis. ”um: Augustino

placuit transferre magistro De veterum gazis graecorum clare latiual Ouem tibi nur,

magnus sophiue sectator amator, Munere qui tali gaudea, modo mitto legendum

54) C. 1, p. 336.: K. Quo! sunt species dialecticue? A. Quinque principales:

isegngc, categon'ae, syllogismorum formulac, dif/initimics‚ Inpica, periermcnicc. Al

lerdings‘ eine monströse Anordnung,- ‚welche noch dazu mit der Fünfzahl schlecht

stimmt; doch s. unten Alm. 64. k

55) C, 2, welches mit den “'ol‘len (p. 337.) schlicsst: haec commeritario ser

mone de isagogis Porphyrii dictu suffitiunl, nunc ordo postulat ad Aristotclis cate

gorias nos transirc.

56) C. 3—10, p. 337—342. .

57) C. 10, p. 342.: K. Ea: his omnibus decem praedicanientis unam mihi cnn

iunge orationem A. Plena enim oratio de his ita coniungi potesl.‘ „Augustinus

magnus oratorl littus illius, stans in templo hodie infulatus dixputando fatiyalur.“

sep G. 11, p. 343. Nur in den Beispielen sind die Eigennamen oder der In

halt derselben in das moral-theologische Gebiet umgesetzt.

sen Ebend. Weder am Anfange noch am Schlusse dieser Postprüdicamente ist

irgend ein Uebergang gemacht, der sie an das Vorhergehende oder das Nachfol

gende anknüpfte.

60) C. 12, p. 344. Nach der Bestimmung, was argumentum (rei dubiac affir

man'o) und was oratio (verum aut falsum significcns) sei, folgt die übliche Notiz

(s. Abschn. XII, Anm. 111.) über es! und non est, sowie über die casus obliqui

te XIII. Alcuinus.

hierauf, insoferne ja ebendort auch von der Argumentation die Rede ist,

eine armselige Auswahl einiger Beispiele von hypothetischen Schlüssen,

welche Boethius dort entwickelt; hieran aber reihen sich noch die vier

ersten Modi der kategorischen Schlüsse an, welche aus lsidor (ob. Anm.

38) entnommen sind“). Die Lehre von der Definition, welche wieder

gänzlich auf Boethius beruht, zerfällt in eine Erörterung de modis dif

finitionum, wobei nur das Motiv des Herabsteigens vom Allgemeinsten

zum proprium (s. Abschn. XII, Anm. 105) angegeben und an dem Bei

spiele homo erläutert wird 62), und in eine Aufzählung de speciebus

diffinitionum. woselbst an die Bemerkung, dass es eigentlich fünfzehn

Arten seien, unter denselben aber einige rhetorische und einige dialek

tische sich finden (s. ebend. Anm. 107), eine durchaus bodenlose und

widersionige Hervorhebung von acht Arten angeknüpft wird“). Aber

die Lehre von der Definition soll doch wieder, wie bei lsidorus (oben

Anm. 39), hauptsächlich nur zur 'l‘opik gehören 6‘), und es folgt hiemit

die Aufzählung der Topen, welche sonach auch ebendorther mit Weg

lassung der extrinsecus vorkommenden entnommen ist, aber durch Boe

thianische oder durch biblische Beispiele erläutert wird 65’). Endlich

der abenteuerlich naclibinkende Abschnitt „De Periliermeniisu (s. oben

Anm. 33), — denn einige Trümmer der Lehre vom Urtheile waren ja

schon oben gelegentlich der Argumentation dagewesen —‚ ist gleich

falls dem lsidorus entlehnt und enthält somit zunächst auch die oben

(sie tindet sich auch in.Alc.'s Gramm. ll, p. 271.). hierauf die Viertbeilung der,

Urtheile bezüglich der Quantität (s. ebend. Anm. 124.), dann die Unterscheidung

in kategorische und hypothetische, bei deren ersteren die Begriffe subiectum prac

dicatum, maior, minor (s. ehend.) angegeben werden, woran sich noch die Um—

kehrhsrkeit des das pvaprium enthaltenden Urtheiles anreiht fai-quales aequatitcr

circamverli possunt1 s. ebend. Anm. 129.).

61) Ebend. p. 345. Den Uebergaug biezu bilden die Worte: Ouomodo quae

tib'et res his argumentis (l) confirmat-i polest aul destrai? Die Beispiele der hypo

thotiscben Schlüsse beziehen sich nur auf die zwei Modi Si A est, B est, A vero

est, und Si A est, B esll B vero non est. Nach den vier kategorischen Modi stehen

die Wortet Horam enim syttogismarum multae sunt specics, se'd haec ad praesens

sufficiunt ad cognoscendum aniacrsales et particulares conclusiones iu affirmando et

negando.

62) (1.13, p. 345.: I’rimnm per immensum tendi oportet incipientpm a__qenere,

dehinc paulatim currcndo per partes dcventre debet ad id‚ in quo solum est i'd,

quod- diffinilnm est; ut hi qui signa [ormant primo immlnsam sibi deligunl lapi

dem, - dehinr pauttatim minucndo et abscindrndo super/lua ad formandas vultus el

membra perveniunt. Die Begriffsbestimmung der Definition selbst (aralio brevis

rem ab aliis rebus divisum propria significatioae concludersz findet sich ebenfalls

Gramm. p. 271. i

63) C. 14, p. 346.: K. Ouot species sunt dif/iniliouumP A. Oaindecim; sed

aliae ex Iris ad dialecticos pertinent, aliae ad rhetores. K. illas maxime velim

audire, quae magis ad diatcrtiros pcrtinent. Hierauf nun werden aus jenen des

Boethius folgende acht mit biblischen Beispielen vorgeführt: principalisl quae sub

stantiam demonstrat . . . . .., a notitiu, quae rem aliquam per actum significat ....,

qualitatiua .., per di/ferentiam ., per prtaantiam .. ‚.., per indigentiam pleni

.., per laudem . . . . , iuxta rationem.

64) Ebend: K. cui enim parti dialeclicnc artis hac di/finitiones maxime ian

genduc sunt? A. Topicts. Hiernach bliebe freilich trotz der sechs Abschnitte doch

obige Fünfthcilung (Anm. 54.) gültig.

65) C. I5, p. 346—350.

Xlll. Fredegisus. 17

(Anm. 35) betonten Momente über Spmche und Denken 68); aber die

darauf folgenden Angaben über nomen, verbum und oratio sind aus Boe

thius (die betreffenden Stellen desselben s. Abschn. XII, Anm. 110)

sehr bereichert und erweitert“), und so wird bei Einlheilun der

oratio die enuntiativa scharf von den übrigen Arten getrennt (s. e end.

Anm. 111), ja die letzteren sogar der Grammatik zugewiesen“), die

selben aber doch ebenfalls mit Beispielen aus Boethius angeführt, und

zuletzt noch auf das Kürzeste affirmatioy negotio und contradictio aus

lsidor (ob. Anm. 34) herübergenommen 69).

Abgesehen von dieser Compilation der Dialektik selbst haben wir

noch zu erwähnen, dass Alcuin auch in der Rhetorik nicht bloss

obige (Anm. 43) Stelle über lndurtion und Argumentation aus lsidorus

benützt“), sondern auch in ein paar Beispielen das Gebiet der so

phistischen Fehlschlüsse berührt“), wobei ihm Gellius als Quelle diente.

Zeigen ‚uns diese beiden bisher betrachteten Compendien lediglich

die Form von Flickwerken, bei deren Abfassung nicht eimnal mehr das

abstract logische Bedürfniss einer irgend zusammenhängenden Reihen—

folge mitwirkte, so erblicken wir allerdings im Vergleiche mit solchen

Schulproducten schon einen Fortschritt darin, wenn der Eine oder An

dere durch das traditionell gewordene Material wenigstens zu Fragen

sich aufgefordert fühlt, welche er so oder so zu beantworten versucht;

aber hohe Ansprüche dürfen wir an dergleichen erste Versuche nicht

machen. Und nur einen Beleg für die völligste Unklarheit in jenen

Fragen, welche bald hernach zu einer Parteispaltnng führten, gibt uns

die Art und Weise, wie Fredegisus, ein Schüler Alcuin’s (gest. 834

als Abt in St. Martin zu ’I‘ours), in einer an die Theologen am Hofe

Karls d. Gr. gerichteten Epistota de nihilo et umbris 72) sich mit den

Begriffen „Nichts“ und „Finsterniss“ herumschlägt, welche er nach der

üblichen Weise sowohl ratione (d. h. logisch) als auch auctoritate (d. h.

66) C. 16, p. 350. Jener Ausspruch über Aristoteles (ob. Anm. 34.) kommt

bei Alc. Epist. 35 (l, p. 47.) sogar als proot'rbium wieder vor. Das Verhältniss

aber zwischen res, intellectus und vor drückt Alc. ausserdem Gramm. (ll, p. 268.)

auch so aus: Trio saut, quibus onmis collocutio disputatioque perficitur, res1 in

tcltectus, voces; res sunt, quae animi ratione porcipimusg inlellcctusi quibus res

ipsas addiscimus; voct's, quibus rcs intelli-ctas pro/erinms. Vgl. Epist. 123. (l, p.

1.79.): verba enim, quibus loquimury nihil aliud sunt nisi signa earum rerum, quas

mente concipit/lug quibus ad cognitionem aliorum venire vulumus.

. 67) Ebend. p. 350 f. Namentlich findet sich hier auch wieder die Erwah

nung erdicbteter Begriffe, z. B. Inrcocervus, quod graece lrugeluphus dicitut

68) Ehend. p. 351.: K. Nur/t et illue aliae species quatuor (d. b. interrogatiw,

imperative, llcprecativay t‘ocativa) ud_dialecticos pertinent? A. Non pertinent ad dia

lecticns, sed ad gramntaticos.

69) Ebend. p. 352.

70) D. Rhel. et Virt. (II, p. 324.).

71) Ebend. p. 326.: Si dicis „non idem ego et ta, et ego homo“, consequens

ext, ut tu homo non sis Sed quot syllabas habet hunio? Duos. Nunquid tu

duae illae syllabae es? Nt'quaquam. Sed quantum isla? Ut sop/zisticum intelligas

versulium. Vgl. Abschn. Vlll, Anm. 66.

72) Gedruckt b. Steplt. Baluzii Miscell. ed. Dom. Mansi. Lucae. non fol. II,

p. 56 b.—5S a. Die Eingangsworte lauten: omnibus fidelibus et domini nostri sc

renissimt' principis Karoli in sacro eius Polutio consislenlibus Frcdegysus Diaronus.

PMMLa Gesch. ll. g

W-..w h.._„-W.vb_.a‚—\» -\_ „\._.__ *\41_'.__c‚ si- ‚A.

18 Xlll. Fredegisus.

orthodox theologisch) besprechen will 73). Die Veranlassung zur gan

zen Erörterung überhaupt liegt sicher in obiger (Anm. 47) Stelle des

lsidorus 74), die Auffassungsweise aber ist abgesehen vom allgemeinen

theologischen Standpunkte in logischer Beziehung so plump oder so

naiv, dass wir in der Thal keine Worlbezeichnung für dieselbe finden;

denn wo von einer Erwägung über die sog. Universalien auch nicht die

geringste Spur sich zeigt, können wir unmöglich von Realismus oder

von Nominalismus sprechen. Kurz die Sache ist so monströs, dass wir

sie nicht einmal als eine Vorstufe späterer Ansichten bezeichnen kon

nen. Es wird nemlich nicht bloss mit dürren Worten gesagt, dass wir

mit dem Spracbausdrucke unmittelbar die Sache verstehen, sondern es

wird auch Bezeichnung und Existenz selbst sofort als identisch genom—

men 75), wornach das existirende Nichts wie bei lsidorus eine An—

knüpfung an die mosaische Genesis findet“); ebenso verfährt Fredegisus

betreffs der Finsterniss, kötnmt aber hiebei durch den gleichen Gedan

kengang, indem er sich auf das Verbum esse in einem biblischen Satze

stützt, zu einer von lsidor abweichenden Ansicht"). Höchstens liesse

tsx .

73) Es ist doch merkwürdig, welch interessanten Mann Heinr. Bitter, Gescb.

d. Phil. Vll, p. 187. aus diesem Fredegisus zu machen weiss, von welchem er sagt,

dass er „zu einem tieferen philosophischen Nachdenken geneigt in der Wissen

schaft eigene Wege zu geben versuchte.“ Nachdem nemlich hierauf Ritter selbst

angeführt, dass Fred. im Streite gegen Agobardus den alleraussersten Auctoritats

glauben vertheidigle, heisst es weiter (p. 188.): „Aber diess zeugt nur von seinem

grübelnden Geiste, keineswegs davon, dass er die Vernunft gänzlich der Auctoritflt

unterwerfen wollte; vielmehr erklarte er sich entschieden dafür, dass jede Aucto—

ritat nur durch die Vernunft ibrc Aurtoritat habe.“ Als 'Beleg für diese Phrase,

nach welcher wir in dem hyperorthodoxen Fred. zugleich wenigstens” einen Vor

läufer Spinoza’s und Lessing’s zu verehren hatten, führt llitter eben die auch uns

interessirendcn Worte aus genannter epistola an, welche bei Baluze allerdings fol

gendermassen lauten (p. 57 a.): huic responsioni otmiandunt es! primum ratione, in

quantam hominis ratio patttur, deinde auctoritatcæ non qualibetl sed ratione dum

taecatv quae sata auctoritas cst solaquc inmiobitcm obtinet finnilalcm. Also Bitter

muthet seinen Lesern deri Unsinn zu, Fred. wolle erstens rationc, und zweitens

auctoritatei aber letzteres eben doch wieder nur ralione, verfahren. Aber hune

Ritter nur nicht allzu flüchtig gelesen, so hätte er aus mehreren weiter unten fol

genden Worten (p. 57 a.: ad divinam auctoritatem recarrere libet1 quae est rationis

munimen et stabile firmamentunu p. 57 b.: cccc invicta auctoritas ratione comitata

et ratio quoque auctoiitatem con/ossa faciamus palam pauca divina testimonia

odyreganh's. p. 58 a.: haec pauca ratione simul et auctoritate congesta scribere

curat-ij sehen müssen, dass ratio und auctoritas auch hier den tausendfaltig vom

kommenden theologischen Dual rcpräisentiren, kurz, dass in obiger Stelle anstatt

des zweiten „ratione“ natürlich ‚.rcrelalione“ zu lesen ist. i —

74) Demnach verspüren wir auch in dieser Hinsicht Nichts von „tieferem

philosophischen Nachdenken“ oder von „eigenen Wegen“ des Fredegisus. Vgl.

oben Anm. 44. u

75) p. 57 a.: omne nomen finilum aliquid siyni/icaty ut homo, lapis‚ lignum;

haec enim ubi dicta fuerinll simul res quas signi/ftani intelligimus igitur „m'

In'l“ ad id quod significat refcrtnr...... onmis siynilicatio eius significatio (die

letzteren zwei Worte fehlen im Texte) es!‚ quod est,‘ „nihi!“ auti-ni aliquid signi

fical; igitur „nihi!“ eius siynihcatio est. quod esty id est rei existentts.

76) Ebend.: universa ecclesia coafilelur divinam potentiam operatam esse

et nihilo terram aquam nam et ignem etc. ......si ergo haec humana ratione

comprehenderc nequimus, quomodo ubliuebimus, quantum qualeve sit illudy unde ori

ginem ycnusque ducunt ' _ h

77) Ebend.: oni dicit tenebras esse, rem constituendo ponill ....nam verbum

XIII. Rrabanus Maurus. 19

sich hervorheben, dass Fredegisns einen Rückhalt an dem, theologischen

Begriffe des „Wortes Gottes“ besitzt (s. Anm. l2'2l'.). 'Uebrigens vergl.

über jene beiden Begriffe auch unten Anm. 133 II'.

An den Namen des Hrabanus Maurus (geb. 776, gest. 856)

wurden allerdings in neuester Zeit Producte geknüpft, deren Eines von

den bisher betrachteten sehr abweicht. Es sind diess glossirende Com

mentare, deren Besprechung jedoch jedenfalls erst weiter unten mög

lich ist; nemlich selbst Wenn es aus inneren Gründen für wahrschein

lich gehalten werden könnte, dass wirklich Hrabanus sie verfasst habe,

so müsste ihnen dennoch hehufs einer richtigen Deurtheilung ihre Stelle

erst bei der Darstellung jener Bewegung angewiesen werden, welche

durch die Anschauungsweise des Scotus Erigena hervorgerufen wurde.

Somit schien es, da die Identität des Autors sich als sehr zweifelhaft

erweist, räthlicher zu sein, dass wir das Wenige, was sicher dem tira

banus angehört und zugleich den bisher erwähnten Schriften verwandt

ist, gleich hier in Kürze vorführen, hingegen jene neuerdings gefundenen

logischen Traetate erst 'nach der Besprechung des Scotus einreihen

(Anm. 1914 III). Zunächst demnach gehört aus den schon längst be

kannten Werken des Hrabanus 78) ein Abschnitt der unter dem Titel

„De universou verfassten Eucyclopädie hieher, in welchem mit der

Ueberschrift „De philosophis“ 'die Eintheilung der Wissenschaften nltd

der Philosophie aus Alcuin (ob. Anm. ‘54, d. h. eigentlich aus Isidor,

s. Anm. 27) wiederholt und somit auch ausdrücklich gesagt wird, dass

die Logik sich in Dialektik und Rhetorik spalte 79). Sodann aber köunnt

Rrahanus auch in der Schrift De institutione clen‘corum auf die sieben

freien Künste zu sprechen, und nachdem er dort schon im Allgemei

nen die Theologen vor Missbrauch der Disputirkunst gewarnt hat so)‚

ist diese Vorsicht ihm auch da das Ueberwiegende, wo er in der üb

lichen Reihenfolge (nach Grammatik und Rhetorik) nnn de Dialectica

selbst spricht; er wiederholt nemlich vorerst die. Definition der Dialek

tik, welche von lsidor und Alcuin her die übliche war, und knüpft

daran allerdings den Ausspruch Augustins, dass die Dialektik zu wissen

wisse 8'), aber er will die Uebung derselben nur auf den Kampf gegen

substantiae (d. h. vesti-tj hoc habet in natura, ut cuicunque subiecto fuerit iunctum

sine negationel eiusdem derlaret substantiamg igitur in eo quod dictum est „leneln'ae

erant super faciem abyssi“, res constituta est, quam ab esse nulla negotio separat

aut diridiL Hierauf folgt noch eine Menge von Bibelstellen, in welchen von der

Finsterniss die Rede ist, wobei natürlich die bekannte greifbare ägyptische Finster

niss diesem Realismus als der willkommenste Beleg sich darbietet (solcher Art ist

also die gepriesene „Vernunft-Auctoritüt“ des Fredegisus).

78) Hrahani Mauri Opp. ed. Colvencr. Cola”. 1627. fol. 6 Bände.

79) D. univers. XV, l. (l, p. 201.): Logica autem dividitur in duas spesies,

hoc est diatreticarn et rhetoricam.

80) D. instit. eten III, I7. (VI, p. 40.): Sed disputationis disciplina ad ont

nia genera quaestionum quae in litteris sanctis sunt penetranda et dissoluendav plw

rimum valet; tantum ibi cavenda est libido rizzandi et pueritis quaedam ostensio

decipiendi adversarium

81) Ebend. c. 20. (p. 42.): bialectica est disciplina rationalis quaerendiy dif

finiendi et disserendi ,_ etiam vera a falsis discernendi polens; haec ergo disciplina

disciplinarum est, haec docet docere scit scire sola et scientes facere non so

lum im“, sed etiam potent. S. Abscbn. XII, Anm. 18.

2!

20 Xlll. Scotus Erigena.

die Häretiker beschränkt wissen, und fügt darum sofort‘gleiehsam zur

Warnung obiges Beispiel eines sophistischen Schlusses aus Alcuin (Anm.

71) an S2), worauf noch an einer neutestamentlichen Stelle die Möglich

keit gezeigt wird, dass unwahre Sätze m eine wahre Verbindung kom

men, und dann sogleich der die Dialektik betreffende Abschnitt abge

schlossen wird, um auf die nüchstfolgende Kunst (die Mathematik)

überzugehen 83). . - m

Wahrscheinlich im '9. Jahrhunderte war nun wohl auch eine theo

logische Schrift, nemlich Pseudo-Boethius De Trinitate, entstan

den, welche im lnteresse der Dogmatik auf einzelne Momente der Logik

einlässlicher eingeht; indem wir jedoch uns vorbehalten müssen, das

Nöthige über dieselbe erst bei jener Zeit anzugeben, in welcher man

sie hervorzog und in eine nähere Verbindung mit logischen controver

sen zu bringen begann (folg. Abschn.‚ Anm. 35111), wenden wir uns

zu dem hervorragendsten philosophischen Schriftsteller des früheren

Mittelalters. ‘55

Welch bedeutenden Einfluss Johannes Scotus Erigeua Geb.

zwischen 800 und 815, gest. zwischen sn u. 875) im Allgemeinen

auf die Theologie seiner Zeit und der nächstfolgenden Jahrhunderte

ausgeübt habe, ist bekannt”); vielleicht aber gelingt es uns, wofern

wir diesen schwierigen Schriftsteller richtig verstanden haben sollten,

ihm auch für die Geschichte der Logik eine entscheidende Stelle zuzu

82) Ebend.: Quaproplcr oportet clericos hanc artem ut subtiliter haereticorum versutiam hac possint dignosccrc enoorbuimlqiusesimdaicmtascivreeneticu

tis syllogismorum conclusionibus confutare. Sunt enim multa quae appellantur so

phixmata . proposuit enim quidam dicens ei cum quo loquebatur „quer! ego sonu

tu non es“ etc. .

83) Ebend.: Sunt etiam verae conneziones ratiocinationis falsas habentes sen

tentias non enim vera infcrebat apostolus (Paul. ad Cor. l, 15, 14—17.) cum

diceret nneque christus resurrexil“ et illa alia „inum's est fides noslmj, inanis est

et praedicatio nostra"; quae onmino falsa sunt . . . . .. falsum est ergo quod prae

ecdit, praecedit autem non esse resurrectionem mortuorum . Cum ergo verae siut

connezioues non solum vcrarum sed etiam falsarum sententiarumy facile est verita

tem connezionum etiam in scholis illis discere, quae praeter ecclesiam sunt, senteu

tiarum autem veritates in sanctis libris ecclesiasticis investigandae sunt. Ueber

haupt ja theilt Hrabanus jenen Standpunkt seiner Zeit, wornach die heidnische

Litteralur an sich als verwerflich gilt (d. instiL cler. lll, 20) und auch die sieben

freien Künste im Vergleiche mit der „bescheidenen Bildung“ des Klerikers weit

zurückstehen. conmian in Ecclesiast. Vlll. 11. (Vol. lll, p. 484.): Septcm ergo

circumspectorcs philosophiae liberalium artium sunt tratlitorcsl sati magis vera esse

in omnibus claret catholici viri modesta doctrinal quae in divinis libris consistit.

quam omnis philosophorum multiplex in dis-putando et in argumentanda solet-tta

84) Es haben ja selbst lheologiäche Controversen, welche sich an Scolus

anknüpfen. uns aber hier nicht.berühreu, ihren starken Reflex auch in der neueren

Litteratur gefunden, indem gegen Fr. Ant. Staudenmaier (Joh. Scotus Erig. u. d.

Wissenschaft s. Zeit, l. Th. Frankf. 1834.) und Saint-ltene Taillandier (Scol Eri

gene et la'pliilos. scolaslique. Strasb. 1843.) Nie. Müller (J. Scot. Erig. u. s. lrr

lhunier. Mainz 1844.) auftrat. Uehrigens ist auch in der jüngst erschienenen

Schrift von Theod. Christlieb (Leben u. Lehre d. Joh. Scotus Erig. Gotha 1560),

welcher in den abenteuerlichsten Gedankensprüngen den Scotus mit Spinoza,

Fichte. Schelling. Hegel u. s. w. in Verbindung bringt, die logische Seite des Scoe

tus kaum mit etlichen Worten berührt. — tm Folgenden citire ich nach der Aus

gabe von H. J. Floss (Pur. 1853,_ als 122. Band der Miyne’schen Patrologia).

Xlll. Scotus Erigena. v 21

weisen; denn es scheint bezüglich des logischen Standpunktes, auf wel

chem sich Scotus befindet, immerhin noch kein erschöpfendes Urtheil

gefällt zu sein, wenn man ihn lediglich als Realismus oder etwa auch

als extravaganten Realismus bezeichnet, sondern mil der realisti

schen Auffassung, welche im Allgemeinen auf der‚biblisch-theologischen

Anschauung beruht, und welche dem Scotus abzusprechen natürlich Nie

mandem in den Sinn kommen kann, verbindet sich hier höchst eigen

thümlich ein dialektiscbes Motiv, welches uns dadurch von grfisstem De

lange zu sein scheint, dass ‚wir in demselben die ersten Umrisse des

seholastischen Nominalismus erblicken.

Das Erste, was sicher jedem Leser des Scotus in die Augen springt,

ist die streng syllogistisehe Form, in welcher dieser Schriftsteller sich

bewegt, dabei zugleich, so zu sagen, seine logischen Schulkenntnisse

zur‚Schau tragend. Wir würden zwar an sich dieses nicht besonders

erwähnen, da unsere Aufgabe hier nicht ist, etwa sfunmtliche logisch

geschulten Schriften aller Kirchenvater oder mittelalterlichen Theologen

zu registriren; hier' jedoch besteht, wie uns dünkt, zwischen s‘olchem

äußerlichen Schulwissen und der inneren Auffassung ein enger Zusam

menhang. Scotus Erigena wendet offenbar in der Ueherzeugung, dass

- die Syllogistili gerade in ihrer streng schulmässigen Form einen „philo

sophisehen“ Werth habe, all dergleichen Dinge an. So erscheint bei

ihm, - abgesehen von der häufigen und reichlichen Erörterung der Ka

tegorien in theologischen: Sinne —‚ z. B. aus der Lehre vom Urtheile

die‘Eintheilung in bejahende und verneineude, und zwar mit der Be

zeichnungiaffirmativus und abdicativus 85), oder die Angabe der ver

schiedenen Arten der Gegensätze Sß), unter welchen der sog. contra

dictorische noch öfters besonders hervorgehoben wird 87), sowie die

85) Was die Kategorien betriflt, bei deren Gelegenheit Scolus einmal (d. di—

vis. nat. l, 51, p. 493.) das 10. Cap. aus Ps.-August. Categ. ausschreibt, s. das

Nothige unten Anm. m ll‘. Bezüglich des Urlheiles s. z. B. d. die. nat. l, 14, p.

462.: Et hoc (d. b. die 350).an zuzaifanxr‘l und '8wloylu durat/anxii des

Pseudo-Dionysius Areopag.) brevi concludamus exemplar uessentia esl“ a/firmatio;

„essentia non es!“ abdicntio; „superesscnliulis es!“ animalia simul et abdicatio.

Diese Terminologie, welche bei Scotns noch ofter erscheint, weist entweder auf

die Vermengung zurück , welche wir bei Cassiodor trafen (Abschn. xm Anm. liii

u. 181.), oder Scotns selbst vermischte die Redeweise _des Boethius mit jener des

Marcianus capella (s. ebend. Anm. 64.). '

86) Ebend. 13, p. ibam oppositum ilico aut per privatirmem aut percon

trarietatem aut per relationcm (dass hier atti per negalionem im Texte ausgefallen

sei, zeigt die sogleich folgende Erklärung) aut per absentiam ‚ . . . .. nam opposita

per relationem ita sibi semper opposita sunt, ut simul et inchoare incipiant et si

mul esse desinant, dum eiusdem naturae sint, ut simplum ad duplumg aut per ne

gationem, ut 0st, non cst; aut per (zu lesen propter) qualilalcs naturali-s per ab

senliam, ut lux atque tcncbrac, aut secundum privationemy ut mors et in'ta; aut

per contrariuml ut sanitas et inilmcillims. Scotus schöpfte hiehei aus der nemli

cben Quelle wie lsidorus (s. oben Anm. 41.), nur entnahm er aus den Worten des -

Boethius ungeschickter Weise eine Unterscheidung zwischen privatia und absentia.

87) D. pracdcst. 5, 8, p. 378.: Aut quomodo de eodem voluntate posset si

mul dici „libera esl‚ libera non esl"; iutcr enim contradictorie dinmlur, quia si

mul lieri non possunt D. divis nat. IV, 5, p. 756.: contrarlictoria proloquia firnt,

et necessario imum erit veruml alterum fclsum; non enim aut simul vero possunt

ein aut simul falsa cantradictoria proloquia de subiecto eudem, sive universaliter

.5

‚su‘

lxxiii-i

m ‘ Xlll. Scotus Erigena.

gegensätzlichen Verhältnisse, welche zwischen dem Möglichen und dem

Unmöglichen bestehen, erwähnt werden 81‘). Auch die übliche Aufzäh

lung der mehreren Arten der Definition findet sich berücksichtigt 89).

Hauptsächlich aber sind es die Formen der Argumentation, welche 'Scn

tus eben nach der formellen Seite so häufig hervorhebtgo), und wir

trefl'en bei ihm an vielen Stellen nicht bloss Syllogismen, welche voll

ständig schulmässig formulirt sind, in den Text verwoben“), sondern

er nennt auch sehr gerne Schlüsse, welche der Topik angehören, mit

ihrem technischen Namen 92). Gerade aber in letzterer Beziehung ist es

uns von gi'osser Wichtigkeit, .dass Scotu's das eigentlich dialektische

Verfahren, d. h. den Syllogismus überhaupt, genau von dem übrigen

hloss rhetorischen Gebiete unterscheidet und für die Beweisführung auf

die logische Form allein das entscheidende Gewicht legt. Nemlich zu

nächst wird von ihm schon Jene Formuliruug des disjunctiven Schlus

ses aufs höchste geschätzt, welche als enthymema von cicero her sich

in der Tradition erhalten hatte und hicdurch auch in lsidor’s Encyclo

pädie Eingang fand (s. oben Anln. 43, und die Wiederholung hieven

bei Alcuin Anm. 70), und es erblickt Scotus in der That in dieser

Schlussform den Höhepunkt aller „argumenta“, welche zwar immerhin

noch an die „signa ooealiau gebunden aeiennala ja die Macht der Form

sint sive particulariten Hier ist, wie man siebt, die Terminologie des Boethins

(oontradielon‘us, s. Abschn. Xll, Anm. 113.) mit jener des Marcianus capella (pro

loquium, s. ebend. Anm. 6‘2.) t'crmischt. (Nach Labllt‘, bibl Msscr. nam p. 45, soll

Scotus den Marc. capella commentirt haben; ausdrücklich erwähnt und benützt

hat er ihn bei der Kosmographic, d. die. naL lll, 33, p. 719.).

88) D. divis. nat. ll, 29, p.597.: Possibilia quoque et impossibilia in numero

rerum computan', nemo recte pbilosophantium contradiret.....be quibus quisquis

plene voluerit perciperel legal nagi Sgpquctug hoc est dcinterprelulione, Aristote

lcm, in qua aut de Iiis sobs, hoc est possibilibus et impossibilibnst aut maxime

a philosopho disputatum est. Es versteht sich von selbst, dass das GanZe aus

boethius entnommen ist (s. Abschn. Xll, Anm. 119.). Qfl'ii‘m -

89) Ebend. l, 41, p. 483.: Quamvisquc multae definitionum species quibusdam

esse aideanturi sola ac aera ipsa dicenda est definitiv, quae a graecis 066101an,

a nostris vero essentialis vocari consuevitg aliae siquidem aut connumerationes in

telligibilium partium violas ant argumentationes quaedam extrinsecus per acciden

tia aut qualis-cunque sententiarum species suntg sola vero aüouu'd‘qg id solum re

eipit ad definiendum, quad perfectionem naturam quam definit, complet ac pcrficit.

Es kann diess aus Alcuin (s. oben Anlr. 6‘211) oder aus lsidor (oben Anm. 38 f.)

oder aus Boethius (Abschn’. Xll, Anm. 105.) geschöpft sein.

90) Ucrartige Stellen bewegen sich in jener Terminologie, welche bei Boe

thius die übliche ist; so z. B. affirmutivus, negativus, lcrmini, dialeclica proposi

tio, formula syllogismi conditionalis. auch connezio (s. Abschn. Xll, Anm. 141.)

und sogar tropus (s. ebend. Anm. 119.); ausserdem finden wir noch collectio und

reflexiv/i, welche dem Apnlejus (s. Abschn. X, Anm. 15. u. 19.) angehören.

91) So z. B. d praedesL 14, 3, p. 410 ; ebend. 16, 4, p. 420. d. die. riet.

l, 49, p. 491. s. auch Anm. 94 11‘. '

92) Z. B. d. div. nat l, 27, p. 474.: sunt loci dialectici a generv, a specie,

a nominey ab uulcccdcnlilms, a consequentibusl a contrariisy ceterique Imiusmodi, de

quibus nunc disserere longum cst. I). pruedcsl. 2, 2. p 3152.: aryumcnlum, quod

ab rfl'ectibus ad causam sumitur (ebenso ebend. 3, 2, p. 3155.). Ebend. 9. 7, p.

sea locus a contrario und locus a .vimililudine, u dgl. öfters. Die Kenntniss

aber all dieser Topcn konnte Scotus lediglich aus Cassiodor schöpfen.

93) I). praedesL 9. 3, p. 391.: lit-stant ca, quae contrarictatis loco suriiunlur,

quibus tanta ris inest significandi, ut quodam privilegio excellentiae suae merito ‘a

XIII. Scotus 'Erigena. ' 23

veranlasst ihn, das Enthymelna sofort als „.syllogismus“ zu bezeichnen”),

und an einer anderen Stelle, wo er ausdrücklich sagt, sich der «ino

- dsmrm'r‘] bedienen zu wollen, folgen lediglich Beweise in eben jener

disjunctiveu Form obli uber zugleich weist er denuoeh den Formen des

so". kategorischen Schlusses entschieden eine noch höhere Stellung eben

deswegen an, weil dieselben nicht zu dem Getriebe der änsserlich

wirksameren rhetorischen Argumentation gehören 96). Dass aber dieses

Uebergewicht der syllngistischen Form auch bald von den Lesern des

Scolus als solches empfunden wurde, ist uns durch ein vollgültiges

Zeugniss bestätigt, indem ein Anonymus des 9. .lahrh. (s. unten Anm.

163) sagt, nach der Ansicht des Scotus bestehe die Dialektik in einem

beständigen Nacheilen und Sichvcrjagen (fuga et insecutio, vgl. unten

Anm. 204) der Sätze”). —- Uebrigens konnte Scolus auch die Kennt

graecis cnthymcmata dicanturl lioc esl concoptiones mcntis sicut ergo argumcn

tornm omnium fortissimum cst illudl quod sumitur a contrario1 ita omnium signo

rum vocalium aptissimum est, quod ducitur ab eodem contrarietatis loco. Ebend.

10, l, p. 393.: Reste! considerare locum. qm', ut praedixtmusj a dialecticis ac rhe

toricis enthymema uocaturl a grammaticis vero xar‘ dyiiqpmhyy et est omnium

argumentorum signorumque vcrbalium nobilissimus. S. auch Anm. 96 am Schluss,

ul vgl. Anm. 189.

94) I). praedesL 3, 3, p. suas Ouae ratio enthymematis argumenta cancludi

lur, quod semper est a contrarioy cuius propositio talis est (nun folgt ein Schluss

nach der Form Non est et A ct B, A autem ext, ergo B non cst1 s. Abschn. VIII.

Anm. 60. u. Abschn. XII, Anm. 13. u. 69.) ldcm quoque syllogismus hoc modo

conncctitur (ebenso).

95) Ebend. 4. 3, p. 371.: llla igitur rationis speciei quae dicitur dnodtmnxih

utamur primum adversus cos . . .., worauf zwei Schlüsse in der so eben erwähnten

Form folgen und sodann mit den siegeshewusslen Worten geendet wird: conclu

sum est igitur..... via igitur regia gradicndum nec ad dexteram ncc ad sinistram

dicericndunh etc.

96) Nemlich bei einer längeren Beweisführung betrefl‘s der Immaterialitat der

Substanz, d. die. nat. l, cv lf.‚ finden wir zunächst (47, p. 489.) nach den einlei

tenden Worten Iias itaque paucos de pluribus dialecticas collectiones considero zwei

kategorische Schlüsse nach dem l. Modus der l. l-‘igur, sodann folgt eine Argu

mentation in dilemmatischer Form (48, p. 490.); nach dieser aber steht folgen

dor Uebergaug (49, p. 49011): Ul autem plane cognoscasl . liane argumcntationix

accipe spccienL Accipiaml sed prius quandam formulam praedictae argumcnlationis

fieri necessarium video; nam praedicta ratiocinatio plus argumentum a contrario vi

detur esse, quam dialectici syllogismi imagu. Fiat igitur maxima propositio Sie:

und nun folgen vier SleOnglDt'll nach dem 2. Modus der l. Figur mit den ab—

schliessendeu Worten: haec formula idonca cstj unmittelbar hierauf aber: Hoc etiam

ccrta diatectica formula imaginari oolog fiat itaque formula syllogismi conditionalis.

was in der Form Si A ext, B 0st, A vero est geschieht; und nach all diesem

steht zum eindringlichen Abschlusse noch ein Enthymi-ma: Si autem lyduyrjya-i

rog, hoc est conceptionis communis animi syllogismunu qui omniam conclusionum

principatum olztinetl quia ex his quae simul esse non possunt assumitury audire dc

siderasy accipe huiusmodi formulam (wie oben Anm. 94.).

97) Bei V. Cousin, Ouvr. inc-d d’Aböl. p. 619.: Sccundum vero ioannem Scot

tum est dyalectica quaedam fuga et insccutiog ut cum quis dicit „onim's honcstus

ext“, et insequitur alius diccndo „omnis honestas non est“, talis haec disputatio

fugae et insccutioni vidotar esse consimilis. Wenn übrigens schon der i. J. S21

gestorbene Abt Benedict von Aniane über einen „syllogisnuis delusionis apud mo

dernos scliolasticas1 maxime apud Scotosu klagt (Baluzi MiscelL cd. Mansi, II, p.

97.), so darf hieraus nicht etwa geschlossen werden, dass Scolus seine dialektische

Gewandtheit aus einem in Schottland weilverbreiteten Schulhetriebe der Logik

— ‘__\ w». r .

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24 XIII. Scotus Erigena.

J

niss der von ihm angewendeten syllogistischen Formen lediglich aus

isidorus (oben Anm. 38) schöpfen, und es nöthigt uns keine einzige

Stelle zu der Annahme, dass er etwa auch des Boelhius Ucbersetzung

der aristotelischen Analytiken gekannt habe 93).

Eben diese Momente aber, welche gleichsam der logischen Praxis

des Scotus angehören, leiten uns auch auf desselben theoretische An

sicht bezüglich der Dialektik hinüber. Im Allgemeinen wohl theilt er

hierin die Anschauungen seiner Zeit, wonach die Uebung der freien

Künste zwar als etwas Lobenswürdiges erscheint”), zugleich aber es

dabei auf die Gesinnung ankömmt, indem namentlich die Dialektik,

welche leicht missbraucht werden könne, ihre wesentliche Aufgabe bei

Bekämpfung der Ketzer finde 100). Aber bei Scotus, welchem ja durch

gängig Religion und Philosophie selbst identisch sindwl), muss eben

deshalb die Logik auch noch etwas Höheres sein, als blosses äusserli

ches Mittel zum Zwecke, kurz sie muss ihm als Form seiner Philoso

phie gelten, und hierin liegt nicht bloss der wesentlichste Vorzug des

'Scotus vor einem lsidor oder Alcuin u. dgl.‚ sondern auch, wie uns

dünkt, die Ursache seines Einflusses, sowie jener Verketzerung, welche

ihn später als einen Hort der Nominalisten traf (s. unten Anm. 3l2f.).

Dass nun die Philosophie des Scotus dennoch auf einem, so zu sagen,

christlichen Platonismus beruhe und zugleich in ganz vernünftiger Weise

auf einen Pantheismus auslaufe, ist theils bekannt, theils ausserbalb

unserer hiesigen Aufgabe gelegen. Aber wie sich hiebei die prim-i

pielle Auffassung der Logik gestalte, müssen wir versuchen in’s Reine

zu bringen mm i

Die Scriptura divina ist es nach dem Standpunkte des Scotus,

„u.

' ruv

habe schöpfen können, sondern jene Klage bezieht sich lediglich auf einen einzel

nen dogmatischen Gegensatz (betreffs der Trioitat), welcher ebenso wie hundert

andere dergleichen in seiner Formulirung als syllogismus bezeichnet werden kann.

98) Da uns dieser Punkt noch öfters (s. Anm. 156, 183, 196, 209. 253, 258,

277, 258, 310, 363.) von Wichtigkeit sein wird, musste ich absichtlich im Bishe

r rigen so ausführlich auf die logischen Quellen des Scotus hinweisen.

99) D. praedest. 18,1, p. 430.: Errorem sacvissimum corum (d. h. seiner dog

matischcn Gegner) es; milium disciplinarum, quas ipsa sapientia suas comilcs

investigatricesque fieri rolmt (vgl. oben Anm. 50.), ignorantia crediderim sumpsisse

primordia An einer anderen Stelle, d. div. nat. I, 27, p. 475, werden sämmtliche

sieben Künste definirt; s. unten Anm. 106. ‚

100) 0. pruedest. 1, 2, p. 358.: disputmidi disciplinae regulis necessario uli

iubemar, dum adversus quendam saphrophilum (zu lesen saprophilosopham], nomine

Gotescalcum (bekanntlich der IIauptgeguer des Scotus) respondere compellimnr.

Ebend. 7, 1, p. 382.: l'atesl enim aliquis in disciplina disputaudi, quae dicitur

dialectica. peritus, quae nullo dubitante a deo homini danatur, si volucrit, bene uli

potest e contrario pemiciosc uti, ad quod non est data, dum falsa pro veris

approbans alios in errorem millal fulsisquc ratiocinationibus simplicium sensus cou

fundat’ etc. (vgl. oben Anm. 80.).

101) Ebend. l, 1, p. 358.: con/icier indel veram esse philosophiert: veram

religionem conversimque veram religionem esse veram philosophiam Bekanntlich

zieht sich diese Auffassung durch das ganze System hindurch.

102) Wenn z. B. II. Ritter, Gescb. d. Phil. VII, p. 222, bei Scotus viele Wi

dersprüche erblickt und meint, „an ein methodisches Ve'l‘fahren sei natürlich hie—

bei nicht mehr zu denken“, so ist diess sehr irrig, denn Alles löst sich, sobald

man nur genauer zusieht.

il

XIII. Scotus - Erigena. 25

welche als ihre vier Theile in aufsteigender Rangfolge, entsprechend

den vier Elementen (Erde, Wasser, Luft', Feuer) in sich die Geschichte,

die Ethik, die Physik, und die Theologie enthält 105‘), und sowie wir

hiebei einerseits uns auch an die Auffassung bei lsidor (ob. Anm. 24)

erinnert fühlen, so müssen wir andrerseits zugestehen, dass für eine

derartige aufwärtssteigende Linie erst mit einer geistigen Erhebung über

das lediglich Factiscbe der Geschichte der Weg zur „Weisheit“ betre

ten werde, sowie dass die feste Form eines solchen Ringens nach

Weisheit sicher für den ganzen Weg, welcher bis zum höchsten Ziele

durchlaufen werden muss, die leitende Führerin sei. Somit ist es uns

sehr wohl verständlich, wenn Scotus anderswo die eigentliche „sophia“

in die praktische, die physikalische, die theologische und die logische

eintheilt, und der letzteren die „Regeln“ zuweist, nach welchen man

sich bei den „Erörterungen“ in jeder der drei anderen Arten der Weis

heit bewegen soll 104). Handelt es sich aber hiemit bei jeder Weis

heit um irgend Kundgebungen, welche in menschlichen Worten bestehen,

so hat die Logik oder — wie sie Scotus übrigens stets nennt — die

Dialektik jedenfalls Eine Seite, nach welcher sie mit dem Wortaus

drucke verflochten ist, während sie andrerseits ihre wesentliche Aufgabe

darin besitzt, dasjenige zu erforschen, was Scotus (in realistischem

Sinne) die „Natur der Dinge“ nennt. Er spricht sich nemlich über die

ses ganze Verhältniss sehr klar und entschieden aus, wenn er sagt,

Grammatik und Rhetorik seien Gliedniassen oder Zweige oder wenig

stens Werkzeuge der Dialektik, durch welche sie ihre Entdeckungen

kundgebe und unter Menschen verwerthe; die Grammatik nemlich ent

halte die Regeln der kundgebenden „vom“ selbst, welche nach Aristo

teles nur auf Gewohnheit beruhe, die Rhetorik hingegen handle entwe

der über specielle Fälle uml Verhältnisse, oder bespreche allgemeine

Gesichtspunkte (loci communes), welche scheu in der Natur der Dinge

liegen, daher im letzteren Falle die Rhetorik bereits die Rolle der Dia

lektik übernehme; somit seien Grammatik und Rhetorik durchaus nicht

principlos, wohl _aher bestehe ein relativer Comparativ in der Stärke

der Beweise, je nachdem dieselben mehr aus-der Natur der Dinge ent

nommen seien, und die höchste Stufe liege dann vor, Wenn die Seele

innerhalb ihrer selbst ohne das Geräusch des Sprechens oder der Rhe

torik über die Technik der übrigen Disciplinen nachdenke '05). Durch

103) Homil. in Ev. 10mm. p. 291.: Divina siquidem scriptura mundus quidam

est intelligibilis. suis quatuor partibus veluti quatuor clementis coustitutus. Guiuji

terra es! veluti in medio imoque instar crnlri his!oria, circa quam aquarum simili

tudine abyssus circum/auditur monitis intelligenliae, quae a yrurcis elliirc solc! ap

pellari,‘ circa quas, historiam dico et ethicaml veluli duas prae/ali mundi iuferiores

parti-si aer ille naturalis scimliae circunwatuiturl quam, naturalem dico scicnh'am,

graeri vocant physicen; extra haec omnia et ultra arthereus ille igncusque ardor

empyrii ceeli, hoc es! superat conlemplationis diuinac naturam quam graeci theolo

gimu nomiuantj circumglobatury ultra quam nullus egreditur iutrtlectus.

10-1) D. div. nal. III, 29, p. 705.: interitus prospiciat quadri/ormcm sophiac

divisionem; et es! quidem prima ngnxrim), adieu, secunda rpualxih naluralis, ter—

tia Schloylre, quae de deo dispulal, quarta loynerj, i'ulianalis, quae ostenditl qui

bus regulis de unaquaque lrium aliarum sophiae partium disputandum

105) Ebend. V, 4, p. 569 f.: Cum ex liberalibus disciplina prae/alas aurata

26 xm Scotus Erigena.

diese deutliche Erklärung können wir jetzt den Inhalt obiger Anm.

92—96 vollständig verstehen, denn nun wissen wir, warum bei Scotus

die loci communes der Topik eine Bedeutung erhalten (s. auch unten

Anm. 132), und warum der im Enthymema liegende locus des Gegen

satzes, welcher ja innigst in die „Natur der Dinge“ verflochten ist (man

denke auch an die affirmative und negative Theologie des Pseudo-Dio

nysius, welche Scotus adoptirte), vor Allem als der wichtigste und

stärkste bezeichnet werde, und warum endlich dennoch über das enthy

mema hinaus an Reinheit des Gedankens der eigentliche Syllngismus_

hervorrage, welcher von allem rednerischen Gepränge frei ist. Kurz

die Dialektik hat bei Scotus eine Stellung, gemass deren sie unweiger

lich auf die äussere Kundgebung (vom) und auf die menschlich gefass

ten Gemeinbegrifl‘e (conceptus communes) eingehen muss, zugleich aber

aus diesem Gebiete zum höchsten rein_en Wissen führen soll, und wenn

Scotus die Dialektik als „die Erforscherin der vernünftigen Gemeinhe

grifl‘e“ definirt‘°“)‚ so fasst er hiemit nach seiner Grundansicht in

Kürze eben jene zwei Seiten zusammen, nemlich einerseits die Ver

wandtschaft der Logik mit der Rhetorik, welche die Technik der in

Worten auftretenden Erörterungen istic-m und andrerseits das hohe

Ziel, zu welchem die in den Worten ausgesprochene Vernunft geführt

Pins

ris argumentatimzes, cur grammaticum et rhetoricam praetcrmiseris, non satis video

Primum quidem quia ipsae duae artes veluti quaedam membra dialecticae

multis philosophis non incongrue ezislimanturg deinde brcuitalis causa. Postremo

quod non de rerum natura tra-clarc videnturi sed vel de mgulis humanae vocisl

quam non secundum naturam sed secundum consuetudinem loqui-ntiam subsisterc

Aristoteles cum suis sectatoribus upprobat (aus Boethius, s. Ahschn. Xll, Anm. 110.),

vel de causis atque personis specialibusy quod longe a natura rerum distatg nam

dum rhetorica de communibus locis ‚ qui ad naturam rerum pertinsntl tractare niti

lur, non suas sed dialcclicac arripit partes. Hoc autem dit-ol non quod omnino

grammatica et rhetorica suis veluti principiis caruerinl, . . . . .. sed quod calidior-is

vigoris siut ad approbandas vel ncgandas quaesliones, quae dr rerum incertarum

inquisitionibus fiunty argumenta ex natura rerum sumptul quam u: humanis incen

tionilms excogitata .. Cur itaque in numero libcralium disciplinarum computantun

si secundum naturam non siml, sed secundum humana machinamcutui Non aliam

ob causam uideo prarler quod matri artiuml quae est dialecticul semper adhaereanlg

sunt enim veluti quaedam ipsius brachia rivulivc ex ea manantcs vel certe instm

mentay quibus suas intelligibiles inventioncs humanis uitibus manifestat Potcst

enim rationabilis anima intra semctipsum de liberalibus disciplinis tractare absque

vocis articulatae disertacquc orationis strepitu (Bei Haure'an. De ta phil. scol. l,

p. 118f. findet sich bezüglich dieser Stelle ein schlimmes Missverständniss).

tom Ebend. l, 27, p. 475. (woselbst alle sieben Künste defiuirt werden):

grammatica est articulatac vocis custos ct modcratriz disciplina. lita-lorica est fini

tae causae septem periochis (nemlich persona, materiav occasionc. qualitatcj locol

temporey facultatej sagax ct copiosa dim'plina. Dmleclica cst communiam animi

conccptionum rationabilium diligens investigatrizqua disciplina. Die Bezeichnung

conceptio animi weist auf Boethius zurück, s. Abschn. Xll, Anm. 110.

107) D. praedesl. 1, 3, p. 358.: non incongrue regulis disputatoriae artis (s.

Anm. 112) utemur; cum cnim per artem rhetoricam et vera suadeantur et ['aLru,’

quis audeat diccre, adversus mandacium in dcfensoribus suis inci-mam debere con

sistere oerilutem. Uebrigens erklärt sich nun auch, sowohl dass (Anm. 92) das

Enthymemn allen drei Disciplioen, nemlich der Grammatik, der Rhetorik und

der Dialektik, zugewiesen wird, als auch warum bei eben jener Schlussform stets

von conceptio mentis (ebend.) oder cottccptio communis animi (Anm. 96. n. 105.)

die Rede sei. si

Xlll. Scotus Erigena. m

werden soll. — So also ist die logische Praxis bei Scotus im Einklangc

mit der theoretischen Auffassung.

Ergibt sich uns aber schon aus dem Bisherigen als Resultat das

anscheinend Widerspruchsvolle, dass Scotus, der; Platouiker und Anhän

ger des Pseudo-Dionysius, zugleich die Veranlassung zum Hervortreten ‘

einer nominalistischen Partei darbieten konnte, so scheinen die Belege

für diese eigenthümlichc Thatsache auch noch anderweitig sich zu ver

mehren. Was nemlich die nähere Darlegung der Aufgabe der Dialektik

bei Scotus betrill't, so linden wir allerdings zunächst durchgängig den

platonischen Doppelweg (s. Abschn. lll, Anm. 68) verquickt mit dem

Schul-Mechanismus der Tabula logica des Porphyrius oder Boethins (s.

Abschn. XI, Anm. 60 u. Abschn. Xll, Anm. 87 u. 9611.). Er bedient

sich hiel‘ür der Ausdrücke Ötmgsnm) (oder auch picto-uda und uin/alv

mnf ‘08), und sowie ihm sowohl in logischem als auch in ontologi

scliem Sinne erstere als das Herabsteigen vom Allgemeinen zum Indivi

duum gilt, so versteht er ebenso unter letzterer jenen Rückgang des

Individuellen, durch welchen es von seiner specielleu Gestaltung (forma)

befreit wird und zuletzt in die höchste Einheit (d. h. in Gott oder das

All) als aufgelöstes zurückkehrt 109); auch theilt er diesen Doppelweg

noch einmal zweigliedrig, indem er in einem quadrioium der Dialektik

von der dtougeum‘; zur dowum) gelangen und von da durch die davo

dsmum) erst zur dualvum‘g sich erheben will H1’), wobei wir sofort

M

108) D. hierarrh. coel. Die". 7, 2, p. 184.: nunc quippel partes sunt dialecti

cae disciplinam quarum una dimgenxil, altera drall/11m) nuncupntur. E! duu

pnnn‘i quidem divisionis vim possidcl; dividit namque maximarum generum unita

tem a summo usque deorsum, donec ad individaas species perveniat inque iis diui

sionis terminum ponat. Hl'alutnn) vero ex adverso sibi positae partis divisiones

ob individuis sursum versus incipiens perque eosdem gradus bquibus illa deserndil,

ascendens coneolvit et colligit easdemque in unitatem maximarum generum reducitl

ideoque reductiva dicitur scu rediliva. D. die. nat ll, 1, p. 526.: lii/idurth

vero de reditu dicitur dioisionis formarum ad principium eiusdem divisionis; om

nis enim divisio, quae a graecis ycgiaybg dicitur quasi deorsum descendens ab

uno quodam definito ad infinilos numerus videturj hoc est a gcneralissima usque

ad specialissimumg onmis vero recollectio veluti quidam reditus iterum a specialis

simo indicans et usque ad generotissimum ascendens ducti/tuin vocatum est igi

tur reditus et resolutio individuorum in formas, formarum in grneru, generum in

usiasl nsiarum in sapientiam et prudentiaml et quibus onmis divisio oritur in eas—

denique fim'tur.

109) l). hier. coel. Dion. 15, 1, p. 252.: Hvalunm) enim est disciph'na,

quae visibilium imaginum interpretationem in invisibilium intellectuum uniformitatcm

resolvit omni forma earentium ln Bezug auf Gott selbst kann das Herabsteigen

zum Individuum sehr wohl als Auflösung Gottes, sowie die Rückkehr ins Allge

meine als Apotheosc bqeichnet werden, und in solchem Sinne sagt Scotus, Pmef.

ad ambig. Max. p. 1195.: quomodo causa omniqu quae deus ectj una sit simplex

et multiplcx; qualis sit processiol id est multiplieatio divinae bonitatis per omm'a,

quae sunt, a summa usque deorsum . . . . .. et itemm eiusdemy divinae videlicet bos

nitatisj qualis sit reversio, id est congregatio per easdem gradus usque ad simpli

cissimam omnium unitatem . ita ut et deus omnia sit et omnia deas sintg et

quomodo praedicta quidem divina in omnia processio {malt/nur) dieilur, hoc es!

resolutio, renersio vero (Mumm, hoc es! deificntio.

110) D. pracdesl. 1, 1, p. 358.: bis binas partes principales ad omnem quaea

ltionem solvendam necessarios habcre dignoscitur (sc. philosophie), quas graecis pla

cuit nominare Jiulgenxri, damnati dnod‘eixnxri, iiimlunmis easdemque latia

28 XIII. Scotus Erigena.

erkennen müssen, dass für Scotus die Aufgabe der Dialektik, soweit

dieselbe als Technik der Erörterungen zumeist eine formale Seite hat,

hauptsächlich in die beidem mittleren Stufen falle, daher er ihr auch

insbesondere die Function des Definirens zutheilen kann m), denn inso

fern sie delinirtv erfasst sie die Substanz und findet in dieser sich wie

der auf die nach Oben und nach Unten gehende Stufenfolge der Ent

wicklung hingewiesen H2).

Eben aber diese Mittelstellung, in welche die technischen Manipu

lationen der Logik auf solche Weise gerathen, führt wieder zu einer

unverkennbaren Werthschätzung des Wortansdruckes, in welchem auf

jener Stufe die Vernunft sich bewegen muss. Sehr erklärlicli vorerst

ist es, dass auch Scotus für das dialektische Verfahren des Tbeilens

und Zusammensetzens ein erschöpfendes Ilegister in den aristotelischen

Kategorien erblickt, und er unterscheidet sich hierin weder von der

damaligen allgemeinen Schul-Ansichl noch von der Auffassung des Boe

thius “3). Auch sind ihm, wie sich von selbst versteht, die Kategorien

an sich selbst betrachtet etwas Unkörperliches H4), und sowie er sich

Iiter possumus dicere divisoriam, definitivam, demonstrativaml resolutioom. duarum

enim prima unum in multa dividendo segregot, secunda unum de multis definiendo

colligitl tertia per mani/esta aconita rlcmonstrando apprit, quarta composita in sim

plicia separando resolvit . . . . .. His enim tanquam utili quodam honestqu humanae

ratiocinationis quadricio ad ipsam disputandi disciplina, quae est veritasl omnis in

ea eruditus penvcniri non dubitaL

111) D. div. nat. I, 44, p. 486.: quid nos prohibet, definiendi disciplinam in

ter artes ponere adiungentes dialecticae, caius‘proprietos est, omnium rerum quae

intelligi possunt naturas dividere, coniwtgere, discernere propriosque locos unicuique

distribuere. Welche Bedeutung die loci für ihn haben, sahen wir so eben Anm.

105, sowie auch Anm. 95, dass zur änoduxrnn‘; der disjunctive Schluss gehöre.

112) Ehend. V, 4, p. 869.: Nonne ars illa, quae a graecis dicitur dialectica,

et definitur bene disputandi scientia (also auch hier wieder die Verwandtschaft mit

der Rhetorik, s. Anm. 107), primo omnium circa oüofav veluti circa proprium sui

principium versatury ez qua omnis divisio et mulliplicatio eornm, de quibus ars

ipsa disputat. inchoat per genera gcneralissima medioque gcnera usque ad formas

et species specialissimas descendens et iterum complicationis regulis per eosdem gra

das, per quos degrediturj donec ad ipsum orbatum ex qua egressa es!‚ perveniat,

non desinit redire in eam, qua semper appetit quiescere. _

113) Ehend. I, 14, p. me f.: Aristoteles, acutissimus apud graecos, ut aiunl,

naturalium rerum discretionis rcpertor, omnium reram, quae post deum sunt et ab

eo crea!ae‚ innumerabiles oarietates in decem universalibus generibus conclusit,

quae decem calcgorias. id est praedicamental aocavit. Nihi! em'm, ut ei eisam, in

multitudine craatarum rerum variisque animorum motibus inveniri potest, quod in

aliquo praedictorum generum includi non possit; haec autem a graecis vocantur

or’mla, nominis-1 mmiqu „90'; u, nia-acui 321;, nim/cy zgövag, flirirren',

nrtöei‘v, quae Iatialitcr dicuntur essential quantitas, qualilos, ad aliquid, situa,

habihis, locas, tempus, agerev pali lila pars philosophiaey quae dicitur dia

Iec!ico‚ circa horum generum divisiones a yeueralissimis ad specialissimo iterum

que collectiones a specialissimis ad generalissima vorsatur. Vgl. Abschn. XII,

Anm. 84 f.

114) Ebend. 33, p. 478.: Non te latet, nullam praedictarum catcgoriarumy

quas decem esse Aristoteles defiaivit‚ dum per se ipsam, hoc est in sua natura ra

tiunis contuitu consideratur (man beachte diese Beschränkung, s. Anm. 117), sen

sibus corporcis surcumbcre; nam oliv/a incorporalis cst nullique corporea sensui

subiocet, circa quam aut in qua aliae noi-em catcgoriue versanturz A! si illa incor

poreo ext, nam tibi aliter oidctur, quam ut omm'a, quae aut ei adhaerent aut in ca.

subsistunt et sine ea esse non possunt. incnrporea sint.

XIII. Scotus Erigena. ea

bezüglich der lmmaterialittlt der Universalien auf Boelhius beruft und

aus ihm den für das ganze Mittelalter bleibenden Grundsatz „universale

intelligitur, singulare sentitur“ aufnimmt llE'), so wiederholt er ausführ

lich aus Pseudo-Dionysius den Nachweis, dass essentia und corpus ganz—

lich verschieden seien und nie verwechselt werden dürfen‘lü); kurz

er ist grundsätzlich ein Gegner der „individuellen Substanz“ (des rode

u) des Aristoteles. Aber wir müssen bedenken, da‘ss bei Scotus das

gesammte Gebiet des Vielheitlichen (also auch zuletzt die Vielheit der

Kategorien selbst) in jenes Stadium fällt, wo das concrete Bestehen

eigentlich ein Nichtseiusollendes ist, denn die Vielheit ist durch 'I‘liei

lung aus der Einheit geflossen und hat wesentlich den Beruf, wieder

in die Einheit aufgelöst zu werden, wobei gerade die Mitte der Punkt

der grössten Entfernung sowohl von der ursprünglichen als von der

seliliesslichen Einheit sein muss. So ist die Gestaltung der unendlich

vielheitlichen Dinge der sinnfälligen Welt die erste Hälfte des l’rozes

ses gleichsam als Zertheilung Gottes (s. Anm. 109), und Scotus erklärt,

sich an gregorius v. Nyssa anscliliessend, das concrete Auftreten der

sinnfälligen Dinge und überhaupt die Entstehung der Materie durch ein

Zusammentreffen einiger Kategorien, in welchem dieselben durch die

Sinne erfasst werden können 117), wobei zugleich dann ähnlich wie

bei vorchristlichen Philosophen das Feuer für die sinnlichen Dinge als

fornigebend wirktus). Da aber nun eben diese Mannigfaltigkeit der

Welt es ist, in welche nach Scotus durch die Philosophie die göttliche

Einheit zerlegt werden soll (ömtaeumj), und aus Welcher wieder der

Rückweg zur Einheit zu durchlaufen ist coii/alvume so erhält jene

115) Ebend. ü], p. socia ouid ergo mirum aut rationi conlrariumi si simi

liter um'piamns, magnificum tioelhium- non aliud aliquid oariabilein rem intellezissi',

nisi corpus mater-late . . . . .. si aliter ros per se immutabites puro mentis contuitu

perspicit-ntur in sua simplicituttn aliter sensu corporeo in aliqua materia ez con

cursu earum facta compositae Ebend. Il, 24, p. 579,! omnia Imim‚ quae intel

lectus in ratione universaliter considemt, particulariter per sensum in rerum omnium

discretas cogniliones definitionequ partitur (also das ögiunxr‘w der speciellen De

finitionen fallt schon mehr dem Sensualen anheim). Die Stelle des Boelhius s.

Abscbn. XII, Anm. Sti. n. 91.

116) Ebend. l, 47, p. 489.: Scd adversus eos, qui non aliud esse corpus el

aliud corporis essentiam putant in tantum seducli/ ut ipsum substantiam corpoream

esse visibilcmque et tractabilem non dubitent quaedam breviter dicenda esse ar

bitror .. (p. non Ut autem firmius cognascas, obviam id est essentium, incor

ruptibzlem esse, lege librum sancli Dianysii Areopagitue de Diuinis Nominilms etcu

worauf c. 48—50. der ausgedehnte Beweis folgt.

117) Ebend. 34. p. 479.: Ouantitas vero qualitasquel silua ct liabitusy dum

inter se coeuntes materiam inngunl, corporea sensu percipi solent Magnus Gre

gorius Nyssaeus certis rationibus ila esse suadetl nil aliud dieens materiam esse,

nisi acoidentium quandam compositionem ez irwisibilibus causis ad visibilem malirianl

procedenlem.

118) Ebend. 52. p. 494.: formarum aliae in oüa‘z'a, aliae in qualitate intol

liyunt-ur. sed quae in oüdlu simt, substantiates species generis sunt . . . . .. Nenm

denegat ‚ ordinem atque positioncm naturalium partium seu membrorum ad qualita

tem referri formamque proprie vocari quae ex qualitate ignorat quae est calur,

corporibus innasritur .. et forma vocatur a forma; hoc est calido (s. Festus,

s. v. forma), conversa mum syllaba in ma, antiqui siquidem formam dicebant ca

lidum t555,p. iam Extra vero haec altiari consideratione oüm'ay, quae est

formarum substanliati-um origol contemplamun

mmr

30 Xlll._ Scotus Erigena.

o.

mittlere Stufe der Vielheit auch für die Dialektik eine besondere Be

deutung, denn in eben die nemliche Vielheil des Sinnlichen isl der

menschliche Wortausdruck verllochten. Sowie daher in den sinnlichen

Dingen die an sich unkörperlichen Kategorien zuletzt doch (wenn auch

in räthselhal‘ter und mystischer Weise) körperlich geworden sind, so

wird auch die Sprache, soweit sie sinnlich ist, die Kategorien nur in

der sinnlicl|-körp'erlichen Wortform erfassen (wenn auch gleichfalls

durch eine mystische Verflechtung), und gerade das mittlere Stadium

der Dialektik, nemlich das dgtortnöu (s. Anm. 115) in Verbindung mit

dem ducatur-unum wird entsprechend dem concrelen Dasein der Dinge

sich zumeist mit dem Wortatisdrucke der Vernunft begnügen müssen,

während die reine Vernunft an sich als einheitliche die erste Urquelle

und der letzte Zielpunkt bleibt. in eben diesem Sinne aber spricht

sich auch Scotus selbst ausdrücklich aus, indem er den Bestand eines

Sprachgebrauches und eine „neccssitas significandarum rerum“, aller

dings als mangelhaft und dem Missbrauche ausgesetzt, anerkennt ilst

ja er bringt dieses selbst wieder in inneren Zusammenhang mit der

bei ihm stets wiederkehrenden Unterscheidung einer al'firmativen und

einer negativen TheOlOgie‚ indem bei ersterer, welche ja das göttliche

Eins in die empirische Vielheit abwärts verfolgt, Alles „nominaliter

sive oerbalt'ter“ über Gott in übertragenem Sinne ausgesprochen werde,

worauf die letztere all dieses wieder verneintl‘lo); ebenso deutlich

hingegen bezeichnet er auch das Gebiet, auf welchem die „significatio—

nes calegon'arum“ in eigentlichem, nicht in übertragenen) Sinne, eine

Geltung besitzen, nemlich, wie sich nach Obigem von selbst versteht,

bei den sinnfülligen Dingen 121). Und wenn hiemit dasjenige. was no

minaliter sive verbatiter kundgegeben wird, bei den geschaffenen Din

gen seine angemessene Stellung hat, so'findet Scotus auch hiefür einen

bei ihm folgerichtigen tieferen Hinterhalt nicht bloss in_ der mystisch

theologisclien Auffassung des Johanneischen Logos 122), sondern auch

119) Ebend. 38, p. 48l.: videsne itaque-1 qua consuetudine rerumque signi/i

candarum necessitate inops vcrarum rerum discretionis humanitas has abusivas rerum

denominationes (dass man nemlieh locus statt pars gebrauche) rcpereiit.

120) Ebend. 'lti, p. 522.: Hacc est de deo praedicanda pro/emm ut

priusvde eo iua-ta catufutieuml id est af/irmationenu omnia sit-e nonæinaliter sive

verbaliter praeditorum lt non tamen proprie sed translotz'ce; deinde ut omni'a, quae

de eo praedicautur per culufaticam, cum esse negemus per apu/aticaml id est nega

tionem, mm tamen translulire sed propria '

121) Ebend. 15, p. 463.: quemadmodum fere omnia, quae de natura caiidita

rum renim proprie prurdirantur, de conditore rerum per rnetaplwram signi/icandi

gratia dicunlur, ita etiam categoriarum signi/icaliones. quae proprie in rebus con

ditis dignoscunturl de causa omnium mm absurde possunt proferril non ut proprie

significent, quid ipsu sil, sed ut iranslativc elr. Ja es konnte ihm für dieAn

nahmc, dass die Namenhezeichnung (nomcn imponcrc) ursprünglich bei den einzel—

nen sinnfalligen Dingen begonnen habe, selbst eine Stelle des Boethius als Aucto

ritat gelten, indem derselbe (ad Praed. p. 129.) sagt: Oui cnim primus hominem

dizit, mm illum, qui ca: singulis confirilur, iu mente habuit, sed hunc individuam et

singularem. cui nomen hominis imponcrcl.

122) Ebeud. lll, 9, p. 1542.: nationes v'omnium rermn, dum in ipsa natura

verbi, quae superessentialis estl intelliguntur-1 aeternas esse arbitror..... Simplex et

multiplex rerum omnium principulissima ratio deus verbum est; nam a graecis

ltiyag vocatur, hoc est verbum vel ratio vel causa etc.

Xlll. Scotus Erigena. 31

darin, dass den Dingen durch Adam ihre richtige Wortbezeichnnng zu 'l‘heil

geworden sei may So nun kann Scotus für die Definitionen und Argu

mentationen, welche mit der Erscheinungswelt zusammenhängen, sich

getrost auf den Sprachausdruck stützen und den entscheidenden Aus

spruch thun, dass „was wir in den W'orten erkennen, wir auch in den

durch sie bezeichneten Dingen erkennen“ 124). Wenn daher, wie wir

oben sahen, die Dialektik bei' Scotus die Technik jener sprachlichen

Kundgebungen ist, durch welche wir uns ebenso wie durch die Welt

der Dinge zur höchsten Philosophie erheben sollen, so darf es uns

nicht wundern, wenn eine etwas spätere Zeit den Johannes Scotus in

erster Beihe unter denjenigen nennt, welche gesagt hätten, die Dialek

tik sei „vocolis“ (s. unten Anm. 312f.).

Könnte man nun hiebei sogar darauf hinweisen, dass eine derar

tige Auffassung der Logik auch selbst den Principien einer empirischen

Erforschung der Dinge ‘nicht ungünstig sei, — die wirkliche Brücke,

welche vom Nominalismus zum Empirismus hinüberleitete, konnte sich

allerdings erst nach einer längeren und reicheren Entwicklung gestal

ten, s. Abschn. XIV, Anm. 77tl‘. —, so müssen wir doch jedenfalls

anerkennen, dass Scotus für die Dialektik die Activität der Dcnkopera

tioncn, durch welche aus dem gegebenen Stoll'e der Erscheinungswalt

das philosophische Wissen gewonnen wird, hinreichend betonen kann

und muss. Denn wenn bei ihm auch noch so viele platonisch-christ

liche Mystik in all jenen Fragen wallet, welche sich auf die Herkunft

oder auf das Ziel der menschlichen Seele und des menschlichen Ver

standes, kurz auf die beiden Endpunkte des obigen sog. Quadriviunis

(Anm. 110) beziehen, so ergibt sich für das mittlere Stadium eine

Auffassung, geinüss deren bei aller objectiven lmmaterialität der Univer

salicn doch für das menschliche Denken ein selbsttliütiges Fortschreiten

zur Bildung allgemeiner Begrill‘e gefordert ist iuy So ist namentlich

jede der sog. artes liberales in ihrer technischen Ausführung erst das

Producl, welches aus ihrem in der Seele nnausgeführt liegenden Be

may Ebend. IV: 7, p. 71381.: per hoc maxime intelligitur homo esse, quod

emictornm,v quae sive aequalitcr sibi creata sunt siue quibus dominari praeripil-ur,

datum es! et habere uotionem...... quod opertissime divina nobis indicat scriptura

dicens : „udduzi! ea ad Adam, ut videret quid vocant eu" ut videret,

inqui!‚ hoc es! ut in!e!ligeret‚ quid vuroret; si em'm nrm inlelh'gerel, quomodo rrcte

vorm‘e posset?

.124) Ebend. l, 14, p. 459.: Si igitur nomina opposita e regione sibi

alia nomina respiciunl, neressurio etiam res, quae proprie eia signilirantury oppo

sitas sibi eonlrarielales obtinere intelliguntun ac per hoc de deo proprie prae

dicari non possunt . E! quod in nominibus cognoscimus ,‘_ necessarium ut in his

relms, quae ab eis signi/icanturl cognoseamus. V“

125) Ebend. lV, 7, p. 765.: iterum siquidem sensibilium species et quantita

les e! qualitates, quas corporeo sensu atlingo, quodammodo in me creari pulo;

earum namque phantasias dum memoriae inligo qusque inlcr me ipsum mm», di

vido, eomparo, ac veluti in unitatem quandam oolligo, quandam notitiam rerum

quae extra met sind, in me c/fici perspicio. Similiter etiam interim- intelligibiliuml

quae solo animo contemplorj verbi gratia liberatium disciplinorum, quasdam no—

tione: veluti intelligibiles species, dum studiose eas perquirn, in me nasci et fim‘

inlelll'go.

32 Xlll. Scotus E'rigena‘.

gritfe gemacht wird 126), und während die Dialektik (gleichsam als

Weltdialeklik) an sich in der „Natur der Dinge“ liegt und von Gott

ausgieng. ist sie doch von dorthcr durch weise Menschen erst aufge

funden und zur Erforschung der Dinge angewendet worden ‘27). Wenn

demnach Scotus nicht oft genug Begriff (notio) und Wesen (subslanlt'a)

in metaphysisch-ontologischem Sinne identiliciren kann 128), so bleibt.

dabei die Unterscheidung festzuhalten, dass alles lntelligible bei Gott

als Ursäcliliches, in dem menschlichen Erkennen hingegen als Wirkung

' (efl‘ectualiter) bestehe 129); nemlich während die substantia (der ideelle

Gattungsbegritf) in der Intelligenz des Menschen ebenso sehr sich fin

det,'als die übrigen quinque voces theils der Natur desselben theils

gleichfalls der Intelligenz angehören 130), bewahrt der Mensch bei Uebuug

der Dialektik immerhin die Activität seines Denkens, durch welches er

die ‚Dinge in Gattungen und Arten u. s. f. theilt, wenn g‘leich diege

Theilung auch objectiv in der „Natur“ selbst schon vorliegt‘al). lns

besondere aber bezeichnet Scotus das Definiren als eine 'l‘liatigkeit,

nemlich als actio intelligenliael wobei uns wegen innerer Harmonie mit

Ohigem (Anm. 92) noch von Wichtigkeit ist, dass er bei seinem Be

streben, die Kategorie des tocus so unkörperlich als möglich zu fassen,

dieselbe direct spiritualistisch mit der Definition identificirt'”), Wor

nach hiemit auch von hier aus ein Bellex auf jene Werthschätzung der

126) Ebend. p. 766 : Ouia nolitia artiunu quae in anima es!‚ ab ito-sis arti

bus formari videlun Sed si certissima ratione suaderes, non notitiam ex artibus,

uerum artes ez nolitia formari, lua forsitan ratiocinalio recte ingrederetun

127) Ebend. 4, p. 749.: imcllt'gitur, quod ars illa, quae dividit genera in

species et- species in genera resolvitj quae diuhexnxr) dici!ur‚ non ab humanis

machinationibus sit laeta ,- sed in natura rerum ab auclore omnium artiuml quae

vero artes ruht, condita et a sapientibus inventa et ad utilitatem solerti rerum in

dagine usitata. Vgl. jedoch Anm. 227.

128) Z. B. ebend. 7, p. 770.: llaque si notio illa interion quae menti inest

humaner, rerum quarum notio esl substantia constituitun consequens-y ut ipsu notio.

qua se ipsum homo eognoscitl sua substantia eredatun Es zieht sich dieser Grund—

satz in häufiger Anwendung durch die ganze Deduction in den ersten Capp. des

lV. Buches hindurch.

129) Ebend. 9, p. 779.: ut in divino intellectu omnia causa/item in humana

vero cognitione e/feelualiler subsistanL

130) Ebend. Sy p. 773.: iubemur intelligere. omni-m visibilem et ineisibileni

creatur-am in solo homine esse conditaml eum nulla substantia sit creuta, quae in

eo non intelligatur esse, nulla species seu fli/ferentia seu proprium seu accidens

naturale in natura rerum reperiaturl quae vel ei naturaliter non insit vel cuius no

litia in eo esse non possit

131) Ebend. l, 25, p. 472.: Genera quoque et species ipsius auatag cum se

in diversas species numerosque multiplicantl agere videntur tes handelt sich nem

lich dort um die Kategorien agere und patit Si quis vero rationis virtute iuxta

illam disciplinaml quae äralvzlxr‘; vocatum el numeros in species et species in ge

nera generaque in oi‘wfrw colligenda adnuaeerill pati dicuntury non quod ipse rol

ligula natura enim collecta sunt sicut etiam divisal sed quia colligere actu rationis

ea vidclur, nam cum et eadem dividill similiter agere diciturj ea vero pati

132) Ebeud. ‚'12, p. 478.: Aliud igitur est corpus et aliud locus, sicut aliud

est quantitas partiuml aliud definitio earum (in der ganzen v. c. illst sich er

streckenden Erörterung ist durchgangig loeus nur in der Bedeutung „Abgranzuug“.

d. b. ogiapdg verstanden). 43, p. 485.: yidesne ilaqiw, non aliud esse locum,

nisi actionem intelligentis atque cnmprebendentis virtute intelligentiae eu, quae com

prebendere potesty sioe sensibilia sint sive intellectu eompreliensa

XIII. Scotus Erigena. 33

Topik zurückfällt. Uebrigens erscheint uns die nemliche Beachtung der

Activität des Denkens bei Scotus‘auch gelegentlich einer Frage, welche

uns schon anderwarts als Schulcontroverse begegnete; nemlich die Be

gritl‘e des Nichts und der Finsterniss (s. oben Anm. 47 u. 72 II‘.) ma

chen auch dem Scotus häufig zu schaffen, aber er weiss bei denselben

jenem seinem Standpunkte, welchen wir bisher trafen, treu zu bleiben.

Die Finsterniss ist ihm der Degrill' (nolio) der objectiv realen Abwesen

heit des Lichtes ‘33), woruach bei Berufung auf die belrellende Bibel

stelle bezüglich der wirklichen Existenz des Lichtlosen‘“) die Er

klärung möglich ist, dass unter der Finsterniss dasjenige Sein, welches

allem wirklichen Erkennbaren vorhergieug und hieuiit sich allem Den

ken entzieht (gleichsam Schelling’s „unvordenkliches Sein“) zu,verstehen

sei “5). In völliger IIebereinstimmung kann sich dann hieran der Be

grill‘ des Nichts anschliessen I3“), bei welchem gleichfalls die sprachlich

logische Function des Denkens ihre Berücksichtigung findet 131), während

an der biblisch-theologischen Lehre festgehalten wird ‘39).

Der Inhalt der ausgedehnten Erörterungen, welche Scotus den

Kategorien widmet, gehört der Geschichte der Theologie an und he

ruhl. ausserdeul nicht einmal auf selbstständigen Ansichten des Scotus,

‚sondern ist grossentheils aus Pseudo-Dionysius, Gregor v. NySsa und

Maximus Coufessor entnommen 139). Erwähnt mag demnach nur wen.

den, dass Scotus die ideelle Einheit der Substanz als des Geltungsbe

iji

133) D. praedesL 15, 9, p. illita ouid significavit tenebrae vel silentiuml nisi

notionem cogitantizg defcctnm essentiaeP ouid significant nisi notionem cogi

tantis. vel lucem vel vocem deessef D. div. nat. V, 31, p. 943.: Idenque ex una

genere sunt absentiae et res, quarum absentiae sunty ut (zu: et tenebraej sonus et

silcnlium, forma et informitas celcraque id genus.

134) D. div. nat. I, 58, p. 501.: Nun enim umbra nihil 0st, sed aliquidg

alioquin non diceret scriptura „et vocavit deus lucem diem et tenebras neuem.”

135) Ebend. II, 17, p. 550.: Tenebme rituque erant super causarum primor

dialium abyssumg nam priusquam in spiritualium essentiurum numerositatem proce

derenti nullus intellectus conditus cognosci-te eas potuit quid essentl et adhuc tenebrae

sunt super hanc abyssum quae nullo percipitur intellectu eo ezecptol qui eum in prin

cipio formaviL Ehl'nd. III, 29, p. 706.: nomine lucis species rerum visibiles et

intelligibilesl tenebrarum vero significatione causas substantiales omnem sensum et

intellectum superanies divinam scripturam insinuasse diximus.

130) Ebend. III, 20, p. 683.: Ac sic de nihilo facit omnial de sua videlicet

superessentialitute producit essentiasj de superoitalitate vitas-y de superintelleetuaiitate

intellectum de negatione omnium quae sunt et quae non yfsunt affirmationes omnium

quae sunt et quae non sunt. '

137) Ebend. 5, p. 634.: E0 namque vocabulo, quod est nihiluml non aliqua

materies existimatum non causa quaedam ezistentiuml non ulla proeessio vel oc

casio, quam sequeretur eorum quae sunt conditio . sed omnino totius essentiae

pricationis nomen erat et, ut verius dieam, vocalmlum est absenliae totius essentiae.

138) Ebend. 9, p. 047.: in prima-diis conditionis suac de onmino nihilo in

informem processit (sc. mundus) materiem. Ebeud. 15, p. 665.: l‘rointle non datur

locus niht'lo, nec extra nec intra deum, et tamen de nihilo omnia fecisse non in va

num crediturg ac per hoc nil aliud datur intelligil dum uudimus, omnia de nihilo

creat-il nisi quia eratl quando non erant. ‚m

139), Ebend. I, 15—63. Dr-r Hauptzweck dabei ist, nachzuweisen, dass alle

Kategorien nur uneigentlieh (durch die tlieoloyia u/firmativa) von Gott prädicirl

werden können. Vgl. Job. Iluher, d. Phil. d. Kirchenvater. München iesu S.

188 u. 343 f.

PRAN'I'L, Gesell. II. 3

I

‚-.‚k.‘a._.

34 XIII. Scotus Erigena. '

griffes auch in der Thcilung in Artbegriff‘e bis zum Individuum herab

strengstens festhält und daher gegen eine Unterscheidung zwischen

subiectum und de subiecto uml in subiecto (Ahschn. XII, Anm. 92) po

lemisirt, da sie bezüglich der Substanz selbst identisch seien “0), wo

mit natürlich die schrofl'ste Abtrennung der übrigen neun Kategorien,

unter welchen er einige auch ovpßoipam (vgl. Ahschn. VI, Anm. 114)

nennt, zusammenhängtu‘). Ausserdem wendet er auch in Folge neu

platonischer Einflüsse die Begriffe der Ruhe und der Bewegung (s.

Abschn. III, Anm. 50, u. Ahschn. X, Anm. 83) derartig an, dass er

dieselben als alleroherste Gattungsbegrifl'e des Universums den Katego

rien überordnet und letztere im Hinhlicke auf jene eintheilt‘“). Dass

die Kategorie des Ortes völlig spiritualistisch gefasst werde, sahen wir

so eben (Anm. 132); von jener des habitus aher wird gezeigt, dass

sie sich auf sämintliche übrige Kategorien beziehe, uml dabei zugleich

ihre selbstständige Stellung behaupte “3). ‘

Man wird nun jedenfalls zugestehen müssen, dass in damaliger

Zeit diejenigen, welche von einer gründlichen Lectüre des Scotus aus

wieder zu den logischen Compcndien des Boelhius zurückkehrten oder

selbst auch nur obige Stelle des lsidor oder des Alcuin (Anm. 35_ u.

66) aufmerksam betrachteten, gewiss zu schärferem Nachdenken über.

die Geltung des menschlichen Sprach-Ausdruckes veranlasst werden

140) Ebend. 26, p. 472.: lii/ata in generibus gcneralissimis et in generibus

generalioribus. in ipsis quoque generibus eorumque specielrus, atque iterum specia

lissiniis speciebus. quae atoma, id est individua, dicunturj universaliter proprieun

continetur . . . . .. in tiis enim veluti naturatibus partibus universalis m’io'fa subsislit.

Ebend. 25, p. 470 f.: iuxta diatecticorum opinionem onme, quod esty aut sub

iectum aut de subiecto aut in subiecto esl; vera tamen ratio consulto ”spendet,

subiectum et de subiecto unum esse et in nulla distare cum nil aliud sit

spreies, nisi numerorum unitas. ct nil aliud numerus, nisi speciei pturatitas Si

ergo species tota et una est individaaque in numeris et muneri unum individuam

sunt in speciei quae quantum ad naturam distantia est inter subiectum et de sub

mm, non vidco. Similiter de accidentibus primae substantiae intelligendumg non

aliud est em'm, quod in subiecto dicihu', e! aliad, quod in subiecto simul et de

subietlo; nam disciplinay ut exemplo utar, mm eademque est in se ipsa et in suis

speciebus numcrisqua Vgl. ebend. 49, p. 492. _ '

141) Ebend. 63, p. 508.: Sed novem geilem, quae solis accidentibus lribuunlury

ito divisa saut, u! ipsa accidentiay quae primordiatiler in cssentiis conspiciuntury

mox vertuntur in substantiasl quoniam aliis accidentibus subsistunt. Ebend. 25,

p. 471.: categoriarum igitur quaedam circa ol‘mlav pracdicaptar, quae celuti ne

gzoxa), id est circunistantes. dicunturl quia circa eam inspiciuntur esse; quaedam

vero in ipsa suntl quae a graecis o‘uyßdparu, id est arcidential vocantur-l quali

tas, relatio, habitus, agere, pati.

142) Ebend. 22, p. 469.: Horum decani generum quatuor in statu saut, id

est (Jüdin, quantitas, situs, Ioms; sez vero in motzt, qualifas, relatiol habitusj tem

pus, agcre, pati U! scias plane, decem genera praedicta aliis duobus superio

ribus generalioribusque comprchendi, motu scilicet atque statuj quae iterum genera

tissimo colliguntur genere, quod a graecis ro miv, a nostris vero universitas ap

pellari consuet-ih

143) Ebend. 20, p. 467.: Quaero igitar, quare ista categoria habitudinig cum

ceteris categoriis naturalitor inesse videaturl per se specialiter veluti suis propriis

rationibus subnixa suum in donaria categoriarum quantitate locum obtineat . .

Ouod enim omnium est, nullius proprie est, sed omnium communey et dum in omni

bus subsistatj per se ipsum propria sua ratione esse non desiniL

XIII. Die Quellen der logischen l’arteiung. 35

oder selbst sofort zu nominalistischen Auffassungen gelangen konnten.

Es sind nemlich, wie mir scheint, zwei Fragen (nicht bloss die Eine,

welche auch schon Cousin —— s. Anm. 19 —— hervorgehoben hat),

welche sich beim Betriebe der üblichen SchuI-Logik aufdrängen muss

ten. Die erste derselben isl allerdings jene, welche Boethius bei Ueber

setzung der betreffenden Stelle des Porphyrius (Abschn. XI, Anm. 39)

ausdrücklich selbst als prima quaestio bezeichnet halte, und welche

sich darauf bezieht, ob die Universalien (d. h. die Gattungs- und Art

Begrifl‘e) und die quinque voces eine wirkliche geistige Substantialität

besitzen und unkörperlieh seien, oder ob sie in concreter körperhafter

Existenz vorliegen (Abschn. XII, Anm. 86). Es betrill't diese Frage,

wie sich uns in der Darstellung der antiken Logik hinreichend zeigte,

den Gegensatz zwischen Platonismus und Aristotelismus, und für das

Mittelalter versteht es sich nach der gesammten geistigen Richtung.

welche durch die christlichen Ideen bedingt war, ganz von selbst, dass

man sich überwiegend einem platonischen Realismus zuneigte (vgl.oben

Anm. 20 f.). Die „individuelle Substanz“ des Aristoteles musste unver

stündlich bleiben, sobald die Erscheinungswelt und die natürliche fie

stallung mit der Lehre vom Sündenfalle in Verbindung gebracht worden

war, und man begnügte sich gerne mit dem schon bei Boethius vor

gefundenen Grundsatze „universale intelligilur, singulare sentituru (oben

Anm. 115), einem Dualismus, welcher in specdisrh christlicher Auffas

sung noch bis Descartes fortwirkte und'sieh leicht zu einem Hinder

nisse empirischer Forschung gestalten konnte. Auch die subjeetive Er

kenntnisstheorie konnte hiebei wenig gefördert werden, denn indem die

Universalien logisch hauptsächlich nur dazu dienten, um auf der Jacobs

leiter der tabula logica in den geöffneten llimmel des summum ens

emporzuklettern, blieben nur jene objeetiv ontologischen Schwierigkei

ten übrig, welche dem Platonismus überhaupt ankleben, d. h. man

konnte noch darüber streiten, auf welche Art und Weise denn jene

Universalien als Ideen Gottes in den Unterarten und in den Individuen

zur Erscheinung kommen, ob sie ante rem, ob in re, oder wie sonst

sie seien.

Die zweite jener Fragen liegt gleichfalls schon bei Boethius vor,

jedoch nicht in solch zugespitzter und handgreiflicher Frageform, wie

jene erstere, denn sie erscheint ja zunächst äusserlich auch nicht als

schroffe Parteil'rage. Sie betrifft nemlich den menschlichen Sprachaus

druckj welcher sowohl von Plato als das Product eines psychischen

Vorganges anerkannt worden war (Abschn. III, Anm. ro f.), als auch

bei Aristoteles auf gleicher Basis eine einllssliche Erörterung gefunden

hatte (Abschn. IV, Anm. 23 u. mam und Boethius hatte sich in die

ser Beziehung völlig unverf‘anglich und gleichsam naiv ausgesprochen,

wenn er sagt, dass die Dinge (res) vom Verstande (intellectus) begriff

lich erfasst werden, die Sprache aber (vom) den Begriff bezeichne, und

dass daher, da alle Sätze aus bezeichnenden Worten bestehen, zunächst

die Isagoge und dann die Kategorien die Aufgabe haben, über diese

Bestandtbeile, d. b. über die obersten Namen und Wortbezeichnungen

der Dinge (de primis rerum nominibus et de vocibus res signi/icantibusj

zu handeln (Absehu. XII, Anm. 77, 84 u. 110). An sich nun hal

at

i'rn

mm

36 XIII. Die Quellen der logischen Parteiung.

diese Auffassung mit jenem vorigen Gegensatze der Richtungen durch

aus Nichts zu schaffen, sondern gehtausserhalb jener beiden und neben

denselben her, denn dass die menschlichen Gedanken in Worten ausge

sprechen werden, scheint allgemein von allen philosophischen Parteien

zugestanden werden zu müssen. Selbst wenn daher sich hieran wirk

lich nominalistische Anschauungen anschliessen, so bilden dieselben an

sich nicht den entsprechenden Gegensatz gegen jenen platonischen Bea

Iismus, welcher bei Beantwortung der obigen ersten Frage hervortrat,

denn dort musste sich eine Parteiung gestalten, welche nach unserem

jetzigen Sprachgebrauche als der Gegensatz zwischen Idealismus und

Individualismus (oder auch Empirismus) zu bezeichnen ist, welch beide

doch gewiss dem Sprachausdrucke die Function eines Zeichens zuge

stehen können. Wenn aber hiemit in diesem Sinne sich sehr wohl

ein Nominalismus denken lasst, welcher durchaus noch nicht anti-rear

listisch ist, so lagen dennoch besondere Umstände vor, durch welche

allmalig eine die Sprach-Bezeichnung berücksichtigende Auffassung der

Universalien in den schroffen Gegensatz gegen den platonischen Realis

mus hineingetrieben wurde, sobald man nur einigermassen mit grösse

rer Schärfe obige Aensserung des Boethius ins Auge fasste und über

dachte. Wollen wir nemlich selbst davon absehen, dass die Beschränkt

heit des vorhandenen philosophischen und logischen lllateriales, verbun

den mit der geringen Begabung zu rein selbstständigem Schaffen, in

jenen Jahrhunderten einfach nur die Wahl liess, entweder Platoniker

oder Aristoteliker zu sein, so konnte doch schon durch den Hang des

I’Iatonismus, ans der Wirklichkeit sich in das ideale Jenseits zu flüch

ten und zu solchem Behnfe auch die Sprache abzustreifen (Abschn. III,

Anm. 15), sich gar Mancher dazu aufgefordert fühlen, dem Diessseiti

gen wenigstens für das Diessseits seine Geltung zu verschaffen, insofern

ja die Worte die einzige Form seien, in welcher der Mensch auf Er

den Begrilfe besitzt. Hiezu aber kam noch, dass die Praxis aller phi

losophischen oder theologischen Erörterungen unmittelbar auf den Wort

ausdrnck sich hingewiesen sah, und somit auch die hierauf bezügliche

Technik, d. h. die ars dispatandi, am wenigsten sich auf jene hyper

idealistische Verllüchtigung der Worte einlassen konnte (haben ja doch

später die Praktiker, nemlich die Bhetoriker, sogar den Aristoteles

selbst wieder aus seiner mittelalterlichen Herrschaft zu verdrängen ge

sucht). Ferner fanden sich jene obigen Aeusserungen gerade in dem

Buche D. interpr. (natürlich in der Bearbeitung des Boethius), d. h. in

jenem Buche, ‘über welches von Cassiodor her ein pointirtes, den

Ruhm des Aristoteles hervorhebendes Sprüchlein in der Schule umlief

(s. oben Anm. 34 u. 66), und es konnte hienach leicht Aristoteles als

der Vorkämpfer für die Berechtigung der Sprache betrachtet werden.

Endlich aber wird man auch zugestehen müssen, dass, sobald man

durch die Logik mehr als eine objectiva tabula logica der Universalien

beabsichtigte, d. h. sobald man in die subjective Werkstätte der 'mensch

lichen Urtheile und des mühevollen oder verschlungenen Schliessens

eingeben wollte, jedenfalls die Sprachform und zugleich mit ihr der

Begründer aller wahren Syllogistik in den Vordergrund treten musste;

d. h. die Logiker mussten stets sich mehr auf die nominalistische oder

“v- ‚F— „..,... ‚‘— -_-‚=-—-<__=;q:-:„1»

Xlll. Scotus und die l‘arteiung. .37

aristotelische Seite neigen. Durch das subjective Element aber förderte

später der aristotelische Nominalismus auch die Erkenntnisstheorie und

bereitete den Weg zu Baco von Verulam vor, worin ersichtlicher Weise

sich gleichfalls ein innerer Zug des Aristotelismus kundgibt. -

So also konnte sich schon das frühere Mittelalter aus Ein und dein

selben Boethius den Gegensatz zwischen Realismus und Nominalismus

herauslesen; jedoch-nicht aus jener Einen Stelle des Boethius, welche

die Universalien betrifft, ist die Parteispaltung geflossen, sondern zwei

nebeneinander herlaufende Aeusserungen jenes Autors sind es, welche

bei einseitig consequenter Verfolgung ihres Inhaltes zuletzt feindlich an

einauderplatzen mussten. .

Wie sich nun Scotus Erigena zu den Keimen eines solchen Schis

ma’s verhalte, ist aus Obigem klar ersichtlich. Er steht nemlich gerade

auf der Gränzscheide zwischen der früheren naiven Unbeholfenheit,

welche auch Widersprechendes in Ein Schulcompendiuin zusammcnkne

tete, und dem oll'en aushrechenden bewussten Parteikampfe. Er ist

christlich-platonischer Realist. soweit es sich um die ontologisch ewige

Grundlage der Wesenheiten handelt; aber sowie er, der ja lange vor

Entstehung all jener Detail-Controversen lebte,‘ bei seinem Realismus

noch völlig harmlos die Universalien zugleich ante rem und zugleich

in re bestehen lasst (s; Anm. 140), so ist er andrerseits hinwiederum

Nominalist, soweit es sich um die logische Förderung des Erkennens

handelt, und in solchem Sinne musste er jene Stellen bei Boethius ver

stehen, welche über vox handeln. ln dem ex'clusiven Sinne, in wel

chem bei den folgenden Jahrhunderten von Realisten und Nominalisten

die Rede sein wird, ist Scotus allerdings keines von beiden, aber er

ist derjenige, welcher durch seine Zwischenstellung es hervorruft, dass

neben den Realismus eine nominalistisehe Richtung hintritt. Es ist ja

auch eine ganz naturgemässe Stufenfolge, dass vorerst im Anschlusse an

Scotus die Ansicht sich kundgibt, die Dialektik sei „vocalis“, insoferne

und insoweit die Universalien Worte seien, später aber, nachdem diess

von hyperidealistischer oder mystischer Seite bestritten worden war,

erst die Steigerung eintritt, daSs man sagt, die Universahen seien über

haupt gar Nichts als blosse Worte. Sowie aber Scotus die ersten Um

risse des späteren Gegensatzes in sich vereinigt, so ist es auch erklär

lich, dass er eine innere VerWandtschaft mit Denjenigen zeigt, welche

später auf eine Versöhnung hinarheiteten, und wir werden im weiteren

Verlaufe uns noch zuweilen an Scotus erinnern müssen (z. B. folg.

Abschn. Anm. 186 u. 252).

Am nächsten an Scotus nun reiht sich ein Commentar zur lsagoge

an, welcher in neuerer Zeit durch V. Cousin bekannt gemacht und zu

folge der handschriftlichen Ueberlieferung dem Ilrabanus Maurus (s.

oben Anm. 78ff.) zugeschrieben wurde. Nachdem nemlich schon früher

auf das Vorhandensein einer „Logik des Hrabanus“ war hingewiesen

worden 1M), fand Cousin die betreffende Handschrift selbst, welche

ausser der Dialektik Abälard’s logische Commentare unter dem Namen

. ‘— s._— „r,

‚_ ‚ ‚ V

144) Oudin, d. stripl. Bßl‘l. l, c. 1172.: in bibliotheca'r Fluriacensi‚ litera A, 4,

exstat logica Pelri Abaelardi una cum lpgica Rhabrmi.

38 . XIII. Pseudo-Hrabauus.

des Ilrabanus enthält H5), und zwar zunächst eine Schrift „Rabanus

super Porphyrium“, deren Ende fehlt, sodann einige Blätter aus der

Mitte einer Paraphrase von Boeth. d. di/f. top., und hierauf unter der

Uehersclirift „Rabcmus supero Terencivaa“, welche oII'enbar aus „super

Periermeniasu corrumpirt ist, eine Paraphrase zu Boeth. d. interpr. Die

letzteren beiden enthalten, soweit sich aus den Mittheilungen Cousin's

schliessen lässt 146)‚ durchaus nichts Selbstständiges, sondern schliessen

sich so enge und so wörtlich an die Schriften des Boethius an, dass

uns auch zu einer Annahme über den Autor derselben jeder individuelle

Anhaltspunkt fehlt. Es ist ebensosehr möglich, dass keines von beiden,

als auch dass beide wirklich dem Hrabanus angehören; sollen jedoch

dieselben den nemlichen Verfasser haben, welcher auch den Commcntar

super Porphyrium schrieb, so scheint die Sache anders zu stehen. AI

Ierdings lässt sich nicht direct beweisen, dass hrabanus denselben un

möglich verfasst haben könne, aber als sehr unwahrscheinlich müssen

wir es immerhin bezeichnen. Chronologische Gründe sind es nicht,

welche entgegenstehen, denn Hrabanus konnte die Schriften des Scotus,

mit welchem er ja auch bei dem theologischen Streite über die dop

pelte Prädestination übereinstimmte, noch sehr wohl kennen; ferner

könnte man, wenn er noch im 9. Jahrh. den Beinamen „sophista“ er

hält'“), hieraus den Schluss ziehen, dass er sich specieller und aus

führlicher als Obiges (Anm. 78 ll‘.) kundgibt, mit Logik beschäftigt

habe. Aber dennoch besteht zwischen diesem Commentare zur Isagoge

und jenem Obigen sclfbn in der allgemeinen Behandlung ein solcher

Abstand, dass wir bei dem gänzlichen Mangel an einschlägigen Andeu

tungen in sammtlichen achten Werken des hrabanus uns schwer zu

der Annahme entschliessen könnten, derselbe habe über die Dialektik so

verschieden gedacht und seine logische Auffassung in allen übrigen

Schriften völlig unterdrückt. Ja wenn sich diese Verschiedenheit bis

zum directen Selbstwiderspruche steigert, bleibt nur noch die Möglich

keit übrig, dass hrabanus in seiner letzten Lebenszeit nach Abschluss

seiner ganzen übrigen schriftstellerischen Thätigkeit förmlich zur logi

schen Ansicht des Scotus übergegangen sei; da'nn aber waren wir auch

berechtigt und bcmüssigt, die Schrift, in welcher diess geschieht, jeden

falls erst nach Scotus zu erwähnen. . ' ‚

Der Verfasser nemlich des (Zommentares super Porphyrium schliesst

sich schon darin dem Scotus (s. Anm. 105) an, dass er die Logik in

drei Theile, nemlich in Grammatik, Rhetorik, Dialektik, zerlegt 1“), wo

145) Cousin, om ined d’Abe't. p. Xf. u. LXXVI.

146) Ebend. im Appendix p. 616f.

147) Rudolf, Arm. Feld. bei Ports, Monmn. I, p. 5564.: Rhabunus quoque, so

phista et sui temporis poetarum nulli secundus etc. Doch dass derartige Ausdrücke

aus jener Zeit nur mit Vorsicht aufzunehmen seien, ist bekannt.

148) Cousin u. u. 0. p. 614.: Ouaeritur autem cui parti philosophiae suppo

natur (d. h. die Isagoge) . . . . . restat ergo, ut logicac supponalur-g post quam vero

partem logicac supponatun quaerendum est; habet enim logica tres pnrtes, gramma

ticarn. rheloricum, dialecticam. I'osl grammatirum; non enim de genere secundum

grammaticum tractari quia neque quomodo genus declinetur ostenditj neque si sit

primitioum an derivatieuml quae omnia ad grammaticum pertinenL Neque in hoc

XIII. Pseudo-Ilrabanus. 39

hingegen Ilrabanus nur zwei Theile anerkennt (Anm. 79). Sodann aber

müssen wir nicht bloss in der üblichen Einleitung über den Zweck der

lsagoge (s. Abschn. XII, Anm. 75) die Ausdrucksweise beachten, dass

dieselbe über die fünf „Dinge oder Worte“ handle “9), sondern es zeigt

uns auch der weitere Verlauf, dass hier dasjenige, was wir als den

Nominalismus des Scotus bezeichnen mussteu‚ bereits mit grösserem

Bewusstsein und in schärferer Form auftrete; nemlich während einer

seits auch hier die ideelle Einheit der Substanz innerhalb der speciel

len und individuellen Gestaltung (forma) nach der nemliehen realistischen

Anschauung festgehalten wird, welche bei Scotus (s. Anm. 109 u. 140)

in ontologischer Beziehung sich tindellsoll wird andrerseits bezüglich

der logischen lsagoge des Porphyrius direct darauf hingewiesen, dass

nach der Ansicht Einiger dieselbe über „fünf Worte“, nicht aber über

fünf Dinge handle.‘ Ja es wird diese Ansicht, dass genus. species u.s. f.

nicht als Sachbezeiehnung, sondern als Worlbezeichnung zu verstehen

seien, durch l'ormulirte Beweise gestützt, deren Einer sich auf die De

finition des genus beruft, in welcher die Bestimmung enthalten sei,

dass das genus „ausgesagt“ werde; ein zweiter Beweis liege darin,

dass die Kategorien, zu welchen die lsagoge als Einleitung diene,

selbst gleichfalls „de vocibus-u handeln (s. die oben, S. 35, genannten

Stellen des Boelhius), sowie sie auch Boelhius als „nomina“ be

zeichne l"‘1). Und wenn nun noch hinzugefügl wird, dass bei solcher

tractatu docemur-l quomodo causas debeat disponere oraler, quod ad rhetoricam per

tinel. lletinquitur igitur-y ut per dialecticam logicac supponatur.

149) Ebend. p. 613.: lntentio Porphyrii est in hoc opere facilem intellectum

ad pmedicamenta praeparare tractando de quinque rebus vel voribus, genere scilicctl

species di/ferential proprio et accidentej quorum cognitio valet ad pracdicamentorum

cognitionem '

150] Ebend. p. LXXIX_: Alio namque modo universalis est (so. substantia

andern) cum cogilalur, alio singularis cum sentitur (so Boeth. p. 56, s. Abscbn.

XII, Anm. 86). flic innuit nobis Boelhius, quod cadent aes individuam et species

et genus esty et non esse universalia individuis quasi quiddam diversum, ut qui

dam dicuntj scilicet speciem nihil esse quam genus informatum, et individuum nihil

aliud esse quam speciem informatam. 4

151) Ebend. p. LXXVlll.: quorumdam tamen sententia ext, Porphgrii intentio

nem fuisse in lioc operi-y non de quinque rebusl sed delquinqae vocibus tractarel

id est Porphyrium intendere naturam generis ostendenti generis dico in vocum de

signationem aceepti. bicunt enim quod si Porphyrius in designatione rerum tractat

de genere et de celer-isl non bene di/fiuit ngenus est quod iaedicatur etc.“, rcs

enim non praedicatum Ouod hoc modo probant .' si res praef tura res diciturj si

res diciturj res enunciaturg si res enuntiaturl res proferturf sed res proferri non

potestg nihil enim profertur nisi v0.1: ; neque enim aliud est prolatio quam aeris

ptectro linguae percussi-ol aeris autem plectro linguae percussio nihil aliud est quam

vom; si igitur Porphyrius de enere in rerum assignatione trantarel, male generis

dif/initionem dedisset dicendo ic ‚.genur est quod praedicatur elo."‚ cum genus in

rerum designatione acceptum nullatenus praedicatur. Eius igitur intentionem dicunt

essea de genere non in reruml sed in vocum designatione tractare. Adhuc alia ratio

cur Porphyrius traclet de genere accepto non in rerum sed in vocum designationc.

cum enim tractatus iste introduclorius sit ad Aristotelis categorias et Aristoteles in

categoriis de vocibus principaliter agere intendatj conveniens non cum esset de re

lius agere qui ad librum de vocibus principaliter tractare intcndebaL Prae

terea ez Boelhii auctoritate in primo super categorias commento confirmulur, genera

et specieslvoces signincareg dicit enim illa nomina noi-em esse (Boelh. p. 5, S.

'40 XIII. Pseudo-llrabanus.

Ansicht eine reale Sachbezeichnung gar nicht ausgeschlossen sei, inso

ferne es sich beim genus um eine allgemein gültige Eintheilung, welche

in der „Natur der Dinge“ liege (s. Anm. 127 u. 131), handeln könne 152).

sowie ja überhaupt das genus Nichts anderes sei, als „die im Denken

veranstaltete Zusammenfassung der substantiellen Aehnlichkeit aus den

verschiedenen Unterarten“ 153)‚ so ist kein Zweifel mehr darüber mög

lich, dass wir hier nur den Standpunkt des Scotus mit gesteigerter

Schärfe seiner nominalistischen Seite vor uns haben. Aber auch gleich

falls an Scotus (s. Anm. 92 f. u. 105) erinnert uns in diesem commen

lare die Berufung auf die Topik, und zwar namentlich auf den locus

der Gegensätze 154). Anderes hinwiederum schliesst sich, wie leicht

erklärlich ist, als blosse Paraphrase völlig an Boethius an'ää). Hin

gegen von Wichtigkeit ist uns das Geständniss des Verfassers, dass er

die Analytik des Aristoteles nur vom Hörensagen kenne (Vgl. Anm. 98),

ihm also auch des Boethius Uebersetzung jener Bücher nicht bekannt

war 156) r .

Mag es sich aber mit der Autorschaft diescsCommentares verhalten,

wie es wolle, so äusserte jedenfalls die Schule, welche Hrabanus be

kanntlich in Fulda eingerichtet hatte, — abgesehen von all dem übrigen

reichen Segen der Cultur, welcher aus ihr floss, — auch auf den Be

_.trieb der Logik einen höchst günstigen Einfluss, und aus Frankreich

und der Schweiz weisen mannigfache Fäden auf die Pflege dcr Schul

‘wissenschaften in Fulda zurück. Bezüglich der logischen Parteifrage

jedoch finden wir keineswegs etwa ein abgeschlossenes einheitliches

Gepräge der Fuldenser Schule, und können demnach auch nicht ihrem

Abschn. XII, Anm. 90.); quod si voces non significareng nullo modo nomina novem

esse possenL

152) Ebend. p. LXXVIII f.: hion tamen genus in rerum designatione accipi

posse negant (der Gedanke C0usm's, negant in ncgandum oder negari potest zu

andern, ist verfehlt, denn es ist noch immer von eben Denjenigen die Rede, welche

den logischen Schriften als logischen die voces zuweisen); dicit enim Boethius in

libro divisionumy generis divisionem esse ad naluraml id est apud omnes (auch die

Worte apud omnes will Cousin ändern, sie stehen jedoch bei Boelh. p. 639, s.

Ahschn. XII, Anm. 97.); per quod demonstratur boethius non in vocum sed in rerum

designalione genus acoepisse. .

153) Ebend. p, LXXIX: Nihil uliud est genus quam substantialis similitudo ea

diversis speciebus in cogitatione eollecta. In des Boethius Uebersetznng des Por

phyrius (p. 57.) erscheint der Ausdruck „oolleclio“ nur bei jener unter den Phi—

losophen nicht üblichen (Abschu. XI, Anm. 40.) Bedeutung des Wortes „genus“,

wornach es in genealogischem Sinne ein „Geschlecht“ bezeichnet. l

154) Ebend. p. 615.: Probat quod genus non dicitur simpliciter sie: si genus

dicitur triplicitcri tune non dicitur simpliciterg locus ab oppositisgx maxima propo

sitios si aliquid oppositum convenit alicuL suum oppositum removetur ab eodem.

155) So z. B. auch dasjenige, was Haure‘au, De la phil. seol. I, p. 109. ans

der nemlichen Handschrift, welche Cousin benützt hatte, veröffentlicht; es betrifft

das genus supremum und stimmt dem Sinne nach ganz mit Bocth. p. n f. überein.

Ebenso ist, was Cousin a. a. 0. p. 615. über die individua angibt, keineswegs

dem Verfasser des Commentares eigenthümlich, sondern findet sich bei hostia p.

73. S. Abscho. XII, Anm. 87.

156) Cousin a. a. O. p. 614.: „Vel in demonstrationefl id est ad librum

demonstrationumg volunt enim quendam librum essea qui uocetur liber demonstratio

num, qui apud nos in usu non est.

Xlll. 'Eric v. Auxerre. 41

Begründer die Schuld oder das Verdienst beimessen, ihr in dieser Be

ziehung eine“besti|nmte Richtung gegeben zu haben, sondern weit eher

scheint sich der Partei-Gegensatz als solcher erst innerhalb dieser Schule

selbst zu entwickeln; wenigstens trell'en wir dort sogleich das eigen

lhümliclie Factum, dass der Lehrer auf Seite des logischen Nominalismus,

‚der Schüler hingegen auf jener des ontologischen Realismus steht.

“ ln Fulda hatte unter Leitung des Haimon, eines Schülers des Hra

banus, Eric vo-n Auxerre studirt, und es eröffnete derselbe, nachdem

er noch den Unterricht des Servatus Lupus in Fcrrieres genossen, in

seiner Vaterstadt selbst eine Schule, woselbst unter seinen Zöglingen

ausser Lothar, einem Sohne Karl des Kahlen, sieh auch Bemigius von

Auxerre befand. Von diesem Erir, dessen Blüthezeit sonach ungefähr

um d. J. 870 zu setzen ist, fanden sich in einer Handschrift von St.

Germain commentirende Glossen zur pseudo-augustinischen Schrift „Ca

tegoriae“‘57)‚ wobei sich uns wieder eine erneuerte Steigerung jenes

nominalistischen Standpunktes zeigt, welcher uns in der so eben_betrach

teten Schrjft begegnet war. Eric geht nemlich entschieden von jenen

nemliclien Stellen des boethius aus, welche wir dort (Anm. 151) als

Beweisgrund angeführt sahen, aber indem er res und intellectus wohl

ähnlich wie Scotus dem Gebiete der Natur zuweist, hingegen diesem

die vom als blosse menschliche Vereinbarung (vgl. Anm. 105) gegenüber

stellt‚ scheint er den theologischen Hintergrund, welchen noch Scotus

(Anm. 122 f.) für die Sprache fand, völlig zu versclimäheu l"’s). Und

jedenfalls weist er diesem menschlichen Sprachausdrucke eine so starke

Geltung zu, dass er eine substantielle Sacbbezeichnung der Universalien

direct verneint und in denselben nur das Verhältniss der prädicativen

Aussage erblicktl‘“); ja ausdrücklich bezeichnet er die Stufenleiter,

welche von den Individuen zur obersten Gattung, d. h. zur Substanz,

hinaull‘ührt (— also jene zweite Hälfte des Weges, welche bei Scotus

dvalvnm‘j lmisst, s. Anm. 108 ll‘. u. 120 —)‚ als eine nominalistische,

157) Die Angabe Cousin’s (a. a. O. p. 621.) _fand ihre Berichtigung durch

llaureau a. a. O. l, p. l35.‚ welcher die betretl'ende Marginal-Note der Handschrift

genauer las und uns den Verfasser der Glossen feststellte. (Eine anderweitige

Schrift des Eric, worin derselbe die Lehren des Haimou und des Servatus Lupus

im Auszuge zusammenstelltc, s. Mabill. Arm. Bened. ll, p. 627., scheint yerloren zu

sein.) — Die pseudo-angustinisclie Schrift über die Kategorien ist auch hier durch

obigen Prolog Alcuins (Anm. 53.) eingeleitet.

155) Bei Haurdau a. a. O. p. 142.: Tria sunt quibus omnis collocutio dispu

tatioqne per/iciturr res. intellectus et voces. Rcs sunt quas animi ratione percipimus

intellectuquc discemimusi intellectus vero quo ipsas res addiscimusg voces quibus

quod intellectu capimus significamus. Praeter haec autem tria est aliud quiddam

quod significal voces, hoc est litterae. harum enim scriptio vocum signincatio est (s.

Abschn. Xll, Anm. 110.). dem concipit intellectusj intellectum voces designant, voces

autem litterae signi/icanL Rursus horum quatuor duo sunt naluralim id est res et

intellectus, duo secundum positionem hmm'num, hoc est voces et litterae.

159) Ebend. p. 140.: sed huic occurrimus dicmtes, genus non praedicari de

animali secundum rem, id est substantiaml sed designativum nomen esse animalisl

quo designatnr animal de pluribus specie differentibus dipi; namque neque rationem

animalis potest habere genus, cum dicitur animal est substantia animata et sensi

bilis ; similiter nec species dicitur de homine secundum id quod signifch sed iuxta

illud quod de numero differentibus praedicatum ."1‘

M

42 Xlll. Eric von A'uxerre.

indem dieselbe zuletzt in eine engste Stufe, welche uiio’nomüte ‘

auslaufe 16Ü). qaam-f a

Insofern aber dem' Eric auch noch andere logische '1‘ra"

gelegt wurden, welche in jener nemlichen Handschrift von Sl. Germain

sich finden, können wir hiemit allerdings nicht übereinstimmen, glauben

aber, dass dieselben in der That noch in ‘jene Zeit, d. h. jedenfalls in

das letzte Drittel des 9. Jahrh. fallen 16l). Von den Marginal-Glossen -

zu „Periermeniae Aristotelisu (nach des boethius Uebersetzung) können

wir füglich ganz absehen, da" sie nur dem Commentare des Boethius

selbst entlehnt sind 162). Ein hierauf folgender Tractat, in welchem

Augustinus de Dialectica mit einer Einleitung und gleichfalls mit Rand

glossen begleitet ist, zeigt eine ganz andere Behandlungsweise als Eric’s

Gomnientar, indem namentlich häufig griechische Worte eingestreut und

etymologisch erklärt sind; die sehr eigcnthümliche Einleitung, in welcher

auch Scotus erwähnt wird, beachtet besonders das Verhältniss Augustins

zur Stoa_‚ schliesst sich aber dann an lsidor (Anm. 27) bezüglich des

Gegensatzes zwischen Dialektik und Rhetorik annisy Sodann aber ent

hält jene Handschrift auch noch einen glossirenden Commentar zu des

Porphyrt'us Isagoge (nach der Uebersetzung des Roethius), welcher uns

bezüglich der Controverse über die Universalien wichtig ist. Die dabei

ausgesprochenen Ansichten liessen sich allerdings mit jenen des Eric

vereinbaren, insoferne hier trotz einer deutlichen Beziehung auf Scotus

schon sehr der aristotelische Begriff der individuellen Substanz hervor

tom Ebend. p. 141.: sciendum autem, quia propria nomina primum sunt in

numerabilial ad quae cognoscenda intellectus nullus seu memoria sufficit; haec ergo

omnia coartata species comprehendit et facit primum gradumy qui tutissimus ext,

scilicet homineny equum, leonem, et species huiusmodi omnes continet ; sed quia haec

rursus erant innumerabilia et incomprehensibilia. alter factus est gradus ungu

stior; ita constat in genere. quod est um'mal, surculns et lopis; iterum etiam haec

genera in unum coacta nomen tertium fecerunt gradum arctisimum iam et angustis

simum, utpote qui uno nomine solummodo constet, quod est usia.

161) Denn bei einer Handschrift des 10. Jahrh. geht für diesen Fall die Be—

weiskraft der Gründe, welche llaureau a. a. O. p. 135 f. aus der Gleichheit der

Schrift der Marginalglosseu schöpfte, sicher auf eine Identität der Zeit. Was aber

gegen die Identität der Person spreche, ist sogleich unten anzugeben.

um Cousin a. a. O. p. om

163) Ebend. p. 619.: Aurch'us vocatur dominus Augustinus ab aural id est

fauore populim' etc. „Dia“ enim quando per iota scribitur. significat „de“ vel

„ex“ pracposilionem, quando vero per y, signi/itvat dito, sicut est „dyologus“. .. . .

Scd omisso isto nomine transferamus nos ad dialecticaml de qua nunc nobis loqui

opartet. byalectica autem proprie .‚de dictioneuy quum in ea rationabiliter dc dictis

disputalurg ne quidem videretur „de“ per appositionem dici, quemadmodum dicimus

„de montr, de domo,” iunclim profert-ndo est dyolcctiro. Nun folgt die oben, Anm.

on angeführte Stelle über Scotus, sodann: bicitur micrologal id est pawilogo.

sicut rltctcrica morroioye, id est longiloga diciturj macron enim dicunt graece lon

gom. Est autem dialectica disciplina rationalis dif/iniendil disserendi ac rero de

falsis discemendi potens. Hunc libellum edidit dominus Augustinus de origine, Hy—

mologia verborum partim quidem ad imminulionem Stoicorum partim vero ad con

fusionnn; nam Sloici dicebant nullum verbum esse quod non habeat origincm, aut

sciatur aut latent. ouibus ille contradicit innumerabilia inquiens verba quorum

ratio reddi non possit (s. Abschn. Xll, Anm 35.). Diolectica nempe est pugnas

ustrictur, sicut et rhetorica palma quaedam extensa (s. Abschn. Vlll, Anm. 25.);

unde rares et lstudiosos requirit magistros etc.

m ‚.__.‚- d

XIII. Jcpa (1). 43

tritt, und der Gattungsbegrill' lediglich dem menschlichen Denken an

heimlällt. Jedochbliebc es, falls Eric der Verfasser dieses Commentares

wäre, immerhin schon auffallend, dass derselbe bei dargebotener Ge

legenheit seine entschieden nominalistische Auffassung des genus hier

ganz verschweigt: und sie nicht, wie doch sehr wohl möglich wäre,

mit seinem ontologischen Standpunkte verbinde. Sodann aber nennt

sich ja der Autor am Schlusse der Glossen selbst, wobei allerdings die

Handschrift den räthselhaften Namen „Jepa“ darbietet, bei welchem

ungewiss ist, was wir dahinter zu suchen haben tw Jedenfalls zeigt

sich uns hier ein Beleg dafür, dass, wie wir oben S. 35 sagten, von

zwei verschiedenen Seiten her Fragen auftauchten, welche in der Be

urtheilung der Universalien zusanimenliefen; denn sowie Eric von jenen

Worten des Boethius ausgieng, durch welche der Nominalismus an sich

näher gelegt war, so handelt es sich hier um die zum Realismus hin

neigende Stelle des Porphyrius. Dabei aber wird an die entschiedene

Behauptung, dass genus und species eine wirkliche Existenz haben ‘65),

sogleich die Unterscheidung geknüpft, dass, während Ein und dasselbe

Subject es ist, welches als universale und als singulare besteht, doch

nur einerseits letzteres als das concrete Sein im Sinnlichwahrnehmbaren

und andrerseits ersteres als das Gedachtwerden der Substanz selbst

betrachtet werden solle‘“). Darum liege die Unkörperlichkeit z. B.

bei dem genus nichl in jenem, was dem natürlichen Bestehen derDinge

selbst zu Grunde liegt, sondern eben nur darin, dass es genus ist, und

ebenso verhalte es sich auch bei species und den übrigen der quinque

voces 167); kurz die Unkörperlichkeit der Universalien crleide eine Be

schränkung, da dieselben sowohl mit Körperlichen] als auch mit Unkör

perlichem (gleichsam geistigen Dingen, z. B. Kunst, Wissenschaft u. dgl.)

verbunden sein können; in beiden Fällen aber seien sie untrennbar an

ihre individuellen Substrate gekettet, daher sie im ersteren Falle mit der

Seele (anima) und im letzteren mit dem Geiste (animus) zu vergleichen

seien 1“); ja am besten könne jene Unkörperlichkeit mit der mathe

I

164) Ehend. p. 623.: Seripturae finem sibi quaerunt hic isagogac; Parva qui

dem molesl magna sed utilitas. .lepa hune scripsi glossans utcunque libellum;

Ouod logicac si sit, scire tegens patent Haun‘au scheint dieses ganz übersehen

zu haben.

165) libani p. LXXXII: Prima quaestio esl, utrum genera el species vero sinL

Sed sciendum 0st, quod non esset disputatio de eisy si non vere subsisterenll nam

res omnesl quae vero ‚um, sine eis non esse possunL

166) Ebend.: Genera et species, id est universale et siugularel unum quidem

subiectum habenl, subsistunt vero alio modo. intelliguntur alio; e! sunt ineorporaliaj

sed sensibilibus iuncla subsistunt in sensibilibusl et tunc est singulare, intelligun

tur ut ipsa substantial ut non in aliis esse suum habential et tunc est universale.

167) Ehend. p. LXXXIII: An corpomlia ista sint an incorpomlia. quod duo

bus modis accipitun Nam genus si in eo quod genus si!‚ non quod res natura

constat. eonsideraturl semper ineorporale est; verbi gratiay si' substantia non consi

deratur in eo quod substantia 2st, sed in eo quod sub se species habetl incorporalis

csl,‘ item si species, quae est Iwrnn, consideratur tantummodo in eo quod sub ge

nere esl, es! ineorporulis et ipso,- eodem modo el difi‘ercntin quadrupes non respicitur

quod sit quadrupes diiferential sed unde a bipede differl, ue per hoc et ipsa incor

poralis esL Similiter de eaeterls accipiendum est.

168) Ebend. p. LXXXIV: Exceptio (Cousin ändert mit Unrecht ilhaocepn'o)

g.

44 XIII. Jepa(?). Reinigius.

tnatischen Abstraetion verglichen werden, welche an den Körpern die

Verhältnisse der Linien und Flächen als unkörperliche denke, denn in

gleicher Weise sei jeder Gattungsbegrifl‘ trotz aller Unkörperlichkeit desj

Gi-dankens doch in den Individuen stets in körperlicher Weise vorhan

den 169). Wird sonach genus als „die im Denken veranstaltete Zusam

menfassung der Aehnlichkeit aus den verschiedenen Unterarten“ defi

nirtno), -— wobei im Vergleiche mit obiger Definition des Pseudo

Hrabanus, Anm. 153, bereits die Weglassung des Wortes „substantiell“

zu beachten ist ——‚ so sehen wir, dass bei der Grundansiebt des Ver

fassers dieses Commentares schon nicht mehr die naive Indifferenz wie

bei Scotus (s. Anm. 140) bestehe, so’ndcrn dass die aristotelische Auf

fassung mit Absicht und Bewusstsein vertreten werde. Wie sehr aber

hiebei schon eine bestimmte Parteistellung obwalte, ist daraus ersicht

lich, dass hier zum ersten Male mit der Darlegung der eigenen Meinung

des Autors völlig polemische Seitenblicke auf platonisch-realistische'Geg

ner verbunden sind l71).

Ein solcher Gegner aber ist Eric’s Schüler lie migi us von A u xe rre,

bekanntlich einer der berühmtesten Lehrer jener Zeit, welcher seit d. J.

882 in Bheims und hieraufin Paris durch grammatikalischen, musikalischen

und dialektischen Unterricht wirkteU'Z); uml es muss uns sehr wahr

itaque incorporalitatis genere fit, quod et praeter corpora separatem esse possit et

corporibus iungi patiatur ut animal sed ita ut, si corporibus iuncta fuerinty insepa

rabitia sint a corporibusy neque ab incorporalibus separentun el utrasque in se con

tineant potestatcsg nam si corporalibus iunguntun talia sunt qualis illa prima versus

terminos incorporalitas (s. d. folg. Anm.) quae nunquam discedit a corporel si vero

incorporalibusy talia sunt qualis est animus qui nunquam corpori copulatur.

169) Ebend.: Termim' cum sint semper circa corpora quorum termini sunl,

incorporei tamen intelligenter, sicut est cpiphanint et haec prima incorpomlitas,

primus transitus a corporibus ad incorporea liuic ergo incorporalitati assimilatur

generis et speciei incorporalitasg neun, verbi gratia animal et homo, licet per se

intellectu incorporatia sinty in individuis tamen quibus substantl corporalia sunL

Hiezu die Stelle bei tiaureau a. a. O. l, p. 139.: Locus in corpore quidem per

cipitur-1 sed corpus ipse esse minime credcndumg est ergo locus spatiuml quod

quodlibet corpus tenere aut occupare valetg hoc autem spatium in sua na

tura propria ei integrum et inriolatum permancL Die Vergleichung der allgemeinen

Begrifl'e mit der geometrischen Granze der Körper (vgl folg. Abscbn. , Anm. 71.)

oder mit dem Orte ist es jedenfalls, welche uns sehr an Scotus (Anm. ian er

innert. wenn auch die Auffassung des locus hier nichl so ausschliesslich spiritua

listisch klingt wie dort, sondern sich mehr an das conerete Wesen des Kör

pers halt.

170) Cousin‚ p. LXXXV: Genus es! cogitatio collecta ex singularum similitu

dine specierum Diess ist der Punkt, an welchen Eric, wenn er der Verfasser

dieser Schrift wäre, seine nominalislische Ansicht hätte nnschliessen'können und

müssen.

171) Ebend. p. LXXXII: Sed Plato genera et species non modo intelligi uni

versatia1 verum etiam esse atque praeter corpora subsistcretputaL Und -p LXXXIV:

Hi qui genus et speciem incorporalia solummodo dimnt, hoc probare videntur Por

phyrii ipsius sentential qui veluti iam probata quod incorporea sinl; ita ait „c!

utrum separata an ipsis sensibilibus iuncla“; quod et si haec aliquando corporalia

ezslitissenL absurdum esset quaererez utrum incorporalia seiuncta essent a sensibi

libus an iunctag cum sensibilia ipsa sint cnrpora.

172) Sein Schulbuch der lateinischen Grammatik, welches noch im 16. Jahrh.

benutzt wurde (gedruckt unter d. Titel Remigii fundamentum scolarium. BusiL

nos 8.)‚ berührt uns hier nicht.

l i

qu Otto v. Clugny. Remigius. 45

scheinlichzdünkem dass gerade des llemigius Einfluss in Paris noch bis

zur späteren dortigen Richtung l'ortwirkte, wenn wir auch nicht mehr

im Stande sind, die Faden, welche von seinem‘ hervorragenden Schüler

Otto von Clugny "3) zu Wilhelm von Champeaux hinabführen, im‚- l

Detail nachzuweisen. Seine logischen Ansichten legte Remigius in einem

Commentare zu Marcianus capella nieder 17“), und er zeigt dortsellist

die Parteistellung eines ausgesprochenen Realismus. Er betrachtet neul

lieh das genus lediglich als den Sammelpunkt der speciellen Formen

([‘ormurum, vgl. oben Anm. 109), welche durch Theilung (paru'n'o) aus

ihm hervorgehen und dann Wieder als substantielle Einheit (unitas sub

stantiulisj der Individuen bestehen H5’), so dass im platonischen Sinne

Alles bis zum lndividiuul herab sein Sein nur iltlrch ein Tlieilnehmen

(parlicipatio) an dem obersten genus, d. h. an der Substanz, liesitzt‘7“).

ln voller Consequenz wird diese Auflassung sogar auch auf die Aeci

dentien angewendet, welche sonaeh vor ihrer Vereinigung mit einem

Individuum ursprünglich gleichfalls selbstständige Substanzen waren “7),

und es verbindet sich hiemit auch die platonische Lehre von der Blick

erinnerung, insofern es sich um geistige Aceidentien, z. B. wissenschaft

liehe Bildung, handeltns).

x; m

"‘ 173) Joamtes, vita od. cum l, 19. bei Maln'll. Act. Benz-d. Scc. V, p. 157:

ltdo his diebus adiit Parisium ibique dialecticam Saucti Augustini Deodalofilio suo

missam perlegit et Marcianum in liberalibus artibus frequenter lectitavitg praecepto

rem in his omnibus habuifllemigiunL Vgl. MabilL Arm. Bened. lll, p. 331.

174) Nachdem schon früher das Vorhandensein dieses Cummentares in ver

schiedenen Bibliotheken (z. B. auch in Leyden) bekannt gewesen war, hat nun

Huun‘au a. a. O. l, p. 144 tl‘. aus Pariser Handschriften einiges Wiehtigere mit—

getheill, vielleicht leider fur unseren Zweck zu wenig, und auch dieses nicht immer

im Originaltcxte. (Die Note p. 148, aus welcher man auf eine grössere ander

weitige Veröffentlichung Von Fragmenten des Remigins schliessen konnte, bezieht

sieh‚ wie mir H. llaureau freundlichst mittheilte, nur auf einen Missbrauch, welcher

mit den eigenen Adversarien desselben vor dem Drucke des Buches von einem

Dritten getrieben wurde.)

175) Haurc'au, p. 145.: Genus est complercioa id est adlectio et compreheusio

multarum formarum, id est specierum Es! autem forma partitio lsubstantialisl

ut homog homo est multorum hominum substantialis unitas.

176) Ebend. p. 146.: Voici comment il s'erprimc: „l! es! un genre plus

genilral que les autresy au-deld duquel llintelligence ne peu! s't‘lever, que les Grecs

nomment oüo'ia, et les Latins essentia. En eflel, l'essencc comprend toutes les na

tures el lant ce qui existe est portion de llessence - cuius participationc consistit

omne quod est descendit autem per genera et species usque ad speciem spe

cialissimam quae a graecis uthomoih id est individuum et insecabile dicitura ut

est Cicero.“ ‚

177) Ebend. p. 147.: ll n’est pas deuten: que l‘accideu! propremcn! dit vicnne

slunir a tu substance individuelle; mal: avaut quc rette union soit opereel oii si

lrouve, dit-ih llaecidentf Uu'esl-il? Nr; peut-on pas dire qu’il est par iui-memo

quelque subslunce nsubstantia per semel?“ ciceron est oraleur, rhiiteur; voila

tlaccidentg mais uvant de slunir d Cicdrou ou de se produire en luil la rhetorique

iiletait-elle pas une substanceft -

178) Ebend. p. 148.: omnis naturalis ars in humana natura posita et con

cretus inde fit ut omnes homines naturaliter habeant nalurales artes. Cum ergo

apparet rhetorica in animo alicuius hominisy non aliunde venit nisi a se ipso, id

est de profunditate memoriam et ad nullum aliud redi!‚ nisi ad eandem eiusdem

memoriae profunditatem Accidens enim in uno forma, id est in uno speciei ut rhe

luricu, non nisi homini accidit Homo uua speciesg philosophi dicuntl omnibus

x).

J.-„‚“‚.“‚——._MMM

J‚.zn.u..-

46 v XIII. Die l'arteispaltung. St. Gallen.

h .n

Somit liegt. bereits am Ende des 9. .lahrh. jene ganze Parteispal

tung vor ults, welche man gewöhnlich erst dem Ende des 11. .lahrli.

zuzuschreiben pflegte oder noch pflegt l"9), und was das Princip be

tritl't, so haben Boscellinus. Wilhelm von flhampeauxa uu_d selbst Abülard

nichts Neues im Vergleiche mit den so eben erörterten Erscheinungen

vorgebracht; dass bei ihnen die Darlegung der Parteistellung reicher

und einlasslicher sich gestaltete. ist sehr erklärlich, da ja der Streit in

der Schule eben zwei Jahrhunderte vorher schon begonnen hatte. Drei

Auffassungen aber, nemlich der sog. Realismus I’lato’s, der aristotelische

Individualismus, undder Nominalisnms, hatten sich schon im 9. Jalirh.

herausgestellt, und zwar, wie wir wenigstens versuebten zu zeigen,

nicht ohne den Einfluss des Scotus Erigena. Dabei jedoch kann es,

wie sich von selbst_verstebt, Niemandem in den Sinn kommen, den

Itemigius und jenen Jepa (i) und den Eric oder obigen I’seudo-llrabanus

etwa als die ersten Entdecker oder Erfinder der von ihnen vertretenen

Ansichten zu betrachten, sondern dieselben dürfen uns nur als Reprä

sentaplen von Richtungen gelten, welche aus dem logischen Schul-Ma

teriale mit Nothwendigkeit hervorgehen mussten, sobald man nur über

haupt etwas mehr naclidachte, und wir dürfen überzeugt sein, dass in

jener Zeit wohl überall, wo man sich mit Logik beschäftigte, die glei

chen Gegensätze sich lierausstellten (vgl. unten Anm. 238; eine sorg

fältige Durcltforscbung aller Bibliotheken würde wahrscheinlich noch

manclten Beleg biefür zu Tage fördern). Dass _die weitere Fortbildung

der Controversen durch die Berühmtheit einzelner Lehrer und nament

lich gerade durch polemische Darstellungen nur gefördert werden konnte,

ist von selbst klar; aber der erste Anfang des Streites muss jenem

Jahrhunderte zugewiesen bleiben, welchem er wirklich angehört.

In dieselbe Zeit (Ende d. 9. .Iahrh.) fallen auch die'ersten Keime

jener 'l'liätigkeit iu St. Gallen, deren reichere Blütlte uns bald weiter

‚unten begegnen wird. Auch hier weist uns der damalige Kulturgang

'auf Fulda und die Schule des Hrabauus als die eigentliche Quelle zu

rück H"), und es versteht sich von selbst, dass die theologisch-kirch

liche Grundlage der freien Künste, welche in der Schule die übliche

l vul .‚

. .

hominibus accidere diseiplinam quod si itar ergo onmis humo rItct‘or, dialeclicus.

videmus tamen complures expertes esse rhetoricos et aliarum diseiplinarum; mm

ergo veruml quod omni homini rhetorica accidaL Sed aliud quod accidit secundum

naturaml aliud quod secundum esterritinm et ezperientiamg ergo secandum naturam

omni homini accidit disciplinas solis vero philosophis secundum exrrcitium et ecr

perientiann lliebei ist der Realismus um so beachtenswm‘ther, da ltemigius zu letz

terer Auseinandersetzung otl‘eubar durch eine Stelle des Boethius veranlasst wurde,

wo letzterer gerade über den Sprachausdruck handelt (ROH/l ad Ar. d. interpr.

p. 323.: sicuteryo naturatiter singulznium artium sumus susceptibiles, sed eas non

noturaliter habemusr sed doctrina concipimus, ita vor quidem naturaliter esl, sed per

vocem significatio non natut'elilcr).

179) Natürlich mit Ausnahme der Darstellungen bei Cousin und bei llanrenu;

auch H. Bitter zog es trotz der Mitthellungen des ersteren (— die des letzteren

konnte er i. .l. lium noch nicht kennen —) vor, nach älterer Weise den Nomi—

ualismus und Realismus erst mit Roscellinus und Wilhelm von Champeaux zu

eröffnen.

180) S. Wackernagel, Gesch. d. deutsch. Litt. S. 78 m Vgl. auch Weidmann,

Gesclt. d Bibl. v. St. Gallen. IBM.

. . ..... a

an St. Gallen. Glossarinm Salomonis." . ' 47

war (s. oben Anm. 17, 24, 49, so f.), auch in St. Gallen im Auge

{behalten wurde l31). Welche Wichtigkeit die dortigen Bestrebungen

auch durch die Anwendung unserer nationalen Sprache besessen, ist

bekannt genug; es mag aber in dieser Beziehung gelegentlich bemerkt

werden, dass es damals auch ausgesprochene Gegner des Uebersetzens

gab‘”); jedoch diese Seite der St. Galler Periode liegt uns hier ja

ferne. Hingegen was das logische Material der dortigen Schule betrifft,

dürfen wir die vereinzelte Notiz nicht verschweigen. dass ein Bücher

Verzeichniss aus d. .l. 872 von „fünf Büchern“ des Boethius (ausser

der Schrift d. consol. phil.) spricht 183), denn im Zusammenhalt mit einer

späteren Angabe (Abschn./„XIV, 'Anm. 6) dürfen wir hieraus schliessen,

dass auch in St. Gallen in jener Zeit die von Boethius gemachte Ueher

setzung der aristotelischen Analytiken noch unbekannt war.

Der sog. „Vocabularius S. Galli“ und die „Keronischen Glossen“

enthalten noch durchaus nichts Logisches 184), hingegen hietet‘das sog.

Glossarium Salomonis’“) uns einiges lnteresse dan indem dort in

der alphabetischen Reihenfolge, in welcher/das ganze encyklopädische

Schulwissen damaliger Zeit vorgeführt ist, sich auch reichlich logisches

Material findet. Allerdings sind es fast ausacbliesslicli nur die Angaben

des lsidorus, welche hier in alßbabetischer Zerrissenheit und mit bar

barischer Schreibung der Kunsta‘usdrücke erscheinen 186); aber einiges

181) Eckchen! vita S. NotL-eri b. Cam's. Ant. lectt. lll. p. 554.; In monasterio

S. Galli septem liberatium artium studium floruit, et ille sub lsone magistro (lso

starb 871) hoc in tempore literatissimo artium liberalium subtilitates non pro gloria

seu avore seculi, sed pro utilitate sanctae dei ecclesiae admodum satis edoctug fuiL

182) Wenigstens sagt Sercatus Lupus (gest. 862), Episl. 41.: Vobis aperiu,

principem operam me destinasse lectioni et ad oblivionis remedium et eruditionix

augmentum libros pauculos paratvissey nec germanicae linguae captam amore1 ul

ineptissime quidem iactavermtt, sarcinam subiisse tanti tamque diuturni laboris.

183) Rutperl. Gas. S. Galli b. Pertz1 Man. ll, p. 72‚: lsidori Elymofayiar.

Marcianus Cupella. Boetliü philosophiae eorlsolalioy item alii quinque libri.

184) Ich habe die ganze Glossen-Litteratnr jener Jahrhunderte, soweit sie ge

druckt vorliegt, durchgelesen, aber aussersl selten Worte aus der Logik gefunden

(mehr aus der Rhetorik), nnd jenes Wenige beruht ausschliesslich auf lsidor und

Marc. Capella.

185) Der Constanzer lncunebeldrnck s. l. c. a. dieses Glossariums (wovon

Ein Exemplar sich in der Münchner Staatsbibliothek findet) enthält eine Epislolu

praelt'butiuia, welche gegen das schlechte Latein (des . Jahrh.) und auch gegen

das Calholicon des .loannes lanuensis polemisirt und ei ausdrücklich den Bischof

Salomo ll. tam-eam als Verfasser nennt (ergo Salomon ille noster secundus

tiunstantiensis ecclesiae epitcopus etc.) Weidmann a. a. O. p. 461. schreibt es

Salomo lll. selbst tego-gem zu; richtiger aber scheint die Ansicht zn sein, welche

Graff, Diutiska lll1 p. 411 fl'. und R. v. Raumcr, d. Einwirk. d. Christenth. u. d.

altbochd. Spr. p. l28. aussprechen, dass das Ganze nur im Auftrage Salomo's lll.

von Notker Balbulus (gest. om und von Tutilo (gest. 9l2) etwa auch mit Be

nützung Von Excerpten lso’s gemacht sei. Vgl. auch E. Dümmler, D. Formelbuch

des Bisch. Sal. lll. Berl. l857, p. 110 Uehrigens besteht das gedruckte Exem

plar aus zwei Glossarien. deren ersteres eas nnpaginirte Blatlcr gross folio in

je zwei Columnen, das zweite aber, welches sich weder als Auszug noch als Supple—

ment des ersten zeigt, ebenso 49 Blätter füllt.

186) Die Eintheilung der Philosophie und der freien Künste nach lsidor (s.

, ‚oben Anm. 23.) steht s. c. Philosophie uud ltiseiplinaej wobei auch der Unterschied

fzwischen ars und disciplina (Anm. 26.) nicht fehlt; die verschiedenen Angaben

. über die Logik selbst (Anm. ‘27.) sind verlheilt s. v. bialecticus uud Logica und

a .

48 - Glossarium Salomonis. Poppo.

Einzelne weist doch auch auf anderweitige Lectüre hin, wie z. B. höchst

abenteuerlicheßotizen über die „Entelechie“ oder über das Verbum"

Elth 1“7), oder wenn bei den Kategorien der Qualität und der Ilclatiou.

(jedoch nur bei diesen beiden) Ausführlicheres unmittelbar aus Boethius

benutzt ist'“); dasselbe gilt von der Berücksichtigung suphistischer

Schlüsse, welche nicht aus Alcuin (Anm. 71) und nicht aus Hrabanus

(Anm. 82), sondern selbstständig aus Gellius (Abschn. VIII, Anm. 66)

entnommen Dass dassindze15h9n)t.e Jahrhundert in geistiger Beziehung rdie Zei"tj der‘.

grössten Unfruchtbarkeit und Finsterniss gewesen, ist bekannt, und so“

linden auch wir auf unserem Gebiete nur die Bestätigung eines solchen

Urtheiles, denn in der That ist es der Zeitraum eines ganzen Jahrhun

dertes, aus welchem wir auch nicht eine einzige selbstständige Arbeit

oder auch nur die Anfertigung eines Compendiums mit Sicherheit an

führen können. Um so mehr aber müssen wir eben deshalb in dieseL

Periode auch jede geringfügige Spur verfolgen, welche uns den Nach

weis geben kann, dass doch wenigstens der reeeptive, — wenn auch

nicht der productive ——, Schulbetrieb der Logik noch fortglimmte und

somit der Faden derTradition nicht völlig entzweiriss. „U „J. „

Eine solche Anknüpfung an Früheres wäre zu erkennen, .wenlr

Poppo in Fulda (um d. .I. 960) seinen Schülern ausser dem Boethius

auch andere philosophische Schriften erklärte 190); oh aber wirkligjt.

Rationubilis; das ganze Capitel über die Isagoge (Anm. 28—31.) nur mit Weg

lassung der letzten paar Zeilen (Anm. 31.) steht s. u. lIisugoyc, ebenso vollständig

der t bschnitt über die Kategorien (Anm. 32.) s. v, Kategorie, und Einzelnes daraus

wieder s. n. Equiuoca, llomonima (Anm. 42.), omonimaa Sinonima. Ouanlitas, Sub

stantiav Usia. Von der Lehre vom Urtheile steht s. v. Periermeuias bloss jenes

Sprüchlein (Anm. 34.), sodann aber Einzelnes s. v. Apo/asin, Contradiclio, llatu

fasinj Negatio, Nomen, Verbum. Das Wort lie/initio selbst fehlt, aber Einzelnes

ist angegeben s. c. liataapheresina Katahipotiposiu. li'atucpcrion, li'alaanalogiam,

Kataetilogiam. Aus dem Abschnitte über die Sj'llogistik (Anm. 38.) ist nur Eine

Notiz s. c. Yppotclicos entnommen, hingegen Mehreres aus dem rhetorischen Ah

schnitle (Anm. 43.) verthcilt s. v. Catascetta, Entimcma, IIationatia, Silloyismus;

die Topik aber (Anm. 39.) ist s. c. Topica vollständig abgeschricben. Endlich aber

fehlen auch hier nicht jene obigen zwei Einzelnheiten (Anm. m u. 47.); sie stehen

s. v. Rationale und s. v. Tcncbras.

187) Endelccliia i. e. psicben secundum Clialcirlium perfecta uctas, secundum

Aristatelem absoluta per/ceti intei-prelatum Plato tamen ende/echtem animam mundi

dicit, et dieta endelechia qu i endos lechia, i. c. intima aetas. — Emi verbum subv

stanlivuml i. e. sum, cuius participium praesentis temporis ncutri generis ens, plu

rale eius oysa, i. e. entiay eui addita iota forma! hoe nomen quod est usias i. c.

esse-ntim

188)S. c. Oualitas (vgl. b'octli. p. 186 f.) und s. v. Rclatio (vgl. ehend.

p. 170.). -

1&9) Dilcmmatum argumentum quod est ab utraque parte firmissimum et ron

cludit adversarium (diess erinnert an Scotus, s. Anm. sa ff.). Dilemma est eorun

tus sitlayismus. - Pseudomeni dicuntur fallaces a yrriceo, qm rem aliquam men

Lionibus conantur assererev ut dicimus de philosophis qui aiunls si dicam mentiri

et non mentiory verum dico. — Sofisticc, argum sapienter conrlusione vel reprehen

sione. - Im zweiten Glossare: Sepln'strm, eloquenlissimus oralar. -—- Sopltismuta,

i. e. fraudulentae assertiones. —- Sophisnmta sunt falsae conclusiones verborum , i.

c. ubi in- falsis sententiis connexionis veritas manet (s. Anm. 83.).

190) Trithcm. Arm. Ilirsauy. a. enu p. 113.: claruit his etiam temporibus in

monasterio f-‘uldensi Poppo venerabilis monachusl magister scholarum ronseusu

xm Beinhard. Johann v. Gorz. Gunzo. 49'

ein gewisser Reinhard, Scholasticus in St. Burchard zu Würzburg

(um d. J. 935) einen aus vier Büchern bestehenden Commentar zu den

Kategorien geschrieben habe, ist wohl nicht ganz gewiss, denn ausser

der Unlauterkeit der Quelle, welche diess berichtet, muss jene Zahl der

Bücher darum einigen Argwohn erregen, weil der Commentar des Boe

thius gleichfalls vier Bücher enthält, und somit die Möglichkeit sehr

nahe liegt, dass Reinhard nur ein Exemplar des Boelhius copirt habe;

falls er jedoch auch eine Schrift über die Quadratur des Cirkels ver

fasste, würde diess immerhin, wie wir unten, Anm. 251 und 278,

sehen werden, auf eine speciellere Beschäftigung mit des Boelhius Com

mentar zu den Kategorien hinweisen 191). Auch die Notiz, dass ‚lo

hann von Vendiere, Abt in Gorz bei Metz (welcher i. J. 955 als

Gesandter Otto des ‚l. nach Cordova zu Abdur [lahman ll. gieng), bei.

_seinen Studien durch Augustin’s Trinitätslehre auf die Kategorien oder

die lsagoge hinübergeleitet wurde, mag höchstens als Beleg dafür an

geführt werden, dass Alcuin (oben Anm. 51) in der Schule fortwirkte,

fwenn auch, wie die nemliche Quelle hesagtfiderlei logische Untersu

chungen bei anderen Klerikern keineswegs Beifall fanden 192). _‚

Hingegen finden wir aus dem Anfange der zweiten Hälfte dieses

'‚lahrhunderts wenigstens eine Hinweisung auf die logische Parteifrage

in einem Briefe des Gunzo ltalus ‘93), welcher Diaconus in Novara

gewesen war und durch Otto I. nach Deutschland gezogen wurde;.und

vielleicht dürfen wir aus der Schulkenntniss, welche Gunzo zeigt,

schliessen, dass man auch in Italien jenen Fragen nicht ganz fremd

geblieben war, wenn wir auch auf die zweiunddreissig „Philosophen“,

welche schon im 9. .lahrh. in Benevent gelebt haben sollen 194), wenig

omnium constitutuL qui cum esset omni scientia scripturamm eruditissimusj mul

torum audientium praeceptor egregius fuitg hie, ut Meginfridus testalun libros Boe—

thii de consolatione primus inter omnes suis commentariis ezplanaviL plura denique

veterum synthemata philosophorum suis discipulis legere consueviL Dass die Ange

ben des Trithemius nur vorsichtig zu benutzen sind, ist bekannt.

19!) Ebend. a. 934, p. 72.: claruit his quoque temporibus apud francos

orientales in coenobio sancti liurkardi iuxta llerbipplim lleinhardus monachus et

magister scholarum ibidem in omni genere doctrinarum nominatissimus, sub cuius

institutione scientia litterarum multa claustrales eiusdem loci complures mii-ilice pro

fecerunt ,- scripsit inter cetera ingenii sui opusculo de quadratam circuli librum

unum, in categorias quoque Aristotelis libros quatuory de musica libros duos, de

arte poetica (?) librum unuml in canticum canticorum librum unum clc.

192) 10mm. Melt. vita Joann. Gurz. c. 83 bei Pertz, Mon. VI, p. 360.: postre

mum in libris de rrinitate multa intentione sudavil; in quibus cum de dialecticis

rationibus quaedam o/fmdissetl maxime ubi eam quae dicitur „ad aliquid“

eathegoriam introducit eiusque occasione de omnibus quoque decem praedicamentis

strictim quaedam ao-mmcmorat, scholasticam mox super his sibi operiendu expetens

ab ipsis introductionibus lsagogarum laborem arripuit lectiom's. In quo cum diu

. luctareturj repente dominus pater Einoldus (Abt zu Gorz) medios praecidit cona

tus _ ‚ ‚_ tempora in his frustra expendere nolens ab hoc studio cum avertit iussitqueq

ut animum potius sacra lectione occupareL '

193) Näheres über ihn.s. b. J. Cllr. Gatterer, Cammentutio de Gunzone. Nürnb.

ns6.1944.) -Anon. Salcrn. bei Perlz, Mon. lll, p. 534.: Ludovici secundi imperatoris

aetate triginta duos philosophos beneventi vixisse, inter quos lienricus liberalibus

disciplinis non solum apprime imbutusl sed etiam proba veritate deditus. Pertz er

Pnanrz, Gesch. ll. 4

!__

‘50 i Xlll. Gunzo. ' m

Gewicht legen wollen. Kurz jener Gunzo hat in einem i. J. 960 an

die Beichenauer Mönche geschriebenen Briefe’”) Gelegenheit, nicht

bloss logisches Material zu erwähnen, wobei wir hervorheben dürfen,

dass er ausser dem Marcianus Capella und Arist. d. interpr. auch die

eieeronisehe und die aristotelische Topik (letztere gewiss nur in jener

Vereinigung beider Topiken bei Boeth. d. difl'. top.) nennt 196), sondern

er geht auch mit einem gewissen Forschungssinne und jedenfalls mit

Vorliebe und Lobeserhebungen auf den gleichsam als Zauberkuust wir

kenden lnhalt der Logik, zumal der Lehre vom Urtheile, ein 197)‚ und

versucht selbst nicht ohne Geschick die logische Technik auf anderwei

tigen Stoff anzuwenden 19g). Sodann aber, was uns das Wichtigste

klärt philosophus als clericus vel monachusa vielleicht richtiger Giesebrecht (De’lilt.

sind. ap. ltalos. Bcrol. 1845, p. 15.) als doctor artium liberaliunL

195) Die Veranlassung des Briefes liegt darin, dass Gunzo in St. Gallen beim

geselligen Mahle wegen eines Grammatikal-l-‘ehlers eine bittere Verunglimpfung von

Eckehard erfahren hatte, worüber er nun die Beichenauer um schledsrichterliche

Entscheidung bittet. Abgedrnckt ist der Brief b. Illur!ene‚ Vett. scriptL ampliss.

coll. l, p. 294 m -

196) Ehend. p. acts Adveniens (d. b. nach St. Gallen) deferebam paene

centum librorum volumina intcr quae erat Marciani in septera liberalibus disci

plinis succincta veritas deportabatur quoque Ptatonis in Timeu (d. h. Chal

cidius) viz intellccla pro/'undilas, Aristotelis in libro Periermeuias aut nostris cia:

temporibus tentata aut non perslmrla obscuritas (Wirkung jenes nun schon oft er

wähnten Sprüchleins), ciceronis Aristotetisqae non contemnenda Topicorum dignitas

(selbst schon der Wortausdrnck weist uns sicher nur auf des Boethius Verknüpfung

“der cieeronischen und aristotelischen Topeu hin).

197) Ebend. p. 305 : llaec (so. Minen)“; d. h. die Wissenschaft) ita aliquando

lambiguitatc obfuscaturj ut quae res cui generi subponi debeat dif/icilc possit inve

nirig verbi gratia si quis ita proponal1 cum omnia quaecunque sunt aut substantia

aut accidens habeanturl quid de differentia dicendum est, quae neque substantia ue

que accidens dici potest? Substantia dici ncquit, quia non praedicatur in eo quod

quid sit; accidens idcirco vocari non potestl quia substantiam iri/armat (vgl. Anm.

109. u 150,); quod enim substantiam constituitj in substantia praedißatur. Es!

autem haec tam subtilis prudentiaey ut decem et novem modorum conclusionibus

(diess aus Marcianus Cap., s. Abschn. Xll, Anm. 68.) omnem pacnc logicen philo

sophiam concludi existi-moti quae Aristoteli adeo absecuta creditum ut ei nutrix

credatur. Scit sophistica stultos ravitlalione decipercl monstrat tamen qualiter ipsa

cavillatio possit evitari; falsa veris quando vult sic farcinati ut uno eodemque

tempore eodemque loco rite convenire videantur; esse etiam et non esse arcano qua

dam ratione (also wie eine magische Kunst) simul concurrere fingit, propositionum

suarum quadraturam eo modo dispositam autamat, quatenus obliquorum laterum

recursus aliquando sine coactione redeat. aliquando eoactionc operiatur (er meint

die Figuren bei Boethius, Abschn. Xll, Anm. 113. u. 125.); buic non satis esty ut

dicatur malum esse quod estl sed quia bonum non ext; verba secundum so nomina

esse putatj nam et qui dicit auditnm constituity et qui audit quicscitj ipsaque non

nisi in instanti tempore iutlical dici posse (vgl. Abscbn. Xll, Anm. bis f. u. 111.).

ubique se vertit ad singulos ac veluti ludens venena mordacitatis, quae veneno mon

strata auti vitam non intercludunt.

198) Ebend. p. 310.: oritur quoque magna inter philosophos de coelestibus

corporibus quaestio (s. Beet/t. p.'85., woselbst die Veranlassung der Bemerkung

Gnnzo’s), utrum animata sint an inanimata. et Plalo quidem non solum animata

sed et rationabilia et immortalia putaty Aristoteles inanimata et immortalia. lix

quo secundum opinionem Ptatonis contrarium quiddam c'oufici'mr diffiniti'oui Puiphyrii,

qui di/fercntias substantiales et divisivas affirmri! generum et constitutivas-specierumg

sed irrationalis et immortalis di/ferentiae secundum Platonem nullam speciem con

formant (d. h. wenn sie bei Plato vernünftig und unsterblich sind, so müsste nach

.... b‘;‚u_—_—-.____„ .—— _ g

Xlll. Gunzo. Wolfgang. Ahho. Bernwurd. 51

ist, zeigt er ein Bewusstsein des Gegensatzes zwischen Platonismns und

Aristotelismus bezüglich der Geltung der Universalien Uw), und er scheint

hierin auf einem Standpunkte zu stehen, welcher die beiden, von uns

oben S. 35 auseinandergehaltenen Fragen zugleich ins Auge fasst. denn

'er entscheidet sich offenbar auch im Hinblicke auf jene die vom be

treffenden Stellen des Boethius für eine platonisrh realistische Auffassung,

wobei das Gebiet der Wortbezeiclinung als das veränderliche und an

sich unstate erscheint 2"0). .

l Anderes hinwiedernm, was der zweiten Hälfte oder dem Ende des

10. Jahrh. angehört, können wir nur als Beleg des Fm‘theslandes _der

Schultradition anführen; so wenn berichtet wird, dass Bischof Wolf—

gang in Regensburg (um d. .l. 970) in einer theologischen [lispulation

die verschiedenen Artena in welche das accidens emgetheilt werden

kann, in Anwendung brachte, wobei jedoch bemerkenswerth ist, dass

die dialektische Methode als carnalis antidotus bezeichnet wird 201)‚

oder wenn die logischen Studien des Abbo von Orleans (gest. mon ‚

welcher in Flenry studirte und später ebendort doeirte 202), und des

Bischofes Bernward in Hildesheim (gest.1022) erwähnt werdenjma),

Porphyrins dann auch eine Species von Wesen existiren, welche'nnvernünftig und

unsterblich wären; eine solche aber gibt es bei Plato nicht); licet Ariilotclis opi

nio a Porphyrii diffinitione non dissmtiuL

199) Ebend. p. 305.: Aristoteti genus, speciem, difl’erentiam, proprium et

accidens subsistere denegavit (sc. Minerva), quae Ptatoni subsistentia persuasit.

Aristoteti an Platoni magis credendum putatisf Magna cst utriusque auctoritas,

quatenus viae audeat quis altcrum alteri dignitate prae/erran

200) fibi-ni p. 299.: llcet/tius vir eruditissimus in libro peri Srmcnias se

eundae e-ditionis audite quid dicati Adminiculari quis debet obscuris sensibus pa

tientia ct consensuy quod ad sententiam dicentis spectatj etsi sermonum ratio se ita

non habeat. cui rei Aristoteles in libro peri tfrmenias congruit his verbis:

sunt ergo ea quae sunt in vocel earum quae sunt in animo passionum notac. omnis

nota alicuius rei nota est; prius ergo res est quam notag res ergo prius ponderanda

est quam nota. '

201) vita wol/gangi c. 28 bei Parts, Man. v1. p. 538.: Om'dam haereticus . ..

quod verbum caro factum est oppuguans dixit „si verbum, non est fattum, aut si

factumv non est verbumu . worauf Wolfgang: Ouia non per spiritualem sed per

caritatem mcdicandus cs antidotum, dic quid sit accidens. llle vero multum arro

ganter uaccidens cst, inqm't, quod adest et abest praeter subiecti corruptionemn

(diess die Definition des Porphyrius, s Abschn. Xl, Anm. 47.). ltursumque prae

sult „quot fmnamm sit accidens. edicilo." At ille canticuiL Theologus autem

. succiuctc disseruitz Acridens ext, inquit, quadri/cmnu; unum quod nec accedit

nec recedit, ut acilus (wohl zu lesen 'calvus) et simus (auch Boeth. p. 110, ‚nimmt

ebenso das griechische aquis unverändert herüber); aliud quod accedit ct rcceditl

ut saturitas et dormitiog tertium quod non accedit et tamen rcccdits ut infantia et

put'r‘iliu; quartum quod accedit et non recedit, ut senectus et canities. liac ergo

similitudine filius induit quasi per inseparabile accidens humanitatem etc. Die

Viertheilung selbst ist erst aus den erklärenden Beispielen bei Buclh. p. eo ge

macht, denn bei Porphyrins liegt nur Zweitheilung vor1 s. Absrlin. X], Anm.

44. u. 47.‘

non Aimoin. vita S. Abb. c. 3. h. Hab. AcL Bened. VI, l, p. 30 flii biecrtorum

adiit sapientiae officinas locorum quapropter Parisiis atque Remis ad- eos qui

philosophiam pro/itebantur profectus . . .. .. denique quasdam diatecticorum nodos syl

logismorum enucleatissime enodavit etc.

203) Thangmar (Scholasticus in Hildesheim und Lehrer Bernward’s, dessen

Leben er-heschiieb), Prot. vitae Bernw. b. Pertz‚ Mon. VI, p. 758.: interdum sint

.1.

4!

se .qu Bernward. Walther v. Speier.

und zwar bei beiden der Berichterstatter in eigenthümlichen Ausdrücken

die Schwierigkeiten der syllogistisehen Uebungen hervorbebt; das Gleiche

gilt auch von einer Notiz, welche die Schule in Worms betrill‘t und

sich wieder des Wortes fuga (s. oben Anm. 97) zur Bezeichnung der

Dialektik bedientn‘). Etwas ausführlicher beschreibt den Gang seiner

eigenen Studien Walth-er von Speier, welcher zur Zeit des Re

gierungsantrittes Otlo‘s lll. (i. J. 983) eine Vita S. Christophori in sechs

Büchern (in Hexametern) verfasste, deren erstes unter der 'Uebersehrifl

„Scholastt'cus“ in schwülstiger Allegorie die Darstellung der sieben freien

liü'lnste enthält 20‘"); und es ist nicht ganz ohne Interesse, zu sehen,

wie Walther an der Hand des Boethius (s. Absehn.Xll‚ Anm. 77 uigil

die Theile der Logik, nemlich lsagoge, Categorien, d. interprek, Ana

lytik und Topik, aufzählt und bei letzterer sich an Boeth. d. ttim top.

ansehliessend das Nebeneinandertreten des Dialektischen und des Rheto

rischen anerkennt, um zuletzt auf Cicero als den Vertreter der eigent

lichen Rhetorik, soweit dieselbe nicht dem Dialektischen anheimt‘ällt,

hinzuweisen 206). v

. J

' ‘

plici conlexlu rationem contalimus, saepe syllogisticis cavillatiom'bus desudatn'mus;

ipse quoque me rrebro, etsi vererimdc, acutis tamen et ez intima aditu (zu lesen

adylo) philosophiae prolatis quaestionibus solliellabat. _

204) Lantbert. vita llertb. 0.3. b. I’ertz, Mon. Vl, p. 741.: Dilectisst'mom pro

lem probe/li ardebant (d. h. die Eltern Heribert's gegen Ende des 10. Jahrh.) aetate

el litterali sludio; ac per hoc Wormuriae idoncis personis conlradunt eum in domo

apostolorum principis, ubi cum exteriori disciplina utriusque testamenti imbucretur

paginis. Patent illi perpropcre quaecunque obscura geruntur in pocmate, nec latent

eum fugae el nodosi amfractus in Socrate (hiebei‘ist wohl Plato gemeint, denn an

lsokrates ist doch sicher nicht zn denken) ol Aristotele et quolibet alio sinuosa

relhore (Rhetorik und Dialektik scheinen als gleichbedeutend genommen zu sein,

wie in obiger _Stelle des Saxo, Anm. 48.). ‘ .

205) Gedruckt h. Pez, Thes. Anecd. ll, 3, p. 27 m (die- Zeitangabe Wllther's

selbst über die Abfassung seines Gedichles steht am Sehlusse des 6. Buches).

206) Der Titel des l. Buches (ebend. p. 35.) lautet: Primus libellus de stu

dio poetae, qui et schotuslicas, und nachdem von der Poesie gehandelt ist, folgt

die Philosophie p. 39.: lnde ubi maiorum letigiLnos cura ciborum, Porphyrius

claras nobis rcsvruoit Allwnas, qua multi indigenae librabant verba sophistae. Cer

nere erat quandam vultu pollentu purllam, Pructica cui limbum pinzilque lheoricfa

peplum (s. Abschn. Xll, Anm. 76.), Et licet effigiem macnlaret parua (l. prava)

retuslas, Ipsa tamen tcrnas suspendil ab ubere natas (S. ebend. die Dreitlleilung

des Theoretischen). Praeslt'tit haec nobis summi subsellia lccti, Et postquam strato

licuit discumbere cocco, Procedunt senae turba comitantc sorores (d. h. Dialektik,

Rhetorik, Rhythmik. Mathematik, Musik, Astronomie). lngenui vultus non absque

grave-dine gestus Addncit famulus praestanli torpore quinas (d. h. die sogleich fol

genden fünf Theile) omnia sub gemino claudeus bialectica puncto (der doppelte

Gesichtspunkt ist inventio und iudicium, s. Abschn. Xll, ebend.). Prima quidem

(die lsagoge) miles gem-rati nomine pollens lnsignita tribus (d. h. genus, species,

difl'erentia) uuum selegit amictunL Hanc vice continua sequitur gradienle secunda

(die Categorien). fortia (die Lehre v. Urtheile) discrevit quidquid primaeva coegü,

Dans operam sane cirros vrtspare secundae, ouos quartae (Syllogistik, d. h. Analy—

tik) solido collegit filmla nodo (über nodus vgl. obige Anm. 202. u. 204.). Insta

bilem fatum tulit ultima (die Topik) quinque sororum Docta quibus geminas decer

neu: Graecia formas (d. h. dialektische und rhetorische Topen) Pinxit „quale“

tribas, „qutd situ rcferendo duabus (d. h. das Oaale liegt in persona, tempus,

circamstantt'ae. s. Abschn. Xll, Anm. 166., hingegen das Ouid in definitio und de

ceriplio, s. Abschn. Xl, Anm. 96.), lll reboanl nobis detiramenla Platonis (diese

weiss ich nicht zu erklären). lndc suam slipat comitem pressum sozialem Rhetori

xm. Gerbert. ' ss

.la auch von dem berühmten Gerhert (als Papst Sylvester ll.

gest. 1003) müssen wir das Gleiche behaupten, nemlich dass er un

selbstständig lediglich in der Schul-Tradition befangen blieb, wenn wir

auch bei ihm eben‚ darum etwas länger verweilen müssen, weil an ihn

und sein Auftreten sich hööhst schätzbare Notizen betreffs der beschränk

ten Behandlungsweise der Logik in jener Zeit anknüpfen 207). Es er

zählt uns nemlich zunächst ein Zeitgenosse Gerhert‘s, wie derselbe in

seiner Jugend von einem_ hervorragenden Kleriker in Rheims (wahr

scheinlich Giselbert) in die Logik eingeführt worden sei und dann als

bald als Lehrer der üblichen Schulwissensclial‘teu ebendaselbst zu wir

ken begonnen habe 208). Indem aber der Berichterstatter hiebei auch

das ganze logische Material, dessen sich'Gerhert beim Unterrichte be

diente, ausführlich und vollständig aufzählt, erhalten wir einen ebenso

wichtigen al's entscheidenden Beleg dafür, dass man auch am Ende des

10. Jahrh. noch inlner die von Boethius herrührende Uebersetzung der

Analytiken und der Topik des Aristoteles nicht kannte, denn gerade

diese 'sind es. welche unerwähnt bleiben‚- während alle übrigen Ueber

setzungen und eigenen Arbeiten des Boethius (s. Absch. Xll, Anm. 72 f.)

der Reibe nach angeführt werden; auch ist hemcrkenswerth, dass Ger

bert den Unterricht in der Rhetorik erst nach der Dialektik folgen liess,

sowie dass der erzählende Chronist die Rhetorik noch zur Logik rech

net und hiemit auf dem Standpunkte, welchen wir bei lsidor, Alcuin

und Hrabanus (Anm. 27, 54 u. 79) trafen, sich liefindet209). Ferner

cam duplicis vestitum flore colorisl Ouae iaciens varias nervo pulsante sagittas Mon

strat hgpothetici nobis spectacula ludi (s. Abschn. XII. Anm. 169.) Et iam' cornuta

(vgl. oben Anm. 189.) surge-ns ad sidera fronte causarum rivos fatale pro/adit ab

ore. sed postquam illatas pepulit conclusio lites lpsaque graviqenas compelli/it pace

sophistasy omnibus asseculum veniente porismute laetis- Sub pedibus Logieae recu

babal neza coaeeael commissura tibi reliquarum mum'a, falli Hierauf folgen

Rhythmik und die übrigen oben genannten Disciplincn.

207) Die Schrift von Heck. Gerbert od. Papst Sylv. ll. ll. s. Jahrh. (Wien

1837) ist, selbst abgesehen von der schiefen Partei-Tendenz des Verfassers. in

Bezug auf die wissenschaftliche Thätigkeit Gerbert's und seiner Zeit höchst unge

nügend (vgl. auch S. Il. Wilmans in d. Berl. Jahrb. iesu ll, p. 622.).

Ä-ZOB) Richer. hisL lll, 44 ff. b. Perlz, Mon. V, p, 617.: juvenis igitur apud

papam relictus ab eo regi (nemlich Ottom') oblatus est. cui (d. h. Gerbert) de

arte sua interrogatusl in mathesi sc satis passe, logieae vero scientiam se addiseere

velle respondit. uua tempore G. hemensium archidiaconus in logica clarissimus

nhabebaturl qui etiam a Lolhario francorum rege eadem tempestate Otloni regi lla

liae legatus directus est (einen anderen Archidiaconns von Rheims aus jener Zeit,

desscn Name mit dem Buchstaben G beginne, konnte ich nicht finden, als den

Giselbert. welcher im J. 948 bei dem lngelheimer Concil anwesend war, s. Murlol,

Melrop. Rom. hist. Ins. 1666. l, p. 464.). cuius adventu iuvenis eæliilaratus regem

adiit atque ut G...o mmmitteretur obtinuiL E 6.,.0 per aliquot tempora haesit lle

mosquefab eo deductus est. A quo etiam logicae scientiam accipiens in brevi ad

modum pro/‘rcit. G...s vero cum muthesi operam daretj artis difficultate rictus a

musica reieetus cst. Serbertus interea studiorum nobilitate praedicto melropolitano

eommendalus eius gratiam prae omnibus promcrnil, unde et ab eo rogatus discipu

lorum turmas artibus instruendas ei adhibuih '

209) Ebend. (fortgefahrenl: bialeeticam ergo ordine librorum percurrens dilu

cidis sententiarum verbis enodaviL in primis enim Porphgrii gsagogas id est intro

ductiones secundum victorini rhetoris translationeml inde etiam eiusdem secundum

Manlium ezplanavib cathcgoriarum id est praedicanieutorum librum Aristotelis cena -

se ' Xlll. Gerbert.

aber wird berichtet, dass Gerbert sich mit dem Entwurfe einer Figur

beschäftigte, in welcher die Eintheilung aller Dinge in eine Tabula

logica gebracht werden sollte, wozu natürlich jene bei Boelhius sich

findende Tabelle die Veranlassung gab; er kam jedoch hierüber in

Streit mit Otricus, und es knüpfte sich hieran eine 'pbilosophische Dis

putation, welche in Gegenwart des damals fünfzehnjährigen Otto lll. i.

J. 970 in Ravenna stattfandfl"). Eine andere ausführlichere Erzählung

betreffs dieses Gespräches lasst uns deutlich erkennen, dass dabei die

streitenden Personen lediglich die Angaben des Boelhius (im Common

tare zur lsagoge) ausWendig wus'sten und auf solcher Basis die Con

troverse erörterten, ob Rationale ein engerer Begriff als Mortale sei,

oder nicht vielmehr umgekehrt letzterer als der engere sich erweise’“).

sequenter enacleansg periermenias vero id est de interpretatione librum, cuius la

boris sil, aptissime monstravit; inde etiam topica id est argumentorum sedes a

Tullto de graeco in latinum translata et a Manlio consule sex commentariorurn

libris dilucidata suis auditoribus intimavit, necnon et quatuor de topicis differentiis

libros, de sillogismis catbegoricis duas, de ypothrticis tres, dif/initionumque librum

unuml dieisionum aeque unum, utiliter legit et expressit. Post quorum laborem

cum ad rhetoricam suos provebere vcllel, id sibi suspectum crat, quod sine locu

tionunt modts, qui in poetis discendi sunty ad oratoriam artem ante pereeniri non

queat; poetas igitur adhibuit quibus assuefactos tocutionumque modis corn

poeitos ad rbetoricam transduxit; qua instructis sophistam adln'buit, apud quem in

controuersiis exercerentur ac sic eat arte agerent. ut praeter artem agere viderentun

quod oratoris maximum oidetun Sed haec de logiea, in mathesi vero etc.

210) Hugo navim Chron. Virdun. b. Putz, Man. X, p. 367.: Hoc tempore

Otricus apud Saxones insignis habebatur Adalbero Romam cum Gerberto petebat

et Ticini Augustum (d. h. Ottoncm) cum‚Otrico ropcrlt, a quo ductus est Raven—

nam; et quia anno superiore Otricus cerbei-ti se reprehensoer in quadam figura

cum multiplici diversarum rerum distributione (aus boe-tiu p. 25., s. Abschn. Xll,

Anm. 87.) monstraveratl iussu August! anmes palatii sapientes intra palatium col

lecti sunt, Archiepiscopus quoque cum Adsone abbate ltervensi et scholasticarum

numerus non parvusy et coepto disputatione cum iam totum paene diem consumpsis

senty Auguin nutu finis impositus est.

211) Bicher n. a. O. e. litt ll‘. p. 620 f.: Otricus ait: quoniam philosophiae

partes aliquot breviter attigistiy ad plenum oportet ut et diuidos et divisionem eno

des Tunc quoque Gerberlus: secundum vitruvii (zu lesen Victor-irrt) atque

Boetii divisionem dicere non pigebitg est enim pbilosopbia genus; cuius species sunt

practica et tbeoreticeg practices vero species dico dispensativam, distributicam, ci

vilcm; sub tbeoretice vero non incongrue intelliguntur phisica naturalis, mal/tema'tica

intelligibilis, ac tbeologia intelleeltbilis (aus Boethius, s. Abschn. Xll, Anm. 76.)

. . . . .. func vehementius Otricus admirans ait.‘ an mortale rationali supponisP quis

nesciat, quod rationale deum et angelum bominemque eoncludaty mortale vero utpote

maius e! continentius omnia mortalia et per hoc infinila colligal? Ad haec cerbei-v- '

tusz si, inquit, secundum Porphirium atque lioetium substantiae divisionem usque

ad individua idonea partitione perpenticrcs, rationate conlinentius quam mortale sine

dubio haben’s; idque congruis rationibus enucleari in promptu esL Elem'm cum

cons!e!‚ substantiam genus generalissimum per subalterna posse dividi usque ad in

dividua, videndum est an omnia subalterna singulis dictionibus proferantur. Sed

liquido patct, alia de singulis alia de pluribus nomen factum habcrc. de singulis ut

corpusl de pluribus ut animalum sensibileq eadem quoque ratione subalternum quod

est animal rationale, praedicatur de subiecto quod est animal rationale mortale;

ncc dico, quod rationale simplex praedicetur de simplici niortaliy id enim non pro

cedit, sed rationale inquam animali coniunctum praedicatur de mortali coniuncta

animali rationali. cumque verbis et sententiis nimium flueret et adhuc alia dicere

parareö, Auyusti nutu disputationi finis iniectus est. (Sammtlicbes aus BOL’l/t.

_a. a. .)

xm. Gerben. ss

Den Gegenstand jener Disputation halte nun Gerbert noch weiter

verfolgt, und es entstand daraus die an Otto III. gerichtete Schrift „De

rationali et ratione utiuznja eine höchst abenteuerliche Verquickung

eines unverdauten Sehulwissensy wobei das so 'eben erwähnte Rationale,

auf welches ja auch schon eine Stelle des lsidorus hingewiesen hatte

(s. oben Anm. 45), näher in Betracht gezogen wird. Nemlich nach

einer Einleitung, welche ausdrücklich an jenen erfolglosen Streit zu

Ravenna anknüpftzla), wird als Thema der aus Boethius (oben Anm.

46) entnommene Zweifel bezeichnet, wie denn der Vernunftgebrauch

(ratione uti) von ‘dem vernünftigen Wesen (rationale) als Prädicat aus

gesagt werden könne, da ja doch immer der Pradicatsbegrill' der höhere

oder weitere (maior) sein müssen“). Dieses Bedenken, welches uns

höchstens darum interessant sein kann, weil es einen Beleg dafür ent

hält, wie einseitig die Schul-Logik des späteren Alterthumes bloss den

Umfang, nicht aber den Inhalt der Begriffe berücksichtigt hat (s. Abschn.

XI, Anm. 43), wird nun auf eine ebenso ungeschickte als bloss formale

Weise gelöst. Zunächst nemlich soll jenes Prädicats-Verhältniss zwi

schen Vernunftgebrauch und Vernunftwesen dadurch gerechtfertigt wer

den, dass ersterer als ein Actuelles das Höhere sein“). Dagegen aber

erhebt sich der Einwand, dass ja überhaupt die Unterordnung der Be

griil'e nur in allgemein bejahenden Urtheilen ausgedrückt werden könne,

also dann der Vernunftgebrauch von sämmtlichen Vernunftwesen pra

dicirt werden müsse, was zu einem unwahren Urtheile führen“); fer

ner sei das Acluelle eben doch von dem Dasein des Potenziellen ab

am Gedruckt b. Pez, T/ias. Anerd. I, 2, p. 149 IT. Was H. Ritter (Gesch.

d. I‘hil. VII, p. 30-1 II‘.) über diese Schrift Gerbert's sagt, ist unhaltbare: Gerede;

aus einer Stelle (p. 307, Anm.) müsste man ja fast schlicssen, dass ihm der seit

Boethius im Mittelalter eingebürgerle Unterschied zwischen lntelligibilis und latel

tectibilis (s. Abschn. XII, Anm. 76.) unbekannt sei.

213) A. a. O. p. 149.: Meministis enim et meminisse possiunas, adfuisse tum

multos nobiles scholasticos et crudilos. inter quos nonnulli Eoram tamen vidimus neminemv qui earum quaestionum ullaadmeradnitgneepiscqcpotpiicuerity

quod quaedam nimis ab usu remotos nec dubitationem ante liabuerinty et quaedam

saepenumero ventilatae dissolvi non potuerint. t

214) Eb_end. c. I, p. liili Ouoeritur, inquiunt, quid sil, quod ait I'orphy

n'as, differentiam velut ad coynatam sibi differentiam praedicanj ut ratione uti ad

rationale, cum maiora de uniliaribus semper praedicentarl minora de maioribus nun

quam. Zu der schon oben, Anm. 46., angeführten Stelle des Boethius kommt

hiebei noch folgende p. 37.: nam si qua differentia dicta fueril, de alia differen

tia, ut differentia intelliaatarl praedicabitur..... nam ratione uti, differentia, ad

rationalem differentiam veluti cognata differentia praedicatuin Der Lehrsatz betreffs

des maior steht gleichfalls b. Beet/l. p. 28. (S. auch Abschn. XII, Anm. 124.).

may Ebend.: Sed rationale, inquiunl, potestatis est sine acta, ratione uti

potestatis cum acta; plus vero est potestas cum uclu, quam sola palestas; rare,

inquiunty ergo praedicatur ratione uti de rationali tanquam maius de inmori. Diese

Ansicht über potestas und actus findet sich b. Boeth. p. 454.: necesse est, ut ea

quae actu sunt, his quae sunt polestatc, priora sint (s. Abschn. XII, Anm. 422.).

216) C. 2, p.151.: Ouae a generatissimis ad specialissima recta linea descen

dual, .„talia snnt, ut inferiora uniuersaliter prolata superiorum omnia nomina

diffinitionesque suscipiam (s. Boot/i. p. 21. u. öfters) ouodsi eodem modo ratio

nale sub ratione uti positum sit, quomodo universaliter prolatam suscipiat nomen

sui raedicati idem rationale? non enim omne, quod rationale est, ratione uti

puta r.

56 _ Xlll. Gerbert.

xili ‘ p

hängig und könne deshalb überhaupt nicht jene höhere Stelle einneh

men, welche im Wesen-des Prädicatsbegrill‘es hegen"), und es müsse

auch ein abermals hiegegen gerichteter Einwand betreffs der hohen

Würde des Vernunftgehrauches zuletzt wieder an der Eintheilung der

Wesen überhaupt scheiternzls). Wenn aber nun hierauf gesagt wird,

diese ganze bisherige Erörterung sei sophistisch, und es handle sich

vielmehr um die eigentliche Natur des Actuellen und des prius, sowie

des Prädicateszm), so erwarten wir wohl eine tiefer gehende Unter

suchung, aber vergeblich. Denn was nun folgt, besteht zunächst nur

in einem Excerpte aus Boethius bezüglich der verschiödenen Arten der

Actualitätno), woran sich dann, um auf das Rationale zurückzukehren,

die Unterscheidung der ewigen und der veränderlichen Natur anreiht, r

wobei die Angaben des Boethius in ähnlicher Weise wie bei Scotus"

Erigena (ob. Anm. 113 ff.) aufgefasst werden 22l), so dass der Ver- ‘f

nunftgebrauch (ratione uti) als ein in die Erfahrungswelt vertlochtener p

v l .

‘ I‘M em c. 3, p. 152.: potestas actum omni necessitate praecedit, et quia .haelc '

praeeedentia non solum priora, sed etiam interemta interimuut secum posteriora.

necesse est potestate ablata actum quoque au/em' . Non igititr quod natura po

sterius est. de eo praedicabitur quod natura prius est; est autem natura prius

potestas, posterius actusj non igitur secundum potestatem et actum praedicabilur

ratione uti de rationell. Auch dieser Gegenbeweis ist aus der nemlichen Stelle

des Boethius (p. 451.) entnommen.

218) C. 4, ebend.: Sed merito, inquiuntl suae dignitatis seu excellenlia seu

potentia numerosius est ratione uti, quam rationale. At natura gencrumy specierum

vel di/ferentiarum non suscipitg homo enim et asinus aeque sub animali saut, et

deus atque homo aequatiter participant rationell difl'crentia. Diess steht wieder in

jener Stelle b. Boeth. p. 95., von welcher die Contrnverse ausgegangen war.

em C. 5, ebend.: Ouapropter sophistica, id est eavillatoria, ronluctatione

remota quaedam de natura potestatis et actus explicanda sunt, et in qua corum

specie rationale et ratione uti versentur, de natura quoqne priorisy utrum praedica

tionibus connenial, et nonnulla de praedicationum natura et online, ut quasi quodam

fllo . . .. disputatio deducutar.

220). C. 6—10. p. 153 M156. Das Original hiezu ist wieder Beeth. p. 451 fl‘.,

selbst mit Einschluss der zur Erlauterung dienenden Beispiele, deren Eines hin

gegen aus Beet/t. p. 95. genommen ist. Der Inhalt, welcher natürlich ursprünglich

der aristotelische ist (s. Abschn. Xll, Anm. 119. u. Abschn. lll, Anm. 281 m dreht

sich um die Unterscheidung des actus neccssarius und des aptus non uecessarius.

welch letzterer entweder a potestate oder a subsistendo entsteht, und endlich des

bloss Potenziellen. Gerbert bringt diese Eintheilung in eine Tabelle, worin man

wohl nur ein geringes Verdienst erblicken kann, denn dass er nicht. einen einzigen

eigenen Gedanken hatv zeigt hier wie im Folgenden unsere Zurückfuhrung auf die

Quelle, d. h. auf Boethius.

221) C. 11. p. 157.: Es! igitur rationale, dum est in intelligibilibusj sub

necessaria specie actus immobilis et necessan'i; sed quia haec intelligibilia,

dum sc corruptibitibus applicantv tactu coiporum aariantur, transcunt haec omnia

rursus ad potestatem.. Aliler enim rationale vel, ul universallus dieamus, aliter

genera et speciesl di/ferenliae, propria et accidenlia, iu intellectibilibus, aliter in

naturalt'bns; in intellectibitibus quoque rerum lormae sunt, in intrlltgibllibus alia

sunt quidem passiones, alia sunt actus, nam quoniam in anima versanlur, dum

intelliguntur, animae passioues snnt. Die Quelle hieven ist Beet/l. p. 452. u. p.

56., woselbst auch die nemliche Beiziehung der quinque voces sich findet. Das

intellertibile ist der realistisch theologische Urgrund der formae (0b. Anm. 109.),

das intelligibile hingegen dasjenige, was die Vernunft an den Dingen selbst. er

fasst, s. oben Anm. 211.

xm Gerbert. 57

dem Aecidentellen angehöre’”). Hieraus wird dann natürlich ge

schlossen, dass der Vernunftgebrauch nicht selbst eine differentia sub

stantialis sei, sondern erst in Bezug auf eine verwandte Differenz aus

gesagt werde 2‘13). Und wenn hierauf wieder in der nemlichen unge

schickten Weise wie zu Anfang auf das Verhältniss des Umfanges zu

rückgekehrt wird, da ja dann der Prädicatsbegrill' der engere sei, so

wird jetzt erst auf Grund des Boethius angegeben, dass die Accidentien

von den Individuen ausgesagt werden 224), und im Ilinblicke auf die

Eintheilung der Urthaile bezüglich ihrer Quantitatnä) folgt nun das

Resultat, dass der Satz „rationale ratione utitur“ eben ein unbestimm

tes Urtbeil sei, welches weder als allgemein. bejahendes noch als all

gemein verneinendes richtig ausgesagt werden könne 226)‚ ——- ein Resul

tat, durch welches allerdings jeder andere vernünftige Mensch von

vorneherein der ganzen Fragestellung überhoben gewesen wäre. Und

es zeigt sich uns somit Gerbert’s Schrift als ein sinnloses Treiben,

bei dessen Gelegenheit ebenso unnütz als zusammenhangslos verschiedene

Schulweisheit ausgekramt wird. — Uebrigens hält Gerbert als Theologe

nicht viel auf die Dialektik, und indem er in dieser Beziehung eine

Stelle aus Scotus Erigena, jedoch ohne denselben zu nennen, ausschreibt,

entscheidet er sich lieber für die realistische Deutung, welche jenen

Worten gegeben werden kann 227).

Einen ähnlichen Beweis davon, dass man das traditionelle Schul

material kannte und in Anwendung brachte, gibt uns aus dem Anfange

des 11. Jahrh. nicht bIoss ein Brief des Bischofes Burchard in Worms,

worin derselbe einen Freund darüber belobt, dass er die üblichen sechs

Gesichtspunkte (s. Abschn. XII, Anm. 75. u. Abschn.XI, Anm. 141) bei

J.''

222) EÜend. p. 158.: merito ratione uli dicitur praedicari de rationell tan- v

quam accidens dc subiectog ratione uti facere est, qui enim ratione uli-iuri ali

quid agit'; facere autem unum ez generalissimis generibus accidentium est; igi

tur uti ratione accidens est.

mi c. 12. ebend.: quod rationale est, ratione uti polest ....ergo ratione

uti rationali aocirlt't; non est igitur ratione uti substantialis difl’erentia. C. 13,

p. 159.: Si igitur secundum Boetium ratione uti a ceteris animalibus dift-erimus

sicut differentia rationali, iuste ratione uti ad rationale velut od cognatam sibi dif

ferentiam praedicatum Alles wieder aus Boeth. p. 95 f. n. p. 7.

em c. 14, p. 159.: Ouoniam ergo minus de maiori pracdicabltur, locus hic

admonet, ut de natura praedicationis pauca dicantur, worauf die betreffenden An

gaben des Boethius (p. 129., s. Abschn. XII, Anm. 92.) excerpirt werden.

225) C. 15, p, 160. Aus Boeth. p. 350., s. Abschn. XII, Anm. 113 f.

226) C. 15 f. p. 161.: Out'a propositio talis est, ac si dicatur: quoddam

ratitfitalc ratione utitury- qui enim dicit1 omne rationale ratione utilur, rem univer

salem universaliter cnantt'at, et est affirrnatio falsa, cuius negativ, id est nullum

rationale ratione ntitur, similiter falsa reperitur (Boeth. a. a. 0.). Diess eben sei

(c. 16., p. 161 f.) der Unterschied zwischen einem solchen Urtheile und einer

propositio sabstantialis, d. h. einer Definition; s. Bocth. p‚ 651., Abschn. XII,

Anm. 103. -

227) D. corp. cl sang. Dom. c. 7., bei Pes, Thes. Anecd. l, 2, p. 140.: Senes

illi non dialecticis argumentationibus, sed verbis simplicibus et oratione compu

lerunt ad credendum Et nos aliquando antequam tantorum virorum, Cyn'lli dico

et Hilarii, auctoritatibus instraeremur, hanc discrepantiam (d. h. betrefl‘s des Abend

mahles) alicuius dialectici argumenti sede absolvere meditabamur. Non enim ars illa

etc.‚ d. h. es folgen die oben Anm. 1.27. angeführten Worte des Scotus.

58 Xlll. Adalbero.

Abfassung eines Buches eingehalten habe 228), sondern insbesondere ein

höchst eigenthümlicher Tractatus des Adalbero, Bischofs in Laon (geb.

977, gesl. 1030), welcher ein Schüler Gerliert’s war und einen unter

dem angeblichen Titel „De modo reete argumentandi et praedicandi

dialogus“ uns handschriftlich erhaltenen Brief an Fu'lco von Amiens

richtete 229), in welchem eine Mauleselin den Gegenstand sj'llogistischer

Spielereien bildet. Nachdem nemlich Adalbero das Thier als gänzlich

untauglich geschildert hatte, verfällt er auf den Gedanken, die Allge

meingültigkeit dieses verwerfenden Urtlieiles logisch zu erproben, und

es folgt nun in Dialogform eine Erörterung darüber, dass das Urtheil

ein singuläres sei, dass es ein contradiclorisches Gegenlheil desselben

gebe u. dgl., woran sich'die Aufforderung reiht, den Nachweis der

Untauglichkeit kunstgemäss zu liefern 23°); diess geschieht, indem das

ganze Register der hypothetischen Schlüsse im Dialoge antithetisch

durchlaufen wird 231), wobei auch Angaben logischer Regeln eingestreut

sind 232); das Ganze aber, das sämmtlich aus Boethius entnommen ist,

228) Bei Perlz, Man. Vl, p. 701.: ln omni enim ezpositione auctorali et in

quolibet libro diversas sex causas quaeri convenit atque expediri oportol, sicut in

praemia editionis primae ysagogarum Porplzyrii Seoerinns prudentissimus doctor fabio

exhortante dicendo instiluils pprimuml inquite (loccnl, quae sit cuiusque operis

intentio, secundo quae ulilitus, tertio qui ordo, quarto si cius, cuius opus esse

. dicitur. gemanus propriusque liber estlvquinto quae sit eius insoriptio, sextum est

id dicerey ad quam partem philosophiae cuiuscunque libri ducatur/ intentione llaea

omnia in libro tuo eaute sonaci-vasti etc. Da jenes b. Boelh. p. 1. steht, mochte

es wohl für besonders wichtig gehalten werden.

229) S. Pezy Tln's. Anecd. l, l, p. XXlll. Eine in der Münchner Staatsbiblio

thek befindliche Emmeraner Handschrift sec. lt. ((‘od. tat. 14272.) enthält diesen

anderthalb Folioseiten füllenden Brief (fol. 182 t‘.). Die erwahnte Ueberschrifl

scheint nur auf Combinalion Pez's zu beruhen. -

230) F(ulco). bonique haec muta non esset universaliter-y sed potius aut

particulariter aut indefinite, quae paene unum sunty inutilis proponenlif lgitur

quae particulariter quoquo modo utilis est. omnimodis universaliter inutilis non est.

A(dalbero). Si hanc inutilem atque inhonestam inde/inito vituperurem, verum a falso

non discerneremy nam huius mnlae inntililas. si universaliter esset dvdicatt'ua, par

ticulariter esset abdieatiea (d. h. es würde dann zugleich Coutradictorisches aus

gesagt). Sed haec vituperatio neque universaliter neque particularitcr est determi

natu. . . . . .. igitur quia singularis 0st, neutrum horum esL F. Singulare dedica

tivum nonne suum habet abdicalivtun? Putasne, universalis propositio universalis

particularis particulariy indefinite indefinilae sicut singutares contradictorie oppo

nunturf A. Ptane opponunturg si substantia fuerit. erit praerlicativas sine sit sive

non sit. l". PutasneJ si accidvns? A. Eodcm modo opponuntur. si illud fuit inse

parabiltx l“. omne inseparalrile emitradiclorie oppom'lur? A. Nun. l". lllud tantmnv

modo cui aliquid possit accidere, et illud dicitur substantiale. Sed nunc ex arti-l

non de arte, nostris a/firnmtionibus cum tuis repugnantiis hanc malum esse inutilem

atque inhonestam convinei pro/iteberis. Hiebei ist die Doctrin des Boethius (bes. p‚

an a u. p. 353 in s. Abschn. Xll. Anm. 113 ff.) mit der Terminologie des Mar

cianus Capella (ebend. Anm 66.) vermengt.

231) A. Mula haec si cloudicul, male ambulal; atqui clandicatg igitur mute

ambulat. F. Mula haec si clandiraL male ambulal; atqui non rlaudicatp igitur non

male arnlmlaL A. Mula haec nany si elandiratl male non ambulat; atqui claudi

cat; igitur male ambulat F. Malo haec mm, si non male ambulati claudicatg

atqui non male amlqul; igitur non vlaudicat. A. Si valido non est, dcbilis ext;

atqui valido non esl; igitur debitis est u. s. f. (S. Abschn. Xll, Anm. l55.).

nam A. onmis aflirmatio et negativ semper est in praedicatis E. Si simpliciter

praedicatur-g si vero modus ade-erhielt: (s. ebend. Anm. 119.) adltibetur, vindicat

‚Xlll. Adalbero. Fulbert. Anonymns sec. 11. se

schliesst mit der Hinvi'eisung auf eine dämonische Causalität der Un

brauchbarkeit der Mauleselin. wobei, wie es scheint, sich beide strei

tende Parteien begnügen sollen 233).

Gleichfalls ein Schüler Gerbert’s war Fulhert, Bischof von Char

tres (Woselbst er i. J. 990 eine Schule eröffnet hatte und seit 1007’

als Bischof bis zu seinem Tode 1029 wirktc)-‚ welcher als Kenner der

Dialektik in hohem Ansehen stand mt und sogar den Beinamen eines

„Sokrates der Franken“ erliielt235). Während uns aber bezüglich seiner -

logischen Lehre durchaus Nichts näheres bekannt ist 236)‚ müssen wir

ihn als Lehrer des Berengarius von Tours jedenfalls hochschatzen, wenn

auch zu schliessen sein dürfte, dass Fulbert die Kenntnisse und Ge

wandtheit in der Dialektik noch völlig von dem lheologisch-dogmalischen

Gebiete fernhielt, denn in letzterer Beziehung ermahnte er seine Schüler

zum strengsten Auctoritäts-Glauhen 237).

Ueberhaupt aber dürfen wir eine gesteigerte Thätigkeit nach dem

Maassstabe jener Zeit schon darin erblicken. wenn man wieder zur An

fertigung von Compenilien schritt oder das vorhandene Schulmaterial

mit fortlaufenden Commentaren bearbeitete, denn wenn auch hiebei noch

kein eigenes inneres Schaffen waltet,.‚so wird doch die Erhaltung oder

Förderung des logischen Wissens wieder als eigentlicher Zweck be

trachtet, d. h. die 'l'hätigkeit gilt der Theorie als solcher, wenn auch

in unselbstständige-r Weise.

So hat ein Anonyinus am Anfange des ll. .lahrh. die lsagoge

und die Kategorien in Hexametern bearbeitetns). um, wie er selbst in

der an- einen gewissen Beno gerichteten prosaischen Einleitung sagt,

sibi vim contradictionis et modus intensianem et remissiouem ponit praedicatis et

determinatia subiecti-su A. Non eodem genere, cum alterum quantitate et qualitatev

alterum sola quantitale. .

233) I". Sit quoquo modo inutilis non tamen absque caasa. A. Philo

sophi nihil sine causa tradunt fieri ...‚. Ergo qaoniam huius malae inutttitax sot

lertia daamonam e/fecta est, absque ulla oontradictimle omnimadis inutilis est. Hoc

re muta probatur irmtitis. non amicusy qui sibi ipsi adversarius vice functus ost

atterius.

234) Trithem. d. script eccl. p. 154. (ed. Colon. 1656. 4.): Fulberlus epi

scopux carnotensis in scripturis divinis cruditissimus at in secutarium litterarum

dism'plinis omnium suo tempore doctorum doclissimus, poeta clarus, et dialectivua

multis annis scholae publicae praesidem plurimas doctissimos uudilorcs cnutrivit

(die hierauf genannten Schriften Fnlbert’s sind nur theologischen Inhaltes).

235) Adetrnanni (eines Mitschiilers des Berengarins bei Fulbcrt) ad Berengarium

epislula, ed. Conr. Am. Schneid. Brunst). mo 8, p. 1.: Colluclaneum te me meum

vocari proptern dutcissimum illud conmbcmium, quod cum te in academia Car

notensi sub nostra itto vencrabili Socrate iucundissime duu'. Ans dieser Stelle scheint

bei Späteren im Zusammenhange mit der theologischen Gereiztheit gegen Bereu

garius jener Beiname Fulbert’s geflossen zu sein. -

nam Die Notiz, dass Fulbert an den Scholaslicus eines Klosters die lsagoge

schickte (s. Putberti Opp. ed. Villiers, Par. 1608. Ep. 79. fol. m b.), ist un

erheblich.

237) Adelmann a. a. O. p. 3.: obtcstaas per secreta illa et obsecrans per

lucrimas‚..... ut illuc omni studio properamus viam regium din-atim gradientcsy

sanctorum patrum vestigiis observantissime inliaercntcs, ut nullum prorsus in diuer

ticulum, nuuam in novam et fallacem scmitom desiliamus etc.

238)_Aus einem coi St. cemam (1095) abgedruckt b. Cousin, omm intfdv

d’Aliifl. p. 657—669. .

eo XIII. Anonymus aec. 11. . ‚ s

durch diese seine Erstlingsarbeit den Inhalt jener Bücher seinem ile-f

dtirhlnisse einzupragen 239). Er beginnt_ mit der aus Boethius (Absclm.

XII,»Anm. 77) entnommenen Eintheilung des aristotelischen Organons,

wobei er die Sache so auffasst, dass Aristoteles zuerst die erste Ana

lytik geschrieben habe und dann, als diese unverständlich gewesen,

hierauf die zweileAnalytik, auf welche aus dem gleichen Grunde die

Topik habe folgen müssen, sowie hierauf D. interpr. und dann noch

die Kategorien; da aber Aristoteles behufs des Verständnisses nicht

noch weiter habe her'absteigen wollen und hiemit die quinque voces

verschwiegen habe, so sei hier die Thäligkeit des Porphyrius zum Glücke

ergänzend eingetreten 240). Der Inhalt der lsagoge wird dann sehr kurz

mit blosser Angabe der Begriffsbestimmung der quinque voces abge

macht‘z“), und es folgen die Kategorien. Wenn hiebei. der Verfasser

zu Anfang ausdrücklich sagt, es handle sich da nicht um die Dinge

selbst, sondern nur um die voces signativae der Dinge 2“2), und wir

hiemit eine Wiederholung jenes obigen (Anm. 149 II‘. u. 159) nomina

Iistischen Standpunktes antretl'en, so ‘ist dieses auch das Hauptsäch

lichste, was wir an diesem Compendium hervorheben müssen; denn im

Uebrigen schliesst sich dasselbe so enge an die psendo-augustinische

Schrift über die Kategorien (Abschn. XII, Anm. 43—50) an, dass es in

der That kurzweg als eine Versification desselben bezeichnet werden

muss; höchstens mag noch bemerkt werden, dass die zahlreichen grie

chischen Termini, welche dabei in barbarischer Schreibung auftreten,

gleichfalls aus jener nemlichen Quelle lIiessen, wo sie ja häufig genug

..

239) Wer jener Beno gewesen sei oder wo er gelebt habe, lasst sich aus

der ganz allgemein gehaltenen Einleitung nicht entnehmen. Ueber seine Arbeit

selbst sagt dort der Verfasser (p. 657 f.): Ooom'am complnriam mei ordinis scho

Iaxtr'cornm, praesul nenerande, oblatus tibi litteras omni gratiarum alacritale saepius

te audio susccpisse, tuae can/isus pietati aliqua et ego offene litterarum iocu

laria praesumn tuae maiestati. fcrt animus dei adspirante gratia quam paucissimis

oratione metrica absolverc, quod Porphyrii Isogoyv et Aristotelis Categoriae videntur

in se continere. Ouod ham: ob causam maxime decreoi agere, ut, quae illi latius

[lt/j‘adore, breviter collecta per me tenaci diligentius crederem memoriae. Nomina

quoque graeca quaedam interposui, ubi lege melri constrictus latina non potui; .. ..

id mihi ne ducatur vitiov primum abs te, pater piissime, cui hoc litterarum munere

ingenii mei primitias immolo, deinde ab omnibus veniam postulo.

240) Ebend. p. 658.: hoctor Aristotiles, cui nomen ipsa dedit res, ingenio

pollens miro praecetluit omner; Hie natis posl se dialectica ne latnisset, Primus

romponens Analiticos stodiose, lle syllogismis ratio perpcnditur in quis, credidit ut

sapirns'hos planos omnibus esse,- Scd -cum nullus eis intellectu capiendis Suffioeret.

rursus tentat proferre secundos; Ottos neque posse capi cum scnsit, Topioa scripsit ‚

Hinc Perihermenius, postremo Calhcgoriaa; Post quas finitns descendere noluit in/m.

Hit: genus ac speciemy proprium, distantia “ringen, Simbebicos etiam quid sint

omnino tacebat. Porphyrius tandem cernens, nisi cognita quinque llaec sint, bis

quinos nesciri calhdboriat cuique suum fincm signavit convenientem. (Vgl. auch

Boetli. p. 113., Abschn. XII, Anm. 84.)

241) Ebend. Nach der Definition der fünf Worte folgt: Ni nimis est Iongnm.

communia dicier harum (d. h. was bei Porphyrius hernach erörtert wird, Abschn.

XI, Anm. 49 tI‘.), Non nos horreret, sed malumus ergo taeere, Nc gene-retur in his

tibi nausea disrutiendis.

242) Ebend. p. 6581.: Post haec bis quinas pandamus cothegorias, In quis

uir doctus non ex ipsis quasi rcbus, Sed signaliuis de rerum vocibus oroas Sumit

ab omonymis traclandi synonymisque Principium etc.

Xlll. St. Gallen. Notker Labeo. 61

eingestreut sind, wonach jede etwa auftauchende Annahme, dass man

damals schon mit dem griechischen Originaltexte sich beschäftigt habe,

sehr einfach beseitigt istz‘a).

Hauptsächlich aber finden wir um jene Zeit in St. Gallen eine

ausgedehntem Bearbeitung des logischen Schulmateriales, wobei der

bekannte Notker Labeo (gest. 1022) jedenfalls das Verdienst hat,

die Anregung gegeben und die Ausführung geleitet zu haben, wenn

auch nicht alle hieher gehörigen Arbeiten aus seiner eigenen Hand selbst

hervorgiengeu 2M). Allerdings liegt auch hier nur der traditionelle Stoff

zu Grunde, und eigentlich Neues ist nicht zu erwarten 245), aber die

Art der Behandlung des Ueberlieferten is't doch theilweise eine freiere

und zeigt jedenfalls ein hingebendes Interesse für die Sache selbst.

Die unbedeutendere unter diesen Schriften ist ein „Tractatus inter

magistrum et discipulum de artibusii indem hiebei lediglich das Com

pendium Alcuiii's (ob. Anm. 48 ff.) mit Beibehaltung der dortigen Dia-"

logform exccrpirt und ausserdem nur im Anfange, nemlich bei der Isar

goge und der Kategorie der Quantität, auch Boethius auszugsweise

benützt ist 246). ‘ '

243) Da das Ganze nur eine metrische Wiederholung Pseudo-Augustins_ ist,

erscheint es als überflüssig, Einzelnes auzu'führen. Was aber die griechischen

Worte, welche meistens durch luterlinearglossen lateinisch erklärt sind, betrifft,

mögen erwähnt werden: usya, simhebicos u. simbebicotal cnarithma (drdgzöpa,

‚ Abschn. XII, Anm. 43.), epiphania (b. d. Quantität), dann bei der Relation der

Hexameter: nam diathesin, eplsthemin, estesin1 ezin (d. h. inianjyrjv, “10017

am 251.11), und desgleichen bicitur omne quod est, vel eneria dinamive (d. h.

hom/du u. Jul/d‘un), sowie bei der Qualitat: Exis, diathest's, phisiccs dinamis

poetesque (nozdzrjg) Passibilisa potius seu patltos, scemata morphae (axn'fzura

„ewig, in dem Abschnitte über die Gegensätze habitus steresisque (111qu019),

und bei dem Postpradicamcnte der Bewegung: Auxesis, megesis, genesisp storas,

aliusis, Et kata ton foras metabetes assaciata (d. h. abigo-tg _uslanng, ye’vemg,

qäogzi, cillenius-tg ’amu‘z roy 1671011, ynaflolrj).

244) Wenn nemlich ‚l. Grimm (Gott. Gel. Anz. 1835. N. 92.) der Ansicht iSl1

dass Notker der alleinige Verfasser sdmmtlichet' jener Schriften sei, und auch H.

Hattemer, Denkm. d. Mittelalters, lll, p. 3 lli, sich unbedingt dieser Meinung an—

schliesst, so scheint doch in Anbetracht der inneren Verschiedenheit jener Arbeiten

es richtiger zu. sein, wenn wir mit Wackernagel, Gcsch. d. deutsch. Litt. p. 80 f.

(s. auch desselben Akad. Rede üb. d. Verdienst d. Schweizer um d. deutsche Litt.

Basel 1833.) annehmen, dass die Werke, welche Notker's Namen tragen, von ver

schiedenen Autoren nur unter der Leitung desselben verfasst seien; s. auch unten

Anm. 262. . -

245) Wunderliche Dinge zwar sind zu legen. bei lld. v. Arx, Gescb. v.‘ St.

Gallen, l, p. 262.: „ln der Dialektik, welche sie ‚in die Logik, Peripatetik, Stoik

und Scphik eintheilteu, waren Aristoteles, Plato, Porpbyrius und boetius ihre

Lehrer; die zehn Categorien rund die Periemerien des ersten, die fünf lsagogen

des Porphjrius, und die Lehrart des Sokrates waren» ihnen wohlbekaunt.“ Aber .

während man wohl sogleich sieht, dass diese ganze Mittheilung nur auf der .grob

slen Unwissenheit des Verfassers beruhen kann, sollte man doch vermuthen, dass

derselbe die Notiz betretl‘s der Eintheilung der Dialektik aus irgend einer Hand

schrift geschöpft habe; ich wurde jedoch auch hierüber durch meinen Freund und

Collegen Conr. Hofmanu beruhigt, welcher in St. Gallen bei Gelegenheit seiner

eigenen Forschungen auch in meinem Interesse bezüglich logischer Werke nach

sah; aber durchaus Nichts anderes finden konnte, als was durch aram Wackernaget

und Hattemer bereits verötfeutlicht oder wenigstens _angedeutet ist; s. auch unten

Anm. 271.

246) Vorhanden in einer Handschrift der Münchner Staatsbibliothek coua tat.

62 Xlll. St. Gallen. Notker Laheo.

Hingegen ein fleissigeres Studium des Boethius und eiuegetwas

freiere Verarbeitung des dort vorliegenden Materiales zeigen jene beiden

Schriften, welche bekanntlich auch für die Geschichte der deutschen

Sprache von höchster Wichtigkeit sind, nemlich die Bearbeitung der

Kavnyogt'ut und jene des Buches nagi ägnnvst'agi‘"). Die er

stere Schrift halt sich, was den Text betrifft, im Ganzen strenge an

die Uehersetzung des Bocthius 243), aber mitten in den Text ist Satz

für Satz eine Erklärung verflochten, welche selbst wieder das Haupt

sächlichste aus dem Gonnnentare des Boethius enthält, und es beruft

sich auf denselben der Verfasser einmal ausdrücklich 2‘”); sehr häufig

wird die Beweisführung dieser Erklärungen in ihre Bestandtheile über.

sichtlich durch Inhaltsangaben oder sonstige Ueberschril‘ten, ja auch mit

der Bezeichnung Propositio, Assumptio, conclusio giaglieeilertwljy und

die erklärenden Beispiele sind an etlichen Stellen selbstständig ausge-V

D .

dacht; bemerkt mag noch werden, dass der Verfasser nul oll‘enbarer

Vorliebe für Geometrie bei solchen Stellen länger und selbstständiger

verweilt, wel_che eine Hinweisung auf jene Disciplin enthalten25‘). _

Die Bearbeitung der Schrift nagi ibum/alas schliessl sich durcli‘l v

gängig bezüglich des Textes wörtlich an die Uebersetzung des Boethius

an, und die Erklärungen, welche auc'h‘ hier in gleicher Weise einge

llochten sind, beruhen ebenfalls auf dem Commentare des Buetbius,

dessen beide Ausgaben der Verfasser, wie er selbst andeutet, benützt

4621.), woraus Hattemer, Denkm. d. Mittelalt. lll, p. 532 fl‘. nur die Capitel-Ueber—

schritten veröffenthehte. Die Eintheilnng der Philosophie und der Logik ist fast

wörtlich aus Alcuin genommen, bei den quinque voces aber werden die verschie

denen Unterarten derselben aus Boelhius aufgezählt und mit Beispielen erläutert;

der Abschnitt über die Kategorien ist zu Anfang aus Alcuin mit Weglassung der

homonymu u. dgl. excerpirt, und nachdem nur bei der Quantität wieder Boetbius

benützt ist, folgen die ubrigt‘n Kategorien wörtlich aus Alc'nin, jedoch nur bis zum

‚hellere, und von jenem Einen Beispiel-Satze (s. Anm. 57.) wird sogleich mit der

Ut-bersehrift Onid sunt farmulae syllogismorum auf Alcuin’s Angaben über die Ar

gnmentation übergegangen, welche ebenso wortgetreu wie die folgenden über Dif

finilio. Topira und Perienncniae excerpirl sind.

247)-Heransgegeben von Grat!" (Berl. 1837. 4.) und von Hattemer a. a O.

p. 377—465. u. 465—526. Eine kurze Zusammenstellung der hattptsachlicltsten

deulscben Terminologie, welche jedoch fur die Geschichte der Logik selbst ohne

alle weitere Wirkung war, gab ich in meiner Abhandlung „Ueb. d. zwei ältesten

Compendien d. Logik in deutscher Sprache.“ München 1856. 4. p. 28 m

248) Nur kleine Abweichungen sind bemerklich, indem zuweilen eine Abitur—

zung oder Auslassung oder 'auch Umstellung der ‚Worte sich flrtdet. oder z. B.

subteriore statt inferioray cetera statt ulia, subiaeent statt subiectae sunty respicere

statt ostendere steht u. dgl. ' ‘

249) Bei Hattemer p. 416 a.: Affertio unde dispositio 1st al ein, so unsili boe

tius ierit (d. b. Boelh. p. 156 f.); abir doli zuei participia affectus et dispositus etc.

250) So z. B. p. aou r. Die letztere Terminologie ist aus lioc-tiu d. syll.

hyp. entnommen; s. Abschn. X'll, Anm. 154.

251) ln solcher- Weise ist nicht bloss p. 402 m die Erklärung des continuum

(Bnelh. p. 1451.) durch Zeichnungen anschaulich gemacht. sondern es wird auch

nach Erledigung der Quantität p. 412. noch einmal auf die Begriffe linen, super

ficics, solidum zurückgekehrt und die verschiedenen Arten der geometrischen" Li—

nien, Figuren und Körper graphisch dargestellt; ja bei Gelegenheit der Quadratur

des Zirkels (Hoeth. p. 1651., vgl. oh. Anm. 191.) findet sich p. 423. eine völlig

andere Erklärung und andere Zeichnung als bei Boethius.

XIII. St. Gallen. Nelker Labeo. De partibus loicae. 63

hat252). Von Wichtigkeit aber ist die Einleitung, welche dem Ganzen

vorausgeschiekt ist, insoferne uns auch hier wieder der nominalistische

Standpunkt begegnet, dass bei den Kategorien es sich um die Worthe

\zeichnung handle; auch werden daselhst in eigentbümlicher Weise An

gaben und technische Ausdrücke aus Marcianus Capella mit jenen Be

merkungen verflochten, welche aus Boethius (Abschn. XII, Anm. 77)

betreffs der Reihenfolge der Bücher des Organons entnommen sind, und

ausserdetu lassen gerade bei diesen letzteren Notizen die naiven Miss

verständnisse des Verfassers uns den sicheren St'hluss ziehen, dass der

selbe die Analytiken und die Topik des Aristoteles eben nur vom llöreu

sagen aus jener Stelle des Boethius kannte 253). _ .

Eine andere kleine Schrift, welche den Titel „De partibus

toicae“ trägtfi‘), zeigt sich als ein compilirtes Schul-Compendium,

indemxzunachst die sechs Theile der Logik, deren ersten Porphyrius

zu den fünf aristotelischen hinzugefügt habe, aufgezählt werden 25‘"),

und dann eine längere oder kürzere Angabe des Inhaltes derselben folgt.

Nachdem nemlich aus der lsagoge nur die Begriffsbestimmungen der

quinque voces nach der Uehcrsetzung des Boethius angeführt sind, wird

von den Kategorien lediglich 'die Substanz, selbst ohne Nennung der

übrigen neun, kurz erläutert, dabei aber noch schärfer, als wir so eben

"c ‚

nam Bei Hattemer p. 474 a.: Es! hoc alterius negotii. Taz ist anders uuar

zeterenney samo so er chade, lis miue metuphisiea (s. Boeth. p. 230.), dar tero ih

tib is. Aber boetius saget iz fure in, in secunda editione etc. (d. h. Boelh. p.

326.). Auch jene Figuren, durch welche bei Boethius die Lehre vom Urtheile

versinnlicht wird (Abschn. Xll, Anm. 113 1f.)‚ fehlen hier nicht (p. 479. 492 fl'.)‚_

und zwar verzichtet bei denselben der Verfasser auf den Gebrauch der deutschen

Sprache.

253) Ebend. p. 465.: Aristotiles sreib calliegoriusl chnnt seluenne, uuaz ein

luzziu uuort peseiclnnen (vgl. ob. Anm. 149 ll. 159. u. 242. u. sogleich unten Anm.

256.); nu uuile er samo chunt ketuon in perierminiisl uuaz zesanzine gelegitiu be

zeichenen, an dicn verum unde falsum fernomen uuirdetg tiu latine heizent preto

quia; an dien uber neuueder uernomen neuuirdelrtiu eloquio heizen! (die Quelle

dieser Terminologie s. b. Marc. Capella, Abschn. Xll, Anm. 51., und b. Augustin,

ebend. _Anrn. 33.]; tero uersuigel er an disemo (mache. Uuanda ouh proloquia ge

skeiden sinty unde einiu heizent simpliain, dar ein uerbum ist, ut homo uiuit, an

tleriu duplicia. dor mei uerba sinl, ut homo si uiuit spinnt, so teret er hier sim

plicial in topieis teret er duplicin. Fone simplicibus uuerrlent praedicatiui syllo

gismia fone duplicibus uuerdent eoudiljonales syllogismi (die Quelle hievon b. Boeth,

Abschn. Xll, Anm. 112.). Nah peri ermeniis sut man lesen prima analitica, tar er

beidero syllogismorum kemeina regula syllogislicam haizet; tara nah sol man lesen

secunda analiticai tar er sumlerigo teret praedicatiuos syllogismosj tie er heisel

apodietieam (auch wer nur oberflächlich die Analytiken selbst angesehen hatte. könnte

so sich nicht ausdrucken); seiungist sol man lesen tnpica, an dien er oulx sunde

rigo leret conditionalesi lie er heize! dialeclicam. Tiu partes heizentisament logica

Nu uernim uuio er diti leite zuo dien proloquiis (auch im Commentare selbst er

scheint häufig proloquium neben der Terminologie des Boethius).

254) Aus, einer Zurcher Handschrift herausgegeben von Wackernagel in Haupt

u. Hoffmann, Altdeutsche Blätter II, p. 133 ll. und von Hatt'emer a. a. O. p. 537

—540.

255) Beillattemer p. 537.: Ouot sunt partes logicae? quinque secundum Ari—

stotelem, sextam partem addidit aristoteliens Porplliriusg quae sunt : isagoge, catlie—

yon'ae, periermem‘ae, prima analitical secunda analitieal lopica. ‘

64 Xlll; St. Gallen. De partibus loicae. De syllogismis.

Anm. 253 sahen, die nominalistische Auffassung ausgesprochenns);

dann folgt bezüglich der Urtheile die blosse Aufzählung der vier Arten

(allg. bej.‚ allg. vern.‚ part. bei, part. vern.) aus Marcianus capella in

der Terminologie desselben 257). Was aber hierauf über die erste und

.zweite Analytik gesagt wird, beruht gleichfalls auf jener nemlichen

Stelle des Boelhius, in welcher derselbe die Ordnung der Theile des

Organons bespricht, und desselben Uebersetzung der Analytikeu ist sicher

auch hier nicht lietiützt259). Endlich die Topik ist ausführlich behan

delt, und zwar völlig nach lsidor (s. ob. Anm. 39), wobei der Verfasser

als Beispiele der einzelnen Topen deutsche Sprichwörter hinzufügte 259).

. Die bedeutendste aber unter all diesen Schriften, welche aus St.

Gallen hervorgieng‘en, ist die Abhandlung „De syllogismi-summis

denn wenn sie auch gleichfalls auf einer Compilation verschiedenartigen

Materiales beruht, so greift hiebei ihr Verfasser mit grösserer Belesen

heit auch nach Dingen, welche nicht ganz auf der Oberfläche der Schul

compendien lsidor’s oder Alcuin’s lagen, und ausserdem bewahrt er

darin eine merkwürdige Selbstständigkeit, dass er auf einen einheitli

chen inneren Zweck der Logik hinsteuert, dessen Darlegung den Schluss

‚der Abhandlung bildet. Zuerst wird die Definition des Syllogismus aus

Marciauus capella ‚(Abschm Xll, Anm. 67) mit Beifügung einiger Worte

aus lsidor’s llhelorik (ob. Anm. 43) angegeben 261), wobei schon eine

ziemliche Anzahl von Beispielen in deutscher Sprache zur Verdeutlichung

dient, und nachdem hierauf die Eintheilung in kategorische und hypo

thetische Schlüsse in einer aus Marcianus und Boethi'us vermischten

Terminologie angeführt islmnja werden aus ersterem (Abschn. X11.

Anm. 63 u. 67) die Bestandtheile des kategorischen Syllogismus und

des kategorischen Urtheiles vorgebrachtna), um hierauf die vollständige

Darlegung der neunzehn Schlussmodi folgen zu lassen, welche aus Apu

256) Ebend. p. 538 a.: Ouid tractatur in catltegoriis? Prima rerum significatio

et quid singulae dictiones significenl, utrum substantiam an accidens etc.

257) Ebend.: Ouid narratur in periermeniis? S. Abschn. Xll, Anm. 64.

258) Ebend.: Ouid consideratur in primis anah'ticis? Sillagistica quae est

communis regula omnium sitlogismoruml nectssariorum et probabili-nmi cutkegorico

rum et ippatheticoruml item praedicatioorum et conditionalium (sinnlose Verdopp

lung durch Beiziehung der Terminologie des Marc. Capella, s. Abschn. Xll, Anm.

67.). Ouid tractatur in secundis anulilicis? Apodictica id est tlemonstrativa quae

demonstrat veritalem, id est necessarios sillogismos.

259) Ebend. p. 538 b—5-10 b. Gleichfalls aus lsidor (Anm. 27.) ist copirt,

was Haltemer ebeud. p. 530 f. aus einer anderen Stelle der nemlichen Handschrift

über den Unterschied der Dialektik und der Rhetorik anfahrt.

260) Vollständig abgedruckt b. Hatlemer a. a. O. p. 541—559. (auszugsweise

in Wackemagel's deutSch. Lesebuche l, p. 111 ll'.). -

261) C. 1. ebeud. p. sit a.: Ouid sit syllogismus. Sylloyismus graece, latine

dicitur ratiocinatio quaedam indissulubilis oratio quaedam orationis catena

et iiwicta ratio.

262) Ebend. p. 542 a.: Et ex iis videntur quidam esse qui latine dicuntur

praedicatioiy alii autem qui dicuntur conditionates (p. 542 b.)._ constat autem

omnis syllogismus proloquiis i. c. proposilionibus. Aus den hierauf folgenden Wor

ten proloquia dicamus cruezedu, similiter propositiones cruezeda, item propositiones

pietungal alii dirunt pemeinunga geht auch hervor, dass jedenfalls Mehrere sich

mit ähnlichen Bearbeitungen der Logik beschäftigten.

263) C. 2, p. sn b. Nemlich aumpla, illutio, subiectivum, declarativum.

X111. St. Gallen. De syllogismis. =’65

lejus (Abschn. X, Anm. 18 11'.) entnommen und mit selbatgemachten

deutschen Beispielen erläutert ist 264). Sodann wird auf die hypotheti

schen Schlüsse übergegangen, und zwar zunächst dasjenige, was bei

‚Marcianus (Absehn. Xll, Anm. 69) sich findet, in ziemlich freier Verar

beitung und mit Einmischung der Terminologie des Boethius vorge

führt 265), und erst hieran reiht sich die vollständige Angabe der sieben

Schlussweisen an, welche bei cicero (Abschn. Vlll, Anm. 60) aufge

zählt sind, und deren nähere Erklärung der Verfasser aus des Boethius

Commentar zur ciceronischen Topik entnommen und gleichfalls mit deut

schen Beispielen versehen hat266). Nun aber fand sich ja bei lsidor

(oh. Anm. 43) auch noch ein syllogismus rhetorumx und mit Anknüpfung

an das dort Gesagte wird hier Gelegenheit genommen, ausführlicher auf

die rhetorische Lehre hinüberzublicken, indem mit ausdrücklicher Ver

weisung auf Cicero (d. Inv. l, 36, s. Abschn. Vlll, Anm. 59) an Einem

ebendort sich findenden Beispiele die rhetorische Schlussweise erläutert

wird 267). Aber sogleich bemüht sich der Verfasser, diese Art des Syl

logismus, insoweihker der Form der Bewahrheitung genügt, auf den

kategorischen Schluss zurückzuführen, indem er wieder an der Hand

‚des Boethius auf die einfachen Bestandtheile der Syllogismen überhaupt

ghinweist'mg) und hieran Erklärungen über das Urtheil anknüpft" ).

Und nachdem hierauf über einige mit syllogismus sinnverwandte Begriffe

etymologische Erörterungen sich anreihten, welche entweder direct aus

lsidor oder aus dem. sog. Glossarium Salomon’s (0b. Anm. 185) und

theilweise auch aus Boethius genommen sind‘l'm), wird in Anbetracht

der Ciceronischen Topik näher auf den Unterschied zwischen Dialektik

und Apodiktik eingegangen 27'), welcher mit jenem zwischen hypothe

264) C. 3—8, p. aia-sem

265) C. 9—12, p. 5481. Der Sprachgebrauch des Marcianus wird dabei

als eigene Terminologie aufgefasst, nemlich: propositio, assumptio, conclusio.

266) C. 13, p. 550—553. Die Quelle hievon ist Boelh. ad Cic. Top. V, p.

sal fl‘.

267) C. 14, p. 553 a‚: Transcunt vero syllogismi et ad rhetores iam latiores

et dimisiores facti .. . .. . Horum exempla sunt apud cicer-onem in libris lihetoricorunn

Das cicerouische Beispiel von der Weltregierung (d. lnv. l, 34, 59.), welches

'übrigens auch bei Bocfh. d. cerm phil. l, p. 958. eine nolle spielt, wird hernach

ebenfalls in deutscher Sprache ausgeführt.

258) Ebend. p. 554 8.1 Praedicaticus est ille syllogismus aut conditionalisl

.... .. Plane ergo praedicatiuus est nam et omnes partes syllogismoruml siue

propositio sine approbutio sine sumptam sive illatio sine conclusio sive ut alii di

cunt compleæio (s. Abschn. Vlll, Anm. 59.) auf confeoh'o, communi nomine enun

tiatio uocantur (s, ebend. Anm. 45.). Die Quelle dieser Reduction auf den einfa

chen Satz ist Boefh. ad Cic. Top. V, p. 823.; vgl. auch Abschn. Xll, Antn. 131.

u. 140.

easy Ebend.: Es! autem enuntiatio oratio verum huius species sunt a/firmulio et negotio (Abschn. xm Anaumt. f1a1l1s)u;m_ shiigenraiu/fimmfolgen

deutsche Erörterungen über ussumptio, illutio, concluaio.

270) C. 15, p. 555 8.2 Nemlich über rafs'ocinun', dispatare, iudicare, experi

menlum, und: argumentum diciturj ut lioetio ( ad cic Top. p. 763.) plant, quod

rem arguit i. e. probat. '

271) C. 16, p. asa a: ouaerendum autem magnopcre est, quare cicero dia

lecticani in ypotheticis tantum constituerit syllogismis.... Es! enim medius inter

Aristotelem et Stoicos (hat etwa hieraus J. v. Arx jene obige Nptiz, Anm. 241-,

PRANTL, omm ll. 5

a

66 XIII. St. Gallen. De syllogisrnis.

tischen und kategorischen Schlüssen zusammentrefl'e, eben darum aber

in dein Einen Zwecke der Auffindung der Wahrheit sich zu einer höhe

ren Einheit auflöse, denn durch die Meisterschaft des Schliessens werde

alle menschliche Wahrheit erfahren, während man das transscendente

Göttliche ohne solche Kunst vernehme 272). So kann der Verfasserv

dessen Anschauung uns schon hiedurch ebenso deutlich als erfreulich

an Scotus Erigena (Anm. 111—120) erinnert, für das Gebiet des dies

seitigen mensehlichen Wahrheitsstrebens eine einheitliche Definition der

Logik aussprechen, in welcher Dialektik „oder“ Apodiktik ihr Wesen

habe, und er drückt dasjenige, was er bei Boethius (Abschn. XII, Anm.

76) vorfand, präciser und stärker aus, wenn er ähnlich wie Scotus

sagt, die Logik sei die Wissenschaft des Beurtlieilens oder Disputi

rens273)‚ denn die Macht der Form, welche in den Syllogismen jeder

Art erscheint, ist ihm das Entscheidende, in welchem alle innerhalb

der Logik auftretenden Unterschiede zusammenlaufen 274); hingegen die

Rhetorik, welche bloss dem Wahrscheinlichen, nicht aber der Wahr

heit diene, liege deshth auf einem anderen Gebiete, während das all

umfassendste Gemeinschaftliche der Worlausdruck (verbum) sei, in

welchem sich sowohl der philosophische sermo als auch die rhetorische

dictio bewegen müsse 27‘"). Eben sdurum aber ist dem Verfasser jener

nominalistische Standpunkt, welchen wir bei Scotus trafen, völlig der

geschöpft?) .. Propterea boetius Arislotilem in thopicis dialecticam et in secundis

analiticis apodielicam docuisse testaturl d. h. das Ganze ist aus Boeth. ad Cic.

Top. l, p. mo f. entnommen, woselbst eine weitere Ausführung des in Abschu.

XII, Anm. 77. erwähnten Standpunktes sich findet.

am C. 17, p. 557 b.: De potentia disputandil i. e. fane dem mahle der

unissprathonis. Si ergo satis intellectum est‚ omnem apodicticam constare in decem

et novem modis syllogisinorum et diatecticam in septem modis syllogismoruml non

sit dubitundumy totam earum utilitatem esse in ineenienda verilale. Ube niunzen

sloz upodieticae unde sibeniu dialecticue uuola yelirnel sm, so uuisin man dor mik,

rlaz sie nuzze sinl, alia uuarheit mit in se eruarenne omnia enim his constanL

quae in humanum cadunt rationem Al du: nienniskin irratm mogin, !a: uuirdit

hinnan yuuissaL Divina erocdun! humanum rationem. intellectu enim eapiuntun

Tiu gotoliehin ding uuerdent keistlicho uernomen ane disa meisterskafL

273) C. 18, p. 557 b.: ouid sit dialectica tret apodictica. Ergo dif/inimicis

est dialecticu sive apodictieay possunt enim unam et eandem suscipere diffifli

tionem in hunc modum bialectica est siue apodiotiea iudicaudi peritia vel ut

alii dicunt disputandi scientia (eben dieses findet sich ja auch bei Scotus, ob.

Anm. 112.). Meisters/ruf! chiesennes unde ruchonnis, tas ist dialechca, !a:‚ ist ouh

apodictica.

274) Ebcnd. p. 558 a.z Prius diximusl quia ratio est quae ostendit rem.

Reda sketni!‚ uua: is in; pidero reda sol man chiesenl Tara nuh mag er raohon, i. e. dispaMre, ioh uuar rachuobne, izi. ue.uersaetniocrinuuagrei .. . ..

lTteerda ueurarrirhatectho!u‚nsitheralmliisl, rteesdamasntercshtirtiteuLndeTersediuauaerheanbruiinngedtelnt ladzereristchionsdoetx, ter

ist rationaler, ter ist disputatorl ter ist argumentatom ter isl dialecticuL der ist

apodiclirus et syllogisticus.

275) C. 19, p. 558 b.: me parum hoc attentendum esti quantum intellectu

quaedam distanL quae simiti modo solent interpretaril ut suntz verbum, semo.

dictio ouae si unum siynifcarmtr nequaquam sermo daretur philosophis, dictis

vero rhetoribusl ut auctores docent (d. h. lsidor, s. oben Anm. 27.); nam et Ari—

stotiles diuleclicnm, quae interpretatur de dictionel ad rhetores traxit et voluit eam

esse in argumentis rlicloricis, i. e. prolmbiübus, quae ille indicavit esse (die Hand

Xlll. St. Gallen. De syllogismis. Franco. 67

selbstverständliche, denn der Unterschied zwischen Wahr und Falsch,

d. h. der Gegenstand aller logischen Beurtheilung oder Erörterung, kann

nur in menschlichen Urtheilen auftreten, und auch die Prädicamente

sind eben nichts Weiteres als Aussagen 27“). —— Wohlthuend ist es uns

jedenfalls, hier einem Autor begegnet zu sein, welcher weiss, was er

will, und es steht uns diese Schrift unendlich höher als die zwecklosen

und peinlichen Spielereien eines Gerbert oder eines Anselmus; auch

wäre es wohl schwerlich zu den „Beweisen für das Dasein Gottes“

gekommen, wenn man im Allgemeinen jene Besonnenheit bewahrt hätte,

die Meisterschaft des Schliessens wohl allseitig in dem uns Wahrnehm

baren zu üben, hingegen das unmittelbar Göttliche dem gläubig from

men Sinne zu überlassen. -— Uebrigens müssen wir auch hier gleich

falls darauf hinweisen, dass der Verfasser dieser Abhandlung die von

Boethius angefertigte Uebersetzung der Analytiken nicht gekannt haben

kann, denn sowie er überhaupt eine grössere Belesenheit als Andere

zeigt, würde er wohl gewiss die neunzehn Modi nicht aus Apulejus

geschöpft haben, wenn ihm die aristotelische Syllogistik selbst zugäng

lich gewesen wäre, noch auch würde er bei seinem Streben nach in

nerer Einheit der Logik lediglich an jene nemlichen Stellen angeknüpft

haben, welche aus den verbreitetsten Uebersetzungen und Commentaren

des Boethius Jedermann kannte 277).

Aber jener ausgedehnte Betrieb der Logik, wie ihn uns in dieser

Zeit St. Gallen zeigt, dürfte auch wohl eine ziemlich isolirte Erschei- _‚

nung sein, woferne es nicht etwa bloss der Mangel an Nachrichten ist,

welcher uns zu dem Urtheile veranlaisst,«.dass in der ersten Hälfte des

11. Jahrh. im Allgemeinen eine Unthätiglieit in logischen Fragen oder

selbst in Anfertigung von Compendien obgewaltet habe. Ja bei jedem

Schritte unserer Untersuchung müssen wir die Möglichkeit im Auge

behalten, dass Manches, was vorhanden war, unserer Kenntniss gänz

lich entrückt sei, wenn auch zugegeben werden mag, dass Erschei

nungen von grüsserer Bedeutung schwerlich ganz spurlos entschwunden

wären, und dass ein gänzliches Stillschweigen aller Quellen kaum denk

bar sei, wenn wirklich in weiterer Verbreitung das Gebiet der Logik

eine Bearbeitung gefunden hatte.

Ungefähr aus der Mitte des 11. Jahrh. haben wir die Notiz, dass

ein Scholasticus Franco in Lüttich (um d. J. 1047) eine Monographie

über die Quadratur des Zirkels (vgl. ob. Anm. 191 u. 251) in Anknnjx

scbr. hat non esse) discernenda a uecossariis argimienlis, de quibus flum ypothetici

syllogismi et tota dialeztica, ut cicero docuit (s. Boelh. ob. Anm. 271.) Dignior

est namque sermo et gmuior, ut sapientes decel, dictio humilior es! et plus com

munis data rhetorilms. Verbum autem omnium esl.

276) Ebend: EI in i‘nlcrprctundo proprie sermo (vgl. Anm. 321.) mga dicüur,

sie et muntiah'o, quae similiter philosophis tradita est rt disputantilms necessaria

m, quia inest ei semper vtrum aut falsum . Praedicare autem est, inquit Boe

tius (p. 127.), aliquid de aliquo dicerent e. elcuuas sagen fane eteuuiu; unde

et praedicamentnm dicitur el praedicatioy cinis lings kcsp'rocheni fone demo anderma.

am Es scheint, dass in solchen Fällen der Beweis aus dem Stillschweigen

völlig schlagend sei und darum sehr bestimmt verstürltend zu dem allgemeinen

Umstande hinlu‘lnte, dass überhaupt keine einzige positive Spur einer Benutzung

jener aristotelischen Schriften sich zeigt. .

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5*

68 Xlll. Othlo. Damiani. Die Rechtswissenschaft.

pfung an die betreffende Stelle des Boethius verfasste 27S), und etwa

aus derselben Zeit können wir wenigstens das Geständniss eines Emme

raner Möncth Othlo (geb. um 1013, gest. in Regensburg um 1083)

anführen, welches dahin lautet, dass es einige so eingefleischte Dia

lektiker (dialectici ita simplices) gebe, welche an alle Worte der hei

ligen Schrift den dialektischen Maassstab anlegen und dem Boethius mehr

glauben als der Bibel selbst279). Aus letzterer Klage aber muss man

schliessen, dass obige Verwarnung Fulbert’s (Anm. 237) nicht bloss

von einem Berengarius missachtet wurde, sondern dass von mehreren

Seiten die Dialektik in tbeoretisch-dogmatischen Fragen als Prüfstein

bezeichnet wurde 23°). Hingegen blieb, wie sich von selbst versteht,

die Mehrzahl dem ursprünglichen Standpunkte des christlichen Mittel

alters getreu, und es mag, da wir nunmehr in eine Zeit der Kämpfe

eintreten, darum nur beispielsweise erwähnt werden, wie Petrus Da

miani (geb. 1006, gest. 1072) der Dialektik den Beruf zuweise, als

fromme Magd im Dienste der Kirche zu stehen und ihrer Gebieterin

demütbig auf dem Fusse zu folgen 28l), wobei allerdings Damiani’s gläu

bige Seele noch keine Ahnung davon hat, dass auch dieser Dienstbote

den Dienst kündigen und sich einen eigenen Herd gründen könne.

Eben aber in der zweiten Ilälfle des 11. Jahrh. traten Momente

der Kulturgeschichte auf, durch welche innerhalb der sich gleichbleibenden

logischen Scbultradilion eine frischere Bewegung und selbst eine heftige

Erneuerung älterer Parteigegensälze herbeigeführt wurde. Zwei Seiten

sind es, von welchen her sich auf verschiedene Weise und in sehr

verschiedenem Grade ein Einfluss auf die Logik geltend macht, denn

die eine derselben können wir hier vorerst nur in leisen Ahfängen er

blicken, um bei ihrem späteren stärkeren Auftreten wieder hieran lan

zuknüpfen, wabrcud die andere sofort mit aller Macht sich erhebt und

b 278) Sigebert Gembl. iltorum ad ann 1047 h. Pz-rtza Mon. Vlll, p. 359.: Franco

scholasticus Leodiccnsium et scientia litterarum et morum probitate ctaratl qui ad

Herimannam archiepiscopum scripsit librum de quadratam circuli, de qua re Aristo

tetes (h. Boelh. p. 165.) ait : ‘circuji quadraturo, si est scibitey scientia quidem non

0st, illud vero seibite esL

279) Othlo d. tribus quocst. h. Pez, rhes/iuud III, 2, p. 144.: Peritos autem

dico magis illosv qui in sacra srripturav quam qui in dialectica sunt instructig nam

diotecticos quosdam ita simplices ineeni, ut omnia sacrae seripturae dicta iuxta dia

tecticae auctoritatem ronstringenda esse decernerentv magisque Boetia quam sanctis

scriptoribus in plurimis dictis crcdcrenl; unde et eundem Boelium seculi me repre

hendehantr quod personae nomen alicui nisi substantiae rationali adscriberem etc.

nam Denn abgesehen davon, dass in den verschiedenen theologischen Schrif

ten Othlo’s die Abendmahlsfrage nicht speciell besprochen wird und daher die

Polemik gegen die Dialektiker schwerlich sich auf Berengar bezieht. ist ja in der

eben angeführten Stelle von persönlichen Begi-gnissen die Rede, welche Othlo als

Folge einer allgemeinen Zeitrichtung bezeichnet.

281) Petri Damiam' opp ad. Caietuni, Par. 1743. fol. lllv p. 312.: Huec

plane, quae ex diatecticorum vet rhetorum prodeuut argumentisj non facite divinae

virtutis sunt aptanda mysteriisl et quae ad hoc inventa sunty ut in syllogismorum

instrumenta pro/iciant vel clausulas dich'onum, absit ut sacris legibus se pertinaciter

inferant et divinae virtuti conclasionis suae necessitates opponanL Ouue tamen artis

humanae peritial si quando tractandis sacris etoquiis adhibetur, non debet ius

magisterii sibimet arrogantor am'pere, sed velut ancilla dominae quodam famutatus

obsequio subservire, ne, si praeoedit, oberret etc.

G an Die Rechtswissenschaft: Papias. . 69

den Entwicklungsgang auf längere Zeit bedingt. Diese beiden Seiten

aber sind die Jurisprudenz und die theologische Dogmatik. ’aiäiiirmit

Ü Wenn nemlich die Rechtspflege an sich schon überhaupt eine Hin

weisuug auf dialektisclr-rhetorische Praxis enthält, so ist es erklarlich,

dass zu ‘einer Zeit, als in Italien eine Erneuerung der Rechtswissen

schaft eintrat und die Entstehung von Rechtsschulen begann 282)‚ nun

ein'grösseres Gewicht auf praktische Logik fiel, d. h. allerdings auf

eine Logik, welche von der Rhetorik sich kaum unterscheidet, aber in

der Lehre von der Argumentation und in der Topik dem üblichen lo

gischen Schulmateriale verwandt bleibt. Sowie wir selbst für unseren

hiesigen Zweck schon früher (Ahschn. Vlll, Anm. 52 u. 68) aus den

Pandekten Quellenslellen entnehmen konnten, so scheint andrerseits das

Studium der Grammatik und Rhetorik in Italien eine ununterbrochene

Verbindung mit juristischen Materien bewahrt zu haben mm und wenn

wir auch die litterarische Anekdote, dass das ganze Rechtsstuditim zu

Bologna seinen Anfang aus einer grammatischen Erklärung des Wortes

„As“ geschöpft habe 284), gerne bei Seite lassen, so war doch jeden

falls der juridische Unterricht, welcher durchaus nicht der ausschliess- _

lichen Heranbildung von Klerikern diente, damals ursprünglich an den

üblichen Betrieb der artes liberales geknüpft gewesen 285). Den schla

gendsten Beleg hiefür finden wir an dem Grammatiker Papias (um

1060), welcher in seinem encyclopüdischen Vocabularium eine ansehn

liche Menge juristischer Worte und Begriffe ip grösserer oder geringerer

Ausführlichkeit besprichtm) und in den die Logik betreffenden Wort

erklärungen oder längeren Artikeln, welche er sammtlich aus der da

mals bekannten Schul-Litteratur entnimmtmlja uns durch eine einzelne

282) S. Savigny, Gesch. d. Rom. R. im Mittelalt. W, p. lfl"., u. Giesebrecht,

D. litt. sind. ap. Italos. Berol. 1845. 4. ‚

283) S. Merkel, Gesch. d. Langobardenrcchts (Berl. 1850) p. 13. u. 46., u;

Ltichmimny Versuch üb. d. Dositheus. Berl. 1837. 4.

284) Hostiensis, Commcnt. in beereL libr. bei Savigny a. a. 0. p. m

285) S. Giesebrechl a. a. 0., welcher (p. 19.) aus Wippo’s Panegyricus auf

Heinrich lll. (gest. 1056) folgende Verse anführt: func fac edictum per terram

Teutom'corum, cuilibet ut dives sibi natos instruat omnes Litterulis legemque suum

persuadeat illisi Ut cum principibus placitandi venerit usus, quisque suis libris

exemplum pro/erat illis Hoc servant ltali post prima crepumtia cuncti, Et su

dare scholis mandatur tota iuventus; Solis Teutom'ois vacuum vel turpe ‚oidrlur,

Ut deceant aliqueml nisi clericus accipiatun

286) Papias Vocabulista. vena 1496. fol. (nicht paginirt). Die juristischen

Begriffe sind: idco-euim Actio, Aequitas1 des alienum, Agnali. Arm, Arbitcr, Bo

norum possessio, capitis diminutio, Casas, Causa, Codieillas, communi diuidundo,

Ganlraclus, Dolus, Ediclum, Emancipare, Emphyteusis, Emplio venditioj Falcidia

tum Fideicommissum, Fundus, Heeres, Haeredilas, Interdiclum, ludicium, lus

(ausführlich), lustitia, Leger (ebenso), Liber, Mancipi resv Manumissus, Municipcs,

Muluari, lllecmaneipil Notae in libris itm's, Noxa, Patcrfamilias, Peculatus , Pos

sesst‘o, Puberes, Reus, Stipulatiol Testamente iuris civilis (ausführlich), Usucapio.

(Diese Seite des Papias ist, soviel ich weiss, für die Litterargeschichtc der ln

risprudenz noch nicht benützt worden.) ‘

287) Die Worterklärungen aus der Logik (Aocidcns, Ad alt'quid, A/‘firmarc,

Andaceuc, Apodixis, Apophasis, Argumentatio, Axiome, Culasceue, Uonclusio, Da—

finitio, llialeetieay Difl'ercntia, Eotltymema, linuutiatiaay Equivoaa, Essentia, Genus,'

”obere, Habitus, Eysagoga, Hypolhetici syllogismi, Individuum, lnductio, Logioa,

ro an Papias. Lanfrancus.

Bemerkung neuerdings den Beweis liefert, dass man in jener Zeit auch

in Oberitnlien die Analytik des Aristoteles nur vom llörensagen kannte 288).

Eben aber mit einer solchen Verbindung grammatischer, rhetorischer,

logischer und juristischer Schulkenntnisse, wie sie l'apias zeigt, hängt

es zusammen, dass er in einem eigenen Artikel auch die „Epistolae

formatae“ besprichtzw) und so auf die sogenannten Formelhücher (s.

sogleich unten Anm. 295) hinüberweist. Mit all diesem nun steht es

in oll'enbarem Einklange, wenn sowohl ein gleichzeitiger Bericht über

jene ersten Keime einer Bechtsschule sich in Ausdrücken bewegt,

welche uns direct an die gewöhnliche Schul-Logik erinnern 29°), als

auch wenn an zwei hervorragenden Männern jener Zeit, an Lanfran

cus und lrnerius, sich gleichsam eine Personal-Union der Dialektik

und der Jurisprudenz zeigt. Denn dass Laufrancus (geb. um 1005,

gest. 1089), auf welchen wir alsbald wieder zurückkommen müssen,

die er'ste Hälfte seiner Thatigkeit vor dem Ausbruche des Abendmahl

streites hauptsächlich dem Rechtsstudiuui in ausgedehnter und erfolg

reicher Weise zugewendet habe, ist eine unbestreitbare Thatsache 29l),

wenn auch eine directe Verbindung, in welche er sogar mit lrnerius

'selbst gebracht wird, aus chronologischen Gründen undenkbar istzgz);

Nomen, Omonyma, Oralio, I‘rapnsilio, Proprium, Qualitas, Ouundo, Ouanlitas,

Batiocinatio, Syllogismus, Syncnima, Sophismas Spert'es, Substantia, Unicoca,

Vom) sind sammtlich aus lsidor oder Boethius excerpirt; höchstens könnte hervor

gehoben werden, dass bei Cal'cgoria Papias die mehr nominalistische Auffassung

auswahlt: categoriae graeci-l latine pracdicamenta dicantur1 quibus per varias signi

ficationes onmis sermo conclusus rsl.

easy Er erklärt nemlich: Analetica (vgl. folg. Abschn.‚ Anm. 23.) i. e. resa

lutoria. quod est medium volumen commenti super I'cricrmcnias, uppellavit Boetius,

ubi omnes syllogismi rhetoricae artis resoluuntun Ausser diesem Unsinne etwa auch

noch: Klone/10mm, titulus libri cuiusdam Aristotelis.

289) formatae epistobie a sanctis cccxvut patribus in lilicaeno consilio consti

tutae feruntun u. s. w. (eine Folie-Seite hindurch).

290) Ncmlich der so eben erwähnte Damiani sagt in seinem Sendschrei

ben De parentelae gradibus (Opp. lll, p. 89 ff.) von seinen Gegnern (prooem.

p. 89.): Ex quibus nimirum verbis (d. h. fuslin.‚ fnslil. l.) inductoria quaedam

colligebant argumcntal ferner (c. 1, p. 90.): interrogentur igitur qui in tribunalibus

iudicanty qui causarum negotio dirimuntl qui scrutandis legum decretis insislunl,

und insbsondcre (c. 6, p. 92.): cumque in astruendis propriis allegationibus sae

pius verba haec ilerarenl, deinde ratiocinandoy assumendoy colligendoj multimoda

cavillatianum argumenta componerentl sowie auch (c. 7, p. 92.): quidam promptuu

lus ccrebrosus ac dicar, scilicet acer ingeniol mordax eloquiol vehemens argumenlo,

Florenlinus pulo, verbis me insolenter urgebat. Aebnlich auch D. grad. cagn. c. 2,

p. 96.2 Super quo nimirum nonnulli doctorum diversa a se invicemsentientes longis

argumentationibus disputanL ‘

291) Milo Crisp. vita Lau/r c. ll. b. Mabill. Acta Bened. lX, p. 639.2 Ab

annis puerilibus eruditus est in scholis liberalium artium et legum secularium ad

suae morem patriam Arlolescens orator veteranos adversanles in actionibus causarum

frequenter renicit torrente facundiae accurate dicendog in ipsa aetate sententias dc

promere sapuity quas gratanter iurisperiti aut iudices vel praetores civitatis accepta

baut. Mcminil horum Papia (d. h. seine Vaterstadt Pavia). At cum in exilio phi

losopharcfur, accendil animum eius diviults ignisa et illuxit cordi eius amor verae

sapienliac. Mehrercs speciell Juridische s. h. Merkel a. a. 0. p. 14. u. ea f.

292) Robert de Monte auct. ad chron. Sigcb. Gcmbf. ad ann. 10312. b. Peru,

Novum. Vlll, p. 478.: Lanfrancus Papiensis- et Garnrrius socius eius repertis apud

liononiam legibus romanisl quas iustinianus . emendaveraL his, inquam, rcperli:

_:_‚_—_..W. VW_‚ “ JI— x JUTTA-l."

.L

mi XI»II. lrnerius. Formelbücher. . m 71

. ‚ ‚v .

jedenfalls aber ist ihm;5 wie aus den Berichten hervorgeht, die nem

liche dialektische Gewandtheit, welche er später gegen seine theologi

schen Gegner beurkundete, auch schon damals zur Seite gestanden.

lrnerius aber (seine Blüthezeit fällt zw. 1100 u. 1120), dessen Auf

treten bekanntlich für die Bologneser Bechtsschule den Uebergang von

der ersten Keimperiode zu reicherer Entfaltung bildet, wird in den

Glossen des Odofredus ausdrücklich als „Logiker“ bezeichnet, und aus

dem Umstande, dass er vorher Lehrer der freien Künste gewesen sei,

wird eine übertriebene Spitzfindigkeit, welche in seinen Glossen sich

gefunden habe, erklärtzga). Da aber lrnerius auch ein Formulan'um

verfasste29‘), so müssen wir hieran die vorläufige Bemerkung knüpfen,

dass'eine eigene ausgedehnte Litteratur entstand, welche der Notariats

kunst und Notariatspraxis diente und fortan eine Verbindung der übli

chen Schal-Rhetorik mit juristischen Stoffen lebendig erhielt. Und wenn

nun diese „I“ormelbücher“295) allerdings damalsnoch durchaus

keinen nachweisbaren Einfluss_auf die Logik selbst ausübten, und die

„Praktiker“ noch nicht eine Anerkenntniss ihrer Berechtigung betreffs

der Logik beanspruchten, so liegt doch hier der Keim einer Tendenz

‘vor, welche Jahrhunderte hindurch ihre eigenen Wege wandelte und

dabei sich weit mehr auf ciceronisch-rhetorische Dialektik, als etwa auf

das aristotelische Organen hingewiesen sah. Daher wir schon hier es

als dereinstiges nicht unerwartetes Resultat andeuten dürfen, dass später

l.clie rhetorischen Praktiker sich dem Sturmlaufen gegen die aristotelisch- I

scholastische Logik anschliessen werden. Ja, es ist schwerlich eine

ganz zufällige Redensart, wenn schon ein Autor gegen Ende des 11.

Jahrh., und zwar ein Mailänder, gelegentlich den Aristoteles und den

cicero mit den Ausdrücken „Labyrinth“ und „Palast“ einander gegen

überstellt 296).

operam dederant eas legere et aliis exponem Sed Gamcrius in hoc perseveravitl

Lunfrancus uero disciplinas liberales et litteras divinas in Galliis multos edocens

tandem iieccum venit et ibi monachus factus est. Vielleicht jedoch ist das chrono

logische Bedenken, welches Savigny a. a. O. p. 21 f. erhebt, überhaupt unnöthig,

wenn wir bei „socius“ nicht an persönlichen Verkehr denken, sondern es gleich—

sam mit „juristischer Gcsinnnngsgenosse“ übersetzen.

293) Udo/r. (Codex) in L. ull. c. de in im. restit. minor. (2, 22.): Or, seg

non', plura non essent dicenda super lege istag dominus tamcn Irncrius, quia loicus

fuity et magister fuit in civitate ista in artibus. antequam duceret in legilms, fecit

unam glossam sophislicam, quae est obscurior quam sit lezlus. Und (Cod) in

Auth. „qai res“ C. de SS. ech (1, 2.): E! debetis scire vos, domini, sicut nos

fuimus instructi a nostris maioribusl quod dominus I'rncrias fuit primusy qui fuit

ausus dirigere cor suum ad legem istarng nam dominus iir-acrius erat magister in

artibus, et studium fuit liuvennae eta collapsa ca, fuit studium Bononiae, et do

minus ymerius studuit per se sicut polait, postea coepit docere in iure civili, et

ipse fecit primum formulariam, i. e. librum omnium instrumentorum etc. (angeführt

bei Savigny).

294) Naheres b. Savigny a. a. O. p. 621.

295) S. Merkel a. a. O. p. 33., und vor Allen L. Rockinger, Ueber Formel

bucher v. 13. bis z 16. Jahrh. München 1855. 8., bes. p. 36 ff. u. p. 56.

296) Amul/‚ Geste archiep. Medial. I, 1, b. Perlz, Man. X, p. 7 z Non mihi

met ipse confido, ’quem exilis ingenii adeo paupertas anguatal, ut difficih's mihi

videatur Aristotelici laberiuthi ingressusl laboriosus ualde iuliani palacii accessusj

fateor me nunquam conscendisse curules quadrivii rotas.

.

- ‚— .7 . w .l.ruyvaw-s-vw-w-a

72 Xlll. Die Theologie. Berengarius. beati-annus

‚.gj

_rem....

i v

Entsehiedener aber, wie gesagt, äusserten theologische Streitig

keiten, welche damals über das Abendmahl geführt wurden. einen directen

Einfluss, und jene Parteispaltung betreffs der Logik, welche wir schon,

am Schlusse des 9. Jahrh. oben trafen, erhält nun gegen das Ende des

11. Jahrh. einen schärferen Hintergrund durch speciell dogmatische

Anschauungen, wobei die weitere Entwicklung sich um so eigenthüm

licher gestalten muss, je mehr das eigentlich logische Interesse, wie

schon bemerkt wurde (oben S. 36 f.)‚ gerade dem Nominalismus näher

stand, als dem christlichen Realismus. Den dogmatischen lnhalt jener

Kämpfe lassen wir hier, wie sich von selbst versteht, als einen völlig

gleichgültigen gänzlich bei Seite, und betrachten nur das formell dialek

tische Moment. V sup a ' ' m

"I In'gdies'er letzteren Beziehung aber war es vor Allen Fulbert's

Schülef, Berengarius (geb. 998, gest. 1088), welcher seit d. .l.

1031 als Scholasticus in Tours docirte und dabei den Muth hatte, auf

dem Gebiete des Wissens sich jeder Auctorität, mochte sie sein welche

sie wollte, zu widersetzen, indem er gegenüber aller Tradition, auch

selbst der grammatischen und logischen 297), nur die selbsteigene Kraft

der Denkfunctinn als den ausschliesslichen Maassstab der Wahrheit an-°

erkannte; denn jener Grundsatz, welchen er später in seiner Verthei

digungsschrift gegen Lanfrancus aussprech, muss ihm schon früher als

der richtige vorgeschwebt sein, der Grundsatz nemlich, dass einzig und

allein die Dialektik die Form der Vernunft sei, und während Berengarius

in ähnlicher Weise wie Scotus Erigena einen Zusammenhang der Dias

lektik mit der göttlichen Weisheit zugesteht, beruft eben darum auch

er sich auf Augustin's Ausspruch (Abschn. Xll, Anm. 18) und erklärt

nnn mit aller Entschiedenheit, dass gerade bei Benützung heiliger Aucto

ritaten das rationelle Verfahren (ratione agere) unvergleichlich höher

stehe 298). Hingegen umgekehrt im Dienste der dogmatischen Auctorität

trat eben um dieselbe Zeit die Dialektik bei Lanfrancus auf, welcher,

nachdem er Pavia verlassen und die dortige juristische Thütigkeit (0b.

Anm. 291 f.) aufgegeben hatte, zuerst (im J. 1040) in Avranches und'

dann seit 1043 im Kloster Bec in der Normandie als Scholasticus wirkte. v

297) Adelmanni Epist. (s. ob. Anm. 235.) p. 31.: Aiunt te novitatum capto

adeo ut Priseianama Donatum, Boethium prorsus contemnas.

298i Bereng. d. sacr. coena, ed. A. G. et F. m Vischer, Berol. fällt, p.

100 f.: and relinquere me, inquio ego, sacras auctoritates non dubitas scribere,

manifestum fiel dim'nitale propilia, illud de calumnia scribere Ie, non de verilote,

ubi deducendi sacras auctoritates in medium necessitate inde agendi locus occurre

ril, quanquam ratione agere in peroeptione veritatis incomparabiliter superius esse,

L quia in evidenti res est, sine oecordioe coecitate nullus negaverit verbis dia

tecticis ad manifestatianem veritatis agere non erat ad dialecticam confugium con

fugissel a quo ipsam dei sapientiam et dei veritatem video minime abhorrcre (vgl.

Anm. 305.), sed suos inimicos arte revineere Mazimi plane cordis esl, per

omnia ad dialecticam con/agam quia con/ugere ad eam ad rationem est confugere,

quo qui non con/ugit, cum secundum rationem sit factus ad imaginem dei. suum

honorem reliquit,‘ nec potest renovari de die in diem ad imaginem dei. llialerticam

beatus Augustinus tanta dif/initione dignatur, ut dicati dialectica ars est artium,

disciplina tllsciplinaruml novit discere, novit docere, scientes facere non solum vult,

sed etiam faciL

xm Die Theologie. Berengarius. Lanfrancus. 73'

Seine grosse dialektische Gewandtheit, welche er‘in theologischer Exe

gese hei jeder Gelegenheit heurkundele 299)‚ wirkte gleichsam ansteckend

auf seine zahlreichen Schüleraoo), und es soll sogar ein kleiner logi

scher Verstoss, welchen er dem Berengarius nachgewiesen habe, die

Veranlassung gegeben haben, dass die Schule des Letzteren an Frequenz

abnahm aou Wie sehr aber Lanfrancus allen logischen Scharfsinn nur

zur Stütze der Orthodoxie aufgewendet habe, zeigt ausser dem Auftreten

in der Abendmahlsfrage ganz besonders sein Stucidariumauyl denn in

dieser Schrift wird der lnhalt der damaligen Dogmatik in Beweisform

mit vollendetster Consequenz bis auf die extremsten Spitzen hinausge

trieb‘en, und das logische Moment dient nur dazu ,- umv für alles Mög

liche irgend Gründe oder nähere Bestimmungen bis ins Abstruseste auf

zuspüren 303). Dieser Mann aber nun, welcher so seine Vernunft schlecht

hin gefangen gab, war ganz dazu angethan, als Denunciant und Ketzer

richter gegen Berengarius aufzutreten 304), da Letzterer bezüglich des

15’299) Sigcb. Gemblac. d. scriptt. ech c. 155. b. Fahr. Bibl. ech p. 112.:

Lanfrancus dialecticus et xcantuarensis archiepiscopus Pautum apostolum exposuit et

ubicunque opportunitas locorum occurrit, secundum leges dialecticaelproponitl assu

mitl concludit.

300) Guilelm. Malmesb. d. gest. reg. AngL HI. b. Savil. Scriplt. rer. Angl. Lohd.

1596. fol. 61 b.: Lan/‘rancum, de quo serio dici potest ntcrtius e coelo cecidit

Calo" adeo latinitas omnis in liberalium artium scientiam per doctrinam eius se

incitabat Ebend. d. gest. pontil. l. fol. 116 b.: publicas scholas de dialectica

professus est ezinit fama eius remotissinias latinitatis plagas cratque lieccum

magnum et fumosum litteraturae gymnasium ubique discipuli iii/latis buccis

diatecticam ructabant . .. . . Ebend. fol. 122 b.: vir cuius industriam praedicabit con

tia, cuius doctrinam in discipulis eius stupebit tatinitas. quantum omnes anni

durabunL

301) Guilmond (ein Schüler Lanfranc's) d. corp. et sangu. Chr. b. Bibl. palr.

Lugd. XVlll, p. 441.: Postquam a domino Lan/ranco in dialectica de re satis parva

turpiter est con/usus (sc. Bercngarius), cumque per ipsum dom. Lan/rancum virum

aeque doctissimum liberales artes deus revalescere atque optime reviaiscere fecisscl,

desertum se iste a discipulis dolens etc. Doch es ist auf solche Berichte nicht

viel zu geben, denn dass Lanfranc’s Anhänger in maiorem dei gloriam gelogen

haben 'künnen, wird jeder'Unbefangene zugeben.

302) Die Schrift .‚Eluaidarium sive dialogus summam totius theologiac complec

tens“ ist'unter den Werken des Anselmus v. Canterhury gedruckt, wurde aber

schon von Gerberan beanstandet und unter die zweifelhaften Schriften gesetzt, und

nun scheint sie völlig mit Recht der neueste Herausgeber der Werke Lanfranc‘s,

Giles, gestützt auf die Anctnritat mehrerer Handschriften, dem Lanfrancus zuzu

schreiben. -

nom Dahin gehören z. B. die Fragen, warum Gott auch Mücken und Wanzen

erschaffen habe (Elacid. l. 12. Lanfr. Op. ed. Giles, Ozon. 1854. II, p. 211.), um

wie viel Uhr Adam aus dem Paradiese vertrieben worden sei (l, 15, p. 214.),

warum Gott keinen zweiten besseren Adam geschaffen habe (l, liy p. 218.). ob

christus als neugebornes Kind allwissend gewesen sei (l, 19. p. 220.), warum

Gott nichts ungeschehen machen könne (H, 8. p. 224.), weiche Zahl von Seelen

in den Himmel kommen könne (lll, 3, p. 273), in welcher Körperstellnng die

Verdammten in der Hölle sitzen (lll, 4, p. 275.). wie es bei der Auferstehung des

Fleisches sich mit den Haaren, welche wir abrasiren, und mit den Nägeln, welche

wir uns abschneiden. verhalte, und wie es mit jenen Menschen stehe, welche von

wilden Thieren gefressen wurden (lll, 11, p. 281.), um wie viel Uhr das jüngste

Gericht stattfinden werde (lll. I2. p. 282), ob die Seligen nackt seien oder Klei

der tragen illl, 16, p. 287.) u. dgl.

304) Was den persönlichen Charakter Lanfranc’s heu-mh so scheint die An

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'74 Xlll. Die Theologie. Berengarius. Lanfrancns.

Abendmahles im Hinblicke aul‘ frühere Streitigkeiten seine oll‘ene Sym

pathie für jene Ansicht aussprach, welche als die des Scotus Erigena

galt, und hiemit sich als Gegner des Paschasius bekannte. Der Kern

dieser Händel, welche zwischen 1060 und 1070 einen heftigen Schrif

tcnwechsel zwischen Berengarius und Lanfraucus hervorriel‘en, besteht,

soweit er uns nach seiner dialektischen Seite hier inleresflrt, in Kürze

darin, dass Berenga rius erstens überhaupt jene Anscliauungsweisep

welche wir als die nominalistische des Scotus Erigena oben trafen, zu

der seinigen macht, und daher ebenso wie jener die Wahrheit der

menschlichen Kundgebung in den Urtlrpilen und die Festigkeit der Wort

bezeichnung neben dem ontologisch göttlichen Principe der Dinge aner

lienulejl und zweitens dass derselbe diesen Standpunkt nun folge

richtig auch aul‘ die Abendmahlsl'rage anwendet, wornach er in den

Worten „Brod“ und „Wein“ als Worten die adäquate richtige Bezeich

nung -des wahren ‘und unveränderlichen Wesens des Brodes und des

Weines erfasstaos), so dass jede beliebige Aussage über die beiden

eben schlechthin sinnlos sei, sobald man annehme, dass das substan

tielle Wesen des Brodes und des Weines geändert oder getilgt ware 307).

rtcriae nomine appellanturs quod facta sunt ile materiay quia non amisit ipsa materia

.‚

sieht, welche Lessing über denselben aussprech, durchaus noch nicht widerlegt

zn sein. .

305) Bereug. a. a. O p. 104.: Et quidem propositio vero est veraeque propo

sitionis vim sua loco posita obtinereh nec eius magis quam omniam tam

rerum quam aliarum propositionum veritas apud veritatem omnia scientis ac prac

scientis dei aeternaliter constat. qui et res ipsas in principalibus ac secundis essen

tiis condidit easque tam uerarum quam falnarum propositianum causas esse dispo

suil. H. Ritter irrt sehr, wenn er (Gesch. d. Phil. Vll, p. 310.) in Berengarius

einen Realisten erblickt; denn erstens von den Universalien ist bei Bereng. weder

hier noch überhaupt irgendwo eine Rede, und zweitens werden die sogleich fol

genden Stellen deutlich zeigen, dass das Hauptgewicht auf der begrifl'lichen Festig

kcit der menschlichen Worte liege

306) Ebend. p. sex Nomina enim rerum ad differentiam rerum ipsarum quo

dammodo solitaria dici possuntl verbi gratia pronuntiato nomine quod est „terra“,

solius est terrae quod auditun item audito eo quod est „panis“ ad plura non erit

ezeurrendumg pronuntiato autem eo quod est „elementum“ ad plura iturg nisi,

unde agasy de terra an de aqua aut ceteris, delermines, et sicut terrae adhibetur

nomen hoc „lerm“, quo discernatur ab aliis, ita nelementumti Ebend. p. 75.:

qui dicit upanis altaris solummodo est corpus ('hrisü“, panem in altari esse non

neyut, panem et vinum esse con/irmat in mensa dominica LSolemus enim ali

quas res illarum rerum ex quibus efficiantur nominibus appellarel quamvis in aliam

naturam translatae iam non-possint esse illud, quod sunt res i'llac, u: quibus pro

bantur e/fectae ac per hoc, cum tam diversae naturae sint in utrisque, non

reete quis cristaltum uivem vocaverit nisi eo locutionis mado, quo res effecta ma

teriali solet nomine appellari. Ebend. p. 79.: Ouando enim sit aliquid non per

generationem subiecti de aliquo. non per corruptionem subiectil swul dc auro annu

lusl de aere conchal de marmore piral de arbore paries arcus et Ialmla, iure ma

formam suam.

307) Ebend. p. 67.: lium enim dicitur upanis et vinum sacramento sunt“,

minime panis aufertur et uinum et nominibus rerum ita natarum signi/icativis apta

tur namen, quod non nata sunt ut „esl sacramentuva simul etiam esse aliud

aliquid minime prohibentur. Ebend. p. 81.: omne enim quod est aliud, est in eo

quod aliquid ext, nec potest res ulta aliquid esse, si desinat ipsum esse,- el ne

obscuruml quod dico, remuneat, dicat aliquis ‚.Socrnles esty Socrates iustus 0st";

nullo modo Socratcs iustus eritl si Socratem esse non contingeret. Ebend. p._ 84.:

__‚—.‚_— __‚._

- Xlll. Die Theologie. Berengarius. Lanfrancus. '75

Lanfrancus hingegen, welcher gelegentlich auch zu einer elenden t

Sophisterei seine Zuflucht nimmtaos), steht überhaupt auf dem Stand

punkte, dass Auctoritäten mehr gelten als-dialektische Gründe 309), und

ihm sowie seinen Anhängern musste natürlich eine nominalistische Werth

schätzung der Dialektik verwerflich erscheinen; kurz ein richtiger In

stinct leitete die Gegner eines selbstständigen Auftretens der Logik,

wenn sie die dem Scotus Erigena zugeschriebene Ansicht über das

Abendmahl in eine innere Verbindung mit dem wirklichen logischen

Momente der Philosophie des Scotus brachten, und die Verurtheilung

der Abendmahlslehre des Berengarius enthielt zugleich eine Verurthei

lung jener Logik in sich, welche auf die subjective Kraft des mensch

lichen Denkens sich stützend in den menschlichen Sprachausdrücken den

festen Gehalt begritl'licher Allgemeinheit erblicken konnte.

Erklärlich aber ist es, dass eben hiedurch die lediglich formelle

Frage wieder stärker angeregt wurde, d. h. dass über die Auffassung

der Logik selbst und namentlich über die Begriffsbildung jene Ver

schiedenheit der Ansichten, welche auf Grund des überlieferten Schul

materiales schon viel früher zu Tage getreten war, jetzt zum offenen

Streite aufflammte, wobei mit dem entschiedneren Bewusstsein einer

Parteistellung die beiderseitigen Behauptungen durch Herbeischall‘ung von

Gründen gestützt werden sollten. Nemlich auch die Realisten nahmen

Si propositioni illi quae dicit „hic panis est meum corpusul ubi subiectus terminus

qui est „panis“ propria non potest locutione non expendi, stupcnda in tua erudi

tionc cecordia panem deperisse contenda-is sensualeni. Ebend. p. 87.: libi panem

qui proprie panis appellctur, corpus etiam Christi, sed tropica locutionej quantum 1

ad eam propositionan quae enuntiat ppanis altaris post consecrationem est corpus j

Christi“ nulla falsitatc dissimulat appellari Ebend. p 107.: Repetito'dico: qui

cunque negat. post consecrationem superesse panem ct uinuni in mensa dominiert, et

tamen nobis harum quamcunque concedit enunliulionum, ipse se subvertitl ipse sibi

necessario contrarius existit Die praciseste Formulirung ebend. p. sua libi ego

scripsi „non enim constare poterit affirmatio omnis parte subrutau etc.

308) Nemlich in Bezug auf das so eben zuletzt Angeführte sagt Lonfr. d. corp.

et sangu. dem. c. 7., Opp. ed. Giles, ll, p. 161.: Adhuc alio argumenta probare

contendis dicens unon enim constare poterit afprmatio omnis parte summa"..

Ad cuius rei probationem non oportuit inferri particularem negationenn qua de prae

senti quaestione niliil colligiturl sed universalem potiusl per quam enuntiatur nnulla

affirmatio constare poterit parte subruta“. Age enim. particularis sit negotio lua

„mm omnis affirmatio constare poterit parte subrutaft rursus assumptio tua uponis

et uinum altaris solummodo sunt sacramentum vel panis et vinum altaris solummodo

sunt uerum cliristi corpus et sanguiss — utrumque affirmatio csl“; his duabus

pariicularibus praecedentibus poterisne regulariter concluderel parte subruta eo non

posse censtareP Abxit; in nulla quippe syllogismorum figura praecedentibus duobus

particularibus consequenter infcrtur conclusio ullog male igitur eam collocasti. D.

h. Lanfrancns verdreht den Satz des Berengarius. welcher doch den Sinn hat:

„Nicht kann die Bejahung in ihrer Totalitat bestehen, wenn ein Theil aufgehoben ‚

ist“ derartig, als habe onmis die Bedeutung „Jeder“, und als wäre hiemit der

Sinn „Nicht jede Bejahung kann bestehen u. s. L“; die zweite Sophistcrei, das

Urtheil „ulrumque a/firmalio es!“ ein particulares zu nennen, hatte sich Lanfr. so

gar ersparen können, da bekanntlich der Schlusssatz nicht allgemein sein kann,

wenn auch nur Eine Prämisse particular ist. Vgl. auch Bereng. a. a. O. p. los fl'.

309) Lanfr. a. a. O. p. 160.: Et quidem de mysterio fidei auditurus ac re

sponsurus quae ad rem debeant pertinere mollem audire ac respondere sacros aueto- i

ritotesl quam dialecticas rationes. r

nuu

.l.l

76 XIII. Parteiung. Albericus. Nominalismusa "

ja die übliche Schul-Logik für sich in Anspruch und glaubten, Dialek

tiker nicht bloss sein zu dürfen, sondern auch sein zu müssen; denn

um die volle Tragweite des Realismus überhaupt nur zu erkennen, dazu

war jene Zeit eben zu unphilosophisch; und hätte es damals eine Phi

losophie gegeben, so hätte man nicht gestritten, wie man stritt. Nun

aber hatte man ja Nichts als das überall verbreitete Schulmaterial der

Logik, und das damals noch übermächtige Motiv der blossen Tradition

hinderte auch innerhalb dieses beschränkten Stoffes jeden tieferen selbst

ständigen Blick des Geistes. Dass aher das lyeni'ltzbare Material der

traditionellen Logik auch bei dem nun ausbrechenden Streite noch im

mer nicht jene Gränze überschritten hatte, auf deren Vorhandensein wir

schon so oft ‚hinweisen mussten, d. h. dass man auch gegen Ende des

11. und} zu Anfa‘ng des 12. Jahrh. die Analytiken und die Topik des

Aristoteles noch nicht kannte, und des Boethius Uebersetzung derselben

noch nicht cursirte, _ist uns durch einen jedenfalls bedeutenden Schrift

steller jener Zeit, durch Sigebert von Gemblours, deutlich bezeugt 31o).

in wie weit Albericus von Monte Casino (gest. 1088), welcher

gleichfalls die Lehre des Berengarius bekämpfte, seinen theologischen

Standpunkt etwa auch in seiner Schrift „De dialectica“ beurkundet

habe, wissen wir nicht1 da uns lediglich die Notiz, dass er eine solche

verfasste, überliefert ist; bemerkt mag werden, dass er zugleich auch

zu den Schriftstellern der oben (Anm. 295) erwähnten Formelbücher

Litteratur gehörte 311).

Wohl hingegen zeigt sich uns jene principielle Anschauung, wor

nach man, wie gesagt, 'mit richtigem lnstincte den Nominalismus in

eine Verbindung mit der Lehre des Scotus Erigena brachte, in jener

Stelle eines Chronisten,- welche seit Buläuss“) oft genug angeführt,

„g:

310) Sigebert v. Gemblours (geb. um 1030, gest.1112) schrieb, wie er selbst

sagt, erst am Schlüsse seiner übrigen schriftstellerischen Thätigkeit, also wohl erst

gegen 1100, seine Compilation „De scriptoribus ecclesiasticisul und wenn er auch

planlos hiebei verfuhr (s. Sigfr. Hirsch, l). vita et scriptis Sigiberti Gemblacensis.

Berol. 1841, bes. p. 335.), so darf er uns doch als treuer Spiegel seiner Zeit

gelten. Derselbe sagt nun dort c. 37, b. Fabn'c. Bibl. eccl. p. 97., Folgendes von

Boethius: „Laudent eum secularesr quod lsagogas, quod Perihcrmenias, quod Cathe

gorias transtulerit de graeco in latinum et ezposuerit (die Uebersetznng der Analy

tiken und der Topik ist also nicht erwähnt) .A quod Topica ciceronis exposuerit,

quod Antepraedicarnenta (hierunter kann doch nur wieder die lsagoge velstanden

sein, s. Ahschn. XII, Anm. 85, welche ja Boethius sowohl nach der Uebersetzung

des victorinus als auch nach seiner eigenen bearbeitete, jedenfalls aber ist das

erstmalige Vorkommen dieses Ausdruckes zu bemerken, s. folg. Abschn., Anm.

272.), quod libros de topieis di/ferenliisy de cognatione dialecticae et rhetoricae et

distinctione rhetoricorum locorum (diese letzteren sind natürlich keine eigenen Schrif—

ten, sondern bilden eben den Inhalt von d. di/f. top.), de communi praedicatione

potestatis et possibilitatis (diess kann wohl nur die zwei letzten Bücher des Com—

mentares zu d. interpr. Edil. ii. bedeuten. s. Boeth. p. 414.), de categoricis et

hypotheticis sgllogismis libros, el alia multa (d. h. 1ntrod. ad eat. syll., D. divis.,

D. defin.) scripserit etc.

am Petr. biac. Ghron. Casin. lll, 35. b. Putz, Man. IX, p. neq Per idem

tempus Allrericus diaconus vir disertissimus ac eruditissimus ad hunc locum habita

turus advenit . . . . .. composuit librum dictaminum et salutationum . . . . .. librum

de di3al1e2c)ticBiLuluw, Hist. univ. Paris. l, p. 443.: Nominalium princeps et antesignanus

XIII. Roscellinus. Robert. Arnulph. 77

aber nicht immer richtig verstanden wurde. Wenn nemlich dort ge

sagt wird. zu den einflussreichen Dialektikern gehöre Johannes, wel

cher gelehrt habe, dass die Logik Sache des Wortausdrueltes (vocala's)

sei, und demselben seien hierin Roscellinus von Compiegne, Bo

bert von Paris, und Arnulph von Laon gefolgt, welche selbst wieder

von vielen Schülern gehört worden seien, so passt jene Bezeichnung,

wie wir oben (Anm. 110—124) zu entwickeln versuchten, vortrefflich

für das dialektische Princip des Johannes Scotus Erigena, und wir

werden alle anderweitigen haltlosen Vermuthnngen, wer jener Johannes

gewesen sei, gerne bei Seite lassenali‘). Von den anderen dreien,

welche als Vertreter jener Richtung genannt sind, bleiben uns Robert

'und Arnulph ganz im Dunkeln; einiges Wenige hingegen wissen wir

von Roscellinus.

Das Missliche ist, dass wir über Boscellinus, dessen Thatigkeit

den zwei letzten Jahrzehnten des 11. Jahrh. angehört, nur durch seine

Gegner unterrichtet Sims“), und da auch bei ihm die logische Auf

ioannes quidam cognomento Sophisla, de quo sic Auctor historiae a Boberto rege

ad mortem Phitippi primis „In dialectica lii potentes exstiterunt sophistaes ioannes

qui eandem artem sophisticam vocalem esse disseruiu Roberta: Parisiacensi:‚ Hoce

linus Compendiensis, Amulphus Landunensis; hi ioannis fuerunt sectatorcsl qui

etiam quamplures habuerant auditoresfi

313) Haurflm, De la phil. acolaat. l, p. 174. gibt jenen Worten ihre richtige

Beziehung auf Scotus Erigena. -

314) In neuerer Zeit wohl hat Schmeller aus einer Münchner Handschrift

(Cod. tat. 4643.) einen Brief veröffentlicht (Abhdl. d. philos.—philol. Cl. d. lt. bay,

Akad. d. W. V, 3, p. 189 11.), in welchem er ein Sendschreiben des Roscellinus

an Abalard erkannte; doch gibt auch diese einzige Schrift Rosc.’s‚ welche wir

besitzen, betreth der Logik keinen Aufschluss. Wohl aber ist sie biographisch

von grüsster Wichtigkeit, denn indem sowohl einerseits auf den ersten ‘Blick klar

ist, dass Ahülard der Adressat sei (die Entmannung desselben und das Verhaltnias

zu Heloise sind erwähnt p. 194. u. 210.), als auch andrerseits unzweifelhaft er

hellt, dass Niemand anderer als Itoscellinus der Verfasser sein könne (denn jene

Vorwürfe, gegen welche p. ms f. eine Vertheidigung geführt wird, sind dieselben,

welche enderwärts z. B. in Atmet. Epist. 21. gegen Rosccllinns geschleudert wer

den, und ausser den Beziehungen auf das unsittliche Leben derKleriker, p. 197.,

bildet der sog. Tritheismus gerade den Hauptinhalt des Briefes p. 199 (II), so er

sehen wir nun, dass Boscellinus, welcher in Soissons und Rheims seine Studien

gemacht hatte, hierauf in Tonrs und in Locmenach (bei Vaunes in der Bretagne)

docirte, wobei der noch sehr junge Abälard sich unter seinen Schülern befand,

und dass später Hose. als Canonicus in Besancon lebte (p. 193.: bene/ict'orum quae

tibi tot et tanta a puero usque ad iuvenem sub magistri nomine et actu ezllibui

oblitus p. 195.: testimonio Suessionensis et kemensis ecclesiae sub quibus

natus et educatus et edoctus sum camprobabo Neque vero turonensis ecclesia

uel Lacensisl ubi ad pedes meos magistri tui discipulorum minimus tam diu rese

distt', aut ltizuntina ecclesiay in quibus canonicus suntv extra mundum sunt).

Hiernach bestatigt sich die Angabe Otto's v. I-‘reising (s. d. folg. Anm. 316.), und

wir wissen nun, wo Abtilard studirt habe, ehe er nach Paris kam (Abart. hist.

culam. c. 1.: Pruinde diversas disputando perambulans provincius, ubicunque huius

artis vigere studium audieraml peripateticorum aemulator factus sum; perveni tan

dem Parisios etc.)‚ sowie auch erhellt, dass es nur als Uebertreibung auf Bech

uung des odium tbeologicum zu setzen sei, wenn gesagt wurde, Boscelliuus sei aus

Frankreich und England vertrieben worden (Abuct. Epist. 21.: ab utroque regno in

quo canoersalus ext, tam Anglorum scilicet quam francorum-. cum summo dedecore

ezpulsus est. Roscelt. Epist. p. 194.: quod summa haeresi convictus et iri/amis

iam toto mundo cxpulaus sim).

78 Xlll. Roscellinus.

fassung auf das theologische Gebiet (bekanntlich in dem so“. Tritheis

mus) hinüberspielte, so ist es erklarlich, dass Ton und Färbung jener

etlichen Notizen durch dogmatischen Fanatismus bedingt sind; denn auch

Boscellinus gehört zu denjenigen, welche dem Glauben nur dann eine

Berechtigung zugestehen, wenn derselbe sich durch Gründe vertlieidigen

lasseau’). Zunächst trell‘en wir nur die unbestimmt allgemeine Angabe,

dass Bescellinus die nominalistische Ansicht in der Logik zur Geltung

gebracht habeßlö), und zwar wird diess als eine Neuerung bezeichnet,

und an das Auftreten des Roscellinus die Entstehung einer „neuen“

Gattung der Logik neben der bisherigen „alten“ (s. unten Anm. 326)

geknüpft, wobei jene Neuerer nicht auf die Wissenschaft der Dinge,

sondern auf Geltendmachung der Worte und Begriffe ausgegangen

seienan). Etwas eingehender ist wohl die Notiz, dass es sich eben

um die Universalien (d. h. die quinque voces und die Kategorien) ge

handelt habe, und dass Roscellinus behauptete, die Worte (voces, s.

unten Anm. 324 f.) selbst seien dasjenige, was man Gattung und Art

nenneals). Aber wenn Anselmussm), welcher in seiner Orthodoxe

..P—‚_—» ‚7'

315) Anselm. d. fide trin. c. 3, Opp. ed. cerberon p. 43.: tlicitl sicut audio.

ille qui tres personas dicitur asserere esse uelut tres angelos aut tres intimes, „Pa

gani defendant legem suamp ludaei defendant legem suam. ergo et nos christiani

debemus defendere fidem nostramu (man beachte fur jene Zeit die äusserst vernnnf

tige Liberalität, auch den Juden und Heiden die dialektische Begründung ihres

Glaubens zuzugestelien).

316) otto Fris. d. gcsl. Frid. 1„ 47. (ed. Urslis. Francf. 1585, p. 433.):

Petrus iste (so. Abaelardus) habuit primo praeceptorem ltozelinum quendaml qui

primus nostris temporibus in logica sententiam vocum instituitl et post ad gravissi

mos viros Ansetmum Lauduncnsem, Guilelmum Campellensem Cataulam' episcopum

migrans ipsorumque dictorum pondus tanquam subtilitatis acumine vacuum indicans

non diu sustinuitg inde magistrum induens Parisios venit (s. folg. Abschms

Anm. 258.).

317) Aventin. Arm. Boior. Vl. (elf. Cisncr, 1615, p. 383.): llisee quoque tem

poribus fuisse reperio ltucelinum ltrilannumv magistrum Petri Abaulardi, novi lycaei

conditoremr qui primus scientiam (zu lesen senlcnliam) vocum sive dictionum in

stituitl novam philosopbandi viam invenitg eo namquerautorc duo Aristotelicorumy

Peripateticorum. genera esse coeperuntj unum illud vetus tocuptes in rebui procre

undis, quod scientiam rerum sibi vindicetl quamobrem realcs vocanturg alterum

nonumy quod cam distrahiL nominales ideo nuncupatia quod avari rerum prodigi

nominum atque nationum verborum videntur esse assertores.

318) Joann. Saresb. Melalog. ll, 17. (Opp. ed. Gilt", V, p. 90.): Naluram

tamen universalium hic omnes expediunt et altissimum negotium et maioris inquisi

tionis contra mentem auctoris explicare nitunturg alius ergo consistit in vocibusl

licet haec opinio cum Rocelino suo fere omnino iam evanuegilg alius sermones (s.

unten Anm. 324.) iatuelur et ad illos detorquet quidquid alicubi de universalibus

meminit scriptumg in hoc autem opinione dizpreltensus est Peripateticus llalatinus

Abuelardus nosterl qui multos reliquit et adhuc quidem aliquos habet professionis

huius sectatorcs. Ebend. Polycl'. VII, 12., Opp. lv, p. 127.: fuerunt et qui voces

ipsas genera dicerent esse et speciesg sed eorum iam catplosa sententia est et facile

cum autore sua evanuit (s. Anm. 325.). ‘

319) AnselnL d. f. Irin. c. 2. Ed. Gerberon p. se f.: llli utique nostri tem

poris diatectiril immo diatcctieae haereticil qui nonnisi flatum vocis putant esse

universale: sztbslaulius, et qui colorem non aliud queunt intelligere quam corpus nec

sapientiam hominis aliud quam animaml prorsus a spiritualium quaestionum dispu

tatione sunt exsu/flatuit ln eorum quippe animabus ratio, quae et princeps et

iudeai omnium debet esse quae sunt in homiue, sic est in imaginationibus corpora

XIII. Roscellinus. 79

manie den köstlichen Ausdruck „Ketzer der Dialektik“ erfand und gegen

Roscellinus anwendete, in blinder Leidensclial‘tlicllkeit oder böswilliger

Uehertreibung sagt, nach‘jener Ansicht seien die allgemeinen Substanzen

Nichts weiter als ein Wort-Hauch (flalus vocis), so werden wir wohl

auch die übrigen Angaben des spiritualistischen Eiferers nur mit Vor

sicht aufnehmen dürfen, zumal da er nach den eigenen Erzeugnissen

seiner Dialektik, wie wir sehen werden, in logischen Fragen kaum

als nrtheilsfahig gelten kann; so ist es ja auch nur ein Ausdruck des

schrofl‘sten Parteihasses, wenn er den Anhängern Roscellin’s verwirft,

dass sie die Vernunft den körperlichen Einbildungen (comoralibus ima

ginalionibus) preisgeben, denn holl'entlich erhebt sich die Einsicht in

den begrifflichen allgemeinen Gehalt der Worte gerade am meisten über

die sensua‘le Zufälligkeit und bahnt allein den Weg zu einem wirklichen

selbsterrungenen Wissen, während zu einer spirilualistischen Ontologie

vielfach eine mil dem Sensualen verflochtene Einbildungskral't erforder

lich ist. Und abgesehen von dem lächerlichen Vorwurfe, dass Iloscel

linus nicht verstehe, wie die Vielheit der Individuen im Arlbegrill'e eine

Einheit sei (denn das ist es ja eben, was Boscellinus einsah, dass nem

lich die Einheit in dem den Begriil‘ aussprechenden Worte liege), wer

den wir die weiteren Bemerkungen, dass Boscellinus die Farbe eines

Dinges mit dem Dinge selbst und die Eigenschaften ‚mit ihren Trägern

verwechsle, sowie dass er nicht einselie, wie z. B. „Mensch“ etwas

Anderes sei als der einzelne Mensch, nun wohl füglich auf den wahren

Sachverhalt zurückführen müssen; denn Ersteres kann doch nur den

Sinn haben, dass nach des Iloscellinus Ansieht der Begrill' einer Qualität

als Begrill‘ ebensosehr Allgemeinheit enthalte, wie der Begriff einer Suh

stanz als Begriff, und Letzteres enthält, wenn wir die geliässige Wen

dung des Berichterstatters abstreifen, den einfachen Grundsatz_.d_es N0

minalismus, dass objectiv im concreten Sein überall nur Individuelles

exislirt, die Art- und Gattungshegrifl'e aber nur subjeeliv iu den mensch

lichen Worten vorliegen, kurz dass objectiv die Universalien keine vom

Individuellen getrennte Existenz haben. Dass hiernach die Trinitat als

objertivcs Wesen Gottes gleichfalls aus drei Individuen bestehen müsse 32°),

liegt in der Consequenz dieser logischen Ansicht, und es war hiedurch

in ähnlicher Weise wie bei Berengarius die Theologie in den logischen

Parteistreit verflochten. Boscellinus aber scheint überhaupt sehr folge

libus olnzoluml ut ex eis se nen possit evolven- m-c ob ipsis ea, quae ipso sola et

pura contemplari debel, valeat diseernere. Oui enim nondum intelligitl quomodo

plures homines in spccie sint anus, qualiter in illa socrctissimo et altissima natura

comprehendet, quomodo plura personae sint imus dcus? EI cuius mens obscura

est ad discernendum inter equum suum et colorem eins, qualiter discernet inter unum

deum et plures rclationes eins? Dem'que qui non potest intelligerel aliquid esse

hominem nisi individunm, nullatenus intelligat hominem nisi humanem personam,‘

omnis enim individuus homo persona ext; quomodo ergo iste intelliget hominem

ussumptum esse a verbo etc.

am Ebend. Episl. II, 4l, p. 357.: quia lioscoliims clericus dicitl in deo tres

personas esse tres ob invicem separates, sicut sunt tros angeli, ita tamen ut uno

sit voluntas et polestas, aut patrem et spiritum sanctum esse iacamatum. et tm

deus oere posse diri, si usus admittereL

so an Boscellinns.

richtig seinen Standpunkt nachallen Seiten durchgeführt zu haben, denn

ausserdem wäre es schwer erklärlich, wie in den spärlichen Mitthei

lungen, welche wir über ihn haben, wieder irgend ein vereinzelter

Punkt uns völlig auf das gleiche Princip zurückweise; nemlich bei dem

Theilbegrilfe, dessen Erörterung Boethius schon in die lsagoge und in

die Kategorienlehre verwoben hatte (s. Abschn. XII, Anm. 92 u. 96),

ist dem Boscellinus gleichfalls das subjective Moment das Entscheidende;

denn der Sinn der hierauf bezüglichen Notiz 321) ist folgender: Soll z.

B. das Dach als Theil des Hauses betrachtet werden, so ist zu erwägen,

dass objectiv als Ding das Dach völlig unselbstständig ist, da in objectiv

dinglicher Beziehung es eben nur ein Haus-Dach und ebenso nur ein

mit einem Dache versehenes Haus (falls es nemlich ein wirkliches Haus

sein soll) geben kann; wäre daher das Dach objectiv ein' Theil des

Hauses, so wäre es ein Theil des objectiv untreunbaren Ganzen und

hiemit zufolge dieser Untrennbarkeit zuletzt auch ein Theil seiner selbst,

d. h. objectiv dinglich führt der 'l'heilbegrill' zu Widersprüchen, und

das Richtige _ist, dass das Dach lediglich durch unsere begrill'shaltigen

Worte als „Theil“ bezeichnet wird, also der Theilbegrill‘ als solcher

dem subjectiven Worlausdrucke anheimfällt; auf gleiche Weise verhält

es sich auch mit der Priorität des Theiles gegenüber dem Ganzen, denn

in objectiver Beziehung als Ding kann das Dach nicht früher sein, als

die objectiv untrennbare Verbindung seiner selbst mit Anderem, da es

dann gleichfalls wegen der Untrennbarkeit sich ergäbe, dass das Dach

früher als es selbst wäre, so dass hiemit auch die Priorität des Theil

begrilfes nur im subjectiven Denken liegt. Sowie auch diese Ansicht

Boscellin’s von den Gegnern böswillig verzerrt wurde 3'22), so wendete

derselbe sie andrerseits witzig gegen den verstümmelten Abälard an,

wobei consequent auch der Begrilf des Ganzen dem subjectiven Denk

acte zugewiesen wird, da bei Aenderung des objectiven Bestandes einer

untrennbaren Verbindung sofort die begrill'smässige Wortbezeichnung,

welche dann den subjectiven Gedanken eines Ganzen nicht mehr fest

san AbacL d. divis. e! rie/im p. 471. (ed. Cousin): fuit aulcm, memini,

mugistn nostri Roscellini tam insana sententiay ut nullum rem pur-tibus constare

reflel, sed sicut solis vocibus species ita et partus adscribebul. Si quis autem rem

illum, quae domus 8st, rebus aliisy pariele scilicet e! fundanmntop constare diceret

(es ist diess das bei Boethius, z. B. p. 52 f. u. p. 646., übliche Beispiel der Thei

lung), tali ipsum argumentatione impugnabal: Si res illa, quae est paries, rei i!—

!!us, quae domux ext, paries sil, cum ipso domus nihil aliud sit quam ipse paries

et tertum et fundamentumj pro/octo parics sut' ipsius e! ceterorum pars cm,- o!

vero quomodo sui ipsius pars fueriI? Amplius, omnis purs nono-aliter prior es!

toto suo; quomodo autem partes prior se et uliis dicetur, cum se nullo modo

prior sil?

322) Abacl. Epist. 21. (Opp. ed. Amboes. p. 335.): Hie sivu! pseudo-diolecticus

im e! pseudo-ohrisüanur, cum in dialectico sua nullam rem partes habere aeslimal,

ita divinam paginam inepudentqr pervertit, ut ea loco quo dicitur dominus partem

piscis assi comcdisse, partem huius vocisy quae est piscis assi, mm partem rei in

telligere cogatur. (0b dieser Brief von Abalard oder, wie Bulaus meint, von einem

Anderen um d. J. 1095 verfasst sei, ist bezüglich dieser Stelle gleichgültig; übri

gens scheint das oben, Anm. 314., Gesagte für die Autorschaft Abalards zu

sprechen.)

Xlll. Roscellinns. Raimhert. 81

zuhalten vermag, durch eine anderweitige Bezeichnung ersetzt werden

mussan).

Dass übrigens der Standpunkt des Bascellinus wesentlich kein neuer

war, zeigt die Vergleichung mit Obigeni (Anm. 124, 151, 159, 242,

253, 276, sos f.); nur hatte die Anschauung, dass die Universalien und

die Begriffsbildung Sache der menschlichen Worte seien, seit dem Auf

treten des Berengarius eine grössere Behutsamkeit und schärfere Be

kämpfung seitens der Orthodoxie hervorgerufen. Hingegen bleibt Ein

Punkt, und zwar vielleicht der wichtigste, in Folge des Mangels an

Quellen uns völlig im Unklaren; es wird nemlich in der oben, Anm.

318, angeführten Stelle des Johannes v. Salesbury ein scharfer Unter

schied gemacht zwischen‘denjenigen, welche die Universalien in die

„vom“ verlegten, und jenen, welche sie auf die „sermones“ bezogen,

woran sich die Angabe knüpft, dass zu den Letzteren Abalard gehört

habe. im Hinblicke nun auf die grammatische Bedeutung der Worte

von: und sermo und in vorläufiger Bezugnahme auf dasjenige, was unten

(folg. Abschn., Anm. 308 fl‘.) bei Abalard zu erörtern sein wird, müssen

wir allerdings vermuthen, dass ltoscellinus einseitig nur den isolirten

Begriff ins Auge gefasst und hiemit ohne Rücksicht auf die Satzverbin

dung die Worte als fertige Begrill‘e betrachtet habefm“); aber ob er

die Lehre vom Urtheile bloss vernachlässigt oder etwa die Bedeutung

des Urtheiles sogar direct bestritten habe, oder wie er bei Begründung

einer solchen Durchführung des Nominalismus verfahren sei, wissen wir

nicht325).

Eben für jene Zeit aber, in welcher Roscellinus aufgetreten war,

besitzen wir eine höchst charakteristische Notiz bezüglich des logischen .u

Parteikampfes 326). Es docirte nemlich ein gewisser Baimhert in

m

"i

323) lioscelL Epist. (s. Anm. 314.) p. 210.: Sed forte Petrum _te appellari

posse ez consuetudine mentiris ,' certus sum auteml quod masculini generis nomen,

si a sua genere deciderity rem sotitam signipcare recusabitg solent enim nomina

propria signiticationem amittere, cum eorum signi/ieata contigerit a sua perfectione

recedere; neque enim ablata lecto vel pariete domus, sed imperfecta domus voca

biturg sublata igitur parte, quae hominem facili non Petrus, sed imperfeelus Pe

trus appellandus es.

324) Unter den älteren Nominalisten dürften sonach dem Boscellinus vermöge

einer einseitigeren Betonung der vox naher stehen jener Pseudo—Hrabanus (Anm.

151.), Jepa (Anm. 159. , der Anonymus Cousin’s (Anm. 242.). und der St. Galler

Anonymus D. interpr. ( nm. 253.), sowie theilweise selbst Scutns Erigena (Anm.

124.); hingegen waren durch Beachtung des sermo und des prttdicetiven Verhalt—

nisses mehr mit Abalard verwandt Eric (Anm. 159.), der St. Galler Anonymus D.

syltog. (Anm. 276.) und Bcrengnrius (Anm. 305.),

325) Möglicher Weise konnte, falls Roscellinns diese einseitige Wendung des

Nominalismns wirklich durch Gründe gestützt hätte, obige (Anm 316.) Ausdrucks

weise Otto’s (primus instituit sententiam rocum) wörtlich genommen werden; jeden

falls aber geht aus 10h. v. Salesh. (Anm. 318.) hervor, dass die Anhänger des

Nominalismus diesen verengten Standpunkt bald verliessen; nur darf man nicht,

— wie schon geschah —‚ sich 'so ausdrücken, dass Job. v. Salesb. den Nomina—

lismus überhaupt bereits für erloschen erkläre; s folg. Abschn ‚ Anm. 76 ii.

326) Hcrimann. Narr. Restaur. Abb. S. Mart. famae bei D’Achery SpiciL ed.

lte la Barre ii. p. 889.: .lam vero si scholae appropriares1 cer-nares magistrum Odo

nem nunc quidem Peripateticorum more cum discipulis docendo deambulanternl nunc

vero Stoicorum instar residentem et diversas quaestiones soli-cutem Sed tum

PUMP, Gesch. ii. . 6

f!

_‚w

82 XIII. Baimbert. Otto v. Cambray.

Lille, sowie „sehr viele Andere“, die Dialektik nach der „modernen“

nominalistisehen Auffassung (in vone), und dieselben nebst ihren An

hängern bethätigten sich in feindseliger Rivalität gegen Otto (nachmals

seit d. ‚l. 1106 Bischof von Cauibray), welcher i. J. 1092 das Kloster

St. Martin in Tournay widerhergestellt hatte und dort Logik nach „altem“

Stile realistisch (in re) lehrte. Da nun Manche durch den Reiz der

Neuheit sich zu Baimbert hingezogen fühlten, zugleich aber bei dem

gegenseitigen Abwägen der Vorzüge beider Schulen kein ganz entschie

denes Resultat erzielt zu werden schien, so wendete Slch Einer der

Kanoniker in Tournay an einen damals berühmten Wahrsager, welcher,

obwohl taubstunim, die an ihn gerichtete Frage sogleich verstand und

durch Zeichensprache sich‚‘-—- Wie man nicht anders erwarten darf

—‚ unbedingt l'iir die Dichtigkeit und \’orlrelfliclikeit der realistischen

Schule Otto‘s erklärte. Wenn übrigens der Berichterstatter (Abt Her

mann in Tournay in d. ersten Hälfte d. 12. Jahrh.), welcher sich na

türlich gleichfalls als einen orthodoxen Feind der windigen Geschwälzig

keit des Nominalismus bekennt, zugleich logische Schriften Otto’s er

wähnt, so müssen wir den Verlust derselben allerdings bedauern; bloss

vermuthen lässt sich, dass der „Liber complexionum“ vielleicht nur aus

omnium septem liber-alium artium esset peritusbpraecipue tamen in dialectica emi

neluzt, et pro ipsa maxime ctericorum frequentia eum expetebaL Scripsit etiam de

ea duos tibellosy quarum priorem ad cognoscenda deuitandaque sopliismata valde

utilem intitutavit „Sophistem“, ulterum vero appellavit „Librum complezionum“;

tertium quoque „De re ct enteu composuitq in quo solvil, si unum idemque sit res

et ens. in his tribus libellis non se Odonem, sed, sicut tunc ab omnibus voca

batnr, nominabat Odrtrdum. Sciendum tamen de eodem magistro, quod eandem dia

lecticam non iuxta quosdam modernes (diese ist die älteste Stelle, in welcher die

Nominelistt-n als modcrni bezeichnet werden, s. hingegen folg. Abschn. Anm. 55.)

in voce, sed more Boethit' antiquorumque doctorum in re discipulis legebat (also im

Gegensatze gegen die angebliche Neuerung werden Boethius und Porpliyrius als

Realisten antiqui genannt, vgl‚ ob. Anm. 317.). unde et magister RaimIn-rtus, qui

eodem tempore in oppido lnsulensi dialecticam clericis suis in voce legebatl sed et

alii quamplurcs magistri ei non parum invidebant cl detrahebant suosque lectiones

ipsius meliores esse dicebant, quamobrem nonnulli ex etei-icis contur-tiam cui magis

crederent, liaesitabanl‚ quoniam magistrum odardum ab antiquorum doctrina non

discrepare videbant et tamen aliqui ex er's, more Atlteniensium aut discere aut audire

aliquid novi semper humana curiositate studentesl alius potius laudabanu maxime

quia eorum lactioncs ad exercitium disputandi vel ctoquentiae, imo lvquacitatis el

facumiiae, plus valere dicebant (Einige demnach wünschten mit dem rechtglaubigen

Realismus dennoch die formelle Virtuosität der eigentlichen Logiker, d. b. der

Nominalistcn verbinden zu können). lliius itaque ex eiusdem ecclesiae canonicisy

nomine aualticrtus tanta sententiarum errantiumque clericorum varietate permo

tus quendam pgtlionicnm (d. h. einen Wahrsager) surdum et mutum in eadem urbe

divinamli fumosissimum adiit et, cui magistrorum magis esset credendum digitorurn

signis et nutibus inquirere coepiL Protinus illc. mirabile dictu, quaestioncm illius

intellexit dexteramquc manum per sinistrae palmam instar aratri terram scindentis

perire/tens digitumque versus magistri orionis scholam protendens siynificabatl doctri

nam eius esse rectissimamg rursus vero digitum contra lnsulense oppidum proten

dens manuque ori admota exsul/laris innuebaty magistri llaimbcrli lectionem nonnisi

verbosam esse loquacitatem Hacr dixerim non quo pythonicos consulendos ar

bitrerl sed ad redargucndum quorundam superborum nimium praesumptiuneml qui

nihil aliud quaerentes nisi ut dicantur sapientesl in Porphyrii Aristotelisque libris

magis volunt legi suam adventiciam novitatemvl quam lioetliii ceterorumque antiquo

rum exposihonem. ,

. dlis—

äl

X111. Otto‘ v. Garnhray. Wilhelm v. Hirschau. 83

„2.

Boethius (d. syll. categ., s. Abschn. Xll. Anm. 131 11‘.) entnommen war,

sowie dass der „Sophistes“ e‘twa den theologischen Streitigkeiten näher

gelegen gewesensei oder möglicher Weise selbst nur die Angaben des

Cassrodorus (Abschn. X11, Anm. 182) wiederholt habe; hingegen wich

tiger könnte die Schritt „De re et erde“ gewesen sein, denn die Frage,

ob res und ens das Nemliche seien, war dort sicher im Sinne des

Realismus beantwortet, selbst wenn auch. — was das Wahrscheinli

chere ist ——, das Ganze sich bloss auf eine vereinzelte Stelle des

Boethius (Abschn. Xll, Anm. 89 f.) bezogen haben sollte. ——- Jedenfalls

aber dürfte anzunehmen sein, dass der damalige Boscellinische Nomina

lismus in einer grösseren Zahl von Schriften, als unsere Quellen durch.

blicken lassen, vertreten gewesen sei; denn wir sind für solch gelegent

liche l|tterarische Notizen ja last ausschliesslich aul' theologische-Autoren

hingewiesen, welche als Gegner einer ihnen verdächtigen Mmorität von

vornherein nicht geneigt waren, von derselben viel zu sprechen, sou

dern lieber mit einem Fulbert (Anm. 237) oder Lanl'rancus (Anm. 309)

in das 1 Verwerfungsurtheil gegen die Dialektik überhaupt einstimmten 327).

Ehe wir uns aber zu Anselmus, dem eigentlichen Hauptgegner

Boscellin's wenden, müssen wir auf den Abt Wilhelm von llirschau

(gest. 1091) hinweisen, welcher bisher in der Geschichte der Philo

sophie wohl mit Unrecht unbeachtet geblieben istum Seine Schrift

„Philosophicarum el astronmnicurum institutionum libri lres“ 3'29) scheint

überwiegend auf arabischen Quellen, und zwar hauptsächlich durch

Vermittlung Constantin's des Karthager’saao), zu beruhen und

327) So sagt z. B. lIildcbert (als Erzbischof von Tours gest. 1136), Smno

69 (Opp. ed. Beulgendre, p. 579 f.): Oui'dam enim in philosophich lacutlatilms .

quandam subtililalem inutile vel iuulililatem subtilen! quaerentes quibusdam minu

tiis verborum in cuvillatione rcspondcnles ulrmlur, quibus in disputatione uli, ossa

Christi est incincrure Elsi enim deus cormarlil nos, artium liberaliurn phanta-v

smalibus im, si in huc scriptura voluerimus similiter sophislice incedere, odibiles

deo en‘mus, strepitum ranarum Acgypli in terram Gerson traducere molientese‘

328) Ueber sein Leben sind wir durch seinen Schüler Haimo (s. Peru, Mon.

XlV, p. 209 11‘.) und einige andere Chronisten (ebend. m p. 281. n. X11, p. 54'.

n. p. G411.) unterrichtet. Er war i. J. mas geboren, wurde i. .1. 1069 Abt in

Hirschen, gierig i. J. 1069 in Angelegenheiten seines Klosters nach Rom, starb i.

J. 1091. Wenn Trithem. (Thron. Ih'rs. (Basil. 1568 [01.) p. 109. ihn in Rom mit

Anselmus zusammentreffen lasst, so ist diess unrichtig, da Letzterer erst i. J.

mss nach Rum kam (s. F. lt. Hasse, Ans. v. Canterb. l, p. 333 111).

329) Gedruckt in Basel b. Ilenr. Petrus, 1531. 4 (77 Seiten enthaltend). Ich

habe über dieses seltene und interessante Buch, namentlich über die von Wilhelm

dabei benutzten Quellen. nähere Untersuchungen angestellt; s. Sitzungsberichte d.

Münchner Akad. 1861, Heft l.

330) Pclr. nam Chrlm. Casin. 111, ea b. Peru, Manum. lX', p. 728.: istius

vero abbatis (d. h. des Desiderius, welcher mss-tom Abt war) tempore Con

stantinus Afrit‘amis ad hunc locum pervenims hic lgilur e (Tari/tugine , de qua

oriundus erot, egrcdiem Babyloniam peh'il, in qua grammaticu, dialectica, geometria,

arithmetica, mat/innatum astronumia, nec non et physica Chuldaeomm, Aralmm,

Persarum, Saracenomm, Acgypliorum ar ludorum plem'ssr'me eruditus esl; complelir

autem in cdiscendis istiusmodi studiis triginta et novem armorum curriculis ad Afri

cum reversus 0st. Eine andere ausführliche Notiz des Petrus Diac. (d.-vir. illustr.

Can'n.) ‚über Constantin's naturwissenschaftliche Schriften s. b. Mumien", Rer. Hol.

srripll. Vl, p. 4er. othr b. Jourduin, Recherche: crila'ques, 2. Aufl. p. 455 f. Abl

et

84 t XIII. Wilhelm v. Hirschau. anili

enthält für unseren hiesigen Zweck, — um abzusehen von allem Natur

philosophischen und Metaphysiscben, was nicht hieher gehört —, Einen

nicht unwichtigen Punkt. Wilhelm nemlich zeigt sich. uns da als der

erste und älteste Autor im mittelalterlichen Ahendlande, welcher einen

syllogistisch formulirteu Beweis für die Existenz Gottes aufstellte 331).

Während aber der theologische oder philosophische Inhalt dieses Be

weises 332) gleichfalls über die uns hier gesteckten Gränzen hinauslällt,

ist es lediglich die formelle Seite, welche wir zu beachten haben.

Dass das ganze Unternehmen, die objective Existenz Gottes beweisen

zu wollen, überhaupt ein verrücktes sei (daher auch Hegel das ontolo

gische Argument eben nur in seiner Eigenschaft als Neuplatoniker wie

deraufnalim), geben alle philosophisch Unbefangenen zu; aber dass in

jenem unklaren und unpliilosophischen Zeitalter ein solcher Versuch

entstehen konnte, ist höchst erklärlich, zumal weil damals als Surrogat

der Philosophie nur ein Bildungskreis vorlag, welcher auf dogmatische

Theologie und eine traditionelle logische Schulgewandtheil beschränkt

war; sobald man daher durch theologische Streitigkeiten sich daran

gewöhnt hatte, diess Beides derartig mit einander zu verbinden, dass

man auch einzelne Bruchtheile des Dogma’s logisch zu begründen ver

suchte (s. ob. Anm. 303), war es nur consequent, mit solcher For

mulirung sofort bei dem obersten Punkte des objectiv dogmatischen

Bekenntnisses zu beginnen. Aber eine wesentliche Bedingung hiezu war

natürlich das Vorhandensein eines logischen Realismus, denn ein Nomi

nalist hatte bei irgend folgerichtigein Denken nie auf den Einfall kom

men können, Gottes objective Existenz mit subjectiv menschlichen Wor

ten zu erweisen (ein Beispiel einer sehr ehrenwerthen Besonnenheit in

dieser Beziehung sahen wir oben, Anm. 272); und dieser Zusammen

hang mit der realistischen Anschauung ist es auch allein, um dessen ,

Wilhelm bcmft sich aul Constantinns mehrmals mil namentlicher Nennung, z. B.

p. 12, 15, 24. ‚

331) Da nemlich Wilhelm mit Anselmus schon um 1078 in Correspondeu:

stand (s. Hasse a. a. O. p. 67., Anm), so hatte er sicher den anselmischen Be

weis berücksichtigt„wenn er die lnstitutiones erst nach 1080 (in welchem Jahre

das anselmiscbe Monologium und Prosloginm bekannt wurden) geschrieben hatte;

auch zeigt sich der Gedankengang und die ganze Anschauung Wilhelm's als durch

aus unberührt von irgend einem Einllnsse durch Ansclm’s Richtung, was nur dann

erklärlich scheint, wenn Wilhelm seine Schrift vor dem litterarischen Auftreten

Anselm’s verfasste. .

332) Er lautet seinem Hauptkorne nach (p. 3 l'.): Et quando diximus in har

vita sciri, deum esse, rationes quibus etiam incredulis hoc probari possity ape

riamus, scilicet per mundi creationem et quotidianam disposilionem. Cum enim

mundus contrariis factus sit elementis . . ...‚ vel casu vel aliquo artifice in compo

sitione mundi illa coniuncta sunt . . . . ..; casu vero coniuncta non sunt .; igitur

aliquo artificc; arti/ez vero ille vel homo vel angelus vel deus fuitg ante vero

mundus factus est quam homo, angelus vero cum mando, ergo solus deus mundum

creiwr't. Per quotidianam vero dispasitionem idem sic probaturq ea quae disponitu

tur, sapienter disponuntun ergo aliqua sapientia sed sapientia illa vel divina

vel angelica .vel humane; humana motum et vitam con/arre non potest angelica

vero sapientia quomodo ipsas angelos disponeretr divina ergo sapientia est, quae

hoc agil,- sed omnis sapientia alicuius est sapientiag est igitur, cuius est illa sa

pientia, seit nec est homo nec angelus, deus ergo est. Roh genug ist allerdings

diese Anwendung der dilemmutiscben Form.

Xlll. Wilhelm v. Hirschau. Anselmus. 85

willen wir diese Beweis-Versuche bei ihrem ersten Auftreten erwähnen,

daher wir auch für alle späteren Entwicklungen, wo der formell logi

sche Parteistandpunkt in den Hintergrund tritt, mit Vergnügem'vdarauf

verzichten, die verschiedenen Wandlungen, welche der outologische

Beweis (z. B. bei Cartesius, Leibnitz, Wolfl‘, Mendelssohn, Baumgarten,

Kant) erfuhr, zu erwähnen. Uebrigens ist es bei Wilhelm von Hirschau

nicht jener uns bisher schon vorgekommene platonische Realismus, auf

welchem seine Beweisführung beruhe, sondern in der Speculationsweise

seiner Quellen ist es offenbar der arabisch-physikalische Realismus, wel- ‘

cher diese Wendung mit sich brachte, denn wir finden schon bei Ara-t

bern des 10. Jahrhundertes in leisen Anfängen den physiko-theologischen'

Beweisi‘”). Doch steht diese Einwirkung arabischer Philosophie noch

schlechthin vereinzelt da und trifft nur vermöge' des realistischen Pla

tqnismus überhaupt mit den entsprechenden occidentalischen Anschau

ungen in diesem Punkte zusammen.‘

Eben aber der ontologische Beweis war es ja, durch welchen

Anselmus von Canterbury (geh.1033, gest. 1109) seinen Ruhm

begründetem"). Anselmus stand, wie sich von einem Schüler Lan

frauc’s nicht anders erwarten lasst, auf dem Standpunkte, dass das

Wissen durch den christlichen Glauben bedingt und beschränkt saß“),

und er findet hiernach dem Denken gegenüber eine unbedingt objective

Realität in geistiger Beziehung bereits als vollendete vor. so dass das

Denken nur entweder an diesem objectiv Realen theilhabeu oder an

demselben nicht theilhaben kann, d. h. Ansclmus ist für die Logik, wie

sich von selbst versteht, Realist. Und der sonderbare Wunsch, unser

Denken zu dieser Theilhaftigkeit in objectivem Sinne unwiderruflich zu

zwingen, d. h. dem menschlichen Denken den Realismus andemonstriren

zu wollen, ist die Grundveranlassung des ontologischen Beweises 336),

an welchem gleichfalls, wie so eben bemerkt wurde, uns hier Nichts

333) S. die in meiner Abhandlung über Wilhelm (a. a. 0. p. eo f.) angeführte

Stelle aus Fr. Dieterici, d. Naturphil. d. Araber i. 10. Jahrh. (Berl. 1861). p. 162.

san Die erschöpfend ausführliche Darstellung des Anselmus, welche F. R.

Hasse (Ans. v. Canterb. Lng. l843—52. 2 Bände) gab, ist von einer durch

gängigen Ueberschützuug der Bedeutung desselben getragen.

335) Epist. ll, 41. (Opp. ed. Gerberon. Paris. 1675), p. 357.: christianus per

fidem debet ad intelli-itum pro/icere, mm per intellectum ad fidem accedere aut. si

intelligere non valel. a fide rccedere; sed cum ad intellectum calct pertingere1 de

lrctaturl cum vero nequil, quod capere non polest, veneralur. -

336) Proslog. c. 2, p. 30.:

tellectu aliquidy quo nihil maius cogitari polest, quia tumv cum auditi intelligit1 et

quidquid intelligi/un in intellectu ext,- et certe i'd, quo maius cogitari nequil, non

potest esse in intellectu solo; si enim vel in solo intellectu ut, potest cogitari esse

et in re; quod maius est; si ergo id quo maius cogitari non polesl, es! in salo

intellectuq id ipsum, quo maius cogitari non polest, ul, quo maius cogitari potestg

sed certe hoc esse non polest; ezistit ergo procul dubio aliquid, quomaius cogitari

non volvl, et in intellectu et in re. Apolog. c. Gaum'l. c. 1, p. 37.: Ego dicoz si

vel cogitari potui esse, necesse est illud esse; nam quo maius cogitari nequitl

non potest cogitari esse nisi sine im'll'o; quidquid autem potest cogitari esse et non

esl, per initium potest cogitari esse; non ergo quo maius cogitari nequitl cogitari

potest esse et non esl; si ergo potest cogitari esse. cz necessitate ests u. s. ‚f. mit

fortlaufender plumper Verwachslung von cogitari und esse.

Conuincilur ergo etiam insipiens esse, uelin in

86 mail-ar xm Gaunilo. Anselmus.

weiteres interessirt. als eben diese formelle Seite. nach welcher er mit

dem Realismus zusammenhängt, denn er zeigt uns nur das Schauspiel

des grössten Selbstwiderspruches, welcher überhaupt möglich ist, indem

ja durch ihn der principiellste Objectivismus als solcher gerade subjectiv

begründet werden soll. Die Widersiunigkeil aber dieses Unternehmens,

welche darin liegt, dass der Realist, welcher das ldeelle von vorne

herein nur als objectives anerkennt, die objective Existenz desselben

erst noch mit subjectiven Mitteln beweisen will, erblickte Gaunilo

(ein Mönch in Mar—Moutiers) ganz richtig, indem er behauptete, der Be

weis gehe ebensosehr auch auf die Existenz einer unbedingt vollkom

menen lnsel337), denn in der That hätte der Realismus durch die nem

liche Formel auch die reale Existenz sämmtlicher platonischer Ideen

beweisen können. Wenn aber Anselmus hierauf erwidert, er habe ja

nicht von der Existenz des Concreten, sondern eben nur vom Unbe

dingten gesprochen 338), so fängt er‘ Sich ncthwendig in seiner eigenen

Schlinge; denn er ist genülhigt, nun dennoch seine Zuflucht zu einem

successiven Aufsteigen zu nehmen, durch welches wir uns von dem

geringeren Bedingteu erst alhnälig im Denken zum Gedanken des unbe

dingten Superlatives erhebeua”), wornach das Sein dieses Unbedingten

natürlich nur ein vom Denken ponirtcs Sein sein kann, während hiemit

hinwiederuni sehr schlecht stimmt, wenn Anselmus andrerseits bei jedem

Gedanken, und zwar ausdrücklich auch bei dem'auf concrete Dinge ge

richteten Denkeu‚ eine bloss nominelle Seite (vorv significans) lind ein

reelles Verstehen (i'd ipsum quod res est) derartig unterscheidet, dass

bei letzterem die Existenz schon involvirt, bei ersterem aber jeder Un

sinn möglich seia‘o); denn wenn die Sache so steht, bedarf es über

337) Liber pro insipiente, c. 6. (Ans. Opp. p. 36.): Aiunt quidam, alicubi

Oceani esse insofern, quam ex dif/icultate vcl potius impossibililale invent'endi, quod

non est, cognominant aliqui perdt'tum, quumqm‘ [almlanlur usquequaque praestare. ilac ita esse dicat mihi quispiam . unAitverssiistuanlciisuelut

consequenter adiungat ac dicati non potes ultra dubitare. insulam illam omnibus

terris praestantiorem vere esse alicubi in re, quam et in intellectu tuo non ambigis

esse; nam quia praestantius ext, non in intellectu solo sed etiam in re esse, ideo

sic cam necesse est esse, quia, nisi fucrit, quaecunque alia in re est Ierra, pran

stantior illa eril, ac sic ipsa iam a te praectanlior intellectu praestantior non mt,

— si, inquam, per haec ille mihi velit aslvucrc de insula illal quod vere xili

etc. etc.

338) ApoL c. Gaun. c. 3. p. 38.: Sed tali- est, inquis, ac si aliquis insulam

Oceani etc . . . . .. fidens loquort quia si quis invenerit mihi aliquid aut re ipsa

aut sola cogitatione existens, praeter quod maius cogitari non possit, cui optare

valeat connezionein huius meae argumentatianisl inveniam et dabo illi perdilam irv

sulam amplius non perdendum

339) Eb'end. c. 8, p. aou Ouoniam namque omne minus bonum in tantum est

simile maiori bono, in quantum est Immun, patet cuilibet rationali menti1 quia de

minoribus ad maiora conscendenda er Ms, quibus aliquid cogitari polest maius.

multum passnniux conficere illudy quo nihil potest maius cogitari Est igitur

unde possit coniiciy quo maiuc cogitari nequeaL

340) Prosl. c. ii. p. 31.: Aliter enim oogitatur "s, cum vocc eam significans

coyitatur, uliler cum id ipsum quod res est intclligiturg illa itaque modo potest

cogitari deus non esse, isto vero minime; nullus quippe intelligcns id quod sunt

ignis et aqua potest oogiture, ignem esse aquam secundum rem, licet hoc possit

secundum voces; ita igitur nemo intelliycns id quod deus est potest cogitare, quia

Xlll. Anselrnus. 87

a

haupt weder eines Beweises der Existenz, noch eines Aufsteigcns zum

Unhedingten, sondern man braucht dann Nichts weiteres zu thun, als

eben jedwedes nach seiner realen objectiven Seite zu denken. Wohl

weislich geht daher Anselmus auch auf den trcll'endsten Einwand Gau

nilo's init keinem Worte ein, welch Letzterer einen sehr vernünftigen

Nominalismus vertritt, wenn er sagt, dass allerdings die vom allein als

blosse vom, d. h. als lediglicher Buchstaben-Klang, keine Wahrheit ent

halte, dass aber in dem Gebiete des Erfahrungsmässigen, wo die intel

ligihle Bedeutsamkeit des Wortes an Bekanntes angeknüpft und an dem

selben gemessen wird, sehr wohl das objectiv reale Sein in den Worten

gedacht werde, wornach bei demjenigen, was über alle Erfahrung hin

ausliege, es eben bei der significatio perceptae vocis sein Bewenden

haben müsse, welche an sich den objectiv wirklichen Bestand des be

zeichneten llinges nicht enthaltau). D. h. Gaunilo sagt: Wir setzen in

unseren Worten die concrete Erfahrung in Begrill‘e um und besitzen in

den Worten auch die Kraft, über das unmittelbar Wirkliche hinauszu

gehen; sobald aber diess geschieht, befinden wir uns in der Sphäre

des Gedankens allein, aus welchem als einem bloss subjectiven die ob

jective Existenz des Geilachten hervorlocken zu wollen, ein vergebliches

Bemühen ist, denn gerade wenn man auf das cogitari sich wirft, zeigt

sich, dass esse und non esse dem Objcctiven angehören, und hiemitder

ontologische Beweis Nichts beweist, weil er sein eigenes Gebiet über

schreitet und zuviel beweist.

lst hiemit der ontologische Beweis nur dadurch entstanden, dass

Anselmus sich nicht einmal über seinen eigenen realistischen Standpunkt

logisch klar war, so zeigt sich diese nemliche Schwäche auch in jenem

Bekenntnisse des Realismus, welches der „Dialong de veritate“ enthält.

Den schlechthin realistischen Ausdruck „substantiae universales“ sahen

deus non estf licet haec verbadical in corde aut sine ulla aut cum aliqua extranea

significalione.

341) L. pro insip. c. 4, p. 36.: Neque enim aut rem ipsam quae deus est

novi1 neque ipsam possum conficere es: alia simt'lt', quandoquidem et tu talem as

seris illama ut esse non possit simile quidquam Nam si de homine aliquo mihi

prorsus ignotoj quem etiam.esse ncscirem. dici tamen aliquid audiremy per illam

specialem generalemve notitiaml qua quid sit homo vel homines nom', de illo quo

que secundum rem ipsaml quae est homo, cogitare possem; et tamen iieri possel,

ut mentiente ille qui diceret, ipso, quem coyitarem, homo non csset, cum tamen

ego de illa secundum veram nihilominus rem, non quae esset ille homo sed quae

est homo quilibet. cogitarem Nec sic igi'tur, ut haberem falsum istud in eogita

tione vel in intellectuj habere possum illud. cum audio dici „dcus“ aut naliquid

omnibus maius“, cum, quando illud (d. h. jenen Menschen) secundum rem veram

mihique natam cogitare possemv istud (d. h. Gott) omnino ncqueam, nisi tantum

secundum vocßm, secundum quam solam aut viæ aut nunquam potest ullum cogitari

oerumg siquidem cum ita cogitatan non tam ipea voz, quae res est utique um,

hoc est litterarum sonus vel syllabmum, quam vocis auditae significatio cogitetim

Sed non ita ut ab illo qui nooitt qaid ea soleat voce significart', a quo scilicet

cogitatnr secundum rem vel in sola cogitatione vera , verum ut ab eo qui illud non

novit et solummodo rogitat secandum animi motum illius auditu vocis effectum sigmv

fcatiauemque perceptae vocis conantem effingere sibi, quod mirum est si unquam rei

veritate potueriL lla ergo nec prorsus aliter adhuc in intellectu meo constat illud

habert‘, cum audio intelligoque diccnlem, esse aliquid maius omnibus quae valeant

cogituri. Haec de eo, quod summa illa natura iam esse dicitur in intellectu meu.

88 XIII. Anselmus.

‚f

wir schon‘oben (Anm. 319) in der gegen Roscellinus gerichteten Stelle;

aber eben diese Auffassung hindert den Anselmus natürlich an jedem

Verständnisse dessen, was die Form des logischen Urtheiles bedeute,

denn indem er die enuntialio von vorneherein nur als Abklatsch des

objectiven Seins oder Nichlseins betrachten kann, tlieilt er ihr nicht

einmal in dieser Form die Wahrheit zu, sondern verlegt die Wahrheit

ausschliesslich in das Objective, welches nicht einmal in seinem Auftreten

im Urtheile wahr sei, sondern nur die Ursache der Wahrheit des Ur

theiles enthalte 3“); ja er verhöhnt förmlich die Form des Urtheiles,

indem er sagt, dass dasselbe auch dann, wenn es im Widerspruche

mit dem objectiveu Thatbestande stehe, immerhin die Richtigkeit des

blossen Aussagens und Bezeichnens enthalte, während die wahre Rich

tigkeit, d. h. die Wahrheit selbst, eben nur in jener Objectivität liege,

nach welcher in objectivein Sinne zu haschen gleichsam als ethische

Pflicht bezeichnet wird 343), denn da Alles sein Sein nur von der höch

sten Wahrheit empfängt344), gestaltet sich zuletzt das Sein selbst zu

einem Sollen 345). Hiernach ergibt sich wohl ein schlechthin objectiver

einheitlicher Grund der Wahrheit 346)‚ aber je stärker das ausschliess

am lliaL d. oer. c. 2, p. los t.z M. Ouando est euuntiatio vera? D. Ouando__

es!‚ quod enuntiat sive affirmando sive negando; dico enim esse quod enuntiat

etiam quando negat esse quod non ext, quia sic enunh'al, quemadmodum res est.

M. An ergo tibi videtur, quod res emmtiata sit veritas enuntiatiouisP D. Non. M.

Ouare? l). Ouia nihil est verum nisi participando veritatem. et ideo veri veritas

in ipso vero eß; res vero enuntiata non est in cnuntialione vera; unde non eius

veritas, sed causa veritatis eius dicenda est. ‘

343) Ebeud. p. 110.: M. Ergo non es! enuntiationi aliud veritas, quam recti

tudo D. Video quod dicis; sed doce me, quid respondere pessimi si quis di- -

cat. quia etiam cum oratio significat esse quod non estv significat quod debetg pa

riter namque accepit signi/icare esse et quod est et quod non 2st, nam si non

accepisset significare esse etiam quod non esL non id signi/icaretg quare etiam cum

significat esse quod non es!‚ significa! quod debel; .at si quod debet significando

recta et vera est, sicut ostendisli, vera est oratio etiam cum enuntiat esse quod non

ext. M. Vom quidem non solet dici, cum significu! esse quod non est, veritatem

tamen et rectitudinem habet. quia facit quod dcbet. Sed cum signi/icat esse quod

est. dupliciter facit quod debeL quoniam significa! e! quod accepit signi/icare et ad

quod facta est; sed secundum hanc reetitudinem et veritatem. qua significat esse

quod esta usu recta et vera dicitur enuntiatio. non secundum illam . qua significat

esse etiam quod non est Alia est igitur rectitudo et veritas enuntiationis. quia

signihcat ad quod significandam facta est, alia vero quia significat quod accepit

significare; quippe ista immutabilis est ipsi orationia illa vero mutabilis.

344) Ebend. c. 7, p. 112: An putas aliquid esse aliquando aut alicubi. quod

non sit in summa veritate et quod inde non ucccperil, quod est in quantum est,

aut quod possit aliud esse, quam quod ibi csl?

345) Ehend. c. 9, p. 113.: ln rerum quoque existentia est similiter vera uel

falsa signifiralio, quoniam eo ipso quia es!‚ dicit se debere esse. Hiemit hingt

auch zusammen, dass Anselmus das reale Nichtsein oder das seicnde Nichts völlig

mil dem Besen identiiicirt (Epist. II, 8, p. 3431.) und somit im Vergleiche mit

Scotus Erigena (Anm. 133 fl'.) entschiedener den platonischen Realismus bekennt.

aiel Ebend. c. 13, p. 115.: Si rectitudo non est in rebus illisy quae debent

rectitudineml nisi cum sunt secundum quod debent. et hoc solum est illis rectus

esse, manifestum es!‚ earum omnium unam solam esse reetitadinem . . Ouoniam

illa (sc. veritas) non in ipsis rebus aut ex ipsis aut per ipsas, in quibus esse di

eitun habet suum esse, sed cum res ipsae secundum illam sunty quae-semper praesto

est his, quae sunt sicut debents tunc dicitur huius vel illius rei veritas

l.

h.'‘‚

XIII. aAnselinus. 89

lich spiritualistische Erfassen desselben betont wird 3‘"), desto weniger

ist verständlich, wie der logischen Form des Urtheiles noch irgend eine

principielle Function verbleiben solle.

_ Wie wenig durchgebildet aber die Auffassung der Logik überhaupt

bei Anselmus gewesen sei, erhellt am deutlichsten aus der Schrift,

welche den Titel „Dialogus de grammaticou führt348). Dieselbe ist

allerdings nur ein Schul-Exercitium, welches Anselmus, wie er selbst

sagt, nur im Hinblicke auf ‘übliche zahlreiche Erörterungen ähnlicher

Art verfasstea‘m); aber während wir nicht wissen, ob jene anderen

dergleichen Schriften etwa besser gewesen seien, ersehen wir jedenfalls,

- dass die des Anselmus auf einem bedauerlich niedrigen Standpunkte

stehe. Denn sie ist ein l'orlgesetztes verstandloses Spiel mit angelernten

Lehrsätzen aus Boethius und bewegt sich in dem tädiösen Bemühen,

Schwierigkeiten, wo kein vernünftiger Mensch welche finden kann, vor

erst aufzustöbern und dieselben dann in adäquater Weise wieder zu

lösen, —— kurz, sie ist ein ebenso geringfügiges Erzeugniss einer höchst

beschränkten Schulweisheit wie die obige Schrift Gerbert’s, und davon,

dass durch dieselbe das dialektische Studium gefördert worden sei,

kann um so weniger eine Rede sein, als sie sogar bezüglich der logi

schen Parteifrage sich als äusserst stumpf und matt zeigt.

Das Ganze dreht sich um die Frage, ob „grammaticus“ Substanz

oder Qualität sei, da beides zugegeben werden müsse, aber nicht zu

gleich wahr sein könne35o). Die vernünftige Antwort aber, dass nem

am Ebend. c. 11y p. 113.: Nempe nec plus nec minus continet ista dif/i

nitio veritatisv quam azpediatl quoniam nomen rcctitudinis dividit eam ab omni re,

quae rectitudo non vocaturg quod vero sola mente percipi dicitury separat eam a

rectitudine visibili.

348) Auselmus sagt selbst (Prof. ad L. d. uer. p. 109.): edidi tractatam non

inutilenu ut pulo, introducendis ad dicilccticamv cuius initium est „De grammatico”,

und aus einer diess wiederholenden Stelle bei Sigeb. Gembl. d. scr. eccl. c. 168.

(Fabric. Bibl. ercl. p. 114.: scripsit alium librum introducendis ad dialecticam

admodum utilem. cuius initium est „De grammalico") entstand die irrige Meinung,

er habe auch eine eigene „Inlruduclio in dialecticanfr geschrieben.

349) Dial. d. gramm. c. 21, p. 150.: fame-n quoniam sei's, quantum nostris

temporibus dialectici ccrtent de quaestione a te proposital nolo te sic his quae dizi

mus inhaerercy ut ea pertinaciter teneasy si quis validioribus argumentis haec de

struere et diversa valuerit astruereg quod si contigeritl saltem ad- exercitationem

disputandi nobis haec pro/ecisse non negabis.

350) Ebend. c. 1, p. 143.: De grammatico peto ut me certum facias, utrum

sit substantia an qualitas. ut hoc eogm'fo, quid de aliis quae similiter denomina

live dicunlur, sentire debcam, agnosvam. Die Quelle der Frage liegt darin, dass

Boelhius (p. 121.), wo in den Kategorien grummoticus als denominatioum von

grammatica angeführt wird, in der Erklärung den Aristarchus als Beispiel eines

grammaticus nennt, und ausserdem bei der Substanz (p. 134.) grammaticus aus

drücklich bis zu animal zurückgeführt wird, daneben aber (p. 185 f.) bei der Kate

gorie der Qualität grammaticus zum stehenden Beispiele geworden war. Daher

stellt nun Anselmus Folgendes als sich Widersprecbendes nebeneinander: llt quidem

grammaticus probetur esse substantial sui/icit quia onmis grammaticus homol et

omnis homo substantia (vgl. Baefh. ad Porph. p. 631.) . . . . .. Ouod vero granimaticos

sit qualitas. aperte fateatur philosophil qui de hac rc tractarerunh quorum aucto

ritatem de his rebus est impudentia improbare. ltem quoniam necesse estl ut gram

matieus sit aut substantia aut qualitas cum ergo alterum horum ceram sit

alterum falsum, rogo ut falsitatem detegens aperias mihi veritatem

eo XIII. Anselmus.

lich dennoch beides wahr sei, wird auf den verkünsteltsten Umwe

gen herheigeführtai“). Der Annahme nemlich, dass es eine Substanz

darum sei, weil ja der Gramtnatiker ein Mensch, der Mensch aher Sub

stanz ist, tritt zunächst ein verzerrter Syllogismus gegenüber, dessen

Schlusssatz dahin lautet, dass kein Grammatiker ein Mensch seiai’z),

was vorerst dadurch widerlegt wird, dass man auf gleiche Weise auch

beweisen könne, dass kein Mensch ein lebendes Wesen sei353), worauf

erst nachhinkend die Einweisung auf den im Mittelbegritl‘e liegenden

Formfehler jenes Syllogismus'folgt, und die anti-nominalistische Bemer

kung sich anknüpft, dass die Kraft des Schliessens nicht in den aus

gesprochenen Worten, sondern in dem inneren Gedanken liege 35‘).

Das hieraus gewonnene Resultat ahnr, dass Grammatiker und Mensch

nicht identisch sindasi’), wird nun neuerdings syllogistisch dahin ver

zerrt, dass kein Mensch ein Grammatikcr sei, und zwar geschieht auch

diess nur, um mit abermaliger Beiziehung des analogen Schlusses, dass

kein Mensch ein vernünftiges Wesen sei, zur Berichtigung des Mittel

hegrill‘es zu gelangen und hiedurch auf das bereits dagewesene Resultat

zurückzukehren, dass das Wesen des Menschen nicht das Wesen des

Grammatikers sei 35ß). Aber auch diess genügt noch'nicht, sondern

l s

351) Ebend. c. 2.: Argumente, quae ex utraque parte posuisti. necessaria

sunty nisi quod dicisl si altcrum esl, altcrum esse non passe; quare non debes a

me engere, ut alteram partem esse falsum ostendamy quod ab alto fieri non potestg

sed quomodo sibi invicem non repugnenh apen'am, si a me fieri potesL Sed vellem

ego prius a te ipso audirel quid his probationibus tuis obiici posse opineris.

352) Ebend.: Illam quidem propositionem quae dict-ti grammaticum esse ho

mt'ncm, hoc modo repelli ezistimos quia nullus grammaticas potest intelligi sine

grammatical et omnis homo potest intelligi sine grammaticav item omnis grammaticus

suscipit magis et minus (diess aus Hoelli. p. 186.). et nullus homo suscipit magis

et minus, ez utraque contu-tione binarum propositionum amicitur una conclusiol

id ext, nullus grammaticus est hoino.

353) C. 3, p. 143 f.: Non sequitur Contexe igitur tu ipse quatuor pro

positioncs in duos syllogismosz Omnc animal potest intelligi praeter rationa

litatemg nullus vero homo potest intelligi praeter rationalitutenL ltems Nullum oni

mal rationale est ex necessitateg onmis autem homo rationalis est ex necessitate.

se utroque hoc ordine bin/1mm propositionum videtur nescis nullus igitur homo est

animalg quo nihil falsiusl licet praecedentes propositiones titubare in nulla videam

Sed video horum duorum syllogismorum conncscionem per omnia similem illis

duobus quos paulo ante protuli.

354) c. 4, p. 144.: Junge has duas propositianes ita integros sicut eas modo

protulisti omnis homo potest intelligi homo sine grammaticag nullus grammaticus

potest intelligi granimaticos sine grammatica Video, cas non habere communem

termi-nurui et idcirco nihil ex eis consequi communis terminus syllogismi non

tam in prolatione quam in sententia est habendqu sicut enim nihil ef/iciturl si

communis est in voce et non in sensuvv ita nihil obest1 si est in intellectu et non

in prolationeg sententia quippe ligat sgllogismumr non verba (so also denkt der

Erfinder des ontologisclien Beweises über die Form des Syllogismusl).

355) c. 5.: iar-spectov ut reddas effectum propositionibus meis con/iciter

ergoy quia esse grammatici non es! esse hominis Si ita intelligas „gramma

timus non est homo“, ac si dicatur ugra-mmaticus non est idem quod homo", i. c.,

non habent eandem diffinitioneml vera est conclusio

356) C. 6.: Si quis ita contemeret „Omnis grammaticth dicitur in eo quod

quale (der Ausdruck in eo quod quale steht h. Boeth. ad Porph. p. 87 f‚); nullus

homo dicitur in eo quod quale-g ergo nullus homo grammaticusla tale mihi hoc vi

deretur esse, ac si diceretur „0mm- rationale dicitur in eo quod quateg at nullus

XIII. Anselmus. gi

mit steter Umgehung dessen, was jeder vernünftige Mensch von vorne

herein gewusst und gesagt hätte, wird wieder ein anderweitiger Syllo

gis-nius beigebracht, dessen Schlusssalz lautet, dass kein Stein ein

Mensch sei, und es knüpft sich daran die Hinweisung auf den Unter

schied der beiderseitigen Schlusssätze, insoferne man wohl sagen müsse,

dass der Stein in keinerlei Weise ein Mensch sei, nicht aber behaupten

dürfe, 'dass der Grammatiker in keinerlei Weise ein Mensch sei357);

ja noch emmal folgt, und zwar nun in dilemmatischer Form, ein ver

schrobener Beweis, dass kein Grammatiker ein Mensch sei, um neuer

dings zu dem jetzt modifirirten Resultate zurückzukommen, dass das

Grammatiker-Sein nicht schlechthin dasselbe sei wie das Mensch-Sein 358).

Diess Alles aber ist noch nicht genug, sondern die Sache wird von

Schritt zu Schritt immer ungeniessbarer. Nemlich vorerst wird die

Möglichkeit ofi'en gelassen, nunmehr nach Analogie des Weiss-Seins doch

wieder zu schliessen, dass einige Grammatiker keine Menschen seien 359);

sodann aber wird ein aus der Wesens-Verschiedenheit zwischen Gram

matik und Mensch (da ersteres eine Inhärenz sei, letzteres aber nicht)

gezogener abermaliger Schluss, dass kein Grammatiker ein Mensch sei,

dazu benützt, um mit anti-nominalislischer Betonung der res das Resul

tatrauszusprechen, dass der objectiv sachliche Gehalt des Grammatikers

in '„Menscli“ und „Grammatik“ liege, wornach grammaticae zugleich

homo dicitur in eo quod qualcg nullus ergo homo rationalisug hoc autem nulla

probatio verum efficere vom, ut rationate praediceturlde nullo homine Similiter

ille syllogismusl quem modo prolnlisu', non necessario cancludih grammaticum non

praedicari de homineg hoc enim signi/ieant cius propositiom‘s, si secundum veritatem

eas intelligimum tanquam si diceretur ita „Omnis grammatieus dicitur grammaticae

in eo quod qualeg nullus homo dieitur homo in eo quod quale"; ex his autem

duabus propositionibus nequaquam consequitur „nullus grammaticae praedicatur de

hamineh Si quis vero ...zvita velit intelligeres ac si diceretur „homo non est

idem quod grammaticusd ..'.‘..‘, ad hoc probanduma quia essentia hominis non est

essentia grammalieiq habet earum significatio communem terrninum.

357) C. 7, p. usi Die mihi, si quis sic proponeret „Nullus homo potest

intelligi sine rationalitateg omnis autem lapis potest intelligi sine rationalitateta

quid ccmsequeretury nisi nnullus igitur lapis homo“ Die ergo quid difl‘er!

iste syllogismus ab illo tuo syllogismof Sed quoniam iste quodam alio modo

potest intelligis quo ille tuus non potest. habet hanc conclusionem. ut nullo modo

lapis possit esse homo Sie ‚wisst, immo debet accipil ac si dicatur „Nullus

homo potest aliquo modo intelligi sine rationalitateg omnis vero lapis quolibet modo

potest intelligi sine rationalitaterz unde conficitur unullus igitur lapis aliquo modo

est homo“. In tuis vero propositionibus veritas nequaquam similem admittit subau

dilioncm.

358) C. 84: Esse grammatici non est esse hominis. Si hoc est, qui habet

essentiam grumnmtioi, non ideo necessario habet essentiam hominisg non est

igitur onmis grammaticus homo. At cum omnibus grammatieis una sit ratio. cur

sint hominesy profecto aut omnis grammaticus est homo aut nullusg sed eonstaL

quia non amnis; nullus igitur Debe! intelligi illa argumentatio hoc modo ‚' si

esse grammatici non est simpliciter esse homiru's, qui habet essentiam grammatieL

non ideo sequitur ut habeat simpliciter essentiam hominis ita vero nihil aliud

sequitury nisi nnutlus grammatieus est simpliciter homo“.

easy C. 9.: verum si probaretun quod, ut putg, facile fieri potestj quia esse

grammatici ita non est esse hominis sicut esse albi non est esse hominis tunc

vere sequeretur aliquam grammaticum posse esse non Iwminem. «ü

’P‘

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92 xm. Anselmus.

nach der einen Seite Substanz und nach der anderen Qualität sei 360).

Nachdem aber ein neuer gegen die Substanzialität des Grammatikers

erhobener Einwand siegreich durch den eben eingenommenen Stand

pnnkt beseitigt scheintaö‘), steigt wieder eine andere Schwierigkeit auf;

dcnn die beständige Gewohnheit der Dialektiker, das Wort „Gramma

tiker“ stets als Beispiel der Qualität, nie aber als Beispiel der Substanz

anzuführen, widerstreite gerade dem gewöhnlichen Sprachgebrauche,

nach welchem man nie jenes Wort an Stelle der damit bezeichneten

Qualität setzen könne, und ferner müsse folgerichtig auch der Begriff

„Mensch“, in welchem gleichfalls Qualitäten enthalten seien, ebenso ‘als

Beispiel der Qualität verwendet werden können, was doch nie ge—

schehe 362). Diess wird nun dadurch gelöst, dass das Wort „Mensc “

wirklich eine reale Einheit bezeichne und daher wahrhaft ein significa

tivum betrell's der Substanz sei, nicht aber eigentlich als prädicaljves

appcllativum auftreten könne, wohingegen das Wort „Grammatiker“ nur

eben bezüglich des realen Dinges, welches die Grammatik ist, an sich

(per se) ein significativum sei, betreffs des Menschen aber nur mit

telbar (per altud) als blosses appellalivum gebraucht werde, denn über

360) Ebend.: Aristoteles ostcndit. grammaticam (bei Grrberon steht sinnlos

grammaticum) corum esse quae sunt in subiecto (ans Boeth. p. 119., s. Abschn. xm

Anm. 92.), e! nullus homo est in subiectog quare nullus grammaticus homo. M.

Nolui! Aristoteles hoc consequi ex suis dictis. nam idem Aristoteles dicit quendam

hominem et hominem ct animal grammaticum (Boeth. p. 134.) . . . . .. cum loqueris

mihi de grammaticol uum intelligam te loqui de hoc nomine, an de rebus quas

signi/icati D. De rebus. M. Ouas ergo res significat? D. hominem et grammaticum

. . . . .. M. bic ergo: homo est substantia an in subiecto? D. Non est in subiecto,

sed est substantia. lll. grammatica est qualitas et in subiectoP D. utrumque esL

M. Ouid ergo mimm. si quis dicit. quia grammaticus est substantia et non est iri

subiecto secundum homincm, et granimaticos est qualitas et in subiecto secundum

grammaticum

361) C. 10, p. 146.: Sed unum adhuc dicaml cur grammaticus non sit sub

stantias quia omnis substantia est prima aut secunda (Boeth. p. 128., s. Abschn.

Xll, Anm. 91.), grammaticus autem nec prima nec scctmda. M. Memento dictorum

Aristotelis quae paullo ante dixi Sed tamen unde probas? D. Onia est in sub

iccloy quod nulla substantia est. et dicitur de pluribus, quod primae non esty nec

est genus aut species nec dicitur in eo quod quid, quod est secundae tlioeth p. 72.).

M. nihil komm, si bene meministi quae iam dirimus, tiu/art grammatico substan

tiam, quia secundum aliquid granimaticos non est in- subiecto et est genus et spe

cies, est etiam individims, sicut homo et antmal, Somztes enim et homo

r! animal est et grammaticus

362) c. 11.: Nemo qui intelligit nomen grammaticiy ignorat, grammaticum

significare et hominem ct grammaticaml et tamen si hoc fiducia in populo loquens

dicam „utilis scientia est grammaticusn aut „baue scit iste homo grammatioum“,

non solum stomachabuntur grammaticil sed et ridebunt rustici Nutlatenus itaqae

credam sine aliqua alia ratione traclatores dialcclicae tam saepe et tam studiose in

suis libris srripsisse, quod idem ipsi colloqaentes dicere erubescerenL Saepissime

namque ubi volunt ostendere qaalitatcm aut acvi'dens, subiungunt „u! grammaticus

et simitia”, cum grammaticum magis esse substantiam quam qualitatem aut accidet-isl

usus omnium loquentium altesteturg et cum colunt aliquid docere de substantias

nusquam proferunt „u! grammaticus aut aliquid huiusmodi“. ilac accedit .' cur

homo non est similiter qualitas ct substantiaP homo namque significat substantiam

cum omnibus illis difl'erontiis quae sunt in hominc, ut est sensibililas et morlulitas;

sed nusquam ubi sit scriptum aiiquid de qualitate aliquot prolalum est ad exemplum

noelut homo“.

XIII. Anselmus. 93

haupt falle das appellativum nur dem gewöhnlichen Redegebrauche an

heim, während das signi/icativum die reale Substanz enthalte 3'53).

Ahnen wir nun schon hiernach, worauf das Ganze hinauslaufen werde,

so vergönnt uns Anselmus noch nicht sofort den Genuss seiner realisti

schen Auffassung, sondern schleppt uns noch einige Zeit durch unver

_ständige Tändeleien hindurch. Nemlich der Einwand, dass „Gramma

tiker“ und „Mensch“ demnach in gleicher Weise bezeichnende Aussagen

seien, und hieniit ersteres gleichfalls in einer realen Einheit den Begriff

des Menschen und den Begriff der Grammatik umfasse, soll nun da

durch widerlegt werden, dass dann Grammatik kein Accidens, sondern

eine Wesens-Differenz wäre, was ebenso von allen ähnlichen Qualitäten

gelten müsste, sowie auch die Folgerung sich ergäbe, dass dann ein

Nicht-Mensch, welcher Grammatiker wäre, eben deshalb zugleich ein

Mensch sein müsste 354); ferner sei ja gerade die Adjektivform des

Wortes grammaticus zu bedenken, denn wenn „Mensch“ schon an sich

in „Graniinatiker“ enthalten wäre, könnte man durch Substituirung ins

Unendliche fort das Wort „Mensch“ wiederholen müssen, und überhaupt

verrücke man den Standpunkt der abgeleiteten Appellativa, da dann z.

niliil hraix

363) C. 12.: Nempe nomen hominis per se et ut unum significat eo, es: qui

bus constat totus homo quapropter quamvis omnia simul velut unum totum sub

una signi/icationg uno nomine appellentur Iiomo, sic tamen principaliter hoc nomen

est signi/icativum et non (non fehlt widersinnig bei Ger‘bcron) appcllatioum substan

liae . . . . .. Grommaticus vero non significo! hominem et grammaticum ut unum, sed

grammaticum per se et hominem per oliud, e! lioc nomen quamvis sit appellativum

hominisr non tamen proprie dlcitur eius signifieolicum, et licet sit significatiumn

yrammaücae, non tamen proprie est eius appcllativunL Appcllativum autem nomen

cuiuslibet rei nunc dicol quo res ipsa usu loquendi appellatur. Diese Unterschei

dung zwischen significativus und uppellalivus ist gleichfalls aus Boethius geschöpft,

einerseits im Hinblicke auf die dortige (p. sos f.) Definition des Suhstantives, und

andrerseits in Folge ausdrücklicher Angaben des Boethius, welcher die betreffende

Stelle Caleg. c. 5. folgendermaassen übersetzt (p. 138.): in secundis vero sub

stantiis videtur quidem similiter appellationis figura lioc aliquid aignifican', non

tamen verum esl, scd magis quale aliquid significat wozu noch Bemerkungen bei

der Kategorie der Qualität kommen (p. 174.): qualitas secundum Arislotelom ipsa

quoque multipliciter appellatur .. et communis est multiplex appellatio etiam in

his nominibus-j quae veluti genera de speciebus dicunturg und (p. 183.): gramma

tici enim a grammatica nominantury atque hoc est in plurilms, ut posito nomine

si quid secundum ipsas qualitales quale diciturl ex his ipsis qualitalibus appellatio

derivetur distinclis qualitatum vocabulis appcllantur. So ist also auch bei

Anselmus durchweg der bisherige beschränkte Quellenkreis nicht überschritten,

und hatte man damals schon die Uebersetzung der Analytik gekannt, so waren

wohl derartige Erörterungen überhaupt unmoglich gewesen.

364) C, 13, p. 147.: Sicut enim homo constat etc animali et rationalitale et

mortalitata et idcirco homo significa! haec m'a, ita grammaticus constat ez homine

et grammatica et ideo nomen hoc significat utrumque . . . . .. M. Si ergo ita est, ut

tu dicisl dif/initio et esse grammatici ext homo sciens grammaticam.... Non-esl

igitur grammatica accidcnsy sed substantialis differentie, et homo est genus e! gram

maticus speciee; nec dissimilis est ratio de albcdine et similibus arcidentibus, quod

falsum esse totius artis tractatus ostendit (Boeth. p. m ff.) . . . . .. Pommes, quod

sit animal aliquod rationale, non tamen homol quod ita sciat grammaticum sicut

homo .. Es! igitur aliquis non homo sciens grammaticum ut omne sciens gram

maticam est grammaticum es! igitur quidam non homo grammaticus sed tu

dicis in grammatico intelligi hominem . quidam ergo non homo est homol quod

falsum est.

ea XIII. Anselmus.

B. auch hodiernus ein Zeitwert sein müsste 365). Nachdem aber hie

durch als bewiesen gilt, dass grammaticus nicht die Substantialität des

Menschen einheitlich in sich scliliesse, sondern nur die adäquate Be

zeichnung der Grammatik allein sei, soll nun noch deutlich gemacht

werden, in welcher Weise grammaticus bloss mittelbares Appellativutn

des Menschen sei; diess geschieht mit der sinnlosesten Vertauschung

attributiver Begriil'e durch ein Beispiel, da, wenn ein weisses Pferd und

ein schwarzer Ochs nebeneinander stehen, durch das Wort „Weise“

mittelbar das Pferd bezeichnet werden könne366)‚ Das hievon zu er

wartende Besultat ist, dass alle appellative Bezeichnung nur accidentell

seiamjy wornach der ganze Umkreis des menschlichen nedum welches

sich in Urtheilen bewegt, dem Accidentellen anbeimfällt, und hiemit

das Wesen des Prädicates für die Logik vernichtet ist, sobald dasselbe

nicht mit dem substantiellen Subjecte identisch bleibt. Ja, es wird

gegen jene Folgerung ein neuer Einwand beigebracht, um siegreich aus

demselben zu dem verstärkten Standpünkte zurückzukehren; nemlich es

könne eingewendet werden, dass bei solcher Trennung von Substanz

und Accidens nun da, wo Mensch und Grammatik sich in dem Gram

inatiker vereinigen, nur die Wahl bleibe, entweder den Grammatiker

selbst sofort als eine blosse Qualität zu bezeichnen, oder sich aus

schliesslich auf die Substanz zu werfen, so dass der Mensch aliein in

dieser seiner Substanzialitäl schon der Graminatiker wäre 3“). Letztere

Alternative nun wird durch ein Wortspiel und ein Gleichniss beseitigt,

denn der Mensch bleibe ja in seiner Selbstständigkeit, während er die

Grammatik als Eigenschaft besitze, und es sei ebenso, wie wenn von

365) Ebend.: Si homo est in grammaticol non praedicatur cum eo simul de

aliquo ‚ .‚..‚ non enim apte dicitun quod Socrates est homo animal (Beeth. p. eum

‚_.„ sed convenienter dicituu quod Socrates est immo granimaticos Dem, si

granimaticos est homo sciens yrammalicam, ubicunque ponitur grammaticus. apte

ponitur homo sciens grammaticum si igitur apte dicitur „Socrate: est homo

grammatious”, apte quoque dicitur „Sacrates es! homo homo sciens qrammaticamu

et sic in iri/initum ltem similiter in omnibus denominativis id quod deno

minatur cum eo intelligendum est a quo denominalur ergo hodiernum significat

id quod vocatur hodiernum et hodie ergo hodiernum non est nomen, sed ver

bumy quia est coz signi/imas tempusr

366) C. 14.: Sufficienler probatum est. grammaticum non esse apellaliwln

yrarnmaticael sed hominis-y nec csse significalivum homi-nisl sed grammaticaeg sed

quoniam dixistiv grammaticum significarc grammaticum per se et hominem per aliud.

peto ut aperte mihi has duas signibcationes distingoas . . . . .. M. ouid si vides stan

tes iuxta se iiwioem album equum et nigrum barem et dicit tibi aliquis de equo

npercute illum“ non monstrans aliquo signol de quoidicaty an sei's, quod de equo

dical. D. Non. M. Si vero nescii-uti tibi et interroganti „qnem?“ respondet walbumtg

intelligisl de quo dicitt ll. Equum intelligo per nomen albi Namquc nomen

equi significa! mihi equi substantiam per se et non per aliudg nomen vero albi

substantiam equi significa! non per se, sed per aliud, i. c. per hoc quod scio equum

esse album. (Wohl zu bedauern ist der Leser, welcher solchen Unverstand durch

machen soll; jedoch ich musste das Hanptsächliche objectiv vorführen, da ein

blosses subjectives Urlheil, dass Anselmus in dieser ganzen Schrift sich als logisch

impotent zeige, Niemandem genügt hatte.)

aen C. 15, p. 148.: harum duarum signi/icationum ilta. quae per se est, ipsis

vocibus significalt'vis es! substantialis‚ alia vero, quae per aliud est, arcidentalia.

368) C. 16.:. Narr sine scrupulo accipit unimus, grammaticum esse qualitatem

aut bominem soluml i. e. sine yramrnalira, esse grammaticum

XIII. Anselmus. 95

zwei Fussgängern der Eine voraus und der Andere hinterdrein gehe,

denn der Vorausgehende sei allein, insoferne er allein vorausgehe, und

zugleich nicht allein, insoferne ein Anderer mitgelie 369). Die erstere

Alternative aber wird zum Bekenntnisse des Realismus benützt, wobei

Anselmus mit verbissener Resignation aufidie Anschauungen der aristote

lischen Dialektiker eingeht. um wenigstens zu retten, was zu retten ist,

denn da die Auctoritüt der Kategorien doch als zu gross galt, um sie

vollends zu verwerfen. musste eine realistische Interpretation versucht

werden. Anselmus nemlich sagt, den Grammatiker lediglich als Qualität

zu bezeichnen, sei nur nach dem Standpunkte der aristotelischen Kate

gorien richtig, denn .in denselben handle es sich allerdings weder um

das reelle Sein der Dinge selbst, noch auch um die bloss appellative

Bezeichnung durch Worte, sondern um die voces significatiuae (s. 0b.

Anm. 363), insoweit dieselben das substantielle Sein an sich selbst

unmittelbar bezeichnen, und darum sei es in richtiger Weise bei den

Dialektikern üblich geblieben, sich nur in dieser substantiellen Bezeich

nungsweise zu bewegen, d. h. den Grammatiker nur als Beispiel der

Qualität zu gebrauchensm); denn in diesem realistischen Sinne sei im

Hinblicke auf die Kategorien der Grammatiker eben sprachlich und sach

lich eine Qualität, hingegen abgesehen von dieser dialektischen Betrach—

tung, welche aber hiemit das‘wesentlich substantielle Sein enthalten

soll, bleibe nur das Gebiet,_der gewöhnlichen appellativen Bedeweise

übrig, in welcher der Grammatiker ein Mensch genannt werde, ebenso

wie z. B. in der Betrachtung der Wortformen der Stein richtig ein

Masculinum genannt werde, während im gewöhnlichen Sprechen ihn

sem Ebend.: quod homo “das, i. e. sine grammatieal duobus modis intelligi potestl uno vero, altero [als-o. Homa eqsutipgpreani(mdaiteiscsus.ist der

verus modus) so!us‚ i. e. absque grammaticaj est grummolicus, quia solus est lia

bens grammalicnm‚ grammatica namque nec sola nec eum homine habet grammati

cum Sed homo wir‘s, i. e. absque grammatica1 non es! grammaticus, quia absente

grammatica nullus esse granimaticos polest (d. h. der [alsus modus Ware, jenen

Satz so zu verstehen, als müsse nicht doch noch die Grammatik zur selbststan

digen Menschen-Substanz hinzukommen). Sicut qui praecedendo ducit aliump et

solus est praeviusy quia qui sequitur non est prachius, et solus non est pruevius,

quia nisi sit qui sequolur, praeviur esse mm potesL Hiedurch also glaubt der

Realist das Verhältniss der Inharenz erklärt zu haben.

370) C. 16.: Cum vero diciturj quod grammaticus es! qualims, non recte nisi

secundum tractatam Aristotelis de categoriis dicitur. C. 17.: l). An aliud habet

ille tractatus quam ‚onme quod es!‚ aut est substantia aut quantitas aut qualitas

etc.“ (Bad/z. p. 12%.) M. Nun tamen fuit principalis intentio Aristotelisy hoc

in illo libro os!endere‚ sed quoniam omne nomen vel verbum aliquid horum signi

fical; non enim intendebat ostendere ‚ quid sint singulae.res. nec quarum rerum

sint appellativae singulae voces, sed quarum signihcativae sinl; sed quoniam voces

non significan! nisi rrs, dicendo quid sit quod voces signifirant, necesse fuit dicere

quid sint res ‚ . . . ‚. De qua significatione videtur tibi diceret de illa qua per se

sigm/icant ipsae voces et quae illis est substantialisy an de altera quae per aliud

est et acoidenmlis? D. Nonnisi de ipso, quam idem ipse eisdem vocibus inesse

dif/iniendo nomen et verbum (Beet/t. p. nga f.) asrignavi!‚ quae per se signi/icanL

M. An putas .. . . . aliquem eorum, qui cum sequantes de dialectica seripserunh aliter

sentire voluisse de hac re, quum sentit ipsc? D. Nullo modo eorum scripta hoc

aliquem opinari penniltuntl quia nusquam invenitur aliquis earum posuisse aliquam

vocem ad ostendendum aliquid quod significc! per «lind, sed semper ad hoc quod

per se significal.

96 XIII. Anselmus.

Niemand als ein männliches Wesen bezeichnea'“). Also Anselmus er

blickt in den Kategorien wohl eine formelle Macht, bezieht dieselbe aber

lediglich auf die ohjectiv vorliegende Tabula logica des wesentlichen

Seins. Wie roh er aber dieses verstanden habe, erhellt deutlich aus

dem Schlusse der Schrift, wo noch die Frage erörtert wird‚ oh Ein

Ding unter mehrere Kategorien fallen könne; denn wenn z. B. gesagt

wird, dass armatus auch unter die Kategorie der Substanz gehören

könne, weil der Bewaffnete eine Substanz, nemlich die Waffen, a‘n sich

habe, so ist diess allerdings der Gipfclpunkt logischen Unverstandes,

und wir schliess‘en gerne mit dem Entscheide, welchen Anselmus hier

über gibt, dass nemlich eine einheitliche Sache schwerlich (_—-‘ denn

völlig gewiss will er auch diess nicht behaupten —) unter mehrere

Kategorien fallen könne, wohl hingegen ein Wort, welches mehrere

Bedeutungen enthalte, als ein nicht einheitliches nach mehreren Kate

gorien betrachtet'werden könne, wie diess z. B. bei albus der Fall sei,

welches sowohl zur Qualität als auch zur Kategorie des llabens ge

höre372).

So verwickelte sich dieser. stumpfsinnige llealismus durch eigenes

Unvermögen in Schwierigkeiten, welche für eine wirklich logische Be

trachtungsweise überhaupt nicht existiren , und das gesammte AuIIreten

des Anselnius erscheint uns- nur als ein Beleg dafür, dass der realistische

Objectivismus mit einem angehornen Missgeschicke in Bezug auf Fragen

der Logik behaftet sei. . -

Ueberhaupt aber scheint damals, d. h. an der Gränzscheide des

II. und I2. .lahrhundertes, als das Resultat älterer und neuerer logi

371) C. 18, p. lis f.: Si ergo proposita divisione prae/ata (d. h. die Ein—

tbeilung in die zehn Kategorien) quaero a tel quid sit grammaticus secundum hanc

divisionem et secundum eosa qui illam scribendo de dialectica sequuntun quid quaera

aut quia mihi respondebis? D. Procul dubio non-hic potest quaeri nisi aut de vocc

aut de re quam significat; quare quia rammt. grammaticum non signi/icare secun

dum hanc divisioncm hominem sed grammaticum incunctanterrespondeboy si quaeris

de voce, quia est vocc signincans qualitate-nil si vero quaeris de re,_quia est qua

litas ouarc sive quaeratur de vocc sive de re, cum quaeritur quid sit gram

maticus secundum Arislotclis tractatam et secundum sequuti-s eiusl recte respondetur

„qualitas“, et tamen secundum appellationem vere est substantia M. lla esti "0"

enim movere nos die/net1 quod dialectici aliter scribunt de vocibus secundum quod

sunt signifcatinaey aliter eis utuntur loquendo secundum quod sunt appellatiaaeg si

et grammatici aliud dicunt secundum fmmam vocum aliud secundum rerum naturum;

dicunt quidem lapidem esse masculiui generis cum nemo dicat lapidem esse

masculum.

am C. 19, p. 149.: nam si grammaticus est qualitas, qui significat qualita

temy non video cur armatus non sit substantias quia significat habentem sub

stantiamf i. P. arma sic grammaticus significat haben, quia significat hal/en

tem disciplinam M. Nullalenus negare possuml aut armatum esse substantiam

aut grammaticum esse habere Rem quidem unum et eandem non puto sub diver

sis aptari posse pracdicamenlis, licet in quibusdam dubitat-i possil, quod maiori

et attiori disputationi indigere existimo (wir wären in der Thot begierig gewesen

auf diese altior dispulalio) . Unam autem vocem plura signifcantem non ut unum

non video quid prohibeat pluribus aliquando supponi praedicamenlis, ut si albus

dicitur qualitas et habere. Hierauf folgt noch C. 20 f. die Erörterung, dass albus

keili: einheitlicher Begriff, sondern eben aus qualitas und habere zusammenge

kle t sei. ‘

XIII. Honorius v. Autun. 97

scher und theologischer Difl'crcnzen sich ein noch ziemlich plump aus

gesprochener fiegcnsatz zwischen Nominalisten und Realisten herausge

stellt zu haben, indem man sowohl ausser diesen zwei Standpunkten

keinen anderweitigen ins Auge zu fassen fähig war, als auch jeden der

beiden einseitig noch in extremer und gleichsam ungeschlill'ner Weise

aussprach. Eine weit reichere und mehr disciplinirte Entwicklung wer

den uns sogleich schon die nächsten Jahrzehnte darbieten, der späteren

Zeit vorläufig ganz zu geschweigen. v

.Ia bei Einzelnen mochte damals die Auffassung der üblichen Schul

Logik noch völlig unberührt von dem Parteistreite bleiben, und als ein

Beispiel gänzlicher Naivetüt in dieser Beziehung sowie hetrefl‘s der Logik

überhaupt können wir zum Schlusse dieses Abschnittes noch aus dem

Anfange des 12. Jahrh. einige ergötzliche Bemerkungen des Honorius

von Autun (zwischen 1100 und 1120 litterarisch thätig) anführen,

welcher die sieben freien Künste als ehensoviele Wohnsitze der Seele

schildert und dabei über die Dialektik Nichts weiteres vorzubringen

weiss, als dass man durch fünf Tliore (dic quinque coces) in die eigent

liche Burg (d. h. die zehn Kategorien) gelange, woselhst zwei Kämpfer

in Bereitschaft seien, nemlich der kategorische und der hypothetische

Syllogisrmus1 welche Aristoteles in der 'I‘opik ausgerüstet und dann in

dem Buche d. inlerpr. auf das Schlachtfeld geführt habe, so dass man

hier in dcm Kampfc gegen die Ketzer sich methodisch üben könne 373).

.-————‘ xt.

373) Honor. Augualod. d. animae exilio el patria. c. 4. bei P21, Thes. II. p.

Hmauf.:perTerqtuiianqcuievitapsorteasst addiarleencllaincluesmu1l‘teicispitq‚uasecsiltiicoentumperprgoepnuugsn,acupleirs smpuecniielsal per

differens. per propriuni, per acridens, unde cl isagogae iniroduciiones diennlur,

quia per has repatrianlcs inlrodurufltur. Arz huius urbis est substantie, lurres cir

cumsfanit's novem sunt accidcntia. lh hac duo pugiles sunt et liligantes cerm ra

tione dirimiml; catlieyorico et Iiypolliclico syllogismo quasi pracclaris armis viantcs

mum'unl, quos Aristoteles in Tupira recipit, argumentis instruit, in Perihermeniis ad

latum campum syllogismorum cducil. In hac urbe docemur itinemntes haereli'ris et

aliis hostibus armis ralionis residere etc.

Pneu, Gescb. II. 7

xm ABSCHNITT.

mmimam venvousrÄchcnc uns KENNTNISS nun

ARISTOTELISGIIEN LOGIK.

s

‘ Wenn ich oben S. 4 sagte, das einzige Motiv einer Eintheilung

'der Geschichte der mittelalterlichen Logik liege mir in dem ausser

lichen Maasse der beschränkteren oder ausgedehnteren Kenntniss ari

stotelischer Schriften, niid es reducire sich der Unterschied zwischen

dem Inhalte des vorigen und dieses jetzigen Abschnittes zuletzt darauf,

dass man bis zum Anfange des 12. Jahrhundertes die beiden Analytiken

und die Topik nebst Soph. Elencht' weder kannte noch benutzte, hierauf

aber allmälig auch diese Bücher in den Bereich der Erörterungen ge

zogen wurden, so habe ich hier nun vor Allein die Pflicht, vorerst

eben jene Iitterarischen Daten festzustellen, durch welche die Abtrennung

begründet wird. Es muss nemlich für diesen ganzen Abschnitt, mit

welchem wir in die bewegte Zeit Abölard's eintreten und bis zum

Schlusse des 12. Jahrhundertes fortschreiten, zunächst der Umkreis des

logischen Materiales, aus welchem die zahlreichen Controversen dieser

Periode entsprangen, vor Augen gestellt werden, d. h. wir müssen

nachweisen, dass und wie man allmälig theils zur Kenntniss der ge

sammten schriftstellerischen Leistungen des Boethius, welcher ja das

ganze Organon übersetzt hatte, gelangte, und tlieils neue Uebersetzungen

der genannten Bücher anfertigte, um erst hiemach berichten zu können,

welcherlei Thatigkeit sich unterdessen auf diesem successiv erweiterten

Boden entwickelt habe. '

Dass jene angegebene Beschränkung bis zum Anfange des 12. Jahrh.

wirklich bestanden habe, mag nun sowohl durch die im vorigen Ah

schnitte (Anm. 98, 156, 183, 196, 209, 253, 258, 277. 288. 310,

363) angeführten p0sitiven Notizen, als auch durch den vollständigen

Mangel irgend einer entgegenstehenden Andeutung vielleicht als bewiesen

gelten. Gerade je mehr wir aber für diese vorige Periode die Kraft

des „Beweises aus dem Stillschweigen“ für uns in Anspruch nehmen 1),

1) Die Möglichkeit allerdings, dass durch neue Entdeckungen in irgend einer

Bibliothek entgegenstehende Notizen zu Tage gefördert werden können, soll biemit

nicht verneint werden; aber dennoch würden Solches nur isolirle Falle sein,

welche auf den Betrieb der Logik im Ganzen keinen Einfluss ausgeübt hatten,

denn um die allgemeine Haltung der Logik zu erkennen, scheinen die bis jetzt

zugänglichen Quellen hinzureichen.

rui

XlV‚ Das vervollstlndigte Material. 99

- desto sorgfältiger haben wir auch die vereinzelten und gleichsam über

schütteten Spuren beachtet, in welchen von einer bestimmten Zeit an

jenes Stillschweigen gebrochen wird. Der Wendepunkt liegt nemlich:

in dem Bekanntwerden der Analytiken und der Topik nebst den Sophist.

Elche/152), und wenn dasselbe auch noch so leise und allmälig statt

fand, so lässt sich wohl erwarten, dass eine selbst noch fragmentari

sche Kenntniss dieser Hauptwerke des Aristoteles nicht ausser Zusam

menhang mit dem nun reicheren und mannigfaltigereu Betriebe der

Logik stehen werde. ’

Schon eine auf das Jahr 1128 gehende Nachricht, welche dahin

lautet, dass „ein gewisser Jacobus aus Venedig die beiden Analy

tiken, die Topik und die Soph. Elenchi aus dem Griechischen übersetzte

und zugleich mit einem Commentare versah, obwohl man eine 'altere

Uebersetzung der nemlichen Bücher gehabt habe“ 3), betritl‘t, wie man

sieht, eben jene Werke, welche in der früheren Periode unbekannt

und unbenutzt gewesen waren, und sowie einerseits zu beachten ist.

dass der Berichterstatter, welcher selbst dem 12. Jahrh. angehört, das

Vorhandensein der boethianischen Uebersetzung jener Bücher kannte. —

denn eine andere kann unter der „älteren“ nicht gemeint sein —‚ so

ist andrerseits ebenso klar, dass jener .lacobus die Existenz derselben

nicht wusste und eben hiedurch zur Anfertigung seiner eigenen Ueher

setzung veranlasst worden war. Der örtliche Boden aber, welchem

diese beiderseitigen Momente angehören, ist ltalien.

Diese wichtige Notiz aber, welche somit ein Bekanntsein jener

Werke und daneben zugleich ein Nicht-Bekannlsein derselben enthält,

steht nicht so vereinzelt, als man‘glaubte 4). Es scheinen nemlich

wohl auf den ersten Blick einem Bekanntseiu jener Bücher ganz ent

schiedene und weitgreifende Aussprüche Abälard’s entgegenzustehen.

Letzterer gibt, — abgesehen von seiner uns hier nicht berührenden

Klage über den Manch einer Uebersetzung der aristotelischen Phystk

und Metaphysiki’) — ausdrücklich seine logischen Quellen selbst an

und sagt, dass die lateinische Litteratur der Logik auf sieben Schriften

beruhe, welche auf drei Autoren sich vertheilen; man kenne nemlich

2) Jourdoin hatte in seinen Rechen/ms critt'ques wohl nur die Aufgabe. die

im Mittelalter neu entstehenden Uebersetzungen zu untersuchen, und er konnte

diesen Umschwung, soweit er die Kenntniss des Boelhius betrith, unberücksichtigt

lassen‚ aber auch für jenen seinen eigentlichen Zweck sind ihm entscheidende

Stellen (s. unten Anm. 14. 19. 26 tm entgangen.

3) Zu einer Stelle bei Robert de Monte, chronica ad ann. 1128, b. Ports,

Monum Vlll, p. 489., bemerkt ein Fortsetzer (d. b. nulia munus“, aber nach

Pertz‘s Angabe, ebend. p. 293.‚ gleichfalls aus dem 12. Jahrh.) Folgendes: Jaco

bus (‘lericus du Venecia transtulit de graeco in latinum quosdam libros Aristolelis

cl commenlalus esl, srilicel Topico, Anal. priores et posteriores cl Elenclws, quamvis

antiquior iram-latio super eosdem libros ltaberehu'. ‚

ap Cousin (Ourr. inedils d’Abe'lard, p. L ff. und auch Frugm. d. phil. du

moyen ägl‘, Par. 1855 p. 56 ff.) irrt gänzlich und schliesst aus den sogleich zu

erwahnenden Stellen 'Abalard’s nur nach dem ausserliehen Wortlaule, ohne den

Inhalt der logischen Erörterungen zu berücksichtigen.

5) Almvl. Diulcci. b. Cousin‚ Ouvr. inali p. 200.: in Physicis el in his

Iibris, quos Metaphysica vonal, exsequitur (an. Aristoteles); quae quidem opera

ipsius nullus adhuc honslutor latinas linguae oplavit.

7 l

O ‚

LM

100 XIV. Das vervollständigte Material. .

von Aristoteles nur die Kategorien und d. interpn, von Porphyrius die

Isagoge, von Boethius aber seien in Gebrauch d. divi.s.l d. difl'. top-,

'syllog. catcg., syllog. hypdth.'j); ausserdem führt er auch einmal eine

Bemerkung aus Sophist. EI. ausdrücklich nur mittelbar aus Boethius

an 7). Während also' Abälard, wie sich von selbst versteht, aus jenen

schon öfter (vor. Abschn. Anm. 253, 258, 277) berührten Stellen des

Boethius (Abschn. XII, Anm. 77) genau wissen musste, welche Bücher

Aristoteles geschrieben: habe, bekennt er hiemit wohl völligst unzwei

deutig, dass er die Uebersetzungen der Analytiken, der Topik und

Soph. El. nicht benützen konnte. Aber mehr dürfen wir auch aus

diesem Bekenntnisse nicht seliliessen, als dass dem Abälard jene Haupt

werke des Aristoteles nicht zur Hand waren, weil dieselben überhaupt

unter den recipirlen Schriften (man beachte die Ausdrücke „uqu cog

nov-it“ und „in consuetudinem duximus“) sich nicht befanden; d. h.

wir sehen, dass man damals in Frankreich an all jenen Orten, in Wel

chen Abälard sich umhertrieb oder in welchen man überhaupt sicb mit

Logik beschäftigte, kein Exemplar des Wirklichen Textes jener Bücher

liesass; denn hätte man solche besessen, so würde der logische Eifer

jener Zeit sie gewiss ans Tageslicht gebracht haben. Hingegen bleibt

dabei die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass anderweitig Einzelnes

ans'jenen Schriften dennoch zur Kenntniss des gelehrten Publikums ge

kommen sei, und wenn sich auch nur eine einzige Angabe fände, welche

nachweisbar aus keiner anderen Quelle. als aus Einem jener Bücher

geschöpft sein könnte, so wäre der Beweis geliefert, dass irgendwie

anderswoher vereinzelte Daten aus den Analytiken und der Topik in

die Atmosphäre der Logiker Frankreichs transspirirten. Den Nachweis

aber, durch welche Männer und auf welche Weise Solches geschehen

sei, möge man uns nicht auferlegen; es ist unmöglich, ihn zu führen,

ja nicht einmal die örtliche Quelle können wir bezeichnen.‘

Nemlicb dass zur Zeit Abälard’s Einzelnes aus jenen bis dahin un

benutzten aristotelischen Schriften zur Kunde gekommen war, können

6) Ebend. p. 223.: (valide, non pauciora vel minora me praestiturum

eloquentiae peripatetieae munimenta. quam illi praesliterunt, quos lutinorum celebrat

studiosa doctrina. . . . . . .. Sun! autem tres, quorum septem codicibus onmis in hac

arte eloquentia latina armatur. Aristotetis enim duos tantumj Praediramentoruin

scilicet et Pcriormeniasl libros usus adhuc latinorum coynovil, l‘orphyrii vero unum,

qui videlicet de quinque vocibus conscriptus-1 gem-re scilicet specie differentia proprio

et accidentia introductionem ad ipsa praeparat praedicamcntuj lloethii autem quatuor

in consuetudinem ducimus libros. videlicet bivisionum et Topimrnm eum Syllogismis

tam categoricis quam liypothetiois. Onorum omnium summam nostrae dialocticae

textus plenissima concludet etc. Dass hiebei unter Topica Nichts anderes als die

Schrift d. iii/f top. zu verstehen sei, zeigtanssilr der eigenen Darstellung dieses Zwei

ges bei Abalard (s. unten Anm. 392 fl‘.) eine Menge von Stellen, in welchen er

Einzelnes aus d. di/f. tup. kurzweg als „Topim“ des Boethius citirt, so z. B. ln

trod. ad lhcol. ll, I2, p. 1078. (geht auf d. diff. top. l, p. 853 f.), Theol. finiat

lll, p. 1281. (ebenso), Sic et Nun, c. 9, p. 41. cd. Lindenkulil (d. iii/f top. ll, p.

566.), ebend. c. 43, p. 105. (d. d. Iop. lll, p. 573.), ebcnd. c. 144, p. 397. (d.

d. top. U, p. 867.).

7) Dialecl. b. Cousin p. 258.: Sex autem sophismatum genera Aristotelem in

sophisticis elenchis suis posui-uel Boethius in secunda editione Periermenias comme

morat (Boelh. p. san

XIV. Das vervollständigte Material. tot

wir gerade aus Abalard selbst, und zwar nicht hloss an Einem Punkte.

sondern an mehreren erweisen. Abalard bemerkt einmal bei Bespre

chung der Definition des genus ß), dass unter Umständen auch das ln

dividuulu Prüdicat sein könne, wie z. B. in dem Satze, „hoc.alhum est

.S'ocrates“ oder „hie veniens est Socrates‘l, eine Erwägung, welche man

vergeblich in sämmtlichen Commentaren des Boethius sucht, wohl aber

mit wörtlicher Uebereinslimmung jener Beispiel-Sätze in der ersten Ana

lytik findet; und eben von dort aus muss diese Notiz auch zur Kennt

niss mehrerer anderer Logiker gelangt sein 9). Ferner berichtet Abä

lard. dass „Viele“ das Wesen der Definition lediglich in die Angabe der

Qualitäten verlegen lll). und Wollte man auch sagen, es sei diese An

sicht nur eine extreme Folgerung aus einer längst bekannten Stelle“),

so führt uns ein Zeitgenösse Abälard’s durch die Formulirung jener

Ansicht auf die wahre Quelle derselben, welche uns nur in der aristo

telischen Topik begegnet“). Sodann auch bedient sich bei der Con

troverse _üher die Universalien Abalard einer Ausdrucksweise (nemlich

universalia „appellan! in‘se“), welche nur dann erklärlich ist, wenn

wir annehmen, dass der Grundgedanke 'ener Stellen der zweiten Ana

lytik, in welchen Aristoteles über nam nuvrdg und mtßolov handelt

(Absehn. IV, munille III), irgendwie in den Schulen ruehhar geworden

sei 13); und ebendahin dürfte gehören, dass man mit der grammatischen

fammi iir-ibit

‚r

8) Glossar in Porph. ebend. p. seoi videtur esse ‘falsum, quod individua dc

uno solo prsedicanturl cum hoc individuam Socrates de pluribus liabeat praedican',

ut „hoc album est Socratcs“, „hie veniens est Socmles“. Die entsprechende Stelle

des Aristoteles ist Anal. pr. l, 27 (in der Uebersetznng des Boethius p. 490.).

9) Dass die Sache zu einer üblichen Schuleontroverse Veranlassung gegeben

habe, ersehen wir aus Joh. Saresh. Melalog. ll, eo (p. 110. cd. Gilesl: Hoc enim

est opinione quorundam sensisse visus est Aristoteles in Anatytieis dicens (folgt

jene Stelle selbst).

10) Dialecl. p. 492.: Unde multi, cum significationem substantiae huius nomi

nis quod est „Immo“ agnoscant nec quatitates ipsius satis ez ipso percipiantj tan

tum propter qualitatum demonstratianem di/‘finitionem requirunL

II) ‚Iris! Cat. 5. (s. Ahschn. IV, Anm. 476.); bei Boelh. p. 138.

I2) Der Verfasser der Schrift De» generibus et speciebusl welche Cousin mit

Unrecht dem vAbalard zuschreibt (s. unten Anm. m u. 148.), sagt p. 541 f.:

t'oncedunt omnes, species ex differentiis constare . dimm, omnes differentias esse

in qualitate etc. Diess Letztere konnte in solch pointirter Form nur aus Arisl.

Top. VI, 5, 144 a. la fl'. (d. h. aus der dortigen Erörterung über die Definition,

womit dann andere Stellen ebend. lV, 2, 122 b. 16. u. 6, us a. id ibereinstimv

men, s. Abscbn. IV, Anm. 475.) entnommen sein und muss auf solche Weise zu

jenen versprengten Notizen gehört haben, welche nun zur Vermehrung der Schul

Controversen heitrugcn; der Verfasser l). gen. et spem lenkt dann mit Gewalt die

angeführte Auffassung auf eine andere Stelle des Bart/t. ad Porph. p. 62. zurück.

besass also gewiss nur die allgemein Verbreitete" Quellen-Texte. Hingegen Joh.

Saresb. a. a. O. p. 100. bringt bereits auch Soph. EI. 22, 178 b. 36’. mit dieser

Frage in Verbindung.

l3) Von Abälard’s Glussutae super Porpliyrium gibt (Ph. de lidmusat (Abdlard,

ll, p. 93 lf.) einen Auszug, welcher zwar leider fast ganzliclrnur in einer franzö—

sischen Paraphrase besteht (s. unten Anm. 238.), aber folgende Stelle enthalt‘Vp.

110.):_ Aristote pensait que les genres et les especcs subsistent par appellation dans

les choses sensibles ou seinen! d les nommer cn esscncey „appellan! in se“. Wenn

wir nun auch nicht wissen können, wie Vieles hiebei rhetorische Zugabe ‘Bemuaat's

säl, so ist doch der authentische Ausdruck .‚apprllnn! in so“ derartig, dass er

in“.-v‚.aL...-..

s

102 XIV. Das vervollständigte Material.

Form pro mam elvai“ ganz vertraut gewesen zu sein scheint, s.

unten Anm. 133. Selbst aber wenn man diese einzelnen Punkte für

ungenügend zu dem von uns beabsichtigten Nachweise halten wollte,

da ja möglicher Weise Einzelne durch Vertiefung des logischen Denkens

und ein merkwürdiges „Ingenia eonspirant“ ihrerseits selbstständig zu

Auffassungen hätten gelangen können, welche mit aristotelischen fast

wörtlich übereinstimmen (— was zwar an haarsträubende Unwahrschein

lichkeit granzen würde —), so muss hingegen jeder Zweifel vollends

verstummen, wenn wir sehen, dass Abälard die in der ersten Analytik

vorkommende Definition des Syllogismus ausführlich in wörtlicher Ueber

setzung, und zwar nicht einmal in jener des Boethius, anführt“), um!

sodann in gleicher Weise den Wortlaut der darauffolgenden Stelle‘des

Aristoteles in Einklang mit Boeth. d. syll. cuteg. bringt l5), sowie ihm

auch bekannt ist, dass der Sprachgebrauch bezüglich des sog. victum

de omm‘, welcher bei Boeth. a. a. O. sich findet, ein acht aristotelische!"

ist 16J; ja endlich, -- was der schlagendste. Beweis von allen ist —,

„r "J:

schlechterdings nirgend andersher entstanden sein kann, als aus einer Kenntniss

der Stellen Anal. post. l, 4 m (bes. 73b. 26 fl'.), wo das fv xazv‘z nollaiv dem

Fr nagd n'z nonii gegenübergestellt wird, kurz wo das xay mara und xan‘z

flawo'; zum aristotelischen xaäöitov sich vereinigt. Die Auffassung des „in so“

konnte aus keinem jener Bücher geschöpft werden, welche vordem bis dahin dem

Mittelalter bekannt gewesen waren.

14) Dialert. b Cousin. p. 305.: Syllogismum itaque in primo Anatyticorum

suorum Aristoteles tali di/finitione terrninacit: „Syltogismus, inquitl oratio est in

qua positis aliquibus aliud quid a positis er necessitate consequitur ez ipso esse;

dico autem ipso esse per ipsa contiugere, per ipsa vero contingere nullius extrin

secus egere termini ut fiu! m'ccssurium" (s. Abschn. IV, Anm. 537.). Dass dicss

nicht uns gellius entnommen ist, zeigt sowohl der Grad der Ausführlichkeit als

. auch die oben (Abschn. VIII, Anm. 58.) angeführte Stelle; ehensowenig istApulejus

(Abschn. X, Anm. 16.) die Quelle. denn dieser übersetzt: oratio in qua concessis

aliquibus aliud quiddam praclcr illa quae concessa samt, necessario evenity sed per

illa ipsa oonccssa. Die Uebersctzung hingegen bei Boethius (p. 468 f.) lautet: Syl

legitimus est oratiol in qua quibusdam positis aliud quiddam ab his quae posita sunt

ez necessitate accidit eo quod haec sunt; dico autem ca quod haec sunt propter

haec acciderev propter haec vero accidere es! nullius extrinsecus termini indigerc ut

fiat necessarium Es ist sogar die bei Abälard vorgeführtc Uebersetzung besser als

jene des Boethius. . nim

15) Ebend. p. 307.: Horum autem Aristoteles alios per/'eclos, hoc est euidentes

per se, esse didn't, alios impcrfectosv id est non prr se pcrspicuos. l.Perfectum

entern, irtqui!‚ dico syllogismumy qui nullius alterius indigeot pruelcr assumptoy

ul appareat esLse verus", ut illi quatuor quos in prima figura ipse disponilg „im

perfectum vero, quod (zu lesen qui) indiget aut unius aut plurium“. ut sunt omnes

illi quos ipse in secunda et tertia figura posuit. Die Uebersetznng jener Worte bei

Boethius (p. 469.) lautet: Per/ectum vero voco syllogisrnurn, qui nullius alius in

diget praeter ea quae sumptu saut, u! appareat ncccssarinmg imper/celum vero, qui

indiget aut unius aut plurium etc. Die Stelle des Boeth. d. syll. cat. II, p. 593.

ist oben, Abschn. XII, Anm. 135., angeführt. "ä w)“ a

16) Ebend. p. 313.: lllud tamen notrmdum, quod aliis verbis in regulis lyl

togismorum usi sumus quam Aristoteles; pro eo namque quod diximus „aliud de

alio verbum (zu lesen unirerso) praedicuri". ipse ponit „omni alii im‘sse"; pro

eo quod diximus ‚.universalilrr remoceri“, ipse dicit „nulli inessc“; pro ro rern

quod dixinms „particularitrr pracdicari" net „removeri“‚ ipse usus est „alicui

iriesse“.ve'!. „non inesse". Die Stelle der Analytik (in des Boeth. Uebersetzung

p. 468.) s. Abschn. IV, Anm. 538., jene des Boeth. d. syll. cat. s. Abschn. XII,

Anm. 132. ' " J"

XIV. Das vervollständigte Material. los

es kennt Ahalard jene aristotelischen Syllogismen, deren Prämissen sog.

modale Urtheile, d. h. lllöglichlteits- oder Nothwendigkeits-Urtheile oder

llombinationen derselben mit Urllieilen des Stattfindens sind (s. Abschn.

IV, Anm. 559—578); aber eben die Art und Weise ist zu beachten,

in welcher er einige Proben solcher Schlüsse anführt‘"), denn einer

seits leuchtet ein ,' dass er sie doch nur unvollständig und gewiSS vom

hlossen Hörcnsagen kennt, und andrerseits ersieht man, dass dieselben

irgend in Schulen bereits geläufig gewesen sein müssen, indem sie nicht

wie bei Aristoteles mit blosser Buchstaben-Bezeichnung, sondern in den

aus Boethius (d. syl!. cat.) üblichen Beispielsworten angeführt werden.

lst aber somit unumstösslich nachgewiesen, dass, während man keinen

lateinischen Text jener betreffenden Bücher des Aristoteles besass, man

doch einzelne Hauptpunkte der ersten Analytik kannte, so erhalten nicht

bloss jene anderen vorhin erwähnten Einzelnheiten eine bestärkendc

Beleuchtung, sondern wir können auch nur auf diese Weise noch eine

weitere Stelle des Abälard richtig und vollständig verstehen, in welcher

derselbe sagt, er wolle über die mangelhaft behandelten vier letzten

Kategorien keine ergänzenden Erörterungen hinzufügen, um nicht etwa

iy Contlict mit aristotelischen Schriften zu kommen, welche in lateini

scher Sprache niclit vorhanden seien mh d. h. der Grund seiner Vor

17) Ehcnd. p. 319 f.:. contingit autem aliquando modales (s. Abschn. XII, _

Anm. 119.) enuntiationes simplicibus aggregari in modis suprapositarum figararum.

sicut in Analyticis suis Aristoteles oskndil; in prima quidem hoc modo „omne iustum

possibilc est esse bonuml onmis virtus iusta est, omnem igitur virtutem possibile

est bonam esse“,- similiter et necessarium et verum per modos singulos (Abschn.

lV, Anm. 565 lf.); sic quoque et in secunda figura contingitg si quis enim istas

concedat nnullum malum possibile est esse bommt, omne iustum possibile est bonum

esse", huic quoque non contradicet unullum iustum est malum“; idem in ceteris

modis accidit (obeud. Anm. 571.); tertiae quoque figurae sic adiungunturz „omne

bonum possibile est iustum esse, omne bonum virtus estf quandam igitur virtutem

possibile est iustum esse“; sic et in ceteris (ehend. Anm. 572.). videntur quo

que syllogismi ez solis modalibus veraciter coniponi; si quis enim dicat „onme quod

possibile est mori possibilc est viverrg omnem autem hominem possibile est mort,

omnem igitur hominem possibile est vivere“, recte primum primae figurae modum

perfecisse videtur (ebend. Anm. 559.). Eine so bestimmt formulirte Angabe einer

solchen Combinationswcise durch die drei Figuren hindurch konnte unmüglich aus

jener leisen und unbestimmten Andeutung entstehen, welche einmal Boethius (d.

syll. hypolli. I‚ p. 613.: Oune cum ita sint, si haec eadem ratio ad contingentcs

et necessarios referalur, idem in necessariis et contingentihns invenituryober das

blosse Vorhandensein solcher Syllogismen gibt, sondern das Ganze beruht auf einer

wenigstens fragmentarischen Kenntniss der ersten Analytik, welche ja auch Abälard

selbst als Quelle bezeichnet. Dass aber dergleichen in den Schulen vielleicht nur

zur Erklarung des Buches d. interpr. beigezogen wurde, liesse sich etwa daraus

schlicssen, dass Ahalurd unmittelbar fortfahrt: Tales namque etiam syllogismosl

qui videlicet ex solis modalibus componuntun Aristoteles disposuisse invenitur ; ut ‚

enim ostenderetj quod id quod futurum est necesse est ficri, tale praemisit argu

mentum in primo Periermeuiass uquod futurum ext, non potest non ficri, quod

autem non potest non ficri, impossibile est non fieri etc.“ (d. h. Boelh. ad d. in-.

terpr. p. 365.).

18) Ebeud. p. 399.: Dr contrarietate autem in vi proedicamentorum nihil

onmino in textu Praedicamenlorunu quem habemusl determinavit (so. Aris!otcles)‚

horum scilicetz Onandu, Ubi, Silus, Habere. ivec nos quidem quod auctoritas in

determinalum rctiqait, dctcrntinarc praesumemus ; ne forte aliis eins 0perilms, quae

latina non novit eloquential contrarii reperiuniun (Vgl. Anm. aug dass aber die

104 x1v. Das vervollständigte Material.

Sicht liegt darin, weil er nicht wissen zu können glaubte, wie Vieles

etwa aus anderweitigen nicht recipirten Büchern des Aristoteles in spo

radischer Weise i'uchbar geworden sei, und er sonach die Möglichkeit

einer ihm unlieben Berichtigung durch Andere scheute.

Man halle also zur Zeit Abülards schon Einzelnes aus den bis dahin

unbenützten logischen Quellen kennen gelernt, und zwar, wie wir sahen.

durchaus nicht ausschliesslich durch die alte boethiauische Uebersetzung,

sondern auch durch neue Uebertragungen. Die Belege aber für die

Richtigkeit dieser Thatsache begegnen uns von Schritt zu Schritt reicher

und intensiver. Sowie wir nemlich gewiss nicht irren, wenn wir auch

das Aufkommen von Fragen und Controvcrsen, welche die Genesis des

Wissens betrelTen (s. unten Anm. 79 f.), auf eine Kenntniss einiger

Kernstelleu der zweiten Analytik reduciren 19), so führt uns eine noch

bestimmterc Notiz selbst auf einen einzelnen Mann und zu einem chro'

nologischen Anhaltspunkte, indem Adam von Potit-Pont (Näheres über

ihn unten Anm. 440 il‘.) es war, welcher oll‘enbar mit eben jenen

aristotelischen Hanptwerken stch beschäftigte und besonders die erste

Analytik in einer i. J. 1132 verfassten Schrift verarbeitete tutam-enifm

wobei er sich einerseits ein Verdienst durch Erweiterung der lt)ngth

Quellen erwarb, andrerseits aber durch die Schwierigkeit seiner philo

sophischen Sprache manchen Tadel zuzog ioy Hiedurch aber gewinnen

hier noch vermiedene Ergänzung alsbald von Gilbcrtus l’orrelanus wirklich beige

bracht wurde, werden wir unten sehen, Anm. 488 fl‘.).

19) Die Schrift De intelleclibus, welche nicht, wie man unrichtig glaubte (s.

unten Anm. 416.), von Abalard selbst, sondern von einem Schüler und Anhänger

desselben berruhrt, bespricht die Begriffe scnsus, imaginatio, exislimotio, scientia

in einer Weise (Näheres unten ebend.), dass kcinenfalls die etlichen Bemerkungen

des Boelhius d. intei-pia p. 298 f. die alleinige Veranlassung gewesen sein können,

sondern das Ganze nur auf Anal. posl. l, 31. u. 33. ll. ll, 19. (Abscbn. lV, Anm.

51—84.) beruhen kann. Ucbrigens muss auch hiebei eine andere Uebersetzung

als jene des Boethius benützt worden sein, denn Letzterer (p. 543. u. 547.) über

setzt d‘o'L-‘rz und doäägew nicht mit existimarc und existimatio, sondern mit opi

nari und opinatio (s. unten Anm. 628.).

20) latu Saresb. Metal. ll, 10, p. 80. (cil. cum sagt zunächst über diesen

Adam: unde ad magistrum Adam, ocntissimi' virum ingenii et, quidquid alii sen—

tiant, multarum litterarum, qui Aristotcli prae ceteris incumbebats familiaritatem

contraxi ulteriorem, womit wir, um die Worte „multorum litterurum“ und „Ari—

stotcli incumbcre“ richtig zu verstehen, jene Stellen in Verbindung bringen müssen,

in welchen Johannes die neu erwachende Benutzung der aristotelischen Hauptwerke

dem einseitigen und ausschliesslichen Studium der Schriften des Boelhius gegen

überstellt (s. unten Anm. m u. 56 ff). Sodann aber, wo Johannes (ebend. lV‚

3, p. 159.) die erste Analytik selbst bespricht und die sterile Sprache derselben

tadelt (s. unten Anm. 569.), fährt er fort: unde qui Aristotelcm sequuntur in tur

batione nominum et verborum et inlrimtu subtilitalc, ut suum oindicent, aliorum

obtundant ingenia, partem pessimam mihi praectcoisse videnturv quo quidem vitiu

Anglicus nusler Adam mihi prae ceteris t‘t'sus est luliorasse in librol quem „Artem

disserendi“ inseripsit. EI ulinam bene rlixisset, bona quae dixit; et licel fami—

liares eius et fautores hoc sublilitati adsoribunt, plurimi tamen hoc est dcsipimtia

et invidentia nuni, ut uiunl, hominis contigi'sse inlct'prclati sunl. Adco euim ez

pressit Aristotelcm intrit‘alione vorkommt, ut sobrius auditor recte subiungat .‚nomie

hoc spumosum . . . . .."' Habenda est tamen auctoribus gratis, quia de fonte eorum

haurientes labare dilamur alii-nm 'Die Jahreszahl aber dEr Entstehung dieser Ars

disserendi führt Cousin (Frogm. d. philos. du mog/eri-iige. Par. 1855. p. 335.) aus

XIV. Das vervollständigte Material. los

.

wir auch das Resultat, dass Abalard sein umfaSsendes Werk über Logik

noch vor d. J. 1132 (—— woferne diese Jahreszahl richtig überliefert

ist —-) ausgearbeitet haben muss, denn ausserdem hatte er Adam‘s

Schrift Sicher, erwähnt und benützt. r „p.“

_ Somit ist es uns nicht auffallend, wenn Gilbertus Pnrretanus (s.

über ilin unten Anm. 455 Il'.) auf die Analytik wle auf ein bereits cur

sirendes Buch vcheistN), und die Notiz, dass Otto von Freising, der

theologische Anhänger Gilbert’s, die Analytiken und die Topik nebst den

literae-hi ziemlich als'der erste nach Deutschland oder specieller nach

Baiern gebracht haben), ist uns gerade durch die ausschliessliche Her

vorhebung jener drei Werke ein schlagender Beleg für die damalige

Vervollständigung der Quellen-It'cnnlniss, daher wir auch unbedingt an

nehmen, dass Otto jene Schriften nicht etwa aus Italien oder aus dem

Oriente, wohin er in seinen späteren Jahren reiste, sondern aus Paris

von seiner dortigen Studienzeit her mitbrtwhte, denn auf französischem

Boden wurden jene Kämpfe der Logik geführt, zu welchen die erwei

terte Kenntniss des A'fistoteles beitrug. Ob aber die boetbianische oder

eine andere neue Uebersetzung es gewesen sei, welche so eine Ver

breitung fand, lässt sich nicht entscheiden; in Frankreich mochte viel

leicht eher Boethius ans Licht gezogen worden sein, denn ein dortiger

‚Anonymus aus dem 12. .lahrb. kennt denselben wenigstens als Ueber

setzer der beiden Analytiken 23); hingegen in Italien müssen Handschrif

ten jener boetbianischen Uebersetzungen entweder gänzlich gefehlt haben

oder äusserst-seltcn gewesen sein, da noch im 15. .lahrh.v der littera

risch höchst gebildete Leonardus von Arezzo behauptet, Boethius habe

einer Handschrift von St. Victor an: Le „De arte dialecti-calr lul compose en llannee

1132, c'est ce que nous apprend te titre „Anno ucxxxn ab incarnatione Dumim'

editas liber Adam de arte dialectica/r i v

21) Gilb. Porr. d. sex princ. c. 7 (Arist. Opp. laline, Venet. 1552, Vol. I,

[oL 34.): Et quidem dc principiis haec dicta su/ficiant, reliqua vero in eo quod

de Analyticis est quaerantur volumine

22) liadroich1 d. gcsL Frider. ll, lI. (ed. Urslis. p. 513.): Litlerali scientia

non mediocriter aut vulyuriter instructus (so. Otto) inter episcopos Alemaniae vel

primus rrl inter primas habebaturi intantum ut praetor sacrae paginae cognitionem

cuius secretis et sententiarum abditis prarpollclmt, pliilosophicorum et Aristutelicorum

librorum subtilitatem in Topicis, Analyticis atque Elenchis fere primus nostris finillus

apportaceriL Wahrscheinlich liegt hierin auch die Quelle jener Handschriften,

welche in der Basler Ausgabe des Boethius benützt wurden (nemlich eine Amer

bnehischey eine aus St. Georgen im Schwarzwalde, und eine ans dem Besitze des

Glareanns, also sämmtlich aus der gleichen Gegend), denn aus Italien waren für

jene drei Werke schwerlich Handschriften zu bekommen, s. Anm. 24.

23) Aus einer in Aleneou befindlichen Handschrift des 12. Jahrh. veröffent

lichte Haraisson, llapports sur les liil/liotheques etc. Par 1841, p. 404 ff. eine kleine

metrische (übrigens unbedeutende) Schrift über die sieben Iiünste, woselbst be

züglich der Logik gesagt wird: Dialet'licu di/finil ct discernitj diuidit et asse

rit, Ratioi‘inari polens, rincens invineibilis. Quam lampas rlrtrifimril Manliani Inminis,

Translulit hanc resoltrendo binis Analecticis (vgl. vor. Abschn., Anm. 288. u. unten

Anm. 569.). lntroduccns lsngogas binis connnentoriisg Et idem Kalcgorias cum Pe

riermeniis. Topica cum Sillogismis atque bilfcrcntiis. Di/finiliunum librum cum Diri

sionibus Explicaril addens unum Propositionibus Wenn wir unter den Propositiones

die Introd. ad sylL cat. und unter Topira die aristotelische Topik verstehen, hatten

wir hier den ganzen Boethius vollständig.

me XIV. Das vervollständigte Material.

nuy-h

hloss den Porphyrius, die Kategorien und d. interpr. übersetzt 24);

wenn daher der durch anderweitige Uchersetznngen bekannte lturgundio

von Pisa‚ in der zweiten Hälfte des 12. ‚lahrh.‚ den llubm des Aristo

teles aus der zweiten Analytik rechtfertigt und begründet“). so ‚dürfte

derselbe wahrscheinlich entweder nur eine neu angefertigte Uebersetzung

oder sofort das griechische Original vor Augen gehabt haben. „

Noch deutlicher aber und zugleich reichhaltiger sprechen die Mit

itheilungen bei Johannes von Salesbury, dessen schriftstellerische Thätig

keit nur drei Jahrzehnte von jener Abülard’s ‚entfernt ist (obige Anm.

eo im Zusammenhalte mit unten Anm. 535) und bereits das ganze Or

ganon umfasst (s._ Anm. ses-z ll'.). Zunächst erfahren wir durch ihn,

dass Mehrere es vorzogen, auf chen jene neu erschlossenen Haupt

werke des Aristoteles nicht näher einzugehen, sondern mit Vorliebe

sich immer nur noch auf die „alle“ boethianische Tradition zu beschrän

ken ubi dass dieses Diejenigen waren, welche trotz aller Berührung

mit den bereicherten Zeitanschauungen dennoch über den Streit betreffs

der Universalien nicht hinauskamen, werden wir unten (Anm. 56 ll'.)

sehen. Auch klagt Johannes ausdrücklich darüber, dass die zweite

Analytik so üusserst selten in Gebrauch sei, was sich wohl durch den

schwierigen Stil des Verfassers entschuldigen lasse, wobei jedoch Vieles

auf Rechnung der Abschreiber oder, wie „die Meisten“ glauben, die

Hauptschuld füglich auf den Uebersetzer falle”). Sowie aber aus dieser

m Leon. Bruni Arretini Epist. ed. L. Mclms, Flur. 1741. L. lV, Ep. 22. (wo

selbst es sich um die Controverse über eine Uebersetzung der arist. Ethik handelt):

Nultnm enim ltoetii interpretationem habemus praeterquam llorphyrii et llraedicamen

torum et Pm-ihermenias tibrorum, quos si accurate lcgcs, etc. (Leonardus v. Arezzo

war geboren l369‚ stnrb um

_25) Joh. Saresb MetaL xv. 7. (p. 163. cd. Gitcs): fuit autem (so. llber poste

riorum Analytirorum) apud lleripateticos tantae auctoritatis scientia demonstrandit

ut Aristoteles, qui alios fere omnes et fere in omnibus philosopble supernbat, hinc

commune nomen sibi quodam proprietatis iure vindicareh quod demonstrativen: tra

diderat disciplinam (vgl. Anm. 27.),- ideo animi ut aiunL in ipso nomen philosophi

scdit; si mihi non creditum audiatur vel burgundia Pisanusy a quo istud accepi.

Es ist diess sicher der berühmte. i. J. uae verstorbene. Jurist dieses Namens (s.

uber ihn Sarigny, Gesch. d. B. K. i. Mittelalter, IV, p. 335 tl‘.)‚ welcher wieder

holt in Konstantinopel gewesen war und nicht bloss mehrere in den Pandekten

vorkommende griechische Stellen, sondern auch vieles Theologische (von Chrysa

slomusa Basilius, Joh. Damasccnus) lind den Nemesius d. nat. hom. übersetzte;

möglich wäre ja, dass er setht eine Uehcrsetznng der Analytik versuchte; mit Be

stimmtheit kann diess allerdings aus den Worten des Joh. Selesb. nicht gefolgert

werden.

' 26) Ebend. c. 17, p. 183.: ceterum contra aus, qui veterum favore potioros

Aristotelis libros ezcludunt lloelhio fere sola contenti, pussmit plurima allegori.

27) Ebend. c. 6, p. 162 f.: Posteriorum vero Analyticorum subtilis quidem

scientia est et paucis ingeniis pervia Dgz'nde haec uti-ntiam raritate iam fere

in desuetudineni abiit. eo quod demonstrationis usus eia apud solos niatliematicos

est Ad haec liberi quo demonstrative traditur disciplina (vgl. Anm. 25.), ceteris

longe turbatior est transpositione sermonumy traiectionc litterarum desuetudine exem

plorumj quae a diversis disciplinis mutaata sunL Et postremo quod non attingit

auctorem, adeo scriptorum depravatns est vitio, nt fere quot capita tot obslaeuln

Iiabeat; et bene quit/enti ubi non sunt obstacula capitibus plura. Undc a plcrisqur

in interpretem di/pcultatis culpa refunditur asicrentibus. lib/um ad nos non recte

translatum pervenisse. Welcher Uebersetzer ist hier gemeint, Boethius oder ein

Anderer?

xiv. Das vervollständigte Material. ' 107

v

Klage natürlich erhellt, dass man jene Bücher kannte. so wird hinwie

derum berichtet, dass die lange vernachlässigte Topik des Aristoteles

eben damals gleichsam vom Tode erweckt werden sei’s), und an die

Angabe, dass diese ßeiziehung der Topik auch wieder ihre Gegner ge

funden habe, knüpft sich die Notiz über einen uns weiter nicht he

kaunten Droge i'n 'l‘royes, welcher oll‘enbar die 'l‘opik nach dem Muster

der aristotelischen bearbeitete '39). Was aber nun insbesondere die Ent

stehung neuer Uebersetzungen betritl‘l, so folgt allerdings aus einem

Briefe des Johannes sehr wenig, in welchem derselbe sich aus Constanz

Abschriften aristotelischcr Bücher überhaupt und ausserdem wegen mög

licher Unzuverlässigkeit des Uebc’rsetzcrs auch die Hinzufügnng von Noten

erbittet”). Hingegen von grosser Wichtigkeit ist, dass er eine Stelle

sowohl in der boethianischen Uebersetzung als auch zugleich in der

„neuen“ anfübrt 31), und sowie diese letztere sich durch grössere Wört

lichkeit unterscheidet, so hatte sich Johannes überhaupt eine ganz he

stimmte Ansicht bezüglich der Uebcrsetzungen gebildet (nemlich nur

wenn dieselben sich so enge als möglich nach einem festen Gesetze an

das Original anschliessen, sei ein Verständniss möglich, welches vor

jeder Einseitigkeit durch eine „ratio indifl'erentiae“ bewahrt bleibe), und

er sagt, es habe dieselbe damals durch eincn der beiden Sprachen

kundigen Griechen aus Severinum, d. h. aus Szöreny in Ungarn, ihre

Bestätigung und Empfehlung gefunden a2). Jene ratio indilkrentiae selbst

nun berührt uns hier noch nicht, sondern dieselbe wird sich uns in

asl Ebeudv lll, 5, p. 135.: Ouum itaque tam evidens sit utilitait Tupicorum,

miror quare cum aliis a maioribus tamdiu intermissus sit Aristotetis Iiber, ut omnino

aut fere in desuetudinem abieritl quando aetate nostra dilu/cutis ingenii pulsanle

studio quasi a morte vel a somno excitatus estl ut reroraret errantes et niam ueri

tatis quaerentibus apcrireL .

'29) Ebcud. IV, 24, p. l8l‚: Satis ergo mirari non possum. quid mentis babe

ant, si quid tamen habeanh qui haec Aristotrtis opera carpuut. Magister

Theodoricus, ut niemim', Topica non Aristotelisr sed frecassini brogonis irridrbul.

eadem tamen quandoque docuitc quidam auditores magistri koberti de Melidunn (s.

unten Anm 453 f.): librum hunc fere inutian esse calumniantur.

30) Epist. 221. (ll, p. 54 f. cd. Gilcs): libros Aristotelisl quos haben's, mihi

faciatis ezscribi.....precor etiam iterata supplicationefquutenus in operibus Ari

slotelis, ubi dif/icitiora fuerint. uolulus faoiatisy eo quod interpretem aliqualenus

suspeclnm haben, quia licet eloquens fuerit alias, ut saepe audivip minus tamen

fuit in grammatica institutus

31) MetaL lL 20. p. 108.: „Gandcant“, inquit Aristoteles, „spezies, monstra

enim saut“ (so bei Boeth. p. 537.), vel secundum novam translationem ncicadaliones

enim sunt, aut si sunl, nihil ad rationem/l So erscheint der Unterschied der

Uehersetznngen an dem Worte rrge'rlaynra in der bekannten antiplatonischcn

Stelle des Aristoteles (Anal. post. l, 22, s. Abschn. lllv Anm. 66.). in deren An

führung wir wieder eine Bestatignng dafür erkennen, dass gerade derartige poin

tirte Wendungen leichter in Umlauf kamen.

32) Ebend. lll. 5, p. 135.! Satis enim inter ceteras quae translationis arctis

sima lege a Graecis traau sunt. planus est (u. dristnletis liber Topicorum, s. oben

Anm. 25.), ita tamen ut facile sit auctoris sui slilum agnosrere, et ab iis dumtazat

fidelitcr itttclligalur, qui sequuntur indifferentiae ratiournL sine qua nemo unquam

nec apud nos nec apud Sraecosr sicut qraecus interpres natione Seeeritanus dicere

consucremt, Aristotelem intellexiL Da wegen der Bezeichnung .‚graecus" nicht an

St. Sever in Frankreich gedacht werden kann, so scheint nur jencs Severinum in

Ungarn übrig zu bleiben. v

i

in

ms XIV. Theologie. Pseudo-Boethius De trinitate.

die Darstellung der Logik des Johannes von Saleshury verflechlen (Anm.

574 ll‘.); wohl aber gehört bieber, dass derselbe. im Zusammenhänge

biemil auch noch einen zweiten Ueberselzer (zwar gleichfalls ohne

Nennung des Namens) erwähnt, welchen er in Apulien‘kenncn gelernt

habe 38). Wenn aber, wie diese wichtigen Stellen bezeugen, im byzan

tinischen Reiche und durch Griechen ‚in Unteritalien die Entstehung

neuer Uebersetzungen gefördert wurde. und Solches zur Kunde der

Logiker in Paris oder in England kam, so lüge hier eine erste, Wenn

auch vorübergehende Spur eines Einflusses aus der Zcit der Anna

Comnena vor (s. folg. Abschn.). — Endlich mag noch, gleichsami zum

UeberlluSse, erwähnt werden, dass bei Johannes neben Citateu, welche

völlig wörtlich mit der Ueberselzung des Boethius übereinstimmen, sich

auch solche finden, welche wenigstens als ungenau bezeichnet werden

müssen, woferne sie nicht von vorneberein anderswober geschöpft

sind 34). '

Ist hiemit hinreichend bewiesen, dass die Kenntniss der logischen

Quellen schon vor der schriftstellerischen Thältigkeit Abälard's wenigstens

in Einzelnheiten bereichert wurde und dann allmälig bis zur Zeit des

Johannes von Salesbury sich vervollständigte (für letzteres werden

sich uns noch manche einzelne Belege ergeben, s. Anm. 78, 219 L),

so kennen wir nun das entscheidende Moment, aus welchem damals ein

nach lntension und Extension gesteigerter Betrieb der Logik hervorgehen

musste. Eine mitwirkende Macht jedoch lag für jene Zeit hiebei durch

ein erklärliches Wechselverhältniss in der dogmatischen Theologie, denn

sowie schon dem Scotus Erigena und dem lloscellinus gegenüber die

Orthodoxie auch in logischen Fragen auf ihrer llul gewesen war, so

zog man im gleichen Interesse jetzt, als die Dialektik lebhafter und

selbstständiger eigene innere Kämpfe zu durchleben begann, auch Man

ches aus der theologischen Rüstkammer hervor," damit im Streite der

logischen l'arteien das Dogma unbelleckt bewahrt bleibe, wobei, da

die streitenden Dialektiker sämmtlicb Kleriker waren, es nicht fehlen

konnte, dass nicht auch dogniatischer lnhalt in die Logik hinüberspielte.

Vor Allem war es die 'l‘rinitälslehre, welche ja schon früher bei dem

Auftreten des Boscellinus such geltend gemacht hatte, nun aber in ver

stärktem Maasse auch 'positiv einZUgreifen begann, und nie Geschichte

der Logik ist hier in dem Falle, ein theologisches Produkt berühren

zu müssen, welches durch eine gewisse Forinulirung logisch-ontologi

scher Grundsätze in jener Zeit in den tloiitrovei'sen der Dialektikcr mit

wirken konnte. Es ist diess l’seudo-Boethius de trinitate, wobei

natürlich nicht ohne Einfluss war, dass man gerade den Boethius, den

Repräsentanten aller Logik, für den Verfasser hielt”). ln eben jener

33) Ehend l, 15, p. 40.1 non pigcbil referre nec [orte audire displicchil, quod

a ymeco inlrrprclc et qui latinam linguam commode unverat, dum in Apulia morarcr.

nur n‘ etc. _

l34) Zu ersteren geboren Melal. ll. 15. p. 86. (Top. l, ll. bei Bocth. p. 667.)

und ll. ‘20, p. llO. (Anal pn l. 27. b‚ Boom p. 490.). zu letzteren ll. a p. 76

(Top. l, 11y Rocth. p. 657.). ll. 20. p 100. (Supli. EI. 22, iiocl/u p. 750.). lll. 3.

p. 126. (Top l, 9. kuellL p. 666.).

35‘ lcb sage „l’seudo-Boethius“; da ich jedoch den Theologen die Fürsorge

XIV. Pseudo-Boethius De trinitate. 109

Zeit nemlich, d. h. seit Ahalzmlaujy häufen sich die Anführungen aus

jenen vier Büchern über die Trinität, und Gilbertus Porrelanus beglei

tete dieselben mil einem umfangreichen Uommentare, so dass es kaum

mehr möglich war, in den betreil‘enden Fragen sie zu umgehen. Haupt

sächlich aber gehören bezüglich eines Einflusses auf die Logik jene

Axiome hieber, welche der Verfasser am Anfange des 3. Buches an die

Spitze stellt, um aus ihnen im weiteren Verlaufe seine Beweise aufzu

„bauen. D‘ieselben 87) beziehen sich nach Vorausschickung einer Definition

der communis conceplio auf den in der Theologie üblichen Unterschied

zwischen Essenz (ot’ioi'a) und Existenz diceremus-x da zu letzterer noch

die Form des Seins hinzukommen mÜSse‘und bei ihr hiedurch ein T_heil

haben eintrete, sowie die Möglichkeit eines Ansichhabens sich ergebe,

was sodifim zur Unterscheidung von Substanz und Aceidens führt und

eine Doppeltheil jenes Theilhahens begründet; dabei aber wird auch

auf die Einheit hingewiesen, in welcher bei einfachen Wesen, im Un

terschiede von den zusammengesetzten, die Wesenheit und die Existenz

verbunden sind, und zuletzt eine natürliche wesens-verwandlschafl in

nerbalb der entfaltetenVerschiedenheit in Aussicht gestellt. Diese Grund

sätze, deren theologisch-dogmatische Verwendung uns hier nicht berührt,

wurden bald auch von Dialektikern als „regulae“ neben anderen „aucto

rilalesu citirt, und in onlologischen Punkten mochte mancher Logiker

von vornehereiu sich hüten, gegen diese Axiome zu verstosse'n’,"da

ausserdein bedenkliche Consequenzen bezüglich der 'l‘rinitüt hätten drohen

können. So kam es, dass hierin nicht etwa bloss die Logik auf Theo

logie reicher angewendet wurde1 'sondern auch dogmatische Momente

direct den Betrieb der ontologisehen Seite der Logik beeinflussten.

Ein eigenthümliches Verhältniss liegt in dieser Einmischung aller

dings, und es ist merkwürdig, wie in jener Zeit, Welche zu einer

klaren und besonnenen Trennung der Gebiete (etwa im Sinne des Chri

für ihre eigene Litteratur-GeSchicbte überlassen muss, so kann ich hier nur so

viel bemerken, dass jene vier Bücher dc lrim'tale, wie aus triftigen Gründen er

hellen dürfte. nicht vor dem 9. Jahrh. entstanden sein können. Die Abhandlung

vnn Gusl. Bauer, De Beet/n'a christianae doctrinae ussertore (Damm. 184l. 8.)‚ beruht

auf einer zu wenig umfassenden Ki-nntniss der einschlägigen mittelalterlichen Lit

terntnr.

36) Z. B. lntrod. ad Tlu'ol. l.‘ 25, -p. 1039. Amlwcs.

sn Bocth. Opp. fed Basil. 1570), p. 1181 f‚: lloslulasv ut ca: Ifelidomndi/ms

(unter diesem Titel wird die Schrift bei Späteren auch cilirt, s. z. B. Anm. 51-1.)

nosln‘s' eius quaestionis obscuritateni..... iligcrum. Ul igitur in mat/iemutica

fim‘ nitet ccte'n'squc etiam disciplinisl proposui trrminui regufasque, quibus cunrtu

quae sequuntur ef/iciam. 1) "Commum's animi conceptin est enunli'alio, quam quis

que probat auditam 2) Dit'trsum est esse et id quod est ‚ ipsum enim esse

nondum m, at vero quod ext, ‘accepla essem/i forma est atque consisliL 3) Ouud

mit, participare aliquo polesl, sed ipsum me nullo modo aliquo participat 4)

lrl quod esl, halitu-i- aliquid praeterquam quod ipsum es! polesl, ipsum vero esse

nihil aliud prueler se habet arlmislum. 5) Diversum est esse aliquid et esse aliquid

in eo quod Ist, illic enim acridcns, hic substantia siym‘ficatur. (i) omne quod esl,

paiticipat eo qua est esse ut sit, alio vero purticipat ut uliquid sit 7) omne

simplex esse suum et id quod est, unum liulnt 8) Omni composita aliud est esse,

uliud ipsum esL 9) Omnis divi-nitas est discors, similitudo vero quaedam appe

tendo esl, et quod appelit aliud, late ipsum esse naturaliter ostenditura quale cst

illud ipsum quod appelit.

llo XIV. Theologie. 5

stian Thomasius oder des Pierre Bayle) natürlich nicht befähigt war,

dennoch die lncommensurabilität der theologischen und der logischen

‚Wahrheit ausgesprochen wird, während man das Unvereinbare gleich

zeitig betrieb. Ja gerade Abälard selbst, der Peripateticus I’alatimw,

gibt hiefür das beredteste Zeugniss, wenn er sagt, dass den Logikern

oder l’eripatetikern Gott unbekannt bleibe, da dieselben Alles unter ir

gend eine der zehn Kategorien unterbringen, Gott aber unter keine der

selben falle'u können), und während diess noch als der allgemeine

von Augustiuus her übliche Standpunkt der Theologie gelten könnte

(vgl. Scotus Erigena, vor. Abschn.. Anm. 120r.)‚ spricht Abälard eben

betrell‘s der Triniti'itslehre am deutlichsten aus, dass die llialektiker oder

Peri'patetikcr die gefährlichsten Feinde derselben seien 39), da sie auf

dem Standpunkte der Logik aus der Wesens-Einheit der dreitPersonen

auf individuelle Einheit und umgekehrt aus der Verschiedenheit der

Personen auf Verschiedenheit ihres Wesens schliessen 44"). Und in der

'l‘bat verträgt sich der aristotelische Begriff der individuellen Substanz

nicht leicht mit dem Dogma der Trinität, so dass strenge genommen

alle Logiker, welche an Aristoteles sich anschlossen, dem Vorwurfe der

Ketzerei nicht entgehen konnten.

So ist es erklärlich, wenn l'etrus Lombardus, während erden

Zusammenhang des Trinitäts-Streites mit der logischen Parleispaltung

bezeugt, zugleich jede Anwendung der Logik auf jene Hauptfrage der

Theologie abweist’“)‚ oder wenn sein älterer Zeitgenosse Bernhard

38) Abael. Theol. Christ. llly 3. p. 1271. (b. Marlcm-‚ Thes. non AnectL Vol. V):

Uuod autem illi quoque ductores nostriy qui maxime intendunt togicaeq illam summam

maiestateml quam ignotuni deum esse prohtentmn omnino ausi non sunt attingere aut

in numero rerum comprehendere, ex illorum scriptis liquidum est ‚- cum enim omnem

rem aul substantiae aut alicui aliorum gcneralissimorum subiicianty utique et deamy

si inter res ipsum comprehenderenh aut substantiis aut quantitatibus aut ceterorum

praedicamenlorum rebus connamerarenh qui nihil onmino esse (p. 1273,) oni tamen omnem rem aut substantiae aut alicui aelrioirpusims pcroanevidnicciatmuenn.t.omn

applicanh patet profecto a tractatu Peripateticomm illam summam maiutatem omnino

esse ezclusam.

sen Ebend. c. 1, p. 1242.: Supra universas autem inimicos Christi, tam haere

ticos quam iudaeos sine gentilesl subtilius fidem sanctae trinitatis perqairant et acutius

arguendo eonlendunt professores dialecticaej seu importunilas sophistarumy quos rer

Sbcoirmuums aqgumiidneemsataquPeerispeatremtoicniusm. qiunauendnatuinocnediableeacttuiscoesssaeppPellaltaomuisrlridneonndnoulilnodsicaett mari

mas haereses esse repressas etc.

40) Ebend. c. 2. p. nam Ouo in loco gracissimae et di/ficillimae diaiectico

rum quaestiones occurrunlg hi quippe et unitate essentiae trinitate-nt personarum im

pugnant ac rursus ex diversitatc personarum idcntitatem essentiac oppugnare laboranL

Horum itaque obiectiones primam ponamusy postea dissolvamusy worauf nun Abalnrd

dreiundzwanzig aus der Logik entnommene Einwande gegen die Trinitat anlziihlli

um sie hernach theologisch zu widerlegen.

41) Petr. Lomb SenL l, 19, 9. (f. 27. ed. Rasil. 1516): 'idrtur tamen mihi

ita posse um'pi, cum ait (sv. Augustinus) nsubstantia est commune et hypostasis est

particulari-np non ita haec accepih cum de deo dicanturr ut accipiantur in philoso

phica disciplinal sed pcr similitudinem eomm, quae a philosophis dicuntun locutus

csl: sicut ibi commune rcl universale dicitur quod praedicatur de pluribusy particulare

vero i-el individuam quod de uno solo. ita hic cssentia divina dicta est universale.

quia de omnibus personis simul et de singulis separatim dicitur. particulare vero sin

gula quaelibet personaruml quia nec de aliis communiter nec de aliquo aliarum singu

ad

Q XIV. Hugo v. St. Victor. 111

‘M\.„. —-. s

von Clairvaux (geb. 1091, gest. 1153) sich oIl‘en als Feind der Dialek

tik bekennt“). Ja auch der hervorragendste Vertreter jener Richtung,

zu welcher die eben genannten gehören, llugo von St. Victor (geb.

1097, gest. nm. steht eigentlich völlig ausserhalb jener reichhaltigen

Bewegung, welche damals in der Dialektik eintrat, und sowie er auf

die logischen Partei-(lonlroversen nicht mit einem Worte eingeht, so

hat l'ür ihn auch sein eigener platonischer Realismus kein logisches ln

teresse, sondern nur ein psychologisch-praktisches. Indem auch er eine

feindselige Gesinnung gegen die Dialektik hegte”), scheint er selbst

die allgemein zugängliche Litteratur der Logik verschmäht zu haben und

i‘iber einige Stellen des Marcianus Capella, lsiilorus‘und Boethius nicht

weit hinausgekommen zu sein“), so dass er, was den geschichtlichen

Fortschritt der Logik betritl‘t, sogar noch unter dem Niveau llerjenigen

steht, welche wir gegen Ende des vorigen Abschnittes besprochen

haben; da er jedoch sowohl der Chronologie nach hieher gehört, als

auch ein Hanptrepräsentant der consequentcn innerlichen Auffassung der

Theologie ist, so mag zum Gegensatze der bunt verschlungenen logi

schen Kämpfe, welche wir nun sogleich darstellen müssen, über Hugo's

Standpunkt in Kürze Folgendes bemerkt werden. Nur die Stellung und

Eintheilung nemlich der Logik ist es‚_ worüber derselbe sich gelegentlich

iuSSerL wobei das praktisch-ethische Motiv schon darin erscheint, dass

die drei Hauptzweige der Wissenschaft, d. h. theoretische, praktische

Diseiplin und Mechanik,.zur Abwehr ilreier Uebel, und zuletzt die Logik

um der Vollkommenheit des Sprechens willen erfunden sein sollen“).

lai-iter praedicatum I'rnpter "" " ergo prl-rr " l- L ‘ “ dei dixit

universale et personas particularia vel individua . . . . .. (c. 10.) Dicunmr enim aliqua

differre numeroy quoniam ita di/ferunt. ut hoc non xi! illud qualiter iii/ferunt

Socrates et I’lqu et liuiuxmodi quae apud philosophos dicuntur individua vel particu

Iuria, iurta quem modum non possunt dici tres personae differre numero etc. Dass

nbrigens auch Lombardus verketzert wurde, s. unten Anm. 478.

42) Z. B. Serm. 3. in die l'entcc. (Opp. ed. lllartenel Vene! 1567, /ol. lll, p.

94.) Nu‘mquid quia Platonis aryutiasy Aristutelis iiersutias intellexi aut ut intelligerem

laboravi? Absit inquam, sed quia testimonia tua exquisivi. Oder in Bezug auf das

jungfrauliche Gebaren Seim. ii. Viyil. latio (ebend. p. 21.): Ubi nunc Aristotelicue

.tubtilitatis facunda quidem sed infoetunda loquacilas?

aaj lie sap. an. t‘hrish', I'rol. (Opp. ed. Hotliomay. nm. foL lll. p. 59.):

Uuid enim hoc esse putatis. quod de rerum veritate tum diversa sentire solent homi

uns? Numquid nomina est veritas? lite-e quid est quod ilialeetita tot diversas et tarn

adversas, ne dicam pcrversas. habet sententias? Numquid omnes noverunt unum id

quod esl, sed amore fallendi diversa finzerunl? Non sic ego puto. Sud narrant quin

que somnia sua (d. h. die quinque voces) et eo, qua primum ipsi in se opinione de

cepti sunt. postmodum alios neseientes seducunL ‘

44) Es erhellt diess, abgesehen von dem Folgenden, schon aus der rohen

Angabe Didasc. lll, 2. (Opp. lll, p. 16 f‚): Plato primas logicum rationalem apud

graecos institaiL quam postea Aristoteles discipulus eius ampliavity per/m"! et in artem

redegit; Murevs Terenh'us Vorm primus dialecticam de graeco in latinum transtulity

poslea tim-o Topica adieciL Die Uiiellenstcllen für diese Gelehrsamkeit s. oben

Abschn. XIII, Anm. 27, 29, nm. u. besond. Abschn. VIII. Anm. 20. n. 25.

«15) Eßccrpt. prior. l, d. on'y. et discr. artiunu c. 4 (Opp. ll, p. 335): Tria

sunt remedia principalia contra tria praedicta mala . . . . ..‚ sapientia contra ignoranti-uma

virtux contra vitium. necessitas contra inlirmitatem . . . . . .. (c. 5.) I’ropler autem ista

tria remedia inventa es! omnia ars et omnis disciphna, propter invenieiuiom namque

sapientiam inventa est theorica, propter ineeniendam virtutem inventa est practica,

xf

- \ i.» v...—

ne XIV. Hugo v. St. Victor. l

Sowie aber letztere Wissenschaft der Entstehung nach die späteste sei,

so trete sie bezüglich des Unterrirhtes an die erste Stelle, da die Tüch

tigkeit im Sprachausdrueke die Vorbedingung zu allem Uebrigen sei 46).

In solchem Sinne bezeichnet Hugo die Logik als „sernwa'onalis“,' weil

dieselbe „de vocibusu handle“), und er theilt sie nun in einer Weise,

welche uns sehr an Scotus Erigena erinnert (vor. Abschn., Anm. 105),

derartig ein, dass nach der weiteren Bedeutung des Wortes 10'on alle

Kundgebung des Sprachvermögens zur Logik gehört, und dieselbe so

in Grammatik und logica rationalis zerfällt, welch letztere der engeren

Bedeutung des Wortes 1.6on entspricht und sodann im Hinhlicke' auf

die allverbreileten Stellen des Boethius nach der gewöhnlichen Weise

näher eingetheilt wird“).

Allerdings nun wäre es gewiss bequemer gewesen, in einer der

artigen Schablone die gesammte Logik von vorneherein almuthuny und

propter inveniendam necessitatem inventa est mechanica . Novissima autem omnium

inventa est logica causa eloquentiaey ut sapientesl qui praedictas principales discipli

nas investigath et unirent, rectius veraeius honestius illas tractare et disserere de

illis stimmt, rectius per grammaticalm ueracius per dialecticaml honestius per rhetori

cum; logica namque facundiae rectitudiucm veritatem venustatem administraL Fast

wörtlich ebenso Dtdasc. VI, 14. qow -lll, p. 39.), vgl. ebend. l, 6. (p. 3.) lly 2.

(p. 7.) lll, l. (p. 15.).

46) Didasc. l, 12. (Opp. Ill, p. 6.): Ceterae prius repertae fuerantl sed necesse

fuit logicum quoque inveniril quoniam nemo de rebus convenienter disserere polest, nisi

prius recte loquendi rationem agnoveriL Ebend. VI, 14. (p. 39.): istae tres usu

primae flammt, sed postea propter eloquentiam inventa est logical quae cum sit ini-en

tione ulli-may prima tamen exse debet iu doctrinæ lizccrpt prior. a. a. o. c. 23.

(p. 389.): In legendis artibus talis est ordo sereandusx prima omnium coruparanda

est eloquentia et ideo expetenda logica. deinde etc.

47) Didasc. Il, 2. (p. 7.): Phitosophia dividitur in theoiicamv practicam1 medie

nicumy et logicamg hae quatuor omnem continent scientiam . logica sennocioualis.

quia de vocibus traclaL liane divis-ionem Boethius facit aliis verbis (folgt die

oben, Abschn. XII, Anm. 76.. angeführte Stelle).

48) Ebend. l, 12. (p. 6.): Logica dicitur a graeco vocabulo löyog, quod nomen

geminam habet interpretationemg dicitur enim ldyog sermo sine ratio (s. lsidor. vor.

Abschn. , Anm. 27.), et inde logica serntocionalis sive rationalis scientia dici potest

logica rationalis, quae discretiva diciturs continet dialeclicam et rhetoricamy logica

sermocionalis genus est ad grammaticamq dialecticum et rhetoricann et continet sub se

dissertioamg et haec est logica sermociouatisv quam quartam post Iheon'cam, practith

et mechanicam annumeranms. Excerpt. prior. c. 22. (p. 339.): Loyica dividitur in

grammaticum et rationem disserendi ; ratio disserendi dividitur in probabilemy

necessariuml et sophislicams probabilis dividitur in dialecticam et rhetoricam. necessa

ria pertinet ad philosophos. sophistica ad sophistas (s_ Boethius, Abschn. XII, Anm.

82.): grammatica est scientia recte loquendi dialectica disputatio acuta verum a falso

distinguensy rhetorica est disciplina ad persuadendum quaeque idonea. ltidase. ll, eo

(p. 14.): Logica dividitur in grammaticum et in rationem disserendi grammatica

est litter-atis scientia .. .. ratio disserendi agit de vocibus secundum intellectus Ebend.

31. (p. 15.): Ralio disserendi integrales partes habet inventionom et iudicium (s. Boe

thius, Absehn. Xll, Anm. 76.), dieisivas vero "' cIratiomrm, pt ‘ m , ‚"' "

cum; demonstratio est in necessariis argumentis et pertinet ad philosophuml probabilis

pertinet ad dialecticos et rhetoricos. sophistiea ad sophistas e! canillulores; probabilis

dividitur in dialecticam et rhetoricam. quarum utraque integrales partes habet inven

tionem et indicium Ebenso ebend. lll. 1. (p. nam Die nemlichen Angaben kehren

in einer ‚.Epitomn in philosophiamu Hugo’s wieder, welche kürzlich llaureau (Hugues

de Salut-Vicmr, Nouv, examen de lledition de ses oeuvres. Paris iesu B.) herausgabs

s. daselbst p. 167 fl'.

„‚“„

- sua

.-l

XlV. Reichere Bewegung. 113

s.

Q

es hatten hiebei ‚auch die platonisch-christlichen Anschauungen sowie

die theologische Dogmatik in ungestörter Naivetät ihre unnatürliche

Allianz mil verküminerten und verschrobenen Resten des Aristotelismus

fortführen können. Jedoch der selbsteigene innere Trieb der Dialektik

war ja auch schon bisher selbst innerhalb der ecclesia docens wach

geblieben, und da nun, wie wir sahen, von zwei Seiten her, nemlich

einerseits gerade durch den dogmatischen Streit über die 'l‘rinität und

inarerseits durch sporadische und allmülig sich vervollständigende Kennt

niss der.his dahin unbekannten aristotelischen Bücher, eine gesteigerte

Anregung eintrat, so erhob sich jetzt neben aller Mystik der Schule

von St. Victor zugleich eine reiche und vielfach gespaltene Bewegung

auf dem Gebiete der Logik, deren Geschichte hier nach Maassgabe der

vorhandenen Quellen in eine ausserst schwierige Periode eintritt. Die

Schwierigkeit nemlich liegt zunächst darin, dass die uns zugänglichen

Berichte wohl vielfältig bis ins einzelnste Detail hinabreichen, aber da

bei in schlechthin fragnientariscber Form uns über alle verknüpfenden

Fäden im Unklaren lassen, wozu noch die Unbestimmtheit der üblichen

Bezeichnung „quidam“ oder des blossen Anfangs-Buchstaben des Namens

eines Logikers hinzukö‘inmt; und es wird so auch überhaupt, z. B. na

mentlich in Bezug auf jenes Fragment, Welchem Cousin den Titel „De

generibus et speciebus“ gab 49), die ohnediess schon missliche‘Unter

suchung mannigfach durch litte‘rarische Schwierigkeiten durchkreuzt;

ausserdcin ist'4mancher Berichterstatter an sich von geringerer Verlässig

keit, und wir stossen auf‘Widersprüche, welche in Folge des Mangels

an anderweitigen Quellen nicht genügend gelöst werden können.

Fragt es sich aber dann noch, wie dieses zerfahrene und lücken

hafte Material für die Darstellung verarbeitet werden solle, so konnte

ich bei der Unmöglichkeit, die einzelnen (meist nicht naher bekannten)

Autoren in geschichtlicher Abfolge zu entwickeln, nach vielfacher Er

wägung nur den Ausweg finden, dass ich die Zeit Abälard’s collectiv

darstelle,.und zwar so, dass in ähnlicher Weise wie im XI. Abschnitte

die zahlreichen Controversen nach der Reihenfolge der inhaltlichen Haupt

gruppen der damaligen Logik vorgeführl werden, wobei die verschiede

nen Meinungen über die lsagoge, d. h. der Streit über die Universalien,

einen ausgedehnteren Stotl’ darbieten, als die Erörterungen über die

übrigen Theile der Logik. Während aber so die-hervorragenderen uns

bekannteren Autoren an diese inhaltlichen Momente geknüpft werden,

musste ich allerdings hievon gerade bei Abälard eine Ausnahme machen,

dessen Ansicht über die Universalien doch wieder nur bei der Später

zu entwickelnden Charakteristik der gesammteu Dialektik Abalard’s ihre

49) Es musste eine schlimme Verwirrung zur Folge haben, wenn die franzö

snschen Gelehrten mit Cousin dieses Fragment für eine Schrift Abalard’s hielten;

H. Bitter hat hierin richtiger geurtheilt (wenn wir auch seiner Vermuthung über

den Autor selbst nicht beipllichten können. s. unten Anm. 146.); hingegen hat,

-—- um von Heussclot abzusehen, welchem bei Abfassung seines Werkes der 7. Band

Ritter's noch nicht vorliegen konnte —‚ auch Bemnsat und sogar Haurduu Ritter’s

Ansicht vollig ignorirt und im Anschlusse an Cousin auf jene Schrift Schlüsse

gebaut, welche der richtigen Darstellung des Streites über die Universalien nach

theilig sein mussten.

PHANTL, Gesch. II.

O

8

114 i XIV. Reichere Bewegung.

genügende Erörterung finden konnte, denn von ihm allein ja besitzen

wir eine fast den ganzen Umkreis der Logik umfassende Schrift. Doch

hielt ich eine solche Zertheilung der Goutroversen, soweit sie die Uni

versalieu betrell‘en, hier eben für das kleinste der unvermeidlichen Uebel.

Nach Ahälard können dann in gleicher Weise hauptsächlich Gilbertus

Porretanus und Johannes . ln Folge der oben avnognegSeableensebnuryGrfüolngdeen. nahm das Studium“ '

Logik, abgesehen von seiner allseitigen örtlichen Verbreitung, durchweg'

an intensiver Schärfe und Präcision zu, und man gewöhnte sich daran, ä

alle einzelnen Sätze oder Erörterungen durch das ganze damals zugäng

liche Material der Logik hindurch So genau als möglich zu erwägen

und nach verschiedenen Seiten zu beleuchten, wobei allerdings, da

eine eigentlich philosophische Basis gänzlich fehlte, nur eine einseitig

formale Spitzfindigkeit hervortreten konnte, welche ebensosehr zur zer

splittertsten Partetspaltung führen musste, als sie hinwiederum durch

diese genährt und bestärkt wurde, und vielleicht mag die Zahl der Ma

gistri, welche ‚in solcher Weise das ganze Gebiet der Logik, meist

mit polemiscber Erledigung gegnerischer Ansichten, durcharbeiteten, in

Frankreich allein nicht weit hinter einem Hundert zurückgeblieben sein,

Nicht zu wundern wohl ist es, wenn bei solchem Betriebe Diejenigen,

welche die Logik nicht von vorneherein aus theologischen Gründen

ängstlich scheuten, häufig heim ersten Eintritte in dieselbe in Verwir

rung geriethen 5°) g wirkt es doch auf uns selbst fast schwindelerregend,

wenn wir aus den fragmentarischen Einzelnheiten einen Rückschluss

auf das Ganze machen, welchem sie angehört hatten. Eine grosse Tau-y

schung ist es, wenn man die damalige Bewegung in der Logik mit den

zwei Worten „Nominalismus“ und „Realismus“ oder etwa noch mit Hin

zufügung eines dritten, nemlich „Gonceptualismus“, erledigen zu können

glaubt, denn erstens ist, wie sich zeigen wird, die Parteispaltung eine

weit mannigfaltigere, und zweitens bildet dieselbe nur einen Theil des

Gesammt-Betriebcs der Logik. _ eae

Wenn wir dem Johannes von Salesbury, welcher zwar häufig blass

nach allgemeinen Eindrücken und Vieles nur aus dem Gedächtnisse nie

derschrieb (s. unten Anm. 536), vollständig vertrauen dürfen, wäre

der Entwicklungsgang der Logik, welche entweder in Compendien (artes)

oder in Commentaren oder in blosser Glossirung bearbeitet wurde“),

in jenen Jahrzebenten im Ganzen folgender gewesen. Johannes nemlich

spricht von einem Gegner seiner logischen Auffassung, welchen er sym

bolisch Cornificius nennt (s. unten‚Anm. 528 ll‘.), und sagt bei dieser

Gelegenheit“), jene beliebte Manier, ohne ordentliches und mühevolles

50) Abael. Dialecl. b. Cous. p. 436.: Sed quia labor huius doctrinæ diutumus

fatigat leetoresg et multorum studia et aetates subtilitas nimia inaniter consumits

multi de ea diffidenles ad eius angustissimas fores non audeat accedere; plurimi

vero cius subtilitate con/usi ab ipso aditu pedem referunt.

51) 10h. Saresb. Metal. lll, Prof. p. 113. (ed. Giles vol. V.): Non in transitu

vel semel dialecticorum attigi sm'pta, quae vel in artibus vel in carnmentariis aut glossa

matilms scientiam parium aut retinent et reformant.

52) Ebend. l, l, p. 13.: Comifia'us noster studiorum eloquentiae imperitus el

improbas impugnator . .. .. (2, p. 14.) populum qui sibi credat habct, et ei . turba

XlV. Reichere Bewegung. ns

Studium ein Philosoph sein zu wollen, in Wirklichkeit aber nur ein

Sophist zu sein und Andere in blosser Sophistik heranzubilden, fliesse

aus jener Schule, in welcher man auf eigene Faust habe geistreich sein

wollen, indem man lediglich auf angebornes logisches Talent sich stützend

sich mit Controversen der läppischsten Art, z. B. ob eiu Schwein, wel

ches zu Markt geführt wird, von dem Stricke oder von dem Menschen

festgehalten werde, u. dgl.. beschäftigte, dabei aber stets in gespreiz

tem Dünkel mit etlichen Kunstworten der Logik um sich warf, —* eine

Richtung, welche ebenso intolerant gegen jede anderweitige Wissenschaft

und Bestrebung gewesen sei, als sie in ihrer Neuerungssucht und bei

dem raschen Uebergange vom Lernen zum Lehren sich bald in das

grösste Bunterlei individueller Ansichten zersplittert habe. Eine Folge

dieses halllosen 'l‘reibens sei nun gewesen 53), dass die Einen in welt

schmerzlicher Ueberzeugung von der Eitelkeit dieser Dinge in die Klö

ster sich flüchteten, Andere in Salern und Montpellier das Studium der

Medicin ergriffen, um nun diese Wissenschaft in gleicher rabulistischer

insipientium acquiescitl illorum tamen mazime, qui videri quam esse sapientes

appetunt . 3, p. lii tf.z sine artis beneficio .. . faciet eloquentes et tramite comperi

diese sine labore philosophus Eo aulem tempore ista Gorm'ficius didicit‚ quae nunc

docendo reservatj . quando in liberalibus disciplinis litterdwnihit erat et ubique spi

ritus quaerebatury qui ut aiunt latet in litterag Hylam esse ab Heraule, validum sci

licet argumentum a forti et robuste argumentatore .-....., et in hunc modum docere

omnial studium illius aetatis erat. lnsolubilis in illa philosophantium schqla tunc

temporis quaestio habebatur, an porcus. qui ad venalitium agilur, ab homine an a

funiculo lenculur,‘ itcm an capucium emerit, qui cappam integram comparavit. ln

eonilenicns prorsus erat oratio lv in qua haec verba nconveniensu et „inconvem'ens“, „ar—

gumenlum“ et „ratio“ non perstrepebant multiplicalis particulis negatiois et traiectis

per „esse“ et „non esse“, ita ut calculo opus ernst. quoties fuerat disputatunu .. .

Suf/iciebat ad victoriam nerbosus clamor, et qui undecunque aliquid inferebah ad pro

positi perveniebat metam. l’octae, historiographi habebantur infantes et si quis incuma

bebat laboribus antiquorum (d. h. der antiken Autoren, des Porphyrius, Boethius)‚

. omnibus erat in risurn. Suis enim aut magistri sui quisque incumbebat inventisg

nec hoc tamen diu licilum, quum ipsi auditores .. .. urgerenturl ut et ipsi spretis bis,

quae a doctoribus suis audiemnt, auderent et conderent novas secum fiebant ergo

summi repente philosophi, nam qui illiteratus accesseratz fere non morabatur in scholis

ulteriusy quam eo curriculo temp ts, quo ooium' pulli plumescunty itaque recentes

magistri e scholis pari tempore aaolabant Ecce nova fiebant omm'a, innovabntur

grammatical immutabatur dialecticaj conlomnebatur rhetorica. et novas totius quodrivii

vias evacuatis priorum regulis de ipsis philosophiae adytis proferebanL Solam „con

' " “ sive „rn" “ iq ‘ , „argumentam“ sonabat in ore omm'um, et

aliquid opemm naturae nominarepinstar criminis erat aut ineptum nimis aut rude et

a philosopho alienunL impossibile crcdebatur, convenienter et ad rationis normam

quidquam dicere aut facere. nisi „convem'entis“ et „ratiunis“ mentio expressim esset

insertay sed nec argumentum fieri " " ‚ nisi ‚n 'sso ' iuy ".

53) Ebeud. c. 4. p. 18 lll Alii namque monachorum aut clericorurn claustrum

ingressi sunt .. .. deprehendentes in se et aliis praedicantes-p quia quidquid didicerant

vanitas vanitatum est Alii autem Satcmum vel ad Montem llessutanum profecti

facti sunt ctientuli medicorum et repente quales fuerunt philosophil tales in momento

medici eruperunt . . Alii se nugis curialibus mancipaverunt ‚ ut magnorum virorum

patrocinio freti possent ad divitias adspirare Alii autem ad vulgi professiones

easque profanas relapsi sunt parum curantes quid philosophia doceat dummodo

rem faciant nsi possuntv reale, si non quocunque modo rem“ Hoc autem quasi

quadrinio . . .. evadebant illi repentini philosophi . . . . non modo triuii nostrit sed totius

quadrivii contemptores. ‚ab

at f" 8*

116 XlV. Beichere Bewegung. Alte und neue Logik.

Weise, wie vorher die Logik, zu betreiben, wieder Andere aber das

Leben an den Höfen der Reichen und Grossen aufsuchten, endlich An.

dere lediglich auf Gelderwerb denkentl sich in die niederen Sphären

des Lebens warfen (s. Anm. 530), kurz dass bei diesen Allen die Logik

und die Wissenschaft überhaupt in die grösste Missachtung fiel. Hier

auf aber, fährt Johannes fort 5‘), sei ein Aufschwung der freien Künste

durch Männer, wie Gilbertus l’orretanus, 'l‘heodorich (uns nicht näher

bekannt),_Bernhard von Chartres, Wilhelm von Conches, und vor Allen

durch Abälard eingetreten, wodurch eben jene Verächter tieferer und

ernstlicher Studien nnr zu Hass angestachelt und zu Schmahungen fort

gerissen worden seien; Schmihuugenl welche sie nun auch gegen An

selmus, Wilhelm von Champeaux, Hugo von St. Victor, Robert Pullus

u. A., sei es in logischer oder in theologischer Beziehung, gekehrt

hätten; die genannten Männer aber seien es, durch welche oder durch

deren Schüler er, nemlich Johannes, selbst seine Bildung empfangen

habe. ‘

Dieser Bericht aber des Johannes von Salesbury wird uns auSSer

seinem allgemeinen Inhalte noch insbesondere dadurch wichtig, dass

sich daran die Unterscheidung von nantiun und „rnoderm'“ (abweichend

von der Bedeutung dieser Worte bei- einem früheren Schriftsteller, s.

vor. Abschn., Anm. 326.) in dem Sinne anknüpft, dass letztere die eben

angeführten verdienstvollen Logiker, erstere aber jene spitzfindigen Sophi

sten der vorhergehenden Zeit sind 55). Und wenn wir hierin ein Vor

spiel _der späteren Trennung zwischen vetus logica und nova logica

erblicken, wornaeh von dorther der Bückschlu'ss statthaft wäre, dass

die antiqui sich bei der älteren Boethianischen Tradition der Logik

begnügten, die moderni hingegen dem aristotelischen Organon näher

standen, so bestätigt sich dieses entschieden durch das oben, Anm. ‘26,

Angeführte, sowie durch eine anderweitige deutliche Stelle des Johan

nes selbst m Ja ferner sagt derselbe, dass jene windige Gescliwätzig

54) Ebend. c. 5, p. il f.: Solebat magister (‚‘ilbertus eis arti-m pistoriam

pollieeri . Sed et alii viri amatores litteraan utpote magister Theodoricus. artium

sludiosisximus imvrslt'gator, i'lidem'l'r'illelmus de Lonchix, grommalicus post Bernardum

Carnotensrm opulcnlissimus, et peripateticus Palutinusy qui logic-ae opinionem praeri

puit omnibus coaetaneis suis, adeo ut solus Aristotelis crederetur usus colloquio, se

omnes opposuerunl errori . . ‚ . . . . Praediotorum opera magistrorum et diligentia rediemut

artes et quasi iure postliminii honorem pristinum uactae simt. Hinc indignatio,

quam adversus discipulos memoralorum sapientium roneepit Cornificii domus; . . . . ..

impudenter etiam obfuscure nilitur Anselmum el Radal/‘um nam de Allw—

rico liemenxi et Simone Parisiensi palam loquuntur willelmus de Campcllis er—

rasse convincitur scriptis propn'is, viz parcitur magistro Hugoru' de Sancto Victore,

‚ . . . .. Bodbertus Pullus diceretur filius subiugalis, nisi sedi apostolicæ defen-elitr

. . . . .. Ego autem fateor aliquos prac-missarum habuisse doclares et itidem aliorum

audisse discipulos et ab eis modicum id didicisse quod novi.

55) Ebend. l, Prol. p. 9.: Nam ingenium hebes est et memoria infideh'or, quam

ut antiquorum subtilitates percipere aut quae aliquando percepto sunt, diutius valeam

retinere . . . . .. Nec dedignalus sum, moderuorum proferre sententias, quos antiquis

in plcrisque praeferre non diibito. Vgl.‚ Anm. 219, 363, sn

56).Ebend‚ lll, 6, p. 138.: Non'.... inanem reputem operam moderner-um, qui

equidem nascenles et convulesæntes ab Aristolcle invenlis eins multos adiicimzl ralionex

et regulas prioribus aeque firmas; habemus gratiam peripatetico Palatino et aliis

ri'.‘

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i v :. i"?

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ffi -. l

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. m x1v. Alte und neue Logik. 117

‚ t ‘

. ‚keit‚ als deren örtlichen Hauptsitz er einmal gelegentlich Paris bezeich;

{ä netm), aus einer Sjlbenstecherei hervorgegangen Sei‚'welche die gegen

z alle anderen Wissenschaften intoleranten Logiker viele Jahre hindurch,

.- ja während ihres ganzen Lebens unablässig in Zusammenstellung und

Bekämpfung aller möglichen Meinungen derartig übten, dass Mancher

selbst seine eigene Ansicth nicht mehr wusste 5”), wobei man dann um

des persönlichen Biihmes willen selbst die antiken Autoren versehmtlhte

und die übliche Ordnung der SchuI-Logik bei Seite setzte”). Und

endlich wird nun nochKausdriicklich bemerkt, dass dieser übermässige

‚ und bornirte Aufwand von Zeit und Kräften sich hauptsächlich um die

Isagoge drehte, bei deren Erklärung man den Streit über die Universa

‘lien für die einzig höchste Aufgabe hielt“), so dass ebensosehr zum

. . - ".‘l i i- ‘l'v ‚

a vl praeceptoribus „08215;- qui nobis proficere studuerunt vel in explanatimte veterum vel

in inventione nocorum.

57) epist 1St. ‘(voL I, p. 298. ed. Giles): Studiis tuis congrahdor, quum

agnosco ex sigan pcrspi‘öuis in urbe garrula einenlosa, ut pace scholarium dictum

sitl non tam inutilium nryumentationum locos inquirerel quam virtutum Doch könnte,

. da der Magister liadulfus Mbery an welchen dieser Brief gerichtet ist, uns nicht

naher bekannt ist', unter der urbs ventosa möglicher Weise auch Avignon zu ver

stehen sein, denn sprichwörtlich sagte man „Accm'o ratlose, sine vento venenosa,

cum oento faslidi'osa." q‘ ir

58) Hetal. II, 6, p. 72.: lndignantarjpuri philosophi et qui omnia praeter logi

eam dedignanlurl aequeigrammalieae .ut pliysicae expertes et ethieae c. 7, p.

73.? qui chianan compitis et in iriviis docenl et in ea, quam solam profitentur,

. mm decennium‘aiil‘tiiccimiuni, sed totam consumpserunt aetatem Fimit itaque in

- puerilibus academici scnes, omnem dictorum aut scriptorum exoutiunl syllabam. imo

et litteram. dubitantes ad omm'a._ quaerentes semper, sed nunquam ad scientiam per

, emu‘cnles, e! tandem convertlmtur ad vaniloquium ac nesai'cnles, quid loquuntur aut

de quibus assc'ranI, errores con/tunt novox et antiquorum (d. h. der antiken Autoren;

wie oben Anm. 52.) aut nesciunt aut dedignantur sententias imitari ‚‘ compilant omnium

hopinionps el'e'ii‘quae etiam mollissimis dicta vel xaripta suntl ob.inopiani iudicii scri

‘ off minl et rar/mal. tanta est opinionum et oppositionum eouqeries ul vix suo nota

. t esse possit auclori. Ebend. c. lR, p. 93.: De magistris aut nullus aut rat-us esty

qui doctoris sui velit inhaerere resh'giis; ut sibi faciat nomen, quisque proprium audit

1ruunt-romanovPolg/eiz VII, 12, p. 126.: vetus quaestiol in qua laborum mundus iam

.eenui't, in qua plus temporis consumptam est. quam in acquirendo et regendo orbis

imperio consumpseril caesarea domus. haee enim tamdiu multos tenuiti ut quum

hoc unuiiifitgga vita quaere-rentl tandem nec istud nec aliud i'iircriirenl. Hiezn unten

tnm.‘ 540.

ei 59) Imhet. v. 41 ftit Si rapis anderes, veterum si scripta 'recenses, U! latuas,

-._ si quid forteprobare'velis, clamabant ‚.‚vetus ilie quo tendit asellqu llur

' 1veterum nobisl-ldicta vel acta refert? A nobis sapimusl doouitse nostra iuoeutusl Non

recipit veterum dogmata nostra cohors, Nim onus accipimus, ut eorum verba sequamur,

Oiias habet auctores Graecia, homo colit (v. 59.) Temporibus placuere-suis vete

rum bene dictas temporibus astris iam nova sola placenL" Hacc schola non

nurat, quid sitbmodus ardove guid sit, m teneant doctor discipulusque viom.

- 60) Melal. ll 16, p. 89.: Sed quia ad hunc elementarem librum (d. h. die Ka

tegorien) magis _ entarem quodammodo scripsit Porphyri'us, eum ante Ariuotelem

.‘_ An}: f

.i-"csse credidit antiquitus praclegenilum; recte q'm'dem, si recte docealur, id est ut te

1

va

I

{nebras non indueat #rudieiidis nec consumat aetatem . . . . .. c. 17. p. 90.: Naturam

tamen universutiuni hie omnes ezpediuut et «Minimum negotium et maioris inquisitionis

contra mentem auctoris explicare m'tyntur. Ebend. III, 5, p. ‚136.: qui in Porpkyrio

aut Categori'i's emplauandis singuli soolumina multa et magna conscr'ibunt. Eine be

stätigende AEIISSL‘I'IIIIg‘QbiIDI'd’S s. unten Anm. 104. 1 '

t. a

.

118 XlV. Die Parteispaltung.

Tummelplatze individueller Eitelkeit wie zum Nachtheile des Unterrichtes

zuletzt alle Weisheit in die Erörterung des Porphyrius hineingepfropft

wurde“).

So führen uns die allgemeineren Angaben des Johannes von Sales

bury von selbst zu den Controversen über die UniverSalien, und wu

dürfen aus dem Bislierigen füglich schliessen, dass der Streit in jener

einseitig spitzfindigen Weise in den ersten Jahrzehnten des 12. Jahr

hundertes entbrannte, so dass hier die geschichtliche Anknüpfung an

das 'Auftreten des Roscellinus und an die damals sich erhebenden Kämpfe

(s. vor. Abschn. Anm. 312 ff. u. bes. Anm. 326) deutlich vorliegt. Ja

innere Gründe sprechen dafür, dass von ebendort her bei den contro

versen betrell's der Universalien vorerst die nominalistische Auffassung

die überwiegendere gewesen sein mag, denn nicht hloss der Umstand,

dass jene Logiker nach des Johannes Bericht sich exclusiv und intole

ranl gegen jede Real-Wissenschaft verhielten (Anm. 52 u. 58), deutet

auf Derartiges hin, sondern es ergibt sich auch leicht der Schluss, dass

jene von Johannes angeführten verdienstvollen Wiedererwecker der Logik,

welche sämmtlich einem extremen Nominalismus abhold waren .oder

theilweise selbst bis an die äussersten Grünzen des Realismus fort

schritten, jedenfalls einen Umschwung hervorricfen oder beförderten,

welcher von nominalistischen Grundsätzen hinweg auf anderweitige Bah

nen hinüberlenkte.

Dass aber hiebei, wie wir schon sagten, die Spaltung der Ansichten

sich nicht bloss in einem dichotomischen oder trichotomisclien Gegen

salze bewegte, sondern in einer grösseren Zahl von Abstufungen auf"

trat, erhellt aus genauerer Einsichtnahme der uns zugänglichen Quellen.

Die ausführlichste Notiz gibt uns wieder Johannes von Saleshury, wor

nach die Meinungsverschiedenheit bezüglich der Universalien sich folgen

dermaassen gestaltet habe:

l) die Ansicht des ltoscellinus, dass dieselben voces seien 62), —

s. Anm. 76 ll'.;

2) jene des Abälard und seiner Anhänger, dass die Universalien

iv auf sermones zu reduciren seien, da das Prädicat eines Dinges

l, nie selbst ein Ding sein könne“), -— s. Anm. 283 ill;

61) Ebend. ll, 20, p. 113.: Nec fideliter cum Porphyrio nec utiliter cum intro

ducendis versauter, qui omnium de generibus et speciebus rccensent optnioncs. omnibus

obviant, ut tandem suae inventionis erigunt titulum. Ebend. f'll, l, p. 117.: Anste

rus nimis et duras magister est, tollens quod positum non est et molens quod non

est scminatum, qui Porphyrium cogit solaere, quod omnes philosophi uccepcrunt, cui

satis/actum non esl, nisi libellus doccal, quidquid alicubi scriptum invenitun Polycr.

Vll, 12, p. 129.: Uni ergo Porpltyriolum omnibus philosophiae partibus rcplcnt, intro

ducendomm obtunduut ingenial memoriam turbanL Hiezu die unten, Anm. 98., an—

zuführi-ndc Stelle des Wilhelm v. Concbes.

62) Meint. ll, 17, p. 90., woselbst nach den so eben (Anm. 60.) angeführten

Worten unmittelbar jene Stelle über Roscelliiius (s. vor. Abscbn. Anm. 318.) folgt.

aaj Ebend.: Alius scmwnes inluelur et ad illos delorquet, quidquid alicubi de

universalibus meminit scriplum; in hoc autem opinione deprehensus est peripateticus

Palatinus Abaclardus noster, qui multos reliquit et adhuc quidem aliquos habet pro

fessionis huius sccfatores et festes; amici mci sunl. lich ito plcrumque captivolam

detorqueant litteraml ut vel durior animus miseratione illius mureatur. Rom de re

'l'

XIV. Die Parteispaltung. 119

“n

3) die Annahme, dass intellectus oder notio im Sinne Cicero’s (d.

h, der Stoiker) dasjenige sei, was man Universale nenne 64),—

s. Anm. 581 ff. _

Von diesen unterscheidet Johannes dann Diejenigen, welche an den

Dingen haften („rebus inhaerentujl sich selbst aber wieder in mehrere

Parteien spalten, sonach:

4) die bald wieder aufgegebene Ansicht des Walter von Morlaigue,

dass die Univcrsalien mit den Individuen (d. b. den res sensi

biles) essentiell vereinigt seien, wornach es auf den „status“

ankomme, nach welchem man das Individuum betrachte“), —

s. Anm. 129 fl‘.;

5) der platonische Realismus des Bernhard von Chartres 66)‚ —— s.

Anm. 89 fI'.;

6) die Annahme des Gilbert von Poitiers betreffs der formae na

tivae 67), -—- s. Anm. 460 III; ' i v

7) die Ansicht des Gauslenus von Soissons, dass die Universalität

l k

praedicari monstrum dicimt, licet Aristoteles monstruositatis huius auctor sit et rem

de re saepissime aes-erat pruedt'can', quod palam est, nisi diesimulenty familiarig

bus eius.

64) Ebend. (fortgefahren): Alius persatur in intellectibus et eos duntaxat genera

dicit esse et species ‚‘ sumunt enim occasionem a Cicerone et Boelhi'o, qui Aristotetem

laudant auctarcm, quod haec credi et diei debeant noiionepg „es! einem“, ut aitml, '

„noti'o ex aneOpmepta forma cuiusque rei cognitio enodatione indigentia (so alter

dings Cicet'o in der Abschn.‘VIlI‚ Anm. 37. angeführten Stelle, welche aber zugleich

zeigt, dass derselbe sich nicht auf Aristoteles, sondern auf „Graeci“, d. h. auf die . . ‘

Stoiker berief), et inillis „nolio est quidam intellectus et simplex-i animi conccplio" i

(sti' Beet/i. ad Cica‘fldp. p. tibi bei Erklarnng jener ciceronischcn Stelle, nur voll—

ständiger, nemlich: „.... coueepffo, quae ad res plures pertineat a se invicem di e

rentesy id vero genus esse, manifestum esl“, sodann aber nach znfi‘lgend: at vero Aristoteles nullos putat extra esse substantiasy seeidniignetnellZeeeillaemnsihmiin-— ’

litudinem plurium inter se differentiam glubstantialem genus putat esse vel spcciem);

eo ergo de/leetitur quidquid seriptum ests ul intellectus aut nulia universulium univer

sitatem claudat. - v

65) Ebend. p. eo iz Eamm vero qui rebus inhaerentp multae sunt et diversae

opiniones. ASiquideni hei ideo, quod omne quod unum est, numero est, rem univer

salem aut unum numero esse aut onmino non esse concluditg sed quia impossibile

substantialia non esse existentibus his quorum sunt substantiatias dumm collignnh

universalia singularibus quod ad essentiam uuienda. Partiuntnr itaque status duce

“.Gaufero de Mauritanio et Platonemuin eo quod Plato est dicunt individuum, in eo quod

homo speciem, in eo quod afiumit/genusl sed subalternunh in eo quod substantia ge

neralissimum. Halmit hau opinio aliquos asserturess sed pridem liane nullus pro

fitetur. _ tu i

66) iEbende. 91.: llle ideasiponit litalouem aemulatus et imitans lternardum

carnotensem et nihil praeter eas genus dicit esse‘vel speciem . . . . . . .. (p. 92.) Egerunt

operosius bernardus Carnolensis et eius soclolores, ut eomponerent inter Aristotelem et .

anfonem, sed eos tarde venisse arbitror et luborasse in vunum, ut reconciliarent mor- i'

luos, qui quamdiu in vita licuit dissenserunL ’ V

67) Ebend. p. 92.: _Porro nb'us, ut Aristotelem erprintal, cum Gilberfo episcopo

Pietaviensi universalitalem formis uativis altribuit et in earum eonformitate laboratg est

autem forma nativa originalis exemplum et quae non in mente dei eonsistill sed rebus

creatis inhaerelg haec graeca eloquio dieitur (150;, habens se ad ideam ut exemplum

ad exemplar, cens-ibitis quidem in re swisibjli, sed mente eoneipitur insensibilis, singu

laris quoque in singulisi sed in oznnibus universalis. i dh

XIV. 'Die Parteispaltnng.

t; .

4.

nur in einem „colh'gere“ beruhe es) (s. Anm. 145 fl'.)‚ welche

wegen mancher Schwierigkeiten sich zu

8) der Annahme betrell's der nmaneriesu gestaltete oder in die obige

Status-Frage auslief“), — s. Anm. 85 fl'.

Sowie aber Johannes diess noch einmal zusammenfasst, um alle

diese Ansichten mit Ausnahme der dritten als anti-aristotelisch zu he

zeichnen, und zwar mit einer merkwürdigen Wendung, _wornach ihm

zuletzt Jedwedes als Realismus erscheint 7°)‚ so spricht er ein anderes

Mal gleichfalls von dieser Parteispaltung und nennt daselbst 71) von den

so eben aufgezählten Ansichten nur die ersten vier, neu aber kömmt

nun dort hinzu

9) die Ansicht, dass die Universalien abstracte Formen wie die

mathematischen seien.

Dass wir aber hiemit noch nicht zu Ende sind, sieht jeder liun

dige schon daraus, dass in des Johannes Bericht Wilhelm von Cham

peaux gar nicht erwähnt ist; nun kömmt aber, — um vorläufig nur

bei der Aufzählung der verschiedenen Meinungen stehen zu bleiben —-‚

. est Ebend.: Est et alius1 qui cum Gausleno Suessionensi episcopo universitäth r

tem rebus in unum collectis altribuit et singulis eandem demiL

69) Ebend. p. 92 tis Erinde quum ad interpretandas auetoritates ventum est,

laborat prae dolori-l quia in locis pluribus rictum litterae indignantis ferre non sustinet

Es! aliqnis, qui confugiat ad subsidium novae linguam quia latinae peritiarn non

satis habetj nunc enim quum genus audit rel speries. res quidem dicit intelligeudas

universales, nunc rerum maneriem (unbegreiflicher Weise gibt Gilcs‘materiem, ob—

wohl die Ansgabe Amstcl. mes das Richtige hat, abgesehen von den sogleich fol

genden Worten, s. unten Anm. 85.) interpretatur; hoc autem nomen in quo auctor-um

invenerit vel hanc distinclionem, incertum haben, nisi fort iq_glosx?fliflltbtß aut

modemorum linguis doctorum Sed et ibi quid significetj _‘ eidem nisi rerum

collectionem cum Gauslcno aut rem universalem quod tamen fug maneriem (ebenso)

dici, nam ad utrumque potest ab interpretatione nomen referri. eo quoq maneries

(ebenso) rerum numerus aut status dici potest, in quo talis permanet (a so er ety

mo'logisirt vom Stamme „mimeo“) res; nec deest, qui rerum status attendet et eos

gencra dicit esse et species. . reg -' ‚

70) Ebend. c. 20. p. 95.: ouare ab Aristotcle ncedendum est concedenda ut

universalia sint (s. unten Anm. 590.-L aut refragandum opinionibus quae eadem

(l) „vocibus“, (2) „scrmonibus“, (4) „sensibilibus rchus‘ , (5) uideisna (6) „for

mis natiuisu (die Ausgaben haben formis, natun's), (7 u. 8) „rollcctionibqfl ag

gregantl quum singula horum esse non dubitentun qui autem ea esse statuit ‚V Arie

stoteli aduersetun “

71) Polycr. VII, li1 p. 127.: In his aetatem terere. nihil agcntis et fmstra

laborantis est lfzpediunt haec auctores multis modis variisque sermonibus . .

et litigiosis hominibus multam contendendi materiam reliquerunL inde 0st, qui sen

sibilibus aliisque singularibus apprehensis, quoniam haec sola veraciter-iesu dicun

turl ea in diversos „status“ (4) subvehil, pro quorum ratione in ipsisLsingular-ibus

speciatissimo generatissimaque eonstituiL Saut, qui more mathematicomnninformasu

(diess das Neue) abstrahunt et ad illus, quidquid de universalibus diciturj refer-unt.

Alii disentiunt „intellcclus“ (3) et eos universalium nominibus censeri von/iman

fuerunt et qui „voces“ (l) ipsas genera dicerent et species. sed eorum iam etplosa

sententia est et facile eum auctore suo evanuiL Sunt tamen adhuc qui deprehenæ

dantur in vestigiis eorum, licet erubescent auctorem vel sententiam profiteri solis

nominibus inhaercntcs, quod rebus et intellectibus subtrahuutv v.‚scrmom'lm-s" (2)

adscribunL Magno se iudice quisque tueturi et ex verbis auctor-umlrun suam ad

struit sententiam vel errorem. oriuntur hinc magna seminario iurgiorum et colligit

quisquey quo suam possit haeresin continuam

xm Die‚Parteispaltung. m

f'?’

‚de l’exislence des choses universelles. ll es! plusieurs mulieres de l’flablir. Suivunl

l’une etc. (nun folgt die Ansicht Wilhelm’s von Champeaux, s. unten Anm. 105.)

m _ i i

noch eine Stelle des Fragmentes De generibus et speciebus hinzu 72),

in welcher gleichfalls die Unterscheidung zwischen Jenen. welche die

Universalien als vox bezeichnen, und denjenigen, welche sie für res

halten, zu Grunde gelegt ist. bei letzteren aber nur zwei Unterarten

derselben namhaft gemacht werden, nemlich .

10) die sogenannte ratio indifl‘erentiae (s. Anm. 132 m und

11) die Ansicht des Wilhelm von Champeaux, — s. Anm. 102 11'.

Ferner spricht von diesen Meinung»Verschiedenheiten einmal auch

Abälard'“), woselbsl. er innerhalb des Realismus zunächst die beiden

so eben genannten Annahmen erwähnt, sodann aber auch

12) eine Auffassung wornach der Unterschied zwischen Gattung

und Individuum nur in einer Eigenthi'imlichkcit (prop-rietas?) des

Daseins liege, insoferne das Universale sowohl in Mehreren zu

gleich als auch in Einzelnwesen auftreten könne.

Hingegen Pseudo-Abälard De intellectibus (s. unten Anm. 416 11‘.)

unterscheidet unbestimmt allgemein nur Realisten. Nominalisten und die f

’t'

Abälard'sche Ansicht 74). „j

Endlich aber kömmt noch hinzu 1"

13) die Annahme des Verfassers De generibus et speciebus, — s.

Anm. 148 11'. xl m

72) Bei Cousin, omm indd. dubitor-d1 p. 513.: De generibus et speciebus

diversi diverse sentiunt. Alii namque voces solas gener-avet species uninersales et

singulores esse a/firmant, in rebus vero nihil horum assignanL Alii vero res gene

rales et speciali-s universale: et singuläres esse divinum-sed cl ipsi inter se diversa

scnliunl," quidam enim dicunt singulario individua 'e‘sse species et gcnera sub

altcma et generaliuimu alio et alio modojaltenta (der Verfasser bezeichnet diese

Ansicht selbst als „sententia de imlifferenlianv s. unlen Anm. 133.); alii vero quas

dam essenlias um't‘ersales fingunl. quas in singulis individuis lolus essenlialüer esse

credunt (dass diess letztere die Meinung Wifhelm’s seif‘wird unten erhellen).

'13) ln den schon obcn‚ Anm. 13., angeführten Glossulae super Porphyn‘um

bei Bemusal a. a. O. p 96. (leider gleichfalls nicht im Originaltexte mitgetbeilt):

La grande Igueslion que Porphyrc indique cn ddbutanl arröte Abälard, et ü es!

presque ob iyd de la trailer null-meni pour la poser. Toutes les opinions sur les

urgiversauæ se prävelenl, dit-il, de grandes aum-inis (schon hier übersetzt Bemnsat

falsch, denn er gibt in der Anmerkung die Original-Worte nuuos quisque se tuetur

audorilate iudice", deren Sinn ist‚ dass jeder seine Ansicht durch die überliefertefi

AuctoritM, d. h. durch Aristoteles. stützt) p. 97.: Le premier sysldme ost celui

p. 99.: I.a secunda manidrc etc. (folgt die Inditferenz-Lchre‚ s. unten Anm.

132.) . p. 101 f.: Enfin on 's’y prend d’une troisidme mam'erc pour soutenir que

les universauz sonl des thesm Voulanl ezpliquer la communauld‚ l’on dit qu'cntre

la c/iose universelle vt lu'chosc singulidrt‘ est une differran de propridlä, la pro

priete' qui consisle d efli-e universelle, la proprieli‘ qui qmtsisle d iiti-c singulicre.

L’am'mal, le corps est universel, et n'est pax smlnnenl quelque animal et qudque

corps; mais dire „l'animal es! universel", revienl d diro ‚.il y u plusieurs choses

qui sont chacune individuellcmcnt animal“; quand „animal“ se dit d'un seul, an

entend qu'un seul‚ un .Etre determimi es! animal Endlich p. 106. folgt in

unbestimmten Ausdrucken die Auffassung der Universalien als vocem

74) Bei Cousin‚ Fragm. philos. Plu'los. sculusl. Pur. 1840.11. 494.! ne formis

diversi diversa senliunl. Ouidam enim volunt omnes formas esse essentias (die Bea—

listen), quidam nullas (die Nominnlisten). quidam quasdam cssenlias esse eonfir

maniy quasdam non (die Anhänger Abalard’s. Näheres s. unten).

‘ ä

me xlv. Die Parteispaltnng. Nominalismus.

Von diesem Bunterlei der Meinungen nun werden wir jene des

Abälard (2.), des Gilbert (6.) und des Johannes von Salesbury (nem

lich die 3.) erst später in Verbindung mit der gesammten logischen

Thätigkeit derselben erörtern können; sodann aber fallen die 12. und

die 9. darum hinweg, weil wir schlechthin Nichts näheres als das so

eben Gesagte über dieselben wissen; nur mag bei letzterer bemerkt

werden, dass sie uns entschieden an jene mathematische Betrachtungs

weise erinnert, welche wir oben-1 vor. Abschn., Anm. 169, schon in

weit älterer Zeit trafen. Die übrigen hingegen müssen wir nun versu

chen genauer zu besprechen, wobei sich uns manche verschlungene

Verwandtschaft zwischen einzelnen derselben und selbst wieder neue

Abarten und Abzweigungen zeigen werden. Auch spielt aber in jene

Controversen, wie sich schon aus dem Vorgangc des Boethius (s. Ab

schn. X11, Anm. 85 ff.) erwarten lässt und es theilweise bereits bei

B0scellinus zu Tage getreten war (vor. Abschn., Anm. 321 f.), in hohem

Grade die Lehre von der Eintheilung und der Definition herein, denn

v die Tabula logica des Porphyrius oder Boethius bewegt sich ja haupt

.25 sächlich in den Universalien, womit das Zeugniss Ahälard’s übereinstimmt,

dass Viele sich mit jenem Zweige der traditionellen Logik beschäftigten

. und Manche sogar die Boethiamsche Lehre der Eintheilung noch zu

vervollständigen versuchten m .

l" Was nun zunächst die an Boscellinus anknüpfende Ansicht betrifll,

f' so scheint dieser Nominalismus in der 'l‘bat nicht so schnell gänz

" lich verschwunden zu sein, als es nach den oben angeführten Aeusse

in rungen des Johannes von Salesbury (s. vor. Abschn., Anm. 325) schei

i nen müsste. Denn abgesehen davon, dass dieser nemliche Autor doch

wieder selbst von einer Richtung spricht, welche einseitig nur dem

Klange der Worte folgt und so dieselben fast zum hlossen Hauche ver

flüchtigt“), treffen wir nun auch noch in Abälard’s Zeit eine Wider

holung jener Vorwürfe, welche Anselmus gegen Boscellinus gewendet

hatte (s. ebend. Anm. 319), und zwar derartig gesteigert, dass der N0

minalismus sich schon einem vollständigen Sensualismus genähert zu

haben scheint, wenn behauptet wurde, dass nicht bloss kein Allgemeines

existire, sondern auch durch die Worthezeichnung das {lenken nur dic

Einzel-Wesen erfassen). Ja mit deutlicher Bezugnahme auf eine Stelle

.ii

75) Abael. Dialccl. b. Cousin, p. 450.: Dividendi seu di/finiendi peritiam non

solum ipsa doctrinae necessitas commendat, verum diligenter multorum auctoritas

tractaL Ebend. p. 489.: Moeel autem fortasse quosdam, quod sint quaedam dici

siones, quae in sex suprapositistfi h. jenen des Boethius, Abschn. Xll, Anm. geo

non connumerantur. 's '_

76) Job. Sarcsb. Enthal. v. 27 fl'. oni sequitur sine mente summt, qui verba

capessity Nun sensuml iudeæ integer esse nequitg Ouum vim verborum dicendi causa

ministri-ty llaec si nescitur, quid nisi ventus cmnt?

'17) Pscudo-AbaeL D. intell. n. a. O. (Anm. 74.), p. 488.: Sicut em'm, in

quiunl, cum homo sentiluly necesse vel hunc vel illum vel aliquem alium sentit-iy

eo uidelicet quod omnis homo sit vel hic vel ille vel alius, ita et de intellectu ad

.similitudinem sensus raliocinantur, ut uidelicet si hamo intelligatun necesse sit vel

hunc vel illum vel aliquem alium intelligi. Praeterea homo nihil aliud sonat quam

quidam homo, unde et qui hominem intelligitl profecto quendam hominem intelligit

et ita hunc vel alium intelligit

‚‘ ‘ält i" . ..

“s z "

ot

XIV. Nominalismus. ma

. der Analytik drückten einige extreme Nominalisten, welche selbst aas

prädicative Satzverhültniss bekämpft zu haben scheinen (vgl. vor. Abschn.‚

Anm. 324 f.), sich sogar derartig aus, dass nicht einmal das Wort

„Individuum“ prädicirt werden dürfe, sondern nur die Singularitüt des

Einzel-Wesens Gegenstand der Aussage sein könne 78). Auch knüpfte

sich eine solche Hinneigung zum Sensualismus 79) an jene der Psycho

l logie angehörigen Erklärungen, auf welche Aristoteles in beiden Analy

i tiken (s. oben Anm. 19) die Erkenntniss-Theorie stützt“).

Selbstverständlicher Weise hat die Stufenfolge von Gattung zu Art

l ‚und von Art zu Individuen bei den Nominalisten keine ontologische Be

deutung, sondern indem sie den Realismus bekämpfen, substituiren sie

zur Kundgebung ihrer Auffassung für die in dcr lsagoge üblichen Worte

überall das durch dieselben „bezeichnete“ (significatum), indem sie z.

B. significatum generis statt genus sagen und in solcher Weise alle

Lehr-Sätze figürlich (figum locutionis) interpretircn, da ihnen ja über

.“ haupt nur die Individuenals seiend gelten, diese aber durch die Worte,

‘ ‚i sei es durch Specielle oder durch allgemeine, ihre „Bezeichnung? fin

den 81). Eben Letzteres aber scheint eine Spaltung unter den Nomina

A‘ilisten hervorgerufen zu haben; nemlich die Einen, und zwar offenbar

die Besonneren, unter welchen ein uns übrigens unbekannter Garmund

genannt Wird, hielten doch noch.an dem begrifflichen Gehalte des

Wortes, welcher ein inneres Verstehen erzeugt, lest und verneinten es

hiernach entschieden, dass durch den Namen der Gattung auch schon

die Art oder durch eine Inhärenz auch schon das Substrat (z. B. „Mensch“

durch „lebendes Wesen“ odcr „Körper“ durch „Gefärbt“) bezeichnet

werde 82); Anderenibingegcn, gewiss die Leicbtfertigeren und Extre

m" 78) 10h. Saresb. Melal. ll, 20,11. 110.: Hinc [orte est illud in Analylicis

‘ „Aristomenes intelligibilis semper est, Aristomenes autem non semper“ (Anal. pr. l,

33, bei Boeth. p. 495.); et hoc quidem est singulariter 'individuum, quod solum

quidam aiunt posse de aliquo praettiearig Plato enim Aristidis filius neo quantitate

fut atomus nec soliditate ut adamasl sed nec praedicationey ut dionntl individuam ext.

79) Ebend._lll, 7, p. 140.: Sed ntinutiorex philosophi cum Porphyrio vulgi se

lquuntur opinioncm, qui fere id solum consueviti approbare, quod sensibus paleL

Ebend. IV, 20, p. 176.: Unde et quidam minuti philosophi. eo quod a sensibus

ad scientiam sit processusl nisieorum quae sinuantur ullam negant esse scientiam

s 80) Pseudo-Aliael. d. intelL a. a. O. p. 466.: cum quidam omnes imaginationcs

. quasdam sensum recordationes esse velintl hoc est eas ex rebus sentitis solum

. imoilo haberil etc. Joh. Saresb. Mclal. lV, 9, p. 166.: librum ergo opinio esl, quod

l: eadem potentia nunccsentiatj nunc megbretugmunc imaginatur, nunc discernat in

westigandol nunc inuestigatu assequando1 intelligaL

y 8l) D. gen. et spem b. camini Abelard p. 524.: ainnt figuram totam esse

locutionem ‚.genus est._malcria 'specici“ (diesen Lehrsatz des Boeth. d. rh'm's. s.

Abschn. Xll, Anm. 97.), id est significatum generis materia est significali specieig

v sed hoc secundum eos stabile ext, nam cum habeat eorum sentential nihil esse prae

"v ter individua et haec tamen significan' a vocibus tam universalibus quam singularibusy

idem prorsus significabit animal et homo.

.. aut 82) Abel. Dialect. p. 210.: Alii enim omnial quibus vox imposita estl ab

.‚ . ipsu voce signi/icari volunt, alia vero ea sola, quae in voce denotanlur atque in

Ä sapientia ipsius tenentun illis quidem magister noster V. (was Cousin höchst will

kürlich als uwillelmus Campellensis“ erklärt, s. unten Anm. 102.) favet, his oero

parmbndus (wenn Cousin in einer Anmerkung sagt ninfra de eo, so. Garmundo,

l ib‘nonscmel mentio eritulw- so verstehe ich diese nicht, denn in jenem Texte wenig

„wg.v

ut ' _ XIV. Nominalismns. Die Lehre von maneries.

I

i. .

nieren, wie z. B. ein gewisser Magister „V.“‚ warfen sich lediglich auf l

das Bezeichnen, wornach jedes Ding in jedwedem ihm beigelegten Prä

dicate bereits mitbezeichnet sei, und es ist beachtenswerth, dass diese a

hiebei sich auf die Grammatik stützten, nach welcher jedes Nomen so- a

wohl eine Substanz als auch zugleich eine Qualität bezeichne 83). No

minalisten der letzteren Art müssen es auch gewesen sein, welche wohl

mit einseitiger Verfolgung der Ansicht des Boscellinus Anm. 321) zu der Behauptung gelangten, dass die einfache(vdoirc.tioAb(sdc.h\hn_.. J o

das einzelne Wort im Gegensatze gegen das Urtheil) überhaupt keiner-' „

lci Theile des Denkactes, nemlich auch keine gleichzeitigen, in sich."

trage, sondern wie ein Punkt in unterschiedsloscr Einheit Alles, was '

unter das Wort fällt, umfasse 84). — Ein paar einzelne Gonsequenzen

des Nominalismns bezüglich der Kategorienlehre s. unten Anm; nos f. l‘

u. 199.

Eine Abzweigung des Nominalismns aber war gewiss die Annahme

betreffs der .‚maneries", s. oben Anm. 69; denn wenn Johannes von i

Salesbury dieselbe unter den realistischen Ansichten aufzählt, werden - '

wir nicht bloss durch jene obige (Anm. 70) Stelle. desselhei,“ in welcher

tk

‚er ja zuletzt Alles als Realismus bezeichnet, sehr bedenklicm gemacht,"

sondern wir finden auch in einem anderweitigen Berichte die entschie

dene Mittheilung, dass die Nominalisten es waren, welche zur Stütze ‚l

ihrer Ansicht, wornacb Gattungen und Arten nur die im Subjecte' oder '‚

Prädicate ausgesprochenen allgemeineren oder specielleren Worte seien,

in den betreffenden Stellen des Boelhius und des Aristoteles sofort „ms“ .

als „vom“ und ngenusu als „maneries“ bezeichneten 85): Das Wort _

. . l vg ‚ . ‚‘w .‘ g

slens, welchen Cousin gibt, ist nicht ein einziges Mal mehr Garmuni,erwähnl)

consensisse vidctur. llli quidem auctaritate, hi vero ful/i sunt ratione. ouibus enim ' ‘

Garmundua amtm'l, ralionabilile'r ca, sola (fehlt ‚das Verbum, etwa. admittunt oder

dgl.), quac in sententia vocis tenentur iusta dif/initium .‚significdndi“, quae est

„siennlteenltlieactuemiusgennoenraraegi"l;ur";de uenodeenniemc avonxomiinnteellgeecnteurmisfascpeerceicnmont‘oplountlessti,gndie/iqraumo uitn

Iloniinem ab animali, nec subiectum accidentis a sumptu oacafiulo. ut corpus ipsum . t

a coloralo vel albo; neque enim homo in nomine animalis exprim'ilur nec subiecti {H

corporis natura in colorato denolatur, scd tantum illud, quantum substaan animal

sensiblle diciturj hoc vero lantnm, quod informatur calore vel albedine; habet tamen

et'illud imposilionem ad horainum et hoc ad anfing? de quibus enuntionfll'.. _. i

83) Ebend.: Hi vero‚ qui omnem vocum imp silionem in signifimtioncm dau- '

cunl, auctoritatem protendunt, ut ea quoque significari dicant a i'ac‘e, quibuscunque

ipsa est imposila, ut ipsum quoque hominem ab animali vcl Sorruleni ab hominc- v

vel subiectum corpus ab alfm; nec solum es; arte, verum cliamiex auctoritate gram- l' a

maticac id conantur osfendcre; cum enim t" dat grammatica, omneinamrn SilDSfIN—’_

tiam cum qualitate significat-m album quoque, quod snbieclam nominal substantiam ‘

et qualitatem determinat circa eam, utrumque dicitur signi/icare (diese Ansicht also ‚

sollte nach Cousin dem Realisten Wilhelm v. Champeaux angeborenl). ..

84) Pseudo-Abael. d. inlell. a. a. 0. p. 472.: Suni itaque intellectus coniuntta- .

rum ct divisarum rerum diclionum tanlum, coniungcnlcs vero ut diuiduntur infelf‘etfus ‘Q

phi.

orationum tantum sunt; illi quippe simplin sunt. isti compositi. (So des Ver—

fassers Ansicht.) Sunt plerique fortassis (nemlich Nominalisten), qui inlclleclus

l

nseimqpuleicessimunlullu(ds. ohm.niunngoleipcabrzteeistigheabeordeercosnuccecdeasnsfi,ve mTqhueieleschialtm-tubcprehraisimp'tc‚rnsusriodnaems "‚i

Unheil, nie aber das einzelne Wort); qui enim, inqniunf, plura simul intelligi-u

una simplici actione omnia simul atlendit. . ‚ " t

85) D. gen. et spcc. a. a. O. p. sus Nunc illam scnleiiiam, quae voces solas

iram

XIV. Die Lehre von maneries. Platonismus. Bernhard v. Chartres. 125

„manen'es“ selbst ist gleichfalls Weder so monströs noch so selten, als .

Johannes in seiner obigen (Anm. 69) Angabe meint, denn es begegnet

uns nicht bloss in allgemeiner Bedeutung bei Bernhard von Clairvaux ßß),

sondern sogar in speciell logischem Sinne bei einem anderen Autor aus

dem Anfange des 13. Jahrhundertes, nemlich bei dem Kanonisten Hu

guccio (gest. 1212), welcher in seiner lexicalischen Schrift „specles“

als nrerum maneries“ definirtST). Und sowic dieses Wort (das fran

zösische „'mam'ere“) nach seiner richtigen Ableitung auf die Bedeutung

„Handhabung“ oder „Behandlungsweise“ hinausläufts‘), so musste es in

logischer Anwendung zunächst die subjective Auffassungsweise bezeich

nen und hiemit der nominalistischen Anschauung oder jenem „colligere“

(Anm. 68) näher stehen; hingegen erst, wenn „mane-ries" von der

Bedeutung „Art und Weise“ allinälig zu der Bezeichnung einer „Sorte“

hinübergewendet war, konnte es m logischem Sinne ohjectiv‘so ge

nommen werden, dass die status-Frage (Anm. 65) hereinspielen mochte,

obwohl auch noch bei „Sorte“ der Gedanke an das „Sortireu“ (d. h.

colligere) nahe genug läge. ‘ aur

Die einseitigen Gegner der einseitigen Nominalisten waren jeden

falls die eigentlichen Platoniker, unter welchen uns zunächst als ein

Hauptrepräsentant Bernhard von Chartres (bis gegen 1160 lebend)

begegnet. Während derselbe ebenso sehr eine höchst ausgedehnte lit

terarische Kenntniss als eine entschiedene Lehrgabe besass ”9), war er

kein Freund der Neuerungen, sondern wies auf die Alten hin, auf

deren Schultern allein die neuere Zeit stehe. so dass dieselbe nichtsich

genera el species universales et particulares praedicatas el subiectus asset-il et non

res, insislamus (p. 523.) Boethius in commcnlan'o super categorias (p. 114.)

rlicil „thm'am rerum ducem genera sunt prima, necesse fuit decem quoque esse

simplices voccs, quae de simplicibus rebus dicerentung hi lumen ezponunls „ye

nera, id est manerias“. quasdam autem res universale: ail Aristoteles in Ferien

mem'as (b. Boeth. p. 233.) „rerum aliae saut uninersales, aliae sunt singulures“;

hi tamen exponunt: „rerum, id esl vocum“ . . . . .. His autem tam aperlis audo

n'mlilms ralionabiliter obviure non valcnles aul dicunt auclorilales mcnliri aul ezpo

nere laboranles, quin excon'eije nesci'unt, pelle-m incidunL

86) Epist. 402. (Opp. ed. Martene, Vene}. 1765. l, p. 156.): Manen'es locu

lionis pro sigillo sil, quia ad manum non erat.

sn Hugoccio, der Verfasser einer Sunfma bccrelorum und anderer kanonisti

scher Schriften (Naheres über ihn s. b. Sarli, d. clar. archiyynm. Bunon. pro/'ess.

l, p. 29611’. u. b. Du Gange, Glossar. l‘rae/aliu ä. XLVI.) hatte ein Vocahnlarium

(über den'valionum) geschrieben‚ welches theilweise aus dem oben erwähnten Pa

pius (vor. Abschn., Anm. 286 ff.) geschöpft war und mehrfach handschriftlich vor

handen ist. Aus demselben theilt Du Uange s. r. Maneries folgende Worte mit:

Species dicitur rerum mancries, secundum quod dicitur „herba huius spccici, id est

muneriei, crescit in horlo meo“. "=

88) S. Dies, Elymol. Wörterli. d. romam Sprachen p. 216. Ein vollig ver

schiedenes Wort ist mancria, welches von manca abstammt und verwandt mit man

'sio „Aufenthalt“ bedeutet (s. Du Gange s. v. Maneria).

89) Joh. Sarcsb. Melal. 1,24, p. m f.: bernardus t'amolcnsis, cxunrlalissimus

modurnis temporibus fons lillerarum in Gallia, in auctorum kolione, quid simplex

enti et ad imaginem regulac positum osteudebal,‘ figuras'prammalicae, rolores rhe

toricos, caiiillaliones sup/liunale et qua parle sui proposi'lae leclionis articulus

respiciebat ad alias disciplinas, proponebal in medio; ita tamen ut non in singulis

universa doceret, sed pro capacitule audienlium dispensarel eis in tempore doctrinae

mensuram. _‚ . '

me XIV. Platonismus. Bernhard v. Chartres.

_selbst eitel üherheben dürfe m Der antike Kern aber, für welchen

er schwärmt, ist ausschliesslich der platonische, und da er die Realität

der Universalien auf Plato’s Auffassung hin hetheuerte‘“), mochte er

wohl vergeblich sich bemühen, Solches mit der aristotelischen Ansieht

zu vereinbaren, s. ob. Anm. 66 u. vgl. unten Anm. 143. Ja es fällt

kaum. mehr der Geschichte der Logik anheim, zu berichten, dass Bern

hard bei seiner idealistischen Hypostasirung des Seins auch die Singu

larität der Individuen (d. h. natürlich nicht die singulären Individuen

selbst) in der intelligiblen Welt vorgezeichnet erhlickt und zu dem mysti

schen Begriffe eines Kreislaufes der Gattungen und Individuen gelangt,

in welchem nur die Namen der Evolutionen oderlnvolutionen das Wech

selnde seien 92). Das Widerspruchsvolle aber, dass diese idealistixchen

Verächter der begrifflichen Function des menschlichen Wortes deum F

auf die übliche SchuI-Logik eingiengen, zeigt sich auch bei Bernhard,

von welchem uns in vereinzelter Weise (so dass wir auf eine ähnliche

Bearbeitungüder gesammlen Logik sehliessen dürfen) eine- Erörterung

über die Denominaliva (s. Absehn. IX, Anm. 44, Abschn. XII, Anm. ea

u. 174) überliefert ist. Er führte nemlich auch bei den Adjectivis mit

einem ergützliclien Gleichnisse den platonischen Realismus dumb,‘ indem

ihm das entsprechende abstracte Substantivum (z. B. albado) die reine

platonische Idee repräsentirt, hingegen das Verbum (albet) den Beginn

der Vermischung mit dem Accidenlellen bezeichnet, zuletzt aber das s

Adjeetivum (album) als der Ausdruck der heiIl0sen Vermengung der

Idee mit der concreten Wirklichkeit gilt 93). Hiernach dürfen wir es

"W.

90) Ebend. III, 4. p. 131.: Uicebal bernardus Camelensis, nos esse quasi

nanos gigantium humeris insidentes. ut possimus plura eis et remotiora videre, mm

utique proprii visus acumine aut eminentia corporisy sed quia in altum subvehimur

el ezlollimur magnitudine giganlea. .

91) Ebend. II, 17, p. 91 f.: ouoniam universalia corruptioni non subiacenl

nec motibus alleranturl quibus moventur singularia . . . . ..‚ proprie et vere dicuntur

esse universalia, siquidem res singulae verbi substantivi nuncupalione creduntur ins

dignae, quum nequaquam stent, sed fnyianl, nec expecteni appellationem . . . . ..

Rar-um species trans-euntibus individuis permanent eaedem llae autem ideae, id

' esl eremplares formae, rerum primaevae omnium rationes ‚mm. quae nec diminu

tionem Suscipiurrt aer augmentum stabiles et pcrprtuae, u. s. f.‚ — kurz an Stelle

einer verstaudigen Auffassung eines Erkirnntnissprincipes finden wir nur beschau—

liche Tiraden.

92) Aus dem Megacosmus Bernhard's tbeill Cousin, oni-n imid. d’Abe'l. p.

ezr m Einiges mit. Dort lesen wir z. B. p, 628.; Noys summi et ezsupcranlissimi

Dei est intellectus et ex eius dirinitate nata natura, in qua vitae oioentis imagines.

nationes aeternae, mundus intelligibilisl rerum cognitio praefim'la illic in genere,

in speciei in individuell singularitate conscriplav quidquid mundas, quidquid par

luriunt elementa u. s. w. pv 629.: Sie igitur providentia de generibus ad species,

de speciebus ad individua, de individuis ad sua rursus principia repetitis anfractibus

rerum originem retorquebal l/sia namque primaria foecunda pluralitalis simpli

citas p. 631.: Solis successianurn nominibus varialun quod ab aevo nec ton

tinuatiane nec essenlia separatur. Die Logik ist bei solchflu Schwulst wohl zu

Ende‚ oder hatte vielmehr nie angefangen. .

93) Joh, Saresb. Metal. III. ”2, p. 120.: Es: opinione plurium idem princier

significanl denominativa et ca, a quibus denominanlur. Sed consigni/icatiane diversa

aiebat bernardus Carnotensis, quia „albedo“ significat virginem incurmptamy „ulbet“

eandem intraeunlem thalamum aut cubanlem in toro, „album“ vero eandem, sed

corruptam. Hoc quidem, quoniam galbedau ex assertione eiua simpliciter et sine

.-..

".'

XIV. Platonismus. Wilhelm v. Conches. 127

schwerlich bedauern, dass uns nicht mehr Detail über die logischen

Untersuchungen desselben kund geworden ist.

Gleichfalls an Plato schloss sich an Wilhelm von Conches

(gest. um 1160), eine der schwierigsten Persönlichkeiten ‚in Bezug auf

Litteraturgeschichte der mittelalterlichen Philosophie 94). Doch jener

mit pat'ristischer Philosophie verllochtene Platonismus, welchen derselbe

in Cosmographie, Psychologie und Physik entwickelt, berührt uns hier

nicht, sondern wir beschränken uns auf das Wenige, was betrell‘s der

eigentlichen logischen Fragen zu erwähnen ist. lndem Wilhelm in der

Erkenntnisslehre sich auf den platonischen Standpunkt eines aufwärts

schreitenden Idealismus stellt g5), und auch ausdrücklich ausspricht, dass

er unter den heidnischen Philosophen dem Plato den Vorzug gebe 96),

unterscheidet er wohl eine vierfache Betrachtungsweise aller Dinge,

nemlich eine dialektische, sophistische, rhetorische, philosophische 97),

tritt aber betreffs der ersteren beiden (bei beiden letzteren ist es ihm

ohnediess selbstverständlich) entschieden auf die Seite der Realisten, in

dem er Diejenigen bekämpft, welche alles Reale ausschjiessen oder zu

letzt nicht einmal mehr die Namen der Dinge, sonderü.‘ überhaupt nur

etliche Worte (d. h. nemlich wohl die quinque voces) zulassen woll

omni participatione subiecti ipsam significat qualitatem ‚.‚ulbel“ autem eandem

principaliter. etsi participationem personae admittat. si enim ittud euzcutiasj quod

verbum hoc pro substantia significul, qualilas albedinis ocrurrnt, sed in accidentibus

verbi personam reperics; „011mm“ vero eandem significat qualitatem, sed infusam

commixtamque substantiae et iam quodammodo magis corruptam . . . . .. Mulla quoque

proferebat undique coflquittüa, quibus persuadere m'tebatnr, res interdum pure, in

terdum adiaeenter praedicaril et ad hoc denominativorum scientiam perutilem us

serebaL

94) S. 0udin, d. script. cool. ll, [3.1228 fl. und Briwker, "ist. crit phil. lll,

p. 774., welch letzterer zuerst es bemerkte, dass die „Dmymativon“ betitelte Schrift

des Wilhelm von Conches sich gedruckt finde als Werlt eines Guilelmus Aneponymus

in einer von (‚‘ralaroli besorgten Ausgabe. Und da nun die ‚.Magna de naturis

philosophia“ Wilhelm’s, von welcher wohl Conr. Gcsncr (Epil. Biblioth. 0d. Tigur.

1583, fol. 301.) einen lncunabel-Druck sah, aber omm nicht einmal mehr Hand

schriften auffinden konnte, völlig verloren zu sein scheint, und auch von der „l’hi

losophia minor" Wilhelm’s ofl‘cnbar nur der Anfang unter dem Titel [Tegl dulci

Eem/ in den Werken des beda venerabilis (ed. Colon. 1688. ll, p. nos fl‘.) gedruckt

ist, darf ich hier wohl gelegentlich berichten, dass von jenem Dragmaticon die

Münchner Universitäls-Bibliothck ein Exemplar besitzt (Dialoyus de substantiis phy

sicis confectus a wilhelmo Aneponyma philosopho lndustria Guüiclmi Grataroli.

Argcntur. 1567. 8.), und dass aus diesem seltenen Buche die Kenntniss der Phi

losophie Wilhelm's noch am vollstandigsten geschöpft werden könne. Ausserdem

hat Cousin, Ouvr. med d’Abdl. p. 669 ff. höchst schätzenswerthe Bruchstücke ver

öfl'entlicht.

95) S. die bei Cousin a. a. o. mitgetheilten Bruchstücke, bes. p. 673 f.

96) ln genannter Ausgabe des Gratarolns p. 13.: Si gentilis adducenda est

opim'o, malo Platoniz quam alterius inducaturg plus namque cum nostra fidc con

cordaL '

97) Ebend. p. 4.: De eodem namque dialectice, sophislice, rhetorice, vel plii

losophice disserere possmrms. considerare namque de aliquo. an sit singulare an

universale, est dinlrctirum; prolune, ipsum esse quod non est vel non esse quod

eat, soplii'slicum est; probarei ipsum esse dignum praemia vel'poena, rhetoricum;

sed de natura ipsiusque moribus et of/iciis dissererc, est philosophicum. Dialecficus

ergo, sophistc, aralor,-pl;ilo;oplius, de eadem rc diversam considerantes et intendentes

disputat-e possunL „ t . .. ‚3:1,

k, '

.„‚. te m xa

ve

Ä . F. a

128 x1v. ‘ Realismus. Wilhelm v. Ghampeaui.

ten 9l’). Wohl aber gesteht er wenigstens, in ähnlicher Weise'wie

Scotus Erigena, sich selbst auf Boethius berufend, dem menschlichen

Geiste dle Function zu, die concret existirenden Dinge mit entsprechen

den Namen zu belegen 99), und sowie er einmal gelegentlich auf die

verschiedenen Bedeutungen des Wortes „Substanz“ eingehtlu"), so ver

trug es sich mit seinem Realismus sehr wohl, dass er zugleich ein

hervorragender Grammatiker warl‘“). ausisng

wenn Bernhard von Chartres den platonischen Realismus innupt

sachlich in idealistischen Betheuerungen oder sonstigen erbaulichen Wen

dungen kundgab, so war es jedenfalls schwieriger und verdienstlicher,

einmal das Verhältniss ins Auge zu fassen, in welchem man sich die

i Universalien als existirende Dinge zu den einzelnen Individuen denken

solle; und in diesem Versuche liegt die Bedeutung des Wilhelm von

Champeaux (gest. 1121), wenn auch der logische Gesichtspunkt bei

dem Realismus desselben noch hinter den ontologischen zurücktritt.

Doch muss Jan vorneherein bemerkt werden, dass wir über die An

sichten des Wilhelm von Champeaux bei Weitem nicht so ausführlich

unterrichtet sind, als Cousin und Andere meinten; denn wir dürfen in

dergleichen Dingen durchaus nicht weiter gehen, als die uns zugäng

lichen völlig unzweideutigen Nachrichten reichen im Schriftstellerische

98) Ebend. p. 5.: omni intelligentes quidam res omnes a dialectica et sophi

stica disputatione extenninarcrunt, nomina tamen earum recepemnt, eaque sola esse

universalia vcl singutaria praedicaneruntg demde sopewenit stultior aelas, quae et

res et earum nomina exo-lusit atque omnium disputationem ad quatuor fere nomina

reduxit ‚‘ ulraque tamen secla, quia non erat ex deo, per se de/ecit. Jene quatuor

nomina können kaum etwas Anderes sein, als die quinque eures, vielleicht mit Aus

schluss des proprium; im Gegt'nsatze gegen eine solche Beschrankung der Anzahl

werden wir hinwiederum selbst scz voces treffen, s. Anm. 278.

99)'Ebend. p. 29.: Uni hoc nomen „corpus“ imposuit consliluto ex quatuor

etenlenlisj quod oculis occurrobru, illud imposuil; unde ait Boethius (p. 112.)„relms

existentibus et in naturae cunstitulione manentibus humanas animus vocabula im

posull1“0.0) Ebend. p. 8.: Nullus qui scripta auctorum recte intelligita hoc nomen

bsubstantiau multarum esse signi/icationum dubitat aliquando substantia est

res per se eristcns; aliquando tam ista quam genera et species istorum substantia

dicunturl ant/e ab Aristolele in primam et secundum dividiturg aliquando artus

subsistendi, aliquando possessio.

101) ‚loh. Saresb. Metal. l, 5, p. 21. ‘

lum Cousin hat nemlich bei Herausgabe der Dialektik Abalard's und des

Fragmentes l). gen. et spem jene sammtlichen in der Handschrift vorkommenden

Abkürzungen „magisler V.", „magistcr noster V.”, ebensosehr auf Wilhelm von

Champeaux bezogen wie jene Stellen, in welchen „Willclmiis“ sich findet; ja er

that sogar das Nemliche, wo einmal (d. „an. et spec. p. 509.) mit den Worten

nm aliter secundum magistrum G.“ eine Entgegensetzung gegen den vorher tp.

507.) genannten magister willelmus deutlich genug bezeichnet ist. Und sowie es

‘ nun geradezu leichtfertig ist, unter jenem magister G. gleichfalls unseren Wilhelm

zu verstehen, so haben 'tvir auch keinen Anhaltspunkt hiefur bei der Abkürzung

„l’.“, zumal da dieser Buchstabe selbst dagegen spricht. Da Abalard, ehe er zu

Wilhelm v. Champ. kam, bei allen hervorragenden Dialektikern Belehrung suchte

(Episl. 1, c. 1, p. 4. Ambosm: proinde diversas disputando perambulans provincias.

ubicunque huius artis vit/ere studium audicrum, Pvripateticorum aemulator [actus

sum), so kann er eine Menge Manner, deren Namen wir nicht kennen, als „magi

ster nu:ter“.bezcichnen, und wir müssen uns vor voreiligen Schlüssen auf be

stimmte Personen hutcn, um nicht auf Abwegc (s. z. B. oben Anm. 83.) zu gera—

XIV. Wilhelm v. Champeaux. teo

_w__‚„

Produkte Wilhelm's sind uns nicht zur Hand 103), und wir sind haupt

sächlich auf eine Angabe Abälard’s beschränkt, welcher sich rühmt,

Wilhelm’s Ansicht über die Universalien derartig mit Glück bekämpft

zu haben, dass derselbe sie bedeutend modificirte, hiedurch aber an

Geltung und Frequenz seines Unterrichtes 'so sehr verlor, dass ein förm

licher Uebergang Aller zu Ahälard’s Ansicht stattgefunden habe ‘04).

Wilhelm nemlich habe zunächst behauptet, dass die Universalien als

einheitlich gleiche Dinge in unzerstückter Ganzheit auf wesentliche Weise

(esse1itialiter)‘den sämmtlichen unter sie fallenden Individuen zugleich

einwohnen, und hiemit zwischen den Individuen kein Wesens-Unterschied

bestehe, sondern dieselben nur in der Mannigfaltigkeit zufälliger Be

stimmungen beruhen. Und sowie sich diese durch die _oben (Anm. 72)

angeführte Stelle aus D. gen. et spec. wörtlich bestätigt, so erhalten

wir ebendort eine nähere Erklärung, welche uns sogar auf eine ganz

vereinzelte Stelle des Boethius hinüberweisl und hiedurch einen richtigen

‚inblick gewzlhrtv wie das Getriebe der damaligen Partei-Controversen

wohl mehr durch zerhröckelte Schulweisheit als durch innere princi

pielle Auffassungen getragen war. Wilhelm behauptete nemlich, es seien

unter jenem zufällig Hinzukqmmenden (adveniens) die individuellen For

men zu verstehen, welche den im Gattungsbegrill‘e bestehenden Stoff

derartig ausprägen (maleriam informanl)‚ dass dabei das allgemeine

Wesen nach seinem ganzen Gehalte (secundum totam suam quantitalem)

eine ludividualisirung erfahre, was dann in dieser Weise betreffs der

—*- v s sit-r

tben. Den Folgerungen Cousin's schlossen sich aber Rousselot, Hanreau und auch

H. Ritter an.

103) flaure‘au, De la phil. scoL l, p. 233. berichtet, dass Ravaisson in der

Bibliothek zu Troyes 42 Fragmente Wilhelm's gefunden habe; die dereinstige Ver—

öffentlichung derselben würde gewiss manchen Aufschluss geben. Dass Wilhelm v.

Champ. ‚.Giossulae super f’en'ermem'as“ geschrieben habe. darf nach dem so eben

(vor. Anm.) Gesagten nicht gefolgert werden, da die betreffende Stelle bei Abae

lard llialecL p. 225. eine so betitelte Schrift nur einem „magister noster V."

zuschreibt.

104) Abael. Epist. 1, c. 2, p. 4.: Perveni tandem Parisiosy ubi iam mazhie

disciplina haec florere consueiveraty ad Guillelmum scilicet Camyfeflensem praeceptorem

meum in hoc tunc magisterio re et fama praecipuuml cum quo aliquantulum moratus

primo ei acceptus postmodum gravissimus exstiti, cum nonnullos scilicet eius cen

tentias refellere canarer et ratiocinari contra eum saepius aggrederer et nonnunquam

superior in disputando viderer . ‚ . . .. (p. 5.) lum ego ad eum reversus. ut ab ipso

rhetoricam audi-reml inter cetera disputatianum nostrarum eonamina antiquam eius

de universalibus sententiam potentissimis argumentorum disputationibus ipsum com

mutarel imo destruere compuli. Erut autem in ea sententia de communitate univer

satiuml ut eandem essentiell/er rem totam simul singulis suis inesse adstrueret in

dieiduis, quorum quidem nulla esset in essentia dicersitas. sed sola multitudine

accidentium aarietas. Sic autem istam suam con-erit sententiamj ut deinceps rem

eandem non essentialitery sed individuatiter (die Variante „indi/l'erenler“‚ welche

Ambois am Rande gibt, fand sich auch in mehreren Handschriften‚ s. llaureau a.

tl. O, l, p. 236.) dieereL EI cum hanc ille correzcisset1 imo coactus dimisisset

senlenti'am, in tantam lectio eius devoluta esL negiigenh'am, ut iam ad dialecticae

lectionem vix admitti-ratum quasi in hac scilicet de universalibus sententia tota huius

artis consisteret summa (vgl. Anm. 60.). llinc tantum raboris et auctoritatis nostra

suscepit disciplina, ut ii qui antea vehementius magistro illi nostro adhaerebant et

mazim nostram infestabant doetn‘nam, ad nostras conaolarent schotas.

Pauniq Qesch. ll. 9

.‚ g. ..

mia-rtr ‘ . . ‚

„n

dao XlV. Wilhelm v.‘Champ_eaux.

ganzen Stufenleiter von Gattung durch Art zum Individuum herab gelte w”).

Auch führte er, wie anderwärts Abälard berichtet, von den zehn Kate

gorien beginnend diesen Proeess einer Information bis zu den Individuen

hinab durch, und konnte dabei, da jene unterscheidenden individuelleren

Formen selbst wieder auf Universalien zurückweisen, die Aussagbarkeit

der Universalien dadurch erklären, dass dieselben den Individuen ent

weder wesentlich oder durch Beifügung (adt'acenter) zukommen W“)?

Eben hierin aber liegt entschieden eine gewisse Gröblichkeit dieses Rea

lismus, welche unschwer in ihrer aussersten Consequenz aufgedeckt

werden konnte, da ja dann in jedem Individuum nicht bloss die ganze

Reihe aller ihm entsprechenden Art- und Gattungs-Begrill'e, sondern

auch in Anbetracht der accidentellen Unterschiede abermals eine mehr

fache Reihe allgemeinerer Begriffe ungetheilt reell vorhanden sein müsste,

so dass zuletzt jedes einzelne Ding ein realer lnbegrill' aller Univer

salien wäre und ein cruder Pantheisnius als Folge sich ergäbe; sowie

wieder andrerseits, wenn mehr jene Zufälligkeit der individualisirenden

Bestimmungen betont würde, schliesslich ja sämmtliche Substanzen eiu

ander gleich wären, da jenes Zufällige ihr substantielles Wesen nicht

berühre, so dass auch von dieser Seite her der Vorwurf des Pantheis

mus schwer vermieden werden konnte (s. unten Anm. 283). Vielleicht

mochte Abälard wirklich derartigen Einwendungen seinen Sieg über

Wilhelm verdanken, und wenn Letzterer in Folge hievon zu der Ansieht

umsprang, dass die Universalien in individueller Weise (individualt'ler),

also bereits nicht mehr in total einheitlicher Weise, den Individuen ein

wohnen 107), so hatte er durch dieses Umschlagen zum Gegenlheile

Q

105) D. gen. et spec. p. 513 f.: Homo quaedam rpecies est, rei una essen

1tialiterkcui adoeniunt formae quaedam et effict'unt Socratcm; illam eandem enea

ltialiter eodem modo infermant formae facientes Platonem et cetera individua homini-si

uec aliquid est in Socratc praeter illas formas informantes illam materiam adire

cieudum Socralem, quin illud idem eodem tempore in Plalone in/omatuml sit fortis

Platonis. El hoc intelligant de singulis speciebux ad individua et de generibus ad

species Ubi enim Socrates esl, et hamo universalis ibi cst, secundum totam suam

quantitatem informalus Socratitate (betreffs des Begriffes Soerotitas s. die entspre

diende Auffassung des Porpbyrius und Boethius Abschn. XI, Anm. I13.); quidquid

enim res universalis suscipitl tota sua quantitate retinet .. quidquid suscipit tota

sui quantitate suscipiL Gerade auch dieses aber ist aus Boethius geschöpr wel

cher (ad l’orplt. p. 87.)‘gelegentlich der Differenz sagt: Neqne enim ut in corpore

solet esse alia pars alba alia nigrai ita fieri in genere potestj genus enim per se

consideralum partes non habel, nisi ad species referaturj quidquid igitur habet,

non partibus, scd tota sui magnitudine retineln'l. So reducirt sich bezüglich der

Geschichte der mittelalterlichen Philosophie mancher Schein auf seinen wahren

Gehalt; vgl. Anm. 129, 134, 170, 286.

106).Glossul. sup Porph. bei Remusat (S. Anm. 13. u. 73.) p. 97.: ll y a

nalurellement die clioses generales ou communes, ce sunt les m cate'gories; de ces

universauz primitifs provisum-nt les ohoses generales qui sonl essentielleinenl dans

les ehosei individuelles, grdee d des formes di/fdrentes. Ainsi l'animal, qui de

nature est substarwel esl, comme substaure onimeel sensible dans Socrate ou dans

Bruncl, toui entier dans l’un eomme dans l'autre, mus auti-e differentia que rolle

des formes. A ce compte l’universel sci-ait altribuable d plusieurs, eu sens qu'une

meme chose serait en plusieurs. dioerxi/iee uniquement par llopposilion des formes.

et conviendroit ainsi aus: individus soit essentiellement, soit adjectivement („essen—

tialiter vel adiaccntcr").

107) Auch ich halte demnach, wenn auch aus anderen Gründen als limum

. v

I .—

1.x“"

XIV. Wilhelm v. Ghampeanx. Die Schwierigkeiten des Realismus. 13‘1

seiner früheren Ansicht sich eben einfach blamirt, und es wäre erklär

Iich, dass seine Schüler in Masse von ihm abfielen, wenn wir auch

nicht vergessen wollen, dass derartige Berichte Abälard's, welche theil

weise ihn selbst betreffen, sehr leicht mit einer Dosis Eitelkeit versetzt

sein können. Jedenfalls aber stimmt es mit jenem Realismus und mit

jener Einschaclitlung der Gattungs- und Art-Begriffe und der acciden

tellen Formen vollständig überein, Wenn Wilhelm (offenbar bei Erörte

rungen über die Eintheilung, s. unten Anm. 122) behauptete, in dem

Namen der Differenz, welcher nicht adjectivisch, sondern substantivisch

zu nehmen sei, liege schon der Artbegrill‘ derartig, dass dabei Stoff

(d. h. Gattung) und Form (d. h. Differenz) zugleich gedacht werden

und z. B. „Beseelt“ genau dasselbe wie „heseelter Körper“ bedeute l03’).

Auch ist uns überliefert, dass derselbe bezüglich der Thedung des Con

tinuirlichen (s. unten Anm. 126) an dem Begriffe eines letzten Untheil

baren, z. B. des Punktes, festhielt‘o“), sowie endlich die vereinzelte

Notiz, dass er betreffs der Topik das Wesen der inventio in die Anf

findung eines Mittelbegriffes verlegte “0). " a

Wahrscheinlich gaben gerade die Schwierigkeiten, an welchen die

Ansicht des Wilhelm v. Champeaux Ieidet,‘die Veranlassung dazu, dass

die Healisten, während sie im Allgemeinen den Standpunkt desselben

oder Ritter, in obiger Stelle (Anm. 104.) die Lesart „individualiter“ für die rich

tige, weil sie eben auf ein haltloses Umspringen Wilhelm's hinweist, wohingegen

die sog. Indifferenz—Ansicht, welche in der Variante „indi/fermter“ lage, schont»

manche nicht unbedeutende Anhänger zahlte, und die Berichterstatter über dieselbe

es sicber nicht verschwiegen hatten, wenn gerade Wilhelm v. Champ. selbst sich

später zu ihr bekannt hätte. _'‚

108) Abael. Dialecf. h. Cousin p. 454 f.: luiiat perquirere‚ cum dicitur

diuisia generis fieri per dilferentias, totque in loco specierum di/rerentiae poni di

cuntury utrum per di/ferentiarum nomina ipsas formas specierum accipiamusy an

potius ipsa vocabula differentiarum intelligamns, quae a quibusdam sumi dicuntur in

officio specialium nominum ac pro speciebus designandis usurparij ut tantundem

„rationale“ valeat quantum „rationale animal“ et tantundem „animatum“ quantum

„animntum corpusuj ut non solum formae signi/icatiol verum etiam materiaz- teneatur

in nominibus differentiarum. Ouae quidem sententia w. magistro nostro praevalere

visa est; volebat em'm, numirii, tantam abusionem in vocibus fien', ut, cum nomen

differentiae in dieisioneygeneris pro specie poneretun non sumptam esset a difiercntia,

sed substantivum speciei nomen ponereturg alioquin subiecti in accidentia dieisio dici

potest secundum ipsius scntentiami qui differe-ntim generi per accidens inesse volebnt;

per nomen itaque differentiae speciem ipsum volebat acciperc.

109) D. gen. et spec. p. 507.! Oitod si continuam dicantus. quidam inde sic

argumentanturs Si domus est, parias est, et si par-ies est, dimidius paries est. et

si dimidius pai-ies 0st, et dimidium dimidii ext, et ita usque ad ultimum iapillumg

cqua-re si haec damus est1 et ultimus lapillus est; si ergo nullus lapillus est, etiam

nulla domus est. . . . . .. Solebat autem opponere magister willelmus huic‘ argumenta

tioni sie: Licet prima consequentia (i. e. si haec domus 2st, hic paries es!) vera

sät; non tamen illa quae sequitur (i. e. si hic paries est, hic dimidius paries es!)

vera erit; non enim verum est romplexionaliler, quod, si quaelibet pars sequitur

ad totum suum, idcirco ad positionem eiusdem partis sequatur pars illius; sequitur

enim bipunctalem lineam pars eins, i. e. punctom, non tamen ad punctum pars eius

sequitur1 quia nullum habeL

110) 10h. Sarcsb. Metat. III, 9, p. 145.: versatur in his (so. in Topicis) in

uentionis materia, quam hilaris memoriae willelmus de compellis definieit, etsi

non perfectel esse scientiam reperit-mii medium terminum et inde eticiendi argumentum

. s 9!

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132 nu XIV. Die Schwierigkeiten des Bealiswusn. ‚ .i‘ t g

billigen mochten, durch Begründungs- oder Verbesserungs-Versuche selbst

wieder unter sich in eine Menge von Parteien zerfielen, deren einzelne

Unterschiede - von den Namen ihrer Vertreter ganz zu geschweigen

-—- wir in ihrer Durchführung nicht mehr näher verfolgen können.

Ausser theologischen Bedenken, welche sich erhoben, mochte man die

Universalien als Erzeugnisse einer Schöpfung oder als ewige Wesen

nehmen, zumal da Einige wirklich alle einzelnen Eigenschaften Gottes

auf solche Weise als „Dinge“ bezeichneten 111), war es in ontologischer

Beziehung wohl jene gegenseitige Einschachtlung aller Universalien,

welche man vermeiden wollte. Einige daher ergriffen die allerdings

plumpe Auslifilfey dass sie obiges (Anm. may „Hinzukommen“ der art

machenden Unterschiede als ein nur vorübergehendes nahmen, um hie

durch die Selbstständigkeit der Gattung zu wahren‘“). Andere hin

gegen zogen eine aristotelische Auffassung bei, indem sie die Gattung

als den in seinem Wesen gleichbleibeuden Stoff betrachteten, welcher

in den Arten verschieden geformt werde, geriethen. aber eben wegen

jener Wesensgleichheit in Conllict mit der Lehre von den Gegensätzen ml).

Und sowie bezüglich des l’rocesses einer solchen Formgebung wieder

die Frage auftauchte, ob der artmachende Unterschied nur das Mittel

der Artbddung sei, oder hingegen zugleich mit der Gattung in das

Wesen der Species selbst übergehc, und Einige (offenbar näher an

Wilhelm v. Champ. stehend) sich auch wirklich für Letzteres entschie

l _

111) D. gen. et spec. p. 517.: Genera et species aut creator sunt aut creaturag

si creatum sunt, ante fuit suus sreator quum ipsa creaturag ita ante fuit dem

quam iustitia et fortitudo .itaque ante fuit deus quam esset iustus vel fortis

Sunt autem qui .. . illam divisionem .. .. sic faciendum exse dicunts quidquid est, aut

genitum est aut ingenitumg universalia autem ingenita dicuntur et ideo coaetenmq et

sic secundum eos qui hoc dicunt, non deus aliquorum factor est Abacl. Introd.

ad theoL ll, p. mon (Ambocr): tertius vero prae-dictorum (sc. magistrorum divinas

paginaev nemlich ein magister in pago Andrguvensij non solum personarum proprie

tates res diversus a deo constituih verum etiam potentiam dei, iuslitium‚ misericor

dient, iram et cetera Imiumwdi, quae iuxta humani sermonis cunstwtudinem in deo

signi/icath res quasdam et qualitates ab ipso diverses, sicut et in nulu's, concedit,

ut quol fere vocabula de deo dicuntun tot in deo res diversas constituaL

112) D. gen. et sp. p. 515f.: illud ergo maioris sintpticitatisy quod dicunt

quidam, quia differentiae quidem adveniunt guncri, sed non fundantug unde et per

se diciturl quia sibi ipsi facit subiectum

113) Afmel. Dialcrl. p. 399 f.: Nota auteml id quod diz'imus, contraria maxime

esse advcrsu, eorum abesse sententiam qui eandem in essentia materiam generis in

omnibus proponunt speciebus ipxis, ut eadem prorsus sit in essentia materia hominis

et esini, quae est animaty sed diversae quidem hic et ibi illius formam Es bezieht

sich auch jene oben (Anm. 105.) angeführte Stelle des Boethius auf die Frage

über die Gegensätze. Ja es scheint diese schwierige (Iontroverse sich in irgend

einen Schulvvitz vom „grossen Esel“ zugespitzt zu haben, denn kaum anders werden

wir die Worte D. gen. et spec. p. 536.: duo opposita esse in eodcm, quod scilicet

inconi-eniens e/fugere non possunt. qui grandis asini sententiam tenent verstehen

können, da die Schreibweise des dortigen Verfassers nicht zulässt, „grn‘ndis usinus“

etwa als heschimpfende Bezeichnung des Wilhelm v. Champeaux zu nehmen; wie

jedoch der Witz formulirt gewesen sei, kennen wir nicht einmal crrathen. Aehn

liebes wohl finden wir bei einer anderen Controverse, s. unten Anm. 352. , und

eine wirkliche Formulirung, in welcher jedoch der Begriff „grundis“ keine Stelle

findet, s. unten Anm. 434.

l.

XlV. Die Schwierigkeiten des Realismus. 133 'i

.1

den 1M), so trat andererseits für die Gattungs- und Art-Begrill'e auch

dadurch eine Schwierigkeit hervor, dass Gegensätze (wenigstens in ihrem

individualisirten Dasein) an Ein und demselben Suhjecte sich finden,

wornach also, wenn z. B. ein Mensch zwar keusch, aber zugleich geizig

ist, in demselben das Universale des Guten mit jenem des Bösen zu

sammentrell'en müsste; Einige nun hall'en sich mit einer Distinction

zwischen den höheren Gattungen und den specialisirten Arten der Gegen

sätze, indem sie wenigstens diese letzteren von der Möglichkeit des

Zusanimentrell‘ens ausschlossen, Andere hingegen dehnten sogar auch

auf diese das bedenkliche Zugeständniss aus “5). Vielleicht gerade hie

durch wurden wieder Andere zu dem radicalen Mittel veranlasst, zu

behaupten, dass die ganze Function des artmachenden Unterschiedes

überhaupt nur in der-Kategorie der Substanz ihre Stelle habe, bei den

Qualitäten hingegen dasjenige, was man Arten oder Unterarten nenne,

eigentlich sofort als Gestaltung von Individuen zu betrachten sei, denn

z. B. Weiss und Schwarz seien in der gleichen Weise zwei verschie

dene Wesen wie zwei Mensehen-lndividuen“6). Ja Einige glaubten

selbst bei den Substanzen den Grundsatz, dass nach Wegl'all der Gat

tung auch die Art wegfalle (nicht aber umgekehrt)‚ sogleich beschränken

zu müssen, sobald mit dem Wesen der Gattung eine qualitative Aende

rung vor sich gehe, denn es sei z. B. unrichtig zu sagen: „Wenn es

kein Mehl gibt, gibt es kein Brod“, da das lllelil vorerst in Teig zu

ändern sei und hiemit auch bei gänzlichem Mehl-Mangel es Brod geben

könne, wolerne es nur Teig gebe “7). vs} ‚‘r"

i ."s' ‘

114) Aliacl. Dial. p. 477.: liationalitas enim et mortalitas advenieutes substan

tiae animalis eum in speciem ereani, quae est homo ; nec cum ipsae generis substan

tiam in speciem redduntv ipsae quoque in essentiam speciei simul transeuntl sed solo

qenera vel subiecta speci/icantur non quidem cum differentiis sed per dinercntias

Si enim di/feruntiae in speciem trans/errorum cum genere, sicut quorundam seu

tentia tenete profecta cogcremur fateril et di/ferentias ipsas cum genere neque

in essentia speciei convenire. unde et ipsas de substantia rei esse et in partem ma

teriae venire contingercL

115) Ebend. p. 390,: Sunt autem quidam qui contraria genera in eodem esse

non abhorrenty sed contrarias species in eodem esse impossibile con/itentun Dimm

enim quod cum omnia accidentia per individua in subiecta miunt, et ipsa contraria

genera per individua sua subiectis contingunL ut virtus et vitiumy quae in hoc

homine per hanc castitatem et hanc avaritiam recipiuntur. quae individua sunt casti

tatis et avaritiae, quae invicem species non sunt contrariae mei species con

trarias esse in eodem per aliqua sua indicidum illud prahg'lwt, quod nec ipsarum

individua in eodem possunt esseyquorum sunt tota substantia ea quae sunt contran'a,

utpote species Sunt autem et qui species contrarias in eodem posse consistere

non deneganL

116) l). gen. et spec. p. 541.: Sunt tamen qui solum praeilicantentum substan

tiae differentia habere dicunty et cum qualitas dividatur in duas prom-imas species1

dicunt illas non diversiricari a genere per aliquas difl'erentias, sed sicut ilia essentia

hominis quae est in mes non est quae illa est in altere, et tamen dissimili forma

non difl‘erunt, eodem modo albedo non est nigredoy nec tamen aliqua forma suae

essentiae differt ab ea, sed utraque mera est essentia.

117) Abael. Dialect. p.u1185 [.1 Destructo genere speciem perimi necesse est. per

ernpta vero specie genus remanere contingit Lluod tamen quidam in his deler

minant, in quorum constitutione materia suum esse non mutati sed quod habebat

per ac, etiam in coniunctione retinety ut hic paries, qui et in constitutione domus

paries „man, sicut ante fuerat. Farina autem panis materia dicitur. sed versa in

' w. au tuin ..i.’

l

134 XIV. Die Schwierigkeiten des Realismus. l

Sowie aber diese Gontroversen, welche meist mit einem Aufwande

von Stellen aus Boelhius geführt wurden, bereits, wie man siebt, an

die Gränze des Unverständigen heranrückten, so hatten sie nach dem

Vorbilde der üblichen SchuI-Logik ihren verwandten Tummelplatz auch

in der Lehre von der Eintheilung (s. oben Anm. 75) und der Defini

tion. Alle Realisten kamen zwar darin überein, dass sie im Anschlusse

an die Auffassungsweise des Boelhius (Abschn. XII, Anm. 98) oder viel

mehr des Porphyrius (Abschn. XI, Anm. 41 11'. vgl. Abschn. III, Anm.

7811‘.) dem platonischen Verfahren einer fortgesetzten Dichotomie den

Vorzug gaben 118); aber schon sogleich bei der zur Definition erforder

lichen Eintheilung der Gattung musste die Frage wiederkehren, wie es

sich mit den am Gattungsbegrifl‘e unterscheidbaren Wesens-Theilen ver

halte, und während die Einen behaupteten, dieselben seien durch Mi

schung vereinigt, etwa wie auch aus der Mischung vou Weise und

Schwarz eine anderweitige dritte Farbe entstehe 119)‚ wiesen Andere

darauf hin. dass ja alle Wesenstheile der Gattung auch einzeln als

Pradicate von den zur Gattung gehörigen Individuen ausgesagt werden

können 120); hingegen auch (liess wurde von Einigen wieder bestritten,

da jene Wesenstheile nur als allgemeinere Begriffe, d. h. abgesehen vo

ihrer Verbindung mit anderen wesentlichen Merkmalen, Prädicate seien,

nemlich als Prädicat werde z. B. vom Menschen nicht die speciell mensch

liche Körperlichkeit, sondern eben die allgemeine Körperlichkeit über

haupt ausgesagt, und ebenso auch die Geistigkeit ‘21). ‚Eine andere mit

Letzterem offenbar verwandte (Zontroverse betraf die Frage, oh bei der

Eintheilung der Gattung der Name des artmachenden Unterschiedes nur

auf die Species oder zugleich auch auf die zu Grunde liegende Gattung

sich heziehe‘”). Auch konnte, je nachdem man die Dilferenz mehr

von der Gattung trennte (Anm. 112, 114),. die Aufgabe der Definition

in die blosse Angabe der Qualitäten verlegt werden und hiedurch unter

den in der SchuI-Tradition (Abschn. XII, Anm. 2, 107 u. 178) aufge

panem suum mutat esse, cum scilicet farinam esse deserit et in micas coneertiturl

unde necquidquam conccrlitur, ut, si farina non sil, panis desit etc.

118) Ebend. p. 458.: Si autem genus semper vel in proximus species ecl in

proximus differentias dividereturl onmis divisio generisy sicut Boelhio (d. divis p.

rotas placuit, bimembris esset Hoc autem ad eam pliilosophicam sententiam

J, rcspicil, quae res ipsasy non tantum vocesl genera et species esse ronfitetur.

' 1191 cui Porretu ad Roeth. d. Trin. (Boeth. Opp. ed. Busil. 1570) p. 1144.:

Putant quidam imperiti quod non sit cera dietiu, si quis dicat „Iiomo est cor

pui“ non addens „et am'ma", aut si dicat nhomo est animam non addens „et

corpus“, opinanles, quody ex quo diversa ut unum componant coniuncta sunt. esse

utriusque adeo sit et illa coniunctione confusum. ut sicut cum album et nigrum

permiscentun quod ez illis sil, nec album nec nigrum dicitur, sed cuiusdom atte

rius coloris ex illa penniztionc provenicntis.

120) Ebend. p. 1143.: corporalitas non modo de hominis illa partev quae

corpus est, verum etiam de homine praedicatur. et rationalitas non modo de hominis

illa partel quae spiritus 0st, sed etiam de homine praedicatur .. (p. 1144.) quid

quitt de parte naturaliler, idem et de composito a/firmandtmt.

I 121) Ebend p. 1144.: forum aliqui dicere gestiunL aliam rationalitatem quam

illam. quae est humani spiritus, de homine diciy et similiter scientiam aliam ct

aliam corporalitatem quam quae humani corporis est.

122) Die betreffende Stelle ist vollstandig oben, Anm. 108., angeführt.

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XlV. Die Schwierigkeiten des Realismus. 135

zählten Arten der Definition die qiialitative den Vorzug erhalten‘“).

Noch schwieriger aber gestaltete sich nach Uhigem (Anm. 112 u. 116)

die Frage, Wie es mit der Definition der Qualitäten selbst, d. h. der

adjectivisch ausgedrückten Begriffe, stehe, und es erhob sich hierüber

eine der ausgedehntesten Controversen; denn wenn man auch bezüglich

der Vorfrage, ob bloss das Wort oder dessen begriffliche Bedeutung

zu definiren sei, in realistischem Sinne sich für Letzteres entschieden

hatte, so dass die Eigenschaft als ein Gef'oriutsein durch ein Universale

(z. B. formatam albedine) definirt würde, so konnte wieder gefragt

werden, ob diess die Definition der Eigenschaft selbst (albedo) odei‘

des qualificirten Substrates (album) sei; und hielt man sich dann, da

ersteres zu einer sinnlosen Verdopplung führt, an letzteres, so trat das

Bedenken auf, ob hiemit jedes einzelne derartige Substrat definirt sei,

oder etwa sammtliche zusammen, und nothwendiger Weise zeigte sich

wieder diess Beides als haltlos, da weder die Dinge selbst, sondern

nur eine Eigenschaft definirt ist, noch auch die Dinge vermöge Einer

Eigenschaft, die sie gemein haben, in ihrem Wesen identisch sind 124).

Sowie aber diese ganze Disciission im Principe noch'auf dem nemlichen .

niedrigen Standpunkte steht, Welchen wir oben (vor. Abschn. Anm.

350 ff.) bei dem Realisten Anselmus trafen, so tragen auch die Streitig

keiten über die zweite Methode des Eintheilens (Abschn. Xll, Anm. se

u. 100), nemlich über die Theilung des Ganzen in seine Bestandtheilem'

eine arge Einseitigkeit in sich. Denn wenn die Frage, was ursprüng‘

lieber Theil (pars principale sei, in die Alternative hineingetrieben

wurde. dassltdie Einen jene Theile als ursprüngliche bezeichneten,

welche, während sie das Wesen des Ganzen conslitniren, selbst nicht

mehr Theile eines Theiles sind (z. B. beim Menschen Seele und Leib),

die Anderen hingegen jene letzten Bestandtheile, durch deren Zerstörung

u -,j.:_„ tf

123) Abacl. Dialecl. p. 492.: Multi, cum significationem substantiae huius no

minis quod est „homo“ agnoscanl, nec qualitales ipsius satis ex ipse percipianl,

lantum propter qualitatum demonstrationem dif/initionem requirunL . “

124) Ebend. p. 495.: At vero in his dif/initionibus quae sumptoruni (diess bei

Abalard das übliche Wort für Adjectiva, s, unten Anm. 321.) sunt vocabulorum

magna, mernini, quaestio solet esse als/n'a, qui in rebus universalia primo loco

ponunt Duplex enim horum nominum quae sumptu sunt signi/italia diciturj altera

principalisy quae est de forma, altera vero secundun'u, quae est de formatog sic

enim „albwn“ et albedinem, quam circa corpus subiectum dolcrminot, primo loco t

significare dieiturl et secundo ipsius subo‘cctom, quod nominal. (Zum iloque album

hoc modo difnnimus nformatum albcdine“, quaeri solety utrum haec dif/initio sit

tantum huius vocis, quae est „olbum“, au alicuius suae significotionis. At vero

cum vocem non secundum essentiam sunm, sed aignificationem diffiniamus, i-idctur

haec dif/initio recte ac primo loco illius esse. liestat ergo quaerere, sin illius

signi/icationis sil, quae prima est, i. e. albedim's, am eins, quae secunda est, quae

est nsubicctum olbedinisf‘. At vero si haec diffim'tio albedinis sit, praedicatur davl

ipsav et de quocunque albedo dicilur, et ipsa dif/initio praedicatum at vero quis

albcdinem vel hanc albedinem formari albedine concedatP Si ccro dif/initio su

prapon'ta eius rei. quam „ollmm“ nominantl esse dicalur, qunen'tur, utrum

uniuscuiusque sit per ae, quod albedinem suscipiant. sine omnium simul aceeptorunL

Uuod si uniuscaiusque sit illa diflinitiol utique et margaritaeg unde de quocunque

t illa di/fim'tio dict'tur, et margarita praedicatum quod omnino falsum eal. Si vero

‘ omnium simul acceptorum esse concedatur, oporlebil, ut de quocunque diffinitt'o illa

ennnliatur, omnia simul praediccntur, quod iterum falsum cst.

i

-‚ ausse-ezr -

v

136 xw. DieNSchwierigkeiteu des Realismus.

das Ganze zerstört wird (z. B. Hanrit oder Herz), als die ursprünglichen

betrachteten 125), so war in Folge des ontologiscben Realismus bei'

ersterer Beantwortung dieser ganze GesichtSpnnkt der Eintheilung ent

stellt und in das Gebiet der Definition verdreht, bei letzterer aber unbe

dachtsamnlie subjective Denkfunction des Menschen, welche den Theil

begrill‘ erst schall't, in den objecliven Bestand umgesetzt, eine Stumpf

beit der Auffassung, von welcher sich bereits der roscellinische Nomi

nalismus (vor. Abschn.‚ Anm. 321 l.) freigemacht hatte. Während die

Einen die rrheilung ins Unendliche als eine objectiv materielle verstanden

und hiebei die gestaltende Form unberücksichtigt liessen oder vielmehr

vernichteten 126), warfen sich Andere‚ wie z. B. ein gewisser Magister

„6.“, auf die Wirkung der Form und hielten das quantitative Verhältniss

der Stoll'theile für gleichgültig ‘27), und auf solcher Basis wurde dann

die Controverse geführt, inwiel'erne ein Mensch bei Zerstörung eines

Finger-Nagels noch Mensch bleibe oder nicht 123). A

ligitur-i

125) Ebend. p. 463 1.: Es! autem quaestio. quas principalcs, quas secandarias

partes vocari conveniatg- alii enim secundum constitutionem. alii secundum destructio

nem has consideranL lii namque eas principales ivocant.uqaae partium partes non

sunt. sed tamen lotius, ut in hoc homine animam et corpus, quibus coniungin vel

in hac domo hune parietem et lioc tectum et hoc fundamentum Oui vero princi

palitatem secundum destructiortem consideranti dicunt eas tantum principales esse,

quae substantiam totius destrunnt. ut capuL quod abscissurn hominem perimit.

126) D. gen. et spec. p. 510.: Ouidam adhuc argumentanturz si haec donius

aal, ef quaelibet eius disgrcgata pars est. et ita hic asser estf cum sit eius dicite

. gata parsg et si bic asser esl, medietas huius asseris est. deinde dimidium dimidiil

et sic usque ad punctumg itaque si haec domus est, et hoc punctura huius asseris

ext; quare si hoc punctum non est1 nec ista domus est. Eine zweite Stelle wurde

schon oben, Anm. 109., angeführt. ”Ferner AbaeL Dialert. p. 182.: Talent rationem

magistri nostri sententia praetendebah ut ex punctis lineam constare concinuntur-f

cum, inquit, linea ubique possit incidi atque sepuratis partibus in capite uniuscuius

que puncta appareanly quae prius erant coniunctaq oportet per totam linearn puncto

esse,- quod si puncto de essentia lineae non sint. magis partes lineae continuare

possunt. quam albedo supraposital ‘ e

127) l). gen. et spec. p. 509.: Vel aliter secundum magistrum G. (s. Anm. 102.):

Prius videndum esty quid dicant voces istae „si paries 0st, et hic dimidius pan‘es";

dicitur indev hic paries non est positus ex duobus lapidibus vel quatuor et formas

sed corpus infectam tali proprielale. quae parietem faciatc quotiens ergo in aliquo

subiecto tatem formam reperiunh sive augmenletur quantitas sive diminuatur, forma

tarnen, quae prius fueral, remanel, verbi gratia, si alterum caput serpentis duo

capita habentis umputeturq serpens tameny qui prius fueraty remaneL AbaeL Dialect.

p. 181.: Sunt autem quidam, qui neque tineam ez punctis neque s-uperficirm

ex lineis aut corpus ex super/iciebus constare concedunt Non est itaqae haec

constitutio ad omnem lineam referenday sed ad maioresa quas sensu quoque ipse

concipimus et per quas homines mensarare consueverunL

128) D. gen. et spec. p. 511.: Sic itaque crescendo novasque creataras pro

gressive creando‚ danec ad aliquam Socratis perveniatur particulaml utpote ad imgues,

habebis unam magnam naturaml quae erit pars Socratis et non Socrates. quia in cius

constitutionc non est ungula. quae ungula pars est etiam Socratis cum illa magna

perle. ilac autem ungula destructa destruilur pars illa naturaej cuius ungula pars

esty quae natura est Socrales, et ita destruitur Socratesg illa autem magna natura,

quae prius pars Socratis erat et non Socratesl destructa ungula remanet Socratcs . et

ita quod prius non erat Socratesl fit Socrates. Oder abnlich ebend. p. 512.: liaec

sententia medium digiti naturam unam esse negati sed si abscindatun ereaturam esse

merito dubitatg aut ergo creatum erat in digito, priusquam amputaretun aut post

abscissionern creatur.

_‚-w‚.‚ »—’4w „‚_.‚__ s, ‚ „.. s _‚ . ‚

XIV. Die Lehre vonvstatus. Walter v. Mortagne. 137

Wenn auf diese Weise der Realismus jenes Missgeschick, welches

ihm in den eigentlich logischen Fragen ankleben muss, wirklich mannig

fach beurkundete, so ist es nicht zu wundern, dass von mehreren Seilen

neue Wege zur Erklärung der Universalien eingeschlagen wurden, wobei

man den Schwierigkeiten des Realismus ebensosehr wie der Einseitig

keit des Nominalismus zu entgehen wünschte. Die Bedeutung einer

Uebergangsl‘orinalion scheint zunächst jene Auffassung zu haben, welche

von ihrem Stichworte als die „status-Ansicht“ bezeichnet werden

könnte, und gleichfalls (vgl. Anm. 112) durch jene Bedenken veranlasst

zu sein scheint, welche den Behauptungen des Wilhelm v. Champeaux

entgegenstanden. Wenn nemlich das allgemeine Wesen der Gattung

durch individuelle Formen seinem ganzen Gehalte nach specialisirt wer

den soll (Anm. 105), so ist schwer einzusehen, wie es mit jenen „hin

zukommenden Eigenschaften“ (advenientia) stehe, welche innerhalb einer

Gattung entweder variiren oder nur vorübergehend sind. Hier nun

grill'en Einige zu dem Anskunftsmittel, dass das Universale von solchen

Qualitäten wohl afi'icirt werde, nicht jedoch insoferne es eben ein Uni

versale sei, und sowie ’man einmal so weit gegangen war, konnten

sich leicht die Universalien, welche bei den Realisten als Dinge (res)

gegolten hatten, wirklich in blosse „Zustände“ verwandeln, d. h. es

wurde tum in der Stufenfolge von Gattung zu Individuum nicht meny

das Universale, sondern der „Status universalisu in Betracht gezogen,

eine Auffassung,-‚ welche sowohl durch das durchgängige Motiv einer

Tabula logica nahe genug gelegt war, als auch ihrerseits gleichfalls

aul' eine Stelle des Boethius sich stützen konnten“). Ein Vertreter

dieser Ansicht war Walter von Mortagne (er lehrte zur Zeit Abä

lärd's in Paris und starb als Bischof von Laon i. J. 1174), welcher

zwar mit überwiegendem Eifer den dogmatischen Controversen seine

Thätigkeit zuwandte 130), aber auch in die Dialektik vorübergehend ein

129) Ebend. p. 514 f.: Amplius sanitas et languor in corpore animalis fundarur,

albedo et nigredo simpliciter in corporeg quod si animal totum existens in Socrate

languore afficitur, et totam, quia quidquid suscipitj tota sui quantitate suscipity

eodem et momento nusquam est sine languoreg est autem in Platon: totum illud

idem; ergo etiam ibi langueretg sed ibi non languet. [dem de atbedine et nigro-ii

dine circa corpus. Ad haec enim non refugiunty ut dicant etat . . . . .. Adduntl ani

mal universale tanguety sed non in quantum est universale. Si ad status se transferant dicentes nanimal in quantum est uuntiivnearmsalsee nvoidneatnatnguel

in universali stata“, respoadeant, de quo velint agere per has voces „in statu uni

oersah'“. Die Quelle aber dieses Begriffes „stams universalisu werden wir mit

Hecht bei Boethius erblicken, wo derselbe gelegentlich der Qualität (ad Ar. praed

p. 180.) sagt: Nihil impedity secundum aliam scilicet atque aliam causamy unam

eandemque rem gemino generi speciei suae supponerc, ut Sacrates in eo quod pater

est ad aliquid diciturj in eo quod homo substantia esl, sic in colore atque frigore

in eo quod quis secundum ea videtur esse dispositus in dispositione numeraturl

denn in dem Ausdrucke „in eo quod“ liegt hier das Entscheidende, sowie in einer

noch deutlicheren Stelle (ebend. p. 189.): Si secundum aliam atqiimaliam rem

duobus generibus eadem res supponaturj nihil inconveniens eadit; ita quoque

et habitudines in eo quod alicuius rei habitudines sunty in retatione ponuntur. in

eo quod secundum eas quales aliqui dicuntur-j in qualitate numeranturg qaare nihil

est ineonveniensq unam atque eandem rem secundum diversas naturae suae potentias

(diess sind ja die Universalien) pluribus adnumerare generibus. en

130) Seine Briefe (gedruckt h. D’Achcry SpiciL cd. De la Barre, Par. 1723,

138° xw. Walter v. Mortagne. Die Indifferenz-Lehre."

wirkte. Er suchte nemlich die numeräre Einheit des Universale mit

der WesensVerbindung, in welcher es mit den Einzel-Dingen stehe, da

durch zu vereinharen, dass er an dem Individuum die Individualität und.

den Artbegrill' sowie den Gattungsbegrifl' bis hinauf zur obersten cattung

je als verschiedene Zustande —- status - unterschied 131). Jeden

falls liegt in dieser Ansicht, wenn uns auch nähere Mittheilungen über

dieselbe gänzlich fehlen, das Beachtenswerthe, dass einerseits das Uni

versale den Einzel-Dingen näher gerückt ist, und andrerseitsiffir-jene

Unterscheidung der Zustande die subjective Denkoperat'ion mehr in den

Vordergrund tritt. Daher erscheint auch jener Bericht (s. oben Anm.

69) nicht unglaubhaft, wornach von der nominalistischen Annahme be

treil's der „maueries“ Einige in die status-Frage hinübergelenkt zu haben

scheinen (s. Anm. 88). M» Maas-.33

Die innere Entwicklung aber leitet uns hiemit von selbst auf‘fdiai

lnd-iffe renz-Lehre hin, Welche insbesondere eine vermittelnde

Stellung zwischen den Parteien einnimmt. Sie beruht drauf, dass Ein.

und dieselbe Sache zugleich allgemein und einzeln sei, indem nicht etwa

ein Universale den Dingen wesentlich einwohne, sondern nur an 'den

selben als mehreren gleichartigen ein unterschiedslos (indifl’erenter)»

Gemeinschaftliches sich zeige; hiernach aLso wird dasjenige, was an

mehreren Dingen das Gleichgeltende oder innerlich Aehnliehe (indiffe

rens oder corm'mile) ist, in der Definition als Gattungsbegrifl' bezeichnet,“

und für das so gefasste Universale ist die Möglichkeit der Aussage

(praedicari de plun'bus) gerettet, während der Realismus immer Gefahr

lief, ein Ding von einem Dinge aussagen zu müssen (s; unten Anm. 287),

und diese letztere subjectiv logische Seite konnte nun wohl allenfalls

auch mit dem Begriffe eines status verbunden werden, so dass jedes

Ding einen Zustand der Individualität und zugleich einen Zustand der

Allgemeinheit an sich habe 132); aber dennoch ist der ganze Standpunkt

von jenem Walter's verschieden. Während nemlich dort noch an der

Existenz. des Universale festgehalten wird und eben dieses es ist, welchem

lll, p. seo fl‘.) sind nur dogmatischen Inhaltes und berühren die Midm

Philosophie nicht im Geringsten.

131 Die Belegstelle s. oben Anm. 65.

mi AbaeL Glossulae sup. Porph'. bei Re'musa! (s. Anm. 13. u. 73.) p. 99 f.:

La secande muntere de soutenir liuniversalite des olioses, c'est de pretendre que la

memo chose est universelle et particuliereg ee nlest plus essentiellement, muis in

di/feremment quc la chose commune est en divers Ca qui est dans Platon et

dans Sonate, c’est un indifferent, un sembluble, uiridi/ferens vel cnnsimile". lt

est de certaines choses qui conviennent ou slaccordent entre alles, c’esl-d-dire. qui

sant semblablcs en natura, par exemple en tant que oorps, en tant qu’animauz;

elles sont ainsi universelles et parlicnlidres, universelles en ce qu'elles sont plusieurs

en cornmunautc diattributs essentielsj particulieres en ce que chacune est distincte

des autres. La ddfiiiilion du qenre („praedicari de plurc‘bus“) ne siapplique utors

auz choses qu’elle concerne qu'on tant qu’elles sont semblables. et non pus en tant

qu'elles sont individuelles. Ainsi les menses choses ant dem: “als, leur etat de

gen“, leur etat dlindividusj et suieant leur etat eiles comportent ou ne comportent

pos unc definition diffe'rente. 0b Bemusat in der Handschrift hier wirklich das

Wort „slalus“ gefunden habe —- es scheint wenigstens so —, oder dieser Zusatz

nur auf seiner eigenen Auffassung beruhe, weiss ich nicht; doch s. jedenfalls so

gleich d. folg. Anm. u. 135 f. -

WUP- XIV. Die‚lndilferenz-Lehre. 139

‘_-__.

verschiedene Zustände zugeschrieben werden, tritt bei der Indifferenz

Ansicht in aller Schärfe dieLv dem Nominalismus (Anm. 77 f.) angehörende

Auffassung an die Spitze, dass überhaupt Nichts anderes existire, als

nur Individuen, und indem das Denken sich auf diese als auf seine Ob

jecto wirft, entstehen nur durch die Verschiedenheit der Auffassung

(atiter et aliter atlentumfdie Universalicn, so dass Zustand (status) oder

Natur (natura) des Individuum-Seins oder des Art-8eins u. si f. nur

als subjective Anschauungsweisen zu betrachten sind, und vor Allem

ist es hiebei gleichsam ein negatives Verfahren, welches vom Individuum

zum Allgemeinen führt, indem das Denken (inteltectus) die individuellen

Unterschiedei-stufenweise bei Seite lässt (11cm conci'pi't), absichtlich ver

gisst (oblitus), hintansetzt und abstreift (postponit, relinuny um in

dem Erfassen des Unterschiedslosen zum Höchsten, d. h. zur Substanz

fortzurücken 133). Sonacli kann sich auch diese Ansicht, ähnlich wie

die anderen, auf einzelne Stellen des boethius berufen„.wenn sie be

hauptet, dass das Individuum, als Individuum betrachtet, gar kein Un

terschiedsloses an sich trägt, welches ihm mit anderen Individuen ge

meinsam wäre, sondern es gleichsam der Unterschied selbst ist, hingegen

je mehr man dieses nemliche Individuum als Art oder Gattung betrach

tet, man desto mehrere gemeinschaftliche unterschiedslose Momente an

ihm entdeckt und dann all das Gemeinschaftliche als Art- oder Gattungs

BegriII' zusammenfasst 134), so dass hiemit allerdings, weil zuletzt an

133) D. gen. et spcc. p. 518.: nunc ita uc ittam, que de indtfierentia est,

sententiam perqujramus. cuius haec est positio : ihil onmino est praeter individuumj

sed et illud aliter et aliter attentum species et genus et gcneralissimum est (ebenso

in der schon oben, Anm. 72., angeführten Stelle). ltaque Socratcs in ea natura

(man beachte „natura“, wofür sogleich hernach „status“ steht), in qua subiectus

est sensibusl secundum illam naturam, quam significat de „esse Socrati" (dieser

Sprachgebrauch -— ro wagtizu. eivai - beurkundet sicher eine Gewandtheit in

der Terminologie der aristot. Analytik, s. ohen Anm. 8 11.), individuam est ideo,

quia tale est proprietasp cuius nunquam tota reperitur in alio .. De eodem Socrate

quandoque habetur intellectus non concipiens quidquid notat haec nos „Senates“,

sed Socralitalis oblitus id tantum percipit de Socrate, quod idem notat „haue“, i.

e. animal rationale 711071012, et secundum hoc species est . Si intellectus postponlt

rationalitatem et murtalitatem, et id tantum sibi subiiciaty quod notat haec ooz

„animal“, in hoc statu (also „stutm“ in dem Sinne von obigem „natura") genus

csl. Ouod si relictis omnibus formis-in hoc tantum consideremus Socralem, quod

notat „substantia“, gencralissimum est. a

134) Ebend.: Socnulcsx in quantum est Socrates, nullum prorsus indifferens

habel. quod in alio inveniatur, sed in quantum est Iwmo, plura habet indifl'ercntia,

quae in Platone et in aliis ineeniuntur; nam et Plato similiter homo est ut Socrates.

quamvis non sit idem homo essentialilen qui est Socrates. [dem de animali et

substantia. Um aber diese auf svinc Quelle zurückzuführen, genügen folgende

Stellen des Boethius ad Porph. p. 56.: cogitantur verauniversalia, nihilque aliud

species esse putanda est nisi cogitatio collectum individuarum dissimilium numero

substantiali similitudinel genus vero cogitatio collecta ex specierum similitudine ; sed

haec similitudo cum in singularibua ext, fit sensibilisl cum in unioersalibus. fit

intelligibilis; ferner ebend. p. 78.: lndh'iduorurn quidem similitudinem species col

ligitg specierum vero genus ; similitudo autem nihil est aliud nisi quaedam unilas

qualitatisg und ehend. p. 80.: ea'namque sola diuidunturl quae pluribus communia

sunt; in his enim unumquodque dividiturv quorum est commune quorumque naturam

ac similationcm continetg illa vero. in quibus commune dividitar, communi natura

participantl proprietasque communis rei Iris, quibus communis est, conuem't; al'vere

mo XIV. Die lndill'erenz-Lehre... Adelard v. Bath.

jeder individuellen Erscheinung auch die Seite (status) ihrer allgemein

stcn Gattung erfasst werden kann, es so viele allgemeinste Gattungen

‚ gibt, als es Individuen gibt, und nur wieder durch Erwägung eines ge

meinschaftlich Unterschiedslosen die höchsten Gattungen in zehn Klassen

(Kategorien) sich gruppiren, aber alle zusammen doch wieder darin Ein

Allgemeinstes ausmachen, dass sie eben das unterschiedslos Gemeim

schaftliche sind mm ln gleicher Weise gestaltet sich dann auch das

Verhältniss der Aussage, denn während das lndividuum stets nur sein

eigenes Prädicat ist, kann diejenige Seite an ihm, welche als Art oden

Gattung erfasst wird, eine gegenseitige Bezugsetzung zu anderen lndivi

duen herbeiführen, d. h. z. B. das Mensch-Sein des Socrates ist Prä

dicat (inhaeret) auch für Plato, und umgekehrt, und dieses Gattung-Sein

des Individuums ist Sammelbegriff (colligilur) sowohl für dieses lndivi

duum selbst, als auch für die übrigen gleichartigen l36), -— kurz das

Verhältniss des Allgemeinen und des Einzelnen reducirt sich aut‘ ein

„lnsoferne“ (in quantum), und indem es weder ein bloss Allgemeines

noch ein bloss Individuelles gibt, ist es die Verschiedenheit der Aul

fassung (diversus respectus), wodurch das Allgemeine als Einzelnes und

das Einzelne als Allgemeines betrachtet wird 137). e

Indem nun diese Indifferenz-Lehre zuletzt doch wieder init dem

„Singulare sentitur, universale intelligitur“ übereinstimmt und hiemit

sich auch auf Boethius (Abschn. Xll, Anm. 91) stützen konnte, und

immerhin zugegeben werden durl'te‚ dass die Universalien für uns hienie

den in diesem Jammerthale nur als Individuen eine wahrnehmbare Exi-„

stenz haben, während ihnen in Wahrheit ein intelligihles Sein zukomme,’

so konnten namentlich wegen jenes aufwärts führenden" ‚.Ahstreil'ens“

des lndividuellen (Anm. 133) sich selhst Platoniker mit der Indifferenz

Ansicht bel'reunden, während zugleich Aristoteliker an derselben die

Wechselbeziehung zwischen Allgemeinem und Besonderem, sowie die

Werthschätzung der subjectiven Denkoperation beachten mochten (ein

Beispiel der letzteren Auffassung werden wir unten, Anm. asa l'.‚ bei

einem Schüler Abälard’s trell‘en). So ist es erklärlich, dass Adelard

von Bath, welcher um d. J. 1115 eine aul‘ Platonismus heruhendä

proprietas individuorum nulli communis ext. Hier nemlich ist sowohl das simile

oder commune als auch das colh‘gere (Anm 136.) deutlich genug vorgezeichnet.

135) Ebend. p. 519.: Solaunt illi dicmtes. generalissima quidem iri/inito esse

essentialiter, sed per indifl'ercntiam decem tuntum; quot enim individua substantiam

tot et sunt generalissimae subrtanliaeg omnia tamen illa generalissima generalissi—

mum unum dicunlur, quia imi/ferentia ‚mm; Socrates enim in eo quod ut substantiß,

indifferens est cum qualibet substantia in m slatu, quod substantia esL

136) Ebend.: Sed et hi dic-aula Sacrates in nulla statu alicui inhaeret nisi

tibi essentieliter. sed in statu hominigpluribus dicitur inhaererei quia alii sibi in

di/rerentrs inhanenl; eodem modo in statu animalis (p. 520.) nicunt itar

Socrates in quantum est homo. de se colligitur (man beachte dieses Wort) et de

Ptatone caeterisqueg unumquodque individuamv in quantum est homo, de se colligüur.

137) Ebend. p. 521.: llli tamen non quiescunt, sed dieentr nullum singularr,

in quantam esl singulure, est universale, et e converso, et cum universale est.

singulare ext universale, et e eonverxo. Ebeud. p. 520.1 Negant hanc consequen

tiam „xi est universale, non est aingulure“, nam impositione suae sententiae habe

tur : omne universale est singulare ct omne singulare est universale diversis re

speetibus.

Ä!

x1v. Adelard v. nam wm im

Schrift „De eodem et diverse“ v'e‘rfasste 138)‚ eben durch die Indifferenz

Lehre den Gegensatz zwischen Plato und Aristoteles ausgleichen zu

können glaubte. Derselbe klagt über den schroffen Gegensatz der logi

schen Parteien sowie über die Neuerungssucht seiner Zeit‘”), aber er

ist der Ansicht, dass durch richtige Erklärung betrell's der Universalicn

der Streit sich schlichten lasse “0). Er aussert sich hiebei über' die'

Art- und Gattungs-Begrifl'e völlig übereinstimmend mit der Indifferenz

Anriahme, ja selbst fast mit den nemlichen Worten (z. ß. diversus re

speclus, oblieisci, non alte-ridere u. dgl.)‚ so dass man glauben kann,

unser obiger Berichterstatter habe Adelard’s Schrift im Auge, denn die

einzige Abweichung ist, dass hier der Begriff des status nicht beige

zogen wird, und vielleicht etwas mehr Gewicht auf die Wortbezeichnung

fällt 141). Sodann aber folgt in platonischem Sinne eine Klage darüber,

dass für den Menschen das Allgemeine durch die unerlässliche Sinnes

wahruehmung verfiustert sei, während die Universellen in ihrer reinen

Einfachheit ursprünglich nur im göttlichen mag vorlagen H2)‚ und

t < "' ' if

#7rar-cri- r '‚V’

m m- _ s w

138) Näheres über ihn s. bei tom-duin1 Hecherrhes cril. 2. Aufl. (1843) p.

26. u. 97. u. 258—277., woselbst aus einer Pariser Handschrift ansehnliche Bruch

stücke dieses Buches in Ueberselzung mitgetheilt sind. vg

139) Ebend. p. 262.: L'un pretenil qu’on doit partir les ehoses sensibles,

l’autre commenee par les choses non sensibles. Celui-ld soutient que la sciencc

n’est que dans les premr'ercs, celui-ci qu'elle est hors des derm‘eres; ils slinquiltent

ainsi mutuellemcnt, a in qu’uucun d'eum ne s’attire la confiance (p. naso -‘A

qui dem: fant-il croire d’entre ceuz qui toui-mentem nos oreilles de leurs innovations

jaurnaliüres, qui ohaque jour missen! pour nous, nouveauz Aristotes et nouveauz

Platonsy qui promouent egalmient et les choscs qu'ils xavenf et celles qu’ils ignorant?

140) Ebend. p. 267.: L'uu d'rux (d.- h. Plato und Aristoteles), transporte'

par lleleoalion du son esprit et les atlas qu’il semble s'e'tre creet-s par ses efl'orls,

a enlrepris de connaitn- les clwsl's par les principes vor-meines, a exprime ce qu'ils

elaient avant qu'ils ne sc rcproduisisscnt dans los corps, et a defini los [ormes

arclietypes des dieser. L'aulrc, uu conlmirc, a commence par les chosea sensibles

at composees. Et puisqu’ifs se reonnlrent dans teur route, doit-on les dire opposds?

Si l’un a dit quo la seience etait hors des ehosesw sensiblesj et l'autre, qu'elle elait

dans ea meines chuses, voim' comment it faul les interpretem 4

‚141) Von den nun unmittelbar folgenden Worten (bei lourdain p. 267.) gibt

lium-eain lie la phil. «101.1, p. 255. den lateinischen Originaltexl: Genus ct speciu,

de his enim smuo, esse et rerum subiectarum nomina sunt. Nam si res consideres,

eidem exsentiae ct generis et speciei et individui nomina imposita .mnt, sed respeclu

diverse. volentes enim philosophi de rebus agere secundum hoc quod sensibus sub

iectae sunt, secundum quod a vocibus singutaritzas notantur et numeraliter diversae

sunt, individua vocavcnmt, sc. Socrulem, Plalonem et cetcros. Eosdem autem aliter

.‚.—‚—

.

intuentur videlicet non secundum quod sensuatiter diversi suul, sed in eo quod v

notantur ab hoc voce „Itomo“, speciem vaeaverunL Eosdem item in hoc tuntum,

quod ab hoc uate „animof“ notantnr, considerantes genus vocaverunt. Nec tamen

in consideratione speciali formas individaales tolluntl sed obliviscunturl cum a ope

eiali nomine non ponanlurg nec in generali species ablatus iitlclligunt, sed inesse

non allendunt, vocis generalis significatione contentig vox enim haec „animal“ iura

illa notat subiecta cum animationo et sensibilitatey haec aulem „homo“ totum illud

et insuper eum rationulitate et mortalitatoy „Socrales“ vero illud idem addita in

super numerali accidentium discretione.

142) Ebend. p. 256.: Assueti enim rebus cum speciem iulueri m'hmtur,

eiusdem quodammodo eatiyinibus implicantur nec ipsam simplicem notam con

templari nec ad simplicem apecialis vocis positionem ascendere queunt. inde quidum,

cum de universalibus ageretur, sursum inliians ‚.Ouis locum eorum mihi ostemiet?"

142 XIV. Adelard v. Bath. Joscellinus. l

hieran knüpft sich sogleich die wunderliche Behauptung, dass eben

desshalb sowohl Aristoteles Recht habe, welcher die Universalien in

jenes Gebiet verlegte. in welchem allein sie uns zugänglich sind, als

auch Plato, welcher sie dorthin verweist. wo sie ihr wahres Sein haben.

kurz dass Beide, während sie iln Wortausdrucke sich zu widersprechen

scheinen, in der Sache übereinstimmen “3). Viel Kopfzerbrechen kann

diese Versöhnung dem Adelard wohl nicht gemacht haben IM).

Eine dem Principe der lndifl'erenz-Lehre analoge Auffassung, wenn

auch mit einer etwas verschiedenen Methode, könnte die Ansicht des

Gauslenus oder Joscetlinus von Soissons (v. ius-usi dort

selbst Bischof) gewesen sein, dass nemlich die Universalien nicht schon

an sich in den Individuen liegen, sondern denselben erst zukommen.

insoferne das Individuelle in eine Einheit vereinigt (in unum collectis)

werde “5); denn es verlrüge sich diess vollständig mit obigem Grund

satze (Anm. l33), dass nur Individuen existiren, und die Entstehung

der Universalieu im menschlichen Denken würde hier nur nicht durch

ein Abstreifen‚ sondern von vorneherein durch ein Sammeln (colligere)

erreicht, welches auch die lndill‘erenz-Lehre srhliesslich doch nicht um

gehen konnte (Anm. 136). ‚Doch wissen wir über des Gauslenus Mei

nung durchaus Nichts näheres “6), und während wir einerseits weiter

oben (vor. Abschn. Anm. 175) sahen, dass auch der Realist Otto von

Clugny sich einer ähnlichen Ausdrucksweise bediente, ja auch Johannes

von Salesbury den Gausleuus für einen Realisten zu halten scheint

(was jedoch vielleicht nicht von grosser Bedeutung ist, s. ob. Anm. vo

u. 86), so kann uns andrerseits wohl nur die Lostrennung der Univer

salien von den Einzel-Individuen hauptsächlich dazu veranlassen, die

Annahme des Gauslenus näher an die Indifferenz-Lehre zu rücken, wozu

etwa noch als Bestätigung käme, dass derselbe auf die nominalistisehe

inqoi't. Adeo rationem imaginalio perturbat Scd id aperi-mortaum birinae

.enim menti . praesto ext. et materiam sine formis et formas-sine aliir, imo et

omnia cum aliis distincte cognosci-reg nam et antequam coniuncta essent mi

versa, quae i‘ides, in ipsa Noy simplicia eranl.

143) Ebend.: nunc autem ad propositum rcdcamus. Ouum igitur illud i'd,

quod videsy et genus et species et individuam sil, merito ea Arislutcles nonnisi in

sensibitibus esse proposuity sunt etenim ipsa sensiliilia quaevis acutius cousiderala;

quum vero ca, in quantum dicuntur species et genera, nemo sine imaginationi pt-r

se pureque intuetur (hiemit finden wir hier wahrlich schon das „unbekannte Ding

an sich“). I’lan extra sensibilia, scilicet in mente divina, et conspici et existere

diziL Sie viri illi, licet verbo cmztrarii z-ideantun re tamen idem senserint

144) Zumal konnte ihm ja auch die bekannte gleichlautende Stelle Cicero’s

(Acad. l, 6. bezüglich des Antiochus) Wenigstens durch Augustin (d. civ. deiy Vlll, -

6.) zugänglich sein. Dass auch Bernhard v. Chartres sich bemühte, Plato und

Aristoteles zn vereinigen‚ s. oben Anm. 66.

145) Die Quellenstelle s. oben Anm. 68.

146) Denn wenn H. Ritter. dessen Angaben über Walter v. Mortagne, Ade

lard v. Bath u. s. f. theils überhaupt der nöthigen Pr'acision entbehren. theils

geradezu unrichtig sind, die Schrift De gcnnrüms et speciebus sofort dem Gauste»

nus vindiciren will, so würden zu einer solchen Annahme die etlichen Worte ‚euer

einzigen Quellenstelle, welche wir über Gauslenus bcsitzcn‚ selbst dann kaum

ausreichen, wenn sie sich mit den Ansichten des Verfassers l). gen. et spcc. ver

trügeu. Dass aber Letzteres sehr zweifelhaft ist, mag aus demjenigen hervor

gehen, was wir nun sogleich über jene anonyme Schritt anzugeben haben.

XlV. De generibus et specialium - 143

„1na1teries“-Ansicht lnnübergewiesen habe (ob. Anm. 68). Dann aller

dings hätten wir hier eine Wiederholung dessen, was‘srhon bei den

frühesten Anfängen einer Parteispaltung seitens der nominalistischen

Richtung behauptet wurde 147). l

Wenn wir aber bezüglich der Universalien die Annahmen Ahalard’s‚

sowie jene des Gilbertus Porrelanus und des Johannes von Salesbury

erst weiter. unten im Zusammenhangs mtt den Gesamtnt-Ansehaunngen

derselben zu erörtern vorziehen müssen (s. oben S. 113), so bleibt uns

für jetzt nur noch der unbekannte Verfasser der Schrift „ De generibus

et speciebusn “8) übrig, welcher uns manche Berührungs- oder Ver

wandtschafts-Punkte mit mehreren der bisher erwähnten Ansichten zeigen

wird. Das Ganze war ursprünglich gewiss eine Abhandlung „De divi

sione“ (vgl. Anm. 118—128) völlig in derselben Weise wie die gleich

namige Schrift Abälard’s (s. Anm. 277 u. 353 tm _und sowie der An

fang des uns erhaltenen Textes noch die Frage über die ursprünglichen

Theile eines Ganzen behandelt, so bot dann auch hier die Erörterung

über die Eintheilung der Gattung dem ebenso kenntnissrcichen als scharf

sinnigen Verfasser die Gelegenheit, in dem Streite über die Universalien

sowohl die Meinungen Anderer kritisch zu beleuchten als auch seine

eigene Ansicht zu begründen 149). Er bekämpft den Nominalismus vor:

erst kurzweg dadurch, dass die Worte überhaupt kein Sein haben, da

dasjenige, was durch zeitliche Abfolge erst entsteht, nicht ein einheit

lich Ganzes constituiren könne, eine Bemerkung, welche eben, so weit

sie die Function des Gedankens im Urtheile betrifft, auch gegen Abä

lard’s Ansicht (Anm. 315) gerichtet ist‘5°)‘„ sodann aber auch lasse

sich ja das Verhältniss zwischen Stofl' und Form, welches heim Ueber

gange von Gattung zu Art obwalte, durch Worte gar nicht aussprechen,

da nie ein Wort der Stoff eines anderen Wortes sei 151). Hinwiederum

147) Nemlieh Pseudo—l'lrabanus (vor. Ahschn. Anm. 153.) und jener soge

nannte Jcpa (ebend. Anm. 170.) haben sich in ganz ähnlicher Weise über den

Gattungsbogriff geünssert.

148) Der Anfang des Buches, welches Cousin (Quer. inedita d’Abt‘lard, p.

507—550.) aus einer Handschrift von St. Germain herausgab, V welchen Cousin selbst machte, mag wohl fortan recipirt bleifebhelnt,, juenddocdhergeTiwtiesls,

mit Ausnahme des Zusatzes „Petn' Abaelardinl denn dass das Ganze nicht ein Werk

Abalard’s ist — s. oben Anm. 49. ——, hatte auch consul bemerken sollen; es

erhellt diess nicht bloss aus stilistischen Eigenthümlichkeiten (z. B. bei Lösung

von Einwürfen ein eingeschaltenes „Altendc“ edel-„80111150“, oder hinwiederum ein

Ä eigenthümliches Lieblingswort des Verfassers ist „rationabile ingeniumh u. dkLL

sondern auch aus inneren Abweichungen der Ansicht selbst, welche sich sogar zur

Polemik steigern. Ich verweise hierüber, um Wiederholungen zu vermeiden, nur

auf die folgenden Anm. 160, 167, 168 und besonders 171, woselhst eine Annahme,

welche dem Abalard angehört, geradezu als „lacherlich“ bezeichnet wird.

149) Bei sorgfaltigem Studium der Schrift durfte der Vorwurf der Unbeholfen

‚heit und Dunkelheit, welchen H. Ritter (Vll, p. 363.) gegen dieselbe ausspricht,

wohl ganzlich verschwinden.

150) Bei Cousin a. a. O. p. 523.: Ilem voces nec genera sunt nec species

nec universates nec singutares nec praedicatae nec subiectael quia omnino non sunt ‚'

nam ex Iris, quae per successionem final, nullum omnino totum constarel ipsi qui

hanc sententiam tenenti nobiscum credunL

. 151) Ebend. p. 523 f.: Ouemadmodum statua constat ex aere materiel forma

autem figuray sic species ez genere matericl forma autem differentiaia Anm. leo 1.),

__.—t——

144 XIV. De generibus et speciebus.

aber bestreitet er auch den Realismus des Wilhelm v. Champeaux, da,

wenn das Universale nach seinem ganzen Gehalte im Individuum indivi

dualisirt werde (Anm. 105), nicht hloss dieser nemliche ganze Gehalt

doch wieder zugleich in einem anderen Individuum sich finden müsse 152)‚

sondern auch die variirenden oder transitorischen Eigenschaften allen

Individuen zukommen müssten l5'3), und ausserdem in dem Geltungsbe—

grill‘e dann auch die Gegensätze gleichzeitig vorlagen 15‘). -Und ebenso

ferner wendet er sich polemisch gegen die lndill‘erenz Lehre, indem er

sie sowohl in ihrem Principe1 d. h. in jenem Begriffe des „Gemein

schaftlichen“ (Anm. 134) angreift‘“), als auch die dortige Ansicht

bezüglich des Sammelbegrill'es fneoltigereua Anm. 136) bekämpft‘“),

und ebensosehr die Consequenz, welche in der Verwischuug des Unter

schiedes zwischen Allgemeinem und Einzelnem liegt, verneintlm). Seine

eigene Ansicht blickt schon in der Erörterung über die Theilung ins

Unendliche (Anm. 126 f.) durch, wo er anerkennt, dass ein Ganzes

noch fortbestehen könne, wenn auch ein Theil desselben seine Form

verliere und an Stoll‘ vermindert werde‘”), sowie besonders in der

Auffassung, dass zwei Punkte noch nicht eine Linie ausmachen‚ wenn

nicht eine einheitliche schöpferische Kraft (um: creamra), mitwirke u'9).

Auch in der Polemik gegen ein Amendemen! des Realismus (Anm. 112)

I s

‚ -...L 7.1 l

' -" llli l\__:'ll.

quod assignare in vocibus impossibile est; nam cum animal genus sit hominü, vox

vocis nullo modo es! altera alterius materia.

152) p. 514.: Ouorl si ita estv quis solvere potesty quin Socrates eodem tm

porc Romuc si! et Alhcm's? Ubi enim Socrolcs es!‚ e! homo universalis ibi est

secundum totam suam quantitatem informatus Socratilate Si ergo res universalis

tola Socratilate affectu eodem tempore et Romae es! in Platonc Iota, impossibile esl.

quin ibi etiam eodem tempore sit Socmfitas, quae totam illam essentiam continebatg

ubicunque autem Soeratitas est in hominel ibi Socrates 0st, Socrates enim homo

Socraticus es!‚

153) Ebend. Die Stelle ist bereits oben, Anm. 129., angeführt.

154) p. 515.: Ouam statim enim rationalitas illam naturam tangitl sc. am'maL

tam statim species efficitur et in ea rationalitas fundalurg illa ergo totum informat

animatg sed eodem modo irrationalitas totum animal informat eodem lemporc; ita

duo opposita sunt in eodem secundum idem.

155) p. 519.: Neque enim Socratcs aliquam naturmrh quam habeal. Platoni

communicaty quia neque huma qui Socrates est neque animal ‚in aliquo extra So

cratem esl. ‚

156) p. 520.: Socrates tamen nullo modo de pluribus colligiturv quia in

pluribus non esI. Schon diess müsste uns behutsam machen, den Gauslenus für

den Verfasser der Schrift zu halten, doch s. unten Anm. 162.

157) p. 521.: A! vero ner particularitas nec universalitas in se transeuntg

namque universalilas potest proedirari dc parlicularilolc, ut animal de Socrate et

Helene, e! particularilas suscipit praedimlionem tmiversalilatisy sed non ut unirer

salitas sit parlicularilas, nec quod particulare esty uniocrsatitas /ial.

158) p. 510.: Nun sequin nsi hic asser esl, e! medietas huius asseris m,“

posset enim destrui medieMs, non quantum ad totam eius muss/im, sed quantum

ad formam, e! tamen remanentihus cius aliquibus particulis- non destruantur hie

asser, quoniam medietatis eius molerio, forma tantum pereunte, tota non perirel.

159) p. 511.: Si quaelibet duo puncto proz'imr iunela faciunt bipuntlalem

lineom, quae sit una creatumy tunc habebit unum fundamentum; sed una otomus

non erit eius fundamenlum, iam enim esset bipuuctaliter lineatum . . . . .‚ p. 513.:

possumus dicere, quod ipsa bipunctalis linea fundatur in illis duabus atomis ut in

subiectisy non in subiecta

XIV. De generibus de speciebus. 145

stellt er sich entschieden auf das von Porphyrius her (Abschn. XI,

Anm. 44) in die Annahmen des Boethius (Abschn. XII, Anm. 97) über

gegangene Gleichniss des Kunstwerkes, wornach ihm die Gattung der

Stoff und der Unterschied die Form ist, das Product selbst aber, d. h.

die Species, in welcher der Stofl' die Form trägt (formam sustinens

als eine bleibende Vereinigung betrachtet und auch mit dem Worte

„materialum“ bezeichnet wird‘öo), wofür hinwiederum auch der eigen

thümliche Ausdruck „diffinitivum totum“ mit schrofl'er Festhaltung der

Theil-Anschauung sich findetwl). Genauer aber begründet er diese

seine Meinung folgendermaassen: Im Individuum trägt (sustinet) eine

gewisse Wesenheit (essentia), welche der Stofl‘ ist, die Form der lndi

vidualität an sich und ist mit ihr zusammengesetzt, wodurch eben die

Verschiedenheit der Einzel-Individuen entsteht; eben diese Wesenheit

nun, insoferne dieselbe nicht bloss in dem einen oder anderen lndivi

duum, sondern zugleich auch in allen zusammen als Stofl' vorliegt, ist

die Species, welche hiemit trotz aller Vielheit der einzelnen Wesen

heiten (essentialiter multa) als ein Sammelbegriff (collectio) mit den

Worten „Ein Universale“ oder „Eine Natur“ bezeichnet wird, ungefähr

wie auch der Begriff „Volk“ viele Einzelne umfasst ’62); es wird nem

lich nicht etwa die ganze Species in jedem Einzel-Individuum individua

lisirt, sondern nur ein Theil derselben, d. h. eben Eine solche Wesenheit,

welche ja mit der die Species ausmachendeu Gesammtheih(concollectio)

nicht identisch ist, sondern mit ihr nur die ähnliche Zusammensetzung

oder ähnliche schöpferische Kraft (similis compositio, similis ereatio)

gemein hat, daher auch das Gleichniss mit dem Volke oder mit einem

Heere nicht völlig passt, indem zwischen den einzelnen Wesenheiten

und ihrer Gesammtheit wegen jener Aehnlichkeit der Erzeugung eine

grösserc Wesens-Gleichheit besteht, als zwischen einem Soldaten und

dem Heere; besser hingegen kann dieses ganze Verhältniss damit ver

glichen werden, dass z. B. eine grössere Masse Metall in Einem ihrer

160) p. 516.1 Sed dicor facta est species ex genere et substantiali di/ferential

et sicut in statuo aes est materia, forma autem figura, similiter genus est materia

speriei, forma autem differentia-1 materia estl quae suscipit ['ormam. lta genus in

ipsa specie constituta formam sustinetl nam et postquam constituta est, ez materie

et forma constaty i. e. ea- genere et dig-erentia p. 517.: omne materiatum suf

ficienter constituitur ez sua materia et forma.

161) p. 522.: Speciem ex genere et substantiali differentia constarey ut statua

ex acre et figura, auctore Porphyrto (b. Boeth. p. 88.) constat; itaque pars est

speciei materia et similiter difiercntia, ipsa vero species est totum diffinitivum eorum.

162) p. 524.: Ouid nobis potius tenendum iuideatur de his deo annuente amodo

ostendemusi unumquodque individuam ez materia et forma compositum est; ut So

crates ez homine materia et Sacratitatc forma, sic Plato ez simiti materia, so. ho

mine, et forma diverse, so. Platonitatee componiturj sic et singuli homines. EI

sicut Socratitasy quae formaliter constituit Socratem, nusquam est extra Socratem,

sic illa hominis essentiai quae Socratttatem sustinet in Socrate, nusquam est nisi in

Socrate. lta de singulis Speciem igitur dico esse non illam essentiam hominis

sofern, quae est in Socrate vel quae est in aliquo alio indieiduorama sed totam

illam collectionem ex singulis aliis huius naturae coniunctam, quae tota coflectio,

quamuis essentialiter multa sit, ab auctoritatibus (d. b. von Porphyrius und Boe

thius) tamen una speciosa anum universale, una natura appellatum sicut populus (5.

vor. Abschn. Anm. 153.), quamvis ez multis personis collectus sit, unus dicitut

Pnanrz, Gesch. II. lo

mhxusn-tu.h.u.m

_'.

'ui.nuni

iile ' XIV. De generibus et speciebus'.

Theile zu einem Messer und zugleich in einem anderen zu einem Griffel

verarbeitet wird 163). Diess Neuiliche nun wiederholt sich beim Gattungs

begrill‘e, indem jede von den Wesenheiten (essenüae), welche zur Ge—

sammtheit einer Species gehören, wieder aus einem Steife und einer Form

zusammengesetzt ist, nur mit dem Unterschiede, dass die Form hier

nicht mehr bloss die Eine der Individualität ist, sondern selbst in sich

die Mehrheit der artmachenden, d. h. substantiellen Unterschiede in sich

involvirt; jener Stoff aber erscheint als solcher unterschiedslos (indi/fe

rens) in jenen einzelnen Wesenheiten‚ welche der Artbildung als Stofl‘

zu Grunde liegen, und es heisst nun Gattung die Vielheit (multitudo)

der Wesenheiten, welche Träger.v_(sustinere‚ recipere) der Artunter

schiede sein können 164). Und endlich gilt das Gleiche auch bezüglich

des „ersten Princips“, denn die Wesenheiten (essentiae), welche zu einer

Gattung gehören, bestehen abermals aus Stoll‘ und Form und sind ihrem

Stoffe nach gleichfalls unterschiedslos (indi/feren!es)‚ während sie die

Gattungs-Unterschiede als ihre Form an sich tragen, und so gelangt man

noch ein Mal zu einer Vielheit (multiludo) von Wesenheiten als zum

generales-imum von welchem schliesslich nur noch esagt werden kann,

dass sein Stoll‘ die „reine Wesenheit“ latera essent-lai oder die Substanz

selbst, seine Form aber die Empfänglichkeit der Gegensätze (suscepti

bilitas contrariorum seil“). So streift der Verfasser durch seine

isat p. 526.: Speciem esse dicimus multitudinem cssentiarum inter se simi

liurru ut hominem luud tantum humanitatis informatur Socratitatel quod m

Socrale estz ipsum autem species non estj sed illud quod ex ceteris similibus es

sentiis con/icitun Atlende. Matcria est omnis species sui individui et eius formam

suscipitj non ita sollten, quod singulae essentiae illius speciei informentur illa

forma, sed una tantuml quae tamen similis est compositionis prorsus cum omnibus

aliis eiusdem naturae essenliis Neque diversam una essentia illius eoncnllcctionis

a tota collectionel sed idem, non quod hoc esset illud, sed quia similis creatioms

in materia et forma hoc erat cum illo Massam aliquam ferreagns de qua fa

ciendi sunt cultellus et stg/lus, videntes dicimuss hoc futurum materia euttetli el

styliy cum tamen nunquam tota suscipiat formam allerutriusl sed pars styliy pars

cultelli (p. 527.) Maior identitas alicuius essentiae illius collectionis ad

lahmt, quam alicuius personae ad erst-nimm, illud enim idem est cum toto sun, hoc

vero diversam Hiezu p. 535.: Hoc enim habet nostra sententiaj quod animal illud

genus in parte sui recipit rationalitatem et in parte irrationalitatenL

164) p. 525.: ltem unaquaequc essentia huius collectionisy quae humanitas

appellatum ex materia et forma vons!a!, sc. es: animali materiaæ forma autem non

una, sed pluribusl rationalitate et mortalitate et bipedalitale et si quae sunt ei

aliae substantialcs. E! sicut de homine dictum est, so. quod illud hominisl quod

sustinet Socratitatcml illud essentialiter non sustinet Platonitalemy ita de animalig

nam illud animali quod formas humanitatisy quae in me esu sustineL illud essen

tialiter alibi non estv sed illi indifl‘erens est in singulis materiis singulorum indivi

duorum animalis. liane itaque multitudinem essentiarum animalisy quae singularum

specierum animalis formas sustinetf genus appellandam esse dicol quae in hoc di

versa est ab illa multitudinel quae speciem facitg illa enim ex solis illis essentiisy

quae indieiduorum formas sustinent. collecta estl ista vero, quae genus esta cst hist

quae diversarum specierum substanliales differentias recipiunL

165) Ebend.: 119m, u! usque ad primum principium perducaturl sciendum est,

quod singulae essentiae illius multiludinis, quae animal genus diciturv ez materia

aliqua essentia corporis e! formis substantialilmsl animatione et sensibilitatej con

ftah quac, sicut de animali dictum extr nusquam alibi essentialiter sunty sed illae

uidi/ferentes formas sustinent omnium specierum corporis Et haec talium corporis

7 V . c

XIV. De generibus et speciebus. ' 447

eigenthümliche Potenzirung oder Einschachtelung der essentia doch wieder

an Wilhelm v. Champeaux hin, und hat daher wahrlich nicht, wie

Gauslenus, das Universale vom Individuum getrennt (s. Anm. 145 f.),

zugleich aber kömmt er durch die Begriffe der collectio und des in

differens in Berührung mit der Indifferenz-Lehre, während ihm dieselben

allerdings weit mehr eine objective Geltung haben.

Um so eigenthümlicher aber muss sich hier die Auffassung der

sulijectiv logischen Function, d. h.‘ des Urtheilens, bezüglich der Uni

versalien gestalten, während doch erst hiedurch die Ansicht des Ver

fassers ihren vollen Abschluss findet. Er klagt, dass es keine Definition

des Prädicat-Verhältnisses gebe; denn es sofort als objective lnhärenz

zu verstehen, sei ein ungerechtfertigter Gebrauch, abgesehen davon,

dass letztere nur im obigen Sinne einer rfheilung genommen werden

dürfe 166), und sowie man sich vor den Consequenzen der Indifferenz

Lehre‘hüten müsse, so sei es überhaupt zu vervverfen, wenn im Hin

blicke auf den definitorischen Gehalt der Species praedican' und esse

identificirt werden 167), —- eine Bemerkung, welche sicher gegen Abä

lard (s. unten Anm. 318) gerichtet ist und noch mehr einen speciell

polemischen Ausdruck erhält, Wenn mit unverkennbarer Wendung gegen

eine Ansicht Abalard’s (bezüglich der „sumpta“, s. unten Anm. 321)

behauptet wird, dass sammtliche allgemeine Bezeichnungen, mögen sie

Adjectiva oder Substantiva sein, sich mittelbar auf objective Gestaltungen

beziehen 168). Kurz das Urtheil sage nie aus, dass das Subject selbst

essentiamm multitudo genus dicitur illius naturoe, quam ez multitudine cssenliarum

animalis eonfectam dizt'mus. Et singulae curporls, quod genus est, essentiae ex

materia, so. aliqua essentia substantiam et forma corporeitate constanL ouibus

indi/ferentes essentiae incorporeitateml quae forma est, speciem sustinentg et illa

talium cssentiarum multitudo substantia yeneralissimum diciturj quae tamen nondum

est simples, sed et materia mera essential ut ita dimm, et susceptibilitate contra

riorum forma constaL

166) p. 526.: Audi et altende: Praedicari quidera inhaerere dicuntg usus quidem

hoc habetl sed et auctoritate non invenip- concedo tamen ‚- inhaerere autem dico

immunitatem Socratil non quod tota contumatur in Socrate, sed una tantum eius

pars Socratilale informatur (s. Anm. 163.). p. 531.: Nasse liebes, quod nusquam,

quid sit praudt'can', plane dicit auotoritasg nam quod solet diciy quod praedicari

est inliacrere, usus est ex nulla auctoritate procedens. '

167) p. 527.: item species in quid praedicatur de individue (diese Abkürzung

„praedican' in qm'd“ begegnet uns hier zum ersten Male, vgl. Anm. 282.; nemlich

bei Boethius p. (ß. lautet die l‘orphyrianisehe Definition der Species, s. Abschn.

XI, Anm. 41., vollständig: species est, quae de pluribus in eo quod quid praedi

catur); proedicari autem in quid, ut aiunt, est praedicari in essentia, praedicari

autem in nuntia cst, hoc esse illud Cum ergo diciturj habebimus illud idem incorweniens, quod in aliis sentential„Soscc.rastiensguelsatrehoesmto"univer

sale (s. Anm. 137.) Hoc consentio, „praedi'cari in essenlla" dicerc, „hoc esse

illud" nego .l.

168) p. 527 f.: Scd dicimt: „rationale“ alterius nomen est pro imposi

tione scilicet unimatisl et aliud est quod principaliter signi/italy so. rationalitas.

quam praedicat et subiicitg „homo“ vero nihil aliud vel nominat vel significat, quam

illam speciem. Absit hoc. Imo sicut „rationale“ et „homo“, sie et quodlibet aliud

universale substantivum alterius nomen est, per impositi'onem quidem eius, quod prin

cipaliter siynt'fivat, v. g. rationale vel album impositum fuit Socrati vel alicui sen

sibilium ad nominandum propter formal, i. c. rationalitalem et albedineml quas prin

cipaliter significanL

10‘

me ° XIV. De generibus et speciebns.

das Prädicat selbst sei, sondern nur dass ersteres unter die Zahl jener

Wesenheiten gehöre, welche entweder von einem bestimmten Stoll'e con

slituirt sind oder einer bestimmten Form unterliegen 169), und demnach

werde, — wofür sich der Verfasser sogar auf eine vereinzelte Stelle

des Boethius berufen kann -—‚ der eine Species bezeichnende Name

eben nur den betreffenden EinzeHndividuen, nie aber der Species selbst,

gegeben 17“), wobei Substantiva und Adjectiva darin sich unterscheiden,

dass erstere auf den Stoll' und letztere auf die Form sich beziehen, so

dass Diejenigen, welche von einem Accidentellen, d. h. von einem

„adiacens“ sprächen, — was aber eben wieder Abälard thut, s. unten

'Anm. 283 f. —, im grössten lrrthume seien l71); wenn aber es so sich

mit der ursprünglichen Bedeutung der Worte verhalte, so seien Aus

drücke wie z. B. „Mensch ist ein Artbegritl“ nur nothgedrungene Ueber

tragungen Schon112h)i.edurch ist klar, dass der Verfasser (im mGag‘ -"aga mei

Abalard) den eigentlichen Werth der Synthese, welche im Urtheile liegt,

misskennt und in platonischem Sinne die Worte sämmtlich isolirt als

subjeclive Abbilder objectiver Exemplare betrachtet, was man kaum deut

licher aussprechen könnte, als er selbst thut, wenn er z. B. sagt: „Ver

nünftig“ sei nicht der Name desjenigen. was als Subject dem Pradicate

der Vernünftigkeit unterliege, sondern der Name eines Wesens‚ welches

durch die „Vernünftigkeit“ conslituirt wird 173); ja auf diese Weise

muss er das Prädicatsverhältniss so unbestimmt allgemein fassen, "dass

es mit der Erzeugung des significanten Wortes überhaupt zusammen

füllt, und, da dieses letztere Moment für Subject und Prädicat. das

gleiche ist, der Unterschied zwischen beiden zu einem bloss äusser

lichen und zufälligen wird; hiebei aber stützt er sich auf eine Stelle

des Priscianus, in welcher auf Grundlage des allgemeinen stoischen

Sprachgebrauches (s. Abschn. VI, Anm. 112 fl‘.) die Partikeln als „syn

categoreumata“ bezeichnet werden, woraus geschlossen werden könne,

169) p. 528.: itaque cum dicitur „Socraks est homo“, hic est sensus „Socra

tes est unus de materiatitcr constitutis ab homine“, . sicut cum dicitur uSocrates

est rationalt's“, non iste est sensus „res subiecta est res praedicala", sed „Socrales

es! unus de subiectis huic formae quae est rationalitaslt

170) Ebend.: Ouod autem „humo“ impositum sit bis, quae ma!en'ali!er consti

tuuntur ab homine, i. e. individuis et non spet‘iei, dicit ltoethius in cmnmentario

super can-gimus his verbis etc. (s. Boot/iv p. 129.); vgl. vor. Abschn. Anm. 121.

171) Ebend.: Nomina illa tantum dicuntur substantival quae imponuntur ad

nominanduni aliquem propter eius materiam .. . . vel expressam essenliam; ad

iertiva vero illa dicuntury quae imponuntur alicui propter formaml quam principaliter

signi/ioci Nam quod dici solct, adiectii-um esse, quod significat accidens secun

dum quod ailiacctl e! substantivum, quod significat essentiam, ridiculum est vel sine

intellectu

172) p. 529.: Sciendum est ergo: vocabula, quae imposita sunt rebus propter

aliud signi/icandum principaliter circa eas, quandoque transfer-untur ad agendum de

principali significationey ut cum translative dicitur „rationale es! differenlia" et

„allmm es! species coloris", nihil aliud intelligo quam nrationalitasrr et „albcdo“;

siccum dicitur „home est spccies“ concedimus itaquel hanc translationem

necessitate fien'.

173) p. 547.: Rationale enim non est nomen subiecti rationalitatis. sed rei quae

a rationalitatc consumiturl quae non est ipsum animaL

'“i’. L A x.“ A-. «s. . ntu-md -.- h

- XIV. De generibus et speciebus. o 149

dass dann alle übrigen Worte eben calegoreumata‚'d. h. Prädicamente,

seienfl“). Die ausgedehnte Wirkung, welche diese hier zum ersten

Male vorübergehend beigezogenen Syncalegoreumata später in der Logik

äussern, müssen wir natürlich dem weiteren Verlaufe überlassen, die

Folgerung hingegen, welche hier unser anonymer Verfasser daraus zieht‚

führt zu einem Platonismus, welcher uns sehr an Scotus Erigena er

innern muss. Wenn nemlich „praedicari“ auf diese Weise das Nemliche

wie „significari principaliteru ist, so l'ällt die inlellecluelle Function

des Menschen in jene objectiven Formen und Gestaltungen hinüber,

welche den Individuen zu Grunde liegen, denn es erzeugt sich der Be

grill' (intelleclus constiluitur, generatur) mittelst des Wortes im Hinblicke

aul das objeclive Universaleln), und auch die lnhärenz, wenn man

mit ihr nach überkommener Gewohnheit das Pradicatsverhältniss iden

tifieiren wolle, hat eben doch nur eine objective Bedeutung in dem

Werde-Process der Dinge 1"6). Kurz es handelt sich nur um die ein

heitlichen „Naturen“, welche den Dingen zu Grunde liegen, und wenn

der Begrill' der Natur auf obige (Anm. 163) similis creatio oder bezie

hungsweise zur Abgränzung gegen andere Formationen auf dissimilis

creatio reducirt wird 177), so schliesat sich hieran eine platoniscb-my

slische Creations-Theorie an, welche uns hier nicht berührt “8). lndem

aber dabei sowohl nach Obigem für die Aussage das Hauptgewicht auf

174) p. 531.: Mihi autem videtur, quod praedicari est principaliter signiicari

per vocem praediralam, subiici vero significari principaliter per vocem subieclum, et

hoc quodammodo videar habere a Prim'ano, quod in tractatu orixtionis ante nomen

(d. h. in dem Capitel vor der Erörterung über Nomen) dicit praepositiam-s et con

iunctiones syncalcgoreumala, i. e. vonsignificantia; scimus autem „syn“ apud graecor

„cum“ praeposilionem significare, „caleyomre“ uulem „pruedicari“‚ unde categoriue

praedicamrnia dicumur. Si ergo idem est „calegoreumata“ quod „significanlia“, idem

erit „praedimri“ quod wsigilijicuri principuliter“ (die Stelle b. Prisc. ll, m lautet:

Partes igitur oratiouis sunt secundum dialeclicos duae, nomen et verbum, quia hoc

solae etiam per se coniunctae plenam faciunt oralionem. alias autem partes syucale

gorcumatay hoc est corisignificanlia, appellabanl.) ‚i

175) p. ans idcm erit „praedican'“ quod „signifinori principaliler“, quum

solam significalionem recepit Aristoteles iuxta illud „album niliil'aigni/icul nisi quali

latent“ (Cat. 5, s. Abschn. lV, Amn. 476.; so verdrehte man jede beliebige Stelle

zu Gunsten seiner eigenen Ansicht); cum enim album subiectum albedinis uominando

signi-flecti illam solam significolionem nolavil Aristoteles, in qua intellectus constituitur

per vocem Sicut ensis et gladius eundem yenerant intellectumy ita illa duo

nomina facerenl.

176) p. 533.: Ouod si „praedican'“ quidem pro „inhacrere“ accipiturj quod

et nos concedimusy neque enim bonum usum abolere volumus, sic dicendum esl: omnis

natura, quae pluribus inhaeret individuis maieriuliten species est.

177) Ebend.: Hi: autem tantum agitur de naturisg si autem quaeras, quid

appellem naturam, exaudi: naturam dico, quidquid dissimilis creationis esl ab omni

bus, quae non sunt vel illud vel de illo, sine una essentia sil sive plures, ut So

crates dissimilis creoliom'x ab omm'bus, quae non sunt Socrales, similiter etbhamo

specics es! dissimilis ereatiouis ab omnibus rebus, quae non sunt illa species vel

aliqua essenlia illius speciei. Auch der Einwand bezüglich des Phönix. welcher

nur in Einem Exemplare existirt (s. Abschu._ XII, Anm. 87.) wird berücksichtigt.

aber (p. 534.) durch die Bemerkung beseitigt, dass der Gegensatz zwischen materia

und maleriatum (0b. Anm. 160.) dennoch in seiner Allgemeinheit festzuhalten seik__

178) p. sse-am

l

l

l

|

e.

uso XIV. De generibus et speciebus. -

die Unterscheidung der essentia materiatis und essentia formatis fällt 1W),

als auch in ontologiseher Beziehung der Form allein eine Wirksamkeit

zugeschrieben wirdlsojl so muss jene — übrigens gleichfalls dem

Abälard (s. unten Anm. 306) angehörende -— Ansicht bekämpft werden,

wonach die oberste Gattung (genus generalissimum) der StolT selbst,

und sonach die Formen seine nächsten Arten wären’Sl), denn dem

Verfasser gilt, wie wir sahen (Anm. 165), die oberste Gattung selbst

schon als ein Product aus Stoff und Form, und es bleibt ihm daher

für jenen letzten höchsten StolI‘‚-d. h. für die „reine Wesenheit“ kein

anderes Prädicat als das blosse Sein, d. h. „es!“ übrig‘sz)‚ genau

ebenso, wie auch (s. Anm. 170) jene Wesenheit, welche als StoII' den

Individuen zu Grunde liegt, nicht selbst schon einen Prädicats-Namen

hat, sondern ein solcher Collectiv-Name erst von den hetrcfl'enden lndi

viduen ausgesagt wird 183). Nun aber wird dieses Letztere auch auf

die Formen, d. h. auf die artmachenden Unterschiede ausgedehnt; es

wird nemlich in einer langen und äusserst zugespitztcn Erörterung

gegen die gewöhnliche Annahme (Abschn. XI, Anm. 44, und Abschn.

XII, Anm. 87) dargethan. dass der artmachende Unterschied nicht unter

die Kategorie der Qualität fallen könne7 da dann die Qualität in zwei

oberste Arten, nemlich in die Differenz und die übrige Qualität zer

fallen miisste, deren jede von beiden doch wieder nur durch einen

artmachenden Unterschied constituirt werden könnte, welch letzterer

aber ja gleichfalls unter die Qualität fallen müsste, was er in keiner

Weise, weder als Gattung noch als Art oder Unterart, kann, sowie

auch es dann in keiner anderen Kategorie einen artmachenden Unter

schied gehen könne, weil jede Species der Qualität (zu welchen ja

derselbe gehören wurde) nur ein artmacliender Unterschied innerhalb

der Qualität selbst sein könnte mm Und wenn nun hiernach auch die

179) p. 548.: Concedo, rationalitalem praedicari de homine in substantia ut

animali sed illud ut formalem essentiaml aliud vero ut materialemg rere autem

unsre, nullam simplicem formam de alio praedicari substantialiten quam de lu's.

quae formaliter constituit.

180) p. 549.: Non est diversus meatus materi-animi imo formarum Appa

rel, quod ille e/Tecliis sequitur formas et non materiam.

181) p. 546.: Ne concedere cogamun et materiam substantiae generalissinmm

esse genus. et susceptibilitatem contrariorum et quaslibet simplices formas esse species

...\‚.. llcspondendum est, quod in diffinitione generis intelligendum esty id quod genus

est debere praedicari de pluribus speciebus proxime sibi suppositisl quod quia deest

illi maleriae. idcirco non est genus.

182) Ebend.: Possumus etiam dicere, quia illa mera essentia adiinterrogationem

factam per quid convenienter non respondetur Si ergo quaeritur Mquid est sub

stantia", respondeamus „esl“; neque enim potest responderi per nomen .‚substanh'a“,

namque non est nomen nisi materiatorum a substantiay vel ipsius substantiae per

translationem supenvacue responderi manifestum est.

183) p. 534.: Opponelur: illa essentia Immim's, quae in me est, aliquid est

aut nihil . . . . .. Respzmdemus, tali essentiae nullum nomen esse datum nec per impo

sitionem nec per translationem. -

184) p. 541.: llestat nunc de differentiisl an alicui praedicamento sint adscnl

hendae, an onmino a praedicamentis removenelae iustius videantur . . . . . .. (p. 542.)

bicunt omnes, din-erentia esse in qualitate ‚ . ‚ . . .. Quod si omnes dilferentiae in qua

litate lencntur, difl'erentiae specierum qualitatis in eodem praedicanænto annumerandae

sunl, quod qualiter stare possit videamus. Praeceptam est lloethii in libro bioisionum

ä v XIV. ‘ De generibus et speciebus. 151

das Wesen constitnirenden Formen, selbst mit Berufung auf eine ein

zelne Stelle des Doethius, gleichfalls aus dem Bereiche des Prädicats

Verhältnisses ausgeschieden werden‘si’), so bleibt der ontologische

Vorgang selbst, insoferne er auf Stoff und Form beruht, dem Prädi

ciren entrückt, und der Mensch bezeichnet durch Prädicate nur die

Producte des Vorganges, d. h. die einzelnen zusammengesetzten Dinge,

in deren Gebiet die Anwendung der Kategorien und hiemit auch die

Eintheilung in Substanz und Accidens ihre Stelle haben“). So sind

wir allerdings wieder so ziemlich bei Scotus Erigena (s. vor. Abschn.

Anm. 105, woselbst in ähnlichem Sinne von der „Natur der Dinge“ die

Rede ist, und Anm. 121,’ wo die Geltung der Kategorien hervortritt)

angekommen, wir verstehen aber eben darum auch, wie der Verfasser,

welcher als den Kern seiner Ansicht bezeichnet, dass das Allgemeine

nicht das Einzelne sei‘s"), gegen alle Hauptrichtungen seiner Zeitge

nossen betreffs der Universalien polemisiren kann, während er zugleich

mit allen sich gewissermaassen berührt.

Nun aber bildete, wie wir schon oben, S. 114, bemerkten, der

Streit über die Universalien immerhin nur einen Theil der gesammten

logischen Thätigkeit jene‘r Zeit, und sowie uns auch Johannes v. Sales

bury ausdrücklich bezeugt, dass ausser jener Frage es noch mehrere

andere Gegenstände üblicher Controversen gab‘se), so müssen wir ver

(s. ob. Aum. 118.), omne genus per duas proæimas species sufficienter naturatiter

dividi. Duo ergo species sunt sub qualitate generalisst‘ma, in quas ipsum generalissi

mum sufficienter distribm'tur; hae per adventum di/fnentiarum in genus consh'luuntur,

quo difl'erentiae qualitatcs saut, si omnes difl’erentiae praedicamento qualitatis annu

merandae saut. Ouod si esty aut erunt ipsum generalissimum aut ipsae species divi

dentes aut ‚sab illis ipsis speciebus proximis continebuntur. ipsum generalissimum

sui ipsius forma non est . item ipsae difl'erentiae species non samt, quae ab ipsis

constituuntur (p. 544.) quocunque modo divitias qualitatem, nulla species qua

litatis en't, quam non sit necesse differentiam esse alienis speciei qualitatis-1 quod

si verum est. nullius speciei alterius praedieamenti poterunt esse differentiam

185) p. 545.: videtur mihi, substantiales differentias in nulla praedicamento

esse, sed simpliees formas tantum esse nec aliquo modo ex materia ‚e! forma washzre,

ipsas autem in subiectam materiam venientes naturam aliquam coastituere, quamuis

a nullo constituantur Etiam boethius (ad Ar. Praed. p. 130.) potentissima

confirmat auctoritate ita dieensi „cum tres substantiae sint, materia, species et quod

ex utrisque conficitur hic neque de sola specie neque de sola materia, sed de

utrisque mixti's compositisque proposait“ Eoce hic apertissime Boethias dicit,

substantiaiem formam in praedicamento non esse.

186) p. 546.: Svnsu: est. quod res ex materia et forma compositae in praedi

eamentis saut, res vero simplices in praedieamento non sunty quod si forte invenias

auctoritati-iuy quae videatur asserere, omnes res esse in praedi amentoy de campositis

diei intelligasl illamque divisionem quae est „quidquid est, substantia aut accidens“,

de eompositis factam esse dieimus, simplices enim formas accidentia non appellamus

Ueber Letzteres s. Anm. 191.

187) p. 547.: nostra sententia, quae nullum universale esse singulare recipiL i

188) 10h. Saresb. Polycr. V11, 2 (Opp. cd. Gilcs lV) p. 87.: Sunt autem dubi

tabitia sapicnh', quae suis in utramque partem nituntur firmamentis; talia sunty

quae quasi-untur de materia et motu et principiis corporumy df P7091888“ "Wl

titudinis et magnitudinis sech'one, an terminos omnino non habeat (s. ob. Anm. 125 111),

de tempore et laco, de numero et oratt'orte, de eodem et diverso. in qua ptu-t

rima attritio est, de dividuo et individuo, de substantia et forma uoct's, de statu

universaliuml de usu et fine ortuque virtutum etc.

152 XlV. Einzelne Controversen. .

suchen, auch noch betreffs der übrigen Theile der Logik die damalige

Zeitrichtung an der l'land einer fragmentarischen Ueberlieferung zu cha

rakterisireu, wodurch wir zugleich die Kenntniss jenes Terrains ver

vollständigen dürflen, in welchem sich Ahülard's Leistungen bewegen.

Was hiebei zunächst die Kategorien betrifft, welche zwar von

Einigen geringschätzig behandelt wurden 189), so boten schon jene ein

leitenden Begriffe des aequivocum, univocum und rlenominativum (s.

oben Anm. 93) eine Veranlassung zu hleinungs-Verschicdenheiten dar l9°).

Sodann aber wurde die Gegenüberstellung von Substanz und Accidens

(Abschn. Xll, Anm. 90) von Einigen bestritten, von Anderen aber ent

weder mit Beschränkung auf die coorreten' Dinge der Natur gerecht

fertigt oder auf das blosse Prädicats-Verhältniss (vgl. Anm. 186) be

zogen oder selbst mit Verwechslung von Form und Accidens in den

Begriff des aus Theilen bestehenden Ganzen verlegtml). Auch die Er

örterung der einzelnen Kategorien gab manchen Stoff zu Coutroversen,

welche jedoch die Grünze des bei Boethius Vorliegenden nicht über

schritten; so halte sich bezüglich der Relation die Verschiedenheit der

platonischen und der aristotelischen Auffassung durch die Commentatoren

(Abschn. lll, Anm. 49, Abschn. IX, Anm. 31, Abschn. xu Anm. 71)

auch in die Discussion bei Boethius fortgcpllanzthhschn. Xll, Anm. 93),

und somit erscheint dieser Streitpunkt auch hier wiederum); auth

stritt man, ob nicht die Begriffe der Aehnlichkeit oder Gleichheit mehr

zur Qualität als zur Relation zu rechnen seien, sowie Einzelne sogar

‘IV'ofi'f

func

. nisi

189) Ebend. Metal. IV, 24 (Opp. V.) p. 181.: Alii delrahunt categoriis.

190) Ebend. lll. 2, p. 120.: Ex opinione plurium idem principaliter signifirttlf

denominalii'a el ea, a quibus denominantur (nur Realisten können dies behaupltl

haben). Abael. Dialeol. p. 481.: ivec aequivoca er sola debent praedicatione indl

cari, sed nec univoca propter eundem communionis causam .. Sunt autem noll

nulli, qui non ad ea, quibus est impositum vocabulum acquivocum et de qtthu

enunliatur, re_spiciunl‚ imo ad ea, ex quibus est imposifum, ut „ampleclor“, tum

ad eandem personam, amplectentcm simul et amplcxam, aequivocum dicatur secundum

diversarum proprietatsz diffinitionenactionis scilicet et passionis, non ad personam

commune dicatur, sed ad proprietates, quas aeque designat.

19l)'Pseudo—Abacl. d. inlell. b. Cousin, Fragm. philos. Par. 1840, p. mi

Üuaeritur, an haec divisio „carum quae sunt, aliud est substantia aliud est accidens

sit sufficiens. Quodsi conccdalur, Iimc, cum rationalilas sit, oportet esse substantiam

vel aocidcns; si autem accidens fuerity potest adesse et abessc, quod falsum eil

.... .. Ouidum dicun!‚ quod de quocunque verum est dicere „islud est una res"‚ de

eodem verum est dieerc, esse substantiam vel accidens; hi tamen non concedunly "m

unam debere divi, quod per opus hominum babet existentium ut domus, M91“

habe! partes disgrogalas ut populus Alii vero duobus modis dicunt divinorum

sufficientem esse, praedicatione scilicet et continentia secundum naturam. Praedictttlttll‘

quidem v. g. animalium aliud est rationale aliud irrationale. haec dimm

es! sufficiens praedicatione, quia de quocunque poterit dici „istud es! animal",

eodem statim consequeturl esse vel rationale vel irrationale. continentia "im"

sit exemplum: domus alia pars paiies alia tectum alia fundamentum accidens

tamen ibi targe accipitur pro forma. _

192) Abael. Dialect. p. 201 f.: Ouae quidem dif/initio ab alia in eo ”Farm"

diversa creditury quod banc Arislolelcs secundum rerum naturam prolulil, illam mo

Plato secundum constructioncm nominum dedit Sunt auti-mi qui quemadmde

Plalonicam diffinitione-m nimis lucam vituperanly ita et Aristotelicam nimis slnth

appellunL

XlV. Einzelne Controversen. 153

die Kategorie der Lage (situs) zur Qualität zählten 193)‚ oder man

bezweifelte die Berechtigung der Kategorien ubi und quando, da die

selben aus den zur Quantität gehörigen Begriffen des Ortes und der

Zeit abgeleitet seien und somit z. B. dem Frageworte „qualibar“ völlig

parallel stünden 194), oder hinwiederum fragte man über die richtige

Unterordnung der Begriffe „Tod“ oder „Schlaf“ u. dgl.‘95), oder man

stritt über die Auffassung des in den Kategorien mehrfach vorkommen

den magis vel minus, ob nemlich durch die Gradabslufung bloss das Sub

strat oder bloss die Eigenschaft oder beides zugleich berührt werde 196);

auch konnte bei solchen Gelegenheiten die priucipielle Parteistellung

hervortreten, insoferne die Nominalisten z. B. den Begriff „Gestern“

als ein Nicht-Seiendes bezeichneten 197), oder auch betreffs der Relation

und der Gegensätze ihren Standpunkt geltend machten, während die

realistische Ansicht ihrerseits dasselbe thatl”). Am häufigsten aber

scheint die Kategorie der Quantität besprochen worden zu'sein. schon

darum weil dieselbe wieder auf die Fragen über den Theilhegriff (Anm.

ogy m

193) Ebend. p. 204.: Sun! tamem qui „aequalis et inacqualisl similis et

dissimilisu inter qualitates contrarias recipianL- p. 208.: lii ueror- qui similitu

dinem potius inter qualitates enumerantl ut magistro nostro V. (s. Anm. 102.) pla

cuit. (Die Quelle dieser Controverse ist Boeth. p. 157. im Vergleiche mit p. 187.)

Ebend. p. 201.: Unus, memini, magister noster erati qui positionis nomen ad qua

litates quasdam aequivocc detur-querele Hiezu Anm. 501. rv

194) Ebend. p. 199.: videntur autem nec generalissima esse „ubi“ vel „quando“,

eo quod prima principia non videanturg quae enim ez alio nascuntury prima non

videntur principial sed ipsa quoque principia habent; ubi autem ex locoj quando

autem ex tempore originem ducunt Sotet autem a multis in admirationem ac

quaestionem deduci, cur magis ez loci w! temporis adiacentia praedieamenta innascan

turj quam n: adhaerentia aliarum specierum sive genehm.” tum enim bene „qualiler“

unius nomen generalissimi videtur sicut „ubi“ tief „quando“, cuius quidem species

bene vel male dicerentur sicut ‚.quando“ heri vel nudiustertius vel „ubi“ Homae vel

Antiochiae esse. Die Quelle dieser Controverse ist ausser dem Abschnitte über die

Quantität, in welchem ja locus und tempus eine eigene Erörterung fanden (Boeth.

p. 146.), besonders der Commentar des Boethius selbst, p. mas „quando“ et

„ubi“ esse non potestv nisi locus ac tempus fuerit

195) Ebend. p. 402.: Sole! autem de marte et vita quaeri, utrum in privalio

nem et habitum an potius in contraria recipiantur. p. 406.: Si in dormiente, in

qiu'unl, visio essetv videre eum oporleret, si vero caecitas inesset, nunquam amplius

ipsum videre contingervL -

196) Gilb. Porret. de sex princ. e. 8. (bei Arist. opp tat. Venel. 1552, l, f.

34.): bicitur autem „magis et minus suscipereu tripliciterg aiunt enim quidam se

cundum crementum et diminutionem eorum, quae suscipiamv subiectorumg aliter autem

et alii, ipsa quidemy quae suscipiantura in suscipiente diminui et cresccre, annun

tiantg alii autem secundum utrumque amborum diminutioncm et augmentationem t

197) Aboel. Dialeet. p. 196.: „flen'“ rei ezistentis designativum no'n videtur

sed fortasse hi, qui magis in speciebus renim naturam quam vocabulorum

impositionem attendunt. per „heri“ quandam praesentem adiacentiam designari volunt.

198) Ebend. p. 392.: Ouod quidem multos iri hanc sententiam induzil, ut con

trarium nomen tantum universaliumv non etiam singularium, con/iterenlar, albedinis

quidem et nigredinis, non huius albedim's vel huius nigredinisg sic quoque et rela

tivum et nprivatio et habitus“ nomina tantum universalium dicunt ,- retativa quidem

tantum universalia dicebant ez relatione constructionisg „haln'lus“ quoque et „priaalio“

universalium tantum nomina dicunty eo quod in individuis non possunt servari.

Ebend. p. agas Ouidam talem eum (sc. llcet/lium divisionem innuisse dicunts quod

contraria alia sunt genera alia specialissimag specialissima vero sic subdividuntuiy

ut eorum alia sub eadem yenere, alia sub diversis contrariis ponantun

154 XIV. Einzelne Controversen.

ms il'.) hinüberführte. Während die Nominalisten die Zahlbegrifl'e völlig

analog dem Uebrigen auffassten und daher die einzelnen Zahlen als

Arten bezeichneten, deren Gattung die Zahl selbst sei ‘99), vehi

diess ihre Gegner, weil es bei den Zahlen an der zum Art- oder Gat

tungs-Begrill'e erforderlichen Wesens-Einheit der Natur fehle, und hier

nach die Zahlen nur als adjectivische Ausdrücke eines collectiven Ver

fahrens zu bezeichnen seien, welches Letztere man dann auch auf

sämmtliche Momente der Quantität anwendete, insoferne nur die einfa

chen Grundlagen derselben, nemlich die Begriffe des Punktes, des Eins,

des Augenblickes, des Buchstaben, des Ortes, eine Wesens-Realität

beanspruchen könnten, alles Uebriae aber auf blasse collec-tive Aus

drücke sich reducire 20°); auch wurde von Einigen auf den Unterschied

hingewiesen, welcher bezüglich der Theilbarkeit zwischen dem Zeitbe

griil'e und dem übrigen continuirlichen Theilharen besteheml). ti

ln der Lehre vom Urtheile scheint häufig der ganze hauptsäch

liche Inhalt der Logik, soweit derselbe zum blassen Unterrichte der

jüngeren Schüler verwendet wurde, zusammengefasst werden zu sein,

denn man verarbeitete das Buch De intapr. zu Compendien, zu „In

troductiones“ oder zu einer „summa um's“, und indem man über die

'l‘heile und Formen des Urlheiles, über Quantität, Qualität, Aequipollenz,

über contrarias und Cantradictorisches, über Wahrheit und Falschheit,

über Umkehrung und Modalität der Urtheile u. dgl. Regeln zusammen

stellte, suchte man das aristotelische Buch gleichsam scliulgerechter zu

199) Ebend. p. 190.: Hi vero, quibus vidrtur, in specialibus aut generalibus

vocabulis non solum ea contincn‘, quae una sunt natur-alitery sed magis ca, quae

substantialiter ab ipsis nominanturj possunt fortasse et ista (nemlieh die einzelnen

Zahlbegrill‘e) species appellarey quum videlicet magis logioam in impositione vocum

sequantur quam physicani in natura rerum investiganda

200) Ebend. p.189f.: Numerum autem collectionem vnde maxime magisri nostri senlentia, memini, eontirmabatlunibtiantaurmiudmetteerrmnianarnitum ce

lerosque numeros species numeri non esse nec numerum genus eorums cuius videlicet

res una naturaliter non essetg hae namque duae unitates in hoc homine Raume ka

bitante et in illo qui est Antiochiae. consistunt atque hunc binarium componnnl.

Ouomodo una res in natura diceretur aut quomodo ipsae spatio tanto distantes unam

simul specialem seu generalem naturam reripien‘t? vnde potius numeri nomen et bi

narii et ternarii et ceterorum a collectionibus mutatum sumptu dicebant Ebend. p.

179 f.: Haram autem (so. quantitatum) atiae sunt simptices aliae compositaeg sim

plices vero quinque dicunt, punctum scilicet. unitatcm, instans quod est indivisibile

temporis momentumy elementum quod est um: individuas simplicem locum . lius

autem lantum, quae simplices sunt, magistri nostri sententia splriatos appellabal

naiuras, eo videlicet quod sint unae naturaliten quae partibus carentz quae vero ex

his sunt compositae, composita individua dicebat nec una naturaliter esse magis

que earum nomina sumptu esse a collectionibus quibusdam

201) Ebend. p. 186.: Cum autem res singulae sua habeant tempora in se ipsas _

fundata, sua scilicet momenta, suas horasl suos dies vel menses vel annos-1 omnes

tamen dies simul existentes vel menses vel anni pro uno accipiantur . . . . .. (p. 157.)

ln aliis totis totum positum ponit partem et pars destructa perimit totum in

tempore vero e converso est, velut in die; si enim prima est, dies esse diciturl sed

non converlitur; at vero si dies non est, prima non cst, sed non convertitur

ln his itaque Iotis, quae per unam tantum partem semper erislunl, illud

quod de inferentia totius et partis boethius (de difl‘. top. 11, p. 867.) docct, non

admittunt

XIV. Einzelne Controversen. 155

s

machen und mancherlei Ergänzungen oder Erweiterungen beizubringen 202).

In letzterer Beziehung aber ist uns Nichts näheres überliefert; hingegen

dass hieran sich auch wieder einzelne Controversen knüpften, ersehen

wir auch aus den beschränkten uns zugänglichen Quellen. So wurden

schon sogleich über den Begrill' der von: significativa (Abschn. XII,

Anm. 109) Schwierigkeiten erhoben, welche bezüglich der Fortpflanzung

des Schalles sich so sehr ins Abstruse verstiegen, dass Einige zuletzt

die Luft selbst als das Significante bezeichneten 203). Nicht viel besser

ist die gelegentlich der Einheit der Bezeichnung aufgeworfene Frage,

ob ein Wort auch die Buchstaben, aus welchen es besteht, „bezeichnen“

können“). Einliussreicher hingegen mochte es s'ein, —— obwohl uns

weitere Consequenzen nicht überliefert sind —-‚ wenn man beim nomen

eine scharfe Gränze zwischen significare_ und nominare zog, insoferne

ersteres auf die Allgemeinheit und letzteres auf das Einzelne gehe 20"’),

sowie vor Allem, wenn bei der Controverse, oh die Präpositionen und

Conjunctionen gleichfalls „bezeichnende“ Worte seien oder gar nicht

zu den Bedetheilen gezählt werden dürfen, die Dialektiker in Berührung

eum 10h. Saresb. MelaL III, 4, p. 130.: quidquid in isto docetur libro (d. h.

De in!erpr.), aompendiosius e! manifestius polerit quilibet doctorumy quod et multi

/aci'un!‚ excepta reverentia verborum, in doctrinalibus parare mdimeulisl quas intro

ductiones vocantg m'a: est enim aliquis. qui haec ipsa non doceat adiectis aliis non

minus necessariis Percurranl itaquey quid nomen, quid verbuml quid oratio,

quae_ species eiusfquae vires emmtialionum, quid ca: quantitate sortiantur aut qua

litate, quae determinate verae sint aut falsae, quae quibus acqm'pollvanl, quae con

sentiunt sibiv quae dissentiantl quae praedicato divisim, quae coniunclim praedicentur

aut comlersi'm, et quae "an, itcmrquae sit natura modulimn, et quae singularium

contradictio . . . . .. p. 131.: onis enim contentus esl it's, quae vel Aristoteles in Peri

ermeniis dacet? onis aliunde canquisita non adiicitl omnes enim totius artis sum

mam colligunt et verbis facilibas tradunL Vgl. unten Anm. 366. ‚w

203) Abael. Diul. p. 193.: Ouomodo ergo cadcm von: simul a diversis audiri

canceditur atque diversorum aures allingcre." Scd ad haec quidem divers! diverses

pro/erunt solutiones. Hi quidemv qui audiri etiam remota voluntl dimm, vocem

ante os pro/creatis remanentem essentialiter secundum sensuum discretionem ad aures

diversarum vem're. llli autem, qui audiri nolunt nisi pruesentia, hanc in voce-phy

sicam cansidcrant1 quod, quando lingua nostra aerem percutit sanique formam ipsi

nostrae linguae ictus attribuih ipse quidem der, cum ab orc nostro emittitur exte

rioresquc invenit der“, ipsis eh'am, quos reverberatl consimilcm sani formam attri

buitl illeque fortassis ali-isl qui ad aures diversorum perceniunt. p. 190.: Noslri

(amen, memim', sententia magistri ipsum tantum acrem proprie audiri ac sonare ac

signi/icare volebaL Vgl. unten Anm. 499.

204) Ebend. p. 488.: ratum conslat ez suis partibusl voz ez suis non con

stituilnr significationibus, a! fit quidem zlivisio totius in partes, vocis vero non in

significationes Nam etsi hoc in quibusdam vocibus contingat. ut scilicet ez suis

iunguntur significan'onibus, ut hoc i-ocubulum quod est „aus“ m litteris sui's, quas

etiam signihcutl non tamen i'd ad naluram vocis, sed totius referendum ext; in eo

enim quod ex eis vonstal, latum est earumi non cas significans. Es! etiam et alia

quorundam solutiay ut scilicet concedanty nullam vocem coniungi ez signifcationibus

diversis, ad quas videlicet diversas impositiones secundum iaequivocationcm habeat;

neque enim „ens“ ad quaelibet plura dicunt aequiuocum, sed tantum ad diversorum

substantias praedicatorum unde de litterisl quae in eodem claudunlur praediaamenw,

aequivoce non diailur.

205) Joh. Saresb. Metal. II, 20, p. 100.: quod fere‘ in omnium orc ctteln-e ein,

aliud scilicet esse quod appellatica signi/iram el aliud esse quod nominant; nomi

uantur singulartal sed universalia significantur. e a

tas XIV. Einzelne controversiam

mil den Grammatikern kamen, unter welchen die Einen einseitig tbr

Lelzleres sich entschieden, Andere aber auch die Interessen der Logik

berücksichtigten und hiedurch eine Vereinbarung ermöglichten, wornacb

für jene Bedetheile (etwa ähnlich wie bei dem Verfasser De gen. et

spec., s. Anm. 174) ihr späterer Eintritt in die Logik wenigstens vor

bereitet werden konnteio“); gleichfalls einem Einfluss'e der Grammatik

(möglicher Weise durch Bernhard v. Chartres, s. Anm. 89) kann die

Terminologie zugeschrieben werden, wornach man Urtheile, wie z. B.

„Mensch ist ein Substanlivumu als „materialiter im osita“ oder als Ur

theile „de signifieante et significatou bezeichnete 07). An der Frage

über das Wesen der' Affirmation und Negation konnte wieder der Par

tei-Gegensatz hervortreten, indem die Einen sich an die Sprachfom

Andere an die Begriffe, Andere an die objective Realität hieltenm).

Auch bei manchen einzelnen Punkten, welche im Commentare des iine

thius sich erörtert fanden, entschied man sich bald für bald gegen die

Auctorität desselben, so z. B. betreffs der Einheit des Urtheilesm)

oder bezüglich der Zerlegung des Verbums in die copula und ein Parti

cipii|m2‘°)‚ oder hei den Urtheilen, in welchen das „est“ nichtdie

- cle-gum

206) Abacl. Dialect. p. 216.: Praepositiones et coniunctiones de rebus cum

quibus apponuntur1 quosdam intellectus facere videntur, atque in hoc imper/eqi

earum siyni/icatio divilur, quod ipsa quoque resi de qua intellectus haben", M

huiusmodi dictionibus non tenetur sicut in nominibus et verbis, quae simul (‚iff‘

demonstrant .. .. . Unde certa apud grammaticos de praepositionibus sententia matth

ut res quoque eoruml quorum vocabulis apponuntury ipsae designarent w

illa quorundam dialecticorum sententia potiar videlur, quam grammaticorum 017""0'

quae omnino a partibus orationis huiusmodi vones, quas signipeativas esse W se

non iudicaviL divisit ac magis caquaedam supplementa ac colligamenta (s..lb uv

Xll, Anm. 43, 60. u. 111.) partium orationis esse dicit (p. 217.) Sindlllfl'“

nonnuuiv qui omnino a signi/ioannis huiusmodi dictiones removisse dialectum '

struanL

207) Joll. Saresb. MetaL lll, 5, p. 137.: interdum tamen dictionem m" im

coulingit, quum idem sermo ad agendum de se assumitu-n ut in it's, quae 11"“

eeptoies nostri materialiter dicebant imposita et dicibitia. quale est „Iwmo est tw

men, currit est verbum.“ Abael. Dial.‚p. 248.: ouidam tamen transitivam grajum

ticam in quibusdam propositionibus esse volunt. qui quidem propositionum du“

consigm'ficanhbus vociims, alias vero de signi/icante et significalo heri dicwtl. "l i“

iüae, quae de ipsis vocibus nomina sua enuntiant hoc modo „homa est Mm?" M

vox vel dixyllabum“. .Vgl. Anm. 618. _ l

209) Abael. Dialeot. p. 404.: Ouidam autem per „t'acere sub a/finnaliw f

negationeu finitum et iri/initum oocabulum accipiuntl ut „scdet, non sedei“; imm

vero intellectus ab affirmalione et negatione generatos (s. Anm. 175.); sednospol'“

ca, quae ab affirmatione et negatione dicuntur accipimus, essentias scilicet “’12;

de quibus per af/irmationem et negationem agitat Nicht recht verstiindllch “an

ist 10h. Sar. MetaL ll, 11, p. 81.: expedit dialectioa quaestimtes, quale fiiv r

af/irmaro sit enuntiare (umgekehrt an enuntiare sit affirmare hätte eher emen e

denklichen Sinn), et an simul exstare possit conlmdictio. _ am

209) Aliael. Dial. p. 298.: Sunt autem qui adstruant. diverso accidentia 1‘”. n»

enuntiationem facere, cum latia sumunturl quae ad diversa refemntun num

t

dicatur nhomo citharoedus Imnus" (s. Bocth. p. 419.). _ Mm,

210) Ehend. p. 219.: idem dicit „.homo ambulal“, quantum proponit n m

est ambulansu (Boeth. p. 429.). Sed ad Itoc, meminia magister noster V. oppo ‚

solett si‚ , a. nqut.t, verbum propri. um si. gni.ficat.ionem i. nhaorcre dm. l., iterum-amen st

eam inhaeret-ej profecto ipsum norum dicit ac sensum propositionis plffia“

“1:7 f II. J

E— s

XIVm!» Einzelne Controversen. 157

factische Existenz des Subjectes 'involvirlzu), oder bei der Frage über

das Quantitätsverhältniss zwischen Subject und Pradicatnz), woran

sich auch grammatische Spitzfindigkeiten anknüpfen konntenzla). Ja

auch jene richtige Vervollständigung, welche die aristotelische Schrift

De interpr. durch Boethius in den Angaben über das „unbestimmte Ur

theil“ gefunden hatte (Abschn. Xll, Anm. 115), wurde von den Einen

gerechtfertigt, von Anderen aber verworfen, unter welch letzteren uns

ein Magister „V.“‚ welcher „Glossulae super Periermeniasu schrieb, ge

nannt wirdz“). Bezüglich der niodalen Urtheile, — s. Abschn. Xll,

Anm. 119, die Terminologie „modah's“ erscheint nun als völlig reci

pirt —, ist es wahrlich eine eigenthümliche Auflassung, wenn Einige

dieselben derartig von den nicht-modalen ableiteten, dass nicht der that

sächliche lnhalt, sondern der Sinn der Aussage durch die Worte „mög

licherweise“ oder „notliwendigerweise“ niodiiicirt werde, oder wenn

Andere sagten, die Möglichkeit oder die Notliwendigkeit selbst seien in

solchen Urtheilen das Prädicatzls); auch war der Unterschied zwischen

nititu

211) Ebend. p. 2231.: vnde qui-domi cum dicitur homero quoque defuncto

„Homerus es! poela” (Boeth. p. 423.) „esse“ quoque, quod interponitury in

designationc non existentium volant accip1 .‚.. Nosln' vero sententia magistri non

secundum verbum accidentalem dicebat praediculiimem, sed secundum totius construc

tionis signifivaturam et impropriam tocutionem . . Secl quaeritur in illa signihcativa

locutione „Homems es! poe!a“‚ cuius nomen „Hamerus“ aut „poela“ acci'piatur,‘

at uero, si hominis, falsa est anuntiotio eo deluncto, si vero poematis, es! nova

vocis acquiuocatio. »

212) Ebend. p. 247.: ln his autem quae secundum accidens praedicantur nec

totam subiecti substantiam continentl sed in parte tantum subiectum attingunt (Boe!h‚

p. 263.), non est neccsse, pracdiea!um‚uel maius esse subiecto vcl acquatcl

veluti cum dicitur nanimal est homorr vel „quiddam animal est homo" (vgl. b’oelh.

p. 562.). ouanwis tamen et hic quidam wundern, animal quod subiicitur non esse

maius homine, dicunt enimy quia animali quod homo esll ibi subiicitury quod non

est maius homine. .

2l3) Joh. Saresb. Metal. ll, 20, p. 101.: om „omnis homo qiligit se“, quodsi

ez relatioae dictionis proprietate discutiasi incongrae dictum forte causabcris e! fal

sum, siquidem sive collective sive distributioe accipiaturi quod dictum est

„omnis“ pronomen relativuml „so“ quod subiungitur nec universitati singulorum

nec alicui omnium veraciter aptetar. Es! igitur licentiosa relatio (p. 102.) unde

m: sententia eorum, qui ongastiis et subtilitatibus semper insistunt nec bonae fidei

rationem in colloquiis aut lcctionibus curautl haec potius enuntiationis forma esl,

quam regularis formae enuntiatio.

214) Abael. Dialcct. p. 225.: De orationibus vero infim'tis quare hoc loco Ari

stoteles mentionem non fecerih solet quaeri ..i Alii itaque Aristotelcm simplicis

enuntiationis canstilutionem denionstrasse hoc loco notanti alii vero nullo modo ora

tionem inhnitari (dieses Wort begegnet uns hier zum ersten Male) comeduntl qui

bus, memini , magister noster V. essentiebat; nec quidem id tam secundum senten

tiam negabali quam secundum constructionis naturanL cuius quidem invalidom de

coniunctione dictionum calumniam in clossulis eius super Pcriermeuias invenies.

215) Ebend. p. 261: Ratet, qualiter modales propositiones ex simplicibus

descendere ounfitenmur; es! autem magistri nostri sentential eas ita ex simplicibus

descenderej quod de sensu earum uglml, ut, cum dicimus „possiln'lc est Socratem

currere vel necesse“, id dicamusy quod upossibile est vel necesse, quod dicit ista

propositios Socratcs cnrrit“. Ebend. p. 273.: Haea enim- „quendam hominem non

est possibile esse album“ secundum magistri praedictam cæpositionemr quae de sensu

simplicis o it. sic „mm est possibitcr quod dicit haec proposilius quidam homo est

albus". d. p. 277.: ouidam ahmt, per possibile possibititatem praedicari. per

158 XIV. Einzelne Controversen.

possibile und contingens ofl‘enbar ebensosehr ein Gegenstand von (Ion.

lroversen gewordeugmbl wie andrerseits die Aequipollenz der modalen

Urtheile”) oder wenn Boethius bei der Unterordnung des disjuncliven

Urtheiles unter das hypothetische (Abschn. XII, Anm. 141) nur die

Form „Aut A est aut B estu im Auge gehabt halte, so wollten nun

Einige diess durch eine syntaktische Reductlon auch auf die Form „J

est aut B aut C“ ausgedehnt wissen 218).

Aus dem Bereiche der Syllogistik dürfen wir von vornelierein

keine derartige Controversen-Litteratur erwarten, denn die hetrell‘euden

Compendien des Boethius sind gleichsam blosse schulmässige Formulare

welche keine Gelegenheit zu Meinungsverschiedenheiten darbieten. die

aristotelische Analytik hingegen wurde», wie wir sahen (Anm. 8—34l‚

eben damals erst allmälig bekannt und ermangelte selbst dann mh

einer solchen comment'ireuden zurichlungy wie sie für die anderen

Theile der Logik längst vorhanden gewesen war. Doch findet vidi

wenigstens bei Johannes v. Salesbury eine Notiz, wornach jene luuersl

schwierige Stelle der ersten Analytik lietrefl‘s der Umkehrung modiher

Urtheile (Abschn. IV, Anm. 246) zu besonderer Erwägung gekommen

zu sein scheint, insol‘erne man die dortigen Begrifl'e der Naturbestinlml

heit, des MÜSIICIIGI'l-lllld des" Nicht-stattfindens durch eine eigene 'I‘er

minologie (maleria naturalis, contingens, remoui) zu bezeichnen lit

nöthig fand 219). Aus derselben Quelle erfahren wir auch, dass die illi

modalen Urlheilen bestehenden Sleogismeu, welche bereits Abälird tie

kannt hatte (Anm. 17), nun sowohl bei den Theologen als auchiill de"

Schulen der Dialektik häufig in Anwendung gebracht wurdenflol' m

. .

necesse necessitatemy ut. cum dicimus npossibile est Socratem esse vel MW'

possibililatem aut necessitatem ei attribuamus.

216) 10h. Sar. Metal. IV, 4. p. 161.: „Uonlingens“, cuius latissirnui "1‘"

quo upossibiliu aequabatur (s. Abschn. XII, Anm. 119.), in communi "W

usu parietes scheint": nusquam egreditun _

217) AbaeL Dial. p. 275.: Ouidam in his propositionibus (Abschn. Ällv‘lum'

122.) dicunl‚ quod si possibile est vel necesse este Socratem non esse qu

possibile est vel necesse 0st, esse non equum ln universalibus non ita dm“

ut videlicet ltantundem valeat „nun“ ad „esse“ praeposilum, quantum tdv qu

„esse“ copulat rompositunL .an

218) Ebend. p. 442.: Sunt tamen quidam, qui nec discretionrm ullam 'nr

categoricarn et hypotlieticam in disiunctione compositas habenty sed idem dicuntrtltim

ponil cum dicitur nSocrates est vel sanus vel ueger", et cum dicitur „11111 Sofw

est sanus aut aeger“, ut scilicet omnis enunlialio, quae disiunctas mit?" mer

tionesy hypothetica credaturg volunt itaque semper in huiusmodi rutegflfit's‘q _.

disiuncliones recipiuntl hypotheticae sensum intelligit veluti cum dicitur n “am

est sanus vel aeger“, tale esl ac si dicatur vaut Socrates est sanus a

est aeger“. . ' i

219) Juli. Sar. MetaI. w, 4, p. 160, woselbst in einer Inhalts-lieberjig;

der ersten Analytik auch Folgendes vorkOmmt: quid in toto esse aut min ob

quas propositiones ad usum sgllogizandi converti contingat et quas "0"; wfi man.

tineat in hisy quae modcrnorum (s. Anm. 55.) usu dicuntur esse de natura im ral

ria aut contingenti aut remotag quibus praemissis trium ligurarum WM"

tiones etc. . _ w,

noi Ebend.: lie-inde habita modalium ratione transit ad commiwlion‘i‘ qg! mo

necessario sunt aut contingenti cum hisy quae sunt de inesse irPosfm .

divitiae paginae rationem modoan pernecessariani esse dicunt .... ss

g xm Einzelne ControVersen. _-"_. 159

gelegentlich einmal erwähnter Fangschluss bezüglichkder Möglichkeit

des Künftigen ist aus cicero nachgebildet 221). -

Dass hingegen wieder die Topik sich einer ausgedehnteren und

mannigfaltigeren Bearbeitung zu erfreuen hatte, geht schon im Allge

meinen aus dem Werke Abälard’s hervor, welcher bei den einzelnen

'l‘open sich so aussert, dass er überall. schon eine bestimmte Anzahl

formulirter „Regeln“ vorgefunden haben muss, in welche man in den

Schulen die Angaben des Boethius (De iii/li top.) redigirt hatte 222);

auch versuchten von jener Zeit an, in welcher die aristotelische Topik

wieder hervorgezogen wurde (ob. Anm. 281‘.) in der That Einige eine

Bereicherung dieses Zweiges der Dialektik durch Auffindung neuer Topen

und neuer „llegeln“223), zugleich aber mochte sich auch eine richtige

Einsicht über die Stellung und Bedeutung der Topik verbreiten 224).

Doch blickten auch hier die allgemeinen Differenzen des Standpunktes

durch, wenn die Einen einseitig mehr die einzelnen Begrill‘e abgesehen

vom Sprachausdrucke 225), Andere aber nur die innere Nothwendigkeit

der Abfolge in der Argumentation betonten 226), wieder Andere hin

gegen gerade die subjective Wahrscheinlichkeit berücksichtigt wissen

wollten mt Sodann aber knüpften sich mannigfache Gontroversen auch

an einzelne Topen oder Regeln‘an 228). „.4 w...

n— v r uaa

ut aiunt. quasi quidam medius habitus teminerum (vgl. Abschn. X11, Anm. 150).

EI profecto licet nullus modos omnes, unde modales dicuntury singutatim enumerare

sufficial, quodquidern nec ars exigit (s. ebend. Anm. 163.), tamen magistri scho

larum inde commodissime disputanL Vgl. unten Anm. 623.

am Ebend. Polycr. U, 23, p. 125.: Reste! tibi illius Lhmerebal em'm, an posses aliquid facere eoruml quae minimSetoficaictutruuis qeusaeesttc.io Vgl.

Abschn. Vl, Anm. 136. u. 164.

222) Abael. Diafecl. z. B. p. 334. (sunt igitur quatuor huius infercntiae regu

fae), p. 353. (regufae antecedentis et consequenlt's), p. 375. (regulae ab interpreta

finne), p. 376. (tres autem regulas a genere in usum duximus) u. s. f. durch die

ganze Topik hindurch.

223) Joh. Sar. MetaL lll, 9, p. 145.: Non omnes tamen locos huic operi (d.

h. Beeth. de difl‘. lop.) insertos arbilror, quia nec potuerunt, quum et a modemis

huius praeeunte beneficia aeque necessarios evidentius quotidie doceri conspicianL

Ebend. 6, p. 138.: Non tamen huic operi (d. h. der aristotelischen Topik) tantum

tri'buo, ut inanem reputem operam modernorumj qui equidem nascentos et confuler

centes ab Aristotele inventis eius multas adiiciunt rationes et regulas prioribus neque

fimms. s ‚ iv .

224) Ebend. 5, p. 134.: scientia ‘Topieomm ex opinione multorum dia

lectico et oratori principaliter faciL

225) AbaeL bMecL p. 426.: Dicunlur in argumentis ea, quae a propositionibus

ipsis signi/icanturj ipsi quidem inleflectus, ut quibusdam placety quorum canceptio

sine etiam vocis prolalione ad concessionem alterius ipsum cogit dubitantem. g ‚3:

easy Ebend. p. eam Sunt entern, memini. qui verbis auctoritatis nimis ad

haerentes omne necessarium argumentum in se ipso necessarium dici velmf.

227) Ebend. p. 335.: Sunt autem quidam, qui non solum necessarios conse

culioncs, sed quaslibet quoque probabilcs veras esse fateanturg dicunt enima veri

tatem hypotheticae propositionis modo in necessitate modo in sola probabilitate con

siste3r3eq6.)in diqcuuantqutiadmeenml seqnutieantioamnmeagqiusotdrupmroebtaibaimle neossttlruumerudmepreselh,cnssaulmtemdolseeocundum

cum, cui est probabile. ' .1.

sine 228) So wollten Einige zu den maximae propositiones (Abscbn. XII, Anm. 165.)

auch die Hauptregeln des kategorischen Urtheiles beigcziihlt wissen tAbaeL Dial.

p. 5391.), Andere dieselben noch weiter ausdehnen (ebend. p. 366.), oder man

leo xm Einzelne Controversen. Abälard. .

Bedenken wir aber nun, dass last Sämmtliches, was wir bisher

vorzul'ilhren hatten, nur aus zwei Schriftstellern, nemlich aus Abalard

uml Johannes von Salesbury, von welchen uns zufällig grössere Werke

erhalten sind, entnommen werden musste, und daher bei reicherem

Quellenstoil'e wir jedenfalls noch Weit Mehreres kennen lernen würden,

sowie auch dass jede der angeführten Einzelheiten seitens ihres Ver

treters aul‘ einen Betrieb des gesammten Umkreises der damaligen Logik

zurückschliessen lässt, so werden wir, was die Extension der logischen

'l‘batigkeit jener Zeit, namentlich in Frankreich, betrill't, unsere Vor

stellung kaum hoch genug spannen können. Anders allerdings mag es,

sich, gleichsam zur Bekräftigung einer bekannten allgemeinen Wahr

nehmung, mil dem Momenle der lntension verhalten, denn wirkliche

Selbstständigkeit, geschweige denn eine philosophische Auflassung, be

gegnete uns nirgends. Sowie das Mittelalter überhaupt von dem ausser

lich aufgedrungenen Materiale einer Tradition abhängig war und blieb.»

so giengen auch die zahlreichen Controversen der Logik nicht von einem

inneren linpulse aus. sondern beruhen auf einer von Aussen -durch den

Stoll' der Schultradition gegebenen Anregung, auf welche sie gleichsflm

warten mussten, um überhaupt zum Vorscheine zu kommen. So mussten

wir ja auch die Vertreter der liervorragendsten Partei-Ansichtfl’ihrea!

Buhmes entkleiden, als hätten sie von sich selbst aus Bahn gebrocllßflv

denn irgend vereinzelte und herausgerissene Stellen des Boethius, aul

welche man sich eben warf, zeigten sich uns (Anm. 105, 129,1“

170) als die Ausgangspunkte, nach welchen dann das Uehrige gereckt

und gestreckt wurde. Und wenn unter unseren [landen vielleicht “Ph

Abalard einem ähnlichen Schicksale nicht entgeht (Anm. 286), so m

diess nicht unsere Schuld, sondern liegt in der geschichtlichen Wfll'"

heit al's solcher hegründeL

Eben jene Erwägung, dass in jener Zeit einerseits eine sehr grflsäß

Menge von Lehrern sich mit dem überlieferten Stoil'e der Logik bis l“

das einzelste Detail hinab beschäftigte, und andrerseits eben durch dle

traditionelle Litteralur alle derartigen Erzeugnisse bedingt und gelührl

waren, müsste uns schon von vorneherein in unserem Urlheilc Über

Ahalard (geb. 1079, gest. 1142) zur Vorsicht auffordern, und i" dif

That auch wird uns die nähere Einsichtnahme seiner Leistungen "u

Zusammenhalle mit jenen seiner Zeitgenossen vor einer allzu aras-fen

Ueberschätzung desselben bewahren 229). Während wir nemlich belug

‚ U

verlegte das anleeedens und consequens in die einzelnen Glieder des Schlusses

(ebend. p. '353 f.)‚ oder man beschränkte den locus a praedicato bloss aul mea

gorisch-bypothetische Urtheile (p. 381.), wahrend Andere ihn nur als BeWe'San

des locus a genere gelten liessen (p. 384.); auch wurde über letzteren T“?

5""1“ Wieder man“lßra('-h St‘Stl'itte-nY ob er unbedingt gelte (p. 378.) mm nur

causal zu verstehen sei (p. 386.). und ahnlicbc Controversen betrafen Elf“ mus

ab efficienle, bei welchem Theologisches mitspieltc (p. 413.) oder den m"!

interprelalione, in wie weit derselbe mit etymologia zusammentrelfe (p. 375-):

nam Insbesondere scheinen die französischen Gelehrten zu einer Uchl‘l"3'=l"'u.n.ns

ihres La'ndsmannes geneigt zu sein, worin es ihnen unter den Deutschen Schlosst!r

zum mindesten SlelChthut. Das umfassende Werk von Charles de Remußaltßb-ä.

lard (Paris 1845) 2 Bande. ist im biographischen Theile das Beste, vim www

der neueren Lilteratur über Abälard ‚besitzen, hingegen treten bei Enthckluuß

x

I

xm Abalard. v 161

lieh der Ethik in Abälard mit Freuden einen Ketzer seiner Zeit erblicken

und anerkennen, seine theologischen Verdienste aber der Geschichte

der Theologie überlassen müssen, wird sich uns zeigen, dass er auf

dem Gebiete der Logik nicht selbstständiger sich bethatigte als vielleicht

hundert Andere in jener Zeit 230). Allerdings besass er eine grosse

Lebhaftigkeit des Geistes und vor Allem eine ausserordentliehe Gewandt

heit in rhetorischer Darstellung, er warf sich, sowie auf Alles, was,

er ergriff, so auch auf die Dialektik mit passionirtem Eifer, und tratf

sofort als äusserst anregender Lehrer auf 23‘); auf Leichtigkeit des Ver-‘

ständnisses war dabei sein hauptsächliches Augenmerk gerichtet, indem

er auch in der Wahl des Stoffes sich den Ansprüchen der Schüler an

bequemte 232), und es ist erklärlich, dass er darum mehrfach aufge

fordert wurde, seine logische Lehrgabe zum Nutzen Anderer zu be

thatigen '23“). Aber nur dieser seiner formellen Virtuosität verdankt er

Lehre die geschichtlichen Voraussetzungen, welche in den allgemeinen Bestrebungen

jener Zeit lagen. vielleicht zu sehr gegen dir persönlichen Verdienste Abalard’s in

den Hintergrund. wozu bezüglich der Dialektik noch der schon oben (Anm. 49,

vgl. 148) gerügte Uebelstand hinzukOmmt. Die Darstellung, welche Abalard bei

H. Bitter (Gesch. d. Phil. Vll, p. 406 fl‘.) gefunden hat, müssen wir unumwunden

als eine misslungene bezeichnen.

230) Es kann nicht oft genug daran erinnert werden, dass unsere ganze Un

tersuchung lediglich von dem quantitativen Maasse unseres Quellen-Materiales be

dingt ist. Und hierin besteht zwischen Abalard und den übrigen Dislektikern seiner

Zeit nur der Unterschied, dass von Ersterem zufälliger Weise uns sehr Vieles er

halten ist, wornach wir bei ihm im Stande sind, sciuen Grundgedanken in reicherer

Gliederung zu erkennen und durchzuführen, was bei Letzteren uns unmöglich ist.

Aber diesen unserer Darstellung günstigen Vorthcil in einen objectiven Vorzug Aba

lard's umzusetzen, müssen wir uns hüten. ‘

231) Dass er ein Schüler des Roscelliuus, aber auch des Wilhelm von Cham

peaux war und ausserdem bei allen übrigen hervorragenden Lehrern Anregung

suchte und fand, s. vor. Abschn. Anm. 314. u. in diesem Abschn. Anm. 102. u.

104. Von seinem Auftreten als Lehrer erzählt er selbst, Epist. l, c. 2, p. 4.

(Amboes.): Pervem' tandem Parisios factum tandem 2st, ut supra vires aetatis

meae de ingenio meo prarsumens ad scholarum regimen odolcscenlulua adapirarem et

Iocum, in quo id agcrcm, providcrem, insigne videlicet tunc temporis Melidum' castrum

et Sedcm Regiam .. (p. 5.) Ab hoc autem scholarum nostrarum exordio ita in arte

diateclica nomen meum dilatari coepit, ut non solum condisciputorum meomm, verum

etiam ipsius magistri (d. h. Guilclmi Compellensis) fama conlracm pauuatim exstin

guerelur‚ . . . .. (p. 6.) func ego Melidunum reversus scholiis ibi noatras, sicut anleo,

constitui Meliduno Porisios redii, extra civitatem in monte S. Genaue/au scho

larum nostrarum castra posai.

232) Joh. Saresb. Metal. lll, l, p. llli (ed. Giles): Siu omnem librumxleyi

oportet. ut quam facillime potest eorum, quae srribunlur, habeatur cognitio ; non

enim occasio quaerenda est ingerendae difficultatis, sed ubique facilitas generondu.

Ouem morem seculum recolo Peripuleticum l’alatinum; indc'esl. ut opinor, quod se

ad puerilem de generibus et speciebus, ut pace suorum loquar, inclinavit opinionem

molens instraere et promowre suos in puerili-basi quam in gravitate philosophorum

' esse oliscurior; faciebat enim sludiosissime, quod in omnihux praecipil fin'i Augu

stinus ‚ i. c. rerum intellectui serviebai.

easy AbaeL 1ntrod. ad theol. l, Ilrol. p. 974. (Amboes.): Ad has itaque con

troversias dissolvendas cum me sufficerr arbilrareutur, quem quasi ab ipsis incurio

bulis in philosophiae sludiis ac praecipuc dialech‘cae, quae omnium magistra rationum

videturi coiwersalum sciam atque experimente, ut aiimt, didicerinl, unanimiter postu

lant, me talcutum mihi a domino commissum multiplicare difleram. Epist. 1, c. 2,

p. 5.: Non multo autem interiecto tempore ez immoderata sludii afflictt'one nor

Pium-nq Gesch. ll. 11

l

v l

162 XIV. Abalard.

s

den Beinamen „l‘eripateu'eus Palau'nus“, denn einerseits galten seinen

Zeitgenossen die Worte „Peripatetiker“ und „Logiker“ als synonym, da

man ja von Aristoteles überhaupt ausser dem Organen Nichts kannte,

und es bezeichnet jener Ausdruck nur eine sehr einlüssliche oder be

sonders wirksame Beschäftigung mit diesen aristotelischen Schriften mar

ohne dass man dabei etwa an eine volle Durchführung des aristoteli

schen Principes dachte; andrerseits aber hat Abälard selbst wohl einen

glücklichen Fund gemacht, wornach er an Eine bei Boethius vorliegende

Stelle die Berechtigung der aristotelischen Lehre vom Urtheile anknüpfen

konnte; hingegen stellt er sich darum durchaus nicht auf das Princip

des Aristotelismus, sondern versteht die Ontologie schlechthin nur nach

dem Sinne Plato’s. Ja noch mehr; in Abalard zeigt sich uns die ganze

Unklarheit, welche dem damaligen Mittelalter in allen eigentlich princi

piellen Fragen anklebt, gleichsam als eine in rhetorischen gewandter

Form verkörperte, denn er bietet uns das merkwürdige Schauspiel dar,

dass er in‘ Einem Athenizugc christlicher Trinitäts-Theologe und meta

physischer Platoniker und logischer Aristoteliker und dazu noch rhetoy

rischer Ciceronianer ist, eine haarsträubende Mischung, welch natürlich.

von seinen Zeitgenossen nicht als etwas Monströses erkannä, sondern

im Gegentheile zu seinem grössten llnhme gewendet wurde 235).

Von der schriftstellerischen beitigkeit Ahälard’s, soweit dieselbe

dem Gebiete der Logik angehört, war früher nur die „Inveclt'va in

quendam ignarum dialecti-casa zugänglich236)‚ ‚bis in neuerer Zeit be

kanntlich Cousin sich das Verdienst erwarb, aus Pariser Handschriften

nicht bloss ein grösseres die gesannnte Logik umfassendes Werk Abä

lard's, welchem er den Titel „Dialecn'ca“ gab, sondern auch mehrere

Commentare desselben, nemlich Glossae in Porphyrium, class-ae in

Categorias, Gl. in libr. de interpr.. Gl. in Topica Boethii, zu veröll'ent

lichen'lal); hiezu kam noch durch Bemusat die Hinweisung auf einen

zweiten Commentar zur lsagoge, die „Glossulae super Porphyriomus

Welche bezüglich einiger Punkte zu dem Wichtigsten gehörenn‘).

rcptus infirmilale coactus sum repatriarcq et per aunos aliquot a francia quasi re

motus quaerebar ardentius ab iis, quos diatectica sollicitabat doclrinu.

234) Juli. Saresli. a. a. o. l, 5, p. 21.: Peripateticus Palatinusy qui logicac _

opinionem praeripuil omnibus cootaneis suis adeo, ut solus Aristotclis credoreluv

usus colloquio. _

235) ln der von Petrus venerabilis verfassten Grabschrift Abalurd's (bei Atmet.

Opp. ed. Amboes. p. 342.) kommen folgende Worte vor: Gallorum Socrnies, Ptata

maximus liesperiaramy Nosler Aristoteles, togam quicunque fuerunt, Aut par aut

melior Ad cliristi veram transivit philosophiamg in einem anderen von nm

linson gefundeneu Epitapbium (bei nominat a. a. O. l, p. 271.) bcisst es: I'Inngit

Aristotelem sibi logica nuper ademptuml E! piangit Socratem sibi mocrens ethica

demphzm, Physica ltlatonemy lacuudia sic Ciceroucm.

236) Äbucl. Opp. ed. Ambocsius (Paris. nam 41, p. 238 lll '

237) Oiwrages ine'dils d’Abe'lard, publies par V. Cousin. Pun's 1836. 4, wo

selbst die bialertica p. 173—497. (mehrere Partien jedoch nur im Auszüge abge

druckt), die Glossen p. sat-em Ein nicht zu billigendes Verfahren aber ist

es, dass Cousin zu den einzelnen Theilen der Dialektik eigenmächtig Titel-lieber

schri'ftcn schuf, welche den Leser eher verwirren als unterstützen; das Richtige

hierüber s. unten Anm. 272 ff.

238) Aluüurd, par Ch, de Re'musat ll. p. 97 ff. Ji- bedeutsamer aber das

xw. Ahälard. 163

Verloren hingegen isl eine für den ersten dialektischen Unterricht der

Anfänger verfasste Schrift, welche von Abälard selbst mehrmals citirt

wird und (im Zusammenhange mit- einer überwiegenden Betonung der

Topik) die Ueberschrift „De loco et argumentatione“ gehabt zu haben

scheinen“); dieses nemliche Werk ist es jedenfalls, welches an zwei

anderen Stellen unter einem bis zur Unkenntlichkeit verschriebenen

Namen genannt wird 240). Wenn er ferner wieder anderwärts sich so

ausdrückt, als habe er unter dem Titel „Grammatica“ noch eine aber

.malige Umarbeitung der Kategorienlehre verfasstml), so scheint es

. positionibus apponuntur super/tuo (s. Anm. 228.), ..

‘Ehend. ‘p. 305.: diffinitionem syllogismi boethius

wenigstens nicht unmöglich zu sein, dass er an grammatischen Begriffen

die logische Seite erörterte, denn sowie wir schon oben (Anm. 206 f.)

ein gewisses lneinandergreifen beider Disciplinen' trafen, so wird auch

bei Abälard selbst mehrfach eine Rücksicht auf l’riscianus genommen

(s. unten Anm. 250. 263 u.' bes. 272). ' -

Abälard steht als Theologe vollständig auf dem mittelalterlichen

Standpunkte bezüglich der Werthschätzung der Dialektik. Mit Berufung

auf jenen so häufig angeführten Ausspruch Augustin’s 24'3) gesteht er

dort litgetheilte gerade fur die logische Parteifrage ist, desto mehr müssen wir

es beklagen, dass nemus-nt (mit einer einzigen Ausnahme) nicht den lateinischen

Originaltext der von Ravaisson gefiuldenen Handschrift abdrucken liess. sondern

eine französische Paraphrase der Hauptstellen in seinen darstellenden Text ver

flocht, wornach bei Manehem ein Zweifel entsteht, wie viel davon auf Rechnung

Remusat‘s zu setzen sei. Die gelehrte Mitwelt hätte in solchen Fällen wohl einen

gerechten Anspruch auf genaue quellenmiissige Angaben.

239) Dialeet. p. 254.: Ouav' autem invicem contrariae propositiones vel contradictoriaey

quae etiam subalternae vel subcontrariae dimnlur, aut quas ad invicem

inferentias vet di/ferentias qualesque conversiones habeantl in his introductionihus

diligentius pale/ecimus‚ quas ad tenororum diatecticorum eruditionem eonscripsimus.

. commemorat ac diligcnter sin

gulos expediendo dificrentias perlt-artet, sicut in illa altcrcutione „de loco et argu

montana-m-u monsh'avimus. quam ad ‘simplirem dialecticorum inatitutionem conscripsi

'nms. Ebend. p. 332.: Non est autem praetermittenda ad cognitimæm loci difl’errnti'ac

doctrina introductionum uostraruml quas ad primam tanai-orum introductionem con

scripsimus. Ebend. p. 366.: determinationes quae a quibusdam maximis pro

. quas quidem in liix introduc

tionilmsl quae ad parvulorum institutionem conscripsimusl nos posuisse memr'nz'mus.

Ebend. p. 381.: Nane autem locos a praedicato vel subiecto tractemus, quos quidem

multi in his tantum consequentiis assignanl, quae ex categorica et hypothetim iun

guntur (s. ehend.)‚ sicut in introductionibus parvulorum ostendimus. _

um Ebend. p. 308.: Sed de his quidem (so. proposilionibns in syllogisma)

quae utroque lervm‘nov pui‘licipaul‚ in secundo poicherii (Cousin vermuthet enchiridii)

nostri satis dictum esse arbitror. Ehend. p. 424.: lluius autem ln-gumentotionis

sophisticae solutionem primi-is fantasiarum (C. schreibt sofort intruduetimmm) nosti-av

rum liber plene contineL »

c 241) lnlrod. ad theol. IIl, p. ms (Amboes.): Uuod autem nec loco moveri

pussil, qui spiritus est. tam philosophorum quam sanctorum asscrtionc dotem-un

sicut de quantitate tractantes oslendimus, cum grammaticum seribercmas. Theo].

ein-ist. lV, p. 1341 (b. Martene, 'I'Iics. Anerd. V.): lies omnino recte dici non potesl,

quae in se veram non habet entium, uf sit in se una res numero a ceteris omm'bus,

quae ipsa non snnf. rebus entialitcr-discrctu (s. unten Anm. 304.); seil de hoc

diligentomy ut arbitrora tractatum in rvlraotationc m'at'dieamenlorum nostra continet

grammaliea.

242) lnlrod. ad tlieol. ll‚ p. mus Adeo diatecticam commendare ausus est

(so. Augustinus), ttt-tum solam scientiam esse profiteri m'deatur, cum eam solam

ll'

WWÄM. ..._<w«*-—"Y“'*XW—m

164 ' Xiv. Abälal‘d.

-v‚..

-.„-—.

die Nothwcndigkea't einer Disciplin zu, welche im interesse der Beweis—

führung auch die Kenntniss der Sophistik in sich schliesst’“), jl in

solchem Sinne empfiehlt er sogar, auf eine aristotelische Stelle ver-’

weisend, den Zweifel 2‘14), aber als das Entscheidende gilt auch ihm

(vgl. vor. Abschn.. Anm. 17 l‘.) die Gesinnung, in welcher die Dialektik

praktisch ausgeübt wird, indem nur der Missbrauch logischer Gewandt

heit verwerflich ist‘l‘i’). Kurz auch bei Abalard verbleibt die Dialektik

als Führerin des Wissens dennoch in jener dienstbaren Stellung, ver

müge deren sie dem Kampfe gegen die Ketzer gewidmet ist’“), und

sowie er diejenigen, welche er für Ketzer halt, als Pseudo-Philoaophen

bezeichnet und gegen sie seine eigenen philosophischen Argumentationen

richten wuth so bringt er principiell auch sogar das Wort „Logik“

in eine Verbindung mit dem theologischen Logos-Begriffe 2m). Aller-v

dings fliesst hieraus jene fast spaSShal'te Erscheinung, von welcher wir

schon oben, Anm. 38 tl‘., sprechen mussten, dass der Dialektiker Abä

lard die Dialektiker als die grössten Feinde de. Trinität bezeichnete, und

posse facere dicat scieutes. Ebenso Theol. Christ. ll, p. 1235. Epist. 4 (Incedira

etc), p. 239.: llauc quippe scientiam tantis pruecom'i‘s efferre beatus ausus cst

Aagustinus, ut comparatione ceterarum artium eam solam facere scire fateaturv tu

quam ipsa sola sit dicenda scientiu.

243) fntrod. ad theol. ll, p. 1048.: Dispgttationis disciplina ad omnia genera

quaestianum, quae in sanctis libris continentur, plurimum ratet. "'Epi'st. 4, p. 239.1.

utraque tamen scientia, tam dialectica scilicet quam sopltisticu, ad discretionen

pcrtinct argumentorum, nec aliter quis in argumentis esse disci-eius potu-itp nisi qm

fatsas ac deceptorias argumentationee a veris el congruis arynmemalionibuydinin

guere valebit '

non Sie et Nun, ed. Liudeukohl p. 16.: frequens interrogatio, ad quam qui

dem pliilocophus ille omnium perspicacissimus Aristoteles ln praedicantento .‚Ad

aliqm'd" studtosos adhortatur dicens „.. .. dubitare autem de singulis non erit in

tüe" (bei Boeth. p. 172.); dubitmido enim ad inquisitionem venimus‚ inquit-alo

veritatem percipimus.

245) lutr. ad theol. 11, p. 1052.: Nenw etenim scientiam aliquam malim tne

dieen't, etiam illamy quae de malo est, quae iusto homini deesse non poti-sL non

ut malam ugat, sed ut a mala sibi provideat (p. 1053.) Scientias itaque ap

prolmmus, sed fallaciis abutentium resistt'mus. Ebenso Theol. Christ. lll, p. 12421.t

Dialect. p. 435.: Neque enim crimen est in sciendo, quibus obsequiis/aut quibus ‚

immolationibus daemones nostra vota perficiat (diese Disciplin nennt er „de/manv t

mathematieauls sed in agendo St ergo scire malum non est, sed agere. nec

ad scientiam, sed ad actum referenda est malitia.

246) Diatect. p. 435.: Haec autem est dialecticu, cui quidem onmis veritatis .

seu [atsitatis discretio ita subiecta est, ut omnis philosophiae principatum, du:

universae doctrinae, atque regimen possideatl quae fidei quoque catholicae ita ae

cessaria monstratnr, ut scliismaticorum sophisticis rationibus nullus possit, nisi quir

ea praemuniutur, resistere. v

247) Theot. Christ. IV, p. 1312.1‘ Nun enim lioc opusculo veritatem dotiert,

sed defendere intendimus, maxime adversus psendophilosophos, qui nos pliiloqu

phieis maxime rationibus aggrediunturg 'unde et nos per easdem, scilicet philom

phioas, rationes, quas solos recipiunt et quibus nos impetunt, eis praecipue satis

facere decrevi'mu: defendendo veritatem potius.quam docendo.

248) Epist. 4, _p. 241.: Cum ergo verbum patris dominus Jesus Christus A670;

graece dicatur, sicut et voipla patris appellatum plurimum ad eum pertinere eidem

ea noientiaa quoa nomine quoque illi sit coniuncta et per derivationem quandam a

löyo; logica sit appellata et sicut a Christa christiani ita a 1670; logica proprie'

dici videatur ‚ cuius etiam amutores tanto verius appellantur philosophi , quanto re

riores sunt illius sophiae superioris umatoru. ‘c -‘

.1—

‚i. Wun

_ u;‘:m!-. in

-‚-__‚

-..‚-_‚—_-l_.

'xw. nam 165

es liegt jaq auch im Geiste aller dogmen-philosophischen Erörterungen,

dass er diejenigen Dialektiker, welche die Dialektik nicht gerade nach

seinem Sinne anwendeten, kurzweg als Atheisten brandmarkt‘zw), daher

er diesen Andersdenkenden auch die gesamnite Logik mit einem ver

ächtlichen „aester Aristoteles“ und die Grammatik nebst dem Priscianus

förmlich an den Kopf SCllltPll(lel‘l‚250), wohingegen freilich wieder An

dere eben an der Abälard’schen Verquickung logischer Momente mit der

'l‘rinitiitslehre Anstoss nelnnen konntenzm).

Aber Abälard mochte wohl glauben, sich gut aus der Schwierigkeit

ziehen zu können, indem er das Gebiet der Dialektik als ein lediglich

irdisches von dem göttlichen Instrennte; nur ist er, insoferne schon

längst Scotus Erigena das Neniliche gethan, dadurch weniger consequent,

dass er nicht, wie jener, das in einer theologica a/firmati‘va Behauptete

wieder mittelst einer theologia negativa zurückziehl; wohl aber konnte

er hiednrch erreichen, dass jener „vester Aristoteles“ nun doch zugleich

auch „sein Aristoteles“ war. Wenn er nemlich auf das Irdische den

Gebrauch der Kategorien beschrankt‚ da ja alle menschliche Aussage

das dem Zeitlichen zugewendete Verbum enthalten muss 252), und über

haupt den Wortschatz der Menschen als ein die Gottheit nie erreichen

des Mittel der menschlichen Begrill'shildung hezeichnelz-bajp welches

249) Theot. Christ. III. p. 1275.: hesponde tu, mi acute dialectioe scu versi

pcllis sophista, qui auctoritate Peripaleticorum me arguerc niteris, quomodo ipsos

quoque doctorcs tuos absolvis, secundum quorum traditiones nec deum-substantiam

esse nec ipsum esse aliquid aliud cogeris canflteri? llonstat secundum ae—

strarum artium dimziplinasp quae omnium rerum naturas in decem praedicamenta dis

lribuuull deum penitus nihil esse. '

250) Ehend. p. 1282.: Sed cum Aristoteles vester dicit in riimo Perihemienias

elr. aut cum Priscianus dixit etc. ___

251) Otto Fris. de gcsL Frid. l, 47Y piasti (ad. U-ralisius): Sententiam ergo

vocum scu nominum (s. unten Anm. 258.) in naturali tenens facultate non mute

theologiae admiscuit, quare de sancta trinitate docens et nimis attenuansj non bonis usus exemplisl inter ceterascdni'xhictus(ntermelsicphersIonntarsod. ad

theoL ll, p. 1078.): „Stcut eadem oratio cst propasitio. assumptio et conclusiol ita

eadem essentia est pater et fitiua et spiritus sanctus Bern. Chirac. Epist. 190.

(tract. r. crrm'. Abael.)‚ Opp. ed. Martene l‚ p. asa-asa woselbst z. B. p. esca

constituit enim (Intr. ad theol. p. l083.)‚ hoc esse filium ad patrem quod speciem

ad genus, quod hominem ad animal ‚. quad aereum sigillum ad aes, quod aliquam

potentiam ad potentiam ouis Iiar ferat, quis non rtaudat aures ad voces sacri

legasfl Fliezu unten Anm. 478.

252) lntrod. ad lheol. ll. p. 1073.: Patel itaque, a tractatu philosophorum rerum

omnium naturas in decem praedicamenta distribuentmm illam summam maiestatem

esse etc-olusam omninol nec ullo modo regulas aut traditiones eorum ad illam sum

mam atque jne/fabilcm celsitudinem conscendercl sed creaturarum naturis inquirendis

eos esse contentus secundum quod scri itum est „qai' dotem-a est. de terra loqnitar.“

Ebenso Theol. Christ. lll, p. 1273 f. s. oben Anm. 38.). woselbst die Begründung

dieser Ansicht lautet: quod vero omnis hominum loculio ad creatur-arum status

maxime accommodata sit, ex ea praecipuc parte oratiouis apparet, sine qua teste

hisciano (Inst. gr. XVll, 12.) nulla constat orationis perfectiol ex ea scilicetj quae

dicitur oerbumg haec quippe dictio temporis designatira cst, quod incoepil a mundo.

Uebrigens weist uns diess Letztere auch schon auf Ahälard’s Auffassung des sermo

hin, s. unten Anm. am

253) Theal. christ. p. mam vocabula homines instituerunt ad creaturas desig

„und“. quas intelligere potuerunty cum uidelicet per illa vocabula suos intellectus

e

uso XI V. Abälard.

hiemit auch gegenüber den von üott reschall'enen Dingen nur als mensch

liches Erzeugniss zu betrachten ist 54), so belindet er sich bezüglich

der Logik allerdings in einer Uebereinstimmung mil Aristoteles (s.

Abschn. IV, Anm. 1081i. uml die entsprechenden Stellen des Boethius

Absclm. Xll, Anm. 109 L). Und sowie er nun ausdrücklich Logik und

Physik derartig unterscheidet, dass der Gegenstand der ersteren die

Namenbezcichnung .(vocum imposüio) sei, letztere hingegen die Eigen

thümlichkeit der Dinge als solcher betrachte, wodurch aber eben beide

Wissenschaften wechselseitig von einander abhängig seien 255)‚ so kann

er von Aristoteles sagen, dass derselbe, insofern er der Logik diene

mehr in den Worten (voces), als in den Dingen verweile 256). So gilt

ihm Aristoteles als die höchste Auctorität, an welcher man nicht rütteln

dürfe, geschweige denn, dass man ihr je irgend widerstreite 251). li

diese so eben angeführten Stellen könnten uns sogar glauben machen

Abälard habe diesen seinen Führer Aristoteles geradezu im Siuue‘der

Nominalislen verstanden, und wir finden, dass seine Lehre selbslßlll

seine Zeitgenossen diesen Eindruck machte 255), während wir uns aler

dings überzeugen werden, dass Solches nur auf oberflächlicher Ansichl

beruhen kann. ‚

In grossem lrrthumc jedoch befänden wir uns, wenn wir Abäll

hiernach überhaupt auch nur für einen Aristoteliker halten wollten, dean

er ist ja Platoniker, und Plato gilt ihm wieder als der grösste Philo

soph 259), was un's freilich einigermassen an die Schwatzhaftigkeit

k

manifcstare vetientg cum itaque homo voces invenerit ad suos intellectus manifestat

das, deam autem minime intelligere sufficiaty recte illud ine/fabile bonum dimm"

mine non est aurus.

254) Dialect. p. 487.: Neque enim vox aliqua naturaliler rei significatur wfi

sed secundum hominum imposilionem; vocis enim impasitionem summus tifll/fiwm

commisit, rerum autem naturam propriae suae dispositioni rcservavr't, unde et mm

secundum impositionis suac originem re signi/icata posteriorem liquet esse.

255) Ebend. p. 351.: Hoc aulem- logicac disciplinae proprium rclinqwlurv u

scilicet vocum impositiones pensando, quantum unaquaque proponalur orationc i!"

diclimu', disculiat; physicae vero proprium estr inquirerey utrum rei natura mnm

tiat enuntiationi .. .. Es! autem alterius consideratio alteri necessariag ut enim lv

gicae discipulis appareat, quid in singulis intelligendum sit vocabulis, prius "W"

proprietas est inoesligandag sed cum ab his rerum natura non prae se. mi 9""

vocum impositione requiritura tota eorum intenlio referenda est adllogicanlli “m

autem rerum natura percepla fucrit, vocum significatio secundum rerum titolmmm

distingueuda est, prius quidem in singulis diclionilms, deinde in orationibuh 9"“

ex dictiouibus iunguntun S. Anm. am

256) Ebend. p. 401.: Si enim omnia eius (so. Arislotelis) opera studiose ""

spiciumus, magis eum in vocibus immorari quam in rebus invem'emus, „MWST“

verba eius de vocibus quam de rebus exponerenlur, quippe qui logicac dtSMfM

257) Ebend. p. 339.: hanc namque dux Peripatelicorum Aristoteles di/fiflm‘m'"

dedil. p. 228.: Peripateticorum princeps Aristoteles. p. 204.: sed et si MUMM:

‘Peripuleticorum Pl'incipem culpare prasmmamus. quem amplius in hac arte fßßiPw'm‘

p. 293.: sed nihil adversus Aristotelem.

easy Obige (Anm. 251.) Worte des Otto v. Freising: sententiam rocum i"

nominum in naturali tenens faeuttatev welche dort nach jener schon früher _('°r'

Abschn. Anm. 316.) angeführten Stelle folgen, woselbst Abalnrd’s Ansicht in direch

Verbindung mit der Lehre des Boscellinus gebracht wird.

liili Theol. Chrisl. l, p. 1175.: revolvatur et ille maximus philoSophomozl-lldw

p. 1166.: alioquin summum philosophorum Plalouem summum slultum esse ‘Pfl‘

x1v. Abälard. 167

ro's erinnert, bei Welchem gleichfalls nach Belieben bald l’lato bald

Aristoteles der grösste Philosoph genannt wird. lu den Ansichten der

platonischen Sekte erblickt Abälard (auf Augustin sich berul‘eud) die

meiste Uehereinstinimung mit dem katholischen Dogma, besonders be

züglich der Trinität, ja sogar einen Vorzug in jedem Wissen über

hauthf’O); nicht hloss der Begritl‘ des platonischen Weltschöpl‘ers und

seiner Güte und Weisheit 261), sondern insbesondere die Lehre von der

Weltseele ist es, welcher er seine Beistimmung schenkt 2"2). Und von

da ans schliesst er sich nun auch in jenem Momente, welches für die

Logik das principielle ist, an Plato an, indem er mit Berufung aul

Priscianus und Macrobius die Formen der Gattungen und Arten als die

OriginalÄldeen der Dinge in den göttlichen Verstand verlegtmß). t

Wenn wir aber nun hei Letzterem allerdings nicht mehr einsehen

können, wie es sich dann mit jeneni „nilu'l adversus Ar-istotelemu (Anm.

esu verhalte,’ zeigt. uns Abälard hinwiederum noch eine dritte Aul

t'assung der Logik; denn er ist zuletzt weder Aristoteliker noch Plato}

niker, obwohl er — oder vielmehr wohl weil er -— ITeide Anschau

ungsweisen zu vereinigen bemüht ist (s. unten Anm. 292 1.), sondern

er erblickt in der Logik nur ein praktisch dienstbares Werkzeug, und

in dieser Beziehung braucht er es dann allerdings mit den Principien,

mögen dieselben platonisch oder aristotelisch sein, eben nicht sehr ge

hendemns. p. 119l.: non sine causa maximus Plato philosophorum prae ceteris

commendatur ab omnibus. Hiezu die unten, Anm. 293, anzuführende Stelle.

260) Ebend. p. 1175.: Plato eiusquc sequacesl qui testimonia sanctorum patrum

prae ceteris gentilium philosophis fidei christianae attendentes totius trinitatis sum

mam post prophetas potenter edidean p. 1191.: Pluribus quoque sanctorum testi

moniis didieimus. Platonicam sectam catholicae fidei concordare. p. 1192.: liquidum

est. lllotonicam sectani fidei sanctae trinitatis plurimum semper assentire cum

itaque in omni doctrina philosophiae Platonica secta enituerih Augustinus com

memoratl in scriptis eorum se repperissel in quibus quidem tota fere fidei nostrae

summa circa dicinitatem verbi apertissime continetur.

261) Ebend. p. 1157.: Ex summa itaque illa bonitate sua deus iusta etiam

Platonis assertionem optimus ipse omnium conditoiz p. 1163.: deum genitor-em uni- ‘

versitatis Plato dicit, a quo scilicet universa alia haben! esse. p. 1176.: Plato

quoque omne quod a deo esse keimt, genitum etc ipso dicit.

262) Dialecl. p. zrsz anima mundi, quam singularem Plato cogitavit

(p. 475.) quam animam mundi Plato iiocavit, quam ipse ex noy, i. e. mente diviua.

naturae asseruit et eandem in omnibus simul esse corporibus fimih Theol. Christ.

l, p. 1176.: Nun: autem illa Platonis verba de anima mundi diligenter discutiamus.

ut in eis spiritum sanctum integerrime rtesignatum esse agnoscamus (p. 1177.)

cum itaque in ipsa oninia mundi individua et dividua, sive ut dictum est eadem et

dicet-sal concurrit substantial etc. Vgl. lutrod. ad theoL l, p. 1015 f.

263) TIieul. Chrisl. IV, p. 1336.: Ad hunc modum Plato formas exemplarss in

mente divina consideraL quas ideas appellatg et ad quas postmodum quasi ad exem

plar quoddam summi artificio providentia operata est. lntrod. ad theol. ll, p. 1095 f.:

liane autem conceptioneml qua scilicet conceptus mentis in effectum operando prodit.

Priscianus in primo constructionum (d. h. lnsL gr. xvu. 44, p. 135. ed. Hertz)

diligenter aperit dicens. generales et speciales formas rerum intelligi-biliter in mente

divina constitissey antequam in corpora prodirent. Ebend. l, p. 987.: Sic et Mu—

crobius (Somn. Sc. l, 2. 14.) Platonem insecutus mentem dei, quam graeci wüv

appellant, originales rerum species. quae ideae dietae sunty continere meminitt ante

quam etiaml inquit Priseicmus, in corpora prodirentl h. e. in effecta operum pro

vem'rent. -

‚Ü.

w”..—

.1

les XIV. Abälard.

nau zu nehmen. Nicht bloss scheint jene für Anfänger bestimmte Schrift

vöUig aul' dem Boden der Topik verblieben zu sein 264')‚ sondern at

gelangt auch anderwärts an der Hand der ciceronischen Definition dazu,

das Wesen der Logik in die „Beurtheiluhg der Argumentation“ zu ver

legen, welche hiemit das Auffinden der Beweise voraussetztms), sowie

sich ihm an die verschiedenen Arten der Beweise (argumenta) der in

der Schultradition übliche Unterschied zwischen Dialektik, Philosophie.

Sophistik anschliesst 266). Und dürfen wir hiernach vielleicht auch,

schon Abälard’s eigenen Ausspruch, er wolle in seiner Dialektik eine

Begründung der peripatetischen Beredtsamkeit (eloquenla'ae peripatetim)

geben, beim Worte nehmen 267), so tritt dieses Motiv jedenfalls deutlich

hervor, wenn er schon die lsagoge unter die Theorie des Auffindens

der Beweise (die iwventia) subsumirt und hauptsächlich an die auf den

quinque voces beruhenden rl‘open denktns), oder wenn er ebenso auch

das hypothetische Urtheil nur unter diesem Gesichtspunkte auffasst und

daher die Topik demselben vorausschicktwg). Uebrigens mochte wohl

diese Seite der Logik, nemlich eine grosse Gewandtheit des Auffindeas.

auch in Abälard's eigenem Auftreten die hervorragende gewesen sein

so dass er diese Begabung leicht in Si'hftrl‘e und Feinheit philosophi

264) Denn alle oben (Anm. 239 f.) angeführten Stellen, in welchen er im

Schrift citirt, enthalten entweder direct die Beziehung auf die Topik oder lassen

wenigstens eine solche zu. .

265) Glossulae s. Porph. bei Re'nmsat (s. Anm. 238.) p. 94.: Es! scientia alta

agendi alia discemcndiy sola autem scientia disccrncndi philosophia dicitury worauf

dann (p. 95.) die Eintheilnng in Physik, Ethik, Logik folgt, und von lemam

gesagt wird: isl logica auctoritate fullii (s. Abschu. Vlll‚ Anm. 23.) diligens ratlv

disseren-di', i. e. discretio argumentormn, per qqac disserilur, i. c. dispulalw; f"

enim est logica scientia utendi argumentis sine componendi ea, sed discrrnlmll“l

diiudicandi veraciter de iis ltuae argumentorum scientiae-l una compimefllü. QM"

dicimus ratiocinatioaml alia autem discergnendi composita. quam logicum appelltul‘l‘“

Seine Quelle hiefür ist Boeth. ad Top. Cm, woselbst in der Erörterung aber W

ventio und iudicium (s. Ahschn. XII, Anm. 76.) besonders (p. 762.) die Worte?"

beachten sind: heri non potesl. ut dc inventione iudiceturl nisi ipsa inventio 9"“

etstzteriL .

naoi bialecL p. 425.: hion est illud praetermittendum, quod ipse (Ißßum'wl

”Werft, quae scientia quibus utatur argumentis, dialecticos quidem fl ”um"

maxime probabilitatem attendet-el philosophos vero neeessitalcm. sophisms rm "Pu'

trum etc. s. Abschn. XII, Anm. 82. A -

267) Ebend. p. 228.: confido autemj in ca, quer mihi targius csl‚ "mm"

abundantia ipso cooperante scientiarum dispensatore non pauciora vel minora mtt i’m“

stiturum munimenta eloquentiae peripateticael quam illi praesli‘terunl, qm» hamum

celebrat studiosa doctrina. ‚

268) Glassae in Porph, (b. Cousin) p. 553.: Scientiae invcniendi WPI’M'W

iste tractatus (d. h. die Isagoge), quia hic docemur invenire rationes sumcienm l"

probondas quaslibet quaestiones factas . . . . . .. (p. 554.) necessarium ad tas quae

sunt utilia in demonstratione, quia locus a genere, a speci'e, ad diffiflilionem imi

demonstrativis syllogismis.

269) Dialeet. p. 324.: quoniam ergo hypotheticac enuntiationcsy quarum “W

sub consccutione conditionis proponiturl inferentiao suae sedem ac vcritatit mdcnmtq

ex locis quammazime tenenti ante ipsas rursus hypotheticus propositiones torum

tractatum ordinari conncm't, ex quo mazimc hypathrtirarum propositionnm Wim"

seu falsitas llignoscilnr.

xm ihiram _ teo

scher Disputationen und ebenso in Witz und Scherz der Rede bethätigen

konnte 27°). “ä? hiatiim

biese überwiegende Bezugnahme auf die Argumentation ist es nun

auch, welche dem umfassenden Werke Abülard's, der ‚.Dialeetica", so

wohl in Gruppirung der llaupttheile als auch in Behandlung des Bin

zelnen einen grundsätzlichen Charakter aufprägt. Allerdings müssen wir

es sehr bedauern, dass gerade der Anfang des Werkes, nemlich die

Darstellung der lsagoge und ausserdem die ersten Kapitel der Katego

rien, verloren ist; doch sind wir im Stande, nicht bloss, wie sich

zeigen wird, die Lehre betreffs der Universalien genügend zu entwickeln,

sondern vor Allem auch den Grundplan des Ganzen einzusehen.

Die Gliederung ist folgende. indem das bei Boethius durchgängig

eingebürgerte Motiv eines Aufsteigens vom Einfachen zum Zusammenge

setzten (Ahschn. Xll, Anm. 83, 123, 131) zu Grunde gelegt wird, ist

bei der menschlichen Kundgebung (vor, s. ob. Anm. 252 fl'.) das Wesent

liche der Unterschied zwischen diatim d. h. dem einzelnen Worte, und

oratio, d. h. der zusammenhängenden Rede 27‘). Aber nicht bloss auf

der Auctoritat des Boethins oder etwa auch des Augustinus (Abschn.

XII, Anm. 34) beruht diese Scheidung, sondern auch Priscianus (Inst.

gr. ll, 14 11'.) ist es, welcher hierauf den entschiedensten Einfluss ge

habt hat, denn awenn Abälard den ganzen ersten Haupttheil der Dia

lektik, welcher-_von der dietio handelt, als „Liber partiumu bezeichnet

und dabei sogali den Ausdruck „partes orattonis“ gebraucht, so is't‚die

grammatische Anschauung deutlich genug ausgesprochen. Diese logisiihe

Erörterung der Redetheile zerfallt aber dann in drei Abschnitte, nemlich

in die „Antepmeih'camenla“ (s. diese Bezeichnung schon oben, vor.

Abschn.‚ Anm. mox welche die lsagoge enthalten, woselbst es sich

um die von Natur aus bestimmten Prädicate handelt (s. unten), sodann

in die „Praedicmnenta“, d. h. die Kategorien, in welchen die natür

lichen Dinge ihre Wortbezeichnung erhalten, und endlich in die „Post

praedicamenta“, d. h. die Angaben über Nomen und Verbum als die

Bezeichnungsweisen der Dinge und zugleich als die wesentlichen Be

sta_ndtl_ieile des Urtheiles‘lnj. Hierauf demnach folgt als Inhalt des

. F

270) Otto Fris. de gest. Frid. l, 47, p. 433. (Urans): lndi- magistrum mduens

Parisios vem‘l, plurimum in inventionum (diese ist ja gerade das technische Wort)

subtilitutc non solum ad philosophiam neeessan'arum, sed et pro commovendis ad

ioros animis hominum utilium valens.

271) Diatect. p. 212.: list autem dielio simplicis vocabuli nuncupatio. i. e. miz

totaliter, non per partes, significativa, ut „Immo“ vel „eurrit“; oratio autem dicti

onum collectio1 i. e. vox ad aliquid significandam inoental cuius partium aliquid

extra signtficar, ut „homo currit“ At quoniam dietiones orationibus naturaliter

priores sunt, quippe eas eonstituunt ae pevfict'unt, priorem quoque in tractatu locum

obtinere ipsae meruerunt.

272) Ebend. p. 226. sagt Abafard beim_Ucbergange von diesem ersten Haupt

theile zum zweiten: Hactenus quidem Dagoberte fruter, de partibus orationis, quas

dictiones appellamqu sermonem texuimus, quarum tractatam tribus voluminibus

comprehendimusg primam namque partem libri Partium antepraedicamenta pasuimus,

deliine autem praedicanlenta submisimusy denique vero postpraedicamenta novissime

adiecimus, in quibus Partium textum complevimus. Die Auffassung der Antepfldi

camente wird sich unten zeigen; bei dem Uebergange aber von den Prädicauieuteu

no ._xxv. mum

zweiten Haupttlieiles die orau'o, und zwar handelt es sich, d‘a nach

dem Vorgange des Boethius (Abschn. XII, Anm. 112) das kategorische

Urtheil als das einfache und das hypothetische als das zusammenge

setzte betrachtet wird, zunächst um ersteres und im Interesse der Ar.

gumentation zugleich auch um die- auf demselben beruhenden Syllogis

men 273)‚ und Abälard bezeichnete diesen Abschnitt hiernach als „Liber

categoficomm“7"4). Wenn aber nun die Lehre vom hypothetischen

Urtheile 'sich unreinen soll, so lässt er, auch hiezu durch lloch d.

ttim top. (s. Abschn. XII, Anm. 167) veranlasst, die Gültigkeit dieser

Urtheilsformen von den Topen bedingt sein (s. Anm. 269), und schickt

hiemit den „Liber topicomm“. voraus, worauf s erst das hypothetische

Urtheil selbst 'nnd die auf ihm beruhenden Syllogismcn folgeng‘s),

.3“ l

zu den- Postpradicamenten wird p. 209. gesagt: Evulnms superius {tgexatrus} atdßditu

tionem signi/icationis nominum et rerum natur-asl quae vocibus desipnautun diligunt

secundum distinctionem decem praedicantenlorum aperuitg nunc autem ad voces sile

licativas recurrentcs. quae solac doctrinae deserviunt, quot sint modi signi/imm

studiose perquiramus (in ähnlicher Weise p. 245.: non itaque propositiones m

aliquas designant simpliciter quemadmodum nominaL nud es folgt hiemit 11.209“

226. nicht, wie Cousin's willkürliche Ueberscbrift glauben macht, der Abschnittßi

interpr.‚ sondern nur eine Erörterung über die Satztheile. Mit dieser Bezeißhflulll

t und Unterabtheilung des ersten Haupttheiles stimmen dann auch Abälard'S 918?“

Citate überein, indem er sowohl auf das Ganze unter dem Namen Liber fortium

verweist (p. 377.: sicut in libro Partiurn docuinms u. p. 477.: sicut in libro Perl)“

tractatu speciei disseruimusj als auch die Unterabtheilnngen in eben jener Bfltid‘f

nung erwähnt (p. 174.: sicut secundus Antepraedicamcntomm de dil/erentia coliter

p. 249.: nam „homo mortuus" compositum nomen est sicut in primo '

praedicamentorum osleudimusy was sich ebenso wie die gleichlanteuden Citalep.

ego u. 299. auf p. 214. bezieht; bei den beiden Verweisungen p. 204. sicut 1'

libro Partium ostendimus und p. 205. in libro Partium requirantur isl sicher im"

statt libro zu lesen). Uebrigens ist uns durch diese ganze principielle Bett)“DE

der „Redetlieile“ nun erklärlich, dass Ahälard eine Bearbeitung der Kalßß‘m‘“

wirklich als ‚ßrammalica“ bezeichnen konnte (Anm. 241.).

273) p. 227.: iusta et debita serie textus exigente post tractatam ‚111W

dictionum occurrit comparalio orationum Non autem quarumlibet orationem coll

slructionem (auch diess ist ein Ausdruck des Priscianus, s. ob. Anm. 263) me

quimun sed in his tantum opera consumenda rsty quae veritatem seu falsitatemm

tinents in quorum inquisitione dialecticam maxime dosudare meminimusi .“m

inter propositiones quaedam earum simplices sint et natura priores, ut meliorum

quaedam vcro composrtae ac posteriorcs, ut quae ex catcyoricis iunguntur lltli‘o‘u‘ _

ticae‚ has quidem quae simplices sunt prius csse tructandas unaque 8011"" sy o

gismos ez ipsis cornpoucndos csse apparet ‚ ‚

274) Allerdings gibt hier (p. 227.) die Handschrift den Titel „Abru’lu'd‘ ‚Tun

lyticorum priorum primns“, aber nicht nur corn'girt sie sich selbst bei der zwelltt

Unterabtheilung dieses Abschnittes, noselbst p. 253. die Ueberschrift lamel v ‚h

plic-it pri'mus, incipit secundus comndem, hoc cst calt’yoricormn“, son em am“

Abalard selbst citirt diesen Abschnitt als Liber calegoricornm (p. 395.2 “d de

quidem uberius in libro oatcgoricorum cgimus).

275) p. 437.: congi-no ordine post catcgoricorum syllogismorum

hgpolheticorum quoque tradamus constitutionem Sed sicut ante ipsorum t" viam

rum compleziones catcgoricas propositiones oportuit lractaril ex quibus ipSl marti-aq

pariter et nomen cuperunt, sic et hypotheticorum tractalus prius est in 'W’PW 4 .

propositionibus eadem causa consumendus, de quarum quidem locis atlfmmq

fcrentiae quia in Topicis satisa ut arbitrari disseruimusl non est luc m e"

immorandum, sed sah's, earum dirisiones exsequi.

am“

traditianlm

ny oma

dem

a

XlV. Abalard. 171

welch letzteren Abschnitt er „Liber hypotheticorum" mumtesz So

hat Abülard nach seiner-Auffassung die Theorie der Argumentation, von

den einfachen Bestandtbeilen zum Zusammengesetzten fortschreitend,

vollständig entwickelt, und es steht der „Libe-r divisionumuy welchen

Cousin als fünften Theil der Dialektik bezeichnete, in keinem Zusammen

hange mit dem Vorhergehenden'n"), sondern ist eine selbstständige

Monographie (den gleichen Gegenstand wie die Schrift De gener. et spec.

betreffend), in welcher Abälard die Schriften des Boethius de divisione

und de definitione unmittelbar miteinander verband, so'ilass in Er

wägung der inneren Verschiedenheit dieser beiden (Absclm. Xll, Anm.

103) sich recht deutlich zeigt, wie bei Abälard das logische Interesse

in das rhetorische übergebe.

stellung dem angegebenen Eintheilungs-Motive Ahälard’s folgen, werden

wir das Nöthige über den Abschnitt de dieisione, welcher sich an die

Lehre vom Begrifl'e anschliesst, völlig ebenso wie bei Boethius noch

vor der Lehre vom Urtheile einschalten.

Was den ersten Abschnitt des ersten Haupttbeiles, nemlich die

lsagoge oder die sog. Antepraedicamenta betrifft, so müssen wir

die erwähnte empfindliche Lücke anderweitig, und zwar namentlich aus

Bemusat’s (Anm. 238) Mittheilungen, zu ergänzen versuchen, werden

aber biezu auch alle jene übrigen Stellen beiziehen, welche unser Ver

ständniss der logischen Parteistellung Abälard’s verstärken oder erwei

tern können, so dass schon hier das Wesentliche und Principielle

möglichst vollständig erläutert und eine richtige Einsicht in Ahälard's

Logik überhaupt gewonnen werden soll, worauf dann bezüglich der

übrigen Theile der Dialektik auf solcher Grundlage nur mehr das Ein

zelnere anzuführen übrig bleibt.

Es hat etwas Auffallendes in sich, wenn Ablärd in den Glossen

zur lsagoge nicht bloss von „sechs Worten“ spricht, indem er zu den

üblichen fünf noch „individuum“ hinzufügt, sondern auch bemerkt, es

handle sich ausser diesen Worten selbst auch noch um das von ihnen

Bezeichnete — signi/imm eorum -—2"8); jedoch ersteres klärt sich

theils durch die Quellenstelle, welcher es entnommen M27”), theils

276) Auch hier ist das uetnlichc sonderbare Verbältniss, dass die Handschrift

vorerst (p. 434.) den Titel „Abacfards' Anulyticorum'postcrionmt primus“ gibt, dann

aber heim Uebergange zur zweiten Unterahtheilung das Richtige zeigt (p. 446.):

Exptict't primus hypotheticormn, incipit seeundus.

277) Es findet sich auch nirgends in dem Buche eine Anknüpfung an andere

Theile der Dialektik angedeutet.

278) Glossne in Porph. b. Cousin p. 553.: mentio Porphyrii est in hoc opere

tractare de sex vucibus, i. e. de genere et de specie el de differentia et de proprio

et de accidenti et de individuay et dc signi/imus eorum Considerans, nullas

voces magis esse necessarios ad categorias quam istas sez voces, quoniam ez iuis

sex vocibus tonstituuntur pruedt'camenta, ideo perelegit tractare de istis sex noct'lms.

huius operis sunt materia istae sex voces et earum significata, fnis ipse categoriac.

(Cousin verdarb den richtigen Sinn der Handschrift durch Aendcrung und durch

Interpunktion.) Scienliae t'uvem'endi supponitur iste tractatus (Anm. 268.), quia hic

docemur invenire rationes sufficientes ad probandas quaslibet quaestiones factas de

istic sez vocibus et de significatis einem. Vgl. unten Anm. 603.

am Diese Sechszahl hat nemlich, wie sich von selbst versteht, Nichts zu

schafl’cn mit jener Stelle, welche aus den griechischen Commenlatoren (Abschn.

Indem wir daher nun für unsere Dar?‘

in

172 XIV. Abälard.

durch die ausdrückliche Bemerkung auf, dass Porphyrius nicht militis

gehabt habe, den Begriff des Individuums gleich anfangs mitauizuzihieny

da ja das Individuum jedenfalls unter die übrigen fünf Worte falle und

an sich ebensosehr eine prädicativc Bezeichnung eines Gegenstandesv

sei, wie die Gattungen und Arten‘zso). Wenn aber nun gerade diese

Betonung des I’rädicats-Verhältnisses wieder mit dein zweiten Punkte.

nemlich mit der Auffassung des „von den sechs Worten Bezeichneten"

zusannnentrill't, so gibt hier Abälard über diese Grundfrage keine nahe.

ren Aufschlüsse, sondern selbst bei jener It'ernstelle (prima quaestio}.

an welche, wie wir längst sahen, die ganze Parteifrage sich ange

schlossen hatte, gibt er nur eine spitzfindige und betrefl's der Univer'

salien nichtssagende Unterscheidung zwischen solus intellectus, nudus

intellectus und purus intellectuszfl), und auch das übrige Folgende

schliesst sich überwiegend in blosser Worterklttrung an den Text der

lsagoge annal

Hingegen erhält eben dieser l'unltt, welcher uns hier noch dunkel

bleibt, das meiste Licht durch die anderen sog. kleineren Glossen zur

Isagoge. Dort nemlich knüpft Abälard an seine Angaben über die An

_ sichten Anderer (wobei er uns oben selbst aIsQueIIe diente) vorml

polemische Bemerkungen, um hierauf seine eigene Auffassung der Uni.

versalien zu entwickeln. Gegen Wilhelm v. (Ihampeaux bemerkt er (S

oben Anm. 106), dass, wenn ein so leckerer Zusammenhang zwischen

den individualisirenden Formen und den allgemeinen Substanzen ange

nommen werde, zuletzt alle Substanzen, -—- auch deanhönix, welcher

nur Ein Mal existirt, nicht ausgenommen —, eben als Substanzen eiu

ander gleich und identisch sein müssen und hiernach auch von der

Substanz Gottes sich nicht unterscheiden können, sowie dass diem

X1, Anm. 134.; anznluhren war, sondern beruht auf dem Inhalte jener Auf'm

des Porphyrius (ebend. Anm. 43.), welche bei Boeth. p. 15. lauten: Eorunh 1‘“.

dicunlw‘, aliu ad proprietatem dicuntur. sicut sunt omnia indirt'dua, ul est Sncmtti

”l hoc el mihiy alta quae ad multitudinem, ut sunt genera et species ut dimm/rar

rt propria et accidentia.

280) p. 553.: Et cum intendat tractare de istis scz vocibus ct omm (III IM"

omnes) mietet, tamen aon proporiil nisi de quibusdam tantam; ideo M" wm de

individual quia individuam continetur sub unoquoque et in significatione et i" i'm"

dicamentali ordine, nam quemadmodum gcnera et species proprie pummlur in PI“:

‘ dicameaw, eodcm modo individua ipmmm. Auch diess lag im commcnme e’

Boethius zur angeführten Stelle vor, welcher (p. 161.) sagt: Im individwt; quoi

ad unitatem dicmtlur, cunctis superioribus (d. h. quinque vocibus) supponunt W"

individua vero ad nihil aliud pracdicantur nisi ad se ipso, qmm. mi a

atque una sunty atque ad unitatem diruntur. D. h. Abalard entnahm Slt‘h dar

aus, dass die individuellen Bezeichnungen eben doch ausgesagt werden. - dicuntur

praedicantur -. . ‚

281) p. 555.: illa dicimus poni in solis intellectilms, quae tantum intelltflwlw

et non sunt llla dicimus pom' in nudis intellectibus, quael cum stth lll.

intelliguntur emy quam sint illa dicimus puni in puris intellectibusg 0"“ "'—

tglliguntur simpliciter ut sunL _

‘- 282) Bemerkt mag werden, dass auch hier die schon oben (Anm. 167.) gr

wähnte abgekürzte lledeweisel „praedicari in quidn oder npraedicavi t" f'f“ -

IÜT„5PTQCdfPflYi in eo quod qnid“ oder v.prawlirari in eo quod quale" durchttlnll‘g

recipirt ist.

xlvi Abalar‘d. - 173

Wesens-Gleichheit alle: Substanzen oder ihre Gleichgültigkeit gegen jed

wede individuelle Gestaltung dazu führe, auch das Zusammentretl‘en von

Gegensätzen an Einer Substanz zulassen zu müssen may Gegen die

Indifl‘erenz—Lehre wendet er (s. Anm. 132) vor Allem die Definition des

Gattungsbegrill‘es (genus est, quod praedicatur de pluribus), wornach

nie Ein und das Nemliche zugleich Gattung und Individuum sein könne,

und sodann auch das Verln‘lltniss der. Aussage überhaupt, bei welchem

zwischen Individuen und Artbegrifl'en unterschieden werden müsse und

unmöglich die Individualität vom Allgemeinen selbst prädicirt werden

könne, wohingegen, wenn man das Individuum zugleich schon als Art

oder Gattung nehme, die Aussage des Gattungsbegrill‘es ihres Subjectes

beraubt werde oder bei Qualitäten (d. h. bei adiacentia) eben nicht

mehr eine um mehreren Snbjeeten geltende Aussage sein könne 2'3‘).

283) Glossulae s. florpb. bei Rémusat a. u. 0. Il, p. 98.: lie systéme exige

que les formes aient si peu de rapport avec la matière qui leur sert de sujet, que

dès qu’elles disparaissent, la matière ne tii/fere plus d'une autre manare sous aucun

rapport, et que tous les sujets individuels se re'duisenl à l’unité et (i l'identité. Une

grave hérésie est au bout de cette doctrine, car avec elle la substance divine, qui est

reconnue pour n’admettrc aucune forme, est noeessairement identique dtoule substance

quelconque ou a la substance en général Et non seulement la substance de ‚

dieu, mais la substance du phénix (s. Absehu. XII, Anm. 87.), qui est unique,

n’est dans ce système que la substance pure et simple, sans accident, sans propriété,

qui, partout la même, est ainsi tu substance universelle. C'est la même substance

qui est raisonable et sans raison, absolument comme la même substance est d la

fois blanche et assise, car être blanc et être assis ne sont que des formes opposées

comme la rationalité et son contraire, et puisque les (leur premieres formes peuvent

notoirement se trouver dans le même sujet, pourquoi les deux secondes ne s'y trou

veraient-elles pas également? Est-ce parce que la rationalité et l'irrationalite sont

contraires? Elles ne le sont point par l’essence, car elles sont toutes dem: de l’es

sence de qualité; elles ne le sont „per adiacentia”, car elles sont, par la suppo

sition, adiaceutes d un sujet identique. Du moment que la même substance convient

d toutes les formes, la contradiction peut se réaliser dans un seul et même être.

ego Ehend. p. 100.: Mais c’est là ce qui n’est pas soutenable. La définition

qui veut que le genre soit ce qui est attribuable a plusieurs, a ne donnée a l’ex

clusion de l’individu. Ce qu’elle delinit ne peut en soi être a aucun titre, en aucun

état, individu. Dire qu’une même chose tour a' tour comporte et ‘ne comporte pas

la définition du genre, c’est dire que cette chose est, comme genre, attribuable à

plusieurs, mais que, comme genre aussi, elle ne l’est pas, car un individu qui

serait attribuable à plusieurs serait un genre, par conse‘quent l’assertion est contra

dictoire ou plutôt elle n'a aucun sens. Les auteurs disent que cette proposition

„l’homme se promène”, vraie dans le particulier, est fausse de l’espèce. (Hier

jedoeb muss Remnsat entweder einen unrichtigen Text vor sich gehabt oder den

richtigen unrichtig verstanden haben, denn die wiederholte Lehre des lloelhinsv

p. 15, p. 36 n. s. t., lautet mit Anwendung des gleichen Beispieles -— cicero

ambulal, homo ambulat —- natürlich dnhin, dass das Accidens primitiv vom Indi

viduum und abgeleiteter Weise von der Species ausgesagt werde, nicht aber dass

letzteres falsch sei.) Comment maintenir cette distinction, si une même chose est

espèce et individu? (p. 101.) L’individualite resultant de formes accidentelles

ne saurait être l’attribut essentiel d’une substance susceptible d’unioersalite; cepen»

dant cette substance en tant que particuliére, distincte de ses semblables, est essen

tiellement individuelle, violation manifeste de la régie de logique qui porte que ,,dans

un même l’affirmation de l’oppose ercclul l’affirmation de l’autre appose". Lorsqu’on

dit que le genre est attribuable d plusieurs, on parle ou d’attribution essentielle

(,,praedicari in quid“) ou de toute autre,- s’il s’agit d’attribution essentielle, comme

on le nie apres l’avoir 'affirme, elle cesse d’être essentielle, ou elle emporte avec

174 XlV. Abälard.

v f

C

Endlich auch gegen jene uns nicht näher bekannte Annahme bezüglich

einer proprietas der Dinge (s. Anm. 73) richtet er wiederholt den nem

lichen aus der Definition des Gattungsbegrifl'es entnommenen Einwand

und bezeichnet überhaupt. jede Verwechslung oder Vermengung des

Individuums mit dem- Allgemeinen als das Bedenklichste und Unhalt

barste 2’35).

Nach seiner eigenen Ansicht aber glaubte er das Richtige, wodurch

er zuletzt den Gegensatz zwische'n l'lato und Aristoteles versöhnen zu

können meint,‘ dadurch gefunden zu haben, indem er sich auf Eine

Stelle des Buches De interpr. warf, in welcher das Allgemeine als das.

jenige bezeichnet wird, was „von Natur aus dazu gemacht ist, von

Mehreren ausgesagt zu werden“ (quod natum est de pluribus praedi

eari), und er konnte hiedurch in der schon oben (Anm. 254) erwähu'

ten Weise die objectiv natürliche Entstehungder Dinge neben dem

subjectiv menschlichen Erzeugnisse der Wortbezeichnung einhergehen

lassen, ja dieses Verhältniss sogar durch das llleichniss der Statue aus

drücken, welche aus dem objeetiv vorliegenden Steine und der durch

Menschenhand hiuangehrachlen Form bestehtnß). Hierauf aber nun

beruht das eigentliche PartebSchibolet Abälard’s, denn aus jener Natur

hestiumitheit des Ausgesagtwerdens folgt, dass weder die Dinge als

solche 'noch die Worte als solche das Allgemeine seien, sondern die

Allgemeinheit nur in dem Ausgesagtwerden selbst, also in der Redefonn

des L'rtheils, kurz im „sermo“ liege, wodurch nun die verfehlte und

unhaltbare Ansicht vermieden werde, dass man ein Ding von einem

elle san sujl'l; s'il s’agit rl'uttiibulion aeciitenlelle („in adt'acenlm“). lu dr’lrmlwu

n’est plus exacta elle ne convicnt plus d toui gern-e.

285) libani p.102‚: La difflculle' es! toujours de [nire audi-m- er: systeme mi

la definition du gente II faut que la propriae d’eitre uttribuable d plusieurs vfm

l’unirersel de I'imlim'duel; er, an eient de diro que de plusieurs ehoses chamr “l

indiriduellemen! onimul; le nom indieiduel d’animu! serait-il dono Ie nom dipht

sienrs? l'indiridu sentit-il attribuable a plusirurs? l‘eln ne se peul. Mols fammi

animal ne peu! plus se diro de plusieurs, mais de chaoun, il n’y a plus de gen",

ou plnlti! lon! es! renrevse'; c‘csl l'indiridn ou le non-universel qui ‚rund/11W“

de I’unit‘ersel. c’est ce qui ne peul s'a/[r‘rmer de pliisieursy qui s’affirmc de pluwum

et c‘est one pluralite au dumm s’il/[inne de plusieurs que l'on appelle findit-idu

286) Ebend. p‚ 104 f.: Aristote, au diro dlAluilariL paruit llinsinuer tlaimnenL

quund il defini! l’imirersel ce qui es! rw'‚ullril!rtablc d plusieurs „quer! de plufibm

natum est praedicarili C'esl une propriae avec laquelle il es! m‘, qu'il a dloriytm

„u nalirilnlt‘ sua". Or, quelle es! la nativitdl l’origine des disconrs ea de 1mm."

l'inslilnlion humm‘ne, tundlsque l’on'glne des ehoees est la cre'ulion de leurs natum

Celle differt-nm- d’origine peu! se reneontrer Iu' monte on il slagit d'une memo ostentis

ainsi dans rel oriri/iph „celle pierre e! eelte statue ne sont qu‘un", l'e'tol de pth

ne peu! otra ilonna a la pierre que par la puissance rlivine, I'e'ln! de statue llf

peu! iiti-e dome par la main des homan Es lautet nemlich jene, Abscho. l\.

Anm. 197.. angeführte Stelle des Aristoteles in der l'ehersetzung bei boethi

338.: Ouom'om autem sunt haec quidera rerum universalias illa vero smgulariu, du"

autem universale, quod de pluribus natum es! proedican‘, singulare vern, quod mv

etc. Hier also konnte Abälard für den Realismus auf das Wort „rerum“ und

zugleich für den Nominulismns auf .‚praedwari" sich stutzen. So sind in je?"

Zeit, _welche keine principielle Einsicht hatte, sondern nur [leissig die Tradition

studirle, auf einzelne herausgerissene Stellen der Schul-Litteratur, von dem Einen

auf die eine, von einem Anderen auf eine nndere‚ sofort die Partei-Ansichten anl

gebaut worden. Vgl. oben Anm. 105. 129. 134. liil u. unten ega

mg, tibälard. 175

Dinge aussagen könne, wumach ein Ding als Ding gleichmässig in meh

_ reren Dingen sein müsste, wohingegen (—— „res de re non praedicatur“

—) Alles, was ausgesagt wird, und insol‘erne es ausgesagt wird, nicht

ein Ding, sondern eben eine Aussage i512“). Und indem nun Abälard

hiemit obige Definition der Gattung in Verbindung bringt, verneint er

ausdrücklich, dass, wenn die Aussage (sermo) allgemein: ist, dann etWa

auch das Wort als Wort allgemein sei, denn aul' gleiche Weise könne

man zuletzt auch schliessen, dass der Buchstabe allgemein sei, hingegen

müsse man bei jener Definition den durch sie definirten Gegenstand,

d. h. die Gattung selbst, in's Auge fassen, wodurch sich zeige, dass

nicht die Gattung selbst in all ihrer Totalität in dem einzelnen Worte

enthalten sei, _wohl aber das die Gattung ausdrückende Wort in einem

Urtheile von Mehrerem ausgesagt wird, kurz dass eben das Urtheil aus

sagbar ist, — „sermo est pmedicamusu -. weil das Denken die Worte

behul's der Darstellung der Dinge ordnetzsg). Wenn hiernach das Wort

nicht nach Seinem äusserlich wirklichen Klange, sondern nach seinem

inneren Sinne ausgesagt wird, und also seine Bedeutung es zu einem

Allgemeinen machin”), so darl‘ man aul‘ solche Weise wohl sagen,

dass Gattung und Art ein Wort (vom) seien, nicht aber umgekehrt, dass

das Wort die Gattung oder die Art sei, denn das individuelle Wesen,

welches das Wort ist, kann nicht von Mehrereni ausgesagt werden,

wohingegen ein objeetiv Dingliches den Gattungen und Arten entspre

‚y

287) Ebend. p. 105.: Or, du moment que l’universel est d'origine attribuable

à plusieurs, ni les choses ni les mots rie sont universels. Car ce n’est passio mot, '

la „m, mais le discours „sermo“, c’est-à-dire l’expression du mot, qui est attri

buables et divers, et quoique les discours soient des mots, ce ne sont pas les mots, I i

mais les discours qui sont universels. Quant aux choses, s'il était vrai qu'une

chose pût s'affirmer de plusieurs choses, une seule et même chose se retrouverait

également dans plusieurs, ce qui rc'pugnc. Daher ebenso Diatect. p. 496.: nec rem

allant de pluribus dici, sed nomen tantum concedimus. Hiezu die schon oben. Anm.

63., angeführte Stelle des Joh. v. Salesbury.

easy Ehend. p. 107 l.: Mais Abe’lnrd se fait des objections. Comment l’oraison

peut-elle être universelle, et non pas la voir, quand la description du genre convient

aussi bien d l‘une qu’à l'autre? Le genre est ce qui se dit de plusieurs ‘qui diffe

rent par l’espèce; ainsi le décrit Porphyre. Or, la description et le décrit doivent

convenir d tout sujet quelconque; c’est une règle de logique, ‘ta'régle ,,de quocun

que“, 'et comme le discours et les mots ont le même sujet, ce qui est dit du discours

est dit des mots. Donc, comme le discours, la voir est le genre. Cette proposition

est incongrue „nun congruit“; car la lettre étant dans le mot „ et par conséquent

s’attribuant d plusieurs comme lui, il s'ensuivrait que la lettre est le genre. C’est

que. pour que la description ou définition du genre soit applicable, il faut qu’on

l’applique d quelque chose qui ait en soi la réalité du défini, ,,rent de/initi“; c'est

la condition de l’application de la règle „du quocunque“, et ici cette condition n’existe

pas. Le mot ne contient pas tout le défini, il n'en a pas toute la compréhension,

et il n'est attribue d_ plusieurs. af/irnte' de plusieurs, „praedicatum de pluribua“,

que parce que le discours est prédicable, „est sermo praedicabitis", c’est-d-dire

parce que la pensée dispose des mots pour décrire toutes choses.

289) Ehend. 'p. 108.: On peut donc dire que le discours étant un genre, et le

discours étant un mot, un‘mot est le genre; seulement il faut ajouter que c'est ce

mot. avec le sens qu’on a entendu lui donner. Ce n'est pas l’essence du mot, en tant

que mot, qui peut être attribuée et plusieurs; le‘ son vocal qui constitue le mot est

toujours actuel etparticulier d chaque/ois qu’on le prononce, et non pas universel,

mais c’est la signification qu'on y attache qui est (rendrait.

ne m. Abälard. _

_ v - V, \„__.__. ‚

chemles Sein bei solcher Auffassung augendum

kann 29o). Neuilich Gattungen und' Arten, insoferne wir sie denken,

beziehen sich wohl auf Etwas, was existirt, und ergreifen es, aber

nur durch b'ebertragung konnte man sagen, dass dieselben als die von

uns gedachten Universalien exislircu, denn der richtige Sinn tSllllll’‚

dass Etwas existirt, was zu diesen Universalien Veranlassung gihtm).

Und auf diese Weise nun, glaubt Abälar‘d, sei der Unterschied zwischen

Plato und Aristoteles kein innerlich wesentlicher, sondern hetretl'e nur

den Wortausdruuk (vgl. oben Anm. 143 f.)‚ denn nach Aristoteles seien

die Gattungen und Arten, während sie durch menschliche Namenbe

zeiclinung in den Einzel-Dingen liegen, dennoch als das den reinen all

gemeinen Auffassungen des Erkennens Entsprechende ausserhalb des

sinnlich-wahrnehmbaren Einzelnen‚ und nach Plalo— seien die Umver

salien gleichfalls nicht nur Sache subjectiver Denk-Auffassung, sondern

eben als Gegenstand derselben objectiv ausserhalb des Sinnlich-Wahr

nehmbaren extstirend 2"2); ja Ahälard findet sogar für diese Uelierein

Stimmung des Plato und Aristoteles, während er aus Macroliius die

Schulanekdoten über die Feindschaft des Letzteren gegen Ersteren kennt.

wieder einen Beleg in einer einzelnen höchst a'uisserlicli l)

auras

290) Eiland. p. mas slbelard permet qu’on dm- que le genre ou l’ttrm

est un mot ,,est eux“, et Il rejette les propositions converses; car si l'on diall

que le mot est genre, expo-vey universel. on uttn'bueruit une essence indirtduellt.

celle du mot, d plusieurs, ce qui ne se peut. C'est de même qu’on peut dire „er!

animal (.Jn'c status animal“) est cette malitire1 tu Socratite' est Socrale“ PHI“

l’autre de ces rieur est quelque chose, quoique t'es propositions ne puissent din HI'

versées. Dialect. p. 480.: in signifientionibus suis vocabula suepe nominatum Il

cum m quoque vel gem-ra vel sport'es vel nmqersalia vel singularia vel substull“

vel accidentia nominamus; nomen uutem hoc loco accipiendum esl quatlitvtm

siguificalirn simpler, quo rebus pruepositu vocabula pruerltcamus. _

291) Ebend. p. 109.: Il decide que. bien que ces concepts (oh wohl hier“!

laleinischen Uriginale „conceplus“ steht? ich rermuthe eher‚ dass es nthllch

laute, s. unten Anm. 313 ll'.) ne tiennent pas les choses comme rit-senilesl ont“ l“

les donne tu sensation, ils n‘en sont pas moins justes et valables, et embrassent ‘5

choses réelles. De sorte qu'il est vrai que les genres et les espdu's subsistent. "l

re sans qu’ils se rapportent d des choses subsistantes, car c’est par métaphortlwhl

',,per translationern“) seulement que les philosophes ont pu dire que ces universale:

subsistent. Au sens propre, ce srrat't dire qu'ils sont substances, et l'on veut tf

primer seulement que les objets qui donnent lieu (etwa „10mm prudent”) im

uviiversaux, subsistent. Les doutes que ce langage figure a fait naître sont la seul!

source (les difficultés qui semblent urrziler Porphyre. Bei dieser ganzen Stelle b?"

klagen wir es am moisie“, nur auf Rcmusnt’s nicht unbedenkliche Umschreihm‘

angewiesen zu sein.

292) Ebend. p. 110.: Abelord re’duit ces difficultés à des simples questions ik

mots. Ainsi pour lui le dissentimenl entre Aristote et Pluton venait seulement 14!

ce que le premier pensait que les genres et les espèces subsistent par tippt/14""

dans les choses sensibles, ou servent à les nommer en essence, „appellunl in sr".

et que cependant ils sont hors de ces choses, en ce sens qu’ils correspondent fi d'5

concepts, purs de toutes formes accidentelles sensibles. tandis que Pluton voulait q»!

les genres et les espèces fussent non-seulement conçu, mais subsistunl: homlde

sensibles. Ainsi, dit Abétard, la tii/feramm n'est pàs dans le sens, quoique”

semble se montrer dans les termes. Ueber die Quelle des Ausdruckes "appelle!“

in se“ s. oben Anm. 13.; hingegen für die Entgegensctzung des Platonismns um

Arislolclismns überhaupt konnte Abalard auch Itoeth. all Porph. p. 56. lit-ilium

XIV. Abälard. 177

Stelle der Kategorien, woselbst er dem Aristoteles den platonischen

Realismus aufdrängen will 293).

So weist uns nun jener für Abalard als Ausgangspunkt und als

Auctorität geltende Satz „quod natum est de pluribus praedioan'“ (Anm.

286) von selbst gleichzeitig auf zwei Wege hinaus, deren einer in der

Richtung desjenigen. quod „natum“ esl, liegt und in Platonismus aus

mündet, während der andere die Richtung des „Praedt'can'“ einschlägt

und zu einem Aristotelismus führt, welcher stets den parallel laufenden

anderen Pfad in Aussicht behält, und zwar all beides, um die Dialektik

in der Theorie der Argumentation zu verwerthen.

Was nun hiemit die erstere dieser beiden Richtungen betrifft, so

haben wir hier nicht die Aufgabe einer Geschichte der Theosophie, und

werden daher unter demjenigen, was auf Plato zurilckweista nur das

für die zweite, logische, Richtung Erhebliche entwickeln müssen. Die

Quelle für Abälard war hiebei natürlich jener Platonismus, welcher

durch Porphyrius in den Boethius übergegangen war, und so wird aus

des Letzteren Schrift de divisione die Anschauung aufgenommen, dass

durch eine „creatio“ die Art aus der Gattung entstehe, indem ähnlich

wie bei der Statue eine Form dazukomme (superopniente forma), so

dass der Stotl‘ (maten'a) in dem ueuentstandenen Gebilde (materiatum.

vgl. Anm. 160) fortbestehe, und eine Gleichheit des Seins zwischen

Art und Gattung sich ergebe 294).

zwei Bestandtheilen, nemlich materialiter aus der Gattung, formaliter

C

‚L . ‚ ‚

293) Dialecl. p. eos f.: Haec quidem dc relativis (s. oben Anm. 192.)" Aristo

talem plurimum sequentes discimus Si etiam scripta magistri eius Platonis in

hac arte (d. b. in der Logik)‘ novissemas, utique et ea reetperemusl nec forsitan

calumnia discipuli de dejinitione magistri recta videretun Novimas etiam ipsum Ari—

stotelem et in aliis locis adversus eundem magistrum suum et primum totius philo

sophiae ducem ex fomite fortasse invidiae aut ex avaritia nominisl ez manifesta

tione scientiae surrezisse, quibusdam et sophisticis argumentatiouibus adversus eius

sententias inhiantem dimicassel ut in eo, quod de motu animae Macrobius (Somn.

Sc. ll, 14, 2 u. 15. 1) meminit Sed quoniam Platonis scripta in hac arte

nondum cognovit latinitas nostrav cum defendere in his quae ignoramusl non praesu

mamus. lhtum tarnen confiteri possunmsl si attentius Plalonicae definitimu‘s verba

ensentar, eam ab Aristotelica non discreparc senteutiag nam in eo quod dixit,

quod „hoc ipsum quod sunt aliorum dicunturn (diess nemlich ist die Definition des

Relativen bei Boeth. ad Pracd. p. 155.), non tam visus ad vocalem coustructinneml "

ut aiuuty respexissel quam ad naturalem reram relatiouemy- cum enim ait „hoc

ipsum quod aunt“, essentiam demonstravil, non vocalmlum. In solcher Weise also

verfuhr man mit einzelnen Stellen und einzelnen Worten, um Anctoritaten iar Par

tei-Ansichten zu gewinnen. Vgl. Anm. 286.

294) Theol. Christ. IV. p. 1305.: Ex materia quippe ipsum materiatum yenerari

et croari quodammodo tradunt philosophi ; unde Plato Ylen, i. e. corpoream naturam,

tanquam matrem corporum ponitv et boethius in libro hicisionum (p. 639 f.‚ s.

‘Abschn. Xll, Anm. 97 f.) genus dividi in species quasi in quasdam a se quodam

modo creationcs dicity eo quod species ex ipsa generis substantia nasci et confici

habeant superveniente forma, ut homo ex animali superveniente rationalitate et mor

tah'talc, sicut statuo ez aere superveniente figura; et cum idem sit mater-ioy quod

malerialam, sicut idem est animal quod homo (s. ebend. Anm. 98.) vel hoc aes

quod haec statuar non tamen ipsum materiatum est matema sui aut ipsa materia

est matenata ex se, licet sit hoc ipsum quod est materia eius etc. bialecL p. 486.:

in eonstitutione speciei genas, quod'quasi materia ponitun accepta dilfercntial quae

quasi forma superadditurl in speciem transit. w

Piuumq Gesch. lL iz

Hiernach besteht die Species aus r

178 XIV. Abälard.

aber aus dem artmachenden Unterschiede, d. h. der differentia sah

stanlialis; diese letztere aher hal nusschliesslich nur die Function, ebeii

die Species zu erzeugen, denn — was polemisch gegen andere An

sichten, s. ob. Anm. 114, bemerkt _wird — sie geht nicht mit dem

Stoffe selbst in das Wesen der Species über, da sie hiedurch zu einem

Theile des Stoffes der Species würde, sondern sie ist nur die wirb

samc Kraft, daher auch das Gleichniss der Statue nur nach einer jusser

liehen Aehnlichkcit zu verstehen ist, denn Species ist ja die Statue

nicht, sondern nur eine menschliche Zusaminenfügung nat Auch darf

jene creatio nicht so verstanden werden, dass etwa in zeitlicher Existenz

die Gattung vorher da sei, ehe die Species ins Dasein trete, denn go

rade im natürlichen Sein der Dinge existiren die Gattungen nur in den

Arten und ningekehrtzgß), sondern d|ese Priorität oder Posterioritltßllt

dem Gebiete der Aussage (pracdicalio) anheim, welche bald auf dle

Form, bald auf das durch sie Geformte u. s. w. gehen kann 2‘37). Wenn

aber bei diesem Entstehen der Arten aus den Gattungen jene schwie‘

rigere Frage bezüglich der Gegensätze (ob. Anm. ns u. ns f.) zu er

ledigen war, so ist hierüber Abälard's Ansicht folgende: Die Verschit'

denheit der Arten kann nur dadurch beWIrkt werden, dass eine Ver

schiedenheit der Substanzen besteht; diese aber ist ein Erzengel” des

arlmachenden Unterschiedes, welcher eben darum ein substantieller

heisst,_ weil er eine Ausscheidung innerhalb der Substanz und dabei

mnm

l v '1: e

295) Dialect. p. 477.: nominis enim alia pars substantia aniiiialis. alia [WM

rationatitatis vel mortalitatis. componit autem animal hominem materialiter. mltßlt'

litas vom et mortatitas lormaliter (ebenso Glosrae ad I’orph. p. 575.). iiequ flt'

ratiunalitas et mortalitas, cum qualitates sinty in essentiam honrinis, qui subdunt

estl possunt converti, sed sola animalis substantia homo efficitur, per inme

tamen substantialium cius diflcrenliarum, unde recte llorpliyrius mas sabxtdlll i

di/ferentias esse definit (b. Beeth. p. 84., vgl. Abscbn. Xl, Anm. 44.), www

quas ipsa genera, quae ab ipsis divisa saut, spenificantur ivec cum ipmynm‘

substantiam in epi-ciem n-ddunt. ipsae quoque in essentiam speciei simul tmn-tva

sed sola gcnera vel subiecta speci/icantun non quidem separata a difi‘ermtiu, ‚it’ll

nisi ei dilferentiae adveniunti ipsa sata non etiam diffc-tentiae species e/finilllfl m

quidem cum differentiis, sed per difl‘ercnlius, sicut in libro Partium tractatu spem

disseruimus (s. Anm. 272.); si enim differentiac in speciem Irans/‘errentur cum 9"

nere, .. .. ipsas de substantia rei esse et in partem mater-iae venire contingeret .... »

(p. 478.) Nihil aliud materia iam lormix actualiter coniuncta quam ipsum muten‘atlm

ut nihil aliud est hic annulus aureus quam aurum smluae campanum quam boethius (p. 88.) portil, inspercoileusndnitountevmidedtuaidwumcum m

materia sit unum, sed operatione Immimnn, nec substantiae nomen, sed nendum

cum statuu videatur et a'quadam compositionc sumptam

296) Introd. ad theol. ll. p. 1083.: Cum autem species ez genere mari m

yigni dieanturl non tamen ideo necesse cst, genus species suas tempore rtll‘"

existentium praeoederq ut videlicet ipsum prius esse contigerit quam illasg minim

etenim genus nisi per aliquam speciem suum esse contingitæ vel ullatenus wm

1 fuit. antequam rationale vel irrationale Inerit, et ita species cum suis gum-tw

t simul natur-aliter existent, ut nullatenus genus sine i'llis, sicut nec ipsae sine 9m"

esse potuerint.

297) Thcal. Christ. lll. p. 1277.: Proprietas itaque materiae ipsa est phmmst

secundum quam ex ea mateiiatiter aliquid fieri Itabcl, materiali vero proprietas cfl

ipsa e tionem-so posterioritasg proprietates itaque ipsae impermixtae sunt per Pm‘d"

cationeml licet ipsa proprium penniartim de eodem praedicatum-g aliud quippe m

praedicare formam, aliud foi-malum ipsum, h. c. rem ipsam formae subiectum

XIV. m Abülard. 179

zugleich eine Einheit der ausgeschiedenen Gruppen, deren jede Eine

gemeinschaftliche Natur hat, bewerkstelligt 29"); und sowie hiernach

nicht mehr in einer Wesens-Identität der Stoll', welcher die Gattung ist,

in den sänuntlichen Arten vorliegt, so sind es lediglich nur die Arten

der Substanz selbst, welche durch den arlmachenden Unterschied er

zeugt werden; wenn daher alle übrigen, nicht aus der Substanz her

vorgehenden Arten olinO Wirkung eines substantiellen Unterschiedes

entstehen und somit im blassen Stoll‘e begründet sein müssen, so ist

die Einheit des letzteren als eine Wesens-Aehnlichkeit (consimilüudo)

zu verstehen, durch welche z. B. bei dem gemeinschaftlichen Wesen

des Farbe-Seins die Gegensatzlielikeit des Weissen und Schwarzen nicht

ausgeschlossen mm). So unterscheidet Abälard zwischen Formen,

welche selbst Wesenlieiten sind und in den zu Grunde liegenden Stofl‘

(subieclum) erst eintreten müssen, um ihn zu Etwas zu machen, was

er ohne sie nicht wäre, und zwischen solchen Formen, welche keine

Wesenheiten selbst sind, sondern schon im Stoll‘e der Gattung enthalten

sind 3“0); in ersteren liegt natürlich der eigentliche artmachende Unter

schied, sowie in letzteren das sog. zufällige Merkmal accidenteller Un

terschiede, d. h. jene adiacentia (Anm. 284), welche Gegenstand der

nicht-substantiellen Aussage istam Hiemit aber sind bei den wesent

lichen Formen die Gegensätze durch die Thatigkeit des artmachenden

" tibi ‚ gäb»

v i frugis ‘ b“

298) Dialect. p. 418.: nim-nitas itaque substantiae diversitatem generum ac

specierum foci-tj . nam etsi in speciebus substantiae specierum diversitalis causa

sit difl'erentia, hoc tamen ea rerum diuersitatcy substantiae quam faciunt. contingitg

unde etiam substantiales sunt appoltatac huiusmodi differentiam quae in substantiam

venientes et discretionem substantiae faciunt ct unionem communis naturae; neque

enim alia in speciali aut generali natura concludimasl nisi ea quae natura substan

tiae divina univit operatio.

299) libani p. 400, woselbst nach der oben„‚ Anm. 113., angeführten Stelle

folgt: Si enim omnium specierum es! eadem in essentia materiay tunc albedinis et

nigredinis et ceterorum ountrariorum, quae omnia eiusdem generis species esse necesse

.est .‚ Noslra quoqne sententia lenel, solas substantiae species differentiis conficiy

cota-usque species per solam subsistere materiaml sicut in libro Partium ostendimus.

Si ergo eadem prorsus est material quae est in ipsis divarsitasP Scd eadem (d. b.

diuer-situs in ipsis es!)‚ quae est in consiniititudine substantiae non indetenninatae

essentiaeg neque enim ea qualitas. quae est essentia albedmisy essentia est nigre

rimisy esset enim albedo m'gredo, sed consimilis in natura- generis supen'oris; con

similitudo autem vel substantiae vel formae conlrurietatcm non impediL Bezüglich

der consimitiludo vgl. Anm. 307. m‘ "i!

300) Pseudo-AbaeL de intetL b. Cousin, Fraym. phil. (1840), p. 495 f.: Alii

aulem, qui quasdam formas esse essenties, quasdam minima, perhiben!‚ sicut Ablu

lardus e! sui, qui artem dialecticam non obfuscando sed diligentissime perscrutando

ditucidanh nullos formas cssentias esse approbanh nisi quasdam qualitatest quae

sic insunt in subiecto1 quod subiectum ad esse earum non sufficih sicut ad esse

quantitatum ipsum subiectum sufficit vel ad esse sessionis necessaria est dispo

sitio partium Nullam enim formam essentiam asserunt, cui poterihassignariv

subiectum ad esse illius suf/t‘eere.‘

30l) Theol. Christ. llly p. 1280.: sine illa forma sit communis differentia h.

e. separabile accidens‚ ut nasi curvüas, sive magis propria differential i. e. sub

stantialis. sicut es! rationalilas, quae scilicet substantialis differentia non solum

facit alteruml i. e. quoquo modo diversum, verum etiam aliudy h. e. substantiatiter

utque specie diversum. Die Quelle bievon ist Porphyrius (Abschn. Xl, Anm. 44.).

d. ll. p. 79 m 1-“ ._

12'

i

„LA1N_.....

‘mmA...

180 ' xw. Abälard.

Unterschiedes erst entstanden und sol'ort ausgeschieden, währendgie

bei den unwesentlichen Formen als Möglichkeiten im tiattungsstolfe vor

liegen 302)‚ und es konnte Abälard, indem er sämmtlichen bloss quali

tativen Gegensätzen kein Wesens-Substrat unterlegte, sondern ein SOlCllfl

nur in den art-constituirenden Gegensätzen anerkannte, sehr leicht im!

Aulrechthaltung der Unvereinbarkeit des Gegensätzlichen jener obigen

(Anm. 115) Schwierigkeit entgehen 303). with-euit aber so jener Cm

tions-Proc'ess, in welchem der artmachende Unterschied ausscheideud

wirkt und das Ausgeschiedene nach Einheiten zusammenlällt (Anm. nam

in fortschreitender Stul'enl'olge bis zum Einzel-Individuum sich erstreckt

welches als solches wesentlich (d. h. essentialiter oder entioliter, nim

jedoch seiner Substanz nach) von seines Gleichen geschieden istwl

so gilt für Abälard im Anschlusse an l'orphyrius und Boethius allerdings

wohl der Begrifl' des „ms“ als ein vieldeutig allgemeiner summi

hingegen „sulistontia“ muss, insoferne diess der Begrid' des geriet]!

neralissimum ist‚ als jener oberste und letzte Stoll' betrachtet werdenv

an welchem dic 'l‘hätiglteit des artmachenden Unterschiedes beginnt»

So lehrt Abälard als Platoniker eine objective Ontologie der llli'

versalien, welche einerseits von dem plumperen Realismus des Wilbflltn

von Champeaux sich durch sorgfältigem Beuützung des lloethius lt

ihrem Vortheile unterscheidet, andrerseits aber durch obigen nep-it

der corm'milüudo (Anm. 299) zugleich mit dem Verfasser De gen-ß

spem (Anm. 163 u. 177) oder mit der lndilferenzlehre (Anm. 132)

in eine gewisse Berührung lritta‘"). ‚.

«in .'"

302) So kann z. B. bezüglich der olbedo, welche natürlich keine Suhf'l"

ist quam p. 1731.), gesagt werden‚ tuti-alt ad theol. 1ll, p. 1119.: Cum II"

sit „id quod est allmm, esse m'gmm“ et .‚albeds'nem et nigredinem eideli_

inessenp non lomen, ut posxibitc esl‚ id quod est album, esst- niymnifllflmfl

possibile ert‚ albedinem et nigredinem simul eidem inexse.

303) Dialch. p. 390.: quod si gencra contraria per individua speticrill'“

contrariarum in eodem cnntingonl, non est inconvem'ens (z. B. dass Jemand tuiim

keusch und geizig ist, s. Anm. 115.). quippe ipsa contraria non sunt enim 1"“

substantio, sicut species omnia itaque contraria in eodem esse negaan -

et ipse in eadem (d. h. Afl'sl. Coleg.) docuit „sed m'htl, quod videatur simulbe

lraria reciperc passe“ (Boeth. p. 205.).

304) Theol. Christ. IV, p. 1341., welche Stelle schon oben Anm. 241- "t!"

führt wurde. Ebend. Ill‚ p. 1280.: Haei: itaque sola et omnia numero sunt dlll“

rontio, quae tota quantitate suac essentioe discreta simt, sive solo numero abmthu

distenti ut Sorroles ct Plato. sive etiam spesic, ut hic homo et ille equus m 9‘”

aere quoquel ut hic homo‘et haec olbeda‚ ‚um quacunque forma ab invich di

S. Anm. 337. t ‚ ‚

305) Gloxsoc ad Porph. (b. Cousin) p. 569.: lius est nequiuacum numam

illam definitionem; quam habet ens in praedicamento substantiam nunun MM"!

in praedicamento quantitatis-g ens non habet unam subsiantidlem deflmmmv

cum qua praedicatur de omnibus generalissimis, cum hac definitione praedictum m

de substantia .- substantia ext aus, quod neque est qualitas nec quantitas etc-f

Ahschn. X11, Anm. 89.

306) Ebend. p. sem Subatantia est generatissimuml quia est solum gem ‘

(p. 566.) quemadmodum substantia est genus generalisgimuml cum suprema -"_'=_

quod nullum genus supra vom sil, etc. Hiezu obige Stelle Anm. 298. und MM

P- 405.: Genus omne naturaliter prius est suis speciebus genus "l ”um

specierum ‘

sun ln einer ähnlichen an jene Ansichten erinnernden Weise drilcl-Pltlll

xw. Ahälard. 181

Was aber nun die andere, logisch-aristotelische Anschauungsweise

Abälard‘s betrill‘t, so müssen wir zu entwickeln versuchen, wie er

obigen Begriff des „.sermo“ (Anm. 286 ll'.) verstanden wissen wolle und

im Einzelnen begründe, wobei es von vorneherein als beachtenswerth

erscheint, dass er durchweg seinem dortigen Ausgangspunkte getreu

bleibend s‘lch an Stellen halt, welche in dem Buche De interpr. ent

halten sind. Soll nemlich obiger Grundsatz festgehalten werden, dass

das Ausgesaglwerden (praedicari) in der Naturbestilumtheit der Univer

salien liege, so ist es zunächst nur eine Umschreibung hiefür, wenn

gesagt wird, dass die Aussage (sermo) mit den Dingen in einer ur

sprünglichen Verwandtschaft stehe 308), was jedoch natürlich so zu ver

stehen ist, dass die Wortbezeiclmung (vocum impositio) als das Spätere

von den durch sie bezeichneten oqu‘tiveu Dingen tres significata) he

dingt und abhängig istaon), ja dass in-diesem Sinne selbst die Bedeu

tung des Wortes (significatio) noch das Frühere ist, von Welchem erst

das Wort als Wort alibangtalo). Auf diese Weise sind dann allerdings

die Gattungen und die Arten Nichts anderes als das durch diese Worte

Bezeiclinete3‘1)‚ aber dasjenige, was hiedurch bezeichnet wird, kann

hinwiederum Nichts anderes sein, als die Erzeugnisse jenes Creations

Processes von der Gattung an bis zum lndividnum herab‘heund indem

die Gattungen und Arten nur in den Individuen eine concreta Existenz

haben, sprechen wir z. B. in dem Satze „Sokrates ist ein Mensch“ nur

von dem durch diese Worte Bezeichneten, nicht aber ja von diesen

Worten als Wörtenan). Eben aber, da die Gattungen und Arten als

i Abälard aus Theut. Christ. Ill, p. 1261.: Sed nec Socrates, cum sit a lllatone nu

mero diversus, h. e. ex discretione propriae essentiae ab ipso alius, ullo modo ab

ipso aliud dicitun h. e. substantialiter difl‘erens, cum ambo sint eiusdem naturae

secundum eiusdem speciei counenientium, in eo scilicet quod uterque ipsorum homo

est. Ebend. p. 1279.: litem vero similitudine dicuntur quaelibet discreto essentia

liter, quae in aliquo invicem similia samt, ut species idem sunt genere vel individua

idem in specie. Vgl. auch Anm. 337.

308) lntrod. ad theol ll, p. 1074.: constat quippe iuxta ltoethium ac ltlato

nemy cognatas de quibus loquuntur rebus oportere esse sermones S. Boeth. ad Ar.

de interim p. 323.

309) Ih'alect. p. 487.: vocem secundum impositionis suae originem re significata

posteriorem liquet esse. Ebend. p. 350.: Si nominis huius, quod est „Itomo“,

proprium impositionem tenuerity secundum id scilicet, quod substantiae hominis ut

ezistenti ex animali et'rationalitate et martalitate datam ext, ratam omnino consecu

lionem viderit. Hiezu die oben, Anm. 255., angeführte Stelle.

310) Dialect. p. 345.: neqne enim nomina neque verba sunt suis non existen

tibus siyiii/ieationibus. Ebend. p. 482.: propria significatio, illa scilicet, de qua

intellectum proprie vox queat generere.

311) Glossae in Porph. p. 567.: genera et speciesq id est ipsa signi/icata harum

eocum, sowie in obiger (Anm. 278.) Stelle stets: sex voces et signi/icata earum

312) Dialect. p. 204.: Neque enim substantia specierum diversa est ab exsentia

individuorum, sicut in libro (zu lesen prima, s. Anm. 272.) Partium ostendimus,

nec res ita sicut vocabula diversas esse cantingit; sunt namque diversae vocabulorum

in se essentiae specialium et singulariumv ut „homo“ et ‚.Soorates“, sed nonita

rerum diversae sunt essentiaeg unde illam rcm, quae est Soerates, illam rem, quae

homo est, esse dicimus, sed non illud eombatum, quod est „Senates“, illud, quod

est „homo“; unde quod in re speciali coulingit, et in ipsius individuis necesse est

contingere, cum videlicet nec ipsae species habeant nisi per individua subsistere nec

182 XIV. Abälard.

f“

solche nicht das concret Existirende sind, so gilt der alle Spruch „sin

gulare sentitun universale intelligitur“, und indem die intellectuelle

Auffassung (inleltectus) das Nicht-Sinnfällige ergreiftala), muss sie, weil

jenes nicht-sinnfällige Universale dasjenige ist, was zum Ausgesagtwerden

bestimmt ist, nothwen'diger Weise den Entstehungsgrund der Aussage

enthalten und durch jede Aussage als Entstehungsgrund derselben zum

Bewusstsein kommen, d. h. sermo generatur ab intellectu et generatin

tellectumal“). So ist das Aussagen (sermo) das Terrain der Unitersa

lien und nur im Ausgesagtwerden fpraedicarijl nicht elwa als Dinge

(denn ein Ding als Ding ist ja nicht ein Ausgesagtes), sind sie eben

Universalien. I

Während aber nun so jene intellectuelle Auffassung (intellectu),

insoferne sie das Nicht-Sinnfällige. ergreift und hiemit die Erzeugenn

der Urtheile wird, ihrerseits auch auf den platonischen ldealismns(A|nn.

263) zurückweist, ist für die Logik, welche auf die menschlichen

Kundgebungen der Rede sich bezieht und in Aristoteles ihren Meisttr

hat (Anm. aas ff.), jene Kehrseite das Entscheidende, wornach durch

das Urlheil die intellectuelle Auffassung zum Bewusstsein kommt. ES

tragt dabei der Gedanke ein Moment des Zeitlichen (vgl. Anm. 252)

an sich, denn jedes Urtheil bedarf, um ausgesprochen zu werden, elue

Zeit, und erst nach dem snccessiven Auftreten all seiner Theile ist es

wirklich significant, und während das Transitorische der Theile des

llrtheiles nichl selbst schon eine Form hat, welche etwa die „Bedttl‘

tung“ wäre, macht nur das Erfassen des Gedankens lintellectus col

ceptus) den Satz zu einem bedeutungsvollen oder bezeichnenden hlv

so dass auch die Einheit des Urtheiles in der Einheit des cedankelsq

welchen es erweckt, bestehtßw). Eben darum aber hat. das Unheil.

in ca, quae informant et ad invicem faciunt respicereq nisi per

(vgl. Anm. non a .

.313) lntrod. ad theoL u, p. 1061.: proprie de invisibilibus intellectus diatim

secundum quod quidem intcllectuales et eisibiles naturae distinguuntur.

314) Theol. Christ. l, p. 1162 f.: Licet etiam ipsum nostrae mcntis cßflüi’ml"

ipsius sermonis tam effectam quam causam ponerel in profcrenle quidem cantatur m

audiente efl'ectam, quia et sermo ipse loquentis ab eius intellectu proficiscm W"

ratar, et eundem rursus in auditore generat intellectum Pro hoc itaque man“

sermonum et intellectuum cognatione non indecenter in corum nominibus mutuus-tim

licet translationea quod intrebus quoque et nominibus propter adiunctionem nim/quæ

tionis frequenter contingiL ‘ '

315) Dialect. p. 191 f.:

lium suarum prolationem oratio significare dicaturg

gimus, cum prolatas in proximo dictiones ad memoriam redun'mas,

significatio perfecta estl nisi ea tota prolata . . . . .. Cum igitur dicimuh

orationem significarc, non id intelligi volumusl ut ci, quod non esl, IM?"

quaniy quam signi/icationem dimm, allribuamus, sed potius intellectum eat _

oratione conceptam animae audientis confecimusa ut cum dicimus „SocrateS WM.“

siynificatus hic videtur scnsus, quod intellectus ez prolatione ipsius concflmfs m

anima alicuius existit ouod intellectus aliquis generi-tum possumus oral“!me

quamlibet ita siqnipcativam dicerej quod unum de his , ex quibus intellectus wm

piatun Die Quelle hievon ist Boeth. p. 296 f., s. Abschn. Xll, Anm. 110- .

_ 316) Ebend. p. 297.: Multipliccrn illam dictionem dicimusy quae pluribus 'm’

posita estf ex quibus non fit unuml h. c. plura in sententia tenet non mandat

lll. quod ex eis unus procedat intellectusg sic autem e conoerso onmis illa M“

individno, "im

Nostra in eo sententia pendet , ut post omnium Parf

tunc enim ex ea intellectum co ‘f

nec ullius m"

prolatam

am all

protulit

XlV. Abalard. 183

t sowie auch das Wort als Bestandtheil desselben, wesentlich zugleich ‚

zwei Seilen, deren eine in den Dingen liegt, über („de“)'welche es t

handelt (significatio realis), die andere aber den Gedanken betrifft, wel

chen es enthält und erzeugt, über welchen es aber nicht handelt (sig

nificatio intellecluah's), und so geht das objecliv factische Sein und,

Nicht-sein dem Wahr- und Falsch-Sein des Urtheiles parallel-llli Nem

lich das Wort „praedieam'“ hat allerdings drei Bedeutungen, indem es

einmal ganz ausserlich von der blossen Aneinanderreihung eines Sub- V

jectes und eines Prlhlicatesj abgesehen von allern realen Inhalte, ge-zln

braucht wird, sodann aber in zweifachem Sinne das Verhältniss des

objecliv Factischcn betrifl't, insoferne das praedicari bezüglich jenes

Creationsproeesses (Anm. 294 ff. u. 312) entweder das Geformte (ma

ten'atum) oder die Form (forma) mil dem Gattungsstotl‘e (materiaf‘in

eine Beziehung setzt; natürlich aber ist nur letzteres beides dasjenige,

worüber („de quo") das Urtheil handelt, und in solcher Bedeutung ist.

praedicari so viel als esse, so dass, insoferne wir nur in Worten Ur-d

theile aussprechen können, es der Modalität der Ausdrucksweise anheim

fällt, wenn ein Urtheil hejahend oder ein anderes verneinend u. dgl.

ist 318). Auch trifl't ja jene doppelte Beziehung, welche in den Urtheilen

lt i -\

ol

x

dictt'o, quae plurium simi/icotiva ext secundum i'd, quod og eia unus intellectus pro

cedaL S. ltoeth. p. a 5. (d. h. Aristoteles, s. Abschn. lV, Anm. 185 11.).

317) Ebend. p. 238.: Sunt igitur uerum ac falsum nomina intellectuuml veluti

cum dicimus nintellectus verus at falsuslg h. e. habitus de eo, quod in re est vel

non ext, quos quidera intellectus in animo andienlis prolala Sunt rursus verum ac fati-am nomina propositionumj ut cum pdriocpiomsuistinoprlotpeonseriattlo vera

vel fahrt", i. e. rerum vel falsum intellectum generans. Significant propoiitiones idem. l

quod in re est vel quod in re non est; sicut enim nominum et verborum duplex ad

rem et ad intellectum signifieatia, ita etiam propnsiliunes, quae ex ipsis componunturl

duplicem ez ipsis signi/icationem contralnmt, unam quidem de intelleclibusj aliam 1

vero de rebus l’atet insuper adeo, per propoiitiones de rebus ipsisl non de in- j

lelleclibus nos agerc. p. mo f.: Hestal itaque, ul de solis rehus, at dictum est,

propasitiones ayanl, sive idem de rebus, quod in re est, enunlicnl, ut „homo est

animali hamo non est lapis”, sine id, quod in re non ext. proportant, ut „home

non est animal, homo est Iapis“, ut etiam de significatione reali propositionisl non

ß” tantum de intellectualL supraposita propositionis definitio (Boelh. p. 291.) possit

<‚_ expom' sic „significans eorum vel falsumv i. e. dicens illnd, quod est in re vel quod

_ non est in re", et in hoc quidem significatione uerum rt falsum nomina sunt earum

‘. existentiarum rerum, quas ipsae propoiitiones loquuntur. fum autem eandem de

finitionem et de intellectibus ipsis hoc modo ezponimus „Iignifieans rerum vel falsum,

h. c. generaus secundum inventiunem suam ide rebus. de quibus agam verum vel

falsum intellectum“, tunc quidem ipsos nominat intellectus Nota autem, sive de in

tellcotibus sive de rerum esistenliis eri-ponamusl orationis praemissionem neceesariam

esse. Die Quelle hieven h. Boetli. p. 321. Vgl. auch Anm. 347.

318) Ebend. p. 367.: Tribus autem modis ‚.pracdirari" sumitur, uno quidem

secundum enuntiationem vocabulorum ad se invicem in constrnclioney duobus vero l

‚ secundum rerum ad se inhaerentiaml aut cum videlicet in essenlia eohaeret sicut

materia materiatoy aut cum alterum alteri secundum adiarentiam adbaeret ut forma

materiam Ae secundum quidem enuntiationem omnis enuntiatio praedicatum et l

subiectum habcre dicitur . Sed non de his in propositione agilar, sed de praedi

catione lantum rerum, illa scilicet solum, quae in cssenlia, quae verbo substantivo

etliprimitnrs consistat Tantum itaque „praedic-ari“ illud accipirnnsy quantum si j

„hoc illud esse“ dicrremus, tantum per „removeri“, quantum per „mm esse“ .

Cum itaque per „praedicari“ „esse“ accipiamus, super/lue vel „verc“ vel gal/trina

live“ appom'tur; quod enim est aliquid, vere eat illud, affirmatire autem enuntia

184 XIV. Abälard.

enthalten sein kann, mit der alten Unterscheidung zwischen „de sub- 4;

iecto“ und „in subiectou (s. Ahschn. XII, Anm. 92) zusammen, und das v

Gesetz der Aussage (tex praedicamenti) hat seinen Wirkungskreis in

eben jenen zwei realen Bedeutungen des Urtlieilesaw).

Hiemit ist uns nun obige (Anm. 272 ll'.) Gliederung der Dialektik

Abälard's erst völlig verständlich. Im sermo, d. h. im Urtheile, liegt v.

Alles. Hiefür aber sind die Universalien die gehornen, im Crealious

processe entstandenen Prädieate, welche das Denken platonisch erfasst

und im Urtbeile aristotelisch als Universalien ausspricht, daher ja Abä

Iard auch das Individuum als sechstes Wert den üblichen fünf noch

beizählte (Anm. 278 III), denn das Individuum als prima substantia

(Abschn. XII, Anm. on oder, wie es hier auch genannt wird, als

principalis substantia. wird eben mit jenem Worte (vom) bezeichnet,

welches der letzten Stufe des tlreations-Processes entsprichtaz"); ferner

aber musste Ahälard hiebei, da er den artmachenden Unterschied nur

als wirksame Kraft, welcher nicht selbst in „den“ Gattungsstofl' eingebe,

betrachtete (Anm. 295), den Namen der Differenz nicht als Substantivum

nehmen, wie Wilhelm v. Champeaux gethan hatte (Anm. 108), sondern

konnte den Schwierigkeiten, welche hierüber auch von Anderen erhoben

t wurden (Anm. 122) dadurch ausweichen, dass er das die Differenz)»

bezeichnende Wort als ein von derselben abgeleitetes Adjeetivum

„sumptum“ -— erklärte 321). Nach jenen gebornen Prädicateu aber?

H nm l

. ‚v...

tionis est determinatioa quia tantum in vocibus consistit affinnatie, sicut et modi

vel determinationis appositiog modus enim vel determinatio (s. Abscbn. XII, Anm.

119.) lentum vocum sunt designativa, quae sotae moderanlur vel detenninantur in

enuntiatione positae. S. Anm. 327. u. rm

319) Glossae in Categ. p. 579 f.: omnia aut dicantur dc principalibus sub

stantiis sibi subieclis servata lege praedicamrnti .... aut sunt in eis subiecti-t

Eine andere Ausdrucksweise hiefür ist (ebend. p. 585 f.) die Unterscheidung uai-l

schen praedicari substantiatiter und praedicari accidentaliter (Beeth. p. 134.), vgl.

Anm. an

320) Ehend. p. 584.: species, in quibus continentur principales substantiaep

genera et species ordinata post principales substantias sola dicuntur secundae

substantiae (u. öfters ebenso). p. 591.: vere primae substantiae significent aliquid

hor individualel quia illud, quod significatur a prima substantia ‚ scilicet quae m

es! sicut et ronsimilia (so ist nach der Handschrift mit kleiner Aenderung zu lesen,

Cousin gibt Widersinniges), est individuam et unum numeroy i. e. parificalum nn

merali descrr'ptione, i. e. significatur ab hac vom, quae est individuam et unum

numero.

321) Dialeet. p. 456.: De nominibus differentiarwn sciendum est, ut non quidem

substantiam sed sumpla a differentiis sumantun posita tamen loco speciei-uml- oportet

enim in eadem significatione vocabula differentian sumi in divisione generi-si in qua

. significatione ipsa in definitiene speciri ponuntun cum scilicet nomini generali odia

cent . (p. 457.) sicut in nostra fizum est sententia, nulto modo inter accidentia

differentios admittamus (s. oben Anm. 300 f.); quod autem Purphgrius per differen

tias genus in species dividi din't, secundum cam dictum est sententiam, qua naturam

generalem in species redigi atque distribui per susceptionem diflerentierum realiter

nahm, aut potius per difl’erentias genus in species dividi voluit, cum earum roca

bula adiuncta nomini generis speciem designant atque definitionem speciei cempenunt,

hoc modo „unimal aliud rationale, aliud irrationale animal.“ Ebend. p. 189.: ln

sumptis enim non ea, quae ab ipsis nnrm'nantur, comparanhtr, sed tantum formt“,

quae per ipsa circa subiecta dettwniuauturg alioquin et substantias ipsas comparari

cenlingeret, quae a sumptis nominibus nominanturp ut ab eo quod es! albern.

. . -a--g. .

XIV. Abalard. 185

folgen dann in den Kategorien die Dinge selbst’, insoferne sie durch

Worte bezeichnet werden —- „naturae, quae vocibus designanturu ——‚

und die Kategorien enthalten demnach die Dinge 3'32), wohingegen zu

nächst hierauf die Worte als das Bezeichnende betrachtet werden und

den Uebergang zum Urtbeile (sermo) selbst, welches aus ihnen zusammen

gesetzt ist, bilden.

Das Urtheil aber sodann enthält nicht die Dinge, sondern enthält

den Gedanken lintellectusja hingegen handelt es über die Dinge? nicht

aber etwa indem es die Dinge bezeichne, sondern indem es den vom

Denken erfassten Zusammenhang der Dinge mit dem Creationsprocesse

enthält. Während demnach das Aussagen des Seienden (im Urtbeile)‘

nicht selbst ein Seiendes ist, handelt es sich bei dem Aussagen um

einen sachlichen Verhalt, d. h. um das objectiv sachliche Zusammen

hängen des durch das Subject und des durch das Prädicat Bezeichne

ten 323). Diese Unterscheidung von „enthalten“ und „handeln“ bildet

den innersten Kern der Abälard’scben Auffassung bezüglich des Urtbei

les 324). Die Aussage hat nemlieh_ allerdings eine sprachliche Seite,

und indem wir Ein und das nemlit'he Ding mit mehreren Bezeichnungen

im Urtheile benennen (z. B. den Sokrates bald Mensch; bald Körper,

bald Substanz nennen), liegt eben hierin ein Unterschied zwischen

Sprachausdruck und Realität (vgl. Anm. 312); aber während die Aus

sage (praedicalio) für sich allein ‚in einer Losreissung von der sach

lichen lnharenz (rerum inhaerentia) durchaus Nichts ist, hat gerade die

Logik die Aufgabe, das Urtheil in diesem Sinne nach der Seite des

Wortausdruckes zu untersuchen325). - Die Hauptsache ist ja eben das

r

am Ebend. p. 209. n. 245., welch beide Stellen schon oben, Anm. 272.,

angeführt sind. Hiezu aber p. 220.: Subieclarum vero rerum diversitas secundum

decem praedicanientorum discreliunem superius est oslensa, qua principalis ac quasi

substantialis nomini significatio delur; ceterae vero significatioan quae secundum

modos significandi accipiuntur, quaedam posteriores atque accidqitales dicuntur. Vgl.

Anm. 319.

323) Ebend. p. 241.: big/num autem inquisitione crnsemus, utrum illae exi

stentiae rerumquuas propositionis loquunlun sint aliquae p. 245.: clarum itaque ez suprapositis arbitror esse, res dea.lirqeubauss neoxinsteesnsteibeuas, quae

a propositionibus dicuntur Patct insuper, ea quae propoiitiones dicunt nullas res

esse , cum videliret nulli rei praedicalio eorum aptari possil; de quibus enim dici

potest, quod ipsa sint ..Socrates est lupis“ vel „Socrdtes non est lapis“ Esse

autem rem aliquam vel non esse, nulla est oranino rerum essentia; non itaque pro

positiones res aliquas designant simpliciter quemadmodum nomina. lmo qualiter nec

ad invicem habeant, utrum scilicet sibi conveniant annon.--proponunlg quae idcirco

aerae sunt, cum ita est in re sicut enuntiantl tunc autem falsae, cum non est in

re itag et est profecto ita in re, sicut dicit vera proposita-ol sed non 'est res aliqua,

quod dirit; uude quasi quidam rerum modus habendi se per propositianes exprimi

my-l non res aliquas dvsiynantutp

324) Nur aus dem Misskennen dieses Unterschiedes floss es, dass Cousin und

mit ihm Haureau und llernusut in Abalard’s Lehre einen lntellectualismus oder

Conceptualismns erblickten. ‚

325) Dialecl. p. 247 f.: Si quis itaque secundum rerum inhaerentiam realem

acceperit pracdicatianem ac subiectioncm, secundum id scilicet, quod unaquacque res

in se recipit aq subsistitl sicut nihil esse cam videret praeter ipsam1 ita eam nihil

esse periic ipsam invcncn't. AI vero magis praedicationem secundum verba propa

vsilionis, quam secundum rei existentium ‚ nostrum est atlendere, qui logicac descr

.1!»

p

zmu“.

teo XIV. Abälartl.

jenige, worüber das Urtheil „handelt“; diess aber ist weder das Wort

noch der Gedanke (intellectus), denn weder ist durch die Existenz Eines

Wortes die eines anderen Wortes gefordert, noch auch sind die Ge

danken, welche die Urtheile „enthalten“, in einer zwingenden gegen

seitigen Verwandtschaft, da wir ja in 'jedem Urtheile nur Einen Ge

danken haben, und die Annahme, dass wir mehrere zugleich hätten,

zu der Consequcnz führen würde, dass wir gleichzeitig unendlich viele

Gedanken hätten, indem sachlich in der That jeder Zustand unendlich

Vieles in zusammenhängender Folge enthält; hingegen nur in demjenigp‘,

worüber das Urtheil „handelt“, ist der reale Zusammenhang oder iliis

sachliche Sicbverhalten (Anm. 323) zu finden und festzuhalten-3")» das

her auch die Modalität der Ausdrucksweise, d. h. oh Bejahung oder

Verneinung oder dgl. (s. Anm. 318), weder in den Worten noch in den

Gedanken liegt, sondern nur auf ihren' objectiv dinglichen Grund zurück-_

zuführen ist.8 7). " ‘M=--Z‚fl}ä-a(r.

hse lsl es aber auf diese Weise dem Abälard den Gedanken (intellectus), sondern um die factbiescihme Ulrnthhäerielnez niicmhtDingg

liehen zu thun, so verstehen wir nun auch, warum er nach dem Motive

des stoisch-bo'ethianischen Zusammensetz-Spieles das kategorische Urtheil

nur als Vorstufe des hypothetischen Urtheiles behandelt, in welch letz

teres sich die 'l‘opik als Basis der Geltung desselben einschiebt. Das

hypothetische Urtheil als zusammengesetztes hat ja die Rolle, der adi

quate Ausdruck des Zusammenhanges zu sein. und dieser wird durch

Schlüsse, vorausgesetzt dass die Prämissen für den Hörer eine Geltung

der-ndenden Aussage haben, in dem Verfahren der Argumentation klar

gemacht. D. h. dasjenige, was der denkende Mensch in platonischer

Weise erfasst und durch das Urtheil in aristotelischer Weise ausspricht,

soll nun in rhetorisch-ciceronischer Weise zur Argumentation verwerthet

werden. Auch in der Argumentation nemlich, -— wie polemisch gegen

Andere bemerkt wird, s. Anm. 225 —‚ handelt es sich nicht um die

Gedanken (intellectus), sondern um das Nemliche, worüber die Urtheile,

aus welchen sie Gestellt, handeln, nur mit dem Unterschiede, dass hier

l. ‚ t. a

simusl secundum quod quidem de eodem diversas facimus enuntiationes hoc modo

„Socrates est Sorrates vel homo vel corpus vel substantiaug aliud enim in nomine

Socratis quam in nomine hominis vel ceteris intelligiturl sed non est alia rcs unius

nominis, quod Socrati inhaeret, quam atterius. Hiezu obige Stelle Anm. 255.

sem Ebend. p. 352 f.: neque enim veram hanc consequentiam „si es! homoy

est animat“ de vocibus egentem possumus accipere sive dictionibus sive propositioni

bus; falsum est em'm, ut, si haec vex „homo“ nistet, haec quoque sit quae est

„animal“; ac similiter de enuntiationibus sive earum intellectibus. Neque enim

necesse cst, ut qui intellectum praecedenti propositione gener-alani Imbct, habeat quo

que intellectum ex eonsequenti conceptumg nulli enim diversi intellectus ita sunt ar

fines, ut alterum cum altero necesse sit haberia imo nullos intellectus simul diversos

animam rett'nere, ex propria quisque dlscretione corwiccrit, sed totam singulis in

tellectibusq dum eos hebst, vacare inveneritg quod si quis essentiam intellectuum ad

se sequi sicut essentiam rerum, ex quibus habentur intellectusr eonnesseril, profecta

quemlibet intelligentem infinitoa intellectus habere concederet secundum id scilicetl quod

quaelibet propositio innumerabilia consequentia habet UI igitur veritatem conse

cutionis teneamusy de rebus tantum eum agere concedarnus et in rerum natura rc-‚

gulas antecedentis ac consequentis accipiantusl

327) Ebend. p. 404., welche Stelle schon oben, Anm. 208., angeführt ist. Ä fi

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xiv. Abälard. 187

die Suhsumption (inferenlia) es ist, durch 'welche der in dem sachli

chen Bestande vorliegende nothwendige Zusammenhang (neoessilas) im

Schliessen ausgedrückt wird 328)‚ und Abälard glaubt es kaum ol‘t genug

hervorheben zu können, dass die Abfolge zwischen „anteeedens“ und

„cansequens“ (s. Abschn. XII, Anm. 144) nicht im Gedanken, sondern

lediglich l'actiseh in der geschull'enen Natur und der realen Grundlage

aller Urtheile selbst schon vorliegc 329)‚ daher er auch jener anderen

Einseitigkeit, welche wir oben (Anm. am trafen, sehroll' die Auffassung

gegenübersteht, dass die Modalität der Urtheile auch bezüglich der Be

grill‘e des Möglichen und Nothwendigen (ebenso wie oben Anm. 327)

auf eine dingliche lllodification des Seins zu begründen sei 33°).

So glauben wir nun durch das Bisherige über Wesen, Princip und

Durchführung der Dialektik Abälard’s eine richtige Einsicht gewonnen

zu haben, für welche wir selbst, falls es nöthig wäre, ein von einem

Zeilgennssen herrührendes Epitaphium Abälard‘ssML als äusserlichen

Beleg benützen könnten. Allerdings ist es kein aristotelischer Geisl„

welcher uns in dieser Dialektik entgegenweht, sondern weit eher ver-‚g

spüren wir den verpestenden Einfluss des Stoieismus (s. Abschn. Vl,

Anm. 47—56), welcher sich in die Schriften des Boethius hineinge

zogen hatte; denn jene Verbindung eines rohen Empirismus mit dem

‘l ' l

‚h .

328) Ebend. p. ne f.:lf bicuntur in argumenlis va, quae a propositionibus

ipsis significautur, ipsi quidem inlellcalus, ul quibusdam placeti quorumiconceptio

sine etiam vocis prolalione ad concessionem alterius ipsum cogit dubitatva unde et

bene rationis nomen in praemissa ile/initialis (d. h. in der ciceronischen, s. Abschn.

Xll, Anm. 165.) dicunt appani, ratio cnim nomen est intellectusv qui in anima est.

Serl si divisianis verba attendamusv potius argum-ntum accipiendum erit in designatione

earum, quae a propositionibus dicuntun quam eorum intellecluum, qui ab ipsis ge

neranlur Nequc enim in propositione quidquam de intellectu diciturj sed cum

de rebus agitari per ipsam intellectus genereller, qui neque in. sua essentia necessiw

tatem tenet neque inferentiam ad alterum Unde potius de bis, quae propositiones

ipsae dicunly supraposita definitio accipienda esL lll.

329) Intrad. 'ad theoL lll, p. 1134.: Ex quo apparet1 in illa philosophorum regulay cuius possibilc est antecedens elqucoanmsevqeureunmsl site,os ad

creaturarum tantum nomen accommodare. Dialecl. p. aas f.: iiz his itaque mani

festum csl, in consequentiis per propositiones de earum intellectibus agendum non

esse, sed magis'dc essenliu rerum .. Et in hoc quidem significatione eorumy quae

propositiones laquuntun una tamen regula expanilur, quae ail, posito antecedenti

poni quodlibet consequens eius ipsius. h. e. existente aliqua antecedenti rerum essen.

tia necesæ esl existere quamlibet rerum existentium mequentem ad ipsam. Ebend.

p. 351.: Si quis itaque vocum impositiunem recte pensarerit, enuntiationum quarum

libet veritatem facilius deliberaeerit et rerum consecutionis necessitatem velocius uni

maduirteriL Ebenso p. aia f. u. p. 382.

eain biulceL p. 270.: Unde aparte}, ul reetoc sint modalrs, ut etiam de rebus

sicut simplici-s agant et hunc quidem de passibili et impossibiii et necessariop quod

quidem tam in bis, quae singulare subiectum habentl quum in Iris, quae uniuersalvl

licet inspicere. S. Anm. 379.

331) Aus llawlinson angeführt bei Bemussl ll, p. 104.: Hie docuit voces cum

rebus significare, Et docuit voces res significanda natare, fin-ores generum con-uiti

ita specierumg ilie genus et species in sola voce locavitv EI genus et species ser

mones esse notavitg Signi/icaliuum quid sit (diese nemlich ist diis Urtheil. s. Anm.

315.), quid signifiealum, Significans-quid sit (diess ist das einzelne Wort), prudens

diversificavit; Hie quid res essentl quid voces signi/icarentx Lucidius reliquis pate- r

fecit in arte peritng Sie animal nullumquevanimal genus esse probatun Sie et homo

et nullus homo species vocitatur. ei .21“

188 XIV. Abälard.

M

s

formalen Motive des fortschreitenden Zusammensetzens und mil dem

rhelorischen Interesse der Argumentation tritt gerade da, wo Abälard

überall die logischen Momente an die factische Sachlage der Dinge

veräussert, an die Stelle einer dem definitorischen Wissen wahrhaft

dienenden Syllogistikl und im innersten Kerne ist Abülard bezüglich

der Logik weit mehr ein rhetorischer Theoretiker der Argumentation,

als etwa ein l‘latoniker oder Aristoteliker. Jedoch er ist vielfach ent

schuldbar, da er ja von den Hauptwerken des Aristoteles nur etliche

zerstreute Einzelnheiten vom blossen Hörensagen kannte (Anm. 8—18),

und insbesondere darum, weil die unvernünftige Anordnung der Theile

des Organons sowie die porphyrianiscben Anschauungen des Boethius

eine schiefe oder zwiespaltige Auffassung hervorrufen mussten. Es

rächt sich bei Ahälard und vicllcicht bei all seinen Zeitgenossen, dass

einerseits die lsagoge und die Kategorien dem Platonismus näher stehen

und andrerseits zugleich das hernach Folgende den Aristotelismus ent

hält; und ausserdem mochte Abülard durch seine persönliche Begabung

selbst über ein tieferes Erfassen dieser Gegensätze binausgeboben und

zu einem ßhetorismus hingetrieben sein. Es scheint, dass Abälard, wenn

er in jenen späteren Jahrhunderten gelebt hätte, wohl sicher ein An

hänger des Petrus Batnus gewesen wäre.

Es ist uns nun aber noch übrig, Abälard’s Entwicklung der Dia

lektik auch durch die einzelnen Theile derselben zu verfolgen, wobeidg

uns derselbe in gleiche Linie mit den obigen, ihren Namen nach unbe-„

kannten Urhebern der dort erwähnten einzelnen Controversen tritt.

Nach Abalard's eigener Eintheilung (Anm. 272 IT.) folgt nun, nach-g.

dem die Ergänzung des Inhaltes der Antepraedicamenta uns zu den all-i.

gemeineren und principielleren Erörterungen geführt hatte, der zweite

Abschnitt des ersten Haupttheiles, nemlicb die Praedicamenta,

wobei selbstverständlicher Weise Boethius zu Grunde gelegt ist und

Schritt für Schritt begleitet wird. Die Begrill'e des univocum u. dgl.

fallen nach Obigem (Anm. 312 u. 325) natürlich nur der sprachlichen

Seite anbeima”). Die Kategorie der substantie, welche anderwärls

im Anschlusse an Ps.-Boeth. de Irin. auch als subsistentia gefasst wird 33‘"),

erhält ihre Besprechung durchgängig im vollständigsten Anschlusse all

Boothius 334). Ausführlicher wird die Quantität erörtert, obwohl biebei

Abälard auf die Erörterungen Anderer sich stützen musste, da er nach

seinem eigenen Geständnisse in der Arithmetik unwisatend war 335); er

stimmt denjenigen bei, welche (vgl. Anm. los u. 127) der Ansicht

waren, dass die Linie aus Punkten b8810118336)‚ und hält bezüglich des

u

332) So gelegentlich Dialecl. p. 480.: Hoc itaque- nomen, quod est aequivocum

sinc univocum ex vocabulis tantum in rebus conlingil.

333) lntrod. ad theol. ll, p. 1071.: Unde cl substantiae quasi subsistcntiae

esse dietae sunt, et ceteris relms, quae ei ussistunt et non per xe suhsistunt, natu

raüter priores sunt. l

334) Dialecl. p. 173—178. (Der Text der Handschrift beginnt überhaupt erst

in Mitte der Kategorie substantia, d. h. bei Huetlt. p. 133.)

easy Ebend. p. 182.: Elsi multas ab arilhmclicis soluliones rmdien'm, nullum

tamen a me prae/erendmn iudico, quia eius artis ignarum omnino me cognosro.

336) Ebend.: Talent autem nwmim', rationem magisln' nostri sententia praeten

x1v. Abälard. teo

Zahlbegritfes an der durch den Creations-Process bedingten natürlichen

Einheit fest (Anm. aou wornach im Gegensatze gegen obige Meinungen

Anderer (Anm. wg f.) hier die I’articulariti'tt der Einzelnheit die reali

stische Grundlage bildet, so dass einerseits „Zahl überhaupt“ schon die

Pluralität enthält und gleichbedeutend mit „Einheiten“ ist, und andrer

seits die bestimmten verschiedenen Zahlen als Substantive die‘Bezeich

nungen für verschiedene collective höhere Einheiten sind, vergleichbar

dem collectiven Verfahren, durch welches wir die Dinge nach verschie

denen Gesichtspunkten in Arten oder Unterarten oder sonstige Gruppen

bringen 337). Insoweit dort auch die ‚menschliche Beile als ein Quan

tita'tives zu erörtern ist, bestreitet Abälard obige Einseitigkeit, wornach

die Luft für das Significante gehalten wurde (Anm. 203), und indem

er dem Schaffe diese Function zuweist, sucht er diese Ansicht durch

Auctoritäten zu stützen33”). Uninittelbar nach der Quantität aber reiht

er die Kategorien ubi und quando ein, da dieselben von Natur‘ aus in

ihreiu Ursprunge. mit den in der Quantität erörterten Begriffen des Ortes

und der Zeit verbunden sedenans und während er so diese beiden

Kategorien, auch z. B. mit Einschluss des Begriffes „Gestern“ 3‘“),

realistisch fasst, gelangt er wegen des „im Orte Seins“ und des „in

der Zeit Seins“ auf die verschiedenen Bedeutungen des „'iiiesse“3")‚

debat, ut ex punctis lineam constare conoinceretur (p. 183.) Alioquin supre

posita magistri sententiaj cui et nostra consentitl etc. .

san p. 186.: numerus semper in natura discretionem habet, qui solam unitatis

partinularitatem requirit Nomen numeri plurate simpliciter videtur atque idem

cum eo, quod est unitates p. 189.: unde opportunius nobis videturl at, sicut

supra tetigimusy numeri nomen substantivum tantum sit ac particulare unitatis atque

idem in significatione quod unitatesy binarius vero vet ternarius ceteraque numerorum

nomina inferiora sunt ipsius pluralis, sicut homines vel equi ad animalia aut albi

homines et nigri vel tres vel quinque homines ad homines E1 fortasse quoniam

omnia substantiae numermum nomina in unitatihux ipsis plin-aliter occipiuntura omnia

eiusdem singularis pluralia poterunt dici secundum hoc scilicet. quod diversas uni

latum collectiones demonstrant (vgl. Anm. aou Numerus quidem simplex metiatur

pturotey alia vero secundum certas totlectiones determinata. Hierauf folgt dann die

oben, Anm. 199.v angeführte Stelle. Vgl. auch p. 421.: Hacc enim unilas hominis

Parisiis habitanlis et illa hominis Bomae mouentis hunc faciunt bimzriam, unde sola

unitatum pturatitas numerum perficil; ebenso p. 486. "i"

338) p. 190.: illos autem ipsum proprie sonum audiri ac significare concedimus

.... .. p. 192.: unde et Priscianus (Inst. gr. l, 1) aitl vocem ipsum tangere eurem,

itum auditur, ac rursus ipse lioetliius (de Musica, p. 1071.) totam vocem ad

aures diversorum simul venire perhibety worauf noch in folgender auffallender Form

auf Augustin und Boethius verwiesen wird (p 193.): ipmm etiam Augustinum iu

Categen'is suis asseiunt dixissel und etiam boethius dicitur in libro musicae artis

adhibm'ssl'. ’‚ - r»

339) p. 195.: Haclemu' de quantitate disputationem habuimus. Nunc ad tracta

tum praedicanzentorum rcliquorum operam Iransfcramus, eaque post quantitatem exse

quamurl quae ei naturatiter adiunrta videntur ac quodammodo ex ea originem ducere

ac nasci; haec autem „.qnando" et „ubi“ nominibus Aristoteles desinuntl quorum

quidem alterum ez tempore alterum ex toto damit eivai-dium

340) p. 196., s. oben Anm. 196.

341) p. 197.: Ouum autem et „quando“ in tempore esse et „ubi“ in loco esse

determinaan non incommodo hoc loco demonstrabimus, quot modis esse in aliquo

accipimusg Boeihiua autem in editione prima super categorias nonem computat (folgt.

“Ph die Aufzählung derselben aus Boeth. p. 121., s. Abschn. xm Anm. 92.; Cousin

mmml Anstoss, weil er diese Stelle des Boethins nicht fandl).

mo XIV. Abälard.

sucht aber im Gegensatze gegen obige Bedenken Anderer (Anm. 194),

welche die Analogie des Fragewortes ‚.qualiter“ beizogen, jene das

inesse betreffenden Ausdrucksweisen dem grammatischen Sprachgebraucbe

zuzuweisen 342), hingegen jene zwei Kategorien als solche dadurch zu

rechtfertigen, dass in ihnen eine Vergleichung möglich sei, sie daher

nicht auf die Quantität, Welche eine Vergleichung ausschliesst, zurück

geführt werden dürfen 345"), woran sich übrigens noch die Klage an

knüpft, dass Aristoteles die letzten sechs Kategorien überhaupt so karg

behandelt habe 3‘14). ln der Controverse über die Relation (0b. Anm.

192) entscheidet sich Abälard schliesslich für die Auetorität der aristo

telischen Definition 345), sowie in der Frage über die Stellung der ne

grill'e des Aehnlichen und Gleichen (Anm. 193) dafür, dass dieselben

zur Qualität gehören 34“).

Die Postpraedicamenta sodann als dritter Abschnitt des Li

ber partium enthalten, wie wir sahen (Anm. 272), die Erörterung über

Nomen und Verbum, iusoferne dieselben die Bezeichnungsweisen der

Dinge sind und als Theile betrachtet werden, aus welchen das Urlheil

als Ganzes zusammengesetzt ist. Die von uns im Obigen entwickelte

Ansicht Abälard’s über den Begriff der Bezeichnung (signifiari oder

342) p. 200.: Si quis autem „qualitrr“ dicat nihil aliud quam qualitatem

demonstrare, et „ab!“ dicemus nihil aliud quam locum designarc vel ‚.quando“

nihil aliud quam tempus; unde et earum definitiones recte vel „in loco esse" vel

„in !cmp0rc.cssc“ dicinms, quae, si grammaticae proprietatem insislamus. nihil

aliud a loco vel tempore dieersurn ostendunt Pidentur itaque magis pro nominibus

accipienda esse „esse in loco“ vel „esse in tempore“, quam pro de/rnitionibus.

343) Ebend: llaec autem gcneralissima ipso, ut arbitrum comparationis neces

sitas meditari compulit ,- cum enim quantitates non comparari constaret (Beet/i. p.

154), non poteramus comparationem „diu“ ve! „tfiutumi“ rot-„extra“ ad tempus

vel locum reduoere, inc/eque maxime inveniri praedicanienta arbitrum ad quae illa

reducantur.

344) Ebend.: Ac de his quidem praedicamentis difheile est pertraotare, quorum

doctrinam ex auctoritate non habermzs, sed numerum tantumg ipse enim Arisloteles

in toto praedicamenlomrn ser-ie sut stadii operam nonnisi quatuor praedicamenlis

adhibuit. substantiae sortiert, quantitati, ad aliqui-dj qualitatig de facere autem vel

pati nihil aliud docm't, nisi quod conti-arielatem ct comparalianem susciperent .. . . .

de reliquis autem quatuory quando scilicet1 ubi. silu, haberey eo quod manifesta

sunl, nihil praeter exempla posuit De ubi quidem ac quando ipsa quoque atte

stante ltoethio (p. 190.) in I’liysicis de omnibusque altius subtiliusquc in his libr-isl

quos Mcluphysica vocati exsequiturl quae quidem opera ipsius nullus adhuc trans

lalor lutinae linguae optat-ttv ideoque minus natura horum nobis est cognita. Vgl.

obige Anm. 18., woselbst wir schon auf die durch Gilbertus Porretanus später

beigebrachte Ergänzung hinweisen mussten, s. unten Anm. 488 11'.

345) p. 204.: Aristoteles de imper/actione restrictionis sicut Plato de accepta

tione nimiae largitatis eutpabilis oideturl- uterque enim modum excesserit, atque hic

quasi prodigus, illa tanquam avarus redarguendus. Sed et si Arislolelem peripateti

corum principem culpare Irraesumanms, quem amplius in hac arte recipicmus? bica

rnus ilaque, omni ac soli relatibni eius dil'fimltiunem convenire etc.

346) p. 208.: A! vero cum similitudo relationibus aggregetur (Boelh. p. 157.),

non videtur secundum solas qualitates simile dici llis autcm, qui simile ac

dissimile inter qualitales computant (Beet/l. p. 187.), manstrari potest. res quaslibet

in eo, quod dissimiles saut, esse similes .... At fortasse non impedit, si in eo,

quod dissimilitudinem partieiptmt, similes inveniantur (d. h. er halt sich an die

letztere Stelle des Boetbius).

XIV. Abälard. 191

‚‘„l

significatio) führt ihn hier dazu, seine Uebereinslimmung mit jenem

Garmundus (Anm. 82) auszusprechen, welcher als gemässigter Nomi- l

nalist in dem begrifflichen Gehalte des Wortes‚'solchem, das Wesen der Bezeichnung erblickte; einneicAhutffaismsunWgo,rtweelcahles i

Abälard durch Stellen des Boelhius bestätigt findet 347). ln dem Streite, .

0b die Präpositionen und Conjunctionen als Redetbeile zu betrachten 1

seien (Anm. 206), sucht er eine Vermittlung zwischen den einseitigen

Standpunkten der Grummatiker und der Dialektiker herzustellen, indem

er jenen Bedetheilen wohl die Fähigkeit des Bezeichnens zuschreibt,

aber dieselbe in der nemlichen Weise wie den Modus der Aussage

(Anm. 327 u. 330) auf eine dingliche Modification zurückfülirt3‘5)‚ wo

durch, wie man sieht, auch nach Abälard’s Ansicht die sog. Syneate

goreumata (s. Anm. 174 u. 206) folgerichtig in der Logik irgendwo

ihre Stelle finden mi'isslen.‘ ln allem Uebrigen aber seliliesst er sich

enge an Boethius an und sucht Bedenken, welche von Anderen erhoben

wurden, zu widerlegen 34"Ü, wozu ihm sowohl bezüglich der Urtheile,

welche nicht die factisebe Existenz ihres Subjectes enthalten (Anm. 211 )‚ ‚“ ‘

bielegenhei.t geboten waraöo), als auch i. nsbesondere bei. dem sog. un g

bestimmten Urtheile (Anm. 214), betreffs dessen er theils den techni- r

sehen Sprachgebrauch zu begründen versuchte 351), theils die Leistung

des Boethius rechtfertigte 352).

mii ne

3.47) p. 210., woselbst unmittelbar auf obige Worte (Anm. 82.) folgt: Unde

manifestum estl eos velle vocabula non omnia illa significare, quae nominant (dass

z. B. animal nicht sofort schon homo „bezeichne“), sed ea lanlum, quae definite

designant, ut animal scilicet animal sensibile aut albani albi-dinch quae semper in

ipsis denotantur Ouorum sententiam ipse commendare boethius (p. easy videtury

cum ait in divisione vocis ‚.vou's autem in proprias signi/icationes divisio fit etc."

. . . . .. (p. 211.) Si tamen yjsigni/icarcu proprie ac secundum rectam et proprium eius

‚diffinili'oncm signamus, non alias res significare dicemusa nisi quae per vocem con

cipiuntur. Vgl. Anm. 317. ‘

aatem p. 217.: illa ergo mihi sententia praelucere videtury ut grammaticis con

senlientes, qui etiam logicac deserviunty lias quoque per se significativas esse conn

teamurl sed in eo signihcationem earum esse dicamusy quod quasdam proprietates

circa res eorum vorabulorum, quibus apponunlur praepoxüioues, quodammodo deter

minent coniunctiones quoque, dum quidem rerum demonstrant coniunctionem

quandam circa eas detenninant proprietatem

349) Z. B. p. 219., wo gegenüber dem oben, Anm. 210., erwähnten Ein

wande bemerkt wird: veram ipse verbo deceptus erat ac prave id separat, verbum

dicere rem suam iubaerere. ‚ „‚_

amp p. 224.: Sed ad liocv meminil ut magistri nostri sententiam defenderemy

respondere solebaml liomeri et poetae "amen, si per se intelliguntury Llomerum de

signare, unde bene denegetur simpliciter llomerum esse, qui iam defunctus estg at

.vero tota magis orationis sententia intelligenda Dasselbe wiederholt er in der

Lehre vom Urtheile p‚ 251. '

351) p. 220.: Ext autem causa vocabuli „infinilmn“ non tam ad significationem

reducendm cum scilicet nec solis nee omnibus infinitis videatur convenire, quam ad

.w‘ r

enim

\. ita

quandam imponentis institutionem p. 221.: Patel, in/initi di/fnitionem non essey

quod infinita coatinetl sed causam potius esse novae transpositionis et impositionis

naminis. S. Boelh. p. sn f. „M

352) p. 225 1.: Si sensum ersequamur, infinitationis quoque proprietas in

oratione quoque inreuietura et quaecunque sub finita non continentun sub infinita

eadem possunt ‚- ut, cum verum sitl Soeratem non esse album asimun, veram que

que et cum concedimus nSocrates est non albus asinas“, ita quidem. ut non solum

‚q in

.

at ..

p

'I

„J. 1..

192 XIV. Abälard.

Insoferne aber auf dem Inhalte des Liber pai-tiumy d. h. auf der

Auffassung der Universalien, der Kategorien und der Bezeichnungskraft

des Wortes, auch bei Ahälard ebenso wie bei Boethius die Lehre von

der Eintheilung und der Definition beruht, so reihen wir hier jene ap

dere Schrift des Abälard, welche mit der „Dialectica“ nicht in Einem

Faden zusammenhängt (s. Anm. 277), ein. lin Liber Divisionum

nemlich, woselbst Abälard nach des Boethius Standpunkt Eintheilung

und Definition als Eine gemeinschaftliche Disciplin nimmt und der erste

ren nur die Stellung einer vorbereitenden Manipulation für die letztere

anweist, dahei aber auch sein eigenes Verdienst in Bearbeitung dieses

Zweiges zu erwähnen nicht vergisstil”), schliesst er sich zunächst,

auch schon in der Aufzählung der sechs Methoden der Eintheilung

(Abschn. XII, Anm. 96), ganz au Boethius an 354)‚ aber bei der Ein

theilung der Gattung in die Arten bekämpft "er die Ansicht der Realisten,

welche an dem Verfahren der platonischen Dichotomie festhalten zu

müssen glaubten (Anm. 118); denn dasselbe könne keine Anwendung

auf die Kategorie der Relation finden, da, wenn es zwei Arten des

Relativen gäbe, diese weder auf eine oberste Gattung des Relativen

bezogen werden könnten, — indem sie als relative dann gleichzeitig

mit der Gattung als ihrem coi-relatum sein müssten, was aber bei Gat

tung und Art nicht der Fall ist —-‚ noch aber auch auf Unterarten,

indem jede derselben entweder auf ihre eigenen Unterarten zu beziehen

wäre — was zum nemlichen Widerspruche führen würde —‚ oder

auf die Unterarten der ihr coordinirten zweiten Species, wodurch, da

diess wechselseitig geschehen müsste, die Unterordnung zwischen Ober

und Unter-Arten in Verwirrung komme 355’). Bei der Eintheilung des

albani infinitum et asinus remuneaL ac si ita dicatur „es! asinus non albm“, sed

ut tola simul oratio ‚.albus asinus“ negatione ezcludatur (es erinnert diese uu obigen ‚

__ Anm. 113.‚— räthselhaften Syllogismus vom „grandis asinus“); alioquin

una diclionum tantum inhnilareturz

353) p. 450.: Dividendi seu dif/iniendi peruiam . multorum auctoritas trac

tat; quorum non quidem aimulatores non ingrali eorumque vestigia studiose amplec

tentes ad tuuma fralerl imo ad communem omnium utilitatem in eisdem desudare

compellimun Nun enim tanta fuit antiquorum scriptorum perfecti-ol ut non et nostro

doctrina indigent studiov uec tantuni in nobis mortalibus scientia potest crescerev ut

non ultro possit augmentum recipere. Uaoniam vero divisiones dif/initionibus natura

liter priores suul. quippe ez ipsis constitutionis suae originem ducunty in ipso quo

que tractatu dieisiones merito priorem locum obtinebuog dif/initianes vero posteriorem.

354) p. 452 ff.

355) p. 458.: Si autem genus semper vel in prae-imas species vel in proximus

difl'crenüas dividere-tan onmis dieisio genm's, sicut Boethio (p. 643, s. Abschn. XII,

Anm. 98,) placuity bimembris esset Hoc autem ad eam philosopltieam senten

tiam respicih quae rcs ipsas-l non tantum vocesa gencra et species esse confilelur.

Sed ad hau, menum', obieclionem de relatione habebamj si enim in omnibus id

contigit gencribusl ut duabus proaimis speciebus coutineautuiy utique et „ad ah'qnid"

duabus praz-imis speciebus comprehenditun quibus suf/icienter dioiditurg licet enim

earum nomina non habeamusi in natura tamen rerum non minus consistunL Sed ad

supremum genus non possunt re/‘em'; quippe id‚ quod omnibus relativis prius et

genus omnium csl, simul eum ipsis non 2st, unde nec rclativum est ad easj omnia

enim ad aliquid simul esse natura, Aristoteles in praedicamentis docuitg ex eo quo

que ad ipsum referri non possunt duae illae species Sed nec ad subiectus

species referri possuntg si enim aliqua illarum specierum ad inferiorcs specierum ad

._„ __ _.‚.... i ‚.5 - l addi-nu ‘Ä-tw

x1v. A-bälard. 193

Ganzen in seine Bestandtbeile trat Abalard in der Frage, was die ur

sprünglichen Theile (partes principalem seien, den beiden oben (Anm.

125) erwähnten einseitigen Annahmen Anderer dadurch gegenüber,

dass er jene Bestandtheile als die wesentlichen bezeichnete, deren Zu

sammenfüguug unmittelbar das Ganze constituirt. also z. B. Grundmauer

Wände und Dach bei dem Hause, d. h. er legte dabei die Verwirkli

chung des Wesens des Ganzen zu Grunde 31"6), sowie er auch bezüglich

der Theile der Zeit (s. Anm. 202) sich dafür entschied, dass das

aus snccessiven Theilen bestehende Ganze nicht sachlich objectiv ein

Ganzes sei, sondern nur gleichsam als Ganzes oder Eines (quasi unum,

quasi totum) durch die Betrachtung aufgefasst werde 357). Er unter

scheidet aber auch im Anschlusse an Boethius (Abschn. XII, Anm. 97)

die Eintheilung der Gattung von der Eintheilung des Ganzen derartig,

dass, da die Theile der Stoll' des Ganzen sind und die Gattung der

Stoff der Arten ist, die erstere Eintheilung eine Zerlegung in das Spä

tere, die letztere‘aber eine rPheilung in das Frühere scis-sal Bei der

Eintheilung des Wortes in seine Bedeutung (Abschn. XII, Anm. 101)

reducirt er die auf die Modalität des Wortes bezügliche in gleicher Weise

wie oben, Anm. 348, ‘auf dingliche Modificationen 359); seine Ansicht

aliquid referatur, itaque vel ad sibi suppositam rel ad suppositam altert; scd ad

suppositam sibi non potesty cum prior in natura sit ut genus; quodsi haec ad spe.

ciem illi suppositam et illa ad speciem isti suppositam referutur, necesse ext, alteram

altera priorem et posteriorem esse in natura .. (p. 460.) Non poterat (so oder

ähnlich ist zu lesen statt des sinnlosen Nota) itaque huius praedicumenti generalis

simurn duabus contineri speriebusg aut nos itaque in his ultra quam oporteat sub

tiles sumusl aut, si auctoritatem salvam conserrcmus, non ad omnium praedicamen

torum genera resperiL t

356) p. 468.: de principalitatc partium quid nostro praelueeat arbitriog sup

ponamus. Principales itaque partes nobis appellari videntur, quarum ad se con

iunctionem totius perfeclio statim subsequitur, ut tecto et fundamento et pariete con

iunctis domus statim per/iciturl sed non ita eorum partibus compositisg etsi enim

(so ist zu lesen für non) in tecto omnes partes eius iam sint dispositae ac similiter

in pariete et fundamentol deest tamen ad perfectionem domus compasitorum. et pa

rietis et tecti et fundamentil ad se invicem coniunctioj quorum quidem conventus

domus perfectionem statim reddit.

357) p. 469.: quum enim tolorum ezistentiaml quae partes permanentes non

habenti ut in orationibus et temporibus contingit, non possumus secundum omnes

partes simul aeoiperel quippe cum ipsae simul nunquam sint, sed sibi succedant,

unde tantum secundum partium ipsarum existentium latorum dimetimur essentiam .

(p. 470.) Sed si rei veritatem con/iloamur, nunquam proprie ista partibus constare

contigcrit oportet ista tota non esse con/iteri, sed tamen quasi de totis philo

sophos de eis egisse secundum hoc scilicct, quod ca, quac praeterita erant vel futura

erunt (dieses Wort fehlt in d. Handschr.), eum eo, quod praesentialiter esty consi

deratione quasi unum colligebant Ouac itaque in re tota non sunl, secundum

tamen eorum eonsiderationem quasi tota uccipiuntur.

358) p. 485.: Genus omne naturaliter prius est suis speeiebusl totum vero

posterius partibus1 sive illae natura tantum sive tempore compositionem totius prae

cedunt; quod enim in materia rei collocatur natura, necesse est praecederc i'd, quod

ex eo cflicitur; partes outcm totius materia sunt, genus vero speciemmg unde fit,

ut genus in posteriora distribuatur, totum vero in priora dividatun Thcot. christ.

lV‚ p. 1293.: Pars autem teste lloethio (p. 640.) prior est ab eo, cuius pars est‚

et eo eius eonstitutiva divisio in priora fit, sicut generis in posteriora. Ebenso

ebend. p. 1262.

359) Dialcct. p. 481 L: ‚lt quoniam vocis in significutiones omnem divisionem '

Pnanrt, Gesch. ll. la

194 XIV. Ahälard.

über die Frage, ob em Wort auch seine Buchstaben bezeichnen könne,

wurde schon oben, Anm. 204, angeführt. ln der hierauf folgenden

Lehre von der Definition 36°} gibt er eine commentirende Umschreibung

des Hoethius 361), Wobei er Gelegenheit hat, jene Meinung, dass die

Definition nur auf die Qualitäten sich beziehe (Anm. 123), dadurch zu

modificiren, dass allerdings die Nanicnbezeirhnung schon für sich mehr

das substantielle Wesen enthalte (Anm. 317 u. 347), hingegen die An

gabe der Eigenschaften durch den arlmacbenden Unterschied auch ihrer

in

seits auf den formbildeuden I’rocess der Substanz (Anm. 294111) ein-n

gehe, und so Beides ineinander übergreife 352). Auch jene andere"

Schwierigkeit, welche die Definition der Qualitäten selbst betraf (Anm.

mth löst er in analoger Weise; denn indem die Eigenschaft als ein

bloss Beiwohnendes (Anm. aou betrachtet wird. kann die Definition

sowohl auf dieses Beiwohnende selbst, als auch auf die durch dasselbe

inodificirten Dinge gehen, und ebensosehr auch als Definition des Namens

der Eigenschaft gelten, insoferne ja bei den Namen dasjenige, Was

durch sie bezeichnet wird, Gegenstand der Definition ist, und die beli

nition als ein Ausgesagtes stets in Worten sich bewegen muss 363). In

letzterem Sinne wird die Definition als ein Urlheil erklarlicher Weise

namentlich in der 'I'opik aufgefasst, woran sich dort die Bemerkung

manatravimas, ittam quoque vocis divisionem. quae in modos fit, pertractemus .... ..

Unde nec vocis divisio proprie videtur-1 cum in ea de voce non agaturl imo de rebus

tantum

360) Ebend. p. 490.2 liac-lenus quidem de divisionibus Nimo vero consequens esl, ut ad diffinitiones nos convertamust,racqtuaateam, hsaibcuutimudsictum

est. ex dieislonibus nascuntur.

361) So z. B. wiederholt er (p. 491.) auch desselben Auffassung, dass nur

die mittleren Wesenheiteu definirt werden können. s. Abscbn. XII, Anm. 99.

362) p. 492.: lii/finitimum maxime propter ostensionem proprietatumindaountun

interpretationes vero ita nomen aper-ianti utlsola substantiae demonstratio sufhcert

queaL liane enim intcrpretatio proprie rcqairitur, cum de nominalivo quoque sub

stanliae (die Handschr. hat nominatiea qu. substantia, Cousin gibt nominata qu

sabstantia) dutntutur nec rui etiam substantiae impositum sit, tenatur; tune autem

dif/initio superaddilur. cum formae proprietas ignoratur. Cum autem vel interpre

tatio de qualitate quoque vel di/finitio de substantia etiam proponal, principaliter

tamen illa propter substantiam monstrandaml haec vero propfer qualitates ad aliarum

rerum dt'fl'ercntium et plenam rei demonstrationem componitun .

363) p. sos f. (nach der in Anm. 124. angeführten Stelle): Sed ad hau.

memini , tales erant .solutioacs. quae ab omnibus suprapositis obieetionibus liberatt

viderentuiz Dicatur itaque illa di/finifio albedinis esse non secundum essentiam suamy

sed secundum adiacentiam acceptar; unde et eam pracdioari convenit et de ipsa albe

dine secundum adiacentiam hoc modo „umne album est formatam albedinen et de

omm'fms, de quibus ipsa in adiacentiam praedicatur Potest etiam dici di/fiiu'tiv

eadem esse huius nominis quod est „album“, non quidem secundum essentiam sumus

sed secundum signiflcatiunem, nec in essentia sua de ipso praedicabitun ut iridl'ltül

.dtcamus, hanc vocem „allmm“ esse formatam albedine. sed secundum significatione-nh

i. e. scilicet cum significandu, ac si diceremus „res quae alba nominalur, est far

mata allicdine“. Est autem vocem dif/inire eius significationem secundum dif/initionem

aperiri-y rem nero dif/intro ipsam demonstrare. itaque sine dif/initio vocis esse sim

cuiusounqne significationis esse eius diceretury solui poteratg scilicet profecto nihil est

diffinitum, nisi declaratum secundum significationem vocabulum dicinms, nec rem

ullam de pluribus diei, sed nomen tantum ronrerlimus (über Letzteres obeu

Anm. 287.).

XIV. Abälard. ‘ r 195

knüpft, dass das Definirte und die Definition wohl bezüglich des Wesens

identisch sind, nicht aber im Spraclmusdruckea indem, während beide

das Neinliche bezeichnen, doch die Definition mehr auf den Creations-_

Prozess der Substanz gehe, hingegen das Definirte noch manches An

derweitige enthalte, was in der Definition nicht ausgedrückt ist, so

dass demnach auch hier, wie oben Anm. 323—330. der dingliche

Befund, über welchen das definitorisclie Urlheil „handelt“, die Ilaupt

sache ist und durch denselben die Regel sinh bedingt, dass die Defini

tion weder zu eng noch zu weit sein soll 384).

was aber sodann den ZWeitenflanptlheil der Dialektik, nemlich

die Lehre von der oratio (s. Anm. 273 l'.) hetrill‘t, so äussert sich Abä

lard im Liber Categoricorum mit einem sehr hohen Selbstbewusst

sein gegenüber seinen Neidern über seine eigene Leistung im Vergleiche

sowohl mit der_'l'radition als auch mit der Thätigkeit seiner Zeitge

nossen, welch letztere er als ‚.moder-ni“ (vgl. Anm. ss 11.219)bezeich

net 365); ja er meinte, das Buch De interpret. (vgl. oben Anm. 202)

sei überhaupt nur durch die Auctorität gehalten, und es sei leicht,

über diesen Theil der Logik eine Schrift zu verlassen, welche dem

364; p. 370.: lii/timam cum orationis sit species, naturam orationis non pu

text cxcederc, sed, sicu! onmis oratio ex partibus suis suam contrahit signi/icationem

(s. Anm. 3,15.), ita dif/initio aut suis; alioquin dictio videratur, si uidcticet ad sig

nificationem totiusv non pnrtium, rcspioeremus . . . . .. (p. 371.) Aniniul rationale

mortale idem prorsus cst, quod homo. nec tamen ex his sequitur. ut si quid sit

animal rationale mortalia sit homo, si proprium vocum demonstrationem attendamusg

si vero magis rei essentiam, quam vocum proprietalcm, insistamus magisque idcu

titatem essentiacl quam vim verborum attendamus, profecto ronscquentiu. ut ride

licet vel totum in ‚.am'mal rationalc morlale“, quod in „homo“, intelligentes, vel

in „Immo“ tantum, quantum iu „animul rationale morlale" vnde clarum ext,

quantam vim cum enuntiationibus raeum proprietas Ieneat, maximeque illa attendenda

est vocum signi/icatiol quae prima i’sl, i. e. quae in voco ipsu denotutur et secun

dum quam ipso roz imponitur Nam et cum dif/initio cl cii/initum ad eandem

prorsus substantiam habeant impositionem utque enuntiationem saepe tamen non

idem prorsus de ipsa notanti nom „animal rationale mortotru secundum id tantum

hominis substantiae datum csl, quod est animal informutum ratiouutitate et mortali

tutej „Ilomo“ vom secundum ceterarum quoque formarum differentiarum informationem

llaec autem ratio di/finitioncm in rei denionstrutione accipi probutl quod in

ipsa consequentia tautum de relms, non de vocibus‘. agitur. Tlu'ol. Christ. lll, p.

1278.: diffinitio ...., quae ex integro vim et proprietatem di/finiti exprimit et sen

tentiam nominis in nullo excutit nec nli eo excellit-ur (s. Abschn. Xll. Anm. 108.).

365) Dialecl. p. 227 l.: ivec propter acmutormn detmctatiunes obliqugsquc in

vidorum corrosiones nostro derrevinms proposito crilcndum nec u communi doctrinae

usu desistendnm. Etsi enim invidia nostrae tempore vitae scriptis nostris doctrinae

viam obslruul, in his quisqucy quod doctrinae necessarium sit, invem'ct. Nam

etsi Peripatelicorum princeps Aristoteles rategoricorum syllogismorum formas et modos

breviter quidem et obscuri- perstrinzcritl boethius vero hypotheticorum compleæio

nos eloquentiae tatinac trudidit, yrnei'orum quidem Tlieophrasti et Eudcmi operum

moderator (S. Abschn. XII, Anm. l39.)‚ post omnes tamen ad perfectionem doc

trinae tocum studio nostro in utrisque resmvatum non ignora. ttt-m quae ab eis

summatim designato sunt iri-t penitus amissa (—- aber neue Ergänzungen bringt Alia

lard, höchstens etwa mit Einer Ausnahme, s. Anm. 391., nirgends bei -—), labor

noster in lucem pro/oral, interdum et quorundam maledicto ronigat et srhismoticas

expositiones contcmporanrormn nostrorum unint ct dissensionu modmmrnm, si tan

tum audeant pro/iieri negotiuml ilissolcat. v

13‘

196 ' XIV. Abälard. '

selben in keiner Beziehung nachstehe 366). Doch müssen wir gestehen,

dass Abälard biebei von Eitelkeit geblendet sein mochte, denn er lässt

sich auch hier nur von Boethius leiten. Aus diesem ist Alles, was zu

Anfang über oratio gesagt wird, entnommen 307); nur bei der üblichen

Eintbeilung der Salzarten, woselbsl aus Marcianus capella (Abschn. XII,

Anm. 62) auch der Wunschsatz aufgenommen ist, wird der von Boe

thius (ebend.‚ Anm. 111') hinzugefügte Vocativ-Sntz bestritten-3'355). Was

die Definition des logischen Urtheiles selbst betrifft, so kann nach (Ihigem

(Anm. 317) die aristotelische Definition in jene rhetorische hinüberge

lenkt werden (s. Abschn. VIII, Anm. 45), welche bei Boethius in der

Topik sich findet 369). Es folgt hierauf die Eintheilung in kategorische

und hypothetische Urtheile (Abscbn. XII, Anm. 112), wobei neben der

üblichen boethianischen Terminologie (s. ebend. Anm. 124.) uns hier

zum ersten Male das Wort „copula“ begegnet, welches hiemit damals

in der Schule bereits üblich gewesen sein muss 370). Das Quantitäts

verhältniss zwisrhen Subjects- und Prädicats-Begritl‘ (maior und minor}

fallt nach Obigem (Anm. 318 u. 325) dem Sprachausdrucke anheim 371).

Die Eintbeilung des kategorischen Urtheiles veranstaltet Abälard

nach vier Gesichtspunkten, indem auf das l’rädicat die sog. Qualität

und auch die Modalität, auf das Subject aber die Quantität bezogen

wird, sodann in den Terminis überhaupt die Einheitlichkeit oder Viel

heitlichkeit liege und endlich nach der Zeit sich eine Eintheilung in

drei Arten ergebe 872). Vielleicht war es diese Gliederung, in welcher

366) Joh. Sarcsb. Melal. lll, 4 (wo von dem Wertbe des Buches De inlcrpr.

die Rede ist), p. 131.: vixisse recolo Peripateticum Palatinuml quod verum arbi

fror, quia facile esscl, aliquem nostri temporis librum de hac arte componerez qui

nullo antiquaram, quod ad conceptionem veri vcl-cleganliam nerbi, esset infcrior.

sed ut auctoritatis favorem surlirclur, aut impossibile aut di/ficillimum.

367) Dialccl. p. 229—233.

368) p. 234.: llarum igitur oraliouum, quae pcr/‘cclae saut, aliae sunt enun

tiativae, aliae inlerrogalivae, aliae deprccalivae, aliae imperativee, aliae desiderativae

Addunl autem quidam sextam spericm, voraliram scilicet oralioncm; sed mihi

quidem rocatio non videtur diversam speciem a suprapoxitis procrearc, quae quidem

rnculio omnibus aequaliter potest apponi. '

369) p. 237 1.: Propositio est oratio verum falsumve significans; quae quidem

dif/initio (bei Bocth. de difl'. Inp. p. 858.) eadem omnia et sola continet cum ea

quam secundum Aristotelern protulimus i'ch quidem incommode; sicut enim

omnes propositiones rcl a/‘firmatirac vel negativae ac solac, ita etiam verae vel

falsac.

370) p. 246.: Harum itaque aliae sunt cah’goricae, aliae hypothetisae, i. e. conditionales Es! autem calegorii.caer.umprnaeadtiucraatisvearcundum

membra sive species demonstranlla; sunt autem mcinbra, ex quibus com'imctae' stml,

praedicatum ac subiectum atque ipsorum eopulal secundum hoc scilicct. quod verbum

a praedicato seorsum per se accipimus, verbum vero interpositum praedicatum

subiecto copulaL Die Quelle dieser Schal-Terminologie liegt in den, Abscbn. XII,

Anm. 124., angeführten Stellen des Boetbius, wenn auch bei Letzterem das Wort

„cnpula“ selbst noch nicht vorkommt. Vgl. jedoch folg. Ahschn. Anm. 11.

am p. uaa Ouod itaque praedicatum subiecto maius vel aequale dicitur

(Absclm. XII, ebend.)‚ ad vocum enimh'ationcm, non ad essentiam rei, reducitar.

affirm3a7ti2v)acp. di2c5u3n.t:ur Avdel pnreagcadliicnaalei, eqnuuondtqiuaetiaolnieame ipeprstuimnets,impqluiocditeprroaploisaielicounmes aliquo

modo praedicanl, unde alias simpli'ccs alias modales appellamus Ad subiectum rero

iuud rc/erlur, quod aliae universules aliae particulares aliae indefinilar aut singu

ulla-l . A ___-_.

xw. nam . 197

er ein besonderes Verdienst seiner Darstellung erblickte, die Reihenfolge

aber der hier angegebenen Gesichtspunkte änderte er in der Entwicklung

des Einzelnen. Zuerst wird ‚über Affirmation und Negation gehandelt,

wo bezüglich des realen Gegensatzes nicht bloss die an Apulejus

(Abschn. X, Anm. 10) erinnernde Terminologie nmaxime repugnansli

sondern auch für die alternativen Gegensätze der Ausdruck nimmedia

tio“ oder „di'vt'dentt'a“ erscheintßla). Bei der contradictoriscben Elit

gegensetzung wird jene Annahme des Boethius, welche bezüglich des

allgemein bejahenden Urtheiles oben, Abschn. XII, Anm. 114. angeführt

wurde, bekämpft, und die aristotelische Angabe (Abschn. IV, Anm. 217)

als die richtige bezeichnetsnjl was eben damit zusammenhänge, dass

Aristoteles überhaupt bei dem contradictorischen Gegentheile die erfor

derliche Rücksicht auf die Modalität der Ausdrucksweise (Anm. 318 u.

327) genommen hahe375). Hierauf folgt die Erörterung der Quantität

der Urtheile und der durch Quantität und Qualität sich ergebenden Ver

thälltnisse derselbeualß), wobei es eigenthümlich ist, dass Ahälard nicht

der boethianischen Terminologie „consenliens“ oder „convenie'ns“ (Abschn.

XII, Anm. 117 u. 128), sondern des bei Apulejus (Abschn. X, Anm.

11.) vorkommenden Wortes naequipollentiau sich bedient377). Sodann

folgt die Modalität in einer Compilation, welche aus Boeth. de inter-pn

tares nominantur. Ad mulliplieitatem vero ter-minorum illud attineh quod aliae unae

sunt aliae multiplices. Ad dieersitatem vero temporam, quod aliae de praesenti aliae

de praeterito aliae ile futura proponuntun

373) p. 255.: Ea namque opposita contraria dif/iniuntl quae prima fronte sibi

opponunturi h. e. quae maxime sibi repugnanty velut album et nigrum, quae nullo

modo eidem simul inesse passen! Quod itaque simul abesxe non possit, oppo

sitionem non exigity sed dieideatiam seu immediationem. Ueher dividentia vgl.

unten Anm. 427.

374) p. 256.: Ex his itaque manifestum est1 ei, quae dicit „onmis homo

iustus esl“, mabis repugnare nnullus homo iustus es!“‚ quam „non omnis homo

iustus es!“ Eadem enim baec „non omnis homo iustus es!“ cum ea t'fdt’lttl',

quae proponit „quidam homo iustus non ext“, atque pro una et eadem utramque

boethius accipit, cum tamen earum sententia diversa appareat bis, qui eam perspi

eacius inspiciunL Multum enim refert ad sententiam enuntiatianis negativa par

ticula. quod quidem ez hypotheticis quoque enuntiationibus ostenditur; non enim

eadem est sententia istarum „si es! homo1 non est iuslus” et „non, si est Iiomo,

est iustusu . . . . .. (p. 257.) llnde subtilius Aristoteles negatianem universaleml quam

Boethius, dislinzit; bic enim nnon omnis homo est albusu recte semper opponitl

Boethius autem uquidam homo non est albus“. l

375) p. 259.: Apparet autem, Aristotelem eontradictianem affirmalwnis

et negationis non tam secundum sententiamy quam secundum constitutionis materiam

demonstrasse . Ouia vero Aristotetes non solum sententiam cbnlradiotionis, verum

etiam eonstitutionem demonslrarc intendity quae in eorundem terminorum voce consi

Mit, rcctc, postquam eosdem terminos negatione-m habere dizit secundum prolationema

cetera secundum xententiam determinanda videbantur (p. 260.) Es! itaquc recta

ac propria tam voce quam sensu ncgatio, quae negatia praeposita propositae enun

tiationi sententiam eius exstinguit Es his itaque manifestum est, subtilius Art

stotelem eonsirterasse negatiauem universalis affirmationis, quam Boethium. '

376) p. 262. Cousin gibt nur den Titel, ohne den lnhalt, welcher auf Boe

thius (Abschn. XII, Anm. 113 ff.) beruhen muss, abzudrucken. I _

am Glossae in tibr. de interpr. p. am f.: Modo vult ostendere aeqmpullentium

earum Nota, hanc regulam esse in omnibus aequipollentibus u. s. f. stets; nur

Ein Mal findet sich dort p. 600. consentire in aequipollentia. S. Anm. 381.

.ep

198 xw. simam .

[Abschn. XII, Anm. 119 lI‘.) und zugleich aus Boelh. de sytlÄhyp. (ebend.

Anm. 150111) entnommen ist37s), dabei aber in unablässigei' Wieder

holung auf die dingliche Basis der Modalität (ob. Anm. 330) hinweist 3"9),

womit zusammenhängt, dass auch hier (vgl. Anm. 216) possihite und

contingenti als völlig gleichbedeutend genommen werden 380). Auf Grund

des Boethius (Abschn. XII, Anm. m u. 150) werden sowohl die For

men der modalen Urtheile als auch deren Umkehrung (mit der boethia

nischen Terminologie, s. ebend. Anm. 130) und deren Aequipollem er

örtertafll), worauf dann im Gegensatze gegen andere Auffassungen

(Anm. 215) abermals die Möglichkeit als das von der Natur Zugelassene

und die Nothwendigkeit als das von derselben Geforderte bezeichnet,

und hiemit auch die Modalität des Wahr- und Falsch-Seins_ in Verbin

dung gebracht wird 3"). Erst hiernach bespricht Abalard, was bei

Boethius vorausgeht, nemlich das durch die Zeit bedingte Verhältniss

b

der Urtheile, namentlich insoferne dieselben auf die Zukunft gehen, ‘

wobei er sich vollständigst an die boethianische Erklärung des Aristo

teles anschliesstßsa). Ebenso verfahrt er in der äusserst weitschwei

figen Erörterung über den noch übrigen Gesichtspunkt, welcher die

Einheit oder Vielheitlichkeit des Urtheiles betrifft 3"4), und unter wel

chen sofort schon hier auch das hypothetische Urtheil (nach Boethius,

s. Abschn. XII, Anm. 146) gebracht wirdssi’).

378) Dialect. p. 262 fli wosetbst z. B. (p. 264.) auch die Hindeutung auf die

erschöpfte Anzahl aller möglichen Combinationen (Abschn. XII, Anm. 152.) sich

findet.

379 p. 266—270., oder z. B. p. 273.: Sie enim recte videntur mihi omnes

huiusmo i propositioncs ezeponi. ut de rebus ipsis agamus sie: „omnem hominem

possibile esse allmm", i. e. natura omnis hominis patitur nlbedinem, i. e. nullius

hominis natura repugnat albedini u. s. f.

380) p. ossa Possibile quidera et contingens idem prorsustsonantn

361) p. 268.: Ouod tum in conversione simplici quam in conversione per con

trapositionem licet inspicere p. 271 ff. folgt die Angabe der durch Comhination

der Modalität mit Quantitat‘und Qualität möglichen Formen , nemlich Passibile est

omnem (oder nullum oder quendam hominem esse (oder non esse) album, und

ebenso bei lmpossibile und bei Nrcesse‚ sowie bei Non possibile, Non impossibile

und Non necesse Dann im Hinblicke hierauf p. 276.: Nunc autem dispositis in

utroque genere propositionum ordinibus mortalium regulas aequipollentiae tradamus.

Dass hingegen die auf Subordination beruhende Abfolge bei den modalen Urtheilen

unmöglich sei, wird ausdrücklich bemerkt (p. 276.): Sunt autem quidam1 qui et

nostram tenent son!eutiam‚ qui in consequentiis rnodalium inferentiae simplicium

locos vel regulas non uduu'ttant; dicunt enim totius vel partis naturam in talibus

omnino deficcre inferentiisg falsum enim aiunty quod si omne animal impossibile est

esse homi-nomi omnem hominem impossibile est esse hominem u. s. f.

382) p. 277 1.: Nunc autem utrum aliqua proprietas per modalia nomi-nuy ut

quidem volant, praedicetur, persequamur; aiunt enim, per possibilc possibilitatem

praedicari. per necesse necessitatem Sed falso est sed per possibile id de

rnonstratur. quod natura patiatur, per necesser quod exigat et constringat . . . . ..

verum antecedit quidem ad possibilev sequitur vero ad necessarium; falsum autem

ad impossibile tantum sequitur; si enim necesse est esse. verum est esse, et si verum

est essel possibili- est esse,- si vero impossibile est esse, falsum est esse. _

383) p, 280—294. (Iu gleicher Weise aussert er sich über diesen Gegenstand

auch fntrod. ad tlleol. III, p. 1134.). '

384) p. 294—303.

385) p. 304.: faciunt autem sub dirisionem unarum et multiplicium proposi

XIV. Abälard. 199

ita

m

o e

Unmittelbar hieran! aber reiht sich als Abschluss dieses Abschnittes

die Lehre von den kategorischen Syllogismen ananj woselbst wohl

jene ächt aristotelische Definition des Syllogismus, welche wir oben,

Anm. 14, als Beweis einer sporadischen lienutniss der Analytik anzu

l'ühreu hatten, an die Spitze tritt, aber die Entwicklung dann sogleich,

nach Einschaltung einer zweiten aristotelischen Stelle (s. dieselbe oben

Anm. 15) und einer Bemerkung über eine Terminologie (s. oben Anm.

16), lediglich aus Boethjus de syll. categ. (s. Ahschn. XII, Anm. l3l II‘.)

entnommen wirda’"). Es bietet die Aufzählung und Darlegung der

sämmtlicben Mndihdes kategorischen Schlosses durchaus Nichts eigen

thümlichcs dar, höchstens etwa mit der einzigen Ausnahme, dass

Abälard in der dritten Figur die bei Boethius erwähnte und von Porpby

rius herrührende (Abschn. XII, Anm. 137, Abschn. XI, Anm. 82) Hin

zufügung eines siebenten Modus verwirftass). 'Ueher einen Selbstwider

spruch, in welchen er bei Beduclion der Syllogismen mit seiner eigenen

Ansicht über den conlradictorischen Gegensatz (Anm. 374) gerüth, hilft

er sich sehr leicht mit der „Wahrscheinlichkeit“ liinweg3‘9). Sodann

aber Iolgßljene merkwürdige Stelle, in welcher Abälard eine gewisse

Kenntniss jener aristotelischen Syllogismen zeigt, welche aus Combina

tionen der Möglichkeits- und Nothwendigkeits-Urtheile unter sich und

mit Urtheilen des Stattfindens bestehen, s. oben Anm. 17.; sowie er

aber die Sache gleichsam nur vom Hörensagen zu kennen scheint, so

erblickt er auch in jenen Schlüssen, welche nur aus modalen Urtheilen

allein bestehen, keine eigentliche Schlusskral't, sondern blosse Wahr

scheinlichkeit 39").

Ergänzung der Syllcfgisttlsl von welcher wir nicht wissen, ob sie da

mals in den Schulen überhaupt üblich gewesen sei, oder 0b Abälard

selbst sie erdacht habe; es wird nemlich auch aut Comhinationen hin

gewiesen, welche aus Urtheilen der Gegenwart mit Urtheilen der Zu

__ ‚_..___--_ .

'1'. l . . . . .

tionum non solum categoricae enuntiationem verum etiam liypotheticaeg sunt mut

tiplices hypothelieael in quibus vel ex uno plura rel ex pluribus unum vel ex plu

ribus plura consequuntur u. s.“‚.f.

386) p. 305.: Hart autem de proprietatibus oategorioarum enuntiationum dieta

sufficiantg nunc autem in fianis et modis syllogismorum, qui est ipsis liumj propo

situm nostrum per/ieiunum

sem p. aou-mox Auch die Terminologie ist selbstverständlicher Weise jene

des Boethins. und so finden wir auch (p. 3I0. u. 313.) die Bezeichnung „directi“

und ‚.imper/erti syllogismi“, sowie den Ausdruck „per reflectionem coneersionisua

welcher dem boethianischen „per conversionem refraotionemqueu entspricht, s.

Abschn. XII, Anm. 136. '

388) p. 316.: Nos An'atolelem sequentes sex tantum modoshuius figurae esse

deprehendimus.

389) p. 319.: illud aliquos morere poteritl quod in astensione impossibilitalis

per contradictoria aozvrecta dividentibus utimur his propositionibusv quas superius

contradictorias esse neganimusy cum quandoque eas non esse veras rontingatl uniuer

salem scilicet affirmativam et particularem negatiaam-y ut sunt istae „omne iustum

virtus est, quoddam iustunrrrirtus non est/- At vero etsi non necessitate huiusmodi

resolutio ormslringat, probabilitarem tamen maximam teneL

390) p. 321;: Licct autem syllogismi recte diei non possint hiy quos ez solis

modalibus constitutae artieeimusp quia tamen maximam probabilitatem tenenti non

incomgode quandoque a disputantibus inducunlur.

'‚

e 1 5.

" t ’hrä

Q.‘

xl

Endlich aber versucht er noch eine eigenthümliche.

' n .

.__

. ‚ fig

o

200 xw. Abälard. ‘

tc . p . .

kunft oder der Vergangenheit bestehen, was m allen Modis der Fall

sein könne, aber nur dann wirklich einen Schluss gebe, wenn Eines

der Urtheile ein Urlheil der Gegenwart sein“).

Es folgt hierauf der Liber Tapicorum, da aus dem oben an

geführten Grunde (Anm. 269) die Topik dem hypothetischen Urtheile

vorausgeht. Die ciceronianisch-rhetorische Tendenz der Dialektik Abälard's

zeigt sich recht deutlich an der ausserordentlichen Breite und Weit

schweifigkeit, mit welcher dieser ganze AbSChnitt behandelt ist. Doch

ist es nur Weniges, was wir aus demselben hervorheben müssen, denn

dem lnhalte nach beruht das Ganze auf Boethius392). Die Folgerung

‘(infe-rentia), welche in dem Verhältnisse zwischen dem Vordersatze undlh

dem Nachsatze eines hypothetischen Urtheiles bestehe, unterscheide

sich von der Schlussfolgerung eines Syllogismus dadurch, dass sie nicht

wie jene in sich selbst die vollkommene Schlusskraft trage, sondern

noch einer Verstärkung aus einem gewissen Verhalten (habitudo) der

beiden verbundenen Begriffe bedürfe, und diese Bekräftigung der Ab

folge als einer wirklich nothwendigen liege eben in den Tepenaas),

d. h. jenes Verhalten sei nur das Mittel, nicht der Gegenliand der

Folgerung, denn diese gehe stets auf die Wesenheit der im hypotheti

schen Urtheile verknüpften Dinge 394). Aber an dem Nexus der Noth

wendigkeit sei (im Gegensatze gegen die Meinung Anderer, s. oben

39l) p. 322.: Possunt quoque per tempora propositiones syllogismornm variuri

lin singulis figuris. In prima antem sic „omnis homo morielur, onmis citharoedus

est homo, quare onmis eitharoedus morietur" lrel „omni: senex fuit puer1 Nester

autem est senex, quare fuit pucr“. In secunda vero hoc modo unullus lapis maric

tnr, omnis homo mori'otur, quare nullus homo cst Iapis“; vel ita „nullus puer fuit in

eeriis, onmis autem senex fuit invenis, quare nullus senex puer est“. In tertia

quoque talis fit ad modum temporum odmistio „omnc mortale morietun omne autem

mortale rivum est, quoddam igitur vivum morietnr“. Sie quoque per singulos

modos trium figurarum praesenti tempori cetera quoque poterunt aggregari; ez solis

autem propositionibus ceterorum temporum nulla secundum aliquam figuram syllogismi

necessitas videtur contingcre, sicut nec ex solis particularibus aut negatiris.

392) Abalard behandelte diesen Zweig der Dialektik auch in den „Glossae

super Topica" (b. Cousin p. 605 ff), schloss sich aber dort lediglich erklärend

an Boeth. de cli/li top. mil Beiziehung einiger Stellen des Commentar’s zur cicero

niscben Topik an. ‚__

393) p. 325.: lnferentia in necessitate consecutionis onnsistiti in eo scilicct,

quod ez sensu antecedentis sententia exigitur eonsequentisl sicut in hypothclira pro

positione dioitur. p. 328.: in illis conscquentiis, quae formas tenent syllogismomm,

. ita in se perfectae sunt huiusmodi inferentiaey ut nulla habitudinis natura indi

ycant, nullam ex loco ftrmitatem habeant; cuius quidem luci proprietas haec est, cim

inferenliae ex liabitadinc, quam habct ad terminum illatam, con/arre consequentiuel

ut ibi tantumy ubi imperfecta est infert-ntim locum valere Confileamur .i... Hoc ergo,

quod ad perfectionem inferentiae deest, loci supplet assignatio Sowohl die Bezeich

nung „in/'crentiu.“ ist aus dem boethianischen Sprachgebrnnehc „in/erre“ entstanden,

als auch die Auffassung, dass die Abfolge auf dem Nexns der Nothwendigkeit

beruhe, ist dem Boethius entnommen, s. Abschn. Xll, Anm. 153 f.

304) p. 330 f.: Ouac enim in ea ponuntnr wralmla, ess-online lantnml non

habitudinis, sunt designaliea, ut „Iiomo“ et ‚.am'nml" et „lapis“; qui itaque

dicunt „si est homo, est animal, si est lwmo, non est lapis“, nullo modo de habi

tudinibus rcrum, sed de essentiis agunt, nt, si aliquid sit essentia ltominis, et

essenlia animalis esse conccilatur, et tapidis substantia esse deui-yelum _

i ' a

c. v q .

itp k‘if' v -

i Ö

o

. v . i

‚ g. l p i i ‘1 . _ . _‚_JL‚_ .4" .4’ - i

a

’ l . .

‚ l i . t I.»

" xiv. Abälard. ‚ 201

Anm. 227) bei dem hypothetischen Urtheile entschieden festzuhalten 895),

und durch diesen Nexus, welcher in jener Verhältniss-Beziehung liege,

unterscheide sich dasselbe vom categorisehen Urtheile‚ welches die

blosse Existenz ausspreche, während das hypothetische mit Voller Noth

wendigkeit, abgesehen von der Existenz der Dinge, gelte, aber eben

darumbezüglieh desjenigen, was aus der blossen Wirklichkeit nicht

entnommen werden könne, die Beihülfe der Topen in Anspruch nehme 396).

Daher sei in diesem Sinne bei dialektischen Erörterungen das Zuge

ständniss des Mitretlenden, abgesehen von der factischen Richtigkeit,

als eine solche Nothwendigkeit zu verstellena’"), und bei dem hypo

thetischen Urtheile handle es sich nicht, wie Einige meinen (Anm. 228),

um die einzelnen Glieder desselben, sondern eben um den ganzen

Nexus 'zwischen antecedens und consequens 399); auch sei aus dem

gleichen Grunde das disjunctive Urtheil, wie schon Boethius (s. Abschn.

XII, Anm. 141) gezeigt habe, nur als eine andere Satzform des hypo

thetischen zu betrachten 399). Auf dieser Grundlage werden dann die

sog. '„marvimae propositionesn (s. ehentl. Anm._165) im Anschlusse an

Boethius besprochen und mit Bekämpfung der Ansichten Anderer (oben

Anm. 228) auf die Form des hypothetischen Urtheiles besehränkt‘oo).

395) p. 336.: Lluod autem veritas hypotlteticae propositionis in necessitate

consistatv tam ez auctoritate quam ex ratione tenernns. Diese Auffassung des hypo

thetischen Urtheiles scheint dem Abalard speciell eigenthümlich gewesen zu sein

(10h. Saresh. Polycr. ff, 22, p. 122.: Solcbal nostri temporis Peripateticus Palatinus

omnibus his conditionibus obm'are, ubi non sequentis intellectum antecedentis con

ceptio claudit aut non antecedentls contrarium consequentis destructoria parat. eo

quod omnes necessariam tenere consequentiam velit. Ebend. Metalog. llly 6, p. 138.2

Miror tamen, quare Peripateticus Palatinus in hypothetiearum iudicio tam aretam

praescripserit legem, si quidem hypotheticus respucbat nisi manifesta necessitate

urgento). ‚ i

396) p. sensu categoricarum autem propositionum verilas, quac rerum actum

circa earum existentiam proponil, simul cum illis incipit et desinitg hypotheticarum

vero sententia nec finem noi-it nec principium, unde et antequam homo et animal

creata fuerintl vel postquam etiam omnino perierinty aeque in veritate consistit i'd,

quod haec consequentia proponit „si est homo animal rationale morlale, est animal.“

p. 347.: Ouia vero categoricae enuntiationes actum rerum proponunt quantum ad

enuntiationes inhaerentiae praedicatiy actus vero reram es: ipsarum rerum praesentia

manifestus esti necessitas autem inferentiae etc actu rerum perpendi non potes/1 quae

aeque, ut dictum est, et rebus existentibus et non existentibus permanetv- arbitrorl

hinc locum tantum in ltypotheticis propositioniltus requiril cum de ui inferentiae rerum

earum dubitat-art quae ex actu rerum eonvinci non possunt. v

397) p. 342.: Ncquc enim dialecticus curaty sine vera sit sive falsa iri/erentia

proposilae cansequentiacy dummodo pro vera eam recipiat ille, cum quo sermo con

seritur sed haec cahcessio verae inferentiae in necessitate rccipienda est.

398) p. 353.: Quidam tamen has regulas non solum in tota antecedentis et

consequentis enuntiationel verum etiam in terminis earum assignant sed regulae

sunt accipiendae in his, quae tota propositionum enuntiatione dicuntur.

399) p. 368.: quod autem antecedens et consequens in disiunctis quoque llce

tltius accipil, non ad rerum essentiasl sed ad ennntiationum constitutionem respexit

. ...‚ quod ex resolutione disiunctae dignoscitury ex qua etiam resolutione hypothei

ticael i. e. condilionales, disiunctivae quoque sunt appellatae.

400) p. 359 f.: Mazimarum propasitionum proprietates inspiciamusl quibus

quidem singularum veritas consequentiarum erprintitun quaeque ultimam et per/tectam

omnium consecutionum probationem tenent (Tum itaque tlizitnus. eas consecutio

nis sensum haben, catcgorioas enuntiationes ezclusimus. '

J‘. i » u

202 xw. Abälard.

llieraul' folgen die einzelnen 'l'open, Wobei Abalard mit Ausschluss der

rhetorischen nur die dialektischen beiziehen willw'); die Reihenfolge

derselben beruht auf jener Erörterung, in welcher Boethius de difi.

top. (s. Abschn. XII, Anm. 108) die Topen des Themistius (Abschn. XI,

Anm. 96) mit den ciceronischen in Einklang zu bringen versucht‘o‘l);

den Schluss aber obilden Bemerkungen über Argumentation überhaupt

und über die rhetorische Bedeutung der lnduction und des Enthyme

ma’s’wn). Dass die Entwicklung der einzelnen Topen sich in der An

gabe und Aufzählung schulniässig lixirter „Regeln“ bewegt, wurde schon

oben (Anm. 222) bemerkt, und wie sehr überhaupt die Topik in den

Schulen Gegenstand und Veranlassung zahlreicher (Iontroversen gewesen

sei, zeigt sich im Zusammenhange mit tlhigem (Anm. 228) auch in Abä

lard's eigener Darstellung‘“). '

Endlich nun im ‘Liber hgniotlurticoriun1 d. h. in der Lehre

von den hypothetischen Urtheilen und Syllogismen, wird der gestimmte

aou p. 334.: lilud praesciendum ed. nus, qui haec ad doctrinam artis dia

lectieae seribimusl eos solum locos ezscqui, quibus ars ista consuevit uti.

402) lm Vergleiche mit jener Reihenfolge, welche oben. Abschn. XII, Anm.

184., angegeben wurde, gestattet sich die Suche hier folgendermaassen: Den Au

fang machen auch hier (p. 368.) die Topen aus der Substanz selbst, nemlich a

dejinitionel a descriptionel a nominis interpretationeg dann aber reihen sich in

einer combinirenden Auswahl aus Themistius und Cicero die Topen aus den Fol

gerungen der Substanz an (p. 375.), nemlich a genere, a toto, a partibus dirisiris,

a partibus constitutioisl a pariy a praedicatol ab anlecedentil a consequentig hier

auf (p. 386.) folgen als Topen, welche extrinsecus genommen werden, nur die

Unterarten des locus ab oppositis, nemlich a relatione (mit Einschluss des simul

und prins), a contrariisl a primit-one et hubilu, ab a/firmatiom' ct negatione (hfll

dieser Besprechung der vier Arten des Gegensatzes wird fast der ganze b'etrelTende

Abschnitt aus den Kategorien beigezogen); sodann folgen als loci medii (p. 408.)

a relatiaisy a divisione et partitione. a coulingontilms, und hierauf werden als

solche, Welche selten in Anwendung kommen (p. 409.: sunt autem alii. quibus

dialectici raro ac nunquam fere utunlnr, quos tamen boethius non practermisit),

unter den Topen ex consequentibus substantiam noch nachträglich angegeben: ß

cuusa, a mulerie, a forma, a fine, a motu. Uebrigens hat Cousin in diesem

ganzen Abschnitte häufig nur durch Titel-Ueberschril'teu die Reihenfolge angedeutet,

ohne den lnhalt selbst zu veröffentlichen.

403) p. ego fl'. Die Quellenstellen aus Boeth. de di/f. 1011., worauf diese An

gaben beruhen, s. Abschn. Xll, Anm. 82. u. 137.

404) So z. B. führte der locus a substantia nicht bloss auf die Lehre non

der Definition hinüber (Stellen aus der Topik dienten uns oben, Anm. 364., albi

Quellen), sondern es spielte in der Frage über „idcm“ und „diversum“ (p. 373.)

vermöge des Pseudo-Boethius de Irin. (Anm. 37.) auch Theologisches herein (tßl.

Inlrod. ad theol. U, p. 1077 f. Theol. uma Ill, p. 1276-111). sowie bei dem torus

a causa effieiente und a motu (p. 413 fl'.) die göttliche Causolilat des Weltsehopft‘rs

erörtert wuide. Der loeus a genere (p. 378 tl'.) leitet auf den realistischen Cf“

tions-Process hin und mm so mil der richtigen ‚Auffassung des locus a praedicato

(p. 384.) zusammen, welch letzterer unbeschränkt allgemein gelte (p. 381.). Bei

dem locus ab oppositis begegnet uns hier die ‚Terminologie rcomplect-atr und „i'l‘

complexu“ (p. 407.: complexa autem contraria eas dicimus propositiones1 quae lll

eodem contraria enuntiant hoc modo „Socrates est sanus. Socrates est aeyrr"). so

wie „eonatantia“ (p. 408.2 ut immediata inferentiam habeanh adiiciendam eise.

cuius respecta immediata sint, quae quidem determinatio constantia nppcllatur); iltlt-‘ll

vermisst Abalard eine Durchführung der Gegensätze durch alle Kategorien (p. ego .

d. ablid er vermisst, was Gilbertns Porretauus wirklich hinzufügtc, s. Anm.

u. .

xw. Abälard. '- '- 203

lnhalt der Schrift des boethius de syll. hypoth. wiedergegeben. Indem

Abälard aus derselben zunächst die Eintheilung des hypothetischen Ur

theiles (s. Abschn. XII, Anm. 139m) enlwickeltmaL entscheidet er.

sich betrell's der mit der Conjunction „cum“ beginnenden Urtheile (s.

ebend. Anm. 143), über welche er früher eine andere Ansicht gehabt

hatte, nun für die Auctorität des Boethius, d. h. er nimmt jene Ur

theile als hypothetische 4"“); auch bekämpft er obige (Anm. 218) Mei

nung Anderer bezüglich der Stellung des „vet...vel“ in den disjunctiven

Urtheilen 407). Hierauf aber folgt eine merkwürdige Angabe über die

Umkehrung der hypothetischen Urtheile; nemlich die disjunctive Form

derselben lasse sich rein umkehren (durch Vertauschung der Glieder

der Disjunction!)‚ ebenso auch das eine Gleichzeitigkeit enthaltende Ur

theil, welches mit „cum“ beginnt; hingegen bei dem eigentlich hypo

thetischen, welches auf dem Nexus der Naturnothwendigkeit beruht,

sei der allbekannte Grundsatz der Abfolge (s. denselben bei Buethius

Abschn. Xll, Anm. 145) als conoersio per eontrapositionem zu neh

men 408). Wenn aber diese angebliche Ergänzung der traditionellen

Lehre von Anderen bekämpft wurde, so waren diese gewiss eben so

im Rechte, als Ahalard im Unrechte war, wenn er in solcher Ent

gegnung gleichsam ein lllärtyrthum seiner wissenschaftlichen Leistungen

erblickte 4°“). Sodann reiht sich zum Seblusse noch die Entwicklung

der hypothetischen Syllogismen an; dieselbe ist vollständig aus Boethius

entnommen, nur mit einer Aenderung der Reihenfolge; zuerst ncmlich

werden jene angeführt, i'velche oben Abschn. Xli, Anm. ibi-lius

405) p. 437—439.

406) p. 440.: Nunc vero de temporalilms in proximo disputandum est; in his

autem nulla natura consecutionis attendilun sed sola comitationis societas ‚ ul vide

licet simul si! utrnmque Aeqne enim qui dicit „cum Socrates es! am'mal, est

homo“, veras est et qui proponit „cum ipse est homo, est animata Memini

tarnen, quia dicere solchem, tunc hypotheticam esse proposilionem, cui temporale

adverbimn apponebaturq eum ipsum ad propositianes totas referebatur, tune vero

categoricamy cum ad simplices terminos ponebatur (p. 441.) A! vero licet huius

modi temporales ralionabilius eategorieae quam hypotliclicae videantun nos tamen

Bocllu'o adhaerentes eis tanquam hypotheticis in modis syllogismorum utamur.

407) p. 442., woselbst auf die oben, Anm. 218., angeführten Worte folgt:

quod quidem falsum esse eonvineitur ex eis caleyoricis, quae rum anieersales sint,

disiunctivas habent coniunctionem velut ista uomne animal est vel sanum vel arg/nun";

cum enim haec vera esse non dabitelun falsa est mani/este hypotltefica, quae ita

proponitur „au! omne animal est sanuml aut omne animal est aegmm", cum videli

eet neutrum stt.

408) p. 443.: Nuuc autem de eoneersionibus omnium llyputlieticarum superest

‘rlispularc Temporales quidem liypotheticae et disiunctae simplirem tenent con

versionem; sicut enim aequa dici potest „an! nam est aut dies es!“ vel „au! dies

est aut nox est", ita acque dieitur „cum pluiL tona!“ Nalw'alium autem couianclarum conversiones per eontreatpo„sictuimonelmonas!‚olpulmuifti“eri hoc

modo „si es! homo. est animali si non est animat, non est Itomo“.

tom p. 444.: Sun! autem nonnulliy qui ad nomen conversionis hypothetiearmn

obstrepant et vehementer obstupeank eo quod de earum conversionibus Boetliiu'm trac

tare non viderim nec alium quemquum, qui oonsequentiarum naturam ostendercl;

uS!ndeennioms cqa:uidaedmdintaomnenetxo fvuellsitnaotvei,tatseedmeex ancocuvsoenelo,nvqerusoimonoideo neotmiinllei raebsdoalrvgiuupnotssant,

quicunque ad alicuius scientiae perfectionem ez se aliquid post primus tractalores

adiecerunt ?

iot _ xlv. Abälard. Annuymus De interpr.

angegeben sind, dann folgt der Inhalt der dortigen Anm. 162L hierauf

jener der Anm. 159—161, zuletzt jener der Anm. 163; der Grund

dieser Aenderung lag für Abälard darin, dass jene dortselbst Anm.

159—161 angeführten hypothetischen Syllogismen sich in den drei

Figuren des kategorischen Schlusses bewegen, und daher diese „figu‘

rirten“ (figurati) Syllogismen nicht in Mitte der nicht-figurirten einzu

reihen seien‘l").

So ist uns Abälard nach Maassgabe der uns erhaltenen ouellenderjl

hervorragendste Repräsentant des damaligen Betriebes der Logik, aber"

während wir stets im Auge behalten, dass er eben Einer unter Vielen

war, dürfen wir einerseits aus seinen Leistungen auf die seiner näch

sten Zeitgenossen schliessep, und werden andrerseits zu der Annahme

berechtigt sein, dass ein eigentlicher Fortschritt der Logik weder durch

ihn noch durch Andere in jener Zeit hervorgerufen wurde, sonderni

dass nur in der grösseren Anzahl der Dialektiker überhaupt und in dem'

reicheren Detail-Studium der traditionellen Schul-Logik der Unterschied

gegen die frühere Zeit beruhe.

Als einen Schüler Abälard’s zeigt sich uns der Verfasser eines

anonymen Commenlares zu dem Buche de iiilerpr.4“); denn

derselbe wählt nicht bloss die Ahälard’sche Bezeichnung „doctrina ser

monum“ für die Logik, welche er in einer Dreitheilung gliedert, die

uns an Obiges (Anm. 271 f.) erinnerlugja sondern er erörtert auch

bezüglich der Bedetheile, d. li. des Nomens und Verbums, die Frage,

in welchem Sinne dieselben in der Lehre vom Urtheile zu besprechen

seien, in einer Weise, welche als eine Schärfung der Ansicht Ab'a'lard’s

bezeichnet werden muss; es sei nemlich die primäre Function der

Worte, dass sie die Gedanken (intelleclus) erwecken und bezeichnen

(vgl. Anm. 31401), während die Bezeichnung der Dinge das Secundäre

sei, welch Letzteres den Kategorien anheiml‘alle (Anm. 272), sowie sri

sleres der Lehre vom Urtlieilefla)‘, denn geradedarin, dass die W01“

410) p. 447 f.: ipse namque Paethius inter syllogismos conscquentiarum l"

altera tantum hypothetica ronstanttum ct syllogismos cunscqnentiarum ex utraqu

hypolhelica connerarum cos medios Iotaril, qui et mediis propositi'onibus nasceum

tribus flguris continentur Nos tamen his syllogismis, qui figurali non snnt, 80%

qui figurali sunt et a longe diversis propositionibus nascunlur, interscrcre nolutmus.

411) ln einigen Bruchstücken pnblicirl bei Cousin, Fragm. philos., Philos

scolusl. 2, Aufl. I’M. 1840. p. dos m (Aufl. v. 1855, p. aes 11.).

412) p. 409.: Doclrinae slv-manum tmic arti acvommodatae in tribus integritas

vonsislil, i. e. in doctrina incomplcn'nrmnv propositionum Ouod autem tractatus iste de propositionibus tnstitualurl monsettrastyltluomyiospmeorrisuminscfll"

tio quum assignatio intentionis.

413) p. 410.: In perle huius operis agitur dc dictionibus, nomine vidcliccllß‘

verbo, in parte dc propositiouibus p, 411.: Scd asserunt quidaml de nomint

et verbo hic agi per hoc, quod intellectum significant; cum enim duplex sit sigmtj

cutio vocum. una quidem de rebus, altcra vero de inlcllcctibus, hic de vocibus agi

secundum hoc, quod intellectum signi/icantl quae principalior esl. Ex quo aperit

huius operis inte-ntia a Praedicamentorum intentione distarc oslenditur; ibi enim .

vocibus incomplcris secundum rerum signi/icationem agiturl quae sectmdaria ab m

tettectuum signifiraliane habetur posterior; primo enim intellcctus, secundarin "f

significantur; ad nihil enim aliud facta est vocum institutio nisi ad intellectuma ’“l

quippe voces in scientia rerum faciunl, sed tantum intellectus de eis txcitant

XIV. Anonynius‘De' inlerpr. Anonymes De intellectibus. eos '

stets zu Sätzen führen, liege ihre Bedeutsamkeit für das geistige Er

fassen (conceptio), und so seien Nomen und Verbum als Satztheile in

der Lehre vom Urtheile nur in diesem auf die Gedanken bezüglichen

Sinne zu verstehen, und ihre dingliche Bedeutung könne hier nur neben

bei berührt werden 4“). Und während hiemit der Verfasser sit-h auf

jenen Standpunkt stellt, welchen Abälard in den von ihm sogenannten

Postprädicamenten eingenommen hatte, erhält hier die Auffassung des

Urtheiles, d. h. des sermoj ein so entscheidendes Uebergewicht, dass

der durch das Urlheil erweckte und in demselben liegende Gedanke

(intellectus) sogar scharf den platonischen Ideen gegenübergestellt wird,

da die letzteren hloss Fictionen seien, in welchen man nnr die Aehn

lichkeiten der Dinge durch die Einbildungskraft festhalte, während die

Aufgabe des Sprachausdruekes darin liege, nicht hlosse Aebnlichkeiten‚

sondern die Dinge selbst und deren Denk-Auffassung zum Bewusstsein

zu bringen 415). Hiemit wäre hier sowohl jene platonische Seite, welche

der Dialektik Abalard’s anklebt, bereits abgestreift, als auch eine Pole

mik gegen jene Wendung angedeutel‚ in welcher die Status-Ansicht und

die Indifferenz-Lehre sich berühren, und vielleicht könnte man, wenn

wir die Meinung des Verfassers vollständiger kennen würden, hier mit

Recht das Princip eines lnlellectualismus erblicken, welches bei Ahälard

selbst jedenfalls durch platonische und ciceronianische Anschauungen

sehr entstellt und getrübt ist.

Gleichfalls einem Schüler und Anhänger Abälard’s gehört die Schrift

„De intelteetibusu an, welche Cousin als ein Werk Abalard’s her

ausgab M6). ’ Wenn der Verfasser im Anschlusse an die „doetrina ser

. s

vnde eum tam in quam intellectus signi/icenturv asserunt, hic de vocibus non secun

dum reruml sed secundum iiitclleetuum signifieationem agi.

414) p. 412.: vnde propositionem semper reddere possunt et semper ad animi

t‘onceptizmem, non quantum ad rerum nominalionem, significare dici poxsunt; quare

Aristoteles de nomine et verba ibi agit propter orationis constitutioni-m Ouod

autem de vocibus hic mutum secundum intellectuutn significationem agatur, moustrat

bi/aria vocum distinctio facto, in nomen et verbum, quibus simplicibus sive coii

iunctis quilibet intellectus exprimi possunt; in Praedicunientis enim, ubi de vocibus

secundum rerum significntianem agitur, secundum rerum decem diuersitatem denaria

vocum incontplexarüm [acta est partitia.. [Vos autem dicimus, quod licel de nomine

et verba st'cundum intellectuum significationem agat Aristoteles, tamen quod de vocum

significatione communiler inducit, non est ex intentionei sed incirlentcr.

415) p‚ 414.: Ouod autem ideae meditalae a Platane a vocibus primo loco

non significentur. pianum en't, si priiis. quid ipsae sint‚ insperen‘nms. Sunt itaque

formae imaginuriaev quas sibi pro rebus animus configurat, ut illis res ipsas spe

culetur et per eas rerum imaginationi-s sive memoriam retmeat, quas quidem ideas

sive exemplares formas dominant, Plato vero eas inrorporcas naturasv i. c. insen

sibites simititudines nuncupat (die Quellenstelle für diesen Ausdruck s. oben Anm.

134.) unde eas e/fiyies incorporeas. i. e. nun tractabiles eorporeis sensibus.

Plato nominal, qui quidem volebat a vocibus primo loca significun', quod Aristoteles

improbat; mm enim propter rerum vel intellectuuiii similitudines voces repertae sunt,

sed magis propter res ipsus et earum intellectus (Bocth. p. 304., d. h. Aristoteles,

s. Ahschn. lV, Anm. 108.), ut de rebus nobis doctrinam faccmit‚ non de huius

modi figmentis, et intellectum de rebus constituerent, mm de /ig1nentis.

416) In der oben (Anm. 411.) angeführten 2. Aufl. (\‘. 1840.) der Fragm.

pliitos. p. 461—496. (es ist ein eigenthtluiliches Verfahren, dass Cousin in späteren

Auflagen diesen Bestandtheil seiner Sammlung wieder wegliess). Dassdie Schrift

206 u ‘. 1 XIV. Anonymus De intellectihus.

„.M__

monum“ die Begriffe (intellcctus) erörtern und sowohl ihre verschiede

nen Arten als auch besonders ihren Unterschied von Sinneswahrneh

mungenl Einbildungskraft, Meinung, Wissen, Vernunft, angeben will‘"),

so mussten wir ihn eben darum schon oben (Anm. 19) gleichsam als

Zeugen dafür anführen, dass man in jener Zeit eine gewisse, wenn

auch fragmentarische oder vereinzelte, Notiz von der zweiten Analytik

des Aristoteles hatte, und es möchte wohl dem Einllusse einer solchen

erweiterten Kenntniss zuzuschreiben sein, dass diese ganze Abhandlung

in der 'l‘hat zu dem Besten gehört, was jene Zeit aufzuweisen hat.

Der Verfasser, Wi‘lClter dem herrschenden Plutonisnius gegenüber sich

als völlig unbefangen zeigt, steht auf dem aristotelischen Standpunkte

der Erkenntnisstheorie, dass das Denken dem Ursprünge nach wohl

mit der Sinnes-Wahrnehmung verflochten sei, insol'erne es aus derselben

seine Anregung empfange‘lls), dabei aber doch nur durch eine von den

Sinnes-Werkzeugen unabhängige Thätigkeit der erwägenden Vernunft

sein eigentliches Dasein erweise‘w), so dass die Vernunft (ratio) als

die geistige Urtheilsfähigkeit die Beal-l'otenz des begrifflichen Denkens

(intellectus) sei, wovon die Vernünftigkeit (rationalitas) sich nur als

die graduell gesteigerte Fähigkeit unterscheide 420). Eben aber in der

Verflechtung des Denkens mit den Sinnen liege es, dass auch die Ein

bildungskraft (imaginativ), welche auf Erinnerung beruhe und daher

trotz allein Zusammenhange mit den Eindrücken dennoch über die un

mittelbar gegenwärtige Sinneswahrnehmung sich frei erhebe, sehr wohl

nicht ein WerksAbalard’s selbst sei, geht daraus hervor, dass der Verfasser gegen

das Ende (in der oben. Anm. 300., angeführten Stelle) selbst den Abälard nennt;

allerdings war Cousin der Ansicht, dass die letzten Capitel der Schrift nur zu

fällig anderSwoher angereiht seien; jedoch selbst wenn dem so wäre (—- obwohl

ich eher das Ganze für Einen Traetatns über verschiedene controverse Materien

halten mochte —), so scheint aus sprachlichen Gründen auch der Anfang nicht

ein Product Ahalard's zu sein, denn nicht hloss ist der Stil überhaupt hier viel

härter und eckiger als jener Ahälard's‚ sondern der Verfasser gebraucht auch als

synonym mit intellectus die Worte ‚.speculationes“ oder uvisus unimi“, welche man

bei Ahalard vergeblich sucht. Uchrigens s. auch Anm. 432 f.

417) p. 46l.t l)c spernlationibus itaquey hoc est inielleolibus, dissermri sla

iuimus ipsos primum a ceteris animae passivnibns sine afi'ertiom'bus disiimgere

deinde ipsos quoque ab invicem propriis separare di/fcrenliis, prout necessarium

doctrinae semtonum exislt'mamus esse; sunt autem quinques n quibus diligenter cos

disiungi mnvenity sensus ridclicet, imaginatio, erislinmtiuv scimlio, ratio.

4l8) p. 461.: Cum sensu intellectus tum origine tum etiam nomine coniunctus

esl; origine qnidnn, quod quislibet quinque sensnum rem quamlibet atlrartando ipsius

nobis inlelligentiam mox ingeril vocabulo etiama cum videlicet sensum rer

borum dicimus pro intellectu ipsorum. p. 482.: tola humana nolitia a sensibus

surgit ‘

cum p. 462.: Seitsns perceptio rei rm‘poralis es! corporea indignus instrumenta

lntellcctus vero nec corpom' exercilio indiget instrumenti nec etiam virtute rei

existi-mis f’raelerea sensus nullam m'm deliberandi aliquid habet intellectus

esse non potvsl, nisi ca: ratione aliquid uttendatnr.

420) p. 463.: Hutinnem autem dicimus vim ipsum seu fucilitatem disci-eli um'mi.

qua rerum naturas perspicere ac diiudicare veraciter su/‘fioit Tantum itaque inter

rationulilalem et rationem differre arbt'lror, quantum inter potentiam currendi et poten

tiam facile currendi Patrl, intellectum tam u sensu quum a ratione diversem

l esse et eum necexsnrio er ratione descendere tanquam perpetuum rntionix rfi'erlmn.

m

__„_ ' “J

XIV. Anunymus De inlellectibus. 207

Quelle von Begrifl'en sein könne, und zwar namentlich derjenigen, in

welchen wir die Eigenschaften (formue uccidenlales) der körperlichen

Dinge el‘fassennl), und überhaupt gehe eine Einsicht fintelligentiajv

welche gänzlich ohne alle Sinneswahrnelunung oder Einbildungskraft

bestünde, über die diesseitige Existenzweise des Menschen hinaus, und

auch wenn man hiebei an unmittelbare göttliche Offenbarung denke, so

sei dieselbe eben darum nicht eigentlit'h als ein begriffliches Denken.

sondern eheinsofort als Wissen zu bezeichnen 4'”. Das. begriffliche

Denken unterscheide such so sowohl von dem Meinen iemistimaliojs

welches zwar gleichfalls nur in Urtheilein, d. h. in der Satzverbindung,

sich bewege, durch die fortschreitende Thlltigkeit der vernünftigen Er

wägungflßh als auch von dem Wissen (seienu'a), welches als bleibende

innere Gewissheit des Geistes auch dann beharre, wenn das Meinen

oder das begriffliche Narhdenken nicht ausgeübt werde424).

Ist so die Thütigkeit des begrifflichen Denkens wahrhaft nach dem

Sinne des Aristoteles in die Mitte zwischen die blosse Sinneswuhr

nehmung und das reine Wissen gestellt, so wird nun auf solcher Grunde

lago die Abälard’sche Auffassung des sermo mit einigen lllodificationen

durchgeführt. Die Gedanken als Erzeugnisse des Aussagens (vgl. Anm.

314) werden ebenso, wie letzteres in diclio und oratio zerfällt. (Anm.

iiija iu'einl'ache uml in zusammengesetzte getheiltu"), wobei das

unterscheidende Merkmal darin liegt, dass in ersteren der ganze Gehalt

un p. 464.3 Imaginnliu est quaedam sensus recordatio coufusa animae

perceptio sine sensu, eius scilicet rei, quam imaginariaru con/usum dicimus. p. 466.2

Nulundum quoque1 quod, cum quidam omnes imaginationes quasdam sensuum recor

daliones esse velinl, h. e. eos ex rebus sentitis solummodo haberiv Aristoteles tameny

teste boetbio super Periermenias (p. 298.), intellectus nostros irnaginatiouibus minime

haberi prohibet Sensus consuctudu, a quo onmis humana nolitia surgil, quaedam

per imaginatianem inqerit animov quae nullo modo attendimus utpote pleraeque

man-„mm formae corporunu quas frequenter sensibus experti sumus.

422) p. 467.: fortasse iuxtu boethium (p. 296.) intelliqentia1 quam paucorum

admodum hominum et solius dei esse dicitv omnem et sensum et imaginationemsita l

transcendit. ut sine utraque habeatur Ltuod nequaquam iurta Aristotelrm in hac

vita contingere credimusl nisi forte per ezecssnm eontemplalionis recelalio divina ali

cui /ial‚ magisque hunc euessum mentis ab Aristotele scientiarm quam intelleclnmq

appellari credimus Während allerdings boethius die aristotelischen Stellen (aus'

de im.) über imaginatio anführt, scheint letztere Acnsserung über scientia nur auf

einer versprengten Notiz aus der zweiten Analytik (s. Ahschn lV‚ Anm. llli lT.)

beruhen zu können. V

123) p. 468.: Elislimare credere esty et eristimatio idem quod credulitas sive

illdtn intelligere autem speeulari est per rationem m ulla est eristimatin nisi

df eov quod propositio dicere habet. h. e. de aliqua rerum vel coniunctione vel divi

sione Vgl. A-mn. 628.

_ iuy p. 469.: Seieutia autem neque intellectus est neque rrislimatio, sed est

‘Dsu animi cerliludo, quae non minus absente vel erislimatione cel intellectu per

maneL Auch diese war nicht aus Boethius zu schöpfen, sondernweist auf die

Analytik zurück (s. Abschn. IV, Anm. 81.).

_ 425) Ebend.: Nunc autem iacta promissionis nostrae propositam ipsos ab in

vicem intellectus superest diligenter distinyuere, ut secundum eos clara fiat sermonnm

discretio Sicut enim sermonumr qui excitant intellectusy ita est et intellectunm

ratem ut videlicel, sicut sennonum alii simplices sunt. singulae scilicet dictiones.

“H compositi velut orationem ita et intellectus ex sermonibus habiti modo

simplices sunt modo compositL

l

mii-d- ' '‚-_“"‘"—‘

208 . XIV. Auonymus De intellectibus.

o

auf Ein t‘vlal (Anni.322)‚ in letzteren hingegen nur suceessiv (Anm. am

zum Bewusstsein kömmt‘“), was dann auch im Hinblicke auf den

Unterschied zwischen Namenbezeichnung und Definition (vgl. Anm. 360111)

derartig ausgedrückt wird, dass die ersteren Gedanken intellectus con

iunctorum und die letzteren intellectus coniungentes seien, sowie ent‘

sprechend bei den sog. negativen Begriffen, d. h. beim nomen infinitum

(Anm. 351) die ersteren divisorum und die letzteren dieidentesn").

Nach diesem Standpunkte wird hierauf auch die Frage über die Einheit

der Gedanken erledigt, indem dieselbe, abgesehen von der factischen

Richtigkeit, lediglich in das Erwecken Einer geistigen Anschauung, die

Vielfältigkeit hingegen in das successivej durch Pausen unterbrochene,

ErWecken mehrerer Anschauungen verlegt wird‘“). Die Berechtigung

oder Nichtherechtigung (samtm vel cassum) der Gedanken, gleichviel

ob sie einfach oder zusammengesetzt seien, liege in dem factischen Be

stande der Dingen"), hingegen von Wahrheit oder Unwahrheit fuerunt

vel I'alsum) könne nur bei zusammengesetzten die Rede sein, denn hier

werde ein vom Denken erfasster Gegenstand als grammatischen Subject

(vgl. Anm. an f.) durch eine denkende Erwägung in einer gewissen

Verbindung oder Nicht-Verbindung ausgesprochen, daher hier auch die

grammatischen Verhältnisse der Verbindung, d. h. der sog. Construction,

von Einfluss seiennojs in welcher Beziehung z. B. das diq'unctive

cum ita

426) p. 471.: E! hoc estl ut arbitrory differentia intellectum dictionis et ora

tionis easdem pronus res siqni/ieuntiumy quod videlicet per tlictionemq quae nullis

scilicet siyni/icativis partibus conslal, omnia simul intelligimusa per orationem rm

eadem per surcessionem culliyimus.

ten Ebend.: Es! itaque intellectus nominis et di/finitionis eius proprie quodam

modo idcm et quodammodo diversus, idem quidem secundum e/fectum intelli-clarum

remm, diversus autemy quia ibi omnia simul, hic succedunt .. .. E! ideo hi

inlclfcctus, qui de rebus ut iam coniunctis huhelur, coniunclorum csl; ille autem

coniungens est intellectus. qui per sut-cessionem progrediendo rebus prius intellectis

alias postmodum intellectus aggreyat . . . . . .. p. 472.: ltu intellectus diuiserunt et div

videns-g sicut enim „animal“ intellectum coniunctarum rerum [au], ita „non animal"v

quod est infinitum nomrrt, divistnum ['acil; et sicut animalis dif/initio coniunv

gentem facit intellectum ita descriptio non—nnimalis dividcntem Sun! itaque in

tellectus coniunctarnm rel tlieisarum rerum dictionum tantum1 coninngentes rcro l'l’f

dit'idculcs intellectus orationum tantum saut. Betreffs des dii-idolis vgl. oben Anm.

373.

428) p. 73 f.: um antoni dicimus intellectusl quicunque simplici-s sunt vel.

si sunt composih', in uno coniunctione vel divisione seu disiunctione Nec refert ad conceptionis modum vel um'tutem, siri- in re ita si!, ut ccoonncsiipsit/uunnt sin

nonl sed ad conceptus solummodo vcritalem; neque enim unus est intellectus .‚ltll’i‘

rationalis“, quomodo nanimal rationuteu Saepe autem contingit in uno intellecll

plures /ieri coniunctionesl verbi gratia si dicam nhomo ambulans qui cur-ntu

p. 475.: Multiplicem vero intellectum dicimus multos intellectus ab invicem disso

latos, u! si dicam „anima!“ c! postmodum paullulnm quiescens addam „ralio'

nale“. Vgl. hingegen Abalard's Ansicht, Anm. 3l6.

429) p. 475 f.: Sanos quidem dicimus intellectusy per quoscunque im, ut sese

res haltet. ultrndimus, siri- illi quidem sint simplices sive romposili,‘ cassi rero c

contrario dicuntur tam simplit'es quam compasih‘, quos frequentius opiniones vacare

consurvimus (s. Real/i. p. 305.). p

430) p. 476 f.: Vorn: autem vel faires intellectus dicimus eos solummodo. qui

compositi sunt . . . . .. unde bene secundum intelligi-ntim quoques non tantum construc

tionisy ordinem sabini-linn dicimus Icrnu'mtm, per quem intellectu primo res substi

‘‚-_r‘w-A—

XIV. Anonymus De intellectibus. 209

l

Urtheil (welches auch hier als Species des hypothetischen betrachtet

wird, s. oben Anm. 399) im Gegensatze gegen obiges dividens als af

firmatives Urlheil genommen werden müsse‘ml). Die Betrachtung aber

der Berechtigung (sanum) der Gedanken führt nun auf die Frage, ob

denu all jenes Denken, in welchem wir die Dinge anders erfassen als

sie sind, unberechtigt (cassum) sei; und indem darauf hingewiesen

wird, dass wir im Denken durch „abstractio“ sowohl vom Stofl'e ab

sehen nnd hloss dic Form betrachten können, als auch von der indivi

duellen Erscheinung absehen und bloss das einheitlich Gleiche derselben

erfassen können, sowie dass wir umgekehrt durch nsubtractiou von der

Form absehen können. so wendet der Verfasser bezüglich der „abstra

ctio“, welche auf die Universalien hinauslauft, jene nemlichen Ausdrücke

an, welche wir 'ohen (Amu. 132 fl'.) bei den Vertretern der Indifferenz

Lehre trafen, aber er lenkt diese Ansicht in den aristotelischen Sinn

hinüber, indem er ausdrücklich sagt, dass das indifl'erens, während es

in der vielheitlicben concreten Erscheinung nie das Existirende ist, doch

wesentlich (essentiatiler) Nichts anderes als das Individuum, sondern

gänzlich das Nemliche (penitus idem) sei und eben nur durch die Aus

sage (per praedicationem) von den Individuen abstrahirt werdenz);

und indem er hiemit von dem platonischen Nebenzuge, welchen die

Auffassung der Universalien bei Abälard hatte, sich völlig frei macht,

weist er entschieden dem menschlichen Denken (intelligere) es zu, die

Dinge in solchem Erfassen des indifferens eben anders zu denken, als

tuilur, quam deinde in copulatione vel remotione alicuius deliberemns p. 478.:

Sicul autem in eo, quod dicitur, vis enuntiationis consistitl ita in intellectu

terminia qui-dicitur, h. c. praedicatum eis deliberantis intelligentiae p. 479.: Non est itaque necessei ut caedem penitus voces in significactoinonsetitiudietmur peni

tus in contextu constructionis valcant, de quo plenius in eonstructionibus prosequimun

Den Priscian'schen Ausdruck „conslruclr'o“ trafen wir schon oben Anm. 263 u. 273.

can p. 479 f.: lii/fert autem ab invicem dividens et disiungens intellectuss quod

dividens intellectus negatianis ext, disiungens vero affirmationis, ex plurihus,

quae mente concipil, unum tantuni constituil, ut quicunque sunt hypolhelicarum

disiunctarum intellectus.

432) ll. 480 f.: lllud quoque inquiri ac di/finiri necessarium indico, utrum

omnis intellectus aliter quam res sese liabeat attendens cas-sus ac varius dicendus sit

Per abstraclionem autem illas dicimus intellectusr qui vel naturam alicuius for

mae absque respectu subiectae materiae in se ipsa speculantun vel naturam quam

libet indi/fercnler absque suorum scilicet individuorum disrretione meditantur Cum

naturam humanem, quae singulis inest homim'lms, ita indul/ferenter ronsidero, ut nul

lius hominis personatem discretionem attendaml h. e. simpliciter hominem excogito,

in eo scilicet tantum, quod homo est, i. e. animal rationale mortute, non etiam in

eo, quod est hic homo vel illev universale a subiectis abstralto indipiduis. Sit ita

que absit-actio superiorum ab inferioribusy sine scilicet universalium ab individuis

per praedicationem subiectis, sive formarum a maleriis per fundationem subiectis.

Subtractio vero e contrario dici potesty cum aliquis subiectae naturam essentiae

absque omni forma nititur speculari. uterque autem intelloctus. tam abstrahens sei

licet quam subtrahenspaliter quam res se habet concipere videtur p. 482.: Nus

qnam enim ita pare subsistity sicut pure conti/ritum et nulla est natura, quae

indi/I'vvenler subsislnl, sed quaelibet res, ubicunque dsl, personaliter discreto est at

que una numero reperitur Humane natura in hoc homine. i. e. in Socrate, quid

aliud est quam ipse? Nihil utique aliud, sed idem penitus essentialiter . . . . . .. Tota

humana nolitia a sensibus surgit; ac per hoc insensibitium rerum status ad modum

sensibitium excogitare ipsa nos sensuum- experimento comprllunt.

Pium-rLe Gesch. ll. 14

. e N _.—_.._.

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ziu mu Anonymus De intellectibus.

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sie in der concreten Erscheinung sind, was natürlich nicht damit‘iu

verwechseln sei, wenn das Denken eine l'actische Unrichtigkeit ent

halte “3). Aber auch die Kehrseite jener Frage wird erörtert, neinlich

ob alles Denken, welches die Dinge erfasst, wie sie sind, ein berech

tigtes sei; und es dreht sich die Beantwortung um die Widerlegung

oder Lösung eines Feblschlusses, welcher damals in den Schulen unter

dem Namen des „Esels-Beweises“ (s. Anm. 113) üblich gewesen zu sein

scheint und-Jul folgenden Witz hinausliel': Wer denkt, dass Sokrates

ein Esel ist, denkt, dass ein gewisses lebendes Wesen (nenilich Sokra

tes) ein Esel ist; da‘ aber ein gewisses lebendes Wesen wirklich ein

Esel ist, so denkt. Jener richtig 4i“). Uebrigens bringt der Verfasser

bei seiner Besprechung der Denkthätigkeit auch noch eine Unterscliei»

dung bei, welche im Vergleiche mit Abälard in Bezug ‘aul' Feinheit und

'l‘iel'e der Auflassung als ein Fortschritt bezeichnet werden muss: nein

lieb das begrill'liche Denken (inteüigere) überhaupt unterscheide sich

von dem begrill'licheu Denken eines speciellen Objectes, denn bei letz

terem erhalte in dem blossen Erlassen des Objectes das geistige Schauen

an dem ohjecto seine Bestimmtheit und seinen Abschluss, und ebenso

reiche auch das Bezeichnen (signi/icare), indem es das begrill‘liclie

Denken erwei-ke, über die Einzel-Bezeichnung eines Objectes hinaus,

da letztere in einem bestimmt abgeschlossenen llenken verweile 43“).

' valmy

433) p. 483 f.: Cum dico „intelligo istam rem aliter quam situy duo ‚mit

St'flslts.‘ unus quidem huiusmodi1 si ita dicama quod alius rnodus sit in intelligendo

rum, alias in subsisteniloj i. e. alius rnodus sit in inteuigentia eins, alius in sub

sistentia ipsius titius vero sensus, si ita dirum nintelligo hanc rem aliter quam

sil“, i. e. in statu alio eain allemlo, quam ipsa in se habeatl vel quocunque modo

aliter se habentem quam sese liabeat ...-. Sic utique quaestio suprapositu poti-st in

telligi et secundum diversos sensus diversae sunt dandac responsiones. Si minl

ita quaeraturhutrum omnis intellectusl qui alium modum attendendi Iiabel, quam res

subsistendh nonus sil, non est concedendum Aus dieser ganzen Erorteruuß schi

hervor. dass Cousin zu vorschnell war, wenn er diese Schrift für ein Werk Abi

lard's hielt.

_434) p. 482 f.: Aliam propositi nostri partem perscquumur, utrum uidelicet

onmis intellectus sanus sit dicendnsy qui ita ut sese res habet eam intelligiL Ofl'td

lialict nonnullani impugnatiancm Lhiippe qui hunc hominem asinum esse intelligi-tr

. intelligit et ipsum esse oniniul et quoddam animal esse asinuml quae utraque

vcra mal; concedendus est intelli-germ esse animali cum in asino necesse sil

animal substantiam intelligi Ac per hoc profectus qui intelligitl hunc hominem

esse annnunu verum intelligere conoincitur p. 485.: Nun est audiendusg am

enim hoc nomen „minus“, quia simplex i'sLsermo, vsimplicem liabeat intellectum et

non ex partibus coniunctum. non possumus in praedicatione eius intellectus iiimsarum

enuntiationum distinguere obiici solet, quod omnis, qui intelligit Surre

tcni esse asinumr intelligit quoddam animal esse asinuml et omnis qui liili-iiigit

quoddam animal esse asinum, intelligit rermn, et ita onmt's, qui intelligit Socratem

esse asinuml intelligit eerum. facile responsum daraus, quod eicletn-vtv si medius

terminus in eodem sensu sumatur, firma sit omnino complezio.

435) p. 487.: ‚Von es! neresae, ut si alicuius intellectus conceptus habeant

quoquo modo ideo illud intelligere rli'oar; et licet intelligere simpliciter sumptuni sit

ab intellectul non tamen intelligere hoc sumptunt est ab intellectu huius rciv cum

videlicet intelligere lioc non sit simpliciter hunc intellectum liuoere. sed sit cum

habem ttt-insuper visus animi temiinetur ibi ac per/iciatur. Nam et significare niet"

est quod intellectum constitui-rm non tamen signi/icare aliquid idem est quod intel

lectum de eo consuliter Aliuqnin. cum singuli sermones intellectusxquoque sicut rt

XIV. Anonymus De intellectibus. Adam v. Petit-Pont. ill

So können auch die sensnalistisuhen Nüancen des Nominalismus eben

von diesem Standpunkte aus bekämpft werden, dass die Denkthatigkeit

v in freier Erwägung in sieh selbst fortsr-hreite ‘36), und es wird diese

Selbstständigkeit des Denkens gegenüber dem l'aetisehen Bestande noch

an einigen anderweitigen Beispielen nachgewiesen 437). Eine hierauf

folgende Erörterung über die Eintheilung des Seienden in Substanzen

und Accidentien wurde ihrem Hauptkerne nach schon oben. Anm. 101,

angeführt. Endlirh aber wird in kurzer Andeutung die Frage über die

Umversalien (s. oben Anm. 74) derartig erledigt, dass sowohl den Rea

listen die nothwendige Consequenz einer ins Unendliche fortgesetzten

Einschaehtlung der Formen als auch den Nominalisten der Mangel an

Ideal-Sinn vorgeworfen wird‘“). und bezüglirh der Formen die Abä

lard'sehe Ansieht die Zustimmung des Verfassers erhält‘“).

In der stärkerer: Betonung der Lehre vom Urtheile nmi-hle vielleicht

mit Abälard auch Adam von Petit-l’ont übereinstimmen 440), wel

ehen wir als einen Bearbeiter der ersten Analytik schon oben (Anm.

20) erwähnen mussten, sowie eine unten (Anm. 522) auzufilbrende

Stelle gleichfalls einen Beleg enthält, dass er jenes Werk henülzte.

... a

l -. -

'- ‚ . _ qnd . ‚in; ‚

—-—— an "-r". 1 .’ lll 4"" l' .' in MM'W: fl

res significare dirunlurl non tamen ideo de intellectibus rursum alios intellectus con

slituunL

436i p. 488.‚ weselbst nach den oben, Anm. 77., angeführten Worten folgt:

Ouod onmino falsum apparet cum itaque dicimus „homo intelligilur“‚ hic est

seitens. quod aliquis per intellectum naturam concipit humanem, h. c. animal tale

attendit p. 489.: EI natura tamen ipsius sensus, qm', nisi in aliquam rem

existenten: agat, exerces-ri non potest, concedendum arbitror1 quod si quis hominem

sentiat, hunc vel illum sentiat. At uero intellectus non minus haberi potest etiam,

si res non sit, quia et eorum, quae iam praeterita sunt, memoria recordamar et,

quae futura sunty per providentiam iam concipimus et, quae nunquam suntl non

nunquam opinamur atque fingimus, ut cliinmeraml centaurqu xirenent hircocereum

(s. Beet/i. p. 296.. Abschn. XII, Anm. 110.). ‘

ian p. 489 f.: (Juaerit etiam illud fortassis uliqnis, cum audio „omm's kann)“,

utrum intelligam omnem hominemj vel cnm dicitur de aliquibus duebus, quod .‚llller

eorum curn't“‚ utrum intelligam lallerum eorum currerey vel cum dicitur pcliimaera

quae est alba“, utrum intelligam chimaeraml quae est ulba, sicut eum audio „chi—

mueru“ intelligo ehimaeram1 nec non etiamy utrum cum audio hoc nomen „nun in

telligiliileus intelligam non intelligillile. Hiebei wird dann p. 490—492. überall ge

zeigt, dass mit dem „intelligo“ durchaus nicht das ausserlich factische Sein mit

gegeben sei. ‚

438) p. 494.: oni autem formas universaliter esse-"lies esse rolunl‚ si ratio

nabititer nyant, inquiramus; et primunt inquirendum videtur, si concessen'nt, unum

praedicari de unaquaqhe, sic quoad praedicatione-m suam (der Text, welchen Con

sin giht‚ ist unverständlich) unitatem inesse illi de quo praedicatum innuant. Ouod

si concesserinty Socratem habere unitalem, cum unus sit, concedere debentl et uni

tatem Socratic habere unitatem formam sui, cum una sit, et illam uliam, et sic

tanta multiplicitas fiet. quod in natura uumerux non occurrat (s. unten Anm, 477.)

p. 495.: llli autem qui non asserunt essentiam nisi substantiam fortasse rere

virtutes et vitia et colores aliquid esse tlenegalzuntg sed quam recte id faciant. xa

pientes iudicent

439) S. die schon oben Anm. 300. angeführte Stelle.

440) Er war aus England gebürtig, trat als Lehrer des Triviums in Paris

auf. wo er seine Schule in der Nähe von Petil-Pont hatte, und wurde später Bi

schof von St. Asaph in Nord-Wales. Dass er _in der Theologie ein Gegner des

Gilbertus Porretanus war, berichtet Otto lii-ian de gest. Frid. l, 51, p. imo Urstis.

Mt

in x1v.. Adam v. Petit-Pont. I“.

/-—‚

Wobl würde es durch eine solche 'l‘hätigkeit sich erklären, dass Adam

zu den Neuerern gehörte und somit über Diejenigen lachte, welche Alles

in die lsagoge hineinpl'ropften (s. Anm. se fl'.), aber er scheint dennoch

nach dein Sprichworte, dass man mil den Wölfen heulen müsse, ver

fahren zu sein 4‘“) und wenigstens als Lehrer mit ziemlicher All‘ectation

im Aeussereu doch nur allbekannte Dinge vorgetragen zu haben‘"),

wobei er wohl auch in eitler Prablerei Manches als eigene neue Er

findung ausgeben mochte “3). Von seiner schon oben, Anm. 20, ge

nannten „Ars disserendi“ gab Cousin einige kargliche Bruchstücke, mit

welchen uns wahrlich wenig gedient ist‘“). Wir ersehen nemlich

daraus n|ir‚ dass Adam in der Einleitung eine eigenthümliche Unter

scheidung aufstellte, wornach das Wissen (scientia) auf geistiger Be

gabung allein (vgl. oben Anm. 422), die technische Durchführung aber

(ars) auf Begabung und Uebung, und die Gewandtheit ([acuüas) auf

Begabung, Uebung und Technik beruhe “5), sowie dass er von dem

Urtheile ausgegangen zu sein und innerhalb desselben den sachlichen?

441) loh. Saresb. Melat. lll, 3, p. 129. (ed. Giles): Plane magis dudotmt

quum omdianl, qui in hoc tibcllo (d. h. in der lsagoge) legunt universa et cum

brevitate sua contentam esse non sinnnl; quidquid alicubi dici potesl, hic congcrunt

Deridebat eos noster ille Angtus Periputeticus Adam, cuius vestigia sequuntur

mulli, sed pauri praepcdieutc invidia profitentar; dicebatque se aut nullum uut audi

tores paucissimos haln'tnrum, si ea simplicitate sermonum et favilitate sententiarum

dialecti-ram lraderel, qua ipsum doceri expediret.

442) waltt-r Mapes (s. unten Anm. 525.), Melamorph. Goliae, v. 193 ff. (ad.

Th. Wright p. 28.): lntcr hos et alios in parta remota Parvipontis incolaq non la

quor ignotal bisputabat digitis directis in iota, Et quaccnnqne‘ dixeratl erant per

se nuta.

443) Joh. Saresli. Enlltct. v. 49 11.. woselbst naclr den oben Anm. 59. aher

führten Versen folgt: lncola sum modici Pantis novus auctor in arte, Dnm prius

inventum glorior esse mcnm; Ouod docuere senes nec norit amica inventum Prcloris

inventum iuro fuisse meis Sedula me iuvenum cirrumdal turba putalquc Grandia

iactantem nonm'si vera loqui

444) Cousin, Fragm. phil. (s. Anm. 416.) 2. Aufl. (1840), p. 417 m (Aufl. lu

1855, p. 333 11.). Abgesehen von dem ausserst corrupten Texte der Handsehrifh

an welchem alle Versuche einer Exegese scheitern, ist auch die Masse des Mitge

lheillen doch allzu gering. Dass aber das Werk Adam's für uns von Wichtigkeit

sein müsste, siebt man aus folgendem Anfange des 2. Buches. welcher eine heca

pilulalion des l. enthält und bei Cousin (p. 423.) lautet: Ad prioris a sequenti

libro distinclioncm (Cousin's Text hat sit distinctioncs), quid in hoc dicendum. quid

in illo dichmi, inlarserorc (scheint It'ch oder dgl. ausgefallen zu sein). De quo ei

ad quid ct qualiter artis disserendi institutio, praemanslravimus; a quibus disserendi

principium in corum principiis duplicem, in ipsis dupliciter duplici-m disserenti at

tentioncm praescripsimusy de quo dicat et qualiter id designetg post principia ilvm

duplicem, quid de ca dicat et qualiter id designel; de quibus autem dicat, prim

in quatuor-1 denique distinctius distinrimns, et ex hoc principiorum genera, quae

sunt et ad quae, ducaimas. Nemlicb so unverstandlich diese Worte auch grossen

theils sind, so blickt doch eine ganz, eigenthumliche Gliederung des Ganzen durch.

445) p. 419.: Principinm propositt, de qua et ad quid et qualiter ars disse

rendi instituenda, dicere; propositum autem, de eo et ad id et sic artis rationcnl

insliluere. Erit autemy qualiter artem institui runvcnial, cognita eius initio mum

fcstius lnnotcscat igitun quoniam initium non idem scientiae er um's et [arid

tatis disxerendi; i'd autem innotescel, ex quibus horum initia. cogm'to; sunt autem

ex tribuit ingenio, um, arte Scientiar enim disserrndi ex ingenio absque t'l"

teris initiumg artis autem ex hoc et usui erat-allatis autem ex his et arnn

XIV. Robert Pulleyn. Peter v. Poitiers. 213

I

Inhalt und die sprachliche Form unterschieden zu haben sclteint4“).

Einen Schüler Adam‘s werden wir unten (Anm. 522) trefl'en.

Während nun auf solche Weise‚ wie wir uns bisher hinreichend

überzeugen konnten. die Dialektik in reicher Fülle als specielle Dis

ciplin eine ausführliche Pflege fand, fehlte es um die Mitte des 12.

Jahrhundertes auch nicht an Solchen, welche lediglich von der 'l‘heo

logic aus gelegentlich auf logische Momente stiessen und dann in der

üblichen Weise mit dem platonisch-christlichen Realismus es sich ziem

lich bequem machten oder die Unvereinbarkeit der Logik und der Glau

bens-Mysterien aussprachen. So erwähnt Robert Pulleyn (er lehrte

in Paris und in Oxford, starb im J. 1154), welcher vor keiner dogma

tischen Consequenz zurückscheut, sondern Alles und Jedes zu construi

ren versucht, bei seinen Erörterungen über die Trinität auch Ansichten

der Dialektiker, wobei wir theils Wilhelm v. Champeaux theils Abalard

\\'iedererltennen“7); er selbst jedoch, in der Ueberzeugung, dass hierin?

_d|e Dialektik ein vergehliches Unternehmen sei‘“), schaukelt sich ab

sichtlich von Zugeständnissen aus, welche uns an die Indifferenz-Lehre

erinnern. in einen völligen Skepticismus hinein, indem er verschiedene

Partei-Stellungen der Logik gleichmässig als berechtigt zugesteht und

zuletzt bei dem blossen gewöhnlichen Sprachgebrauche bezüglich der

C - . . . . .

‚4. qunin-ersallen stehen bleibt‘"). Und während Petrus von Peiliers

i

p

I ‚

w _‚_‚ lviii l

446) p. 421.: ‘l’rinripium disserendi ab interrogatione vel enuntialiom'. Quo

m'am igitur ab ipso disserendi principio docendi dine-rere propositum inchoari con

veniens‚ sic de iis docendi disserere principium, a quibus est disserendi Es!

igitur enuntiatio veri vel falsi dii-tio ut ad disserendumg interrogatio vero quid sü,

notius est quam ut dif/iniri oporteat p. 422.: Duplicem ulrinque consideratio

ncm adhibendam instituimus, alterum eorumq de quibus et quae dicunturr alteram

verborum, quibus ea de illis. Uuoniam em'm, quae consideratione percipiuntun verbis

designarl acque conucm'ens, de quo et quibus cnunliclur vel interrogelurv ex arte

considero/og qualiter secundum tocutionem utrumque ut ad disxerendum designari con

venio1. non minus attente considerandum

447) Hob. I‘ulli Senlcnl. l, 3 (cd. Malhnud, Paris. 1655 fol.)‚ p. 33 3.: Dicet

dialecticns: Specics est tuta substantia individuorum totaque species eademque in sin

gulis reperitur individuisg itaque species una est substantiay eius vero individua

multae personae et hoc multae personae tunt illa una substanliu, nam secundum Por

pliyrium omnes homines participatione speciei sunt unus liorno (diess ist die Ansicht

Wilhelms v." Champeaux, s. Anm. 105.) Sed diccs: Sunl nonnullae formae gene

rwn, quae ca nequaquam ducunt ad esse speciemm; sunt quoque proprietales per

linentrs ad substantiam, sed non ef/iciunt personam (so Abalard, s. Anm. 300 f.).

448) Ebend.: Dialeclice, obscura obscurum incredibiti creditum sotrere quaeris;

nihil pro/icis.

449) Ebend. p. ss b.: omnem rcm vere informem discretione cogitatuuml non

varietate formarumy dislinguimusg haec enim est vis mcntis-1 ut concipiat diversis

modis rem ticet formis non diversam (diess mm wörtlich mit dem „diversis modis

altcndere" der Indifferenz-Lehre, s. Anm. 133.‚ zusammen). Ouod dico, difficile

est videre, di/ficilius empfanarc. Nam concolorcs per quid inier se conveniunt, per

quid u discoloribus iii/ferunta si accidentia non suul? An, ut quidam uiunt, conve

niunt ul di/fcrunt, sed in nullo, ut albi similantur (diess ware Abülard's „consi

mile". s. Anm. 299 u. 307.); sed in quo? An in participatione specici? Sed ratio

evincil, universalia non esse (diess beruht' auf dem Ausspruchc uras de re non

praedi'catur“, s. Anm. 132. u. 287.. oder stimmt mit Johannes, v. Saksbury ober—

‘ein‚ s. Anm. 590.). An in dioidua albedinc? Sed singuli cemuntur suam, mm al

lerius. haberc (so die Neminalisten, s. Anm. 73.). verumtamen sihi ximiles esse

b

nil

v- -

‚i

214 xiv. Peter v. Poitiers. Robert v. Melun.

(ein Schüler des Petrus Lombardus, blühte um neo-imo gleichfalls

kegeln die Anwendung der Dialektik aul' die Trinitats-Frage protestirtc‘”),

knüpfte er dennoch viele seiner Erörterungen an Pseudo-Boethius De

Trinilate (s. Anm. 35 11'.) an‚ und zwar mit der komischen Bemerkung,

jene Schrift sei mehr pliilosophisehfl) als theologisch, und man dürfe

daher durch dieselbe sich nicht irreleiten lassenfl”); auch zeigt die

Unterscheidung der Substanz als Subject und der Substanz als Form,

sowie die Unterscheidung der substantiellen Form als einer das Indivi

duum erzeugenden und als einer die Arten und Gattungen hervorrufen

den nur den rohesten platonisch-lheologischen Realismus 452)., Desglei

chen findet sich bei seinem Zeitgenossen Robert von lllelun, dessen

äusserliche Gewandtheit in der Dialektik sehr gerühnil. wirdusjj uur

der ontologische gewöhnliche Realismus, welcher theoretisch zu stumpf t

ist, um auf die legisehen Momente überhaupt einzugehen, uder, wo er a

solches thnt, sich eben blainirl, wie z. B. wenn gegen die Einheitlich- i

‚keit der ‚Bedeutung, welche in „0st“, und jener, welche in „ens“ hegt,

polemisirt wird‘“). Zu verwundern aber ist es demnach nicht, wenn

l '‚t I

quael, quiay licet diverses, habent tamen albedines Sed si formas toltimus. unde

simile-si Si sic dico1 in consuetudine loquor, autores tam divinas quam mnndanos

videor haberc adversos. ‘ "

450) Petri Pictav. Sentan l, 32 (erl. Mallioud, l’arix. 1655, fol.), p. 93 a.:

Non videtur ergo transferendo conversatio dialecticorum ad huiusmodi propter incon

venientia 33, p. 94 h.: ‘Onod ergo dicit Johannes bamascenus (s. Abschu. Xl,

Anm. 170.), non ita accipienduml nt universalia el individua ita accipiantur sicut

in philosophicis disciplinis Si quaemlnr, an hoc praedicabile „den!“ sit univer

sale vel individuian neutrum hic admittendunL Und dennoch wurde auch er ver

ketzart, s. Anm. 478. I '

esu Ebend. l, 4, p. 8 h.: ldeo imponitur Bocthia, quod illam diffinitionem

(d. h. der porsnna) magis posait ut philosophan quam ut theologns. 32, p. 93 b.:

Sed nostri theotoqi plerique non habent illam dif/initionem pro aalhenlica, quia magis

fuit philosophus quam the-ologus et magis ad probabilitatem locutus est quam ad

veritatem '

452) Ebend. l, 6, p. 12 a.: Substantia a substando dicitur ipsum subiectum

quod substat formis. sive sit corpus sire alia resi substantia a subsistendo dicitur

forma, quae adveniens subiecto illud subsislit, i. e. sub se et aliis formis sislil, i.

e. substare sibi et aliis facitl sicut imago sigilli ceram Sed substantialis

forma duplex ext. vel quae facit „quis“, et tatis est onmis individualie proprietasl

i. e. individua et proprio nomine-1 ut Platonitasl cuius participatione Plato est qni's;

'vel quae facit „quid“, al speciale vel generalem i. e. quae speciali vel generali no

mine significalar, ut humanilas, animalilas, cuius participatione Plato est quid, non

vero qms.

453) 10h. Sarcsh. Melal. ll. 10, p. 78 l. (cd. Gilrs): Sic ferme toto biennio

conversatus in monte (d. h. Sanctae Genove/ae) artis huius praeceptoribus usus sum

Alberieo (s. unten Anm. 521.) et Robvrlo Melizlanensi, ut cognomine designetun quod

meruit in scholarum regimine, natione siquidem Angtigena 0st, quorum alter . . . . . ..

Aller autem (d. h. Robert) in responsione promptissimus subter/agii causa propo

situm nunquam declinavit articulum quin alteram contradietionis partem eligeret aut

determinatu multiplicitate sermonis dacereti unam non esse responsioncm in re

sponsionibus perspicaza brevis et eommodus.

454) Ausser jenem, was bei butaeusl bist. um‘e. I’ar. ll, p. 264. sich findet,

hat Huure'au, de te phil. scolast. l, p. 333 ll. noch Mehreres aus Handschriften

mitgetlieilt; aus Letzterem kann, da alles Ucbrige unseren hiesigen Zweck nicht

berührt, bezüglich eines logischen Punktes folgende Stelle (p. 333.) angeführt

werden: ttas vero eoces „es!“ et „ans“ eiusdem esse significationis, omnes philo

o

_..- ‚. Aufl

XIV. Gilbert Porretanus. 215

‚der Dinge und ebensosehr in die feste Bedeutung der Worte‘fl’T),

die Schüler dieses Robert über die aristotelische Topik als ein unbrauch

bares Buch schniähten (s. oben Anm. 29). wm

Hingegen hat bei Gilbertus Porretanus (geboren in Poitiers,

daher auch Pictavienst's genannt, gestorben l. .1. 1154) das theologische

Gezänke über die Trinilät zu einer ganz bestimmten logischen Auffassung

bezüglich der Universalien Veranlassung gegeben, und wir müssen daher

ausser der Schrift De sex principiis, welche in den nächsten Jahrhun

derten für sehr bedeutend gehalten wurde, auch den Gommentar dessel

ben zu Ps.-Boethius de frt-uitalth näher ins Auge fassen. Dass

Gilbert bereits die aristotelische Analytik kannte, wurde schon oben

(Anm. 21) erwähnt; jedoch macht er, abgesehen von jenem Citate, in

der 'l‘hat keinen weiteren Gebrauch von einer inneren Kenntniss der

dortselbst enthaltenen l'rincipien, sondern lien'egt sich nur in dem enge

ren Umkreise der allgemein üblichen Scliul-l.ogik456). Während auch

er uns das eigentht'nnliche Schauspiel des Widersprucbes zeigt, mit

allem Aufwande logischen Srharfsinnes über die Trinität zu discutiren

(s. jedoch Anm. 478) und dabei zugleich eine durchgängige Scheidung

Gottes und des natürlichen Gebietes festzuhalten, selieinter allerdings

über Aufgabe und Stellung der Logik durchaus in sich selbst nicht Itlar

gewesen zu sein. Es lässt sich bei‘aihnhdas ontologische und das

logische Gebiet nicht einmal in jener wie bei Abälard auseinan

derhalten, sondern trotz all seinem realistischen Grundtone acceptirt er

völlig naiv und unbedenklich die Function des‘menscblichen Sprachaus

druckes; denn die Erweckung des Gedankens verlegt er, einen Satz

des Boethiuswiederholend, ganz gleicbmässigv in die Eigenthümlichkeit

und

wenn er auf die nenilicbe Weise die Qualität des Urtheiles in der Ab

folge der. Dinge und der Worte oder in der Modalität des Ausdruckes

findet, -— was uns an Abälard erinnern könnte. s. Anm. 318, 327,

330 -—, und somit die Aufmerksamkeit auf die Sprachform einschärlt 451‘),

so stellt er wieder den philosophischen Gehalt, welcher auf die Eigen

thünilichlteit der Dinge (proprietas rerum) geht, sofort neben die der

.wpln'cae damnum scriplurce; in isli‘s ergo locutionibus „mwulus est ens“, „fltundus

est“, Icrniinis oppositis idem signi/icaliu'; sed nullus tanta amentia ignorantiae ex

cuecztus 0st, qui aliquam harum raeum „essenlm, ext, aus“ in illa significulionc

relenluv in qua creaturis cunvem'l, deum t'cl essentiam divinam signi/icari praesumal

n. s. w.

455) Gedruckt in Boelhii Opern ed. Hasil. 1570, p. lus-mm

456) So erwähnt er z. B. p. 1185. den Unterschied zwischen Syllogismns und

Enthymema, p. 1187. „dialenlicorum topim generalis omnibus 110m“, p. 1225. „re:

gula dmleclicorum de conrrrsione“, p. 1187. ncancoplio cominunis“, p. 1224. „cou—

ceplus non cntis“ (z. B. Ccntanren), p. 1226. nihil als nomen i'n/inilum, n. dgL,

und auch die Erwahnung der sechs Sophistnen (p. 1130.) kann er aus der nem

lichen Qnelle wie Abalard (s. oben Anm. 7.) geschöpft haben.

457) p‚ 1131.: Cum in aliis intelligenliam excitet rei certa proprietas aul

certa vocis positiv, etc. p. 1132.: Trio quippe sunl, res e! intellectch ct sermo;

ies intellectu concipitm'. scrmonr‘ significatur (Iluelh. p. 296., s. Abschn. X11, Anm.

110.).

458) p. 1130.: Oualitas autem orandi vel in rerum atque dicliouum consequen

tia vel in eurundnn lropis atlcndilur. p. 1268.: Ouia omnis diclia diversa signi/icut,

quid ode quo riiliyem auditor dtlcndil.

--v-m

216 XIV. Gilliei't Porretanus.

Logik anheimfallenden Verhältnisse der Aussage (loquendi rationes) und

zugleich neben die grammatischen, die sophistischen und die rhetori

schen Momente hin wm wg: qaam

lst so Gilbert in den Fragen über das Verhältniss des objeetiv

Ontologischen zu dem subjectiv Logischen selbst noch naiver, als Scolus

Erigeua gewesen war, so ist es hingegen nach der ersteren Seite der

Begritl' der Substanz, durch welchen er in dem Streite über die lim

versalien eine Parteistellung einnimmt; und wenn dieselbe uns wesent

liche Berührungspunkte mit anderen Ansichten zeigen wird, so ist dieta

eben ein neuer Beleg dafür, dass die Parteien in mannigfachen Knoten

punkten sich kreuzten. Gilbert nemlich unterscheidet an dem Begrill'e

der Substanz, welcher in allumfassender Weise als höchster Gattungs

begrill' von allen, sowohl körperlichen als unkörperlichen, Wesen gilt,

nach dem Standpunkte der theologischen Terminologie (d. h. des Ps

Boethius) zwei Seiten, wornach bei einem Wesen sowohl dasjenige.

was es ist (quod es! — subsimm), als auch dasjenige, wodurch es

ist, was es ist (qno es! — subsis!eu!t'a), als seine Substanz bezeichnet

wird ‘60). In letzteres aber nun, nemlich in die Subsistenz, verlegt er

in einer eigenlhümlichen Weise dasjenige, was wir bei Scotus Erigeua

als die „Natur der Dinge“ (vor. Abschn. Anm. 105 u. 127) und bei

dem Verfasser der Schrift De gen. e! spem als „um: creatura“ oder

nomina creau'o“ (oben Anm. 159 u. 163) trafen; nemlich er detinirt

Natur kurzweg als den die Wesen formenden artmachenden Unterschied,

und indem er es ablehnt, ein Subsistirendes oder etwa auch die Gattung

oder Art als Natur zu bezeichnen, sagt er, die Natur oder Dasjenige,

„X1!

459) p. mos Nc ergo lectoretu decipere possit aliqua dim‘o, quae. cum sen

sum aurium sono excitati in quacunque oratione ponamr, omm menti, quaeruon

signi/ioniv rerum proprielateni, quam apud philosophus didicil, recola! c! loquendi

rationes. quas logica ministral, altendat atque advmfw es; grammulicorumy Äis'bl'

ex dialeclicorum seu sophislarum, (51‘1an ez rhetorum locis considemns de tot signi

filcalis i‘d. quod ad propositum pertinel, convenientium iui rationum adminiculi!

etgul. t

460) p. 1152.: Hoc nomen. quod es! „substantie“, nun u yenerc naturalmm.

sed a communi ratione omm'um, quae sunt esse, subsistenliiun inditum es! non solum

illis, quae sunt esse, i. e. subsislenliis, sed etiam illis, quorum ipsae sunt cm.

i. e. omnibus rubsistentibus; quoniam tamen omnium, i. e. corpomlium et incomm

Iium, subsistenlium, quod ab illorum subsisicnlt'a communi generalissimum esse, no

men non habetur, saepe latini hoc pro eo ponum; unde el in lsagoge Porphy'itfl

(Boelh. p. 68.), ubi ait „substantia es! quidem", suppom't „e! ipsa esl yenus“.

qut-m iste (d. h. Ps.-Boe!h. de Trio.) scquilur, pro omnium subsistenlinm generalis

simo ait „subslaulia“. p. 1151.: lin-on nescire huius nominis, quod est „Nö

stantia" multiplich in naluralibus itsum, videlicet non modo i'd, quod ul, MM

mam 1'd‚ quo 881, hoc nomine mmcupari. p. 1161.: Non enim subsisten: Mumm.

m! etiam subsistenlr'a appellatur substanlia, eo quod utraque acridenlibus, dira-sil

tamen rationibus, xubslanL Subsislens igitur es! substantia1 non qua aliqua rennt!

es! aliquid, nihil em'm kubsisu-ntc es! aliquid, sed es! illa substanlia, quae es! ali

qu'id; subsistentia vero esl substann'a, non cui quid nitalur, quo ipso aliquid mv

sed quo solum subsislcns es! aliquid Es wäre unrichtig, wenn man in dem Aus

drucke „i'd, quod es!“ das quod als grommntischcs Snbject nähme; es ist Prädical.

denn die Formel für die concreten Dinge gestaltet sich folgendermaassen: m

subsisches sunt esse aubn'slentiarum, d. h. Dasjenige, was ist, ist das Sein seines

Wesens.

‚J.

.» g l _ .‚. .

. . i .

. p ' J l

. . . i

XIV. Gilbert Porretanus. 217

wodurch Etwas sein Sein hat, d. h. die Subsistenz, liege in den sub‚

slantiellen Formen (formae substantiates) und denjenigen qualitativen i

und quantitativen Bestiuuntheiten, welche mit denselben verfluchten i

seien 46‘), -— eine Auffassung, welche er im Sinne des Realismus auch

auf die Natur des lndividuum-Seins derartig ausdehnt, dass er z. B. in

dem Plato-Sein (Platonitas), welches hiennt gleichfalls eine Subsistenz

ist, auch den Grund der Individualität des Leibes Plato's erhlickt'ma).

Aber jene „substantiellen Formen“, mit welchen noch anderweitige Eigen

schaften verflochten sind, erhalten nun ihren eigentlichen Umkreis in -

den concreten Dingen. denn eine Form wohl sei auch das Wesen

Gottes, und Formen seien die platonischen Ideen der Dinge als Urhilder

derselben, Formen endlich seien auch die mathematischen Verhältnisse i

der Figur, aber in all diesen dreien Bedeutungen sei Form ein imma

terielles, hingegen jene Form, welche als das Sein der subsistirenden

Dinge der Grund dessen ist, dass sie smd, was sie sind, und hiemit

als Stoff Desjenigen auftritt. was mit ihr sich verflicht, sei eben darum

nicht immateriell, sondern hier seien Form und Stoff vereiiiigt‘öß). ln

dieser letzteren Sphäre aber nun, Welche auch die des Werdens und

der Bewegung sei, könne die geistige Auffassung des Menschen auf

„(a zu.

461) p. 1231.: haec igitur est propria naturae significalia, quae iii/finitums

i. e. secundum quam signifiaationem natura diffinietur hoc modos Natura est unam

quamque ram informuns specifiaa di/fererttin; secundum hanc diffinitionem nullum

principiuml nullum subsistens corpoream cel incorporeumy nullum genus vel species

subsistrntis, nullum omnino accidens appellatur natura, sowie die kurz vorhergehen

den Worte: naturae nomine monstrare cupientes rei-uini quae generibus et speciebus

sais sunt aliquid, cel generum ipsorum atque specierum substantialem proprietaiem,

qualis est u. g. rationalitus. p. 1255 f.: Natura enim subsistentis est. qua ipsum

subsistens aliquid ext,- hae vero sunt substantialcs formae et quae illis in ipso sub-l

sistente adsunt qualitates et mensurae quoniam sunt aliae nerioris nominic

subsjgfpntiac, quae nunquam a subsistente recedentes perpetuae vocantur. Hiezn

Anu‘i: 486. -

462) p. 1128.: Est enim proprium naturalium, quod sicut numero diversorum

proprietates diversae sunt, ita quoque subsistentiac numero sunt diversam et quod

una singularis subsislentia nonnisi unum numero faciat siibsistentem, ut Platonis et

ciceronis non solum accidentales proprictates, verum etiam substantiales, quibus ipsi

sunt (v. y. rel diversa corpora vel dirersi hamim-s) diversae aunt, et quaecunque

singularis proprietas.Platonem corpus esse vel hominemv eadem nullum alium esse ‚

facit idem. r

463) p. 1138.: Forma quoquc multipliciter dicitur. .Vam esse/ilia deiv quo

opifice est quidquid aesti prima forma dicitnr. Ouatuor quoque sincerae sub

slanliaiu iynisl aery aqua, terra, non quidem quae in syll/a (d. b. Öl”) mutuum

ceoznecmrpelluiroinaemeohraubenrdeemprcaoerdpioctraum,sunItd1easled gqrnueacee,exlatsiynletmveerto ifnoterlmlaigeibicloigsnpoemciinealsuanet saut.

lllud etiam quorumlilu-t subsistenlium quodlibet esse, ex quo unumquodque eorum est

aliquid. et quod earum. quae sibi adsunt, materia est, eorundem subsisteuliuni diei

tur forma, ut corporalitas omnium corporunL llicitur etiam forma illud quartum

genus qualitatis, quod est corporum figum Ex his manifestum est, quod mate

riarum alia informis et ideo simplcx, nt iiim alia farmata cf ideo non simplen,

ut corpora Ouae vero sunt esse subsislenlium, et materiae dicuntur et formae.

Similiter formarum alia nullius materiaey ul opi/icis essentia. qua ipse vere cst.

lllae quoque sincerae substantiam quae corporum exemplaria sunty sine materia

formae sunt Ouac vero sunt subsistentium esset sicut iam dictum est. non

modo formae sed etiam materiae nuncupantun figurae vero xensilium formae

tantum roguominunlur et non materiam x

l l v V g ks

. .‚ i . . ‚1.:

‚1 ty ad

m

‚y .z

me XIV. Gilbert Porretanus.

Grundlage der Sinneswahrnehmung und des Gedächtnisses (vgl. oben;

Anm. 41811.) die an sich unabstracten und concret gewordenen For-i'.

men des natürlichen Seins iinabstractal concreta. nntt'va) durch eine

andere Betrachtungsweise abstract erfassen —— abstractirn attendere —4"“),t.

und sowie bei der Erkenntniss des Göttlichen ein intellectuelles Vor-N

fahren. betrell's der mathematischen Formen aber ein disciplinäres Ver

fahren bestehe, so habe der Philosoph in den natürlichen Dingen ratio

nell (ratio—nabiliter) zu verfahren, indem er die Worte, durch welche

. sowohl dasjenige, was die Dinge sind (quod est). als auch jenes, wo

sv

rd-S

durch sie es sind (quo est), bezeichnet wird, mit verständigem Nach

denken erl'asse, und eben dieser Umkreis der natürlichen Dinge sei es

ja auch, in welchem Arten unter Gattungen subsuiuirt und Gattungeni

von Arten ausgesagt werden “5). So ist uns durch diese Anschauuan

weise Gilbert‘s nisi bereits klar, wie richtig Johannes von Salesbul'y

sich ausdrückte, wenn er sagt, Gilbert verlege die Universalien in die"

„I'ormae nationen der geschaffenen Dinge und bemühe sich um die ncon

formitasu derselben, welche einerseits vom Denken als das Allgemein

erfasst werde und andrerseits in der Erscheinung singulär auftrete ulli

Es erhält diess aber auch noch seine Weitere Bestätigung. l

Die substantielle Form nemlicb hat darin ein Sein, dass sie es ist,

welche das ganze Wesen und die mit demselben verlloclitenen Attribute

eines Dinges bewirkt und so als eine totale der Artbegrill' iSL, welcherE

aus Gattung und artmachendeni Unterschiede besteht‘“), wornach in,

miram-viri .--... I q -g

464) Ebend.: His itaque divisis oddenduni csI, quod primaria maten'n, ius

5117, at primariae formam i. e. oüdlu opificis et sensitium mam omni md

carrnL Ouae vero inabstracta a se invicem atque concreta sunt, i. e. sensih'a, mo

ventnr. formae vero sensilium, quamuis inabstractar ideoque motum ltnbentes, si

- tamen abstractirn attendantnr (man beachte diesen Ausdruck, s. Anm. 133.), hac

ns

vere abstractorurn imitatioue sine mqu esse dimnlnr; non enim tantum sicuti sunt,

verum etiam aliter quam sunty res atiquae saepa. vero cunripiuntuiu l-‘roptcr quod

etiam ipsa animi speculatio dividitur Cum enim natival sicut sunty i. r. con

creta et mabstracta, cousiderat, eo: sua quidem propria potestatey qua humano animo

datum est, cx sensuum atque imaginationum praeeuntibus adminiculis reri sensilia

ratio dicitur-1- scd ca: his quae considerat, natiois scilicet cI inabstractis et motum

habentilms, naturalis et in rnotn et inabslracta cognomiizatur . . . . .. Specalatiov quae

nativorurn inabstractax l‘on/las cousideraL Hiezu Anm. tibi

465) p. 1140.: Ar. per hoc in naturalibus, quae sicuti sunt percipi debentp sc.

concreta et inabslracta, oportebit philosophum versari rationabililcr, ut scilicet posito

nomine, quo ct id, quod est, et i'd. quo esI, signi/icatur, ea vi menlis, qua concreta

reri dehnt, diligenter attendatl quid proprie sibi rel quod est vel quo est concrctionis

consorlio exigahet quid ceterarum speculationurn locis rommnnircl ln naturali

bus enim dicitur homo species generis . . ideoque naturalis concrotionis proprietate

dicitur genus de specie praedicari ..... In mathematicis vero oportebit eum versari

disciplinobititer ln divinis intellectualiter versari oportebiL

466) Die Quelle hieven liegt natürlich in der platoniscb-theologischen Onto

logie des Pseudo-Boethlus.

467) Die Stelle ist oben, Anm. 67., angeführt. _

468) p. 1142.: tia quae est Iota forma substantiae hominis non modo er eo,

quod ipsa tota zum, in quo est, facit Imniuem, sed et ex eo, quod alia parte sui

eundem facit animatuml alia sensibileml otia rationabilemy recte dicitur esse aliquid.

Ouidqaid est alicuius esse, aut est tuta substantia illiusy cuius dioilur esse,

aut pars cius, quod est tota substantiug et tota quidem substantia speciesy quae de

I

h“ .‚_ 1

u -

lt!

XIV. Giibert l‘orretanus. ms

tit-viter Subsistenz, durch welche ein Ding zu dem Suhjecte seiner Wesens

i ‘Attribute gemacht wird, mehrere Subsistenzen wie in Einem Geflechte

ZüSülltlIlelllatlf0fl4GU). lliednreh aber haben die Gallungs- und Art-Be

grifl'e ein anderes Sein als die Dinge selbst; denn erstere haben eben

nur das Sein der Subsistenz, letztere hingegen haben das Sein, Subjecte

und Träger der in der ‚Subsistenz vereinigten Attribute zu seien").

Und so erfasst das Denken die Uattungs- und Arbßegrill'e als die Uni

versalien gegenüber den partieularen Dingen, indem es aus den cou

eret existirenden Trägern der Attribute auf das Sein der Subsistenz

v saminelnd (colliyere) schliesst‘“), wobei dann die natürlichen Dinge

w im llinblicke auf die Gattungs- und Art-Subsistenz, an welcher als an

dem wesentlichen Sein die einzelnen Dinge theilhahen, mit den Gattungs

‚afnnd Art-Yamen bezeichnet Werden, sowie die Attribute als Pradii-ate

i ausgesagt werden und auch denominativ die Subsistenz selbst das Sub

ject genannt wird‘flz). Sowie aber der Begrifl' des Sammelns (cotte

. 1-1». in

l

mm.‚_.

‚eo diriturg est, pars vero eins, quod est totum esse, genus est aut dificremia, quae

speciem ipsum conxliluit.

469) p. 4145.: Subsistmlia causa cst. ul id, quod per eum est aliqaid,

' ' propriis stt subiectum p. 1175;: quotiens enim subsislcns er subsislmtibus

iunctum ext, necesse esl, eius totum esse, t. e. illam qua ipsum perfertum est

sislentmm, ez omnium partium suarum omnibus subsistentii: esseloniunciam.

sum p. 1239.: autem et species, i. c. generales et speciali-s subsistenliae, sub

sistant lanlum, non substant vere, neque enim accidentia generibus specivbusve con

tinyunt, ut quod suntbaccidcntibus debeant (der Begritf accidens ist hier wie uber

'_ all in dem Sinne genommen, dass er gegenüber der Substanz die übrigen neun

l Kategorien umfasst) individua vero subsistunt quidem nere, iri/armata enim

sunt iam propriis et speci/icis differentiis, per quas aubsistuntg non modo autem

subsistunto verum etiam substant individua, quoniam et atcidrntibus, ut esse possint,

minislranl, dum sunt scilicet subiecta accidentibus.

subsis4l7e1n)tiape. imniufnaiiverEssasleinbtuisaesuinnt,uniinveprasrutliiclumlsarsiabuust, caipniupnatrtiscuublsatrainbtuisums,ubsit.anel., sub

stant Llnirersatiay quae intellectus ez partioularibus colligity saut, quoniam par—

licularium illud cssc dicunturj quo ipsa particularia aliquid saut; particularia vero

non modo samt, quod utique 0.1: huiusmodi suo esse sunty z‘i‘rum etiam substanh

472) p. 1137.: Ad gcnerales quoquv et speciales aubsislentiuag quae suhsisten

iiam, in quibus saut. esse iiicuntur, ca quod eis, ut siut aliquid, con/erunts eius

dem nominis, i. e. materialiy alia fit denomiualia. p. 1140.: Essentia est illa res,

quae est ipsum esse, i. c. quae non ab alio hunc mutual ilictioiwiii. et ex qua est

esse, i. e. quae ceteris omnibus caudam quadam cxtrinseva participatione communicat

namque in nuturalibus omne subsistcntium ez forma ext, i. e. de quocunque

subsistentt- dirilur „t'sl“, fomiae, quam in so habel. participationcdicitut p.1141.2

omnia (Ie subsislr'nle dicantar, ut de aliquo liomine Iota forma sabstantiae, qua

ipse est per/actus Iiomo‚ et omm- genus omnisque difl'ereutia, ex quibus eat ipsa

(omposila, ut corporalitas et animalio, et denique omma, quae vel toti illi formae

adsunt, ut tiummiitali risibilitus, vel aliquibus partibus eins. p. 1145.: Ouom'am

subsistentia causa cst, ut id quod per eam est aliqaid, suis propriis sit subiectuml

ipsa quoque per deuominationem eins subiecta dicitur et eorundem materia (p.

1146.) et ideo nmcralilzr cum qualitatibus qualitas dicitur et cum aulis albedinibus

sperialitcr ulbedo, atque alleo multa sunty quae de istis dicnnlar, ut saepe etiam

c/ficiendi ratione a coavriilentibus ad ea‚ quibus coacciilimt, denominativo trans

sumptio fiel, ut nliuca cst longay albedo est clura“. p. 1199.: Hoc iyitur, quod

habet a substantia, nomen ad ca, quae ex ipsa fluz'erunt, denominulive trunsump—

tum est.

l iui s

con

sub

n».—

220 xw. Gilbert Vorreniifiä.

clio), welchen Gilbert förmlich zu einer Definition der Gattung benützt“),

uns schon oben in der Indifferenz-Lehre (Anm. 136), bei Gauslenus,

(Anm. 146) und bei dem Autor De gen. et spm (Anm. 162) begegnete,

so verbindet tlilbert damit in realistischem Sinne eine Auflassung, welclle

er durch die Ausdrücke „substantialis similitudon oder .‚ron/omauter

substatentiae“, am liebsten aber durch das bei ihm so häufige Wort

„confornn'tas“, selbst mit Ausdehnung auf die Namen der Dinge, bezeich

netr“), wobei wir die Verwandtschaft mit der „similis creati'o“ des

Buches De gen. et spec. (Anm. 163) und insbesondere mit Abälarti’s

„consimilitudo“ (Anm. 299) nicht verkennen können; hemerkenswerth

aber ist, dass Gilbert das Wort „indifferentia“, welches ihm doch galt!

nabe liegen musste, ausschliesslich nur bei den theologischen Discas

sionem über die Trinität anwendet‘“), hingegen wohl des WM”

„identitas“, sowohl bei Substanzen als auchv bei Attributen, sich vlie

dient‘nü). Er nimmt überhaupt diese tormgebende Kraft der Univer

salien so realistisch, dass ihm nicht hloss z. B. die Weisse. senilem

auch die Einheit als eine dergleichen Form erscheint, welche hei jedem

Prädicate mitwirken müsse, um den Träger desselben zu Einem ttltttie

zu machen 47"), und während er liiedurcli dem oben angeführten bin

wande (Anm. 438, was möglicher Weise selbst direct geizen nime-rtr

gerichtet sein könnte) preisgegeben ist, gelangt er dabei auf eine tur ‘

die Trinitätsfrage.nutzbare, aber von Anderen wieder heftig itßiiitmlmei

Unterst‘beidung‘zwiscben Einheit und Eins oder überhaupt zwtschen

-'.-<

S

473) p. 1252.: Genus vero nihil aliud pulundum cst, nisi snbsistenlimf‘,”

cundum totam eorum proprietatem ex rebus secandum species suas diffmnhwm

litudine oomparala collerlio. ' x

474) p. 1135.: bina-sac subsislcntiae, ex quarum aliis homines ft “im

equi sunt animalia, non imitationis vel imaginariav sed substantiati minim

ipsos, qui secundum cas subsistunly faciunt esse oon/‘m-mes. p. mar U'm’m"

etiam multa subsistenlia unum et idem non naturae unius singularitath sed "mm

( rum, quae ratione similitudinis fit, unione lila, quae diversarum "dumm"

adunat conformilas, genere vel specie unum dicuntur . . . . .. Tres homines "(111" iri

nere nle sflecie, i. e. nulla subsisu-nliarum dissimilitudinel srd suis accideali

dissimilitudinia distant ‚ sunt conformanlium ipsos subvislentinrum min lefi

p. 1175.: Conformilate aliqua plures homines dicantur cundum propositae naturae ptonitudinem dicitur uibstantiautniuss sihmnimloi.tudoPq. (uImnilg‘mi’a

bum albo simile est et homo homini. p. 1194.: Tales sunt omnes di/frreutlat fuit

quae mil huic goneratissimo proxime cum ipso quaedam contractioris sinnldudittß

cadohnasetrietnutaems gqeunamelriub,etqusaueb iapsilsogiscuibssissluebnatlitaemrnaspeacpipactlelmantouormlponvuelnts.ubapl-te1r2n3a " nim

videlicet subsistontia specialir, quae est huius nominis qualitas una quidem co

mild/e, sed plures essrnliae sinyulan'lalc, de singulis hominibus. Ebenso l'

1262. u. s. l'.

475) So z. B. p. 113-1. u. 1152. u 1169. ‚i

nam p. neas ldentilate unionis homo idem quod homo rsl, tum Mumm.

cicero unione speciei sunt idcm homo idcntitatey quae ut proprietatis m 1‘ ‚

um, rationale idem quod rationale ext, veluti anima hominis c! ipse homo ita

speciei. sed unitate proprietatis sunt unum rationale. w

477) p. 1178.: unilas omnium praedicamentomm comes cst; nam de idcm

cunque aliquid pruedtculur, id praedicato quidem est hoc, quod nuntiat "1) ‚am.

sibi indito et verbi substantici compositione esse significutur, sed unitate tPs' “Mm.

dritte est unum, ut album albedine quidem album est, sed unitate cMCßid‘m" a

diai unum, rt simnl ulbedine cl eins comite unitatl- est album intuth u

XIV. Gilbert Porretanus. 221

den Zablwörtern und den ihnen zu Grunde liegenden ldcalfornien, in

soferne erstere nur von den concreten Dingen, welche eben der form

gebenden Wirkung der ideellen Universalien unterliegen, ausgesagt werden

können “79). Sodann aber knüpft sich an den Begriff der ronformitas

auch noch die Auffassung, dass im Individuum alle möglichen Bestimmt

‘ebeiten derartig vereinigt sind, dass dasselbe in der Totalitz'it seiner Sub

„sistenz (vgl. Anm. iam mit keinem anderen Wesen conlorm ist, und

.r'hiemit die Individualität in dieser Wesens-Unähnlichkeit liegt. wohin

gegen alles Nicht-Individuelle auf einer Aehnliehkeit beruht und hiernach

in seine individuellen concreten Erscheinungsweisen, welche in ihm ähn

lich, unter sich aber unähnlich sind, getheilt werden kann; es be

zeichnet Gilbert diese Anschauung dadurch, dass er das Wort „divi- ‚

den“, Welches wir hier zum ersten Male treffen, für die sog. nomina

appellativa und „indii‘idua“ für die sog. nomina propria wählt‘W).

Eine logische Verwertbung dieses ontologischen Realismus liegt in

jenem Aiifundabkletterii an der Tabula loyica, welches nach dem Vor

gange des Boethius in Definition und Division geübt wird 45"), und

hiemit in der Funclion des Aussagens, insoferne durch dasselbe nie das

concrete Sein selbst, sondern nur das Wesen, d. h. die Subsistenz und

die Wesens-Attribute, über die concreten Dinge ausgesagt werden‘“),

i dit

478) p. 1148.: Uuod est unumv res est unilati subiectaa cui scilicet vel ipsa

unilas imst, ut allw, vel adesty ut albedini; unilas vero est i'd, quo ipsuml cui

inest, et ipsam, cui adest, dicimus nimm, ut album unumj albedo una. Kursus ea,

quae dicimus esse den, in rebus sunty i. e. res sunt dualitati similiter subiectael

quae duae sunt ideoque non unilas ipso, sed quod ei subiectum estl unum

est, nec dualitas ipso, sed quod ei subiectum esl, recte dicitur duo nam vere

omnis numerus non numeri ipsiusj sed rerum sibi suppositurum est numerus. Dass

aber überhaupt selbst dieses orthodoxeste Bestreben bei manchen anderen Theologen

wenig Dank einärndtete, sehen wir daraus, dass, wie Bulaeus, hist. an. Par. l, p.

404. berichtet, der Prior Walther von St. Victor eine eigene Schrift gegen die

„vier Labyrinthe Frankreichs“, nemlich gegen Petrus Lombsrdnsv Abelard, Petrus

v. Poitiers und Gilbert. verfasste; aus Handschriften derselben (in der Bibliothek

von St. Victor) theilt I.aanoi‚ de var. fort. An'slot. c. 3, p. 29., folgende ‘Stelle

mit: ouisquis hoc legeritv non dubitalritl quatuor lahyrinthos Franciar, i. e. Abne

lardum et Lombardumy Pelrum Pictaninum et citbertum I’orrelanam, nno spiritu Ari

stolelico a/flatos, dum ine/Tabilia trinitatis et incarnationis scholaetica lcvitate' tracla

rent, multas haereses olim vomuisse et adhuc errores pullulare.

479) p. 1164.: Si enim dividaum facit similitudor consequens est, at indivi

duum dissimi'litudo. p. 1236.: Homo et sol a grammaticis appettatioa nmntna, a

dialecticis vero dividua vocantar, Plato vero et eius singularis albedo ab eisdem

grammaticis propriay a dialecticis vero individua‘; sed harum homo tum actu quam

natura appellativum vcl dividuum est, sol vero natura umtam, non acta; multi nam

que non modo natura, verum etiam actu1 et fuerunt et sunt et futuri sunt substantiati

similitudine similes homines. p. 1165.: Hestat igitur, ut illa tantum sint individuar

quae ex omnibus composita nullis aliis in toto ponunt esse conformia, at ez omni

(ms, quae et actu et natura fuerunt vel sunt vel futura sunt, Platonis collecla Pla

tonitas.

tum p. 1128.: Sicut in dif/initiva demonstratione species generel sic in diri

siva genus specie declaratur. p. 1130.: „Nulla species de suo genere praedicaturu

in di/fnilionum genere verum est, item „omm's species de suo genere pracdicatur“

in dioisionum genere verum est. v

481) p. ima Nunquam enim id, quod est, praedicatum sed esse et quod

illi adest praedicabile est, et sine tropo nonnisi de eov quod est. (Wenn hiemit

l

222 p xiv. tiilliert l’orretanus.

„-_.

_

‚M

d. li. Gilbert spricht seinen Realismus aus, indem er alle kategorien

als die reellen Uausalitiiten ihrer Erscheinung in den concreten Dingen

betrachtet und so als oberste Gattungen nicht der Aussagen, sondern‘

der ohjecto bezeichnet, wornach die logische Function ([acultas togica)

nur. einen Abklatsch der Realität enthüll‘“). Dabei aber scheidet. er die

Kategorien nicht bloss in der üblichen Weise, dass die Substanz allen

übrigen neun gegenübersteht, sondern letztere zerfallen ihm wieder in .

solche, welche zu dem inneren Wesen gehören, und solche, welche nur

eine äusserliche Verbindung enthaltennii); nemlich Qualität und Quan

tität, welche zur „Natur“ (Anm. 461) oder Suhsistenz gehören, dienen

darum noch der Aussage des wahren Seins florere esse), wohingegen die

übrigen sieben Kategorien, ——— also mit Einschluss der Relation «t»,

nur dem äusserlichen wechselnden Verhältnisse der Zustände (slalus.

vgl. rircumstamia bei Boethius, Abschn. X'll, Anm. 166) ainheiml'al

len 4%“). 1 v

-. g ‚ ‚J

Gilhert die blussen Existentialsittze als nichtssagend bezeichnete, so kam er hie

durch wieder in Conllicl mit Theologen, s. Otto Frisr'ng. de gest. Frid. l, se p.

437. Urstis.: Emt quipr quorumtam in logica sentential quod, cum quis diceret,

Surrutem esse, nihil dicerel; quos pruefatus episcopus sectans talem dicli usum haud

praemeriitate ad theologium verlernt).

482) p. 1173.: Horum nominum illa signi/ieata. quae diversis rationibus gram

matici qualitates, dialectici calegorias. i. e. proedieamenta. vocanti pracdieanlur

sulistanlialiter. p. 11:33.: Oualitas omnium qualitatum generulissimnm est et quan

titas omnium quantitatum ideoque qualitas esl qualitas genere eniuslibel quali

latis, quale vero est quale qualitate-euiustibet generis similiter "ultima, quod est

ad aliquidl relatio est. et nulla relatio est ad aliquidl sed id, de quo ipsa dieitur,

est ad aliquid Uhi quoque et quando et habere et situm esse et facere et pali

nomina sunt generalissima non eorum, quae praulicantur, sed 00mm, de quibus prae

dirrmtw' haec igitur praedicanlenta talia sunt relationibus logicac facultatis,

qualia itta subiecta, de quibus ea convenit diai, permiscrint. p. 1146.: ('eteras,

quae in corporibus sunt, nocanles formas hoc nomine abutimur, dum non filme. evd

idearum sint fixo/reg i. e. {mag/irres, quod utique numen eis melius cmircm't; assi

mitautur enim . . . . .. quadam extra substantiam imitatione his formix. quae non sunt

in materia constitutum sincm-is.

483) p. 1153.: Uuidquid hoc est subsiatenlinm esse, eorundem substantia diti

lur, quod utique sunl omnium subsistentimn specialex subsistenliae et omnes e:- qui

bus hae compositae simt, scilicet eorundem subsistentiunz. per quas ipsa sibi mn

fonuia sunt, generales-y et omnes v. per quas ipsa dissimitia Acct'dcnliu vero de illis quidem substanliis, quae ex esse ssuunntt,y dailfli‘eqrueindtiadlme:mlurl

sive in eis creata sine extrinsecus omm sint, sed eis lanlum, quae esse sunt. ‘

accirlum.

484) p. 1156.: Haer quidem, i. v. substanliae, qilalilales, quantitales, sunt

tatiay quibus vere simt, quaecunque his esse propommtur, ideoque recte de ipsis

praedicari dicunlur; reliqua vero septem generum accidentia non vero essendi

- ratione praedicantun nam . extrinsecis scilicet rireum/usns et determinatus minimo

pracdicarctur, si non mis esset per se proprietatibus informatns. p. 1160.: sic ergo

praedicatio alia est, quae vere inhaerens inhaerere praedicatum alia, quae quamvis

[0mm inhaerentinm lial. tamen ita exterioribus datury ut ea nihil alicui inhaeret-t

intelligo/un p. mss f.: Cetera vero (vgl. Anm. 461.). quae de ipso naluraliter

dicuntur-1 quidam eius status uocanturv eo quod nunc sic nunc vero aliler, retinens

has quibus aliquid est mensuras et qualitatex el maxime sabeislenliasv statualur

sua net loco vet habitu vel retationc vet tempore vel actione vet passione sta

tuitur. So wird auch nusdrücltlichst von der Relation gesagt p. 1163.: relatum

pruedicatw consistit non in eo, quod est esse.

XIV. Gilhert Porretanus. 223

Eben diess Letztere aber nun führt uns auf Gilbert's Schrift De

sex priiwipii's‘öä), ein in der 'l‘hat, klägliches Machwerk, welches wahr

lich nur durch die Boruirtheit des Albertus Magnus zu Ansehen und

Geltung knnnnen konnte. Es begegnet uns dort zunächst wieder (vgl.

Anxn. 461)‘ der Begrill‘ des substantiellen Seins, in welchem die Form

einer Verflechtung der Wesens-Bestandtheile liegt‘s“), wobei ebenso

unniotivirt wie oben (Anm. amp bemerkt wird, dass aus der Singulari

liil der cuncreten Dinge durch das Denken das einheitlich Gemeinschaft

liche (eom-muue) und Universelle ert‘aSst wird‘s"). Sodann aber wird

auf die Kategorien mit jener nemlichen (Anm. 483 l'.) Zweitheilung in

innerliche und ausserliche übergegangen, jedoch mit dem Unterschiede,

dass nun hier die Relation nicht mehr unter den äusserlichen aufgezählt

wird, sondern dieselben nur aus den sechs letzten Kategorien (actio,

passio, ubil quarado-1.situs. Iiabere) bestehen sollen, und da die ersten

vier Kategorien schon hinreichend von Aristoteles besprochen seien, so

will Gilbert nun ebeu jene übrigen sechs vollständiger erörternlss).

So erfüllt er ein Bedürfniss, welches wir schon früher (Anm. lS u.

344) aussprechen sahen, und indem er in seinem realistischen Wahue

auch diese Kategorien als „primipia“ bezeichnet (vgl. Anm. 477 u.

482). erhielt diese seine verstandlose Schrill auch in Anbetracht ihres

Titels später eine solche Bedeutsamkeit, dass sie gleichsam als integri

rendcr Theil in das Organen aufgenonnnen wurde.

Zuerst th'tl actio deliuirl und mit schärfsten: Dualismus zwischen

körperlicher und psychischer Action als reeiproo mit dem Begritl'e der_

Bewegung bezeichnetl“), worauf die Bemerkung folgt, dass die Eigen

lhi'inilichkeit der Action darin liege, passio zu erzeugen‚ und hiernach

die aclio das nrant'iingliche „l’rinrip“ sein"), und es wird nun der

4&5) ln Folge der Aufnahme in das organum gedruckt in fast sammtticheu

ältesten lateinischen Uelierselzungen des Aristoteles; ich citire nach An'stol. om

tat. l’rnet. 1552. ['ol. vnl. l.

486) Cap. l‚ f. 31. L A‚: Forum est compositiuni routinyens, simplici et imm

riabili morum oonsistens Substantiale vero est, quod ran/er! esse ex quadam

composil-imte m:lipusitinni‚ ut in pluribus, quod impossibile est deesse et.

437) f. 31. v. B.: Sicut ez plurium partium coniunctione constitutio quaedam

primorum exeedens quantitatem c/ficilui‘, sic ut singularium dixere-tione unum quod

dam intelligitur eum-m ezcedens praedioalioucm. So auch f. 32. r. B.: omnes ‚lut

dem homines eim hominisv qui communis est et universalia

488) f. 32. l‘. A‚: lit/rum vom, quae conlingunl ea:islenli‚ siuyulum aut ertrin

secus advenit aut inlra substqntiam cdnsirleralur simplt'ci'ler. ul linea, super/idest

ocrpus; ea wro. quae extrinsecus cuniingunli aut uetus aut pali aut disposilio out‘

ense alicubi aut in mora aul habere nerrssurio erunt. Sed de Iris, quae subsidunt

et quae non sulum in quo existunt væigunly in eo qui „De cimyorits“ libro imm-t

bitur dispulalum est; de reliquis vero continua agamus.

489) Cap. 2‚ ebend.: Amo vero est, secundum quam in i'd. quod subtiritur,

agere dicimur Differuut autemv quoniam ca, quae corporis est, moucns es! fle

ceßsurio ‚lind, in quo est, actiu autem animae mm id movel, m qu'o est. sed

coniunctum; anima enim, dum agit, mmmbi'tis est .J. onmis ergo actio in inqu

est, omnisque motus in actione firmabitur. _ ‚

490) f. 32. r. B.: naturalis vero uctiom's proprietas est, passionem ex se in

i'd, quod subticitur, in/erre, omnis enim actio passionis est cffrch'va et sic actus

quidem esl primordiale principium

l

l

I

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y

224 XIV. Gilbert Porretauus.

Begriff des „[kwere“ in den dürrsten und grundlosesten Behauptungen

auch auf alle übrigen Kategorien angevt'endetM‘), und nach dem Muster

der vier ersten Kategorien das Verhältniss des Gegensatzes und das

Mehr oder Minder auch an dem lacero und pati aufgezeigt‘un). Dann

folgt trotzdem zweitens passim bei welcher die Verschiedenheit der

Wortbedeutung hervorgehoben wird 493). Hierauf wird drittens quando

vorgeführt, welches wohl mit tempus verwandt sei, aber von demselben

sich dadurch unterscheide, dass die drei Zeiten, Vergangenheit und

Gegenwart und Zukunft, kein quando seien, sondern nur eine Wirkung

und Eigenschaft, vermöge deren Etwas als vergangen u. f. bezeichnet

werde (Aehnliches s. oben Anm. 194); auch könne nach dem quando

Nichts gemessen werden, wohl aber nach der Zeit‘g“). Hieran reiht

sich als Gipfelpuukt des Unsinnes die Angabe eines Unterschiedes zwi

schen quando und ubi, da das quando der Gegenwart zugleich mit dem

Augenblicke selbst in dem Nemlichen sei, was bei dem ubi nicht sich

findems), sowie eine Eintheilung des quando und des tempus in ein

fache und zusammengesetzte 49°), und zuletzt die Notiz, dass das Ver

hältniss des Gegensatzes und des Mehr oder Minder bei quando nicht

stattliabeHT). Nun folgt Viertens ubi, wobei die analoge Unterscheidung

zwischen ubi und- locus auftritt‘“), und an die Unmöglichkeit, dass

eum Ebend_: facere vero i'd, quod quale es!‚ ez se gignit Ltuantitatum vero

partirutarium positio effech est et qualitatum ....‚ universa enim haec a situ sub

stantiam et generationem haben! Sims autem agere et paliy in dispositionix nam

que compositione quaedam generatio simplicium fi!‚ quam in niotiva actione consistere

necesse est. uuanda vero tempus. ubi vero locus, habere autem corpus. ea enimy

quae circa corpus suvll, haberc dicuntur.

492) Ehend.: tlecipit autem facere et pati oontrarietatem e! magis et minus ....‚

secare enim ad ptantare contrarium es! et cateperi magis et minus dm'lur.

um C. 3, f. 32. v. A.z Passiv es! effectus illatioque actioms Es! indem

pati commi quae multipliciter dicunturg animae enim actionum unaquaequc passio

dicitur dicitur quoque pussio, quod in naturam agits ut morbus Ea um,

quae nunc relinquuntun in eo qui est „De generationeu libro tractantur (dieses Citat

ist aus Bot-M. p. 190. entnommen).

494) C. 4, ebenil.: Ouando vero esl, quod ex adiacentia (vgl. Anm. 504.)

temporis relinquiturg tempus vero quando non esty utriusque autem ratio coniuncta

esty ut tempus quidem praeter-itum quando non est, c/fechis autem eius et afl'cclio.

secundum quum dicitur aliquid fuisse1 quando esl; instans autem quando non es],

sed secundum quod aliquid aequale vel inaequalc esl,‘ eius autem afl'ech'o, secundum

quam aliquid dicitur in instanti essel quando est ,‘ futurum similiter tempus quando

non m. f. 32. v. 8.: bistat autem et tempus ab eo, quod quando. quoniam se

cundum tempus aliquid est mensurabilr, ut motus lannuus ...„ at vero secundum

quando niliil mensuralur, sed aliquando dicitur esse.

495) f. 32. v. B.: lll/fert enim quando ab eol quod est ubiq quoniam in quo

cunque tempus est vel fuit vel eriI, in eo quidem quando est vel fuit vel erit, quod

secundum idem tempus diciturg quando em'm, quod ezistenti es!‚ cum ipso instanti

8M, et simul in eodem sunt ubi vero et locusr a qua est vel lil, nunquam simul

in cudcm; ubi enim in circumscriptione es!‚ locus autem in complectente.

496) Ehend.: Quando autem sicut et tempus aliud quidem campositum ests

aliud vero simptezg es! adlem compositum, quod in composita actione consimili

simplex veros quod cum simplici procediL

497) Ehend‚: inest autem quundol non suscipere magis et minus amplius

quando nihil est contrarium

498) C. 5, f. 33. r. A.: ubi vero ext circumscriptio corporis a circmnsnriptiune

XIV. üilbert Porre'tanus. ms

zwei Dinge in Einem Orte oder Ein Ding an mehreren Orten sei, sich

auch obige Controvcrse (Anm. 203) über die Fortpflanzung des Schalles

anknüpftw"); auch das ubi wird in einfaches und zusammengesetztes

eingetheilt, und demselben das Verhältniss des Mehr oder Minder, so

wie auch jenes des Gegensatzes, sogar mit ausdrücklicher Beztehung

auf die Begrill'e des Oben und Unten, abgespröcheu 500). Fünftens folgt

situa, oder wie Gilliert es nennt, positio, in möglichst rohem Realismus

aufgefasst, so dass alle speciellen Erscheinungen dieser Kategorie, wozu

auch z. B. Bauh und Glatt gezählt werden (vgl. Anm. 193), nur als

abgeleitete Ausdrücke betrachtet werden 3""); dass diese Kategorie der

Gegensätzlichlteit fähig sei, wird darum verneint, weil Gegensätze nur

Einer Gattung angehören, hingegen das Sitzen und das Liegen verschie

‘denen Gattungen anheimfallen, indem nur vernünftige Wesen sitzen

können, die übrigen aber liegen 5"9); und während auch das Verhält

niss des Mehr oder Minder hier unstatthaft sei, müsse diese Kategorie

in die nächste Verbindung mit der Substanz gebracht werden, da die

Substanzen eben in ihr ihre Anordnung finden 503). Sodann ist sech

stens noch habitus übrig, welche Kategorie mit dem uns von Abälard

her (Anm. 284) bekannten Begriffe der adiacenlia idemitieirl wird 5'");

loci proveniensg locus autem in co ut‚ quod capit et rircwnscribit Nun est

autem in eodem loeus et ubiq locus enim in eo, quod capiti ubi vero in eo, quod

circumscribitur et complectitun

499) Ebend.: Nequaquam igitur duo in eodem loco esse simul possunt nec

idcm unum in diversis Movet autem quis quaestioncm fortasse idem in diversis

et pluribus coucludens, etenim vox in auribus diversorum est .....lion/iteri oportet

omnino, unam particulani aeris ad aures diversorum pervenire helinqaitnr igi

tur, diversam sensum esse imaginabititcr se generantium et similiteiu

500) l. 33. 1‘. B.: tibi autem aliud quidem ximpte.-c. aliud vero compositanig

simplex quideml quod a simplici loco protrdt'l, composilurn autem. quod ex coni

posita Caret autem abi intentione et remisst'onc, non enim dlcitur alterum altero

magis in loco esse ret minus lnest autem ubi, nihil esse contrarium Sur—

cum enim et deorsum esse contraria pluribus videntur .. .. Lontinyit autem contraria

in eodem esse ...., si enim sursum esse et inferius csse contraria sunt, cum idem

sursum cl deorsum sil, colligitur, idem sibimet contrarium ficri.

501) C. 6. f. ss v. A.z Posilio est quidam partium situs et generationis ordi

naliol secundum quam dicuntur stantia vel sedenlia Sedere autem et iacere posi

tiones non sunt, sed tdenorainatire ab his dicta sunt Satet aulan quaestio induri de

curvo et rectu, aspero et leni Non sunt autem positiones ca, quae dicta sunt

omnia1 sed qualia circa sitam existenlio.

502) Ehend.: Suscipere autem videtur situs contrarictatcn nam sedere ad id

quod stare contrarium esse videtur Ponentibus autem nobia, haec contraria ossc.

inconvenientia recipere cogirnurl hoc quod unum sit contrarium pluriumlnn Arnplius

autem contrariorum quidem ratio cst‚ circa idem natura eristcrc; sedere autem et

iacere non circa idcm natura sunt seium-ta, est enim sedere proprie circa rationalial

iacer-e vero ct accumbere circa diversa.

503) l'. 33. v. B‚: Proprium autem positionisy neque magis neque minas dici

Magis autem proprium videtur esse positionis, substantiae proxime assistere

omnibus quidem atiis formis supposilisg positio enim nihil aliud ext, quam naturalis

ipsius substantiae ordinatio.

504) C. 7, f. 33. v. B.: Habitus est corporum et eorunii quae circa corpus

sunt, adiacentio, secundum quam hoc quidem haben. illa vero dicuntur haheri;

haec autem non secundum totum dicunturs sed secundum particularem dinist'unem, u!

armatum esse K . _ ‚_

Pn man. aesch tl. i lß

226 ' xiv. ‚Gilhert Porretanus.

wenn dann gesagt wird. das Verhältniss des Meln oder Minder sei m

der llegel bei habere statthaft, zuweilen aber, z. B. bei Bekleidet-sein,

unstatthaft, und die Ge'gensätzlichkeit bestehe in dieser Kategorie nicht,

weil Bewaffnetsein und Beschuhtsein nicht Gegensätze seieni’osy so

gibt auch diess hinreichend Zeugniss von der logischen Befähigung des

Verfassers; als Eigenthümlichkeit dieser Kategorie wird angegeben, dass

dieselbe stets auf eine Mehrheit hinweise, was nur in mancher Bezie

hung auch bei der Quantität und der Relation der Fall 561'506); endlich

werden noch fünf verschiedene Bedeutungen des Wortes habere linge

führt 507). Nachdem aber dann diese Erörterung über die „Principieu“

abgeschlossen wird 508), folgt noch eine specielle Besprechung des

magis et minus, wobei Gilbert die oben (Anui. 196) erwähnte Contr0-‚

verse abschneidet, indem die tlradabstul‘ung weder m der Substanz

selbst liegen könne, da diess gegen den Begriff der Substanz verstiesscv

noch aber auch in den Accidenzien, da dann der höhere Grad 1. B.

der Weisse in der Grösse der Oberfläche liegen müssteC), wornach

sich ergebe, dass auch nicht III beiden zugleich. nemlich in Substanz

und ihren Accidenzien, das Mehr oder Minder seinen Sitz habe 5°")

Der positive Entscheid aber, welchen nun Gilhert gibt, beruht darin,

dass das magis vel minus in dem Grade liege, in welchem der facti

sche Bestand näher oder entfernter der Wortbedeutung des die Qttililil

bezeichnenden Wortes stehe, eine Gradabstufung, welche bei Subsunzell

darum nicht eintrete, weil die Bezeichnung derselben in festen Grünten

(in lerminis) sich bewege, wobei jedoch Gilbert zum Selbstbekenntnim

des Unsiunes, welchen er verbringt, hinzufügen muss, dass eine solche

Festigkeit sich doch auch bei einigen Qualitäten finde-“0). Die Saclle

l ‚ .

505) f. 34. r. A.: Suscipit autem habitus magis et minus, annatior emm esl

eques pedite in quibusdam autem non uideturj quod cum magis et minus prdf'

dicenlury ut vestitum esse et similia llabitui quoque nihil est contran'nm, emm

urmatio calceationi non est ccnlran'mn.

506) liberalis Proprium quidem habitus esl, in pluribus existere ln P'lw’

autem aliis principiis huiusmodi inveniesg in quantitate enim solum et i" hlfv

quae ad aliquid sunl, similia reperies Habitus autem omnis in pluribus necessaria

existitv ut in corpore et in hist quae circa corpus sunt

507) Ehend.: Dicifur autem habere multis modisg habere enim dicitur altem

tiourm dicitur etiam uns aliquid habere haberi- quoque in membra dicimur

dicitur vir uxorem haberc et recipere uxor vimm ouare modi hnbvndi. q"

diri consueveruntl quinario numero terminanlur.

508) Ebend.: Et quidem de principiis haec dicta su/ricianL reliqua vero i" "L

quod de Analyticis est , quaeranlur volumine (s. Anm. 21.).

509) C. 8. f. 34. r. B,: Nun ergo secundum suscipientium ipsorum crt‘mflüm"

vel decrementum cum „magis rel minus“ aliqua dicunturg nulla enim ratio obuiaret

hominem el animal el substantiam et cetera consimitia cum „magis ct minus-l din

Maus etiam alio monte maior diciturv cum neuler Amplius autem neque-secundum eu, quae inliciuntg si ecnriemseasterruenldudmecmreasgcnaittudiml

albedinis vel alicuius relerorum dicitur aliquid albius aliquo rel secundum parvilatem

minus album vel quomodolibot atitem utique et magis albus equus vel homovel quail

über aliud albius margarita diceturg etenim maior albedinis quantitas equo um“

quam margin-iine f. 34. v. A.: Palet itaquey nihil secundum magis el minm

pi-aedieari neque serundum subierti solum augmentum rrl diminutionem neque setur

dum accidentisg quare neque secundum utrumque

510) l‘. 34. v. A.: oportet igitur ab alio ea moenirß. quae cum „man“ d

xtv.--. Gilbert Porretanus‚ collum Freising e ‘ 227

läul‘t ja schliesslicb auch in den Kern aus, dass in der Vielhcit des

Materiellen überhaupt das Werden und die Relativität ihre eigentliche

Stelle habenan und der unlogische Realist macht dann für dieses

Gebiet den Sprachausdruck zum Maassstahe, während er tur den Um

kreis des wahren Seins in dem Worte nur den Abklatsch einer Idee

besitzt.

So gibt uns Gilbert‘s Schrift über die Kategorien einen wahrhaft

trübseligen Beleg dafür, dass jene Zeit um Nichts weniger unbeholfen

und unfähig war, als die vorhergegangenen Jahrhunderte, sobald man

nur irgend ohne das Gängelband der Tradition in den einfachsten llingen

einen selbstständigen Schritt zu thun versuchte,

Als einen Anhänger aber Gilbert’s bezüglich der Auflassung der

Universalien zeigt sich uns Otto von Freising (geb. 1109‚ gesl

1158), welcher in seine historischen Werke zuweilen förmliche Excurse

philosophischen Inhaltes verflicht und dabei in den üblichen Redens.

arten seinen theologischen Respect vor l’lato und zugleich die Werth

schälzung der aristotelischen Logik aussprichl5l2). indem er gelegent

lich einmal der Annahme beistimmt, dass die concret existirenden Wesen

den lnhalt und Gegenstand der erklärenden Aussagen bilden, hingegen

die Art- und tiattungsbegrill'e im Hinblicke auf die in ihnen beruhende

Ursächlichlteit von den Dingen prädicirt werdenbm), erklärt er sich

ein anderes Mal ausführlicher über dieses Verhältniss, wobei er voll

ständig die Ansicht Gilbert’s, selbst im worllaute übereinstimmend (na

minus“ dicimlur. llumsmodi vero sunt ea, quae sunt in voce commi quae adire-niunty

et non secundum subiecti vet mutatis crementum oet diminutionemy sed quoniam eorumy

quae sunt in vocey impositioni propinquiora sunt sive ab eodem remotiora sunts de

Iu's etenim cum hmagisu dicuntun quae proximiora sunt ed. quae in ipsa voce m,

iugmsithzmiv eum „minus“ autem de tuin quae remotiora consistunt ouanto igitur

ad vocis impositionem acci-dens pim'ori infinitur albedine, tanto et candidior assigna

bitur hubitabit autem attquis. quare haec quidem cum „magis et minusu dican

turl substantiae rem minime Hoc autem contingiL quoniam substantiarum inipositio

quidem in temiino estv ultra quem transgredi impossibile est. Addimr autem et de

accidentibus quibusdani. quae sine .‚m/iyis et minusu dicurtttir. ut quadranyulusl

triangulus et similin.

511) f. 34. v. B.: In sutnecto enim duo sunt, quorum haec quidem est forma

secundum ruh'onem. haec autem secundum matertamg quando igitur in his duobus

est trans-mulatiol generatio et corruptio erit simpliciter secundum veritatem list

autem nmterm muxrimc quidem subiectum generationis et carruptionis proprie suscep

tibitc haec autem hoc aliquid signnicant et substantiam haec autem qmm. huet

autem quantumg quaecunque igitur non substantiam signiflcant. non dicuntur sim

pliciter sed secundum aliquid yenemri.

512) Uhren. ll, 8, p. 27. ed. llrstisiuss Sacrates educavit litatonem et Ari—

stotetenh quorum alter de potentia sapientia bonitate crentun's ac creatum mundi

creationeve hominis tam tuculenten tam sapienterv tam vicina alter vero dialectioae libros artis iwt primus edidisse vel in melveiruistatciorrdeizsipsustart acutis

simcque ac disertissime inde dtsputasse invenitun

513) De gesl. Frid. Prolog. p. 405. U1'stis.: sicut enim iurta quoi-undam in

logica notorum positi-oneml cum non formarian sed subsistentium proprium sit pme—

dicar-i seu declarari, genera tamen et species praedicamento transsumpto ad causam

praedictum dieunturr rel, ut communwri utar exemplar sicut albedo clarat mors pal

lida. eo quod ctaritatis atti-ral palloris altcra causa sit, appellatur. ('Iv. (Der

Ausdruck lmnssnmplio. sowie das nemliche Beispiel albedo clara bei Gilhert p.

1142,. s. Anm. mii -“' - au "H

lixt

f

228 XIV. oni v. Freising. Pseudo-Boethius De unilate.

tioumy naturas forma. oon/iarmt's. madunatt'o, —- nonne esse er lama

eat" —) wiederholtö“). ln demselben Sinne hezeirhnel er an einer

anderen Stelle (mit polemischer Wendung gegen Wilhelm v. Champeux) e

das Universale als „quasi in unum versate“ und knüpft hieran eine ety

mologische Rechtfertigung der Worte und Begrill‘e diotduum und indi

viduam-ubiq auch [heilt er mil Gilhert die naive Gleii-hslellung der

Dinge und Worte-“6), sowie er auch einmal jene logische fumi-ibum

erwähnt‚ welche an dein Kletterhuume der Tabula logira veranstaltet

whitan

Zur gleichen Gruppe gehört auch eine kleine anonyme Sehril‘l„l)e

unitate et uno“, welche oll‘enbar in den damaligen Trinitms—Streiug

keiten die Veranlassung ihrer Entstehung hat, aber ebenso wie jenes

ältere Werk De trinitate für ein Erzeugniss des boethius gehalten

wurde "'8). Es waltel in der Frage über die Einheit, auf welche auch

am lie ycsl. friit l, 5, p. 408.2 Nutinun velut natum aut genitum disci-nileus

a genuina (s. Anm. 464.) ln nam-is igitur omnem naturam seu ‚immun, qut

integrum esse subsistentis sit, vel actu et natura vel natura saltmn con/omnem Intth

necesse est .. .. Partes autem hic voco eas formas (Anm. 468.), quae ad sempme

speciem aut in capite pommtnr, ut yenerales, aut aggrcguntur, ut differeatiates, aut

eas comitanturs ut accidentalcs Patct, humanitatem Socratis secundum omm

parti-s et omnimodam e/fcctum humanitati Ptatonis con/minem esse, ac secundum hoc

Socratem et Platonem eundem et unum in universali Concren'o etiam in naturatilius non solum coadunatiouedicfiorsmoaleereet (snAlnismi.sten4l7i4'.s), Md

ez multitudine ucct'dentium, quae substantiale esse comt‘tantnr, considerari potui

(Anm. 464. u. 471.) Sunt aliae formae subiectum integrum infmmanten du“

naturam tantam couformem hang esse quippe solis, etsi non acta, natura tun/1’"

mam haberc noscitur, quare, quamvis plures solos 'non samt. sine repugnantia Mm“

naturae plures esse possent (Anm. 479.) (p. 410.) omne namque esse e:- fama

ost Tantum de eu, quae a philosophis ymitura, a nobis factura seu creatum

dici solety disputationi-m instituimusg sed notandum quod compositio alia formarum

atia est subsittenttuni. formarum cx formis. subsislentium ez subsistentibus F"

marum autem aliae compositnc, aliau simplicesg simplicesl ut albi-doa composituh “l

humanitas undo boethius in octava regula libri llebdomade „omm' compotm

aliud est esse, aliud ipsum est" (s. Anm. 37.),

515) Ebend. 53, p. 437.: Universale": dicu, non ut eo, quod una in plurihi

sit, quod est impossibile (Anm. 105.), sed ez hor. quod plura in similitudine viventh

ab astimilandi unione universalis quasi in unum cerealia diuntur Ex quo ram

quare singularem ‚ individaatem vel particularem dixerim ‚iroprtetalem, eam niminltlh

quae suum subiectum non ossimitat aliis, ut hamam'tas, sed ab aliis dividit, dlf

cerm't, partiturl ut ea, quam ficto nomine solennis dicere „Platonitas“, a diridltltlo

individua, a partiendo partieulnrt's, a dissimilando singularis dicta. Nee autem

quod potius n dividendo dioiduamy quam individuam dici oporleotg nam cum ‚um

subiectum non solum ab aliis dividat vel dissimili-h sed etiam in sua individuell/d"

et dissimilitudiue tam fimu'ter manare faciat, ut neo sit nec fuerit nec futurum S“

aliud subiectam. quod secundum eiusmodi proprietatem illi assimitori qaeat, militis

individuam privando. quam dividuum ponenda vocatnr, eiusquc oppositnma quod dtfi

dcndo pluribus communirat et communicando divi-diti rectius diniduunl dici dem

(Anm. 479.).

516) Ebend. p. 438.: tium enim omne esn ex forma sitl quodlibet subsistm

rem et nomen a sua capit forma (Anm. 458, 474, 482.).

517) Ebend. 60, p. 444.: iuxta logicoram enim regulam methadus a um"

ad destruendumj a specie valet ad construendum (Anm. 480.).

518) Gedruckt bei boethii Opp. ed. naui 1s1o. p. 1274 IT. ltaoaisson utar

ports snr tes bibliothdqun des departements de t’ouest. Paris 1841. p. 169.) Md

XIV. Einzelne Autoren. I m

Gilbert geführt worden war (Anm. 477 f.) jener nemliche Realismus,

wle bei Gilbert oder bei Ottoi’w), und wir mögen vielleicht höchstens

erwähnen, dass sich hier eine wunderliche Aufzählung verschiedener

Bedeutungen des Wortes „nimm“ tindet 520).

ln die nemliche Zeit aber, d. h. ungefähr zwischen mo und 1170,

fällt auch das Auftreten einiger Anderer, von welchen wir fast nur die

Namen kennen, und es drängt sich uns bei jedem Schritte unserer Un

tersuchung wieder die Erwägung auf, dass die uns zugänglichen Quellen

immer noch nur eine fraglnentarische lt'enntniss ermöglichen. Man wird

es ja als zufällige Notiz bezeichnen müssen, dass Johannes von Sales

bury, wo er den Lauf seiner Studien erzählt, einen gewissen Alberich

nennt, welcher nach Abälard's Tod in St. Genevieve zu l‘aris docirte

und energisch den Kampf gegen die Noininalisten aufnahm, wobei ihn

ein bedeutendes Talent des Distinguirens unterstützt haben magä'n).

Ferner berichtet Johannes, er selbst habe einen gewissen Williram

von Soissons in der Logik unterrichtet‚_welcher dann durch ihn

bei Adam von PeuL-Pont (Anm. 440 tl'.) eingeführt worden sei und hier

auf gegen die Anhänger der alten Logik (anliqai. logicae neluslas, s.

in einer Handschrift von SL-Michel einen anonymen Traclat, welcher nach den \on

ihm angeführten Anfangs-Zeilen identisch mit diesem Pseudo-Boethius ist.

sun p. 1274.: omne enim esse ex forma est in rebus wenn's, sed nullum

esse ex forma est.. nisi cum forma maleriae unita ext,- esse enim non est nisi ea:

coniunctione formae cum materia cum autem forma materiae unilur. ez con

iunctione utriusque necessaoia aliquid unum constituitur ljnitia autem non fit

nisi ab unitate Fonnu autem non tenet unitatem cum materia. nisi unilas si!;

ideo materia eget unitate ad uniendum se et de natura sua habet multiplicarig unilas

vero retinetj um! et colligitv ac per Iiaec, ne materia dividatur et spargaturv necesse

est ut ab unitate retineatur n. s. f.

520) p. 1276.: linum enim aliud est essentiae simplicitate. aliud simpli

dem cognitioney aliud continuitatel aliud eompositionev aliud aggrrya

tiane, aliud praepoaiüonc, atiud accidente, atiudnumero1 aliud rationev

aliud natura unum1 ul participatione speciei plures nationc, aliud m'ore. homines unus, aliud

521) tola Saresb. MetaL ll, 10, p. rs f. (ed. Giles): caritati me ad Peripate

ticum Palatinum. qui tunc in monte Sanatue cenaeo/ae clarus doctor et admirabilis

omnibus praesidebutj ibi ad pedes eius prima artis huius rudimenla accepi . . . . ..

Deinde post discessum eius, qui mihi praeproperus visus esl, adliaesi magistro Al

beritav qui inter ceteros opinatiseimus dialecticus enitebal et erat revera dtominatis

sectae acerrimus impugnator. Sic [ernte toto biennio conoersatus in monte artis

huius praeceptoribus usus eum Alberiro- et magistro Roherlo Metidunensi (s. oben

Anm. 453.) quorum alter (d. h. Alberich) ad omnia scrupulosus locum quae

alienis inueniebat ubiquel u!, quanti-is polita planities, ofl'endt'culo non carerel et,

ut aiunt, scirpus ei non esse! enodis, nam et ibi monstrabah quid oporteat cnodari

Apud hos toto exercitatus biennio sic locis assignandis assuevi e! regulis et

aliis rudimenlorum etenientisy quibus pueritee animi imbuuntur et in quibus prac/ali

ductores potentissimi erant et expeditissimi, ut etc. Eine Erwahnung dieses Alberieh

findet sich auch bei Joh. Saresb. Emhet. v. as f.: tste loquax minimumque dicam

redotet ldetidunum. creditur Atberico doctior iste sua Welcher Alberich aber unter

den Mehreren dieses Namens, welche in jener Zeit erwähnt werden, es gewesen

sei, lasst sich nicht mit Bestimmtheit sagen; die erwähnte Zeitangabe macht es

wahrscheinlich. dass es Alberich von Rheims. mit dem Beinamen de Porta Veneris,

war, welcher später den Johannes v. Salesbury und den Erzbischof Thomas bei

ihrem Exile in Italien gastlich aufnahm. S. Bulaeus, hisl. im. Par. ll. p. 724. u.

llistoire litter. de la Prauce XII. p. m -

ego XIV. Einzelne Autoren.

oben Anm. ss ll.) eine eigentln'imliche Veranstaltung (machina) ersonnen

habe522). Sodann bezeichnet Johannes ein anderes Mal ausser jenem

seinem Gegner, welchen er Cornillcius nennt (s. sogleich unten), den

Vertreter einer anderen, wie es scheint, übertriebenen und abstrusen

Richtung der Logik mit dem fingirten Namen Sertorius523). Hiezu

aber kömmt ausser schlecht beglaubigten Notizen über einen David

in Hirschau und einen iohannes Serlo von York 52“) noch eine an

derweitige Mittheilung durch einen Autor aus dem Ende des 12. Jahr

hundertes, nemlicb durch Walter Mapes, welcher in seinen aulieb

ten gelegentlich eine Kenntniss der in den Schulen hervorragenden

Persönlichkeiten und Richtungen zeigt; derselbe erwähnt (mit der-{e

merkung, dass Aliälard die meisten Anhänger habe) ausser dem Bern.

hard v. Chartres, dem Petrus v. Poitiers und dem Adam von Petit-Pont‚

einen gewissen Heginaldus, einen gewaltigen Schreier, welcher Alle

tadelte und den Parphyrius an den Galgen 'hieng (laqueo smpemiitl1

so dass wir vielleicht in ihm jeneh Cornifieius des Johannes v. Salesl

bury erblicken könnten; ferner neben dem Robert Pulleyn einen äusserst

spitzfindigeu Manerius, einen witzigen Bartholomäus und einen

Robert Amiclas 525). Auch mag erwähnt werden, dass das Gedicht

fut-ta me

522) Ebend. p. 80.: Unde ad magistrum Adam familiaritatem contrazi ul

teriorem Interim ll'illermum Sucsu‘onensem, qui ad cxpugnandam, ut aiunt sur',

logicac vetustatem el consequentias inopinabiles construcmlas et antiquorum sententias

dimendas machtnam postmodum freit, prima logices docui elementa et tandem iam

dicto praeceptori apposui. lbi forte didit-itp idem esse ez contmdictione, quum Ari

stoteles obloquatur, quia „ident quum sit et non sita mm necesse est idem esse"

(diese Worte finden sich Anal. pr. ll, 4. m b. 3, s. Abschmlva Anm. 614.) et item

quum aliquid sity non necesse est idem esse et non esse; nihil enim ex conti-attico

tione evenit et contradictionem impossibile est ex aliquo erenire, unde nec amici

machina impellente urgeri potui. ut c'rcdam, eo: uno impossibili omnia impossibilia

proreuim Selbst abgesehen davon, worin denn diese räthselhafle machirm bestan

den haberi soll, ist mir diese ganze Stelle, deren Text wohl auch verdorben sein

mag, rollig unverständlich geblieben; nur so viel geht aus einer anderen Stelle

(unten Anm. 624.) hervor, dass man an jene aristotelischen Worte die hypotheti

schen Syllogismen anzuknüpfen versuchte.

523) Enthet. v. 116 ms Si quis credatur logicus, hoc satis est; Insam‘re putes

poti-usa quam philosophari. Seria sunt etenim cuncta molesta nimr's, llultescurtt

nugaej vultum sapientis abhorrent. Tormcnti genus est saepe ridere librum. Ablac

laus nimium teneros Serlorius olim biscipulos fertur sic docuisse suos ‚' hoctor enim

iuoenum pretia compulsus et aere Pro magna docuit munere scire m'lu'l.

ffi minl -Trithcm. Arm. Hirsaug. aura 1137. (Ed. St. Galt. 1690, l, p. 403.): Da

u'd .... .. mortuo/ticum habitum suscepit Scripsit quaedam non spernendae teutonis

opusculo dc grammatica L. 1, in Perihermcnias Aristolelis libros duos. Dass je

doch die Angaben des Tritbcmius geringen Werth haben. Weise jeder Kundige;

hingegen noch weit schlimmer steht es bekanntlich mit Pitsms‚ welcher häufig,

wo er nicht den Leland aussehrieb, reine Lügen ersann, daher es vielleicht kaum

der Erwähnung werth ist. dass derselbe, De itlustr. Angl. scripL p. 223 t'. (ad mm.

1160.) sagt: ioannes Serlo dictus magister Serlo ex Eboracenst' canont'cn factus

est Fontanus Abbas Scripsit de aequivocis rlictionibus librum unum, de

univocis dictionibus librum unum. „‘ .‚-‚;r.

525) The talin pocms commonty attn'buted to Walter Maßes, collected and edi

ted by Thomas Wn'ght (London 1841. 4.), woselbst auch das Nähere über Walter

Mapes in der Einleitung erörtert ist. ln Einem Gedichte. Metamorph. Gohae, v.

189 fli (p. 28.), findet sich folgende Stelle: lbi doctor cernitur ille Camorensis, cuius

lingua rehemcns mmcat velut ruszs, Et hic praesul proesulum slat Pt't‘tavtettsis, Prtu:

‚p il

l

ii- ‘I‘hl . XIV; Der sog. Cornificius.‚ w?! md 231

mit einer Austreibung der Mönche aus den Schulen der Philosophen

endigt 52°), sowie dass ein anderes Gedicht, welches ungefähr der nem

lichen Zeit angehört, in sehr Iauniger Weise den Gegensatz zwischen

sinnlichem l’fafl'enthum und seiner logischer Bildung schildertöz").

An die Genannten reiht sich endlich noch jene ganze Bichtung an,

welche Johannes v. Salesbury, indem er nicht gegen die Person, son

dern nur gegen die Sache kämpfen will, mit dem symbolischen Namen

Cornificius bezeichnetus). Die zahlreichen Stellen, in welchen er

diesen seinen Gegner oder die Anhänger desselben erwähnt, treffen in

dem Einen Punkte zusammen, dass es Mehrere gab, welche jede Tech

nik des denkenden Bedens (eloqucntia oder logc'ca) von vorneherem als

unnütz verwarfcn, 'da Alles auf Naturanlage beruhe, und hiemit, wer

diese besitze. ohne alle Technik von sich selbst auf das Richtige komme.

wer hingegen keine Begabung habe, auch durch die Theorie nicht ge

fordert werde 529). Und wenn hinzugefügt wird, dass diese „Philo

et nubenlium miles et cristi-ensis (hierauf die oben, Anm. 442., angeführten Verse)

(‚'eleln'em lhcoloyum vidimus Immbardum, Cum nunc Helyam Pelnim (beides

Grammatikcr) cl Bernardum, Ouorum opobalsamum, spiralos et nardum, Et profesu'

. plurimi sunt Abaelardum, Reginaldus monachus clamose contendit Et obliquis singulos

verbis comprehendit, Hns et hos redarguit, nec in se deserndit, Om' nostrum Por

pliyrium laqueo suspendiL lloberlus lheologus corde vivens mundo Adesl cf llhmeriusv

quem nullis secundo. Allo loquens spiritu el ore profunde, quo quidem sublilior nul

lus est in mnndo. Hinc et Bartholomaeus fccim oculus Rhetor, dialeislitmsy sermone

astnlns, EI Robertux Aminlas simile seculum (‘nm bis. quos praelereo, populus

minutus.

526) Ebend. v. asa (p. 30.): Om'dquirl tantae curiae sanclione datur, Non

n'an in irritum, ratum habeatnr; Cucnllatus igitur grez vilipendalur Et a philoso

phiris scalis expcllatur. Amen.

5‘27) ln- presbytero et logica (gleichfalls von Wright herausgegeben a. a. (l.

p. aiu ff.) in 216 Versen, worin sich allerdings für unseren Zweck kein geschicht—

licher Beitrag findet. Der Gegensatz der Richtungen spricht sich aus z. B. v.

eo fl‘.: Logicus: Fallis, /'afhs, presliytcr, coelum Christianum, Abim‘m' loqucris,

laedis Prisrianum, Tc probo lalsidicunu le probo vesanum Presbyter: Tore, tace,

logier, tacc, vir fallafor, Taue, dux insam'ae, legis variae lalor Log.z Peccasti,

sed gravius adiicis precum Legem hanc adiiciens variam nominare; Sanum cst, dir

serere vel grammalizarey Si insanam putas, velim dicas qnare. l‘resb.: Deo es!

odibile vestrum argumentum; lbi nulla uerilasl lolum est fiq‘meritum, oder z. B. v.

129 llli 1.09.: Audi, inter phialas quid philosopharis; foltus, non philosophus, hinc

esse probaris, Slullo sunt similia singula. quae faris, Epicure lubrire, dux inglu

nici, cuius deus venler esl, dum sie servis ei etc.

528) 10h. Sareab. Metal. l, 2, p. 14.: utique pur cst, sine ilerogalione pcr

sonuc sententiam impugnare, nihilque turpi'us, quamv quum sententia displicel aut

opinio, rodere nomen auctoris veterum opinioni reluclor, quae mullos perdidil,

eo quod popalnnt, qui sibi credot, Itabet, al licel antiquo novus L'crm'flcins ineptior

sit. ei tamen turba insipienlium acquiesciL Polycr. l, Prol. p. 15.2 Acmulus non

quiescit, quoniam et ego meum Cornifict'nm habeo . (tut's ipse sit. nisi ab iniurc‘i':

Iemperet, dimm procedat tamen et pnblicet, aryuat mirum ratione vel auctori

tate mendacium. Aus der Ausdrucksweise in diesen beiden Stellen geht hervor,

dass der Name Corui/icius nnr von einer antiken Persönlichkeit auf den eigenen

Feind des Johannes symbolisch übertragen sei, und es ist mit Gewissheit anzu

nehmen, dass die Angaben des Donatns (Vita Virgilii, c, 17 f. , s. Virg- opin ed.

Wagner l. p. xctx f.) über einen C0miflcius, welcher „ob perrersam naturam“ ein

Gegner Virgils gewesen sei, die Veranlassung blezu darboten.

sem Ebend. Mrlal. l, f, p. m t Miror itaque quid xihi vult, qui elo

quentiae negat esse studendum p. 13.: Cornifirius nosth studiorum eloquentiae

232 XIV. Der sog. Gorniiicius. johannes-jt Salesbury.

sophcn auf eigene Faust“ unl Verschmahung des ganzen Triviums und

Quadriviums sich auf praktische Dinge und auf tielderwerh warfen 5im),

so läge hierin ein bedeutsames Anzeichen, insoferne diese Richtung

nicht etwa von klerikaler oder dogmatischer Anschauung aus. sondern

in Folge eines praktischen Dranges dem Wustc der Schulweisheit abge

neigt gewesen wäre und auf den unmittelbaren werth individueller Be

gabung hingewiesen hatte. So könnten wir Solches als ein Vorspiel

späterer Tendenzen verstehen. numen wir auf den sog. Cornificiu.‘

auch die Notiz beziehen, dass Einige die Kategorien und die lsagoge

als unnütze Elementarbücher verworfen 531), so könnten Wir vielleicht

den obigen Begiualdus wenigstens für einen Vertreter dieser Partei

halten 532), wenn es nicht unnütz wäre, bei einer so lückenhaften

Quellenkenntniss hlosse Vermnthungen aufzustellen. Wie aber Johannes

selbst sich die Entstehung einer solchen Opposition gegen die Schul

Logik gedacht habe. wurde oben, Anm. 52 f.‚ angegeben.

Hiemit aber wenden wir uns zu eben jenem Autor selbst, welchen

wir bisher schon so häufig als Quelle benützen mussten, nemlich zu

Johannes von Saleshuryi‘i’a). Derselbe (gestorben i. .l. naoi

imperilus el rmprobua tmpuynuloi. (1.3, p. 15.: Fuliellis tamen et uuyu suos

"poscit intern» auditor-esl quos sine artis bcne/icioy si vero sunt quae promt'ttt'l, faciet

l eloqitentss et tramilc compendium sine labore philosophos. C. 6, p. 23.: Neque enim

ul L‘orm/icius meipsum dovui Nun est ergo ex eius senienlio studendum praeccptis

eloquenliae, quoniam eam cunclis natura ministral uui nryat; si ultro minislrat aul

spe/de, opera super/Int‘l et ililigeittia; si vero uegul, ine/fen est ei inam's. C. 10.

p. 29.: Eo itaque opinionis vergil intentio ‚ id non omnes mutos Meint, quod nec

tii-ri potest nec expedil, sed ul dc medio logicum lollaL Ebend. ll. Prael. p. 62.:

tom-cal quam, etsi mutilus sil et amplius mnlilandns, domi/imus purielem solidum

caecati more palpa»: impudenter altentat ei impudcntius criminalnr. Ebend. ny 25.

p. 181.: Sed (‘orni/iot'us nollet-l logicae t'riminutnr, philosophantt'nm wurm. non

immcriio conlemnelttr. Enthel. v. 61 lis lium sil ab ingenio lommy non sit libi

ourae. quid prius addiscas posleriusve legum Hat‘c scola non cnral, quid sit modus

ordore quid sit, 01mm teneant doctor discipulus-ve t'iam.

530) Metal. l. 4. p. 20.: Alii autem (-‘omificio similes ad vulgi pro/essiones

easque profanas relapsi sunt parum runmles, quid philosophia doreal, quid appeten

dem fuyicndumvc denuntiet, dummodo rem fariunl, .si posstmt, revie, si non quo

cunque modo rem (H01. Ep. l. 1. 65.) Evadebant illi repenlini philosophi et

.cum Comt'fioio non modo lrivii nostri, sed totius quadrivii oontemptores.

san Ebend. lll, 3, p. 123.: Sinn, qui librum islum (d. h. die lialeyoriaejv

quoniam elementttrius esl, inulilem fere dicunl, el satis esse putant ad persuaden

411"". se in dialectica disciplina et apodictica esse per/min. si conlmpserim vel igno

raverinl illu. quae in primo commento super Porphyrium. antequam artis aliquid

attingatur, docel Boethius praeleyenda.

532) Möglicher Weise ltt‘mnte dann in obigem „luqueo suspendilu (Anm. 525.)

selbst wieder ein Wortspiel mit t'orm'ficius und conti/ez stecken. Ein anderes Wort

spiel mit cornicari s. unten Anm. am

I 533) Gründliche litteraturgeschichtliche Untersuchungen über Joh. v. Salesbury

hat Christ. Petersen in seiner Ausgabe des Entlieticus (Hamb. nam gegeben. Die

Monographie, in welcher Herrn. Reuter (Joh. v. Salesb. Z. Gesch. d. cbristl. Wis

sensch. im 12. Jahrh. Berl. iam die Lehre des Johannes darzustellen versuchte,

leidet durchgängig an einer ebenso Schiefen als ausserst mangelhaften Orientirung

des Verfassers. — ich citire nach der Gesammtausgabe von A. Gites (Oxford

1848, S, 5 Bande, wovon der Polymuticus den 3. u. 4. Band fallt, der Mi-ialooicus

aber im n. sich findet), wenn auch dieselbe durchaus nicht sorgfaltig gemacht

t l

. ß l .

XIV. Johannes i. Salesbury. eas

hatte das Studium der Logik in Aliälard’s b'cliule begonnen, bei obigem

Alberich, bei Robert von Meluii und Wilhelni von Conclies fortgesetzt.

trat dann in wissenschaftlichen Verkehr mil Adam von Pelil-Pont1 hörte

abermals Dialektik bei Gilliert l’orretanus. Theologiev bei Robert 1‘ulleyn.

kehrte dann zu den Abälarilianerii zurück. welche während der zwanzii.y

Jahre Nichts gelernt und Nichts vei'geSsen balteus-ny und verfasste

um d. J. 1160535) seinen Metaloyicus, in welchem er hauptsächlich

seine Ansichten über Logik niederlegte. Johannes hat dieses sein Werk,

wie er selbst sagt, nach langjähriger Unterbrechung seiner logischen

Studien nur aus dem Gedächtnisse rasch in kurzer Zeit geschrieben.

nicht um einen Uommentar zum Lehren oder Lernen zu verfassen, son

dem hauptsächlich uui gegen die erhobenen Angritl'e den Nutzen der

Logik zu erweisen und so dieselbe zu vertlieiiligenm"). ‚

Der Nützlichkeits-Standpuiikt ist ihui der entscheidende, und es

wird uns schon hiernach nicht unerwartet sein. wenn wir in ihm einen

völlig principlosen Eklektiker trell'en werden 537). Bei dem praktischen

Utilitiits-Drange unterscheidet er sich von seinem Gegner llornilicius nur

ist und namentlich durch die sinnloscstc Interpunktion häufig das Verstanduiss er

schwert (die nothigcn Aenderungcii hierin nehme ich stillschweigend vor).

534) Metal. ll, 10, woselbst nach der oben Anm. 521. angeführten Stelle

folgt (p. 79.): beinde me ad grammaticum de ConrJiis transtnli ipsumque triennio

doccntem uudi'ui‘; hieraul folgt der Inhalt obiger Anm. 522.. sodann (p. 81.): Re

versus itaque repeii magistrum Gitbertmn ipsumque audiui in logicis et divinng

sed nimis cito soliti-actus rst; successit Hubertus Pallas, quem uita pariter et scientia

conmmidabant; deinde me excepit Stm'un I’eriacensis .. .. sed lms duos in sah's theo

logicis habui praeceptor-es lucundum itaque visum est, veteres, quos reliqueram

et quos adhuc dialectica detinebat in rannte, revi'sere socios1 con/erre cum eis super

anioiguitatibus prislinis, ut nostrum invicem er collatione mutua commettremui pro

fectum. lnventi sunt, qui fuerunt et ubi; neque enim ad palmam visi sunt pro

ressissc ad quaesi‘iones pristinas dirimendas neque propositiuneulum unam adieceranL

Eheiid. Ill, 3, p. 129.: Habui enim hominem (d. h. den Adam v. Petit-Pont. s.

Anm. 441.) familiarem assiduitate colloquii et communicatione librorum et quotidiano

fere exercitio super emergentibus arliculh conferendi'; sed nec una die discipulus

eius fui , ei tamen habeo yralios. quod eo doc-ente plura cognovi. plura ipsius

ipso arbitrio reprobavi. Vgl. liiezu Anm. 54.

535) S. Petersen a. a. 0. p. vl u. 7311".

tue-

636) MelaL Prol. p. 8.: St quideml quum opera lugicorum vehementius lan

quant inutilis rideretur, et me indiynaiitem et reuiteulem aemulus quotidianis /ere

iurqiis provocaret, tandem litem eccepi et ad calumnias studui respondere Pla

mit itaque sooiis, ut /t0t‘- ipsum tumultuai-io semione dictorum cum nec ad senten

tias subtiliter examinandas nec ad verba expolimdu studium superesset aut otium .. . .

(p. 9.) Nam ingenium hebes esl et memoria infidelior, quam ut antiquorum (s.

Anm. sa II.) subtilitatcs percipere am, quae aliquando percepto sunt, diutius valeant

retinere Et quia logicac suscepi patrociniumy Metalogicou inscriptus est libeh

Ebend. lll, prael‘. p. 113‚: Amu' fere viginti elapsi sunt, ex quo me ab officini's

et palaeslra eurum, qui logicam pro/itentur, rei familiaris avulsit anguslia . Unde

nie ercusati'orem habendam puto in hisv quae obtusius et incultius a me dicta lector

inveniet (p. 115.) Ergo procedat oratio, et, quae onliqualae occurrunt memo

riae de adolescentiae stadii's, quoniam iucunda aetas ad mentem reducitur etc. 111,

10, p. 156.: propositum est scilicct, ut potius aemula occurraturl quam ul in artes,

quas omnes docenl aut discimt. commentarii scn'bantur a nobi's. l

537) Herm. Reuter ist gauzlich in lrrthum. wenn er von einem „höheren

philosophischen Standpunkte“ spricht, von welchem aus Johannes sich über die

damals streitenden Parteien erhoben habe.

asa XIV. Johannes v. Salesbury.

idudurcb. dass er nicht wie jener die Srhnldot-trin verwirft, sondern

diese selbst praktisch machen will: aber Philosoph ist er ebenso wenig

{als Cicero. mit welchem er sich in inniger Uebereinstimmnng befindet.

Er bekennt sich ja selbst ausdrücklich zur Probabilitäts-Lebre der von

Cicero empfohlenen akademischen Sekte 53“) und findet hiernach in der

praktischen Nutzbarkeit den einzigen Zweck aller Wissenschaft 539). In

solchem Sinne äussert er sich über die Wortklauberei und Spitzfindig

keit der llialektiker in so starken Ausdrücken. dass der principiellste

Feind aller Logik kaum heftiger sprechen könnte 540); ja sogar an den

Erörterungen über die Kategorien, welche sein Lehrer (‚‘ilbert gepllogen

batte‚ Iindet er, obwohl vielfach mit demselben einverslanden (s. nnten

Anm. 582 tl'. 593 ll. u. 606 Il‘.) dennoch zu ladeln, dass hierüber die

moralische Selbsterkenntniss verkürzt werden könne 5“1), und hinge

rissen von dem Eifer für Moraltbeologie bezeichnet er die aristotelische

Logik. welche er doch gegen Angrill‘e vertheidipen will. mit dem Worte

aalutiae, welches wir bei fanatischen Gegnern der Philosophie zu finden

gewohnt sind 542).

538) Polycr. l, l’rot. p. 15.: ln philosophicis academiee disputans pro rationis

modulqu quae nceurrebant proliabitia. senatus sum, nec Aeademieorum erubeseo pro

fessionem, qui in bisj quae sunt dubitabilia sapientil ab eorum vestigiis non reccdo;

licet enim serta baec tenebras rebus omnibus videatur inducere, nutlu veritati exa

minandae fidetior et auctore Citerone, qui ad eam in senectute divertily nulla pro

feclui lamiliarior est. Metal. ll, 20, p. 102.: qui me in bis, quae sunt dubitabitia

sapientii academicum esse pridem professus sum.

539) Melal. Prol. p. 9.: De moribus vero scienter nonnulla inserui ratus, omm'a,

quae leguntur aut serilmntur. inutilia esset nisi quatenus alferunt aliquod minimi

culuni t'itae; est enim quaelibet professio pliilosopbaudi inutilis et falsa, quae se

ipsum in cultu virtutis et vitae exhibitione non aperit

540) l’olycr. vu. 9, p. 110.: Suspiee ad moderatores philosophorum temporis

nostri eos in regula una ant duobus aut pauciitis verbis invenies ocmpatos,

aal. ut muttnm, raumlas quaestiones aptas iurgiis elegerunly in quibus ingenium

suum etereeant et eonsumaut aetateing eas tamen non sufficiunt enorlnre, sed nodum

et totam athbiguitatern cum intrieatione sua per auditores suos lransmittunt posteris

dissotoendumy latebras quaeruntl variant faeieml verba distorquenh si in eo

perstiteris, ut, quocunque verba ile/inani et volaantur, quid velint1 inlelligas. et

quid sentiant in tanta varietate rerbornm, et tandem vincientur sensu suo et rapien

tur in verbo oris sm', si substantiam eoruml quae dicurtl, ottigeris firmiterque tenue

rie. Ebend. 12, p. 122.: Errant utique et impudenter crrant, qui philosophiam in

solis verbis eonsisterc opinanlur; errant, qui virtutem verba putant Oui verbis

inhaerentl malunt videri quam esse mpientes, quaestioneulas morent, intn'cant

verba, ut suum et alienum obdueant sensum. paratiores venti/are quam examinarel

si quid difficultatis cmersiL Hiezu obige Anm. 58.

541) Ebend. lll. 2, ‚p. 164.:‘lnde est forte, quod illt', quia prima totius

philosophiae elementa posteris tradere ruraverunty substantiam singulorum arbitrati

sunt intuendam, quantitateml ad aliquid. qualitatem situm esse. ubi, quando, haben,

facere et pati, ’et suas in omnibus his proprietates, an intensionem admittunt et

susceptibilia sint contrariorum et an eis ipsis aliquid iniveniatur adversum (all diess

letztere hat eben Gilbert erörtert. s. Anm. 489—509.); proridc quidem haec et

diligenti-ri etsi in eo negligentiores exstiteruntv quod sui ipsius notitiam in tanta

rerum luee non asseeuti sunt etc.

542) Ebend. IV, 3. p. 227.: Astutias Aristotelis. Chrysippi acumina omnium

que phitosopborum tendiculas resurgcns mortuus confutabat. Metal. lll. 8. p. 141.:

Pythagoras naturam excutit Socrates morum praeseribit normam. Plato de omnibus

persuadct, Aristoteles argutiax proeuraL Vgl. Anm. seo

iile p cul-ni -.......r-u —-\-‚ mih

XIV. Johannes v. Salesburj. 235

W” Suchen wir hiernach ausfindig zu maclnen,‘welcfid" prlnc‘ipielle

Stellung Johannes der Logik auwcise, so deutet er einmal bezüglich

der Eintheilung der Wissenschaften einen Grundton an, weicher» uns

sehr an Hugo v. St. Victor erinnert (Anm. 45 f.)‚ indem als» dienende

Machte unter der Herrschaft der divina pagina die mechanischen, die

theoretischen, die praktischen Disciplinen, und die das feste Bollwerk

aufbauende Philosophie bezeichnet werdenslmj1 wobei beachtenswettb

ist, dass auch Hugo die Aufgabe der Logik in die Vervollkommnung

des Sprechens verlegt. Und wenn ein anderes Mal'im unverkennbarsten

Anschlusse an fiilbert _(Anm. 465) eine dreifache Function der Vernunft

(ratio) unterschieden wird, insoferne der coner-ete Gebrauch derselben

(Modus concrclivus) auf die sinnlich wahrnehmbare Natur‘gebe, die

abstract auflösende Thätigkeit (resoleere) zur Mathematik führe, und die

beziehungsweise Vergleichung (con/‘erre et refer-er Aufgabe der Logik

'sei‘“), so sehen wir schon hieraus, dass Johannes die Fähigkeit hat,

verschiedene Ansichten Anderer beliebig aufzugreifen nnd eklektiscl

nebeneinander hinzustellen. '

Nun aber ist der eigentlich eklektische Standpunkt für die Logik

der rhetorische, denn dieser überhebt sich aller Schwierigkeiten, welche

in den philosophischen Grundfragen auftreten können, und so ist auch

Johannes von der Mühe dispensirt, sich etwa für Eine philosophische

Auffassung zu entscheiden. Ohne die Stellung der Logik im Gebiete

der Wissenschaften naher zu bestimmen, und ohne das Verbältuiss des

subjectiven Denkens zur Ohjectivitat oder zur Form des Sprachausdrucltes

nach irgend Einer bestimmten Ansicht zu erörtern, kann er sich dabei

begnügen‚ in einer bunten Fülle verschiedener Wendungen und mit Be

nutzung der üblichen Schultradilion den Feinden der Logik den Begriff

und den Wertb der neloquentiau entgegenzuhalten 5“5). Die Art und

Weise, wie sich das Denken zu dem Wortausdrucke verhalte, wird

durch eine rhetorische Floskel bezeichnet, indem von einer „süsscn

und fruchtbaren Ehe“ der Vernunft und des Wortes gesprochen wird 5“0),

543) Entbel. v. 441111: Hnev scripturarum regina vocatum eandem bivinam

dicuntw ”am: caput agnoscit philosophia suum; Huio omnes artes famulaeg me

chanica quaeque Dogmala, quac variis usibus apta vides, quae ius non reprobaL

sed publicas approbat ums, Hufe operas debent militiamque suam; Practicus huic

servit servitque theoricusg arcem imperii sacri philosophia dediL ln Bezug auf Hugo

vgl. Anm. 555. -

544) Ebend. v. 659 fit lles triplici spectare modo ratio perhibelur, Nec quarb

tum potuit mens reperire modum ‚- concretivus hic eiti alius concreta resolvit. lles

rebus con/ert zlcrtius atque refertg Naturom primus, matheum medius comitatum

Vimficat extremum logica sola sibi.

545) Helal. l, 7, p. 24.: Comicalur haec domus insulsay suis tamen verbis.

et quam constat totius eloquii contrmpsisse praecepta Ait enimj super/lua sunt

praecepta eloquenliae, quoniam ea naturalitcr adest aut abest (Anm. 529.). Om'd,

inquam‚ falsius? Es! enim eloquentia facultas dicendi commodc, quod sibi vult

animus expediri (p. 25.) Ergo cui facilitas adest commode ca-primendi verbo qui

dem, quod gentili eloquens est et hoc faciendi facultas rectissime eloquentia nomi

natum qua quid esse praestantius possit ad usum, compendiosius ad opes, fidelius

ad grati-anti commodius ad glon'am, non facile t‘ideo.

546) Ebend. l. 1. p. 13.: Ratio, scientiae cirtutumque parensl quae dc

verbo frequentius concipit et per verbum nurncrosius at fructuosius paritl aut omnino

236 xiv. Johannes v'. Sa'lesburir.

und den gleichen Werth hat die Redensart, dass die Eigenthümlirhkeiten

der Dinge in die Worte „überflieSSen“, und bei der bestehenden ‚Ver

wandtschaft der Dinge und der Aussagen (vgl. das Nrmliche hei Abä

lard, Anm. 3081 und Aehnliches bei Gilhert, Anm. 457) es sich nur

darum handle, eine noue von Dingen im üe|ste und eine Fülle von

Worten im Munde zu besitzenöfly Kurz der einmal vorliegende Be

fund der redenden Kundgebung bietet für Johannes den wesentlichsten

Gesichtspunkt dar, 'und so definirt er „Logik im weitesten Sinne“ in

Ciceronischer Terminologie als ratio loquendi rel dt'sserendt', wornach

ihr die Disciplinirung der Aussagen (magisterium sermonum) anheim

l'alle, und sie hierin sowohl ihren Nutzen zeige als auch unter den

freien hünsten die erste Stelle einnehme, denn in jenem weitesten Sinne

umfasse Sie auch den Umkreis der Grammatik 54’-"). Indem aber hiemit

sich doch die Forderung ergäbe, hei dieser weiten Definition das wech

selseitige Verhältniss der Grammatik und der Logik (vgl. sogleich unten

Anm. 556) genauer festzustellen, lässt der wissenschaftliche lndifl'eren

tismus des Johannes auch diese Frage wieder bei Seite liegen, indem

der Entscheid darüber, ob die Grammatlk wirklich ein Theil der Logik

sei, ausdrücklich abgelehnt wird‘s“). Wenn ferner gesagt wird, die

Dialektik solle durch Erwägung der Aussagen (sermones — der so häu

fige Gebrauch dieses Wortes erinnert von selbst an Ahälard —-) zu einer

Wissenschaft der Prüfung und Feststellung _des Wahren gelangen, so

hat diess wieder nur den beschränkten Sinn, dass die Dialektik als

tretl'lichste Dienerin der Rede-Gewandtheit (ministra eloquento'ae) hierin

ihren Nutzen bewährt, indem sie zum Maassstahe des Wissens wiriluolv

sterilis maneret aut quidem .iu/‘oecuiida, si non oonceptionis fructum in lucem ederet

eloquiol et inviccm, quod sentit. prudens agitalio mentis hominibus publicaretg haec

autem est illa dulcis et fructuosa coniugutio rationis el wrbil quae etc.

547) Ehend. 16. p. 42.: Nalura cnim copiosa est et nbcrtatis suae gratiam

humanae indigentiae facit; inde ergo ext, quod proprietas rerum redundat in roces.

dum ratio a/fectrt. sermones relms, de quibus loquitnn esse cognatos. Polyu'. Vll.

12, p. mia Nihil enim utiliusv nihil ad gloriam aut res acquirendas commodius

iuoentuti. quam eloqnentia, quae ex eo plurimum comparatury si rerum in mente et

in ore copia sit verborum

5-18) MetaL l. 10, p 29 lla Est itaque loyica, ut nominis significatio latissune

patent, loquendi vel disserendi ratio (s. Abschn. Vlll, Anm. 23.); contrahitur enim

interdum et dumtaaat circa disserendi rationes vis nominis coarctatun Sioe itaque

ratiocinamli vias doceat sive omnium sermonum regulam pracbeat, profecto desipiuntr

qui eam dicunt esse inutilem Sed, ut quam latissime protendatur signi/imum

ei ad praesens ser-manum omnium magisterium tiibuaturz 'Ebend 13. p. 34.: Ha—

rum autem omnium (d. h. artium liberalium) prima est logica. ab ea tamen sui

purle, quae in prima sermonum institutione rersatur. ut nomen logices, sicut ioni

dictum est‚ quam latissime pateat et non modo ad disserendi scientiam contra/tatum

est enim grammatica scientia recte loquendi scribendique et origo omnium libet-alium

disciplinarnm.

549) Ebend. ll. praef. p. 62.: Sit aut non sit grammatica pars logicesl non

contendog constat enim. quod in sermonibus vertitur eosque ministro/1 etsi non omnes

sermonum examinet rationes.

550) Ehcnd. lll, 2. p. 121.: uuum eo tendat dialectices tota intentw, ut sera

manum vim operiat et ex eorum praedicatione examinandi iieri et statuendi scientiam

assequaturg hoc agi-tj sive dioidatl sr'uc definiat, swe collioaL sive ea quae fuerant

collecta resolvo/i Ebend. ll. 9, p. 77.: Liqwt. dialecticmn.‚ quae inter ministros

XIV. Johannes v. Salesbnry. . v gai

und zum Beweise dieser Nützlichkeit stellt auch Johannes seinem (Zor

mficius jene augustinischen Worte entgegen, welche wlr nun schon so

oft angeführt trafen 55'). Gerade der Nutzen aber wird nur in der

obigen Fülle der Dinge zu Tage treten können, und darum dringt Jo

hannes darauf. dass man von dem logischen Scliiil-Unterrichte. welcher

in Wortkrain und Sophistik sich bewege, hinwegstrelie und auf den

Stoff anderer Disciplinen übergelte, damit eine Fülle der Rede (copt'a

eloqwntiue) erwachse, vermögc deren man in Allem wenigstens nach

Wahrscheinlichkeit disputiren‚ wo nirlit sogar das Unwalire Siegreich

bekämpfen könne aML Wie sehr aber (llCSS mit innerer Anknüpfung

an die rhetorische Seite der Logik. d. li. an die Topik, gemeint sei,

geht daraus hervor, dass in wörtliclier Ueliereinstiinmung mit Boethius

de (lt/f. tnp. nur nach dem Standpunkte der Argumentation die metho

diselie That der Logik auf die streitigen l’nnkte (quaesti'o oder thesis)

der einzelnen übrigen Disciplinen beschränkt wird; welch letztere hie

durch auf diesen nützlichsten Zwaig des Wissens angewiesen seien 553).

Denselben Sinn hat es auch noch, wenn sodann die „Dialektik im enge

ren Sinne“ als-ratio disserendi definirt und ilir in üblicher Weise die

Unterscheidung des Wahren iind Falschen, jedoch abermals mit Beizie

liiing des WillII‘St'llf‘lflllf‘llen, zugewiesen vi'irili'“), und iiin der ’l‘eclinik

a-a-plb :‘. li "r .w

. » aus

eloquentiae eapeditwsima est et promptissimaq unicuique prodesse ad meneurani

scientiae euae. q

551) Ebend. IV, 25. p. 182.: I'alcr lluyusll'fluß rui temerarium est obei'nra,

eum tantis cfl‘ert pruecoiiii's, ut oiluperari non possit nisi ab hisl quorum nulla est

prudentia „Haec docet dowrc, haec docet discere ouid valeat seife, scit

solag scientes facere non solum vull, sed et polesl". ljuiil ad haec Foriii/t‘ci'us?

552) Ebend. m p. l84.: Ferc‘vnim inutilis est logira, si sit so‘n,- tune de

mum eminely quum alliunctarum virtute splendesciL fenerae tamen aetati indulgen

dum est aniplius, et. ut copiam eloquentiae comparct, interim est ferendatverliositas

Procedente ergo aetate et sensu verbosilatis cohibeatur licentia et sophisticael

quam Aristoteles dictilwam, uns circumventoriam vel cavillaloriam dicere passumus,

improbitas conquieseat. Ebend. ll. 9, p. 77.: Sie dialecti'ca, si aliarum diseiplina

rum vii/ore destiluatun quodammodo manca est et inutilie l'erc; si aliarum robore

vigeaty potens esu omnem destruere falsitatem PI. ut minimum ei adscri'bam, iunii-ia

de omnibus probabiliter disputan Enthel. v. lll ll'.: Landat Arietotelem solum,

aperuit tiineronem Et quidquid llatiis Grucci'u capta dedil, Uonspuit in leyesv vileseit

physicuy quaevis Littera sordescil, logica sola placet Vgl. Anm. 52. n

5.53) Mt’ltll. ll.‚ 12, p. 83.: versatur exercitium dialecticae in omnibus disei

plinis. siquidem quaestionum habent mam‘imn; sed eam, quae hypothesis dieiturv i.

e. quae circumsluntiis (s. Abschn. Xll. Anm. 166.) impliratnr‚ relinquit oratori.....

Thesi'm vero oindirat sitiiv i. e. quaestionum a praediclarum circmnstantiarum nexibus

absolutam 13. p. sua thiaerunt ergo singulae (so. dixciplinae). et licet suis mu

niantur principiis. eis tamen logica melhodos was, compendii scilicet rationesl com

mum'ler sulmii'nistral, unde non modo ad exercilalionem. sed ad olmiatioues et ad

disciplinas utilissima esL

554) Ebend. ll‚.l, p. 62.: ut itaque nominis signi/icatio commitatum logica

ut ratio disserendiy per quam totius prudentiae imitatio solidatun 2. p. 64.: hic

quideml sicut boethius in commento ieeunda super Porphyrium asserit (p. 47.). ut

ortus logicac-diseiplinam oportuit enim esse scientiam quae verum a falso discernent

et doceret, quae ivutioeinatio vei-um teneat semitam disputandil quae verisi'milem. et

quae [i'cta sit et debeat esse suspectag alioquin veritas per ratiocinantis operam non

poterat inrem‘ri. lv 15, p. 41.: ltiulectica autem id dumtazat aceeptaty quod verum

m aul verisimilel et quidquid ab his longius dissidct. dicit absurdum r

238 XIV. Johannes v. Salesbury.

der Argumentation iullen soll so die Dialektik als erste Einführung in

die Philosophie benützt werden 555). Da aber jede Argumentation oder

Disputation in Wortausdrücken sich bewegt, so wird nun in Anbetracht

dieser engeren Definition (vgl. hingegen Anm. 548) in ähnlicher Weise

wie bei Abälard (Anm. 271) die Grammatik, welche bloss von dic-tio

handelt, von der Dialektik, deren Gegenstand und Inhalt die dieta seien.

unterschieden, dabei aber in lediglichem lndill'erentismus die Frage als

unerheblich bezeichnet, ob es sich dabei um die Aussage oder um das

Ausgesagte handle 55'“). Und während Johannes hiemit wieder die in

der Schule von boethius her übliche Eintheilung der „Logik“ verbin'

delllep führt ihn zugleich seine Kenntniss des Aristoteles auf die

Unterscheidung der Apodeiktik und der Dialektik, wobei ihm jedoch

auch die erstere keinen inneren eigenen Zweck in sich selbst trägt,

sondern immer die Nutzbarkeit der gesammten so eingetheilten Logik

die Hauptsache bleibt 558).

Von solchem Standpunkte aus vertritt nun Johannes gegen die Ver

ächter der Dialektik auch den Werth der vorhandenen logischen Littera

tur. Dass er in dieser Beziehung der erste Autor des- Mittelalters ist,

. 555) Ebcnd. ll. 3, p. 65.; I'ro/ecta igititr hinc est et src perfecta scientia dis

serendiy quae disputandi modos et rationes probationum aperit aliis philosophicis

disciplinis posterior temporel sed ordine primo (ebenso Hugo v. Victor, Anm. 46.,

vgl. Anm. 543.); inchoantibns enim philosophiam praelegenda ests eo quod vocum et

intellectuum interpres est, sine quibus nullus philosophiae articulus reete procedit

in tuoem.

556) Ebend. 4, p. 67.: Est autem diatecticu, ut Angustino placet (s. Abschn.

Xll, Anm. 30.), bene disputandi scientia Es! autem disputorc, aliquid eoruml

quae dubia sunt aut in conlradictione posita aut quae sic vvct sic proponunturl ratione

aupposila probare vel improbure, quod quidem, quisquis ex arte probabiliter lucu

ad diolectici pertingit metum. Hoc autem ei nomen Aristoteles auctor suus imposuil.

eo quod in ipsa et per ipsam de dictis dispulalurg ut enim grammatica de dictio

nibus et in dictionibus teste llemigio (vor. Abschn., Anm. 172.), sic ista de dictis

et in dictis esl; illa verba sensuum principaliter-a sed haec ezaminat sensus verbo

rum, nam lexn‘w graeco etoquio, sicut ail lsidorus (vor. Abschn. Anm. 27.) dictum

appellatur. Sive autem dicatur a graeco M'Eig, quod locutio interpretatur swe

a lexn‘w, quod dictum nuncupatur non multum re/‘ert, quum nominare lorutiouis

vim el eius quod dicitur verilalem et sensumf idem aut fere idem sit; ms enim

verbi sensus esL llL 5, p. 137.: Est autem res. de quo aliquidj dicibile. quod

de aliquog diatim quo dicitur hoe de itlo, worauf die oben. Anm. 207.. angeführten

Worte folgen. i

557) Ebend. ll, 3, p. filii Pro eo namque logica dicta i‘st, quod raliunutis, t.

e. rationum ministratoria et excaniinatrizc est. ltivisit eam Ptato in dialecticam et

rhetoricam, sed qui ef/icaciani eius altius metiuntur, ei plura attntmunt, siquidem

ei demonstrative, probabilis et sophistica subiiu'untur, u. s. w. völlig nach Boethius,

s. Abschn. Xll, Anm. se Ebenso 5, p. 68.: ltemonstratiua et probabilis et sophi

sticu, omnes quidem consistunl in inventione et iudicio et itidem divitlmtes. defi

nientes et colligentes domesticis rationibus utuntun s. ebend. Anm. 76.

558i Ebend. ll. M, p. 35.: Pn‘ncipia itaque dialeclicae probabilia sunty sicut

demonstrativae necessaria. lll, 10, p. 152.2 Sophisma est syllogismus liligatorinsv

philosophenm vero demonslrativusv argumentum autem syllogismus dialectieus. sed

aporisma (s. Abschn. lV. Anm. 33.) syllogismus dialecti-cus conlrudiclionis. llorum

omnium est necessaria cognitio et in [urtümlisz singulis perutilis est e.cermatia.

. p. 154.: Sic suorum instrumentorum necesse est logicum expeditum habere foculta

tem. ut scilicet principia nouerity probabilibus abundeL syllooizandi et indueendi omnes

ad manum habeat rutiunes.

XIV. Johannes v. Salesbury. 239

\

welcher eine vollständige Kenntniss des gestimmten aristotelischen Orga

nons zeigt, wurde schon oben. Anm. 26 u. so ll'.‚ bemerkt, und es ist

nun anzugeben, wie er sich das ganze Material und die einzelnen Tbeile

desselben anschaute und zurechtlegte. Den Aristoteles, dessen logische

Schriften er nicht mehr wie Andere theilweise vom blossen Hürensagen

kennt, bezeichnet er als den wahren Feldherrn (campiduator) aller

Logiker und, wenn auch mit Vorbehalt der Auctorität des christlichen

Glaubens und dcr Morallbeolugie, jedenfalls als den Lehrer der Dispu

tirkun'st 55‘"), d. b. l'ür den inneren phil0sophiscben Werth der aristo

telischen Logik hat natürlich der Ciceronianer Johannes keinen Sinn,

sondern er erblickt in ihr nur eine ausserliche Tecknik, daher er auch

— was an obigen Ausdruck „astutiae“, Anm. 542, erinnert — der

Ansicht ist, Aristoteles sei in der Polemik gegen Andere stärker als in 1

dem positiven Aufbauen der eigenen Lehre‘“"°). Von der Annahme aus

gehend, dass die Logik als Technik der Aussagen (scrmones). indem sie

inventio und iudicium enthält (Abscbn. XII. Anm. 76), das Werkzeug

aller Üisciplinen sei, und eben hiedurch Aristoteles sich den Beinamen

des „Philosophen“ erworben babei’fil)‚ betrachtet Johannes das ganze

Organen in einer Weise. welche völlig mit Abälard’s Auflassung (Anm.

271 lI‘.) übereinstimmt, indem Aristoteles die einfache vom signi/icativa

aus der Hand des Grammatikers empfangen und in den Kategorien der

artig erörtert habe, dass sie hernach in der Zusanimenl‘ügung des Ur

tbeiles (De. interpr.) betrachtet werden könne, und bieraul' die Entwick

lung dessen, was zu inventio und iudicium gehört, folgen könne; die

lsagoge, Welche l'orpbyrius zu dein ersten Hauptabscbnitle verlasst habe,

gehöre eben nur als Einleitung zu dem Ganzen und solle nicht. wie

Viele thun (Anm. so (II), gleichsam zur Hauptsache gemacht werden”“).

0—.4

‚ ‚ I l v ' - x

K

559) Ebeud. III, 10, p. I47.: llei rationalis api/ius et campiductur (Giles gibt

campi doctor) eorum, qui logicum profitentun IV, l, p. 157.: llampuluctor (ebenso)

itaque Peripatetioae disciplinam quae prae ceteris in veritatis indagatione lalioratl

infeliceni summam operis dedignatus totuni componit (Anspielung auf Ilnr. Ars poet.

v. 34.)‚ cerlus, quod cuiusque operis per/actio gloriam sui praeconaiur uuetoris.

IV, 23, p. mox Sirut optimus cumpiductar (hier auch bei citus das Richtige) hune

ad inferendam pugnamv illum instruit ad cautelam. 27. p. 183.: ivec tamen Ariato

talem ubique plane aut sensisse aut scripsisse protestorl ut sacrosanctam sit _. quid

quid scripsit ; nam in pluribus obtinente ratione et auctoritate fidei couaincitur errasse.

linde sic turcipiendus est. ut ad promoeimdos iurenes ad gratiam-s philosophiaa

instituta doctor sit non niorum, sed disceptationum

560) Ebend. III, 8. p. I4l.: Aristotelem prae ceteris omnibus tum aliae dis

serendi ratiocinationes quam definiendi titulus (d. h. der Inhalt des 6. Buches der

Topik) illustmrl't. si tmn potenter ndstrur-ret propria, quum potenter destruzitiv

aliena v

561) lint/u-L v. 82l tiis Mugnus Aristoteles serinouuin possidet artes Et de vir

tutum culmine namcn habet. ludieii libros eomponit et inoeniendi Vera, facultates

tres famuluntur eig Pliysicus est rooresque dooet. sed logica servit Auctori semper

officiosa sno; Haer illi nomen proprium facit ‚esse, quod olim Damit amatari sacra

xopbia suac Nam qui praeecllity tituli communis honorem l’indiral. Metal. II. 16.

P. 88.: omnes se Aristolelis adorarc vestigia glorianturv adeo quidem. ut commune

omnium philosophorum nomen prueeminentia quadam sibi proprium fereritg nam et

Imtarwmalice, i. e. excellenten philosophus appellatur.

562) Metal. ll, 16‚ p. 89.: ilie ergo (d. h. Aristoteles) probabilium rationes

Pfdvftnt- in ruteni et quasi ah elemeutis incipiens usque ad. propositi perfectionem

eto XIV. Johannes v. Saleebury.

So scheide sich aber das Orgauon auch wieder in Zwei Hauptgruppen

ab, insoferne die lsagoge, die kategorien und De t‘nterpr. nur als Vor

bereitungsstufen (praeparatict'a artis) gelten können, indem diese Bücher

mehr ad artem, als de arte seien, wohingegen die eigentliche Technik,

worin inventio und iudicium ihre Fülle entwickeln, in ‚den drei Haupt

werken Topik, Analytik und Soph. Elenchi vorliege mm Eben aber

im Hinblicke auf inventio und iudicium ergebe sich biuwiederum ein

anderer Gesichtspunkt der Eintheilung, insol'erne die Topik nebst den

ihr vorausgehenden Büchern überwiegend und grundsätzlich zur inventio

gehöre, hingegen ebenso Analytik und Soplt. Et. dem iudicium dienen

v sollen; doch dürfe man diese Eiutheilung (von welcher wir dann aller

dings nicht wiesen, warum sie überhaupt zu Grund gelegt worden sei)

auch wieder nicht schroff festhalten, da auch die Analytik und Soph.

Et. zur inventio beitragen, und umgekehrt auch die ’l‘opik zu iudicium

‚ förderlich seii’“). Neben all diesem aber heutet Johannes die Durch

führung eines GleichniSses für die Auffassung des (lrganons aus, indem

die Kategorien den Buchstaben, das Buch De interpn den Sylhen ent

sprechen soll 565), worauf dann die Topik das Wort (dictio) repräsen

‚.1,

evcxit. lloc autem ptauum est Ins, qui scrutantur et dlscutiunl opera eins. voces

enim primo signi/icativass i. c. sermones ini-amplexas de grammatici manu accipiens

differt-alius et vires eorum diligcnter cxposuit, ut ad complezionem enuntiationum et

inreniendi iudicundique scientiam facilius uccedauL Seil quia ad hanc elementaren

librum magis elementarem quodammodo scripsit Porpliyn'us, eum ante Aristotelem esse

credidit antiquitus praelcyeudumg recte quideml si recte doceatury i. e. ut tenebras

non mducut emdtendis nec consumal aetatem Linde quoniam ad alia introducto

rius cst, nomine lsugoyarum instribiturg itaque inscriptioni dcrogrmt, qui sic rer

santur in hoc, ut locum principalibus non mtiriquanL

563) Nachdem nemlich Metal. lll, 1 über die Isagoge, c. z u. a nber die

Kategorien und c. 4 über De interpr. gehandelt worden. beginnt c. 5, p. 134.:

Artis pracparaticia pruecesseruntl ad quam suus opi/ez et quasi legislator rudem

omnino tiruaem irreverenter et, ut dici sulet. illotis manibus non censuit admitteu

dum lltilissima quidem sunt et, si non satis proprie dicuntur esse de arte,

satis rere dicuntur esse ad artcm; purum untem‘re/ert, sic magis dicatur an sie.

ipsum itaque quodammodo corpus artis deductis praeparaticiis principaliter consistit

in tribusl scilicet 'l'opicmwn, Analyticorum, Elenthorltm notitia; Im enim perfecta

cognitis ct habitu comm per et exercitum roboratis inventionis at iudicii copia sit/fra

gabltur in omni facultate tam demonstratori quum dialectico et sophtstam

564) Ebend.1\', l, p. 157.: ljnde quum inventionis instrumenta pracurasset

et uxum, quasi in con/latona sedens czarninalorium qaoddam jtuduit cudere. quo

diligcntissima fieret emaniinatio nttionumg hic autem est Analyticorum liberv qut ad

iudicium principaliter spectat et tamen ad incentinnem aliqualenus pru/irit; nam

disciplinarmn omnium connexas sunt rationes. et quaelibet sut perfectionem ab atiu

mutuatur. lll, bs p. 134.: Scientia l-opicorurn1 quae etsi inventionern principaliter

instruat, iudiciis tamen non mediocriter suffraqatur . . . . .. siquidem sibi invicem uni

versa contribuuntl eoque in proposita facultate quisque ezpoditior cat, quo in vicina

at cohaerente snstructior l'un“; ergo et tam Analytico quam Soploistica con/erunt ia

oentori et fopuu itidem conducit iudicanti. facile tamen aequmwrt'm, singulas in

suo proposito dominari et accessorium esse beneficium cohaerentis. IV, 8, p. 164.:

Licet ad iudicium maxime dicatur haec scientia (so. demonstrative) pertinere, inven

tiom tamen plurimum conferL

565) Ebend. lll, 4, p. 130.: Liber llerieimeniarum vel potius Periermcnias (s.

vor. Abschn. Anm. 33.) ratione proportionis syllabicus est, sicut llraedicamentorum

clementariust nam elementa rationum.-quae singulatim tradit in sermonibus incom

plexis, iste colligit et in modum syllabae comln‘ehensa producit ad veri falsique

XIV. Johannes v. Salesbury. 241

tire und hierin das Zusammenfassen (colleclio) der Bestandtheile ent

halte 586), und zwar in der Weise, dass bei der stets aufsteigenden

Entwicklung das erste Buch der Topik die Grundlage der ganzen Logik

sei 567), und somit dann das achte Buch der Satzverbindnng (eonstruc—

u'o, ein Ausdruck Priscian’s, vgl. Anm. 273) entspreche, wodurch in

eben diesem Buche der Höhepunkt der Logik erklommen sei, und das

selbe im Vergleiche mit der ganzen neueren Lilteratur (der moderni,

s. Anm. 5511:) als die bei weitem nützlichsle Schrift bezeichnet werden

müsse 5M). Die hierauf sich anschliessende erste Analytik wird unter

Hinzufügung einer barbarischen Interpretation des Namens (vgl. Anm.

ea u. vor. Abschn. Anm. 288) zwar gleichfalls wegen ihres Nutzens

gelobt, jedoch zugleich wegen ihrer sterilen Form geladelt, da nicht

bloss der gleiche lnhalt anderwärts (d. h, oll'enbar bei Boeth. de syll.

cat. u. lntrolL ad syll. cat.) viel leichter und eindringlicher entwickelt

sei, sondern jenes Werk überhaupt in seiner verworrenen icari/usqu

und unverständlichen Schreibweise für den ausseren Apparat der Argu

ementation (ad phrasim instruendam) ziemlich unbrauchbar sei, und man

daher nur die in demselben enhaltenen Regeln (also ungefähr in der

Weise wie bei Boethius a. a. O.) auswendig lernen solle, das Uebrige

aber wie Spreu oder diirres Laub bei Seite lassen könne “9). Und

significationem. tantae quidem subtilitatis est habitus ab untiquisl ut in praeconium

eius celebratum ferat isidorus (s. ebend. Anm. 34.), quia Aristoteles, quando Perier

menias scn'plilubat, calamum in mente tingebat.

566) Ebend. 6, p. 137 f‚: Sicut autem elemenlarius est Praediconuenturumy Pe

riermeniarum vero syllabicum ita et Topicomm liber quodammodo dictionalis est.

Licet enim in Periermcvziis agatur de simplici enuntiationei quae utique veri falsivc

dictio est, nondum tamen ad vim colligendi pervenit nec illud assequitun in quo

dialectices praecipua opera versalur; hir- vero primus est in rationibus explicandis

doctrinamque facit localium argumenlationum et sequentium complezcionum pandil

initia.

567) Ebend. 5, p. 135.: octo quidem voluminibus clauditun fiuntque semper

novissima eius potiora prioribusg primus autem quasi materiam praeiacit omnium

reliquarum et latius logicac quaedam constituit fundamenla.

568) Ebeud. 10, p. 147.: Arma tironum suorum locavit in arc-noi dum hermo

num simplicium signifiralionem ecoiveret et item enuntiationum locorumque naturam

aperiret lll autem praemissae similitudinis sequamur proportioncm, quemadmo

dum categoriarum elementariusy Pericrmeniamm syllahicus, praemissi Tnpici dictio

nales libri sunt. sic ropicorum octaous constructorius est rationuml quarum alemania

vel loca in praeccdcntibus monstrata saut. Solus itaque versatur in prueceplis, ex

quibus ars compaginatun et plus con/ert ad scientiam disserendi, si memoriter lia

beatur in corde, quam omnes fere libri diatecticaai quos moderni pracceptorex nostri

in scholis legere consueveruntg nam sine eo non disputatur arte, sed cum

569) Ebend. IV, 2, p. 158.: Anaiyticorum quidem perutilis est scientia et sine

qua quisquis logicum profilelur, ridiculus esL lll vero ratio nominis ezponatun

quam graeci analytic-en dicuntl nos possuntus resolutoriam appellare (diess entnahm

er aus Boethius, s. Abschn. XII. Anm. 77.), familiarius tamen assignabimusl si

dixerimus vaequam locutionem“, nam illi „ana“ aequale, nimiina locutionem di

cunt. frequens autem est, quum sermo parum est inlelleclus, ut cum in notiorem

man; desideremus aequivalenterg unde et interpres meus (wohl Einer jener beiden

Uebersetzer, welche wir oben Anm. aa f. trafen), quum verbum audiret ignotumy

et maxime in compositis, dicebat uanaleliza hoc", quod volebat aequivalentcr exponi.

ceterum licet necessaria sit doctrinay liber non catenus necessarios ext,- quid

quid enim continet alibi facilius et fidelius tradituri xcd certe verius aut fortius .

anny Geseh. II. lii

242 XIV. Johannes v. Saleshury..

wenn sich nach des Johannes Ansicht diese Unverständlichkeit z. B.

namentlich in dem letzten Capitel der ersten Analytik (Abschn. IV, Anm.

649 l.) zeige 57°), so richtet er den nemlichen Vorwurf auch gegen die

ganze zweite Analytik, nur mit dem Beisatze, dass ein Theil der Schuld

vielleicht an der Uebersetzung liege57‘). Hingegen nun lindet der

Ciceronianer Johannes wieder sein rhetorisches Fahrwasser in den Sopli.

Elenchi, welche er hiemit losgetrennt von der Topik an den Schluss

des Organons stellt; er sagt, kein anderes Buch sei für die Jugend

nützlicher als dieses, und sowie dasselbe den grössten rhetorischen

Behell‘ (ad phrasim) gebe, so sei es auch den beiden Analytiken vor

zuziehen, weil es den logischen Sprachausdruck (eloquemt'a) in leichte

rer Verständlichkeit l'ördere mi Aus der 'l'opik aber, welche ja die

Grundlage der Logik enthält, seien die hetrell'enden Schriften des Ci

cero und des Boethius geflossen, sowie des Letzteren Buch De divisione

(hierin allerdings hat Johannes vollständig Recht), welches unter den

boethianischen Werken eine besonders hervorragende Stelle einnehme 573).

Somit sind wir nun über den Standpunkt des Johannes vollständig

orientirt und erblicken in demselben gewiss mit Recht eine Steigerung

adesumy was Abälard (Anm. aen eloquentia Peripatetica genannt hatte,

misquam, siquidem et ab invito fidem cætorquet Porro exemplorum con/usione et

traiectiaue litterarumy quas tum de industria tum causa brevitatis tum ne falsitas

alicubi exemplorum argueretur interseruih adeo con/usus est, ut cum magna labore

ea perveniatun quod facillime tradi potesL 3, p. 159.: S'iqu autem rcgulae utiles

sunt et necessariae ad scientiamy sic liber fere inutilis est ad phrasim instruendarm

quam nos verbi supellectilem possumus appellare Ergo scientia memoriter est lir

manda. et verba pleraque ezeerpenda saut, quae alio commode transfenmtur et

quorum potest esse frequentior ususg reliqua eoaequantur faliie sine fructu et ob hoc

aut calcantur aut sua relinqunntur in arbora (Hierauf folgt die oben Anm. 20.

angeführte Stelle.) Ebend. lll. 4, p. 132.: Sunt autem pleraquev quae si a suis

aeellus sedibus. aut nihil aut minimum sapiunt audilon', qualia fere sunt omnia

Analyticorum exempla, ubi litterae ponuntur pro Ierminis, quae sicut ad doctrinam

pro/iciunt sic tractatal alias inutilia sunt ; regulae quoque ipsaey sicut plurimum

vigoris habent a veritate doctrinaey sic in eommercio verbi minimum possunL

570) Ebend. IV. 5. p. 162.: Postremo agit de cognitione naturarumg grande qui

dem capitulum et quod licet aliquatenus proposito con/eral, iidem tamen promisei

nequaquam impleL unum scio. me huius capituli beneficia neminem in rognitione

naturarum vidisse perfectum

571) Die Stelle wurde schon oben Anm. 27. angeführt.

572) Metal. IV. 22‘ p. 178 f.: Sophisticam esse dictum csl, ‚quac falsa imagine ‘

tam dialecticam quam demonstratioam aemulatur et speciem quam virtutem sapientiae

magis afiectat opus quidem dignum Aristotele et quo aliud magis expedire iu

ventuti non facile dixerim .... .. frustra sine hac se quisque gloriabitur esse philo

sophiam quum nequeat canere mendaeium aut alium depreliendcre linde et ad phrasim coneiliandam et totius philosophiae investigatimoanenstiseonptheimsticac

exercitatio plurimum prodest. ita tamen ut veritas, non eerbositas sit huius erercitii

fructns. 24. p. 181.: in eo autem mihi videntur (so. Elenchi) Aaalyticis praefe

rendi. quod non minus ad exercitium con/erunt et faeiliori intellectu eloquentiam at

promuvent. .

573) Ebend. lll. 9, p. 145.: qui vero librum .hune (d. h. die aristotelische

Topik) diligentius perseruiatun non modo lla-mortis et lioethii Topicos ab his septem

voluminibus (d. h. aus den sieben ersten Büchern) erulos deprehendet. sed librarii

bivisionumy qui compendia verborum et elegantia somnum inter opera libet/iiiv quae

ad logic-am spectanh singularem gratiam nactus ext.

ik i .lL-A

XIV. Johannes v. Salesbury. 243

und wenn in philosophischer Beziehung schon bei Abalard eine unor

ganischc Vereinigung entgegengesetzter Ansichten obuewaltet hatte, so

ist bei Johannes auch diess in höherem Grade der Fall. Es ist eigent

lich consequent, dass Letzterer bei seinem ausschliesslichen Augenmerke

auf die Eloquenz der Argumentation sich sogar um eine bestimmte For

mel umsieht, durch welche er über alle Schwierigkeiten, die in einer

festen philosophischen Parteistellung hegen könnten, sich von vorneherein

hinausheben kann. Diese Formel ist seine „ratio indifierentiae“, d. h.

das Verfahren des vollendeten Imlill‘erentismus. Er weist neuilich zu

nächst, da es sich um die Kenntniss der aussagbaren Dinge tret-um

pmedicamentat'ium, s. Anm. 605) und der Aussagen selbst (sermnnum)

handelt, auf die Vieldeutigkeit der Aussagen hin, und bemerkt, dass

dieselben zur Zeit des Aristoteles einen anderen Sinn haben konnten,

da ja nach dem AuSSpruche des Horatius die Worte in steten] Wechsel

dlhinlliessen und nur der Gebrauch sie so oder so feststelle 57‘). Und

wenn nun auch zugegeben wird, dass bei gleichem Sinne der Wortge

brauch der Alten ehrwürdiger sei. als jener der Neueren 575), so sei

grundsätzlich der Gebrauch doch mächtiger, als Aristoteles selbst, daher

man auch, insoferne die objectiv dingliche Wahrheit und hiemit der

reelle Sinn der Worte in Frage komme, wohl die Worlausdrücke zum

Opfer bringen dürfe, während andrerseits, so lange es eben angehe‚

zugleich Wortlaut und innerer Sinn aus der älteren Lehre beibehalten

werden könne 57°). Schon hieraus ersieht man, ‘dass dieser Grundsatz

zu einer äusserst bequemen Manier führen muss, alle auftauchenden

Schwierigkeiten zu escamotiren, denn man braucht in all solchen Fällen

nur zu sagen, der Wortausflruck habe im Laufe der Zeiten eine andere

Bedeutung erhalten, oder es hege an demselben überhaupt Nichts. So

jsagt ja Johannes (gelegentlich einer Ansicht des Bernhard von Chartres)

selbst, er lege kein Gewicht darauf, ein Wort heim Wort zu nehmen,

b... ‚.7.

574) Ebeud. 3, p. 128.: Pro/ecto rernnt praedicamcntalium et sermonum peru

titis est nolitia et quia muttipticitas sermonum plerumque intelligentiam clau

dit, quotiens dicatur nnnmquodquc, docet (so. Aristoteles) esse quaerendum Con

tingit autem tractu temporis et ncqniescmte utentium eotnntate, muttiplicitatcm semioan

nasci itemque exstingui (p. 129.) Muttipiicius dicitur. quam Aristoteiis tempore

diceretnr, et quae tunc verba aliquamy nunc forte nullam habent significntionem,

siquidem „Mut/n rennsccntur quae tam ceridrrc. cadentquc ouac nunc sunt in honore

vonnbulu, si volet ususl Ouem penes arbitrium est et ius vt nonita loquendi-1 (Hor.

Ars poet. v. 70 ff.).

575) Ebend. 4, p. 13l.: Procteren reverentia exhibenda est verbis nuctorum

cum cultu et assiduitate Mendi', tum quia quandam a magnis nominibus antiquitatis

praeferunt mniestntem, tum quia dispendiosios ignorantnr, quam ad urgcndum aut

rtsistendum patentissimo sunt Liest itaque modemnrum et veterum sit sensus

idem, venernbih'or est vetustns.

576) Ebend. p. 133.: Pntet itnque, quod usus Aristotele potentior cst m dera

gando verbis vel abrogando nerba, sed veritatem rcrum. quoniam eam homo non

statiu't, nec voluntas humana convrllit. ltnque, si fieri potest, nrtinm verba teue

antnr ct sensns; sin autem minus, dum sensus mancnt, ezcidant verbn, quoniam

artes scire non est scriptorum verba reoolvere, sed nosse vim earum atque sentcntiru.

Enthct. v. 27 E: oni sequitur sino mente sonum. qui verba capessitl Non sensum,

index integer esse m'qm't: Cum vim verborum dicendi causa ministmt, tiunc si nc

scitur. quid nisi ventus ermtt?

16‘

244 XIV. Johannes v. Salesbury.

und es sei gar nicht nüthig, mit einer einzelnen Stelle in solchem Sinne

auch alle übrigen in Einklang zu bringen m Und in der 'l‘hat gestaltet.

sich auf diese Weise die ratio indifferentiae, welche er auch behufs

des Uebersetzens für die richtige hält (Anm. 32), überall da, wo er

sich auf dieselbe beruft, zur ausgesprochenen Methode der Unwissem

schaftlichkeit. Denn sicher höchst leichtfertig ist es, wenn er nicht

bloss „significare“ und „pmedicare“ als völlig synonym nimmt, während

doch Abälard sich um eine feste Begrilllshestimmung bemüht hatte (Anm.

318), sondern dabei es auch als durchaus gleichgültig bezeichnet, ob

z. B. durch die Adjectiva die Eigenschaft oder deren Träger gemeint

sei; und indem er für jeden einzelnen Fall diess einer benigna inter

pretatio überlässt, gelten ihm die Kategorien gerade darum als ein haupt

sächlicher Empfehlungsgrund seines Verfahrens, weil sie bald über die

bezeichnenden Worte bald über die bezeichneten Dinge handeln 5’75).

Ebenso verfährt er gelegentlich mit einer aristotelischen Stelle und

kömmt dabei nach seiner uidi/ferentia oder ratio licentiae zu dem Resul

tate, dass das sinnlich-wahrnehmbare Einzel-Individuum cbensosehr Prä

dicat wie Subject sein könne 579). Und wenn in solchen Fragen bei

Johannes die Logik zu Ende ist, ehe sie überhaupt begonnen hat, so

577) Metal. lll, 2, p. 120., woselbst nach der oben Anm. 93. angeführten

Stelle folgt: Habet haec opinio sicut impugnatores sic defensores suos. Müu' pro

minimo est‚ ad nomen in talibus disputare. quum intelligi-ntiam diclorum sumendam

noverim ez causis dicendig nec sic memor-alas Aristotetis aliorumve anctoritates inter

pretandas arbitrari ut trahatur istucl quidquid alicubi dictum reperilur.

578) Ebend. p. 122.: lix quo liquet, quoniam „significare“ sicut et „braut?

care“ multipliciter dim'tur; sed quis modus lamitiarissinms sit, discernere palam est.

lade ext, quod „iusms“ rt similia passim apud auctores nunc dicuntur iustum nunc

iustitiam significare vel praedicare Tale est illud Arislotetis „qualitatem signifi

rant, ut utlmm, quantitatem ut bicnbitumn tCal. 4, s. Abschn. lV, Anm. 303.; bei

Boeth. p. 127.); sic ulique, quia dantur a qualitate vel quantitatey ita et qualitatem

praedicanl, quam apposita dcmonstrant inesse subit-crisi interdum dicuntur signi/icare

qualia, quoniam appositione sua deetarantl qualia sint subiecta Sed haec a ab, si

sit benignus inlerpres, non multum distanty etsi audito „allms“ intelligaturv in qua

est albedo, quum autem „albcdo“ dieitur, non intelligatun in quo tatis colorv sed

potius color faciens tate. lllud rera, quod audita voce concipit inlellucme, ipsius

famitiarissima signincatio est. 3, p. 1'22 f.: Ouia ergo aut aequivoce aut univoca

aut denominatice. ut sequantur indifferentiae rationem. singula praedicantun ipsaque

praedicatio quaedam ratiocinandi materia est. praedicamentorum praemissa sunt in

strumenta Ralionem vero indifferentiae quam senipenapprobanms, liber iste camp

mendat prae ceteris, etsi ubique diligenter inspicienti manifesta sil; agit enim nunc

de signi/icantibas nunc de signi/icatis aliorumque doctrinam facit nominibus aliorum

579) Ebend. ll, 20, p. 110.: llinc forte est illud in Anatyticis „Aristomenes

intelligibitis semper est, Aristomcnes autem non semper" (Anal. pra l, 33, bei Boeth.

p. 495.); et hoc quidem est singulariter individuam quod solum quidam aiunt posse

de aliquo praedicari Ego quidem opinionem hanc vehementer nec impnyno nec

propugnog nec enim multum referre arbitror ob hoc, quod illam arnptector indifferen

tiam in vicissitudine scrmonum, sine qua non credo quumpium ad mentem auclorurn

fideh'ter pervenire . . . . .. ip lll.) itaque hic sicut et alibi vxsecutus rst, quod decet

liberatium artium praeceptor-eni1 agensl ut dici dalet, Minerva pinguiori, ut intellige

retur Om'd ergo proh-ibct. iuxta hanc licentiae rationeml ea quae- sunt sensi

bilia vel praedicari vel subiici. Nec opinor‚ auctores hanc vim imposuisse sermoni.

ut attigatus sit ad unam in iuncturis omnibus significati'onem, sed doctrinatiter sic

esse tocutos, nt ubique serviant intellccliu', qui commodinimus est et quem ilu' haberi

prae ceteris ratio exigiL lliezu unten Anm. aut

XIV. Johannes v. Salesbury. 245

dürfen wir uns nicht wundern, dass. er in etwas versteckteren Schwie

rigkeiten sofort ungenirt seinen Standpunkt ausspricht, wie z. B. wenn

er bezüglich des allgemeinen Urtbeiles die objective lnhäre‘nz und die

subjective Aussage als gleichbedeutend nimmt und höchstens dabei eine

Aenderung des Wortausdruckes erblickt, welche im Laufe der Zeiten

sich eingestellt habeöso). mi

Verfolgen wir hiernach das Einzelne, was Johannes bezüglich des

Umkreises der Logik iiusserl1 nach dem Faden der Eintheilung, welchen

er selbst für das Organon zu Grunde legte, so begegnet uns bei ihni

erklürlicher Weise zunächst in der Erörterung der lsagoge, d. h. in der

Frage über die Universalien, der äusserste Synkretismus oder Eklekticis

mus, welcher zuletzt in eine stoisehjciceronische Auflassung ausmündet.

‚Nicht der Standpunkt eines über dem einseitigen Partei-Gezänke stehen

den Philosophen, sondern Mangel an philosophischem Scharfsinnc oder

Bequemlichkeit des rhetorischen Praktikers ist es, wenn Johannes den

ganzen Streit über die Gattungs- und Art-Begriffe als einen kindischen

bezeichnet, indem er sich dabei lediglich auf jene obige (Anm. su f.)

Vieldeutigkeit der Worte zuri'ickzieht, da Gattung und Art sowohl das

Princip der Entstehung, d. h. die ontologische Basis der Dinge, als

auch das Aussagbare, d. h. den logischen Wertb der allgemeinen Be

griffe, bedeuten können 581). Und sowie er hiebei sich auf des Boethius

Erklärung der lsagogc stützt, so ist es, wie sich zeigen wird (Anm. 602),

schliesslic-h auch wieder eine einzelne Stelle des Bnetbius, in welcher

die Ansicht des Johannes concentrirt vorliegt, so dass wir auch bei ihm

neuerdings einen Beleg vorfinden, wie sehr die ganze logische Bewegung

jener Zeit an herausgerissenen Aussprücben der traditionellen Autoren

klebte. Völlig ähnlich wie Abälard an Eine einzigeStclle die Doppelt

heit seiner Auffassung anknüpfte (Anm. 286), verhält sich das Ganze

auch bei Johannes, insoferne er den Universalien eine ontologische und

zugleich eine logische Geltung verleiht; nur ist bei ihm die Verquickung

der Standpunkte nicht hloss mannigfaltiger und abenteuerlicher, sondern

580) Ebend. lll. 4, p. 132.: Uuod dicitur „in toto esse alterum altere“ vel

„in toto non esse" et „universaliter aliquid de aliquo praedicari“ vel „ab aliquo

removeriu idem est (vgl. Anm. 16.). frequens tamen usus est alterius verbi et alte

rius fere intercidih nisi quatenus ex condicto interdum admittitun fuit fortasse

tempore Aristotelis utriusque usus celebrior, sed nunc prae altero viget alterumj quo

niam ita vult usus. Sic et in eo, quod dicitur contingens, aliquatenus derogatum

est ei, quod apud Aristotclem obtinebuL (Vgl. Anm. 216.)

' 581) Ebend. 1, p. 11611: Se ad puer-item de generibus et speciebus incli

navit opinionem (d. h. Abälard) molens instruere et promoucre suos in pucrilibus,

quam in gravitate philosophorum esse obscurior itaque sic Porphyrius legendus

esl, ut sermonum, de quibus agiturs significatio teneatur et ex ipsa super/icie

habeatur sensus verborum Suf/iciat ergo introducendo nasse, quia nomen generis

multiplex est et a prima institutione significat generationis principium dehinc

translatum est ad significandmn i‘d, quod de differentibus specie in quid praedicatur

(über diese abgekürzte Terminologie s. Anm. 282.). ltem et species multipliciter

diciturl nam ab institutione formam significat ....‚ hinc autem sumptum est ad sig

nificationcm eius, quod de diflerentibus numero praedicatur (All dieses beruht auf

Boeth. p. 22. u. 57 f.) quid ergo sibj volunt, qui quidquid aliud excogi

tari potest, adiiciunt? vocabulorum simpliciter aperiantur signi/icationesy appre

ltendatur illav quae proposito cougruil, peiz descriptiones ccrtissimas etc.

me XIV. Johannes v. Salesbury.

auch weit widerspruchsvoller, als bei Abälard. Nemlich Johannes spricht

nicht bloss_ gelegentlich als Theologe über die Begriffe der Substanz?

und der Wesenheit in der nemlichen Weise, wie wir diese Dinge bei

Pseudo-Boelhius de Irin. und bei Gilbert finden 5“), sondern auch in

jener Schrift, welche der Logik gewidmet ist, aussert er ausdrücklich

seine Uebereinslimmung mit Plalo‘s ontologischem Realismus, wornaoh

dem Intelligiblen das wahre Sein zukommt, die concreten Dinge aber

nicht einmal des Verbums „esse“ würdig sind 583). Und sowie er die

Unvergänglichkeit der Substanz und die fortdauernde Wirksamkeit der

Form als die reale Basis des Seienden behauptet, dabei auf dem alt

überlieferten Satze „singalare sentitur, universale intelligituru fussend 55’4),

so ist ihm auch Gilbert der Führer in Bezug auf die Begriffsbestimmung

der Natur und die formgebende Kraft des artmacbenden Unterschie

des E"35), ja er bedient sich sogar des Wortes „forma natiuamfng

Anm. 467), und desgleichen fehlt auch der Begriff der Theilhaftigkeit

bei ihm ebensowenig als bei allen Realisteni’“); endlich selbst die

Auflassung der Individualität gestaltet sich auf eine Weise, dass wir

Gilbert’s Unterscheidung zwischen dividua und individua (Anm. 479)

darin wiederel‘kenneni’s").

582) Epist. los (I, p. 270.): Ouidquid autem subsistitl sine dubio in genere

vel in natura vel in substantia manet; quum ergo essentiam dicimus significare na

turam vel genus vel substantiaml intelligimus eius rei, quae in his omnibus semper

esse subsistat Ouod si apud graecos expressam habent differentiam hacc, quae

hie toties inculcata suntl essenlia, natura, geaus, substantia, eam expediri omnium

arbitror interesse quam plurimum _

583) Metat. IV, 35, p. 193.: Plato quoque eorum, quae vere sunt, et eorump

quae non sunt sed esse videntury differentiam docens intelligibilia vere esse asseruiL

Unde et eis post essentiam primam recte competit esse, i. e. firmus cer-tusque

statuse quem verbum, si proprie pom'tur, exprimit substantivumg temporalia vero

videntur quidem esse, eo quod intelligibilium praetendunt imaginem sed appellationc

verbi substantivi non satis digna sunt1 quae cum tempore transeuntl ut nunquam in

eodem statu permaneanty sed ut fumus evanescant; fugiunt enimy ut idcm ait in

Timaeo (p. 49 E) nec exspectant appellationem p. 195.: ideam vero sicut

aeternum audebat dicere, sic coaeternam esse negabaL

584) Enthel. v. 1013 f.: Nutla perire potest substantiav formaque formae Suc

cedens prohibety quod movct, esse nihiL v. 1233 f.: Sotis corpori-is sensus carnalis

inhaeret, Res incorporeae sub ratione iacent.

585) Metat. I, 8, p. 26.: Es! autem naturas ut quibusdam placet (hiemit ist

offenbar Gilbert gemeint, s. Anm. 461.), licet eam sit diffim're difficila, vis quae

dam geniliva rebus omnibus insitaa ex qua facere vel pati possuntg geniliva autem

diciturj eo quod ipsum res quaeque contrahat a causa suae generationis et ab eo,

quod cuique est principium ezristendi . (p. 27.) Sed et unamquamque rem infor

„ums spe-ciim din-erentia aut ab eo estv per quem facta sunt omm'a, aut omnino

nihil est Esto ergo sic potens et efficaz vis illa genitiva indila rebus origi

naliter.

586) Enthet. v. 395 II: Es! idea potens veri substantiay quae rem ouamlibet

infonnat et facit esse, quod est; Omne quod est veruml convincit forma vel actusl

Nec falsum dubitesl si quid utraque careL Forma suo generi quaevis addicla tene

tur Et peragit semperj quidquid origo dabei; Ergo quod in forma nativa constat

agitces ouod natura maneas in ratione manet, Esse sui generis verum quid dicitur

idque indicat electus aut sua forma probat. Polycr. III, 1, p. 162.: implet autem

haec vita omnem creataram, quia sine ea nulla es! substantia creaturae; omne enim

quod est, eius participatione est id quod est.

587) MetaL II, 20. p. 105.: Ergo si genera et species adeo non sonti mnino

XIV. Johannes v. Salesbury. 247

I:

Aber nach solch unzweideutigen Ansspri'iclien' staunen Wir iinii

billig, wenn Johannes darum, weil das lntelligible nicht universell sein,

sondern nur universell begriffen werden könne, den Streit über die

Universalien für einen gegenstandslosen erklärt. in welchem man die

Suhstantialität eines Schattens oder eines flüchtigen Nebels zu erhaschen

suche 559). Auch erhält für die Logik nun Plato nebst Augustin und

allen l’latonikern förmlich seinen Abschied, um dem Aristoteles Platz

zu machen, allerdings mit dein tröstliclien Zusatze, dass des Letzteren

Ansicht vielleicht wohl um Nichts wahrer, aber jedenfalls für die logi

schen Partien passender sein”). Sonach werden nun alle Diejenigen

getadelt, welche in die lsagoge eine platonische Auffassung liineinlegen

oder anderweitig von Aristoteles abweichen, und mit der entschieden

sten Berufung auf den Ausspruch des Aristoteles, dass die Universalien

keine getrennte Existenz für sich haben, wird jede Ansicht, welche von

einem Sein derselben spricht, von vorneherein abgewiesen 59“7), und so

namentlich auch die Status-Lehre von diesem Gesichtspunkte aus be

kämpftöi“). Sind wir aber nun in der 'l‘liat begierig, wie dieser Wider

spruch gegen das Vorige sich lösen soll, so steigert sich vielleicht

unser Erstaunen noch von Schritt zu Schritt. Johannes stellt nemlich

wohl zunächst den Gedanken (intellectus) derartig in den Vordergrund,

dass er in fast wörtlicher Uebereinstimmung mit dem Verfasser De in

tellectibus nichl bloss das verbindende und trennende Denken (intelleclus

nihil sunty quod si unumquodque eorum ab ipso ext, unum plane et idem bonum

est. Si autem quid unam numero esl, protinus et singulare estg nam quod quidam

unum aliquid dicunts non quod in so, sed quod multa vii-al expressa plurium con

formitateq articulo praesenti non iterogant V... omnis namque substantia aceidentium

pturalitate numero subestg accidens autem omne et forma quaelibet itidem numero

sitbiacel, sed non aceidentium aut formarum participationel sed singularilate subiecti

588) Polycr. Vll. 27, p. 127.: Sieut in umbra cuiuslibet corporis fmstra soli

ditatis substantia quaen'lur, sic in his quae intelligibilia sunt damma-at et univer

saliter conripii nee tamen universaliter esse, queunL-solidioris ezisteutiae substantia

nequaquam inrenitur. ln his aetatem terere nihil agentis et fmstra laborantis est.

nabulae siquidem sunt rerum fugaeium et, quum quaeruntur avidius, citius eva

nescunt.

589) Meluf. ll. 20. p. 112.: Licet Plato metum philosophorum grandem et tam

Augustinuin quam alios plures nostrorum in statuendis {der's habeat assertores, ipsius

tamen dogma in scrutinio universaliwn nequaquam seqiu'mnr, eo quod hie Peripateti

corum principem Arislotelem dogmatis huius principem prohlemur Ei, qui I’eri

pateticomm libros aggreditun mayis Aristotelis sententia sequenda est, forte non quia

terior. sed plane quia his disciplinis magis accommodata esL

590) Ebend. 19, p. 94.: Quasi ab adverso petentes (nemlich die Erklärer der

lsagoge) veniunt contra mentem auctoris et, ut Aristoteles planior sit, Platonis sen

tentiam docenl aut erroneam opinionem-n quae aequo errare deviat a sententia Ari

stotelis et Platonis, siquidem omnes Aristotelem profitcntur. 20, p. 94.: Porro hic

genera et species non esse, sed intelligi tantum asseruit (Anal. post. l, 11 u. 22,

s. Abschn. lll. Anm. 66. ii. Abschn. IV, Anm. 373.) (p. 95.) Ergo si Aristo—

telei verus est, qui eis esse tolli't, inanis est opera praeeedentis quare ab Aristotele ncedendum est counedendo, ut universalia isnivnets,tigua.tios.nisf., s.

Anm. 70.

591) Ebend. 20, p. 102 f.: Sed esto, ut statum aliquem generalem appellatiaa

significent, status ille quid sit, in quo singula uniuntur et qui nihil singularum

cst, etsi aliquo modo somniare possim, tamen quomodo sententiae Aristotetis eoapte

tury qui universalia non esse contcndit, non perspicuum habeo.

i.l . n,

248 XlV. Johannes v. Salesbury;

coniungens et disimigeiis. s. Anm. 427) und hauptsächlich vor Allem

die Kraft des Abstrahirens (im. abstrahens, s. Anm. 432) hervorhebt,

söndern auch mit Zurückweisung des Einwandes, dass das abstrahirende

Denken ein nichtberechtigtes (cassus, s. Anm. 429) sei, dem Denken

die Fähigkeit vindieirt, die Dinge anders zu betrachten, als sie im Con

creten sind (s. Anm. 432 f.)‚ und hiedurch die Abstraction als die Grund

bedingung aller geistigen Technik bezeichnet, wobei er sich sowohl in

Uebereinstimmung mit Gilbert (abstracu'm attendere, S. Anm. 464) be

findet, als anch in Ausdrücken sich bewegt, welche wir bei der lu

difl'erenz-Lehre trafen (generalife'r intuen', diverso modo allendere, s.

Anm. 133 u. 137), und zugleich wieder mit dem Verfasser De gen.

et spec. in dem Begriffe des Sammelns der Aehnlichkeiten (s. Anm. 162 f.)

zusammentrifl‘t, ja unter dem Vorbehalte, dass es sich nur um die sub

jeclive lienkkraft handle und objecliv in der Natur die Universalien nicht

existireu, sogar jenes Wortes sich bedient, welches in der von ihm

bekämpften Status-Lehre (s. Anm. 132) das übliche war 5‘”).

Laufen so in bunter Auswahl aus den Answhten Anderer mehrere

Faden in die Auffassung der subjectiven Denknperation zusammen, so

soll nun unerwarteter Weise hiemit wieder der Gilhert’sche Realismus

in Verbindung kommen; nemlich Unkörperliclikeit sei nur negatiVe Be

zeichnung der Universalien, hingegen nach ihrer posuiven Grundlage

seien dieselben, wie überhaupt Alles, in ein Abbängigkeits-Verhältniss

zu Gott zu bringen; Gott aber habe die geformte Materie geschaffen,

d. h. sämmlliirhe Formen, sowohl die substantiellen als auch die acci

dentellen (s. diess bei Gilberl oben Anm. 461 f.) haben ihr Sein und

ihre Wirksamkeit von Gott, und so habe bei der Ausprägung der Dinge

eine Rücksicht auf Art-Begriffe obgewaltet, welche hiemit der Logiker

J“ "

sem Ebeud. 20, p. 95.: ivec verendume ut cassus sit intellectusl qui cu pers

ceperit seorsum a singufarifms, quum tamen a singularibus seorsum esse non possint.

intellectus enim quandoque rem simpliciter intueturj uelut si hominem per se intuea

fur, quandoque gradalim suis incedit passilmr, ut si hominem albere contempletun

et hic quidem dieitur esse compositum iion-o simplex rem interdum inspicit, ul-cfl,

ut si illatonem allenrfal, interdum alio modo; nunc enim componi-ntim quar-non sunt

compasila, nunc abstrahendm quae non possunt esse disiuncta p. 96.: ceterum

componens qui diiiuncta coniuugil (das Beispiel ist linearem“), inanis estg abstra

hens vero fidelis et quasi quaedam of/iciua omnium artiuuL Et quidem rebus ean

stendi unus est modus, quem scilicet natura contulitp sed easdem inteltigendi aut

signi/icaridi non unus est modus; licet enim esse nequeat homo, qui non sit iste vel

alius homo, intelligi tamen potest et significari Erye ad signi/ioationrm incom

plezorum per abstrahenteni intellectum gencra conoipiuntur et spet‘ics. quae tamen si

quis in rerum natura diligentius a sensibilibus remota quaerat, nihil aget et frustra

taborabity nihil enim tale natura peperitj ratio autem ea dcprelu-ndil substantialem

similitudinem rerum differentiam perlraolans apud so. Polycr. ll, 18, p. 96.: lntel

lectus nunc quidem res ut xuntj nunc aliter intuelur nunc simpliciter nunc nom

positc, nunc disiuneta coniungit nunc coniuncta distrahit et disiuugit p. 97.:

Si abstrahenlem lateris intelli-otium liberalium artium o/ficina peribit Sie hominem

intellectus attingita ut ad neminem hominem aspeclus illius descendut generaliter in

tucns, quod nonnisi singulariter esse potest Dum iaan rerum similitudines et

dissimilitudines colligit dum differentiam convenientias ct convenientiam differentias

altius persei-matum .... multos ‚zpud im rerum invenit slatus. alios quidem nmi-er

sali-s alios singularem

XIV. Johannes v. Salesbury. 249

nicht von Gott trennen dürfe, sondern kraft deren „die Dinge vorerst

in ihre Wesenheit und sodann in das menschliche Denken eingiengeun 5“).

ln Folge dieser mystischen Causalität desjenigen, was Gilberl substan

tielle Form genannt hatte, kann nun Johannes sagen, die Substantialität

‚der Universalien gelle nur bezüglich des Erkenntnissgrundes (causa

cognitionis-j und zugleich bezüglich des Entstehens der Dinge (natura),

denn jedes Wesen, welches in der Tabula logica auf einer je niedreren

Stufe stehe, bedürfe zu seinem Sein und zu seinem (iedachtwerden

eines anderen auf einer je höheren Stufe befindlichen Wesens; aber

ein Sein_haben die Universalien weder als Körper noch als Geister noch

als Einzel-Dinge 5M). So also glaubt der Anhänger Gilbert’s ein Aristo

teliker sein zu können, und sowie er meint, er entgehe jener unnö

thigen Verdopplung der Wesenheilen (s. Abschn. lll, Anm. 64), welche

eine Folge der platonischen Auffassung ist595)‚ so sagt erant das

Ausdrücklichste, dass die Universalien. welche den Dingen in ähnlicher

Weise zu Grunde liegen wie der unkörperliche Plan des Handelns den

sinnlich wahrnehmbaren Handlungen zu Grunde liegt, eben ausschliess

licli nur in den Einzel-Dingen gefunden werden, welch letztere als die

erscheinenden Exemplare (exempla) derselben sichtbar vorliegen, d. ll.

Johannes vertritt —-— und er ist hierin der Erste, welcher diess thnl

-— entschieden die Auffassung der „anion-rsalia in re“ und bekämpft

sogar die platonische Ansicht der „universalia ante rem“, da es ausser

halb des Einzelnen kein Allgemeines gebeämi). Da ihm aber dabei immer

593) Mclnl. lly 20, p. 103.: Sed et nomina, quae praemisil „iucorpoream“

et „inserisibile“ universalibus convenirey privativa in eis dumtaxat sunt nec proprie

tates aliquas, quibus natura universalium discernatur1 illis attribuunh siquidem nihil

incorporemn aut insensibile universale est Ouid es! autem incorporcum, quod

mm sit substantia creata a deo vel ipsi concretumP valeant aulem, imo disper

vom universalia, si ei obnoxia non saut. omnia per ipsum facta sunty utique tam

subiecta formarum quam formae subiectorum formae quoque tam substantiales

quam accidentates habent-ab ipso ut sint et ut suos in subiectis operentur s/fectus;

quod itaque ei obnoxium non est, onmino nihil est p. 104.: lit enim ait Augastinas, formatam creavit (dheiuesznmautnetreinamAnm. 6E103.)spectat

illud ltoethii in primo de trinitate „omnc esse ere forma estrr (Anm. 37.) cuili

bet ergo essay quod est aut quale aut quantum est. a forma est p. 105.:

Fundamente ieeit deus. et in ipsa expressione rerum habita est mentio specierum.

nou illarum dico, quas logici finganl nun obnoxius creutoriy sed formaram, in qui

bus res prodierunt primo in essentiam suam et in humanum intellectum demnm, nomi

hoc ipsum atiquidl quod coetum aut terra dieitury formae effectus est.

594) Ebend. p. 97.: and autem universalia dicuntur esse substantiatio singu

laribus, ud causam cognitionis referendnm est singutariumque naturam (in ahnlicher

Weise hatte Scotns Erigena von den Universalien die Ausdrücke causaliter und

elfectualiter gebraucht, Abschn. Xlll, Anm. 129.); hoc enim in singulis patetg si

quidem inferiore sine superioribus nec esse nec intelligi possunt Oaia ergo

tate erit tate et non exigitur a tati tam ad essentiam quam ad notitiamf ideo

hoc illi substantiale dieitur esse,- idem est in iridiuidais, quae erigunt species et

ycnera, sed nequaquam exiguntur ab eis universalia tamen et res dicuntur

esse et plerumque simpliciter esse, sed non ob hoc aut moles corporum aut subtilitas

spirituum aut singularium discreto essentia in eis attendenda cst.

595) Ehend. p. 98.: itaque deturl ut sint universalia aut etiam ut res sint,

si hoc pertinacibus placet ; non tamen ab hoc verum eritr lrenqs numerum augeri vel

minui pro eov quod ista non sunt in numero rerum.

sem Ebend.: llli/tit autem universale est nisi quod in singutaiibus invenitur i

uso XIV. Johannes v. Salesbury.

der Gdbert’sche Begrill' der substantiellen Form vorschwebt, so ist es

erklitrliehj dass er an jene aristotelischen Stellen sich hält, in welchen

Gattungs- und Art-Begriff als etwas Qualitatives bezeichnet werden wm

ln diesen qualificirenden Formen erblickt er die „Hand der Natur“,

welche die Dinge in die Formen einkleidele, damit der Mensch sie

leichter erfassen könne, und darum tritt nun die prima substantia des

Aristoteles, d. li. das Individuum, in den Vordergrund, von wo aus das

Denken für sich allein zu dem Allgemeinen der Art- und der Gattungs

Begrifl‘e sich mittelst der Formgleichheit des Einzelnen (eon/ormitas, s.

diesen Begriff bei Gilbert oben Anm. 474) in aufsteigender Linie er

hebt 595), und sowie Johannes hiebei wieder mit der Indifferenz-Lehre

zusammentrill‘t, so gebraucht er auch in dieser Beziehung selbst den

Ausdruck „conformis status“"'99). So wird die Formgleichheit der

..__ w

ivec moneatl quod singutaria et corporea exempla sunt universalium et incorporaliumg

quum onmis ratio gerendi incorporea sit et insensibilis, illud tamen quod geritur et

actus quo geritur plerumque sensibilis sit (auch dieses en'nnert an die Bedeutung,

welche Scotus Erigenn in das Wort „agere“ legt, s. Abscbn. Xlli, Anm. 131.).

p. 108.: Habila tamen ratione aequiuocationis, qua ens vel esse distinguitur pro

diversitate subiectomml species et genera utrumque non sine ratione esse dicunturz

Persuadet enim ratiol ut ea dicantur esse, quorum exempla couspiciuntur in singu

laribusr quae nullus ambigit esse. Nonautem sic dicuntur genera et species exem

plaria singuloruml ut iuxta Platonici dogmatis sensum formae sint ezcemplaresy quae

in mente divina intelligibiliter canstitcrintl antequam prodirent in corpora (diese ist

die Stelle Prisciau’s, s. Anm. 263.), sed quoniaml si quis eins, quod communiter

concipitur audito hoc numine „homo“ aut quod definitum cum dicitur homo esse rmi

mat rationale morlale, qnaerat exemplumr statim ei Plato alinsee hominum singulorum

ostenditur, ut communiter signi/icantis aut definientis ratio solideturx

597) Ebend. p. 100.: ltem Aristoteles, genera, inquit, et species circa sub

stantiam qualitatem determinant (Cal. 5, s. Abschn. IV, Anm. uso item in

Elenc/iis (c. 22, bei Boelh. p. 750. in etwas abweichender Ucbersetzung, s. Anm.

34.) „Iiomo et omne commune non hoc aliquid sed quale quid vel ad aliquid aliquo

modo vel huiusmodi quid significat“ et post pauca „mani/eslam, quoniam non dan

dum, hoc aliquid esse, quod communiter praedicatur de omm'bus, sed aut quale aut

ad aliquid aut quantum aut talium quid significare“. l’rofeclo qnod non est hoc ali

quid, significatione expressa non potest explanari quid sit.

598) Polyrr. ll, 18, p. 98.: Et primo substantiaml quae omnibus subestl am

tius intuetur (so. inlelleclus), in qua manus naturae probatur artinciss dum eam

variis proprietatibus et formis quasi suis quibusdam vestibus induit et suis sensuum

perceptibitibus informat, quo aptius possit humano ingenio comprehendi. ouod igitur

sensus percipit fonnisque subiectum estv singularis et prima substantia 0st,- id rcro,

sine quo illa nec esse nec intelligi potest. ei substantiale est et plerumque secunda

substantia nominaler Universale, si, [im non natura, conformitate tamen sit

commune multorums quod forte facilius in intellectuv quam in natura rerum. poterit

inveniri-y in quo genera et speciesy difl'erentt'as, propria et accidentiaj quae uniuer

saliter dicuntur-y plenum est inveniril quum in actu rerum substantiam universalium

quaercre exiguus fructus sit et labor infinilus, in mente vero utiliter c facillime

reperiuntur. Si enim solo rerum numero diffirenlium substantialem similitudinem

quis mente pertractct. speciem tenet ; si vero etiam specie differentium convenientia

menti occurraty generis latitudo mente diffunditurg denique dum remm, quas natura

substantiatiter vel accidentaliter assimilaoitl conformitatem percipit inlrlleclus, uni

versalium compreliensione movetur p. 99.: numquid abstrahens intelleclus, dum

haec agit, otiosus ut aut inutilisl pe quem animus honestarum artium gradibus

ad thronum consummatae philosophiae conscendil?

599) Enthet. v. 849 tta Es! individuum, quidquid natura cream'l, Conformisqae

XIV. Johannes v. Salesbury. - 251

Dinge mit der Gemeinschaftliehkeit des Gedankens (intellectus commu

m'tas, eommuniter intelligi) in unmittelbare Verbindung gebrachtwo),

die Universalien selbst aber als solche lediglich in die Erkenntnissweise

(modus intelligendi, was selbst mit der Lehre von der manet-ies über

einstimmt, s. Anm. 88) verlegt, wornach sie „ligürliche“ und nur der.

„Doctrin“ angehörende Worte (auch die Nominalisten hatten von figura

locutionis gesprochen, s. Anm. 81) oder kurzweg „Figmente“ genannt

werden, welche zu den Einzel-Dingen in dem Wechselverkehre des

Zeigens und Gezeigtwerdens stehen und darum von Aristoteles lüglich

als „monstra“ (—- monstrare —) bezeichnet werden konnten‘w‘).

Diese Aullassung der Universalien aber isl nun allerdings so dehn

bar, dass Johannes in den Begrill‘ des Figmentes auch das psychologi

sebe Erfassen der Urbilder (exemplaria), welche in mystischer Weise

aus den Dingen (exempla) aul' die Seele wirken. verlegen kann und

hiebei seinen eklektiseben Synkretismus deutlich genug ausspricht, in

dem er neben 'jenem nominalistischen Anklange die Universalien mit

einem an Scotus Erigena (s. unten Anm. 613) erinnernden Ausdrucke

als psychologische Erzeugnisse (phantasiae) bezeichnet, hiemit aber zu

gleich die stoisch-eiceronische Auflassung verbindet, wornach dieselben

subjective Begrifl'e fili/notaty notiones, s. die oben Anm. ea angeführte

Stelle) sind, und ausserdem noch sehr merklich nn den Platonismus

hiniiberstreil't oder wenigstens mit Gilbert übereinstimmt, insoferne auch

ihm die Universalien als die aus den Aehnlichkeiten der Einzel-Dinge g

hervorleuchtenden Spiegelbilder einer ursprünglichen ideellen Reinheit

gelten, womit schliesslich noch der Aristotelismus sich vermischt, da

diese Phantasie-Gebilde eben keine von den Einzeldingen getrennte

Existenz besitzen, sondern, wenn man sie so festhalten wollte, wie

Schatten oder Traumbilder entsehwindenfioz). Wenn es nun in der

status est rationis opus; si quis Aristotelem primum non censet Iiabctidunu hion red

dit meritis praemia digna sm's. ' ' .

600) Metnl. ll, 20, p. 98.: Ergo quod mens communiter intelligit et ad singu

laria multa aeque perlinet, quod vox communiter significat et aeque de multis rerum

est, mdubitanter universale est p. 107.: Secundum intellectum illum deliberari potest

de re subiecta, i. e. aclualiter excmpli'fimn' ab intellectus commtmitatem, et res,

quae sic intelligi potest, etsi a nulla inlelligatur, dieitur esse rommunis; res enim

sibi con/omnes sunt, ipsamque canformilatem deducla rerum cogitatione perpendil

intellectum

601) Ebend. p. l07.: Ergo dumtaxat intelliguntur secundum Aristotelem um}

cerealiay sed in actu rerum nihil ext, quod sit universale; a modo enim intelligendi

figurali'a haec et licenter quidem et doctrinaliter nomina indita sunt. p. 108.: Ergo

ex sententia Aristolelis gcnera et species non omnino quid ‚rit, sed quale quid quo

dammodo concipiuntur et quasi quaedam sunt ligmenta rationis se ipsum in rerum

inquisitio-ne et doctrina aubtilius ezercenlis Passant et monstra dici (in Bezug

nul die bekannte antiplatoniscbe Stelle des Aristoteles, s. dieselbe oben Anm. 31.),

quoniam invicem res singulas monstranl et monstranlur ab eis. lll, 3, p. 127.:

Eo vom, quae intelliguntur a singularibus abstracta, quae ex'con/brmitate singularium intellectu non cassa concaipnii'muintufir.ymenta sunt,

san Ebend. ll, 20, p. 96.: Sunt itaque genera et species non quidem res a

singularibus actu et naturaliter allenae, sed quaedam naturalium et actualium phan

tasiae (auch dieses Wort findet sich gleichfalls — vgl. Anm. 594. n. asa -

bei Seotus Erigena, s._Absclm. Xlll, Anm. 125.) renitentes intellectui de similitu

252 XIV. Johannes v. Saleshury.

That kaum möglich scheint, mehr Widersprüche aufeinander zu häufen,

als hier sich zusammenfinden, so müssen wir uns freilich daran erin

nern, dass Johannes Akademiker zu sein behauptete, und ihm der Vorzug

der aristotelischen Speculationsweise nicht so fast in der Wahrheit der

selben, sondern nur in einer gewissen Angemessenheit zu liegenschien

(Anm. 589). Keinenfalls aber darf es uns wundern, wenn nun auch

die oben (Anm. 598) sehr betonte „individuelle Substanz“ des Aristo—

teles neben aller Berufung auf den Grundsatz‚ dass das der Natur nach

Spätere für den erkennenden Menschen das Frühere ist, dennoch unter

den Händen des Johannes in eine sehr unaristolelische Wendung hin

übergelenkt wird; denn derselbe denkt auch hiebei nur an jenen lll-ea

tions-Process, welchen tiilbert bis zur Individualität (nicht. bis zum ln

dividuum) fortgesetzt hatte (Anm. 462), und in solchem Sinne stellt er

den Begriff des Individuums den tiattungs- und Art-Begriffen völlig

gleich “03), -—- eine Auffassung, welche uns daran erinnert, dass-schon

Abalard das „individuum“ gewisserniaassen zu den Universalien zählen

wollte (s. Anm. 278). Ja,‘ während Johannes gesagt hatte. in der

Logik sei Aristoteles der Führer, stumpft er vermöge seiner rhetorisch

stoischen Auffassung der Universalien sogar jenes Partei-Sehibolet ab,

welches stets die Aristoteliker den Platonikern entgegenhielten, nemlich

den Satz- „res de re non praedicaturu (s. Anm. 132 u. 287), denn er

meint, wenn auch nicht das Ding selbst als solches in den Urlheilen

sich befinde, so werde doeh in dem P'rädieate das Ding bezeichnet.

und auf solche Weise hebe die obige duldsame Auslegung, d. h. die

Methode des Indifferentismus (Anm. 574 ll'.) auch über diese Schwierig

keit hinweg‘m‘). Zuletzt ja erklärt er sich in Erwägung der Vieldeu

dine aetualium tanquam .in speculo natieae puritatis ipsius animae. quas graeci

lvvotag sine simulat/variae appellontl h. e. rerum imagines in mente apparentes

(s. Abschn. Vlll, Anm. 37. u. in Bezug auf Gilbert ob. Anm. 482.. die Hauptstelle

uber des Boethius oh. Anm. 64.); anima enim quasi revcrberala aeie contemplationis suae

in se ipsa reperity quod di/fim'l, nam et eius ezemplar in ipsa esit exemplum vero in

actualibus p. 97.: illa itaque exemplaria cogitabilia quidem sunt et quasi phan

tusiae et umbrae existentium secundum Aristotelem, quas si quis apprehendere nititur

per ezistentiamq quam habent a singularibus separatarm velut somnia elabuntun

603) Ebend. p. mox Ouae autem communiam sunty et priora quidem simpli

citerl nam et in aliis intelligunturg quae vero singularia, posterivm; sed plerum

que, quae naturaliter priora sunl, et nolitia simpliciter ignoliora sunt nobisv namque

solida magis familiariora sunt sensilma, quae vero subtilioral longius absunt (Arist.

Anal. posL l, 2, s. Abschn. IV, Anm. '74.) .‚.' Sunt itaque genera et species exem

plar-ia aingulorum, sed liac quidem magis ad rationem doctrinaev si Aristoteles verus

cal, quam ad causam essentiae. Procedit et haec monstruom, ul licentius loquar,

figmenlmzmi speculatio usque ad ventilationem .singularium ouum enim Plato

esse non possit informis et expers loci aut temporisy eum ratio quasi nudum de

duclo respeclu quantitatis et qualitatis aliorumque aeeidenlium simpliciter intuetur et

individuam nominatg sed et hoc utique doctrinalis instantiac et subtilioris agitationis

tigmentum esl; nihil enim tale in rebus occurrity tale quid tamen fideliter intelli

yitur. .

604) Ebend. p. lll f.: Hoc ipsum ergo quod dieitur „pracdirari“, ab ad

iunctis plures signi/icandi contrahit modos Nam quum sermo de sermone iungi

bilitutem quandam tenninorum verae affirmationis innuitv quum de re sermo dieitur

praedicari. ostenditun quod ei talis nuncupatio aplatur. item vero de re praedicari

W_4M__mm du ad

. .

y t

XIV. Johannes v. Salesbury. _ - 253

tigkeit der Worte auch noch damit einverstanden, dass man die Univer

salien selbst Dinge nennen könneüo“), wobei wir allerdings aus dieser

Aussersten wissenschaftliched Gleichgültigkeit den Eindruck empfangen,

als sei es überhaupt nicht der Mühe werth gewesen, uns um .die lin

sieht in die Meinung. des Johannes bezüglich der Universalien so- sehr

zu bekümrnern. ‚im an? c ‚er

Nach dem Bisherigen, was über den allgemeinen logischen Stand

puth des Johannes sowie über seine Stellung zu der hauptsächlichsten

Partei-Controverse anzugeben war, ist von vorneherein nicht zu erwarten,

dass er in den übrigen llaupttheilen der Logik, obwohl ihm auch die

Kenntniss der Analytiken zu Gebot stand, eigentlich einen förderlichen

Einfluss ausgeübt habe; und es sind auch im'Ganzen nur wenige ein

zelne Punkte, welche wir hervorheben müssen. nam wa

‚e Was hiemit- zunächst die Kategorien betrifft, so tritt erklärliclier

Weise hier wieder mehr die Auffassung des Gilbert in den Vordergrund,

und es stimmt völlig mit demselben überein, wenn Johannes diesen

Zweig der logischen Erörterungen, welchen er als „praedicamentatt's

inspectiou bezeichnet, hauptsächlich in die Erwägung des Was (quid)

und der qualitativen Bestimmtheit (proprietates, vgl. Anm. 459) und der

Gegensatzlichkeit verlegt, wobei er die Beschränkung auf das Natürliche,

‚d. b. auf dasjenige, was Gilhert (Anm. 464) nativum genannt hatte,

‚einhä1t6°5). Hiemit aber verbindet sich ihm der Standpunkt Abülard's

(s'. Anm. 272), dass in den Kategorien es sich um die einfachen unver

bundenen Sprachausdrücke handle, insoferne dieselben an sich „be

zeichnend“ sind 607). Die Erörterungen über univecum, aequivocum

u. dgl. nennt er. hierin dem isidorus folgend, Werkzeuge der Katego

rien 00%), und es liegen ihm dieselben wegen seiner steten Berück

interdum notati quoniam hoc est hoc, ut puta Pfote homo, interdum quoniam lioc

participat hoc, utpote subiectum acaidente. lvi-c erubesce confitcri', quod rcs de re

praedicetur in propositione, etsi res in propositione non sit, quum hoc in monte

mihi versetur, quod res signifieetar praedicato termino verae a/‘finnalt'oiiis, cuius sub

iecto aliqua de re agitur aut res aliqua significatur. ltaqne non adversantium litterae

arbitror, sed amicandum eique mos gen-ridas est in admittenda licentioris verbi in

di/ferentia.

tion Ebend. p. 112.: Sed et rei numen latius puteat, ut possit universalibus

cmwenire, quae sic auctore Aristotele intelliguntur abstracto a singufarifms, ut tamen

esse non habeant deductis singularibus. So erklärt sich dann freilich der aben

teuer-liebe Ausdruck uras praedicamenlalis“, Anm. su

606) Ebend. lV, 30, p. 187.: Es! autem praedioamentalis inspectio et prima

fere philosophandi via, de qualibet re proposita quid sit allendere, itemque quibus

proprietatibus ab aliis tii/ferat et quomodo aliis con/ormetur, deinde an rit ei quid

contrarium et an ipsum susceptibile contrariorumg quae quum innotueruntl res fami

liarius assignata in notitiam transiL Potycr. lV, Prof. p. 218.: Est ergo priqu

philosophandi gradus, genera rerum proprietatesque disculerel ut quidquid in singulis

verum sit, prudenter agnosoal. Ebend. ll, 22, p. 121.: Dem'qae apud philosophos

cautum est, talia manere pracdicata, qualia subiecta permiserint, omniumque prae

dicamentatium vim et proprietatem naturalium flm'bas limitari.

607) Metat. lll, 2. p. 119.: categoriarum liber Aristotelis elementarius est et

accedentii ad logicum quodammodo infantium exci'pit; tractat enim de sermonibus in

eompiezis in eo, quod rerum significativi .mnt, qua nihil prius est apud dialectioum.

Vgl. hingegen Anm. 578. ‘

608) Ehend.: Univocorum quoque et denominativorum adeo necessaria est cogni

asa XIV. Johannes v. Salesbnry.

sichtigung der Vieldeutigkeit der Worte ganz besonders am Herzen,

obwohl er wie wir sahen (Anm. 577), durch seinen Inditl‘erentismus

gerade auch diese Begriffe ahscliwächte oder verwischte; das multi

aocam und diversioocum will er überhaupt lieber der Grammatik zu

weisen 609)‚ Jene „Bezeichnung des Unverbundenen“ (significatio in

complexorum) soll durch zwölf Fragen zur Erkenntniss gelangen, deren

erste das „Ob“ ist, worauf zehn Fragen entsprechend den Kategorien

folgen, und als zwölfte das „Warum“ den Schluss macht; letztere je

doch fällt in ihrer Beantwortung dem göttlichen Wissen anheim und

geht somit über die Philosophie hinaus, welche sich mit den ersten

elf begnügt, wovon die erste wieder nicht zur Logik gehört; indem

aber die Logik den Umkreis des Gewordenen (d. h. Gilbert's nativqu

durchforscht, findet sie für ihre zehn Fragen die zedin Kategorien vor,

welche als Sprachausdrücke für das in den concreten Dingen Verflech

tene (Anm. 469) „ausgedacht“ sind, und so haben die zehn „geriet-a

praedicaltiliumu völlig gleiohmässig in den Aussagen und in den Dingen

(sitze in sermonibus sive in rebus) ihren Umkreisölol. Während so

die Hauptfrage dem Johannes auch hier wieder gleichgültig ist, legt er

ein grösseres Gewicht auf jenen Einen Beispiel-Satz, in welchen Aleuin

alle zehn Kategorien gebracht liattefiuj, und entscheidet sich auch darin

für Gilbert's Auffassung (Anm. 481 f.), dass er selbst einer aristoteli

schen Stelle gegenüber die Behauptung festhält, dass sämmtliche Kate

gorien nur zur Erkenntmss des Wesens. d. h. des sawasuv dienenau);

ti‘o, ut haec (n‘a, scilicet aequivoca, univoca et denominativa, asscrat Isidom:

categoriarum instrumenta (s. Abschn. Xlll, Anm. 32.).

609) Ebend. 3, p. 123.1 Mulliaora et diversiooca, quae boethius adiicit (S.

Abschn. XII, Anm. 88.), magis ad grammaticam pertinenL _

610) Ebend.: lncomplezorum significalia innotescit Prima quidem nosse

de aliquo, an sit. deindel quidy quale, quantle ad qm'd, abi, quando sit, quo

modo xitum. quid Iiabeat, faciat, patiatnr; novissima speculatio est in singulis,

quare sil, et quae iam non modo ad angelicam per/ectionem, sed ad diainae maie

statis praerogaliaam arccdit-.... (p. 124.) cumulus itaque scientiae in hoc duode

nario solidatar,‘ investigatio philosophica undenarii sobrielate contenta csl; porro

logirus decem institutionis suae elementa cognoscit Sed quia naturalium prima

est inquisitio, in ipsa primo decem praedivamerita formale sunt excogitatique iter-rno

nes. quibus de bis, quae prima occurrunt sensui aut intelleotai, qualia sint corpora

aut spiritus, quid, quantam et quale ossety aut secundum ceteras quaestiones natu

raliler pracedenles, declaratur unumquodque 20mm; unde et praedicamcnta diata

saut, sive in sermonibus sive in relms, decem genera praadicabilium, quae sir ad

singutares individuasque substantias applicaalur.

611) Ebend. p. 126 f.: Isidorus, Aloainus et quidam alii sapientam . . . . ..

sententiam plenissimant praedicamentorum absolutione perficiunt, ut in hoc comm

patet eremplo, s. Abschn. Xlll, Anm. 57.

612) Ebend. p. 126.: omnia ergo genera xpeciesquc substantiarum et qualita

tarn aliorumque primo ingemnt praedicamento. quoniam appositione generis speciei

primae satis/tt quaestiom, i. c. declaratur de aliquo, quid ipsum sit Hoc quidem

ab Aristotele videtur uliennmg ait enim nun folgt die oben Ahschn. IV, Anm.

324-. angeführte Stelle Top. l. 9 in einer von Boethins (p. 666.) etwas abweichen—

den Uebersetzung (s. Anm. 34.); hierauf: Eqaidem non hic videtur auctor expri

mere , quod in eodem praedicamenta, etsi eundem modum habeant pracdicandi, sint

omnia germ-a1 aut quod novem genera accidcntalium rerum non pracdicentar de sub

estantiih aut quod eodem modo praediccntur de saln'ectis et de cantcntis sut-ox

. xm Johannes v. Salesbtiry. ‘ 255

ja für die tiilbert’sche Annahme (Anm. 462 u. bes. 479). dass die in

dividuellen Bestinimtheiten die Totalität der Substanz betrefl'en, beruft

er sich sogar auf den Dionysius v. Areopag, d. h. auf Scotus Eri

genaöla). Indem er aber, wie gesagt, die onlologische und die logi

sche Seite völlig naiv parallelisirt, bringt er jene Verflechtung der con

creten Dinge, gleichfalls Wie Gilbert (Anm.'472)‚ in eine Verbindung

mit der Grammatik, indem die Substanz dem Substantivum, die übrigen

Kategorien aber als lngredienzen der Eigenthümlichkeiten dem Adjec

tivuni entsprechen sollen, und wegen der aul‘ alle concreten Wesen

sich erstreckenden Kategorie des Thuns und Leidens oder der Bewegung

(Anm. 464 u. 4891".) sich nothweniliger Weise das Verbum ein

stelltül4).

In der Lehre vom Urtheile, für welche Gilbert’s Ontologie Nichts

darbot, schliesst sich Johannes oll'enbar tlieilweise an Ahällard an, denn

er spricht nicht hloss wie Jener (Anm. 314 11'.) von dem wechselsei

tigen Erwecken der Gedanken durch die liedemaly sondern insbeson

dere gilt auch iiim (vgl. bei Abälard Anm. 330 u. bes. 382) das Wahr

sein und Falsch-sein als eine hlosse Modalität, welche bei den Dingen,

bei den Qetlanken, und bei den Aussagen eintrele‘HG). Hingegen he

613) librum ll, 20, p. 106.: Sic ct quodlibet accidens in toto sui subiecto cst

totaliter. sed totius partioliterl si pro perle, et quodlibet subiectum accidentis sui

timitibus coaequaturg hoc idem de generibus et speciebus protcstari non vereor; quin

mundo rcclumante dicamy quoniam a deo sunt aut omnino nihil sunt (s. Anm. 593.);

clamat mecum et llionysius Areopagita et numerum, quo discernunturl pondus quo

statumtlur, mensuram qua diffiniuntur omnia1 dei dicit imaginem (vgl. Abschn. XIII,

Anm. 139 L). Andere Anklänge aus Scolus Erigena s. oben Anm. 602.

614) Ehend. l, 14. p. 36.: Substantiis omnibus sua quasi impressa sunt no

minu; sed quoniam ipsarum multae sunt differentiam aliae quidem a quantitatel aliae

a quatitatel aliae a variis accidentium formis, itcm aliae ab his quae familiariora

sunt et ad esse conducunt; idcirco quibus hoc designantur-1 nomina sunt inventa,

quae possent adiici substantivis ct eorum iiim et naturam quodammodo depingercnt

Sicut enim accidentia substantiam vestiunt et informanll sic quadam prepar

tione rationis ab adiectivis substantiva informantur Pro eo, quod substantiay quae

sem-ui aut rationi obiiciturj sine m0tu, quo agendo vel patienda aliquid tempor-aliter

moveturt esse non potest, idco ad designandos motus corporalos ayenlis aut patientia

azcogitata sunt verba.

615) Enthet. v. 497 mi Aer sublüis, quem guttur format ct oris Organe, qui

sonitu possit ali aure oapij vox le, quae rescrat uni, quid cogitat alter, lnque

vicem reddit pervia corda sibi. Motel. I, 19, p. 49.: Sernm institutus est, ut ex

plicct intellectum

616) Metal. IV, 33, p. 190.: Locutiu, quae vcra dicitur. a madet quem inmu'l,

modalis appcllatur-g item opinio vcr'a a modo percipiendi et ratio vera a qualitate

ezaminis sui ,- rcs quoque singulae verae dicunturl dum in his taliter percipi-enu

dis nullius imaginis phantasmatc circumveniatur opinio. Ehend. 36. p. 196.: Si

enim rem sic esse ut ext, aut non esse ut non est, comprehendit (so. intellectus)

iudicio certo et fideli usus est; sin autem est non esse quod est, vel esse quod non

estv opinaturl procul dubio fallitur ct erratg ide-m quoque est in sennonibusg res

lautem, quae se ipsaml prout est, intellectui subiicit, vera cst; quae oliter, vana

et falsu. Ergo a modo percipiendi convincitur veritas aut falsitas tam opinionum

quam rerum. semnonum vcro a modo significandi. Entlict. v. eos lf.z Hinz: aliud

verum rerum connezio monstmt, Ouam sine compositis nemo videre polest; list in

tellectus verusv quia concipit ipsom; Sicque triplex veri dictio rebus ineslg Es! sermo

verus, quotiens designat eandenh Si se res habi-ann ut data verba ferunL

\

256 ' XIV. Johannes v. Salesbury. ‚

züglicli des sog. unbestimmten Urtheiles (vgl. Anm. 351) nimmt er den

Standpunkt ein, dass dasselbe l'ür das Erkennen untauglich seien).

Jene Urtheilsl'ormen, welche der Grammatik angehören und uns oben

tAniii. 207) unter dem Namen „materialiter impositau begegneten, be

zeichnet er als „seeunda intpositio“6‘3), und er warnt bei dieser Ge

legenheit vor dem logischen Missbrauche, welcher mit solchen Urtheilen

durch sophistische Witze gemacht werden kann, dabei die Probe eines

absichtlich gebildeten unsinnigen Satzes gebend‘m’). Beuierkenswerth

ist, dass er elieiidort die „Syncategoreuniata“ (s. Anm. 174, 206, 348)

erwähnt, jedoch in einer Weise, wornach er ‚nicht geneigt scheint,

denselben für die Logik eine Bedeutung wzugestehen, da er sie eben

jenen grammatischen Bezeichnungen gleichstellt, welche als blosse se

cunda impositio nicht leicht wieder aul den primären dinglichen Sinn

zurückangewendet werden können “20).

Aus dem Gebiete der Topik mag etwa erwähnt werden, dass lo

hannes in den Erörterungen des Aristoteles über den Gattuiigsbegrifl‘

eine Ergänzung und Berichtigung der Angaben des Porphyrius erblickt “21),

sowie dass er im Hinblicke auf die maæimae propositiones (s. Abschn.

XII, Anm. 138) ähnlich wie boethius die Festigkeit des mathematischen

Beweis-Verfahrens bervorhebt 6'22).

In der ersten Analytik findet er nicht bloss bei den Formen des

kategorischen Sehlusses eine Unvollständigkeit, welche durch Spätere

gehoben worden sei (Abschn. XII‚ Anm. 136). sondern sagt auch be

züglich jener Schlüsse, welche aus Coiiiliinalionen kategorisrlier Urtheile

617) Metal. II, 20, p. l01.: onmis itaque diclio, quae non sutis.proprie

ponitur aut certo et sua ratione ile/inito innititur subiecto; alioquin suo priuabilur

officio, quum ratio cognitionis cerliturlinis finem quaerat aut teneat

618) Ebend. I, 15, p. 37.: Procedat ratio ad secundae impositionis originam.

llelms itaque quum nomina primitiis essent imposital reversus ad se animus im

ponentis ipsis nominibus vocabula indidit, per quae sermonum doctrina procederct.

Ergo dictum est nomen substantimtm, adiectt'tmm. verbum

619) Ebend. p. 40.: Abusio est1 si quis dicat „equus desinit in S“ et simi

Ii'a; item „Cato sedens inter laniruluin et calendas Maritas (es erinnert diess un

willkürlich an den Volkswitz der Augsburger: „Zwischen Pfingsten und dern Klinker

Thor“) vestes populi nomani qualemario aut senione resarci't“ aut sermo non est aut

quovis sermone nugatdrio eorruptior.

620) Ebend. 16, p. 43.: Et quideni, quae a rebus sumptu suntv od res redire

possunt, sed quae inventa sunt ‚ ut verborum iudicent qualitatemy non eadem commo

ditatr- rel usu devoeanlun ut rerum iudicent quatit/ziemi videntur enim aliquid habere

simile cum tiis generibus cerlwruni, quae graece synealegoremata appellantun eo quod

sicut illorum ab adiunctis aut est aut perpenditur significati‘o, sic ista originis suae

sociata sermonibus suum commode ezeitant intellectumj alio vero traducta velut na

turali aigore destituta evanescunt rel absona sunt.

621) Ebeud. III, 7, p. 140.: Hoc tamen ab Aristotele (Top. IV, 1—6.), quo

niam Pm-pliyrms, quem parvuli scquunlnr, aliud docuity adiiciendum puto, quoniam

sicut genus unieore et non denami'native, sic nec secundum quid praedicaturg unde

constat, corpus non esse genus animalis ‚.‚.. Sed minutiores philosophi cum Por

phyrio vulgi sequuntur opinionem qui fere id solum consuevit approbare, quod sen

sibus patct.

om Polyor. VII, 7, p. 103.: Sie et geometriue primo petitiones quasdam quasi

totius artis iaciuut fuudamental deinde eommunes animi eonceptiones adiieiuntl et

sic quasi acie urdinutu ad eu, quae sibi sunt demonstranda, procediml.

‘f’ —- v XIV. Johannes v. Salesbury. in 257

mit Nothwendiglteits- und IIIi‘iglichkeits-Urtheilen bestehen (Abschn. IV,

Anm. 558 fl'.), dass dieselben von Aristoteles nicht erschöpfend darge

stellt seien, und hiemit noch für Andere hier eine Thatigkeit übrig

bleibe, welche jedoch für das bestehende praktische Bedtirfniss der

artiger Schlussweisen praktisch Bequemeres liefern solle ö23), — ein

Gerede, welches auch seinerseits selbst auf obige benigna interpretatio

Anspruch machen zu müssen scheint. Aehnlich spricht er sich über

die hypothetischen Schlüsse aus, welche vielleicht Aristoteles wegen

ihrer Schwierigkeit absichtlich weggelassen habe; doch sei neben einer

Einweisung auf diese Syllogismen, welche schon in der Topik vorliege,.

' insbesondere Eine Stelle der Analytik die Veranlassung gewesen, dass

Boethius und Andere die Lücke ergänzten, obwohl auch durch diese

noch nicht die wahre Vollständigkeit erreicht worden sein“). Dass

Johannes auch bei der Analytik nur den praktischen Zweck der Argu

mentation im Auge hatte, zeigt sich bei seiner Erwähnung der petitio

principiimila sowie einiger anderer technischer Momente, unter welchen

er für das Verfahren des Gegenbeweises die Terminologie „catasylto

gio-musu wähltm“). Ans der zweiten Analytik konnte er die Kenntniss

623) Metut. IV, 4, p. 160.: nium figurarum subnectit rationes (an. Aristoteles)

. et qui modi in singulis figuris ez complezione cxtremitatum proveniuntv docet,

data quidem semente rationis comm, quos sicut Boethius asserit (die Stelle ist oben

Absehn. V, Anm. 46. angeführt) Thcophrastus et Eudemus addiderunt. Deinde ha—

bita modaliam ratione transit ad commixtiones. quac de necessario sunt aut contin

genti, cum his quae sunt de inesse Nec tamen dico, ipsum Arislolelem attcubi,

quod 'legerim, nisi forte quod ad prapositum, de modatibus sufficienter egisse, sed

procedendi de omnibus fidelissimam scientiam tradidtt; ezpositores vero dioinae pa

ginac- rationem modomm pemecessoriam esse dicunt Et profecto licet nullus

modos omnes, mute modales dicimtur, singulatim enumerare suf/iciat, quod quidem

nec ars cxigit, tamen magistri scholarum inde contmazlissimc disputant et1 ut pace

multitudinis loquar, Aristotcle ipso commodius. Vgl. Anm. 220.

624) Ebend. 21, p. 177.: Dialccticam et apodicticam praecedentia docent.

ln iis tamen de hypotlieticis syltogismis nihil aut 'parum est actitatam, seminarium

tamen datum est ab Aristotele, ut ei istuc per industriam aliorum possit esse pro

cessuss Quum enim tam probabilium quam necessariomm loci monstrati sint, osten

sum est, quid ex quo sequatur probabiliter aut neocssario, quod quidem ad hypo

theticorum iudicium maxime spectat Praeterea Boethius (De sylt. hyp. p. 609.)

hoc pro seminario inveniendornm dicit acceptuml quod Aristoteles ait in Analylicis

(s. oben Anm. 522.) „idcm quum sit et non sit, non necesse est idem esse." Ergo

ipse et alii (s. Abschn. XII, Anm. 139.) aliquatenus suppleverunt impcrfectum Ari—

stola-lem in hoc parte, sed quidem ut mihi visum est, imperfecta (Inwieweit Letz

teres richtig sei, s. ebendJAnm. 155. u. 163.) Sed forte ob Aristotete de in

dustria relictus est hic labori eo quod plus difficuttatis quam utilitatis videtur habere

liber i‘llius, qui diligentissime scripsitg profecto si hunc Aristoteles more suo exse

queretur, verisimile 2st, tantae difficultatis fore libruml ut praeter Sibyllam intelligat

nemo. ivec tamen hic de hypotheticis satis arbitror expedituml supplementa vero

scholarum perutilia et necessaria sunt.

easy Ebend. 5‚ p. 161.: Adiicit (Anal. pr. II, 16., s. Abschn. IV, Anm. 628.)

et regulam petitionis principiil quae speculutio tam demonstratori quam dialectico

satis accommodata est, licet hic probabilitate gaudeat, ille veritatem dumtatcat am

plectatur.

626) Ebend. p. 162.: chuitnr de causa falsa conclusionisl ut oatasyllogismi

(so ist. auch wirklich in der Uebersctzung dcs Boethius p. 516. das betreffende

Capitol überschrieben, Anal. pr. II, 19., s. Abschn. IV, Anm. eam et elenchi (ebend.

Anm. 632.) et de fallacia secundum opinionem (ebend. Anm. 634 f.) et de miser

linum-ua Gescb. II. 17

258 XIV. Johannes v. Salesbury. Alanuo v. Lille.

der sog. vier aristotelischen Principien schöpfen 627), und ausserdem

wurde auch er auf die erkenntniss-theoretischen Fragen geführt, welche

er jedoch weit schlechter erörtert als der Verfasser De intellectibus

(Anm. 418 111), denn auf einen noch ziemlich aristotelisch klingenden

Anfang, welcher die Sinneswahrnehmung, die Einbildungskraft und die

Meinung betrifft, folgt sofort der ciceronische Begriff der praktischen

Klugheit, worauf sich Plato’s Auffassung der Vernunft (ratio) aureiht,

um zuletzt zu der theologisch verstandenen Weisheit (sapt'entia) als

endlichem Ziele zu führen 628). ‚uns „g

Auch aus den Soph. Elencht', welche Johannes an den Schluss des

aristotelischen Organons stellte, dürfte höchstens die Terminologie „re—

luctatorius syflogismus“ erwähnenswerth sein 6‘19), sowie aus dem Um;

kreise der Schriften des Boethius die Erwähnung der fünfzehn Arten

der Definition (s. Abschn. XII. Anm. 107), wobei die oberflächliche

Lectüre des boethianischen Buches den Johannes auf die Meinung brachte,

auch cicero habe eine Schrift De definitione Einige Verwandtschaft mit Johannes von vSearlfeassbsutrfiyao)z.eigt bezüglich

der theologischen Ontologie der ebenso gesclimaeklose als all‘ectirte

Alanus von Lille (gest. um 1200), insoferne Beiden die Auffassung

des Gilbert Porretanus in solchen Fragen als gemeinschaftlicher Aus

... LIMA.

sione medii et eztremorum (ebend. Anm. 636 f.)‚ citius tamen tota utilitas longe

commodius tradi potesL v ‚_- i

627) Enthet. v. 375 fili ouatuor ista solent laudem praestare wenn's, Subl'ectum,

spenies, artificisque manus, finis itcm cunctis qui nomina rebus adaptul Arist.

Anal. posL ll, 11., s. Abschn. IV, Anm. 696. Es war demnach völlig unnhthig,»

wenn man die Vermuthung aufstellte, Johannes habe die Bücher der Metaphysik

gekannt.

easy MetaL lV, 9, p. 165.: Ouum sensus secundum Aristolelem (Anal. post u,

19, Abschn. IV, Anm. 51.) sit naturalis potentia indicativa rermn, aut omnino non

est aut viz esl cognitio deficiente sensu p. 166.: Aristoteles autem sensum potius

vim animae asscn‘t, quam corporis passionum 10, p. 167.: lrnaginatio itaque a

radice sensnum per memoriae fomitem oritur. 11, p. 168.: Primum cnim iudicium

viget in sensuy secundum vero imaginationis est, ut quum aliquid perceptorum

retenta imagine tale vel tate asserit de futuro indicans vel remotog hoc autem alter

utrius iudicium opinio appellatur (so ist daia bei Boethins übersetzt, s. oben Anm.

19.; hingegen eristimatio s. Anm. 423.). 12, p. 169.: Prudentia autem estl ut

ait ('icero, virtus animae, quae in inquisitionc et perspicientia solertiaque scri aer

satur. 13, p. 169.: lnde estl quod maiores prudentiam vel scientiam ad tempora

lium et sensibilium notitiam retulerintl ad spiritualium vero intellectum et sapientiaml

nam de humanis scicnlia, de divinis sapientia dici solct. 16, p. 172.: Ergo et po

tentia st potentiae motus ratio appellatum hunc autem .motum asserit Plato in Po

lilia nim esse deliberaticam animae etc. 19, p. 175: Sapientia vcro sequitur in

tellertum, eo quod divina de his rebus, quas ratio discutit, intellectus euerpsü,

suave-m habent gustum et in amorem suum animas intelligentes accendunt.

629) Ebend. IV, 23, p. 180.: Sicut enim dialecticus elenchol quem nos relucta

torium dicimus syllogismumy eo quod contradictionis ext, utitur etc. Vgl. Polycr.

llf, 27, 145., woselbsl unter dem Namen „comutus“ ein Dilemma angewen

et wir . '

630) Metat. lll, 8, p. 141.: Sumpserunt hinc (d. b. aus ArisL Top. V1.) doctri

nae suae primordia Marius victorinus et itoei/tius cum Cicerone, qui singuli libros

definitionum ediderunt; illi quidem dejiniendi nomen usque ad quindecim species

difalnverunt, describendi modos delinitionis vocabulo supponenlesl huic vero de sub

stantialiqpraecipue cura est (die Quelle dieses lrrthumes s. Abschn. XU, Anm. 103.

11.106 ulla-l . i

XIV. Alanus v. Lille. 259

gangspunkt dient. Jedoch bat Alanus den logischen Gehalt dieser Onto

logie, deren Beurtbeilung oder Werthschatzung den Theologen über

lassen bleiben muss, nicht einmal in jener Weise, welche bei Gilbert

oder etwa auch bei Johannes hervortritt, ins Auge zu fassen der Mühe

werth gefunden, sondern sich in seinem schwülstigen Gedichte „Anti

claudianusu bezüglich der Logik auf den Standpunkt der allergewöhn

liebsten Schuldoctrin gestellt, welche auch er nur als ein Mittel der

Argumentation behul's der Bekämpfung der Ketzer anerkenntöal). Indem

er die sieben Künste in ähnlicher Weise wie Marcianus capella als

symboliscbebFiguren auftreten lässt. schildert er, nachdem zuerst die

Grammatik vorgeführt war, an zweiter Stelle die Logik als eine äusserst

fleissige und strebsame Jungfrau, an deren gebleichtem Antlitze nur

Haut und Knochen zu bemerken seien, so dass man die Folgen der im

Studium durchwacbten Nächte erkenne 632); sodann zahlt er ihre Gaben

auf, welche sie zum Kampfe für die Wahrheit mit sich bringe, und

zwar nennt er dabei vorÄAllem die Topik mit ihren maximae propo

sü-iones, in dieselbe die Syllogistik, sowie lnduction und Exemplum ver

llechtend, dann folgt die Definition mit Einschluss der Beschreibung

(vgl. Abschn. Xll, Anm. 9) und die Eintbeilung der Gattung in die Arten

sowie des Ganzen in die Theile, und ausserdem die Wiederverbindnng

des so Unterschiedeneu, durch welch sinnmtliche Functionen die Logik

als Werkzeug oder Schlüssel der Weisheit, sowie als Watl‘e für alle

übrigen Künste wirkeßaa). Endlich die Aufzählung der Autoren der

Logik preist den Porpbyrius als einen zweiten Oedipus, tadelt die Wort

verwirrung des Aristoteles, durch welche die Logik wieder verdunkelt

oan AnticlamL vu. 6 (Alam' Opp. ed. C. de Visch, Antw. 1654, foL p. 394.):

Suecedit logicac virtus argula, Haec docet argutum Martem rationis inirel Ad

venae parti concludere. frangere viros oppositas partemque suam ratione tueri, vesti

gare fugam veri falsumque fugare. Schismaticos logice falsosque retundere fratres,

Et pseuaotogicos et denudare sophistas.

632) Ebend. lll, l, p. 345.: Latius intendens sotlers studiosa loborans Virgo

secunda sludet, intrat penetralia mentisfSollicitatque manum, mentem manus excitat

urget lngenium Et dccor et species af/lasset virginis arlus, Sicut praesignis

membrorum disserit ordo, Ni facies quadam macie respersu iacer-etj Vallat eam macies,

macie vallata profunde Subsidet, et nudis cutis ossibus arida nubitg llaec habitu

gestu macte pallore figurat lnsomnes animi motus vigilemque Mincrvam Praedicat, et

secum vigiles vigilasse lucernas.

633) Ehend. p. 345 f.: Monxtrat clcnchorum pugnas logic-aeque duellumy Qua

titer ancipiti gladii mucrone coruscans Vis logicac veri facie tunicata recidit Falsa,

negans falsum veri latitare sub umbra Ouid lacus in logica dicatur quidve lo

lcalis congruitasy quid causa loci. quid mazima, Om‘d sit vis argumenti manans a

fonte locali. Cur argumentum lirruet locusi arme! clenchum Maxima, quae vires

proprias largitur elencho ...„ cur liget extremes medius medialer corum Terminus

et firmo con/ibulct omnia nexu ....‚ Oualiter usurpans vires et robur elenchi Singula

pereun-it inductioy colligit omne ...„ Oualiler exemplum de se parit Ouomodo

delinit1 partitun colligity unit Singula, quae gremio complectitur illa capaci, Ouo

modo res pingens descriptio claudit easdem Nee sinit in varios descriptum currere

vultusv ouid genus in species divisum separaty aut quid ltividit in partes totum

rursumque renodat, Ouae sunt sparsa pn'us, divisaquc cogit in unum. oualiter ars

logicac tanquam via, ianua, clavis, ostendit rescrut aperit secreta sophioc, Ouuliter

arma gerit et in omni mililal arte.

17'

260 XIV. Rückblick.

und verhüllt worden sei, worauf Boethius wieder Licht und Ordniing

in das Ganze gebracht habe 634).

Hiemit sind wir an der Gränzscheide des zwölften und des drei

zehnten Jahrhundertes angekommen, welche auch dadurch sich kenn

zeichnct‚ dass gerade zu jener Zeit von verschiedener Seite her dem

lateinischen Abendlandc neuer Stoff zugeführt wurde, dessen Betrachtung

der Gegenstand der zwei folgenden Abschnitte sein soll, um hernach die

ausgedehnten Wirkungen des neu binzukommenden Materiales enttvickeln

zu können. Erfreuliche Gesichtspunkte bezüglich des culturgeschicht

lichen Fortschrittes hat uns die bisher geführte Untersuchung allerdings

wahrlich nicht dargeboten. Wir haben wohl multa, aber sicher nicht

multum an uns vorübergehen lassen. Hat ja sogar die allmälig er

wachende Kenntniss der aristotelischen lIauptwerke kaum nennenswerlhe

Früchte getragen, und an Stelle einer wahrhaft philosophischen Auf

fassung der Logik, zu welcher das Studium des Aristoteles hätte ver

anlassen können, schien zuletzt selbst lieber noch der Drang nach

praktischer Rhetorik sich geltend machen zu wollen. Und selbst die

folgenden späteren Abschnitte werden uns auch zu jener Zeit, in weicher

ein neuer Geist die Fesseln der Tradition und der ausserlichen Aucto

rität durchbricht, auf dem Gebiete der Logik nur eine gesteigerte Wie

derholung dieses Spieles der Geschichte zeigen, wornach die Logik

unter sehr verschiedenen Auffassungen stets wieder aus einer innerlich

philosophischen Basis binausgedrangt wird.

634) Ehend. p. 347.: Auctores logicae, quos douat rccolens defunclos suscitat orbi. tllic ltorphyrius arcana resfoalvmial, puelreanlntier VOietdai,podes

nostri solveris aenigmata sphingosg verborum turbator adest et turbine multos Turbat

Aristoteles noster gaudetque latere. Sie logica lroclol, quod non tractassc videtur-1

Non quod aberrat in hoc, sed quod velamine verbi omnia sic velat, quod via: labor

ista rei-elet in lucem tenebrosa refert, nova ducit in usum Excusatque troposl

in normam schema reducitl Ezserit ambiguum Secerinusy quo duce linqucns Natalem

linguam nostri peregrinat in usum Sermonis logicac virtus dicatque latinum.

mi ____——- — - 71-7 —*' L—M-I‘

.xv. ABSCHNITT.

ElNFLiUSS DER BYZANTINEB.

Hatte der Betrieb der Logik schon in der zweiten Hälfte des 12.

Jahrhundertes einen höchst ansehnlichen Zuwachs des Materiales da

durch gefunden, dass man die früher unbekannten hauptsächlichsten

Bestandtheile des aristotelischen Organons kennen lernte, —- wenn auch,

wie wir sahen, die Wirkung hievon zunächst nicht so bedeutend war,

als man hätte erwarten können —, so trat nun mit dem Beginne des

13. Jahrhundertes gleichzeitig von drei Seiten her eine neue Vermehrung

des Stoll'es ein. nemlich durch Benützung byzantinischer Litteratur-Er

zeugnissc, durch Beiziehung der Leistungen der Araber, und durch das

Bekanntwerden der übrigen Werke des Aristoteles, unter welchen selbst.

verständlicher Weise vor Allem die Bücher der Metaphysik, sodann

aber auch die Schrift de am'ma auf die Logik einen Einfluss ausüben

mussten. Und so wird uns denn auch neuerdings unsere schon wie

derholt ausgesprochene Ansicht, dass das ganze Mittelalter lediglich von

der ausseren Zufuhr des Materiales abhängig war, durch den geschicht

lichen Verlauf ihre thatsächliche Bestätigung erhalten.

Dass durch die dritte der genannten Erweiterungen des Stoffes

ein Umschwung in der Stellung der Logik eintreten musste. ist klar',

denn nachdem bis dahin, abgesehen von platonischer Physik, die Logik

allein den Umkreis der eigentlichen Philosophie repräsentirt hatte, kam

dieselbe nun seit dem Betriebe aristotelischer Metaphysik und aristoteli

scher Psychologie in das Verhältniss einer Coordination oder auch einer

Suhordination zu anderen Zweigen der Philosophie. Doch wie sich

diess gestaltet habe, wird erst unten im XVll. Abschnitte dargestellt

werden können, wo der chronologische Faden an dem Punkte, an wel

chem wir ihn so eben verliessen, wieder aufzunehmen sein wird. ln

gleicher Weise muss es jenem nemlichen späteren Abschnitte vorbe

halten bleiben, die Wirkungen selbst vor Augen zu führen, welche 'aus

den beiden anderen neuen lngredienzien, nemlich aus der byzantinischen

und aus der arabischen Litteratur, sich ergaben.

Hingegen ist es nun unsere nächste Aufgabe (— denn die Dar

stellung der achten und vollständigen Lehre des Aristoteles liegt längst

hinter uns —), eben jenes doppelte fremdlandische Material, welches

in die Sprache des lateinischen Abendlandes übertragen wurde, vorerst

für sich allein kennen zu lernen. Sowie aber dort der byzantinische f

Q

262 xv. Berührung mit den Byzantinern.

und der arabische Einfluss im 13. Jahrhunderte zur nemlichen Zeit zu

Tag treten, so ist es für die Geschichte der abendländischen Logik an

sich völlig gleichgültig, welchen von beiden wir zuerst betrachten, und

es mag etwa der erstere nur darum vorangestellt werden, weil er mehr

eine unmittelbare Anknüpfung an Erscheinungen darbietet, welche bereits

früher Gegenstand unserer Erörterungen gewesen waren.

Wohl aber dürfen wir schon hier zur Orientirung die weitgreifende

Bemerkung vorausschicken, dass die Logik, soweit sie im 13. Jahr

hunderte neben der ausserlich eingelernten aristotelichen Philosophie

eine selbstständige Stellung erhielt, nun durch Uebertragung eines by

zantinischen Compendiums und byzantinischer Technik eine veränderte

Gestalt annahm und einen folgenreichen Zuwachs an lnhalt erfuhr, so

dass nicht ohne Berechtigung in den Schulen für diese „neue Logik“

die Bezeichnung „m'a moderne“ üblich wurde. Sowie man den ge

sammten Zeitabschnitt von lsidorus an bis zum Beginne des 13. Jahr

hundertes füglich die Periode des Boethius nennen kann, wenn auch in

den letzteren Jahrzehenlen derselben einige Kenntniss des Aristoteles

mitspielte, ebenso darf man bezüglich der eigentlichen Schul—Logik fast

die ganzen nächstfolgenden drei Jahrhunderte als die Periode des Psel

lus bezeichnen, wenn auch die altere boethianische Tradition als „m‘a

a'ntiqua“ nehenherlief, oder Erneuerungen früherer Partei-Controversen

sich einstellten. ‚

Im XI. Abschnitte wurde die vielfach unbedeutende und sterile

Reihe der griechischen Commentare zur aristotelischen Logik und der

griechischen Schulcompendien bis in das lll. Jahrhundert hinahgeführt;

und indem schon dort (zw. Anm. 82 u. 83) bemerkt wurde, dass vom

5. Jahrhunderte an diese Litteratur spurl0s an dem lateinischen Abend“

lande vorübergieng und gleichsam seitab lag, wohl aber (ebend. Anm.

176) bei Petrus llispanus (13. Jahrh.) eine Einwirkung sich zeige, welche

mit Psellus begann, so müssen wir nun hier, nicht etwa zur Fort

setzung der dort schon angegebenen litterär-geschichtlichen Entwicklung,

sondern lediglich um jener lateinischen Schul-Logik willen, welche vom

13. Jahrhunderte an betrieben wurde, alles dasjenige vorführen, ‚was

als neues lngrediens wirkte. Denn äusserliehes Aufralfen und ausser

liches Uebertragen des sich darbietenden Stoffes war ja überhaupt die

methodische That des traditions-süchtigen Mittelalters, und so kann auch

die Geschichte der Logik gleichsam nur registriren, welcherlei Bausteine

zugeschleppt werden seien. süß

Dass nun ein thatsächlicher Einfluss byzantinischer Litteratur auf die

lateinische Logik bestand, wird im Folgenden selbstredend dargestellt

werden. Die Frage aber, wie derselbe überhaupt ermöglicht wurde, gehört

theils der allgemeinen Kulturgeschichte an, theils liegt ihre Beantwortung

in so altbekannten Thatsachen und Verhältnissen, dass wir den Leser zu

beleidigen fürchten, wenn wir an die Kreuzzüge und die Entstehung des

lateinischen Kaiserthumes (Einnahme Konstantinopel’s durch die Kreuz

fahrer i. J. 1204), an das endlose Gezänke der Theologen beider zum

Schisma treibenden Kirchen, an die juristische Gelehrsamkeit, welche in

Erklärung der Basiliken niedergelegt wurde, erst noch ausdrücklich er

innern wollten. Einzelne Momente, welche unserem speciellen Gegen

Eh“

J’ A‘ x-v. Berührung mit den Byzantinern. ' ' 263

stande naher liegen, trafen wir bereits im 12. Jahrh. (s. vor. Abschn.

Anm. 25 n. 32 f.); eine völlig entscheidende Wirkung aber musste es

für die ersten Jahrzehente des 13. Jahrhundertes haben, dass der all

gewaltige Papst lnnocenz lll., welcher das durch seine lntrigue in die

Welt gesetzte lateinische Kaiserthum vortrefflich für seine Zwecke aus

zunützen wusste, im J. 1205 den Wunsch Balduins bei den französi

schen Prälaten befürwortete, dass „zur Ehre Gottes“ Geistliche aus

Frankreich nach Konstantinopel sich begehen und dort den Samen

christlicher Bildung ansstreuen sollten l), — ein Wunsch, welchen der

Papst gleichzeitig auch an die Universität Paris richtete, dabei nicht

vergessend, die Bereitwilligkoit der Missionare auch durch llinweisung

auf irdische Schätze und Genüsse anzuspornen‘?) Und wenn uun auch

hiebei Förderung der Wissenschaft wahrlich ebenso wenig der Zweck

war, als bei dem collegium constantinopoli-tamem welches in der nem

lichen Zeit der winkelzügige König Philipp August in politischer und

papst-frcundlicher Tendenz zu Paris einrichtete 3), so war es Sache des

mittelbaren ausseren Erfolges, dass nun Vertreter oder Schüler der bis

dahin hauptsächlich in Frankreich blühenden Logik in Berührung mit

einer fremden litterarischen Entwicklungsstufe kommen konnten, welche

Wohl in den Augen eines Papstes einer Maassreglung zu bedürfen

scheinen mochte, an sich aber in der glänzenden Litteratur-Epoche del

Anna tlomnena äusserst manigfaltig und reichhaltig emporgehlüht war

und bezüglich der Logik wenigstens nicht in höherem Grade, als die

bisherige lateinische Littera‘tnr, unphilosophisch und schulmässig auftrat,

1) ltiplomataa flrartaey lfpistolae ctc. Rcccuil de Brequiguy et La Porte du

Theit. Paris. 1791. ll, p. 712.: llniversitalem vestram rogamus attente et hortamur

per apostoliea vobis scripta mandautesl quatenus pium eius (so. Balduini) desideriumi

quantum in vobis fucrit, promoventes de singulis ordinibus viros maribus et scientia

connntndandos ac in religione ferventes ad partes illas deatinare curcfis, per quos /

novella illa plantatio in disciplina domini erudita fractum reddat suis temporibus l

opportnnum ad laudem et ylori'am redemptoris et orientalis ecclesia in di- .

cinis laudibus ab occidentali non dissoneL

2) Ebend. p. 713.: Mayistn's et scholaribus llnrisiensibus '.... suppticavit (so.

Batduiuus), ut vos inducere ac manere apostolicis litteris dignaremarl quati-nux ini

Grucu'am accedentes ibi stttderetis litterarum studium reformare Um'rcrsitatem}

vestram royamus, quatenus diligentius attcmlentes, quanto maiores vestri difficuttates

et grot‘ominn sunt pcrpessi, ut adulescentiae suae primitias imbuerent litteratibus

disciptinis, non taedeat plerosque vestrum ad terram argento ct auro gemmisque

refertam. frumentoy vina et oleo stabilitarit et bonorum omnium copiis a/fluentem

accedcrc, ut ad illius honorem et gloriann a qua est omnis scientiae dunum, sibi et

aliis ibidem proficiant. praeter temporales diritias et honores aeternae gloriae prae

mia receptmL S. Jourdain, ficclterclics erit (2. Aufl. 1843). p. 471.

ap llulaeusy Hist anie Paris. III, p. 10. (aus Fttesncus, de statutis theol.):

Post expngnatam constantinopolim a francis et Venetis sacro foedere ianctix Phi-ll

lippo Augusto rege Lutetiae conditam est collegium constantinopolitath ud ripam

Sequanae prope forum Malbertinuma nescio in arcano imperii consilio, ut graecorum ‘

liberi Lutetiam venientes una cum lingua latina paultatim vetus illud et patrium m

Latinos odium deponerent eorumque humanitatem et benignitatem experti ad suos

reversi non sine magna Latini nominis incremento virtutes illas passim prnedicarcnt.

ac velut obsides habitiq qut-l si quid parentes et omnes graeca levitate adversus

Latinos „mitunter, ipsi adolestentes Lutetia conetusi fuerinL S. lourdain a. a. a

p. 49 f.

264 XV. Berührung-mit den Byzantinern. Psellus.

l

vwohl jedoch vor derselben den Eiiieii Vorzug besass, dass in ununter

brochener Succession stets auch die Hauptschriften des aristotelischen

Organons erörtert und benützt worden waren. Dass ausserdem in Un

teritalien die Kenntniss der griechischen Sprache (wenn auch nicht der

griechischen Litteratur) und der Verkehr mit Griechen nie völlig aus'

gestorben waren, sowie dass Venedig in lebhafter Wechselbeziehung

mit dem griechischen Oriente war, ist hinreichend bekannt, und so

mochte neben denjenigen Erscheinungen, welche wir schon früher trafen

(vor. Ahschn. Anm. 3, 25 u. 33), wohl im Laufe der Zeit noch in ge- ’

steigerter Weise durch Uebersetzungen eine Vermittlung hyzautiniscber

Schriften bewerkstelligt worden sein, wenn wir auch nicht mehr im

Stande sind, einzelne Fäden einer solchen 'l‘hätigkeit auf dem Gebiete

der Logik nachzuweisen oder zu verfolgen 4).

Bei Weitem das einflussreichste Erzeugniss der byzantinischen Lit

teratur war das compendium des Psellus (s. ohen Absclin. Xl, Anm.

173 fl‘‚), welches unter dem Titel stvong elg ripa ‚Anaerors'loug Äoys

n'r‘jv Ämorzjn'qv die gesainnite aristotelische Logik enthielt. Dasselbe

übte die weitgreifendste Wirkung auf das lateinische Abendland dadurch

aus, dass es sofort bei seinem dortigen Bekanntwerden zur Grundlage

der Compendieu-Litteratur gemacht wurde. Neinlich es lag in dieser

Beziehung allerdings wohl das eutscheidendste Fai'tum darin, dass Petrus

Hispaiius die Syiiopsis des I’sellus wörtlich übersetzte, aber aus Hand

schriften der Pariser Bibliothek machte ich die überraschende Entdeckung,

dass Petrus Hispanus durchaus nicht der erste Uehersetzer des Psellus

‚war, sondern dass bereits einige Jahrzehnte vor demselben durch An

dere, wie namentlich durch Wilhelm Shyreswood, das compendium

des Psellus in die lateinische Schal-Logik eingeführt und sogar mit

einer weit grösseren Selbstständigkeit verarbeitet worden war. Und

nur durch die Auctoritäl, welche Petrus Hispaiius als Papst in dem

römisch-katholischen Abeiidlande genoss, konnte es geschehen, dass jene

Bestrebungen anderer Schriftsteller des 13. Jahrhundertes, welche gleich

falls auf byzantiniscber Litteratur fussten, allmälig bei Seite geschoben

wurden und iiiit einer gewissen Monotonie sich ausschliesslich das geist

losere Elahorat des Petrus hispanus auf lange Zeit hin einbürgerte.

Während aber all diese Verhältnisse, wie sich von selbst versteht,

ihre genügende Darlegung im XVll. Abschnitte finden werden, wenden

wir uns nun zu der Synopsis des Psellus selbst, um hiedurch die Ori

ginal-Quelle jener lateinischen Litteratur-l’rodukte kennen zu lernen 5’).

4) Giriiigirol. Sradenigoy llagionamento istorico-critico intorno alta letteralura

greco-italiana. Brescia usa 8. enthält, ohne irgend neue Spuren der Forschung

zu eröffnen. ein ziemlich nnkritisches Register von Italienern, welche des Griechi

schen kundig waren. Die Abhandlung von Friedr. Cramer (Dissertatio de graecis

medii aevi studiis. Pars prior et altera. Sundiae 1849 u. 1853. 4.) bricht an eben

jenem Punkte ab, welcher uns hier zumeist interessirt, nemlich bei dem Eintritte

der Kreuzzüge.

5) Ich halte es für unerlässlich, mehrere einzelne Abschnitte des l‘scllus

gleichsam als Probe wörtlich im Originaltexte mitzutheilcn, um sodann entsprechend

im XVll. Abschnitte das Gleiche zu thun; denn nur hiedurch kann der Leser die

eigene Ueberzeugung schöpfen, in wieweit z. B. Wilhelm Shyreswood selbststän

xv. Psellus. nos

væ- F„‚«‚A‚ ‚_„

Psellus beginnt mit der Notiz, dass die Dialektik die Kunst der

Künste (ars artfum) sei‚ um dann sogleich von der Etymologie ihres

Namens aus auf den Begrill' der Sirache und hielnit auf jenen des

Wortes camuna und des Sehalles (quwg) zu gelangen“), wodurch sich

sofort als erster Haupttheil des Compendiums der lnhall des Buches

De interpr. einstellt und sonaeh die Lehre vom Urtheile voraustritt.

Es wird nemlich zunächst in der üblichen Schulmanier ausführlicher

über den Schall und über die menschliche Ausdrucksweise gehandelt.

welch letztere entweder nicht bezeichnend oder bezeichnend camini

quorvumj) sein könne; der bezeichnende Ausdruck wird in den ver

bundenen (ovpnm/lsypevn)‘ d. h. den Satz, und in den unverbundenen

fiiciiptarlisntog-js d. h. die einzelnen Worte, eingetheiltT), worauf in der

diger den neuen Stoll' benützt, hingegen l‘etrus Hispanus nur wörtlich übersetzt

habe; und ich hege das Vertrauen, dass dann der Leser meine Angaben über die

übrigen‚ nicht ausführlich abgedruckten, Theile der sich entsprechenden Compan

dien mir auf mein Wort glauben werde. Uebrigens ist auch zu bemerken‚ dass

die Summuta des Petrus Hispanus gleichsam als eine zweite liandschriftv und zwar

baulig in der That als eine bessere Recensiom zur Textes-Kritik des Psellus be

nützt werden muss; jene Augsburger Handschrift, aus welcher Ehinger die Synopsis

herausgnb (Angst). tim 8.), —- jetzt in der Münchner Staatsbibliothek befindlich

(Cod. ymcc. Mun. 5-18.)—‚ enthalt auch noch (fol. 33 ff.) ein Ereerpt der Synopsis

von sehr später Hand.

6) Mich. Pselli Synopsis Org. Arisl.‚l‚ l, p. l. l‘ed. Eliinger): dialexuxri ian

1511/1} n mihi xat {men'huq iniarnpaiv 1196; nis unaaafw In)» yeädd‘wr

dozdc o t‘w lxovda, xai d‘u‘z roi/m 81/ rj xniau 1an Smarqptaiv nonita-lv

sh'm Ihr dtalsxnxr'gv xoi Asyenu ae 1‘; dialcxnxfi (im) n‘y; Judäa“.

' cli o‘md nic hdnida 11'); o’ryzmvou'dq; n‘) ;,Ausraäü“ xat zur"; „le'yw“, i'v' ä

a d‘voiv ‚anal-"1‘: 1013105110101! 167/09. mii nnoßa'llovzog animuin xai Ioü

dnox woluslyov- ii dnö mo diulsle’läm xat durxengoä‘ah miflg iiti d‘rjlov—

dn [In ruf; yvaiym; d‘zmgoüwm ot dcaleydyevon xir inci ndtdleftc

01} dui/arcu ysväm‘iaz et Iiu‘; actu-rationes löyov, oüd" fiti a löyo; et zu)

paso'msuoümy; qitw/nh fläou Ä qunin ipdcpog fig den, dicit mitto a3; dno

neotlgou toü 1,06qu d xrs‘ov. Es ist wahrlich nicht nöthig‚ bei jedem einzcl

nen Paragraphen des Psel us auf die Quellen, aus denen sie geschöpft sind, zu—

rückzuweisen, soweit das Ganze uns nur den Inhalt der am Schlüsse des Alter

tbumes recipirten Schal-Logik zeigt, welcher aus dem im XI. Abschnitte Erorterten

hinreichend ersichtlich sein durfte. Wohl hingegen werde ich sorgfaltig alle die—

jenigen Punkte hervorheben. für welche jene Sehnltradition nicht zureichend ist,

und namentlich macht in dieser Beziehung der Schluss des compendium eine

bedeutsame Ausnahme, woselbst uns die Frage über die Quellen des Psellus sehr

fühlbar werden wird. y t

‚7) Ebend. p. 3.: lliocpog rotruv Betty, ay tiv xuplmg 1'; dzoi; iii/ulqu

ßdwm'm. ls’yw de 'rö xugtwg, duin ei xat o av-ltngnoc xai a xaidmv duode

1m, rof/ro 01’»: iariv el pii d‘u‘z ipdipou. fuiit Wut/‚um a [ze'v lati qmm) d

es oii qmm}; xal qmwj {an tlm'qno; me oaiyarog roü L'ain 71900/61361; rot";

quamuis dgyoivoig ‚ueyogthzzs’vog' «pumxr‘z es öanva, oic 1‘; (pwm‘uzogwoü—

nuy le’yomm xai sio‘z silua dd‘o'weg, ylaioda„ oügaw’mcog, laiguyfy xa‘z

äw'gaä‘ ipsum d‘ä ö oux (du (puwzj iariv a qupqua/og 3x rfig uuyxgoüosmg

taiia eint/üle o'mydrwv, uSg i1 ägaüm; wir dtrd‘ng xat ö növ nodröv x11}

nog xai ru Spou-L T1511 quöv m‘ yev eiai anuni/natat mi ac 01‘)" owner

‘nm‘g rpqu Sony il nagwtaiaci n. xai dnlonoiuiirm rj dxofi, olor ävägonmgr

oii armat/uini iariv r'j tuqu tj äxoü naglnruioa, otoy ßc'r, poti Tür 0'17—

‚ummxaiv (pwmüv at ubi clari aqyuvnxal (puo'u, at o‘e ‚Haar cpww‘) rpuau

vmum/nmi {nur iy nagd näin ib uino nagwnüaa, dig-nee a otei/aybe

nini n’mäsvoüwwv ödüvnw (61110311 scheint ausgefallen zu sein) xat 1‘; zahl xv

me xv. Psellus.

üblichen Weise die Angaben über das Substantivum t’) und über_das

Verbum folgen, woran sich die Bemerkung knüpft, dass nur diese bei

den fiir die Dialektik wirklich als Bedetheile gelten können, hingegen

die übrigen Arten der Worte blosse syncategoremata (s. vor. Abschn.

Anm. 174, 206, 348) seien 9). Die übliche Aufzählung der Arten des

Satzes (Löyog) erscheint hier in der Terminologie der Grammatik (lndi

cativ-, lmperativ-, Optativ-, Conjunctiv-Satz), daher auch der lndicativ

Satz als das eigentlich logische Urtheil bezeichnet wird u’).

Das letztere (npdmotg) wird nun vorläufig in das kategorische und

das hypothetische eingetheilt, hierauf aber sogleich bezüglich des kate

gorischen die Angabe der wesentlichen Bestandtheile angereiht, wobei

mit völliger Entschiedenheit die Dreizahl derselben, nemlich Subject,

Prädicat und „Gepula“ :(vgl. vor. Abschn. Anm. 370) ausgesprochen

wird 11). Indem sodann die Erörterung der Verhältnisse der Quantität

(allgemein, partwular, singulär, unbestimmt) und der Qualität l'olgt, ist

zu beachten, dass nicht bloss neben speciellen Definitionen des allge

meinen und des individuellen Subjects-Begrill'es (590; uowog und 3909

hurtig) ein besonderes Gewicht auf die grammatischen Zeichen lombij

der Quantität gelegt wird, sondern auch acht schulmässig drei Fragen

t

möv i'laan‘; ögyr‘w i xagdy- (nur?) ääosi‘oqyavnxr} Farm iy xan‘v rfiv roi

tiqualtov sanum Önoüv flüQlÜ‘llüO'flfUl’OV äwigwnog. Tröv cntias/nsinsiv

(pmwöv il per Errnv r‘mlfi xal daopnlsxrog oiov 16 iivquu xni ro dimm, i

de m'a/‚9610; xal ov/znanley'ye‘vn, view Ö log/0;.

e l, 2.

si l, 3. Der Schluss des Capitels lautet (p. 9.): ’Ioze’ov de ön il d‘mlsx

um) duo ludwz stitum pfgn 1017 ioy/om us Ö'vqua d‘nlud‘i‘] xtd ro diluc- nii

et illa pfgn mihi ngogxatnyogvi/iara (aus Petrus Hispanus sowie aus Wil

helm Shyreswood, verglichen mit der obengvor. Abschn. Anm. 174. angeführten

Stelle Priscian's„ ist auch hier sicher uvyxnmyogfiyrua zu schreiben) iiyow

ngoganyavnxm ‘

10) l, 4, p. 9.: Aöyog dari qmm/1‘] onyrw'rmi‘] xarr‘: tri/vitiing ils- 1d:

paean zmä’ uinii armati/ei zelmniopäva Tiüv Ao'ymv et per eimje'lemi

oi d" dreißig rov ae utueur 1.6 iov oi yev eiow a iorixoi, oiov är

ögumog rgs’_u‚ oi d‘E ”(iodralemfi, urov 61'111; nipa ol di süxnzut, (ö; ro

yä‘voiro xulog schwierig, ut de ünomxnxoi, oiml iv 3‘119.17; necis ‚es, duio‘w

am 71111011. routum 63 mirth ö öpmnxo; ydvog ldyog Qo'fl ngduzmgl

lnei peduog dlfiä‘emv ii tpezldog trugen/61.

ll) l, 5, p. 13.: Hgdmat; ian Adyog dinSsmv Tür ngorrio'swv il (als! starr/yogixr‘; il d‘ä z‘moöenm}, r')‘ Kiapnsin//d0oc91amq]pafltgvöwnrruf;

lati löyog xataanixdg 1'1‘ änoqunxö; mag xarci rwog r’i rwö; dind twog.

Karrlyogtxr‘; ngönmf; fumi 1'; Flaum ünoxdyevov xal zurriyoyoüpsvov xai

dwd‘h/ (dass diese zwei Worte im Texte ausgefallen waren, zeigt sowohl Petrus

hispanum als auch das sogleich Folgeride) ful uiov „s’il/3901710; rgeln‘“ lv

‘rmiry JE rj ngonioei rd „dirßgwnog“ iariv imoxs/pswov xal ro „195 er“

xurqyogod‘uevw xal 16 aus/der fv us „i‘n‘nv“, a 6711011, ei illegitimae ouzmg

„fit/3901110; wem“, niimigtonog rgfxwr loflv‘“ immilla yäp ro niivSgw

710;“ intonsums ra „19511011“ xmqyogeitm, xal 101710 id gis-hum ro ‚.Son’v“

ovg'eüyvvm stas-tinm 11; oüvd‘eoyo; ro Z'v ‚und roa E'rägou Sowie aus

dieser Stelle mittelst der lateinischen Logik des 13. Jahrh. der noch heutzutage

recipirte Sprachgebrauch floss, so möchte ich auch die Möglichkeit nicht geradezu

verneinen, dass jene obige Stelle Abalard's (vor. Abschn. Anm. 370.) gleichfalls

auf einer versprongten Notiz byzantinischer Schuldoctrin (s. ebend. Anm. 33 f.)

beruht haben könne. ‘

xv. Psellns. l 267

formulirt' werden, welche sich auf die Substanz des Urtheiles (ot’io'la,

d. h. ob kategorisch oder hygothetisch) sowie auf die Qualität und die

Quantität desselben beziehen1 ). «1t

sl’dp In gleicher Weise wie bei Boethius (Abschn. XII, Anm. nam knüpft

sich dann an die Bemerkung, dass zwei Urtheile entweder ihre beiden

Begrill'e oder Einen der beiden oder keinen gemeinschaftlich haben

können, sogleich die gewöhnliche Angabe bezüglich der vier Urtlieils

formen (allg. bej., allg. vern., part. bej., part. vern.), wann dieselben

conträr oder contradictorisch oder subaltern oder subconträr seien“),

und die hierauf bezüglichen Regeln werden durch die Eintheilung ein

geleitet, dass der Stoff (3117) der Urtheile entweder eine Nothwendig

keit oder eine Möglichkeit oder eine Unmöglichkeit (dvayxufa, Evdsxm

phi", iidiva-rom enthalte l")‚

' Sodann wird gleichfalls an die Gemeinschaftlichkeit der beiden

Termini die Lehre von der Umkehrung (o’mrwrgoqvfi) geknüpft, und zwar

zeigt uns auch diese hier die nemliche Dreitheilnng comm und: avu

I2) Ebend. p. 15.: Tlöy xatnyo‘gtxaiv ngonioeaw 1'; yev xai‘idlou iy d‘ä

pegixi‘y a Ja‘ änqogd‘iögmro; iy de ivixrj. Kai xuöölov ‚du fama lu a

xowö; agas imdxutat Gruseln» xaäo'lou ngogl‘zwgmyävo; wird; de Sgog

iariv Ö xan‘: rclativum Mywäw neqwxm'; (eine weitere Verwendung des 6'909

trotz/69.5. unten Anm. 69.) omnia cli xaäölou du“! rai/m- näg, audete

gxaflrog, äxzirsgoc xal ui Spotm (p. I7.) llgölau't; utendi lo'nv, fu yp o

Jean/d; 690; ünöxsztm mutete; ‚segnen? ngogd‘migmyb'og' ongst de pagani

sim mom- rlg‚ S'rsgog, flieg, lonrö; xal 10‘: fignum lingua löngo'g’hlzw,

Er g imöxsnui ö xmvö; 69a; t’z'rsu anyetou 'Evnri/ d" tio-ritu (v y 17:16—

xenm 590; dilapsa/stvog iiyovv {man}; ii xowö; ‚und damnatis- dnmvuplug.

"090; wao'; domi a mas hoc ydyov ls‘yeoi‘im nsqusi; iiirt mh

xarqyogrztüv ngouiaeaw 1‘; latu dan zarmpanxr‘; ij ne e‘mozpauxrj . ‚ . . .. T17;

Kponiuewg 101116; d‘iutgaupg'wl; lal-tou 501W, fin xal 16 nagi rnönj; C17—

roüyevov rgmioüv 801W, olor rlg; nota; nam ra ‚uiv obit „zlg“ lin-ui

nagi ydyng n'jg' 0üo't'ixg, 1:3 ‚.nola“ nagi 11'}; notommc1 rö „210'017“ nagt

tiis noadtntogi 3861/ xai npd; ‘n‘w lgainjaw fini yiu dui teü „11;“ yevo

‚uärrjv duaxgnn’oy, iiti xrnqyopun‘y ii Ünuöernnj' 71ng cii 11‘111 illic roü

„nola“, ön xuzatpanzn‘; i (inoqanxrj' nodc dli riyv dux zoü „nöaq“, is'n

xußö/lou q‘ quani (ausgefallen ist ii äwxr‘j ii singoqd‘to'gmrog).

13) l, (f: p. 19.: "Er: nim zanyyogimöv ngoniaswr 'ai ubi xowwvoümv

üyiporfgmv nisi ö'ganl, mortari roü ünoxuys’vov am) toi xazqyoguupfiwv,

uigil a iingwndg lau motu a oivlfgwnog ein: lati Cqüov' ai at ammon

gtovav, oiov ävi‘ipwna; meum ä'yägwno; d‘iule'ysrai, i ävägwno; 196'161,

mtus- rpe'lu, altissimi-wg zweirm' giium di erlöst/6;, uiou ö Illaizwv titu

M'yszm. am) i'nno; xlvii-tm (p. 21.) vlin uöv nqozdosaw nim xmrawou

naiv dpi/‚odng nöy 6'ng am! rj nihil nitet ai Ius‘v stant hmnim rd de

üusvavrlm, «i yiu ävritpuruml ai d‘l imiule u. s. w.; auch die übliche

Figur (s. z. B. Abschn. XI, Anm. 157.) fehlt nicht.

14) Ebend. p. 25.: roy ngonineuw rendi ldm/ 1‘) iiim d‘qlurön oiy

vtyxufu, ivd‘slo‘ufrn am) däz'nlutog‘. livayxnt'a iiirt lo'rlv, iv a in xanyyo

geüuwöv iam lx 11'1; orbatus roü z'moneiyävov ii t’d‘iov nii-rom oiou äväpw;

1:6; lati Cq'nw, inopinatis lati yelarrnxög. ‘Evd‘sloys’m i'll.” Errrly, tv y

16 nurnyogoü/‚levo‘v citharae fugiunt imi a'nrsiwu fuit (man: {von Ewev für,

toi t'moxet (von 4809135, oiov 6 auscultauit- ian lsvxdg. g ö mirqu lati

„am. Hdvvarog 121.1; (drin, iv ns namyogmipevou 01‘» d‘ümnu avvslösiv

nii imoxnpfth oiav äyägwndg lama 51/09. No'yo; mir lrmlwv iariv

n. s. w. Die Quelle der Dreitheilung s. Abschn. XI, Anm. 157. -

268 ' XV. Psellus.

Mumie, xat' dam'äsow), welche wir bei Boethius (Abschn. Xll, Anm.

129 f.) trafen 15). ‘

Hieraul‘ folgt in einer völlig verrückten Anordnung, deren Unrich—

tigkeit die lateinischen Bearbeiter gar nicht bemerkten m)., zunächst das

hypothetische Urtheil, hierauf wieder die Aequipollenz der kategorischen

Urtheile, und dann die Lehre von den modalen Urtheilen (während,

wie man aut den ersten Blick sieht, nach der Conversion die Aeqni

pollenz folgen musste, und hieraul' die Lehre vom'hypothetischen U1»

theile und dann jene über die Modalität sich anschloss). Was hiernach

vorerst das hypothetische Urtheil betrifl't. so wird dasselbe nach stoi

scher weise in das conditionale cli duolovöiug), das copulative (eup

nleimmf), und das disjunrtive (dmfsvnrmfi) eingetheilt (— bei Boe

thius war von dem „copulativen“ Urtheile keine Rede, s. Abschn. Xll,

Anm. 141 —-), und jede dieser drei Arten nach formalen Regeln be

züglich ihrer Wahrheit oder Falschheit näher untersucht“).

Ueber die Aequipollenz kategorischer Urtheile (ieoövvoqwüoai 11:90

rdo'sig) gibt Psellus sofort ohne alle weitere Begründung in lediglich

schulmässiger Weise vier Regeln (mm/61159), deren jede er mit einem

Beispiele belegt 1").

15) l, 'l, p. 29.: ”En nov ngonioeuw, al luerfxovaw dui/tortng für

Ö'Qm', dilreargnpys‘vy rj mifer 191146; iariv n o’wnurgoqfi' r‘urhüg, mera

dupßeßqxög, xal amt’ (EUH'ÖGUUJ. Auch die Regeln entsprechen genau den bei

Boethius angegebenen, so dass, indem die Lehre von der Umkehrung sich in dieser

Form bei den Commentntoren nicht findet, bei den Byzantinern jener Zeit eine

Kenntniss der Schriften des Boethius vorausgesetzt werden muss,- class Psellus

selbst denselben citirt, s. Anm. 28. v

16) Sowohl Wilhelm Shyreswood als auch Petrus hispanus folgen dieser

verkehrten Reihenfolge; nur Lamhei't von Auxerre lässt das an eine falsche Stelle

gekommene Capitel über das hypothetische Urtheil hinweg.

17) l, 8, p. 33.: Ilgdrnm; ünoösnxri toum 17g alexandri pfgn eiai 6‘150

xatnyog1.xal..... "Er: taiy irnott-pnxciv nguniaewv fi ‚ue'v latw ff dxolov

litus il de mundum-mh ri d‘ä diai-emener ’EE äxolovöi’n; per oÖv ictum

lv fl auvn'mmwm ai oan mcrnyoglgal du}: rui (p. 35.) on/‚tnlsxrmfi de (arw fv o‘uwinrovromuvdm‘‘e'o doov m‘rtroüqy„oeot“nmi reg

„im!“ auvd‘änyqi d‘iafleux'um‘; d" (mir, in ouvdnrwrm ai duu amin

yogixal d‘u‘z roa „ö“ auvd‘ädyou (die stoischc Quelle dieser Dreitheilnng s.

Abschn. Vl. Anm. ms 11'.) IIQÖ; n‘lv dlfißemv tiis (E äxolouö‘irz; multae

16 tfiv ngrmyovyfvrw pit düvum‘hu all-118i] övev nis anutvrlg ngog nfi

us tpeüd‘og athin dndzgrl ro rhv ngnqyouye‘qu duri/adam auris-i auti r’z'rev

tris änoye’vn; (s. ebend. Anm. uso llgog n‘pl nic avunlexrtzic euri

äslm' Crlrsizm ro äxrirspml annk nüv lueng dlnös; cll/m 7:96; se 'rd

11161760; atlt-iis ignei 'rd ßiitegov nov ysgaiv athin eivai IPevd‘e'; (s. ebend.

Anm. 155.) 1196; dli riw dlfiöemi/ n‘y; diai-summis tiito/uni 16 ach-epota

avitis ye’gog eivai rund-5'; rrng de 'rd ipsüd‘o; antris Cnrehai alqu tr‘x

„ein; antris eivai utendi (ebend. Anm. 156.). So bezeugt uns Psellns, dass

stoische Schal-Logik in der Tradition bei den Byzantinern fortgelebt haben muss,

wenn auch die uns erhaltene Litteretnr der Cominentatoren uns hierüber keine

näheren Aufschlüsse gibt. -

18) l, 9. p. 39.: lindanum- nagt nov iaod‘uvapouau‘w ngordoewr dei

ßewgfimu, nagi (51' rami/roi nveg d‘ld‘owai xuvö‘veg. ’Eoiv nvo; onyefov

ri xatiolou ö'vro; ri ‚uepixoü nem-elli rb dgvnnxdv yoolov, lood‘vvu‘uei IQ}

olxs’frp n’wnrpmmqi Asürego; xavm'v lirer ovtoc‘ imi Two; angeli/v xu

‚9-61011 öuteqov ntia ns (zpmynxör yogtov, idod‘m'uysi‘ rai lvavrtqz äuumü.

nam xarw'v tare roieürog' M'v n'yo; xaöölou li psalmi anyeiov

XV. Psellus. neo

Hierauf wird die Modalität der Urlheile (roo'nog, s. Abschn. Xl,

Anm. 159) definirt und unter den adjeclivischen Redetheilen, welche

als Ausdruck des Modus dienen sollen, insbesondere (mit Verweisung

auf Priscianus) das Adverbiuni gleichsam als Adjeclivum des Verbums

hervorgehoben; unter den Adverbien selbst aber erhalten diejenigen eine

speciellere logische Bedeutung, welche das Verbum bezüglich der Ur

thcile-Bildung toum-holy näher bestimmen, und es werden als solche

die sechs Adverbien situuyuuimgy Evöexoits'vrog, dum-uicl iiidvvoinug, 0’111)

ßifig, spendoög aufgezählt, durch welche allein die Entstehung modaler

Urthcile (roomnui ngoroiosig) möglich sei l9). Nach’ der Bemerkung,

dass es für jene sechs Bestimmungen auch substantivische Ausdrücke

gebe, wird nun das Charakteristische der modalen Urthcile in den Uni

stand gelegt, dass in denselben eigentlich das ‚Verbum das Subject und

der Modus das Prädicat sei, was bei allen übrigen Urthcilen der blossen

lnhärenz nie stattfindc; sodann aber Wird die Besprechung der beiden

Adverhien itineris und tpevaaig als übcrllüssig crklärt‚ weil bei diesen

beiden Modalitäten die Verhältnisse des Gegensatzes und der Aequi

pollenz u. dgl. völlig die nemlichen seien wie bei dem einfachen lnhä

renz-Urtheile 20). Nachdem hiemit nur die vier Modi der Notliwendigkeit,

#— l

i

71901685 am“ frangentia m dounnxoy ‚uogtur‚_ taoduvayci rai Id‘t’qi 171m).

lfiliy m routum nisi xaydumv et; maei/roy dxoluuöei xuvaiy' iuy d‘iio

oqyeia rat‘iölov n’moqmnxd: nthiam iv "p nurui löyzp oi‘i'tw; dicte us liv

ly tqi bnoxeippr 1o cll lomt'w fv t i mum/agno e’mp st‘mu, diu 'roü ngui

Iou dadura/tii rai tuantur Eauroü, illa at roi d’e‘vre'gov np id‘t’q) diroque

11xu1 Es entsprechen diese vier Regeln den Angaben des B0ethius‚ s. Abeehr).

Xll, Anm. 117.

r. 19) Ebend. p. 41.: T 0'110; iuri nugaxet wo; np ngdyyan ngogd‘w

pso'yü; rhl {määrou yn/oßevog' dU.‘ fuit r imi-hion lora denloüv, ian

1&9 Eni-‘inqr dudyozmga oiov Äeuxö; ps'lag xai rci/muni xat 361111 interner

quim-cogi oiou 16 lnfggnfuz, xani‘z yd rbv ”(umriqu (Priso. Inst. gr. XV,

, l; übrigens hat diese Citirung Priscians durchaus Nichts auflallendes, da der

selbe bekanntlich in Konstantinopel lehrte und wirkte) lufggrlyd iariv äm’äero‘v

("#445on dui 101710 xal a rgdnoc d‘mloüg lau (p. 43.) ”EH ubi hug

qyazaw m tv drpoglijovac 15 giium ldytp auvt'h’ßewg, oimr ntim rd Z'ä'

wuyxulwg, vd’exope‘rwg, d‘waroig, defui/cler lunam xal illeud‘aig' ni

JE cluo troum ro giium zdgnl wü nga'yyaro; ni di ricpogtiovm ro

giium Äqu) mult/ov .....xuc mus ällov; aviti/reg minas mel nü‘v ritu

in'mßeo'w ätpogtCÖvuuv ioannem oiöv stant outm' dmyneule lvd‘exque'vwg

zu) rd lamel (p. 45.) yo'ro; ixetvog a ripa aüvt‘lww o’upogig‘wv 1967m;

noiei‘ rgomm‘yv ngöuwn', am) weg) nov tolouraw „61'011 humani oxo

n‘oü er.

pom l, 10, p. 45.: 'lqn'ov dh ön 05101. oi se rgdnot 11013 ubi tta/md

vownu grno „flaumig, oiow dvayxafwg, (vdsloye'vwg noti de acquiru

m59, ocov vaatäv, ddnlyuroul dvayxm‘ov, Svdcxolueuovx (11.17.95:, ipevdäg.

(p. illonim Iore’ov, iiti lv nu‘g ‚und: rgönov ngonio'em ro ‚uev iii/m

dei ünoxea‘oäui, rov d‘ä Igo'zzov xanlyogeioöm' nuam d‘ä ut cum ngoni

aczg le’yollflu mei roü n ogu'vai, du}: ns növ pan rgdnou ngortlotaw xal

u‘i mag clarat d‘qlovinör auras di ulli/ov ruat ma naoi-eivai rai bhoxnppr

ns xamyogoüpevov d‘qloüuag' con xal 1‘] rin- ngoroio'ewg dtpeiloyävn d‘aut—

gwi; drilm Sri d'qlovön nisi ngozdoewv 1'; yiu r amxn 1‘7 de negl ma

"goss/Wal, HU.’ beatum ‚uev ai nnotdoug ai; ro Slnttlc xal ‘rö ipsi-doc

floögxenm, ais rpönag nugeloßmam/ du} ro rov mhin/ 19671011 iv mutatis

ylveaoaz iip/ dvrtSmw xat ui Mund, iir d‘r‘; xliv ruf; fiiluu- ruf; ruet

rov fireiwm.

mo xv. Psellus.

Statthaltigkeit, Möglichkeit und Unmöglichkeit übrig bleiben, folgt die

Angabe, dass für ein Urlheil sich hiedurch sechzehn Formen ergeben,

denn bei jedem Modus sind vier Formen möglich, da derselbe entweder

ohne alle Negation ausgesprochen sein kann, oder die Negation ent

weder beim Verbum oder beim Modus oder bei beiden stehen kann 21).

Und somit werden nun bezüglich dieser möglichen Formen weit aus

führlicher als bei Boethius (Abschn. Xll, Anm. 122). die Verhältnisse

des Contradictorischen, Conträren, Subeonträren und Subalternen unter

sucht ”), und das Ganze nach üblicher Schulmanier in eine Figur ge

bracht”), worauf noch speciell die Regeln der Aequipollenz dieser

‚21) Ebend. p. 49.: ‘Io're'ov de 511 Emma; nili 1013er reditum notat

ngortioug rganmdg rfarmgag xai oörw rear wdnwv eum naadgww at

ngorddug sidi rsrgcim; "bange; fiyovil dsxae'E' ei yr‘rg imm/den Ö nomine

zu)ng dprfio'emg‘, noui ytav ngdmaw rgomxriv .....'el Myqaöetq ‚uu‘ ting

nam ngocxeme’vn; mi (Sfipun (die xletalem drei Worte sind im Texte ausge

l‘allen), nolet irfgaw tfiv 19111111 noui 11961116111, ei ini/athin .yer’ äg

wfidew; ngogxupe'vq; In? 1961m: rbv rerdgmr nolets ei quödq yeni -

duoiv dgvfio‘zwv, nig- ytdy br ngagzuyfng rqö ari/mu rfi; di än‘ga; ‚190;

xu {wie np rgdmp Ku roürov rbv rgdnov dqf äxdamv mir Immigwr

190mm! ui morden; luyßaivormr. Wahrscheinlich konnte dieser Abschnitt

der Schul-Doctrin aus Syrinnus entnommen werden; wenigstens scheint derselbe,

soweit wir ihn früher (Abschn. Xl, Anm. 98. u. Abschn. Xll, Anm. 118.) kennen

lernten, völlig der Mann zu solchen Combinations-Spielereien gewesen zu sein.

22 Ebend. p. 51: notatas xm'a‘w, an qi d‘v xnrarrnnmü; sigmptvqx

dnoch oönu ra dvvrut‘w', 1017119 änodld‘orm md rd (vd‘elöyww oyolwg,

dm'orpdaxsrui de uüroü rd dd‘üvarov, am). tintum-cinis ngoewweypfvov dno

(pdo'xsrm. xal 16 ämyxaiov

AEÜIEQO; xm'u‘w, 511 q: tiv o‘moqanxo}; cle-rmpr änodtd‘oü'rm ‘rd Ju

varb'v, ruünp admi dnodld'omr n‘a findexöpevml, änorpdoxenu og aüroö

i‘d duhirutrovy xal dvru/‚unxüc ngosvnveype‘vov o’moqwiuxum rz‘z dvayxm‘ov.

T(‚(109 „mehr, an ov äv amtmrunzü; slenye'vou incipiam/tm t

d‘watdr, r’mö mi aü‘roö dnorflio‘xum id irdezöyww, dnod‘ld‘mm d!

m)qu tia r'zd‘üvmor, am! np ‘roürov n’nmqmnxeü; Umwlq: rinod‘ldorm rd

ävayxufm'.

fel-moras xmnür, an otr/ äv dnoqunxn'i; elgqßävov dn dmmmr 16

omnem 1061011 r’moquio‘zsrm rd Ealdslöysvov, dnod‘ld‘ormogll «1';th 'rö

ddüvurov, xal roü a‘wnqaunxzö; wüth ävrmuyärov xume/uinum 16 zivay

azaram

23) Ebend. p. 53.: “O Jfilov raüry rj Sxße‘au'

zrpdlotiwrgbeuxamfsg-mvtxdiierv nw

iz1[rIovm3gdx4oaeqg1d’c1vmxyilwtn)dnvv

'(‘MVo

hmin‘iksrym(mdza‘oalgülmdvnnerrndqtv

gzmZe{mvoaxayeqxnduuiröenv

as

si

t+e.

äea

adiQbioarvg

”yß2‘;

S‚

rBmAzewmoafxrenzo‚avstwnq

i'lnfn‚QaimZ1‘1eatur1wvmim

e‚e{u0sxunen.,n-iant1so.n

iarmoduggeasmv/fgunvzrxomevqw

äaz‚imrO‘wrgumvxüeargy’:zxdl‘uirelöwnv

dorml1wse9aoe6gar‘dmvd1v5n1y?

FEw0tmviaäg6iqgöi'pmxdetvruaq'rv

zxz5mdrwugx0fvgozmmisorwlnlv

5Hzlpmvmmaad3xyitzglaidei]iömvn

MYe_-<

ä

s-e

i“2';

sE' E“

hPmIliIArzuowapvtxm/gnroravulrvn

P‘wpmtaEavagägsifzndxöpnsiwldwv

ßäwFmOyäraüagüvgnlmünxzö.vnew;

äZä0rtrru1guoa'y»fx»n:vza:fteöwhv

ILZ

272 XV. Psellus.

modalen Urtheile, jedoch mit Hinweglassung des hldexonwova hervor

gehoben werden 24). Dabei aber ist uns im Hinblicke auf die latei—

nische Schul-Logik von grösstem Interesse, dass hier bei Psellus zum

ersten Male technische Memorial-Worte erscheinen (ähnlich den in der

Syllogistik angewendeten, s. sogleich unten Anm. 45112); es erhalten

nemlich die vier Vokale A, E, I, or eine symbolische Bedeutung

für die vier Formen, welche bei jedwedem Modus möglich sind, indem

A das modale Urlheil bezeichnet, in welchem keine Negation ist,

E jenes, in welchem die Negation beim Verbum steht,

I jenes, in welchem die Negation beim Modus steht, und

or jenes, in welchem die Negation beim Verbum und heim

Modus stehtflö);

und aus diesen Vocalen sind nun für die übliche Figur Worte gebildet,

welche nicht bloss für sich wenigstens wirkliche Worte sind, sondern

auch bei ihrer Zusammenstellung in Einen Satz einen verständlichen

Sinn geben, nemlich: „Ao'ulo‘iijzsvai illia/dec Hugvaofov Entpa'xovow“.

Nachdem auf diese Weise die Lehre vom Urtheile erledigt ist, folgt

der Inhalt der Isagoge, wobei die quinque voces als „m'qyogmu“

(-— praedicabilia ——) bezeichnet werden, und bezüglich ihrer Geltung

die Auffassung sich zeigt, dass das eigentliche Prädicabile und das Uni

versale an sich das Nemliche seien (vgl. Abschn. XI, Anm. 130 ff.) und

nur dadurch sich unterscheiden, dass ersteres durch den Sprachaus

druck und letzteres durch das objective Sein bestimmt sei 6). Die

24) l, 11, p. 57.: ’Inrfov, (in ntiam af nyonio‘u; nt lv zu? nguinp

xstysvm oeluflrp io‘od‘uvapoüm dui zoü ngairov mwövo; am) dvnarpe’tpovdw

iv ärwraig, ui ds‘ lv In] deutend: dui 1017 devrfgov, xai virun atan miv

eum u. s. w. . . . . .. (p. 59.) 'ldre‘ov de äri. lu np ngosigqyävrp oii ylyon

‚umqu nsgl mil hdqqufrov d'air rd drrmrgt'qew aoro np dvvarq] (über

diese Gleichslellung des ‘1'6616f161’01/ und des d‘v‘mro't' vgl. Abschn. XII, Anm.

119. u. Abschn. XIV, Anm. 216.).

25) Ebend. p. 59., woselbst Psellus die. Erklärung der Vocale obiger Memo

riaI—Worte (Allvloüyezial, ’Ilwid‘s; u. s. f.) gibt; allerdings aber zeigt uns der

gedruckte Text in sinnloser Weise die vier Buchstaben A, B, I“, A; hingegen

enthielt die oben (Anm. 5.) erwähnte Handschrift (fol. 7 a) ursprünglich das völlig

Richtige. wofur eine spätere Hand mit schwarzerer Tinte das Falsche hineincorri

girte. Es lautete nemlich die Stelle in der früheren, noch deutlich erkennbaren

Lesart folgendermaassen: ’Iars‘ov dh ö'n dui 1017 „A“ voefrai il xasdlov

xuratpa'nan‘j ix roü ‚ufgou; roi (lq'parog öpotm; xai roü rgörrov, dui 1017

„E“ iy dnoqarixr'] yiu lx roü yt ov; roi (ii'huarog, xrrmq anxii «u lx 1017

Iue‘gov; rui rpo'nav, dui 'roü „I“ n zinoqarlxr‘] yiu ix zoü lut'gou; roi 196

noul xu‘ruqanxr‘; es Ex ma ‚ue'gov; roi' (ifiparog, dui roü „OY“ il 32m!!

Qwäsr drroqunxr‘j ix te roü (Myrron xai 'roü quinam /

26) II, Prooem. p. 61.: ra xu'rnyoplxöv nore ‚usw lapßoivsrm xvgfw;

am) oürw [alt/(W xazqyogim‘w leo/eratj ii {211 nlsidev Afytszruy nore ea

lapßui‘verm xonwüg, xal oiitw Myerm. zurqyogzxötl, ante fixaä' im); yövuv

ii mira nluo'z'ww xa'rqyogsirai. "Oäsv ab xvglw; inrympoliis-you xmnyogi

m rotindy (an ui xm‘iälov‘ d‘mqe'gsr JE all-roi o w; nfi ua Es xani

yogtxiw a timam rqü lie/cadmi 'rö di xumion nfi s vm' ian 65‘ to xa'rq

yogixöv r nequi/roy xazu 111.616va uarqyoisfoäm. xuöölov de te nsqvxd;

lu nletoaw dum (wahrlich eine bequeme Ver indung des Platonismus und des

Aristotelismus). ra 63 amzqyogzm‘w iiyovv xaäölov diargu‘rru ye'rn, smits

diatpogqiy ldttp xal o‘v/zßefirjzdn‘ Saw negl Torier irraväoi' demgfiompev.

XV. Psellus. me

Besprechung der einzelnen l'ünl' Worte und ihrer gegenseitigen Verhält

nisse”) enthält durchaus Nichts bemerkenswerthes, weder an sich noch

bezüglich der Schul-Logik der Lateiner. Höchstens das Eine mag er

wähnt werden, dass Psellus einmal ausdrücklich den Boethius eitirt'").

Die hierauf folgende Lehre von den Kategorien wird durch

mehrere Erörterungen, welche in einem äusserst losen Zusammenhange

stehen, eingeleitet (die lateinische Schul-Logik nennt diesen Complex

Antepraedicamenta); nemlich zunächst werden die Verhältnisse des Ho

monymen, Synonymen und Paronymen als Arten der Aussagelrgdrroi

roü umnyopeiv) vorgeführt“), sodann als ein höchst nothwendiger

Gegenstand die neun Arten des liv mtt all/m (s. dieselben bei Porphy

rius, Abschn. XI, Anm. 66, und bei Boethius, Abschn. Xll, Anm. 92)

aufgezählt“), worauf die Erklärung des mveri agnoscenda/ov und des fv

dnoxsmävgo sich anreihtal), und zuletzt noch drei Regeln gegeben

werden, deren erste namentlich den Grundsatz (die sog. regula de quo

cunque einprägt, daSS alle Pradicate eines Prädicates auch vom Subjerle

gelten '2). Die Kategorien selbst werden, wie wir diess schon früher

sahen (Abschn. XI, Anm. 68. und Abschn. Xll, Anm. 90), auf das Schrofl'ste

in Substanz und Accidens gelbem“), von den einzelnen Kategorien aber

27) n, 1—1, p. 63—95.

28) ll, 4, p. 79.: ‘Io'n‘ov es, 5m emolu a borinog (Boet/i. de Divis. p.

am s. Abschn. Xll, Anm. 99.) pol/ov zd alios- öplg'eo'ßai' ö yev 7&9 agro og

8x yir/aug xal nuo‘nvnxtöv elviu depellit d‘taqiogtöv, yo'vov de te sld‘o; zu

yitas xal d‘mrpogdg.

29) lll. 1, p. 95.: [196; ritu Snlvaow növ xmqyoguür ärayxaid

nm ngawzonsfyevoz ”9031011 elra b’n‘ auras- ßad‘müyst‘m' xai d'r) ngiümv

Io'z’e‘ov, Ö'n. ö roa narnyogsü' 1967m; 191711017; tio-ut nüv yolo xaznzrogov

yivum rie yev elmv dyni‘vuya ni at dvvaivvpu 10‘: de nugw'vu/‚m. quaj

vde alani u. s. w.

30) lll, 2, p. 99.: fab lsyoyfvwv 16: per eiai auynsmtsyßäva, olor

„518910710; rot/rula ra‘: de iii/ev däunloxfig, olor „ävögwuog“ q" „192’151“.

illia ngiv fi ro iteqov yfgog nic tmge‘oew; ünod‘raigeäfivat der? dictoru

laaäm miue Evvs‘a zgönou; roi E‘V um Eli/a1, druyxat'ou; limat- ngog ripv

15110 fvnv dinlgeo'iv zu). und; illia neh/m 10‘: ana tuli-ra drogmb‘qo'öpe‘yu.

tm olgenden jedoch werden nur sieben Arten aufgeführt, indem das o}; delos

{r rqi yir/el und das ais yävo; {v In? delet lehlenf die Reihenfolge der übrigen

ist: u}; (‚4490; er rai öltp —‚ nic am tiv tois pigeat -- , og ci'd‘og iv iuy

—-, a'ig ouyßeßqxdm n ünoxuya’mp —, u}; ev naturiqu -. uic {v ritu —„

a}; lv äylg'sfip.

31) bend. p. 103.: rm ö'vruw ni yev sie: tradit onoxerpdvovx hi imo

zeeytwp de oüd‘em' sim . . . . .. 16 Mysoälm. zaß’ bnumslgtäro'u, ais 8111411730:

tanaim/enuy io'ri ro roi z‘moxoizw diurna/aestimat 10 6’ eivai 81' imo

xscpe‘vcp, aig- timeam luyßäverui, azara ro avyßsßqxn'; iariv 81' firmam/aerae

To‘: ot M761“: xm‘l' Önoxups’vov xai sfo'iv lv ünoxupe’wp . . . . .‚ Tv‘z

d! sidlv lv ünnxsiye'wp zu) zuä’ firmam {von aida/og le’yov'rm Eine

versinnlichende Figur hierüber, wie sie Boet ius gab (Abschn. Xll, Anm. 92.),

findet sich hier nicht.

32) lll. 3, p. 105.: nom gregem 5159011 unam/agrirau1 ö'o’a xurd mi

za‘nn‘opcvys'vou Myowouv zu) tmna mfi ünozsiye’vou ruina ndv-m Ääysrm.

nov d‘mqpögaw yn'aiv xal ph fm’ fuiurum "tuype‘vwv dui ‚091i sim

1d gran xal ai‘ dmrpogat' . . . . .. Tniv Je ye induruit yewöv oüd‘ V wohin

I’d; autem d‘mqogr‘i; eivai

33) lll, 4. p. 109.: rov ea xurd nd‘eyluv dvpnlouz‘w Äeyoye’raw ixa

ormr ö oüetiw unpatvu ii auyfießqxng‘ zu) d oupßsßnxeg, a frondem-tx ii

Pninnt Gesch. ll. 18

274 XY. Psellus.

nur Substanz, Quantität, llelation und Qualität in ausführlicher Erör

terung 34) und ganz kurz noch Thun und Leiden“) besprochen; die

übrigen fehlen. Bemerkenswerlhes bietet auch dieser Theil des Com

pendiums nicht dar. Der Anhang zu den Kategorien. welcher bei den

.Lateinern Postpraedicamenta heisst, enthält hier zunächst die übliche

Lehre von den vier Arten der Gegensätze 36), hierauf Angaben über die

verschiedenen Bedeutungen des victorino-vim sowie des sua 39), ferner

über die sechs Arten der uquozg”), und endlich hinkt hier noch die

Besprechung der Kategorie des fletu in einer Aufzählung der mehrfachen

Worthedeutungen nach 4°). Die Quelle aber all dieser letzteren Capitel

scheint Theinistius zu sein“). _ „W g.“

lndem nun unmittelbar hierauf die Lehre vom Syllogismus folgt,

wird ohne alle weitere Anknüpfung an Früheres sofort mit der Definition

des Urtheiles cacumina und jener des Begriffes (5'909) begonnen, woran

sich die Erklärung des ‚wird: nan/rog- und nutu unus-vds ldictum de

omni und dictum de nullo, vgl. Abschn. Xll. Anm. 132) anknüpft“),

worauf die aristotelische Definition des Syllogismus angegeben wird und

die Dreizalil der Terniiiii die nöthige nähere Erörterung findet“). An

‚am an; m was

#_—_——_n—

s? -

natarum r’i nodc n iiyovv o‘wuqogäv ii noü i nad 1”; xcidunt q" Flur ii

noreiu ii ndoxew.

34) in, a—e, p. 111—143.

35) in. 9. p. 14a.

36) lll. 10, p. 145.: Atyerai cll eum n ävnxeioäat frigus rapui-roise

nisi yog ävnxezpe‘vwv rd ‚m einw &VathQlXÖS ävuxetpevu rd di

oregnnxituu m d‘e‘ elo'w Evas/1m rie d! eiaw üvnq'unxni; «in/tunl

‚zum Näher erörtert aber werden nur die letzteren dreiv denn bezüglich des

Gegensatzes der relativen Begriffe wird auf die Kategorie der Relation verwiesen

(p. 147.: nagi ylv ouu nov dvacpogrxoiu domui 1196169011). p

37) lll, ll. p. 151.: T6 JE ngoregov Myenu zergaxzü; ngorsgoy

xm zgduov n dregov ra un dvttdtgfq/ov azara n)» tou eivai incircu

ärlnw, dici-reg ro tv Myewi nodrsgov növ duo ngdnyov ri min

ngdrsgov 16 ptilmonum nagd dc roz'rrou; roi/g etonufvouc tfoaaeug

r önov; Sozial ullos 1961m; roi ngozs'pov' nüv ydzp uvrtargeqrdwwy und

mu roü elucet dxoloiiöriow ro ai'nov annis-auv aurigth roü eivai ngdtsgoryt

eixo'zw; quem Myon' är. . t

38) lll, 12, p. 155.211)“: de Myszcu. mm rogis rgo'noug' ant 1';

ye'th; iv rui abnp xgdwp .....c ni: iberiaratfipoumv nur „(um oi’nflrepöv San

‚90211901; atlt-tom digneg 1a ävnlpogrxa . . . . .. ru lx roü admi yfvovc div-ru

dumm;le durham l - _

39) "1,13, p. 157.: sziaew; cll tmn eich/Ff, d'nlovou ye’veam, (pöogoh

uiifnazg, ‚sahnig, ällofwm; xal r', xmr‘s tdrror psraßolq' u. s. w.

40) lll, 14. p. 159.: T6 ce Z-‘lew nobler"; rg'änoz; le’yerm..„. e'xuv und

moror-nra Sxæw yiyeltog 31611/ id neg‘z 16 otium ‚...‚ui; h ‘ye'gei.

. alc fu dyyelq: .. .. flint xtriluura . .. fletu 'uvaixu ’Iomg ovvj xat

tum roü Flur retinet qui/sin Eiy' ot de elwäozs; le'ywäar aled‘z‘w nun/reg

xnrngläunwm.

41) Wenigstens wenn wir diese l‘ostpradicamente mit dem Schlusse des pseu

do-nugustinischen Compendiums (s. Abschn. Xll, Anm. 50.) vergleichen und den

Charakter des letzteren (s. ebend. Anm. 42.) erwagen, wird es uns hucbst wahr

scheinlich, dass Psellus hierin ebenso wie in der Topik (s. unten Anm. 64.) die

Schriften des Themistius zu Grund gelegt habe.

es“) [vs lu P- lßä' . i 1.. ‚1‘ bat fuit .

g. f 43) m in D- lacu - guillelmu- i - Mif'i» Q ausu

XV. Psellus. 275

die Definition der Figur (611'190, — wobei, wie sich von selbst ver

steht, nur von drei Figuren die Rede ist —), sowie des Modus (wo'

nog) schliessen sich dann fünf allgemeine Regeln an, welche auf samml

liche kategorischen Syllogismeu sich beziehen“). Bei Angabe der

sämrntlichen Schlussmodi der drei Figuren finden wir auch hier in der

ersten Figur ebenso wie bei Porphyrius und Boethius (Abschu. XI.

Anm. 82. u. Abschn. Xll, Anm. 136) die Beifügung jener fünf theophra

stischen Schlussmodi, welche auf einer hloss mechanischen Ausbeutung

der vier aristotelischen Modi beruhen (s. Abschn. V, Anm. 46); hin

gegen in der dritten Figur bleibt der von Porphyrius und Boethius

hinzugefügte siebente Modus hier hinweg. Die schulmässige Erörterung

sämmtlicher lllodi nebst den üblichen Beispielen“) bietet an sich weder

Neues noch überhaupt Bemerkenswerthes dar. Wohl ‘hingcgen trell'en

wir hier bezüglich eines rein formellen Momentes der Schuldoctrin die

Quelle einer bekanntlich weitverbreitetcn technischen Manipulation; Psel

lus ist nemlioh der erste Autor, bei welchem sich Memorial-Worte

(vgl. Anm. 25) für die einzelnen Schlussmodi finden“). Die vier ersten

aristotelischen Modi der ersten Figur erhalten die Bezeichnung

ngpyma

m3%iVh.ii.K‚iÄm“".‚€ß ru aull w‚ifwe K ygamiög

n rszvmdg 4 7);

ms eain-f ‚e » -

44) Ebend. p. 167. u. 3, p. 169., woselbst jene Regeln timuit/cc xaöohzol

7196; E'xaorov nili axnydrwv xal nüv Igömov) lauten: 179‘610; xavair Sony,

61a lx zwänge}? pquva fi einpogdioglotwr i ärmuüv ori d‘z'n'utm ysvsaäm

nulli/ytaqu öäw d‘u‘ r‘r äriguv sim xasdlou 4661296; lama an h:

xnäaga‘i; sinat/armati ou iiinum ynlfaflaz ouAloym‘uöc, fiant dei n‘lv

Ärs’gm' regnum efl/m xamgvanquu Tgfm; Karin, an 11}; he’ng tan nga

roiosaw aum/g ysglxizg dvaym; rd mzpnfgaapa ysgtxdr eh'm, dif oü rö

liminach Tfrugl'ög (01W, ön tiis Sttgag rotisz uiimm dnoqmmr'lg

dreiqu ni avynfgaoya dnoqa'nxdv all/a1. 1111141110; tarba ö'n 16 ye’mm

nüd‘e'nore ngög rb dupne’grmyu Forum.

45) IV, 3, p. les-m 5, p. 193. ‚ r

46) Allerdings bietet die gedruckte Ausgabe diese Memorial-Worte nicht dar,

sie finden sich jedoch vvollständig in der oben erwähnten Augsburger Handschrift

(fol l7 ff.) am Bande eingetragen, und zwar von der nemlichen Hand. welche

den Text geschrieben hat, so dass nicht abzusehen ist, warum Ehingcr dieselben

nicht abdi'ucltte. Wollte man aber das Alter der Handschrift (14. bis 15. Jahrh.)

zu dem Einwande benützen, dass der Abschreiber diese Dinge aus dem compen

dium des Niccpborus Blemmides (s. unten Anm. 113.) habe eintragen können, so

fällt dieses Bedenken sofort wieder dadurch hinweg, dass Blemmides bei der

ersten Figur überhaupt nur vier Schlussweisen aufzählt, hier aber sammtliche neun

ihre technischen Worte bekommen; ausserdem auch waren die oben Anm. 25.

angeführten lllemorial-Worte durch ihre ausdrückliche lllotivirung in den Text selbst

verflochten, und wir müssten schon durum den schwer zu bestreiteuden Schluss

ziehen, dass wenn Psellus einmal bei irgend einem anderen Punkte eine derartige

Technik anwendete, er gewiss bei dem formalsten Capitel der Schuldoctrin das

Gleiche gethan habe; in zuverlässig waren die Memorial-Worte der Syllogistik die

früheren, und jene obigen wurden denselben erst nachgebildet.

47) Auch hier demnach wie oben (Anm. 24.) sind die technischen Worte so

gewählt, dass der aus ihnen gebildete Satz als solcher einen Sinn gibt, nemlieh

„Buchstaben schrieb mit dem vth‘rilfel der Gelehrte“. (Bei den Lateinern Wilhelm

18'

. l l

L v "

276 XV. Psellus.

die fünf theophrastischen Modi der ersten Figur heissen:

I‘pa'izimow

Frage

Ioipwt

noipöevog

agam-m

die vier Modi der zweiten Figur:

ninum/et

xmexz

vitelrgtou

3101011 M);

die sechs Modi der dritten Figur:

"Armer

Göevagdg

iodmg

äcm'öt

diumos

tpe'gwrog 50).

Der Schlüssel dieser Memorinl-Worte liegt, wie man auf den ersten

Blick sieht, darin, dass auch hier wie oben die Vokale als Symbole

gelten, nemlieh

A bedeutet ein allgemein bejahendes Urtheil.

E ein. allgemein verneinendes,

I ein particular bejahendes, und

' o ein particular verneineudes.

Es lässt sich aber auch der Ursprung dieser abkürzendeu Symbolik

mit ziemlicher Gewissheit nachweisen; denn für die so eben angegebene

Viertheilung der Urtheile war langst bei den Commentatoren die kurze

Bezeichnung „näg, ot’iöalg (wofür aber sehr häufig audio slehtlh ris

01’) näg“ recipirtsl), und man bediente sich derselben bei bestimmten

ShyreSW0°d‚ Lambert v. Auxerre und Petrus Hispanus lauten die Worte Barbara,

celarente Darii, Fen'o). _

48) Diese fünf Worte, welchen den Sinn geben „Durch Buchstaben errichtete

den Grazieu eine Jungfrau ein Weihgeschenk“, waren bisher gänzlich unbekannt,

da sie bei Blemmides fehlen und nur in jener Handschrift des Psellus sich finden.

(Bei den genannten Lateinern, welche diese Schlussweisen gleichfalls zur ersten

Figur zählen‚ sind die recipirten Worte Baralipton, Celantcs, babitisl Fapesmo,

Frisesmorum oder Frisesomorum.) Dass aber diese fünf Modi durch Galeuus zu

gxsritar eigenen vierten Schlussligui' umgestaltet wurden, s. oben Abschn. lX‚ Anni

49) D. h. „Er schrieb (oder sie schrieb, nemlich die Jungfrau): Erlrage

einen gemassigten Mann, welcher ohne Zorn ist“. (Cesare, Campeslres, Feslina‚

Barone.)

50) D. h. „In Allem ist der Starke, welcher’in gleichem Maasse einem Schilde

vergleichbar ist, der Tüchügste“. (Darapti, Felapluu, Disamis, Dalisi_. Bocardo,

Ferison.) '

51) S. dieselbe z. B. Abschn. Xl, Anm. 156., in einer Stelle. welche bereits

dem Ammonius (Ende‘des 5. Jahrh.) angehört. Es mag hervargehoben werden,

dass bei ‚allen Commentatoren das particular verneinende Urtheil nicht etwa durch

mng ov'“, sondern stets durch qoii 1161;“ abgekürzt bezeichnet wird.

m -.L. __ adh

-.u- .

.e

XV. Psellus. 277

traditionellen Figuren zur Versinnlichung der einzelnen Schlussweisen E'2).

Und nun mochte sehr leicht es sich als abermalige Vereinfachung dieser

Abkürzung einstellen, dass man nur die prägnanten Hauptvokale jener

vier Worte heraushob, wobei „1:079“ und „rlg“ sofort von selbst auf

A und I führten, bei uofnisigu oder noch mehr bei noi/diva das accen

tuirte E hervortreten konnte, und dann bei „01’: nicu das o entweder

wegen des „01,1“ oder etwa auch darum gewählt wurde, weil es der

übrigbleibende vierte Hauptvocal ist.

Nach der Angabe der neunzehn Schlussmodi folgt bei Psellus ein

Corollarium über die syllogistische Tragweite der drei Figuren, sowie

eine Erörterung über die zum Sehliessen untauglichen Combinationen

(319mm: uvfivylm) der Urtheile 53). Hierauf wird in aller Kürze über

jene Syllogismen gehandelt, welche aus Verbindungen von Urtheilen des

Stattfindens, Möglichkeits-Urtheilen und Nothwendigkeits-Urtheilen be

52)Nemlicl1 z. B. bei Philoponus (Comment. in Pn‘om AnalyL Venel. mm

fol. xx fl‘.) wird in der ersten Figur der erste Modus dargestellt:

mis ' mig

oder z. B. der vierte Modus:

ayioif

01': nds

Für die zweite Figur sind aufwärts stehende Dreiecke gewählt, und z. B. der

dritte Modus ist:

aditu

01) mig

Für die dritte Figur aber abwartsstehende Dreiecke, und dort ist z. B. der

zweite Modus:

ov mit;

mit?“

53) IV, s, p. 193. u. m 6, p. 195.

i F

278 xv. Psellus.

stehen 5‘), sodann aber ausführlicher über die hypothetischen Schlüsse 55).

Die Lateiner fanden für gut, diese beiden letzteren Capitel sofort weg-ti

zulassen. Hingegen fehlt bei Psellus ein die Syllogistik ahschliessendes

Capitel, welches bei Petrus llispanus sich findet und unter der Ueher

schrift De potestau'bus syllogismorum noch einige Punkte enthält, welche

bei Aristoteles iin zweiten Buche der ersten Analytik besprochen sind 5“).

Auf die Lehre vom Sclilusse folgt nun unmittelbar die T0pik,

und es ist zu beachten, dass dem lateinischen SchubBetriebe der Logik

durch Psellus das eigentlich logisch-philosophische Werk des Aristoteles,

nemlich die zweite Analytik, nicht zugänglich gemacht wurde. a

Die 'l‘opik beginnt mit einer ziemlich ausführlichen Erörterung i

i'iher motoabg edw nom-ddwv (invemio propositionunop d. h. über die ' '

Frage, wie der Dialektiker den nötliigen Mittelhegrifl' einer Beweisführung

finden könne 57), ein Capitel, welches die Lateiner übergieugen. Hier-6‘

auf wird lo'yog nach seinen verschiedenen Wortberleutungen erklärt, ne

und unter denselben für die Topik jene als die entscheidende hervor-ä

gehoben, wornach ldyog den Mittelbegrill‘ eines Sclilusses bezeichnet“); ‘

diess bildet den Uehergang zur Definition des mesigmm (argumeutum) ‘

und der dmööuätg (argumentatio), woran sich die gewöhnlichen An-ä

v gaben über erlztrymyria äm‘hijmjta und nagdderij anschliessen, um sov '

dann zur Definition und Eintheilung des canos dualsmmög zu führen“).

Die Anordnung der einzelnen Topen ist folgende: Vorerst die tozot

annzgmol, und zwar zunächst jene in tris oz’mlag, nemlicli ex zoü.

liquiij in nig- dnoygaqrfig, ä» tiis founvslag roi Övo'paz'og‘m); so- '

dann jene in rrSv non/arvode t'fi mich}, neuilicli dm) toi 311012 xai w

roii Me'govg, dno 117g ulriag uui roü alrlzotsslelouurogy dm) 7611566029, in .

‘——A w t

z ‚

54) lV, 7. p. 197. ’

55) IV. 8, p. 201 ff. Die Lehre von den hypothetischen Schlüssen ist hier si

jene nemliche, welche wir Abschn. XI, Anm. 166. trafen. Ä

56) Nemlich das nlelw uulloyu'Cwö‘az (s. Abschn. lV, Anm. 608.), lx wen

dubi 15111181} aulloylg'so'ö‘m (ebend. Anm. 610.), xüxlq; defen/uuam (eh. Anm.

615.), äI'IIdTQ€q?ELW sunama/adu (eh. Anm. 619.), und a d‘ui: roi eiiim/iimu

avlluytapedg (eh. Anm. 623.). Es bleibt biebei immerhin die Frage‚ ob nicht

die llinweglussung dieses Capitels bei Psellus lediglich auf Rechnung der hand

schriftlichen Ucberlieferung zu setzen sei, und ich möchte diess sogar für das

Wahrsclieinlicliste halten.

57) V, 1, p. 206 m

58) V. 2, p. 218.: ‘O 1.670; nollaxrö; itp/eum 119071011 ubi ydg tod

mw a ‚Äo'yo; tj aüro'; San rai ögmpqi ii rj ünoygaqfi ilu- lv np „ausmi

vvyd Elan' ant millio/xa xowz‘nl xal ä ‚wird rou'vqun 167/0; ris oüolu; ö

GÜTÖS“. Jeüreyov de roonov 167/0; ra «616 lla-nv Sneg lo'yog dem"); n,

alt-nep oi ldym iiyouv ol dvlloywyol minl d‘mltyoyävwv. uum d‘ä rgönov

a 1.6210; Sarlr ante ro eld‘o; n]; eum tfigneg Er rai palatgltp a yiw at

6‘1790; dann {I'M}, h at ngogenallieiaa ‘rqi md‘figq: thalamis fumi 6160;.

"Enger os tgdnov ldyog Edtlv ante q‘ vivatur zoü rton/oii 1017 aream/apou

yfrov xan‘r nicw'vwv, läuten r) oninia 'roü yal/ove 1’] roi slcl‘oug. nagd

tot'rtov; de TOÜ; 1967101); 1.670; iariv Sneg m yämw, d‘r,’ (w Emiyenn ro

avpnägaajm, xai meni rai/mv tov todnov layprirerar a Adyog lv rai

69147qu ruit {nlqurj/zamg.

59) V, 3. p. ego-au p. 234.

60) V, 5, p. 234—7, p. 246. (Loci intrimeci a substantial und zwar a de

finitione a descriptionej ab interpretatione-y

ac e-f

-. intx

XV. l’sellus. 279

«pfl'oiiäg, Ex zaiv 19fioenw, in zöv xowfi avpßeßmtörmv“); hierauf die

ufum igczmrsgmois nemlich eg ävunsinävaw, wobei die äwtduppnpe'va

t , \ I l l l ‚ f 3

-e\nzureihen waren, cum nezgovog um imum/ogy am opolo'u, eg uua

iii

t"

i: t

p

-Sebultraditi0n herrühren. i.“ kf ut nat nv

Aoyfug, o’tmi nemlzizpewg, fi e’tgtaiiwrog“); zuletzt die nium pium

nemlich in 1031/ qurot'xmv‚ dm‘) moioeow, dm) ammianus-on Die

hauptsächliche Quelle des Ganzen dürl‘te bei Themistius zu suchen

sein 54). m- .«-- a, " m

Die Sophistici Elenchi fehlen bei Psellus, jed'öeh, wie es scheint,

sicher nur durch Schuld der handschriftlichen Tradition ü5).

im Hingegen schlieSSt sich unmittelbar an das letzte Capitel der Topik

ein Bruchstück einer ebenso eigenthümlichen als ausgedehnten Erör

terung an, welche bei den Lateinern unter der Bezeichnung „De ter

minorum proprietatibusu und theilweise unter dem Titel uSyncalegoreu

Es wird nemlich zunächst mit einer Bemerkung, welche aus dem Ab

i schnitte über die Kategorien wiederholt list (s. Anm. 30), sogleich auf

die Definition der „Bedeutung“ impudica -— significatio) übergegangen.

und letztere wegen ihres dinglichen Gehaltes auf jene Worte beschrankt,

welche in sich einen allgemeinen oder particularenTInhalt darstellen,

‚so dass die blossen Zeichen der Quantität nicht zu den eine Bedeutung

darbietenden Begriffen (6'901) gehören sollen“). Die Bedeutungen wer

den sodann in substantielle (oi’mmideig) und attributive (änsigauzoi) der

iarlig getheilt,‘-dass den ersteren die Substantive und den letzteren so

.61‚_)I V,N8,ut p. 2vn4i6—13,dfipd. in280. (Lon' intrinse. ci a c. ontomitamibus substantiam,

und zwar ‘a toto el parte, a causa cf v/fcctu, a generalione, a corruptione, ab usi

(ms, a comnmniter accidmlibus). W" «Mr 4‘": r M

62) v. '14. p. aeie-nov p. 302. (Loci ertrinseci, und zwar ab oppositix,

disparate, u maiori ct minon', a simili, a proportionc, a lranssumptione, ab aucto

n'tatc). lm Texte des Psellns jedoch besteht eine Verwirrung, insoferne das Capitel

über die zirndiyg'qyäwz (disparate) von den äwmetpsvu (opposita) losgerissen

“K

r und an das Ende (cl 20,) gestellt worden war. v v

1‘ 63) V, 21, p. 302—24, p. 308. (Loci medii, und zwar aconiugatis, a caul

bus, a divisionc). rp- mu a

64) Es stimmt nemlich! die Reihenfolge der Topen im Allgemeinen mit dem

jenigen überein , was wir von der Topik des Themistius wissen (Abschnl XI, A'nm‚

96.); einzelne Abweichungen können immerhin von dem allmaligen Verlaufe der

vzjxn mv

“65) Denn cs wäre schwer einzusehen. wie ausserdem Wilhelm Shyreswood

und Lambert non Auxerre und Petrus llispanus gleichmässig auf den nemlichen

Gedanken verfallen wärenfdiesen Abschnitt aus Aristoteles oder uns der Ueberf

setzn‘ng des Boethins zu ergänzen. wom hingegen kann noch die Frage offen

bleiben, an welcher Stelle die Sophistivi Elenchi ursprünglich bei Psellns gestanden

sein mögen, s. unten Anm. 91.

t 66) V, 25, p. 310.: Tcüv ityoyfwuv 1d yev usu‘z evenlazfi; Mye'mt,

om ‚.angrirq; magna 1’} niiwligwnog- Asmzo'g“, rd rn u'vsv ovynlozfig,

m'ov niiysgmnosm i'xnuro; Je m‘w ddupnlsxzwv agam i ollohw on uhm

ii 7101611114: (diese beiden Worte sind im Texte ausgefallen) ii noadmza u‘wu

(pogdv ij noLeiy ii mia ew, 01‘in de an‘ml növ filiam iri/mata aa‚ dig

l'vraüäu lapfliivum, ad ngziypmug du} dann); und: uvvö‘rixqv nagd

uwmg- Juiu, lauda m‘w ngäyya ii macion larh/ ii pegszh d‘eZ nic

tpam‘xc 1d; ph (fehlt im Texte) amumvoz'raa; xudölov i ‚usgixt‘w imi angulum

nwxal oihw; ein: Zaovwi 6'901, ais Svruüäa Auyfldvsmi b ögor' eum 10‘:

ruffde 1’7‘ rd pagani o'nyilu m) ke‘yoyav 59011521».

mala“ (s. unten Anm. 92) ihre höchst einflussreiche Aufnahme fand.‚_.

A

"Q

280 xv. Psellus.

‚.

wohl die Adjectiva als auch die verba angehören sollen, woran ‚sich

die Bemerkung knüpft, dass die Substantivitat (oi’mimdömg, —- „sub

stantivatio“) und Adjectivität (finiüermömg, — „adiectivatt'o“) weder.

Dinge, noch auch Modificationen der Bedeutung, sondern Modificationen

der Dinge seien, indem die Substantive eine „Unterstellung“ firmitat

von) und die Attribute eine Verknüpfung (ovpnläusw) hervorrufen“).

Es sei nemlich die Unterstellung (wwöeotg, — „suppositio“) die An

nahme eines substantivischen Begriffes anstatt eines anderen, namentlich

eines particnlareren, und sie fliesse erst als eine abgeleitete aus der

„Bedeutung“, insoferne letztere bloss Sache der Sprache sei, die Unter

stellung aber auf der bereits bestehenden Verbindung der Sprache mit

der Bedeutung beruhe; das Nemliche aber, was die. Unterstellung bei

Subätqantiven, sei die Verknüpfung (ovimlomi) bei attribntiven Wor

ten *).

Und nun wird die „Supposition“ (-— ich will inichfortan dieses- v

bei den Lateinern recipirten Wortes bedienen —-) auf das Ausfüherl

lichste erörtert. Zunächst nemlich folgt die Einlheilung derselben, in- l

soferne sie entweder allgemein (nowfi, -— „eommimis“) oder bestimmt

timemus-um - „discreta“) sein kann, je nachdem ein allgemeiner Be

grifl‘ (5'905 x0wo'g, vgl. oben Anm. 12) oder ein individueller Begriff,

welcher auch durch Demonstrativ-Pronomina ausgedrückt werden kann,

angewendet wird; die allgemeine Supposition wird dann wieder einge

theilt in eine natürliche (qmdmfi, -— „naturalis“) und eine accidentelle

(und: ovpßeßnno'g, - „accidenlalis“), indem erstere auf den gesamniten

Umfang eines sog. Allgemein-Begriffes sich beziehe, letztere aber eine

Beschränkung auf specielle Determinationen, welche an dem Allgemein

Begrifl'e sich finden können, enthalte 69). Ferner aber zerfällt die acci

l

67) Ebend. p. 312.: fuiit aqpuamir iy yev lguv oüumid'ov; ngriyguutm‘

xai Eli: id ylveo'äm df dvdyaros oüa'zuid‘ovg, oiov „l’z'ri'lptu7105“‚ id 361W

Snugdzrov xal ixat rb yheoom 1'1‘ df övöparo; Gmöftou i dui gidyarog

m’m/ „leuxo'g“ i „rgäzu‘“ d‘län xvgtwc 06x imi mutuo/a Sm'äeto; xai

0170166115, dild n aqyafwrat oüo'md‘oü; xat n aqpalverm imam-muic

3161:, il {mänixo'tng xal oüo'twd‘ömr orbe eiai ngoiyymu, dux slai rpdnou

nüy ngay ritaw, ä quat'roytut, xal oii 11'}; mutantur 6861/ tft 0&6“:qu

övöfm'm e‘yovnu ünunäe’vm, ni de SnMeru uvpnltxuu

68) Ebend.: ‘Ynööwt; ydq (an 719651”!ng 6'9on oio-midum livn' 11110;"

dum feu d‘ä intimam xal augeatur an yev anyanla Bart d‘t‘ fumigans

wvfi; und; n‘a oqpuwäpevw npäyzza, vno’äem; df (an necis-bnng agnou

min dqpulvavrog gb aenigma dild yegmoi n'yog, u}; örav Le‘yqrou nav

ägwnog 195'161“, ourog o 90; ö „ävägwnofl‘ ünozlö‘ezm dm) wayrilou;

xal illdrawog xal 'rtöv illam Kai. dui rt 1‘; aqpualu 21901an lati rfi;

t'moöe’o'ew; xal 01} armati/ovtu n‘a «1’116,- duin rd mutati/uv lati fig (peu

vfig, zö de ün'ormwöm ö'gou fida onyatvoyrog route‘o‘n duvt'h‘mu lx (P0)

vr‘l; zu) aq aalag‘ il imößwi; dea odae lati unyaatu. vanloxrjs tum

ngöglqipi; iimu t'mäe'rov fi'youv Gnovatw'd‘ou; livii uwc.

69) V, 26, p. 314.: nu bnosfamv r‘; ph San xgwr‘, il d‘ä dzt„9‚ay€Vq.

'Ymiäealg acon/ri tatur 1‘] d‘z' ögou yzmpäw; x0woü, oilov „ävögqmog‘“ 13:16

8wrg d‘rwgm’ße'w; iariv 1'; df s ov ywopfrn dzwgwyävou, m‘ov „Zeugni

nisu 1’1‘ (aus Petrus Hispanus geht ervor, dass hier folgende Worte ausgefallen

sind: ywo fun d‘r’ 6901/ xowoü funi dvrwvv/Alag inzd‘szxnxfi; mii neuro

1unou s cusy oiov) „01/10; d dvdgwnog“. "En nam xmwüv ünoöfoewv il

XV. Psellus. 281

dentelle Supposilion abermals in eine einfache flint/m - „simplex“)

und eine persönliche fugae-misisti - „personalis“); die erstere der

selben bestehe in der Annahme eines Allgemein-Begriffes an Stelle des

von ihm allgemein bezeichneten Dinges, d. h. ohne specielle Beiziehung

jener Dinge, welche als zu seinem Umfange gehörig unter ihn fallen

fuit mnizeqa, tit mmwoi'regu); und zwar bestehe bei dieser „einfachen

Supposition“ wieder ein Unterschied, je nachdem der Allgemein-Begriff

im Subjecte oder im Prädikate stehe, und man müsse hievon jene Falle

streng ausscheiden, in welchen der Allgemein-Begriff durch einen Zu

satz (Affig nugacnpemnmi) eine nähere Bestimmung, z. B. namentlich

durch restrictive Ausdrücke eine Beschränkung erfährt, denn alle der

gleichen Supposition gehe bereits in die „persönliche“ über; dass aber

auch dann, wenn der Allgemein-Begriff im Prädicate steht, es eben

'eine einfache Supposition sei, wird ausdrücklich an einem traditionellen

l" Beispiele gezeigt“).

gi

tav

p

yev qzuozxiy iy d‘l xanit dvppspyxdg ‘Ymiöem; epi/anni fati ngdgliytpig

ö’gou uowoü livii ndvrwv. utp' mv erqeasin neq/unen oiov a ävßpwn'os

notal ul‘nt‘w ellnpytvog (in den orten tumv m'nt‘w liegt ein Gegensatz im

Vergleiche mit 7:96; n, s. unten Anm. 82.) tx n'y; idlu; quidem imortsnmv

n’wri noivruw n’a/8916110011 növ yevoyefvmv xal iivnov xai loquimur nmi

o'vyßeßqxö; di 131100561; tan ngdglryipig öguv xpivoi n’wr’ beehren, ä‘ n‘a

dvvnpepsfvov (uran oiov „ävögwnog Ea‘rzr“ ovro; ö deae a „t'z'vßgurrog“

üvro‘rlßnm hiatiim ein/II uüv iiieoraitwv, Srav Ja lfyryzou „ärägmno; iri/ul

imorærym nagt raiv nugslsdvrmm xal Stuvndvllgwnug Eo'rm“, imorwnot

negl‘ nov yelldvtuw' xai oihw d‘mqögou; firmatque {zu xurä 1d; dui

qvogag ndv aü'roü my aul/dver

70) Ebend. p. al .: fiiv di rani cuppepryxoc imoilfoewv iy ye'v t‘aer

l'znlfi iy ss ngogwqu" t‘mh‘; imöäeal; {an usöglndu; domi xowvö livii

ngsiy am; mis-cion aqptmvoyivop 61‘ admit c 510W lt rm „6 dva-gas

mic anv 6160;“ ii „10 (1561/ tan yivum ovro; ö ö'go; ö nizvttgamogu ima

rtanmv vivit roü o‘wßgw'nov 51' rai xowa‘i, äll‘ oi’m dm" i’z'llou mag taiv

zatwte'ng, Qualm; xal oirrog s 390; „1 Cqäo'v“ ünorläqow div-xl 'roü ayiav

lv eqi xowqi imi ut’m o‘wr' mou tii/og taiv ransivorfngi n‘i; d" ailng

zu). i‘ll äxurägzp (zu lesen initiatam 5 q: uoquil «i; „16 yelaarmdv lauv

IJzov“ iy „tö loyixdv Eo'n quvogeiu 11 „rd lewco'v lati oupßeßqxög“. "Erz

19W o'nrltüv fmoäeaewv iy cv dann ögov xowoü lv ünoxußtwp 1690105,

oitrv „ö ävägmno'; iariv agios-ny iy d‘e‘ lauv Sgov xoivoiz näjno; lv xarn

710901446th xaratpanxq], oiov ‚.nä; 55118910116; {du quov“, ainos a 390; „n‘a

tamen lv rqi xanyyogovysqui 12861; änlfiv {zu lindanum d‘io'u pidvov imo

rtonotv dyrl tic q-üo’ew; mii ye'vovg' illa d‘ä e'o‘uv ii ov erowoü teße’wog

yeni M'Ew fluguflqpezwryn‘w, olov „1:627 quov nagd trov c’wäpwna'v iariv

äloyov‘“ Evzaüi‘lu ydq cum; ö 590g a niiivtlgmrzogu anliv e'le; undaemvi

oii ydq Enorm: raüra' nndv ayiav nagd tov dodownov Garni aloyov, miv

aga Cq‘iov nagd roiwv rov iivttgwnciv Sauv a'loyorv“, dU.’ larlv exer us

maxi/ua ‘rfi; 1.56er rai ngoifvm se n‘mlfig ürmßs’aewg elg noogwmxiyv eI;

" ugogwmw' apum xo’wmüöu na ävägmno'; iariv eld‘og“ (ausgefallen: ü;

iiec iivdgamdc Sanv eld‘og) xal milw nmite iivSgwi-tdg ian (4301/, mis

iiec ävägwmi; iariv (ausgefallen tobra ra I'm)“ lv näai. ydq xlvi-mi

ngdodog S5 6111]]; ünoßäo'ew; sic npogwmxm'. "O'n de ö xetvog ogogrlv

rq} xurqyogovpe’flq: natis anteh- stgeirai. d‘filov fix mii igna/nagi nat-vl

. rm nov dvnzupe'vmj. mihiy Sauv Smarry 1;; et ph ye‘ig ou‘rog o 090; „n

1. Inmniyn‘i änlr‘w sign vna-iuniip spem-lis v ryvo audacem yitg pegixiy 8m

011ith animos-v æoivvlvavttaw Sortv- iy yitg latgixiy ovx lati mivrwv wir

Svszvrtwvs sua ’ ' ov roü oyiatvovtog xal voo'oüvtog, xal i- ygupzpwnxiy

toi iygyoayeiloywqudmom xal in) nisi iillwv suum m

‚t iu

282 xv. Psellus.‘

Und es folgt nun die zweite Species der accidentellen Suppositioni.‘

nemlich die „persönliche“; das Wesen derselben liege im Gegensatze

gegen die einfache gerade darin, dass ein Allgemeinbegrill' an Stelle

der unter ihn fallenden Dinge, welche seinen Umfang ausmachen, ange

nommen werde; durch eine abermalige Eintheilung aber wird sodann

innerhalb dieser persönlichen Substitution wieder unterschieden eine;

feststehende (ÖIOJQLGME'V'Y), —- „determinata“) und eine verworrene fer/uy

xsx-vpfvm - „confusa“); die erstere linde Statt, wenn die Quantität

des Allgemein-Begrill‘es entweder gar nicht oder particular ausgedrückt -„.

sei, und eine feststehende werde diese Supposition darum genannt, weil l

ein auf derselben beruhendes Urlheil, wenn auch zu allgemein ausgei

sprechen, dennoch jedenfalls von Einem unter den AllgemeimBegrifl'

fallenden Individuum wahr sei; zur Erläuterung aber wird hier zum

ersten Male (wir werden sehen, dass im weiteren Verlaufe diess zum

wesentlichen Bestandtheile dieser Erörterungen sich umgestaltet) ein

Sophisma beigezogen, welches zu den in zo'ü upjttarog nis lägen);

genannten gehört "'1). „f.

Die Besprechung aber der zweiten Unterart, nemlich der „ver

worrenen“ Supposition führt zu noch ausführlicheren Untersuchungen

und zur Schlichtung einer Gontroverse. Eine verworrene Supposition

liege dann vor, wenn ein Allgemein-Begriff durch Vermittlung des zepm

chens der Allgemeinheit .(d. h. des Wortes „Alle“) an Stelle mehrerer

unter ihn fallenden Dinge angenommen werde; dabei aber sei wieder

ein Unterschied, je nachdem diese Unterstellung aus der zwingenden

Nothwendigkeit jenes Quantitäts-Zeichens oder aus der zwingenden Noth

wendigkeit des Sachverhaltes selbst hervorgehe, und zwar betrell‘e der

erstere Fall das Subject, der letztere aber sowohl das Prüdicat“). Aus Letzterem aber folgt nun dideieabceorpmuallaigealsUnatuecrh

-«- -. c- . - ‚N u

#Hmmmxm p m-‘i iy»v'‚.‘._v’jt»‚ nam r Ei - ‚5....

1 u lucu g. li-r. ‚ .w

71) Ebend. p. 322.: (Ipogwmxrj lotw z‘möäem; lit/ng- xuwoü 6'900 ävzl

ubi id‘faw immutatam oiov „äväguuro; tollun- 05m; ydp ö ö'po; ö „är—

ligazmogu ueftra n‘wrl minl Id‘tuw uazwre‘gmv. "Er: mh ngagwmxdv inlo

ßs‘aeaw iz ‚uäv lata d‘twgmpe'w; r) de avyxezvpe'vq. Aiwpmye’vq phi Ä. s

um 1‘7‘1' illa ö’go; xowd; dvd‘zoqfo‘rmg rilqyyäim; ii yeni ngugduogm oü "roz

angelou ‚uepluoü, oiov „558910170; Igeln“ n’ „üvägamo; zwei‘rm‘ ii „tl;

iivöqmnog rgsxsr“ am) läysrm auriga roürwv almae-uam d‘uin, et xai

lv Exare'gq roümw ouro; d 590; ö „511189017105“ ünorti‘r'nmv duri ”und;

dvßgw'nov rge’lmlrö; te öpolmg xal (u), aptus 51/6; regiones älnän'; (art'y'

illle ydq tan rö üflonb‘ävai xal duo 161/ Äo'yov cansa änod‘zd‘o'vm minl

n‘voc' tv ydg 107; "QOEIQfi‘Lläl'OIS‚ u); doman 0510; ö 590; 6 „51/19an0;“

ünortt‘hgaw du) navrög o’wßgainov, dicam mil rgtzawog oörw xal toi

Auz) ret an“, am dnodtdiwo'z rbv cansa ldyov (161ml duri ‘roü ret/ramos i

duin de eurem rosith Eint d‘zwgwyärn, dfilov lvreüäw' Stuy yt‘z M- t

yrruu „qusz ian megviryg iimili den Kim‘ng xai ini növ illam memi

"0;, fisa ppdv den nis ius anfing“, 27111178“ ad alium 1179155205; lat-w

r‘mö 11 Eiovew cfanm {wer ni ylav d‘rmgmye'vnv, xal einer; ö xowö;

590; äd‘wglotw; im; e); {In ümiöedw diwqtdpfvnv‘ nimirum xal ‚uen‘r

ubi p72t)glExboeind”.popg.dt3o2p4m.':yoüZ.vyxszv imp 137168501; Z' ar: Jim/i; ö'gov ron/oi blva

dui nludev yæonsdongg xatlon ngogdzogzdpoü, o); amp lfymm „wie ‘

änögmzrdg (an nimial 01110; d agas 6 „änögmnog“ ywireüovro; roa xa

Solov qr/yclov ugaru‘nu tiv-ri rrluövaw nis iudaj-ovirovrmy o'vrog idlov

XV. Psellus.v H ubi ‚‘Q" ‚i 283

eflw '

Scheidung, dass bei dieser Supposition der Subjectshegrifl' in beweg

licher Weise tuum-rng -— „mobiliter“) und in vertheilender Weise

(6101121111111075‘, — „distributt've“) verworren supponirt werde, nemlich

ersteres darum, weil durch alle Unterbegrifl‘e herabgestiegen werden

kann, und letzteres darum; weil er von jedem Einzel-Individuum ilt,

hingegen dass der Pradicatsbegrifl‘ nur auf unbewegliche Weise (am

Vijrmg, —— „1'mmobiliter“) supponirt werden könne, weil hier ein Herab

steigen auf die niedrereu Theile des Umfanges unstatthaft ist, wenn

man nicht in Sophismen verfallen soll; eben hieran aber knüpft sich

das Bedenken, ob diese Behauptung einer verworrenen Supposition des

Pradicatsbegritl'es nicht im Widerspruche stehe mit obiger Angabe (Anm.

70), woselbst die Supposition des Allgemein-Begriffes, auch wenn der

selbe im Pradicate stehe, zur einfachen (du/117) Supposition gerechnet

worden war 73). Und indem nun Psellus die Lösung dieses Wider

spruches vorerst nach der Ansicht Anderer angibt, welche daraufhinaus

lief, dass einerseits die Gattung als solche durch eine einfache Suppo

sition substituirt werde und andrerseits zugleich die in den Individuen

vervielfältigte Gattung zu einer unbeweglichen verworrenen Supposition

verwendet werden könne, und hiernach kein Widerspruch zwischen

jenen beiden Angaben bestehe, ‘spricht er nun seine eigene Meinung

aus, welche dahin lautet, dass der allgemeine Prüdicatshegrifl‘ überhaupt

zu keiner verworrenen Supposition, weder in beweglicher noch in un

beweglicher Weise, tauglich sei, sobald heim Subjecte das allgemeine

0110211116100. ”151111511 o'vyxslvyävwv 6110860111111 il 11:1 tan avyxezvytwl

rj dvdyxg 1017 ngogd‘mgioryoü ri 1017 rgdrrovy 1‘] d‘e' tan 0172111141611)? tg

dvdyxy 1017 ngäyyamg‘ ais 311111 lla/nnn ..ndg 1511/8901710; ftpor (011“, 01110;

a 6'905 6 „äuägwnof‘ 117 111'02ny 1017 211.961.011 quetov auy/reino ii dimit

yetm 1‘1an 512110101: idtou flumen/tintum xal ind fxaarog 17110910710; lla

rijv Mlay firta 5111, d‘u‘: mino 16 gaya 101710 16 nimi-l xgurehm rj

üwiyxy 1017 1191271111110; fun indoli-twv ünäQEean', dra-l 50011/ misenian

zu) ind imimcp dvlfgainow lvwrw fi Id‘la quiqu dui 1017m 219111111111

rj diifiy/xy 1017” ngäypruo; 111’112‘100'06110‘11 gqiaw 10 ttim/l 0‘170" ddwv

1131851071011 o 111130111110; am) ars oauw 1171119551011 md muta 10 „t'o'zl“

f “

2175) Ebend. p. 326.: "08W 01710; 6 agas 6 „ävöpmnng“ ls‘yerm 611011

eivai ouyxeluyefvw; aum-mis- (dass dieses Wort ausgefallen sei, zeigt sowohl

das Folgende als auch Petrus Hispanns) nmi d‘uwsyqrmeög' eum ovyxszvpfvwg

phi nmi dünn/‚111111107; 1711016917111, duin xgareinu dwl nmwbg 1111691137101),

1111111107; ‚11, dier 5521111 ylveob‘m 11111121 nam (zu lesen 1111111190011) 61189

3110101011 id'fov fmoxuyfvovy nimi „nägftvägmrro; ctii-wg zmxpdrnc äpa'

nec 51'119ng10; infima Illdraw agam 01710; .11 6 agas „16 ftporh ltysnu

dyyxelüaäw cbuwlnocv dzdn 01’111 iimu 7111110301 1111111131100! 1‘171‘ 111716,

oiov unis 5211891117169 81111 (ausgefallen fugam 1117; 1'1' a fivSgwndg 8011) 101710

fd C0701“, r’uU.’ iariv Exu‘ il ngöodo; 01116 11); anim- cis 11‘711 711109111111—

1:01, uig- Svtawa „6 ävögwnci; ian nymitatov 11511 2111000111111, aga

nvmg 6 111199111116; so'n 1111105111101 mh 1111011111011“ xal „10 6611011 111711

thesm 1111116111161! lum xal 1) alga 666‘011“ cum xal 101710 d‘un/{911,

med 81/ 1013101; {11111/ 1‘; final-natg a‘md 1017 ‚utgov; 1017 6110151115100, 2x65

(‚Ö dnb 1017 ytgoug 1017 xumyogovyli/uu, ei xal 10177111111’011 doni 0177109

demon 7196169011, an lv mrhg 11'] „mit; 3118901116; 111111001“ 01710; ö

poe „10 ciim/u 21' np xmqyogovptmp 16861; tim/liv ixat 1711685011, xal

anni/oa le’yezm itur uvyxelupe‘qu (die letzten funf Worte fehlen im Texte).

asa . xxv Psellus.

frva

Quantitätszeichen bejaheud stehe, denn der Prädicatsbegrifl' repräsentire

(im Hinblicke auf eine Stelle des Porphyrius) dann stets einen Gattungs

begrilf, die Gattung aber höre durch jene Vervielfältigung, sei es durch

bewegliche oder durch unbewegliche, jedenfalls auf, Gattung zu sein H),

was auch seine Bestätigung durch eine aristotelische Stelle finde 75).

Nun aber wird diese Erörterung noch in weiteren Unterscheidungen

fortgesponnen; zunächst nemlich sei zu erwägen, dass der Begriff des

Ganzen mon ein anderer sei, insoferue er den Gattungsbegrifl' betreffe,

und ein anderer, wenn er quantitativ verstanden werde; eben letzterer

aber komme bei der verworrenen Supposition in Betracht, und zwar

als der des vollständigen Ganzen bei der beweglichen, und als der des

m Ebend. p. 328.: nodc 101710 lexu’ov zuni uan (diese Worte fehlen

im Texte), d‘zän, milib ye‘va; amzrlyogsirm ixat xuniz roi sldovg-l ofinu xai

outog 6 590g ‚16 iiim/n v'wti zon'oü minic xgarzizm, 57160 fari 16 yerog,

nmi oiirwg ö 090; infit i‘sz Ün'di‘icmv‘ xat‘iö di 1‘; xou'z‘; mini cpjmg (der

Text gibt 2:036 ixu‘vn n lunam Sxefvov Toü ye'vov; nollanluauiCetm dui

zfi; 1371006060); roi ärä-gw'nov, oz'irw le'yezuu fluit avyxexuye’z'qv, oii zum

"In; dif äxwrirwg' 1'; ydq avyxezullfvn zu uü; intimam ui’; d‘üvarm aga

elva: iui-ni 11‘]; 0‘011.71; mihi zarr‘z m aürö ours ‚und dich/‚09a, dif 1‘] dxl

wizwc ovyxezvyfrn fmdlnowg d‘dvarm fflm eivai yeni 11"}; dnlfi; ad xani':

rd aim‘), dild xan‘z didqoga, uic el'gqnzi (letzteren Satz gibt Petrus Hispanus

bei gleichem Sinne in abweichender Form)‘ xaiaoü'zw dei Mini! tiv lvawldulrm

ii-ug iqatvero roi; ngauqque'vozg fin ö xon'ög 390; ty nil xarnyoguvytyqz

refleng {zu rinlfiv initiatam auri auy/yehazidxwritwg xasdlov zum"; «zum?

ngogd‘wgmyoü 6'11ng SV np ninoxuysfwyy oz'ov hnch äwöngw'g fun quar“

(dieser Satz fehlt bei P. llispanusy alpin de iyd (diese Worte übersetzt P. hispa

nus ganz gemuthlich mit nsed ego credo“) uiridi/urov si‘Vm, xowbr ögiw testium

ly 1q3 xarziyopovyewp avylzia't’mz m'muög ii (die beiden letzteren Worte fehlen

im Texte) r’txn'rizwggxathiluv anyttov 81/ ünomye'rqi zmraqanxü; (fehlt im

Texte) “951'105, oz'm' „nä; iiivt'igwno'g Gau Cq‘mv“, öpoim; dii minl wir

ä}.le (c. 27, p. 332.; Ehinger nemlich beginnt sinnlos hier ein neues Capitel),

digre, dique xai ö llogqndgwg floiilczou, nini xarnyogou'ywov ii peZCor ij

Hanoi! i dvzenrgaylue’vw; le’yetm am) nagi xarqyogtag rd xuß’ rci/rd

o‘xouei (s. Abschn. XII, Anm. mm- Ewaüäa de .‚mi; äväpwno'g lo'n fiqiov“

xunlyogla xay (11316 ian xal yil dweatgayyfvwg zumyogeirm, ”im”

figu (letztere zwei Worte fehlen), md ß!) u}; dvyßeflqxdg, figu n}; oümzüd‘sg'

figu 1’,‘ yci/og 1’, d‘iaqopni' (diese fünf Worte fehlen hinwiedemm bei P. Hispauus).

dild pii d‘mqmgd‘ aga ye'vog‘ alani pfwol 1‘] (püde roi ye’vovg nounnla

mmimam i‘m/qm}; ii äzwrirw; oüx lurl ye’vog' oüxoüv öraw Myrlnu „mit;

dil/somnis ian Cq‘nw“, nöeye'vov hilai/nga ye'vov; oüx 31112 thwrxnivy ö'gov

tim xowöz' nollunladzoiiwßm acu/rimis1 1’) äxwfirmg, fig-nc oqyainr tiv

qiüaw mia ye'vov;‚ duin iidr; ovi-z äv mi ye'vog, aris-neq ei Ö ‚.ävßngmg“

auy/gloria xn'rlnä; i 60:11”;sz oüx lativ 1’qu 6160;.

75) Ebend. c. 27‚ p. 334.: "Erz ib mich doxei ix 101) Jigmrotflov; {v

1 ‘ nguinp wir Tonian (Top. 1.}, 103 b. S.)' Myezaz yiig' „(imiqu mir

to xmqyogoüyerov und nvo; 11 firtmfpayye‘vw; Äxelvou xanlyonefaäai

fi yzj' e? ‘ulv dvrwzquzzys'vwg, ‚0910710; Sarw fi mon ei d‘ä (‚zu drte

azgaypävwg, i m’nzei dc zöv opidydr ii oüdluzuög' ei ph m'ntez, lati

dvfzßeßr’xög‘ ei nlntei, 1’7‘ ye'vo; la‘r‘n/ ii chtzqvogczfh xai axonef ö 219161015

111;, ö'mn; d‘r sin fi xunyyogt'u 69191), zu) lindanum tö daac xaä‘ dind

nollunlao'nmääv. sut lv tati-ty nj „nä; ärägwnog“ {du xurnyogia xai

„ärägwrwg‘“ iri-trinum xal ‚ufi ävreatpuyfzfvw; xnrqyogeinu ii cuppepqzdr

alga ye'vog ii d‘iaipogni' dild ph dlalfogili- ägu e‘vog' xai 0171m; 7196; mihi

nogsüoyev, nigrae xai ngüzov. ladunt-rov ow, rbv xowz‘w agor e'v qu

xatqyoguuyäyq: natvra mvnnü; ii dmmirws dvyzeiaäm.

.i_ A__ *—%-__

xv. Psellns. 285

unvollständigen bei der unbeweglichen Supposition, uml aus eben diesem

Grunde könne bei dem Pradicatsbegrifl‘e, welcher stets Gattung sei, von

einer verworrenen Supposition keine Rede sein 76). Ferner sei die

aufsteigende Beziehung des dem Umfange nach Niedrigeren (mit nauti

repa) auf das Höhere (161 o’wairsga) gerade entgegengesetzt dem Herab

steigen, nur die erstere aber finde bei dem Allgemein-Begriffe als einem

wirklichen umfassenden Gattungsbegrill‘e statt. letzteres hingegen enthalte

allerdings jenen Process der Vervielfältigung, habe aber eben darum

init der Gattung als solcher Nichts zu schaffen 77). Der Grund des

Zweifels aber, zu dessen Lösung diese Bemerkungen dienen sollen, sei

darin gelegen, dass man eben bei Urtheilen, deren Prädicat ein Gat

tungsbegrifl‘ ist, die Supposition völlig in gleichem Maasse für den Suh

jects- wie für den Prädicats-Begrifl' annahin, weil da letzterer in jedem

unter den Subjects-Begrifl‘ fallenden Individuum sein individuelles Dasein

habe; hingegen bei Urtheilen, deren Prädicat nur eine accidentelle

Eigenschaft ausspreche, habe man sofort bemerken müssen, dass jene

Eigenschaft je nach ihrem Vorkommen an ihren Trägern eine Verviel

fältigung erfahre, und dass dabei im Subjects-Begrifl'e nicht eine Indi—

vidualisirung einer im Prädicate liegenden Gattung bestehe 713); daher

76) Ebend. p. nam "Erz ölov amäölou, ante ye'amg, am) filov iv no—

mimn dvzmeatv flavam mur yfiv ab am lv noodrnn d‘z ak Myerm'

San yir ydg ölen w lv nomini-n a’vyazsn}. maluit/ovy va o arowb; 590;

amantis auyzsfnuy am) ian n ö’lov lv aroo'or n. äuvynlfigwrov, öruv dau

a'rjtwg ö xoavt‘a; päMow ovyxu‘rm. Ei figu o roll/Ö; ö'go; dm).ng am) 1!"

UWZGTTRI, ciim arai n‘a hi noadrnu Slov 196mm um": am) inillis am) ny

yivum (dieser Satz fehlt bei Pelrus Hispanus). Oz’aaroüv üd‘üvmöv tan n‘a SV

„00611111 filov slmu ye'a'og, 5.951» äd‘üvuröv ian ‚röa/ aemyäv ögovvlv np

xatnyogovctpr reääa/mlmq/Zez'db‘uz, nic l‘lsyov. ‘ ‘ m ‘ ‘

77) E end. p. 338.: 'En il nagdihmg Huhn], talia ijv dvdpegov n‘a am

rua'regoa/ sic 16 ävw'ngw minim/1 dvnxuyfvn iariv lxefvy (ä nagußäau,

mch ijv dilaniantur fl‘a r‘u'aa'regov et‘; n‘a amrnitrgov' cum xarä rbv ngui

mv lappdverm n‘a amwbv {V np löyqa roi xnwoü' ot‘a'nu ydq m‘nö n‘a am:

a'öv iv iturth negltxez na'vra n‘a inf min‘a ö'a/nz' dild amn‘z fiiv Äre’gtw

Aaypzivnm n‘a amwöa' nounnlamaasiv ri (die letzteren drei Worte fehlen im

Texte) avyxexvye‘vov fiyouv u'a xtyajuög xola/t‘w r’wr) nnivrnw iiyavv (ofl'enbar

fehlt d‘quaqnxaig, s. Anm. 73.) (in/8‘ inftrer 319a (zu lesen 3'49' ei) id

ye’vo; i'm'u‘rm. stass ru‘nö fv np ‘roü xowoü löyqa, alit lati Juvan‘av at’an‘a

noüuarlao'miCeaöm.

78) Ebend: Kai taiia lv auyxwgui (bei l‘. Hispanus: Et haec quatuur

argumenta sunt eoncedenda)‘ 1‘; ge roü invenirem al-rtov (zu lesen admi/g nirz'a,

P. Hispanns: causa autem, propter quam movebantur isti qui fuerunt huiusmodi

opinionis) puellam lvfhirremu -läyovm ydql 03;, ö'rav lfymau „71:2; 31'390;

110'; {an mora Szaarov ävßgwnm' {xsw 11‘71' t'd‘üw 67mng am) anörqtn,

aem‘h‘a t’zd‘üvarov Fit/391071011 5211m. am) luiy eivai quoa', vimm 6 agas „Ctfior“

dar!) maei/twv quwr xganitat n’n'?’ öo'aw o‘rvßgninwal r’ivßgwno; (letzteres

Wort fehlt im Texte)‘ Myquw ydq lv Iaürg ff] ngoniau yndiv dvcn ddog

(dieser Satz fchlt bei P. Hispanns, sowie überhaupt auch im Folgenden manche

Abweichungen sich zeigen. und jedenfalls beide Texte, sowohl der uns erhaltene

des Psellus als auch der von Petrus Hispanus benutzte, vielfach con-nm sind)‘

öruv di ltywyev „azäg ärägamo'; (an hamis-u fi „m2; äv-‘igmnög tan

„eine“, fin dd‘iiva'rov ävßngrov dann am) ‚m‘; glraz Cq‘a'ov, riviqu rooaüm

illia fv np linearer,“th vosiaöw, ö'oot ävägwnnf sio-m dva ö'rmw „d'r

99mno;“ argaflfim. mm [n‘w immor Mysw, n‘a nlijt‘log have 103V (qm—

l

286 XV. v Psellus.

f

‚h

zeige sich bei richtiger Erwägung dieser Verhältnisse, dass der Gattungs

begrifl' eines allgemeinen Prädicates zu keiner verworrenen Supposition.

weder in beweglicher noch in unheweglicher Weise verwendet werden

könnew). Hierauf aber wird in ähnlicher Weise gezeigt, dass auch

die copula keiner verworrenen Supposition fähig sei, indem der Gattungs

hegrifl‘, welcher im Prädicate liegt, von Anbeginn an im Subjeclsbe

grill'e vorhanden sei; und hiemit wird obige Angabe (Anm. nm dass

die eine Species der verworrenen Supposition auf zwingender Noth

wendigkeit des dinglichen Bestandes beruhe und sowohl im Prädicate

als auch in der copula auftreten könne, jetzt direct dahin berichtigt,

dass eine verworrene Supposition überhaupt nur durch die NothWendig

keit des Quantitätszeichens erfolge, da jene in der lndividnalisirung

liegende Vervielfältigung des Gattungsbegrill'es nur dem natürlichen Ge

biete anheimfalle, hingegen für das logische Verfahren der Gattungs.

begrill' als solcher von derqjerwirrenden Veryielfältigung unberührt

bleibe, wornacb die einzige Veranlassung der verworrenen Supposition

nur in der Allgemeinheit des Quantitätszeicheus liegen könne m

nirwv du} rd 1117,30; 11‘}; zumyoglu; Fr 6111m, an 126i lurbe ami ‚ue'lm/

nollunlaauiinm. mortui M710. rbv d'r/‚900121011 uvyxtioäar rani 11‘11/ fuit

‚1101110711 öd‘ör (richtiger P. Hispanus: logica lo nendo. non ualurnliler) lx roiv

zqiov xai loytxab. du‘z 101‘110 In 5011103 {0301- zu, iimu Eis/19901110; noble:

nlrwniium xal 31' 1511010) ixit 11‘) nlfiäog ixsi'vo nini quzn'1w‘u' anni lfyg

(zu lesen de Mym) „7112; iiz/agminis io'n 1.10169" xai „nä; 5113901116; lem

Ming“, 2111’ aida/rt rgdnor 1‘154 111610; 1d; Ctpcinjra; Ex 1017 11011;;10900—

hom ‚ ‘

H 79) Ebend. p. 342.: logatus tori xiw 107 ngoeth/‚uärqi, Erar xanjyo

971100 ria yäwg, 060,111 „7161; fit/8910716; tan cgici/m (v nul/tg yliy rj nga

nutu fmdxenou o 111199101105, lv (p mehr“ rd aliam enim 1an {Q1011}—

tnw, ais 111111101, am) mum/optima 101710 16 ye‘vo; ni {1501" duin aridam

1961101 O'L'j’XEI‘Ifll 2111111107; i o‘txtmjtaug, dua stizm (zu lest-n xguni‘nu)

8x25. ärrl tic 011311501; athin roü yt'rou; ma xowfi mrmyoguwü nani ftind

it'uw' 6'051 xal C4701 xurrjyogehm xal Cq'ior roeimt tv np throueqdvqsv

wgnsg 311111730 umh Cqöm' loyun‘w 011111611 ian quov“.

80) Ebend.: ‘Quofw; de läyoyer, 511 roi/m 11‘) (”um 11)„2010'“ ab avjxci-

tou antnig i äzwq'rwg {115) rd Ctiiov ev rqi dvopaimp u‘xn' m‘irö imo

xelyerov ngiv moniam Er ri ngordan xazqyogovye‘mp zem’ obolum ii

‚und Ut'ßßfßflltlg (Petrus hispanus hatte einen etwas abweichenden Text vor sich).

Kai dui 101710 ubi flpodyovdm' d‘o'fav (d. h. das oben Anm. 72. Gesagte;

schlechter ist die Lesart, welche P. Hispauus übersetzt: quandam divisionem facllm)

dmaxaväiayw, 61110er11 an 1151/ aul/xe uyfyaw bnovfaewr 1'7 phi ann/si

nu 11‘] 12111?ny mfi ngogd‘iogwyoü ri E 111.1’1miyxy 1017 flQliy‘LlflJOQ. ‚15'

yopev ydzgl fiiv auyxvaw tium tf fwdyxy 1017 neas-dicetquafiv wgneg xai

8111117311? imm „miv quov loylxov 91117161 ian quov‘" 01'110; ö 890; ö

„Crfio‘u“ am navtbg quov zgarsi‘ruz a 801W (1139107100, magnce xal lv

ratiry rj ngordou „rräg äräganrö; 5'011 C ovu 0510; ö agor 6 „3119901

1105“ tii/ri 7111116; äv-‘igw'nov ZQH'IEÜ'I“ xai vrl 11111/16; qiov firmo iiz-secu

710;“ xal 1616011, 100015101; ini sinu dväywnömrag, 6001171011 {11161 reg

xal dvdnalzyfxard 15111 nic 0.130610; ödöv, nani d‘ä 11‘711 nh loynuiiv Jz‘n'

(auch hier gibt P. hispanus einen anderen Text, wie oben Anm. 78.) lv izdarry

atdycp 1017 drögm'nuv, n'igfleg d d'r/89101101; hi 10] muui gan- 1b 111’110, aen

16 ratquu 161108111 11‘11' lhamagna-tmn 1’1‘ ixta/nv rm 1‘: rbv lo'yov imi rfi;

51.115' lv 6% ti 66‘113 tiis ([60er ri 1111691071611); 1‘7 Fyry tuin ldrl nagd ri‘p'

uinu dicmg xal 1) quam d‘i' as 201111 n 6111199017161”; 1‘; iyil lv t’yol. Kai

dui 101710 16 gvmsi‘or aum/fav 1611 cit/demum 01’; 01.1772? xai 10 apoll (aus

IQ. XY. Psellus. 287

„ Hiemit aber bricht unser griechischer Text des Psellns ab?’)‚ und

‚wenn auch der Leser viellcicht den Eindruck empfand, dass hier die

Logik wirklich toll geworden sei, so wollen wir einerseits diesem rich

tigen Gefühle durchaus nicht widersprechen, müssen aber bemerken,

ass es sich hiebei erstens um eine Logik handelt, welche ein paar

. ahrhunderte das lateinische Abendland beherrschte, und zweitens dass

wir eigentlich mit diesen Erörterungen noch lange nicht zu Ende sind.

Nemlich nur ein Fragment ist es, — wie wir schon oben sagten -—‘-.

von welchem uns die einzige bisher henützhare Handschrift des Psellus

'eine Kunde gibtj Schon bei aufmerksamer Betrachtung des Bisherigen

konnte man nicht bloss aus einer obigen Stelle schliessen, dass nach

j"; der Supposition und, wird gewiss noch die Supposition nani zo nods

n oder, wie die Bezeichnung bei den Grammatikern lautete, 1031/ tiva

‚tpogtmöv folgen müsse “2), sondern noch deutlicher springt in die Augen,

dass die oben bereits erwähnte dvimlomj S3) eine der mindatam parallel

gehende speCielle Erörterung gefunden haben muss. Und in der That

linden wir auch diese beiden (lapitel bei den auf Pscllus beruhenden

Lateinern, indem dort sowohl die suppositiu relativorum ausführlich (in

einer Zweitheilung nach retulit-a substantiae und relative acct'dentia)

äbesprochen wird '34), als auch die copulatioäd. li. ovpnlomj) ihre

'nähere Darlegung findet”). ema- ‚M wm

„r Aber auchw hiemit war die Theorie betreffs derjenigen Gesichts

qunkte, welche sich an (modulo (significatio, s. oben Anm. 66 f.)

‚"Fkuüpl‘en, noch nicht abgeschlossen, sondern so gewiss die Lateiuer

(nicht bloss Petrus Hispanus, sondern auch Wilhelm Shyreswood und

Lainhert von Auxerre) für die Schul-Logik in allein Uebrigen, was wir

bisher vorführen mussten, vollständig und fast ausschliesslich das Com—

pendium des Psellus zu Grunde legten, ebenso gewiss ist es, dass sie

auch bezüglich jenes ziemlich umfangreichen Bestes, welchen uns div

fragmentarische Handschrift des l‘sellus leider vorenthält, nur das Nein

liche thaten, d. h. dass die Synopsis des l’sellus auch noch Alles Fol

gende, welches ich hier nur kurz berühren werde S'5), ursprünglich

gefallen ist lt' xmqu dild rd qum' id ounlxum'llr et; ubi i’irägwnor du?

{ab idt‘wr iwt/agam 5921/ mida minuta tan 'ij dvdyxy me anyelov

q foi rgo'nov.

81) Anstatt einer weiteren Fortsetzung folgt nur noch (p. alea eine an diesem

Orte völlig unpassende Tabelle der einzelnen Topeu.

82) S. in Anm. ea die von mir dort besonders betonten Worte mar (26161/

ellqpye‘vog.

83) S. Anm. 68., hauptsächlich den Schluss derselben, sowie den Schluss der

Anm. 67.

84) Bei Petrus Hispanus unmittelbar nach dem Obigen (Anm. 80.) folgend.

85) Allerdings fehlt dieses Capitel bei Petrus Hisponus, hingegen fand ich cs

in jener Pariser Handschrift, welche die Dialektik des Wilhelm Shyreswood ent

hält, unmittelbar nach der Lehre von der Supposition eingereihL

86) Es versteht sich von selbst, dass das Nähere im xvn. Abschnitte enl

wickelt werden wird, wosulbst ich bei jenen Partien der lateinischen Schul-Logik,

welche bereits hier aus Psellus vorgeführt sind. mich kürzer fassen und Manches

durch blosse Verweisung auf das hier Gesagte erledigen kann, hingegen jenen

Rest, dessen griechisches Original wir nicht mehr besitzen, ausführlicher dar

stellen muss.

‚ü--_‘„ä„

288 xv. Psellus.

‚q

gleichfalls enthalten haben muss“). Ja ich habe allerdings auch an

die fast abstruse Möglichkeit gedacht, dass der uns erhaltene Text der

Synopsis nur fälschlich den Namen des Psellus trage und zuletzt nichts

Anderes sei, als eine von einem Griechen (ungefähr um d. J. 1400)

angefertigte Uebersetzung der Summula des Petrus Hispanus; und wer

dieses Hirngespinnst weiter zu verfolgen Lust hätte, könnte allenfalls

darauf hinweisen, dass in der Synopsis Priscianus erwähnt wird (Anm. "r

19) und an zwei Stellen in Beispiel-Sätzen der Name Cicero‘s vor-3‘v

kömmt sal Während jedoch Letzteres wahrlich nichts Auffallendes haL‚ ‘

sobald wir uns erinnern, dass die griechische Schul-Logik den Boethius

gekannt haben muss (Anm. 15 n. 28), und auch ausserdem bezüglich

des Uebersetzens gerade aus Petrus hispanus der direete Gegenbeweis

geliefert werden kann 89), so liegt sicher das Hauptgewicht darauf, dass

es ein unerklärbares Wunder wäre, wie denn mehrere Pariser Logiker

in gleicher Behandlungsweise auf einen so ausgedehnten und vordemv

unbekannten Zweig der Dialektik hatten verfallen können, wenn sie

nicht gleichmässig durch ein neu aufkommendes Material liiezu veran

lasst worden wären; ja eine schon oben (Anm. 16) erwähnte Einzel

heit ware noch wunderbarer, dass nemlich zwei Autoren unabhängig

von einander bei den nemlicheu Capiteln die nemliche verkehrte Reihen

folge eingeschlagen hatten. Doch wir wollen eine blosse Hallucination

nicht weiter erörtern, sondern in der unverrückbaren wissenschaftlichen

Ueberzeugung, dass jene mehreren Lateiner nur aus Psellus schöpften,

behaupten wir, dass in der Synopsis auch noch Folgendes enthalten

gewesen sein muss.

Zunächst nemlich musste sich an Ohiges dasjenige anreihen. was

bei den Lateinern bezüglich der amph'atio (wohl „uiigiqn'tg“ oder uinuni

Eijotg“) und der appellatio (doch wohl nargos-miole und restn'rlio

(wahrscheinlich „MEICOO'LQ“, schwerlich „ovürokri“) besprochen wird 9"}.

al

S7) Freuen würde es mich, wenn ich hiedurcb die gelehrte Mitwelt oder

allenfalls auch Nachwelt auffordern könnte, in den Bibliotheken Nachforschungen

uber Handschriften der Synopsis anzustellen; meine Ansicht konnte durch neue

Entdeckungen ja nur bestätigt werden, indem eine Widerlegung derselben auch

dann nicht einträte, wenn die Verstümmlung des Textes noch an mehreren anderen

fragmentarischen Handschriften sich zeigte.

88) S. Anm. 71. und ausserdem V, 8, p. 256.: T6110; ana ‚115‘900; h 71006

11711 01'011 „me9010; 191’151 xal lnnhwv 191‘111 xai Kmtfgmr 191'151“,

im) 7!te 1071' ä).le 07911111119.

89) Bei Psellus nemlich lautet eine Stelle (V. 301111, 6'1111' gr ysgszv dnodruwüzjrm. 61' äl3,lopv. 2u2t6e.)n:toHnalnvoioidgicelu/umdbfr

11 sirgfmcezmr 16; „16 rof/g enpatovg ilffylteiidl nolsyefv xaxdv 8011. xai

16 mire lfogw-Movg (1'911 1197/5101; nolrßeivuaxo'v 3011“. Und wenn hiefür

bei Petrus Hispanus (Summul. V, 2, fol. 36 a.) ‚steht: iiz-amplum est, quando unum

partieulare probatur per aliud propter aliquod simile rqierlum in ipsis, ul„Leodim

ses pugnare comra Tongcrenses malum est, ergo Mechefim'ensrs pugnare contra Loua

nicnscs malum est“, so ist klar, dass derjenige der Uebersetzer ist, welcher ein

traditionelles Schal-Beispiel durch Anspielungen auf Zeitereignisse (Kämpfe zwischen

den Städten Lüttich, 'l‘ondern, Mecbeln und Löwen) umschreibt. I

90)‘ Die vernünftigere Anordnung dieses Stoffes im Vergleiche mit jener des

Petrus Hispanus, erscheint allerdings bei Wilhelm Sbyreswood und Lambert von

Auxerre, insoferne diese Beiden in der appellatio die Hauptsache erblicken und

erst mittelbar mit derselben die ampliati‘o und rerln'ctio verbinden.

xv. Psellus. 289

tft-martii

Und nachdem auch schon hier sowie im Obigen (Anm. 71.) zur Erläu

terung Sophismen beigezogen waren, erscheint es immerhin als möglich,

dass Alles bis hieher von der significatio (o'ijpaola) Gesagte nur als

Einleitung zu den Sophislici Elenchi betrachtet wurde, und demnach

dieser letztere Abschnitt aus Aristoteles bei Psellus nicht schon weiter

oben (s. Anm. 65), sondern erst hier eingereiht warm). Mochte je

doch dem sein, wie es wolle, so musste jedenfalls in der Synopsis

noch eine ausgedehnte Gruppe anderweitiger Erörterungen gefolgt sein.

Während nemlich das Bisherige überwiegend nur die Subjects- und

Prädicats-Begritl'e der Urtbeile betroffen hatte, war noch übrig, nun

auch die logischen Functionen jener übrigen Redetheile zu betrachten,

welche wir schon oben (Anm. sp unter dem Namen ovyxamyootzinata

vorläufig erwähnt fanden ny Und die Gompendien der Lateiner zeigen

uns, dass in diesem Theile der Dialektik zuerst von der distribuu'o

(wahrscheinlich wohl „diavojm'“ oder etwa „rdz dmvsnmmoi“) die Rede

war, woselbst es sich um die Worte omm's, nullus, nihill uterque,

nomen mm, totuss qualislibet, quantuscunque, infinitus (also um anus-1

odöeig, mida/1 Exdreoog. odderegog, oii, 5110;, duozoooüv, 61:060601311,

iimeagog) handelte und Sophismen, welche durch dieselben entstehen,

zu lösen waren”). llierauf mussten jene Redetheile gefolgt sein,

welche zur völligen Verdeutlichung des Sinnes eine nähere Auseinander

setzung bedürfen, d. h. die exponibilia (wohl offenbar gnesme

wozu die exclusiva (etwa „o’moxkewrmä“?), die exceptiva (wohl „läut

gezmci“), die reduplicativa (sicher „tiwudmlmmn'i‘j, sowie die Worte

incipit et desinit („3916100 und hjyez“?)‚ abemials infinitum sodann die

comparau‘va et superlativa (sicher nova/nominat und zinsoöa'rmoi“), sowie

difl'erentia (etwa „qutopmä“) und noch einmal latus (dilog) gehörten 9‘).

Endlich aber scheinen auch noch die übrigen Conjunctionen (Güvdeoitot),

soweit sie nicht schon in dem Vorigen erörtert worden, noch speciell

m die Dialektik beigezogen worden zu sein“). Auch mag bemerkt

sn Wenigstens ist zu beachten, dass Wilhelm Shyreswood in der That erst

von der appellatio aus auf die Soph. Elmclii übergeht. Auch wäre das llinweg

fallen dieses Abschnittes bei Psellus dann leichter erklarlich. Wenn die Sophistik

erst in jenem Theile besprochen gewesen ware, welcher fur uns überhaupt verloren

ist. Petrus Hispanus aber und Lambert v. Anxerre hatten eben dann aus eignem

Gutdünken in diesem Punkte die aristotelische Reihenfolge hergestellt, indem sie

die Soph. item-hi aus jenriu Verbunde mit.der amatam lierausnahmen und un

mittelbar nach der Topik folgen liessen.

92) Wahrscheinlich bietet Wilhelm Shyreswood das Richtige dar, indem in

der Handschrift der Dialektik desselben der ganze das Folgende umfassende Ab

schnitt unter dem Titel Synralegorenmam eingeführt ist. _

93) Die Reihenfolge in der Besprechung dieser Worte ist bei Wilhelm Shyres

wood und Petrus hispanus allerdings nicht die gleiche, jedoch Ersterer hat über—

haupt das ganze Material weit selbststiindiger verarbeitet, und wir dürfen mit Sicher

heit scliliessen, dass der Letztere als getreuer Uebersetzer uns die Anordnung

überlieferte, welche bei Psellus selbst sich fand.

94) Auch hier arrangirt Wilhelm Shyreswood mit Uebcrgehung einiger der

genannten Worte die übrigen nach eigenthümlichen Gesichtspunkten.

95) Bei Petrus Hispanus findet sich allerdings kein eigenes den Conjunctionen

‚bestimmtes Capitel, hingegen Wilhelm Shyreswood bespricht die Worte si, m'ai,

quin, vel, an, sinu

Pmunu Gesch. II. 19

M

‚ä

m xvt Psellus’.

werden, dass in diesen Erörterungen theilweise die Lösung von ‘86

phismen versucht wurde, bei fast sämmtlichen aber für die logische

Praxis mehrere schulmüssig formulirte regulue („xav6vsg“, wie wir

solche schon oben, z. B. Anm. 18, 22. 44, trafen) aufgestellt waren,

so dass die Synopsis jedenfalls von Anfang bis zu Ende in diesem

äusserliclt formellen Punkte sich getreu blieb 96). „q“

Billiger Weise aber drängt sich ttns die Frage auf, wie denn wohl

alle diese Dinge, welche wir von Anm. 66 an erwähnen mussten. in

das compendium des Pselltts gekommen seien, und es wird sich dieser

Frage auch Derjenige nicht entziehen können, welcher etwa die Unter

suchung bloss auf den uns überlieferten griechischen 'l‘ext beschränken

wollte und es in Zweifel zöge, dass auch all jenes Uebrige ursprünglich

gleichfalls in der Synopsis enthalten gewesen sein müsse. Was aber

tlie Beantwortung hctrifl't, so sind wir in Folge des Maleriales, welches

bis zum heutigen 'l‘age der geschichtlichen Forschung zu Gebote steht,

leider nicht in der Lage, jenes „Wolier‘€“‚ dessen Ergründung wir uns

wahrlich stets bisher zur Aufgabe gemacht haben. hier mit Bestimmtheit

angeben zu können.

lm Allgemeinen wohl steht fest, dass stoische Schuldoctrin, d. h.

Grammatik und Rhetorik, in den Betrieb der Dialektik sich reichlich

verflochten haben müssen (vgl. oben Anm. 17), um zu solch einer

Theorie der animo-la und der logischen Function derselben zu führen;

aber die einzelnen Fäden der Entwicklung oder etwa gar die einzelnen

Autoren, durch welche tliess geschult, nachzuweisen, ist uns nicht mehr

möglich. Ja wir schen uns bei den bisher zugänglichen griechischen

Grammatikern und Bhetoren vergeblich selbst utn mehrere der oben

erwähnten Worte oder Begriffe um‚ und auch die uns erhaltene Gram

matik des Psellus selbst 97), — allerdings ein äusserst kurzer und arm

seliger Abriss —-, enthält bezüglich der uns interessirenden Frage

schlechthin Nichts. Höchstens einzelne Bausteine, welche dann später

allmälig mit anderen zu einem Ganzen verbunden worden sein müssen,

können wir sowohl bei Grammatikern als auch bei Rhetoren wiederer

kennen. So ist z. B. nicht hloss der Begriff der Gnttaola selbst ein

bei vielen Grammatikern vorkommenderMja sondern wir finden auch

bei Dionysius 'l‘hrax eine Aufzählung der Unterarten des Substantivums

(ö'voga), welche mit einzelnen der oben erwähnten Punkte sich he

rührt, insgferne die Begriffe des noogayyogmdv, des Egmqgamsöv (n'g,

96) Eben dieser gleichblcibende Charakter des Ganzen. womach die zum

Auswendiglernen bestimmten auwv'veg überall ein Uebergewicht behaupten. wurde,

Wenn es noch nöthig wäre, einen wesentlichen Beweis darbieten, dass auch jener

Rest, welchen’wir ausschliesslich nur aus den Lateinern kennen, ursprünglich

ebenfalls bei Psellus sich gefunden haben muss.

97) Toü ‚uwmytwtrimu ünsgn'pov ngotd‘gou raiv (‚11.066qu ZÜQOU

Mtlm‘ji. roa lllsuoi mixe: maltnxo) nyd; rbv pacata migov Kwrarav—

n‘a/aal ubi porti/laxati nsgl 17;; ygayyananjg. Gedruckt bei lfoixmnudc-v Anecd.

graeca lllv p. zoo ff.

98) Es scheint unnöthig, fiir diesen allgemein rcclpirten Begrifl' die einzelnen

Belegstellen aufzuhanfen. ‚

xv. Psellus. 291

noiog, minos-jl des v’zvatpogmöv (todoürog, IOLO‘Ü'I!05‘)‚ des {mit-spiri—

pevov (311909, inclnsgogt Eunurog). des iniquitati capiorng duniog, (imidog)

erscheinen 99); ebendaselbst treffen wir auch eine Eintlieilung der Cun

junclionen, welche zu dem traditionellen Umkreise der Schulgrannnatik

gehört und oll‘enbar in späterer Zeit noch entschiedener als schon früher

hei den Stoikel'n (s. Absehn. VI, Anm. 122 ff.) eine Aufnahme in die

Logik fand ‘00). Während aber unseres Erachtens allerdings es haupt

sächlich die grammatischen Anschauungen waren, welche einen Einfluss

auf diesen Zweig der Dialektik ausiibten, finden wir doch hinwiederum

auch in der Rhetorik manche Einzelheiten, welche um so eher in die

Dialektik liinübergenommcu werden konnten, je mehr von Anbeginn an

die TOPllt (mit Einschluss der Sophislik) ohnediess dem rhetorischen

Gebiete näher gelegen war, und wenn Wll‘ bedenken, dass die Erörte

99) Bekker Anecd. ll, p. 636 f.: ‘Ynonfntmxe de np drdyan raüm, ä

xal wird: tmn ngogayoptüum‘ migmv, HQOCTUIOQIXOIV‚ hitanum 7196; u

.Szml. u}; nodc n lxo’v, öyw'vvpom qunmrvyor, (”Quirl/„01', Jmivuyor,

nunquam umdi Sgwrnlun-nxdyq dogmroy, riraqogmdyp negzlqnn

xdy, Empqnio'yevuv, negwxnxöv, nemznjlufvovv ynuzöv, eidnaiv, tanz

xär, änißyqnxu'r, yuuumaanuo'v, oinolelvye’nor ”90917 nemini de'

{an ui xowipr oüm'av mutata/or ’ngrrnuauxön d‘e’ eam/y o xal neu

onxdv ualeitm‚ ‘n‘z xra‘ Iguirqmv leyo'lunlov, oioy n’y, 71070;, 11600;,

211111qu Högiatov de’ fumi 'rö In} Sgquyrnlxqi {rau/Ihn; notwa oiov

{10119, inultosl 6116009, öflrllixog. ‚HI/«([091be as idnv, s xal byolwyu

nixiw xai duxuxdv xal ävranndonxöv zuleirm, ib dyofwow unpairm',

(‚um roaoüwg, 111102017109 roioörog. Hiezu mag z. B. auch beigezogen werden.

was sich bei Planmles nin ovrniäew; (Beckmann. Anecd. graeca ll, p. nam

erhalten hat: ni (Mumm, toi/tu yir dvdyara roüro JE {mpyriya‘ra‚ mmo

Amiw ggoqagdw ixat-m ouvut'igma'nxiyv rov n/lfiäov; xai dms oü rmier

nagi zur dialeyöpeäm Ex rs növ draqogixah' zu) roi „r’z'v ignobilia avv

diayov fi mil „driften“ ovvn'änlu, uinr Ilg, 661190511, önotugot'w

u. s. w.

100) Ehend. p. 642 f.: Zürduguög Gnu “EI; ovvdäovaa d‘uiroiuv peri

uiimm xal tö n"); äyynreta; xeznydg magnam Tür ‚n avvd‘e’aymv .

avynlexnsol ‚uäv etam 30m nip Egym'elav {11’ finu ov quegoyfvrlv auy

de‘ouo'ly, ein) de ui'de' „w, dea 16', tmn duci SmCeuxnmd df eimv,

Saoz rr‘lv für quaw aurium/ann dnb 63 ngdypnro; EI; ngäypa dimm)

011/, eiai d‘ä owe- ii. 54'101 ovrunnxoi de' ein/v, 5001 57mng yiu of/

(717101701, anyahlovm d‘l timolovfilnrx eiai JE owe- et einen nagaauv

annxol d‘e‘ simam ö'o'oi (460’ {11141295er xai niäw dnloümr, ein) de owe

in“, („einen ulnoluyixol de‘ etam 30m ini ünodo'o'u ai‘rta; naea

layflnivorrm, ein) di oi’de‘ i'm, äqpu, ö'mug, Kram, uanum (in, dber

dnsogmuullxoi d‘ä enim 50m; lnaflogoür'rneg daia-agat x fio'äcu, ein) de

owe- uga, xqm m-Muymulxol JE dana uam 7196; 'rw; mqnpri; rs xal

ovlbitpug wir änud‘eiäewr w dldxewrm, erat de oi'd‘e' Figu, dui tum

‚wir nayunlqgwyunxol J! clam ö'o‘m ‚4519m; ii xdayov szxev ungu

Äupßoil'owm , eiai d‘l oild‘e' d‘r}, ad wi. nmia Iol..... live; de nonum-mm

xai irrwnwynnxnüg, uiw inimici ongx Eine Vervollständigung oder weitere

Ausführung dieser Lehre von den conjundionem welche für die byzantinische

Schnl-Logik bezüglich der o’uyxmqyogeüyn‘m sicher von grosser Wichtigkeit war.

suchen wir vergebens bei den übrigen spateren Grammatik-cm; auch die armenische

Uebersetzung des Diuny'sius Thrax selbst (s. Mc‘moircx c! disscrlntiuns sur les anti

quilds nationales e! dlrange'res, publids par la suciele' myale des anliquaires de hamum

Vol. VI, p. 1 (R), welche übrigens manche Zusätze enthalt, bietet hier Nichts dar.

>—-——-—-—W...——\-‘- m es“ - <----=I__;__w‘——N-.

19'

agi xv. .Psellus.

rung und Lösung einzelner Sophismen mit mehreren Capiteln der Lehre

von den propn'elales terminorum verbunden wurde (—- ganz abzusehen

davon, ob unsere Vermuthung über die den Sophislici Elenchi ange

wiesenc Stelle, Anm. 91, wirklich berechtigt sei —), so muss es uns

immerhin sehr wahrscheinlich dünken, dass auch die Rhetorik ihrer

seits ihren Beitrag zu jenem neuen Bestandtheile der Schul-l.ogik ge

liefert habe. Vor Allem ist es die reiche Saat der rgdnot, welchen

zuweilen eine logische Seite abgewonnen werden konnte, und unter

diesen dürfen wir wenigstens die (13511619101) um der ampliatio willen

nicht unerwähnt lassen. Es mag aber auch beachtet werden, dass

llermogenesv an dessen Technik sich bekanntlich eine Menge von Com

mentatoren anschloss, bei der rhetorischen Theorie bezüglich der „966

ama (worin eine Brücke zur suppositio personalis liegen Minute) neben ‚

anderen Momenten namentlich auch nii aigwpe'va, mit 2:96; u, mit am:th '

dvzmlomjv und mit ngogiyyogmoi erwähntm'z), sowie dass derselbe ge

legentlich der Meißel-1‘], welche das Gegentheil der zaßupömg ist,

gleichfalls in dem Begrill'e des ngoglaiußoivew einen Gegenstand berührt,

welcher mit der Lehre von der Supposition verwandt ist 103). Endlich

noch scheint der Begriff der Äxöstmei (exponibilia) auf einem Momente

zu beruhen, welches zwischen Grammatik und Rhetorik schwankt oder

vielmehr jener stoischen Verquickung der Dialektik mit jenen beiden

anderen Disciplinen angehört; denn in solchem Sinne trafen wir schon

früher die fuas-nmi ägmipuw als eine eigene Species des Urthei

les 104). M

All das eben Erwähnte jedoch besteht nur in Einzelheitenfund

101) Longin. de subl. 12. (llhclores grueci, ed. Spenyel, l, p. 260.), Longin.

rhetor. (ebend. p. 301. u. 326.), Anon. rhel. (ebend. p. 440. u. 457.) und sonst

noch häufig. -

102) llermog. de urle‘ r/iel. l. (bei Spengcl ll, p. 133 1.): fuit oÜv 11900

oinow n‘r yir So‘nv oia xai d‘e'll'aoäm ääudg‘wßm‚ ni de 017, 1611011 es

(Ulm; litigat ngoo'w'nov' vir d“ «dünnem/6'va iayugorrirqr ‚ab {zu

6111mny rd uigmpfva xal xiigim nimi a llsglxlipg (1 Aqluoo'äe’rr]; xai

10‘: rami/nv d‘emfgmv Je rd qug n‚ nimi nanjg, 1116;, (1017109, decimi

117g“ ‘rgfryv n‘: d‘iaßeßlrlye’ra. oz'ov flauum1 ymon xöluxeg' Isrdyrrw ui

ihm}, oiov yewqul, 1.!)(1'01 xai ui aluom- ”(y/trer ni und: o'uynlwn‘w

0‘110 ngogqyoguüv, oz'ov yäo; nlorjma; . xxnw ni xard ouAunloxr‘p' 1190ch

nov xai n nip/luctuml oiou yelgtixrov xauwmgzipwov (peüyu nogrefag' 3;?

Joyov rd anlä nriogqy/oglxt’z, mall atgatrnldg. (ifi‘rmg. _

103) Hrmzog. 71. maior l, 11. (p. 316. Spcny.): l‘i’rum wirr/v 7159115911)

xaz’ Zvvpmv ‚113V, özrw ifioi iftum-fv n ngoglayßriry; zoürly, 7159) er} 6

167/05", moli 75'110; dilu fi äögwmr aigmpe’vq; ii 31ml ‚(u-'95! . . . . . ..

(p. 318.) ii ö'nw Im) wild Äle’yy rd ngaiyycrm mos xm?’ Ätwrr‘z. duri ‚us'rdi

103V noret-acuianimorumv oimr 1611011, lycii/om uirium ngnuw'nou, zu? in

yrw'lun; rui 11900161011, e‘mhü; 15 mii/twv m‘w romürwv. Aehnlich Arisüdes

de arte rhcl. b. Spange! II, p. 472.

104) S. Abschn. VI, Anm. na Mil dem aristotelischen oder theophrastisehen

Begrilfe der fedlariis- im kategorischen Syllogismus (Abschn. IV, Anm. 554. und

Abschn. V, Anm. 50.) haben die iar-humi dieser späteren Logik keinenfalls etwas

zu schalfen. Hingegen bildet die beatam als eine „Verdeutlichung“ wieder ein

steli2e8m‘iies Capitel in der Rhetorik, z. B. Aphthon. Proyymm 51. b. Spengel II,

p. . - "

xv. Johannes ltalus. 293

es wäre thöriebt, zu glauben, dass hiemit die Entstehung jener ausge

dehnten und völlig schuhnässig formulirten Lehre bezüglich der angusta

etwa nachgewiesen sei. Zwischen der grammatischen und rhetorischen

Litteratur, welche uns noch zugänglich ist, und dem compendium des

Psellus muss eine reiche Entfaltung der Schul-Logik stattgefunden haben,

deren geschichtlicher Verlauf uns bis jetzt -—— vielleicht auch für immer

-— verschlossen ist‘o“). Indem es jedoch wahrscheinlich ist, dass

die schulmassige Consolidirung dieses neuen Zweiges der Dialektik auf

_Einen relativ älteren Kern zurückweise, an welchen als an die ursprüngv

liche Grundlage das Spätere ansehoss, so darf ich vielleicht die Ver

mutbung aussprechen, dass wir möglicher Weise den 'l‘bemistius (s.

Abschn. XI, Anm. 92 ll'.) für diese logische Behandlungsweisc gramma

flach-rhetorischer Momente verantwortlich machen müssten; denn der

selbe ist unter den älteren Commenlatoren wohl derjenige, welcher am

meisten das Studium und die Praxis der Rhetorik mit der Thatigkeit

eines sogenannten Philosophen verband, und falls unsere obige Annahme

(Anm. 41 u. 64) richtig ist, dass in der Synopsis des Psellus für die

Kategorien ebensoscbr wie für die Topik Themistius der ursprüngliche

Führer war, so scheint derselbe für die Schul-Logik überhaupt ein

gewisses Ansehen genossen zu haben, wornacb es jedenfalls scbr er

klarlich wäre, wenn man die Lehre von der animata und von den

ovynamyogedtwta gleichfalls aus ihm entnommen hätte; ja wenn das

letztere dieser beiden Worte sich auch bei Avcrroes fintlelmnja so

könnten wir auch diess zu Gunsten unserer Vermuthung benützen, indem

eben rflnæmislius es ist, welchen gerade für die Topik Averroes ein

lässlich benützte.. Doch bei dem gänzlichen Mangel aller präciseren

Anknüpfungspunktc ist jede derartige Vermuthung von geringer Bedeu

tung 107).

Neben Pscllus aber kann auch noch sein jüngerer Zeitgenosse und

Nebenbuhlcr Johannes ltalus (s. Abschn. XI. Anm. 111) erwähnt

werden, dessen Schriften möglicher Weise einen Einfluss'anf das latei

nische Abendland ausgeübt haben können. Anna Comnena spricht aus

führlich über ihn, deutet aber dabei — was für uns beachtenswertb

105) Durch allmäligc Benutzung und Veröffentlichung alles desjenigen, was

in dieser Beziehung noch handschriftlich in den Bibliotheken vorliegt, konnte. viel

leicht ciuich Licht in die Sache gebracht werden; denn wenn auch die griechi

schen Litteratur-Erzengnisse der späteren Jahrhunderte meistens in der That noch

so unbedeutend und jämmerlich sind, so bleibt ja immer noch die Möglichkeit

offen, dass aus der Masse dieses Schundes irgend ein compendium der Grammatik

oder der Rhetorik sich erhalten hatte und irgende versteckt wäre, aus welchem

mit grossercr Deutlichkeit die zur Beantwortung unserer Frage dienenden geschichtl

liehen Faden erkannt werden könnten.

mei Arerroes ad Arist. Top. l, 2. (b. Aristot. omm lutine, vmum 1552, fol.

l'ol. l, f. 2-56 a.): Prout furit Aristoteles in libro Perilmmcnias distinyurndo res

ratione dictiouum, quando illas distinguit in uomcn, verbum ct dictionem syncalego

rcmaticam ctc. Vgl. folg. Abschn., Anm. sua

107) Fande sich in einer Bibliothek eine Handschrift jenes Commentares, wel

chen Themislius zur aristotelischen Topik verfasste, so müsste meine Vermuthung

sofort sich entweder bestätigen oder sich widerlegen.

m xv. Johannes ltalus.

ist —- zugleich an, dass Grammatik und Rhetorik nicht die starke Seite

deSSelhen gewesen seien, sondern er sich mehr auf die reine peripa

telische Dialektik beschränkte 10B), woraus wir jedenfalls schliessen

müssen‚_duss, wenn seine lilterarischen Erzeugnisse von den Lateinern

benützt wurden, sicher nicht eine Wirkung derselben anzunehnien ist,

welche jener des Psellus gleichkäine. lndem von der ausgedehnten

schriftstellerischen Thätigkeit des ltalus durchaus noch Nichts durch den

Druck veröll'enlliclit ist, darl‘ ich wohl erwähnen, dass eine in der

Münchner Staatsbibliothek befindliche Handschrift mehrere logische Schrif

ten desselben enthält 109). Es zeigen uns dieselben in schlichter an

spruchloser Form den ganz gewöhnlichen luhalt der Schul-Logik oder

108) Anna Comnenu. Alrzias V, 8, p. 257. (i’d. Schopon): 01'110; de ö ‘Ira

1.6; (179;qu0 Iuh/ if ’I'mlia; xal lv rfi Zuequ lq‘ [xum‘w alturan

‘Exeiäw de 013m; ö ‘Irnld;‚ 01’»: olcf’ ömug, 11‘711 Kovamwn'oünolw

xan’laßev (imiqu „aufs/u; xal n’xwyg loyzxfi; (p. 258.) Oz‘inu; ozhl 'roii; lyram-ulla 510W“; 6 blroatzl‘bms-lyecüigamm-m)ä;loxvaol'rdwvd‘gri

my dydriaag axulaanxoig mud‘etng rnlvuv loymfi; if Gxelvwv yeru

ala‘w xal Nil/(an). t‘erqu np Welle} lv üan’gq; ngogwyüqan' Toürqu

yoüv Ö ‘Irald; ngogoyilfitm; lv dnuid‘eünp iis-al am). pag/fagitta oi’n: viriti

10:10 (‚Modul/(a; sic ßriäog usum d‘nfrwmilmv ölw; luqu 31' In”) ‚urth

sda/tw dvqoyevogy ägdooug ah ‚uwrb; nmi dnorohzg fingßngixfig mivuor

te xuövnepzepeiv zur) ngö toi ym'hü/ aldynlogj xu‘z 7!ng aün‘w rbv Wel

Äöv lx 7790611}; dq snygfa; dulichii-amy iyßaöu'rd; cfl 1;} dialexnxf; gasa

ptgn/m); aeyi/eam {1' navd‘fiyotg GUI'EÄEÜO'EO'W hmnim qoqtanxdg ovvu’ng

lgetwelfagv am) ndv d n 1010171011 ngo‘rit'hl; mil (100:; i‘me'xmv löyor

romvtdzgonov (p. 260.) nima xal 1017 'I‘elloü „etuxwgifidavro; Bu

Cuvro'fiev .. .. m‘nd; quloaoqt'u; ändmy; ripae/om d‘ld‘adxalog, ünamg 103V

((0.006qu nm cuftmgi xal 1d; tell lmonlmdg fiffllov; am) nisi Illu—

nuvuu‘r; fanoüdläfier' xal ir yir rq'i 65m noÄuAum'Harawg d‘en-d; Je

pällov efneg wg ällo; d‘ugsuwjmwäm rui-y filva 'n‘w Jilronirr/r nega

nu'nynm‘lv xal "16117; nim 11‘11' dialixnxrir nods de rr‘u; (Uhr; 1111m;

ubi löynw od mia/v u eüquzö; aller, dild negt' 16 n‘yv ygay mian (106

leve n?qu xai roü (Sqrogixoü re'umgo; oüx lyeüaaro, cum greiflw ö lö—

yoc lounp lqfigyoo’ro am) EI; xdllo; infinita Hiezn Amme Cum”. Supple

menta ed. Th. Fr. Tafel (Tübing. 1832. 4.) p. 1.: NIL-11‘: ydq zt‘w naivv ‘I‘Ellöv

rbv du- tlng ‘ri; finden; dor/lac xat‘hlyeuöru xal nnwroi’ug l’d‘pn/ ioy/ucin

nmd‘uiaew; 0510; (so. ö 'Iralögt'ßnl ruf; Idpmrorelixm‘; rexvoloylmc

‚n'y/‚a; {doäw eivou, 59W xal nämw qaoyusa vsolalcw sic äuuu‘w lnh

dnmmzo. .

109) Nemlich (Todes: graecas Moimccnsis 99. fol. enthält zumichst (fol. 279——

386.) viunii/mv aoqwnirov ümizov xal d'zd‘uomilov uäy i/llooo'qu, toi

’Iruloü. fxtfodi; Ei; d‘uiqwga qufiyarn dui rö xal d‘un/16901); rot); ruina

nqoßnlloye‘vov; (ein ehnliches Werk wie die Ilmlzod'unh didadxalln des

Psellus), woselhst auch eine grosse' Menge logischer Fragen sich erörtert findet;

jedoch muss bemerkt werden. dass dieses Werk wenigstens nicht ans erster Hand

von Johannes ltnlus herslammt-n kann, denn fol. 314. v. lesen wir: vflrmszm- 6

(‚ilo'o‘oqog Ö lhaldgy 6 ‚lye'regog Jid‘rimmlog, uöflug' triduum ifqnlv. d

3916101511}; Snniyu u. s. f.“ Sodann folgt in der Handschrift (fol. 386-423.)

Toü afl-mil {aufqu sie rd B, F, A TÜV Tomxa‘n', hierauf (fol. 423—431.)

Toö admi ngdg zör ßamle’a xvy. ’Ard‘go'rixuv Zngviimvm nagt Jmlsxn

zu"); (ein kurzer Abriss der gesammten Logik), hernach (fol. 431—440.) 7'013

mhoü deomg 11te 1ng uör oulloymynüv mag xal tiis ouoniasw; m‘nnb'v

und endlich noch (l'ol. auo-um Toü ainos pt-Sodpc (5111091217; inimicida

‘ xv. Nicephorus 295

die üblichen Controversen der Commentatoren. Bemerkenswerth ist,

dass ltalus bei Besprechung der Syllogistik die oben angeführten Me

morial-Worte des Psellus anzufübrcn verschmähtno); hingegen hätte

nicht hloss allenfalls eiuc Lücke, welche wir bei Psellus trafen (Anm.

5,6), aus ltalus ergänzt werden können lll), sondern es wäre auch

wenigstens möglich gewesen, aus Letzterem die Kunde davon zu schögfen,

das Galenus nicht drei, sondern vier Schlussfigurenrannahmm). w »‚

Endlich haben wir noch anzuführen, dass in dem compendium

des Nicephorus Blemmides (s. Abschn. Xl, Anm. 177 tl‘.), wo

derselbe von den Syllogismeu handelt, sich jene nemlichen Memorial

Worte finden, welche wir oben (Anm. 47 11'.) in der Synopsis des

Psellus trafen, jedoch mil Ausnahme der letzten fünf Schlussweisen

der ersten Figur, indem bei dieser sich Blcmrnides auf die Aufzählung

der vier aristotelischen Modi beschränktns). Uebrigens ist es selbst

chronologisch nicht wahrscheinlich, dass die Lateiner die Memorial

Worte aus Blemmides geschöpft hätten (denn die litterarische Thätigkeit

desselben dürfte fast in eine etwas spätere Zeit fallen, als jene des

Wilhelm Shyreswood), abgesehen davon, dass bei Psellus diese Dinge,

auf welche von den Lateineru ein übergrosses Gewicht gelegt wurde.

in erwünschter Vollständigkeit vorlagen.

Ueherhaupt concentrirt sich, wie es scheint, der byzantinische Ein

fluss ziemlich ausschliesslich auf Psellus, in dessen Synopsis das latei

nische Abendland wie durch Zufall ein ihm vortrefflich dünkendes Com

peudium erhielt. Und wir können diesen Abschnitt nur mit dem Wunsche

schliessen, dass der gelehrten Forschung dereinst gelingen möge, worauf

wir verzichten mussten, nemlich auch noch jene Fäden nachzuweisen,

mini mittetan Einen Nachweis anderweitiger Handschriften, in welchen Werke

des Italus enthalten sind, gibt M. Ilasc in Nulices et Extraits des manuscrits de la

bilil. imperiale, Vol. IX, Abthlg. 2, p. 149 fl'.

110) ltalns hätte wenigstens baufig genug (in den Am't/opu infirm-ra fol.

318 f. und fol. 329 fl‘., woselbst von den Sjllogismen die Rede ist, sodann wieder

in dem an Andronikus gerichteten Buche fol. 428., und ebenso in der ganzen

Monographie über die Sjllogisnien) Gelegenheit gehabt, seine kürzeren oder langeren

Erörterungen über die Schlussweisen mit jenem mnemoteehnischen Schmucke ans

zustalten, wenn er hiezu geneigt gewesen wäre.

lll) Nemlich in jenem an Antlronikus gerichteten Compeudium bespricht Ita

lus (fol. 429 f.) jene aus der Analytik entnommenen Momente, welche bei den La

teinern unter der Bezeichnung de polcslalibus syllagismarum vorkommen, jedoch

allerdings in einer Weise, dass nicht angenommen werden kann, die Lateiner hätten

hier ebenso lediglich nur übersetzt, wie sie mit Psellus verfuhren.

112) ln den Aufl/Ian infiuunt fol. 330. v. steht folgende Stelle: Td de

axrjßazu rn‘w aulloymyvüv natvra- d Falnro‘; di imi rfragrovlirri ‘rourot';

Eqaaxn' elym, t’mwztwg nodc rbv Zmyslgf'rml cpigdytvagy ö; layngo

rtoov dvmfavigvm ofo'ztn/o; 11511 11‘111 loyun‘w ngnyyarstav e'änynvyb'wv

nulunüv w; noggwrdmv eorum ixne’flnnxe. Es kömmt demnach diese Stelle,

welche ich im Jahre 1855 noch nicht kannte, aus der griechischen Litteratur als

zweite zu derjenigen hinzu, welche ich Abschu. fX, Anm. 100. bezüglich der soge

nannten Galenischeu Schlusstigur aufuhren konnte.

113) Nicephori Blemmidae Epitome logica ed. Wegelt'n (Augsburg 1605, 8.),

p. me in

me xv. Nieephorus Blemmides.

welche in den letzten Hauptahschnitt der Synopsis zusammenliefen;

denn vorläufig bleibt uns (abgesehen von Psellus selbst) die wahrhaft

ursprüngliche llerkunft jenes einen Theiles der lateinischen Logik noch

dunkel, welcher bis zum Stürze des Mittelalters den Unterschied zwi

sehen „neuer“ und „alter“ Logik begründete und, nachdem er eine

lange und wichtige Rolle gespielt hatte, noch weit hinab "seinen Ein

fluss erstreckt.

xvi ABSCHNITT.

EINFLUSS DER ARABEB.

Sowohl über die geschichtliche Thatsache selbst, dass die Litteratur

der Araber auf das Abendland eine ausgedehnte Einwirkung ausübte,

als auch über die Ereignisse und Zustande, durch welche jene Be

rührung zwischen Orient und Occident bedingt war, können wir jede

weitere Erörterung hier füglicb bei Seite lassen, da all Solches theils

allgemein bekannt ist, theils ausserhalb unserer hiesigen Aufgabe liegt»

Hingegen darf wohl schon hier — mit dem Vorbehalte der näheren

Erörterung im folgenden Abschnitte —- die allgemeine Bemerkung

vorausgeschickt werden, dass der Einfluss, welchen die logischen Lei

stungen der Araber auf daslateinische Ahemlland seit dem Beginne des

13. Jahrbundcrtes äusserten, völlig verschieden der byzantinischen Litteratur; denn während diewalretztveorne fdüerr diWeirkinutneig-k

nische Schal-Logik und die Gestaltung der Compendien maassgebend,

wurde, brachten die ersteren mehr einen gelehrten Betrieb der Exegese‘

des aristotelischen Organons in Aufschwung, und mit der hieraus er

wachsenden Litteratur der Controversen stellten sich nun crklärlicher

Weise wieder die Streitigkeiten über die Geltung der Universalien ein,

jedoch mit dem wesentlichen Unterschiede, dass für diese Erörterungen

jetzt durch die Benützung arabischer Schriften eine weit umfassendere

und tiefer einschneidende Basis dargeboten war.

Während aber die arabische Litteratur in Erklärung des Aristoteles

ebensosehr wie auf anderen Gebieten sich unendlich reichhaltig und

manigfaltig entwickelte, so dass sie nach dem Stadium einer hohen

Blüthe wahrlich gleichsam in ihrem eigenen Fette erstickte, war es nur

ein BruchtheiL derselben, welcher dem lateinischen Abendlande durch

Uebersetzung zugänglich wurde und in solcher Form den genannten

Einfluss ausübtc. Und hiedurch sind wir hier an dem Punkte ange

kommen, wo sich der Titel, welchen ich von vorneherein meiner Arbeit

gab, rechtfertigen muss. Denn indem ich eine „Geschichte der Logik

im Ahendlande“ schreiben wollte und will, habe ich aus dem weiten

Umkreise arabischer oder arabisch-jüdischer Logik nur dasjenige beizu

ziehen, was in die damalige Sprache des Abendlandes übertragen wurde.

Alles Uebrigc sowie zuletzt auch die richtige historische Würdigung

Ader in das Lateinische übersetzten arabischen Erzeugnisse muss ich

jenen Gelehrten überlassen, welche diesen Zweig ‚der Kunde des Orientes

w i v-vrr „<7 i

298 XVl. Die lateinisch-arabische Logik.

zu ihrer speeiellen und dankenswerthen Lebensaufgabe gemacht haben.

Ja selbst die blosse Kenntniss der arabischen Sprache —— wenn ich

sie besasse — würde weder ausreichen noch mich dazu berechtigen,

m fremde Wissensgebiete überzugreifen; denn wenn ein hervorragender

Kenner jener Litteratur sagt, eine wahrhaft genügende Geschichte der

arabischen Philosophie müsse erst noch in Zukunft einmal geschrieben

werden I), so leuchtet dieser Ausspruch darum sofort ein, weil Alles

erst noch von der Ausbeutung liandschriflliclier, bisher unvollständig

oder gar nicht benutzter, Quellen abhängt; 'eine derartige Aufgabe aber,

welche wohl mehr als Ein gelehrtes Menschenleben in Anspruch nimmt.

kann Niemand nebenbei neben einem anderweitigen Werke erledigen.

Somit also verzichte ich, ohne darum die einschlägigen Leistungen der

Fachmänner?) ignorirt zu haben, vollständig darauf, die arabische Logik

als arabische besprechen oder darstellen zu Wollen, und indem ich mir

nur die arabisch-lateinische Logik zum Gegellstande mache, verfahre

ich eigentlich nach dem nltetata refere“, d. li. während ich wohl ge

ahnt zu haben glaube, dass die Berichte und die Auffassungen der La

teiner häufig auf unkritischein Boden beruhen, habe ich nur zu her

richten, welcherlei Doctrin als arabische aufgegrill'en undzentweder

beifällig aufgenommen oder aber auch bekämpft worden sei. .la auch

jene Uebersetzungen arabischer Werke, welche im 13. Jahrhunderte

angefertigt wurden, zeigen, soweit sie in vollständigen Drucken oder

vereinzelten Aul'ührungen vorliegen, einen Text, vor welchem wir häulig

schlechthin rathlos dastehen und auf Erreichung eines Verständnisses

verzichten müssen; aber auch in dieser Beziehung müssen wir be

denken, dass die Lateiner jener Zeit eben auf jenen nemlichen Ueber

setzuugen fussten, und wir kommen hiemit auch hierin auf den Stand

punkt zurück, dass wir das Arabische nur in ‚iener Form und jener

Beleuchtung darstellen, in welcher die Lateiner es besassen.

Dürfte nun diese Beschränkung auf die secundäre lateinische Lille

ratur wohl von dem Leser gebilligt werden, so weiss ich hingegen

nicht, ob das Gleiche auch bezüglich einer abermaligen Abgräuzung

des hier zu behandelnden Stoffes der Fall sein werde. Nemlirh es

wird allerdmgs unbestritten zugegeben werden müssen, dass all jene

Eintli'isse der arabischen Denkweise, welche einer Emanaliooslehre oder

einem pantheistischen (irundzuge naher liegen und durch jüdische Litte

ratur sich theilweise bis zu Spinoza hinab erstrecken, ausserhalb der

Aufgabe einer Geschichte der Logik slebcu. Hingegen mag als zweifel

l) Manch, Dictiomiuirc des scientes philos. l, p. 180.

2) S‚ in dem so eben genannten Diclionnairc (Paris. 1844v1852, 6 Bande)

die von Mime/‚- verfassten Artikel: Arabcs, Kendi‚ Parabis Gazeli, lbn-Badja, lbn

Raschd, Ihn-Sinn, iui/in Maimonide. Ferner: Flügel, Uissert. dc umbiris scriptorum

graerorum interpretibus. Meisscn isat 4. Wenrich, De auctomm graecorum ner

siom'hus syriim's. amliicisv armeniacis persicisque. Lips. 1842. 8. Srhmöldrrs. Do

cumenta philosophiov Arullum. Bonn. me S. und desselben Essai' sur les vrotcs

philosopliiques cht-z lcs Araber. Paris 1842. 8. tUcbrigeus scheint das Ansehen,

welches Schmölders tlieilwi-ise genoss, durch Mnnck a. a. 0. l, p. ns f. u. ll.

p. 506 ff. mit guten Gründen wankcnd gemacht worden zu sein; vgl. auch unten

Anm. 68.) Anderes wird am geeigneten Orte noch besonders anzuführen sein.

XVl. Die lateinisch-arabische Logik. me

haft erscheinen, wie es hier mit der Erkenntnisslehre zu halten sei.

Und in dieser Beziehung muss ich selbst auf die Gefahr hin, hierüber

Tadel zu erfahren, meinen Standpunkt dahin aussprechen, dass ich nach

reiflichster Erwägung aller Gründe und Gegengründe zur Ueberzeugung

gelangte, die Erkenntnisstheorie hier ausschliessen zu müssen. Die

Araber hatten durch Porphyrius sämmtlich einen neuplatonischcn Kern

eingesaugt, zugleich aber waren sie‘ durch Alexander Aphrodisiensis 3)

veranlasst, sich mit den Schwierigkeiten zu beschäftigen, welche die

Psychologie des Aristoteles darbot. Und so entstanden jene zahlreichen

Erörterungen der Araber über den intellectus (11017;), an welchen wir

durchaus nicht rühmen können, dass sie eine glückliche Versöhnung

des Platonismus und Aristotelismus beigebracht hätten; denn der pla

tonisch ontologische Objectivismus wird mit dem aristotelischen subjec

' tiven Verwirklichungs-Processe des Denkens nur ausserlich amalgamirt.

Das Ganze läuft auf eine Stufenfolge hinaus, in welcher die aristoteli

sche Unterscheidung des voüg naßn’rmo'g und voüg nom-unde mit pla

tonischer ldeenlehre verquickt wird, und innerhalb der mancherlei

Wandlungen, welche diese Lehre besonders bei Alfarabi, Avempace und

Averroes 4) erfuhr, liegt der Grundton der Erkenntnisslehre im Folgen

den: Während im Gebiete des Objectiven die ewigen Wesenheiten der

Himmelskörper das Princip der Formen des Seienden enthalten, wirkt

im Menschen der intellectus aetivus auf den intellectus passivus oder

intellectus materialis, und im letzteren liegen als ein Potenzielles die

intelligibilia materialia (auch famae intelligibiles genannt), welche eben

durch den intellectus activus zur Entelechie geführt werden; hiezu aber

wirken als Mittelglied die Einbildungskraft und das Gedächtniss, d. h.

die sogenannten formae spirituales indlvldualem um in höchster und

letzter Stufe zu den intelligibilia speculatica zu führen, in welchen

der intellectus acquisitus jene res ipsissima besitzt, welche ihre reine

Entelechic in sich selhst hat. Und nun versteht es sich von selbst,

dass nicht etwa der Werlh oder Unwerth solcher Erörterungen für uns

der Bestiminnngsgrund sei, dieselben hier aufzunehmen oder nicht auf

zunehmen; sondern das Entscheidendc liegt darin, dass all diese Dinge

bei den Arabern in der That neben der eigentlichen Logik nebenher

laufen und auch bezüglich der Frage über die Universalien, Welche \th'

hier zugleich als ante rem und in re und post rcm treil'en werden,

sich recht gut mit einem gewissen aristotelischen lntellectnalismus ver

tragen, mochte jene Stufenfolge von den Einen so oder von Anderen

anders modificirt werden. Hiezu aber kömmt auch noch, dass, Wenn

ich überhaupt jene erkenntuiss-theoretischen Fragen hier heiziehen wiirde.

ich nothwendiger Weise die gesammte folgerichtige Entwicklung der

3) S. Abschn. XI. Anm. 21, woselbst ich gleichfalls nicht die Aufgabe hatte.

die gesammte Psychologie Alexanders zu entwickeln. t

4) Der Leser selbst wird es für in‘elevant halten, welche Schreibweise der

arahiscben Namen hier und im Folgenden gewahlt sei; die Geschichte der mittel

alterlichen Logik darf sich vielleicht der im Mittelalter recipirten barbarisch-latei

nischen Wortformen bedienen, ohne hierdurch das bessere Wissen über die rich

tige Schreibung verleugnen zu wollen.

300 XVl. Die lateinisch-arabische Logik.

selben darstellen müsste; die tiefste und richtigste Consequenz aber

liegt in dem aus der Schule des Averroes hervorgehenden Monopsy

chismus, welcher, wie jeder Kenner zugeben wird, sowohl au sich

als auch in seiner mauigfaltigen Bekämpfung wahrlich mil der Ge

schichte der Logik Nichts mehr zu schatl'en hat. Somit lasse ich hier

diesen ganzen Zweig arabischer Speculation bei Seite und werde in

gleicher Weise auch bei den Lateinern verfahren, d. h. auch dort den

lnlialt der zahlreichen Schriften De intellectu oder De intellectu et in

telligibili (welche grösstentheils der Polemik gegen Averroes gewidqtel

sind) nicht erörtern. An der Beschränkung auf meine Specielle Aufgabe;

d. h. auf die eigentliche Logik, welche ja ohnediessrbei den Lateinem

parallel neben andere Zweige der Philosophie tritt, gedenke ich. fest.

zuhalten. Wenn ich in dieser meiner Resignation nach dem Urtheile„

des Lesers einen lrrthnm begebe, so habe ich wenigstens nicht unab-‘k

sichtlich gefehlt. il

Die Araber, welche nur durch die Vermittlung der ‚Syrer dazu

gelangt waren, sich mit den Erzeugnissen der griechischen Litteratur zu

beschäftigen 5)‚ zeigen an innerer Unselbstständigkeit des philosophischen

lmpulses eine grosse Aehnlichkeit mit dem abendländischen Mittelalter;

auch sie verhielten sich weit mehr receptiv‚ als productiv, und im

Ganzen kann bei ihnen weniger von einer Weiterführung oder Forta

bildung der antiken Philosophie, als von einer commentirenden Thaug

keit die Rede sein. Aber sie unterschieden sich von der analogen

Richtung des früheren lateinischen Mittelalters nicht bloss durch eine

grössere Raschheit der Assimilation, sondern vor Allem durch den Um

fang des von ihnen benützten Materiales. Nachdem nemlich bei den

Syrern in frappantester Aehnlichkeit mit der älteren Epoche des christ

lichen Abendlandes gleichfalls der Umkreis der Logik sich auf die Isa

goge des P0rphyrius, die Kategorien und das Buch De interpretatione

beschränkt hatte, und unter den weniger beachteten übrigen Theilen

des Organons besonders die zweite Analytik fast gänzlich unbekannt

geblieben war 6)‚ überflügelten die Araber in Folge der einmal em—

pfangenen Anregung alsbald die syrische Litteratur und übersetzten nicht

bloss die sämmtlichen Schriften des Aristoteles, sondern auch die Gom

mcntare des Porphyriusx des Alexander Aphrodisuensisy des Themistius,

und des Philoponus. Und während nun die Araber erklärlicher Weise

auf die nemlichen Controversen hingeführt waren, welche sich vom

Anfange an den Lateinern- ans dem Porphyrius aufgedrüngt hatten 7),

fanden hier die aufgeworfenen Fragen und Bedenken auf Grund einer

reicheren Litteratur-h’enntniss eine Erörterung, welche an lntension und

Extension die Leistungen des Abendlandes weit übertraf. Eben hierin

5) Usber diesen für die allgemeine Geschichte der geistigen Kultur höchst

wichtigen Punkt, dessen nahcre Erörterung jedoch uns hier nicht berührt, s. E.

Benan, De philosophia pcripalctica apud Syros. Paris. 1852. 8‚

6) S. Renan, ebeud p. ao f.

7) Ausser demjenigen, was aus dem Umkreise der lateinisch-arabischen Logik

im Folgenden anzufnhren ist, s.‚bierüber auch Schmülders, lismi s. l. dcntes

philos. p. 146 ll‘. »

' ' XVl. Alkendi. Alfarabi. 301

aber liegt der ttrund davon, dass das Bekanntwerden arabischer Schriften

im Occidente für die Exegcse des Organons epochemaehend wirkte.

Versuchen wir nun, die Thütigkeit der Araber, soweit dieselbe

für die Logik einen Einlluss auf die lateinische Litteratur ausübte, näher

darzustellen, so zeigt sich nach wiederholter Erwägung doch noch jenes

Verfahren als das bessere, dass wir für die Eintheilung dieses Stoll‘es

nicht die inhaltlichen Hauptgruppen der Logik zu Grunde legen, sondern

lieber dem chronologischen Faden der einzelnen Autoren folgen (denn

die jedenfalls unvermeidlichen Rückweise und Wiederholungen beschrän

ken sich hierdurch immerhin auf eine kleinere Zahl).

Der älteste unter den arabischen Philosophen, nemlich Alkendi

(Alm-Jussuf-Jacub-Ben-lsaac-al-Kendi, in der Mitte des 9. Jahrh.‘hlü||end),

berührt uns hier am wenigsten; denn die Nachwirkung, welche seine

Ansichten in den Schriften des Alexander Alesius, des Heinrich von

Gent und des Johann Fidanza (d. h. Bonaventura) zeigen, liegt auf

dem Gebiete der speculativen Theologie 8), und sowie schon bei den

Arabern Alkendi’s Commentare zum, Organen durch die umfassenderen

Leistungen Alfarabi‘s in Vergessenheit gerathen zu sein scheinen 9), so

finden wir auch nur ein einziges Mal bei Albertus Magnus bezüglich

‚eines logischen Punktes eine Erwähnung Alkendi's 10).

Hingegen A l l‘ara b i (Abu - Nazar- Mohammed - Ben - Mohammed- Ben

Tarkhan-al-Farabi, gest. i. J. 950) war im Allgemeinen der Begründer

jener Auffassungsweise und jener Controversen, welche bezüglich der

aristotelischen Logik durch Avicenna, Algazeli und Averroes weitere

Erörterungen oder lllodificationen landen. Er bleibt, Wie sich von

selbst versteht, im Ganzen dem aristotelischen Standpunkte getreu, wenn

er auch in manchen Einzelheiten auf Grundlage der griechischen Com

mentatoren zuweilen Bedenken oder selbst abweichende Meinungen

ltussert, welch letzteres ihm hinwiederum von späteren Arabern sehr

verübelt wurde H). Unter seinen Commentaren zum Organen (—- denn

i vom Inhalte der Schrift De intellectu sehe ich, wie gesagt, hier völlig

ab -—) hat entschieden jener zur zweiten Analytik (s. unten Anm. 50)

die ausgedehnteste Wirkung auf die Lateiner des 13. Jahrhundeitcs

ausgeübt; doch sind wir auch über seine Gesamnitauffassung der__l.ogik

sowie über seine Ansicht betreffs der hauptsächlichsten Controversen

8) Auch was Haure’au, Phil. scolasl. l, p. 363 ll'. aus dem handschriftlich vor—

handenen fracta/us rle erroribus philosophorum (13. Jahrh.) mittbeilt, liegt ausser

halb unserer hiesigen Aufgabe.

9) S. Munde, Dictionn. lll, p. 443.

un S. unten Anm. 30.

11) Ps.-Averr. (warum ich diesen Autor als Pseudo-Averroes bezeichne, s.

unten Anm. 289.) ‚Ouacs. in Prior. Resolut., f. 366. r. A. (ich citire All dieses

nach Arisl. Opp. laline‚ vom 1552): Nun es! iss. Aristoteles) debilioris considera

linnis inter homines ccl minoris scienliae, quam ille, qui dubitat contra ipsum et

in suo lraclatu respondet per id, quod ci cidetür, el praecipuc quundo non est visum

im, qui cum praecesseril, prout invenimus fecisse Acicennam in omnibus suis tibris,

et deterius, quod hic noi‘us fecisset1 csl det-iare n sua disciplina et progredi alio

itinere praeter suam vium, ul wnlingit Alphamln'o in sua libro Loyicae et Avicennae

in eviemiis nalwalibus et divinis. Vgl. Anm. ea '

302 XVI. Alfnrabi. '

ziemlich hinreichend durch die häufigen Anführungen bei anderen Autoren

unterrichtet l2). “mäßig?

Alfarabi gibt der Logik eine Beziehung zur Ethik (vgl. Abschn. XI,

Anm. mm indem die menschliche Vernunft, g sie entweder bloss

innerlich in der Seele haften oder auch auss‘kglich im Wortausdrurke

zu Tag treten, jedenfalls ihre höhere und umfassende Function in der.

Unterscheidung des Guten und Bösen habe, und hiemit die Wahrheit,

welche entweder in letzten unbeweisbaren Grundsätzen vorliegt oder

durch logische Erforschung erreicht wird, diesem Ziele dienstbar sei;

hierin auch erblickt er, insoweit die Logik auf den üusseren sprech

Iiclien Ausdruck eingehen müsse, einen Unterschied derselben \on der

Grammatik, welch letztere übrigens ausserdem auch nur auf die Sprache

Eines Volkes sich erstrecken könne, während die Logik den Sprach

ausdruck der Vernunft aller Völker betreffe 13). Und während so Alfa

rabi den Streit, ob die Logik ein 'l'heil oder ein Werkzeug der Philo

sophie sei (s. Abschn. IX, Anm. 5 ll'.)‚ als unnütz bezeichnet“), er

12)lch muss es allerdings sehr bedauern. dass ich des iussu-st seltenen

Buches „Alp/mrabii, vctastisximi Arislotelis interpretis. opera omniav quae latina

lingua tonscripta reperiri potncrzml. l’aris. 1638. S.“ (dasselbe befand sich nicht

einmal in Quatremi're's Bibliothek) trotz mancher Bemühungen nicht habhaft werden

konnte.

13) Vincent. Bellen. Spec. doch. lll. Z f. 39. r. B. (0d. Venet. 1591. f. Vol.

I): Alpharahius in libro de divisione scientmrum: Logtca intendit dare regulas, qu'

bus orationis veritatem deprehendimus vel intus rel apud alias vel alii apud aus;

non tamen ad veri/icandurn omnem orationem logicae regulis indiyemus; corum enimv

quibus ratiocinando utimurv quaedam sunt, quae probatione non egenl, in quibus

scilicet nullus error cs‘se potesl, ut „omne totum est maius sua perle“ (vgl. unten

Anm. 60.); alia vero, quae probatione indigentl quia potest in eis homo dea'pi.

Et ea quidem, de quibus fit probeha, duo ‚sunl, militet sermo in vore, ratio in

mentc; intcrpretatio vero fit ulraque. Unde i'd. quod verificat sententiam apud xe.

est logos fixe in mente, id null-mi quod rerificat eam apud aliuml est logos ezterior

cum voce; logos antem, qua verificatur scnlcnlia, vocabant antiqui syllogismum.

sive fixa sit in anima sive cæterio-r cum voca. intcrpretatio itaque logicac sumptu

est a summa intentionis naminis, quae triplex 2st,- Iogos enim. i. e. ratio, alia est

exterior cum voce, alia ita in animis. tertia vero est virtus creata in

homines quae disci-ruit intcr bonum et malum et scientias ac partes earum apprehen

dit . . . . .. Ouom'am igitur haec scientia dat regulas de logo exlcriore et interim-m

quibus cerIi/icalur, utrumque vero tertia logos regit et comprehendit id quod rectius

esti idcirco logica a logos secundum tros huius nominis intentionl-s derivatur. Omnich

autem plurcs scientiae den! regulas de logo ezleriorc, sicut grammatical haec lnmen.

quae dirigit ad illud, quod onmino necessarium esl, dignior est hoc nomina I‘ruc—

terea grammatica non dat regulas nisi de dictionibus logica vero non dat regulas nisi secundum quod coni-ilnt-rintuniinusdicgteinotniess toomntnuimu,m ym

tium. Uehrigens ist dieses die einzige Stelle. in welcher Vinccntius v. Beam'ais

auf dem Gebiete der Logik ein Execrpt aus Alfarebi mittheilt, während er in an

deren Theilen seiner Encyplopädie jenen Autor vielfältig benützt.

14) Atbertus Magma, ite pruedicab. l, 2. p. 3 A. comu ed. Lugduu. 1651,

fol. Vol. 1.): 11mm autem contcntionem (d. h.‚ oh die Logik Theil der Philosophie

sei oder nicht) Ariu'nnn et Al/urabins dicunt esse frivolam ct in/inctuosum Frivo—

lum quidem1 quia in contradicendo sibi intrntionem ad idem eodem modo dictum non

re/‘erunl; dicentes enim, logicum philosophiae partem non esse, realem et contem

plativam philosophiam vocanti cuntradiventes autem his et dicentcsy logicum partem

philosophiae esse, omnem romprehcnsioncm vvrilatis qualitercunquc erislcnlis, sive in

sc sive in nobis cognoscentibus vel operantibus, vocant philosopliiain. EI sic frivole

XVl. Alfarabi. sos

blickt er -— und hierin folgen ihm alle Araber -— die wesentliche

Aufgabe der Logik darin, dass man durch Anwendung derselben „von

Bekanntem aus zur Erkenntniss des Unbekannten“ gelange, und dass

eben liiezu die Bevveisführnng (argumentatio) das Werkzeug sei“).

lmlem aber das gesuchte Unbekannte entweder ein Einfaches timam

pleæurm d. h. ein Begrill') oder ein Zusammengesetztes (complexum,

d. h. ein Urtheil) sein könne, zerfalle die Logik eigentlich in zwei

'l‘heile, nemlich in die Lehre der Begritl‘sbestinunung und die Lehre

der Bewahrheitung, wovon jedoch der erstere 'l‘heil bei den Grierhen

felrle H1'). l). h. Alfarabi nahm in Folge jenes bei den Commentatoren

eingebürgerlt‘n Motives, dass vom Einfachen zum Zusanimengeselzten

aufzusteigen sei (Abschn. Xl, Anm. 1,22), Alles dasjenige, was im Or

ganon betreffs der incomplexa enthalten ist, nur als unerlässliche vor

hereitung zur Lehre von der Argumentation, welche sich auf die rom

plexa bezieht, und innerhalb der traditionellen antiken Logik hat ihm

das Urtheil nur mis Bestandthell des Syllogismus und der Begrilf nur

als Bestandlheil des Urtheiles eine Bedeutung; nemlich die Erwägung,

dass die Begriffe in dem Verhältnisse einer Unterordnung zum Urtheile

zusammengefügt werden, führt ihn zunächst zu den Universalien (d. h.

zur lsagoge) und zu den Kategorien und zur Lehre von der Einthei

lung, um hierauf die Modalitäten der bejahenden und der verneinenden

Aussage zu untersuchen; und da nur in solcher Form (d. h. im lndi

cativ) der Satz die Möglichkeit des Wabrseins oder Falschseins enthält,

so wird er nun Gegenstand der Syllogistik, welche eben darum auf

die zweifache Urlheilsform, nemlich auf die kategorische und die hypo

thetische, hingewiesen ist und in entsprechender Weise auch zweierlei

Syllogismen zu entwickeln hat; indem aber zur Beweisführung zunächst

dle Auffindung der erforderlichen Gesichtspunkte gehöre, ergebe sirh

die Nothwendigkeit der Topik (vgl. Abschn. Xl, Anm. 128), und inso

ferne hierauf zur Beurtheilung das Gefundene nat-h Form und lnhalt in

seine feste Grundlage aufgelöst werden müsse, reihe sich die erste

Analytik und sodann die zweite Analytik an; endlich aber, um bei All

diesem vor Täuschung gesichert zu sein, folge die Kenntniss der Sophi

coruendunt mm ad idem suam referenles intentionem. ln/‘ructuosu etiam huius con

tentioy quia de proposita nihil declarat intentione.

15) Albert. M. ebend. l, 4, p. 5 8.: Argumentalio igitur logici instrumentum

esl, logica autem generalis vt docens de hoc est ut de subiectol per quod ulcus lu

yitas in scientiam venit ignoti per nulum; argumentativ igitur logicac docentis pro

prium xubiectum cst. Et haec est trium philosophorum seulentirzj Avicemme scilirel,

Af/arabii et Algazelis. ‘

16) Albert. M. ebend. l, 5, p. 6 A.: llioisio autem logicac et quae sunt pom-1

ipsiusy ut dicunt Avicrrma et Alfarallius, accipienda sunt Logica intendit docere primipia, per quae per id, quod neost: uimnte2nstti,onedeviepnsiiruis potest

in t-ognitiotwm iyrioti; es! autem aut incomplezum. de quo quaeritur. quid stf, aut

romph'zum, de quo quuen'tur, an verum vel falsum stl lslav ergo sunt duae

partes logicue; una quidem, ut doceantur principia, per quae sciatur dif/initio rei

et quiddilasg altcra vero. ut doceantur principt'a, qualiter per urgumentalionem

probatur orationis veritas vel falsitas (vgl. Anm. 60.) Sed prima harum par

tium vel ab antiquis non tradita est, vel ad nos non perveliit; hanc etiam partem

dicunt Avicenna et Al/arabius ad Arabes non peraemsse.

‚Af___

304 - XVI. All'arahi;

stik ny Doch knüpft sich hieran aurh novh die Berücksichtigung eines

dem Beweisverfahren nachfolgenden Momentes; nemlich in ähnlicher

Weise, wie wir solches bei den griechischen Commentatoren tral'en

(Absehn. XI, Anm. 1221), wird auch hier darauf hingewiesen, dass

die ganze Theorie der Argumentation sich je nach dem Stoll‘e modi

ficire, indem sie in anderer Weise bei den erdiehteten Begrifl‘en der

Poesie und wieder in anderer Weise in der Rhetorik auftrete, was

seinerseits mit dem Gegensatze zwischen Wahrscheinlichkeit und Noth

wendigkeit zusammenhänge 18). Ja, was diese Bezugnahme auf Rhetorik

und Poetik betrill‘t, so müssen wir bedenken, dass nur aus eben jenen

Auffassungen der Commentatoren der Umstand sich ergab, dass die

Araher (hesonders Averroes) ihre Erklärung der aristotelischen Rhetorik

und Poetik enge an das Organen anknüpflen (vgl. Anm. 51). Eine nns

17) Ebend. c. 7, p. 9. B tit Sicut autem togicus docens quaerere scientiam

incamplczi docet instrumentuml quo accipiatur nolitia illius secundum dif/initionem

et ea, quae ad diffiniliom'm faciun!‚ et quae dif/initioncm circumslanl, et quae dini

nitioncm prr/iciuntl et quae di/finitionem mutantj - sic docens accipere scientiam

complecti docet syllogismurnl qui est illius proprium instrunientumy ct docet alias

species argumentationum et principia syllogismi et ea, quae circumstanl ipsum. et

partes e! materiam in qua poni potest forma syllogisrnil et aliarum argumcntationum

fomms, et quae syllogismum immulanl. E! idea ea, de quibus liabct tractare logicus,

secundum ista diuiduntur et multiplicantun Eius compiczi, cuius potest acripi scien

!ia, non est di/farcntial quia sola indicatioa oratio m, cuius est esse verum vcl

falltun; et ideo tantum illius scientia potest accipi Sed haec est duplex, cate

gorica scilicet et hypothetical sivc, ut Arabcs dimm, emmtiatio et coniunch'a, propter

quod duas species docet constituerc syllogismorum, quamvis hypotheticus ad

catcgoricum habeat reduci. fonstructio autem syllogismi dupliciter fit, ad in

veniendum scilicet et iudicandam lnucntio autem esse non potest nisi per habitu

dinem noti ad ignolunt. quae habitudo topica est et in Topicorum scientia docetur.

iudicandi autem scientia per resolutioncm inventi im, quod resoti-itur aut in fonna

lia syllogismi principia aut materialia. quae sunt principia certi/icantia rem per hoc,

quod sunt causae eins, quod sequitur.... E! duae samt. partes, Priorum scilicet

Analyticorum ct Posteriorum Analyticorum Nc autem fia! deceplio circa t'a, quae

dictu saut, inventa est scientia de sophislicis elenchisg adhuc autem nc fiat impe

dimentum ex parte eins, qui quaerit accipcrcl inventae sunt cautetae tcnlatoris .

Ouia vero syllogismus non scitur. nisi sciuturl ex quibus et quot ct qualibus est et

qualiter coniunctusv ideo habet agere logic-us de cnuntiatione et partibus e! qualita

tibus ct compositione enuntiationisp- non autem potest sic ex uno in aliud discurrere

ratio, ‚ ‚...nisi accipiamr, unum-esse ordinatum ad aliud per se vel per Maidens;

ordo autcm est prioris et posterioris secundum naturam vel cssev et sic accipitur

universale e! particulare per se vel per accidensl et sic inuenit modum pracdicandi

unum de altero vel 1wgandi. E! quoad ordinem inventa es! scientia uuiuersalitnn

r! scientia pruedicameutorum, c! quoad modum edicendi unum de alio inventa est

scientia divisionurng rationis enim opus est ordinarlr, l'omponere, colligere e! resol

rcrc ea, quae collecta sunl, qua opere utitur quasi instrumenta in accipienda scien

!iam, quando procedit a noto ad iynotum ilac igitur sunt partes togicae. quae

generaliter habent docere modum accipiendi scientiam dc quolibet scibili incomplezo

vel complezog et hoc iam ante nos determiuavit Al/arabius.

1b) Ebend. p. 10 B. (l'orlgelahren): llic tamen modus secundum materiam. in

qua ponitury varialur secundum diversitatem materiam in qua quaeritur srientiag

nam in sermocinalibus aliter est in granimaticos aliter etiam est in poetira,

quae ex fictis e! imaginationibns movere intcndit et aliter est in rhetoriris,

quae dicendi doceat copiam ad pcrsuadundum iudicem . Elcm‘m in rentibus scien

tiis.aliter est in probabilibus at aliter in neccssariis et demonstrativis et alitcr in

coutectantibus.

XVl. Alfarabi. 305

1.»

anderweitig aus arabischer Quelle mitgetheilte kärgliche lnhalts-Ueber

sicht der Logik nach der Auffassung des Alfarabi sieht von den auf

das Wahrscheinliche bezüglichen Theilen (Topik, Sophistili, Rhetorik),

sowie auch von der lsagoge völlig ab, stimmt hingegen im Uebrigen

mit dem so eben Angeführlen überein 19).

Folgen wir nun dieser Gliederung des 0rganons, so müssen wir

zunächst es als unzweifelhaft bezeichnen, dass Alfarabi sich auch mit

dem lnhalte der lsagoge beschäftigte, denn bei der bestehenden illei

nungsverschiedenheit, ob dieselbe ein „Theil“ der Logik sei, entschied

er sich für Bejahung dieser Frage 20). lnsoferne mit den quinque vom

der Begriff der now significau'va formari szmmmj, s. Abschu. Xl,

Anm. 64) in Frage kam, unterschied Alfarabi auf Grundlage der grie

chischen Commentatoren eine fünffache Function der Bezeichnung der

Worten). Was aber die bekannte Kernfrage über die Universalien

betrifft, so finden wir bereits hier jene Verbindung des PlatonismUs

mit dem Aristotelismus, welche bei den Lateinern durch arabischen

Einfluss eine bedeutsame Quelle neuer Controversen wurde; nemlich

schon Alfarabi erkennt an, dass das Singuläre nicht bloss in der sinn

lichen Wahrnehmung sich finde, sondern auch im Denken (inlelleclus)

erfasst werde, und ebenso ist ihm das Universelle einerseits für die

sinnliche Sphäre ein den Einzeldingen Beigemischtes und andrerseits

ein Erzeugniss der Uenltkrafl, welche es aus der Erfassung des gleich

artigen Vielen als den einheitlichen Grund heraushebt”). Und wenn

19) Bei Schmölders, vocum phil. arab. p. 24 f.: Hatioct'nalio ca: duabus rebus

coustat, quarum altera est de praenzimilrl quibus ratiocinatio i'fficitur, allem vero de

figura, ad quam raliocinatio componilar; harum rerum doctrinam proecipit liber

Jivulvnxüw. f’raemissae raus/um ex laminis et figuris (das Wort figuris scheint

Scbmnlders in ungenauer Weise zur Uebersetzung gewühlt zn haben, denn wu'

erwarten eher ['ormis). quae ultimac sunt orationis porles. Berum, quas oratio ea

pom‘l, aimplicium decem sunt geilem, quae ex Aristotelis libro llo pruediramenlis

petenda saut; pracmissarum figurac ezponuntur in libro llegl in qwt'ag: prac

missae disemdoe sunt ea eius libro De demonstratione (d, h. aus er zweiten Ana

lytik). Hi libriv priusquam fngiroe opera navalurp legantur oporlel.

20) Averr. d l’orph. f. 10. v. A: Non oideo, hoc introductorinm esse neces

sarium pro initio sumenda in hac arteg nam non est pars huius um's; Aba

nazar vero videtur velle, quod n't pars eins.

21) Albert. M. lie praedicalL l, 5, p. 6 B: Legion considerat de oooe

signi/inutile ad plaoitam, et quid et qualiter significel, quod antiquiores Pen'putetici.

ut dicunl'Al/arabius rt Algasel in quinque mollis dislinzeruul. Primo quide et

principaliter dictio significat i'd, ad quod prima institutione signiflcare es! institutu.

ut homo hominem Secundo modo ...., quod ex consequenli supponitur in ipsa,

sicut domus signifirat fundamentum et parielem ratio mado, quando res comi

talur signifirationcm ipsias‚ sicut si partes est, fundamentum uuartn modo unum cst in intellectu allerius, siout homo signeisfisceal saignniimfaiclat ..

Quinte sicut oppositio significat oppositionem, sicut tlixgrcgatio albi significat

ugyreyationem nigri

22) Ebend. Anal. post. l, 1, 3, p. sis B: vicit enim Alfarobiusr singulare

quoddam in xensu cst, quoddam in inlellrclu; singulare quidem in sensu est mute

n'ale occidente proprio et incommulabili determinalum; singulare autem in intellectu

dicit hanc fonnara ab hoc singulari abstractam, quae es! in animo ucoidens, quod

vocatur habitus vel dispositio . . . . .. Universale autem in sensu dicit Alfarabius eo,

quod in singulari est nuatum rt con/‘usum, quo hic homo es! homo, . . . . ‚.univenale

Piunhq Gesch. ll. go

sos XVI. 'Alfaru bi.

die Frage, ob das Universale in seinem Ansichsein das nemliche sei.

wie in seiner Vervielfältigung in der Erscheinung, dahin beantwortet

wurde, dass es weder völlig das nemliche noch auch völlig verschieden

sei‚ sondern der Unterschied nur in der Form der Bestimmtheit (deter

minatio) liege 23), so konnte nun ebenso im Sinne eines aristotelischen

lntellectualismus gesagt werden, dass das Universale zugleich in multis

und de multis sei 24); und hiernach ist es nicht auffallend, wenn uns

berichtet wird, dass bereits Alfarahi jene dreifache Unterscheidung in

.‚cmte rem“, „in re“, „post rem“ ausgesprochen habe, welche wir unten

(Anm. 177 tl‘.) aus Avicenna anführen werden‘zs). ln der Erörterung

über die einzelnen fünf Worte hat Alfarahi oll‘enbar den Grund zu jenen

zahlreichen Zweifeln und Controversen gelegt, welche wir bei anderen

Arabern (besonders bei Avicenna) antreffen, so z. B. was die Def

nition der Gattung 76), oder was einen Verwandtschaflspnnkt der

Gattung und des Unterschiedes betrifft”). oder in der Frage über

eine doppelte Bedeutung der Speciesy je nachdem man in derselben

dle Unterordnung unter die Gattung oder das Moment der Specialisirun'g

bervorhebe‘"), oder insbesondere in den Untersuchungen über das

Accidens nicht bloss bezüglich der Feststellung der worlhedeutunglmj1

autem in intellectu dicit id, quod in universalitate ex singulis apprehensis agit

intellectus est hoc, quod unam rationem videt in omnibus singulariter apprehenSia

quae sunt unius generis et speciei E! hanc opinionem videntur approbant Avicenuu

et Alyazel et quidam alii.

23) Ebend. De praedicub. ll, 5, p. eo B: Si autem quaeralur, utrum idem

esse sitl quod universale habet per se acceptum et quod habet determian et par

ticutatuml direndum, quod nec idem omnino nec diuer-sum onnu'no; sed idem vel

unum dupticiter; in substantia enim idem ext, duplex autem ut idem et unum in

determinatum et determinatum. E! haec est solatio trium philosophorumy Avtcennae

et Alfarabii et eiusdem ioannis grammatici apud Araber nominati ’

24) Ebend. ll, 5, p. 19 B: idem probatur per di/fim'timtem universalia tum er

Aristotelix verbis quum ex verbis Avicennae et Al/arabii. Es! cnim universale imum

de multis et in muttis; xi autem es! in multisl non habet esse separatem ab illng

et ideo dicunt, quod universale ext, quod est aptum esse in multis et in hoc diflcrt

a singularL

25) Ebend. IX, 3‚ p. os A: Attendendum autem est‚ quod omnia quinque tn

pliaiter eousidarari possunt (p. ga B) ut dicunt Aviccnna et At/arabius.

26) Averr. ad Porpli. f. 2. r. B: vero diffinitio generis est. quod eas duobus

universalibus ipsum sit illud, quod universa/ius ext, per quod itcbel iieri responsio

ad interrogationem factam de aliquo re, quid xit. ut di/‘finivit ipsum Al/arahius.

vel quod sit i'd, sub quo ordinatu est species, ut dif/inivit ipsemet paulo ante.

27) Diverl. Aralmm Ouaesita, f. 380. r. B: Speculemur sermonem At/arattii

dicentis, quod genus et tii/ferentia conveniant in e0‚ quod utrumque eorum noti/icat

essentiam et substantiam specieiy nisi quod genus noti/icet substantium specieil in

qua conveniunt alial differentia vero nutifimt substantiam specieil qua determinat-ar

alt aliis.

28) Albert. M. Ue pracdicab. |V‚ 2, p. 37 A: Alfurabx'ux‘ et Avicenna duas .

hic inducunt quuesliones. una quidemy quia cum duae sint assignationesl una spe

ciei subollemae, altera speciei xpecialisximae, ad quam illarum nomen speciei prius

translatum sit altera autem quaexli'u ext, cum duae sint speciei diffinitiones,

secundum quum illarum species ext universale unum de quinque universulihus.

29) Ebend. Vll, l, p. 74 A: Avicenna dicit. anhquox, qui de quinque tracta

remnt eniversalilms, esse diminutos, qui descriptiones accidentis posuerunt1 ante

quum distinguere-nh in qua significatione accidens uccipitur, secundum quod est

f l hae-sa

XVI. Alfarabi. . am

somlgrn aucb in kritischen Zweifeln über die Angaben des Porphy

rius o).

Was sodann die Kategorien betrifft, so scheinen bei Bespre

chung der Einleitungsworte über die Verhältnisse des Ilomonymen,

Synonymen u. dgl. die Araber überhaupt sich an Porphyrius (s. Abschn.

XI, Anm. cap angeschlossen zu haben und hiedurch dazu gelangt zn

sein, die „analogen“ Begriffe als eigene Species zu zählen 3I). In dem

wichtigsten Theile aber. nemlich in der Erörterung der Kategorie der

Substanz und ihres Verhältnisses zu den übrigen Kategorien, waren ja

die Araber durch ihre Kenntniss der gesammten Schriften des Aristoteles

und insbesondere der Metaphysik wesentlich unterstützt und konnten

daher Erklärungen beibringen, welche dem tieferen Sinne des Aristote

lismusdreu blieben. So hat schon Alfarahi völlig richtig gegen die

Auffassung polemisirt, dass das „ens“ über die Substanz hinaus als der

oberste Gattungshegrilf zu betrachten sei (Abschn. VI, Anm. 76 lI‘. u.

Abschn. XII, Anm. 89), weil bei „cm“ nicht von einer Auffassung einer

Gattung innerhalb einer Species, sondern von dem sctnellen Dasein

überhaupt. die Beile sei 32), und ebenso konnte in aristotelischer Weise

(s. Abschn. IV, Anm. 473 ff.) das eigentliche Wesen der Substanz in

jenes begriffliche Was (quid) verlegt werden, welches darin eine ge

wisse Aehnliehkeit mit dem Stoffe besitzt, dass es in individueller Deter

mination erst das Ziel und die Verwirklichung seiner Bildsamkeit er

reicht 33)‚ womit sich dann desgleichen eine richtige Auffassung des

unum quinque universalium (p. u B.) llestat ergo quaestiu, quid sit accidensy

secundum quod est unum quinque universali-uini secundum Avicummm ct Alfarabiunk

(p. 75 A.) Tale ergo universale pruedicabile dc multis per hoc, quod nulla

totius est sub esse accidentali huius accidentisl ut dicit Al/nrabtus, est universale

quintuml quod vocatur accidens . . . . .. bicit Avieevinu, quod accidentale his accidens

oocutur, quando accidens quintum universale dicitur esse.

30) Ebend. VII, 2, p. 76 B: Assignaliones accidentis datae a Parphyria et ab

aliis Peripatclicis multipliciter dicuntur esse vitiosae et reprehensibilcs et dicta de

accidmte, praut universale est, ab Aviccuna et Algazete et Alfarabio ct Jacob fitio

Alchindi‚ minus veritatis habere et esse multipliciter imper/‘ecta, in quibusdam non

nam et in quibusdam imperfecta et in quibusdam ad rem non pertinentia

31) Ebend. l, 5, p. 7 B: you significattvae accidunt qntnqne, scilicet

quod sit univoca et quaedam diversivocu, quaedam autem nmllivuca, etiam quaedam

aequivora, quaedam vero analoga sive proporlimtu, quae apud Arabes vocatur con

mrentia.

32) Ebend. IV, 3, p. lll A: Si quis autem imtet et dient, quod substantia

habet superiusg cus enim est ante substantiam per intellectum, quia omnis substantia

est am. sed non onnu- ens est substantie, . . . . .. ad praesens su/‘ficiat, quod cum ens

praedicatur de substantia vel res vel unum vel ali-quidy non praedicatur praedicatione

yeneris, cum non sit una ratione praedicatum de his, de quibus pruedicatur, scd

per prius et posterius; sed talia pracdwantur praedicatione principii, non generis.

Et hoc probat Aoiccnna et Al/arabius et Alyazel et omnes Arabes sie: chuitur enim,

si lunno est, animal est, et si animal est, corpus vivunt 2st, et si vivam 2st, cor‘

pus est, ct xi corpus aal, substantia csl, propter intellectum genu-ix in spacio Seit

non seqm'tur, si substantia ext, ens ext, quta, sive sit aliquod siue non, semper

genus sequitur ad speciei positionem; cum autem dicitur ens absolute. non in

telligttur nisi om actu erislens, i-t idco non suquiturl si substantia est, ens ext,

quia esse ens accidit omni et, quod est.

33) Ebend. De praedictam II, I, p. toti A; Principia autem substantiae pra

20'

308 XVl. Alfarabi.

Entblösstseins (privaten, s. Abschn. lV, Anm. 401 ff.) verbinden konnte,

insoferne dasselbe zwar nicht an sich schon als artmachender Unter

schied bezeichnet werden kann, wohl aber in Folge des sprachlichen

negativen Ausdruckes diese Funclion erhält“). Folgerichtig ist es auch.

wenn bezüglich der Kategorie der Relation, welche am weitesten von

der Naturbestimmthelt entfernt liegt (Abschn. IV, Anm. 313 n. 533),

der blass subjective Standpunkt des vergleichenden Denkens hervorge

hoben wird 35). Hingegen entschied Alfarahi die bei den Commenta

loren vielbesprochene Frage, unter welche Kategorie die Bewegung

falle (Abschn. XI, AnmfilöO), auf Grundlage jener dortigen Contro

versen dahin. dass sie zu den Kategorien der Substanz, des Wo, der

Qualität und der Quantität gehöre 36). .

Auch in der Lehre vom Urtheile, d. h. dem Buche De interpr.‚

werden wir den Alfarabi wohl nur als einen (lommenlator betrachten

dürfen. So unterwarf er z. B. die Definitionen des Nomen“) und

des Verbum”) einer kritischen Exegese, oder besprach die Bedeutung

des l'rädicates als das Verhältniss einer liegrilflichen lnhärenz im Sub

pria sunt i'd, quod est quid et formabilty quod est non materia quiderav sed mate

riae proportionem habens in eo, quod sustinet se fonnans, et in eo. quod formabilc

est; et secundum principiuma quod cst dans esse habens proparlionem ad actum [or

mae, qui est determinare ad esse et fim're et distinguat-n sicut dicunt Avicenna et

Al/araln'us. Haec oultum quae dicta stmt, valde notanda sunt, quia solvunlur per

ea multae quaestiones.

m Ebend. De pracdicab. V, 7, p. 66 A2 Onamcis em'm, sicut dicit Ariccuua

et Alfaraln‘us, irrationale et alia similia privativa vel negativa accepta non dicont

vero nomini- dillerenliasl eo quod differentia nonnlsi positiva polest signi/icari Iamcn.

quia propria nomina differentiarum non habemus, unam notam differentiam ponimas,

et aliam pcr privatlonem eiusdvm signifiramas. quae cs! spe-civi snballernae, quw

ponitur sub genere.

aai Ebend. De praedicam. l\', 1, p. 141 A: Aricenna et Alfarabius dirant,

quod nulla forma, quae sit aus, est in re, quae non sit absoluta secundum esse,

quod habet in ipsa; sed comparatiu, quae fit rerum ad invicem secundum

formas quae sunt in rcbus. fit actu rationng comparationis ergo forma, quer

es! in his. quae sunt ad aliquidy non est res, sed ratio, ul nidelur.

36) htm Gerson, Pmedicarn. f. 24. v. A: Sunt quoque aliqui, qui putanl.

quod agere et pati dicantur de generibus motus tantum. videlicet de motu, qui es!

in substantia et in ubi et qualitate et quantitatev .. et videtur esse sententia Af—

farabii iudicio meo.

37) Divers. Aral). Oaaes. f. 381. r. B: Dif/inivit Arislotcles nomen in libro

l'eiiherrnenias, quod sit dictio significans impositione abstracto a tempora el

dixit Aliunazar Alfurobiuss omnes ezposilores convcnaruntg quod adiectio dicti nirn

positione“ sil super/lau, ex quo dictio non significat nixi imposilionei et ideo dixe

timt, quod per dictionem hic ille intellexerit vocem . . . . .. Abunazar vero dimit, quod

delult-ril ilfam, quia aliquando vocantur etiam multa, quae canit animal , dirtionnx

oh esse illorum expressionem proximam ezprcstioni dictiannm hominis.

aaj Albert. M.‚ Perilierm. l, 3, 2, p. ess A: Hacc autem diffinitio verbi ab

Al/aratn'o sic ezponilurl quod contigui/icare tempus dicit duos unum n: intentione

principali et alterum ez consequcnlig ex principali intentione consi'gm'ficare tempus

ilii-ity quod non est signi/icare tempus rel significare rem, qmzc necessario est in

tempor-el sed per modum, quo cum tempore, h. c. per modum agere t'el moveri ..

Ex coriannenti dicitur hoc, quod praesuppom't, xcilicel quod verbum est vor: signi

ficaliva ad placitum. quia, ul dicit Avicemm, oarlmrns quod hoc modo consignihtal

rum tcmporc, non habet 0.1: se, sed a placito imponenlis.

arat- b ‚’— ‚A i ds

XVI. "All'arabi. 309

jecte 39), wobei er sowohl auf jene nemliche Schwierigkeit stiess, nnt

welcher schon die älteren Lateiner Abschn. XlV‚ Anm. em sich

bezüglich eines aristotelischen Beispieles beschäftigt hatten 40)‚ als auch

aul’ jenen Ahweg hinwies, welcher sich üll'net, sobald das im Urthcile

versteckt Enthaltene sanimtlich ausgesprochen werden wolle“). An

dere Controverspunkte scheint er hauptsächlich bei Gelegenheit der Syl

logistik erörtert zu haben.

--'r‚lll50l‘0l'lle er aber sodann die Topik als die Lehre von der in

ventio noch vor den beiden Analytiken behandelte (s. Anm. 17). so mag

es‘genügen, zu bemerken, dass wir auch bezüglich dieses Zweiges der

Logik durch Cilate Anderer Notizen über eine connnentirende Thatigkeit

All'arabi’s besitzen 42).

Was sodann die erste Analytik betrill‘t, so müssen wir zu

nächst ein äusserliches llloment erwihnenv welches zwar allerdings den

All‘arahi weder allein noch auch als Araber berührt, sondern in der

lateinischen Uebertragung arabischer liitteratur überhaupl liegt; wir

linden neinlich in jenen Ueberselzungen bei Erörterung der Syllogismen

neben der üblichen Terminologie „proposili'o“ häufig auch das Wort

„pi'aemissa“ angewendet, welches sich in der ganzen vor-arabischen.

Litteratnr der lateinischen Logik nicht findet“). Der Inhalt hingegen

der ersten Analytik bot, sowie bei den griechischen Connnentatoren,

so auch hier nur in wenigeren Punkten eine Gelegenheit zu Meinungs

verschiedenheiten dar. Solcher Art nemlich war zunächst die Frage

über das victum de omni und victum de nullo (Abschn. lV, Anm. 538),

welches Allarabi in einheitlich gleichniässigcr Weise bei allen Urlheils

formen, d. h. sowohl bei den Urlheilen des Stattfindens als auch bei

jenen der Möglichkeit und der Nothwendigkeit, als den Kern der ge

salnlnlen Syllogistik betrachtet wissen wollte ut llieran aber schlossen

39) Ebend. lte pracdicah. Vlll, 8, p. 86 B! bicunt Aricenna ct Algozcl, quod

hanc semper aera cst „Socrates es! homo" et haec „homo est ani-math et omnis

illa preposilio, in qua praedicatum cst de ratione subiecti et clauditur in intellectu

eins. Ebend. De praedicum. Vll, 9, p. 184 A: EI hoc manifcstum ut per Aaicen

nam et Algazelem et Alfarabium dicentesl sicut verum cst, quod quando praedicatum

roncipitur in ratione subiectil talis propositio vero est sive re existente sive non

cristenth

40) Ps.-Acerr. Ouaes. in Perihem. l‘. 361. r. A: Exemplum ilh'us, quae rc

ri/icntur composita ct falsi/icutur dioisa. 0st, prout dicimus „Numerus est perle“,

quia res conneza non sit opposita rei. cui conncctiturv nec in potentia nec in

1mm, sicut est oppositio nominis hominis ipsi mortuol et secundum hunc intellrctum

sermonis philosophi hoc loco convenerunt omnes z-zpositoress prout retulit Aricenna,

et haec ipsa cst opinio Alrnnazarl sicut videtur dc suo sermone in libro Elen

(herum.

41) Albert. M.‚ Pm‘hemi. II, l, 5, p. 276 A: Ouorlsi de composita componentia

divisim praedicantur. deducetur ad nugationcm implicitam . . . . .. Si cnim sic

dicatur nSocrutes cst homo", per hoc quod dico „lmmo“, ponitur et bipcsg et bipex

otium addilnry ergo Socrates est homo bipcs bipcsg similiter Socmtcs ut homo

homoy et sic in inlinitunL Et scias-1 quod hunc modum sic ponit Al/orabiusj

42) Averr. Top. l. asa r. A und f. 298. v. B, sowie Ps.-Awrr. Epilomc l'. aiu

v. A u. l. asa v. A (warum hPaeudo-Averroesuv s. unten Anm. 290).

43) Das Wort „pi'ucmism“ s. z. B. Anm. 4B, illth 365 u. s. l.

44) Ps.—‚lverr.‚ Oiuies. in Prior. Resol. l'. 367. V. A: credidit Abunazar. prout

310 XVI. Alfarabi.

sich sodann auch Bedenken über das Verhältniss eum in welchem das

Urlheil des Stattfindens zu den beiden übrigen Arten stehe. ob die letz

teren in ersterem bereits versteckt enthalten seien u. dgL, wobei auch

die einschlägigen Stellen aus der Lehre vom Urtbeile (Abschn. IV,

Anm. 278 l'.) in Betracht kamen m Ein fernerer Gegenstand der Con

troversen, in welchen Alfarabi erwähnt wird, lag in der Umkehrung

der Möglichkeits-Urtheile und der Notliwe||digkeits-Urtheile 4"), sowie

m der Entwicklung jener Sehlussl'ormen, welche sich aus Comhinalionen

der drei Arten der Ui‘theile ergeben“). Wichtiger jedoch als diese

letzteren bloss exegetischen Bedenken ist die Auffassung All'arabi’s be

züglich jener Stelle, in welcher Aristoteles von den Voraussetzung

Schlüssen spricht (Abschn. lV, Anm. 580 HI), denn crklärlicher Weise

spielte hier die gesainmte Theorie des hypothetischen Syllogismus, wie

sich dieselbe seit 'l‘heophrastus und Eudemus entwickelt hatte, mit

herein. Und so beansprucht denn auch Alfarabi eine gleichmäßige

Geltung der aristotelischen lletinition des Syllogismus sowohl t'ür die

kategorische als auch l'ür die hypothetische Form desselben, indem in

beiden Formen die Stellung und Bedeutung des Untersatzes wechsel

' seitig eine völlig proportionale sei; jedoch hält er dabei die Bestimmung

als wesentliche lest, dass die hypothetische Form nur dann wirklich

als Syllogismus zu bezeichnen sei, wenn der Untersatz (und hiemit

auch die syllogistische Verknüpfung) nicht schon an sich selbst bekannt

sei, sondern erst als neues Verbindungsglied hinzukomme 48). Wenn

videtur et eius sermoue, quod conditio ipsius „dici dt omm'“ communis huic libro

si!‚ quod A dicatur affinnative vel negative de inesse vel necessario ein! possibili de

omm eo, quod sit B in actu aut possibititer aul necessaria Ebend. l‘. sua v. A.

-Averr. Privr. Resolut. l. 65. v. B: Et hoc 0st, in quo dircxit Alnmazur mentem

suum contra Aristotclem.‘ non es! conditio dicti dc omni in omnibus tribus pro

posüinm'bus, h. es absoluta rt nvcessaria et possibilij uua. veluti existimavit Abuna

mia Gleichfalls nber das dictum de omni ebend. l'. 72. v. B. u. l'. 106. r. A.

45) Ps. Avcrr. a. n‚ 0. f. 364. r. A: Ouue vero propositio sit propositio de

messe, etpositores quidem contcndun! in hoc. Uuidam enim ipsorum dictum quod

ille voluerit per „de inesse". quod praedicatum insit xubiccto absolute, et quod haec

conlinea! necessarium ct possibilc c! ens in actul et hoc tinxit Alfarabius, quod esset

opinio Themish'i et Ammouii . ille Alexandra vero finxit Al/arabius. quod inten

derit per enuntiationem de inesse illams quae inest in actu. quae est naturae con

Iingeiitis, qua est universalis tempore sensato, prout dicimus „omnis immo nunc es!

albus". hoc enim non es! impossibile Alexander vom, prout concepit de eo

Alfarabius, dicil, quod intt'nda! per absolutam ipsum (d. h durch das Urtheit‚ in

welchem die Modalität nicht ausgedrückt ist) absolutam secundum dictionem et non

secundum signum, sicut dicit ibi Alfarabius.‘ absentia modi esl indicium modi. Vgl.

ebend. l. 362. r. B u. f. 366. r. B. Was hierüber bei Averr. Prior. Resol. t. 68.

v. A u. l. 74. v. B sich lindet, gehört zu jenen verzweifelten Stellen, in wel

chen die Uebersetzung schlechthin sinnlos ist.

46) I’s.-Averr. Quaes. in l’riur. Resol. l. sua r. A (s. Absebn. IV.

ses tl‘.)‚

Anm.

47) Ebend. l. 365 i‘. B. u. l. 370. v. B.

48) Ps.-‚tverr. Ouacs. m Prior. Resol., l. 368. r. A: arca hoc autem ut

non parvum dubium, nom ium ymtalur, quod dif/initio syllogismi simpliciter ron

rludot ambos cyllagismos xlmul ‚ h. e. aalegoricum et condi'ti‘onalcm, quia sicut in

syllogismo categorico ponuntur duae pmcmissae e! r: eis inferlur alia ros ueceuario.

tic etiam in syllogismu conditionali ponunmr duae prae-missam quarum una est con

myp—Mmmi“

xvi Alfanh‘r. " " i au

aber sodann auch noch berichtet wird, dass All'arabi manigfache Be

denken über die aristotelische Begründung der lndin-‚tion (Abschn. lV,

Anm. 642 ll'.) genua-sen habe 49), su dürfte auch hieraus hervorgehen,

dass derselbe in solch principiellen Fragen, zu welchen auch jene üher

die Berechtigung der hypothetischen Syllogismen gehört, sich durch

den Standpunkt der Commentatoren (s. Abschn. Xl, Anm. 166 und he

züglich der lnduction ebend. Anm. 160) zuweilen zu unaristotelischen

Annahmen verleiten liess (vgl. oben Anm. 11).

Seine einflussreichste Schrift aber war entschieden die Bearbeitung

der zweiten Analytik, auf welche unter dem Titel „De demon

curationeu häufig verwiesen wird, wenn auch Einige dieselbe für un

vollendet lnellen“). Den Anknüpfungspunkt der zweiten Analytik an

die erste fand Alfarabi darin, dass nach der Darlegung der Formen des? ‘

Schliessens nun auf den Stoff übergegangen werden müsse; indem aber

dieser in den Urtheilen liege, sei zu erwägen, dass die Urtheile in

fünf Unterschieden — was in ächt arabischer Weise durch Verglei

chung mit dem Golde klar gemacht wird —— sich von dem schlechthin

Wahren zum schlechthin Falschen abstnl'en, und dass alle diejenigen

Urtheile, deren Wahrheit nicht bereits feststeht, sondern erst auf dem

Wege der Dispnlation gefunden werden soll. abermals eine Mannigfaltig

keit von dreizehn Abstufungen zeigen, von welchen jedenfalls die fünf

höheren Grade in dem demonstrativen Wissen ihre Verwendung und

Formirung finden; kurz die Wissenschaft der Beweisführung (s. oben

Anm. 15) müsse eben auf die verschiedenen Arten der Urtheile, welche

in den verschiedenenAZweigen des Wissens ausgesprochen werden, als

‚es

a "i:

ditionalis et repetita est cutegun'ca. Ac etiam in icientiis ium reperiuntur multa

quanitu, quae ostendunlur per syllogismum oonditionalem simplirilan EI proindr

uil Almnazar, quod proportio partium illoruml qui contexuntur ez demonstrationibua

roriditionatibus, in't proportia partium illorumy ex quibus contemnitur categorici. et

dixit in libro I’riorum Anatylicorum, quod syllogismi qui componunlnr per locum

lufrrentiae conuexiouis, sint conditionach et ostendit, quod haec loca sint

demonstrative, ....cl sic de reliquis tocis, ca; quibus contestantur syllogismi couj

dilionali's. folum itaque hoc 0st, quod dubilalnr circa hunc sermonem. Ouod oide

tur autem c: intentione Abunuzar c! Avicennue, est, quod ipsi coucedanl, quod dil

/inilio syllogismi simpliciter contineat ambos syllogismus . . . . . . . .‚ (f. asa v. A.)

Uuidam syllogismi sunt orationes proeedenles processn conditionis et illi sunt in rei

veritate syllogismi conditiunales, quorum repetitum et coniunctio est ignotag sequitur

autem Abunazur, quod non sit syllogismus conditionalis illc, cuius repetitum

sit per se nutum et coniunctio per sytlogismum. Vgl. Arcrr. Prior. Reset. f. 83.

v. A. .

49) Aven‘.'l’rior. Reset. f. ma v. A: Semmdnm hoc solvuntur omnes dubita

tiones, quas cst assecutus Alumamr.

50) Averr. Poster. Reanlul. f. 212 v. A: Ouod autem Almnazar non attigcrit

locum islum (d. h. Arist. Anal. posl. ll. 8.), manifestum utique per verba sua in

libro ipsius Ue demonstrationibus et ex verbis suis in libro Elementorum. (Jedoch

statt Slemcnlorwnv welches allerdings in den hierauf folgenden Zuilrn abermals

sich findet, scheint nach einem anderen Cilatc — s. dasselbe oben Anm. 40 -—

wohl litem/torum gelesen werden zu müssen.) Ps.-Arerr. 0mm. in Post. Resot.‚ f.

rns v. B: ratum anti-m hoc aigni/icut, quod liber Ahunasur De dernomtmtione mm—

dum fuerit complclus, nam potius putondum est hoc de Aburmzar, quam quod sit

putaudum, quod Ianwrint cum hoc rcs. Vgl. ebend. f. 374. v. B. lliezu den

Schluss der Stelle aus Albertus Magens in der folg. Anm.

e

am xvi Alfarabi.

auf ihren Stotl' eingehen, und darum folge auf die Syllogistik das demon

strative Verfahren“). lnsoferne aber hiebei nicht bloss die Urtheile

als Stofl‘ der Schlussforln betrachtet werden, sondern auch hinwiederum

der lnhalt der Urtheile selbst in Frage kommt, scheint Alfarahi hier

über das eigentliche Wesen der aristotelischen Apodeilitik aus dem

Gesicht verloren zu haben; denn er fasste die Urtheile nun nicht mehr

bloss nach jener Seite auf, vermöge deren sie in ihren verschiedenen

Formen auf verschiedene Weise zur Ergründung der Wahrheit benützt

werden, sondern er zog auch den sachlichen lnhalt derselben bei, in

welchem sie zu den Einzel-Wissenschaften verarbeitet werden, so dass

Manche sogar glaubten, Aristoteles habe den Einen der beiden Gesichts

punkte übersehen; und insoferne die zweite Analytik nicht hloss das

Verfahren des wissenschaftlichen Beweises, sondern hauptsächlich auch

das Wesen der Definition bespricht, verfuhr Alfarabi allerdings folge

richtig in gleicher Weise auch bezüglich der Definition, indem er neben

einer allgemein formellen Seite derselben eine specielle und auf die ein

zelnen Zweige des Wissens abzielende Fuuction des Definirens hervor

hoh; sonach also zerfiel ihm das bei Aristoteles zweigegliederte Ganze

in vier Gruppen 52). Sowie aber Alfarabi in solchem Sinne sogleich

sn Albert. M. Anal. past. l, l, 2, p. 515 A: Ouod autem iste liber immedi

ate sequatur librum priorum secunduml .. sic probant Avicenua et Atgasel et ante

hos Alfarabias. Scientia enim syllogismorum formatioa in figura et ordine prima

est inter scientiasl quae sunt de syllogismo. Propositiones enimy ez quibus fit syllo

gismus. ut dicunta ad syllogismum se habent in quinque ordinüms, ut quinque modis

se habet aurum ad artificiatum, quad fit ex auroy- materia enim syllogismi propo

sitiones sunt . . . . .‚ Sunl quinque ordines in auro, quod quidem primo in ordine

obrizum ezaminatum et depuratum, u s. f. .. Similitor propositio habet quinque

ordines .- in primo enim ordine est illal quae est vere credibilis sine dnbitatione et

deceptione in secundo ordine est propositio proxima veritatiy ita ut di/fiaile

accidat fallacia opinionis in tertio autem .. .. opinabilis opinione plurium non

sopientum in quarto verisfmv'les, quae cum dolo et simulatione occulta

habent similitudinem veramm in quinto ordine est propositio quae scilur esse

falsa vivamus igitur, quod omnis propositioj quae non est veritatis stabilitae.

sed sumitur ab opponentel in quantum conceditur a respondentcl dividitur in tredecim

partes, soilicet primas, quae sunt insensibiles ....‚ et in sensibiles et experi

mentales et in famosas ..... quae comeduntur magis amore boni quam veri . .

et in propositiones mediatas et ezistimativas et maximus ab omnibus con

cessas et syllogizotorins et receptibiles sua probabilitate et eus, quae

videntur esse maximale, non vero sunt . et putabites apud vulgus et imita

tarias oerorum et aperte falsas ‚ . . . .. (p. 516 B.) Et er. omnibus talium gene

rum propositionibus constitui-untur arqumentationes diversarum facultalum. quae omnes

sunt sub logica in genere acceptal propter quod etiam poetico secundum Aristotelem

sub logica generali continetur (s. oben Anm. 18.l; quinque autem species harum pro

positionurm scilicet primael sensibilesl experimentalesy fomasae et mediatue. con

gruunt demonstrationi in genere acceptao . . . . . .. (p. sn A.) Ex his omnibus putetl

ad quid se extendit logica in genere arceptal et quod immediate consequens scientia

ad scientiam de syllogismo simpliciter cst scientia demonstrative. Et haac, quae dicta

sunt, de scientiis Arabum sunt arccrpta, quorum commentum super hunc posteriorum

librum ex sententia Alfarabi Arabis ad nos devem't. Näheres s. unten Anm. 276 fl'.

52) Avcrr., Poster. Resolut. f. 127. r. A: lntentio libri est, speculari de de

monstrationibus atque de debuitionibus Demonstration" namque ez duobus con

sistunt. quorum unum est propoiitiones et hoc est, quod vicem obtinet materiae,

alterum vero est ipsarum compositio et hoc est1 quod vicem exhibet formae

—_‚—-.‚———‚N‚_‚-. bwh-.-- - _ u e - ‚21.-de

irv ' i __.

XVl. Alfarabi. 313

die ersten Zeilen des aristotelischen Buches exegetiseh erörterte“), so

hot sich ihm in jener Stelle, in welcher Aristoteles selhst zwischen

apodeiktischem Beweise und Syllogismus unterscheidet (Abschn. lV,

Anm. 651), die Gelegenheit dal‘‚ gleichsam eine Erweiterung und Er

gänzung der aristotelischen Lehre beizubringen; es seien nemlich jene

Erfordernisse, welche dort Aristoteles für das Zustandekommen des

apodeiktischen Wissens aufzählt, nur auf jener Betrachtungsweise be

gründet, naeh welcher der Beweis bereits als die potenzielle Entwick

lungsstufe der Definition angesehen werden müsse und hierin allerdings

seine edelste Function besitze (demonstrativ nobilissima)‚ denn nach

dieser Seite könne der wirklich apodeiktische Beweis an keine ander

weitigen Bedingungen ausser den von Aristoteles namhaft gemachten

geknüpft werden; hingegen ahet‘ enthalte ja der Beweis noch eine

zweite rein syllogistische Seite in sich‚ nach welcher er nicht Vor

stufe einer Definition sei, sondern lediglich die zwingende Nothwendig

keit des Schliessens darbiete, und in dieser Beziehung nun sei zu er

wägen, wie der Mittelbegrifl', welcher im Syllogismus die wahre (Jau

salität repräsentirt (Abschn. IV, Anm. 656—665). ln eins-r mehrfach

gegliederten formalen Stellung zum Ollerhegrifl'e und Unterbegrill‘e stehe,

indem hiehei in Anschlag kommen müsse, ob in den Prämissen die

Aussage das Verhältniss der Definition oder des Galtungsbegrifl‘es oder

des artmachenden Unterschiedes oder des elgcnthümlichen Merkmales

oder des zufälligen Merkmales enthalte 54). Durch die nähere Aus

ldeo incipit hoc in loco sermonem facere de materia considerat autem in

istis propositionibus numerum ac dispositionem specierum ipsomm, ut eos asscqua

mur, quatenus possunt deducere hominem ad verilatem, non considerat autem ipsas.

quatenus sunt una pars entium . . . . .. lii/florentiae vero ultimat', in quae diuiduntur

species demonstrationum m: parte materiae, sunt dimerentioel quae inveniuntur in

demonstratiouibusy secundum quod sunt utiies ad acquirendam illorum veri

ficationem, non autem differentiam quae ipsis insunt, secundum quod sunt unum ex

onlibus, quemadmodum fecit Abunazar in libro suo. Et propterea quaesiuerunt ho

mines nostri temporis circa specuiationem de demonstrationibus et existimaverunt,

quod itlud, quod adduxit Abunazar hoc in loco, sit rea. quam dimisit Aristoteles

hoc in loco . . . . . .. In definitionibus mm est aliquid procedens modo fomme, puta

aliquid commune, neque aliquid procedens modo matemaev ita ut dividatur speeulatio

ipsius duos in partes Oui vero existimat-ib quod in definitiom'bu: invenitur

pars universell: et vommum's. cuius speculatio praecedat definitiones nppropriatox

unicuique artiv is profecto erravit in hoc errore manifeslo, quemadmodum ezistimatur

fecisse Abunazar Non separavit Aristoteles hoc in libro partem appropriatam.

in qua compitetur qualitas faciendi artes1 in demonstratioue et definitione, quemad

modum fecit Abunazar . . . . .. Et propterea non dividitur specuiatio in libro suo qua

tuor in partes. quemadmodum fecit Abortus/n.

53) Ebend.‘ f. 128. r. B (B. Abschn. IV. Anm. 88 ).

54) Ps.-Ave1r. Ept'tomr’. f. 351. v. A tl'.: Sunt ergo conditiones huius speciei de

monstrationis absolut:1 nom-m eomtitiones. quarum una ext, quod sit verae secunda

et tertia, quod sit universalis et necessariay quarta, quod prardioatio sit per so,

quinta, quod cius praemissae sint causa inoentionis conrluxionis, sea-id quod

praedicalio in eis sit secundum rursum noturalem, soptima, quod cum hoc, quod

sunt priores oecundum exse ipsa conrlusione, sint etiam priores secundum cognitionem

octavav quod praedicatum in eis sit praedicatum prima praedicatione. nima

autem est, quod sint propriae . . . . . .. Her itaque sunt omnes conditionesl quas Ari

stoteles apposuity et adiecit has conditiones in eis, quia sunt delinitiones pro

814 'XVJ. All'arabi.

l’ührung aber diesesfiesicbtspunktes gelangte Allarabi dazu, den demon

strativen Beweis nach der syllogistischen Seite desselben in acht Gat

tungen zu gliedern, welche zusammen dreiunddreissig verschiedene For

men des Schliessens darbieten“). Wenn aber sodann der aristotelische

q

priac in potentia et universaliten ex quo sunt nobilissimae et perfectissimac. quando

vero caperentur acceptionel qua sunt demonstrationes tantum, non apponeretur eis

conditio nisi quod sint res necessariar quatenus sunt demonstrationesl non res, qua

sunt demonstrationes nobilissimacg et si intenditur numerare suas speciesl prosit

fecit Abunazar Alfarabiusl non adiicietur eis conditio praeter praemissas novem oon

ditiones. lte autem ita se habeutc et existente conditione necessaria ex qua

sunt demonstrationes causarum et inventiunis simpliciterl non es: quo sunt definitiones

in potentiay et termini medii in eis sunt causael filmt propria harum speciemm,

quod terminus medius in eis sit causa duarum esctremitatum simul aut unius

ipsarum tantum Dum obsmaveris reliquas conditiones et praecipue conditionemy

qua est praedicatum secundum naturalem medum, sunt ergo termini medii ite/initio

amborum eztrenzitutum aut alterius ipsurum, aut pars earum delinitionis aut alterius

ipsarumz quando autem iuluebimur species combinationurn dentonstrativamm, in qui

bus est proportio mediorum terminorum duabus eztremitatibusy fiun! combinatio

nes demonstrativae simpliciter octo species relatae in libro Abunazar Nos entern

numerabimus ex istis combinationibus illas, quae possibites sunt combiuari ex his

quinque praedicatisl uidelicet ez genere et di/fcrentia et proprio et occidente et deli

nitione et ex suis coovcrlcntibus, in quibus est proportio medii termini ad duas rr

trcmilales . . . . .. E't ordinabinms eas secundum ordinem (nun folgen anst'ührlichst jene acht Arten in ihren möglicAhbeunnaCzoamrbinAal/tairoanbsiwieisen‚

s. dieselben in der folg. Anm.) i. 352. v. B: liac itaque sunt proportiones

demonstrationum simpliciter ad se invicem ‚ et hae sunt suae partesq sicut patet ex

sermone Abunazat Vgl. Averr. Poster. ltcsoluL f. l3l. v. A.

55) Es mag genügen, dieselben aus dem Berichte eines Gegners Alfarabi’s in

aller Kürze vorznlühreny nemlich: Ps.-At‘crr.‚ Ouacs. in Post. Resel.‚ l. sn v.

A fl'.: Opartet, quod numerentur (so. species demonstrationumj non er ea partey

unde unxit eas numerare ipse Abuuazar et deducit post se homines in confusionm

et labores inutiles et ambiguitates infim'tos; totius autem huius causa fuit rc

motio huius viri a speculatione Aiistotetis circa has rcs et deviatio eius ab itinere

i’m‘us; et idcirco visum est nobis expediens pes-scrutari de illis speciebus demou

strationurm quarum meminerat Abunazar in suo tibroy quae sint demonstrationes sim

pliciter secundum opinionem Aristoletis et quae illarum non sit demonstratio Di

ciinus itaquey quod prima species primi generis estl quod A sit definitio ipsius

B, et B sit definitio ipsius C; secunda vero specie-si quod A sit genus

ipsius B, et B sit genus ipsius C: tertia est, A est differentia ipsius B, et B

differentia ipsius C,- . quarta vero species contraria est primae et ext, quod ipsius

A ipsum H sit definitio, et ipsius B sit G definitio; .. quinta, quod in definitione

ispesxituasl Aquosidt Agensiuts inipdsefuimnitBi,oneetB,in etdeBfiniitniodnecfiniitpisoinues BC sit genSuescuinpdsuumm Cv;ero ge

nns, quod comperimus in suis übris‚ procedit processu protoyi seu petitionis priu

cipiiv nam suppnnit 'r ' ' ‘ .‚ prout r " ‚ A et B sunt duae rte/ini

tiones ipsius (.7 res-tii vero generis prima species estf A est definitio ipsius

B, et B genus ipsius C, sccunda, A est definitio ipsius B, et R est differentia

ipsius C, tcrtia, .4 est definitio ipsius lt, et ipsius B definitiv est ipsum C,

quarta, A est definitio ipsius B, et pars eius delinitionis est genus ipsius

G . ‚ . . . ouartum autem genus ect, cuius prima species est, quando A est genus

ipsius B, et B est definitio ipsius G; seemuta, A est genus ipsius B, et B est

differentia ipsius cg..... tcrtial A est genus ipsius B, et lt est definitio ipsius

C; . . . . .. quartal A est genus ipsius B, et pars definitionis ipsius B est C,

quintu‚ Aral genus ipsius B, et pars definitionis ipsius lt est genus ipsius c .

Om'nti autem generis prima species est, ‚l est di/Terentiu ipsius B. et B est genus

ipsius (7; aecunda. A est differentia ipsius ll. et ile/initio ipsius B est ipsum

tertio, ‚i est differentia ipsius B, et pars delinitionis ipsius B est ipsum

Wrflawuwwß._ i anakpf

„JA xli-fi ei i A J: -'

m Alfarahi. ais

Begriff des um?’ abid narh einer dreifachen Abstufung des inneren

Nexus zwischen Suhjeet und Prädirat bcllachlel wird‘s“), und im Au

sehlusse hieran bezüglich des um!le der Begriff des „primum prae

dicatumu dahin festgestellt wird, dass es die wesentliche Gattungs

Bestilnmtheit ausspreehe 57), so hal dieses die gleiche Tendenz wie

Obiges; denn Alfarabi will auch hier die Angaben des Aristoteles nur

auf jene Betrachtungsweise beziehen, wornaeh die Demonstration in

ihrer höheren und vollkommneren Funetion sich zur Definition gestaltel,

während daneben noch die Seite der syllogistisehen Nothwemligkeit im

praedicatum primum zur Berücksichtigung kommen müsse 53). Auf dem

C,- . . . . .. et quarta species es! huic consimilis Sein autem generis prima spe

cies esl, ipsius A tic/initio est ipsum B, et B es! genus ipsius C; sc

cunda. definitio ipsius A es! R, e! tt est differentia ipsius C; tertiay definitio

ipsius A es! B, e! in detinitione ipxius B es! C; e! similiter est quarta species

. . . . . . . Septimi autem generis prima species eet, in ipsius A dennitione es! lh et l!

est genus ipsins (7, ucanda, in ipsius A delinitione est B, et li est diiferen

tia ipsius l'; terha, in de/initione A est R, et definitio ipsius B es! C;

quarla, m cle/tuitione A est B‚ et lt est in delinitione ipsius C; quinta es!.

ut in de/imtionc lt est genus ipsius (J . . . . . . .. Oclavi generis prima species m, A

est pars definitionis generis ipsins B, v! lt es! definitio ipsius (7,- . . . . . .. secundal

pars delinitivnis ipsius A ext genui ipsius H. et B est genus ipsms €;...... mm.

pars deftnitionis ipsim A es! genui- ipsius H, et lt est qRuealirqluaa‚e invcrdoefisnpietciioense, iqpusauem pAuteas!ntguennuqsuaiepsiaucscidBe,rinatt etaic/iidnpiisftifiseoregineptnisaeirusiibpusBisnlses!q(7u;Cae nu

meraeit Almnazar, comprebenduntur ipsis generi-basi et non est visum prutratn-re longius

sermonem circa ea. quorum meminit hic.

56) Alberl. M.‚ Anal. peu. l, 2, 6. p. 541 A: Scias autemv quod Atfarabius

super locum istum (s. Ahschn. IV, Anm. 132) in commento aliquantutum sequens

l’orphyrium et Alexandra": aliter dicil; dicit enim quod tres sunt modi dicendi per

se subiectum de praedicato et praedicatum de subiecta E! ponit primum rundum,

qui potissimus es!, quando in natura principii et principiantis ext, n! sit in natura

principiati. et iterum cum hoc in natura subiecti est. ut praedicatum sit in eo. sicut

est in natura principiati per exeentiam. ut principium ipsum sit in ipso, sicut in

natura aninmlix m, quod sit in komme, et in natura hominis ext, ut animal sit

in ipio Secundus autem rnodus mit. quando in natura et diffinitione praedicati

quidem eal, ut dicatur de subieclo, et non est in natura subiectiy ut praedicatum

dicatur de eo, sicut xe habent ad invicem corpus et coloratum Terlius autem

modus esl, ut ait quidem in natura subiectiy ut praedicatum de eo dicatnr. et non

in natura praedicnti et rationel ut ipsa sit in tali subiecta sicut mm's et dece/latio

se habent ad invicem E! haec sunt verba Atfarabii iine additione et diminutione

et sine ezponitione Vgl. Averr. Porler. Resol. f. 137. r. B. u. f. 138. r. B.

57) Averr., Poster. nesciat f. 138. v. B: lticitur autem universale (zuöo'kov,

st.umAbsveehron.coInVt,enAdnemr.unt13d2e.),praceduimcatporapedriicmaotuimn idneemsotnsotmrantiiosnuebiqeuctiod ietpspuemr nste ouod

autem invenitur in libro Abunazaris. esty quod praedicatum primo ezislenk in demon

stratione m, quod non praedicatur de genere subiecti E! sunt qui dicunl, quod

praedicatum primo csl, quod non praedicatur de subiecto eas parti-y qua inest rei.

Vgl. ehend. f. 141. v‚ B. Px.-Averr‚ Ouaes. in Post. Resnl. f. 371. v. A: bicinius

itaque-f quod id‚ quod reperimus circa haec apud Abunazar Alfarabium in libris De

demomh‘atiaue, m, quod iam ezporuerit praedicatum primuml quod sit illud. quod

non praedicatur de genere sui subiectil et secundum hoc genus eius es! praedicatum

'mum‚ et similiter accidentiay in quorum definilionihus esl genru ipsins „durch,

gl. ehend. f. 375. r. A.

58) Averf.‚ Post. llesoluL f‚ 141. r. A: Erram'! Abimazarl cum declaravitl

quod praedicatorum demonstraticorum alia sunt appropriata et alia sunt non appro

om XVI. Alfarabi.

gleichen Standpunkte beruht auch, was über die Uebertraguug der

demonstrativen Princlpien in andere Wissenschaften (Abschn. lV, Anm.

aen gesagt wird, indem Alfarnbi auch hier dein sachlichen Stofl'e der

einzelnen Wissenschaften eine neben der Beweisform herlaufende Be

rechtigung zuerkannte 59); und es stimmt hiemit überein, dass er be

züglich der gemeinsamen Axiome (Abschn. IV, Anm. 162), welche hier

in der lateinischen Uebersetzung unter dem eigenthüinliehen Namen

„dignitates“ auftreten, die Auffassung der Commentatoren (Abschn. XI.

Anm. 22 u. 161) theilt und in formaler Lostrennung gewisse unbe

streitbare Sätze, Wie z. B. namentlich das principium eontradirh'om‘s,

als oberste l’rincipien der Demonstration hetrachtet‘w). Vieles Andere

hinwiederum kann nur als ein Erzeugniss commentircniler 'l‘hätigkeit

w' olim

priata et aliqua ez ipsis sunt prima et aliqua non prima,- quodsi haec conditio.

quain tradidit Aristoteles. sit propter melius et non conditio necessariæ oportuisset

Abunazarcm addere hanc dispositionch h. e. quod conditionuvn aliquae sunt

conditiones necessariac, a quibus non efl'ugit demonstratio omm'no, et aliquae sunt

conditiones1 per quas est demonstratio melior . . . . .. Ouodsi es! res im, igitur per

fectio sermonis de conditionibus demonstrata-is erit per aggregationem duarum viamm,

h. e. viae Aristotelis et viae Abunazarisa et sciatur haec via ex parle, quae est

bonny et ac partey quae est necessaria. Sed Abuberher Elzaigi (d h. Avempace)

in responsione ad hoc dizit, quod intentio Aristotalis est alia ab intentione Abuna

zarisy quoniam Aristoteles, cum intentio ipsius n't, quod demonstratioues sunt defi

nitiones in polentia, ideo posuit in ipsis hanc conditioncmg Abunazar vero, quoniam

speculatus est de dernonstrationc ex parte, quae est demonstratio simpliciter. idea

divisus est ab Aristotele, et Aristoteles secundum opinionem Abubecheris Elzaigi

additin conditionesl per quas lit demonstratio melior et perfection et tacuit de ne

cessariis..Abunazar vero e contrario docuit conditiones necessarias et tacuit eas.

per quas ejiciuntur demonstrationes meliores Hopter hoc igitur apart", ut sint

ambae doctrinae delicienlcs. lloec igititr res latuit multos expositores et magna

Ebenso ebend. f. 212. v. B.

59) Ebend. f. 150. v. A: Sernio igitur Almnazaris in libro sua De demon

stratione ad fitiem. cum dixit de artibus et declarat/riti quomodo communiam srien

tiae et in quo eommunicant, et ex hoc derlaracit, quomodo et quando transferri

possunt demouxtrationes de arte in artem et quomodo non possunt. sermo. inquam,

iste non est vems. quoniam intellexit per translationem iltud. de quo dicitur nomen

translationis1 scilicet quod trans/cratur propositio maior, et hoc, quoniam apparet

ex sermone Abunaznrisl quod fateatur, esse quaesitum unum in duabus nrtilms, et

tamen non fateatury qnod terminus medius est unusg et hoc mirandum est de ser

mone illius.

60) Albert. M. Anal. post l, 3, 4. p. 559 A: Omnes scientiae demonstrade

cnmmunicantes sunt secundum communia principial h. c. in hoc, quod principiis

communibus utuntur maxime in usu principiorum commuuium, quae dicuntur digni

taten, quae, sicut dicit Alfambius; demnnstrationes specialium seienliarum substan

tinliter non ingrediuntury sed tantum per illa principia confirmantur. Hiemit stimmt

auch überein, was Alfarabi in seinen ‚.Fontes quaestionum-u (c. 2, bei Schmülders,

Darum. phil. ar. p. 44.) ansspricht: Ad nationes probandas omnia illa pertinenL

quae sine rebus aliis antea animo eonceptis concipi nequeuntg quando e. g, intelligere

uolumusv mundum esse factuml nobis primum probetnr oportel. mundum esse rom

positum ‚ . . . .. Hoc iudicium denique ad ultimum iudicium progrrdi‘atur oportef, quod

nullum sub quod ipsum iterum cadul. iudicium anteccdit; haec sunt iudicia primaria

intellectui mani/extat l'. g. .‚duarum enuntiationum ronlradiclorie sibi appositarum

semper altera cs! vern, altera falsau et ..totum maius est eius parle" (vgl. oben

Anm. 13). Dortrina has cogitandi vias nos edorens atque hoc via et rerum nationes

et probationes [die gleiche Zweitheilung s. oben Anm. 16.) nobis parans logica

nuncupatun

XVl. Alfarabi. an

Allarabi’s bezeichnet werden“). Hingegen müssen wir noch um der

Lateiner willen besonders hervorheben, dass bei jener Stelle, in welcher

Aristoteles bezüglich des definitorischen Wissens das „Dass“ und (las

„Warum“ bespricht (Abschn. lV, Anm. 6881.), Allaraln gleichfalls das

jenige distinguirend trennt, was bei Aristoteles innerlich tiefer verbun

den gewesen war; er stellt nemlich auf die Eine Seite die „demon

stratio quia“, in welcher der Mittelbegrill in keinerlei Weise Causalität

sei, während andrerseits die ndemonstratio propter qm‘d“ lediglich den

Causalnexus entwickle und hiebei sowohl die Ursache des Wesens des

Subjectes als auch die Ursache der lnhärenz des Prädicates im Suhjecte

darlege, so dass in dieser Beziehung wieder wie oben (Anm. 54) die

verschiedene formale Stellung des Mittelbegrill'es zu den beiden anderen

Begrill‘en in Betracht kommen müsse; eine dritte Art, in welcher die

beiden Seiten sich vereinigen, nemlich eine „demonstratio propter quid

et quia s'imul“, welche bei Späteren Arabern noeh hinzugefügt Wird‚

scheint Alfarahi nicht anerkannt zu haben 62). [lass übrigens die Araber

zu dieser ganzen Distinction möglicher Weise durch Galenus veranlasst

worden waren, s. oben Abschn. lX, Anm. 101.

Was endlich die Sophistik betrifl‘t, welche Alfarabi in einem

61) Dahin gehört z. B. was die unmittelbaren Obers‘a'tze (Abschn. W, Anm.

668.) betrill‘t, s. Averr. Post. Resol. 1'. 164. v. A, oder die Angaben über das

ini ns nolo (ebend. Anm. 131, 276. 660.), s. AtberL M. Anal. pasl. l. 2, 17.

p. 551. A; über die im Mittelbegrifi'e liegende Causalität (eb. Anm. 676.), s.

Albert. M. a. a. O. ll, 1. l, p. 610. A. n. Ps.-Anerr. uuam in Posl. Resol. f. 375.

v. A; über das Verhaltniss zwischen Demonstration und Definition (eb. Anm. 683 11.),

s. Averr. Post. Resol. f. 201. r. A, 206. V. A, Pa.-Averr. a. a. 0. 1. 377. r. A‚

380. v. B, Alben. M. a. a. o. ll. 2, 5, p. 624. A; über den atoytm); auno

yioydg (eb Anm. 688.), s. Averr. a. a. 0. f. 212. v. A; über die Praxis des

Delinirens (eh. Anm. 697.), s. Averr. f. 223. v. B n. I’s.-Averr. 1‘. 379. v. A.

62) Divers. Arabam Ouucsilu, 1'. 381. v. B 11.: Ouia periti specutatores scien

tiae logicac iam pcrptezi sunt circa cognitionem demonstrationum „propler quidn et

demonstratioaum „quia“, et non fuit eis mani/cslatus erde, quo discernuntur demon

strationes „propler quid“ et „quia“ cum eo, quod tulit Abunazar circa hoc, pro

quo commendandus csL causa autem suae perpleziom's circa id fuit id. quod acci

dit in editione llemonstrationam er sermonibus fallentibus corruptis. qui non sunt

de littera Abunazar E! specutabimur i‘d. quod ille retulerat in eius editione

. . . . . .. Sicque nunc reassumemas pro con/onnitate sennonix ipsius Abunazar et

dicamus, quod nolitia inessendi praedicatum ipsi subiectol i. e. „quia“, sit una

indivixag scientia vero causaeS i. e. „propler quid“, dividitur in scientiam causae

esscudi ipsum xubiectum et in scientiam causae inessendi praedicatum ipsi xubiecto

et in scientiam essendi praedicatum et subiectum simnt. prout retulit Abunazar in

libro Elemenlorum (Elencliorum? s. Anm. 40. u. 50.); sed ipse non meminit de

scientia causae essendi praedicatum et subiectum simul1 et non est aliquis argucns

hac . . . . . .. Mcdii termini demonstrationum causarumy i. e. „proplcr quid“, aut sunt

ilrfinil’iones w! partes definitionum duorum eztremomm ipsius syllogismi aut altarius

ipsorum, aut habent communitatrm cum definitionisz E! totum hoc, quod uidetur ex hoc, es! sermo Abunazaarmboardum1itatlrirqaumo . m. .o.d.o. Demon—

stratio ergo „quia“ csl, cuius medius terminus penitus non es! causa . Demon

xtratio vero essendi c! musae, i. P. „quia“ et „propter quid“ simul, es! ipsame!

demonstratio „propler qm'd", sed dicitur demonstratio „propler qnid" tantum una

comparatione . . . . . . E! sah‘s fuit ipsi Abunazar commemoratio demonstrationum „propter

quidu el demonstrationum „quie“. et reliquit commemoratiouem demonstrationum

‚.proptcr quid” e! „quiu“ simul. Vgl. Avcrr. Pus!. Resol. l'. 161. l". B.

318 XVI. Avicenna.

besonderen Commentare erörtert zu haben scheint“), so finden wir

hier die älteste Quelle jener Zweitheilung des aristotelischen Buches,

welche von den bateinern rccipirt wurde und nachmals auch in allen

älteren Druck-Ausgaben des Orgaijons zur Au‘n'endung kam. Man lieSs

nemlich beim 16. Uapitel (unserer jetzigen Numerirung) ein zweites

Buch der Sophistici Elenchi beginnen, und insoferne dortselhst aller

dings Aristoteles von den theoretischen Angaben auf praktische laass—

regeln bezüglich sophistischer Argumentationen übergeht, so hat Alfarabi

hieraus nicht bloss jene Zweitheilung motivirt, sondern auch die An

sicht ausgesprochen. dass das zweite Buch eigentlich als ein Mitteldiug

zwischen Topik und Sophislik zu betrachten sei 6“). Bei einigen Ein

zelheiten begegnen uns auch hier wieder Hinweisungen auf Alfarabi‘s

commentirende oder selbst ergänzende Thätigkeitöi’).

Bei Weitem am ausführlichsten waren wir über die Leistungen des

Avicenna (Abu-Ali-al-Hoseiu-lbmAbdallab-lhn-Sina‚ geb. 980, gest.

1037) unterrichtet, wenn nicht dasjenige, was unter dem Titel „Logica“

nach älterer lateinischer Uebersetzung (wohl hauptsächlich nach jener

des Juden Johannes Avendeath. s. Anm. 163) gedruckt vorliegt“),

schon sogleich mit dem Schlusse der lsagoge ahbräche. Jedenfalls ist‘i

diese Schrift ein Bruchstück jener allumfassenden und breit angelegtem=

Encyclopädie Avicenna’s '57), und während wir uns aus der Ausführlich

keit dieses ersten Tbeiles eine Vorstellung von der cinlüsslichen Ite

handlung des Uebrigen machen können, besitzen wir in demselben“

wenigstens jenen Complex von Controversen, welcher, insoferne er die

lsagoge betraf, stets für die Lateiner der einflussreichste war. Für die

übrigen Bestandtheile der Logik sind wir theils auf die Metaphßsica.

und die sog. Su/ficientia Avicenna‘s oder auf die Berichte Anderer ver

wiesen, tbeils aber können wir auch den l‘lan des Ganzen aus zwei

anderweitigen kürzeren Bearbeitungen dor Logik entnehmen, deren eine

von Vatlier im 17. .labrh. in das Französische übersetzt wurde 65), und

63) S.'Anm. 40, 50. u. 62.

64) Arerr. Elenrh. f. 332. r. A: Ouae autem retinqaontur (d. h. nach dem

15. Cap. d. Soph. Eh), sunt duae res, quarum uua est, quomodo respondeat re

spendens, secunda autem est, quomodo coMradjcatuv , . . . . .. c! utraque istarum rr

rum iuvut sapientes per se, et ideo sermo de istis dualms rcbus cst, ac si esset

praeter istam artcm. sed artis Topicae. aal, sicut ‚am Almnazar Alfambiusr est

arlis modice inter Tnpicam ct Saphislicam. .

65) So z. B. l’s.-Anerr. Epitume, 1.357. r.A (betrefi‘s der petitio prinoz'pii) odu

Avcrr. Elenc/i. 1. 326. v. A: Nos autem invenimus Abwmsar Alfarabium in suo

libw, quod iam addiderv‘t istis locis octavam locum, qui est locus pcrmulalionis et

trunslatiom's, h. e. quod luco rei acci/tiatur eins simile aut consequens ipsum aut ri

minezum.

66) Auf dem Tilelhlatle dcr in Venedig 1508 fol‚ gedruckten Ausgabe steht:

Avicenaae ‘pcrliypatetiu philosophi ac medicorum [acile ‚manv opera in lucem reducta,

ac nuper quantam ars-niti potuit per tunonicos cmendata. Loyyca. Su/‘ficienlt'a. Dr

coelo el mundo. De anima. De animalibus. De inlelligcnliis. Alphawbinx dr iu

teltiymtiis. Philosophin prima.

67) S. mel‘, Dicliomi. phil. Ill, p. 174.

est La Logique du llls de Sinn, comnmm‘mcnt uppcllc' Aviccnm, primse des phi

tasophes et medecins Amlws1 nonvellemenl Iradm'tc d’Arabe m lib-anguis par P.

Vattier. Paris 1658. 8. Wenn übrigens Srhniüldcrs, Essai s. l. cicuta phil. p. 103.

‘s

:‘—-I——_ __ _;!_l)'.'_‚A"‘P__, _ ' ‚

XVl. Avicenna. sio

die andere metrisett ahgefasste, welche sich als ein ausserst kurzes

Excerpt erweist, von Schmölders mit lateinischer Uebersetzung und

Gmnmentar veröffentlicht wurde 69).

Wenn auch Avicenna’s 'l‘häligkeil bei einzelnen späteren Arabern

eine scharfe und selbst verwerfende Beurtheiluug fand 70), so müssen

wir demselben doch zugestehen, dass er mit seiner Ausführlichkeit ein

gewissenhaftes und fast ängstliches Bestreben verbindet, durch lücken

lose und allseitige Entwicklung das Ganze, für welches ihm hauptsäch

lich Alfarabi der Leitstern ist, in sämmtlichen Einzelpuukten so klar

als möglich darzulegen.

Anf’die Spitze tritt, wie cs bei den griechischen Commentatoren

üblich gewesen war, die Frage über die Eintheilung der Philosophie,

wobei er den Aristotelismus in dem Sinne versteht, dass einerseits die

theoretische Philosophie die nicht aus menschlichem Willen hervor

gehenden Dinge lediglich um des Wissens willen erörtert, und andrer

soils die praktische Philosophie‘das durch menschlichen Willen hervor

gerufene um des richtigen Handelns willen betrachtet, so dass die erstere

(——- und hierin liegt ein Gegensatz gegen Allarabi’s Auffassung, s. Anm.

13 —) in Folge ihrer Unabhängigkeit von praktischen Zwecken eine

höhere Stellung einnimmt“). Jene „Dinge“ aber („T88“‚ worin für die

Logik der antike Objectivismus überhaupt hervortritt), welche den Gegen

stand der theoretischen Betrachtung ausmachen, sind entweder unbe

rührt von Veränderung und Bewegung, oder sie verfallen einer Ver

mischung mit der Bewegung; und Letzteres kann entweder darin liegen,

dass die Dinge ausserhalb dieser Vermischbarkeit auch keinerlei Sein

haben. mögen sie ohne d|esen Beisatz zugleich auch undenkbar (die

Naturdinge) oder wenigstens ohne denselben denkbar sein (das Mathe

sagt .‚Les simplifiretions et les perfectiouhemenls qu'il: (d. h. die arabischen Aristo—

teliker) om apporlds dans les difl'erenles parties de la logique, oni m de'jü soigueu

seinem enumere's par Vattier, lruducteur de la logique d’llm-Sz'nu“, so muss der

selbe diese Bemerkung niedergeschrieben haben‚ ohne Vattier’s Buch auch nur zu

kennen, denn dasselbe enthält ausser der Uebersetzung Nichts weiteres als etliche

Wozterklürungen, geschweige denn eine sorgfaltige Aufzählung der Leistungen der

Ara er.

69) Sclumildorsa Documenta phil. arab. p. 26 ll.

70) Ps.-Averr.‚ Ouacr. in Prior. Hesol., f. sua v. B: Maior pars libri Suffi

cientiae Philosophin huius viri esl conlezla ex talibus sermonibus pcrvern‘s (am in

logicis quam in aliis, et qui uull iniliari in his artibus, cxprdiel ei, quod /ugial

eius librotl nam illi faciunt errare hominem et ezlrahunl ipsum u reclo poliusj quum

ipsum diriganl ul ordinem ad verilalem Hiezu ob. Anm. ll.

71) Logica (in obiger Venctinner Ausgabe) f. 2. r. A: Prima pars l.oyycue.

lncipil Logyca Avicennae. Capimlum de inlrando apud scientias. Dicz'mus, quod m

lenlio philosophiae esl romprehrndere verilalem omnium remm, quoniam possibile esl

homini vonvprehenderr. lies eulem quae simt, aul haben! esse non ex noslro urln

drin vel opere, aul habent esse ex nostro arbilrlo et opera Cogm'tt‘o autem rerum

primi ‘membri vocatur philosophia spcculalivu, sed cognitio rerum secundi membr-i

moratur philosophia acliru. finis vero philosophiae speculalioae non est nisi per

I'cctio animae , ul scial lanlumq finis vero praclicac mm ext, ul scial tantumy sed

ut sciall quid debeat agere el egal. finis ergo speculaliuae eslappreheuxlo septem

lt'ae. quae non esl opum practicae vero fini: esl cognitio „mm“, quae esl m

opere; und: speculett'vu dignior esl comparari srientiae.

320 _ XVl. Avicenna.

matiscbe), oder darin, dass die Dinge, während sie jene Vermischunä

erleiden, daneben ein hievon unabhängiges Sein besitzen 72). D. h.

während hiemit sich die Dreitheiluug in Theologie, Natur-Wissenschaft

und Mathematik von selbst ergiebt“), ist es die zuletzt erwähnte Seite.

welche auf die Logik führt; nemlich diejenigen Dinge, welche wohl

in die Bewegung verwickelt werden, aber ihr Sein ohne dieselbe haben,

sind eben die inlelligiblen Dinge, und so sagt Arieenna ausdrücklich,

dass die Wesenheiten cessentiaely insoferne sie entweder in den Dingen

oder im Denken (inwllectus) sind, in dreifacher Weise betrachtet werden

können, da man nan-ln Einer Seite das Wesen in seinem Selbst-Sein

unabhängig von jeglicher Beziehung erfassen und nach einer zweiten“!

Seite dasselbe in der vielheitlichen Einzel-Erscheinung verfolgen und

endlich nach einer dritten Seite es im Denken selbst erörtern könne;

dann aber in diesem dritten Falle seien all jene Bestimmungen (dispo

siu'ones) in Betracht zu ziehen, welche dem Denken als solchem eigen

thümlieh zukommen. und während ausserhalb des Denkens es keine

Allgemeinheit oder Particularität, keine Wesentlichkeit oder Zufällig

keit, kein Einfaches oder Zusammengesetztes u. s. f. gebe, verbinde.

sich das Wesen im Denken mit diesen und allen derartigen Merkmalen,

deren Betrachtung zum Zustandekommen des Wissens unerlässlich noth

wendig sei H). So erhält bei Avieenna der antike Objectivismus dilata

..-i......

72) Ebend.: lies autem quae sunl, quarum esse non est ex voluntate nostra

vel opere secundum primum membrum, dividuntur in duo, in res quae commiscenlur

niotuil et res quae non commiscentur moliu‘. fles anlem, quae commiscentar molar,

diuiduntur in duo, aut in res, quae non habent esse nisi quia possibile esl. cas

admisceri maluit aut in res, quae habent esse absque hoc. ltla aalem, quae

non habent esse, nisi quia possibile est, eas admisceri motm‘, iterum diuiduntur in

duo , quia aut sic sunty quod nec esse um: intelligi possunt absque materia propria.

sicut forma humana aut asinina, aut sic, quod possunt intelligi absque materia. sed

non esse, sicut quadratam . lies autem quae commiscentur motui ct habent esse

sine illu, sunt sicut identilas et unilas et multitudo et causalilas.

73) f. 2. r. B: Partos ergo scientiae sunl: aut specu1atio de eonripiendo ca,

quae sunt cum hoc, quod habent in motu esse et existentium et pendent ez malemis

propriamm specierum, aut speculatio. secundum quod sunt separata ab bis in in

tellectu tanluni, aut secundum quod sunt separata ab his in esse et intellectu. Prima

autem pars divisionis est scientia naturalng secunda es! disciplinalis pura et scien

tia dc numero,‘ pars vero tertia eat scientia divina.

74) Ebend.: Esscnliae vero rerum aut sunt in ipsis rebus aut sunt t'n-inlelluclu.

unde habent tres respeclus. unus respeclus essentiae est, secundum quod ipsa es!

non relata ad aliquod tertium esse ner ad i'd, quod sequitur eam secundum quod

ipsa est sie; alias respeclus esl, secundum quod es! in his singularibusg et alias,

secundum quod est in intellectuj et tunc sequantur eain accidentia. quae sunt propria

istius sui esse, sicut Psl suppositio et pracdicatio e! universalitas r! particularilus

in jirardicando et essentialitas et accidentalitas in praedicando r! cetera eorumy quae

poslea sm'es. In eis Indem, quae sant extra, non est esslmtialitas nec arridentalitas

onminn, nec es! aliquod compll'xum nec incomplcamm nec propositio nec argumen

tatio cum autem volumus considerare ad hoc ut sciamus eas, necesse est eas

colligere in intelli-ttav et tunc necessario accident illis disposiliones, quae sunt pin

priur tantuni intellectui. Hirmit stimmhüberein Melaph. lll, 10, f. 83. v. A:

Multue disposiliones, quae comitantur res, cum intelligunlur, non habent esse nii-i

postquam habentur in intellectug cum enim res intelliguntun advenit eis in intellexit

bus aliqui-dj quod non erat eis ezlra; fiunt enim universale et essentiah- et acciden

tale et fiunt genus et differentia et /iunl praedicatum et subiectum et alia huiuimodi.

XVl. Avicenna. . 321

specielle Färbung des aristotelischen Intellectualismus. lndem nemlieh

das Nichtwissen oder beziehungsweise das Unhekanntsein der Dinge nur

subjectiv im menschlichen Denken liege, so gehe jede jener Bestimmungen,

durch welche wir von Dekanntem auf Unbekanntes geführt werden (ob.

Anm. 15), nur vom Denken aus auf die Dinge über, und eben hieraus

ergebe sich die Nothwendigkeit einer eigenen Wissenschaft, welche

diese Denkhestimmungen zum Gegenstande habe 75). Die ganze Frage

aber, ob dann diese Wissenschaft der Logik Theil oder Werkzeug der

Philosophie sei, bezeichnet Avicenna ebenso wie Alfarabi als unnütz,

da die Beantwortung derselben nur von der Enge oder Weite der Defi

nition der Philosophie abhängen).

Auch in der grundsätzlichen llaupteintheilung der Logik stimmt er

mit Alfarabi (Anm. 16) überein, indem er auf den Unterschied zwischen

b10ssem Verstehen eines Wortes und heifälligem Ueberzeugtsein von der

Wahrheit eines Satzes hinweist") und an ersteres die Definition und

deren Nehenarten, sowie au letzteres die Argumentation in ihren ver

schiedenen Formen anknüpft“), so dass hiemit der Zweck der Logik

Noch deutlicher aber spricht er das Verhältniss der Logik zu den übrigen Zweigen

der Philosophie aus Metaph. l, 2, I'. 70. v. A: Subiectum scientiae naturalis est

corpusl non in quantum est ens nec in quantum est substantiaq sed in quantum

est subiectum motui et quieti . . . . .. Subiectum vero scientiae doctrinalis est mensura

sive intellectu absque materia sine intellectu in materia Subiectum vero logicae.

sicut scistiv sunt intentiones intellectue secumlo, quae appanuntur intentionibus primo

intellectisl secundum quod per eas pervenitur de cognito ad incoym'lum, in quantum

ipsae sunt intellectae et habent esse intelligit/iter quod esse nullo modo pendet ex

materiay vel pendet ex mata-iuy sed non corporea.

75) Logicav t. 2. r. B: Ites autem non sunt incognitae nisi quantum ad nas;

dispositio vero et id, quod accidit rebus ez eo, quod ineitarnur per eas de cognitis

ad incoynim, es! dispositio et accidenx, quod accidit eis in intellectuq quamvis ipsae

habeant esse praeter hoc. Ergo de necessitate opus est scientia ad cognoscendum

illus dispositiones1 quot sunt et quales sunt et quomodo consequatur hoc accidens

76) Ebend: Sed tunc secundum quem fuerit philosophia tractaus et divi

dens ct inquirens resl secundum quod habent esse et diuiduntur in duo praedicta

esse, scientia haec secundum eum non erit pars philosophiae ‚ sed secundum quod

prodest ad lioc, erit secundum eum instrumenlum in philosophiug secundum quem

vero philosophia fuerit tractans de omni inquisitione speculativa et de omni mado,

haec scientia secundum eum est pars philosophiae et instrameutum ceterarum partium

philosophiae (f. 2. v. A.) E! iude deceptioncs. quae sunt de huiusmodi quae

stimme, frustra et super/tuae sunt; frustra. quia non est oppositio in his dictionibusv

unusquisque enim eorum intelligit de philosophia aliud, quam alias; super/tuae vera,

quia sollicitudo de huiusmodi non prodesL Hiezu ob. Anm. 14.

‘ 77) 1. 2. v. A: Bes scitur duobus madis: mm, u! intelligatur tantum ita.

ut. cum nomen habenti quo appcttetun repraesentetur animo eius intentio1 quamvis

non sit ibi veritas nec falsitasl sicut cum dicitur „Iwmo“ aut cum dicitur „fac

hoc“ altero1 ut in intellectu sit credulitasy sicut cum dicitur tiln', quod

onmis albedo sit accidens, ex quo non habebis intelligere huius dictionis intentionem

tanlum, sed etiam credere ita esse,- cum vero dubitaveris ita esse vel non esse,

iam inteltczisti quod tibi dictum est; non enim dubitas de hoc, quod non intelligis.

nec de eo, quod iynuras; nondum tamen credidisti.

78) Ebend.: Es! ergo hic qaoddam, quod solet prodesse ad sciendum i'd, cuius

intellectus neseitur linum enim eorum est dif/initio et- aliud descriptio et aliud

cxemplum et aliud quod est signum et aliud est Immun, sicut postea declarabitury

sed illud in quo conveniunti non habet nomen commune beinde per illud cogno

scitur aliud ad modum credendi ittudg quatecunque filmt, vocatur ratio; ratio (das

PltAN'IL, Gesch. 11.. ‘ 21

322 XVI. Avicenna.‘

darin liege, nach diesen beiden Seiten ein festes Wissen über die

grössere oder geringere Vortrefflichkeit der menschlichen Rede bezüglich

der Auffindung der Wahrheit zu erwecken, da überall der Abweg zur

schwankenden blossen Wahrscheinlichkeit oder zum directen lrrthume

möglich sei“). Und indem Avicenna wohl daran denkt, dass bisweilen

auf bloss natürlichem Wege ohne weitere Technik eine richtige Defini

tion oder eine glaubhafte Argumentation gefunden werde, zugleich aber

Solches als lcdiglichen Zufall bezeichnet, wohingegen bei der Schwäche

der menschlichen Natur eine Garantie nur in längerer Uebung gefunden

werden könne, und sonach eine förmliche Technik erforderlich sei s0),

so sagt er, die Logik verhalte sich zum inneren Denken ebenso wie

die Grammatik zur Sprache oder wie Harmonie zum Metrum 5’). Eben

hieran aber knüpft sich die Bemerkung, dass jene beifällige Ueber

zeugung nicht durch Einen Gedanken allein, welcher aus Einem Worte

gefasst werden kann, sich erwecken lasse, sondern in den allermeisten

Fällen nur aus den zusammengesetzten Gedanken eines Urtheiles her

vor-gehe, daher wie bei allem Zusammengesetzten es sich vorerst um

die Kenntniss der einfachen Bestandtheile handle 32). Wenn aber hiemit

Eine Mal fehlt ratio im Texte) alia est syllogismus et alia inductio et alia simili

tudo et alia aliud.

79) f. 2. v. B: finis autem scientiae logicac est prodesse onmino ad sciendum

haec duo tantium hoc 0st, a! homo sciat, qualiter debeat esse dictio dans intellectumy

qui a/ferat scientiam veritatis essentiae rei, et qualis sitl qui etiam ostendit illamy

quamuis per eam non pemenialur ad veritatem essentiae ipsias, et qualis sit vitiosa,

quae videtur hoc facere et non facitg et etiam ut homo niet, qualis sit dictio,

quae facit fidem necessariac veritatis ita, quod non possit infirmari1 et qualis sit

faciens fidem verisimilitadinis, et qualiter sit eiusmodiy at putetur esse aliqua duo

rum modorumy cum ipsa non sit im, sed sit falsay et qualis sit ito, quod opinan

el flectat animum et sa/ficiat absque fide certissima, et qualis dictiu operans in

animal ad quod operatur fides, scilicet negationem et affirmationem et prohibitionem

et dilatationcm et constrictionem. non ex hor, quod facit fdeml sed ez- hoc, quod

facit nerisimilitudinem (Den gleichen lnhalt s. auch b. Vatlier, p. 2 fl'.)

80) Ebend.: contingit autera Immim', ut aliquando manifestetar ei diffinitio

natai'alt‘ter dans ci intellectum et ratio faciens fidem, et ex hoc est res non doctri

nalis nec sic vom, quin aliquando faltet,- si autem natura et intellectus suffciunt

ad ltoc sine doctrinas sicut lit in muttis, non contingeret in sententiis tanta diversitas

et contradictioq nec anus homo contradiceret sibi ipsi aliquando et aliquando nonyk

cum procederet secundum intellectum suumg natura autem humana est insufficiens ad

hoc, quamdiu noni acquirit dactrinanu sicut non est suf/iciens in multis aliis rationi

bus, quamvis saepe contingeretl ut faciat realem, sicut rccta iaculatio caeci . „Q

Sed quamvis ita sit inquirens seientiam, cum habuerit eum et ezermterit vom, non

tantum erroris accidet illi, quantum illis qui non habent eam Per excrcitia

enim doctrinalia pervenitur ad securitatcm errorum Albert. M.. De praedicab. l, l,

p. 2. A: Ut enim dicit Aviccnnar modus hic (sc. scientiae) omnibus hominibus per

hoc, quod intellectuates sunt quodammodoy per naturam inditus est; sed impcrfertus t

est, qui in natura est, per/icitur autem per artem adhibitam.

81) f. 3. r. A: Compamtio autem huius doctrinae ad intellectum interiorem

qui vocatur laculta interiorl est sicut comparatio grammatici ad manifestum significa

tioneml quac vocatur locutioy et sicut comparatio melodiae ad metrum ilac

autem doctrina eget homo, qui acquirit scientiam consideranda et cogitando. nisi

fuerit homo divinitus inspiratusl cuius comparatio ad considerantes est sicut compa

ratio rustici arabici ad discentcs arabicanL

82) Ebend.: impossibile ext, animum moveri ab uno solo intellectu ad creden

dum aliquidg hic enim intellectus non est iudicium faciendi fidem essendi rem vel

.‘*-_-.-__2‚& __ A _-.__ M

XVI. Avicenna. 323

auch zugestanden sei, dass die Logik durch den Zwang einer Noth

wendigkeil auf die Berücksichtigung des Wortausdruckes hingefiihrt

werde 83), so dürfe dennoch weder, wie von Einigen geschehen sei

(‘—- hieraus sehen wir, dass die Araber zu analogen Controversen wie

die Lateiner durch Abälard veranlasst wurden —)‚ die Logik sofort als

Sache des hlossen Sprachausdruckes (sermocinalis) angesehen werden,

da ja der Denkaet das Entscheidende sei S4), noch aber auch solle man

hinwieder darum, wie Andere thaten, behaupten, dass die Logik die

Sprachausdrücke insoferne betrachte, als durch dieselben Gedanken be

zeichnet werden (intellecla significantur); denn jenes Sein. welches

die Dinge allerdings im Denken haben, sei noch als ein doppeltes zu

unterscheiden, indem einerseits eben hloss die aus der Aussenwelt

aufgefassten Dinge im Denken gestaltet werden, andrerseits aber Be

stimmtheiten, welche in der Aussenwelt nicht vorliegen, den gedachten

Dingen durch das Denken selbst zukommen (Anui. 74), und sowie nicht

diess Beides Sache Eitler Wissenschaft sein könne, so falle der Logik

nur die letztere dieser beiden Seilen anheim 85).

Nachdem nun Avicenna durch solche Betrachtungen bei der Isa

non essendi intellectus autem saepe habetur ez uno solo verbo; si autem unum

non sufficit ad intelligendum illud esse vel non esse in essentia sua aut dispositioney

nec faciet fidem de alio lioc auteml scilicet ez uno verbo intelligere in paucis

continyil, et propter hoc in plerisque cst diminutio et malum Ouod autem in plc

risque dat inlelligere, sunt intellectus compositi sententiaeg compositum autem com

ponitur ex multis et inter multa sunt nnag ergo in omni composita sunt aliqua una;

unum autem in omni composita vocatur simplezl et quia eius, quod componitur ex

multis, impossibile est sciri naturam ignoratis eius simplicibusl ideo convenientius

esty prius cognoscere simplices quam romposilus.

83) f. 3. r. B: Ad considerationem autem dii-tionum ducit nos necessitasl- logi

cas enim est hoc, quod est loyicus, non habet ex hoc primo ocoupati circa verba

prima nisi quantum ad loquendum et agendumg non enim possihile esset, logicum

dicere solo intellectu . . . . .. Sed quia necessitas ducit nos ad agendum cum verbis

praecipue . . . . . .., sequt'tur, ut verba habeant diversas dispasitiones, per quas iiimrant

dispositiones intentionunh quae comitantur esse in anima ila, quod flanl eius

indiciaq quae non haberentur nisi per verbal et ideo necessarium est in doctrina

logical ut una pars eius esset consideratio de dispositionihus verborum

84) Albert. M.‚ De praedioab. l, 4, p. 5. A: Sunt etiaml qui logicam intcr

prelanlur idem quod sermocinalem scientiam ouam opinionem impugnat Aeicenna

in primo logicac suae dieens, quod sermo de se nihil signi/icutg si enim aliquid de

se significarel, semper et apud omnes illud significarety quod falsum esl; non

ergo signi/icet nisi secundum quod conceptus est in intellectu instituentis.

85) Log. f. 3. r. B: EI propter hoc non ualet. quod ille dixitl scilicet quod

logica instituta est ad considerandum dictionem secundum hoc, quod signihcat in

telleclas et quod doctrina logicac est loqui de verbis, secundum quod signi/icanl in

tellectu . . . . .. llle autem non deliravit sie, nisi quia non apprehendit certissime

subiectum logicac et modum essendi eius propriumg invenit enim esse. quod habent

res in intellectu. et ideo posuil, quod considerarc esse, quod est extra, spectat ad

doctrinas physicasv considerare vero esse, quod est in intellectu et quomodo intelli

gitur in eo, spectat ad doctrinam aliam vel partem doctrinael non distinguens ct

nesciens, quod ea, quae sunt in intellectuy aut sunt rcs formatae in intellectu ap

prchensae ettriiisecus. aul sunt res accidentes eis, secundum quod sunt in intellectu. '

quae non fuerunt repraesentatac in aliquo eztrinsecog cognitiaxaulem horum duorum

spectat (wie Jedermann sieht, ist zu lesen non speclal) ad doctrinam unam, quorum

unum est subiectum doctrinae logicac secandum accidens. quod accidit ei.

21'

324 XVI. Avicenna.

goge angekommen ist, erörtert er zunächst den Unterschied zwischen

verbundenen (complema) und unverhundenen (incomplexa) Sprachaus

drücken, indem bei ersteren, d. h. den Urthcilen, der bezeichnende

Gedanke der Bestandtlieile selbst ein Theil des Total-Gedankens des

Ganzen sein müsse ‘36), bei letzteren aber lediglich das Gegentheil hie

von slalllindep und sonach ergänzende Bestimmungen, welche von An—

deren zur Definition des incompleæum beigebracht wurden, sich als

überflüssig erweisen EW). Die innere Bedeutsamkeit (intenn'o) der un

verbundenen einfachen Worte unterscheidet er nun sofort als eine zwei

fache, je nachdem in derselben entweder kein Hinderniss liege, den

Gedanken auf eine Vielheit von Dingen, welche in ihm zusammentreffen,

zu beziehen, oder je nachdem durch die Bedeutung des Wortes eine

solche vielheitliche Beziehung ausgeschlossen sei, und in ersterem Falle,

welcher der häufigere sei, müsse man das Wort als universale, im

letzteren hingegen als particulare bezeichnen 95), und zwar komme es

bei dieser Definition des Universale nicht darauf an, ob es wirklich

von thatsäcldich vorkommenden Dingen oder von blass denkbaren aus

gesagt werde,-0der auch ob die Mehrheit selbst nur Sache der Denk

barkeit sei (wie z. B. dass es mehrere Sonnen gebe), sondern das Ent

scheidende sei nur, dass die universelle Aussage keine Unmöglichkeit

sei M’)‚ Nach der aus Porphyrius (Absclin. XI, Anm. 39) wiederholten

86) Ebend.: capitulum dicendi verbum complexum et incomplexum et dicendi

universale et particulare et dicendi essentiale et accidentale et id quod respondetur

ad quid et quod non respondetur Poslquam in docendo vt discendo necessario indi

gemus verbis, dicemus, quod verbum aut es! incomplezum aut complczum. Com—

plexum autem tat, in quo invenitur pars signi/italiae intellectusj quae es! pars in

tellectus significali a tota signihcatione essentialil sicut est hoc quod dicimus „hamo

est scn'ptor“; hoc enim verbum „homo“ significa! unum intellectumi et hoc verbum

nscriploru significat alium, quarum unumquodque est pars lmius, quod dicimus

„homo es! srriptor“ significatione requisila ez verbo. incomplemum autem es!‚

cuius pars non significat partem intellectus totius significatione essentialil sicut hoc

quod dicimus „homo“, quia „ho“ et „m0“ non significan! partes intentionig quam

significa! „homo“.

87) f. 3. v. A: Ouod autem invenitur in doctrina antiquorum de dcscriptione

verborum incamplcxorum, hoc cslx scilicet quod incompleza suntl quorum partes

non signi/imm aliquid; quam descriptionem multi reprehendunt diccnles, debere addi

ei, scilicet incomplcza esse, quorum partes non significem aliquid de intellectu tou'as,

quia contingit aliquando, partes incomplezorum significare aliquos intellectuss sed non

sunt partes intellectus tolias. Ego autcm lcneo, quod haec reprehensio error freit,

el quod haec addilio non fuit necessaria ad supplmdum, sed ad exponendam

88) Ebend.: Deindr' iuic-ntia incomplexi aut talis eril, quod non prohibelurj in

intellectu ex hoc, quod inlelligilur, mulla convenire in ea aequaliter. ut unumquod

que corum dicatur ipsum esse aequaliler, sicut hoc quod dicimus „homo“ habe! in

tentionem in anima, quae comitatur Socralem e! I'lntonem et reliquos una modo

aut eius inlenlio est una sie, quod prohibetury in intellectu multa convenire

in ea, scilicet in eo uno,‘ quod intelligitur de ca, sicu! in hoc quod dicimus „So

crales“ Prima autem pars diuisionis vocatur universalisl secunda vero parti

cularia Tu scis autemy multa esse in verbis ad modum partis primae et haec

es! intcnlio, de qua id, quod intelligitur in anima, non prohibetur habere compara

tionem similitudinis ad mulla.

89) Melaph. V, l, f. se v. A: Universale dicitur tribus modis; dicitur enim

universale secundum hoc, quod praedicatur in actu de multis, sicut homo; et dicitur

universale intentiol quam possibile cst pracdicari de mullis, etsi nullum corum habeat

1

XVI. Avieenna. 325

x . . . . ‚. .

Bemerkung, dass der Logiker auf dle treleren Fragen uber das Umver

sale nicht einzugehen brauche 9°), folgt nun eine ebenso ausgedehnte

als spitzlindige Erörterung, durch welche die Angaben über die ein

zelnen fünf Universalien vorbereitet werden sollen. Zunächst wird die

Abgränznng vorausgeschickt, dass es sich hier nicht um die denomina

tive Aussage (welche bei Adjectiven stattfindet), sondern um dasjenige

handle, was univoce, d. h. nach innerer Wesensbestimmtheit, ausgesagt

werde 9‘). Die Wesenheit sonach (essenlia) eines jeden Seienden sei

dasjenige, wodurch dasselbe mit Nothwendigkeit ist, was es ist; die

Einheit aber der Wesenheit sei nur bei Uebersinnlichem eine absolute,

d. .h. unzusammengesetzte, hingegen bei den sinnfälligen Dingen beruhe

sie auf einer Einigung mehrerer Wesensbestimmungen 92); während

nemlich in jener Wesens-Einheit die Wahrheit der Einzeldinge beruhe,

seien auch die mehreren Eigenthümlichkeiten zu erwägen, in welchen

die gleichartigen Dinge ehensosehr wie in der" Wesenheit selbst zu

sammentrell'en, und zwar können diese mehreren Bestimintheiten ent

weder derartig sein, dass eben aus ihrer Verbindung die Wesenheit

selbst besteht, oder derartig,‘ dass sie nothwendige Merkmale der he

reits verbundenen Wesenheit sind, kurz die Universalien sagen entweder

die Quiddität („quidditas“, ein Wort, von welchem allgemein bekannt

ist, dass es erst durch die Uebersetzung arabischer Litteratur in die

mittelalterliche Latinität eingeführt wurde) oder ein dieselbe Begleiten

des (comitans) aus 93). Nemlich die universellen Worte seien entweder

ru

esse in eifectul sicut intentio domus septangulaeg dici/ur etiam universale in

tentiol quam nihil prohibet opinari. quin praedicatur de multis, sicut sol et

terrag haec enim ex hoc, quod intelliguntur sol et lerra, non est prohibitum quan

tum ad intellectuml posse intentionem eorum inveniri in multis . . . . .. Possunt autem

haec omnia convenire in hoc, quod universale est i'd, quod in intellectu non est im

possibile praedicari de mnltisl et oporte-tj ut universale logicum et quidquid est simile

ei sit hoc. Vgl. Anm. 150.

90) Log. f. 3. v. B: Non curas autem secundum hoc, quod es logicusj qua

liter sit haec compamlio, et an intellectus ex hoc, quod est unus in quo multa

conveniuntv habeat esse in ipsis rebus. quae in ipso conveniunty vel esse separatem

cztra per se praeter esse, quod habet in uno intellectu ; consideratio autem horum

alterius (wohl zu lesen alliofix) doctrinae est aut doctrinarum duarunL S. jedoch

unten Anm. 176 m

91) Ebend.: Praedicatio autem fit duobus modis. quia aut univoce, sicut hoc

quod dicimusl quod Socrales est homo, „liomo“ enim praedicatur de Socrate vere et

univoceg aut denominativey ut albedo de hominel dieitur enim hamo albus e!‘ habens

albedineml nec dicitur esse albedo Noslm autem intentio non est hic nisi de

eo, quod praedicaqu univoca Diess ist principii-il benützt bei Albert. M, De prac

dicam. l, 3, p. 99. A: U! dicunt Aviccnna et Algazel omnr, quod ut univer

sale de multis et de sibi subiecta-praedicatum univoca dicitur

92) Log. f. 3. v. B: Enumeraln'mus ergo partes universalis. secundum quod

comparatur ad particularia unieoee et dat eis nomen et diffinitionem Dieemus,

quod omne quod est essentiam bohrt, qua est id quod est et qua est eius necessitas

et qua est eius esse. Essenlia autem uniuseuiusque rci una csl; sed quod est unum

absolutum. non est id quod est ex multis intellectibusy ex quibus coniunctis pro

veniat una essentia (exemplum autem huius non invenitur in rebus sensibilibus. debes

ergo nunc credere eius esse),- aliquando autem erit unum aliquid non absolutum,

cuius esse et veritas composita est ea rebus et intentionilms, ex quibus coniunctis

prevenit essenlia rei, cuius exemplum est homo. '

aaj l‘. 4. r. A: veritas autem sui esse non est nisi humanitasy- ergo id quod

seo XVI. Avicenna.

die einfache Antwort auf die Frage „was?“‚ oder sie geben diese Ant

wort mittelst der Bestimmungen, welche dein einheitlichen Verbande

der Wesenheit unerlässlich vorausgehen müssen, oder endlich sie ent—

halten jene Eigenthümlichkeiten, welche ausserhulh dieser beiden Mo

mente liegen, und sowie sie im letzten Falle accidentalia beissen, se

werden sie im ersten significantia esse und im zweiten essentiatia oder

noch besser substantiatia genannt“). Die vergleichende Beziehung

aber, welche das substantiate aut die betreffenden Einzeldinge habe.

liege für die Logik darin, dass es eben nur als der Wesensgrund des

Particularen betrachtet werden kann, da durch dessen Aufhebung auch

das l’articulare aufgehoben wird 05). Indem aber Letzteres auch von

Einigen so aufgefasst wurde, dass man das Substantiale kurzweg als

constitueus bezeichnete und in die Unaufhebharkeit desselben den Unter

schied gegenüber dein acoidentate verlegte 96), so erhebt Avicenna hie

gegen Bedenken, da der Begrill' des coush'hsem, welcher stets den

eines Anderweitigen in sich involvire, nicht vom eigentlichen Substan

tiale, sondern nur von dem das esse Bezeichnenden gelten könne und

ausserdeui bei willkürlicher ldentiiicirung mit dem eigentlichen Substan

.i.

est unumquodque singularey est ex eius humanitatev sed speciate acquiritur ez quan

titate et qualitate et ceteris. E! habe! etiam alias proprietates praeter humanitatem

in quibus conveniunt homines Sun! verae proprietates hominis communia sicut

hoc, quod est rationalis seu habens animam rationatemt et sicut hoc, quod est risi

bitis naturaliter. Sed Iwc, quod est/rationalisl est unum eorum, ex quibus coninnctis

con/latus est homo; quod autem risibitis est naturaliter. est quoddam quodl cum

humanitas con/tota est ex his ex quibus constatl fuit necesse accidere et comitari.

Mctaph. v. 6, f. 90. r. B: Pracdicabite aliud est praedicabite constitucns quiddi

tatem subiecti et aliud est praedicabite comitans quidditatcm eins, non consti

tuens ittud.

94) Log. f. 4. r. A: Jam ergo pale! ez hoc, quod haec est vcra essentia rei

et sunt hic proprietates. ez quibusdam quarum et ex aliis constat veritas rci, quae

dam vero (der Text gibt ergo) ex his sunt accidential quae non comitantur in esse

eius. E! verba uuiversatial quae signi/ieant esse unius rei aut muttorunu illa signi

licant ea. quae respondentur ad quid, non alio modoj si autem significan! eo, quae

necesse est praecederc in esse ad essentiam rei ila, quod e: coniunctione comm

proveuiat esse rei debent vocari verbum essentiatel quia rcspondentur ad quid;

quod autem signi/icat proprietaterm quae est praeter illa duo. sive sit communitas

sine non, ipsum voces accidentatq et cius intentio vocatur ouod putatur verbum substantiale, convenientius est ut conitnitnrenattio ionctceindteinotnaelsis consti

tuentes esse rei, et ut verbum significans esse rei non sit substantiateq ut „homo“

non es! substantiale hominil sed „anima!“ et „rationale“ sunt substantialia homini

95) f. 4. r. B: Hoc autem quod dicimus substantiate. quamyis secundum na

turam locutionis singularis habeat intentionem comparabitt-ml tamen serundum pta

citum togicorum significa! aliam intenlioncm; e! hoc est. quod verbum universale

est, quod significat inlcnlionem, cuius comparatio ad singutaria tatis estl quod cum

putabitur non esse substantia iltorum particulariuml non habebit esse, non quia

horum substantia particularium debebat primum destrui. ut sic possit putari illa

destrui. sed quia et illius destructione sequitur destructio ittorunL

96) Ebend..' De discutienda quod dictum est de substantiuti et accidentali. tarn

dixerunt in distinguendo substantiate ab accidentali1 quod substantiate est constiluens,

accidrntalc vero non est constituens. Sed non discernuntl qualiter est constituens et

qualiter non constituens. bisce-runt etiam‚ quod substantiate impossibile est putari

destructum. ut remanent subiectumv accidentate vero possibile est pulari destructum

ut remancat subiectum

XVL Avicenna. ‘ 327

v

tiale uns in den über Letzteres entstehenden Schwierigkeiten um keinen

Schritt weiter bringe; und in ähnlicher Weise sei, was die Unauflieb

harkeit des Substantiale betreife, doch noch erst der Unterschied zwi

scheu den wesentlichen Eigenthümlichkeiten (d. h. proprium, z. B. risi

bile bei homo) und den zufälligen Merkmalen zu erwägen, denn erstere

seien in gleicher Weise wie die Suhstanlialia unaufhabbar, wol'erne nicht

ihr Träger zugleich ttiitaufgelioben werden soll, und der wesentliche

Unterschied des Substanliale könne daher nicht in jener Unaufliebbarkeit

liegen “7); auch sei es allerdings richtig, dass bei denkender Betrachtung

der Substantialien das constituens vom constitutum nichl losgelrennt

werden könne, aber bei den Aecidenzen könne eine Lostrennung von

ihrem Träger gleichfalls eine i‘älschliche sein, sobald nemlich ein Acci

dens unmittelbar ohne Mitwirkung eines anderen Accidens den Träger

ursprünglich begleite, und gerechtfertigt sei es nur dann, ein Accidens

ohne seinen Träger zu denken, wenn dasselbe erst mittelbar durch ein

Anderes mit ihm verbunden ist”); ja Avicenna dehnt die Distinction

noch weiter aus, indem er von der nothwendig zu denkenden Eigen

97) l'. 4. v. A: Potest autem aliquis diseutere veritatem et falsitatem in his.

bicemus ergo, quia hoc quod dixerwrl, quod subslnnliale es! constiluens, non con

tinet de substantialis natura, quod es! non signi/icans esse; constituam enim est

continens aliud a se Si autem volunt constitutus intelligerei quod non intelli

gitur ex significatione sui nominis. sed volunt intelligere idem quod de substanliab',

contingit eos inducere nomen mullivocum, quod abstulerunt ab eo, cui primum im

posuerunh nec signanl intentionem eins, ad quod transtulerunty et erit labor idem

de constituente et de substanliah', quorum unumquodque tanta cgebit expositione

quanta et alterum. contra hoc unter", quod nituntur de destruetione. in opinione

debes meminisse, quod praedictum esta scilicet quod intentia universalis habet pro

prietatesy quae sunt primo necessariael quibus postea cfficilur, e! habet alias pro

prietates. quae concomitantur et sequuntur eam, cum ipsa intentio fuerit hubila,

nihil autem potest intelligi esse remotis illis proprietatibus ab eo, quae necessarioe

sunt ei ad hoc, ut liabeat esse E! quandoquidem sie est, tune proprietatesa

quae dicuntur substantialesl ezr intentionibus intelligibilibus debent neeessariae in

telligi ad subiectum hoc modog esse enim non intelligitur in intellectu nisipraecedat

prius eorum intellectus. Aeeidentia vero alia intelligere non es! prius quam intelli

gere ipsum esse, sed sunt eoncomitantla et consequential quae non sunt eonstituentia

esse ergo esse statuitur sine iltisg postquam autem statuitur sine illis, tune

non est longey quin intelligatur ipsum esse, quamvis non praecesserint ipsa vel non

acciderint intelligi.

98) Ebend.: .lam autem scis, quod hoc intelligere non uolo dicere hoc, scilicet

ut cum intellexeris aliquid et aonsideraveris in e/fustul quod intelligas etiam partes

suorum eonstituentiurn in efleclu, [ortessis enim non considerabis partes in tuo in

telle-alat sed dico, quod si consideraveris constituens et conslilumm, non erit tibi

passibile removere constitutum a constituente se laliler, ut verum sit constitutum

habere esse in intellectu non habente esse constituens se; et quando quidem ita est,

esse debet impossibile ea removeri ab eol imo debet habere ista sine dubio. Acet

dentia autem non nego, quin vere statuantur esse in intellectul cum non intelligatur

habens illa1 sed intellectus remanet ista ab eo [als]; hoc autem non af/irmo de omni

bus accidentibusi accidentiurn enim quaedam concomitanlur esse principaliter et

manifeste non rncdiante alio occidental et tunc impossibile est ea removenf ab esse

remanente esse, sicut hoc, quod triangulos es! hm'usnmdi, quod aliquod laterum

eius potest protrahi in direclum in opinione possibile est autem. quod esse

accidentis sit alio mediante, quod si non attendetur. poterit removeri a subieclo.

sicut hoc, quod omnes duo anguli trianguli sunt minores duabus rectis.

328 xvlj Avicenna,

lhümlichkeit die nicht-nothwendige‘in vier Abstufungen unterscheidet 99).

Hieran aber reiht sich nun noch ein anderer Gegenstand der Discussion,

welcher für das Folgende grossen Nutzen habe; nemlich es handelt

sich um die Frage, oh das Universale als signi/icarus esse (Anm. 94)

wirklich nach dem gewöhnlichen Sinne das nemliche sei wie dasjenige,

was im Substantiale bezeichnet wird ‘00). Hiebei jedoch bleibe es un

erklärlich, warum man dann das Substantiale dennoch nicht mit dem

artmachenden Unterschiede identificiref‘denn das esse in jener secun

dären Bedeutung, in welcher es das Suhstantiale ist, werde eben doch

in solchen Wesensbestimmtheiten ausgesprochen, welche von den Logi

kern stets als die in einer Gattung auftretenden Unterschiede bezeichnet

wurden; nach jener Ansicht aber komme das Substantiale in keine Be

ziehung zur Gattung, welche man doch als ein eine Manigfaltigkeit Ent

haltendes bezeichne, sondern indem man das Substantiale auf das blosse

quid beschränke und von dem quale quid lostrenne, wolle man gar

nicht zugeben, dus eine und die nemliche Bestimmtheit als esse auf

trete, insoferne Mehreres in ihr zusammentrell'e, und zugleich auch als

quale esse, insoferne jenes Mehrere sich von Anderem unterscheide;

hingegen klettere man unbekümmert um diese Fragen lediglich von der

Gattung abwärts zu den Arten und dann zu den Unterartetlm‘). Das

‘/‚|--\

a

99) f. 4. v. B: Potet ergo es: hoc, quod proprietatum quaedam est, quam

possibile est negari in actus ct quaedam est, quom possibilc est in intellectu negari

haberc esse ‚ et quoedam, quam possibile est negari in intellectu absolute, et quae

dam, quam impossibile (zu lesen possiliile) est negari csse aliquo modo, cum sit

accidensv et quaedami quam impossibile est uegori, cum sit substantialc.

100) Ebend.: ld quod signi/isat esse, dixerunt csse signi/icativum substantiolis

communis quantumcunquc faerit; et non pervenit ad nos de hoc plus discussionis.

an ergo perquiramus, an i‘d, quod intelligitur de hoc aerho, secundum sensum rul

garcm sit haec intentio armen, et an, quod sciunt minores et consentiunt in eo

tanquam in authcnticoj significet illud. Cum enim fecerimus hoc, ostendetur nobis

magna utilitas. ldcm autem intelligitur secundum sensum oulgarcm nunc significan

dum. Signi/icaticnm enim esse rei est i'd, quod significat intentionem. qua res est

id quod est; res autem non fit id quod est, nisi cum omnes suas habet proprietates

substantialiter tam communcs quam proprias

101) f. 5. r. A: Mirum autem est de multisl qui tenenti quod substantiale

et quod significat esse sunt unum, et non ponuntj quod substantiale sit proprium

significativum esse eins, cui est substantialel scilicet id quod eocabirnus postea difle

rentiom. Hoc autem stullum cst. cognitio autem dispositionis eins, quod signi/kat

esse secundum positioncm secundum ct sensus maiorum hoc est. scilicet quod ini-c

nimm animal et sensit/ile pracdicari de homine et equo et bove; deinde invenimus

auctores artis dicentesl quod scnsibile ct omnino quidquid est huiusmodi ex his,

vocantur differentiae corumy quae dicuntur genera, et ponuntur substantialim Et

non ponunt ea esse aliquid illius tolius, quod vocatur gcnusy et omne, quod est

signi/icativum esse et continet multa diverse, ponunt genus Ouod enim dicitur

signi/icare quale quid substantiale commune, ponunt diversam ab eo, quod signi/imi

esse substantiale communc. Ergo non tcncnt congruum esse, al unum aliquid compa

ratione multorum sit esse et quale esse, ita ut ex eo, quod conveniunt in eo illa

multa, sit eorum esse, et in hoc, quod per illud difl'erunt ab aliis multis, sit corum

quale esse Scd cum invcniunt genusp quaerunt aliudv quod sit difl'erentia, quae

constituat gennsy si est quod habet differentiam constituticamg similiter cum inveniunt

species. quacruril alia extra earum essentiem, quae sunt earum differentiae. Si

autcm id non esset signi/icativum esse, nisi cum esset genus aut spect'es, tune, cum

XVI. Avicenna. - 329

J

Richtige hingegen liege in jener obigen Unterscheidung (Anm. 94), und

es sei nur zu bedenken, dass das significans esse entweder auf eine

Mehrheit von Dingen sich beziehe, welche in ihrem Suhstantiellen sich

nicht unterscheiden, wie man z. B. von Sokrates und von Hippckrates

„Mensch“ aussagt, oder auf eine Mehrheit, welche innerhalb ihrer noch

substantielle Unterschiede enthalte, wie z. B. „Thier“ vom Pferde und

vom Esel gilt‘o'z); nemlich im ersteren Falle enthalte das significatio

esse das substantielle Wesen des Einzelnen und lasse nur noch acciden

telle Eigenthfimlichkeilen offen, im letzteren hingegen sei mit jenem

esse das substantielle Wesen noch lange nicht erschöpft, sondern gerade

die Suhstantialien, welche in den artmachenden Unterschieden liegen,

seien noch im Reste‘03)‚ Bei der Bezeichnung aber (significau'o) sei

nicht zu vergessen, dass die primäre immer die wesentliche bleibe 104),

und so stehe die Bezeichnung der parilt'tas, d. h. der Wesensgleichheit,

an der Spitze, und andere, wie jene der continentia und der comi

tantia, seien erst abgeleitetelo'“). Und was nun die Frage betreffe!

oh nicht das Substantiale zugleich auf das quid und auf das quale quid

gehen könne, und sonach eine Zweitheilung unhaltbar sei, so löse sich

dieses Bedenken dadurch, dass das quid Eines Dinges zugleich das

quale anderer Dinge involvire, jedoch nie das Suhstantiale eine acci

dentelle Qualität desjenigen sein könne, dessen Substantiale es eben ist,

est significatiuum substantialis in quo convcniuntl iudicium eius esse! diversam ab

hoc. Suut autem haec quaedam prohilientia verum esse quod dixerunt u. s. f.

102) f. 5. r. B: Diccmus, nunc iam ostensum esse, quod verbum incomplezmn

universale aut est substantiale aut accidentale, et quod es! substantialc alicuiv aut

est aptum signifcare esse aliquo modo aut non est aptum Significans autem esse

est aut quod significat esse multoruml quae non differunt substantialiter. aut signi

ficat esse multorumy quorum essentiac diffcrant substantialitm Ezcmplum autem

primi est nomen solis aut nomen hominis1 quando vocatur homo Socratcs e!

Hypocros; exemplum autem secundi est significatio huius nominis „animal“, quam

de equo et asiuo simul alicui interrogantil quid suntl respondet/itum quod sunt ani

malia.

103) f. 5. v. A: lii/ferentia autem duorum modorum haec csl, quia primus

modus es! signi/iram esse collcm'onis, c! tunc uniuscuiusque nomen eum nominis

significat et integre veritatem substanlialcm, quam habent Socrates cl Hypocras, nec

extendit eam nec relinquitur ab ca, nisi quod proprium cst uniuscuiusque de proprie

tatibus accidentnlibus, sicut iam nosti ex praedirtis. De modo vero sccundo lu sei's,

quod animalilas sola est (zu lesen non es!) significativa esse hominis et equi unius

cuiusque per sc, ex eo enim sata non est unumquodque eorum id quod cs!,' ncc

accedunt istam accidentalibus di/I‘crenliis, sed substantialibus; quidquid autem habent

commune de esse, nomen animalis signi/ira!; sensibile vero significat partem totiusa

quod complectitur significatio huius nominis „animol“; cst igiturrpars prrfcclionis

veritatis cnram, in qua convcniunt non integri-g similis cst dispasitio rationalis com

paratione hominis.

104) libi-nii Sensus enim dr significatione nominis csl, ut nomen sit illius

intentionis-1 quae rs! ez prima imposih'onc, unde etiamsi fuerit alia intentio adiuncta

primae extrinsccus, quam percipit intellectusl quando percipit primam, non ideo nomen

erit significativum eius secundum impositionem primam

105) f. 5. v. B: Si autem volumus hoc totum complecti ct acquircrey dicemusl

quod significatio dictionum est tribus modis, quia es! significatio parililalis, u! hoc

quod cs! animal, significat corpus habens animam sensibilemg c! significatio conti

nentiaev ut significatio corporis ab animali; et significatio comitantiae, ut ex tecti

significatione fundamentum Alfarabi hatte noch ausführlicher distinguirt, s. Anm. 21.

330 XVI. Avicenna.

und ebenso sei auch hinwiederum das quale quid befähigt, nach einer

anderen Seite zugleich ein quid in sich zu schliessen ‘05). kurz das

jenige Universale, welches Substantiale ist, kann nach Seite des quid

je nach der Grösse des Umfanges als Gattung oder als Art auflrelen,

aher nach Seite des quale ist es die Differenz, und jenes Universale,

welches Accidentale ist, zerfällt in die eigenthümlichen und in die ge

meinsamen Merkmale; sämlnlliche flint aber sind nicht in absolutem

unabhängigen Sinne zu verstehen, sondern beziehen sich stets auf einen

bestimmten ihnen angehörigen Umkreis l07). '.

Indem nun Avieenna nach solch ausgedehnten Erörterungen, aus

welchen ich nur das Hauptsächlichste und für die Lateiner Einllussreiche

hervorgehoben habe, endlich sich an die Besprechung der einzelnen

fünf Universalien maehllonjs hebt er zunächst, was genus hetrill't, die

Seite der Wortbedeutung hervor, indem die Auffassung des Gattungs-.

begrill‘es ursprünglich von dem Begrill‘e eines Geschlechtes und auch

von genealogischen Traditionen in den menschlichen Künsten und Be

schäftigungen ausgegangen und erst hernach auf die logische Bedeutung

im Sinne der Definition des Porphyrius übertrageü'worden seil”).

106) Ebend.: Si quis autem dizeritl quod aptum est ad quale quidl ipsum

etiam aptum est ad quidp sensibite enim, quamvis negatur signifirare esse hominis

et equi et bouis ad modum generis vel specieiy non tamen negatur signi/icare esse

commune audienti et videnti et tangenlig unde non oportet substantiate dividi in id

quod responrlctur ad quid et in id quod respondctur ad quale quid, ita ut alterum

non contincatur in allem,- non enim constatl ut quidquid signifcauerit quid ext, non

significet quale quid; unde compellunt concedere, quod nixistis, debere alios divers.

Respondemus ad illud, quod prima quaestio solvelnr, cum scielnr, nos non negare,

quod illuds quod significat quid sunt aliqua, significet quale quid sunt aliay quia

concedimus hoc; non enim negamusl nisi quia verbi gratia sensibile est signiicans

esse speciate et per hoc non debet esse contentio in hoc quod dicimasl quod

substantiale non est accidensg nostra enim intentio est. quod non est accidentate ei,

cui est substantiale. Ouaestio autem secunda solvitur per hoc, quod non intelligimus

significans quale quid aptum tantum ad quale quid absque quidy ita ut eius signi/i

catio non sit nisi intenlio intrinseca ei in nomine signi/icanle esse generale aut spe

ciale, sed intentio constituliua qua di/l'erunl; cum autem dicimus signi/imus quale

quidl intelligimus hanc intentionerm

107) l. 6. r. A: Unde esse substantiate universale aut significat (offenbar aus

gefalllen im .Texte ist esse magis commune et vocatur genus. aut signi/imo esse

minus commune et vocatur speciesv aut notat quote esse et vocatur di/ferentiag sic

universale accidentate aut est proprium et vocatur proprietas, aut convcniunt in ipso

multa et vocatur accidens commune; hoc autem quod est genus, non est genus in se

nec in comparatione omm'um, sed est genus 00mm, quae conveniunt in co; similiter

species non est species in se ipsa nec in comparatione omnium reruml sed in com

paratione eius. quod est aliquid in ipsas praeter hoc etiam di/fercntia non est difl'e

rentia nisi comparatione eiusl quod dividitur in sua essentia per illamg similiter

etiam proprietas non est proprietas nisi comparatione eius, cuius naturae accidit

tantumg similiter accidens commune non est accidens nisi comparatione eius, cui acci

dil, et non aliter. (Aehnlieh bei Schmülders, Doc. p. 29., u. vgl. unten Anm.

172.

108) Ehend.: nunc ergo loquamur de unoquoque eorum per se, et deinde to

qucmur de eorum communitatibus et differentiis, sicut habet ususl incedcntes secundum

viam aliorum.

109) Ebend z Dicemus, quod verbum signi/imus intcntioncm generis prius apud

eos secundum primam imposilionem signi/icabat aliud et deinde per impositioncni se

-w-u-fg-f-m- _.„_‚

iuo-dul- m 4*

XVl. Avicenna. i aai

lndem er aber durchaus von dem Standpunkte der griechischen commen

tatoren (Abschn. XI, Anm. 51 u. 133 ll'.) inficirt ist, fühlt er sich ge

drungen, sofort vor der näheren Erörterung des Gattungsbegrill‘es gleich

hier aut die Lehre von der Definition hinzuweisen (wenn auch mit dem

Vorbehalte einer späteren Auseinandersetzung), und er wiederholt die

schulmässige Notiz, dass bei schlechthin einfachen Wesen die blosse

Namensbezeicbnung an Stelle der Definition treten müsse, bei jenen

Wesenheiten aber, welche aus einer Mehrheit von Substantialien ver

flochten sind, die Definition in Angabe des genus und der differentia

bestehen“), während die Beschreibung (Abschn. Xl, Anm. 138) Sieh

nur in den äusserlichen Anzeichen des Gegenstandes bewegelu).

Hierauf nun l'ulgen Controversen über den tioltungshegrilll indem zuerst

das Bedenken, dass in dem Inhalte eines Gattungsbegrill‘es wieder andere

Gattungen liegen können, und liicdnrch möglicher Weise eine Gattung

von einer ober ihr selbst liegenden Gattung ausgesagt werde, dadurch

seine Erledigung lindet, dass eine solche Aussage eine accidentelle sei,

indem der Gattungsbegritl‘ seinem Wesen nach eben ein colleetiver

cundam translatum est ad signifcandum intentioneny quae apud logicos vocatur genus

(vgl. Ahschn. Xl, Anm. 40.). llli autem intentione-un in qua multi conveniebant.

vocabant genus veluti gentem (der Text gibt gcnus) eorum, ut „Caesares“, au!

patriam, u! „Acgyptii“ yidetur etiam mihin quod officia et artes vocabantur

genun E! quoniam haec intentio. quae nunc vocatur apud logicos gennsy fuit unum

in intellectul quod habet comparutionem ad multal quae conveniunt in eo, quia in

lingua sua non erat ei nomcn, qua appellarentur ea, quae sunt inter se similz'a,

transtulerunt ad hoc et vocaverunt genus hoc, scilicet de quo loquuntur dialectici et

describunt dicentesy quod est i'd, quod praedicatur de pluribus differentibus specie in

eo quod quid csL Jener Beisatz belrell's der Künste, welcher bei Boelhius sich

nicht tlndet, ist hervorgehoben bei Albert. M. De praedicab. llly l, p. 27. B: Es!

autem attendenduml quod Avicenna in primo libro logicac suae diciL quod isti ambo

modi cxtendtmtur etiam ad arti/icialiaj aliquando enim fabri dicuntur Tabu!

caitac a Tubalcaim, qui artem fabrorum inv'enü.

nm l. 6. r. B: Prius autem quam incipiamus exponere hanc descriptioneml

involvoinus facile sensum di/‘finilionis ct descriptionisy sed iii/feremus expositionem

earum usque ad Iocum, quo ostcndcmusl quid sit syllogismus demonstrative: (s.

unten Anm. ne fl'.). Dicamus ergo, quod primum, quod praedicatur et quaeritur

in difpniendo hoc est, scilicet ut nomen significe! esse rei. Si autem intentio rei

fuerit intentio incomplcza non composita ca: multis intentionibus. tunc non debet '

signi/icari cius substantia nisi nominel quod tantum significat ipsam substantiaml et

hoc erit nomen eius tantum nec crit aliquidy qua potius significatur esse rei, quam

proprium nomen Pius; . . . . ‚. quod ergo est huiusmodiy non habet di/linitiuneml sed

habet nomcn, quo ostendentur ei extra et accidentia et comitantia. Si autem intentio

substantiae fuerit composita ex intentionibus. ex quibus est eius esse ita, quod hae

deiit ci esse, quia ile substantialibus magis proprio sunt ei genus et differential

di/ferentiam autem di/fcrcntiac c! genus generis et quod componitur ez illisi habet

inediante alio, quae continentur in genere vel dificrenlia, oportet idra, ut di/finitio

sit composita ex genere et differentiaj cum autem dederint genus propinquum et tii/re

rentiaml quae est post ipsum con/icietur ex eis diffim'lio, sicut hoc quod dicitur de

di/finitionc Imminis, quod est animal rationale.

lll) Ebend.: In descriplione vero non quaeritur nisi ut componatur oratio ez

consequentibus rem, quae sunt ei paria, quae habebit quidquid continetur sub ea et

nihil aliuda ita ut signi/icet eam significatione siyni; convenientius est aulem, ut

prius ordinetur in ca genus aut proximum aut longinquuml et deinde apponantur

accidentia aut proprietatcsj quod si ita non fucritl crit tunc descriptio vitiosa.

m

.1

332 V XVl. Avicenna.

seil“), d. h. das bezüglich des Inhaltes auftauchende Bedenken wird

sogleich durch jene bei den griechischen Coutmentatoren allein herr

schende Auffassung (Abschn. Xl, Anm. 43) beschwichtigt, wornach die

ganze Lehre vom Begriffe um der Tabula logica willen ausschliesslicb

den Umfang im Auge hatte, und so trafen für die Lateiner in dieser

Corruption der Logik die Araber nachbarliobst mit der Tradition des

Boethius zusammen. Noch einlässlicher aber beschäftigt sich Avicenna

mil der Frage‚ ob denn die Definition des genus und jene der species

sich nicht gegenseitig im Kreise drehen, da genus mittelbar durch spe

cies und species mittelbar durch genus delinirt werde, was ein unwissen

schaftliches Verfahren sei; über die Lösung aber, welche von Anderen

auf Grund der Annahme beigebracht wurde, dass genus und species

relative Begriffe seien‚ welche eben darum wechselseitig durch sich

selbst erkannt werden müssen, geräth er völlig in Entrüstung, da ab

gesehen von der Verwirrung bezüglich des Begriffes der Relation der

Kernpunkt der Frage (ob nemlich wirklich in jenen beiden Definitionen

Unbekanntes durch Unbekanntes demonstrirt werde) übergangen sei "3);

denn man müsse doch vor Allem unterscheiden zwischen jenem, ex

quo aliud scitur, und demjenigen, cum quo aliud scitury indem nur

bei ersterem eine Priorität in der Demonstration bestehen“). Und so

112) f. 6. v. A: Contingun! autem circa hoc quaestiones multacl quarum uaa

2st, quod si genus habet aliquidy quod sit et quasi genus et hoc est praedicatum

de muttis, tunc genus praedicabitur dc generey quod est supra so. Ad quod respon

demusr quod praedicatur de mullisl praedicatur de genere ut gennsy sed genus de

eo non ut gennsy sed ut accidetth non enim dicitun quod omni praedicato de multis

accidit genus nisi aliquo respertul sicut animali accidit generalitas aliquo rcsprctul

scilicet respectu eomnzunitatis.

113) Ebend.: ltem quaeritur de hoc, quod accipimus nomen speciei in diffini

tione generis. Cum enim volueris di/‘finire sprriem, videtur necessario apponendnm

nomen generi-sp sicut postea ostcndetur, ‚cum dim‘tur, quod species est id quod poni

tur sub genere Sed interroganti videtur esse ignotumg ostendere enim ignotum per

ignotum non est ostendere nee declarareg omnis autem dif/initio vel descriptio est

declaratio. Ad hoc autem iam responderunt quidam dicenlesl quod quia duorum rela

lieorum unum non intelligitur esse nisi comparatione alteriusl genus autem et species

rclotiea saut, ideo debet unusquisque corum decipi in descriptione alterius necessario;

uuumquodque enim eorum non est id quod est nisi ex comparatione alterius. llaec

autem descriptio auget dubitationem in aliisy quae sunt praeter genus et speciem, in

quibus est implicatum, quod in genere et speciei augmentum vero implicationis non

est cxptioatio. lndogator etiam dicet tibir adapta dif/initionem relativorum cum dif

finitione generis et speciei et fac scire1 quomodol cum sint simul incognitas scitur

alterum per alterum ltem in solutione solent considerari propositiones quaestionis

et destrui altera vel utraque; in hoc autem solutionel quam hic inducity non con

sideraeit propositionesc non enim dicitv quod genus et species utraque non sunt

incognila apud introducendum nec dizit, cum sciatur alterum ez altern, quum ipsum

sit ignotunty „non est hoc dicere ignolum per ignotum“; hoc enim negare impossibile

erat enim nec poterit etiam nogure, quod docere ignoturn per ignotunt non est decla

rare, nec dim't, quod ex ordine harum propositionum non prom-niti quod quaeritur

etc eisg quare hic non consideroait propositiones quaestionis nec suum syllogismum

in hoc feciL E! etiam accidit ei mazirqus error ez hocv quod non potuit invenire

dill‘erenliam, quae est inter id quod scitur cum aliquo et id est quo scilur aliud.

114) f. 6. v. D: Id enim ex quo aliud scitur est id quod per se scllur et fit

pars oslendendi aliuda cui quum adiuncta fuerit alia parsv pereenictur ad cognitionem

allerius. quod iam cogniturn fuerat nunquam ante illud. Ouod autem scitur cum

yvaLd .- AP- p i

XVl. Avieenna. asa

nach löse sich dieses ganze Bedenken dadurch, dass die übliche Deli

nition des genus vollständig richtig sich verhalte, wenn auch nicht die

species als solche ausdrücklich beigezogen werde, denn die Function

der Form und des artniachenden Unterschiedes, welche im Arthegrille

zur Erkenntniss komme, sei kein Correlatives für den Gattungsbegriil',

und die Definition des letzteren könne daher füglich dahin lauten, dass

derselbe von lllehrerent, was unter sich substantielle Unterschiede ent

hält, ausgesagt wird, ohne dass hiemit die Erwähnung des Artbegrifl'es

nothwendig würe‘w). Eben darum aber musste Avicenna in den Gat

tungsbegrill' auch die Forml'ähigkeit und Bestilnnibarlteit verlegen, welche

in ihrer Verwirklichung abwärts bis zu jenen Gestaltungen treibt, welche

nicht ‚mehr Gattungen sein können, und so gilt ihm die Gattung als die

primitive Grundlage l‘ür Erfassung des Was oder der quidditasl denn

der Gattungsbegrifl‘ kann nur dadurch „in eo, quod quid es!“ ausgesagt

werden, dass das actuelle und intellectuelle Sein der Gattung die Mög

lichkeit einer Formbildung durch substantielle Unterschiede involvirtuül.

Wenn übrigens diese Auffassung durch das traditionelle Beispiel des

aliquo est id quad, cum perfecta fuerit cognitio rei ex conventu ostendentium rem,

simul sicut res etiam sciclur Cum autem scinntur alia ex aliisj sequitun ut

cognitio unius sit prior cognitione alterius et non cum cognitione allerius; et ideo

id quod scitur cum aliquo aliud est ab eo est quo scilur aliud .. .. Unde dicimusy

quod relative non di/yiniuntur secundum hanc imperitiam. quam invenerat illc. qui

putat per eam solvere huiusmodi quuestlonemj sed in di/linitione relutivorum est

quidam modus collationis. per quem rcmovebitur haec perplezilas, citius declarationis

alius esl locus.

115) Ebend.: Postquom vero iam ostendimuh illum nihil delerminasse, redi

bimus ad id, a quo digressi sumus, diren!es‚ quod dif/initio generis perfecta estl

licet nan accipiatur in ea species secundum hoc quod species est et refertur ad ipsum

sed secundum hoc quod est essentia. Cum enim intelligitur ex specie esse et veritas

rci et fonnu non erit tunc species ad genusg cum enim intelligitur diffc

rentia inesse et formay iam perfecta est di/hnilio gencris. Cum cnim dizeris, quod

genus praedicatum dc multis diversis in se ipsis esse et formis et substantialibus

ad interrogationem per quid ‚mm, iam perfecta est di/fim'lio ycneris, e! non est ne

ccsse, speciem ex hoc, quod relata cslx poni in eius diffinitionej quamvis relatio

aliquo modo haec intelligatun Sed non est sie, u! propter hoc sit di/‘finilio, quae

est eorumi quorum unum iii/nititur ex alterol sed relativ, quae est hie, intelligitur

esse haec, quod quum dizen's, quod est praedicatum de multis diversis in esset iam

. posuisti diversa in esse praedicari de ipsol et hoc 2st, quod innuit de relationel

quae tibi accidit

116) Albert. M. Top. l, 2, 4, p. on B: Genus enim est primum subiectum in

quvlihel, ut dicit At‘icerma, formabile et determinabile di/ferentiisy usque quo for

metur in specialissimasl quae di/ferentiis non sunt forinabiles. et ideo nullo modo

possunt esse genus ouia vero genus est primunt subiectum eins, in quo ext,

ideo oporlctl quod in eo quod quid est pruedicetur. Ad hoc aulcm, ut dicunt

Aeicenna et Algazel, tria exiguntutz l/num quideml quod genus actu et intellectu

all, ut quid eius de quo pracdicetur secundum entern, quod sic sil per ali

quam potentiam. sed non de necessitate naturae et substantiae1 ita quod sic insit

vel ponatur sic inesse, sive sit sic sive non tertium es!‚ quod posito genere

statim potentia formati induta ponitur inferius et in quod formubilc est genus.

Ebend. De pracdicab. IV, ‘1, p. ai B: Avicenna enim dicity quod genus uniuscuius

que primum essentiale et in/onne subiectum estj quod priinum dicitur. quia in eo

est prima potentia et prima inchoatio ad esse rei secundum substantiam et quiddi

tatem. .

aai XVl. Avicenna.

Porphyrius klar gemacht wurde, so erhoben sich hiegegen bei den

Lateinern theilweise theologische Bedenken H7).

Mit den spitzlindigsten Distinctionen schlägt sich Avicenna bei Be

sprechung der spvcies herum, welche in der Reihenfolge der fünf Worte

darum den Vortritt vor dem artmachenden Unterschiede bekömmt, weil

in ihr die Wesenheit der Gattung die Grundlage bilde, auf welcher

erst die 'l‘hätigkeit der Form ihre Wirksamkeit beginnen können“).

Den hauptsächlichsten Gegenstand der controvertireuden Erklärung bietet

eine Unterscheidung dar, welche wir bereits bei Alfarabi (Anm. 28)

wenigstens im Keime vorfanden. Nemhch das Wort „spesies“, welches

ursprünglich in gewöhnlichem Sinne zunächst jede Form überhaupt

bezeichnete, sei dann darum, weil das unter eine Gattung Fallende ver

schiedene eigenlhilmliche Wesensformen zeigt, in technisch logischem

Sinne angewendet worden; hier aber seien sofort zwei Auffassungen

auseinandergelreten, indem man einerseits in allgemeinerem und weiterem

Sinne die Species in Beziehung zur‘Gattuug bringe und sie als dasjenige

definire, von welchem die Gattung ausgesagt wird, oder andrerseits im

eigentlicheren Sinne die species speciatissima ins Auge fasse als das

jenige, was von mehreren nur numerär verschiedenen Dingen wesent

lich ausgesagt wird “9). Welche von beiden Auffassungen, deren keine

weitab hergeholt sei, da beiderseits der Begrifl' der specialitas sich

leicht einstellen konnte, eine gesehichtliche Priorität in Anspruch nehmen

dürfe, laSse sich kaum entscheiden, doch spreche die Wahrscheinlich

keit für die zweiten“). Soll aber nun erörtert werden, in welcher

11'!) Albert. M. De praedicab. lV, 4, p. 42. A: Avicenna el Araties dimm, quod

animal rationale est ut genus ad hominem c! ad nuyt‘los; quod falsum estf quia

angelus nullo modo proprie est animali sed dicitur animal aliquando propter virere

secundum intellectum S. unten Anm. m

118) Ebend. IV, 1, p. at A: tractatam de specie tanquam Secundo universali

oogimur differre tractalum de di/ferentia et tertio loco inter cuius tamen aliam rationem dicit esse Aoiceuna hancl quia udniifvfeerrsenatliiaa npoonneraeal, in

qua est genus per cssentiaml cum differentia sil actus sine forma simplexl in specie

autem per essentiam est gcnus. .

119) Log. f. 7. r. A: Species autem apud graecos dicebatur secundum aliam

intentioneru praeter speciem logicamg numen em'm, quod transtulerunt graeci philo

sophi ad intentionem speciei logieae, prius imposuerant secundum primam institutiouem

formae um'usauiusque, et quia postea inveneruan quod ea quae sunt sub eodem _

genere habent formas ct esse, quae sunt propria unicuique rot-um, ideo vocaverun!

ea ea: hoc quod sunt ita speciesy et sicut nomen generis coutinebat intentionem vul

yarem et logicumy ita nomen speciei absolute continet intendonem cutgarem et logi

cam. E! sic nomen speciei logicac continet secundum logicos duas mlentiones, qua

rum una est communior et alia magis propria. Uommuniur autem intentio haec est,

quam dicunt referri ad genus et diffiniunt dicentesv quod est posita sub genere aut

de qua praedicatur genus substantialiter et alia lmiusmodi. lntentio vero magis

propria est, quam aliquando describunt secundum aliquem respectum dicentes. quod

est species specialissima et haec est, quae significat essel quod est commune pluri

bus non differentibus substantialiler . .. .. . Sod inter hos duos adus est dilferentiar

quum tantum secundum primam intentionern rcferatur ad gennsy sed secundum secun

dam inteutionem non rcferatur ad ipsum; ad hoc enimy ut praedirelur de pluribus

differentibus numero in quidy non est „Messe, m sit aliud quid communias quam

ipsa, quod praedicatur de ipsa.

120) Ebend‚: Deinde certissime nescioy ater eorum modorum secundum logicos

XVI. Avicenna. 335

der beiden Bedeutungen species in der Lehre von den fi‘mf Universalien

zu nehmen sei, so könne die Einlheilung der letzteren allerdings so

gestellt werden, dass nur die Eine Bedeutung der Species zulässig ist;

denn theile man die universelle Bezeichnung des esse nach dem Gesichts

punkte, dass das Einzelne entweder der Art nach oder der Zahl nach

verschieden ist, so sei die auf die Gattung bezogene Definition der

Species ohnediess ausgeschlossen, und theile man den ersteren Gesichts

punkt abermals nach der Möglichkeit einer Zulassung oder Nicht-zu

lassung eines allgemeineren Gaitliings-Pri'tiliirates, so liege darin die hlosse

Potenz einer Beziehung der eigentlich stricteren Species auf die Gat

tung 121); theile man hingegen die Universalien ohne Berücksichtigung

jener Verhältnisse, in welchen sie durch Vergleichung mit dem Ein

zelnen stehen, so gelange man ausschliesslich auf jene Definition der

Species, welche die relative Bezugnahme auf die Gattung enthalt‘n).

Aber hinwiederum könne ja eine Eintheilung unmöglich alle fraglichen

Gesichtspunkte zugleich lieri'iclisichtigen‚-und so ergebe sich auch hier

erst als eine Folge der Eintheilung die Erwägung, dass die Universalien

nii

fuerit prior; non es! enim lange, quod id ad quod primum transtulerunt nomen spe

ciei, si! id quod es! supra singulariag et deinde propter hoc, quod accidit ei habere

supra se aliam carnmuniorem, nocaneruntl quod est sub communi haiusmodi, speci

alitatemg nec etiam est lange, quod otia intentio antiquorum ait, scilicet (der Text

gibt sed) quia hanc intentionern comilabatur, ut esset species specialissima, e! prop

ter suam rclatianem restringentem specialitotem tantum absque generalitate posuerunt

digniorem tunc nomine speciaütalis, et quia est statim post singulaiia, vocato est

species. Hoc autem est quod ego nequeo discernere, quamvis magis foveam, quod

nomen non fuerit prius impositum speciei secundum respectum quo refertur ad genus.

l2l) f. 7. r. B: vellemus autem scire de specie. quae una m de quinque in

divisione prima, secundum quem istorum modorum est species. Dicamus ergo posse

esse, ut haec quinquemembris divisio fia! taliterl ut includat anum tantum duorum

modorum et non alium. Cum enim dicitur. quod nomen commune substantiate aut

dicitur significare esse aut nun, si es! significans esse, au! es! signi/imm esse com

mune differentibus (ansgefallen ist: specie, au! est significans esse commune diffe

rentibus) numero non speciev tunc membrum signi/trans esse continebat genus et

speciem, quae es! statim post singularia, e! excl'udi! respectum speciei secundum

intentioneml quae est in relatione generis secundum membrum primum. E! postea

praedicatum de multis differentibus specie in quid dividitur in id‚ quad es! sie de

quo non praedicatur aliquid haiusmodi, et hoc crit quod vocatur genus tontuml et

in idl quod praedicatur de multis, de quo praedicatur aliquid huiuamodi, ct secun

dum hunc respectum erit species. Sed haec divisio non attrilmit numerum speciolitatie

secundum intentionem relatum absolute, sed ostendit nobis potestatem haiumtodi spe

cialitatis secundum hunc respectuml scilicet quod es! genus et habet specialitateml

et ostendit nobis naturam speciei secundum respectum proprium salvam ct integrum

122) Ebend_: E! possibile es! autem dividi taliler, ut de! nobis speciem, quae

es! secundum intentioncm communeml et species secundum intentionem proprium sit

in secundo membra . . . . .. Cum autem dividitur universale secundum quod es! univer

sale, communicatior consideratio de illa cstl ut dividatur divisioncl quam habet

comparatione inferiorum suorum, quibus es! universale, et tunc remocebitur species

secundum intentionem communem et non habebitur postea nisi er alio respectu, et

tunc speries, quae primo percipimr, crit species secundum intentionem propriam. Si

autem non curaverit de hoc nec de dispositionibas universalium et de accidentibus

eorumy quae sunt inter illa ex hoc quod sunt universalia, sicut hoc, quod unum es!

communius vel magis proprium comparatione alterius et non comparatione singularium,

tunc prooeniet tibi species relative.

336 XVl. Avicenna.

je nach ihrer relativen Allgemeinheit miteinander verglichen werden

können 123); wenn man? daher sich aul diesen letzteren Standpunkt

stelle und sage, dass die quiddilativen Prüdicate nach grösserer oder

geringerer Allgemeinheit sich unterscheiden und hiernach entweder Gat

tung oder Speeies sind, letztere aber ihrerseits entweder abermals als

Gattung anderer Unterarten oder nicht mehr als Gattung auftreten kann,

so sei eine Eintheilung gewonnen, in welcher die relative Definition

der Species enthalten und zugleich die strietere nicht ausgeschlossen

seil“). Werl'e man sich aber auf die gewöhnliche Eintheilung der

Universalien, wornach in dem von ihnen umfassten gleichartigen Vielen

entweder ArtsUnterscliiede oder nur numeräre Unterschiede bestehen,

und im ersteren Falle entweder das Substantiale sowohl nach Seite

des quid (genus) als auch nach Seite des quale ldifrerential oder aber

das Aceidentale (accidens) vertreten sein kann, und ebenso im letzteren

Falle entweder das quid (apecies) oder das quale (proprium) bezeichnet

sein kann 125’), so gewinne man allerdings die slrictere Definition der

Species im Sinne der species speciatissimat gerathe aber in Schwieri -

keiten betrell's der Dill'erenz und der zu enge gefassten proprietas “6%.

123) Ebend.: Non debet autem quis credi-rel ut haec quinquemembris divisio

sit includcns omne id, in quo dividitur universale,- aliquando enim aliquid dividitur

in uüqua, e! excludunlnr ab eo alia. quae non includuntur nisi in alia divisioneg

animal enim cum dividitur in loquens et in non quueus, cxcluditur volatile et

gressibile mm debes autem persistere in diceudo, quod ltucc dioisio quinquemcm

bris debeat includere omnem intentionem cuiuscunque universalis et respectum eins,

sed debes scirel quod non ducit nos ad hoc implicitum nisi quia duo membra dis

creta conveniunt in uno nomine, quod est specics. convenit-titius est autem dicerev

quod cum haec quinque habita fuerinL provenit ex comparationeq quae est inter um,

aliquid aliud, scilicet dispositio eius‚ quod est magis proprium inter ea, quae prae

dicantur in quid comparatione magis communis, ita quod sit specialitas magis

propria

124) abeuth Si autem voluerit facere divisioneml ex qua detur nobis species

secundum intentionem relatam. quae est communioiy tunc convenit dicil quod nomen

substantiate aut praedicatur in quid aut mm; id autem quod praedicatur in qui-dj

intelligitur commune id, quod convenit responderi ad interrogationem factam de mul

tis. quid sint. beinde ilicemusl quod ea quae praedicantur in quid diffcrant in

communitate et proprietateg quaedam enim eorum sunt communia et quaedam commu

niorag ex praedicabilibus autem in quid ide quod est communiusp est genusbminus

communia et minus commune est species cammunioris. inventa antoni specie divi

demus aliter dicentes necesse esse, ut aut species fiat genus alii speciei aut nun.

Et haec divisio ostendit nobis quinque manifeste. et natura speciei secundum inten

tionem communem continetur in ca; species vero secundum intentionern secundum

includetur in ea aliquo modog sed in divisione prima non fuit ita.

125) l. 7. v. A: vulgata autem dioisio harum quinque aflinior est primae dii-i

sionig dividitur enim sic .‘ omne nomen incomplczum aut significat unum aut muttug

signi/icans autem unum est nomen singulareg Asiqnificans autem multa aut significat

multa differentia specie aut numero; signi/iocus vero multa differentia Specie aut cs!

substantiale aut cst accidentaleg si autem est substantiam aut praedicatur in. quid

aut in quale quid ; siyuificans autem multa differentia specie in quid ponitur genus;

aiynificans quale quid est di/ferentia/ accidentale vero est accidens communeg deinde

diciturz quod itl, quod significat multa di/fcrentia numerol aut praedicatur in quid

et est spei-iasi aut praedicatur in quale quid et sic est proprietus.

126) Ebend.: lluec autem eorum divisio non includit speciem secundum inten

tionem rclativum nec di/ferontium secundum quod est differentia Si autem consi

XVI. Avicenna. 337

Jedenfalls aber liege für die Species das Entscheidende darin, dass die

von ihr umfasste Vielheit nur. numeräre Unterschiede innerhalb -ihrer

selbst zulasse, denn hiedurch unterscheide sich die Species von Gattung

und von Accidens, und man müsse darum die numerären Unterschiede

in strengem Sinne auch nur von dem Nulnerären verstehen 127); andrer

seits aber unterscheide sich die Species von der Differenz und von

dem eigenthümlichen Merkmale durch den quidditativeu Charakter, und

somit bestehe die strictere Definition zu Recht 128). Hingegen habe jene

andere weitere Definition ihre Bedenken, sowohl wenn das Verhältniss

der Subordination unter die Gattung zur Hauptsache gemacht wird, da

dann eine Vieldeutigkeit der Subordination möglich hleibtlm), als auch

wenn man das Verhältniss der Aussage hervorhebt, da dann die übliche

derarcn!‚ quod tu postea scies, non possent reprehendij sed sciea, eos nec conside

rasse nec percepisse, et ideo non possumus eos edcusare; fortassis autem doctorum

primus (doch wohl Alfarabl?) cansideravit; e! in hac divisione non distinzerunt

inter proprietatem et differentiaml quam non habet nisi species, et erclusemnt pro

prietatem, quae est proprietas speciei mediae (s. unten Anm. 151.) et cumpar eins;

non enim assignauerunt proprietatem secundum quod est proprietas specieig sed secun

dum quod est proprietas speciei speciatissimaej sicut non assignaverunt speciem nisi

speciatissimam.

127) Ebend.: certificemus nunc vulgatos descriptiones speciei dicentesj quod

specieil secundum quod species non refertur ad genus, perspicitur diffinitio tatis,

quod ipsa est quae praedicatur de pluribus numero differentibus in quid; in qua

‚non convenit cum ea nec genus nec accidens communel- unumquodque enim eorum

praedicatur de multis differentibus specie. non autem de multis differentibus numero.

lioc autem quod dicitur de multis differentibus numero debet intelligi de numero tan

tum. Nisi enim sic intelligaturl ex hoc, quod praedicatur de multis differentibus

numerol non prohibaretur procdicari de multis differentibus speciei praedicatur enim

de multis differentibus specie aliquando, quod praedicatur de multis differentibus

numerog quare proprietas huius nominis non est specici, sed tantum eius quod prae

dicatum nisi sic ezeludatur id, quod praedicatur de multis differentibus speciel ab

eo, quod intelligitur de hoc. E! hoc esl, per quod differunt a specie genus et acci

densj aut per quod discernitur, ab ea differrey quae praedicantur de multis difieren

tibus specie.

128) f. 7. v. B: Sed non discemitur per hoc species a difl‘erentia, quae es!

propria speciei, sicut est rationale . . . . .. Atiqui autem uerbosi possunt excludere

ab nudi/finitione secundum hunc modum discernendi speciem a differentia. Modus

vero hic est‚ ut dicatur: ex natura speciei secundum banc intentionem debet non

praedicari nisi de multis differentibus uumerog sed naturae differentioe non debetur

hoc. Et hic modus est exreplus. Sed per hoc, quod praedicatur in quid, species

a differentia absolvitur et etiam differt a proprietate. proprietas enim non praedica

tur in quid. Ergo haec descriptio est reete assignatay quae non comitatur nisi in

tentiormn, quae dicitur species speciatiasimo.

129) Ebend.: Species vero, secundum quod refertur ad genusl habe! duas de

scriptionnsy quarum una est haecv qua dicitur, quod est posita sub genere, altera

vero, quod est id de quo praedicatur genus in quid. liebemus autem hoc conside

rare dicentes, quod si nposita sub genere" intelligitur‚ quod sit magis propria quam

ipsum in praedicationey si vero intelligatur de eo, quod universale est tantum

et non singulare, si vero intelligatur, quod es! propinquius sibi coniunctum in

illa sine mcdio. si vero intelligatun quod es! sibi coniunctum non in ordine

cnmmunitatis lanlum, sed in ordine intentionim si vero intelligatur. quod est in

cuius natura est commune Hoc autem nomen „positum sub genereu non signi

ficat hanc intentionem expositum tot modis nec secundum impositionemynec secundum

usw",- non enim memini , me aliquo loco librarum auclorurn huius artis inuenissea

hoc nomen sic debere/ intelligi. s

Pnnnny GeSch. I_l. 22

3,38 XVI. hvicenna.

Formulirung der Definition mangelhaft ist‘ao), — einer dritten un

wissenschaftlicheu Definition der Species gar nicht zu gedenkenla').

Aut‘ solcher Grundlage nun lenkt Avicenna zur Tabula logica des Por

phyrius ein (s. Abschn. XI, Anm. 41), in welcher zwischen genus ge

neralissimum und species specialissima die Stulenl'olge der Mitlelglieder

sich bewegt 132), und er glaubt hiedurch die Verschiedenheit der Aul

fassungen des Arthegrill‘es in das richtige Licht gestellt zu haben ‘33).

Die nähere Verdeutlichung der Tabelle des Porphyrius führt ihn auch

hier wieder aul' jenen obigen (Anm. 117) für die Lateiner bedenklichen

Punktw‘).

Indem sodann die Erörterung über differentia folgen muss, eröll'net

Avicenna auch diese mit der Frage über den Sprachgebrauch, welcher

nicht (wie bei genus und species) ursprünglich“ populär entstanden,

sondern von vorneherein ein Erzeugniss der Logik sei, indem man zu

nächst jeden substantiellen Unterschied mit jenem Worte bezeichnete

leop Ebend.: Deseriplio uero secunda haec est. quod species est, de qua prac

dicalur genus eius in quid, aut sic dicitur, quid es! id, de quo praedicatur genus

eius in quid. Contra timc, si intelligitur praedicari in quid, quod iam osleridimus.

oportet aliquid addi, quod es!‚ de quo et aliud praedicatur genus cius in quidr el

erit hoc proprium speciei Si autem ex hoc, quod intelligitnr, inter eum et cli/

ferentiam et proprietatem et accidens iii/ferentiaintelligilun inter eum et singulare

non est difl'erentia, nisi conlineatur in ea, quod sit universale huiusmodi

131) 1. 8. r. Az (Jui autem dif/init dieeus, quod species est id, quod est magis

proprium de duobus universalibus praedicabililms in quid, nescit dif/inire speciem

132) themin lticemus autem nunc, quod genus aliud est genus1 quod impos

sibile est /ieri speciem, quum supra illud non es! aliud communius genus, et aliud

es!‚ quod secundum alium respectum potest fieri species, quia habet supra se genus

cummunius quum sit ipsum. E! similiter speciess quia ulla est species, quam im

possibile est ficri genus, nam non esl species minus communis quam ipsa, et alia

est, quae alio respeclu potest fieri genus, nam sub ipsa es! alia species minus cum

munis quam ipsa. ordinabitur ergo genusmultis modis, quia aliud est supremum

genusl quod non est species ullo modo; et genus medium, quod est species et ymux,

sub quo est species el supra quod est aliud genusg et genus infimnm, quod est

species et genus, sub quo non est genus. Similiter et species, quia alia es! infimal

sub qua non est species ullo modo, nec est genus aliquo modo; et est species su

prcmu sub generalissimo yeuere, et supra eam non est species aliquo modo; et est

species 1nedia. quae est species e! genus, sed non unius est genus e! speries.

Vutyalum autem exemplum huius est categoria substantiae (d. h. die arbor Por

phyrianu),

133) Ebend.: Respectu inferiorum est duobus modis. scilicet in respertu eorum,

quod sunt sub ipsa , secundum hoc quod non sunt species, et etiam secundum quod

de illis praedicatur. llespectus oero, quem habet ad id, quod est sub ipsa secundum

praedicotiouem, utlribui! ei intentiouem specialitatis non relative ad geiles, c! haec

est intentio secunda eius. quod dictum est. Alias vero respectus attribuit ei, quod

est species e! non genus et quod est species spccialissima, et est species eo mullal

quo diximus. intellectus autem eorum Irium, quamvis sinlcumituntes ae, sunt

tarnen, llll-‘t’t‘sl; si autem species dicitur unaquaeque istarum intentionum, dicetur

de his tribus sola participatione nominisl sed dif/initionis ipsarum intellectu erunt

diversae. _

134) l'. 8. r. B: llla autem di/ferenlia, quam atlribuerunt subslanliues perre

niens usqua ad honu'nem, non est recta, quamvis non impediat intelligi id , quod

iutenditun corpus enim habens animam, cum compleclitur vegelabilia cum sensibi

tibns, non complectitur angelos nisi sola participatione nominis; ergo corpus habens

animum neu erit continens angelos u. S. w. '

XVI. Avieenna. ' 339

und hernach eine dreifache Abstufung bemerkte‘i“), insoferne die

Differenz bald im weiteren Sinne 136), bald in engerem 137) und bald

in engstem Sinne, d. h. als artmachender Unterschied, betrachtet werden

könne, in welch letzterer Bedeutung die primäre wesentliche Function

der Differenz liege, da das Auftreten der übrigen Differenzen von dem

Dasein dieser ersten schlechthin bedingt sei 138). Hieraus lliesse die

Distinction in trennbare und nntrenubare Differenzen, welch letztere

entweder dis’Substanz oder die Merkmale betreffen können, sowie die

Unterscheidung (s. Abschn. XI, Anm. 44) in die hloss alterirende und

in die artmachende essentielle Differenz 139). lnsoferne aber die Diffe

renz als eines der fünf Universalien in Betracht komme, müsse daran

festgehalten werden, dass sie von der Species nach Seite einer quali

tativen Bestimmung quale quid) der ihr entsprechenden Gattting

ausgesagt wird, wuhei zwar jenes qualitative Moment verschiedentlich

gefasst werden könne 140), aber nie die substantielle Function desselben

135) libellis Differential: nomen secundum logicos intentionem primam signi

ficat et seciutdam; haa‘uulem intenliones non sunt sicut intentiones generis et spe

ciei; prima enim positio generis non fuit nisi a vulga, lranslatio vero fuit a maio

rilzus; sed differentiae nomen primum togiri imposuerurrt et deinde transtulerunL

cuius prima positio est haecll cum (heiter, quod differentia csl, qua differt aliquid

ab aliquo substantialiterg postquam igitur sic factum estl debet differentia praedi

cari de tribus secundum prius et pasterius, ita scilicet ut differentia alia esset com

munis et alia propria et alia magis propriu. Dieses wiederholt Albert. M. De prae

dicub. V, l, p. 50. A.

136) Ebend.: communis autem differentia est i'd, per quod potest aliquid dif

ferre ab aliquo, quod iterum potest differre per illud ab ipso, et per quam aliquid

potest differre a se ipse in duabus temporibusl cuius exemplum sunt accidentia

separabitia. ‚ v

137) Ebend.: Propria vero differentia est id , quod accidentibus est praedicabile

comimns; cum enim dicitur aliquid differre accidente inseparabili ab eo, quod per

ipsum diffc-rtj semper erit differentia propria, ut differentia hominis ab equo hoc,

quod est carnis nitidum

138) f. 8. v. A: lii/ferentia vero quae vocatur magis propriaj est constitutiva

speciet', quae cum adiunyitur naturae yencris, efficit illud speciem - et deinde comi

tatur et accidil, quidquid cumitutur et acciditj et haec est substantialis naturae

yencris, quod constituitur in esse spraici, r! haec da! esse et distinguit et desiynul;

sicut est ratio-nullius Immim', quae differt a ceten's, quae ronucniun! cum ca,- propria

enim primum concurrit naturae generis et accurrit et per/icit, ccterae vero non ad

veniunt naturae communiy nisi postquam advenit haec et adaptat et praeparat ad

omnia, quae accidunt et comitanturg haec enim non adventum nec accidunt nisi post

hanc proprielatem, quae es! sicut rationulitas homini Drbas autem scire certis

sime, quia differentia inter differentiam magis propriam et illas differentias haec es!.

139) Ebend.: unde potest dici, quod difibreutiarum aliae sunt separabiles aliae

inseparabiles; inseparahilium cera alia est substantialis et alia es! accidentalt's. Itcm

potest diri, quod differentiarum alia facit aliud alia allt'ralam; aliud vero est i'd.

cuius natura est alia, alteralum vero communius est quum illud ..... .. bifferenlia

erya, quae est magis propria, est causa essentialis differentiae facientis aliud secun

dum placitum auetorum huius artis imponentiu-m hoc namen.

140)Ebeud.: Noslra autem intenlio hic esty considerare liane differentiamv

tanhun, quae est una ex quinquel et nun alias; cuis certa descriptio est Iiaee, quod

ut universale simplex praedicatum de specie in quale quid et secundum essentiam

generis sui. E! hoc etiam, quod praedicatur de species in quale quid, habet etiam

multas descriptiones divutgatusy sicut hoc quod dicitur, quod differentia est. qua

differt a genere species, e! etiam, qua abanda! species a generel et etiam, qua

22'

340 l XVI. Avieenna.

zu vergessen sei “1), sowie andrerseils die Species in ihrer Geltung

als Universale, d. h. in ihrer Aussagbarkeit von Mehreren), bewahrt

werden müsse “2), wenn auch die nähere Bestimmung dieses Verhält

nisses theilweise über die Aufgabe der lsagoge hinausgehe “3). Hieran

knüpft sich dann an der Hand des Porphyrius (Absclin. Xl. a. a. O.) die

Unterscheidung einer die Gattung theilenden und einer die Arten con

stituirenden Wirkung der Diil‘erenz “4), wobei sich die Erwägung ein

stellt; dass manchen Dill'erenzen nur die erstere dieser beiden ohne die

zweite zugeschrieben werden müsse, da das Enthlösstsein (s. oben Anm.

34) nicht als conslituirende Dill‘erenz zu betrachten sei “5); irrig hin

di/ferunt quae convcniunt in genere, e!‚ quae praedicatur de pluribus differentibus

specie in quale quid Ebenso aus Avicenna Albert. M. De praedicab. V, l, p. 52. A.

141) Ebend.: habemus autem diligenter considerare has descriptiones et certi

ficore cas. tticemus ergo, quod cum addideriut unicuique harum descriptionum ali

quid, erit pur; hoc autem 0st, ut dicatur substantialisy et hoc substantiale est id,

per quod di/fert substantialitcr species a generc; proprietas eniml quamvis per eam

species diffc-rati non es! talium substantiolium

142) f. S. v. B: Descn'pliones vero tres prioresl quamvis sint pares cum dif

fert-ntim non tamen includunt id quod est in differentia ut genus eins, quo scilicet

completur diffinitioy quamuis sine eo possit habcri significatio substantialis aequolis,

sicut si aliquis direrel, quod homo es! rationale mortale Ouod autem est quasi

genus differentiam hoc est unircrsale; debet ergo addi illi. in descriptione vero iam

nominatur universale, cum dicitur proedicari de multisy praedicta-i enim de multis

est descriptio unioersalis. ergo iam attribuitur ei descriptio oliqna, quae est quasi

yenus. quamvis non designetur inc nomine.

143) Ebend.: Hoc indem, quod dicitur de pluribus differentibus speciel habet

tres intellectusi unuml quem non percipitj qui vult legere hunc Iihrum, quem postea

ostendemus in suo loco (s. Anm. mu ceteri vero duo prope manifesti sunt

quorunt unus est. ut natura differentiue contineat praedicatione plures species sine

dubio praeter illam unam speoivm, a qua differturg alius vero esi, quod natura

differentiae debet pracdicarip quale quid es! unumquodque multorum differentiam

specie inter sc.

144) Ebend.: Deinde differentiae duas habent comparationcsl unam ad i'd,

quod diuiduntl ‚m genus, et aliam ad id, in quod dividuntg est divisivum generis e! constitutivum specieig si autem genus fruaetriiotnalgeeneetreanliimssimnm,

non habebit differentias nisi dirisiuas, si raro fuerit sub generatissimol habebit dif

ferentias dirisicas et constituticasj et differentiae divisione constitutioae suntl quae

dividunt genus eius et constituunt speciem ex eo llirisivae vero sunta quae

dividunt istud ct constituam speciem sub eo; conslituticue vero generis non sunt

minus communes quam ipsum, sed cius divisione sunt minus communes quam ipsum

. . . . .. Nulla autera constitutiva est nisi divisivu; divisivarum (mit'm, secundum quod

vidi-tum aliqua est non constitutivag hoc autem non est nisi in differentiis negatiris

sive prieatoriis, quae vero non sunt differentiam ln einer etwas abweichenden Form

berichtet hierüber AlberL M. De praedicab. V, 6, p, ss A: vivendum cum AvieenmL

quod differentia in se tria habe!‚ scilicet quod est simplex divisiva et per hoc est

differentiag et quod est simpliciter constitutiea et hoc habet eo quod est dicisivug

habet et (erlio, quod est ad certam speciem delerminalit-m et hoc non habet ex eo

quod est dicisiva nec ex eo quod est constitutioaj sed hoc habet et hoc, quod est

_ certa rei specialis natura et forma propria ct essenliulis.

145) f. 9. r. A: Privativae enim comitantes sunt rerum comparatione intentio

‚ilmlmi,quunqdunibausutecmorecnotggimuirrr,atnioonmaelnc perniirmatonroinum inptoenlelirgeituprroniisniternctsipoencctlu qrautaimonalhiasbet res

cn sua essential cum non fuerit eius nomen; propter hoc autem non oportct. quod

negotio haec sit proprium eius nomeny sed est nomen comitans illam, quod trans

fertur ab eo, cui inditum ext, ad hoc Prieationes um, ex hoc quod sunt

XVl. Avieenna. l 341

gegen sei es, zu glauben, dass, wenn zwei Differenzen nacheinander

zur Constituirtmg eines Wesens wirken müssen, die erstere derselben

bloss eine theilende und hernach die zweite eine consliluirende sei “6),

sondern im Gegentheile bestehe überall eine Gleichzeitigkeit jener beiden

F'unctionen 147). lndem aber die Ditl'erenz in dieser ihrer artmachenden

Wirksamkeit Wesen erzeuge, welche als solche eine Gradabstufung nicht

zulassen “5), könne ein solches Mehr oder Minder allerdings bei allen

übrigen Dill‘erenzen stattfinden, denn sowie bei blossen Qualitäten sich

eine Gradabstufung durch Beiinischung der Gegensätze ergebe. so sei

auch bei dem artmachenden Unterschiede die äussere Erscheinung in

hindernde Einflüsse verwickelt, wodurch sich eine Manigfaltigkeit der

lnteusion der wirkenden Formen ergebe, während die artmacliende Form

an sich hievon unberührt und einheitlich bleibe 149). Endlich was die

privalioncs, non sunt intentioncs coustitutivae rerunt, sed sunt accidentcs et comi

tantes respective, postquam iam sunt essentiae eorum; tunc irrationalc non est vera

di/l'erenlia, in qua conveniunt bruta, et quae sit constitutiea eorum. Si autem aliquis

voluerit inodum, qui habetur verissimey non erant istae di/ferenliae; quomodo

enim essent difl'erenliae, cum non constituant aliquam specierumP Vgl. Anm. 198.

146) Eiland: De hoc auti-nu quod quidam putanl, quod di/ferentiarum quaedam

sunt conferentes esse, quae diuidunturl et deinde exspectantl donec alia veniat dif

ferentia et constituat simul, sicut rationale, quod fortasse putatur animal dioideret

' sed exspectat ad constituendam specienn donec ei adiungatur morlale, haec opinio

falsa esl; dig-erentia cnim, quae non dividit et prevenit ex ea constitutio speciei,

non est necesse omnino, u! sit constituens speciem specialissimam; interest enim,

an dicamust quod speciem ronstitnunl, au! dicamus pquod constituunt speciem spe

cialissimam Hierauf bezieht sich Albert. M. De pruedicab. Vlll, 8, p. 87 B: Dini!

Auinenna, quod cli/ferentiae non eiusdem ordinis conveniunt ad speciei constitutioneni,

quorum una est prior et altera poste-rion sicut rationale, quod est communius quam

hnmo, et mortale, quod posterius in eadem rationali natura acceptum est determinuns

ad speciem hominis.

147) Log. 1.9. t'. A: Animal rationale est, cuius iunctura habet intentionem in

tctlectivam, quae est minus quam aninial; c! non est di/frrentia, sed differentia est

pars eins, sc. rationale, nec est propriumy- ergo sine dubio est species eins; simi

liter ostendituri quod sit genus hominis, sicut mani/estacit auctor lsagogarum alias

(l’orpli Isag. 12, S. Abschn. X1, Anm. 54.); rationale igitur iam constituit speciem,

ad quam erat genus; cum ergo dividit, constituit sine dubio.

148) Ebcrid.: Uicemus autem nunc, quod essentia unius-cuiusque rci una est;

oportet ergo, ut essentio rei nec augeatur nec minuutur.

149) f. 9. r. B: Alias vero difl'ereuüas, quae adveniunt post essentiaml nihil

prohibet recipcre magis et minus, sive sintseparahiles sive sint inseparabales .

Et quamvis hominum alius sit subtilior alius vero hebeliury non tamen virtus ratio

nalis recipit magis et minus, licel etiam aliquis esset, qui omnino nihil intelligent

sicut infans; hoc enim accidens non esset eius difl‘erenlia; eins enim differentia est,

quod in sua substantia est virlus, quae, quum nihil prohilmerit, operabitur ratio

nates operationes, et haec virtus est una. lliezu Albert. M. De pracdicab. V, 2, p.

se A: Respondet Avicenna ad primum quidem dioens, quod duplex es! inlensio et

duplex est intensionis causa Una quidem per conlrarii maiorem vel minorem ad—

mizlioncm, sicut est in qualitatibus quae dicuntur scnsibilca, verum enim

album es!, cuius albedo nihil contrarii habe! admixtum Secundus modus est in

bis, quae pcrmiaztibilia non sunt, sed causanturla subiectisv in quibus sunt; haec

igitur, quia sunt esse subiecti consequential necesse est accidentia esse, et

ideo illis habitudinibus magis et minus existentibus necesse es! etiam tales formas

intendi vel rcmilti, propter quod habilior ad mirandum risibilior es! Ad hoc

autem, quod de differentiis essentiatibus et substantialibus obiicitar, solvit Avicenna

342 XVl. Avicenna.

Wortform betreffe, in welcher die Ditl‘erenz ausgedrückt wird, müsse

der gleiche Standpunkt wie bei allen Universalien eingehalten werden,

d. h. die Differenz müsse von dein unter sie Falleudcn als Prädicat,

welches Namen und Begriffsbestimmung enthält, ausgesagt werden können,

und so sei z. B. nicht „Vernünftigkeit“, sondern „Vernünftig“ als oon

sliluireude Ilifl'erenz der Species „Mensch“ zu bezeichnen l5°).

Das proprium nder die proprietas wird gleichfalls zunächst nach

seiner Wortbedeulung untersucht, wobei Avicenna sowohl den unbe

stimmt allgemeinen Sinn als auch eine allzu enge Abgränzung dieses

Wortes abweist; nemlich für die Lehre von den fünf Universalien komme

nur jenes eigentliümliclie Merkmal in Betracht, welches von den Indi

viduen Einer Species nach Seite der Qualität ausgesagt werde, und

wolle man diess auf diejenigen eigenthünilicben Merkmale beschränken,

welche allen Individuen stets gleichmässig zukommen, so müsste dieses

proprium im engsten Sinne als sechstes Universale betrachtet werden 151).

Tritt aber hiemit das eigenthümliclie Merkmal nt‘iber an die Differenz

heran‘“), so bleibt es auch in einer gewissen Verbindung mit den

übrigen Merkmalen, welche als begleitende Folgen durch die Substan

sic, quod forma substantialis. a qua sumitur diflcrentia, tripliciter consideratury

scilicet ut forma esse con/erentia et ut differentiay quia una species comparatur ad

aliud alterius spreiei, et ut adionis naturalis sive substantialis principium. n. s. w.

(f. ss A) Declaratum est igilur, quod dicendum est, differentiarum alias

quidem esse separabilesy alias autem inseparabilcs

150) Log. I'. 9. r. B: llebes autem scire. quod diffcrcntial quae est una de

quinqucz cst sicut rationale, quod praedicatur de specie absolute; rationalitas autem

praedicatur de specie denominatiueu ”am: quinque sunt unum quaddam, scilicet hoc

nomen „universale“, cuius fonna nominis in illis omnibus cst, ut praedicetur de

omnibus suis singularibusl quae convcniunt m eo, sic ut attribuat ei nomen suum

et diffinitioncm suam; rotional-itas autem non dat alicui nomen suum vel di/finitionem

suam; hoc autem si vocatur diffcrential sit dif/erential sed alterius intentionis ab

ea intentione. de qua loquimur. Similiter intellige proprietatem et accidensg haec

enim quinque debent pracdicari ad modum praedicationis generis et speciei secundum

hoc quod est praedicatio. Polemisch erwähnt bei Albert. M. De pracdicab. V, 6,

p. 64 B: bicunt aliiy quod cum divitum universale cst, quod praedicatur de pluribus

sibi subiectisy hoc dictum csl, non quod actu praedicetur de multis, sed quod apti

tudinem liabctl quod sit in multis unde cum spl-cies subiectum sil, de quo

praedicari habet hoc universale differential dicunt, quod aptitudine praedicatur de

pluribus. quamvis aliqua differentia actu non sit nisi in una sola specie. Et hanc

opinionem recitat Avicennaa et est omnino falsa. Vgl. obige Anm. sa

I5!) Log. f. 9. r. B: l'roprietas autem dicitur secundum logicos duobus modis;

uno modo, quia dicitur de omni intentioney quae est propria alicui sine absolute

sive comparatione uticuiusg alio modo, quia dicitur de aliquol quod est proprium

alicuius speciei per se et non altcri; aliquando etiam proprium diciturj quod est

speciei omnis et semper. Proprium autemy quod est hic unum de quinque secundum

Iogicas, ut puta id quod est medium ipsorum. est quod praedicatur de individuis

unius speciei in quale quid non substantialitcrl sine sit commune semper sine non;

quod enim est commune somper, sive sit species specialissima sive mcdia. magis

proprium est quam hoc; si autem hoc esset proprietus. quae esset una de quinque-y

tunc maior esset dioisio quam in quinque (s. Abschn. XI, Anm 134).

152) f. 9. v. A: Usus autem fuit. proprium accipi i'd, quod est proprium spe

ciei et dans dif/‘erentiam. Albert. M. de praedicab. VI, I, p. 71 B: cuius cxemplum

dat Aviccnna satis conveniensg ex hoc enimv quod homo est animal rationale rel

intellertualc per principia homini essentialia. sequitun est igitur aptus natus ad n'dcndum, etiamsi actu non riqdueoadL sit admirativus,

‘l

XVI. Avicenna. 343

tialitat bedingt sind (s. Anm. 97 f.)‚ und es darf sonaeh in dieser Be

ziehung kein schroll'er Gegensatz zwischen proprium und accidens com

mune aufgestellt werden l‘33), sowie die bei l’orphyrius (Abschn. XI,

Anm. 46) gegebene Viertheilung des proprium nicht mehr in Ansehlag

köinint154). Bezüglich des Sprnehausdruckes kehrt hier die nemliche

Bemerkung wie bei der Species (Anm. 150)‘ wieder, dass nemlich z.

B. nicht „risibilitas“, sondern ‚.risiln'le“ das eigentliche Universale

sei im '

In gleicher Weise'beruht auf Obigem (Aniu. 9.7 f.) auch dasjenige,

was über das accidens bemerkt wird m“), und sowie schon gelegentlich

des proprium die Auctorilät des Porphyrius etwas zurückgetreten war,

so steigert sich dicss hier zur directen Polemik. Neinlieh wenn acci

dens commune dasjenige ist, was von mehreren in ihrer Art verschie

denen Dingen qualitativ ausgesagt wird, so sei hiebei nicht sofort eine

Gegensätzlichkeit gegen die Substanz gedacht, denn wenn das accidens

commune zu den fünf Universalien gehören solle, so handle es sich

darum, dass es in gleicher Weise wie die übrigen Universalien aus

sagbar sei, d. h. z. B. in dem Urtheile „Sokrates ist weissu werde

von Sokrates ausgesagt, dass er ein die Weisse an sich tragendes Ding

sei, eben diese AuSsage aber enthalte nicht einen Gegensatz gegen die

Substanz ‘57). Denn „accidefis“ sei hier gleichbedeutend mit „acciden

tale“, welch letzteres den] „substantielle“ gegcniqherslehes und sowie

153) Log. f. 9. v. A: Om'dam autem voluerunt omnia alia praeter proprium

ponere inter accidentia communial ita ut non sit nisi unius speciei Mumm, sed non

omni aut blicui eius parli, et sit possibile illam partem illud non habere .. . Sed

haec dii-tio est vitiosa non signi/imus rem vel communitatem eius et proprietatem eius

et unitatem eiusl sed secundum aliud; nomen enim accidentis communis ponunt op

poni propria

154) Ebend.: Acceptio communior facit proprietates dividi in quatuon scilicet

in proprietatem. quae convenit alicui speeiei. sed non soli, et in cams quae

contingit omni speeieil et in caniv quae convenit soli specieiy sed vel cuique vel non

omni, et in ram, quac convenit omni et semper ltroprietas einem. quae

dignior est esse una de quinquev est illa quam diximus.

155) Ebend.: ltebes autem scire, quod proprietas quae est una de quinquel

est risibiley non risibilitasl et navigabiley non navigabilitasy et alia huiusmodil sicut

discimus in differentiag aliquando tamen concedimus in verbis et accipimus risibili

tatem loco risibilis. Diess ist wiederholt bei AlberL M. lie praedicab. Vl, 2, p.

ra B.

leop Albert. M. De pracdicam. lV, 1, p. 141 B: fam llorphyrius quam etiani

Aristoteles et Avicenna dicunl1 quod accidens duabus modis praedicatum quoddam

enim est forma absoluta et non per aliquid est acridens, et sic quantitas est

accidens et qualitas et hniusmodig quoddam autem est accidens, non quia sequatur

esse rei perfecturm sed ez aliquoi quod est extrinsecus se habens ad rei sub

stantialiaq

157) Log. l. 9.'v. A: Accidens vero commune est i‘d, quod est praedicqbile

de pluribus differentibus specie non substantialiteu ut albumy non ut albedo. Non

est autem hoc accidens illudl quod est opposilum suhslunliue; sicut multi putantg

ipsum enim non praedicatur de suo subiecto sicj ut sit ipsum sed denominatnr ab

eo nomen ; haec autem quinque praedicantnr uno mudo, sicut iam saepe dizimusg

accidens autem cormnunes quod est hie, est sicut album et sicut unum et alia huius

modi; dicitur enim nSocrates cst albus", i e. Socrates est aliquid et albedog res

autem trahens albedinem est id, quod praedicatur de Socrate praedicatione veral sed

res habens all/editiere non est accidens eo modop qua est oppositum substantiae

du-M-s. ‚ ._.„-_'-. ..

344 va Avieenna.

umgekehrt ein essentiale zuweilen Accidens ‚sein könne (z. B. das essen

tiale des Farbe-Seins überhaupt), ebenso könne ein accidentale zuweilen

Substanz (d. h. allerdings nicht substantiale) sein; bezüglich dieser

ganzen Unterscheidung aber habe Porphyrius unbedachtsam geredet 15g).

Und in der That müssen wir dem Avicenna zugestehen, dass er in

diesen Fragen die Hohlheit der Angaben des Porphyrius (Abschn. XI,

Anm. 44 tl‘.) sowohl betreth der Trennung in accidens separabite und

accidens inseparabitemely als auch in der ganzen Einzel-Entwicklung

durchschaute 16°).

_ Hiemit schliesst der erste Theil löl), und es beginnt nun entspre

chend dem Porphyrius (a. a. O. Anm. se fl'.) die übliche Erörterung über

die Berührungspunkte und Unterschiede der fünf Universalien unter

sich 162)‚ wobei wir beachten müssen, dass die Lateiner ein beson

deres Gewicht auf Avicenna‘s Berichtigungen und Zusätze legten ‘63);

ja hierin allein liegt auch in der 'l‘liat für uns die Nöthigung, jene Con

troversen, welche für das Abendland einflussreicb waren. in möglichster

Kürze anznl'ühren. Avicennn tadelt zunächst bezüglich des zwischen

158) f. 9. v. B: Accidens autem intelligitun hic pro accidentath quamvis non

sit accidens secundum veram intentionerng accidentale autem aliud est proprium aliud

communeg accidentale autem est opposilum substantiali et essentiatij accidens vero

oppositum est substantiae lfssentiale vero aliquando est accidens, ut genus acci

dentis, s'out color albedini. aliquando est substantiag accidentale similiter aliquando

est acci ens, aliquando est substantia Hie autem accidens non intelligitur nisi acci

dentalel quamvis nondum ostendimus dispositionem aecidentis, quod est oppositurn

substantiae.. Et hoc est, quod primum non consideraviL qui proposuit adeignationem ‚

quinque horum ante logicam. Albert. M. De praedicab. Vll, 1, p. 76 B: Avicenna

Porphyrium redarguitl quod omisso determinalione acridenlis, cuius intentio nota non

erats statim processil ad descriptiones'ipsius. Hiezu obige Anm. ea

159) Albcrl. M. De praedicab. vu. 2‚ p. 76 B: tum etiam Avicenna, vitium

esse in hoc, quod ..r. dividurit accidens in accidens separabile et inseparabilq dieen

los, quod dormire vel sedere est separabile accidensp nigrum vero esse corvo et Aetliiopi

inseparabiliter accidit

160) Log. f. 9. v. B: Deinde accidens commune habet descriptiones divulgatasy

sicut haec, quae dieit, quod accidens ext, quod adest et abest praeter subiecti cor

ruplionem, et quod potest idem haberc et non habere, et, quod est nec genus

nec species nec differentia nec propriuml semper autem in subiecto subsisleus. Con

sideremus ergo has descriptioncs divutgatas. Prima autem multis modis vitiosa est

u. s. w. In desoriptione autem per negationem tertia si addiderint ei, quod est

universale, huiusmodi appropriabitur accidenti communi, hic autem non addidity

nisi quia putavit es: hoc, accidens‚ quod est hic unum de quinquei esse accidcns,

quod est oppositum substantiae. Hiezu obige Anm. 30. ‘

161) Ebeud.: Explela est pars prima libri collectionis pn'mae, et deo, cui nihil

est simile. sint gratiae infinitae.

162) Ebend.: cognitio eins, quod dictum est de divisione horum quinquq sufv

[leih ad agendum de communitatibus et differentiisl quae sunt inter haec quinque.

Usus autem fuit in libris introductionurn agere de his; faciemus ergo, sicut et illi

considerantes dixerunL .

163) Albert. M. De praedicab. IX, l, p. 91. A: Ouanwis in antehabitis iam

determinatum sit id, quod de quinque universalibus tradidit Porphyrius. tamen adhuc

sunt quaedam, quae utile est scire de his, quae ex logicis doctrinis Arabum in

latinum transtulit Avendat lsraelita philosophus et maxime de logica Avicennae.

Primum capitulum huius doctrinae est de comparatione istorum quinque inter se, et

haec ad perfectionem doctrinae pom'mtu.

—\a__.h. ‚

- - -'------‚.--_d\-____

XVl. Avicenna. .345

Gattung und Differenz bestehenden Beriihrungspunlites das von Porphy

rius gewählte Beispiel ‘04), sodann findet er Gelegenheit, im Hinhlicke

auf die Differenz die quidditative Aussage derartig zu dislinguiren, dass

es auch ein praedicari quasi in quid gehe, welches bei jedem inner- ‚

halb der essentiellen Quidditüt Entbaltenen stattfinde und somit auch

von der Differenz gelten müSse H"5); ferner verwahrt er sich einmal

ausdrücklich dagegen. dass die Gattung direct als Stofl' und die Diffe

renz als Form bezeichnet werde, da eine solche Auffassung immerhin

nur gleichnissweise gemeint sein könne 166). Und sowie er hinwiederum

von einem Berührungspunkte zwischen Gattung und proprium bemerkt,

dass derselbe bei Porphyrius au nnrechter Stelle besprochen sei ‘67),

so tadelt er auch, dass die Eine jener Verschiedenheiten, welche zwi

schen Differenz und Species bestehen, nur auf Species im engsten Sinne

sich beziehe, sowie dass bei einer anderen ein schiefes Beispiel ge

wählt sei '58); ebenso muss er (vgl. Anm. 159) den Unterschied, wel

chen Porphyrius zwischen Differenz und nntrennbarcm Merkmale auf

164) f. 10. r. A: Genus autem et differentia conveniunt in vutgatoz natura

enim generis debet praedicari de speciebus . . . . .. Errmplnm autem huius posuerunt

rationale, quod contineat multas species, e! tu nosti, quid sit in hoc,- quare, sicut

nosti, non bene fecerunt in ponenda hoc exemplum rationale; quamvis enim conti

neat plures speciesl non tamen illae species propinquac sunt illius, sed sunt species

unius speciei, quam constituit rationale, quum adiungitur animali.

165) f. 1D. 1'. B: Modus uu!em‚ secundum quem processimus in ostendendo

id, quod est proedicabile in quid et praedicabile in quale quidl ostendet tibi, quod

praedicabite in quid non est praedicabite in quale quid Potes! autem aliquis

dicere nobis: vos iam saepe aperte dixistis. quod differentia aliquando praedicatur

in quid1 et praecipue in libro denwnstratioiiix. contra quem diecmus, quoniam in

terest inter hoe. quod dicimus aliquid praedicari in quid et aliquid praedicari quasi

in quid, sicut interest inter hoc, quod dicimus esse, et hoc, quod dicimus contineri

in esse; praedicabite enim quasi in quid est omne id, quod continetur in intentione

facta de esse, et illud solum non siynidcat esse; praedicabile in quid est id solum,

quod respontlctur ad quid; differentia vero continetur in esse et quasi in quid, quo

niam es! pars eins, quod respondetur ad quid.

166) f. 10. v. A: Sun! autem hic aliae di/ferenfiac, quae nunc difl'erunlur

alias direndae; quandoquidem genus non est materia nec di/ferentia est formar sed

est sicut materia eo, quod natura eius in intellectu est recipiens di/ferentium, cui

quum advenit di/ferentia. fit ipsum aliquid existens in actu, qualis est dispositio

materine et formae. Vgl. Anm. 193.

167) f. 10. v. B: Item atia communitas (d. h. generis et propriii es!‚ quod

natura generis pracdicnjur de speciebus sub se contentis aequaliter Haec autem

communitas si designaretur in communitate, quae est inter genus et speciem et dif

ferentiaml melius esset; sed ibi praetormissum ponit hic.

168) f. 11. r. A: Difierentia serunda (d. h. difl’erentiae et speciei) est, quod

species non praedicatur nisi de pluribus differentibus numero tantum1 differentia vero

plurimum aut frequenter pruedioatur de pluribus differentibus specie; quae discre

pantia est inter differentiam e! speciem specialissimom, non inter differentiam et

speciem absolute (dieses wiederholt Albert. M. De praedicab. VIII. 8, p. 87. A).

fortia vero discrepanlia ext, quod cli/ferentia est prior speciel et posuit exemplum

huius secundum destructionem dieens. quod rationale sublatum removet hominem;

sed non remunetur sublata huminc, angelus enim rationale,- nec posuit differentiam

et specieml quae sunt simul, sed accepit differentiam generis hominis et comparavit

homini; sed si atiquis diceret, quod species est prior dif/‘ercntia, quae est rationalel

esset deuius a veritate.

346 XVl. AvicennaQ

stellt, nach Form und Inhalt bekämpfen mi und bezüglich des limes-i

schiedes zwischen llill'erenz und eigenthümlichem Merkmale auf die

Nothweniligkeit hinweisen, dass der Begrill' der lJiil‘erenz genau und

gleicbmässig eingehalten werde l7"). Sodann aber folgt die sehr rich

tige Bemerkung (vgl; Abschn. XI, Anm. 53), dass, wenn man überhaupt

die fünf Universalien in ihren wechselseitigen Verhältnissen betrachten

wolle, ein weit planmässigeres Verfahren, als jenes des l’orphyrius ist,

eingeschlagen werden müsse l7‘), und nach wiederholter Hinweisung

(vgl. oben Anm. 107) darauf, dass die Universalien wechselseitig ‚in

einem engeren substantiellen Nexus stehen 172) und gerade hierin sieh

die richtige Auffassung des artmachenden Unterschiedes ergebefli’),

fügt Avicenna noch eine neue erläuternde Betrachtung hinzu, in welcher

an einzelnen Beispielen gezeigt wird, dass manche Begriffe zwei Univer

salien zugleich (z. B. Gattung und Dill'erenz oder Gattung und Accidens

zeus .”

tom f. ll. r. B: lii/ferentia et accidens inscparabilc differunt in hoc,

quod differentia semper continet id , cuius est differe-ntim sed non continetur ab eo.

oblitus autem fuit huius quod dizi‘ra!‚ scilicet quod unum subjectum ali

quando multas habet differentiase quae convcniunt in illo. Nomen autem continendi

est nomen ambignum, non doctrinalca nec oportet agere de illo; quod autem in

telligitur de modo contincndL qui atlribuitur accidcnli et gencril diversam est a

nimm, qui negatur ab cis. Em! autem alius modus, quem dicere melius [um-ab

scilicet quod accidens aliquando continetur et aliquando continetg subiectum enim se

cundum aliquid est communius et secundum aliquid minus commune

170) f. 11. v. A: lii/ferunt autem (so. species ct proprium in hoc. quod i'd,

quod est species alicm'us, fit genus alleriusl proprium eero nou fi! proprium allerius.

Haec autem differentia nimis dissolula est. Primnm quidem in prarmissis non con

sideraeit di/‘fm‘entinm, quae est inter speciemy quae est sub genera et aliud, sed

semper inlendit de specie specialissimay nunc autem prac-termittit illud et intendit de

specie. quae est sub genere Sed si dicerety quod species alicuius aliquando fit

proprium alterius proprium vero non fit species/conveniens esset differentim sed

iudicium de specie esset falsum Alia differentia est. quod species cst prior

in esse, proprietas vero posteriorl et hoc est intelligibile et concedendumg deinde

subiunxit aliam dif/verentiamv scilicet quod species semper 'esl in (zahl, proprium ali

quando. sed hic est contrarielas. '

171) f. Il. v. B: Si enim recte incessissctl debuerat assignare communitalesy

quae sunt inter quinquc. et deinde quae sunt inter quaterna et qualeruav et deinde

inter terna et lerne. el deinde inter bina et binas similiter debucrnt prius assignare

differentias uniuscuiusque ad reliqua quatuon et deinde duorum ad m'a, et deinde

uuiuscuiusque ad aliud proprie-j et si diligcnter ieisset. ut debuih non esset ibi

communitas vel differentia inter aliqua duoy quas praeterngilleret indiffinile et non

assignaret eas inter alia Ihm, quasi fortasse assignaril ubi praetennisitl convenien

tius esseL

172) Ebend.: Postquani iam oslendimus haec quinque universalim debemus scirel

quoniam i'd, quod est illis est qenns. non est genus uniuscuiusque rei. sed solius

suae specicig similiter e! dif/erentia non est differentia uniusmiusque reii sed secun

dum boc. quod est divisiou unius generis. hebes etiam scirr. quod unumquodque

istorum potest esse genus vel quasi genus et differentia et species et proprium et

aceidcns.

173) libenth cenus autem nonlest genus differentiae ullo modol nec differentia

est species generisg si enim ita esseL tunc differentrac esset alia differentiag diffe

rentia enim est intentio extra naturam gcncris; ralionnle etenim non est animal

habens rationemy sed quandam habens rationemy quamvis comitctur illud esse ani

mal, animal enim habens rationem homo esta

a

t

XVl. Avicenna. su

oder Gattung und eigenthümliches Merkmal u. s. w.) in sich repräsen

tiren können iuy

lliemit seliliesst der zweite 'l‘heil "5), und es folgt mm noch eine

Disenssion, welehe unter Allem die bedeutendste Wichtigkeit für das

lateinische Abendland in sieh trägt. Nenilirh obwohl Avieenua zu An

fang (Anm. 90) die tiel'eren Fragen über die. Geltung der Universalien

abgelehnt hatte, beruft er sich nun hier auf den allgemeinen Gebraueh‚_

wornach zumeist im Anschlusse an die Besprechung des Gattunqs- und

Art-Begrifl‘es die Frage erörtert wurde, inwieferne die Universalien in

lelleetuell lind inwieferne natürlich und inwieferne logisch seienlm)..

Die Beantwortung nun, weh-he Avieenna gibt, zeigt uns die Durch

führung jenes lntellectualismus, welchen wir bereits bei All'arabi (Anm.

23 tl'.) trafen‘“), und welcher von Avirenna schon in den Angaben

über die Stellung der Logik (s. bes. Anm. 74) zu Grund gelegt war.

Er wählt hier zur näheren Darlegung seiner Ansieht den Gattungsbegritl‘

als Beispiel an Stelle aller einzelnen Universalien und beginnt mit der

Bemerkung, dass z. B. „Thier an sich“ unabhängig vonsinnlirber Wahr

nehmung und von psychisch-intelleetueller Auffassung und ebenso unab

hängig von Universalität und Singularitilt zu verstehen sei, denn wäre

es an sich universell, so gäbe es .keiu einzelnes Thier, und wäre es

an sich singulär, so gäbe es nuui-finesl und so werde auch im Denken

„'l'hier“ eben nur knrzweg als Thi'er gellius-lll. während dieser Begrill'

durch Universalität oder Singularität im Denken neue Zusätze erhalte 1"8),

174) l. 12. r. A: babet etiam sriri, quod haec quinque aliquando commisrenlur

inter se multis modis. Genus enim cum di/l'vi'rnliu; „npprchrndens“ enim est quasi

genus di/‘frrcnliße hominis1 quae mt rationale Aliquando autem commisretur

genus cum accidenh'. sicul „co!or“‚' qui est grrms accidentiunt hominis. Pcrmr'xlio

autem generis cum proprietate est, sicut „admimns in acta" quod est ut genus

n'dcnlis in actu . . . . .. lii/ferentia etiam aliquando misrL-tur cum gcnorc. sicut „sen

sibile“, quod est differentia r-t genus hominis l'roprielas aliquando miscetur '

cum genere, „grcssibilr“ enim est proprietas communis hominis Aliquando

aulem misrelur cum occidente communi, „visiln'le'“ vtrnim es! proprietas coloruti.

Accirlms aulem aliquando miscetur cum gcnera

175) Ebend.: completa est secunda pars libri pri‘mi, et ei, qui dedit scire,

sint gratiae infinitum

176) Ebend.: Usus fuil. u!‚ cum quinque Itru'c distingulrrtvntur1 diceretur sc

cundum hoc, quod uno respeclu suul naluralia at alio rcspvrlu logicalia ot alio in

tellectuelia, c! [erlassis etiam dictreturl quod uno rcspt'rlu sunt absque multiplici

tate et alio cum niultiplicitalcg et fuit ums, ut tractatus dc bis pom-retur continuas

'cum tractatu gcneris et speciel, quamvis hoc commune sit quinque universalihus.

17'!) Die in Anm. 23. 24. n. 25. angeführten Stellen aus Albertns Magnus

erhalten -hiemit hier‚ insoweit sie neben dem Allarnbi auch den Avicenna hetrell‘en,

von selbst ihre Verwendung.

178) l. I2. r. A: Dircmus ergo imitantes priort's, quod unumquoqu eorum,

quae ponuntur earum/lla pro aliquo istorum quinque, es! in sr aliquid aliud ......

Ponuntus autem in hoc cxemplum generis dictulcsw quod animal est in se quoddam_

e! idcm esl‚ utrum sit SPnsillllP aut sit intrllortum iu unima, in so auth huius nep

es! universale nec es! singularef Si euim esst-l universale ila, quod animalitax ex

hoc, quod est animalilasv es! universal/‘21, opurkret, nullum animal esse sinyularr, ‘

sed omne animal osset universale; si autem animal car hoc, quod est auinml. esse!

singularel impossibile nach esse plus quam uuum sinqulurm scilicet ipsum singulare.

cui debetur animalitas, e! cssct imposstbilc, aliud significarv esse animaL Animal

348 ‚ XVI. Avicenns.

denn lediglich im Denken, nicht aber‘von Aussen her, werde die Ver

gleichung einer einheitlichen Form mit dem unter sich ähnlichen Vielen

vollzogenflg). So sei „Thier“ ein intellectuelles Etwas, aber etwas

Anderes wieder sei seine Allgemeinheit, und abermals etwas Anderes

dasjenige, was das allgemeine Thier ist, nemlich die Allgemeinheit sei

der logische Galtungsbeggitl', und andrerseits liege die natürliche Gattung

darin, dass „'l‘hier“ von Natur aus befähigt ist, dass mit ihm jenes

'intellectuelle Etwas nach dem Gesichtspunkte der Allgemeinheit vergli

chen werde 180), und somit sei bei dem logischen Gattungshegrifl'e trotz

‚seiner intellectuellen Quelle das intelleetuell Erfasste durchaus nicht

identisch mit dem an ihm logisch Erfassten, denn das Denken bethätige

erst die Allgemeinheit in der Denkform ——— „inlellectus agit universal“!!

tem in formis“ nam ebenso aber unterscheide sich die logische

Gattung von der natürlichen, denn während erstere dem unter sie Fal

lenden ihren Namen und ihre Definition aufpräge, verleihe letztere dem

selben nur die naturgeinässe Fähigkeit lllt‘le 182)‚ und man könne somit

allerdings „Thierheit“ (animalitas) einerseits als Gattungs-Form und

autem in se est quoddam intellectuml quod sit animal, u secundum hoc, quorl in

telligitur esse animal, non est nisi animal lantnm,‘ si autem praeter hoc intelligitur

esse universale aut singulare aut aliquid aliud, iam intelligitur praeter hoc quod

dam , scilicet id, quod es! animall quod accidit animalitati.

179) f. 12. r. B: non fit singularis, nisi addidcrit intellectus aliqm'd, per

quod fia! singularis Non accidit ertrinsecux, ut sit universale im, u! _si! una

essentia errissime, quae es! animal, cui accidit in universalibus ertrinsecus, ut ipsa

eadem habeat esse in multis, sed in mente accidit huio formar animalilali inte/tectam

ut ponatur comparatio ad multaa et ut ipsius unius formae sit comparatio certa ad

multa quae simitantur in illa

ISO) Ebend.t Animal in intvllrclur quoddam est, e! eins universalitas sive gepe

ralitas aliud quoddam, c! hoc, quod est animal gener-alc1 aliud quoddam E! gene

ralitas vocatur genus legienm, de qua intelligiturl quod praedicatur de multis iii/fc

‚ rentitms specie ad interrogationem factam per quid Naturate autem genus es!

animal, secundum quod est aptum ad hoc, ut ei, quod intelligitun de illo ponatur

comparatio generalimtis.

181) Ebend.: Cum autem generale est in intelle-aul hoc es! ‚ quod intelligitur

de genere naturali. scilicet compositum; generalitas autem intellectu per se secundum

hoc, quod es! per se sola in intellectu 1'! es! genus intelleclunt. est genus to

gricumg hoc autem genus logirum, quamvis non habeat esse nisi in intellectus non

tamen oportcty ut id, quod intelligitur ez hoc quod es! intellecluole, sit id, quod

intelligitur ex hoc quod est logicum; e! non est idcm, cum ostensa sit divi-mitur

utriusque rcspectns. Albert. M. De praedicub. ll, 3, p. 15. B: illud Aniconnae diclum,

quod intellectus in fonnis agit universalitatem. Ebend. c. 6, p. 21. B: Adhuc autem

Avcrroes e! Aoiccnna dicunt, quod intellectus in formis agit unizreroatitatz-m (s. Avcrr.

De anima t, s). _

162) Ehend.: ltcm infra genus logicum duo sunts unum species eius ex hoc

quod es! germs, alterum subiecta sua. quibus accidit Ergo ipsum attribuit

unicuique eorum generum determinatorum, quae sunt sub ipso, di/finitionem suam

‚v! nomen, et unumquodque corum dicitur csse genus et dif/initur di/‘linitt'one generis,

speciebus vero subit-clarum eins non attribuit dif/initioncm hominem enim non oportet fieri genus nec nomine nec diffinitiosnuea-nisenceucndnuommheonc;, quod

praedicatur de eo unimalilas E! onmino cum diciturj quod genus naturale dat

.ci. quod est sub sc, nomen suum et dif/initioncm, hoc non es! satis rerum, nisi

acri'dentatitrr; non enim dat er hoc, quod est genus naturalrn sicut etiam non dedi!

ei hoc, quod est genus logieurn, quia non dedit nisi naluraml quae est apta esse

genus naturate.

XVI. Avicenna. ' 349

andrerseits als Denk-Form bezeichnen, aber Gattungsbegrill‘ selbst werde

sie erst durch einen vergleichenden Beisatz, sei es dass derselbe im

Natürlichen oder im Denken liege 183). lndem aber alles Seiende nach

Analogie des Kunstwerkes in eine Beziehung zu dem künstlerischen

Urheber gesetzt werde, habe das Seiende ein Sein vor aller Verviel

fältigung (ante multitudi-nem) in der Weisheit des Schöpfers, welches

Sein jedoch nicht mehr Gegenstand der Logik (sondern der Metaphysik)

sei, und zweitens sodann werde das Sein des Seienden innerhalb der

Vielbeit der Erscheinung (in multipticitate) erfasst, worauf drittens nach

dieser l‘articularilät lpost multiplicitate'm) das Sein als ein im Denkacle

festgehaltenes l‘olgt‘“), und in diesem Sinne müsse man nun nicht

bloss dcn bisher l)eispielsweise‘(Anm. 177) gebrauchten Gattungsbegritl‘,

sondern sämlntliche l‘ünf Universalien verstehen 185). ln dieser Drei

theilnng aber, welche als solche auch von dem lateinischen Abendlande

aufgenommen wurden“), wirkt das Motiv des lntellectnalismus auch

dahin, dass die ontologische Auffassung einer Subordination, in welcher

nach der Tabula logica lndividuum und Art und Gattung stehen, in

den Hintergrund tritt, und der Unterschied dieser drei Stufen nicht in

183) l'. m v. A: Convenientius autem est‚ ut animalitas in se aliquando co

cetur forma generalis e! aliquando forma mtelligibilis; sed ex hor,‘ quod est-ani

malitasl non est genus ulla modo nec in intellectu nec extra irilellectitflz, quia non

fit genus nisi cum adiungitur ei aliquis respeotns aut in intellectu aut extra.

184) Ebend.: Sed quia omnium quae sunt comparatio ad acum et ad angelos

esty sicut comparatio artificiulium, quae sunt apud nos, ad animam artificem, ideo

id quod est in sapientia crraloris et angelorum et de veritate cogniti et comprehensi

ex rebus naturalibus, habet esse ante multitudinemg quidquid autem intelligitur de

eis, es! aliqua intentio, et demdi: acquiritur esse eis, quod est in multiplicitater et

cum sunt in nruttiplicitalg non sunt unum ullo modo, in scrtsihililmscnim [orinst‘cus

non est aliquid commune nisi tantum discretio et dispositr'o; deinde iterum habentur

intelligentiae apud nos, postquam fuerint in multiplicitate. Hoc autern, quod sunt

ante niultiplicitatem, noster tractatus non sui/icit ad hoc, quia ad alium tracta

tum sapientiae pertineL Melaph. V, l, l’. 87. r. B: Animal ergo acceptum cum acci

dentibus suis est rcs nuturatisl acceptum vero per se est natura, de qua dieitur,

quod esse eius prius est quam esse naturale, sicut simplex prius est eomposi'tn, et

hoc cst ‚ cuius esse proprie dicitur diuinum esse, quum causa sui esse est dei

intentio. ipsum vcro esse cum materia et accidentibus et ipsum esse hoc individuum,

quamvis sit dirina intentro, attrihuitur tarnen naturae particulari. unde sicut animal

in esse habet plures modus, sic etiam in intellcctu; in intellectu etenim est forma

animalis abstracto ct dicitur ipsum hoc modo forma intelligibilisg in intellectu

autem forma animalis tat-iter est, quod in intellectu convenit es: una et eadem dif/i

nitione multis particularibusy quippe una forma apud intellectum erit relata ad mul

titudinem, et secundum hunc respectum est universale (e. 2,1. 87. v. A)

Manifestum 0st, quiil sit universale in eis, quae saut, scilicet haec natura, cui acci

dit unus de intelleetihas, quem appellamus universaley qui intellectus non habet esse

per se satum in sensibilibus ullo nmdn.

185) 'Log. l'. 12. r. A: Debes'antern srire, quia hoc, quad dicimus de genere,

exemplum est speciei ct di/fercntiae et proprietatis et aecidenlis, quod deduce! te art

niam comprehendi-niliil qualiter haec sunt intellectuatia et logica et naturali-ay et quod

ex eis est in mnltiplicitate et ante multiplicitalcm et post 'mnltiplicitatem.

lem AlberL M. lie praedicab. l, 2, p. 3. B: iterum autem, quae dicta sunt,

rationem ponit Avicenna direns, rcs omnes tripliciter esse accipiendas, scilicet quod

primo accipiantur in essentiae suac principiisy secundo in esse, quod habent in sin

yularilaus prapriis, tertio autem secundum quod acceptae sunt in intellectu

350 XVl. Ayicenna.

die objectiven Dinge, sondern in die subjective Denkaufl‘assung (respectin)

verlegt wird '57); ja Avicenna scheint diesen seinen aristotelischen Stand

punkt, wornach das Universale in multis et de multis ist, auch seinen

platonischen Gegnern gegenüber durch specielle Beweise gerechtfertigt

zu haben 18“3).

Es bietet ein eigenthümliches Interesse dar, wenn wir aus dieser

Auffassung der Universalien ersehen, dass die Araber bei ihrer voll

ständigen Kenntniss des Aristoteles auf Erwägungen und Ausdrucks

weisen gerietheu, welche sich -sehr nahe mit demjenigen berühren,

was das frühere lateinische Mittelalter auf beschränkterer Grundlage in

einer bunt sich kreuzenden Parteispaltung ausgesprochen hatte; denn

sowie uns der Ausdruck „quae similanturu (Anm. 179) an die indiffe

renz-Lehre (Abschn. XIV, Anm. 132) und das Wort „respectus“ (Anm.

181 u. 187) insbesondere an Adelard von Bath (ebend. Anm. 141)

erinnert, so dürfen wir hei jenem naptum esse“ (Anm. 182) an Abälard

(ebend. Anm. 286) und bei „natura“ (Anm. 184) an Gilbert (eheud.

Anm. 461) vergleichsweise denken. Aber dass die Araber über solchen

verschiedenen Wendungen nicht jene höhere Einheit aus dem Auge ver

loren, welche in dem aristotelischen lnlellectualismus liegt, und dass

sue trotz alledem den platonischen Realismus des l’orphyrius hieinit

amalgamirtenLd. h. dass sie den Universalien eine metaphysische Exi

stenz im Geiste Gottes fonte rein) und zugleich eine intellectuelle Existenz

im menschlichen Denken zulheilten, _\\'elch letztere aus der vielheitlichen

Erscheinung (in' re) zum Begriffe (post rem) sich erhebt. darin liegt

der entscheidende Einfluss der Araber auf die Lateiner des 13. Jahr

hundertes. Denn diese dreifache Betrachtungsweise der Universalieu,

... hv } A ' J. l.‚.”„‚es1

187) Log. f. 12. v. B: Ergo individuatitas est de dispositionibusx quae acci

dunt naturis subiectis generalilati et specialitatiy siru! accidit ei gcneralilas et spe

cialitas. lii/ferentia antemq quae est inter hominemy qui est species. et individuam

Itominis, quod est commune non tantum nomine sed et praedicatione de multis, haec

cslx dicimus eaim, quod intellectus de homine. qui est speciesv est, quod sit animal

rationale; quod autem dicimus de homine individual est. quod haec natura accepta

cum accidcnlty quod accidit ri, cuniunclu est alicui ‚materiar desig'natae Genr

g'atitas ergo et specialitas et individuatitas non sunt subiectoruin particulariuml quu

rum unum sit sub altere, sed sunt respcctas, qui contingunt ci.

1ssi Albert. M. a. a. O. ll, 3, _p. 13. B: Hi qui thront, in solis nudis puris

que intellectilms posita esse (sc. universutia) septem pro se fortiores inducunt ratio

nes. Dicaat man, quod Bovlhias et Aristoteles et Avicenna dicunty quod omne. quod

separatum in natura estl ideo est, quia unum numero est; universale autems quod

est genus et species, non unum numero est, eo qaod universale est unum in multis

et de multis Serundam adducunt rationem; dicunt cnim, quod omnia quod

separatum a natura est separalum habens esse extra intelligentiamy hoc aliquid est.

E! hoc quidem dictum est Aristolelis et Avicennae et probatur per indurtionem . . . . ..

(p. 14. A) Quinte opportun! diccnlrs, quae Avirenna dixit et Algazrl, quod univer

sale, quod est genus vel speciesl si extra intellectum est, au! coepit esse aut non

coepit esse; si dica!ur‚ quod non coepit esse, scquilur, quod aeternum sit, quod

esse non potest, cum causam habeat intelligentiae tanzen, quod facit et dat omnes

furmas; si autem coepit esse, aut coepit esse a se ipso aut alt alio; non autem

coepit esse a se ipso, quia nihil incipit a se si autem ab alio coepit, per

actum agentis coepitq nihil autem fit per actum agentis nisi particulare et individuam

quia onmis actus circa particularia ext.

XVl. Avicenna'. 351

aus welcher erneuerte Streitigkeiten sich erheben, haben die Lateiner

aus keiner anderweitigen Quelle, sondern nur aus arabischer Litteratur

geschöpft, und, um von dem überhaupt bornirten Albertus Magnus ab

zusehen, auch Thomas von Aquin hat in diesen Fragen keinen einzigen

Gedanken selbstständig aus sich erfasst.

Ueber die lsagoge aber erstreckt sich der uns überlieferte latei

nische Text der Logik Avicenna’s nicht hinaus, und während wir aus

dem Bisherigen wohl entnehmen können, mit welch ängstlicher Ausführ

lichkeit wahrscheinlich sz'nnmtliche im ganzen Gebiete der Logik auf

tauchende Fragen behandelt gewesen seien, sind wir für alles Uehrige

entweder auf gelegentliche Angaben in Avicenna’s Metaphysik oder auf

secundäre Berichte angewiesen. I

Was hiemit zunächst die Kategorien betrifft, so 'künnte sich

uns allerdings darüber ein Bedenken erheben, welche Stelle denselben

Avicenna innerhalb der Logik angewiesen habe, da er in Einer Bear

beitung erst gegen den Schluss des Ganzen die Kategorien mit der

Lehre von der Definition verllichtls“). Doch spricht jenes zweite me

trische compendium (Anm. 69) für die gewöhnlich übliche Ordnung l‘30),

welche Avicenna auch jedenfalls in seiner coinmentirenden Thlttigkeit

eingehalten haben muss. Die Begriffe des Synonymen u. dgl. scheint

er ziemlich als Beiwerk der Kategorienlehre betrachtet zu haben, indem

ihm wohl die hauptsächliche Bedeutung der prädicamentalen Aussage in

einer näheren Beziehung auf den in der lsagoge besprochenen Verwirk

lichungs-Process des Gattungshegriffes liegen mochte 1"'1), daher er auch

den Grundsatz, dass das Prädicat des l'rädicates vom Subjecte gelte

(die sog. regula de quocunque. vgl. vor. Absehn. Anm. 32) in umfassen

dem Sinne sowohl fflr bejahende als auch für verneinende Urtheile ver

standen wisseu wollte 192). Dass er bezüglich der Kategorie der Sub

stanz die aristotelische Auffassung vertrat, erhellt schon theils aus

Obigem (Anm. ae f.), wo ihn in dieser Beziehung der Bericht des

Albertus dem All'arabi gleichstellt, theils besitzen wir hierüber auch

einzelne nähere Notizen. So hat er namentlich deuGattungsbegrill' als

ein potenzielles Sein gefasst, aus welchem der artmachende Unterschied

zur Actnalität heraustrete (vgl. Anm. 116 u. 166), bediente sich aber

dabei noch einer feineren Uistinctinn, indem er hiefi'ir lieber das Wort

„potestas“, als „putentia“, wählen WtJlllfl.193). llnd indem ilnn allerdings

189) Bei Veuier (s. oben Anm. 68.), p. 232 ff.

mm Bei Schmülders. vocum p. 30.

19l) Albert. i‘ll. De pruetlicum. l, 3. p. ga B: Uuuunns mattiqu siw ‚sva

nyma ct diversivura nun surit de Iris, quibus prundicubzle ordinutur in lium generisl

Iumeu, quia Avicmma et Algusel et Joanncs llumuscmus in suis praedicamenli:

ponunt istu, et nos ea hic ponenms.

mm Ebend. l, 6, p. 102. A: quaerunun de eo, quod pmedicalur, dicuntur

noto ordine et substantiali, omnia etiam dici de subiecto necesse est (p. 102. B)

Et sicut Aviccnna et Alyezel diruul, in negatione est similiter-j dummodo negentur ea

de pracdiculo, quaecunque sunt secundum formam speciei aut generis praedicato

opposita. v

193) Ebend. De pruedicull. V, 4, p. 60. B: Et haec est Aviceunae delenninalior

sicut colligi putest in prima pliilusopliia ipsms, propter quod dicitur genug potestate

_.n._..-AaLA.u—A...m_.-..‚..g.‚._

352 XVl. ' Avicenna.

die Substanz als das Substrat aller übrigen Bestimmungen galt, welche

in dieser Beziehung dann Aecidentien seien 194), so konnte er doch

hierüber seinen obigen Begrill‘ des substantiale (Anm. 94 ll'.) nicht ver

gessen, sondern er erblickt in dem bleibenden Einheitlichen z. B. der

Qualitäten ein Mittleres zwischen Substanz und Nicht-Subsmnz’95)‚ und

ebenso gründet er auf das Substantiale den Umstand, dass die Substanz

als solche keiner Gradabstul'ung l'ähig ist 196). Ebenso musste auch bei

Avicenna (vgl. Anm. 34) die aristotelische Auflassung des Entblösstseins

zu 'l‘age treten, und sowie er die verschiedenen Wortbedeutungen dieses

ßegrill'es aus Aristoteles (Abschn. lV, Anm. 404) erörtertw"), so suchte

er so sehr als möglich eine ldentiiicirung des Entblösstseins mit dem

artinachenden Unterschiede zu vermeiden Im‘). Ganz besonders aber

beschäftigte ihn die durch Andere hervorgerufene Frage, ob die Quan

tität und die Qualität ——- denn bei den übrigen Kategorien sei diess

selbstverständlich —— zu den Accidentien gerechnet werden können ‘99),

iniquo m

habere differentiax potius, quam potentia,‘ quia polenlia ad esse et non esse indiffe

rens esti poteslas autem es! potentia stans per atlas incttoationem. '

uui Ebend. V. 4, p‚ sa A: Dici! Aviceunos quod subiectum est ens in se

completuml quod es! occasio altert, tt. e. aceidentt exactum in eo. Ebenso Anal.

post. l, 4, ll, p. 583. A.

195) Ebend. Top. l, 2. 5, p. 674. B: Cum dicitur „album es! coloraluni dis

gregativum visus", hoc es! quidem subsluntialel non es! substanlia; dicit enim Ari

emm quod substantialc raedium es! inter substantiam et non subsmnliam, et neque

es! accidens neque substantia propria

196) Ebend. De praedicum. ll, 10, p. 117. B: Subxtantia non potest suscipere

magis et minus, quitt, sicut yrobat Aniccimu, si magis susciperotl sequeretur

quod ipsum esse substanliate plus formae suhsluuhali appropinquaret per ipsius for

mae adeptioncmg quod falsum est‚ cum nihil medium habe/itp inter esse enim et

non esse nihil est medinm; e! ideo secundum esse substantiate non potest esse

intensiv neque reniissio in aliquo.

197) Metapli. VII, 1, f. 95. v. A: Oportc! untem, ut scias, quod jir-italia dici

tur multis mudts. lliritur enim privatio i'd, quod debet esse in aliquo nec es! in

eo, non quod non sit illius nmdil ut sit in eo. quamvis sit illius naturael ut sit

in aliquo. E! dicitur prioatio i‘d, cuius natura asl esse in genere alicuius rei uec

esl in ipsa re, quia non es! illius modil ul sil in ea, sine illud sil genus proximum

sine louginquunu Et dicitur privatio i'd, cuius natura es! esse rei non absolute,

sed in sua Iwra. quae praetor-illv sicut seneJ: edentutus. l‘rior vero niodux nimium

convertit negationi, alii modi llli/ferunt ab ea. E! dicitur priralio amissm per violen

!i'am. E! dicitur privatio i'd, per quod aniisitlres integritalem suam, monoculus

enim non dicitur caecus nec etiam videns absoluto . . . . .. Deinde de prinalione prae

dicatur negativ, xed non connertiturg prioalio vero non praedicatur Privatio enim aliquando es! in materi-ar aliquando est comes essentidaee.conVtgrla.rioSu/fic.

l, 2, f. lll. v. B.

198) Alberl. M. De praedicah. V, 3, p. fiti B: Aviceima eliam hanc differen

tiam, quam „mortute“ dtxmms, inipugnare videtur dicens, quod a pn'vatione non

tantum secundum nontenj sed etiam secundum ram .numen accipitg priualio autem

non est fomm; cum igitur onmis di/ferenlia a forma aliqua sumptu sil, videtur mor

tale differentia non esse. Vgl. Anm. 145.

l 199) Mt’ltlp/l. lll. l, l'. 78. r. A: llico igitur. quod in principio logicac iam

eognomsh, quidditatem decem pracdrramcntorumg et ideo non duliitas, quia M, quod

ex eis asl ad aliqui-da iu quantum asl ad aliquidl es! res accidens alicuiz similiter

comparationesl quae sunt in ubi et quando et in silu et in agere et pali el in ha

bere; sunt enim disposiliunes accidentes aliquibus, m quibus simt, sicut i'd, quod

est in subtecto. st quis autem dixerity quod agere non es! sie, eo quod esse aclionis

tun- . I'- '-- u -010... A4.

XVI. Avicenna. 353

und gegen jene pythagoreisch--platonischen Annahmen, wornach die

Quantität entweder als continuirliche (in letzter Instanz der Punkt) oder

als discrete (zuletzt die Eins) zu uonstituirenden Wesensheits-Prineipien

gemacht werden wolltenQOO), setzt' er in ausführlicher Begründung

anseinander‚ dass die Quantität Aeeidens sei‚ da die Einheit, welche

der_ Substanz sicher zukomme, von derselben weder als Gattung noch

als Dill‘erenz, sondern nur als ein sie Begleitendes ausgesagt werde,

bei Accidentien aber überhaupt nur die Namen-Gleichheit in ihr liege,

und dass sonaeh jedenfalls die Zahlen als von der Einheit abgeleitete

gleichfalls nur Accidentien seien 20‘), sowie in gleicher Weise die

non est in agenle, sed in patientel etsi hoc dixerit et concesserimus. illi tamen non

nocebit ad hoc, quod modo intendimus, scilicet quod actio habet esse in aliquo sicut

in subiectol quamvis non sit in agente. De praedicamentis igiturl de quibus est

quaestioa an sint accidentia an non, duo remanen!, scilicet praedicanientunl quantitatis

e! praedicamenlum quatitatis.

200) Ebend.: Sed de praedicataento quantitatis multis visum fuitj tineam super

liciern el mensuram corporalem ponere esse in praedicamenlo substantiae. nec suffecil

eis hoe, sed etiam posuerunt haec esse principia substantiae. ouibusdam vero ex

eis visum est. hoc sentire de quantitatibus diserelisj scilicet nunterisl e! posuerunt

eas principia substantiarum Scd ez In's, qui tenent substantiatitatem quanti

latisl illi qui dimm, quod continuae quantitates sunt substantiae et principia sub

s!an!iarum‚ iam dixerunt quod hae sunt diniensiones constituentes substantiam cor

poream et posuerunt punctum ez tribus dignius substantiatitate. oui vero tenent

sententiam de numero, posuerunt hunc principium substantiae. ipsum vero posuerunt

compositum ex unitalibus im, quod fecerunt unitales principia principiorumg deinde

dixerunh quod unilas est natura non pendens in sua essenlia ez aliqua reruml

scilicet quia unilas est in omni re, e! quod unilas in ipsa re est ipsa quidditap

lpstlls m.

20l) Ebend. e. 2, l'. 78. r. B: Dicam igimr, quod unum dicitur ambigue (die

betrefl'cnden Angaben des Aristoteles über das iu s. Ahschu. f. 78. v. B: llicam iteruntl quad, postquam unilas diciturlV,deAnremb.us4,51quITa.e) sunt

multae numerol et dicitur de re una numero, ium autem oslendimus divisiones eiusi

quod est unum numero1 procedemus nunc ad aliam purtentg dicam igitun quod eo,

quae sunt multa-numero1 non dicantur una alio modo nisi propter convenientiam

quam habent in intentione aliqua ; convenientia enim eorum vel est comparationis vel

est praedicati praeter contparationcm vel est in subiectol praedicatum uero vel est

genus vel species vel cli/ferentia vel accidens c. 3, l'. 79. r. A: bico igitun

quod unilas vel dicitur de accidentibus vel dicitur de substantiag cum autem dicitur

de accidentibusi non est substantial et hoc non es! dubium; cum vero dicitur de

substantiis. non dicitur de eis sicut genus nec sicut differentia utto modo ; non enim

rccipilur in certifcalione quiddttatis alicuius substantiarumy sed est quoddam comi

tans substantiamg ergo dicitur de eis sicut accidens llnde unum est sub

stanlia, unilas vero est inlenlioy quae est accidens (l'. 79. r. B) Sed unilas

substantialiter est ipsum esse, quod non dividiturl eo quod illud esse constituitur

esse non in subiecto . Si autera accidentibus fuerit unilas. pro/eclo eorum unilas

erit praeter unitatem substantiaey et illa unilas dicetur de eis communione nominis.

lgitur contingit eliam, quod ez numeris alii ordinabuntur ez unitate accidentiurn et

alii ordinabuntur ez unitate substantiarum Mani/bslum est, quod certiludo uni

tatis est intenlio accidentis et est de universitatc earum, quae comitantur res . . . . ..

(l‘. m v. A) Jam enim aslendimus, quod unilas non est intrans in diffinitione sub

stantiae nec accidentisl sed fortasse est comitans eam Cum igitur certum

fueritl quod non est separate, cerlificabitur, quia i'd, quod praedicatur de intentione

comitante communi nomine derivato a nomine simplicis intcnlionisl ipsum est intenh'o,

quae est unitatisg ipsum vero simple: est accidens. Postquam igitur unilas est acci

densy tunc numems, qui accidens estf necessario prevenit ex unitale.

ann. Gesell. ll. 23

354 XVl. Avicennn. '

Maassverhältnisse der continuirlichen Quantität an den Stofl' der Sub

stanzen gebunden seien und nur durch subjective Schätzung, nicht aber

als objective Wesen von demselben getrennt Werden künnenzfl). Und

wenn binwiederum bezüglich der Qualitäten von Einigen behauptet wurde.

dass sie selbstständige Substanzen seien, welche nicht etwa an den

substantiellen Wesen entstehen und verschwinden, sondern nur .mil

ihnen gemischt und wieder von ihnen getrennt werden (wie z. B. Wasser

verdunste), und dass sie in solcher Weise die constitnirenden Substanzen

der sinnl'älligen Dinge seien 203), so weist Avicenna die Unrichtigkeit

dieser Annahme durch ihre eigenen Consequenzen nach 20“); und indem

ihm hiedurch feststeht, dass die Qualitäten nur Accidentien sein können,

bebt er noch besonders jene/Qualitäten, welcbe im Gebiete des Quan

202) Ebend. c. 4, f. 79. v. A: ouantitates continuas sunt mensurae continuo

rum Sed hanc mensuram iam manifestum est esse in materi-ay et quod ipsa

uugmentatur e! minuitur substantia permanente eadem, igitur est accidens sine dubio.

Sed est de acn'denülms, quae pendent ez materia et ex re, quae est in materiag

haec enim mensura non separatur a materia nisi aestimalicne, nec separatur a

forma, quae est materiae1 eo quod ipsa est mensura reis quae recipit dimensiones

huiusrnudL

203) Ebend. c. l, l. 78. r. A: De qualitate autem quibusdam cat naturali-bus

visum ext, quod non subsistunt in aliquo ullo modo, sed quod color per se est sub

stantia etyodor alia substantial et quod tunc sunt constituentia substantias sensibiles;

et plures ea bis, qui tenent scntentiaml de occulte intendunt hoc. Ebend. c. 7, l.

81. v. Az Loquamur igitur nunc de qiuililah'lms;v sed quatitates sensibilcs cl corpo

rales essey non es! dubium Nunc autem non dubitatur de eis nisi an sint acci

dentes an non. ouibusdam enim visum fuitj quod ipsae sint substantiam quae com

miscentur corporibus et di/funduntur per eus; color itaque per se substantia es! et

calor et similiter unumquodque aliorum lgitur apud eos qualitalcs sunt huius digni

lalis, nec sufficit eis, quod hae habent esse, ipsi enim dicimt, quod non anni

hitantur istae res, sed paulatim separanturl sicut aqua, qua humectetur pannus et

paulo post non invenitur aqua in panno ipso habente esse secundum modum suumr

tamen ab hoc non-tit aqua acn'dens, quia aqua substantia ext, quae separatnr ab

alia substantiay cui coniuncta fuit . . . . . .. bicunt autem aliil quod occultantur.

204) Ebend. c. 7, f. 81. v. B: bico igiturl quod si haec sunt substantiae.

necessario vel sunt substantiam quae sunt corporay vel sunt substantiaey quae non

sunt corpora. Si autem sunt substantiae non corporeae, tunt- vel sunt huiusmodrj

quod potest ex eis componi eorpus, et hoc cst absurduml quum er eo, quod non

partitur in spatia ccrporea, non potest corpus rompom‘, vel non potest ex eis corpus

compom', sed earum esse non est nisi propter coniunctionem sui cum corporibus et

propter infusionem sui in illa ttrimum autem de hoc estv quod hac substantiae ha

bebunt si'lum, sed omnis substantia habens situm dioisibilis est. Secundum est, quod

unaquaeque harum substantiarum necessario ea natura sua vel potest separari a cor

pure, in quo esl, vel non potest. Si autem fuerit sie, nec habet ipsa de substantiatitate nisi nomen tantum Siut auntoenm popsossistunstepasreapna'r,ari a

suis corporibusl tunc separatio vel talis eril, quod per eam moveatur de hoc corpore

ad aliud corpus, et sequetur ez hoc, quod, cum unum corpus cale/hcit ahud

corpus. trans/erat calorem a se in illudy unde infrigidabitur. quod cale-faciebat

aliudg si autem consideratur posse transferri ad aliud subiectum sie, ut

non mspolietur ab 1'110, profecto haec consideratio non est nisi post existentium in

subiecto (f. 82. r. A) Si quis autem posui-ritv quod albedo cst vere in se

aliquid habens mensurum, tunc habebit duo esse, scilicet quod est albedo ct esse,

quod es! habens mensuramg si autem albedo eius fuerit alia numero a mensura cor

pon's, in quo est, tunc spatium intrabit in spatiump sed si ipsa fuerit ipsum

corpus per sc, tunc ratio redibit ad id, quod albedo est corpus et habet atbcdmcm

et ita albedo est in albo corpore inseparabilitet .

XVI. Avieenna. aas

titativen aul’treten können, z. B. Gleichheit oder Ungleichheit u. dgl.‚

hervorgoä). Die Kategorie der Relation, deren verschiedene Arten des

Auftretens er angibt, betrachtet er vorerst bezüglich der Frage, ob sie

innerhalb der beiden Relativa einheitlich sei oder jedes der beiden durch

sie seine eigene Bestimmtheit erhalte, wobei er sich für Letzteres ent

scheidet; sodann aber bebt er insbesondere an der Relation, wie wir

es schon bei Alfarabi sahen (Anm. 35), die Subjectivitat der Denkauf

fassung hervor, da in der Definition des Relativen selbst bereits die

Rücksichtnahme (respectus) auf ein Anderes enthalten sei, und auch

dann, wenn noch ein anderweitigen wesentliches Sein des Relativen

angenommen werde, jedenfalls es sich doch um das Verständniss jener

Rücksichtnahme handle 2o“); in der concreten Erscheinung aber musste

er, wie sich von selbst versteht, das Relative als zeitlich coexistirenil

anerkennen 207). Bezüglich der Frage, zu welcher Kategorie die Be

205) Ebend. c. 9, l'. 82. v. A: Remansit unum genus qualitatumy et oportet

stabilire suum esse et assignare, quod est qualitasg et hae sunt qualitates. quae

sunt in quantitatibua scilicet quae sunt in aamero, ut paritas et imparitas et cetera

huiusmodi ‚- iam autem notum est esse quorundam ex eis, e! in arithmetica stabilitum

est esse remanentiumg sunt enim accidentes ex eo, quod pendent ex aumera, e! sunt

proprietates eiusg eorum autem quae accidunt mensan's, esse non est adeo notumg

circulus enim et linca curva et spliaera et pyramis el columua talia sunty quod nul

lius eorum esse manifestum es!‚ et impossibile est geomelrae1 probare esse eorum.

206) Ebend. c. 10', f. B3. 1‘. B: oportet loqui de ad aliquid et ostendere,

quomodo debeat certi/icari quidditas relati e! relationis et eorum dif/initiog sed quod

praemisimus in 'logiea, passe! sufficere intelligenti. Si autem posaen's, rclativum

esse, profecto erit accidens-1 et hoc non est dubiuml quia est res. quae non intel

ligitur per sc, sed intelligitur semper alicuius ad aliud . . . . .. Relative vero non pos—

sunt comprehendi uno modog alia enim um! relative, quae non egent aliquo ez hie.

quan solent stabilira relationem, sicut demtrum et sinistrumy in dextro enim non est

qualitas nec aliquid aliud certum, per quod fiat relatum comparatione, nisi ipsa

deztrarietasg et alia sunt relativa, qaoram unumquodque opus habet aliquol per

quod rcferatur ad aliudi sicut amator et amatum quod autem remansit de

relatione, hoc est, scilicet ut sciamual an relatio una numero et subiecto sit inter

duo habens duos respeclus, sicut quidam et plures ex hominibus putaverunt, quod

(zu lesen au!) in relatione unumquodque relativorum habeat proprietatem Dteam

igitur, quod unumquodque relativarum-in se habet intentionem respectu alteriusv quae

non est illa intentio, quam habet in se aliud respectu illius; et hoc es! manifestum

in rebus diversis, secundum quod patet per diversitatem nominum . . . . . .. (l'. ss v. A)

ouod autem diligenter considerandum est, hoc est, scilicet ut coguoscanms. si relatio

in se habet esse in singularibus vel est aliquidl quod non formatur nisi in intellectu.

.. Ex hominibus autem quidam fueruntl qui tenueruntl quod certitudo relativamm

non est nisi in anima, eum intelliguntur res; et alii dixerunty noni imo relatio est

quoddaml quod est in singularibus ld aatem, per quod solnuntur istae duae

viae, hoc es‘!‚ ut redeamus ad di/fim'endum ad aliquid absolute. bico igiturl quod

ad aliquid est, cuius quiddilas dicitur respectu alteriusl et quidquid fuerit in signa

tis hoc modoj ul secundum quidditatem suam non dicatur nisi respectu alteriusy

illud est ad aliquid. Si autem ad aliquid habuerit aliam quidditatenh tunc restatl

ut determiuemusg quod habeat de intentione intellecta respectu alterius; illa enim

intentio certissime est de intentione intellectu respeetu allm'us, alterum enim non

intelligitur nisi respectu alterius causa huius intentionis.

207) Albert. M. De praedieam. IV, 7, p. 149 A: Simul sunt (so. relative) na

tum in hoc, quod secundum quod relata sunty in esse et non esse sicut in ortu et

accasu, ut dicit Avicennal simul sunt itar quod posita uno in esse, secundum quod

rclativum est ‚ et positum est aliudr secundum quod refertur ad illud.

A—_—- m .

23‘

356 XVI. Avicenna.

wegung gehöre, äussert sich Avieenna abweichend von All‘arabi (Anm.

36), indem er den Begrill' des Ueherganges von Möglichkeit zu Wirk

lichkeit nicht mit jenem der Bewegung verwechselt wissen will und es

sonach verneint. dass die Bewegung in der Kategorie der Substanz auf

trete. wohingegen er zu den auch schon bei Allarabi beigezogenen

Kategorien der Quantität und der Qualität und des Ortes auch noch die

Kategorie der Lage ltllllulllgl208), unter welch letztere (nicht unter die

des Ortes) er die Bewegung der Himmelskörper subsumirte 209).

In der Lehre vom Urtheile begegnen wir auch bei Avicenua

den üblichen exegetisehen Erörterungen über die Definitionen der vom 1"0)

oder des nomennl), wobei bemerkt werden mag, dass er bezüglich

des nomen iri/initum die sog. lnlinitation (d. h. llinzul'ügung des non)

bei den allgemeinslen Worten nicht mehr für zulässig hielt, da ober-v

halb derselben es keine allgemeineren Begrill'e gibtzlz). Die Inliarenz

des Prädicates im Subjecte scheint er wie Allarabi (Anm. 39) gefasst

t

208) Suffic. ll, 1, l. 23. r. A: Nulla enim calegoria es!‚ quac flog habeat eri

!um de potentia sua ad suam efl‘cc!um‚ aut in substantial sicut exitus hominis ad

effectum postquam fuerit in poleulia, au! in qualitatev aut in ad uliqm'd, .

au! in ubi, sicut elevatio sursuin in effectu post potentiaml aut in quandu, sicut

exitus antiqui ad e/fectum de potential aut in süß, similiter in hellere, similiter

in agere et pati. Sed imelleotus, in quo converterunl antiqui in usu uppellandi nio

tuml non est iltey in quo conveniunt omnes isti modi excundi de potentia ad effec

mm, sed ille. qui est motus ezeundi non subitoy xed gradatiml et hic non convenit

nisi certis eategoriis et nos deelarabimas postcal quae sunt ealeyoriaev in

quibus possibile est cadere hunc exitum (c. 2, l. 24. v. B) iam diuenserunl

in collatione motus ad categoriaxg quidam enim dixerunn quod motus est praedica

mentum patiendig alii vero dixeruntj quod hoc nomen mutus cadit super ntaneries

(über dieses Wort s. Abschn. XIV, Anm. 87.), quae sunt in illo sola casuuli par

ticipatione nomim's; quidam etenim dixerunh quod hoc nomen motus est nomen com

mune, sicut verbum esse et accidentis Maneriae vero, quae continentur sub

nomine motusp sunt species aut maneriae praedicamenluramy quia de ubi est

motus in locol et de quali est motus alterutionih et de quanto est molas

uugmenti et diminutionisg et fortasse aliquis eorum perdurabit in sententia sua im,

ut dica!, quod est motus in substantia. scilicet generatio et corruptio . . . . ..

(l. 25. r. A) Possumas autem declarare falsitatem c. 3. f. 27. r. A) tam enim ex praemissis paluit, uqturioudsqmuoetussenntoennticaaedit nisi in

quatuor praedicamentisy quae sunt quantitas et qualitas et ubi et situs. Jan: autem

cognovistis collutionem motus ad praedicamenta. -

209) Levi Gerson, l‘raedicam. l'. 30. v. A: ltiæit Avieennal quod motus corpo

rum caelestium est in praedieamento situs.

210) Albert. M. Peri/wrm. l, 2, l, p. 242. A: Propler quod dicit Aricenna,

quod v0.1: litteram sine placito instituentis nihil significat penitusg quia tamen alteri

non facit signum de re nisi sub determinata figura vocis certi/icativay ideo oportet

talem vocem esse litteralamj quia nonnisi sub elementis litterarum haben! lignrae

certitudinenh sine qua eertitutline non potest esse rei certum siynum.

211) Ebend. 2, 4, p. m B: Ouod autem dicitur ncuius nulla pars est signi

/icativa separalu“, haec causa est, ut dicit Aviverma, quia institutio est causa

signi/icationis in numine, mm est autem instilutum. ut pars aliquid significe! sepa

ralu, sed ut totum significe! 10mm, et ideo pars nihil signi/icaL

212) Ebend. 2, 5, p. 251. A: Cum nomen infinitum pries! inferiorem formam

finitum e! relinqua! superiorem iufinikzm, et hoc nomen „ans“ superius nihil habeati

proprie infinilari non poti-sn similiter autem est de aliis nominibus „antun, res,

ultquid“, ut dicitlAvicenntL -

XVl. Avicenna. 357

und ebenso betretl‘s eines conlroversen aristotelischen Beispiel-Satzes

sich an denselben (Anm. 40) angeschIOSsen zu haben. Die sog. logi

sche Qualität der Urtheile besprach er im llinblicke auf den factischen

Bestand des Ausgesagteu in einer viertheiluninuajv bei der Quantität

aber kam er zu der gleichen Auffassung, welche wir schon bei Abülard

(Abschn. XIV, Anm. 318 u. 327) in allgemeinerer Anwendung trafen;

nemlich Avicenna bezeichnet die Worte „omnis“ und nnullusu ent

schieden als blosse Zeichen (signa) einer Art und Weise des Ausspre

chens, wornach dieselben .nur ausdrücken, dass irgend l’articulares

universell verstanden sei’“). Von noch grösserer Wichtigkeit für die

Lateiner war es, dass Avicenna bei der Frage über‘die Einheit des

Urtheiles die Unterscheidung aufstellte, dass sowohl im hypothetischen

als auch im disjunctiven Urtheile ein einheitlicher Gedanken-News be

stehe, liingegen das copulalive Urtheil nicht als Eines, sondern als

blosses Aggregat bezeichnet werden dui-fenum

was den lnhalt der ersten Analytik belriil‘t, so äusserl er sich

einmal gelegentlich darüber, dass im Syllogismus nicht die Prämissen

für den Stoll' des Schlusssatzes oder letzterer für die Form der ersteren

gehalten werden dürl'e, sondern die Prämissen nur der Stell des ganzen

einheitlichen Syllogismus seieu216). Sodann aber begegnen wir bei

ihm jenen nemlichen exegetiseheu Controversen, welche wir bei Alfarabi

(Anm. as 1'.) trafen, nemlich sowohl über das Verliltltniss der Urtheile

des Stattfindens zu den modalenz") als auch über die Umkehrung der

Möglichkeits- und Nothwendigkeits-Urtheile 2ls). Bei Erklärung der be

trell‘enden aristotelischen Stelle über die hypothetischen SchlüSse gieng

may Ebend. 5, 1, p. 260. A: Dieit enim Avicennar quod ista quatuor sic di

iulrai/ieontun quia contingit. quod est, enuntiare esse, in affirmativa enuntiationeg

et contingih quod est, non esse emmliare, in eiusdem negative; et contingit entm

Hure, quod non ext, esse, in af/frmativa negative opposila; et contingit enuntiare.

quod non ext, non esse, in negatione negationi opposita

214) Ebend. p. 261. A: Hoc enim signum distributivum. quod est „onmis“,

non est universale proprie loquendo1 sed est signumv per quod etat pro particularibus

universaliter universale, cui tate signum est adiuncturn . . . . .. et ideo „omm's“ e!

„mdlus“ el huiusmodi signa universalia non sunty sed sunt signa designnutia, utrum

universale sit acceptum universaliter rel particularitcr secundum sua supposita. Et

haec sunt verba Aliicennue.

215) Ebend. 4‚ 2, p. 258. B: coniunctione autem unae sunt (so. enuntiationesjy

in quibus consequentiav quam notat coniunctiov facit unilatem. et hoc non est nisi

in conditionali et disiunrh'va, et secundum Boethium et Anirennam et Algazelem

istae duae solae coniunctiones faciunt unam coniunctione enuntiationem el non copu

lntiva, quia in copulatis nulla est unitas nisi aggregationisl quae simpliciter est

pluralitas et non unilus.

216) Melaph. VI, 4, f. 93. v. A: lam autem posuerunt quidam propositiones

similiter materiam conclusioni. Et es! error; immo propositiones sunt materia tiendi

syllogismiv conclusio vero non est forma propositionuml sed quodriam, quod conse

quitur ez illisy quae propoiitiones efficiunt in anima.

217) l's.—Averr. uuam in Prior. Resol. f. 362. r. A u. 364. r. A.

218) Ebend. l. 363. r‚ A: Avicenna dubitat contra philosophum. quando rliazit1

quod particularis aflirmativu contingens converlatur eonlingens, et quod necessaria

particularis affirmatiaa convertetur necessaria u. s. f. . et contradicit suo sermoni

per materias.

358 XVI. Avicennn.

Avicenna noch viel weiter als Alfarahi (Anm. 48), mit welchem er in

diesem Punkte auch nicht übereinstimmte', er warf sich nemlich mit

höchst spitzlindiger Einseitigkeit auf eine Erklärung der Urtheilsform,

wornach er nur das einfache Diclum de omni als kategorisches, hin

gegen die Form „Alles, was B ist, ist A“ als ein zusammengesetztes

und hypothetisches Urtheil betrachtete, sowie entsprechend beim victum

de nullo eine disjunclive Urtheilsform sich einstelle, und indem er auf

solche Weise die kategorischen Urtheile in hypothetischer Form aus

drückte, ordnete er dieselben nach den drei Schlussfiguren, wobei er

auch Mischungen aus kategorischen und hypothetischen Prämissen zu

Iiess, so dass diese unnatürlichen Schlussweisen, welche er „combina

l'iones“ nannte, sowohl von ihm selbst als auch von Anderen für eine

bedeutsame neue Ergänzung der aristotelischen Syllogistik gehalten

wurdenfl”). Wirklich angewendet finden wir diese Neuerung in dem

einen ausführlicheren compendium Avicenna's 220), während er in dem

kürzeren nur die bei den Uommeutatoren (Abschn. XI, Anm. leop üb

lichen hypothetischen Schlüsse aufzählt 221). -— In einer völlig verein

zelten Notiz isl uns berichtet, dass Avicenna die logische Bedeutsamkeit

219) Ebend. f. 363. v. B: bieere enim A de omni l! est praemissa una cate

gorioa . . . . . ..‚ dicere vero „omne quod es! B, est A“ est praemissa conditionalis et

secundum veritatem composita ex duabus catcgorieis EI hinc erravit Aricenno

et opinatus es!, quod inveniantur alii syllogismi praeter sgllogisrnos categorieos et

praeter conditionales et vocavit illos combinationes et posuit numerum illorum secun

dum numerum categoricorum aut prope eatcgorieosg ille enim consideravit proposi

tiones categoricas et eos ezpressit ezpressione conditionalium et composuit ex illis

orationes ad eornpositionem trium ligurarum e! immiscuit etiam calegoricas cum bis,

scilicet cum conditionalibus et constituit illud compositione quodam mado, quo opi

natus est ipse et nmnes, qui eum imitati sunty quod superaddiderit Aristoteli multas

species syllogismorum. Hos autem syllogisnios non invenit noviter Avicenna, cum

illi inveniantur apud quosdam christianos philosophusy non apud aliquem peripate

ticum (möglicher Weise könnte der unkritische Berichterstatter aus dritter Hand

Einiges über Boethius gehört haben und somit falschlich hier die oben Ahschu.

XII, Anm. 155 III, angeführten Schlussweisen meinen). Ebend. f, 369. v. A:

Avioenna vero consentit huic rci, sed non admittit expositionem (I!) constituto autem hoc dc propositionibus conditionalibusl viidpesliiueselAhqiumoadzaqruaedam

ipsarum sit simplex e! es! illa, cuius vis est vis unius propositionis categorich et

quaedam est composita e! esl, cuius vis est vis syllogismi eategoriciy propinquum est

intelligere. quod i'd, quod Avicenna pulat, quod hic sit tertia species syllogismorum

non categoricorum nec conditionalium. non sit sermo verus (f. aro r. B)

Mirum autem est de Avicennai quod ipse posuerit ouibus res, scilicet quod ipse cou

fiteatun quod omnis propositio conditionalis possit reddi categorica et similiter omne

quaesitum conditionale possit reddi oatcgorieuml et iterum poni!, quod sint quidam

syllogismi quicumponuntur ez congruentia syllogismornm, qui sunt ex calegon‘cis.

E! mora circa hoc est supervacaneaj prout fecit Avieenna Deveni! in con

fusionem circa hoc capitulumv nam induxit in ipsum syllagisrnos praeter naturamy

h. e. quibus non utitur humana cogitatio naturaliter cl similiter hic vir numerat

inter species conditionalium coniunctarum quasdam propositiones praeter naturam,

quas vocat a!!haphkias‚ i. e. eonncxas, prout dicitur „dmn Iiomo esl, equus es!“‚

et ai!, quod hae sint verae contingentes et sic etiam numerat inter proposi

tiones contradictorias tales proporiliones, prout est oratio dicentis „au! homo est

aut vacuum".

220) Bei Vatlier p. 129 II“.

221) Bei Schmolders1 Doc. p. 35.

XVl. Ayicenna. ‚

des bei Aristoteles besprochenen Indiciums (Unpeiov,.-s. Absehn. lV,

Anm. eten bestritt‘l”). _

Für den Umkreis der zweiten Analytik besass er sicher eine

umfassende Vorarbeit in der oben erwähnten Schrift Alfarabi’s, scheint

sich jedoch derselben gegenüber auch die Freiheit eigener Ueberzengung

bewahrt zu haben. Während er sich betreffs des Zusammenhanges

der zweiten Analytik mit der ersten (s. Anm. 51), sowie in commen

tirenden Erörterungen über die im Mittelbegrill‘e liegende Causalitätni‘)

und über das sog. praedicatum primum 224) an Alfarnbi (Anm. 54 u.

57 f.) ansehloss und mit demselben (Anm. 60) auch die Auffassung

oberster Principien der Demonstration weihen"), stand er in einer

ziemlich principielleu Frage (vgl. Anm. 62) ganz allein. insoferue er die

Gültigkeit der „demonstratio quiau von vorneherein darum bestritt, weil

in derselben der Mittelbegrill' nur Accideus des Unterbegrill‘es sei, und

hiernach ausschliesslich die „demonstratio propter quid“ als alleiniges

demonstratives Verfahren gelten liess 226). ln den Erörterungen über

die Definition selbst, welche er in seinen Compendien an den Schluss

des Ganzen stellte ”7), musste er wieder auf seine Auffassung der

Universalien zurückkommen, und dass er das definilorisclie Wissen in

aristoteliscbem‘Sinne verstand, ersehen wir aus seinen hierauf bezüg

lichen! Aeussernngen in der Metaphysik, denn er bekämpft dort die

Annahme, dass die Definition das Product einer blossen Zusammensetzung

aus Gattungsbegrifl' und artmachendem Unterschiede sei 228), und ebenso

222) Averr. Poster. Resolut. f. 146. r. B: Negavit Aben Siua hanc speciem de

monstrationum, h. e. signa.

223) Averr. a. a. O. f. 131. ‘v'. A. Ps.-Averr‚ Ouaes. in Post. Reset. f. 375. v.

A u. f. 380. r. A.

224) Ps.—.‘1irerr. a. a. O. f. 373. r. B.

225) Albert. M. Top. l, 1, 2,_p. 663. B: fides enim est assensus in ipsum

respondeutis, propter quod talia principia prima communes animi conceptiones vocan

lur, ut dicit Avicennal quod statim assentit eis animus audientis, propter quod

etiam indcmonstrabilia talia-dicunturg haec igitur sunt principia demonstrationis. ex

quibus demonstrativus fit syllngismus. Vgl. bei Schmülders p. 37. und bei Vattier

P . 19282.6) Anerr. Poster. Resolut. f. 158. v. B: Et haec divisio demonstrationum est'

res per se nota ‚‘ hanc enim posuerunt omnes homines istius artis praeterquam ipse

Aben Sena, qui mentionem fecit de demonstratione eris-tentiae et existimavit, quod

est demonstratio non vera, et voluit hoc, cum dixit, quod posteriora composita ex

rebus prioribus non canstant esse essentiatia rebus priorilms, nisi cum constiterit

causa, propter quam constat posterius ez priori. Ps.-Averr. Ouues. in I’ost. Res. f.

377. v. B: Avicenna non meminit de demonstrationilms „quia“, et haec est, dum

subiectum ipsarum fuerit compusitum, non simpler,- nam ipse putavit, quod demon

strationis „quia“ medii termini sint accidentia minoris extremi (f. 378. r. A)

Sermo autem Avicennae dicens, quod, cuiuscunque necessitas est ab aliquam causa

rum, illa necessitas sit itlius, dum noverimus illam causamy est proposz'tio, quam

nos concedimus . . . . .. Avicenna itaquel ex quo implicita est apud ipsum in demon

strationc „quia“ scientia per cousam, putavit, quod ibi non occurrat ei nomen verae

scientiae. Vgl. bei l'attier p. 228.

227) Bei Vatticr (p. 232 ff.) folgt nur noch die Sophistik nach der Lehre von

der Definition, hingegen bei Schmütders (p. 41.) bildet letztere, nach der Sophistik

folgend, den Schluss.

228) Metaph. V, 5, f. 89. r. B: Potest aliquis dicerc, quod di/‘finiti'o secundum

geo XVI. Avicenna.

wiederholt er die Angaben des Aristoteles (Abschn. IV, Anm. ego tl‘.)

in der Frage über die Theile der begrifflichen Form und die Theile

des Stofl'es 229). '

Was endlich die Topik und Sophistik betrifft, so ist zu beach

ten, dass Avicenna, obwohl er bezüglich des wechselseitigen Verhält

nisses zwischen der ersten und der zweiten Analytik mit Alfarabi über

einstimmte (Anm. 223), dennoch zwischen beide das ganze Gchiet der

Dialektik darum einschieben wollte, weil auch in der praktischen An

wendung des logischen Denkens das demonstrative Verfahren erst nach

dem Dialektische!) den Schlussstein bilde 23°). Auch mag etwa noch

erwähnt werden, dass er unter dem Vorbehalte der traditionellen Ge

sichtspunkte der blossen Wahrscheinlichkeit oder beziehungsweise der

Unsittlichkeit der beiden Disciplinen, nemlich der Topik und Sophistik,

eine Universalität der Gegenstände, welche in sie h'eigezogen werden

können, zugesteht231)‚ sowie dass er ähnlich wie Alfarabi bei einzelnen

hoc, quod consentiunt auctores artisy composita est es: genere etidimrrential quorum

unumquodque discretum est ab alioy et utraeque partes sint di/finitionts, dif/initio

autem non est nisi quidditas dif/initig ergo in!en!iones, quae signihcantur per genus

et di/ferentiam, talitcr se habent ad naturam specieiy qualiter ipsa ad di/‘finitt'onem,

unde cum ita sit, non erit verum, praedicari naturam generis de natura speciei

quoniam pars eius est. Ad quod dicimus, quia cum nos diffinimus dicentes verbi

gratia „homo est animal rationale", non volumus in hoc, quod sit coniunctio est

animali et rationaliy sed volumus in hoc. quod ipse est animali quod est rationale;

quasi enim animal in se quoddam est, cuius esse non est determinalum, nisi cum

ipsum animal fuerit rationale.

229) Ebend. c. 7, f. 90. v. B: Dicemus, quod plerumque in diffinitione sunt

partes diffiniti; cum autem dirimus, quod genus et differentia non sunt duae partes

speciei in quidditate, non est hoc, quasi dicamusl quod species non habet parles;

species enim partes haltet, cum fuerit ex aliquo modoan rerurn. scilicet vel ex

accidentibus secundum quantitales vel ex substantiis secundum composita. Unde.

secundum quod t‘idetttr, partes diffinitionis sunt priores diffinito; contingit autem

alicubi fieri e contrario; cum enim voluerint diffinire portionem cirealt', diffiniemus

eam per circahmt, et cum voluerim diffinire digitum honu'nis, dif/intemas per homi

nem llacc igitur omnia non sunt partes rci secundum quidditatem eins, sed

secundum materiam et subiectum eius.

230) Arerr. Poster. Resolut. f. 127. v. A: Existimaverzml autem nonnulli, quod

quemadmodum melius est. ut prima inquirarnus de aliquo intelligibili et investigemus

per niam dialcctires, postea sequatur inquisitio demonstratinu1 ita melius sit in

doctrina. ut incipiamus a libro dialectices post partem commanem. deinde sequatur

liber de demonstratione. Setl quod cxislimaveruntt non se habet ito, . ut prac

cedat cognitio modornm propositionum probabilium cognitionem modorum propositionum

aerarum, quoniam conditiancs. quibus propositiones verae ordinantur, sunt aliae a

conditionibusv quibus propositiones probabiles ordinantur, quoniam ordines probabilium

sunt secundum consuetudinem civitatum et populorum (vgl. Anm. 13.), ordines autem

ucrarum sunt secundum conditionem unam, ut videlicet sint cssentialesg et prop

terea consimiliter cognitio ordinum propositionum probabilium non est universalis (s.

Anm. 318.) respeclu ordinum propositionum eerarum . . . . .. E! ideo erravit Alf Sena

errore manifesto, quod existimavit, quod dialectica praecedat artem demonstrationisy

eo quod accidit. propositiones primas intelligibiles esse etiam prohabiles. Dass eine

Solche Anordnung des Stofl‘es schon bei den griechischen Commentatoren in Vor

schlag kam, s. Abschn. XI, Anm. 128.; jedoeb dürfen wir auch nicht unerwähnt

lassen, dass Avicenna wenigstens in jenen beiden Compendien, welche uns vor—

liegen (bei Vattier und bei Schmülders) sich an die gewöhnliche Reihenfolge hielt.

231) Metaph. l, 2, f. 7l. r. A: Haec autem scientia (d. h. prima philosophia)

XVI. Algazeli. 361,

Punkten wegen seiner commentirenden Thätigkeit von Anderen erwähnt

wird 232).

Die Leistungen Alfarabi’s und Avicenna’s scheint Algazeli (Abn

Hamed-Mohammed-lbn-Mohammed-el-Gazali, geb. 1058, gest. 1111) le

diglich nur herübergenommen und benützt zu haben, denn seine Teu

denz 'lag in einem Skepticismus, welcher als Mittel zum Mysticismus

dienen sollte, und in diesem Sinne bearbeitete er auch die üblichen

Zweige der theoretischen Philosophie nur als eine Vorstufe seiner „De

structis philosophorum“233). Somit werden wir in demjenigen, was

von Algazeli dem Mittelalter bekannt war und auch uns in lateinischer

Uehersetzung vorliegt234)‚ nur eine Wiederholung und Bestätigung der

bisher betrachteten arabischen Auffassungen finden, und selbst da, wo

scheinbar Neues sich zeigt, dürfen wir wohl nur Ergänzungen jener

Berichte erblicken, welche über All'arabi oder Avicenna uns theilweise

unvollständig zur Hand sind. .

So stimmt Algazeli nicht bloss in der Frage über die' Eintheilung

der Wissenschaften vollständig mit Avicenna (Anm. 71 fl‘.) überein 235),

sondern folgt auch seinen Vorgängern in der principielleu Zweitheiluug

der Logik (Anm. 16 u. 77); indem nemlich auch er das unmittelbar

sinnliche Verständniss (imaginatio) auf das einzelne Wort und ent

sprechend das beifüllige Ueberzengtsein (credulilas) auf die Satz-Ver

bindung bezieht 236) und bei beiden die doppelte Möglichkeit berück

communicat cum topica et sophistica simul in aliquibus et differt ab eis simul in

aliquibus Aammunieat enim cum eis in hoc, quod de eo, quod hic inquirilun

nullus actor singularum scientiarurn tractal nisi topicus et sophisticus. lii/fert vero

ab eis simul in hoe, quod philosophus primus1 in quantum est philosophus primusy

non loquitur de quaestionibus singularum scienfiarnm, isti vero loquunlun Difl'er!

etiam a topico per se in fortitudine vel potentia eo. quod verbis lapici acquirunt

opinionem, non certitudineml sicut nosti ea- mayisterio logicae. lii/fert etiam a so

phistico in voluntate eo, quod hic quaerit ipsum veriluu'm, ille vero quaerit pulari

sapiens in dictione veritatis. quamvis non sit sopicns. S. Anm. 380.

232) Z. B. Averr. Top. f. 298. v. B und I’s.-Averr._Epilome f. 357. r. A.

natn S. Mime/i, Diclionn. ll, p. sos ll.. wosethst nicht bloss schlimme lrr

thümer, welche Sc/tmülders (Essai sur l. e'col. phil. p. 220.) begierig, nachge

wiesen werden, sondern auch die Annahme Heiur. Rittcr's, dass Algazeli bei Ab

fassung seiner Logik noch nicht auf seinem späteren ekstatisch-mystischen'Stand

punkte gestanden sei, ihre Berichtigung findet; denn Muuck theilt aus dem arabischen

Originale des Mahricid (d. h. der Logik) die Eingangs- und die Schluss-Worte

mit. aus welchen hervorgeht, dass Algazeli auch in dor Logik nur Referent sein

wolle. um hernach alle theoretische Philosophie zu lwkhmpfcn; dieselben lauten

nach Muuck’s Uebersetzung: l! m’a donc paru neuessairc, avant d’aborder Ia refu

talion des philosnphes, de compaser un traitd oti j’exposerai les tendances generales

de leurs scicnces, savoir de ta Logiqae, de la Physique et de la Metaphysiquey sans

pourtant dtstinguer ce qui est vrai de eo qui est faux, car mon but est uniquement

de faire connaitre les resultats de leurs parolesl und am Schlusse: Nous commen

cerons apres cela te livre de la „Destruclion' des philosophut a fin de mantrer clai

rernent tout ce quc ces doctrinas ran/eripient rte [an/.17. Die „Dt’S/Y'uclll) philosopho

mm” selbst jedoch behandelt keine logischen, sondern nur sechzehn metaphysische

und vier physikalische Fragen.

234) Logica et Philosophie Alguzelis Arabis. 'eueL 1506. 4 (übersetzt von

Liechtenstein)

235) De divisione scientiamm als Cap. 1. der „Philosophie“.

236) Logico, Cap. 1. (das Buch ist nicht paginirt): lncipit Lagira Algazelis

362 XVl. Algazeli.

sichtigt, dass sie entweder an sich selbst schon Klarheit und Gewissheit

enthalten oder erst noch einer weiteren Begründung bedürfen 237), so

führt ihn der letztere dieser beiden Fälle auf die Notbwendigkeit des

Definirens für das Verständniss und des Argumentirens für das Ueber

zeugtseinns), wornacb für diese beiden Functionen eine specielle

Wissenschaft, welche allen übrigen vorausgehe, auf Grundlage der Natur

des menschlichen Denkens erforderlich sei 239). Nemlicb wenn vom

Bekannten zum Unbekannten fortgeschritten werden solle (vgl. Anm. 15

u. 80), und hiebei jedwedes gesuchte Unbekannte aus dem ihm ver

wandten und eigenthümlichen Bekannten zu erörtern sei, so gebe es

für das Zustandekommen des Wissens zwei Wege, deren Einer zur

Definition und Beschreibung und der andere zu Syllogismus, lnduction

und Exemplification führe 24°), und für beide werde in der Logik die

Begelrichtigkeit dargelegt 2“1), so dass, wenn der Zweck aller Wissen

schaft in VQJ'vollkouimnung der Seele und hiemit in ewiger Glückselig

keit liege (vgl. Anm. 13), auch die Logik mittelbar diesem höchsten

Zwecke diene mt

Indem aber unter jenen beiden Aufgaben der Logik die zweite,

de bis, quae debent pracponi ad intelligentiam logicac et ad ostendendum utilitatis

eius et partes eins. capitulum primum ouanwis scit-ntiarum multi sint rami, duae

tamen sunt proprietatcsy imaginalio ct credulilas; imayhiatio es! apprehensio rerum,

quas signi/imm singulae dictioncs ad intelligendum credulitas vero es! sicut quod dicitur „mundus cepitu cas eNtecaedsseceersfi!fieciannedmu,m omnem

credulilatem proeccdant ad minus duae imaginaliones. ‘

237) Ebend.: Ouod autem imaginatur statim sine inquisitione, est sicutnensig

i„maahg‘iqnuaitdi“o, r„erreusm“l eqt usairmuimlia;cssqeuntoidacversountnonocciumlatgaien.aturcresdiunleitiansquviseirtoi,oneqluaeest statim

apprehendit sine inquisitione, es! uelut scientia haee, quod duo sunt plus quam

unuml et multa alia de sententiis, in quibus rctinendis omnes conveniunt sine

praecedente inquisitioney quae comprehenduntur in tredecim speciebus, de quibus

postea loqucmur (Anm. 276 ll'.)', crrdulilas entern, quar non apprctmnditur sine in

quisitioney est velut haec, quod mundus cepit.

238) Ebend.: quidquid autem non potest imaginari sineinquisitione, non potest

appreheudi sine dif/initione, e! quidun non potest credi sine inquisitioney nou po

test appre/tandi sine argumcntatione.

239) Ebend.: Manifestum es! igitur cas hoc, quod omnis scientia non ac

quiritur nisi per aliquam seientiam, quae praeredit, e! hoc non tendit ad infinitum.

nam necesse esl, ut haec perveniant ad prima, quae sunt stabilia in natura in

tellectus.

240) C. 2.: Postquam autem manifestum est, quod ignotum non potest sciri

nisi per nehmt, e! constal, quod per unum aliquid notum non potest sciri quodlibet

ignotnmy sed quodlibet ignolum habet aliquid proprium notum sibi mm‘eniens. quod

est via pernmiendi ad aliad, tunc quod inducit ad cognosccnilas scientias ima

ginativasy vocatur dif/initio ct descriptioy quod vero inducit ad scientias crodntitatisl

dicitur argumcntatioy argumentativ autem alia es! syllogismus alia inductio alia

ezemplum.

241) Ebend.: Scientia vero logicac dat regulam, qua discerm'tur, an di/fim'lio

e! syllogismus sint vitiosa annon ad hoc, ut discernatur Ascicntia cera a non vera.

242) Ebend.: Ih‘cemus, quod onmis utilitas vilis est in comparatione felicitatis

aetcmael quae est fclicitas alterius vi!ae‚ haec autem felicitas pendet ez per/actione

animae Non es! autem via devoniend! in scientiam nisi per logieam; ergo

utilitas logicac est apprelænsio scientiam utilitas scientiae cst acquisitio felicitatis

acternae. <

XVl. Algazeli. 363

nemlich die Argumentation, die hauptsächlichere sei, alle Beweisführung

aber auf einer Zusammensetzung von Urtheilen beruhe, so ergebe sich

die Gliederung der Logik nach dem Motive 'des Aufsteigens vom Ein

fachen zum Zusammengesetzten 243). Somit bezeichnet Algazeli als

materia prima der Logik die significatio dictionurnl welche er

nach fünffacher Eintheilung (Vgl. Anm. 21) in grosser Ausführlichkeit

erörtert, indem er als ersten Gesichtspunkt das von Avieenna (Anm.

105) hierüber Gesagte vorführtz‘“), sodann die Unterscheidung in ein

fache und zusammengesetzte dictio folgen lässt2‘5)‚ hierauf aber als

dritte die Theilung in das Universale und das Singuläre anreiht, wobei

er bezüglich der Definition des ersteren sich wörtlich' an Avicenna an

schliesstuü); der vierte Gesichtspunkt beruht auf der grammatischen

Einlheiluug der Worte 247), der fünfte aber betrifft die Begriffe des

Synonymen u. ilglß“), auf welche er für die Kategorienlehre wohl

ebenso wenig Gewicht legte wie Avicenna (s. Anm. 191); hingegen

mochte er durch dieselben den Uehergang zur lsagoge angebahnt finden,

insoferne er in gleicher Weise wie Avicenna daran festhielt, dass die

fünf Universalien nur nach innerer Wesensbcstimmtheit, d. h. miivoce‚

ausgesagt werden mi

Jedenfalls liess er als materia secunda hierauf den Inhalt der

lsagoge folgen, wobei er wieder an Avicenna nicht hloss in der ver

gleichenden Bezugselzuug der Universalien auf das Parliculäre (vgl. Anm.

107), sondern auch in der principiellen Unterscheidung zwischen essen

tiale und accidentale (Anm. 92 il'.) sich anschloss, jedoch in ”letzterer

Beziehung einige Momente hervorhob, deren Erörterung bei seinen Vor

gängern sicher gleichfalls sich gefunden haben muss, wenn auch unsere

243) C 3.: Partes logicac ct ordo earum cognoscuntur ez ostensione suae in

tentionisg intentio vero est dif/inire et probare et discenicre vitiosa a non vitiosis

sive vera a falsis Ex his autem quod est magis necessariuml probatio estj quae

quidem composita est hiqnisitor scientiae compositi dicitur primum apprehendere

scientiam partium llnde scquitur, ut primum loquatur de dictionibus et quomodo

signi/icant intellectusl deinde de intellectibus et eorum divisionibus, deinde de enun

tiatione compositay scilicet de praedicato et subiecto et de eius speciebus1 ad ultimum

de probationel quae fil ex duabus enuntiationibus.

244) Ehend.: Materia prima est de significatione iiirtimmm, quae certi/icalur

quinque divist'onilms. bioisio prima esty quod dictiones signi/icant intellectum tribus

modis. Uno secundum parilitatem alio secundum consequentium tertio secun

dum concomilantianL

245) Ebend.: bivisio secunda est. quod dictio dividitur in complexum et in

complexum

246) Ebend.: Divisio tertias dictio dividitur in singulare et universa/ej sin

gulare esl, cuius significatio prohibet illud a multis participari/ universale est,

cuius significatio non prohibet illud a multis participari (auch die Sonne wird wie

bei Aviccnna, Anm. 89., als Beispiel eines möglichen Universale angeführt).

247) Ebend.: bivisio quarta est: dictio dividitur iii-actionenu nomen et con

iunctioneml logici autem actionem verbum uocant; unumquodque autem nomen et

verbum differunt a coniunctioney eo quod significatio cuiusque eorum plano est per

se, quod non habet per se coniunctio.

248) Ebend.: Divisio quinta est, quod dicliones in esse rationum sunt quinque

modis. sunt enim uriiuoca, muhivooa, diversivoca. aequivoea, convcm'cnlia.

249) die in Anm. 91. angeführte Stelle.

364 i XVl. Algazeli.

lückenhaften Quellen hierüber schweigen; nemlich das essentiale sei

dasjenige, was nolhwendig gedacht werden müsse, während die Existenz

das gleichgültige Zufällige'seh und ferner nehme das Universale eine

Priorität des Gedachtwerdens für sich in Anspruch, sowie auch andrer

seits das Essentielle einen Gegensatz gegen die concrete Position des

Daseins in sieh schliesse 250). lndem sodann die nähere Eintheilung

des essentiale und des accidentale folgt, lässt sich hinwiederum Algazeli

bezüglich des Letzteren durch die wohlbegründeten Bedenken Avicenna’s

(Anm. 156 ll'.) nicht beirren, sondern hält sich an die Angaben des

Porphyrius 25‘), hingegen was das essentiale hetrillt, stellt er das bei

Avicenna Entwickelte als zwei Eintheilungs-Gesiehtspunkte nebeneinander,

indem er zuerst die relative Abstufung der Gemeinsamkeit, welche in

der Tabula logica liegt (Anm. 132), hervorhehtæ-wja und sodann den

Unterschied der Fragen quid und quale (Anm. 101 ll'.) zum Eintheilungs

gruude machtßs), woran sich ihm ebenso wie bei Avieenna (Anm.

110) die Besprechung der Definition anreiht, bezüglich deren er sogar

eam Ebend.: Materia secunda est de intentione universalium et de diversitate

suarum compositionum vel comparationum inter se et dieisionum suarum . . . . . .. Di

cimus ergo, quod omnis intentio universalisv cum comparatur ad partirnlare con

tentum sub eo, vel est essentialis vel occidentalis lntenlio vero non est essentialis

nisi ut cpnreniant sibi tria. Pridlum esl (folgen. völlig unverständliche Worte)

..‚., cum' enim intelligisl quid est homo et quid est animal, non potes intelligere

hominem sine intellectu animalis cum intellexerisl quid est homo, non est

necesse te intelligi-rel eum esse et manifestabitur libi, quia esse accidentale est

omnibus Secundum esl, ut possit intelligiv universale necessario esse prius.

posterius vero particularc contentum sub eo vel in esse vel in intellectug non

potest autem diri, quod necesse esl. prius esse risibile, deinde homo: r: hoc

autem prioritalo non intelligitur ordo temporalis. sed ordo intellectuatisl quamvis

sint paria in lrmpore. tertium estl quia possibile non es!‚ essen/iota esse positi

vum; homo enim essentialiter est animal non propter positionem alicuiusg si

enim propter positionem alicuius homo esset animal. tunc possibile essen imaginari

nos passe, ponere illum hominem et non animatg etenim (der Text gibt e! non)

risibile accidentale positieum est..nani polest dici uquae res posuit hominem habere

esse risibilePny et haec interrogalio vera es!‚ sed non est vera interro-quiim qua

quaeritur „quac res posuit hominem esse animal?" dicemus ergoy quod homo

est homo essentialiter et homo est animal essentialiten

251) Ebend.: Alia divisio solius accidentalisg uecidcntale enim dividitur in

comnmnicans separabile et in communicans omnino inseparabilc . Separabile vero

dividitur in tarde sepurabilel ut pueritia ....‚ e! in cito lnseparabile vero dividitur in inseparabile in aestimatione nsoepnarianbilees.se.ut urtubonrigredo

aethiopi. et iuseparalrile in esse, ut parilas quaternario et indivisiliilitas puncto . . . . ..

ltem accidentale dividitur in i'd, quod est proprium subiectol et in id, quod est

commune multis

252) Ebend.: llem essentialo secundum considerationem magis universalis et

dmiicnituusr supneicvieerss,aliest idnivii'ddi,tuqruoidn eisltliumdlediquumod iddicietiunremg,enussu.b etquion niodn. eqsutodminus

communig dicitur species specialissimaf et id. super quod non est communiusl dicitur

genus qeneralissimum .. Substantia ergo genus est generulissimum (folgt die arbor

PorphyrianaL

253) Ebend.: ltem essentiale secundum aliam considerationem dividitur in i'd,

quod respondi-tur ad „quid'es!?"‚ mm interrogans intendit certi/icari de essentid

reiy et in id, quod respondetur ad „quale quid es!?"; primum autem vocatur genus

vel species ‚ secundum difierenfia.

g

X‘Vl. Algazeli. 365

gleich hier die üblichen praktischen Regeln zur Vermeidung von Feh

lern einfügt254). Sodann schliesst er mit kurzer Nennung der fünf

Universalien diesen Stull' am“); dass er aber dennoch anderweitig

auch die eontroversen Erörterungen über die einzelnen Universalien

berücksichtigt haben muss, ersehen wir aus obigen Quellenstellcn, wu

er sowohl bezüglich des Gattungsbegrill'es neben Avicenna (Anm. 116)

als auch in den Fragen über das Accidens neben seinen beiden Vor

gängern (Anm. 30 u. 160) angeführt wird. Was aber die. Kernfrage -

über die Universalien betrifll, so sind wir, wenn auch das uns erhaltene

logische compendium Algazeli’s hierüber ‚schweigt, dennoch darüber

unterrichtet, dass derselbe trotz und neben aller mystischen 'l‘endenz'

die Universalien auf Grundlage eines lntellectualismus auffasste; denn

es ist uns diess nicht hloss durch obige anderweitige Anl'ührungen'

(Anm. 22 u. 188), sondern auch durch eine Stelle seiner Metaphysik

bezeugt7 in welcher er ähnlich wie Avmenna die Annahme bekämpft,

dass das Universale als Eines im Singularen existire, denn als Univer

sale habe dasselbe nur im Denken seine Existenz 25ü).

Wenn uns aber bezüglich der Kategorien schon bei Avicenna

(Anm. 189) sich ein leises Bedenken aul'drang, wo dieselben in der_

Logik einzureihen seien, so finden wir nun bei Algazeli die beachtens

wcrthe Erscheinung, dass in dem ganzen compendium seiner Logik die

Kategorien nicht lllll. Einem Worte erwähnt sind, wohl abenihre Be

sprechung inv der Ontologie, d. h. in der Metaphysik finden.” Und so

dürfen aucli wir uns auf die Mittlieilung beschränken, dass Algazeli

sowohl mit seinen Vorgängern die Auffassung des ens lheilte (Anm. 32)

254) Ebend.: Dif/iniHa est i'd, quod facit imaginari quidditatcm rei in animo

interro-qualis diffinitione vero acquiritur veritas essentiae rei, unde nec potest

fieri diffinitio nisi ex differentiis substantialiltus tantum besrriytio vero sequitun

postquam aliquando sit apposita una differenüa; sed veritas rei certissime non cog

nosuitu-r nisi multis di/ferentiis Postquam autem facta est cognitio dif/initionis.

faciam te cognosccre, quot modis sit error in illa um ‚sunl, quae in dif/ini

tionibus caveri debenL

255) liberxii I’nle! autem ex praediclis, quod essmliale dividitur in triav quae

sunt genus, species et difli'reflliu; accidens vero dividitur in den, proprium accidens

_e! commune accidens. Manifestum es! igilur, quod universale dividitur in quinques

quae dicuntur incomple'ra quinque.‚

256) De divis. um's, c. 7.: tinx dividitur in universale Primum est quidem intentioy quae dicitur uniwrsalis. Sunm esseetestparitniciunltealrleigibili

bus, non in singularibus. Om'rlam vero audit-litos hoc, quod dicimus, quod omnes

homines unus sunt in humanitatej . ‚ . . .. pulaveriml, quod homo universalis sit

aliquid vus uuum numero existens in singutarihus Hic autem primus error csl;

intellectus enim recipit formam homini-sv singuli enim homines non di/Te

runt in humanitate ullo modo ld vero, quod concipitur de individua I’elro, est

forma singularis in inlellectn; secundum quod ipsa inlt'lligilur, universalis est er

hoc, scilicet quod eius compara/io ad omne individuum, quod est et fuit et er“,

unum es! universale igilur, secundum hoc quod est universale, existit in in

tellectilmsy non in singularibus; . veritas enim humanitatis est ih singulari-basi et

es! in intelligibilibus atrisque universale non potest hal/ere plura singulan'a,

nisi unumquodque eorum discernatur ab alio din-erentia vel uccidente; si enim acci

piatur universulitas per se nuda sine aliquo supemddito, quod adiungatur ei, non

potest imaginarikiu ea numeratio et singularitas.

n

‚ä:

366 va Algazeli.

als auch an Avicenna (Anm. 199 fl'.) in der Erörterung der Aecidenta

litat der übrigen neun Kategorien sich ansehloss in

Somit reiht er an die lsagoge unmittelbar als materia tertia der

Logik die Lehre vom Urtheile an, wobei er zunächst in der üblichen

Weise von den übrigen Satzarten das indicative, d. h. logis'che, Urtheil

herausliebtßß), in welchem er ebenso wie Alfarabi (Anm. 39) das

Verhältniss der lnhärenz des Prädicates besonders beachtet zu haben

scheint. Sodann aber wirft er sich für die nähere Darlegung sogleich

wieder auf das Motiv des Eintheilens, welches überhaupt bei ihm das

überwiegende ist. Zunächst theilt er die Urtheile in kategorische und

hypothetische, welch letztere in das verbundene (d. h. eonditionale) und

. in das getrennte (d. h. disjunctive) zerfallen sollen, und zwar bestehe

zwischen sämmtlichen drei Formen eine Analogie (vgl. Anm. 219), in

dem das Verhältniss zwischen Subject und Prädicat demjenigen zwischen

den‘zwei Gliedern des conditionalen und disjunctiven llrtheiles ent

spreche 259). Dass auch Algazeli wie Avicenna das copulative Urtheil

ausschied, s. oben Anm. 215. Eine zweite Einlheilung beruhe auf dem

inneren Gehalte des Priidicalesa nemlich jene in bejahende und ver—

neinende Urtheile, wobei jedoch nicht bloss bezüglich des kategorischen

das scheinbar negative Urtheil (privativa) positiven Gehaltes zu beachten

sei, welches durch privati-ve Sylben ausflcdrückt werde, sondern auch

daran festgehalten werden nuiSSea dass bei dem conditionalen und dis

juuetiven Urtheile die Negation zur Aufhebung der Verknüpfung diene 260).

257) Ebend. c. 5.: Necessarinm dividere accidcntia Primum autem dividi

tur in duo, quoniam quaedam corum sunt. quorum cssentia nullo modo per se polest

intelligiy nisi aliquid aliud extrinsecus intelligatuu et quaedam corum suntv quae

per se intelligi pussant; et haec diuiduntur in duas sprcies, quantitatem scilicet r!

qualitatem Ea vero, quae non possunt intelligi nisi respei-tu Worum, septem

sanl, scilicet rolatiol uln', quando, silus, haben, agere ct pati. Hierauf folgt c‚ 6.

der Nachweis, dass sammtliclle neun Kategorien, namentlich Quantität und qualium

wirklich Accidentien seien. "

258) Log. c. 3.1 Materia tertia est de coniunctione intomplcrcorum et de parti

bus enuntiationis. intentioncs incomplecac cum campanum/ar. proveniunt ca: eis

multae spatiosi de quibus omnibus non intendinms nisi da ca solal quae es! enun

tiatiol quae vocatur indicant-a vcl dictio dil/inilicm et haec cstl in qua contingit

veritas vcl credulitas vcl contradiclio vel fatsitas.

259) Ebend.: bioisio prima es!‚ quod cnuntiativa alia hypothetical liypothctica alia coniuncla, ut haec „caulimo seos!l ecsa!tegsourpiecraltenanip

dics est“, alia hypottictica dis-innatay ut haec „au! mundus coepit aut est acternux";

ratcgorica constat ez duabus partibus. quarum una dicitur subiechnn,

secunda dicitur praedicatum smiiliter hypotlictica coniuncta colnstat er duabus

partibusv quorum uuaquaequc cst cnuntiatinay- prima autem pars dicitur tlan

cedensl pars sccunda dicitur consequens : distantia etiam constat est

duabus parlibus, quarum unaquaeth est onuntiatival cum ablata fuerit coniunctio

disiancliva, quae est „aal“, partes autem eius non habent ordinem nisi sola pro

batione.

260) Ebend.: Secunda divisio ext, quod enuntiativa dividitur secundum inten

tione-ni pracdicati in affirmativam e! in negatioam .. Negativ vero lii/pothetica

coniuncta fil, ut negotio apponutur coniunctioni sic „non, cum sol est super lerram,

stellae occultanturng negatio vcro disiunctiva fil, u! negrlur coniunctio disiunctiva

sic „non est asinus vel masculus vel nigeru Erran! in catcgorica et putant1

quod haec „Pelrus est insipiensu sit negatioag est autem a/‘firmaliva, cius enim

q

XVl. Algazeli. sov

Entsprechend beruhe die Eintheilung nach der Quantität auf dem inneren

Gehalte des Subjectes; indem aber das singuläre Urtheil keine Anwen

dung linde und von dem unbestimmten entweder das Gleiche gelte

oder dasselbe als partieulares genommen werde, bleiben durch Gomhi

nation mit der Qualität nur die vier allbeliannten Urtheilsl'ormen übrig;

hingegen seien auch die eonditionalen und disjuucliven Urthede je nach

Kraft und Umfang ihrer Geltung in allgemeine und parlieulare zu unten“

scheiden‘ml). Sodann führe noch das zwischen Subjeet und Prädieat

bestehende Verhältniss zu einer vierten Eintheilung, neinlich zu jener

in Möglichkeits- und Unmöglichkeits-Urtheile, wozu bei engerer Begrän

zung des Begrifl'es des Möglichen noch als drittes das Nothwendigkeits

Urtheil hinzukomme 262). Hierauf folgt noch die Erörterung des contra

diclorischen Gegensatzes zweier Urlheile mit Angabe der Bedingungen,

unter welchen ein suleher stattfinden kann 263), und die Aufzählung

der gewöhnlichen Regeln der Umkehlung'l‘“); jedoch bei letzteren

beiden ist inconsequenter Weise nur mehr von dem kategorischen Ur

lhede die Rede.

intentio esty significarel eum esselstultumg et haec propositio privativa diciturj

cum re vcra sit n/firmulivu.

261) Ebend‚: llem alia propositionis divisio, quod secundum intentioneni sub

iecti dividitur in singularem et in non singutarcmg non singularis autem divi

ditur in inde/initum et defiuitarug cle/inito estl quae determinalur aliquo signo

universalitatis vel particularitatisg quae est quadruplezy scilicet affirmutira univer

satis et affirmativa Partienlaris, negativa universalis et negativa par

ticularis Secundum hoc igitur tiunt propositiones octo cum bis quatuorv quae

sequunturz singularis uffirmativu et singularis negative, inde/inito nf/irmalivn et in

definita negative; his autem quatuor non multum utimur in scientiisg inde/initae

vero accipiantur in sensu particulariumy quoniam sine dubio de parte signi/icanL

. . . . .. lii/pothetica vero coniuncta dividitur in universatemy ut „si semper sol est

super terramj semper est dies“, et particularemy ut „si aliquando sol est super

terraml erit dies". ltisiuncla vero fit universalia cum dicitur „omne corpus aut

movetur aut quiescitrg particularis ‘etiam, cum dicitur „quidam homo aut est in

navi aut est mersus.“ '

262) Ebend.: ltem propositio secundum intentionem compositionis sive habitu

dinis praedicati ad subiectum dividitur in passi/rite et in impossibile Possi

bile autem dnobis modis intelligiturg intelligitur enim possibiley quod non est im

possibile, sub qua comprehenditur etiam nerexsurimn, et secundum hoc res dividitur

in duo, in possibile scilicet et in impossibileg intelligitur etiam possibilc idy quod

potest esse et non esse, et hic est eius usus propriusg secundum hanc igitur consi

derationem erunt tria genera rerumy scilicet necessariunh possibile et impossibile.

263) Ebend.: ltem omnis propositio videtur habcre contradicturiani diversam a

se in aflirmatiouc et negatzoneg sed si diversa est ab ea veritate vcl falsitatel revera

dicitur contradictoria Vera autem contradictio esse non potest nisi adsint ista

sezs quorum primum est, ut subiectum utriusque sit unum sicut voce sic et signi

ficatione secundum est. ut praedicatum utriusque tertium est vero, ubi non cli/ferant in parte et tutor sicutsict umunduimcisetnoicduelmus Petri

est nigeruy intelliges depupitta quartum cst, ubi non differunt potentia et

e/foctu quintum est. ubi non sint diversae relationes sea-la conditiol

ut non discernantur quantitale.

264) Ebend.: vomnis propositio est convcrtibilis secundum quod videtury sed

conversio dividitur in comitantein suae veritatis et in non comitantem Nega

tiva universalis convertitur in negativam universalcrng negativa autem particularis

non convertitur af/irmativa universalis convertitur in alteram particularem

. ...; af/innativa autem particularis convertitur in similem sibi.

368 XVl. Algazeli.

Nun kann sich als materia quarta die Lehre von der Argumen

tali'on anreihen, bezüglich deren Algazeli noch einmal an seine princi

pielle Eintheilung der Logik erinnert, zugleich aber eine Unterscheidung

zwischen Form und Stoff der Argumentation an die Spitze stellt265).

Der Form nach ist die erste Specres der eigentliche Syllogismus, wel

cher sofort in den kategorischen und den hypothetischen Schluss ge

theilt wird, woran 'sich unter Angabe der üblichen Terminologie und

der Dreizahl der Scldussfiguren abermals (vgl. Anm. “259) eine Paralle

lisirung der kategorischen und hypothetischen Urtheilsform anknüpft‘m").

Sodann werden die gewöhnlichen Regeln über die für alle kategorischen

Syllogismen gültigen Bedingungen sowie über die Tragweite der drei Fi

guren vorausgesckickt267)‚ um sodann die Entwicklung der sämmtlichen

Modi der letzteren folgen zu lassen, wobei wir nur zu_ bemerken haben,

dass Algazeli in der ersten Figur die fünf theophrastischen Schluss

weisen nicht erwähnt, sowie dass er überhaupt von den mathematisch

möglichen sechzehn Combinationen der vier kategorischen Urtheilsformen

ausgeht, und hiernach im llinblicke auf die für die Schlussligur geltende

Regel die unzulässigen (Iombinationen ausscheidetzfis). Während er aber

hierauf die aristotelische Entwicklung jener lllodi, welche auf Verbin

dungen der Urtheile des Stattfindens und der Möglichkeit und der Noth

wendigkeit beruhen, gänzlich ignorirt, bildet ihm einen wichtigen Gegen

easy C. 4.: Malerin quarta est de coniunctione propositionum ad faciendum

argumentalioncm, et haec est nostra inlentiu Considerati'o-vero haec est circa

duo, quorum unum est forma et aliorum est materia. Ilrimum quidem est forma

argumentationis. Supra diximus autem (s. Anm. 235m), quod scientia aut est

imaginationis aut credulilatis, c! quod imaginationc non comprehenditur nisi in di/‘fi

nilioue, ‘credulitas vero nonii-tsi argumentationa Argumcntotio est vel syllogismus

vel exemplum vel inductio.

266) Ebend.: Sytloyismus dividdur in categoricum et hypotheticum . . . . .. Ex

coniunctione partium utriusque propositionis proveniunt tres parles, Aqnae vocantur

termini Snuntiatio unter", cum lueiit pars syllogismi, vocatur propositio

bispositio vero duarum propositionum vocatur camplexio; qualitas duarum propon

tionum ad medium vocatur /igura. iiz liac ergo propositionum dispositione fiunt tres

figurue iudicium autem anleccdentis et consequentis in hypotheticis coniunctis

simile est iudicio subit-cli et praedicati secundum ordinatiouem corum in Iiis tribus

Man's. Vgl. Abschn. V, Anm‚ se tl'.

non Ebend.: conveniunt etiam in hoc trcs figurae, quod in nulla earum con

cluditur aliquid ex duabus negativis nce ex duabus particularibus nec ex minore

negativa et maiore particulari liigura autem prima concludit quatuor finilas

figura vero secunda nullo modo concludit a/jirmativamg tertia figura nullo modo

concludit universalem

268) Ebend.: l'os! hos quatuor (so. modos primae fiyurae) sequuntur duodecim

commixlioncs, quae non concludunL E0 quod in unaquaque [igura possunt fieri su

decim aonnexiones; minor enim potest esse a/firnmlira universalis vel particularis vel

negativa universalis vel porticularisr et sic fiunt quatuon quarum unicuique etiam

possunt adiungi quatuor maiores Cum autem posuerimusl ut minor sit negativa

universalis vel particularis. non concluditur aliquid, et per hoc ezrcluduntur

octo connuioncs E! remanel/un! duae a/lirmativaeg affinnalivae vero universali

minori possunt adiungi quatuor maioresg duae illarum non concludunt .. eo quod

in hac figura postn'mus, ut maior sit universalia Romanen! ergo in hoc figura sez.

Affirmalwae vero particulari minor-i nunquam adiungitur particularis maior nec affir—

mativa nec negativa .. .. . lfxctuduntur ergo de sex remunentibus aliae duae. EI sic

remanent quatuor tantum '

XVl. Algazeli. aes

stand die Lehre vom hypothetischen Syllogismus, welcher nach Obigem

(Anm. 259) in einen condilionalen und einen disjunetiven zerfallen muss.

Bezüglich des ersteren gibt er allerdings die gewöhnliche Ilegel, dass

durch Annahme des Vordersatzes der Nachsatz angenommen und durch

Aufhebung des Nachsatzes der Vordersalz aufgehoben sei, aber er fügt

noch den höchst Iäppisclien Einfall hinzu, dass‚ wenn der Umfang des

Vordersatzes und jener des Nachsatzes einander völlig gleich seien, auch

umgekehrt geschlossen werden könne und es dann luemit vier conditio

nale Schlussweisen gebe 269); in ähnlicher Weise denkt er auch bei

dem disjunctiven Schlusse, welcher in der Hegel in vier Weisen sich

gestaltet, an die Möglichkeit, dass nicht eine dichotomische Alternative,

sondern eine Mehrghederung von Fällen im Obersatze vorliege 27°). In

dem er aher hierauf die Entwicklung der Formen der Argumentation

noch vervollständigen will 271), bespricht er zunächst noch den indirecten

Beweis 2"2), sodann die lnduction unter dem üblichen Vorbehalte be

trell‘s ihrer 'l‘ragweitezn). und zuletzt die Exemplification, bei welcher

er völlig in das Gebiet der Rhetorik hinüberstreilt, während er Momente‚

welche eben dort ihre geeignete Stelle haben, als logische Stützen der

Exemphl‘ication betrachtetu‘). ln solcher Weise ist bei Algazeli an

269) Ebend.: A! modo de sylloyismis hypolhelicis, quorum duae sunt speciess

hypotheticus coniunctus ct disiunctus '. Hypollielici vcro coniuncti hoc es! exemplum

„si mundus est Indus, factarem hebst“,- haec ex! propositio1 cuius si posueris

onteceilerm sequitur consequensg si vero posueris negativem cunsequcntis. sequi

tur neyatoria antecedentis Ad positionem vcro consequentis vel ad destructionem

antecedentis non fit conclusio nisi in paribus tanlum, in quibus consequens non est

conzmunius antecedentin et tunc possunt concludi quatuor liypotheticael ut „si hoc

est corpus, hoc est campositum. sed est corpusy ergo est campan-tumitl vel „es!

composilum. ergo cst corpus“. vel „mm est cm'pus, ergo non est compositumtt vel

„ncrn es! compusihmi, ergo non es! corpora Si vero consequens fuerit communius

autccedcnter tunc mt remotiouem communioris removetur sed ad remotionem minus communis non removetur magis commmiunnues c. .o.m.m.u.;nesed ad

posttionern minus communis ponitur magis commune et non o contrario.

270) Ebend.: Species secunda est de hypotlictica disiunctay ut hic „au! mundus

coepit aut mundus est aelemus“, hic concluduntur quatuor hypotheticac hoc modos

„xed mundus ooepit. ergo non est aelm‘nus", vcl „mm cuepit, ergo es! detemus“,

vel „es! aeternas1 ergo non coepil“, rel ..non est acternus1 ergo coepi!“ Hoc

autem non fi! um in contrariis immediatisg sed in nwdialis, si fuerint m'a, ad

petitionem unius eorum removentur reliqua duo si vero enuntiatio fuerit plu

rium partium. .. .. . od positionem unius corum remmxcntur ceteri.

271) Ebend.: Huec sunt principia syllogismorum Sed ad complendum hunc

tractatam adiicimus etiam quatuor (zu lesen m'a), quae sunt ratiocinatio indirecta

et inductio et cxemplum

272) Ebend.: ltatiocinutio composita ratiocinationis indirectoe forma esty prooure

propositioncm destrucudo contrarium dicendo illud ad inconvenienx. scilicet adiungere

illi aliam propositionem manifeste veram et concludere ez eis manifeste falsunL

273) Ebend.: inductio est orutio. in qua etc multis particularibus infert uni

versalc illonim lnductio autem non valet nisi in auctoritatibus logicis non

necessariisl in quilms, quo magis fuerit inductio diligentius composita et plcniorl

faciet maiorem fidem.

am Ebend.: Ezemplum est illudi quod ductores legis argumenlutioncm vocant1

scilicet iudicium de uno singulari in aliud propter aliquam similitudinem Post

quam autem dialectici apprehenderunt debititatem huius argumentationisy adiuvencrunt

Piuunl Gesch. lt. at

370 XVI. Algazeli.

Stelle einer getreuen Auffassung der aristotelischen Logik bereits ein

sehr steriler Abhub griechisch-arabischer Schnl-Logik getreten, welcher

allerdings für seine skeptisch-destructive Tendenz ein geeigneterer Gegen—

stand sein mochte, als wenn er die achte Lehre des Aristoteles ent

wickelt hätte. appe-m „3

indem aber hierauf noch der Stoll' der Argumentation seine nähere

Erörterung findet, so hat Algazeli hierin nicht hloss wie seine Vor

gänger (Anm. 51 u. 223) die Anknüpfung der zweiten Analytik an die

erste El‘l)lickf.275)‚ sondern er folgte hiebei auch völlig dem Alfarabi,

oll‘enbar in der Uebcrzeugung, dass die aristotelische Lehre einer we

senllichen Ergänzung bedürfe ts. Anm. 52), und zwar in einer Weise,

dass wir je nach Befund unserer Quellen erst durch Algazeli eine

genauere Einsicht in jene arabische Zuthat erlangen. Nemlich indem

derselbe Alfarabi’s Gleichniss mit dem Golde (Anm. 51) wiederholt,

bringt er mit jenen dortigen fünf Abstufungen der Urtheile zunächst

den Unterschied zwischen dem demonstrativen, dialektischen, rhetori

schen, sophistischen und poetischen Verfahren (vgl. Abschn. XI, Anm.

122 f.) in Verbindung, und zahlt hierauf jene nemlichen dreizehn Arten

von Urtheilen, welche den Stoff der Beweisführung bilden können,

aufzm), um sodann dieselben höchst ausführlich in Beispielen zu er

lautern '— ihre Namen sind: primaea sensibiles, earperimentales1 famosae,

quae naturaliter secum habent probatione'm, aestimativae, maximam

receptibües, concessae, simulaloriae, maximae in apparentia, putabiks,

immutatoriae —277)‚ worauf noch die‘ Zurückl'ührung derselben auf

m nga w

aliam viam . . . . .. c! in stabitiendo hoc processerunt duabus m'is. quarum una dicitur

„simile et cantrarium“ . Alia via „conieatatio“ ext.

275) Albert. M. Anal. posl. l, 1,1, p.514. B: Multa autem sunt propositionum

genera, ut dicit Algazel, in quibus nihil proximith est syllogismo. quam necessitas

in materia propositionumg et ideo haec scientia (sc. demonstrative) immediate post

scientiam de syllogismo es! ordinanda.

276) Log. c. 5.: Materia syllogismi sunt propositiones, quae si fuerint cre

dibiles et verac, erunt conclusiones aredibites e! verae Sie“! aurum est materia

nummi et rotunditas forma eins, similiter syllogismus est vitiosas aliquando

vitio Iormae, scilicet cum non fuerit secundum aliquam figuram praemisramm, ali

quando est vitio materiac, quamvis forma sit recta Seit sicut aurum habet

quinque ordines. . . . . . similiter propositio habet quinque ordines ; primum ordinem

habet i'lla, quae est vera et credibilis sine dubietate sim- deccptione, et argumentativ

ez talibus composita dicitur demonstrative .. proxima veritati, ut difficile possit

falsitas esse in illa ...., et argumentatia ex ea vocatur dialecticag tertium habet ca,

quae opinabitis , . rhetor-leop quartum habet propositio formata ad modum verarum

eum simitatione et dolo, et syllogi'smus, qui fit ex eal dicitur deceptivuc et

sophisticas; quintam habe! propositio, quae scitur esse falsa . . . . .. Opus autem,

de his propositionibus latius disseram. omnis igitur propositioy ex qua componitur

argumentatio. quae propositio nondum stabilito es! rah'one, . . . . .. dividitur in tre

decim partes1 scilicet in pn'mas, sensibiles, experimentaks, famosasa proposita-onem

quarum medium terminuni et probationem intelligere in promptu est, et in aestimaticas,

maximas, receptibiles, concessas, simulatorr'as, eas quae videntur maximam et puta

biles et imniutatorias.

277) Ebend.: Primae saut, quas per se necesse est naturaliler intellectui cre

derh tft haec „dito sunt plus, quam umtm" . . . . .‚ Sensibilcs sunty ut haec „so!

es! lucuius“ Experimenlalea‘ sunt propoxilioncs, quax acquirimus-in sensu e!

m!elIec!tt‚ u! haecl quod scimus, quod ignis adurit . . . . .. Famosac Saat, sicut quas

2'

XVl. Algazeli. 371

obige fünf Verfahrungsweisen (lacultates) folgt, insol‘erne die ersten

fünf der Demonstration, die 7. und 9. der Dialektik, die 6., 8. und 11.

der Rhetorik, die 10. und 12. der Sophistik, und die I3. der Poelik

zugewiesen werden 2"5). Wenn aber hierauf unter der Ueberschrift

„De fallat-iisu sich eine Aufzählung möglicher Fehler der Beweisführung

anreibt, so ist hiedurch ebensowenig der Inhalt der Soph. Elenchz' be

rührt, als etwa in das Vorhergehende die Topik verflochten wäre, son

dern das Ganze enthält nur in der Angabe von zehn Punkten eine zer

splitterte Wiederholung dessen, was Aristoteles noch in der ersten

Analytik bezüglich der Wahrheit des Erschliessbaren (Abschn. IV, Anm.

611—614), sowie über das Erschleichen des Ausgangspunktes (ebend.

vulgo dicente didicimusy sicut hacc, quod Aeyyptus estp quamvis nunquam vidimus

Propositiones verol quae sequuntury habent probationem suam naturaliten sunt

illael quibus non acquiescit animus nisi per medium terminum opinabiles

sunt propositiones falsael quae ita fixe adhaeserunt in aru'mo, ut nemo possit dubi

tare, de bis, quae contingunt ez actione aestimationis in ea, quae sunt praeter

sensibitia Manifestae sunt propositiones. quae non recipiuntur nisi in quantum

sunt manifestaeg et putat vulgus et simplices doctor-esl esse primas comitautes in

tellectus naturaml ut haec nmeudarium est tarpe" (demnach ist, was oben aesti

mativa genannt war, hier in opinabilis und manifesta zerlegt) . . . . .. Maximaa

autem iii/ferunt secundum maiorem ct minorem evideutiam sui et secundum diversi

tates usus et modorum etyterrarum et artificum Receptibiles sunt illael quae

habentur a sanctis hominibus vel a maioribus sapientum concessae sunt. quas

concessit adversarius vel sunt manifestae inter ambos tantum Simulatoriae suntl

quas studet homo assimilare primis vel experimentalibus vel maximis blac-imae

in apparentia saut, quas qui audit statim recipit in principiol sed cum diligenter

attendih audity non esse recipiendas llutabiles sunty quae faciunt putare ali

quidl quamvis animus percipiats posse esse eius oppositumy sicut nqui nocte ambu

!a!‚ male/actor es!“ lmaginariae vel trans/ormatoriae vel immutatoriae saut,

quas scimus esse falsasl sed imprimuntur in animo vel appetenda vel respuenda,

sicut .‚me! videtur esse stcrcus“.

em C. 6.: De acceptione propositionum in facultatibus. Ouinque primae spe

ciesj scilicet primaey sensibiles, experimenmles, famosae et quae secum habent natu

ratiter probationem (der Text gibt proposih'lmem) suam, congruunt argumentationibus

demonstrativisg utilitas autem demonstrationis est manifestatio veritatis et acquisitio

aertitudinis. illas-imae vero et concessae aptae sunt argumcntationibus dialecticisg

utilitas autem dialecticne multiplex est; prima esta convincere praesumptuosum

et iactantem se roire, quae nescitg secunda cstl ut cum voluerimus docere illum

aliquam scientiam veram‚ nec sit contcntus oratione rhetoricaj . nec tamen

ascendit adhuc ad gradum superiorem veritatis ‚.‚..; tertia est. quod introducendi

in singulis artibus . . .. non possunt prius addisrtre principia artis quarta est.

quod natura dialecticae argumentationis estl posse concludere duas extremitates con

tradictionis in quaestione. quod cum fecerit et consideraverit locum errori's, aliquando

mani/estabitur ei veritas ltutabiles autem et simulatoriac propositiones sunt

aptae argumentationi sophisticoel nec prosunt alio modo nisi ut sciantur ad cavendum

eas, et aliquando tentamus per eas intellectum et vocabitur argumentatio

tentutiva. aliquando vero inducemus eas ad inferendum sibi verecundiamy qui simulat

vulgo se sapientem esse et tunc vocabitur argumentatio dcceptiva Mazimae

vero in apparentia et putabites (wie sich von selbst versteht, ist hie ur opinabiles

oder aestimativac zu lesen) et receptibites aptac sunt fieri argumentationis proposi

tiones rhetoricae e! tegulis utilitas autem rhetoricae manifesta es!‚ flectere sci

licet animos Transformakniae aa!em sunt propositiones argumentatiouis poeticae

Ex his autem omnibus negotiis nihil est opus cognoscere nisi demonstratinum

ad inquirendum et sophisticum ad cavendumg intentio nostra erit ailmodo loqui de

his duobus.

24‘

sn XVI. Algazeli.

Anm. 628), über den Cirkel-Beweis (ebend. Anm. 615), und über die

Stufe des blossen Meinens (ebend. Anm. 634) entwickelt hatten“).

Erst nun aber nach dieser ganzen nigras-sion betrell‘s des Stoll'es,

welche oll‘enbar aus Alfarabi entnommen ist‚ kömmt Algazeli auf die

materia quinta der Logik, d. h. auf die aristotelische zweite Ana

lytik selbst, wobei er vorerst die Frage des „0b“ betrell‘s der Exi

stenz selbst oder eines blassen Zustandes, und die Frage des „Was“

nach Seite der Namenserklärung und der Wesens-Definition, und die Frage

des „Wie beschallen“ bezüglich des artmachenden Unterschiedes, und

die Frage des „Warum“ im Sinne des Bealgrundes und auch des Er

kenntnissgrundes besprichtzsofl und sodann in seiner Manier des Ab

theilens als zweiten Punkt den Unterschied der „demonstratio quian

und der „demonstratio quare“ (vgl. Anm. 62 u. may erörtert 251); hier

aul' folgt als dritter Gesichtspunkt ein Excerpt aus den Angaben des

Aristoteles über das Zustandekommen des apodeilttischen Wissens (s.

Abscbn. IV, Anm. m ll‘.) bezüglich der den Einzel-Wissenschaften eigen

tlii'tmlieheu Gegenstände -und desjenigen, was denselben wesentlich zu

kömmt, sowie der wissenschaftlichen Fragen und der obersten Princi

pien, welch letztere auch Algazeli im Sinne mathematischer Axiome

279) C. 7.: De fallaciis. Nanr autem ostcndemus species erroris ad cavendum

eas, quae sunt decem t‘nma est‚ quod disputationes unde oportety .. .. ut scias, si est syllogismus anno" saecpt ecu‚iuums! ficgoanr/auemeet cuius

modi Secuudav ut diligenter ohservcs medium terminum Tertia est, ut

diligenter obserres, ne inter utrumque terrninam, maiorem scilicet et minoremy et

ertremitates conclusionis sit aliqua diversitas Quarla ext, ut obseroes duos vel

tres terminos et duas eztremitates coriclusioriis. ne sit in eis aequivocum . . . . ..

Outnta ext, ut obscrnes copulationem et nomina Searta esty ut non recipias

inde/inillis Septima estl quia aliquando crcdes propositionem in syllogismo eo.

quodv quodcunque quaesiveras, eius contradictorium in intellectu tuo non immun,

sed hoc non facit necessitatem credendi octava estl ut quaestio non fiat propo

sitio in syllogismo Nona est, ut non probetur aliquid per idy quod non pro

batur nisi per ipsum ltccima est, ut fugias propositionex pulabiles marimas

et simutatorias, nec credas nisi primas ct sensibites e! alias, quae cum eis saut.

260) C. 8.: De demonstrationc. Materia quinta est de Iris. quae sequuntur

librum argumentationis dc Analecticis (vgl. Abschn. XIII, Anm. asa u. Abscbn. XIV.

Anm. 23) posterioribus, in qua es! utilitas dclnonstrationis. Haec dividitur in

quatuor species. Prima species est de quaestionibus discipliuabilibus et corum parti

bus, scilicet de quatuor quaestionibus. quae versantur in scientiisl quarum prima

es! „an esl“, secunda cst „quitt est", tertia cst nquale es!"‚ quarta

est „quarc esl“. Interrogatio vera „an es!" fit duobus modis, uno quo qaacritnr,

an res habeat cast', scaunda, cum quaeritur disposilio rei, u! an mundus

coepit. lnterrogatio vero nquid ista similiter duobus modis fit, una cum quaeritur

de interpretatione nominisy alio modo quaeritur veritas rci in so; interro

gatio vero „quid es!“ secundum primum modum prac-cedit interrogationem „an ext“.

. . . . .. lnten-ogatio vero „quale“ quaerit de differentia vel de proprio. Interragatia

vero „quare es!“ fit duobus madisi uno quaeritur causa csse rci. alio quaeritur

causa scientiae . . . . ‚ .. lnterrogatio vero ..quid es!“ ct nquale es!“ pertinet ad ima

ginationeml sed interrogatio „an es!“ et „quare es!“ pertinet ad cfcdalitatem.

281) Ebend..- Sccuuda eius species es! dc syllogismo demonstrative; syllogismus

demonstrativus dividitur in eum, quo acquiritur causa esse concliisionis. e! in eum,

quo acquiritur fidcs eins, quod est esse; primus vocatur ndemonstratio quare est“.

secundus vocatur „demonstrativ quia es!" .‚ Demonstratio est de „quare“, quando

medius terminus causa cst inueniendi minorem et maiorem terminurn.

XVl. Avempace. 373

(vgl. Anm. 60) aufgefasst zu haben scheintzsz). Endlich als vierter

und letzter Punkt begegnet uns hier die Erörterung über das aristote

lische xaödttov und auf}, wird, welche bei Alfarabi und Avicenna (vgl.

Anm. sv u. 224) zu den Untersuchungen über das praedicatum primum

geführt halte, hier aber in ziemlich schulmässiger Formulirung und mit

starker Betonung der Bedeutung des Präldicates auftrittzsi").

So beschränkt sich Algazeli wenigstens in seinem uns zugänglichen

compendium auf den Umkreis der Apodeiktik, ohne die Topik oder

Sophistik beizuziehen; es dürfte aber auch dieses mit seiner skeptischen

Tendenz übereinstimmen. da er be| Bekämpfung des eigentlich wissen

schaftlichen Verfahrens das dialektische Gebiet der blossen Probabilität

völlig ignoriren konnte.

Ueber Av e m p a e e (Abu - Bekr - Mohammed - Ben - ‚labya - Ibn - Badscha,

gest. 1138) können wir hier nur äuSserst Weniges berichten. Sein

Einfluss auf das Mittelalter liegt hauptsächlich in seinen Bearbeitungen

der physikalischen Schriften des Aristoteles oder mittelbar durch Aver

roes in der Entwicklung der Erkemitnisslehre, welch beiderseitige Tha

tigkeit uns hier nicht berührt. ‚Und wenn derselbe sich auch mit dem

Umkreise der Logik im engeren Sinne beschäftigten“), so scheinen

von dergleichen Schriften desselben dein Mittelalter durchaus keine

Uebersetzungen vorgelegen zu sein, und auch wir finden ihn nur ein

paar Mal gelegentlich erwähnt, nemlich in der oben, Anm. 58, ange

führten Stelle bezüglich jener principiellen Frage über die doppelte

282) Ebend.: fortia species est de Iris, in quibus potius continentur scientiae

dernonstrntivael et haec sunt quatuor, scilicet subiectal accidentia sxsenliah'a, quae

stioncs, principia Per primum quidem, quod est subiectum intelligi-tan quod omnis

scientia subiectum habet sine dubio, de quo tractal speculator ergo cuiustibet

scientiae non debet probare in sua scientia suum subiectum I’er secundum

onlem, quod est accidentia essentioliav intelliguntur proprietates accidentales ilii sub

iecto tantum et non alii; necesse est autem in principiis euiustibet scientiae

intelligere haec accidentia essentiatia cum suis dif/initionibns secundum imaginationem.

sed hoc existere in suis subit-elis non cognoscitur, nisi ex compreliensione vet com

plczione totius scientiae . . . . .. Per tertium unter", quod es! quaestionesl inquirimus

cohaerentiam ipsorum accidentium essentiatium cum suis subiectisg et hoc, quod estv

potitur in omni scientiag secundum vero quod interrogatur de eis in t'ß, nomi

nontur in ea quaestiones huius vel illius scientiaey sed secundum quod petuntun

dicuntur petitionesy secundum vero quod concluduntur in demonstrationitmsv dicuntur

conclusionesg in quibus omnibus nominatum est unumt ipsa vero principia non probantur in ipsa arte, sed velsedsunnotripornitmuar neotmvioncaan.t. ur per

se notav ut hoc. quod dicitur in principio liac/illisi .vel non sunt prima, sed

sunt recipienda a magistro

283) Ebend.: Species quarta est de omnibus conditionibus propositionum de

monstrationisv quae quatuor sunl, scilicet quod sunt cerae et necessariae et propriae

et essentiales . . . . .. lissentiate enim hic acripitur duobus modis, uno ut praedicatum

intret difpnitionem suln'ecti, secundo ut subiectum intret dif/initionem praedicati.

Essentiale autem secundum primum modum supervacuum est l‘rior es!

cognitio praedicati cognitione subiecti onisquis enim intelligit triangulum eum

diffinitione sua secundum imaginationema non inquiret m. quae praedicantur de eo;

postea autem potest quaerere. si omnes eius anguli sunt aequales duobus reclis,‘

quaerere autem, an sit flgura vel mm. supervacuurn cst.

284) Manck, Dictimm. lll, p. 154. berichtet, dass logische Tractate des Avem

pace sich im Escnrial befinden.

o

374 XVI. Averroes.

Funetion der Demonstration, sodann wieder bei den Erörterungen über

praedicatum primumzssL und einmal in der Sophistik 286)‚ M ledigliche

Einzelheiten, aus welchen wir, wie sich von selbst versteht, nichts

Näheres entnehmen können. _

Einen gewissen Abschluss aber erhielt die arabische Philosophie

überhaupt, wie bekannt, durch Averroes (Abul-Walid-Mohalnmed

lbn-Acbmed-lbn-Boschd, gest. 1198), dessen commentirende Thätigkeit

die sämmtlichen Werke des Aristoteles umfasste 287). Er stand lnehei

allerdings nur auf dem Boden seiner arabischen Vorgänger, denn er

selbst verstand weder griechisch noch syrisch, aber mit peniblem, ja

fast bornirtcm Fleisse nahm er in stets wiederholten Uelierarbeitungen

den gleichen Gegenstand vor, und so verfas‘ste er auch zu jenem Zweige

der Philosophie, welchen wir hier zu besprechen haben, nemlich zum

Organen, dreierlei Comtnentare, unter welchen die einfachsten blosse

Paraphrasen waren, zu Welchen ebendeshalb noch sog. „mittlere“ und

zuletzt sog. „grosse“ Commeutare kamen. lndem wir unserer Aufgabe

gemäss von anderen Schriften des Averroes, welche dem Mittelalter

bekannt waren, absehen, wie namentlich von der „Destructio destruc

u'onis“ (gegen Algnzeli) und von seiner Darstellung der Erkenntnisslehre

(Epist. de connex. intellectus abstr. cum homine, worauf der lllonopsy

chismus der Averroisten in Oberitalien wurzelt), müssen‘wir erwähnen,

dass die Scholastiker sätnmtlicbe drei Arten der Cummentare zur zweiten

Analytik, zu den übrigen Büchern des Organous aber (mit Einschluss

der Rhetorik und Poetik, vgl. oben Anm. 18) nur die Parapbrasen und

die mittleren Commeutare kannten, wozu noch eine vlfpitomeu des

Organons und „Quaesita in libros log. ArisLu kommenzss); die beiden

letztgenannten Schriften jedoch scheinen sicher mit Unrecht für Werke

des Averroes gehalten worden zu sein, denn sowie die quaesita durch

formelle Momente einen sehr gegründeten Verdacht erregen “9), so

liegt die Epitome im Inhalte in Widerspruch mit den ächten Schriften

des Averroes 290). -

285) Ps.-Anerr. Ouaes. in Poster. Resolul. f. 373. r. B (vgl. Anm. 57. u. 224.).

286) Ps.-Averr. Epitome, f. 352. r. B.

287) S. über denselben Munck, Dictt'orm. lll, p. 157 fl'. und vor Allem E.

itemml Averroes e! l’Averroisme. Paris 1852. 8.

288) Die dem Mittelalter zugänglichen Schriften des Averroes sind in mehreren

älteren Ausgaben der lateinischen Uebersetzung des Aristoteles gedruckt; ich citire,

wie bemerkt (Anm. ll.), nach der Venetianer v. 1552, fol.

289) Es mag allerdings als misslich erscheinen, wenn ich ohne weitere Kennt

niss der arabischen Originale lediglich aus den lateinischen Ueberselzungen ein

derartiges Urtheil falle, und ich darf aus diesem Grunde wohl kein grosses Ge

wicht auf jenen Unterschied des Stiles und der Behandlungsweise legen, welcher

zwischen den Quaesitu und anderen unzweifelbalten Schriften des Averroes zu be

stehen scheint, obwohl ich überzeugt bin, dass jeder aufmerksame Leser sofort

den gleichen Eindruck empfangen wurde. Hingegen von entscheidenderem Belange

durfte es sein, dass der Verfasser der ouaesita seinen Tadel gegen Andere in sehr

verallgemeinerten und fast schmahenden Ausdrücken ausspricht, ein Ton, welchen

Averroes bei aller Meinungsverschiedenheit nie einschlägt. Belege hiefur finden

sich in obigen Anm. ll. 55. u. 70.

290) Nemlieh abgesehen von einer abweichenden Terminologie, für welche

XVI. Averroes. 375

Die Leistungen des Averroes auf dem hieher gehörigen Gebiete ent

halten au sich durchaus Nichts, was ihm selbst eigenthümlich wäre.

sondern er ist lediglich Couunentator des Aristoteles, dessen richtiges

und klares Verständniss er dem Leser ohne irgend welche Abweichungen

zugänglich machen will. Daher wir gerade nach jener Seite hin, in

welcher sein verdienstlicher Einfluss auf das lateinische Abendland liegt,

uns über ihn am kürzesten fassen können und müssen; denn es dürfte

in der That fast genügen, wenn wir kurzweg im Allgemeinen über ihn

sagen, dass er ein fleissiger und getreuer Erklärer des Aristoteles war,

und es gilt dieses vollständig auch bezüglich der Metaphysik, welche

dle Lateiner gleichzeitig im aristotelischen Texte und in der erläuternden

Darstellung des Averroes erhielten, so dass es eine unnölliige Verdopp

lung wäre, wenn wir bei jenen Erörterungen der Metaphysik, welche

(z. B. betrefl's des Verwirklichungs-Processes des Artbegrifl‘es oder der

individuellen Substanz) in die Logik hinüberspieleu, die Angaben des

Averroes besonders anführen wollten, da ja dieselben nur in exegeti

scher Form das Nemlirhe darbieten, was zugleich aus Aristoteles selbst

zu schöpfen war. Ein ausserliches Moment aber fällt dem Leser der

Commentare des Averroes sofort in die Augen, nemlich das fortgesetzte

Bemühen, jeden Stofl‘ zur leichteren Uebersicht in Abtheilungen und

Unter-Abtheiluugen mit ausdrücklicher Nnuierirung zu gliedern 2‘“), und

wir können auch bemerken, dass hierin Averroes einen üussereu Ein

fluss auf die Leclüre der aristotelischen Schriften ausübte, welcher sich

bis in das 16. Jahrhundert erstrecktzg‘l).

Indem sich Averroes bezüglich der Frage, wie sich die Logik zu

den übrigen Wissenschaften verhalte, an eine viellicsprochene aristote- '

lische Stelle (Abschn. IV, Anm. 177) anschliesst, wornach die logische

Disciplinirnng des Denkens vorautreteu sollmaja sucht er, wie gesagt,

sicher nicht der Uebersetzer verantwortlich gemacht werden kann (Anm. 346.),

widerstreitet den ausdrücklichen Angaben des Averroes nicht hloss die ganze Ein

theilung des Stoffes (Anm. 348.), sondern auch im Einzelnen die Beurtheilung der

lsagoge (Anm. 350 f.), sowie insbesondere die der Dialektik augewiesene Stelle

(Anm. 372). Hiernach muss unsere Uebcrzeugung auch dahin gehen, dass wir

die von Levi Gerson (f. 7. r. B, s. unten Anm. 413.) erwahute Summqu logiculis

des Averroes in jener Epilome nicht besitzen. Dass aber hinwiederum auch nicht

die Ounesilu und die Epitome Produkte Eines und des nemlichen Autors sein

können, zeigt die Vergleichung obiger Anm. 54. u. 55., woselbst uns beide unbe

kannte Verfasser als Berichterstatter über den ncmlichen Gegenstand dienten.

aen So werden z. B. (f. 15. r. A) die Kategorien in 6 partesy und dann

die Substanz in l4 parliculas, die Quantität (f. 17. v. B) in 7, die Relation (f.

m r. A) in 8, die Qualität (f. 22. v. B) in 11, die Gegensätze (f. 22. r. A) in

ll particulas abgetheilt, und jedcsmal geht die vorläufige Aufzahlung dieser Ab

theilungen dem Delail-Commcntare voraus, Welcher dann wieder die Numerirung

stets im Auge behält.

292) Nemlich nicht hloss durch Franc. Palrmiusy Discuss. Peripal. l. f. 98.

ist uns bezeugt, dass die Aristoteliker in Oberitalien jene von Averroes durchge

führten Abtheilungeu recipirten, sondern es weist auch die in den älteren Drucken

der aristotelischen Werke (auch Metapli. u. De animal übliche Eintheilung in Ca

pitel und Paragraphen auf die nemlichc Quelle zurück.

293) Albert. M. De praedicub. l. 1, p. l. B: Et Aristoteles et similiter

Averroes dicunt, omm'x scientiae modum esse ipsum soientiam, quae est et vocatur

376 XVI. Averroes.

das Verständniss des Organons durch seine Commentare zu erleichtern.

Aber schon bei dem ersten recipit-ten 'l‘heile desselben, nemlich bei der

lsagoge des l’orphyrius, zeigt er sich uns als jenen strengen und reinen

Aristoteliker, welcher er überall ist; denn er will das Büchlein des

Porphyrius lediglich darum besprechen, weil er hiezu im Hinhlicke auf

die einmal bestehende Gewohnheit von wissenschaftlichen Freunden

gedrängt worden war, während er selbst die entschiedene Uebeneugung

hegt, dass die Isagoge gar nicht zum Organon gehöre, 4indem ibr auf

die Definition bezüghcher lnhalt weder unter das demonstrative noch

unter das rhetorisch-topische Verfahren untergebracht werden könne.

sondern nur den Sprach-Ausdruck der fünf Worte betreffe, abgesehen

davon, dass sie überhaupt keiner weiteren Verdeutlichung bedürfe 29‘).

Und da somit Averroes gleichsam widerwillig an diesen Theil seines

Commentares geht, so beschränkt er sich auch auf das bei Porphyrius

Angegebene und lasst jede anderweitige oder tiefere Frage bei Seite.

So gibt er sowohl über den Gattungsbegrill'mö) als auch bezüglich der

Relativität der Definitionen des Gattungs- und des Art-Begriffes (Vgl.

Anm. 113) und über die doppelte Definition des letzteren (Anm. 119)

nur karge Referate, ohne in die dargebotene Polemik einzugehen 29Ü),

während er allerdings bei Erklärung der Metaphysik sich für die engere

Definition der species speciatissima entschied 297). Er lenkt daher schnell

auf die Tabula logica des l'orphyrius ein 295‘), wobei er die Definition

logiea, et quod non simul addisci potest scientia et scientiae modus, sed oportet

prius discere modum et deinde per modum iam perfecte appreliensum addisrcre ten

tare scientiam

294) Ad Porph. i. 1. r. A: Propositum huius tractatus est. exponere ea, quae

in introductorio ad scientiam logicum libro Porphyrii conlinontur, propterea quia

iam adolevit consueludo. ut initium librorum logicalium ab ipso sumotun Ebend.

nm Schlusse f. 10. r. B: Et hic oxpliciunt ea, quae in hoc introductorio continen

lur; instigalus autem a quibusdam sociis nostris eruditis ac de hoc negotio diligen

tibus de secta Murgilana, quorum deus misereatun ut ea erpaneremx ea exposuit

alias enim ego abstinuissem ab huiusmodi ezposilione propter duo; primum quideml

quoniam non videoi hoc introductorium esse necessarium pro initio sumenda in hac

arte, nam id, quod in eo diciturj non potest esse sub ratione illius partisy quae

est communis huic urti, ut aliqui sunt opinati; nam i'd, quod in eo dicitur de deti

nitionibus harum rerum, si esset demonstrativi generisl tunc esset pars libri Demon

strationis, et si esse! generis probabilisl tunc esset pars libri Topirorum; sed Por

phyrius fecit mentionem de his rebus. prout sunt expositiones eorurn. quae significant

illa nominaj . . . . .. secunda vero causa erat, quia verba huius viri sunt per se

mani/esta in hoc introductorio.

295) Ebend. f. 2. r. B.

296) Ehend. f. 3. v. B.

297) Albert. M. De pmedicab. V, 6, p. 63. B: Aristoteles in septimo primae

philosophiae ct ibidem Arerroes in commentario (f. 92. v. A) expresse dicunt et

probanll quod ultima differentia cuiuslibet speciei eonslitutiua convertibilis est cum

ea ita, quod non convenit eam nisi de illa specie praedimri, non ergo praedi

catur de pluribus differentibus specie, ut videtur . . . . .. Hoc autem dicit Averroes

dicens. quod omnia intermedia inter genus et ultimum differentiam circumlocutio sunt

proximi generis, qua circumlocutione non opus esset, si nomina praximomm generum

haberemus.

298) Ad Pov'ph. f. 4. r. A, woselbst sowohl die Angaben über „cns“ (s.

Anm. 32.) als auch (f. 4. r. B) die sog. regula de quocunque (Anm. 192.) sich

mu . _ p

XVl. Averroes. 377

das Individuums etwas stärker hervorhebt 299), aber dann wieder völlig

in der üblichen Weise die Eintbeilung.r der Dill‘erenz anwendetsoojl

wobei ihn jedoch sein achter Aristotelismus ebensosehr wie den Avi

cenna (Anm. 166) daran hindert. Gattungs- und Art-Begriff direct mit

Stoll‘ und Form zu identificirenam). Bezüglich des eigenthümlichen

Merkmales302) verfährt er ebenso wie beim Accidens schlechthin nur

referirend 303), und das Gleiche gilt hetrell's der üblichen Zusammen

stellung der Verwandtschafts- und Unterschieds-Punkte der fünf Univer

salien 30‘); ja ganz gelegentlich lässt er ebendort seine principielle Auf

fassung der Universalien durchblicken, insoferne er sich, ohne auf die

Frage näher einzugehen, bei einem einzelnen Punkte gegen die Plato

niker erklärt 305).

Der Commentar zu den Kategorien, welcher sich durchweg nur

als eine eintheilende Paraphrase zeigt, bietet nichts Bemerkenswerthes

dar; höchstens mag erwähnt werden, dass bei Erklärung der Stelle

über „de subiectou und „in subiectou durch Averroes eine versinnlichende

finden; nach der schon oben (Anm. 117. u. 134.) erwahnte Gegenstand theologi—

scher Bedenken fehlt nicht.

299) Ebend. f. 4. r. B: lloc auteras quod Porphyrins dicit, est verum dc in

dividuis accidentiuml nam individua substantiae de nulla praedicantur re secundum

usum naturae, et ideo cera descriptio individuornm es!‚ quod individuam est id,

quod non praedicatur de pluribus. non id quod praedicatur de ano, ut ipse de

scripsiL

300) Ebend. f. 5. v. B: Genus supremum habet tliifcrentias dividenles ipsnm,

sed non habet difl'erentiam, quae ipsum constituat rSpccies vero ultima habet

di/fcrentiom constitutivamj sed non dicisivanL

301) Ebend. f. 6. r. A und Albert. M. a. c. O. V, 4, p. 60. A: U! dicit Aver

roes in commento primae philosophiae (Metapli. l. 17. l. 7. v. B), genas non est

materia, sed forma generalis ct con/usa et indistincta et cli/pisa in materia non

delerminata per formam, quam tii/fusam formam et con/usum vocant quidam formae

inchoationenL

302) Ebend. f. 6. v. B.

303) Ebend. I. 7. r. A: Definiun! insuper ipsum accidens sie: accidens est.

quod polest inesse uni et eidem rei et non inessa. vrl.‘ quod non est genus nec

di/fcrentia nec species nec proprium et quod semper sit in subiecta Prima ergo defi—

nitio amplectitur accidens separabile et inseparabilc. secunda vero separabile tantum

continet accidens Eine anderweitige Notiz jedoch s. unten Anm. 413.

304) Ehend. f. 9 f.

305) Ebend. f. o v. B: Et hoc quod dicit Porphyriusl est verum iuxta sen

tentiam ponentium ideas, hoc 2st, si dantur genera et species extra intellectum

378 XVI. Averroes.

Figur üblich wurdesoß), denn in allem Uebrigen finden Wll‘ nur die

allgemein recipirten Angaben; selbst bei Besprechung der Bewegung.

lässt Averrues die Frage, unter welche Kategorie dieselbe falle, bei

Seite liegen 307). Auch die Erörterung über die vier Arten des Gegen

satzes verweilt in einer blossen Paraphrase, und nur hei anderen Ge

legenheiten spricht er seine Ansieht aus, dass alle Gegensätzliehkeit

ursprünglich auf Anschauungen des örtlichen Abstandes beruhe 30’5).

Bezüglich der Lehre vom Urtheile kann hervurgeltoben werden,

dass den Lateinern aus einer anderweitigen Stelle des Avcrroes die

Eiutheilung der Bedetheile in Subslunlivum1 Verbum und syneategoreu

mata (s. Abschn. XIV, Anm. 174, 206, 348 und Abschn. XV, Anm. 9

u. bes. Anm. 106) vorgeführt wurde 30"), sowie dass aus dem Com

menlare zum Buche De interpr. sich eine Bemerkung über das arabische

Verbum einbürgertealo). Auch hielt Averrues ebenso wie Avicenna

(Anm. 215) das conditionale Urtheil für ein durch den inneren Nexus

einheitliches, fügte aber, ohne das disjunrtive oder das eupulative Ur

306) Praedicam. f. 12. v. B‚ woselbst die betreffenden Lehrsatze folgender

maassen in eine Figur zusammengestellt sind:

Subslnmia incousislens Accidens

s z

ta 4 k a e e s

a‘ ä” - xe ex

2 lo .‘g’ g

e '44 se ua

1.

Et ecl s p

2. a e. "

h a a

= iri fo

i ea k

et a

._ 9/4, ‚ä

3’ „s “ä ‘s

. e 3 v ‘42; ä

3'. xo (‘10 s:

ß e

‘l ei 0; e

° sv "„‘ t

a s 4‘» ‚S

o v’ o

= ä

m .

a s

Universale inconsistens Pnrticulare

307) Ebend. f. 30. r. B.

308) Albert. M. De praedictam lll, 1‘), p. 138. A: Averroes in duobus lacis,

scilirel super physicam (V, 99.) et super primam philosophiam (Melaph. l. 45. f. I2.

v. B) dicil, ad contrariorum di/finiliuncm ab his‚ quae in loco sunt coulraria, di

stantiam esse lraussumplam.

sem Topi'c. f. 256. r. A: Aristoteles in libro Perihermenias disli‘ngm‘l res ratione

diclionum, quando illos distinguit in tionum verbum et dictionem synoalegoremalicam.

D. h. der Gebrauch dieses technischen Ausdruckes füllt auf Rechnung des jüdischen

UI-herselzers Abraham (s. limum Averr. et. l'Atict-roisme‚ p. 150.), welcher irgend—

woher die hiezu erforderliche Kenntniss besessen haben muss; hingegen Mantini

wählt in seiner Uebersetzuug das Wort ..consiguificanlia”.

mm De inlerpr. f. 36. 1'. B: Apud Arahes praesens et fuiurum tempus con/un

dimtur; in lingua ‚lmbiea non datur propria nola temporis praesenlis, sed est

communis nutu [am praesenti quam futtrro.

XVl. Averroes. 379

theil zu erwähnen, die Bemerkung hinzu, dass zwei kategorische Ur

theile durch die syllogislische Verknüpfung zu Einem Urtheile werden 311).

Bei der näheren Erörterung des kategorischen Urtheiles finden wir die

Bezeichnung „duales“ und „Lernafes“‚ je nachdem ein Urlheil bloss aus

Substantivum und Verbum oder aus Subject, Prädicat und Copula be

stehei’“), sowie die Wiederholung einer von Alfarahi (Anm. 41) ge

machten Bemerkungala) und abermals (vgl. Anm. 40) die Besprechung

jenes aristotelischen Beispieles. in welchem der Satz ein nicht existiren

des Subject betrill‘ta“). Die Bemerkungen über (las modale Urtheil

und insbesondere über die Stellung der Negation in demselben gehen

nicht über den Wortlaut des aristotelischen Textes hinausalä), und die

Erörterung über die Schwierigkeiten, welche das letzte Capitel des

Buches darbietet (Abschn. IV, Anm. 286 ll'.)‚ müssen wir sogar dii-ecl

als schwach und ungenügend bezeichnenals).

Am Eingange der ersten Analytik stellt Averroes bereits jene Zwei

theilung nach Form und Stoff an die Spitze, welche wir bei Alfarabi

(Anm. 51) und bei Algazeli (Anm. 265) bezüglich des Verhältnisses

beider Analytikeu trafen, und es knüpft sich ihm hieran die Unter

scheidung des demonstrativen und des dialektischen Urtheilesan), sowie

die Bemerkung, dass das im Syllogismus liegende Motiv der Form im

Vergleiche mit dem Inhalte der Beweisführung das allgemeinere sei3‘8).

Abgesehen von der durch die Uebersetzung dargebotenen Terminologie

„propositio absolutau für das übliche „proposiu'o de inesse“3m) ist zu

erwähnen, dass Averroes bei den kategorischen Syllogismen sich gleich

falls (wie Algazeli, Anm. 268) auf den Standpunkt der möglichen Com

311) Ebend. f. 37. r. B: Condilionales sunt una ez coniunctione. quae est

signum conditionisa ut cum dicimus „si est supra terram sol. dies esl"; . prae

dicatione vero orationc-s sunt quidem una per coniunctionemq quae est terminus me

dius. ut cum dicimus „homo est animal et animal est norpus“.

312) Ebend. f. 43. r. B: vocantur autcm iflae, quarum praedicatum est ver

bum, duales, quia constant subiecto et praedicato tantuml et illue, quarum prac

dicatum est nomenp dicuntur tcrnales1 quia constant subiecto et verba coputantc et

praedicato

313) Ebend. f. 46. v. B: constat ergo, quod non omne i'd, quod verincatur

divisim, oporteat ipsum veri/icari coniunctim.

314) Ebend. f. 47. r. A.

315) Ebend. f. 48. v. B.

316) Ebend. f. 52. r. A.

317) Prior Resolut. f. 54. r. A: ilac divisiones (d. h. in allg. bej.‚ allg.

vern. u. s. f, Urthcile) sunt propositiones ex parte formaey h. e. divisioncs utiles

ad cognitionem syllogismi simpliciten Divisiones vero ex parte materiae sunt1 quo

niam ipsius alia est demonstratioa alia dialoctica ac reliquam in quos partitur Sev

cundum artium sennocinaliuni niatcrias . . . . .. Ac propositio quidem denionstrativa

et dialectico re a se invicem di/ferunt, quod demonstratiira propositio altera est

contradictionis pars et eo quidem vera. dialectica vero esse potest utratibct ez par

tibus contradictionis lfrit itaque propositio syllogistica veluti genus demonslra

tivae ac dialecticae.

318) Ebend. f. 56. v. B: oportet sermonem dc syllogismo praz-cedere sermonem

de demonstrationcj syllogismus namque universatior cst demonstrationey onmis enim

demonstratio syllogismus et non est onmis syllogismus demonstratio Vgl. Anm. 333.

319) Ebend. f.‘54. v. A m

380 XVl. Averroes.

binationen der Urtheile stellt, um dann die syllogistisch untauglichen

auszuseheidenl dabei aber durch ein anderes Verfahren auf 36 (Zombi

nntionen kömmta'lo), sowie dass er völlig richtig und in ächt aristote

lischeni Sinne die fünf theopliraslischen Schlussweiseu der ersten Figur

als unnatürliche abweistß'l‘). Und sowie er dieselben durchaus sach

gemäss mit der sog. Galenischen vierten Schlussligur in Verbindung

bringt. so .miissen wir hier daran erinnern, dass er betrell's dieser an

geblichen Erfindung des catenus uns schon oben (Abschn. IX, Anm. 99)

als hauptsächlirhe Quelle diente, und es bleibt uns nur die Bemerkung

übrig, dass Averroes in sehr vernünftiger Weise und in aristoteliscbem

Geiste die Berechtigung der vierten Figur überhaupt bestreitet 322). Mit

m‘afl'tf-lJiz-ffi

320) Ebend. l. 56. v. B: Onom'um igitur omnes duae propusitiones aut sic sc

hohem, quod ambae sunt uniuersates aut particulares aut inde/initum aut una ipsa

rum universalis et altera in parte. aut una ipsarum universalis et altera indefinite.

aut uua ipsarum indefinita ct altera in parte. et unaquaeque harum trium specierum

bifariam aariatun relut sit universalis maior ct particularis minor vel e conrersm

et similiter universalis cum (der Text gibt non) indefinita ac particularis cum inde

finilay et unaquacque harum novem specierum ita se habet secundum eomposüionem,

aut ut ambae simul u/finnulivac sint aut negatioae simuty aut una ipsarum afhrma

tiva et altera negalivu. et hoc duobus mudis, uno quod sit minor negativa et maior

af/irmalina, secundo in contrarium huiusr ex quo planumv si muttiplicatae ftterinl

illae quatuor in hac novom. efficientur hoc in figura (so. prima) sex ac triginta con

iugatianes. Et Aristoteles ezponit1 quae concludat quaece non concludaL

321) Ebend. 57. r. B: Is. qui ez trinis negativis construitur in hac figura,

nihil penitus concludit Si vero rainor in ipso orstiterit negative, iam existi

malur, quod conetur/at negativem in parte. posteaquam propositiones conversae fue

ri'nt; atqui haec species conrtusionis non est ex syllogismo. super quem cogitatio

natur-aliter radiis nimirum concludercly si in quarta figum syllogismus nuturaliter

construerelur Ebenso im Folgenden bei den übrigen theophrastischen Schluss

weiseu, nemlich insbesondere betrefl‘s der durch Umkehrung des Schlusssatzes

gewonnenen (f. 58. r. A): Ouod vero priores excogitari-runtl quod tres modi figurae

istius binas conclusiones cottigunty hoc est modus concludens universalem negotium

concludit etiam conlvertcnlcml et concludens particulari-m affirmativam consimilitcn

et concludcns item universalem affirmativams quod videlicet isti etiam convertentes

suas eoucluduntl lt. e. a/‘firmativam in partey live, inquum, illi usserunt. quia in

tentioncm ignorant Aristotclicamj Aristoteles namque hoc loco intendil connumerare

conclusionum speciesl quae per se et primo in syllogismis inveniuntur naturalibusy

non autem qui sunt secundum intendonem sci-undam et non secundum cursum syl

logismi i

322) Ebend. l‘. 83. r, A: quod aulrm nun inreniutur fiyura quarhr, pianum

ex medio termino, qui accipitur communiam-e cum ambobus eztremitatibusg quemad

modum si decipiatur C communicarc cum B e! A, quae sunt eztremilates quaesiti.

ez necessitate sequetur unum ca: ln'lms, vel ut subiectum maioris eztremitatis 'sit

praedicatum minon's, quemadmodum si A pracdicetur de o et e de B. et haec figum

prima, aut praediretur de ttlrisquc simul, et haec figura smmda, aut ipsis subii

ciulur, et haec figura tertia. Si vero arcipiatur praedicatum maioris suhiici minaril

non conveniet. propterea quod praedicatum maioris praedicatur de minorel quoniam

maior praedicatur in quaesita secundum naturam de minore, et ita erit idem pracdi

catum de se ipso. quod heri non potest.. si interpretetur terminus medius secundum

quaesitum positumg quod si earponatur secundum participationeml concludet aliud a

quaexilo, puta conversum suum. et hoc secundum modum, qui numeratur compticatio

figurae quartaev quam posuit Galenus; atqui mil syllogismus super alio a quaesita

posito, sed in hoc non cadit cogitatio secundum naturam1 neque accipilur in sermone

syllogislico neque demonstrative neque exislimalivo. Gelegentlich der Erklärung der

XVI. Averroes. 381

der gleichen Strenge hält er sich auch in anderen Fragen gegenüber

seinen Vorgängern an die Angaben des Aristoteles, und so bekämpft er

den Alfarabi (Anm. 44) bezüglich der syllogistisehen Bedeutung der

Möglichkeit» und Nothwendigkeits-Urtheile imp sowie er auch den Be

griff des Möglichen nur nach aristotelischer Lehre l'aSstm‘); ja in

gleicher Weise verfährt er selbst dem Theophrastus gegenüber, insoferne

derselbe (s. Abschn. V. Anm. 51) bei den aus modalen Urtheilen com

hinirten Syllogismeny den Grundsatz aufgestellt hatte, dass der Schluss

satz der schwächeren Prämisse folge 3'25). Und sogar da, wo er be

züglich der aristotelischen Angaben über die Voraussetzungsschlüsse

(Absehn. IV, Anm. 580 ll‘.) sich durch die Comlnentatoren und den con

stanten Schulgchrauch dazu verleiten liess, in ähnlicher Weise ww.

Algazeli (Anm. ess f.) die conditiunalen Schlüsse in zwei Formen und

dle disjunctiven in vier Formen anzufüliren 3‘26), lenkt er ziemlich bes

sonnen auf den aristotelischen Standpunkt zurück‚ insol‘erne er den

wesentlichen inneren Unterschied zwischen diesen hypothetischen und»

den kategorischen Syllogismen anerkennt, dass in ersteren der Schluss

satz nicht eine eigentliche Errungenschaft des Sehhessens sei, sondern

gerade der Oliersatz zu seiner eigenen Begründung noch eines kategori

schen Schlusses bedürfe 327). Zu jener aristotelischen Stelle aber

aristotelischen Stelle, welche in der Topik (l. 9.) das problema dialectirum he

tl'itl't, führt Arerroes diese Frage über die Zahl der Schlusslignren als ein Bei

spiel der nützlichen Probleme an (Topic. f‚ 260. v. A): iuvans logicum est. ut. an

figurae eategoricae sint tres aut quatuon et un ite/initio acquiratur divisione aut

compositione aut demonstratione.

323) I’n'or. liesoL i. 65. v. B u. f. 72. V. B. -

324) Ebend. f. 68. v. A‚

325) Ebend. f. 65. r. B: Theophmslus vero atque Eudemus ex antiquis Peri

pateticis et inter posteriores Themistius, qui eos secutus esl, erislimuverunl, quod

modus conclusionis sequatur riliorem ex duobus modis, II. e. ut semper in tali corn

plicutionc sequatur propositionem absolutamy quoniam absoluta est vilior necessariæ

. . . . . .. Sed in hoc semtune est confusio manifesta ...‚ quoniam modus con

elusionis sequetur modum propositionis maiorisq secundum quod existimavit Ari—

stoteles.

326) Ebend. f. 83. l'. A: Sylluyismormn' conditionalium duo sunt genera prima.

llmtm est syllogismus coniunctusl is oidelin-lj qui corruponitur ez consequentibus et

coaptatur per notas conditionis facientes coniunctione-my istius vero sunt trinae

species. mm, ut ponatur ipsius uuteeedens per se et conetudatur attera vero, cum ponitur in ipso oppositum consequentis et conccloundsietquurenospypositum

antecedentis Sed genus secundum est conditionalis divisusg hic autem compo

nitur ez contradictoriis perfectue conlradicliunis, et coaptantur illi notae conditionis

significantes partitionerng . . . . .. huius autem sunt quatuor species, et hoc. quia po

nitur antecedens et concluditur oppositum consequentis-l et ponitur consequens et con

cluditur oppositurn antecedentis. et ponitur oppositum antecedentis et concluditur

consequensv et ponitur oppositurn consequentis et conrluttitur antea-dens

327) bibendi Si perserntobimur ipsorum dispositionem. plurium nobis fiel, quod

quaesitum in ipsis id 9st, quod rnunstratur per modum conditionisv sed positum est

illudl quod oportet monstrare per syllogismam praedicatirum in eonditionals divisa

et coniunctol posteaquam fuerit coniunctio et eontradictio pcr se mani/‘esta, et hoc.

quoniamy si fuerit coniunctio in ipsis manifesta per se et positum manifestum per

se, erit etiam consequens manifestum per se Nt'c dici potestl quody quemad

modum sunt propositiones in syllogismo praedicativo per se notae et conclusio ignotaa

382 XVl. Averroes.

(Abschn. IV, Anm. 588 l'.)‚ welche sich auf die Praxis der Syllogistik

und hiemit auf die Auffindung eines passenden Mittelbegrill‘es bezieht,

wurde durch Averroes dem lateinischen Mittelalter eine neue veran

schaulichende Figur an die Hand gegeben 328). Eine ebenso sorgfältige

als breite Erklärung widmet er dem zweiten Buche der ersten Analytik,

hält sich aber dabei durchaus so strenge an Aristoteles — z. B. auch

l

consimiliter accidatl ut res sit in syllogismo conditionalil h. e. ut sint ambae pro

positiones per se notae. i. e. conditionalis et positay et sic conclusio ignola, . . . . ..

sed propositiones in syllogismo conditionali non requiruntur ad compositioneml ut ex

ipsis sequatur id, quod sequitun

328) Ebend. l. S7. r. (wobei ich nur der Kürze wegen die Bezeichnung der

Schlussmodi wie in Abschn. lV, Anm. 588 f. wahle):

XVl. Averroes. 383

manassis „..‚—3:22:

/

lnconsislens in ll ex duabus a/"firm.

figura methodi pro medio in singulis coniugalionibus invem'ertdo.

sexaginta

32::

‚.

l /

/ .

/

zäääama seriem

lmonsistcm

marcianae

ego

maiestate egressa

x

‚\\

Parlicul. affirm. in lll 1, lll 3, lll 4 et in l 3 per conversionem

satanas SEE:

384 XVl. Averroes.

bezüglich der lnduction 3‘19) —- dass es völlig unnöthig ist, Einzelnes

besonders anzuführen.

Ebenso können wir, was die zweite Analytik betrifft, vor Allem

von dem sog. mittleren communiam 330) Umgang nehmen, indem der

selbe als ein Mittelding zwischen Paraphrase und Uommentar allerdings

das Ganze recht klar und nul guter Betonung des Hauptsäcliliclien dar

legt, aber nirgend Eigeiitliümliches bietet. Auch der sog. grosse Com

menlar hält sich überwiegend an den Text, und während in demselben

wohl zuweilen Themistiiis, seltener aber Alexander Aphrodisiensis er

wähnt ist, finden wir auffallender Weise nur sehr selten andere Schrif

ten des Aristoteles zur Erklärung beigezogenaßl). Somit ist es nur

Weniges‚ was wir hervorheben iniis‘seii. Zunächst begegnet uns, was

das Verhältniss der zweiten zur ersten Analytik betrilft, auch hier

wieder die bei allen Arabern übliche Auffassung, dass es sich um den

Unterschied von Form und Stoll' der Schlüsse handle 332), und indem

Averroes den unmittelbaren Anschluss der zweiten Analytik an die erste

da‘durch begründet, dass dann auf das allgemeinere und wesentlichere

Element der Form der Inhalt ohne lästige Wiederholungen folgen

könnesaa), bekämpft er ausdrücklich die Ansicht Avicenua‘s‚ welcher

zwischen beide Analytiken das tiehiet der Dialektik einschaltete 384).

Und sowie er gegen obige Auffassung Alfarabi’s (Anm. 52) polemisirt335)‚

so verfährt er ebenso bei allen jenen Controversen über die im Mittel

begrifl‘e liegende causnlilfnswj1 über nonip 011516 und uaa-on 337),

über praedicatum primumswll malam er überall jede Abweichung vom

329) Ebend. f. 124. r. B.

330) f. 240—255.

331) So z. B. ist nicht einmal bei Erörterung der Stelle über die vier Prin

cipien (f. 217.) die Metaphysik ciiirt.

sem l’uster. Resolut. f. 127. r. A: lrilentio libri eat. speculuri de demonstra

tianibax atque de di'finiti'uiiibus. lie dcmonstralimiibus vero lractal quoad ea, quae

vicem elliibeu! malcriae ipsarum e! haec m summa sunt propositiones verae, demon

strattones namque er duobus comtnnl. quarum unum eat propusitiones ct hoc rst,

quod vicem obtinet matermr, alte-rum veru i'st ipsarum cumpusilio et hoc esl, quod

viccm exhibet lormuey quae cum iam mons/rata [uit in libro syllogisnii. idea incipit

hoc in loco sermonem facere de eo, quod supei‘era! ez cognitione syllogismi demon

strativi‚ h. r. de materia, ex qua compunitug r! propterea t'ocari't ambos libros

umco flamme.

easy Ebend.: ordo autem ipsius es! post librum dc syllogismo procul dubio

tribu de causi's, quarum ana estv quoniam universale notius es! particulari et opor

tet praccedm in ordine doctrinae magis neun", quemadmodum oportet etiam in dr

ductione quuesiti prorcdvre . . . . .. fama autcm secunda esty quoniam xpccutati'o essen

!ialis 2st, cum spcculamur de aliquo universali, secundum quod imrst subiecto um—

versuh', non autem subiecto particulari Caiisu autem tertia est, quia sic non

contingit itcralio in doctrinav propterea quod, qui (an! doctrinam per tiunc rundum,

monstrare poterit per se ex proposiliombus rms scorsim et probabilibus seoi'sim et

reliquis etiam speciebus propositionunL

334) Die Stelle ist oben, Anm. 230., angeführt.

335) I'oster. Reset. f. 127. r. Ä.’

336) Ebend. f. 131. v. B.

san f. 137. r. B.

338) f. 138. v. B u. f. 141.'v. A.

XVI. Pseudo-Averroes. 385

aristotelischen Texte, welche bei Alfarabi oder bei Aviceuna zu Tag

kam, zurückweist. Ebenso strenge halt er an der ächten aristoteli

schen Lehre bei Erklärung der Stelle (Abschn.lV, Anm. 655 f.), welche

die syllogistische Nothwcndigkeit betrill't339), bei der Frage über das

Beweisen der Principien in einer Wissenschafta‘o)‚ bei der vielbe

sprocheneu Stelle (Abschn. lV, Anm. 162), aus welcher man das prin

cipium identitat-ts herausgeleseu halte 341), bei der „demonstratio quiau

und der „demonstratio propter quid"3"), und insbesondere bei den

Erörterungen über das Verhältniss zwischen Demonstration und Defini

tion 343).

Endlich der Commcntar zur Topik ist gleichfalls nur als eine ein

theileude und uumerirende Exegese des aristotelischen Textes zu be

zeichnen, und das einzig Bemerkenswerthe dürfte sein, dass hiebei sich

Averroes häufig auf den uns verlorenen Coninieutar des Themistius

(Ahschn. XI, Anm. 95) stützte 3”“). Ebenso bleibt die Erörterung der

Soph. Etenchi, welche auch er nach dem Vorgange Alfarabi’s (Anm. 64)

in zwei Bücher theilte 345), innerhalb der bloss exegetischen Aufgabe.

Lassen wir hiernach zunächst jene Epitome folgen, welche von

den Lateiuern für eine Schrift des Averroes gehalten wurde (s. Anm.

290), so kann man über dieselbe im Allgemeinen kein ungünstiges

Urtheil fällen, denn der Verfasser versteht es, in einer klaren und über

sichtlichen Darstellung, welche zuweilen nur durch den Uebersetzer

verdorben zu sein scheint, den Hauptinhalt des Organons (mitEinschluss

der Rhetorik und Poetik) zu entwickeln. Manche Eigentliümlichkeiten

aber dieses Buches‘ machen es nothwendig, dasselbe etwas naher zu

betrachten. Die Aufgabe der Logik, welche die Geltung einer Hilfs

wissenschaft habe (s. unten Anm. 380), wird in der bei den Arabern

üblichen Weise, aber mit. neuer Terminologie, darein gelegt, dass sie

die llegeln über formatio und verificatio, d. h. über Definition und Ar

gumentation, zusammenstelle 346). Und indem für diese beiden Zweige

339) r. 14a. r. A.

340) 1. 151. r A.

341) 1. 154. v. B.

342) r. 159. r ‚1.

343) f. wg lf.

3‘114) Z. B. Top. f. 266. r. A u. B, f. 274. v. B, f. 275. v. A, f. 291. r. A,

u. s. .

am f. 332. r. A.

' 346) Epitome, f. 341. r. A: lntentia in hoc sermone est,‘ telligere sermones

necessarios in hac arte logicae ad cognitionem regutarum partium [ormationis et um'—

ficntioni:‚ quae fiunt in tota arte logicac (diese Terminologie „farmatio“ und „veri

ficatio“, für welche wir bisher stets „definitio“ und „demonstratio“ trafen, scheint

der spatereu arabisch-jüdischen Litteratur anzugehören; s. unten Anm. 419.) . . . . . ..

Dicamus ituque, quod, ex quo fuerunt omnes quaesliones, quarurn cognitio appelitur

in omnibus artibus speculatiuis, duarum specierum ext, videlicet [urmalio et veri/i

catio; et fuit [ormalio id. quod est intellectus rei per i'd, quod constituit substan

tiam suam, vel per i'd, quod existimatur, quod constituat substantiam suam, e! erit

id, de quo quaeritur ut plurimum dictione „quid“; et verificatio est intellectus rei

per i'd, quod dlcitur ipsius dispositio quaedam, et est id, de quo quaeritur ut plu

rimum dictione „utrum“ et cum dictione „an“.

Puma, Gesch. ll. 25

386 XVI. Pseudo-Averroes.

'ein doppeltes Moment in Betracht komme‚ deren eines die Richtung

bezeichne (dirigens), während das andere (agem‘) die Verwirklichung

mit sich bringe 347), so ergibt sich zunächst eine Viertheilung des

Stoffes, insoferne in der Wortbezeichnnng (significatio dictionqu die

Richtung und in der lsagoge nebst den Kategorien die Betbätigung der

Definition liege, sowie entsprechend das Urtheil mit seiner Gegensätz

licbkeit des Wahr- und Falsch-Seins die Richtung und der Syllogismus

die Bethätigung der Argumentation enthalte, und erst nach dieser vier

fachen Erwägung folge die Betrachtung desjenigen, wodurch die eiu

zelneu Definitionen und Argumentationen je nach ihrem topischen oder

apodeiktischen oder rhetorischen oder sophistischen oder poetischen

Charakter bestimmt seien auy

Der erste die blosse significatio als solche betreffende Abschnitt

bespricht die Begriffe des Synonymen n. dgl. in grösster Vollständigkeit,

indem nicht bloss neben den üblichen auch das disparatum, das trans

latum, das accommodatum erwähnt werden, sondern unter der Bezeich

nung commune et speciale auch die fünf Universalien ihre formelle Be

rücksichtigung finden 349).

Die materielle Geltung aber der Universalien, welche von Averroes

als unnöthiges Beiwerk des Organons bezeichnet worden waren (Anm.

294), bildet den ersten Theil des Abschnittes, welcher sich auf das

agens der Definition bezieht, und auf eine Begriffsbestimmung des Uni-‘

versale und des Singulare, welche genau mit jener des Avicenna (Anm.

88) übereinstimmt 35°), folgt die nähere Angabe der fünf Worte, wobei

z. B. erwähnt werden mag, dass jene bestrittene Relativität der Defini

tionen des Gattungs- und Art-Begriffes (Anm. 113 u. 296) hier ohne

o

vr.

.l‘. ‚

‚.a___._—_—‚.

347) Ebend.: EI oporluit, quod praecedat quamlibet islarum disciplinarum (der

Text gibt diszipulo) duae partes notiliae, an! agens aul dirigens. Dirigens quidem

ad [ormalioncm ext, quae significalar per dictionem separulnm; agens vero est er

„bin, quibus sibi eous-lal res, e! illae sunt parles de/inilionum cl definitioncs. vm

liculionis vero dirigan est delenlio veritatis apud quacstionem duarum pai-lium oppu

silimii's; sed agens ipsum esl syllogismus.

348) Ebend.: Sicque dividemus persorulalioncm huius artis necessaria ad has

quuluor partes. Et incipiemus a lraclalu significationis iticlionu'n in universalis

deinde procedenms ad sermonem de rebus simplicibus (ausgefallen ist et composilisl

agenlibus formalionenL ulterius prooem-mus ad sermonem de rebus , quibus opposita

sunt opposita arten, quod veritas transcal in unam carum; poslea loquemur de syl

logismo el speciebus eius simplicilcr. Rursus progrediemur ad id, quo proprie ler

minanlur singulae fonnalioncs et verificalx'ones simplici-ten el illa esl disciplina

propria, quae fit in singulis quinque arlium, dico demonstralivam et lopicam el

celt'rus.

349) Ebend. f. 341. r. B: Semio de significntionc dictimmm. Nomina quae—

dam saut aequivoca; et eorum sunl nomina synonyma, disparata, franslala, uccammodata‚ el corum sz.m.l.,. .q. uauenivdoiccau,ntur se

cundum commune et speciale, .. el eorum sunt numina denuminativa. Vgl. Anm. 91.

350) f. 341. v. A: Sermo de rebus agenlibus formationcm. EI rcs iucomplezar

vel sunt universales t'el parficulares. Et universale esl res, cui possibile est ex

substantia fornmlinnis eins in intellectu solo, quod pruedicelur de plan'bus, quam

de una re . . . . verumtamen singulare est i'd, quod impossibile esl ca: substantia

[ormatiom's cius, quod praedicetur de plus quam singulari ww.

autiq- n--.....--...A.z-. ‚ i ‚ ....‚ .. .... .:‚—.=«lv-—z‚‘

v..—

XVl. Pseudo-Averroes. 387

allen Argwohn zu Grunde gelegt wird 35'). Der zweite 'l'heil dieses

Abschnittes enthält (im Gegensatze gegen die Einfachheit der Univer

salien) bereits Znsammengesetzles, aber nicht dasjenige, welches im

Urtheile eine wahre oder falsche Verbindung darliietet, sondern jenes

Zusammengesetzte, welches in den verschiedenen Formen der Definition

ausgesprochen werde, indem dieselbe entweder als eigentliche Definition

das gesanimte substantielle Sein eines Gegenstandes darlcge oder als

Beschreibung denselben nur aus einzelnen Wesenshestimmungen erkläre,

oder endlich keines von beiden lhue, sondern nur ein Accidentelles an

dem Gegenstande heraushebea‘w). Nur ein Behelf aber zur Definition

seien die Kategorien, deren Kenntniss an sich nicht zur Logik gehöre

(vgl. AI azeli, Anm. 257), und nachdem der Verfasser in einer an Avi

renim gAnnL 93) erinnernden Weise den Unterschied zwischen dem

quidditativen Sein und den einzelnen Wesenshestimmungen sowohl für

das Universale als auch für das Singuläre als gültlg bezeichnet und

somit die Kategorien an den Begriff des Universale knüpft, um dieselben

dann in üblicher Weise kurz zu erörtern 353)‚ schliesst er diesen Ab

schnitt mit der Bemerkung ab, dass die Kategorien zugleich eine logische

und eine reale Bedeutung haben, jedoch nach der ersteren, in welcher

sie Erzeugnisse der denkenden Seele sind, ein Moment enthalten, wel

ches gemeinschaftlich sowohl der Definition als auch der Argumentation

angehöre 35‘).

351) Ebend.: E! universalia incomplezo sunt quinqnes genus, species, diffe

renh‘a, proprium et accidens Genus quidem et species dicitur utrumque eorum in

ordine ad alterutram u. S. w. Accideus est duarum specieruml separabite

et inseparabile u: S. f.

352) f. 342. r. A: Semio de rebus compositis. Bes quidem compositae ex istis

incomplexis sunt duarum specierum Una esty cuius compositio est compositio enun

liuliom's, e! ipsa estv cuius viae estj quod veri/icrtur et [alsi/icelur, et sermo iste

est ex appropriatis (uher diesen Ausdruck vgl. Anm. 52.) sermonibus veria. E!

species secunda compositionis est compositio conditionis et ropulalionis, et ipsa est

compositioy quae non verificatur neque [alsi/icalur, sed utimur ea in formatierte. E!

est trium speciemm, uidelicet rte/initio et descriptio e! ser-moy qui non est definitio

neque descriptio Sicque definitio est scrmo, cuius compositio est conditionis et copu

lationis ad intellectionem dtfiniti per res substantialesr quibus est sui cansislentiay et

ipsa componitur ex genere et difl'erenlia. E! descriptio est scrmo, cuius compositio

est conditionis et declarationis declarantis rcm, super quam significah non per omne

i'd, quod constituit substantiam sui E! semm, qui non est ite/initio neque dc

seriptio. componitur ex specie et uccidenle, sicut est dictum nostrum de Socratel

quod ipse sit hamo dünn.

353) Ebend.: E! quoniam decem prac-dicamenta adiuvant formatiouemv decel,

quod loquamur et reminiscamur de eis quidquum, licel non sit nolitia eorum neces

saria isti intermom', quam intendinius. f. 342. r. B: E! universalia sunt duarum

speciei-unis praedicaturm quod praedicat de eis praedicatione naturali substantiam

suam et quiddilateni suam E! alia species notifica! de res exeuntes a quidditate eorum E! singularia etiam susnuttiidecutaisruamliqsupiebcuiserums

singulare, quod praedicatur de aliquo omnino praedicatione secundum viam nuturalem

et ipsum est singulare substantiae ‚' el singutarel quod non noti/ical in praedicatione

aliquid de aliquo quiddilatis xuae, sed rem ezeuntem a quidditate sua, et ipsum est

singulare accidentis .. E! genera istorum universalium suprema ipsa sunt , quae

vocantur pracdicamentm et secundum quod numeraverunt ea antiqui, sunt decems

substantiae et novem accidentium.

354) f. aas r. A: Sermo de rebus communibus fonnationi et oerificatiom‘ sim

25‘

388 XVl. Pseudo-Averroes.

Der dritte Abschnitt, dessen Gegenstand das dirigens der Beweis

führung, nemlich das der Gegensätzlichkeit des Wahren und Falschen

fähige Urtheil ist 355), bewegt sich überwiegend in dem fortgesetzten

Gesichtspunkte des Eintheilens; nemlich vorerst werden die Urtheile

wie bei Averroes (Anm. 312) unter Wiederholung einer dortigen Be

merkung über das arabische Verbum (Anm. 310) in binaria und ter

naria eingetlieilt356)‚ worauf die Unterscheidung nach der Qualität in

bejahende (simplices), verneineude (remolivae) und privative (vgl. Anm.

260) folgt 357), um hierauf die Eintheilung nach der Modalität (mit der

Terminologie „inventiva“ für „de inesse“) anzureihen 353), und all diese

sich kreuzenden Eintbeiluugeu abermals durch den Gesichtspunkt der

Quantität zu durchkreuzen, wobei beachtet werden mag, dass auch hier

(vgl. Anm. 214) die Bestimmungen der Quantität als „signa“ bezeichnet

werden 35“). Sodann folgt die Erörterung der Gegensätzlichkeit, je nach

dem die Urtheile singulär, couträr, eontradietorisch, subcontrar oder

unbestimmt sind 360), und es wird die Untersuchung hierüber sowohl

pliciler. lsta itaque sunt genera magis universalia rebus sensatis, et species istorum

et gencra eorum sunt subiecta in scientiis. Sed istud est duobus modis distinctisl

quia ex eo, quod contingunt eis in intellectu secundal quorum inventio est certe

in inlrllcclu, solum erunt loyiculia, quia ars logicac certe tribuet regulas de istis

generibus ab intellectis et ista omnia sunt res intelleetael quarum inventio

non est extra animam verumtamen dum accipiantur eae eo, quod sunt intellectu

rerum sensatarum extra animam, erunt realia, vel mathematiea rel alia ab istis.

EI hie perficium sermonem de rebus communibus formationi et verificalioni simpliciter

et procedunt-us ad id. quod limitat proprie aeri/ieationenL

355) f. 343. r. B: De dirigentibus ad verificalioncm. formae aulcm, quae

limitanl ucri/icalionwn, sunt duorum generums genus veri/icutionis quaestionis el

distinetiouis ipsius in duo opposita udco, quod detinentur veritas alterius illormu;

et genus secundum est eeri/ieationis sermonis eompositi agentis oeri/ieationernl et est.

quod uomiuatur tylluyixmus. EI incipiemus in genere prima, quia ipsum est primum,

quod verificabilur ante omnem rem in quaestione et est notitia praesupposita veri/ica

tionig deinde proeedemus ad verificandum per syllogismum.

356) Ebend.: Emmlialionum quaedam est binaria el quaedam est trinariag

binaria autem ext, cuius praedicatum (der Text gibt praelcritum) est verbum, PI

ista est trium specieruml vel quod fuerit eius verbum praeteritum vel futurum vel

praesens, sed non invenitur in lingua Arabum impositio signifieans super significawm

pruesens; tentoria autem est, cuius praedicatum est nomen.

357) Ebend.: Et utrurumque istarumy et binariarum et trinariarumj quaedam

sunt simplices, et earum sunt remotioae. quarum praedicatum est numen vel

verbum imperfeelunh sicut si dixerimus „Socr‘ales non est sattes", et quaedam

sunt privativae, ..‚..privatio autem universaliter est, quod deficiat ltabitus, cuius

consuetudo est.

358) f. 343. v. A: EI cuius-libet speciei istarum enuntiationum . quaedam sunt

non habentes modum et quaedam trahentes modum Et modi primi sunt tresr

Possibile . et necessarium .. et invcntivu.

359) bibendi Et unaquaeque istarum enuntiationum vel erit habens signum vel

non habens siynuml et sunt enuntiationes. quarum subiecta sunt res universalesy cl

signa sunt quatuors „Omnc“ et „Nullum“, „Aliquud“ et „Nun aliquod“ et ipsum

est in gradu dicti nostri „Nun omne“.

360) Ebcud.: omnes autem species cnuntiationuml quarum consuetudo t‘sl,

quod opponantury aliquando sunt oppositae secundum affirmationem et negationem

adco, quod seeemant veritatem et fulsilalem, et aliquando non sunt appositae secun

dum a/firmuti'onem et negationem orationum autera oppositarum sunt quinque

XVl. Pseudo-Averroes. 389

bezüglich der modalen Arten 3“1) als auch nach der Qualität der Ur

theile in Verbindung mit der Modalität derselben geführt 362).

lndem sodann als vierter Gegenstand, nemlich als agens der Argu

mentation, der Syllogismus sich anreiht363)‚ kann bemerkt werden,

dass der Verfasser ebenso wie Averroes (Anm. 320) 36 mögliche Com

binationen der Urtheile annimiutil‘“) und auch in der Polemik gegen

die vierte Galcnische Schlussligur sich an denselben (Anm. 322) an

schliessts ja noch ein tieferes lllotiv hinzufügt, indem er hervorhebL

dass die feste Bestimmtheit des lllittelbegrill'es bezüglich des im Syllo

gismus beabsichtigten Beweises das Entscheidende sei 365)‚ Jene Sylln

gismen1 welche auf Verbindung der Urtheile des Stattfindens mit modalen

beruhen, bleiben hier ebenso wie bei Algazeli (Anm. 269) weg, hin

gegen eine ausführliche Erörterung finden auch hier die hypothetischen

Schlüsse, deren Vorhandensein bereits in der aristotelischen Definition

des Syllogismus liegen“); und mit der üblichen Zweitheilung in con

ditionale und disjunctive finden wir hier, was die ersteren betrill‘t, eine

Wiederholung der Theorie Algazeli's (a. a. 0.). womit sich jedoch auch

eine Berücksichtigung der logischen Qualität des Vordersulzes und Nach

isatzes verbindet, so dass hiedurch die Zahl der conditionalen Schlüsse

auf 24 steigti’“); in ähnlicher Weise wird bei den disjunctiven auf

— i . u" ' ' .

Fi agii h „sie

a1.1 z ‘ .5"

spcci'c's; quaedam sunt singutares et quaedam sunt conlrariae .. et quaedam

sunt contradidoriac et quaedam sunt subcontrariae et quaedam sunty cum

quibus non coniungitur signum omnino et ipsae sunt inde/iniua

361) f. 343. v. B: Et expedita eonsidcrare, qualiter secemant species istarum

oppositarum veritatem et falsitatem in omnibus tribus maleriis, quae sunt possibilis

et ini-enti et nccesszm'i. ‚in. id il

362) Ebend.: Quom'am autem enuntiationes simpliees et remotivae et privatiuae

sunt etiam oppositne, postquam simpliccs significunt super dispositionem et habitum

et remotivae et privativac super prioationeml iam corwcnit, quod comitaretur interi

cas et inter oppositionem af/irntativae et negatives et considerelur, an ipsarum discretio

veritatis et fatsitatis sit secundum unum cxemplum nec ue. Natürlich wird letztere

Frage verueineud entschieden, und zwar in einer höchst ausführlichen Darlegung

tum r.)‚ welche bei jeder Species des Gegensatzes wieder die drei Arten der

Modalität berücksichtigt.

363) f. 344. v. A—346. r. B.

aen f. 345. r. A.

365) Ebend.: Nisi mreniret necessitas conclusiom's, quando accepta fuerit illa

liabitudol quae est inter duas praemissa ad quaesitum indelcnninatum, et qualiter

cunque contigeritl sufficeret huic. quod sit una earum, quaecunque fueritl affirma

tira, qualiscunquc fuerit secundum quantitatem suam, et altera unioersalis. qualis

cunque fuerit secundum qualitatem suam. Vermiilamcn dum accipietur ista Imbitudo.

quae est inter duas praemissas in respectu ad quaesitum dvtcrminalum, quod est in

teritum in lioc libro, maior necessario erit universalis et minor a/‘firmativu; et ideo

reliquit Aristoteles figuram quartaml quam posuit Galenus.

366) f. 346. v. A: Ouoniam autem iam acceptum est in delinitione syllogixmi,

quod ipse sit orati‘o, in qua positae sunt rex plus quam unal et fuit modus posi

tionis duplex, quorum unus est modus praedicationis et alter est modus condi-ticum

iam utique decet, quod sermonem transferamus in hoc Syllogismi quidem con

ditionales diuiduntur secundum partes dictionum conditionis in coniunctum et dis

iunclum.

et q‚u3a6e7d)amEbesnudn.t:, qOuuaoeniunomn cosnusnetquepnertfieactaquacoendsaemcutsuan-tmm perfecta ileloanseqcuuitdieomnch-quae

O

ago XVI. Pseudo-Averroes.

die vier Arten des Gegensatzes hingewiesen und auch eine Dreitheilung

der Disjunrtion aufgestellt, je nachdem dieselbe hloss dichotomisrh oder

in begränzter oder unbegränzler Zahl der möglichen lllittelstufen poly

tomiseh simi von dem übrigen Inhalte der ersten Analytik wird

nur noch die deductio ad absurdum 3G“) und die Verflechtung mehrerer

Syllogismen zu Einer Beweisführung erwähntßm), hingegen die Lehre

von der lnduction, sowie von der logischen Geltung des Beispieles und

des lndiciuins ausdrücklich abgewiesen an).

Soll aher nun dasjenige, was die übrigen Araber den Stoll' der

Argumentation genannt hatten, folgen, so stellt sich der Verfasser auf

den Standpunkt, dass es sich nach Erörterung des Bisherigen noch-um

die praktische Verwirklichung handle, und da in dieser Beziehung für

die unvollkommneren Stufen der Wissenschaften die Argumentations

Weise der Topik ebenso zweckdienlich sei, wie für die vollkommnen

das apodeiktische Verfahren, so stellt er im Gegensatze gegen Averroes

(Anm. 334) mit aller Entschiedenheit die Topik zwischen die erste und

zweite Analytik 372), und entwickelt hiemit sofort jene Topen, welche

componuntur ez duabus impcrfectis (der Text gibt per/ectis) coucludenlibus, sunt

duarum specieruml quarum una est repetens antecedens per se et concludens conse

quens per se1 .. in secunda autem specie reperitur oppositum consequentis et con

cluditur opposituni antecedentis (l'. 346. v. B) verumtamen species, quae com

ponuntur ex compositis1 quae sunt perfectae couseculionisl sunt quatuor omnes species

concludentes ouoniam coniunctionis quaedam est coniunctio u/‘firmationis eum

aflirmatiouei et quaedam negationis cum affirmalione, et quaedam affir

mationis cum negationey et quaedam nvgationis eum negatione-y . . . . . .. dum mul

tiplicaliuntur per divisionem primam sex speciesa erunt species cuncludentes viginti

quatuori

368) f. aai r. A: Syllogismi quidem conditionales disiuncti sunty qui compo

nuntur ez contrudieloriis, el conlrarlicloria sunty quae impossibile est quod coniun

gantur simul in uno subiecto et ex una parte et in uno temporcg sicque in summa

species oppositorum in eis sunt affirmatio et negalio, privatio et habitum et contraria

et relativa. lstarum autem quatuor specierum quaedam sunt perfectoe contradictionis

et quaedam sunt imperfectoe Et istarum quaedam sunty quae opponunlur duobus

soluml . . . . .. et illa est secunda speciesy in qua componunlur contrurial inter quae

est medium determinati numerii . . . . .. qui vero componuntur ez opposilis, quae sunt

imper/cclae cantradictionis. est species tertia ipsius speciei syllogismi illi ut pluri

mum componuntur ez eontrariis, inter quae est medium indeterminati numeri.

369) f. sn r. B (s. Abschn. lV, Anm. 623.).

370) f. 347. v. A (Ahsehn. lV, Anm. 586 f.).

371) l'. 348, r. A: Sed sermo de inductione et exemplo et signo est ex hisl

quae propria sunt unicuique arti et unicuique oeri/icationi.

37'2) Ebend : EI dicenms, quoniam normae exhibitoe in liac arte sunt duarum

specierum, species agens et species notificausg sicque iam praecessit sermo de rebus.

quibus sciuntur species syllogismorum et modi eorump iam itaque convenitj quod

loquamur de normis, quibus poterunt fieri sylloyismt', quia iam semita scientiae for

mae rei est alia a scientia operalionis eius .. . . . . .. (f. 348. r. B) EI propter hanc

eandem rem non faciemus mentionem de his sermonibus nisi de ilh's, quorum consue

tudo est. ut veniant in usum demonstrationis . . . . .. Normarum veroy quibus fiiml

syllogismi Iopici, certe opus est apud perscrutationem arlium, quae nondum sunt

perfectaeg sed ad illasl quae per/eaae sunty iam non est opus eis nisi er parte

illius. quod melius est verumtamen alia intentio, qua visum est nobis quod refc

ramux istas noi-maei esl. em quo demonstratio est ea, quae est praestantissima

remm, quas intendimusy sicque visi sumus noln‘s, ne abbreviemus in normis suis res

mrk

XVI. Pseudo-Averroes. 391

jl

sich auf die Definition und auf die Gegensätze beziehenaw). Erst hier

auf geht er mit der Bemerkung, dass dieses Letztere gemeinschaftlich

der Definition und der Argumentation diene, auf den Inhalt der zweiten

Analytik und auf die dortigen Begriffe des Allgemeinen und Nothwen—

digen über 374). Eigenthümlich ist ihm die Eintheilung des demonstrat

liven Verfahrens in drei Arten, deren erste den objectiven Realgrund

und zugleich den subjectiven Erkenntnissgrund enthalte, während eine

zweite nur den ersteren und eine dritte nur den letzteren Causal-Zn

sannnenhang darbiete, wobei es sich von selbst versteht, dass bezüglich

der ersten Art alles Gewicht auf den Mittelbegrifl' I'älltsli’); bei dem

zweiten Verfahren, welches nur auf den objectiven Realgrund geht,

drängt sich eine Verwahrung gegen das npost hoc, ergo propter hoc“

aul', uini in dieser Beziehung werden vier Modalitäten des Zusammen

hanges zwischen Früherem und Späterem unterschieden, wovon nur die

Eine vollständig syllogistisch genügt, in welcher eine Umkehrbarkeit der

Abfolge stattfindeti‘fü); die dritte jener Arten gehört dem Gebiete an,

welches Aristoteles ('Alisclin. lV, Anm. 272 fl‘. n. 546) als das „Meisten

theils“ bezeichnet hatte 3:77). Nachdem hierauf die Erörterung des defi

. ä “v

necessarios ad attingentium ipsanu immo cum eis meniineiimus de rebusl quibus erit

comprehensio melior et nobiliori et non est dubimn, quod optimum in cognitione de

monstrationis sity quod seccrnamus ipsam et meditcmur super operationem eins. Haec

ergo est utilitas, quam attendimus in hoc parte loyztuc, et manifesta est ex bis,

quae diximus, intentio sua et ordo suus et proportio sua, et hoc est, quia haec

est pars sermonis sylloyismorum, et quae corwrniol1 quod legatur post cognitionem

syllogismi et specierum eius et suorum modoruni et ante librum Demonstrationis.

373) f. aia v. A—350. v. B, nemlicb f. ata r. B De locis compositionisy

f. 349. v. A De locis definitionis, f. 350. r. A De locis opposilorum.

374) f. 350. V. B: Postquarn autem iam locuti sumus de rebus communibus

speciebus formationis et verifioutiunis, dicemus itaque ca, quae propria sunt unicui

que illarumv et incipiemus a oeri/icatiane vero et formatiunc per/acta. De demon

stratione Dicimus, quod demonstrativ universaliter sit syllogismus compositas ez

duabus praemissis ceris universalibus necessariis per se.

375) f. 351. r. B: Oportcl, quod dividatur syllogismus demonstrativus in tres

species... .,' prima itaque species scitur per demonstrationem simpliciter et est de

monstralio causae et inventionis simul. et secunda scilur per tlemonstrationem causae,

et tertia per demonstrationem inventionis el siyni. lnchoabimus itaque primo a de

monstratione causae et inventionlsl quia ipsa est nobilissimo harum specierum Et

dicimusy quod oportet necessario in hac specie syllogismi cum hoc, quod est utilis

scientiis veris, quod tradat cum hoc causam adeo, quod mdius terminus in ea sit

causa duarum rerum simul, i. e. cognitionis rei et causae rei. ‘

376) f. 352. v. B: Species vero demonstrationis causae sunt quaedam specierum

demonstrationis esseudi et causae simul, et illonim conditiones sunt istae caedem

conditiones et sua proprietas est haec proprietus, sed differentia inter eos est. quo

niam in hac esse est notum apud nos per primam notitiam aut per syllogismuml

sed per illam quaeritur nolitia causae tant-am Ouoniam autem non contingit

ostendere per quodvis posterius, quod contigcrit, quodlibet priusl quod contigerity

convenit exponere hoc quadam ezpticatione Dicimus itaque, quod prius et posterius

sunt secundum quatuor partesy quarum una est, quod ex essendo utrumlibet eorum

sequatur alterutrum, et haec sunt, quae sunt praedicatione convertibitiag se

cunda autem pars est, quod prius sequatur ad esse ipsum posterius et non conver

tatur; tertia pars esta quod sequatur posterius ad esse prim et non sequatur

prius ad esse posterng .. quarta pars ext, quod non sequatur ad esse anum

corum alterutram

377) f. 353. r. B: Demonstratio vero evidentiae pro maiori parte cveniet in hac

age xvi . Spätere Araber.

nitorischen Wissensals) und der Praxis des Definirensi'") gefolgt ist,

reiht sich an einer hier unerwarteten Stelle durch Anknüpfung au die

Theorie über das Zustandekommen der Wissenschaften eine Notiz über

die Eintheilung der Wissenschaft an, wobei neben den praktischen und

den theoretischen Disciplinen die Logik den Beruf erhält, das Denken

zur Erforschung jener anderen beiden Wissensgebiete zu unterstützen,

und zugleich jene obige Bemerkung aus Avicenua (Anm. 231) sich

wiederholt, dass Metaphysik und Topik und Sophistik in der Allgemein

heil des Gegenstandes zusammentreffen, während sie sich nach den

ihnen eigenthümlichen Aufgaben unterscheiden 38°).

Hernach folgt die Erwähnung des rhetorischen Verfahrens der

Argumentationsal), woran sich die Sophistik kuüpft382)‚ bezüglich

deren erwähnt werden kann, dass eine von Alfarabi (Anm. 65) einge

führte Ergänzung, welche die „translatio“ zum Gegenstande hat, hier

als vollständig recipirt ausführlich besprochen wird agat

Endlich nach der Hinweisung darauf, dass nun Wahrheit und Täu

schung bezüglich der Definition und Argumentation hinreichend erörtert

‚seien, folgt noch eine Darlegung des topischen Beweisverl‘ahrens 38‘),

und eine luhalls-Uebersicht der Rhetorik sub sowie der Poetik 386) bildet

den Schluss des Ganzen.

Sehr kurz hingegen dürfen wir uns über die dem Averroes zuge

schriebenen quaesita fassen, und insoferne wir von der Unächtheit

derselben überzeugt sind (s. Anm. 2897), stehen sie uns jenen „Diver

lita "

l

materia in accidentibusj quae esse sequitur rem consecutione pro maiore parle, ut

verbi gratia. quando homini patienti torturam oris accidit npoplexiu.

378) f. 353. r. B: Formalionum autem perfcctissima est, quae intelligitur per

definitionem, et definitio tandem est, cuius compositio est compositio clausulae con

ditionis et nemus explicans significatum .de/im'li per res essentiales.

379) f. 353. v. B: Ordo vero partium definitionem in compositione estf quod

praeponamus universale et i'd, cuius rnodus est modus materiae. et postponamus

particulare et idl cuius rnodus est modus formae

380) f. 354. r. B: Artes diuiduntur intres partesy scilicet in artes, quarum

finis est solum operatioy et in artes, quarum finis et in artes adiuvantes istas. quae sunt artes, quae dirigunt eistnteslollecutmumsciaedntipae,rscru

tationem harum duarum arüum, et est ars logicac aut ei proportionalis . ‚ . . . .. Quee

dam sunt artes universales et illae sunt trium partium, ars primae philosophiam

ars Iopica, ct ars sophistica Modus vero considerandi in prima philosophia

est intellectio culis secundum dispasitionenu qua est secundum esse . . . . .. Arlis vero

topicae considerationis de ente exemplum est consideratio vulgatiy quo quaeritur ’rei

confirmatio aut ipsius confutatio Ara vero sophistica habet sua principia.

quae sunt ea, de quibus aestimatio-y quod sint veral cum non sunt vera, et de

quibus aestimaturl quod sint divutgatal cum non sunt dinulgalm

381) f. 355. r. A.

382) f. 355. v. A.

383) f. 357. v. A: Translatio vero et permutatio est, quod translatio sem

per sit ad id, quod potest capi vice rei et pulalun quod sit ipsa res, et fallil,

n. s. w.

384) f. 357. v. B: Postquam autem iam locuti sumus de rebus. ex quibus

cognoscitur oerificatio vera et for-malia per/cum, et postea locuti sumus de rebur,

quae fallunt in eis, loquamur itaque dc oeri/icationibus topicis.

385) f. 358. v. B.

386) f. 360. v. B.

XVI. Spätere Araber. aga

sorum Arabum quaesitausmj völlig gleich, welche ebenfalls den Latei

nern kund geworden waren. Beide gehören der controvertirenden Exe

gese des Organons an, und indem wir auch hier nicht die Absicht

haben können‚ in die Litteratur-Gescbichte der späteren arabischen

Epoche einzugreifen, müssen wir uns hei der Bemerkung begnügen,

dass durch jene verschiedenen Quaesita, welche uns oben häufig als

Quelle gedient hatten, das lateinische Abendland manche einlässlichere

Besprechungen jener hauptsächlichen Controversen empfieng, welche uns

bereits bisher fast bei allen arabischen Logikern begegnet waren. So

handelt es sich um die Definitionen des Gattungs- und Art-Begriffes 38q)

oder um das Verhältniss der Namenserklärung zur Definitionasg), sowie

in der Lehre vom Urtheile um jene schon von Anderen (Anm. 401‘. u.

313 f.) besprochenen Schwierigkeiten bei Häufung der Prädicate und

bei Urtheilen über nicht-exislirende Subjecte 39o), oder um die Stellung

der Negation bei Möglichkeits- oder Nothwendigkeits-Urtheilen 39‘). Aus

dem Umkreise der ersten Analytik begegnen wir hier wieder den Fragen

über das Verhältniss der Urtheile des Stattfindens zu den modalen 392),

über die Umkehrung 393), über die aus Urtheilen verschiedener Moda

lität gemischten Syllogismenag‘L und über die Berechtigung der hypo

thetischen Schlüsse 395). ln der zweiten Analytik war es hauptsächlich

die Controverse über Alfarabi's (Anm. 51 fl‘.) Auffassung des demonstra

tiven Verfahrens 396), woran sich dann die Erörterung über praedicatum

primumai") und über die syllogislische Nothwendigkeit anschliessen

musste 39")‚ und ebendahin gehörte selbstverständlicher Weise die Frage

über die im Mittelbegrill'e liegende Causalität399). Ausser dem Grund

satze (Anm. 340), dass die Principien einer Wissenschaft nicht in eine

andere zu übertragen sind4‘m), war ein gehotenes Thema von Contro

387) f. 380 IT.

388) Divers. Ar. Ouaes. l'. seo r. A.

389) Ebend. f. 381. r. B.

390) Ps.-Avcrr. Ouaes. I. 361. r. A.

391) Div. Ar. Ouacs. f. 383. r. A.

392) Ps.-Averr. ouaes. f. 362. r. A.

393) Ebend. l. 363. r, A.

sal SSMPi Ebend. f. asa v. A, f. 364. r. A, f. 370. v. B. Divers. Ar. Oaaes. f.

. v. .

395) Ps.—Averr. Ouaes. l'. 368. l'. A.

396) Ebend. I‘. 371 lT. Div. Ar. audes l. 382. v. B.

397) Ps.-Averr. Onaes. l‘. 380. r. A.

398) Ebend. f. 375. r. A.

399) Ebend. f. 375. v. A. Div. Ar. Ouaes. l‘. sea r. B. Albert. M. Soph. EI.

l, 1, 1. p. 840. A: bicit enim Isaac, quod ratio est virtus collectiva faciens coire

causam in causaturny secundum quod causa sumitur in communi pro causa conse

quentiae et non pro causa consequentia sicut causa est. quae causat decursum syllo

gisticum per dici de omni et dici de nullog sic enim logica est scientia de ratione

arqumentativa. Ebend. De praedi‘cab. l‚ l, p. i. B: EI hic modus (sc. scienh'ae)

est per actum rationisl qui ratiocinatio sive argumentatio ext, de cognitione cogniti

procedens in scientiam eiusl quod erat incognitum (s. Anm. 15.), secundum quod

Isaac in libro de diffinitionibus rationem dif/laicos dicil, quod ratio est animae in

tellectualis virtus faciens currere causam in causatum.

400) Ps.-Avcrr. Ouaes. l‘. 376. r. A.

b

394 XVl. Moses Maimonides. Levi Gerson.

versen der Unterschied der ndetrnonstmtio quia“ und der „demonstrau'o

propter quidndel sowie das Verbältniss zwischen Demonstration und

Definition 402) und die näheren Bestimmungen über die Definition

selbst'ma). -

Auch das fast berürhtigte Buch De causis, welches jedenfalls auf

arabische Litteratur als seine letzte Quelle zurückweist (s. d. folg.

Abscbn.), konnte in der logischen Controverse über die Universalien als

Auclorität fiir eine bestimmte Parteistellung benützt. werden4o4).

Die Leistungen der Araber und namentlich des Averroes wurden,

wie bekannt, hauptsäi‘hlich in Spanien durch die Juden dem abend

ländischen Betriebe der Philosophie vermittelt‘ob). Sowie aber dieselben

überhaupt in völliger Abhängigkeit von ihren arabischen Vorgängern

litterariscb thätig waren, so ist es auch'auf dem speciellen Gebiete der

Logik nur Weniges, was wir hier über sie berichten müssen.

Wenn auch Moses Maimonides (geb. 1135, gest. 1204), wel

cher fälschlich für einen Srhüler des Averroes oder des Avempace ge

halten wurde 4°“), auf jüdische und christliche Theologie einen ziemlich

bedeutenden Einfluss ausübte, so.ist seine hieber gehörige Schrift

„Vasabularium logicae“4°7) in. der That kaum erwühnenswarth, da sie

lediglich ein Excerpt der gen-ähnlichsten Schuldoctrin enthält‘ms).

Einigermaassen bedeutender ist Levi-Ben-Gerson (genannt Ma

gister Leonl in der Mitte des 14. Jahrh. blühend), dessen Commentaro

zur lsagoge, zu den Kategorien, und zu De imm-pn bereits von den

ihm gleichzeitigen Lateinern benützt wurden4°9). Er folgt bei seiner

Exegese allerdings Satz für Satz und Zeile für Zeile dem Averroes,

ohne jedoch die Auffassung desselben stets zu seiner eigenen zu machen.

Mit Entschiedenheit vertritt er die Ansicht, dass die Logik Nichts wei

401) Ebend. f. 377. v. B. Div. Ar. Ouaes. f. 381. v. B.

402) Ps.-Auerr. Ouaes. f. 377. r. A u. f. 379. r. A.

403) Ebend. f. 378. r. B u. v. A.

am Albert. M. De praedicab. ll. 3. p. 14. A: niam per hoc confirmant hoc,

quod dicunl, quod in Libro de causis multipliciter probalum esu quod res in causa

non es! nisi per modum et virtutem effecti per causam . . . . .. E/fcctus autem indivi

duus et singulnris est; ergo forma. sive substantialis sive arcidvntalis, in effectu

procedens ab intelligenlia individua esl et singularis. Uniuersalc autem nec indivi

duum nec singulare ext; universale ergo in ß/Iecm naturae extra intelligenliam pro

cedens non esl; in solis ergo et nudis purisqur intelleclibus positum osL

405) Ueber diese Verdienste der Juden s. Reiten, Averr. cl l’Averroisme, p.

148 lii und Munck. Dwtionn. lll. p. 362 f. Mnnck's Artikel „Juifs“ hat B. Heer

unter dem Titel „Philosophie und philos. Schriftsteller der Juden etc.“ Lng.

1852. B. besonders herausgegeben.

406) S. über ihn lllunckl Dictionn. IV, p. il m

407) Gedruckt Venet. 1550. 4.

may Auch wenn z. B. Albert. M De praedictum lll, l, p. 122. A sagt: inter

praedirabilia. quae sunt dc natura accide'nlium subslanliue. primum occum't praedi

eabilc, quod est quantitasl eo quod hoc immediate sequitur. ut dicit Rabbi Moyscs.

so lohnte es sich nicht der Mühe. sich hiefür eigens aur Moses zu berufen (vgl.

Anm. 205).

409) S. über ihn Mund.- a. a. O. lll. p. 364. Gedruckt sind die genannten

Uommentare zusammen mit jenen des Averroes in den Ausgaben des Aristoteles

(Anm. ll. u. 288). t

XVI. Levi Gerson. sos

teres'tals blosses Werkzeug der Wissenschaften sei4‘0), und er bietet

den Lateinern die von denselben reichlich befolgte gute Lehre dar, dass

der Logiker von aller übrigen Wissenschaft sich fern halten könne, so

dass auch diejenigen sich hierauf ‚berufen durften, welche den Streit

über die Universalien für die Logik bei Seite liessenfl“). Bezüglich

der Aufnahme der lsagoge in das Organen bestreitet er direct obige

(Anm. 294) Ansicht des Averroes und schliesst' sich an die übliche

Weise der Commentatoren animis die Erörterung der gewöhnlichen

Controversen über die fünf Universalien bietet ausser einem Citate aus

Averroes Nichts bemerkenswerthes dar‘la). Die drei zunächst nach

der lsagoge folgenden Bücher, nemlich Kategorien, Lehre vom Urtheile

und erste Analytik, bezeichnete er ebenso wie der Verfasser der Epi

tome (Anm. 348) als Erörterungen,” welche allen fünf nachfolgenden

Verfahrungsweisen gemeinschaftlich seien, so dass das den letzteren

Bigentbümliche den zweiten Haupttheil der Logik bilden muss4“).

Bei den Kategorien Selbst, welche er ausschliesslich nur in realistischem

Sinne verstanden wissen will4‘5)‚ beschäftigt ihn unter Anderem haupt

sächlich die Eintbeilung in Substanz und neun Accidentien, sowie die

Frage über die Priorität der Quantität vor der Qualität‘lß); auch mag

l l

410) Ad PorplL f. 1. r. B: Dicamus itaque, quod haec ars dirigit inleilectuml

ut diiudicel inter verum et falsum. et sic hanc artem non esse scientiaml sed

organum ad scientias, es! perspicuum

411) Ebend. f. 1. v. A: llace ars est principium ad omnes scientiasj et ideo

non oportet professorem huius scientiae habere notitiam de aliis scientiisa et idcirco

non debet considerare in hoc libro de his nominibus nisivquatenus sunt logicaliaj

nam circa esse ipsorum universalium variae ersten! opiniones apud sapientes

412) Ebend.: Sed apud nos est quidem necessariurnl ut sumatur initium ab

ipso (sc. introduotorio) in hac arte, qnom'am, cum initium huius artis sit de signi

ficatione simplicis locutionis et dentur in ea quaedam nomina, quae univoce dicuntun

liac ratione nomina entium possunt reduci in exiguum numerum Adde

etiam quod quicunque aliquem librum edideritl profecto debet praeponere universalia

particularibus.

4l3) Nemlich gelegentlich der Verschiedenen Definitionen des Accidens sagt

Levi (f.‘ 7. r. B): Tertio definitiv cat, quae dicitl quod non est genus neque species

neque differentia neque proprium et semper existit in subiectov et haec definitiv est

data in arte topica vel diatectica. ut dirit Averroes in summula sua logicatig et re

vero est descriptio et non dufinitio. Jedenfalls suchen wir diese Notiz in der Epi

tome (s. Anm. 290.) vergeblich.

414) Ad Praedicem. f. 12. v. A: Aristoteles praeposuit in hac arte logica tres

‚—

irin

L‘s.

in

libros, qui sunt cummunes quinque artibus (s. Anm. 275.), quarum sententias desto;

ravit in reliquis quinque libr-isl et illi tres libril qui sunt communes cunctis artibusy

sunt liber Praedicamentorum et Perihermenias et Priorum.

415) Ebend. f. 13. v. B: Aristoteles vult tractare de his (so. categoriis)

in hoc !oco, quatenus existunt extra animam, non quatenus significavit afhrrnationem

vel negationem, quae est in anima

416) Ebend.: Hie tamen posset quis dubitat-el cur Aristoteles non divisit enlia

in duo genera suprema tantum. nempe in substantiam et accidensr cum videatur

accidens univoce dici de omnibus praedicamentis accidentisp ad quod dicendum est,

quod hoc nomen ens dicitur secundum prius et posterius de cunctis praedica

mentisl nam per prius dicitur de substantia et per posterius de eorum ordine, ut si

diceris1 quantitatem esse primum accidensl quod recipiat ipsum corpus et per ipsam

recipiat qualitatem liiqnum praeterea investigatione videtur, quodnam acciden

tium sit prius in substantia, utrum scilicet quantitas vel qualitas Sed veritas

396 XVI. Levi Gerson.

noch erwähnt Werden, dass er ähnlich wie Gilbertus Porretanus (Absehn.

XlV‚ Anm. 491) die Kategorie des facere durch alle übrigen Kategorien

hindurchführtfl") und sehr ausführlich über quandoy ubi und situs

spricbt‘“). Bei Erklärung des Buches De interpn, woselbst er ge

legentlich die übliche arabische Eintheilung der Logik in der Termino

logie „formatfo“ und „verificatio“ (vgl. Anm. 346) vorbringt419)‚ be

zeichnet aui-b er (vgl. Anm. 260 u. 357) das privative Urtheil als eine

eigene Species “0), scliliesst sich aber, sowie er die das arabische

Verbum betreffende bemerkung (Anm. 310 u. 356) erklärheher Weise

auch für das Hebräische wiederholt‘2‘)‚ in allem Einzelnen völlig an

Averroes an.

Somit liegen nun sämmtliche lngredienzien jenes logischen Betriebes

vor uns, welcher mit dem Eintritte des 13. Jahrhundertes im Abend

lande beginnt, und der erste Ahsvhnitt des folgenden Bandes wird dar

legen müssen, wie die boethianisvlie Tradition des früheren Mittelllers

und die erwachende Leclüre sämmtlicher Schriften des Aristoteles und

die Aufnahme byzantinischer Litteratur und die Kenntniss der Leistungen

der .Araber manigfach nebeneinander treten oder sich vermischen‚ und

hiedurch eine neue Epoche, und zwar die üppigsle und extensivste,

für die mittelalterliche Logik eintritt.

huius negotii est, quod qualitas individua es! prior in ipsa subiecto ipsa quantitate

propria, sed absoluto ct simpliciter loquendo quantitas ipsa absoluta est prior

in ipso subiecto qualitate absoluta.

417) Ebend. f. 24. v. A.

418) Ebend. f. 25 f. x

419) De interpr. l. 35. v. A: Scientia vel habetur pcr conceptam simplicrm et

nmninatur apud Arabes formatio, vel per notitiam cnmplezorum ct nominatur apud

Arahes ecrificalio; simple: igitur coua-plus cst nolitia rci per dictionem umpticem

significatae, i. e. quidditatis unius rei etc.

420) Ebend. l'. 36. r. A. _

un Ebend. f. 36. v. A. l

REGISTER.

A, E, I, O 275.

Abalard 160 11‘.

Abbo v. Orleans 51.

absit-actio 209, 248.

Abunazar 301 IT.

accidentale 326, 343.

Adulbero 58.

Adam v. Petit—Pont 104, 211 f.

Adelard v. Buth 140 f.

udiacenler 130.

adiacentia 179. t

aequipollentia 197. usa

agens 386.

Alanus v. Lille 2581.

Alberich 229.

Albericns v. Casino 76.

Alcuiu lll-lt _

Alexander Aphrodisiensis ego

Alfurabi 301 tl'.

Algazeli 361 fl'.

Alkeudi 301.

amplialio 283.

Anna Comnena 263, 293.

Auonymus De gener. et specicb. 143 fl‘.

De intellectibus 205.

De interpreL 204.

lle uniL el uno 228.

Saugall. De parl. loicae 63 f.

De syllog. 64 ff.

sec. X1 591'.

Anselmus v. Canterbury 85 fl'.

Antepraedicamenta 76, 169, 273.

antiqui 229.

und modcrni 116.

appellatio 288.

Araber 297 m

Aristoteles, neue Uebersetzungen des

106 li ' ‘

Arnulph v. Laon 77.

Avempace 373.

Averroes 374 ff.

Avicenna 318 11'.

bartholomeus 230.

Bereugarius 72 m

Bernhard v. Chartres 125 f.

v. Clairvaux 111.

Beruward v. Hildesheim 51.

burgundia v. Pisa 106.

Byzantiner 261 ff.

catusgllogismus 257.

collegium Constantinopolitanum 263.

colliyere 140 lll1 219.

combinationes 358.

conceptio 205.

conceptus communis 26.

conformitas 220, 250.

cansimilitudo 179.

Constantin der Karthager 83.

contingens u. possibile 198.

copula 196, 266.

copulatives Urtheil 357, 366.

Cornificius 231 f.

credulitas 361.

Damiani 68.

David v. Hirschau 230.

Definition 134 111, 192.

demonstratio nobilissimo 313.

quia u. propter quid 317,

359, 372, 394.

Differenz s. I’orphyrius.

dignitales 316.

Dionysius Thrax 290.

dirigens 386. ‘

disjnnctive Schlüsse 369, 351.

disparatum 386.

distributio 289.

398 Register.

dicidentia. 197.

dividuum 221.

Drogo v. Troycs 107.

dualis 379.

eloquentia 235 m

peripatetica 168.

ens 307.

Eric v. Auxerre 41 1.

Esels-Bewais 210.

essenlialc 364 1.

erponibilia 289.

facultates 371.

fallaciae 371.

Farabi 301 11.

forma subslantialis 217.

formae ualivae 218.

[‘ormatio 396.

Formelbücher 71.

Franco v. Lüttich 67.

Fredegisus 17 1.

Fulbert v. Chartres 59.

Galenisehe Schlusstigur 295. 380, 389.

Garmund 123.

Gattungsbegrill‘ s. Universalien.

Gaunilo 86.

Gauslenns v. Soissons 142.

Gazali 361 m

Gerbert 53 11.

Gerson 394.

Gilbertus Porretanus 215 11.

Gisthert v. Bheims 53.

Gunzo ltalus 491.

Honorins v. Autun 97.

hrabanus Maums 19 m

Hugo v. St. Victor 111.

Huguccio 125.

177163504; 280 11‘.

hypothetische Schlüsse 310, 358. 381.

u. disjunct. Schlüsse 369,

381, 389.

Jacobus v. Venedig 99.

lbn—Badscha 373.

-Roschd 374 11.

-Sina 318 11'.

mentitus 220.

.Iepa (1') 43 1.

imaginalio 361.

fudi/ferentia 243.

bidifl‘erenz-Lebre 1381.

individualiter 129 1.

inesse 189. ä

in/ormare 129.

Intellectuaiismus 205, 3471., 365.

intellectus 182 fl‘.

b. d. Arabern 299.

conceptus 182. ‚

coniungens et dividens 208,248.

Johannes v. Gorz 49.

ltalns 293 1.

v. Snlesbury 232 11.

Johannes Scotus Erigena 20 11‘.

Serlo 230.

Joscellinus v. Soissons 142.

lrnerius 71.

Isidorus Hispelensis 10 11'.

Juden 394.

Jurisprudenz 69.

Kategorien 152, 188, 223. 307, 351, 365.

Ki'ndi 301.

[Janfrancus 70 11.

Levi Ben Gerson 394 11'.

Logik, alte u. mane 116.

maneries 124, 356.

Manerius 230.

Mapes 230.

materialiler imposita 156.

maleriatam 145. 177.

Memorial-Worte 272, 275.

modalis 157. ‘

moderne via 262.

nlodemi 82, 195, 241.

u. antiqui 116.

monstra 251.

Nicepborns Blemmides 295.

Nominalismus 122.

u. Realismus 35 11., 118.

nominaliter 30.

notio 251.

Notker Labeo 61 m

0thlo v. Regensburg 68.

Otto v.»Cau|brai 821.

v. Clugny 45.

v. Freising 105, 227.

Papias 69.

purililas 329.

Parteispaltung bctr. d. Universalien 118 11‘.

perihrrmeniuc 12.

Petrus Hispanus 264 11‘.

Lombardus 110.

v. Poitiers 213 1.

Platoniker 125.

Poppo 48.

Porphyrius, lsagoge des 7 1., 117 11., 324,

330 11‘.

possiln'le und ronlingena 198.

post hoc, ergo proth hoc 391.

Postpruedioumcnta 169, 274.

potentia u. potestas 351.

praedicaln'lia 272.

pruedicamealalis 243.

praeclicari 181 11.

in quid 147.

quasi in quid 345.

praedicatum primum 315. -

pprriavmatmisosa3523.09.

propositio absoluta 379.

proprium s. Universalien.

Psellus 264 11‘.

Pseudo-Abälard 204 11'.

Register. 399

Pseudo—Averroes 385 m .

-Boethius De Irin. 20, 108 1.

De unit. et uno 228.

-Eric 43 1'.

—H|'al»anus 37 m

ouaesiia Arabum 392.

quiddilas 325.

Raimbert v. Lille 821.

rationale 13, 55.

Realismus 1281.

u. Nominalismus 35 11' , 118.

Rechtswissenschaft 69.

Reginaldus 230.

regula de quocunque 273, 351.

Reinhard v. Würzburg 49.

Remigius v. Auxerre 41.

res de re non praedicatur 175, 252.

Rhabanus Maurus 19 11‘.

Rhetorik 292.

Robert Amiclas 230.

v. Melun 21-1.

v. Paris 77.

l‘ulleyn 213.

Roscellinus 77 11., 122 1'.

Salomonis Glossarium 47.

Sanct Gallen 461., 61 11‘.

Scotus Eriaena 20 tf

anyaofa 279 m

Sensualismus 123.

sermo 66, 17411., 236.

sermocinalis 112, 323.

Serlorius 230.

sex principia 223 11'.

significatio 279 m

diclionum 363.

signifiralum 123.

Simeou 3.

Sophixt. Elenchi am

species s. Unlversalien

xlalus 137 1.

xubslamiale 326 11'.

sumptam 184.

supposilio 280 11'.

Syllogismen, Lehre von den 158, 199 11.,

256, 2751., 310 m 357 11.,

368 11., 380 11‘.

hypothetische 203. 310. 358,

381 u. disjunct. 361, 389.

syllogismi imper/ach ma

Sylvester 11. 53 11'.

synculngoreumata 148, 191, 256, 266,

279, 289, 378.

Syrer 300.

terminarum propriemlex 279 11‘.

lematis 379.

Theilbegrifl' 135, 193.

Themislius 293, 385.

Theologw 72 11., 108.

theophrastische Schlussmodi 380.

Topik 159. 2001.

universale intelligiturv singulare sentier 29.

llniversalieny Streit über die 1181.

ante rem, in rel post rem

306, me 1.

in re 249.

Urlheil 148, 154, 182, 195, 308, 356,

— 366. 379.

verbaliler 30.

verificatio 396.

via moderne 262.

vocalis 31.

voces signalivae 60.

vocis flatus 79.

vocum imposilio 166, 181.

Walter Mapes 230.

v. Mortaigne 137 1.

Walther v. St. victor 221.

v. Speier 52.

Wilhelm v. Champeaux 128 m

v. Conches 127 l.

v. Hirschen 83.

v‚ Shyreswood 264 il

williram v. Soissons 229.

Wolfgang v. Regensburg 51.

N mzozz

Druck von C. P. Melzer in Leipzig.

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