GESCHICHTE
DER
LOGIK
IM
ABENDLANDE.
VON
Dr. OABL PRANTL‚
PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT UND MITGLIED DER AKADEMIE ZU MÜNCHEN.
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1 ”) DRITTER BAND.
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LEIPZIG,
VERLAG von s.urnzn1„
1867.
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Seit dem Erscheinen des Zweiten Bandes ist Wohl eine längere Zeit,
als mir selbst und vielleicht auch dein Publieum lieb‘ War,‘verllossen, bis
mlnmehr allerdings noch nicht der'8chluss' des'Ganzen; sondern nur die
gegenwärtige Foflsetzimg hervortreten konnte.‘ Die Entschuldigung, auf
welche ich biefür ‚Anspruch uneben möchte, wird der billig denkende
Leser darin findeh,"däss eine derartige Arbeitböi der erdrückenden Masse
des Materiales unmöglich rasch fortschreiten kann, wennlsie‘ nicht insol
cher Weise gerathen soll, dass über„‚kup oder lang‚ein‚ anderer Forscher
sich! wieder‚die ‚nemliche Aufgabe stecken müsste. Nothwendig musste
ichfid'a's‘ iZii21“ini ‚Auge haben, die ganze Untersuchung, deren Schwierig
keit hauptsächlich in der fast unglaublichen Menge ihrer Gegenstände liegt,
möglichst zu einem wissenschaftlichen Abschlusse zu bringen, soweit
wenigstens unsere gegenwärtig erreichbare Kenntniss dieses ganzen bitte
raturzweiges diess verstattet.
Ohne den Vorwurf der Unbescheidenheit befürchten zu müssen, darf
ich wohl sagen, dass ich eine Entdeckungsreise in bisher fast unbekannte
Gegenden der Lilteratur unternommen habe; und dass keine dergleichen
Bedenken, wie sie bei manchen Reise-Berichten betreffs der Wahrheit des
Erzählten auftauchen können, etwa auch hier Platz greifen möchten, dafür
glaube ich mit ängstlicher Gewissenbaftigkeit durch den sicher nirgends
fehlenden Quellen-Nachweis gesorgt zu haben.
Aber sowie ich Grund zu der Meinung habe, dass mir aus dem
Umkreise des gedruckten Materiales wohl nichts Wesentliches entgangen
sein dürfte, ebensosebr kann durch dasjenige, was gegenwärtig noch in
Handschriften verborgen liegt, nicht nur manche wünschenswerthe Berei
IV ' Vorwort.
chemng oder Ergänzung meiner Forschung sich ergeben, sondern mög
licher Weise auch das eine oder andere Ergebniss derselben umge_stossen
werden. Dass ich die gelehrten Genossen meiner Studien hiemit nur
bitten kann, nach diesen beiden Seiten sich zu bethätigen, versteht sich
von selbst. Herr S. Barach hat aus Wiener Handschriften einc’ ergän
zende Bestätigung zu meinem zweiten Bande veröffentlicht; die Bibliotheken
Frankreichs und Englands würden ohne Zweifel noch viele Veranlassung zu
Demjenigen darbieten, was] (ih‘I;ftcfieds) 'der geschichtlichen Wahrheit
als wünschenswerth und erforderlich erscheint. Blosse Behauptungen aber,
wie sie z. B. ein französischer Gelehrter gegen einen principiellen Punkt
meinenllntersudm%gen g}:kehntnhätn(fl„8. 18)„„dienert'anicha. dazu, die
.Wissenschaftin.solch«5chwieflgenthagßm‚zuiJöi=dern.5..‚„ „u ..‚ ‚tg‚
«I i-Dass - ich“ mit t der. Fortsetzung ‚und‚tschliesslichen ‚Erledigung‚des‚ .Ge
sammt—Umlfleißem ‚meines Themas! unablässig, beschäftigt ‚bin, bei! arf‚ keiner
Weiteimh Bethbüeruäg.h clßh ‚habe„n:iußinmal diese‚ ‚Lebensaufgabe gestellt
undt'katim-üm‘. ‚hoffen; dass-‚mich die.Kraft„zurdlollganduag ‚dem.Gameh
biehhver‘lassen möge; ‚H„‚.‚l ‚|'‚:iwnl'„:mz ‚!„i.-i ‚tut-„komm »»»b.mu|l ‚.:.
""» ahnte-n, ‚a. <m@aia ‘1866!"'“‘ .Hw ' H ‘
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XVII. Abschnitt» Erstes Auftreten des byzantini» 1
sehen, aristotelischen Stoff_e‘s i'm‘ lateinisch'eri uAnbd'e'nadlra‘_anbdies.ohen"' ' [‚——|44
Wiedererilnacheu des 1A_lterlhiimtqu in Bezug mit“ Philosophie 1_.i f
Uebersetzuhfien aristotelischer und arabischer Schriften 3. Alle '
und neue „Lpgik 4‘. ‚AntolJi‚ Johdnnes quingstoltes, Heinrich y‚oP ‚" [ -„-‚
Brabant 5. David von Dina'ut nn'd Amai‚ric von en, Baiduin G.
Das lBuch De -causis 8. Die Macht! de‘s“nehen'ä?ofl‘ä .9. ‘ PH
Die byuminisüid bdgik-‘dut‘ Psellu; ‘lihr"illtesterJaloi'niseltta‘r' |‘ "
BearbeiterWilholm 'SlryresWood 10." Die“luleinischen lltleinoritll- ‘ » " '
Verse 13:H'Dih Lehre von' profin'etatee terminorum 17.‘ Die syn-“‘" '
aalegorett0üata 19. Lambertr'von Auxerre als zweiter Vertreter“ ““
dieser Logik 25. Petrus Hispanus ’nur‘ Ueber‘utzer34‘. Druek- "
ausgaben seiner Summrllae 35. Inhalt derselbeu‘ 41‘. ‘Propn‘elatts
terminorum: tup}iosilio 51, ampliutio, r!stricdo 56‘, dppr11atio‘ö'l;" “"
restrictt'o 58, distributio 60. Exportibt'lia 67. Lüdlreh in der Ge-Hl' “"'
schichte der Logik-74. mi wn .‚' r ‘ .- ' i ‚ „‚|
Die aristotelisbh-arabisohel Logik? 74. Alexandewüibsiual :Wil- ‚ "-‘-‘- \'
heim von A'ur6rgmr l75.‘»Vinbenz v. Beauwa'ie 77; die-"Utlivüth-wm.‘
lien 79y die Kategorien und deren Ergänztmi;qus?iGilbeltiis""u"l
Porretanus 81,‘ beim Urtheile spätere lnt‘erpolalimiar82,‘ S'yläflmhl
logistik 84. »"B0but Capito-von ’Liueoln‘85. " ' t ‘i -"|‘
Albertu‘sl Magntts, umfassehder Stotf- Libierant und unverstün- \
diger Gompilaton‘89; Stellung der Logik 91'; widerspruchevolle '
Aeusserungen über die Universalien 93; die Einheit der3Wcsens- ‚
form und du‘s hincip ‘der ludividtratiou 97; die ‘lsagogte 100;‘ "
die Kategorien lind Gilbertus Porretnnus 102; dumllrtheii 103";
die Analytiken 105; die'l‘opilt und Sophisth 107. ‚Thomas| vorn '
Aquino‚ abhängig' vori'Albert 107; gleichfalls Widersprüche in \
Auffassung der Universälien 109; Prinbip der lndivlduation=liäy
De ernte et-ds‘untt'u, Kategorien, Urthdil ‘116;‘ zweite 1nbl_vtilt‚
Sophisiik118. Pseudw'l‘homas 118. Bonuentura 119. Roger
Baco 120'; seine angebliüheWerthächä!zunfi der Erfahrung 123; ri'.
Mystik in d'er’Uniflfsniiinlrade ‘125.'“ “l -| " » U l '
liebersicht des Inhaltes.
Allmälige Erweiterungen der byzantinischen Logik durch den
fortgesetzten Schulbetrieb (die Autoren nicht näher bekannt) 129;
zunächst beim hypothetischen und modalen Urtheile 130; so
dann bei den propriclales lerminorum 132; hauptsächlich aber
Entstehung der Lehre von den Consequentiae 137; leise Spuren
der späteren Obligatoria 143.
XVIII. Abschnitt. Raimundus Lullus. . . . .
XIX.
Isolirte Stellung desselben 145. Seine zahlreichen Schriiten 146.
Geringschätzung’der gewöhnlichen Logik 149; dennoch Bearbei
tungen derselben auf byzantinischer Grundlage 150. Seine Ar:
magna 155; ob dieselbe an! kabbalistischer Quelle beruhe l55.
Das Alphuhelum 157; die Figuren 158; die principia und regulae
162; die7'ubela gmeralis 163; die weitere'n Manipuldtiondri466;
die appliqa;io 169; die ‚Technik der Anwendung der: =grossen
Kunst 171; die Eneyclopädie der: Wissenschaften 172. Die
Nova loyica als Mittelding zwischen der gewöhnlichen Logik
und ded Ars magna 175. Ein catalonisches Compendium 176.
. l ' "
Absohnitt. Allmäli'gb‘ Fbrmulirun
dener Partei-Ansichten ‚ . \.‚
Wirkung ‚der gesammten neuen Stoß- Zufuhr' 178.‘ 'Schnl‘
Unterricht; Heinrich von Andly -180.' Die bunte 'Parttzispaituug‚ ‚'
welche weder ‚durch „Nominelismus und Realismus" nochwiureh
„Themismue und Scotismus“ ausgedrückt werden kann 181-.
Die arabisehe Drei-Stellung 1der Universaliien um rem; In rfl',
post rem bei sämmllichen'Autol‘en' 182. Kein ‘Plnlonislnnß‚ nur-' ' . .
die Au.ctorit'al aristotelisoh-arabiscber Stellen und des byzan- '
tinischen terminur 183» i
Der erste Auslass der Streitigkeiten im princi)fum individue« -
lioni:‚ Stephan Tempier 1M, und gleibhzteitig in dermites
forme. Robert.Küvvai-dby 185. Johannes Peßeaui188. Wilhelm
g viirschiie- " ‘ .
. 17,8r-420
Lamarre 1189. Heinrich Gülhelß von Gedt. ‚ein Muster der Un-.
klarheit 190. 1 Verlheidiger des Thomas: Aegidlus von Lessines
195, Bernhard von Trilia„ Gottfried von Fontaincs‘196;.’dns"
Defenson'um frahi: Thema: des Johannes Parisiensis 200."Th0+
uns Docking, Olivier Brite, Jucohus de Bavanis, Konredwon
Halberslfldt 201. ‘ ' 1 .
Duns Seotus; seine Schriften 202. Stellung und .Auflgabe
‘ '||'|4 „i
der.
Seite
145—177
.‚y|
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Logik 203. Conceptualismus 206. Die Universalien in den hingen =
und formell im Denker! 207; intcnlio prima und seeußda 208;
die spcaica inleüigibiüt'2lfl; mudus signifiddndi 215.— Das Princip-Ä
der individuatiuu‚ huecceitus‚ eniilusi positive 217.
Identität und Nicht-identitü 220.‘ Pluralikls formamm 221;‘51|«
1ensio :l remissiwformae 223.. Isagoge 223; Kategorien,„flrtheil
224; Aufnahme byzhntiniscbem8tofl'es225; 'Kritik den.gewöhrt
liehen Lehre über die Umkehrunger Urtheile 228; Syllogie- . ‚'
Fomntilatec,
Uebersieht des inhaltes. vh
mus mit: Beiziehung .byzantinisoher Tradition 230; zweite Ane
lytilt, Sephistik 232. t "i ‘1 ‘ “ ‘ ‘ ' ‘
Steigerung ;ider Partei-Unterdehiede 232‚ Dominikaner und
Franziskanuflöß; Zunächst Gradeh‘stufungen eines Ueberge»‘
wicbtes der scotistischüx Lebre.- Siger von Brabantim Anfange
seines Auftretens Scotist 234; Richard von Middlet0n gegen‘ ei“ 1 '
nige Annihnien des 'Scotus und jedenfalls gegen Uebenrdihungen
des Scotißmns polemisir0nd 235; Petrus von Auvergne mit.sco- ‘ ‚I
tistischen ‚Ergänzungen zum Thomismus 238; ‘Alexanddl‘ von "' “"|
Alessandriu in engeren: Anschlusse‘un Scotus 240, sowie in "
gleicher Denkweise wahrscheinlich auch Gerhard von Bol‘ognai ti
und Bedul;»h-Britol4l. Dann hingegen mshigfifltigw lieberJ -'
wiegen .«s‘ Themism'usn Petrus von Abano 243;’ mehrere uhs-’ '-"
unbekamlte-Autobeu, deren Sehriften3päter fürlrzeug‘nisse des ‘ ‘ ‘
Thomas=sefbst.gehalten'Wurdsn2fl; ein soldlie‘r Pseudo-Tbolnß‘ u' “
auch der Yenfusür»einer Summa Iotius iogicae‚ ‘nicht- unwichtig “"- ‘ im
betreffs der Syllogistilt 250; Ae’gidius‘liomanns mme scoti-il
stische Element'e»beinischtmd ‚257,! besonders in; der rpeciei-in» l“ » "'
Ielligt'bilis »260‚ im Princip der lndividuatiou 262,"‘ünd linder ""“ '
um'tus [Mac 263. i.i . „.; ‚ w' ‚ ‚ ‚ u--i
Fortsetzungen dieser Richtungen iniuberlfiatigeh Vari‘etibnen: ““"
Herveus Naulis‚nwischou Thomiisi ‘und Status stehend in’der“""
Frage über inleulioäö4,sowie über diei Universellen 267, bind: -""
gegen etvtas uihqr dem ‘Tltomismus‘lmi Princip' der ludividuatiou
und in der. uni'fas forma: 269‚ 10biflt!llinneignngv zu Halb-Scotiäteu 273. Johßaßnnveas JvaonnduNneaipnelein2i'gi'e4r:v ‘ ‘ ‘l
Augustiune.Triumphus von Ancona, betreffsyder 1'ntenlio'Anhinger ' - "
mduess,Tjheodmoih!hmumistfi2e7i4n.igeAnnttoh'onimui'sstiAsnedhreenasMoVdoirfkicäemtfi1ofnüende2s78S„cotis- "lt
Hierauf 'mehlere Autoren,‘ deren jeder einzelne- für sich gleichi‘ '
sam eineiParteirepräsentirt: =Fl'anciscus Mayron, wohl s'eotistisch, ' '
aber mimeu'har nur dunlt'dib allgemeine Zeitströmung gehemmten? - l'
Richtung;unt Platinlunus’283-t zugleiob der-erste mittehlter-i
liebe Vert'rtttet‘ des l’n'hcip‘s ider‘ldentitiitltundI-des Wider‘spruche‘s l‘ ‘l
287, und -Behrbeißer‚ der/omfuh'toleh288. Durand VOI'I Ponrgnin, “i'
polemisch gegen Scotus und gegen-libotms-lseine kügeue'thWege ‘ 1
gehend in Auffassung des ens rationis und des abstrahirenden
Denkens 292, sowie dem Scotus sich nähernd im Princip der
ludividuation 295. Walter Burleigh, der Vertreter einer ganz
eigenthümlichen Gleichberechtigung des aristotelischen Conceptua
lismus und des realistischen Platonisruus 297. Armaml von
Beauvoir, einen ähnlichen Dualismus, besonders betrefl‘s der in
tentt‘o, auf thomistischer Grundlage durchführend 306. Petrus
Paludenus, in den Universellen Halblhomist, im Princip der lu
dividuation Scotist, in der um'tas forma: Thomist 311. Johannes
Gratiadei von Ascoli, ein bis zur realistischen Uebertreibung des
Scotismus fortschreitender Halbthomist 313.
thorp, halbthomistischer 0bjectivistnus 318.
li‘i‚‘ lt
11.i»|.l«‚.
‚will
Johannes Bacon
Petrus Aureolus,
Ylll Uebersicht des Inhaltes.
durch Polemik gegen Thema: und gegen mittelnden Standpunkt geführt 319; seine BSectootnuusngaudfeerinveonn; ve:err---u .‚l- '
pressiva conceplus 319, sein Conwptualismus und doch Bekäm- - ’
pfung der, speries intelligibilis‘ 320‚ Scotistisehes Princip‘ der ‘-1
Individuation„und thomistische .um'tar/‘ormoe 326. i ‘‚ ‘
Wilhelm Oceam„bishen durch theologisireude Geschichtsehrei# v .
biing entstellt 321;sßineSchriften 829, Die Logik eine prak- I
tische Disciplin 330i; dabei aristoteliscber Empirismus u332. -’
Letzter Grund der actaainteltigendi 335; psychisnhe Gebilde r»! Ii
(ficlum, idolimt, simulocrwn) den Objeeten schlechthin adäquaten“ -ZI
336. Eben biedurcb aber ein Schwanken zwischen.Subjectivismhs ut-‚-- ‚
und Objectivimms 837. Der actos in'tetligeudi ein; inneres Urthsil.d I...‚|
339; Verhältniss des Wßl'tausdruCkeszum.inrtel‘eniVongnnge 340. |i'|'.' N
Imposilio_primmuuduecuuda‚ sowie inlanlio prima ‚und :ccuntlo d. u
341. Die Unü::rsalien 348; nicht .‚;Ncminalist“‚sondem „'Ter— m-- ‘t
minist“ 34.4a .Abstrahirende Tbütigkeit 346, ausgedrückt im4em dm.
minus 347; hielait Uebergesvicht des Urtheiles 349. hritik-zder -.u-'.
Ansichten Anderer über idie Univet‘saiien 349, —be‘snndersii.des li‘.te
Scotus 354.mh der eigenen Auflassung betretfmden objeflivem ‚l\'\\\
Geltung der UuiVersalien abermals ein Schwanken 3&8. Das
Princip der„ludividuation 3&9.- Die imitos formae 361.". -:=\i-t i. t
0ccanp's.(lompendium der Logikßöl.»Die Lehre vom terminus
362. Die; Universalien 365i. 'D<'etiuition und Beschreibung 366;
anderweitige Zusätze i368. Die.l(ategoriem 369; ursprüngliche ii'‚ -:
Dreizahl denselben 3.72. Die Lehre vonder mppositio 373. -si b.m
Das Urth€fl hilf byzantinischet Grundlage 379; Eintheilungen ‚i'utni'l
desselben 380, die Negation 381; die Wahrheitder Urtheile 382; '-II' "'
das modulo Urtheil 385; die exponihlen Urtbeüa 386; die Um-d'l
kehrung der Uflheile 392,v besonders der {modal'en 394; ‚des »'
hypothetische Urtheil 396. Die Argumentation 897; der kl‘- -‘ -l
tegorische Syilogismns‘ 397.; die modalc'n.v Schlüsse 4013 die '
exponihlen, Schlüsse 408. Die zweite Analytik 409;".die Beil-m i--ti
nition 410.. Die Lehne.von-Cortsequentiae 411, wobeiwlie Aequi-‚ ‚M:
P0Henl und. Eptgegensetzung.dar Untheile 415, Die Topik 418, 1 -i' i
die loduction 418.. 0bügoti)rio und Insolubiliw (spätere. luter- = .'.‚‘.
polationen)ldlä. t Die Sophisük 420. . . t t t
' ‘i‘tl"'\tli .i .. ‚ritt l-iiii‚_'w- ‘ ‚i
-‚i‚ .|iqfißljtitil'iiitttiti*iiii ‚ ' -‘ ..|‘äi
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XVII. ABSCHNITT.
ERSTES AUFTBE'I‘EN DES BYZANTINISL‘IIEN, ABISTOTELISCHEN UND
ABABISCIIEN STOFFES IM LATEINISCHEN ABENDLANDE.
Hatten die beiden vorhergehenden Abschnitte die Aufgabe, zWei
Gruppen der Litteratur zu schildern, welche vom l3. Jahrhunderte an
den Verlauf der Logik dauernd beeinflussten, — nemlich das byzanti
nische Gompendium des Psellus und die das Organon betreffenden Lei
stungen der Araber ——‚ so kann nun der geschichtliche Faden wieder
da anknüpfen, wo wir ihn am Schlussc des XIV. Abschnittes verliessen,
d. h. an der Gräuzscheide des 12. und des 13. Jahrhunderts. Nur muss
selbstverständlicher Weise die allbekannte Thatsache hinzugenommen wer
den, dass gleichzeitig mit den byzantinischen und arabischen Erzeugnissen
auch die sämmtlichen uns zugänglichen Schriften des Aristoteles und ein
grosser Theil der Commentaloren desselben dem Mittelalter kund wurden,
so dass hiemit für die Logik all dasjenige, was ich im IV. und im L\.
Abschnitte ausführlich darzustellen versuchte, numnehr einen belangreiehen
Theil der dreifachen neuen Stoff-Zufuhr ausmachte.
Aber eben bezüglich dieses letzteren Quellenkreises drängt sich eine
Bemerkung auf, welche nicht bei Seite gelassen werden kann, selbst auf
die Gefahr hin, dass es fast als lächerlich erscheinen mag, Dinge beson
ders hervorzuheben, welche ohnediess Jedermann weiss. Sowie jedoeh
häufig gerade die bekanntesten Thatsachen nicht in ihrer ganzen Trag
weite erfasst werden, so kann auch wohl nicht oft genug hervorgehoben
werden, dass das sogenannte Wiedererwachen des Alterthums für Philo
sophie, Mathematik und Naturwissenschaften grösstentheils bereits im 13.
Jahrhunderte eben durch das Bekanntwerden des Aristoteles und der ara
bischen Litteratur stattfand. Und wenn auch die Geschichte der Logik
am betreffenden Orte es wahrlich nicht unterschätzen wird, dass von der
Zeit der eigentlichen Renaissance an ein frischerer naturalistischer Hauch
weht und allmälig gar viel scholastischer Plunder über Bord fällt, so ist
doch andrerseits zu bedenken, dass, — um hier von Mathematik, Chemie
und Medicin völlig abzusehen —-, schon seit dem letzten Drittel des 13.
Jahrhunderts die ganze damalige gebildete Welt durcharistotelische Denk
weise geschult vvurde und hiedurch hundeflfältige Keime wirklicher Phi
losophie einsog. .
Welch ein Unterschied gegen die früheren Jahrhunderte liegt schon
darin, dass es nunmehr nicht bloss ausschliesslich Logik gab, sondern
daneben mit gleichem Anspruehe auf Beachtung jetzt auch Metaphysik,
Physik, Ethik und Politik hintraten! Allerdings war all dieses eben nur
Fasan, Geseh. III. l
2 . XVll. Die Zufuhr neuen Sioli‘es.
Aristotelismus, und zwar ein bioss äußerlich aufgedrungener Aristotelis
nms, weicher daher auch nicht in seiner Tiefe verstanden, ja häufigst
missverstanden und corrumpirt wurde; aber die unwillkürliche Erweite
rung des speculativen Gesichtskreises, weiche aus der Beschäftigung mit
den aristotelischen Schriften floss, ist für die Geschichte der „Philosophie“
jedenfalls von höherem Werthc, als all jener augustiniscb-christiiche Pla
tonismus, weicher vorher cursirt hatte. Und sicher wäre beim Wieder
erwachen des Alterthumes in der wuchtigen Masse des durch Neuheit
reizenden Stoffes der spcculative Sinn ertrunken oder hätte einer boden
losen platonischen Mystik den Platz geräumt, wenn nicht mit so grosser
Zähigkeit zwei Jahrhumierte hindurch die Discipliniruug des Denkens sich
durch aristotelische Lectüre fostgewurzeit hätte.
So müssen wir es allerdings als einen Fortschritt begrüssen, dass aristo
telischer und nristoleiisch-arabischer Stoff zugeführt wurde; aber es ist da
mit nach beileibe nicht gesagt, dass es in dieser zweiten Hälfte des Mittelalters
etwa irgend einen „Philosophen“ gegeben habe. Denn eine gänzliche Abhän
gigkeit von der äusseriidien Stoff-Zufuhr ist und bleibt noch auf Jahrhun
derte hin der eigentliche Grundton, und zwischen den zahlreichen Autoren,
weiche ja stimmtiich ohne Ausnahme nur von fremdem Fette zehren, ist
einzig darin ein Unterschied bemerkbar, dass die Einen schwachköpfig,
wie z. B. Albertus Magnus und Thomas von Aquin, in gedankenloser
Auetoritäts-Sucht die verschiedenartigsten Stücke des fremden Gutes zu
sammeurafi'en, hingegen Andere, wie z. B. Duns Scotus, 0ccam und Mar
silius, wenigstens scharfsinniger den dargebotenen Stoff beim Worte zu
nehmen und folgerichtig ausznbeuten verstehen. Dass aber, abgesehen
von solchen Gradabstufungen, Alle nur am Ghngeibande des zugeführten
Materiales wandelten, erhellt schlagend schon aus dem Umstande, dass
es in dieser zweiten Hälfte des Mittelalters keinen einzigen reinen Plato
niker gibt (das Zeugniss eines Zeitgenossen hiefiir s. unten Anm. 571),
während uns noch im 12. Jahrh. mancher entschiedene Piatonismus be
gegnet war. So mächtig, ja erdrückend, wirkte jetzt die Auctorittit des
mit Einem Schlage crüfi‘netcn aristotelischen Stoffes, dass es erst der
Auctorität einer abermaiigen Stoff-Zufuhr bedurfte. um zur Zeit der
Renaissance durch die florentiuische Akademie den Piatonismus neu an
zufachen.
insofern aber neben dem aristotelischen und arabischen Quellenkreise
auch der byzantinische Stoff in seinen Wirkungen zu verfolgen ist, so
wird man wohl glauben, derselbe gehöre blass der Littcratur der Schul
Bücher an umi habe mit dem arabischen Aristotelismus und den aus ihm
erwachsenden Controversen Nichts zu schaffen; ja durch dasjenige, was
vorläufig im gegenwärtigen Abschnitte vorgeführt werden wird, könnte
diese Annahme sogar eine Bestärkung zu finden scheinen. Aber das
später Folgende wird zeigen, dass, — was bisher Niemand wusste oder
auch nur ahnte —, jener byzantinische Unsinn sich tief in die logische
Parteispallung und somit in die sogenannte Philosophie jener Zeit ver
zweigte, und dass (seit Occam und seinen Anhängern) die Kenntniss
des byzantinischen Materiales der einzige Schlüssel sei, durch welchen
die oft beklagte i'nverständlicbkeit mancher Schriften und einzelner Stellen
allein gelöst werden kann.
XVH. Die Uebersetzungen. 3
Doch ich will nicht weiter vergreifen, sondern in Fortsetzung mei
nes bisherigen Verfahrens sofort beginnen, Alles Einzelne dadurch ge
schichtlich darzustellen. dass ich es auf die Quellen zurückführe, aus
welchen es stammt.
Was nun hiemit zunächst jene üusserliche Seite der Vermittlung
betrifft, welche in blasser Uebertraguug des dreifachen neuen Materiales
besteht, so wird bei dem Compeudium des Psellus sich uns diese Frage
unmittelbar mit der Darstellung des Inhaltes verbinden müssen. Hingegen
bezüglich der arabischen Litteratur und der aristotelischen Werke wird es
hier genügen, nur wenige unerlässliche Bemerkungen vorauszuschicken;
denn sowie die. Thütigkcit, welche im 13. Jahrhunderte sich um das
arabisch-lateinische oder griechisch-lateinische Organen des Aristoteles
drehte, überwiegend nur eine commeutirende war, so besteht auch unsere
Aufgabe hauptsächlich darin, auf Grundlage der notorischen Thatsache,
dass die aristotelischen und die arabischen Schriften' manigfach übersetzt
wurden, den inhaltlichen Folgen und Ergebnissen dieses erweiterten Ge
sichtskrciscs nachzuspürcn; auch erscheint es ausserdem als unthunlich,
die Untersuchungen, welche Jourdain in seinem bekannten Werke über
die einzelnen Uebersetzer angestellt hat ‘), hier etwa aus2uschreiben. Somit
mag nur in Kürze daran erinnert werden, dass die betreffenden Leistungen
der Araber für das Ende des 12. oder den Anfang des 13. Jahrhunderts
den Lateinern bereits durch Gundisalvi und seinen Gebülfen Johannes
Aveudcath (s. vorig. Abschn. Anm. 66) übermittelt waren, welche in
der Mitte des 12. Jahrh. Uebersetzungen angefertigt hatten?)‚ sowie dass
der Gesannnt-Complcx der Werke des Aristoteles ongcl‘ähr seit 1220—1225
in lateinischer Uebertragung zugänglich war 3), wobei, wie Jedermann weiss,
sich Friedrich ll. durch einflussreichste Förderung der aristotelischen
Litteratur die grössteu Verdienste erwarb 4).
Allerdings jedoch bleibt gerade, was das Organen betrifft, noch manche
Frage übrig; denn die Annahme, dass man ohnediess für diesen Theil
der aristotelischen Philosophie die Uebcrtragung des Boethius besessen
habe, und somit einerseits die Anfertigung neuer Uebersetzungen über
flüssig gewescn sei und andrerseits die litterarische Untersuchung über
diesen Punkt kürzer hiuwoggehen könne, mussten wir schon längst oben,
Ahschn. XIV, Anm. 2—34, auf eine sehr wesentliche Beschränkung zurück
führen, indem die bocthianische Uebcrsetznng der Hauptschriften des Or
ganons, d. h. der beiden Analytiken und der Topik nebst Soph. El., vor
dem 12. Jahrhunderte gänzlich unbekannt gewesen war, hingegen seit
dem ersten Drittel jenes Jahrhunderts diese Bücher theils in dem Gewande
des Boethius und theils in numigl'achen neuen Uebersetzungen zugänglich
wurden. Die nemliche Sachlage, welche zur Zeit des Johannes v. Salesbury
l) Am. Jourdain, Recltcrchcs critiques sur I’tiye et f’oriyinc des trudurlt'ons latines
d'Aristote. 2. Aufl. (v. Charles Jourdain). Paris 1843.
2) Ebend. p. 107 tt‘. Wenn aber Jourdain meinte, Gundisalvi habe ein selbst
ständiges Werk über Logik verfasst, so scheint diess aus den van ihm angeführten
Worten (p. 113 u. p. 451) nicht mit Sicherheit geschlossen werden zu können.
Uebrigens vgl. auch die oben (Abscbu. XVI, Anm. 2) angeführten Arbeiten Munck’s.
3% Jourdain, p. 212.
4 Näheres aber den oft gedruckten Brief Friedrich's ll. s. ebeud. p.152 ff.
11
4 XVll. Die Uebersetzungen.
bestand, kehrt auch im 13. Jahrh. wieder, d. h. wir treffen neben Be
nützung des gesammten boethianischen Textes auch die Herstellung neuer
Uebertragungen des Organons‚ nur kömmt bezüglich der letzteren der
neue Umstand hinzu, dass nun sowohl aus dem Griechischen als auch aus
dem Arabischen übersetzt wurde. Dass noch zu Anfang des 13. Jahrh.
in der nemlichen Weise wie in der zweiten Hälfte des 12. zwei Theile
des aristotelischen Organons unterschieden wurden, erhellt augenfällig aus
den Statuten der Pariser Universität v. J. 1215, welche der päpstliche
Legat Robert v. Conrqon in Erneuerung früherer Bestimmungen (v. J. 1209)
erliess; denn wenn daselbst ausdrücklich von einer „alten“ und einer
„neuen“ Logik des Aristoteles die Rede ist 5), so erscheint es für jenen
Zeitpunkt schlechterdings als unmöglich, an etwas Anderes zu denken, als
einerseits an die von Alters her ununterbrochen cursirenden Bücher und
andrerseits an jene 0ngefähr seit Abälard allmälig bekannt gewordenen
übrigen Theile des ‘Organons, mochten dieselben nun aus Handschriften
der Werke des Boethius hervorgezogen oder durch neue L'ebersetzungen
dargeboten worden sein, -— kurz die beiden Analytikcn nebst Topik und
Soph. EI. waren eben damals im Vergleiche mit der älteren Tradition
noch das neue Material, und die Ausscheidung ist die nemliche, welche
wir bereits oben, Abschn. XIV, Anm. 26 u. 56, trafen (vgl. unten Anm.
103 u. Absolut. XIX, Anm. 93 ff.). Sonach wird neben dem allgemeine'n
Einflusse, welchen die arabisch-lateinisclmn Uebersetzungen auf den Gesammt
Complcx der aristotelischen Logik ausübten, noch ein besonderes Augen
merk auf die letztgenannten Bücher des Organons zu richten sein.
in dieser Beziehung nun ist zu erwähnen, dass wir allerdings um
das Jahr 1232 eine neue Uebersetzung des Organons treffen, welche ein
gewisser Antoli anfertigte und an Friedrich ll. übersandte“). Doch fand
hinwiederum auch die boethianische Uebersetzung ihre Verwendung, denn
wie wir schon oben (Abschn. XIV, Anm. 23 f.) sahen, dass dieselbe we
nigstens in Frankreich (nicht aber in Italien) ans Licht gezogen wurde,
so ist sie auch in der That von Albertus Magnus bei seiner Bearbeitung
des ganzen Organons zu Grunde gelegt, wie der aufmerksame Leser dieser
Paraphrasen (— denn nur commentirende Parapbrasen sind es, was Al
bertus lieferte —) bei jedem Schritte erkennen muss, ohne hiezu
eines späteren ausdrücklichen Zeugnisses zu bedürfen 7). Aber zugleich
spricht der nemliche Albertus in der zweiten Analytik nicht b10ss wieder
holt von einer (auf Alfarabi beruhenden) „Arabica translatio“ 8), sondern
er vergleicht auch ausdrücklich die boothianische Uebcrsctznng mit einer
ö) Buiaeus‚ ”ist. nm'r. Paris. lll, p. 82: Et quod lt'ganf (ihres Aristotelis de
dialectica [um vetcri quam nuvu in scholis ordinarir et mm ad cursmn; Icganlcliam
in scholis orrh'nun'e dues I’risrianos vel ullerwn ad minus. Nun Ivganl in festivis
diebns m‘si philosophos et rhetoricas et qnadrt'ualia et barbarismum et elliiram, si
placct‚ et quartum topicorum. Nun Irganlur Iibri Aristotelis de metapltysica et natura/i
philosophia nur summa de eisdcm a'ut da doctrina magislri David de Dinant uut Af
marici Itacretici an! Mauritii Hispam' (s. Anm. 17).
6) Jourdain, p. 164 f.
7) S. dasselbe am Schlusse der Anm. 14.
B) Anal. posl. l, l, 3, p. 519 b (Opp. cd. Jammy, Lugd. 1651, VOLL). Ebend.
2, 13, p. 543 a. Ebend. 5, 8, p. 603 a. Ebend. ll, 2, 3, p. 62011 u. 5, 624 b u.
7, p. 627 b.
XVII. Die Uebersetzungen. 5
griechisch-lateinischen, Welche „Johannes“ angefertigt habe °); und wir
fürchten nicht zu irren, wenn wir in Letzterem den Johannes Ba
singestokes erblicken, welcher ein Zeitgenosse und Freund des Robert
Capito (s. über diesen letzteren unten Anm. 334 ff.) war und um d. J.
1240 blühte 10). Einen weiteren Beleg dafür, dass betreffs der Analytiken
die boethianische Uebersetzung in Umlauf kam H), bietet neben dem so
eben genannten Robert Capito selbst (s. hierüber Anm. 338 f.), ja auch
der Commentar des Thomas v. Aquin dar, denn auch dieser fusst auf
keiner anderen Uebertragung 12); aber daneben wiederholt sich der neur
liche Umstand wie bei Albertus, indem auch Thomas gelegentlich auf eine
anderweitige griechisch-lateinische Uebersetzung hinweist“), wobei wir
jedoch keinenfalls an jene Uebersetzung der aristotelischen Werke denken
dürfen, welche allerdings auf den Wunsch des Thomas, aber erst in den
letzten Lebensjahren desselben, uemlich i. J. 1271, von lleiurich von
Brabant angefertigt wurde“). Hingegen ist wohl anzunehmen, dass
seit der Anregung, welche Friedrich II. gegeben hatte, fortwährend an
verschiedenen‘ Orten durch Manche, von welchen wir nicht einmal die
Namen kennen, neue Uebertragungen zu Tage gefördert werden konnten“).
Auch erstreckte sich, wie wir bestimmt wissen, dieses Bestreben in Bälde
sogar auf einige Commentatorcn des Organons, denh schon i. J. 1266
finden wir griechisch-lateinische Uebersetzungen des Simplicius ad Ar.
Categ. und des Ammonius ad libr. de interpr. neben einer jedenfalls
noch früher in Umlauf gekommenen arabisch-lateinischen des Themistius
ad Anal.post. m). Jedenfalls jedoch werden wir unten, soweit es nöthig
9) Ebend. I, 4, 9, p. 519 b: Unde quidam libri haben! sie: (es handelt sich
um die Stelle b. Arisl. An. posl. l, 19, p. 82 a 10; bei Boelh. Opp. p. 535) .... .. Et
haec Iiltera melior est, et est lranslutio Joanm's a Graeco [acta sicut Iranslalt'o Boelit‘.
Ebend. II, 2, 5, p. 624 b; Arabien lranslatt'o non habe! „monlis“ (s. Arisf. An. posl.
II, 7, p. 92 b 22; Boeih. p. 548), srd dicit . . . . .. Hains enim es! exposilio commcnti
Arabici‚ et in kann magis conscntit Boelii lrauslaiio N etium fra1islatr'0 Joonnis.
10) Nähere Nachweise über denselben und insbesondere über seinen Aufenthalt
in Griechenland s. b. Jourdoin p. 62 f.
11) Auch Jourdain berichtet (p 166), er selbst habe in den Handschriften der
Pariser Bibliothek nur die Uebersetzung des Boetbius gefunden.
12) Einzelne Abweichungen in dem beigedruckten Texte der „rein: trunslalt'o“
können nur als handschriftliche Varianten bezeichnet werden. .
13] Anal. post. I, lectio 6, ä c (f. 20 v. ed. Rom): Lillera sie exponilur (d. h.
Arist. An. post. I, 2, p. 72 a 32; Boeih. p. 523)..... In graeco plum'us habetur sie
etc. Uebrigens hat Thomas v. Aqu, auch bei dem Buche De iulerpr. andere Texte
neben dein boethianischen benützt, s. dortselbst l, lectio‘ 13, ä c (f. 11 r.), u.
II, lect. 2, ä d (f. 16 r.).
14) Auenh'n. Amt. Bator. VII, 9 (Lips.l710, p. 673): Anno Christi 1271 Ihren
ricus Brabanlinus dominiranus rogalu D. Thomae e graue in Ioh'nom linguam de
verbo ad verbum (raus/er! omncs [ihres Aristotelis. Usus es! Alberlus veteri trans
Iutione, quani Roclhianont vocanl. Die Commentare des Thomas hingegen fallen
schon ongefzihr um d. J. 1262 (s. Jou1'dflin, P- 395).
15) Dass aber auch der bekannte Murbeka (um 1270) ausser den übrigen
Werken des Aristoteles das Organen übersetzt habe, scheint J. G. Schneider (Arist.
bist. an. Vol. l, p. CXLII. u. Arist. Polit. Vol. l, p. XXV f.) irrtbümlich angenommen
zu haben. Eine anderweitigeVerwechslung des Murbeka mit dem so eben genannten
Heinrich v. Brabant hat Jourdain (p. 66) beseitigt.
16) S. Jourdain, p. 73 f. u. p. 166. Was den Themistius betrifft, s. unten
Anm. 336.
6 XVII. David von Dinant. Amalric von Ben.
ist, zuweilen auf die Frage zurückkommen, ob die hoethianische oder eine
anderweitige Uebersetzung benützt werden sei.
Ein Ereigniss aber, welches bezüglich des Studiums und der Auf
nahme aristotelischer Philosophie im Anfange des 13. Jahrh. von einiger
Wichtigkeit war, dürfen wir nicht ganz unerwähnt lassen, wenn auch
schliesslich nur zu dem Zwecke, um zu bemerken, dass die Geschichte
der Logik von demselben nicht berührt wurde. Wenn nemlich (nicht
ohne Zusammenhang mit der Bekämpfung der Albigenser) seit d. J. 1209
mehrmals die Kirche ein Verbot gegen gewisse Abzweigungen der aristo
telischen Littcratur ergehen liess, und sich hiemit jene fanatischen Maass
regeln verbanden, welche gegen David von Dinant und gegen Amalric
von Ben getroffen wurden, so hat sich durch genauere Forschungen zur
Genüge herausgestellt, nach welcher Seite hin jene Beschränkungen ge
richtet gewesen seicn 17). Und sowie die pantheistischen Anschauungen
der beiden genannten „Ketzer“ an sich mit der Entwicklung der Logik
Nichts zu schaffen haben, sondern der Ontologie oder der sog. Metaphysik
angehören, so bleibt für unseren hiesigen Zweck nur jene Beziehung übrig,
in welcher näher oder entfernter die Einsiehre des David und des Amalric
mit der“ Auffassung der Universalien stand. Indem aber der theologische
Hass die Vernichtung der Schriften jener beiden Männer in erwünschtester
Vollständigkeit zu bewerkstelligen verstand, sind wir über dieselben nur
auf wenige orthodox-polemische Berichte beschränkt, welche überdiess
hauptsächlich bloss das theologische Gebiet betreffen; und selbst bei den
etlichen kargen Hindentungen, welche uns zu Gebote stehen, bleibt die
Möglichkeit, dass wir von Albertus Magnus und Thomas v. Aquin ange
logen sind. Soweit es demnach als beglaubigt gelten mag, dass David
v. Dinant mit syncretistischer Benützung antiker Aussprüche einen durch
gängigen Pantheismus kundgab“), und dass er zur Begründung dieses
17) Sowohl über die oben (Anm. 5) angeführte Stelle als auch über die übrigen
einschlägigen Quellen-Berichte s. das Nähere b. Jourdain, p. 187 ff.‚ sowie eine
richtige Darstellung der ganzen Angelegenheit b. Haurc‘au, De la phil. soolasl. l,
p. 391 ff.‚ woselbst auch (p. 405) in treffender Weise das gegen Scotns Erigena
gerichtete kirchliche Verdammungs-Urtheil beigelogen ist. Ausserdem vgl. auch
J. H. Krosnlein, De genuinu Amalrici a Bena..... David“ de Dinunlo durlrina. Giessen
1842. u. v. dems. in d. „Theol. Studien u. Kritiken“ 1847.
18) Albert. M.‚ I’hys. I, traut. ll, c. 10, p. 23 b (Opp. ed. Jammy, Vol. II): [las
aalen: opinio1ies sie cxplanal Alexander in quodam libello, ubi 0mnia uuum esse,
quod es! maleria, proben intendil, et David de Dinanlc in [ihre Atomarum (zu lesen
Tomorum, s. d. folg. Anm). Ebend. Summ. t/icul. Bars II, tracl. l, quaest. 4, c. 3,
p. 62 f. (Vol. XVIII): Deinde quacritur de erroribus Epicureomm e! mazimc de un
liquo enore Anazimcnis, qui nuper per quendam David de Dimmlo renovatus est, qui
die“, deurn et maleriam primam esse idem, inducens super hoc anliquum Artaxime
nem, qui dizil‚ omnia esse nimm (bei der kopflosen Abschreiber-Thätigkeit des Al
bertus ist es nicht zu verwundern, wenn derselbe bald einen Alexander bald die
Epikureer und bald den Artaximenes als antike Gewährsmänner jener Ansicht he—
zeichnet, während natürlich ein Viertes das Richtige ist, d. h. nur l'armenides ge
meint sein kann, s. d. folg. Anm.) Ad hoc eliam inducit versus quosdam, qui
seripli leymtlur in femplo Palladio.....; die“ etiam, quod refert I’lularohus, quod
oeluslissimi philosophorum interprelali fuerunt, illud fuisse diclum de dco, qm peplo
lcclus es! .... .. Tertio pro so inducit versus Orphci‚ in quibus, et dicit, dcum uni
versum esse affirrnal..... Ouarlo pro se inducif, quod lange lempore pust Lucumts
eosdem versus opcri suo inseruit . . Quinte inducit pro so Senecam sie diceutem etc.
XVII. David von Dinant. Amalric von Ben. 7
Standpunktes die Allgemeinheit des Stoll'es und die Allgemeinheit des
Geistigen als das Form-fähige (formabile) bezeichnete, aus welchem das
Einzelne hervorgehe‚ und zugleich in diese Fonnl‘ähigkeit nach beiden
Seiten den Begrill' des potenziellen Stoll‘lichen verlegte, so dass schliess
lich hierin je'bes beiderseitige Allgemeinste zusannnentrefl'e, da ja bei An
nahme eines dualistischen Prineipes zuletzt ein (gemeinschaftlicher) poten
zieller Stoll‘ des (beiderseitigen) potenziellen Stoll'es sich ergebe '9), so
ist ersichtlich, dass David die aussei'ste metaphysische Consequenz des
logischen Realismus zog und somit nur 'Dasjenige rund und voll aussprach,
was bereits bei Wilhelm von Champeaux deutlich genug im Keime vorlag
(s. Ahschn. MV, Anm. nos f. u. 283). Auch Amalric von Ben scheint
von einem gleichen extravaganten Realismus ausgegangen zu sein, denn
wenn auch berichtet wird, er habe den pantheistischen Gottesbegrill' nicht
wie David als materielles, sondern als formales Princip verstanden 20), so
ging doch auch bei ihm die Motivirung darauf hinaus, dass Gott jenes
oberste Universale sei, in welchem alles Einzelne zur Identität zusammen
laufe"). Vielleicht auch hatte es dieser damalige Pantheismus zu einer
19) Ebend. Summ. t/teol. Pars l, Tract. IV, Quaest. 20, p. 76 (Vol. XVII): Alex
ander in quodam libello, quem fecit de principio incorporeae et corporeae substantiaep
quem secutus est David de binanto in librol quem scripsit de Tamis, h. e. de Divi
sionibus (hiernach wählte David sogar fast die nemliche Uebel‘sehrilt wie Scotus
Erigena bei seinem Werke De divisione naturaeg s. Haurt‘au a. a. o. p. 414), dieitl
deum esse principium materiale omnium. Ouod probat sie: quia nag/s,~ h. e. substantia
mentalis, primum formaln'le est in omnem substantiam incorpoream, primum autem
formabite in res alicuius generis primum materiate est ad illa, noys ergo primum prin
cipium est ad omnes incorporeas substantias. Malerin autem possibitis ad tres dimen
stones primum formabile est in omnes corporates substantias; ergo est primum materials
ad I'Itas. Quoero ergo, si noys et materia prima differunt annon. Si difl’emnl, sub aliquo
commum', a quo illa differentia cgreditur, difl'arunt; et illud commune per differentias
formabile est in utrumqueg quod autem formabile est in plum, materia est vel ad minus
principium maleriale.. Si ergo dicatur una materia esse materiae primae et noys, erit
primae mater-iae materia et hoc ibit in iufinitum; relinquitur ergo, quod noys et materia
prima sunt idem. Simititer deus et materia prima et noys differunt aut non u. s. l'.
Thomas Aqu.‚ Summa c. gcnl. l, 17, I'. 18 r a (Opp. ed. Ram. 1570. Vol. lX): In
hoc autem insania David de Dinanlo eonfunditur, qui ausus est dicere. deum esse
idem quod prima materiay ex hoc, quod si non essent idem, oporteret differre ea
aliquibus di/ferentiis, et sic non essent simplicial nam in eo quod per differentiam
ab alio di/fert, ipsa differentia eompositi onem [‘acit. Hoc autem processit ex ignorantia,
qua nesciuit, quid inter differentiam et diversitatem intersiL Ebend. Senteut. ll, Dist‚17‚
quaesl. 1, art. l, f. 53 n (Vol. VI, 2): Quorundam antiquorum philosophorum error
fuitj quod deus esset de essentia omnium rerum,..... ut Pannenidcs diztt; et illos
etiam antiquos philosophus secuti sunt quidam maderni. ut David de Dinanto. Divin't
enim res in partes lres, in corpora, animas et substantias aeternas scparalas; et
primum indivisibitea ea: quo constituuntur corpora, dixit ylen, primum autem indivi
sibitey ex quo eonstituuntur animac, dixit noym vel mentem, primum autem indieisi
bito in substantiis aelernis dixit deum; et haec tria esse unum et ideml ex quo iterum
nonsequilur, esse omnia per essentiam unum.
20) Thom. Aquv Summ. theoL Pars l, Tracl. l, quaest. 3, art. 8, f. 16 1' a
(Vol. X): Ouidam enim poxucmmt, quod deus esset anima mundi...... Atii autem
duet-ant, deum esse principium foi-male omnium rerum, et haec dicitur fuisse opinio
Atmarianorum (zu lesen Almaricianorum). Sed tertius error fuit David de binanto.j
qui stultissime posutt, deam esse materiam primam
21) Merlin. Potonn Citron, d. h. Supputationes (ed. Basil. 1559 fol.) p. 209 It:
Damnavit etiam (so. innocentius tertius) Atmarieum quendam carnotensem cum sua
doctrinal sicut habetur in decretali „Damtlamus“. oni Almaricus asserit. ideas, quae i
8 xvn. Balduin. Liber de causis.
näheren logischen Formulirung, — gleichsam bereits zu einem Spinozis
“ms _‚ gebracht, wenn nicht die Orthodoxie unterdrückend entgegen
Seflalldflfl Wäre. Wenigstens finden wir einen gewissen Dalduin als
_Schüler des David angeführt, welcher (soweit der unlautere ‚Bericht über
Ihn überhaupt einen Sinn haben kann) sich auf den Begriff des Ein
faChßll gestützt zu haben und hiemit der ganz vernünftigen Ansicht ge
wesen zu sein scheint, dass es nicht zwei oder drei Absolute, sondern
eben nur Eines geben könne”).
_ Insofern aber David von Dinant sich auf ältere griechische Aussprüche
berief (S. Anm. 18), welche grösstentheils nur durch Vermittlung der
Araber zu seiner Kenntniss gekommen sein konnten, so liegt uns hierin
die Brüfik8 zu dem Buche „De eausis“, welches wegen seiner ara
blSChßll Herkunft wohl schon oben in Kürze erwähnt wurde (vor. Abschn.,
Anm. 404), aber nun hier darum in Frage kommt, weil es als ein Be
standtheil der nwerwachenden Gesammt-Philosophie des Aristoteles galt
und wirkte 23). Das Einzige jedoch, was aus dem Inhalte dieses Buches
hteh€l‘ gehört, ist gleichfalls die Anschauung eines extremen Realismus,
denn die platoniseh-arahische Mystik, welche dort bezüglich des Gottes—
hegl‘lfres und der Welt-Intelligenz ausgesprochen wird, liegt auf einem
anderweitigen Gebiete. Insoweit nemlich der unbekannte Verfasser über
“EI-“Pt ein logisches Motiv verfolgte, stand er lediglich auf der platonischen
Tabula logica. des Porphyrius, wornach die Stufenfolge von] höchsten
Allgemeinsten bis zum niedersten Einzelnsten durch die Wirkung des art
macheudeu Unterschiedes (— diversificari —) hergestellt wird “)- 50 so“
dann der intelligihle Gehalt des Einzelnen nicht an sich selbst schon als
cm Vielfältiges, sondern als Cansalität der Vervielfältigung gedacht und
diese Causalität schliesslich auf die Eine höchste Intelligenz zurückgeführt
\_
WM in mente divina, crcare et rreari (auch diese erinnert an Scotns Erigena);
dixit cliarn, quad ideo fim's omm'um dicitur dem, q_uqd omnta r‘eversu1‘a saut
m cum, ut in dco invommutaln'lilcr quieseunt, et antun indwtduum alque meommuta
bile in eo pennanebunt; et sicut alterius naturae man es! Abraham, alten'us Isaac,
sed unius ac eiusdem‚ sie dixit omm'a esse amum et omnia esse deum,‘ di.zit entm,
(‚Cum esse essentiam omm'um creaturarum c! esse omnium.
22) Albert. M„ Summ. theol. a. a. O. (Anm. 18): Discipulus aulcrn ein; (d. h.
des David) quidam Balduinus nomine, vontra me ipsum disputans Intern.... induzit
rationem, quod, q„accwnlua saut et nulto modo dilferunt, saut eadcrn; dem et ma
teria prima et noys sunt et nnllo difl'erunt; ergo saut cadcm...‚. Quoti aalem nullo
modo difl‘cmnt‚ sie m'lebalur probare: quaecunquc nullarn di/I'erentiam Itabent, nullo
m0d0 di/l‘wunt; simpliu'a autem prima nullam difl‘ercnliam habent‚ quia si dif
fflrentiam habercnl, mmposita essent; dem, hylc, noys, simplicia prima saut; ergo
nutlßrn haben; difl‘erentiam; ergo nullo modo difl'mml‚ et sie per conscqucns eadum
WM; et hoc est propositum eins.
23) Näheres über das Buch De causis überhaupt (abgesehen von einigen Be
nterknngen bei Jourdain, a. a. O. p. 183 III, 195, 445 ff.) s. bei Hausberg in d.
Sitzungsberichten d. Münchner Akad. 1863, Bd. I, p. 361 ff.
24) De Caus., Propos. 4 (Arisl. 0pp. tat. Venet. 1552. Vol. VII, f. 115_ r):
0""“" quod scquilur cau.mm primam, es! inlclligentia complela in ultima patentra et
“’“quis botiilalibus‚ et formac inlelligiln‘les in ipso saut lutiores et vehenterittu_s um
vcrsales Et quia diver‘si/ir'atur intelligenlia, fit in eo forma intellrgtbflrs diverse,
f’l sicut ex forma um; proplvr hoc, quod diversi/icalur in mundo infenort‚ provenmnt
"‘_dividua infinita in muttitudine, simililer ex esse rausato prima proptcrea, quod
wersificatur, appurent formae intelliyilzilcs infinitae.
XVII. über de causis. Die Macht des neuen Stell'es. 9
werden; und die Gradabstufung, welche zwischen den höheren und den
niedrigeren Universalien besteht, muss zuletzt in einer pantheistisehen
Einheit verschwinden, indem (— was einigermaassen an die Status-Lehre
erinnert, s. Absehn. XIV, Anm. 129 f. ——) jenes Nemliche, was weiter
abwärts in partieulärer Weise existirt, zugleich nach Oben in universeller
Weise bestehe 25). Die Frage aber, wie hiebei neben der Ewigkeit der
intelligiblen Universellen die Zeitliehkeit des concreten Seienden sich er
kläre, wird nothwendiger Weise durch die mystische Annahme eines
Mitteldinges abgethan, welches seiner Substanz nach das Ewige enthalte,
in seiner Thätigkeit aber in die Zeit falle 23). Von selbst versteht es sich,
dass der Verfasser des Buches den Begriff der Intelligenz oder des In
telligiblen durchweg nur in objectivem‚ realistischem Sinne nehmen konnte
und daher die Universalien ausserhalb der Einzeln-Dinge in das reine gött
liche Denken verlegen musste (s. vor. Abschn. Anm. 404).
Gerade aber das Buch „De causis", welches Thomas v. Aquiu selbst
zum Gegenstande seiner eommentirenden Tha'itigkcit machte, dient uns als
Beleg dafür, dass die erwähnten kirchlichen Verbote und Maassregelnmit
der Logik als solcher Nichts zu schaffen hatten. Jene Zeit war in sich
selbst so unklar und unreif, dass man gewisse Consequenzen, welche
innerlich längst nothwegdig sich hätten ergeben müssen, erst dann be
merkte, wenn sie mit dürren Worten deutlich ausgesprochen wurden.
Und der Kampf oder Vertilgungs-Fanatismus richtete sich dann glücklicher
Weise auch nur gegen solche be_stimmt hervorgetretene Consequenzen,
während man die Basis derselben ruhig gewähren liess und selbst in
ungenialem Fleisse reichlichst einsog‘. Die Unfähigkeit, einen Gedanken
bis an sein Ende folgerichtig hinauszudenken, kann sicher nicht deut
licher hervortreten, als wenn man wie Albertus Magnus oder Thomas v.
Aquin und hundert Andere zugleich Aristoteliker und zugleich triniläts
gläubig sein zu können vermeinte. Aber weil die Macht der Tradition,
— das alleinige geistige Motiv für das Mittelalter —‚ nach beiden Seiten
25) Ebend. Prop. 8 (f. 115 v): Boni!ales‚ quac deseendunt super intelligcnliam
a cuusa prima, samt intelligibiles in ca, et simili!er res corporeae sensibiles sun! in
intelligentia in!elligibiles; quod ext, quom'am res, quae sun! in intelligentia, non
samt impressioiics ipsae, imo sun! ruusae impressio-num. Prop. 9 (f. 116 r): In
!elligentia es! prineeps rernm, qnae sun! sub ca, e! retinens eas e! reycns eas‚
sieu! 1ialura regi! res, quae sun! sub ca, per virlutcm intelligentiae, quitt simih'ler
intelligentia regi! naturum per rir!utem divinam. Drin Prop. 10 (f. 116 r): 0mm's
inlelligentiu plena es! formis; verumlamen ex inlclligentiis saut, quac con!incn!
[armes plus universalcs, et ex cis sunl, qime con!inen! forma: minus universalcs.
Uuod es!, quom'am formae, quac saut in inlelligcntiis secundis infen'on'bus per modern
par!icularem‚ arm! in intelligenliis primis per modum universalem, e! formue, quer
Sun! in in!elliyenliis primis per modnm universalem, sun! in intelligenliis secundis
per modum particularem.
26) Ebend. Prop. 30 (1.115 v): E! mm es! possibi'le, ut subslantias sempi
tcmas, quae sunl supru !cnipus‚ sequantur substunliue ercalae in tempore nisi me
lliufllibllS substanh'is temporalibus xenipilemis in tempurc; c! islue qnidcm substunliae
mm samt fac!ae niediac, nisi quin ipsu‚e conmmnican! .snbslanliis subtimioribus in
pcrmaneiiliu e! cummunican! subslunliis !cmporulilms abscissis in temporc per gene—
rutionem. Pr0p. 31 (f. 119 r): Intcr rein, cuius subs!ontia et urti'o sind in momenlu
ue!ernitatis‚ e! in!cr rein, cuius subs!antia e! ac!io xunt in momeu!u !empm‘is‚ mi
stens es! medium‚ e! es! illud, vuius subs!an!ia es! es: momen!o aeterni!alis e! ope
ratio e.v mo1hen!o temporis
10 XVII. Die Macht des neuen Stoffes. Wilhelm Shyreswood.
vorlag‘ und wirkte, so klebte man auch naiv genug die beiden Quellen
aufeinander, und sowie die an sich eonsequente Opposition gegen die
antike Logik bei den christlichen Theologen von Anfang an nie völlig
hatte durchdringen können, so war nun beim Beginne des 13. Jahrhun
derts die arabisch- und griechisch-lateinische Tradition des Aristotelismus
so überwältigend eingetreten, dass man weit eher das christliche Dogma
in aristotelische Formen goss, als dass man sich principiell den antiken
Anschauungen verschlossen hätte. Und vor Allem musste hiebei gerade
die Logik, deren Zusammenhang mit der Philosophie man ja bereits seit
Boethius ausser Augen verloren hatte, nicht nur nicht als gefährlich,'son
dem vollends als unentbehrlich betrachtet werden. Nur mochten wohl
Anfangs strengere Zeloten darüber wachen, dass in den Vorträgen über
Logik nichts Theologisches beigemischt werde, noch auch umgekehrt“).
Indem somit für den Betrieb der Logik keinerlei Störung durch
jene Verbote eintrat, sondern im Gegentheile aus dem neu zugeführten
Materiale nur eine Steigerung erwachsen konnte, wäre bezüglich der
geschichtlichen ‘Darstellung noch immerhin die Frage offen, in welcher
Reihenfolge die Wirkungen des neuen Materiales hier vorzuführen seien,
insoferne dieselben ja sämmtlieh in den nemlichen Jahrzehnten sich gel
tend machten. Zweekdienlieher scheint in dieser Beziehung zu sein,
dass wir vorerst die Uebertragung der byzantinischen Logik näher be
trachten und erst hernach den gleichzeitigen Einfluss der aristotelischen
und der arabischen Studien erörtern; denn bei solcher Anordnung des
geschichtlichen Stoffes wird es möglich sein, einerseits eine allzugrosse
Zersplitterung zu vermeiden, und andrerseits es anschaulich zu machen,
wie die Parteispaltung sich auch durch die Logik des Petrus Hispanus
modificirle.
Den Einen Quellenkreis somit bildete für die Logik seit dem 13.
Jahrhunderte jener byzantinische Stoff, welchen Psellus ditrbot. Und
sowie es sehr zu beachten ist, dass auch von den Alchimisten jener
Zeit anderweitige Schriften des Psellus benützt wurden 28), so hatte
auch die Logik desselben schon viel früher und ‘in weit reicherem
Maasse, als man bis jetzt auch nur ahnen konnte, ihre Verbreitung im
Abendlande gefunden.
Die älteste lateinische Bearbeitung des Compendiums des Psellus,
welche mir bekannt ist, wurde durch Wilhelm Shyreswood (gest.
1249) veranstaltet 20). Aber sowie mir die Existenz seiner noch unge
27) D’Argenlre', Co”. iudiciorum de nov. error. (Paris. 1728 fol.) l, p. 158 f.
tlieilt aus handsehliftlicher Quelle das Verdict mit, welches i. J. 1247 gegen einen
gewissen Johannes de Brescain ('?) gefällt wurde, „m: purilas sludii, quae hacterms
Purisiis viguil, ex prarsumplione quornndum, qui lheologica logicis inserenles non
intelligunt neque quae loquuntur nequc de quibus af/irmant, errorum sordibus amou
lclur; . . . . .. quaodoquidem onim' lhoologicr et throlo_qi philosophice in sm's dispufn
tierlilms procedenlcs coulm praeccplum lcyis sorlcs dominirae hacreditalis miscere et
van/'undere nonv fo1vnidant.“
28) S. Kopp, Geseh. der Chemie, II, S. 156. Man schrieb ja damals diesem
jungeren Psellus auch die Schrift Hegl lf8mr d‘uwi,uemr zu, welche jetzt nicht
mit Unrecht für ein Werk des älteren (im 9. Jahrh.) gehalten wird.
29) Er war in Durham geboren, studirle in Oxford, lehrte hierauf in Paris
und starb als Kanzler in Lincoln. S. Ütltitll‚ De scripll. eccl. III, p.116 IT. Roger
XVII. Wilhelm Shyreswood. ll
druckten Schrift nur durch eine gelegentliche Notiz 3°) kund wurde, muss
ich hier wie überall die Möglichkeit offen lassen, dass durch Ausbeutung'
der Bibliotheken meine Forschung noch gar manche Ergänzung oder Be
richtigung- erfahren kann und somit vielleicht dereinst eine noch ältere
Wirkung des Psellus im lateinischen Abendlande nachgewiesen wird.
Wenigstens ist es eine eigenthümlicbe Thatsache, dass die in der Syllo
gistik üblichen Memorialworte (— ihr griechisches Original s. oben Ahsclm.
XV, Anm. 46 ll'. ——)‚ welche man bisher stets dem Petrus llispanus zu
geschrieben hatte, und ebenso einige Memorial-Verse bereits bei Willi.
Shyreswood sich finden; und da man ihn doch wieder unmöglich für
den Erfinder derselben halten kann (— denn dagegen streitet seine Aus
drucksweise bei Anführung derselben, s. unten z. B. Anm. 40 u. 44,
auch Anm. 112 —), so bleibt nur die Annahme übrig, dass sicher schon
ein paar Jahrzehente früher das Compendium des-Psellus in den abend
ländischcn Schulen im Umlaufe gewesen sein muss, wobei dann jene
technischen Worte irgendwie ausgedacht wurden und in allgemeine Uebung
kamen (s. bes. unten Anm. 52 u. 91 ll'.). indem mir daher der bisher
noch nicht bekannte Wilhelm Shyreswood nur als der relativ älteste Re
präsentant einer verbreiteten Schul-Litteratur gelten kann, glaube ich aller
dings von meinem Grundsatze, wornach ich mich auf Gedrucktes be
schränke, eine Ausnahme machen zu müssen; jedoch kann es dabei nicht
meine Absicht sein, hier gleichsam eine Ausgabe der ganzen Schrift Wil
helm’s aus der von mir benützten Pariser Handschrift") zu veranstalten,
sondern ich beschränke mich, zumal da ja die folgenden Jahrhunderte
sich doch nur ansschliesslich an Petrus llispanns hielten, auf den wesent
lichen Gang des Inhaltes und einige Haupt-Stellen, um dem Leser die
Einsicht in diesen wahrhaben Vorläufer des Petrus Hispanus zu ermög
lichen (vgl. Abschn. XV, Anm. 5). Ebenso werde ich es bei Lambert
v. Auxerre und einigen anderen handschriftlichen Mittbeilnngen halten.
Wilhelm Sbyreswood jedoch bietet nicht, wie Petrus liispanus, eine
durchgängig wörtliche Uebersetzung des Psellus dar, sondern folgt dem
selben nur im Ganzen den Sinn getreu wiedergebend. So ersetzt er
sogleich die Anfangszeilen des griechischen Originales (Abschn.l(V, Anm. 6)
durch eine etwas längere Einleitung. in welcher er an die Doctrin der
Araber sich anlehnend die Syllogistik als die wesentliche Aufgabe der
Logik und die Einsicht in die einfachsten Bestandtbeile des Schlusses als
Vorbedingung bezeichnet, um somit bei der Erörterung über Wort (vom)
und Schall (sonus) anznlangen 32). Und indem nun die Eintheilnng dieser
Baco schätzte ihn sehr hoch; er sagt von ihm Op. tertium (s. unten Anm. 556),
c. 2, p. 14: Guilielmus de Shyrwode lange sapientior Alberto, nam in philosophia
ccmmnmi nullus maior est eo.
30) Bei Haurz‘au, De 1a phil. scolast. l, p. 466. (Was übrigens dortselbst
über Wilhelm Shyreswood gesagt ist, wird nunmehr durch die Einsicht, dass der
selbe nur die Synopsis das Psellus verarbeitete, sehr modificirt.)
31) Cod. Sorbomi. 1797. '
32) Die Einleitung lautet: Cum duo saut lautem rcrum prinaipia, scilicct natura
et ultima, duo crunt rerum genera. Ouuedam em'm saut res‚ quarum prinzipium rst
natura, et du his est aniversis scientia commuuitcr dicta, et quaedam, quurum prin
cipium est anima (vgl. Abschn. XV‚l‚ Anm. 71); et hac saut duplices. Cum em'm
muma sine virtutibus et scientüs sit caeca, quasdam facit operationes‚ per quas de«
12 XVII. Wilhelm Shyreswood.
Begriffe in gleichem Sinne wie bei Psellus (wenn auch in kürzerem oder
verschiedenem Wortlaute, vgl. Absehu. XV, Anm. 7 f.) auf die Lehre vom
Urtheile, d. h. zunächst auf nomen und verbum führt 33), und ebenso
der Begrifl‘ der syncalegoreumala (ebend. Anm. 9) auftritt“), bietet die
Aufzählung der Arten des Satzes (der lnfinitiv- und der Frage-Satz kom
men hier neu hinzu, vgl. ebend. Anm. 10) die Gelegenheit, Bemerkungen
aus Beethius und Aristoteles hinzuzufügen“). Nach einem eigenthüm
liehen Gesichtspunkte, welcher uns an Arabisches erinnern könnte, non
struirt Wilhelm die hierauf folgende Eintheilung des Urtheiles (ebend. A.
11 f.), wobei er sogar die Berechtigung der „(Iopula“ als eines dritten _
venia! ad nirlulcs, e! de bis es! elhica; quasdam au!em [heil operaliones‚ per quas
devenia! in scienliam, c! de his es! ser1nocinalis scien!ia (vgl.ehend‚Anm.84l; haeo
au!em lres habe! parles: grammalicam, quae doee! reale loqui, e! rhetorieam‚ qaae
doee! omale loqui, e! logicam‚ quae doce! rare loqui (vgl. ebend. Anm. 18) Haeo
aalen: es! de syllogismo principaliler (ebend. Anm. 15, 79, 243 u. hier unten Anm.
41 n. 48; diese Betonung der Syllogistik hätte Wilhelm allerdings auch aus Boelhius.
s‚ Abschn. XII, Anm. 84, entnehmen können, jedoch weist ja auch jenes Andere
auf die Araber hin), ad caius cogniliouem neeesse es! oognoseere praposilionem‚ e!
quia omnis proposilio es! ex lerminis, necessaria es! lermini eognilio. Oaia ergo
proposilio e! emmlialio idem sun! secandum rein, lire! difl”eranl in eo, quod emm!ialio
significa! absolute, proposilio aalem significa! aliqaid in comparalione all aliud‚ ideo
prius de cnunlialione agendum; pries es! enim aliqm‘d cagnosrere in se, quam in
compara!ione ad aliud. Es: nomiae au!em proposilionis palrl‚ quer! significa! in
eomparalionc ad aliud; es! em'm praposilio pasilio pro alio sive pro conelusione can
cludenda; unde si in se eonsideralur‚ es! enunlialio; si aalen: consideralur u! es!
in syllagismo‚ sie es! praposilio. Cum iyilur agendam sil de munlialione‚ pries
agendum es! de suis parlibus, qaae samt nomen e! verbum. E! dieunlur hae parles
manlialianis, quia primum ca: bis fi! enun!ialio e! ex nullis aliis,‘ quameis enim ex
pronomine e! verbo vs! parlieipio e! verbo fiel enanlialio‚ [amen haee es! per naluram
nominis, quam pronomen e! parlicipium habenl; ende inqaanlmn naturam uominis
parliripanl, so!» uom1'ne rompre/aendunlar, l’rius aalen! ayendum es! de namine qaam
de verbo, quia es! principalior pars qaam verbum Idee ab eo inchoandum csl; e!
quia omne nomen es! von: e! omnis von: es! sonus‚ ideo a sona lanquam a principio
inchoondum esl. D. h. trotz der pi'incipiellen Verwandtschaft mit der arabischen
Gruppirnng des Stoffes (noch ein paar andel'n‘vitige Hindeulungen auf Arabisches
s. unten Anm. 52 n. 65) wird nun doch die Reihenfolge des Psellus eingehalten,
wornach das Unheil vor der Isagoge und vor den Kategorien erörtert wird.
33) Es! au!em sonus proprium sensibilc e! dividendas sie: sonne alias vo:e alias
nun vox.„.. . Vom alia signifiealiva alia non signifioaliva..„.. Vorl: significalina quar
dam signifit‘o! naturaliler quaedam ad placilam..... Vo.z significalira ad placilam
au! es! complezu, a! urolio, au! inromple.ra‚ u! dic!io. Ineomplera quaedam signi
fica! cum lempore..‚.. quaedam sine tempore. Es! aalen! nomcn etc.
34) Verbum es! etc..... Sciendum aalen! aal. quod legiea daas lanlmn poni!
parles oralionis‚ sciliee! uomen e! verbum; celeras aalen: parles appellal sinea
!egoreumalo‚
35) Oralionum alio per/ecla alle imper/eela....‚ Perfeela vero ul!erius dividenda;
quaedam enim vs! indivfllfl’a...... quaedam imperalina seu deprecaliva..„..qaaedam
oplaliva‚ u! ulinam legerem, quaedam coniancliea. u! cum legam, quaedam infiniliea‚
u! Socralcm legere, quaedom inlerrogoliva.... . Sed in!er hos modos omnes sala in
diealiua significal veram e! falsum, o! ideo [wer sula es! enuulialio. l)iril enim
Beet/das (s. Absclln. XII, Anm. III), quer! proposilia es! oralio verum er! [alsz
significans, e! von facil ihi di/Icrenliam inler preposilionem c! enunlialionem; Aristo
teles aalen: (s. Abschn. IV, Anm. 191) sie di/finil.‘ „eliuulialio es! oralio significans
aliquid de aliquo vel aliquid ab aliquo“, e! inlelligil per hoc quod dici! „de aliqao“
inhaerenliam praedicali in subieclo‚ e! per hoc quod dici! „ab aliquo“ intelligi! remo
lioncm ciusdem a subieclo.
XVII. Wilhelm Shyreswuud. 13
Bestandtheiles ausdrücklich bestreitet, im liebrigen aber die Doctrin des
Psellus wiederholt“), an welcher er sich hinwiederum betreffs der Ge
gensiltze (ebend. A. 13) enge anschliesst”), wobei jedoch das Capitel
über materia der Urtheile (ebd. A. 14) stark abgekürzt wird 38). Die
Lehre von der Umkehrung aber (ebd. A. 15) fehlt hier, indem sie in der
Syllogistik (s. unten Anm. 49) zum Vorschein kommt, wohingegen die An
gaben über das hypothetische Unheil (Abschn. XV, A. 16 f.) in getreuem
Auszuge vorgeführt werden 39). Die Aequipollenz sodann (ebd. A. 18)
wird selbst in grösserer Ausführlichkeit als bei Psellus dargelegt und um
Schlusse der Inhalt der Regeln in folgenden Menmrial-Versen ausgedrückt:
Aequivalent Omnis, Nullus nun, Nun aliquis nun;
Nullus, Nun aliquis‚ Omnis nun, uequiparantur;
Ouidam, Nun nnllus‚ Nun mnnis nun, souiantur;
Ouidam nun, Nun nnllus nun, Nun omm's, adlmcrenl.
oder all dieses zusammen durch den Vers („vel hat: versu“):
Prae conlradic, Post uuntrur‚ lh'ue Poslque 81tbllllt’f w).
Auch die hierauf folgende Lehre von den modalen Urtheilen (s. ebend.
Anm. 19 ff.) leitet er zunächst durch eine selbstständige Bemerkung ein,
in welcher wieder als Hauptzweck die Syllogistik erscheint“), und wäh
36) Cugm'la enunlialiune per suam diffim'tionem et sccundnm so restat cognusrere
eam per divisionem cl in suis parlibtts. l'urlcs autem duplicilcr sunt, sciIiu-l aul
integrales au! subirctiuac (einige Aehnlichkcit hiemit hat die Eintheilnng bei Algazeli‚
s. Abschn. XVl, Anm. 259 ff.). Partes inleyrules sunt, ca: quilms conslituitur lulum
seuundtlm integrilalem et de his nunquam praedit'ulur totum; parles subieclivur sunl,
ex qnibus cunslz'tuilur totem in suu comnmnitutc rt de his praeditulur tolmn. Pur/es
ergo integrale: cnunlialiunls saut subiuclum et pmedicalum; et dicimt quidum‚
quutl est et tcrlia pars, quae 56lllt‘t’l csl cupula; sed nun es! ita; rnrn em'm sit ver
b-unt, significat i'd quud de alle alteier (‘l sie es! pruetlicutunt . . . . .. I)iridilur aalen:
ununtiuliu in purlus subirctiuus pcncs naturam sublerti vel pracdicati sie: vunntiuliu
alte nna alia plitres....‚ [tun dividilur penes subslanliam cnunliatmtis sie: entm—
liatiu alia cutcgoriua alia hypothelica..... et dicitur calcyuricu a culegon'zu, zus,
quud esl pracdico‚ uns, cu quud tulis pc:flcitnr per prardieulum; hypotltctica.....
dicitur ab Itypu quud csl sub et thcst's positio; quasi sttppusilira„„. Dividitur entern
ununtiatiu sccundum qualitutcm in a/firmatiuam et negativem...... Dividilur unten:
enunliatiu uategurica sucundum quantitutcm sie: (die csl imiucrsalis, alle parliculuris,
alia indefinite, alia singularis. (Der lllennu‘ial—Vers aber, welcher bei Lambert v.
Anxerre sich findet, s. A. 108, ist hier nur am Rande der Handschrift eingetragen.)
37 Auch die übliche Figur entspricht genau jener bei Psellns.
38 Notandum esl‚ quod cnuntialiummt lriplez est malcrin‚ scilicet nalttralis, nun
tingcns, et remuta u. s. f.
39) Quantum untcm, quue [maussz tll6ltt sunt, ad ca!eguricum per!inent enun
tiutioncm, rostet num- agere du ltypot/tcticu, u. s. f. So wird die Unordnung des
Textes des Psellus (dbschn. XV, Anm. 16) hier gleichsam noch bekräftigt.
40) Eingeleitet wird dieses Cap. durch die Worte: Diclum cst sztpcrius, quud
dicilur indicuri entmliatio universalis vel particularis a nota signt additi suo sub—
ierlo.... Ruslal‚ quae appositio negatium's qualmt fault vtrlutem in signn. Abge
schlossen wird das Ganze durch: Sclcndum ergo, quud quodlibet signum aequipollct
suu uunlradicturiu cum negatiune prucpusita, sintilitur quodlibct siynum acquipollel
sno suballernu cum negatiunc pruepusilu et 110slpusila, similiter omne signum univer
sale aequipollet suu contrario cum negalione poslposila. Et omm'a laut diola possunt
retineri in bis versibus (folgen obige Verse, welche nun wohl keiner weiteren Er
klärung bedürfen).
41) Cum intentio s‘il de enuntiutionc propler syllogismum, consldcmndn csl sub
difi'wcntiis, in quilms dilferentium [mit in sylluyismu, quäle: sunl hae: a/firmativum,
14 xvu. Wilhelm Shyreswood.
rend er wie Psellus unter den sechs modalen Bestimmungen (worum,
falswm, possibile, impossibile‚ eontingens, necessarium) die ersten beiden
als gleichgültig ausscheidet"), nimmt er von der ebendaselbst (s. ebd. A.
20) aufgestellten Unterscheidung zwischen substantivischer und adverbialer
Sprachform Gelegenheit, das Ganze ausführlicher, als Psellus gethan (ebd.
A. 21 f.)‚ zu entwickeln“); zuletzt aber schliesst er die dortige Er
örterungüber Gegensätzlichkeit oder Suballernation der modalen Urtheile
mit den Versen ab ‘“):
Sit_ !ibi linea snhcontraria prima secnndae;
Tertius es! quarto srmper contrurins ordo;
Tertius es! primo nonlradielorius ordo;
Pu_qnat cum quar!o eonlradicendo secundus:
Prima subes! quartae vire pnrticulari lmbens se;
Hoc habe! ad seriern se lege sernnda sequentem.
d. h. diese Verse beziehen sich auf die bei Psellus (ebd. A. 23 f.) ange
gebene versinnlichende Figur, welche hier an den Schluss dieses ganzen
Abschnittes gestellt ist, aber bei gleichem Inhalte eine abstraetere Form
zeigt“).
negativum, universale, particulare, modulo, de inesse, e! alias Imiusmodi; di/[crt rnim
syllogismus a syltogismo per has difl‘crcntias. Considercmus i_qitnr ennn!iationem per
hnnc di/fercntt'am: alia de inessc, olia modalis. Es! igitur de Messe, quae simpliciter
significnt inhaerentt'am praedicali zum subieolo, i. e. non determinando qualiter in
!iaereat; modalis entern es! quer: delerrm'na! inhaerentiam praedicali cum subieclo, i. r.
quae dicit, qualiter praedicatum inhaerca! subiecto.
42) Modi au!em sunt sex, so. verum, /a!snm‚ possiln'lc, impossibile, eontingens.
neuessurium,‘ sed quia due primi non focinn! propositionem modalen! difl'erentem ab
enun!iationc de incsse, ideo aniittantur; idem cnim es! dieere „Senates currit“ e!
„Soeratern eurrcre es! verum“, sicnt „Socratern currere es! falsum“ e! „Senates
nun currit“.
43) D. b. auch Wilhelm unterscheidet zwischen modns adverbialis und mudus
nominalis, nemlicb: nzodus adeerbio!is es! „Socratcs cum! eon!inyen!er“..„.; modi
entern nominalcs sie renth in sermoncm, u! si dimm „Sonaten! currere es! vontin
gens“, e! diei! Aristoteles (s. Abscliu. IV, Anm. 282), quod sinnt in illis de inesse,
sie in bis de modo esse vel fl0n esse substantia. Aber er führt dann diesn
beiden Arten auch wirklich für die Angaben über Qualität, Quantilät und Aequi
Pollen: der modalen Urtheile durch.
44) E! possun! haee retineri per hos versus.
45) Nemlich statt der concreten Beispiele ist hier folgende Form gewählt:
IV
Non possibile es! non esse Non possibilc es! esse
Non coulingcns es! nun esse mmmriae Non sonlingens es! esse
Impossibile es! nun esse Impossibile es! esse
Necessarium es! esse Nercssarium es! non esse
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Possibile es! esse Possz'bile es! neu esse
Contingcns es! esse (‚'ontirigens es! non esse
Non impossibile es! esse Non imposss'bile es! non esse
Non necessarium es! non esse Non necessarium es! esse
subconlrariae
» XVII. Wilhelm Shyreswood. 15
Hierauf folgt der Inhalt der lsagoge, wobei sich Wilhelm sowohl
in der Begriffsbestimmung des praedt'caln'le als auch in allem Uebrigen
völlig an Psellus (ebd. A. 26 f.) excerpirend anschliesst“) und zuletzt
die arbor Porphyrt'ana verführt.
Hingegen die Lehre von den Kategorien (ebd. A. 29—41) ist hier
gänzlich übergangen, worin wir wohl nicht mit Unrecht gleichfalls wieder
(vgl. obige Anm. 32 u. 36) arabischen Einfluss erblicken dürften 47).
Somit folgt nun die Lehre vom Syllogismus“), wobei Wilhelm
zunächst aus Psellus (Absehn. XII, A. 43) die Definition des Schlusses an
gibt, hieran aber sogleich die aristotelische Unterscheidung zwischen voll
kommuen und unvollkommneu Sylhgismen anknüpft und von letzteren in
einer merkwürdigen Wendung den Uebergang zur Lehre von der Um
kehrung der Urthcilc findet, wobei er im Ganzen wieder dem‚ Psellus
(ebend. A. 15) folgt, jedoch auch in einem einzelnen Punkte auf eine
Controwrse hinweist"). Sodann aber gibt er die einzelnen Schluss
liguren und Schlussweisen an, in jeder Beziehung den Text des Psellus
(ebd. A. 44 ff.) wiedergebend 5“). Unmittelbar aber nach dem letzten
Modus der dritten Figur wird die Stellung des Mittelbegrill‘es in den drei
Figuren durch den MemoriaI-Vers
Sah l’rac prima, bis Prae secunda, !erlia bis Sub
ausgedrückt“), sowie die sämmtlichen Modi der drei Sehlussfiguren uns
hier in der lateinischen Logik zum ersten Male in folgenden Memorial
Worten und -Versen begegnen:
Barbara, Celorenl‚ Darii, I"crio, Raruliplou‚
t'elanles, llal:itis, Fapesmo, P'fiscs0niorum,
46) Intendcnlcs de praedicabili prima videamus, qnid si! pracdicabilc, deinde
quomodo divida!ur. Sicu! ergo pracdicalum es!‚ quud de alio dicilur, i!a praedica
bile, quod es! de alte dicibilc. Praedicabile au!cm dicilur communiler et proprie.....
Proprie praedicabile solum es! commnne,...... commune au!em e! universale idem
satt! . . . . .. Universale au!em sie dif/lni!ur: universale es!, quod es! dicibile de pluri
(ms, ad di/feren!inm individui. Dividilur au!cm sie: universale aliud genus, aliud
species u. s. w.
47) S. was oben bei Aviccnna (Absebn. XVI, Anm. 189) und insbesondere was
bei Algazeli (ebend. Anm. 257) bemerkt wurde.
48) Dic!uri de syllogismo, de quo es! priaripalix in!en!io loyicae (s. ob. Anm.
32 u. 41), prima dicamus eins dif/inilionem, deinde quo! modis possi! /ieri.
49) Syllogismus alias per/cclas alias imperfec!us (vgl. auch l}oethins, Abschn.
XII, Anm. 135). Imper/"cclus indigc! u! reducalur ad per/belum; hoc aufem fi!
per convcrsioncm; ideo nccessc es! coynosccrß eam (allerdings hatte ja auch Aristo
teles, freilich in anderer Weise, die Umkehrung mit der Syllogistik verflochten, s.
Abschn. IV, Anm. 539 ff.) Convcrsio uulcm !riple.z:: per so, per accidens‚ per
eon!raposilionem....... l!cm par!iculuris affimlaliva sccuadnm aliquos mm conoer!i!ur
per con!raposilionem, u! si subiec!um si! pracdicabile de omni en!c c! de 0mm" nun
en!e, u!‚ si tale si! Imec diclio „inlelligibilc“, non scqai!ur „aliquod in!elligilzile es!
h0fllt), ergo aliqm's non Immo es! um! in!clligibilis.“
50) Redeamus ad primripalc e! vidcunms‚ quo! modis poles! /ieri syllogismus.
Fiyura es! Terminus es! u. s. w. Nur verknüpft er die Angaben über Dic!um
de omm' und Dic!um de nullo, welche bei Psellus früher stehen, erst mit der ersten
Sehlnssfigur
51) Diversitas au!cm [igurarum ze!ine!ur hoc versu: Sah I‘ma u. s. f. Dass
hiebei die Sylben Sub und Prae als Abkürzungen fur subicc!um und praedica!nm
stehen, ist von selbst ersichtlich.
16 XVll. Wilhelm Sbyreswood.
(‘esare‚ Campeslres, Festiao, Baroco, Darapli,
Felaptou, Disamis‚ Dattsi, Bocordo‚ Ferisou“).
Zum Abschlusse der Syllogistik werden noch die gewöhnlichen auf
die drei Figuren bezüglichen Regeln (vgl. ehd. A. 44) vorgeführt“);
nemlich die aus modalen Unheilen bestehenden Syllogismen (ehd. A. 54)
sowie die hypothetischen Schlüsse (ehd. A. 55) sind hier wie auch bei
Lambert von Auxerre und Petrus llispanus gänzlich übergangen 54).
Was sodann die Topik betrifft, so wendet sich Wilhelm mit
Uebergehung der bei Psellus vorfindlichen Einleitung (s. ehd. A. 57 f.)
nach einigen kurzen Bemerkungen über die verschiedenen Arten des
Schliessens, wodurch er einen eigenthümlichcn Anschluss der Topik
an die Syllogistik gewinnt, sehr rasch zur Definition des Topus 55),
52) Modi aalen: et eorum reduclioues rctiuentar la's versibus: Barbara u. s. f.
Der Schlüssel jedoch dieser Memorial-Worte wird nur unvollstandig gegeben; nem
lich allerdings fügt Wilhelm hinzu: In Iris versibus A significat proposilioucm uni
versaler» af/irmalinam, Euniecrxalcm negativem, I padicularcm affirmalivam, 0 par
ticularem negativem (dieses trafen wir auch schon bei Psellus, Abschn. XV, Anm.
461l.); S convcrsiuncm per se, Pcouvrrsiouem per accirleus, M lraaspositioncm prac
missaram (dass das Wort „praemissa“ auf Uebersetzungen arabischer Schriften
hinweist, s. Abschn. XVI, Anm. 43); B cl R cum saut in cudem dictione, significant
reductitmem per impossiln‘te (Letzteres abweichend von den sp'ateren Lateinern).
Aber es fehlt hiebei die Angabe, warum die vier Anfangsbuchstaben der Worte
Barbara, Celarent, Don'i, Fon'o je in den folgenden übrigen Worten wiederkehren
(dass diess mit der llcductiou der übrigen Modi auf die vier ersten zusammenhängt,
ist erst bei Lambert v. Auxerre und Petrus Hispanus ausdrücklich bemerkt, s. unten
Anm. 120 u. 187), und ebenso fehlt die Hinwaisung darauf, dass zur Bildung der
übrigen Kunstworte auch indifl‘erente Buchstaben verwendet werden (vgl. hingegen
ebend.). Um so sicherer aber dürfen wir annehmen, dass all diese Kunstworte
schon vor Wilhelm in der Schule üblich waren, und eben nur die Motivirnng der—
selben hier in abgekürzter Form vorgebracht wird. Jedenfalls aber sind die vier
ersten Worte (Barbara, Cclarcnl‚ Darii, Fcrio) bei den Lateinern im Unterschiede
von den griechischen Originalen nur in dem Bestreben gewählt werden, einen Hexa
meter zu gewinnen, Worauf dann lediglich um die Manipulation der Reduction
mnemotechnisch auszudrücken die übrigen fünfzehn Namen sich gleichsam von selbst
ergaben. Uebrigens steht nach dem Angeführten noch Folgendes: Duo privat versus
descrrianl priiuac fiyurae, qaataor aalen: dicliones lertii versus swundac figurat‘,
et ovnnes aliae dictioncs tertiae liyw'al'. Er pracdictis palcl‚ qnod in quatuor
rundes primac fiyu‚ac reduruular mattes alii, was sodann noch mit Beispielen be
legt wird.
53) Nota cliam, quod c.v dualms nrgolivis uon scquitar aliqm'd ncc ex duabus
particaluribus; in prima aalen: mm seqailar dirctle maiore existente parliculori vel
minorc negative; in secunda autcm neu scquilar aliquid 01 af/irmalivis; in Icrtia
aulem nun scquitur aliqaid minorc existente negative.
54) Unmittelbar nach dem so eben Angeführten steht: Et luwr de syllogismo
ruf/latent.
55) Ad plcuamsyllogismi roguit:onrin nun solam c:rigitar coguilio eins secundum
diffiuilioncm, sed clxam sccundaru dirisiourm; et saut quacdam eins diaisioues, quae
doccudae saut, ubi agiler de syllogisino oommaniter, sicut hoc: syllogismus alias
per/eclus alias imper/‘crlns, alias a/‘finnolirus, alias negativus, et aber Imiasruodi.
vOnaedam vero scparutim doccndufl saut, sirut csl isla: syllogismus alias demonstra—
tivus, alias dialeclicus, alias sophirticus. Et esl demonstrativus, qui csl r: neus—
soriis et ex caasis conclasiouis certt'ssimis [acieus sricntiam; dialcclicas vero esl ex
probabitibus facieus opinioucm; sophisticus aalen: ex apparenlcr proboln'libus ul ex
probabilibus apparentcr syllogizans ad gloriam vel ad victoriam. De ceteris omitteutes
de dialectico intendimus. Ouia ergo dialecticus es! c.v probabilibus, probnbilitolem
aalen: haltet ex locis, proptereo ilr bis est determinandum Locas es! u. s. f.
XVII. Wilhelm Shyreswood. 17
und bespricht hierauf dem Texte des Psellus folgend die einzelnen
Topen 56).
Hierauf nun reiht Wilhelm eine ziemlich selbstständige Bearbeitung
jenes ausgedehnten Abschnittes an, welchen Psellus (ebd. A. 66—96) den
„proprielales lerminomm" gewidmet hatte 57). Gleich zu Anfang wird
bemerkt, dass es sich hier um significalio, supposilio‚ copalalio, appellalio
handle, durch deren Kenntniss das nähere Verständniss des logischen
Urtheiles gefördert werde 58)‚ und nachdem die Definition dieser Begriffe
in eigentbümlichelr Unterscheidung eines actnellen und eines habituellen
Auftretens angegeben ist 59)‚ werden dieselben beziehungsweise mit den
deelinirbaren und conjugirbaren Bedetheilen in Verbindung gebracht, wobei
deutlich hervorgeht, dass nur die significalio sich auch auf die undeeli
nirbaren Worte erstrecke, daher auch vorläufigr von derselben Umgang
genommen wird 60).
Indem somit die supposilio folgt, wird dieselbe in einer Weise ein
getheilt, welche von Psellus (vgl. ebd. A. 69—73) etwas abweicht, nemlich
was dort (nach der Uebersetzungs-Terminologie des Petrus Hispanns)
naturalis und aeeidrmlalis als Unterabtheilung der commrmis gewesen
war, wird hier als malerialis und formalis zur Haupteintheilung gemacht,
neben welcher die Unterscheidung in eommum's und diserela coordinirt
herläuft; die formalis aber wird dann (wie bei Psellus die accidenlalis)
56) Die Reihenfolge der Topen weicht nur bei den loei erlrinseci von Psellus
ab, indem hier (vgl. Abschn. XV, Anm. 62) dieselben geordnet sind: ab aaclorilale,
a simili. a maiare, a minore, a proportione‚ ab opposilis (a disparalis ist hier weg
gelassen), a !ranssampliune. Vgl. unten bei Lamben‚ Anm. 123.
57) Insofern jedoch der Inhalt der einzelnen Regeln im Ganzen der gleiche
ist und derselbe füglich am Besten seine Darstellung bei dem geschichtlich einfluss
reichsten Autor, d. h. bei Petrus Hispanus, finden wird, beschränkt: ich mich hier
hauptsächlich auf die Angabe der Reihenfolge und überlasse es dem Leser, die
folgenden Proben des Textes mit Petrus Hispanus im Einzelnen zu vergleichen.
58) Qualuor sun! proprielales lermini, qaas ad praesens in!efldiflms diversi/icare;
herum eaim cognilio valebi! ad cognilionem lermini e! sie ad coqailionem enunlio—
zionis e! proposilionis. E! saut hae proprielales: significalio‚ suppasilio‚ copalalio‚
appellalio.
59) Es! i_qilar significa!io praesealalio alirraias formae ad in!elleelam‚ sapposilio
aalem es! ordinalio alieuias inle!leelas sab alio, e! es! r:opulalio ordinalio alinaias
in!rllrelus supra elium. E! no!andam‚ quod sapposilt'o e! copalalio dicunlur aal
secandmn aelam au! seeandam hnbi!am‚ c! saut islae dif/iniliones earum secandum
quod san! in acta. Seeandum aalem qaad satt! in liabila‚ dicilur sapposilio signi
ficalr'o alieaias a! sabsislenlis‚ qaod eriim lale esl‚ natura es! ordinari si!b alia; et
dinilur capalalio siynificalio alicuias a! adioeenlis‚ e! quod !ale es!‚ aalam es! ordi—
nari suprrz aliud; appellalio aalen! es! praesens eonvenienlia lermini‚ i. e. proprielas,
secandum quam signifiralum lermini polesl dici de aliqao mcdianle hoc verbo .‚esl“.
60) Ex Iris palet, quer! significalio es! in 0mm' parle sine die/ione oralionis,
sapposilio aalem in nomine subs!rmlivo lantam vel pronomine vel die!ione sabs!anliaa
(Innen enim significa! rein u! sabsislenlem e! ordinabilem sah alle), eopalalio aa!em
in omnibas adierlivis e! parlicipiis e! verbis, appellalio aalen: in omnibas sabslan
!inis e! adieclivis e! parliripiis e! mm in proaominibus (qaia non signifiean! formen:
aliqaam, sed sofern subslanliam) nec in verbis (qaia verbum neu significa! aliquiri,
quod apponilar per verbnm substanliram‚ qaia sie esse! esse ipsam). Nulla aalen:
islaram l!‘lilfll es! in parlibas indeclinobilibus, qaia nalla pars indeelinabilis signi
fiea! subslanliam ve! aliquid in St!bslflfllifl. De significalione aalem omillamas e! de
lribus aliis consideremas.
PHANTL, Gesch. III. 2
18 XVll. Wilhelm ShyresWood.
in simplen: und personalis u. w. eingetheilt, wobei jedoch die Unter
abtheilung der eonfusa wieder einige Abweichungen zeigt“). Die suppo
sitiu relativorum fehlt hier 62).
Völlig parallel hiemit wird sodann die eopulatio (vgl. ebd. A. 83 u. 85)
in Eintheilung und Beispielen erörtert“), wobei zu beachten ist, dass
dieser Abschnitt bei Petrus llispanus fehlt.
61) Et prima de suppusilione..... videamus eins divisionem. Esl igitur suppo
sitio quacdam materialis, quaedum furmulis. E! dieilur materialis, quae i so dietio
snpponit vel pro ipso voee ubsolula vel pro ipso dieliune compositu e.r vor: et signi—
fieatiorw, u! cum dieam „homu es! dissilabum“‚ „bunte es! nomen“. Formalis unten:
est, quae dielio snppunit signifiealum, e! sie dividilur: alte simpler a!ia pcrsonalis.
Et es! simpler, quue diclio supponit signifiealum pro significalu, u! „homu es! speeies“;
personalis unter». quer: supponi! signi/iealum pro re, quae sul1csl, ltcm t! alia diuisiu suppositionis formalis, seeundum quum quacutda„mhoems!u cruumrrmiuln“.is. et
quaedam disereta; eummunis, quue [Et per lerminunt eommunmn, u! „Itomo eurrit“;
discreta, quac fit per lerntinum discrctum, u! „Soeratcs currit vel isle“..... ltem
personalis die!ditur sie: quaerlum es! detcrntinata et quaedam eunfnsa; eon/usa sie:
quaedam eun/usa lunlum, quaedam eon/uxa e! dislrilmtiva; eun/usa et distrilmtiva
quaedam mobilis, quaedum immobilis u. s. f.; d. h. es folgt nun die Erörterung
ähnlicher Bedenken wie bei Psellns.
62) Dassdie Suppositiu relatioorum den Anfang jener grossen Gruppe des
Textes bildet, welche wir vom Cumpendium des Psellus vermissen, s. Abschn. XV,
Anm. 84. Somit dient uns von hier an nur der Text des Petrus Hispantt! zur
Vergleichung; denn wir müssen an der Uebcrzeugung festhalten (s. ebd. Anm. 5
u. 86 tl‘. u. 93), dass Petrus Hispanus eine wörtliche Uebersetzung des griechischen
Originales gab, wohingegen Andere (wie eben Wilhelm Shyreswon und Lambert
von Auxerre) dasselbe selbstständiger bearbeiteten. Wenn aber Herr M. Thurot in
der Renne Arcltäulugique, 1864, p.267»-281 eben dieses Resultat meiner Forschung
umzustossen versucht, so hat er nach seiner Weise unleugbar die Sache sich recht
leicht gemacht (nur die Berufung auf den Artikel „l‘ierre d’Espayne“ in der Hisl.
litt. de lu Franco, — s. unten Anm. 135 —‚ hätte er sich füglich ganz ersparen
können). Herr Thurot will nemlich die Ansicht vertheidigen, dass das Compendium
des Psellus eine Uebersetznng des von Petrus Hispanus selbstständig verfassten
Werkes sei. Aber wenn unter den von ihm vorgebrachten Gründen derjenige noch
der stichhaltigste ist, dass „suppositio“ aus dem bei Priscianus vorkommenden Ge
brauche des Wortes „suppositum“ habe entstehen können, so steht es mit der ganzen
Beweisführung sehr schlimm (denn z. B. damit, dass „eonfusus“ schon bei Cicero,
pro Sest., vorkommt, wird wohl Hr. Thurot selbst nicht glauben etwas gesagt zu
haben), indem Alles, was z. B. über „substanlioum, udieetivum. mudus significundi“
u. s. f. vorgebracht wird. eben lediglich für mich spricht. Oder ist Hrn. Thurot
der ziemlich reiche Schatz grammatischer Terminologie, welchen ich im XI. Ab
schnitte gelegentlich der Cummentatoren anführen und benützen musste (z. B.
oüo'mid‘qg, Inovamidq;‚ Igönog, u'v;yuwrxön u. s. f.) etwa ganz entgangen?
Alle diese Dinge ohne Ausnahme entstanden auf dem Boden_der spät—griechischen
Cultnr, und so lange nicht das Unmögliche geschieht, d. h. so lange man mir nicht
nuchweist, dass und wie die Begritfe relatiu, uppe!lalio‚ ampliatio, distrt'bulio, re
strictiu, exponibilia in ihrer technisch-logischen Bedeutung wirklich im lateinischen
Abendlande sich gestalteten, bleibt das Resultat meiner Forschung unverrückt stehen
(von einzelnen Beweisen, wie z. B. unten Anm. 220, gar nicht zu reden). Hr. Thurot
hätte vielleicht besser gelben, vorerst dasjenige, was ich Abschn. XV, Anm. 86-.-104
gesagt habe, aufmerksam zu lesen; denn auf die Annahme eines Wunders, dass drei
fast gleichzeitige Autoren des lateini5chen Abendlandes etwa durch göttliche Bin
gebung auf jenes nemliche Gebiet der propriotutes terminorum geführt worden seien,
wird sich hoffentlich auch Hr. Thurot nicht einlassen. Wer überhaupt die suppusilio‚
ampliutio u. s. f. besprach, konnte schlechterdings nur aus einer nicht-lateinischen
Quelle schöpfen. Wo aber diese letztere in ihrer eigentlichen Ursprünglichkeit zu
suchen sei, habe ich gleichfalls ebendort Anm. 106 f. gesagt.
63) Dr cupulali0fle unten: diemdttm‚ quud huee dictiu aliu materielle u!iu fur
XVll. Wilhelm Shyreswood. 19
Der letzte jener Begriffe, nemlich die appellatt'o (vgl. ebd. A. 90), wird
hier in anderer (und zwar an sich besserer) Weise besprochen, als in
dem Compendium des Petrus Hispanus der Fall ist; nemlich wenn dort
die amptiatio und die restrietio als getrennte Capitel nachfolgen, so sind
hier diese beiden Begriffe und die darauf beiüglichen Regeln sogleich in
die Darstellung der appellan'o verflochten M). '
‚ Unmittelbar hierauf folgt der Inhalt der Sophist. Elencln', welche
_ in dem t_ms erhaltenen Texte des Psellus fehlen (s. ebd. Anm. 65 u. 91),
und es scheint wenigstens, dass Wilhelm in einer gewissen principiellen
Auffassung all das Bisherige, was die Verhältnisse des Subjerts- und des
Prädicats-Begrifl‘es betriflt, als eine Vorbedingung oder Einleitung zur So
phistik bcu'aolitete. Zu beachten aber ist, dass auch er ebenso wie Lam
bert v. Auxerre (Anm. 124) und Petrus Hispanus (Anm. 197) nur die
erste Hälfte des aristotelischen Buches (d. h. nur bis Cap. 15) berück
sichtigt 6"‘).
In gleicher selbstständiger Behandlungsweise wird nun hernach all
hasjenigc vorgeführt, was bei Petrus Hispanus von der Distributio an folgt,
und zwar wird hier in einer Wehe, welche gar nicht unrichtig ist (s. ehd.
A. 92), jenes Ganze durch die Titelüberschrift „Syneategoreumata“
malis; formah‘s (dieses Wort fehlt in d. Hdschrft) alia eommum's ulia discretn, et
hau alia simples: alia personalis u. s. f. genau die nemliche Eintheilung wie bei
supposili0.
64) Reslat finde de appellationc, cuius iam halretur di/fim'tio (s. ob. Anm. 59).
ex qua patet eins differentia ad supp0sitionem.... et ad ropulalinnem..... Terminus
er parle suln'ecti suppom‘t et ex parte praerlicnti uppellal. Et sciendum, quod secundum
utrnmque diffinilr'onem ex perle suln'ecli suppom't, er perle autem praedicati supponil
secundum habituulem man: diffinitioncm. Sciendum eliam, quod Iermirms er pur/r
suln'ccti appellut suas rcs, st’d non securtdwn qnod es! subieclum; ca: parle autem
praedz'ratiappellut rtiam secundum quod es! praedicatum; secundum anlem quod prat‘
dicutum rmnparatur ad subiectum ‚wum per aliquum stumm: rerum. et serundum her
appcflat . . . . .. Datur haec regulrr: Terminus romrmmis non restriclus habens suffi—
cienliu appellatorum supponens verbo de praesenti non habenti vim umpliandi supponit
trrminum pro bis qune Stt1ll Hoc membrum „habens sufficirnliu uppcllalorum“
apponitur‚ quia si mm hulmt‚ potest sttpponere pro von wie, e! intelliye, quod sttf/v
rienlia appellatorum in lribns ronsfstit ad minimum, unde si mm sun} tot uppellala,
polest terminus supponcre pro non alle, u! si sunt lanlum dito homines‚ hoc es!
[ulsurn „omm's homo esl“ . . . . .. Regula.‘ Tenninus commum's supponcns nrrbo dr prov
terilo supponil lam pro praesentibus quam pro prarlerilis‚ t'l snpponcus verbo de
fuluro supponit (am pro prassentibus quam pro futuris..... Hoc antun membrum
„neu habenli vim amph'andi“ apponitur. quia si sil verbmn arnpliattdi‚ polest sub
iectwn supponere pro non rufe, ut „homo landalur“ hoc es! verum pro Caesarc, et
es! rerlmm amptiuns, cuius res potest inesse non existenti. Scd eerbum restringil
suppositionem termini; ergo au! per suam significotioncm au! per consiynificationem;
si per significalionem, ergo tribus lmminibus eurrentifms hor es! oerum „omm's homo
rurrit“, quod falsum ext; si per consr'qnificalioncm, mm vrit per aliam quarn per
consigni/icationrm Iempnris; ergo omne verbmn provsentis reslrfngit ud praesenlis
u. s. w.
65) Mit der Ueberschrift „De falleniis“ folgt: Ut dicit Aristoteles in prima
I‘lt‘nclmrum (dass auch diese Ablbeilung des aristotelischen Buches auf arabische
Littcratur zurückweisc, s. Abschn. XVI, Anm. 64 n. 345), quatuor samt generu
dispntalionum. so. (Ioclrinales sie: demonstralivac, dyalecticae r! lemplatirae
et sophislicae..... Melhae zudem simt quinque: redargutio, falsum‚ inopinuhile,
nugatio, soloecisrnus n. s. w. wie bei Petrus Hispanus, nur das Ganze sehr ab—
ge ürzt.
2#
20 XVII. Wilhelm Shyreswood.
bezeichnet“). Somit tritt auch zunächst eine Einleitung voraus, welche
nicht ohne Zusammenhang mit Obigem (Anm. 58h60) den Begrifl' und
die logische Bedeutung der Syncategoreumata entwickelt 67). Und es folgt
hierauf die specielle Besprechung der einzelnen hier beizuziehenden Worte,
wobei jedesmal (wie bei Petrus Hispanus) an die Angabe bestimmter Regeln sich
die Lösung betreffender Sophismen anknüpft. Auf solche Weise werden in fol
genderAnordnung erörtert: zunächst diejenigen, welche im Urtheile auf Seite
des Subjectes stehen, und zwar vorerst die „dislributiven“ Worte, sowohl die
bejahenden omnia“), lotus“), infinitas”), quatistibet und quanluslibet“),
66) Wo unmittelbar nach dem Schlusse der Soph. El. sich der nun folgende
Text anschliesst. steht am Bande der Handschrift: Sincategoreumata magistri cuitetmi
de Shireshode.
67) Ouia ad cognitionem alicuius oportet cognoscere suas partesp ideo ut plene
eognoscatur enuntiatim oportet eius partes cognoscere Partes aulem cius sunt du
pticesr principales c! secundarias. Partes principales sunt nomen substantivum et
verbum; haec enim necessaria sunt ad hoc, ul cognoscatur enuntiatio. Partes secun
dariae sunt nomen adiectioum et adverbium et coniunctioncs et praepositionesg haec
enim non sunt necessaria ad esse enuntiationis. Partium autem secundariarum quae
dam sunt determinationes partium principatium ratione suarum remm, et haec non
sunt synmlegoreumatal ut cum dico „homo albus“; hoc „ollms“ enim significal, quod
aliqua res eius, quod est homo, sit alba. ouaedam autem sunt determinatitmes
partium priuoipatiumi inquantum sunt subiecta vel praedicatay ut cum dico „omm‘s
homo carril“,- hoc „omm's“ enim, quod est signum universale, non significul, quod
aliqua res eius, quod est homo, sit universali-si sed quod homo sit quoddam univer
sale subiectum Hacc dicuntur syneutegoroumutaa de quibus tractandam est, quia
faciunt plurimam dif/icuttatem in sermone bicitur ergo hoc nomen syncategoreumu
a syn, quod est con, et categorcumal quod est signi/icativum vet praedicatioumy quasi
„conpracdicolivum“; semper enim cum aliquo iungitur in sermonc. Sed quaeri!ur_‚
cum quaedam sint determinationee subiectL quare omnia determinentur a praedicalo.
Dicendum, quod praedicatum est pars completioa enuntiationisl omne autem synoa
tz-goreuma attingit aliquo modo subiectum et praedítalum, et propterea u praedicato
tanquam a complemento et digniori denuminantur syncategorenmata (die älteren
Quellenslellen über den llegritl' der Syneategorcumata s. Ahschn. XV, Anm. 9, u.
Abschn. XIV, Anm. 174 u. 206).
68) Primo autem tractandam de his, quae sunt ex parte sabieclí, ul de signis
et de quibusdam aliís, et primo de hac dictionc „omm's“. . . . . . Sciendum, quod
„omnis“ significat universalitatemy- sed quandoque significa! cam, ut ipsa est rei
dispositiol et non es! aylwah’yoreuma. et sic aequipollet ei, quod est totum vel per
frclum, ut cum dicitur "mandas es! omne“; quandoque significat eam, ut est dispo
xitio suln'ecli, inquantum subiectum esl, et est syncalegorcuma, u! cum dico nomnis
homo curri!“‚ u. s. f. in grösster Ausführlichkeit. Zuletzt: Diclum es! sufficienter
de hac dictione „omnis“, nec oportet aliquid dicere de hix dictionibus nquitibeL
quisquc“, quae eiusdem potestatis fere sunt cum hoc dictionc „omm's“, secundum
quod dislribuunt pro partibus secundum numcrum, c! de hac dictione „qvicunque“
vel „quiscunque“, quae eiusdem potestatis sunt cum illis.
69) Sed nunc agendum de hac dictionc ‘‚!o!um“‚ de qua sciendum, quod quando
que dicit totatitatem alicm‘us, secundum quod res est, et aequipottet ei. quod est
inlegrum, et es! calegoremno; quandoque dicit totatitatem ratione praedicati et es!
syncalegoreuma u. s. f.
70) Eodem modo est haec dictio „in/inita“ syncategoreuma et categoreuma
u. s. f.
71) Praeter signa praedicta sunt alia copulatorum dislrilmliva. . ...e! sunt huius
modi signa nquatistibetj quanlumlibef“ c! simi!ia......wobei z. B. zur Vergleichung
mit Petrus llispanus (s. unten Anm. 253) folgendes Sophisma angeführt werden
mas: Hic solvitur hoc sophisma: Sun! tres qualitatess atbcdol grammatical musica;
et Sorrates habet primum et curril, P!an habet secundum et cun—it, cicero tertiam
XVII. Wilhelm Shyreswo‘od. 21
uterque“), als auch die verneinenden nullus“) und neuler“), sodann das
„exceplive“ Wort praeler“), und ausserdem noch die „exclusiven“ Worte
solus 76) und lamenî'). Hierauf folgen jene, welche zur Urlheilsver
e! curril, et virgilius habet omnes et non curritg inde sie: Oualelihe! curriL Pro
balia: album curril, grammaticum curritl musieum curritl e! non sunt plures ‚- ergo
qualelibet curritg sed quidquid est qualelibeth est Virgilius; ergo Virgiliiu currit;
quod falsum est. Solutio u. s. w.
72) Es! adhuc unum signum affirmativam suppositorurn distributieuml scilicet
nuterqueu u. s. f. (sehr kurz abgehandelt).
73) Sequitur de signis negativis, et primo de hac dicendum „nullus“, de qua
sciendum quod quandoque dividit pro partibus secundum speciemj quandoque pro
partibus secundum numerum u. s. l’. (eine Menge Sophismen).
74) Es! adhuc quoddam signum negativuml quod terminum negat de duobusl
scilicet nneutrurntt n. s. 1‘.
75) ouia iam dictum est su/firienter de signis distrilmtivisj dicendum de hac
dictione „praeler“ ezeepfiva, tum quod exceptio saepe vult cadere super aliquam
divisionem et ad eam continuarij tum quia oppositum habet ad ipsaml quod patet
quia haec dictio „omm‘s“ dicit totam multitudincmy et haec dictio „praeler“ oppo
situm a totalilate subtrahendo aliquam partem. Fossi! tamen aliqua ratione prius
tractari de ezclusivis. sed non annuendum. Sciendum, quod haec dictio „prueler“
quandoque tenetur additive, ut cum dicitur "sex viri sunt hic praeter magistratu
unum“, quandoque ezccptivel et hoc dupliciterl quandoque diminutive, quandoque
instantiveg diminutivm quando ab aliquo toto siqni/icat secundum rem fieri diminu
"Worum, ut hic nSocrates habet undeeim digitos praeter unum“; inshmlive, quando
recipit partem a toto ratione praedicatiy ut hic nomnis homo praeter Socratem cum'!“;
'gm'fica! enim, quod Socrate: ezcipiatur ab hoc toto nomnis homo“ non secundum
m, sed ratione praedicatiy et sic propterea est syncateyoreuma u. s. I. (mi! einer
enge Sophismen).
76) Postquam dictum es! de signis et de dictionibus exceptivis...... convenienter
ly 3° icendum est de hac dictione „solus“, tum quia proprie cadit circa subiectum sicut
grer etiam signa, tum etiam propter oppositioneml quam habet cum hoc dictione „omnis“;
' „omnis“ enim semper dicit unum cum olio, ,,solus“ unum non cum alio. E! quae
ritur primuml an haec dictio „solus“ sit syncategoreuma vel non. e! videtur quod
non, quia si dicatur „Soerates incedit superbus“, hoc ,,superbus“ significat, qualiter
sit Sacra!“ incedendo, et sic cum dicit qualitatem Socralis, quae est res praedica
bilis. non est syncategoreuma. sic si dicatur „Socrales comedit solus“, significat1
qualiter se habeat in comedendo, et sic cum dicat modum Socratis et relationemy quae
est res praedicabilis, non est syncategoreuma E! hoc patet aliter. quia „iolus“
significa! ,,non cum olio“ et sic dicit separationeml et haec est relatio et res prae
dirabilis. E! dieimr‚ quod‚ cum significa! separationem ab aliis secundum rem, tunc
est categoreuma.....g cum autem significa! separationem alicuius ab aliquo in parti
cipando praedicatum tunc est syncategoreumay ut hic "sola: Socrates curril“; signi
ficat enim, quod alii non participant praedicatum Potest adhuc quaeri. quare melius
additur termino singulari sive discreto, quam communi....... Praeterea quaeriturj au
haec „solus Socralcs carri!“ sit una vel pluresg et videtun quod plures......1 et
diciturv quod non...... Praeterea quaeritun an sit semper a/finna!iva..... Ad hoc
quacriturl quare haec dictio „solus“ dicitur magis esclusiva, quam inclusivo; cum
enim dicitur „solus Socrate: curril“, includitub Socrates subiectum cursuil alii autem
excludunturg et dicitur. quod hoc es!‚ quia inclusio non est et virtute huius dictio
nis „solus“‚ sed ez virtute suae praeiacentisl ezetusio autem est aliorum et ex
virtute huius dictionis. Item videturl quod haec dictio nsotusu quandoque ezeludit
generaliter quandoque specialiten v. y. „rolus Socrates carri!“ primo modo sensus
est nnullum aliud a Socrate curril“, ut ezcludatur generaliter omne aliud a Socrate,
secundo modo significa! specialium quod nullum aliud a Socrate currit in eodem ge
nere u. s. f. (wieder mehrere Sophismen).
77) consequenter dicendum est de hac dictione „!amen“‚ de qua sciendum est.
quod secundum eius primam significalioncm non est syncateyoreumal sed dicit certam
mensuram alicuius aclus, sicut hae „multum, parvum“ dicunt incertam mensuram, et
W‘il i
22 XVII. Wilhelm Shyreswood.
knüpfung zwischen Suhject und Prädicat gehören, nemlich est”) und
non“). Hernach diejenigen, welche dem Prädicate näher stehen, nem
licll die „exponiblen“ Worte necessario und contingenter S“), incipit und
desinits‘). Zuletzt kommen noch jene Worte in Betracht, welche ein
est adoerbium quantitatis sicut ittag cum autem haec ratio mensurae contrahitur ad
rationem subiecti ratione praedicati vel ad rationem praedicati sic est dictio exclusioa u. s. f. ebenso. ratione subiectilu
78) Cum iam dictum vet determinata"! sit de dictionibus syncategoreuticis per
tinentibus ad subiectunu dupliciter possumus procedere, aut scilicet determinando de
Iu's, quae pertinent ad compositioneml aut de his quae pertinent ad praedicatum E!
primo modo procedentes determinernus de hoc verbo „ext“, non quia sit syncatego
reuma, scd quia a multis putatur esse syncategareuntu. E! itti nituntur hinc dicto
Aristotetis (s. Abschn. IV, Anm. 201 L), quod „es!“ significa! quandam compositionemy
quam sine compositis non est intelligereg credunt eniml quod hoc nconsigni/icareu sit
„ximu! significare“, et sic solum sit consigni/icatioum et pracdicativum sicut syncate
goreuma Sed contra verbum est notatio Pius, quod dicitur de alio, hoc autem est
praedicatum ; ergo omne verbum est notatio vet signum praedicatig ergo hoc verbum
„es!“ est signum praedicati et non solum compositionis praedicati cum subiecta Sed
dicent fortel quod „es!“ non est verbumy sed radix omnium verborum Sed contra
etc solo nomine et verba fi! propositioy ergo ipsum „es!“ est verbunL bicitur ergo
eonsignificare non quia cum alia dictione signi/icet et ingrediatur orationeml sed quia
cum principali sua signibcato compositionem significatl ab hoc autem non est synod
tegoreuma. Sed videtur adhuc, quod quando „es!“ est tertiam adiacens. non sit ittud
praedicalum, sed solum compositio...... tibi „es!“ non est tertium adiucensl dicitur
solum esse actuatej sed ubi est tertium adiacens et est praedieatio superioris dc in
feriore, tenetur aequivoce u. s. i.
79) Sequilur de hac dictione „1101!“ et videtun quod debeat esse uerbum, quia
significat divisionem1 et hoc, u! videlur, opponitur compositioni denotatae per hoc
verbum „esl“, et sic debet esse verbum sicut et ipsum contraria enim eiusdem sunt
generis. E! dicilar, quod haec ratio pecca! dupliciter..... Sciendum etiam quod
quandoque sistit in uno termino et tunc facit infinilationem, quandoque fertur ad eum
positionem unius cum alio et hoc duplicitery aut facienda negationem in genere aut
extra genus u. s. f. (folgen wieder mehrere Sophismen).
80) Sequitur de his dictionibus "necessario, contingenti-rul et sciendum. quod
haec dictio 7,m'ccssario“ potest esse categoreuma vet syncategoreumag si eategoreumal
sic est determinatio praedicatii si syncategoreumal tunc compositionisg et similiter
ncontingensu u. s. t. ebenso.
81) Sequitur de his dictionibus nincipit, desinil“, et scienduml quod uno modo
sunt syncategoreumatol alio modo cuteyoreumatay v. g. haec dictio nincipitu significa!
inceptionem alicuius actus in subiecto aut ratione suae rei aut inquantum est
praedicti/iiim et primo modo habet vim categoreumatisl secundo modo syncategoreu
matis . . . ‚ .. Sed vidi-tan quod nullo modo sit syncategoreumay scilicet quod praedi
catury est modus indicativusy sed.....non est alius indieatious quum hoc verbum
nincipitti ergo ipsum praedicatum ergo non est syncategoreumaa quia nullum syncaa
tegorcuma est subiectum net praedicatum sed magis subiecti ve! praedicati dispositim
Ad quod dicenduny quod dupliciter est dicere aliquid praedicatum esse, aut secundum
formam sermonis et modum construendi aut secundum rom; primo modo praedicatur
solus indieativusl secundo modo bene praedicatur infinitieusy ut . . . . .. si diceretur
nSocrates videt hominem nunc primo“, et sic si „viderc“ secundum rem praedicatur
et si ‚.incipl'!“ dicitur modo secundum quod praedicatum sic babet vim syncategorou
matis aliquo modo ‚ . . . .. consequenter quaerendum de expositionibus istarum dit-tionum
E! dicunt quidam, quod quandoque dicunt existentium in terminol quandoque viam
ad terminuml ut si diceretur nSoerates incipit esse albus“, primo modo significal,
Socratem esse in principio albedinisl secundo modo, quod sit in motu et via ad albe
dincmg et etiam quandoque coninnguntur cum permanentibusl quandoque cum succes
sivis; et sunt permanential quorum partes sunt simuL cuiusmodi est album; succes
sivu, quorum partes non sunt simuty cuiusmodi est currere...... Sed contra sit. quod
nSocrates incipit esse sanus et desinit esse aeger", tunc instans inceptionis et instans
XVll. Wilhelm Shyreswood. 23
gewisses Verhältniss zwischen zwei Subjecten oder zwischen zwei Prä
dicalen oder zwischen zwei Urtlneilen ausdrücken, d. h. die „(lonjunclio
neu“ 32), und zwar die „consecutiven“ si 83), nie! "“) und quin“), hierauf
desilionis au! erun! idem, e! Inne in illo e! sanus e! aeger, au! man! diversa, e! [uns
invenietar Icmpus, in quo mm eri! sunus nec aeger. Proplerea dieendum, quod omnis
pervnu!alio au! in rem successivam au! in permanentem u. s. f. ebenso.
82) I)e!erminalis diet1‘om'lms, quarum afficia per!inen! ad subieclmn e! eliam ad
praedicalum ra!imie rompusilionis, e! eliam de bis, quae licel ano modo sin! deler
mina!iones praedica!arum‚ uli0 !amen laude Sun! praediea!a‚ seqm'tur de dielionibus
perlinen!ibas ad unum subier!um ra!ione al!crius vel ad unum praediealum respec!u
alterin vel ad unam composi!ionem ra!inne allerius. Ilaiusmodi aalen: sun! emi
iuno!iones. Es! au!em coniunclio pars oraliom's indeelinabilis coniunc!iva aliarum
par!imn oralirmis; e! dico „paflium“, qnia live! coniunga! wallone:‚ hoc !amcn mm
es! nisi inqaan!um il!ae .van! parles ora!iom's eomposi!ae. (‘um ergo praeposilio si!
r!iam coniuneliva parlil!m 0ralianis, quaerenda es! di/ferenlz'a in!er haee. Ad qnod
diecndum, quod....... praeposilio habi!adinem diei! um'as ad aliad, coniunc!iu
au!em eoniungi! aliqaa, quorum neu!rum ad aliud habe! habitudinem.
83) Cum aalen: multae ein! specirs eonianr!ionum‚ so!um de canseealivis e!
copula!ivis e! disinnclwis man: intern 'mus, e! prima de consecu!ivis e! inler haec
prima de hae dic!ione „u“, _de qua..... dieimus, quod mnsequen!iam significat. E!
!unc quuerilnr (Ii/ferentia inler hau: „sequilur vel ordinalur“ e! haue diclionem „si“.
Ad hoc dieendurn, quod hau: die!io „si“ nola! eonsequenliam‚ secundum 'Zuod ever
cc!ur ab anima pro/erenlix. . . . . . . „Si“ diei! aliquam ran: sah condilione ad aliam,
„sequitur“ au!em non. l!em qaacrilur‚ quare nun addilur eonsequen!i‚ cum diea!
c0nsequenliam. Dieendum, quod mm dici! uliud sequi proprie, sed ad aliall‚ so. ad
an!ecedens faci! eonseqaentiam e! ideo an!ecedenli eaniungilur. Nune quacrenrlum
es!‚ quae si! eo‘mpusilio in condilionali‚ cirea quam si! veri!as e! falsi!as. E! dimm!
quirlam, haue esse circa composi!ionem eins, quod es!‚ so. ratione Imius' verbi „sequilur“
subinlelleeli. Sed eon!ra voz es! signum in!elleclns. .. ‚ ..‚ ergo..... „si Socra!cs
curri!‚ Socra!es movelur“ quanlum ad principalem in!ellee!am es! proposilio‚ ergo in
pn'neipali eins in!elleclu es! verilas e! falsilas...... Seiendum tarnen, quod haec
die!in „xi“ quandoque respici! !a!um consequens, quandoque verbum consequenlis;
prima modo faci! condi!ionalem, seeundn moda ea!eynricam de condi!ionali praedicato.
(nun folgen Sophismen) . . . . .. l!em quandoqae acta! aonsequenliam simplieiler‚
quandoqae a! naue rebus se haben!ibus....„ quandoque dici! aliquid sequi ad aliud
necessarie quandoque nu!a! eonsequenliam na!uralem‚ quandoque non naturalem;
na!uralem‚ u! quamlo nola! conseqams sequi ad anleeedens ratione alieuias haln'lu
dinis unins ad aliud,‘ nun naturalem, quando nolal oonseqaens seqm' ad an!eeedcns
mm ratione habiludinis unias ad aliu‚d‚ sed solam propler impossibilitatem an!eee
den!is ve! riecessi!a!em eonseqnenlis; prima modo no!a! ordinem remm secundam rem,
secundo modo nola! ordinem rernm seeumlum se1'monem. l!em quandoque in neu
nalurali...... ra!ionc cuiuslibe! !emporis quandoque ra!ione praesen!is vel
fulun' lemporis u. s. l. wieder Sophismen. Uebrigcns vgl. Anm. 617.
84) Sequilur de hau (lictione „nisi“, de qm] sciendum, quer! nolat canseqacn
Harn ad an!eeedens negatum, compoui!ur em'm ca: .ei e! non. E! quaeri!ur‚ quare
magi: si! caniunctia quam adverbium. Ra!io huins es!‚ qnod consecu!io eadi! super
uega!ionem e! es! complemcntum saae significa!ionis . . . . . . Es! aalen: videre, qaod
quandoque !ene!nr exoep!ive, quandoque canseeulive. Cum eanseaulivc !e11e!ur‚ mm:
hae eaedem possun! assignificari disline!iones de eo, quac de hac dic!ione „si“ u. s. f.
wieder Sophismen.
85) Seqailar de huc dic!iunc ,d{uin“‚ de qua sciendum, quod es! dielio vonse
caliva nolans eonseqaen!iam alieuius ad an!ecedens negalum; habe! enim negalionem
in se‚ u! hie „nun eum'!‚ quin movealnr“ es! sensus „si mm movelnr‚ mm eurril“.
E! es! sophisma: T1! nun po!cs vere negare, !c nun esse asinum‚ l‘robalio. Tu non
po!es negare vere necessarium; sed Inne es! necessarium; ergo non ‚wies vere negare
hoc; deinde ergo non potes vere negare, quor! nun sis asinas; ergo non p0!cs von:
negare, quin sis minus; ergo m es asinus (folgt die Lösung).
24 XVII. Wilhelm Shyreswood.
das „copulative“ et 86), und schliesslich die „disjunctiven“ vel 87), an“),
am“) und sive 90). Zeigt nun dieses Arrangement der Syncategoreu
mata im Vergleiche mit dem Texte des Petrus Hispanus und somit auch
sicher mit jenem verlorenen Texte des Psellus entschieden einen selbst
ständigen Charakter der hiebei gewählten Gesichtspunkte, und finden wir
ausserdem hier in den Gonjunctionen einen Bestandtheil dieser logischen
Theorie, welcher bei Petrus llispanus ursprünglich nicht beigezogen war
(s. hingegen die späteren Interpolationen in Abschn. XX), so bietet sich
uns noch eine andere höchst bedeutsame Wahrnehmung dar. Nemlich
Wilhelm äussert sich wiederholt ausdrücklich derartig, dass wir einen
bereits damals verbreiteten Betrieb jenes Abschnittes der Logik, welcher
die Syucategoreumata betrifft, voraussetzen müssen. Es wurde ja zufolge
seiner Angaben nicht bloss die Reihenfolge der Capitel bald so bald an
ders eingerichtet“), sondern auch an die einzelnen Syneategoreumata
selbst knüpften sich Controversen, indem z. B. Einige das Wort „es!“
wirklich als ein Syncategoreurna betrachteten 92), oder bei „incipit“ die
Frage aufgeworfen wurde, ob dasselbe das bereits eingetretene erste
Stadium des begonnenen Zustandes oder nur den Uebergang in das erste
Stadium bedeute 93), sowie hinwiederum bei „st'“ sich der Zweifel erhob,
ob es sich auf den dinglich objeetiven oder nur auf den sprachlichen
Zusammenhang beziehe 94).
Somit gewinnen wir nun (vgl. ob. Anm. 52) die begründete Ein.
sieht, dass auch Wilhelm Shyreswood nicht der Erste war, welcher das
Compendium des Psellus in das lateinische Abendland übertmg, sondern
dass er nur als ein uns zufällig zugänglicher Repräsentant einer verbrei
86) Sequitur de coniuncliom'bus oopulativis, cuiusmodi es! hoc ipsum „et“. ....‚
quod significot simul esse .... .. Diccndum‚ quod simul esse, quod dicilur per hoc
ipsum „et“, es! duorum praedicatorum in uno subieoto vel duorum subiectorum in
mm praedicato u. s. f. Sophismen.
87) Sequilur de hoc dictione „vel“, quae est disiuncliva eoniunctio... ‚. Et di
cendum, quod coniungit von: in unum sermonem, res aalen: disiungit ‚ . ‚ . ‚.quod eo,
inter quae disiungil, simul esse non possunl, cum dicit‚ allerum esse eerum, allerum
esse [nimm u. s. f. ebenso in grosser Ausführlichkeit.
88) Sequitur de hoc diclione „an“, quae..... significal dubilalionem‚ et intelli
gendum er! sie, quod cum dubitamus de duabus, an sil cousenh'endum quaerimus.
et talia duo com'ungi medionle „an“ . . . . . .. Ouaerilur autem, quae sit difl‘erenlia
mm „an“ et „aal“. Ouae talis esl‚ quod qui seit, an Soerotes ourral, seit deter
minale alleram parlem; scd qui seil, Sonalcm currcrc vel nun eurrrre, mm seil de—
terminate allerum. Et propterea „an“ dicilur elcotira eom'unclio, quia dioit clectioncm
allen'us parlis detenninalc n. s. f. Sophismen.
89) Seqw'tur d? h“ dimm" „M“, quae aliquando ponitur inlerrogotive, ut
„eurritne Socrates“, et ponilur pro „an“, quandoque pom'tur p1'ohihilioe; et hoc dicitur
quandoque sie, ul per ipsam ezereeatur prohibitio, quundoque autcm‚ ut ipsum pro
hibz'tum ordinelur cum aliquo praererlenti; exemplum primi .‚ne curros“, exemplum
seoundi „volo‚ ne curras“. Et sie de ipso est dubilotio in hoc sophismate: Tu vis‚
ne libi coneludalur‚ et eures, ne tibi concludalur; ergo idem in's et cauos n. s. f.
(die Lösung).
90) Sequilur de hoc dielione „sine“, de qua sciendum, quod ipso significat dis
i1motionem cum conditione u. s. w. Sophismen.
91‘) S. d. Stelle in Anm. 75 u. 78.
92) S. Anm. 78.
93) S. Anm. 81.
94) S. Anm. 83‚
XVll. Wilhelm Shyreswood. Lambert von Auxerre. 25
teten Richtung gelten kann (vgl. sogleich unten Anm. 97), indem wir
mit Gewissheit schliessen, dass schon im zweiten und dritten Jahrzehent
des 13. Jahrhunderts jenes byzantinische Original bei den Lateinern eine
einflussreiche Aufnahme gefunden haben muss (vgl. Abschn.XV‚ Anm. 1 fl'.).
Und wir finden es, — um von Vincenz von Beauvais abzusehen, bei welchem
anderweitige begründete Bedenken eintreten (s. unten Anm. 319—326) -—,
nun keinenfalls unerklärlich, wenn Albertus Magnus in einem Punkte,
welcher nur aus der byzantinischen Logik geschöpft werden konnte, eine
wörtliche Uebereinstimmung mit Wilh. Shyreswood zeigt (s. Anm. 470 f.).
Demnach kann es auch nicht mehr auffallend sein, wenn wir noch einen
zweiten Vertreter dieser Logik an Lambert von Auxerre (um die
Mitte des 13. Jahrh.) treffen, welcher als jüngerer Zeitgenosse des Wilhelm
Shyreswood, sowie als älterer des Petrus llispanus zu bezeichnen ist 95).
Auch er hat in seinem uns nur handschriftlich erhaltenen Werke „Summa
logieae""°) die Synopsis des Psellus zu Grunde gelegt, dieselbe aber mit
ziemlich reichlichem Studium des Boethius und theilweise selbst der Araber
selbstständig verarbeitet. Von der ausgedehnten Einleitung, welche Lamhert
vorausschickt, ist uns sogleich die erste Zeile wichtig 97), in welcher auf
die den „neuen“ Zuhörern dargebotenen „Summufae“ hingewiesen wird;
denn wir werden nicht irren, wenn wir hierin eben wieder jene That
sache erblicken, dass durch die Verbreitung der Schrift des Psellus die
Anfertigung derartiger Summulae eine ganz allgemeine wurde. Die ein
zelnen Punkte der Einleitung bespricht Lambert i|i Form der arabischen
Quaesita, d. h. stets Fragen aufwerfend und dieselben beantwortend ”8),
und in solcher Weise erledigt er zunächst in sichtlichem Anschlusse an
Alfarabi (Abschn. XVI, Anm. 13 u. 18) die Eintheilung der sieben freien
Künste 99), sowie die bevorzugte Stellung der „Logik“ innerhalb des Tri
95) Die wenigen bekannten Notizen über ihn s. bei I‚cbeu/, Memoires cancem.
I’ln'xl. eccl. et ein. d’Auzer-re‚ ll‚ p. 493 f. Ouelif, Seripll. 0rrl. Pracdic. l, p. 906.
96) Auch was den Lambert betrifft, wurde ich (wie bei Wilh. Shyreswood)
nur durch Haurdau, De la phil. scol. ll‚ p. 240 auf die Pariser Handschrifl ('od.
Sorbonn. 1797 hingewiesen. Die zweite von Haure‘au genannte Handschrift (nach
der Numerirnng des gedruckten Cataloges Cod. Reg. 7392) habe ich nicht benützt;
und nur auf diese wohl kann sich flaurdau‘s Angabe beziehen: „L’auleur commencc
par une analyse raisonnäe de l’lnlroduction, pm's if passe a l'Inlerpre'lalt'on, aus
Analytiques, nur: Arguments, an: Topt'ques. et finil pur [es L‘atz‘gon'cs.“ Auffallend
jedoch bleibt mir dabei, dass Haur!au dennoch jenes nemliche Proömium anftihrt,
welches in (Jod. Sorb. 1797 zu Anfang der Summa steht, welche eine hieven ganz
verschiedene Reihenfolge (nemlich eben jene des Psellus) zeigt.
97) Ul nom' arlium audilores plem'us intelligent ca, quer in Summulia cdoeentur,
valde utilis es! rognilio dicendorum.
98) S. die nemfiche Methode z. B. auch bei Avicennn. Abschn. XV1, Anm.
106 u. 113.
99) In primis quam'tur, quarc artisla dirifur audirc de artibus et non de arte.
Ad hoc dicendum est, quod septem sunl artes liberales, quamm tres vocanlur trivium,
quae aunt grammaliea, logica, rhetorica. Et dicuntur trivinm quasi tres viac ad
unum, so. in semonem. Omnes enim triviales samt de scrmone, sed dilfcrenler; quiu
grammnfiea circa sermonem considerat congruum et incongmum, ul congruum eligal
et incongruum fugiat; logiea vero circa semonem conaiderat verum et falsum, u!
verum eligaf et falsum fugiat; sed rhetorica circa sermonem const'deral arnafum et
in01nafum, ul omatum eligal et inornalum [ugiat. Alice quutuor eocanlur quadri—
man: u. s. w.
26 XVll. Lambert von Auserre.
viums w"), wofür er noch ein verstärkendes Motiv in den Angaben des
Boethius (Abschn. Xll, Anm. 76) findet 101). Unmittelbar hieran reiht er
in fast wörtlicher Uebersetzung der ersten Zeilen des Psellus (Abschn. XV,
Anm. 6) die Definition und Etymologie der „Dialektik“ 102)‚ springt jedoch
hieven bezüglich des Unterschiedes zwischen „Logik“ und „Dialektik“
wieder auf Boethius (Abschn. XII, Anm. 82) über, und giebt hiebei ge
legentlich die für uns wichtige Notiz, dass „ve!us logica“ aus dem Buche
über die Kategorien und jenem de interpr., hingegen „nova logica“ aus
den beiden Analytiken, der Topik und Soph. EI. bestehe l03), wodurch
wir sowohl einen Beleg für Obiges (Anm. 5) als auch einen festen An—
haltspunkt für Späteres gewinnen. Ferner unterscheidet er an der
„Dialektik“ eine wissenschaftliche (— scien!ia -—) und eine praetische
(— ars ——) Seite““), wobei er entschieden eine häufig angeführte Stelle
Isidor’s (s. Ahsehn. XIII, Anm: 26) im Auge hat; schliesslich aber wird
100) Ilem quuerilur‚ qaid si! logiea. Logiea es! scien!ia discernendi verum a
[also per argumenlalionem. Dicilur aalen: logieu a Iogos, quod es! sermo, c! yeos,
quod es! scien!ia‚ quasi scienlia de sermonl'. Scd cum sin! tres scien!iae de semxone‚
u! dic!um es!‚ et i!a quaelibe! po!es! diei onica, quaerilur‚ quare appraprie!ur illud
unum logicae pulias, quam grammalicae vel rhetoricru-. Ad hoc diceuduln esl‚ quod
aliqunlics‚ quod es! rommime mullorum, um' appropriatur pr0plrr cxccllenliam vel
dignitalem, u! si dicn!ur „apostolus diei!“, hoc in!elliyilar de Paula, quio
dignior es! aliis e! czcellen!ior. Ouad ]Illlt?l per eine diffinitionem latent: !agica es!
urs arlimn ‚ seientia seirnliaram‚ qua aper!a omnes aperinn!ur et qua elausa omnes
ali'ae claurlunlur‚ sine qua 11ulla‚ cum qua quaelibe!.
10]) Alia rali0ne diei poles!, quod es! dignior aliis, quia aliue modum prom
dendi, quem haben!‚ ‚Willi/"l a !ogica; modus cnim scien!ifieus, i. e. mvdas proce
dendi in scienliis, es! diffinire, dividere c! colligere sive eonferre, i. e. probare e!
improbare; sola loyiea hoc facil...... Hains signum esl‚ quod Boe!hius dividi!
logicam in principi0 Topieorum suormn in arlem inrenicndi e! in ar!em indi—
eundi.
102) Hera quaeritur‚ quid si! dyalec!iea. Dyalecliva es! ars nr!iam ad principia
anmium mellmdorum riam Imbens; sola enim dyalectiva prababililer dispu!a! de prin
cipiis 0mnium arlium. EI sciendum, qaod es! mellwdas an brevis e! /aeilis et semi!or
proportionalur; „am siea! semi!a dem! ad eundem Icrminum, ad quem la!a via, sed
hrevius c! expedi!ius, sie ad rognitiuncm eiusdem dumm! ars et mr!hudus‚ sed facilius
methodus, qmm; ars. Dicilur uu!em dyulerlina a dya, quer! es! lll!0, e! lezis‚ quod
es! ratio, rel logos.‚ f]!!0d es! sermo, quasi ra!io vel sermo duerum, so. opponenlis c!
aanlradieentis in dispu!alione.
103) Taue quaerilur‚ quac sil differentia intcr logicam e! dyaleclieam. Ad hoc
dieendmn, quod logica‚ secundum quod es! ars e! serundum quud es! scirn!ia. srmrior
es! ad dyulrr!ieum. Login: rnim scien!ia es! de onmi syllogismo docens‚ dyulretica
de syllogismo dya/ec!ico solum vel appuren!i dyalre!ico. Unde logiea lradi!ur in
omuilms libris logirue, qui sun! sez, so. über Praedicamenturum‚ über l’eiyermenias‚
qm" „nur diruntur ve!us Iogica, über Priorum, Posteriomm, Thopicorum et Elencho—
nun, qui qna!uar dicuntur nova Iogica; dyalee!ica vero !radilar in libro Thopicm‘iun
r! EIenr/iorum solum.
104i E! soiendam, quod scien!ia e! ars dilferan!; scien!ia eilim i'd, quod dicil,
nominal absolu!e, an rera dici! relalionrm ad opus; unde dya!rc!iea diri!ur seientia,
ieoundum quod dem! syllogismum dya!eclieum eons!iIur-re ex suis prineipiia, dici!ur
aalen: ars‚ seeundum quod u!i!ur syllogismo dyalertieo ad aliqaam con!roversiam ler—
minandnm.....‚ Quod po!rs! rideri in sind”: mor!ellus po!est esse subiec!um in arte
/'a(nili e! ms!rumentum; subiec!um dicilur marlellas‚ qmmrh; cum eonsliluit [aber ex
snis prirwipiis, dieitm' au!em instrumentam. quando illa marte!!o /oc!o n!i!ur ad alia
[olrricauda u. s. w.
XVll. Lambert von Auxerre. ' 27
die wesentliche Aufgabe der gesammten „Logik“ in die Lehre vom
Schlussc verlegt 10"’).
Hierauf aber geht Lambcrt sofort mit der Frage, warum die Logik
mit dem Begriffe des Schalles (sonus) beginne, auf die Synopsis des
l‘sellus über"°“), und entwickelt so die Lehre vom Urtheile vollständig
an der Hand des Psellus, indem er den gleichen Sinn bald wörtlich, bald
mit verändertem Wortlautc, bald mit. kleineren oder grösseren Erwei
terungen wiedergibt 107). Indem in solcher Weise über namen, rerbum
und oratio gehandelt wird, treffen wir bei letzterer bezüglich ihrer Ein
theilung nach Substanz, Qualität und Quantität (s. Abschn. XV, Anm. 12)
hier zum ersten Male den Memorial-Vers:
t)aac ca es! hyp, Ouali: ne vel elf, u 0uan!a pur in sin‘“).
Es folgt hierauf (s. ebend. Anm. 131.) die Lehre von] wechselseitigen
Verhältnisse der üblichen vier Urtheilsformen w"), sodann (ebend. A. 15)
in grosser Ausführlichkeit die Lehre von der Umkehrung“°) und hernach
mit Uebergehung des bei Psellus an eine falsche Stelle gekommenen
Capitels über das hypothetische Urtbeil‘“) sogleich die Lehre von der
105) Nolandum vero‚ quod . . . . .. to!a in!en!io Iogici esl, u! habca! xyllayismum
perfeclum, unde omm'a, de quibas lag]ious de!erminat, ralione syllngimi delerminul.
Bei Lambert kann ’diess sowohl auf Bocthins als auch auf den Arabern beruhen;
anders ist es bei Wilhelm Shyreswood, s. oben Anm. 32, weselbst die beidersei
tigen Quellen.
106) I!em quaeri!ur, quare loyicus incipit a sono et nun ab aliqua‚ quad xi!
anle sonum. Ad hoc dicendam, qaod lugicus es! arli/tu: scrmacinalis, e! quia de
considera!ione artificis sermocinulis m'hil ext, quod si! an!e sonum‚ ideo a sono in—
ripi! [unquam ab alliori. Sonus sie diffinilur: Sonus es! quidquid propric et per se
e! de se per audiiam percipilur u. s. w.
107) Z. B. was von: significaliva (Ahschn. XV, Anm. 7) betrifft, sagt Lamhert:
Vocasimponuniur ad significandas res secundum remm proprielaies e! eliam semmdum
rah'onem, u! homo dicilur, quia es! factus du hamo, e! lapis quasi Iaerlens pcziem,
e! sie de aliis. Von: significuliea ad placilum idem ast quod sonne. Scrmormm
alias complezas e! alias incamplezus; sermu ineomplexus vs!_. qui plura in so non
complecliiur . . . . . u! dir/da. Es! au!em dic!io secandam Bue!hium (Absehn. ‚XII,
Anm. 109) um'us vecabnli nuncupaliu, quac idem cs!‚ quod “minus, in quem resol
vi!ur prapusih'a . . . . .. Grammaiicus principuliler inlandi! de dic!ionc‚ quan!um ad
significatam generale, e! ideo non suppom'! diciioncm loyicus a grammalica‚ sed de
ea dclminal; aliler au!em eri! de li!!eris et syllabis, quia aliler non considcra!
logicus liltcras et syllubas, quam gramma!icus. Diriinnum alia nomen alia verbann;
hic posgi.g ‚]uu‚crgrc‚__.„‚ quare solum delermina! logicus Qflifl sccundum Boeiht'um (s. ehend. Anm. III) seine parles araldieom'nsomSiunnc! peu!!avnedrabco. . . ..
Pries dicendam es! de nomine quam de rerbo, eo quod sabiccla anlc ac!um‚ nomcn
antun significa! subirctum, verbam edlem actum. Namen es! n. s. w.
108) D. h. auf die Frage „Üuae?“ wird geantwortet mit ca[!cgorica] oder
hyp[o!helim], auf die Frage „Qualis?“ mit ne[gativa] oder aff[innativa]‚ auf die
Frage „Onanie?“ mit u[niversalisl oder par[licalaris] oder in[definila] oder sin[gu!qris].
S. Anm. 153.
109) Die gewöhnliche Figur jedoch fehlt hier.
110) Diele de proposilionibus parlicipanlibus u!roquc Icmu'no ad eundcm ordinom
dicendum es! de proposilionibus parlicipan!ibus u!roquc termino ad ordinis nommu
lalionem; ordinis cm'm commulatio idcm es! quod eonversio; es! autem cmwersio prir»
cipium reducendi syllogismos imperfec!os ad perfcclos . . . . .. Conversia aalen: es!
triplex‚ .tc. simpler, per accidem, e! per conlraposiüonem u. s. w.
111) S. Abschn. XV, Anm. 16 ff.
28 XVII. Lambert von Auxerre.
Aequipollenz (ebend. A. 18) mit Bciziehung der ersten vier bei Wilhelm
Shyreswood (oben Anm. 40) aufgeführten Memorial-Verse m); endlich
die Lehre von den modalen Urtheilen (Abschn. XV, A. 19 ff.) gleichfalls
mit obigen (Anm. 44) Versen geschmückt 113).
Dem hierauf folgenden Inhalte der lsagogc schickt Lamhert eine
eigenthümliehe Einleitung voraus, in welcher aber die Parteifrage über
die Geltung der Universalieu nicht mit einem Worte berührt ist‘“);
auch ist er in der Besprechung der einzelnen quinque voces weit aus
112) Diele de propositiom'bus eanverlenlibus dieeudam es! de aequipallenli
bus . . . . .. Am Schlüsse hievon: Seiendum, quod in aequipollentiis panun!ur qualaor
versus (so weist auch diese Ausdrucksweise auf eine allgemeine Receplion der
Memorial-Verse hin, vgl, 0b. Anm. 40 u. 44), quorum primus dici! aequt'pollentiam
huius signi „omnis“, secundus huius signi ‚.nullus“, lerlius Indus signi „aliquis“‚ e!
quarlus huius sigm' „aliquis non“. Primus versus es! iste:
Aequipollen! Omuis‚ Nullus non, Non aliquis nun;
Seeundus versus es! im:
Non aliquis, Nullus, Omnis non, so eomilaulur;
Tertius versus es! isle:
Non nullus‚ [Von omm's nun, Aliquis, eomilanlur,‘
Quarlus versus es! isle:
Non omnis, Non nullus neu, referun! Aliquis non.
[dem inlelliyeudum es! de islis signis ‚.ulerque‚ neuler, aller“ u. s. f. (Die kleine
Abweichung des Wortlautes der Verse von jenen bei Wilh. Shyl‘eswood zeigt die.
Vergleichung von selbst.)
113) Seiendum, quod proposilianum quaedam sun! de inesse e! quaedarnmadales
u. s. w. Die Verse stimmen vvörtlichsl mit obigen überein; die versinnlichende
Figur aber (ab. Anm. 45) fehlt hier.
114) Sequitur de praedical:ilibus. Sciendum au!cm, quomado diffiniuntur prac
dicabile e! praediea!um et praedieamenlum. Praedieamenlum unten! niln'l aliud es!‚
quarn ordinalia praedieabilium in linea praedieabili seeundum snb e! supra e! a lalere
e! in linea reela, uude illa lota ordinalio, quae es! inler genus generaliseimum
e! speeiem speeialissimam e! genera subalterna e! difl'erentias eollalerales, vooa!ur
unum praedieamentam‚ sicu! pate! in arlware Porphyrii in !racla!u Praedieabilium.
Sun! anlem deren! praedieamenla..„.. Diei!ur aalen: praedicalum i'd, quod referlur
ad subieclum in propositione‚ qnae sun! qualuor: di/finitio‚ aceidens, yenus e! pro
prium. l‘raedicabile idem es! quad dieibile, e! pales! dividi praedieabile, nam aliud
es! universale aliud es! singalarc..... Et es! singulare, quorl de uno solo praediealur‚
u! Suerales et l’lala. Sed conlra dieit Aristoteles in libra Praedieamenlorurn (s. Absohn.
IV, Anm. 476), quad per snbieeln nulta es! praedioalia, et vom! prima subieela in
dividua, unde aal! innuerc, qaod indiaiduum de nullo pracdiealur. Propler qu0d
dieendurn esl, quod ‚.praedieari“ difl'erenler dieitur‚ proprie e! eominuniler. E! es!
proprie praedimri de alique dici‚ quod es! posterius, e! de lali praedieatiane
in!elligil Aris!aleles, et sie solum praedicalur universale. l’raedirari vero camrnuniter
idem es! quod dici ita‚ qued mm fia! ais in hat proposi!ione‚ secuudum quod diei!
Boelhius (s. Abschn. XII, Anm. 124), quod nulla proposilio es! verior illa. in qua
idem de se praedieatur‚ i. e. sie poles! praedieari individuum e! sie in!elligit hie.
Universale aalen! idem es! quod aptum nahm die!" de plaribus (so Psellus, s.Abschn.
XV. Anm. 26) Ad euius evidenliam notandum esl, quod es! quidern universale.
quad mulliplicalur in plura supposila ac!u e! simul, u! homa‚ quia acta e! simul
plures homines saut; ahmt universale est‚ qnod non mal!iplicalur in plura supposila
acta e! simul, sed suceessive, u! phoem'z...‚. Aliud es! universale‚ quod neque simul
neque sueeessive mullipliratur in plura supposila‚ u! so! e! luna‚ quia una es! lumz
e! unus es! so], quae xemprr durabnnt. (All dieses Letztere erinnert uns an Avi
cenua, s. Abschn. XVI, Anm. 88 l) E! sie palel, quod noa amne universale diritur
de pluribus; (amen quaniam es! de so, i. e. de natura formae universalis, aplum
nahm! es! diei de pluribus. Praedicabilia vera saut: genus, speeies u. s. f.
XVII. Lambert von Auxerre. 29
fübrlicher als Psellus, jedoch ohne dass wir irgend Bemerkenswerthes
daraus hervorzuheben hätten.
Auch bei der sich anschliessetnlcn Erörterung über die Katego
rien ist der Text des Psellus häufig durch eingefügte Fragen und deren
Lösung erweitert‘“); zu beachten aber ist, dass bereits Lambert bei
den sechs letzten Kategorien, welche Psellus (Abschn. XV, A. 35) theils
kärglich theils gar nicht besprochen hatte, und deren vier letzte daher
auch bei Petrus llispanus ursprünglich fehlten (s. unten Anm. 173), die
nöthige Ergänzung aus Gilbertus Porretanus vornimmt‘“). Auch die
sog. Postprädicamente werden mit einer eigenthümlichen Bemerkung ein
geleitet H7).
Desgleichen werden sodann der Syllogistik allgemeine Gesichts
punkte vorausgeschickt, welche theils aus Boethius entnommen sind 11*‘)‚
theils deutlich auf arabische Litteratur hinweisen1 l9). Aber keinen dieser
115) Z. B. nach den Angaben über aequiroea u. dgl. fügt er hinzu: Ad evi
denliom proedic!orum quaeri!ur, quare in primipio praedicamentorum portanlur is!oe
di/finiliones et ad quid voleonl. Ad hoc direndum, quod . . . . deorm praedicamenla
possunl comparari ad sunm supm‘us, so. ad hoc quod es! ens, e! sie in her qaod
es! em aeqaivoeantur . . . . .. Secundo quaeri!ur, quare in plurali di/finiunlur . . . . ..
Tertio quaerilur‚ quare diflim'untur per „diri“ e! nun per „esse“ u. s. f.
116) Nemlich bei nativ, passio, quando, ubi, silus, habilus werden stets mit
den Worten „quod sie diffini!ur ab auelore sez princlpiorum“ die Angaben Gilberts
(Abschn. XlV‚ Anm. 488 ti‘.) angeführt Vgl. unten Anm. 308.
117) Post illa oero, quae dicla saut, dicalur de poslpraedicamenlis. Sed prima
uidelur, qaod poslpraedicamenla debeon! dici an!epraedieamenla, quia dic!um es! supro,
quod an!epraedicamen!a ad eogrtilionem praedicamenlorum aalen! e! ideo prorponun!ur
praedieamen!is; sed et postpraedicamenla aalen! ad praedioamenla; ergo qua ratione
illa dicun!ur onlepraedi'camenta. eadem ratione, ul vide!ar, is!a debent dici anteprae
dicamenta. Ad hat: dicendum, quod anlepraedicamenla e! poslpraedieamenla aalen!
ad cogni!ionem praedicamenlorum, sed diverse, quod anlepraedieamenla aalen! ad
eognilionem praedicamentorum in so, proa! omnia ipso ad aliquid superius compu
rart!ur, so. ad i'd quod es! ens . . . . ..,- sed poslpraedicameula aalen! ad eoym'lionem
quorundam, quae in praedicamenlis sun!, sicu! ad cognilionem eon!rarielalum e! pro—
prie!alum ipsorum, quod pale! de quolilre! praedieamenlo u. s. w. (Letzteres ist eben
die Behandlungsweise Gilbert’s.)
118) Sequi!ur de syllogismo, e! quia syllogismus es! species argumenlalionis e!
in diffinilione argumenlolionis penilur argumenlum, ideo videndam, quid xi! argumen
lum el quid urgumenlalio e! quo! orguntertlalionis siu! species e! quue. Argumenlum
aulem seeandum Boethium in Topicis suis (s. Abschn. XII, Anm. 165) es! ra!io rei
dubiae {idem faciens, ad cuius eridrnliam no!andam esl, quod ro!io dici!ar qaa!aor
modis u. s. w., d. h. er wiederholt aus Boethius (s. ehend. Anm. 82) die Einthei—
hing des argumentum in neoessarium, probabile und sophis!icum. »
119) Sciendum es! anlem, quod sylloyismi quaedam St!fll principia generalia.
quoedam anlem specialia. Mayis aalen: generalia sun!, quae in omni syllogismo re
periartlur, e! herum quaedam sah! malerialia, quaedom formalia. Malerialia sun!
lerrm'm' e! proposiliones, sed lermim' snn! maleria remola. proposiliones sun! materio
propinqua. Duo aalen: sah! principio syllogismi formelle, so. fiyura e! modus,
e! responde! [igura materiae remo!oe syllogismi, fll0tlll8 rero responde! maleriae pro—
pinquae (die ursprüngliche Quelle hieven s. bei Alfarabi, Abschn. XVI, Anm. 51 f.,
vgl. auch bei Algazali, ebend. Anm. 265, und bei Averroes, ebd. Anm. 317) . . . . . ..
Prineipio aa!em syllogismi magis specialia, quae speoiuliler in aliquilms syllogismis
reperiurtlur, et herum quaedam arm! perfidentia syllogismos perfeclos, quaedam vero
perficimlia sylloyismos imper/‘eelos. Principia perficienlia syllogismos perfec!os sun!
duo, so. diclwn de'onmi e! dielum de nullo; principia perficienlia syllogismos imper
fectos dao san!‚ so. aorwersio et redaclio per impossiln'le.
30 XVII. Lambert von Auxerre.
beiderseitigen Grundsätze benützt l.ambert irgend folgerichtig, sondern
springt hierauf sofort auf den Text des Psellus über, welchen er bezüg
lich der drei Schlussfiguren und ihrer Modi getreu wiedergibt, zuletzt
die nemlichen Memorial-Verse anführend, welche wir bei Wilhelm Shyres
wood trafen ‘20). Von Wichtigkeit aber ist uns; dass er eine ausdrück
liche und ausführliche Polemik gegen die Berechtigung einer vierten
(d. h. der sog. Galenisohen) Schlussfigur übt 121), wenn es auch eigen
tlu‘imlich ist, dass er gerade nur in diesem Punkte dem Aristotelismus
des Averroes (Abscbn. XVI, Anm. 322) folgt, während er durch andere
Bemerkungen desselben (s. z. B. ebend. Anm. 321 betreffs der letzten
fünf Modi der ersten Figur) sich gegenüber dem Psellus durchaus nicht
beirren lässt. Die Syllogismen aus modalen Urtheilen sowie die hypo
thetischen fehlen auch hier 122). ‘
Hierauf folgt als „dialektische Argumentation“ die Topik mit Zu
gruudlegung des Textes des Psellus 12"‘), und unmittelbar hernach die
Sophistik 12‘), welche er hiemit an einer anderen Stelle, als Wilhelm
Shyreswood (ob. Anm. 65), ergänzend einreiht; aber sowie diese Anord
120) Notaudi sun! istt' versus (s. dieselben oben Anm. 52)....‚ Worauf in
gleichen Worten wie bei Shyreswood die Angabe folgt, wie die Verse sich auf die
drei Figuren verlheilen, sodann aber: Et sciemlum, quod si in oliqua dictione in
veuiunlur plures syllßbat’ qnam lrex, m‘ln'l designunt, scd solum appommtur propter
metrum. lle1n scicudum, quorl per voralem pn'mac syllabue datur intelligi molar pro
positio, per vocalcm srcuuduc minor, per vocalem lerliae conclusio. Hierauf mit den
selben Worten wie bei Petrus Hispnnus (s. unten Anm. 187) die Bedeutung der
vier Vocale und der als Fingerzeig der Beduction dienenden Anfangsbuchstaben
lt, C, D, l". Sodann: Proposilio illa‚ quae dicitur intellt'gi per vocalem, qnam se—
qm'tur S, convertitur simplicilcr; xi vern sequitur P, oonvcrlitur per arcidens; si si!
M, 0st Iranxposilio in pruemisris (—- somit auch hier das auf den Arabern beruhende
Wort „praemissa“, s. Anm. 52); in qpa pom'lur C, (lebe! reduci per itnposst'bilr.
121) l!em possit aliqut's dieerc, cum sit uua figum, in qna medt'us praedicatur
in u!raquc pracmissarum, alte, in qua subiim'tur in utraquc‚ c! alle, in qua suln't'ci
!ur in una c! prucdiratur in altem, ideo virletur, quod dchea! esse quarta figura, in
quu medius praedieclur in mat'on' c! subiicialur in minori. Ad hoc dieendum, quer!
tantum um! trcs figurac sylloyismi; cm'us ratio ext, qttt'a mrdfum in syllo_qirmo (zu!
habe! modum yvneralissimum rel primi in online prncdt'rabilium‚ e! sie cst sammle
fiquru, in qua medium supmpoflilur extremitetibus; an! habe! modum specialisst'mum
rel ultinn' in orfil'natiune prucdicabilium, e! sie es! ter!ia fiyum, in qua Medium
811i!ilfiltlf e.rlremis; au! haltet modum medii in o!‘1lirttlli0fl8 pracdicubilium, eo quer!
supponitur alii extremitnti e! alii snpraponitur, et !uuc es! prima figura. Alte fiyura ‘
esse nun potest, in qun medium praediralur de nwiore rx!remi!ale et subüciotur
minori extremitatt'; num sccnndum itlam dispositiouem medii oporleret sumere mm'o
rem falsam, si stutzerelur universulis, er! opurlere! xumerr purlirulurrm, et tun: non
sequeretur conclusio, 1mm si dica!ur „Ornur ultima! es! Ito1no, omm's homo es! risi—
ln'lo, ergo omnc risiht'le cst animal“, maior cril /ulsa‚ quu sumptn particulart'ler mm
sequitur eonclust'o.
122) Vgl. oben Anm. 54 u. unten Anm. 190.
123) Habilo superius de nrgmucutationc sylloyislica, prout es! dialeclica e! per
losem dialt‘cticum confirmalur. nutze de Incl: dialectict's direndum ext. In der Reihen
folge der Topen stimmt l.amherl bei den loci extriuseci fast völlig mit jener Ah—
weichung bei Wilhelm Shyreswood (Anm. 56) überein, nur ist hier der 'l‘opus a
ximili nach jenem a minon' gestellt.
124) l)icto de locis dialcrticis diccnrlum e:t de locis sophivlicis u. s. w.
Der Inhalt aber erstreckt sich auch hier nur auf die erste Hälfte des aristotelischen
Buch-s (vgl. oben Anm. 65 und unten Anm. 197).
XVll. Lambert von Anxerre. 31
nung, ebenso stimmt auch der Text der Soph.El. fast wörtlich mit jenem
des Petrus Hispanus überein.
Den Schluss aber bildet auch hier die Erörterung über!ermi
norum proprie!ates‚ wobei auch Lambert (wie Wilhelm Shyreswood)
sich gegenüber dem byzantinischen Originale eine Selbstständigkeit in An
ordnung der einzelnen Abschnitte bewahrt, jedoch in Behandlung des
Einzelnen dem Petrus Hispanns weit näher steht. Er bezeichnet als Ge
genstand dieses Theiles der Logik: sappositio, appetlatio, resh-ietio,
dislributio, relatio, und äussert sich dabei, was das Verhältniss der
significalio zur suppositio betrillt (s. Abschn. XV, Anm. 66) ziemlich aus
führlich und selbstständig“““). Die suppositio, welche er (wie alle übri
gen derartigen Begriffe) vorerst nach verschiedenen Woribedeutungen
zerlegt‘“), theilt er sodann (vgl. ehd. Anm. 67 f.) principiell in suppo
sitio proprie dicta und in copulatio, womit die grammatischen Formen
der Worte in Verbindung kommen H7); die Eintheilung der Supposition
stimmt, abgesehen von kleinen Abweichungen, mit jener bei Psellus völlig
überein 128). Hernach aber lässt Lambert die appel!o!io folgen‘"), und
erst hernach die res!rictio und die amplia!io, welch beide er parallel
miteinander verflochten behandelt‘“); sodann reiht er die dis!ribu!io
125) Qnia logica eonsidcra! !enninum‚ idro voiivenirns es!‚ n! de!enninet de
!emtino ipso...... Mul!ae aalen: saut prapric!ates Icrmini, so. suppnsilio‚ appella!i0‚
restrie!io‚ _dis!ribulio e! relatio...... Sed quitt significalio es! sieu! perfec!io !ermini
e! proprielates !er1nini super significa!ione fundan!ur‚ ideo in principin ad ariden
!iam sequenlium videndum es!‚ quid si! !crrnini significalio...... Significalio es! in—
tellec!us rei, ad quem vor imponi!ur . . . . .. l)i/fer! autem signifieatio a suppostlione
in hoc, quod prior es! significalio‚ e! quer! siynificalio schon er!cnrlilur ad
1'Nll‚ ad quurn siyni/ienndam. impani!ur !erminus‚ ‚vor! snppasilio nun solum ez!en
di!ur ad ’N’fll, quae per !erminam significa!ur, sed po!es! M'IGMÜ ad supposi!a can
!en!a sub illa re u. s. f.
126) Suppositio qna!aor modis dici!ur: substan!iva designa!io.....‚ acceplio
proposilionis..„„ ordinatio parlium..... .‚ aecep!io !er1nini pro so sive pro re sna
vel pro aliqao supposito coulen!o sah re vc! pro aliquibus suppositis eon!enlis sah
re suo. E! ideo quar!o modo es! hie in!en!io u. s. f.
127) Supposi!io commum'ter dic!a dividi!ur in sapposi!ionem proprir dic!ain e!
aopulalionem..„.. E! es! snppositio proprie dic!a arrep!io !ermini rem fixam e! per
se slanlvm reprm'sentaulis Copillalio es! acceplio !mnini rein dependenlem re—
praeseritanlis. Die!iovmm quaedam supponun! !nn!um u! namina subs!anlira‚ quar
dmn copu!an! lan!um u! nomina adierliva‚ quaedam vero supponan! e! eopu!anl n!
eo, qaae sun! adire!iva re‚ sabslantira eero uoee, a! „armi_qer, dar“ n. s. I'.
128) Supposi!io potes! sie dividi: alia es! naturalis e! alia uccidrnlalis......
Aceidentalium alia es! simplez alia personalis..... Personalium alin disarela alia
commum's..... Communium alia de!ermina!a alia eon/usa.... . ('on/usarum a!ia ve
hemens mobilis ulia exi!is mobilis u. s. 1'‚
129) Appellatio diritur quu!uor inodis: ....praprio nominalm......‚ proprie!as
nominum......‚ acsepliu lennini pro supposi!a sah suo significoto.....‚ acceplio ler
mini pro supposi!o vc! pro supposilis acta existenlilms...„ Quar!o modo es! prin
ripalis in!entio u. s. f. (eine Menge von Quüstionen und Sophismen).
130) Sequilur de restrie!ioue e! amp!iatione..... Reslria!io es! mineralio ambi!us
!ermiui eommunis, seeundum quam pro paueiwibus suppositis !enclur !erminas com—
munis, quom exiga! sua ac!ualis snpposilio Amplialio es! ex!ensio ambi!us !er
mim' communis, secundam quam pro plnribus supposilis lenclnr !erminus conmmnis,
quam ewige! ac!ualis sna suppositio u. s. f. (Dass Wilh. Shyrcswood die rex!riclio
und amplialiu nicht blass unter sich, sondrrn auch mit der uppellalio verflouhl‚
(s. oben Anm. 64.)
32 XVll. Lambert von Auxerre. Petrus Hispanus.
an 131) und zuletzt noch die relalio 132). Aber trotzdem ist der lnhalt
dieser genannten einzelnen Capitel dem Sinne nach (wenn auch nicht dem
Wortlaute nach) enge an das für uns verlorne griechische Original ange
schlossen, d. h. Alles finden wir bei Petrus Hispanqs wieder. Hingegen
was bei Letzterem zu den Ewponibilia gehört und was bei Wilhelm
Shyreswood den Inhalt der Syncategoreumala bildete (ob. Anm. 66 ff.),
hat Lambert simmtlich hinweggelassen 133).
Das Bisherige wird nun sicher den genügenden Nachweis enthalten,
dass die byzantinische Logik des Psellus bereits vor und auch neben der
Thätigkeit des Petrus Hispanus bei den abendländischen Lateincrn einen
ausgedehnten Wirkungskreis gefunden habe. Und sowie die mitgetheilten
Belegstellen beurkunden, dass man jenes neu eintretende Material (nament
lich den Abschnitt über die proprietates lerminorum) immerhin mit einer
gewissen individuellen Freiheit verarbeitete‘“), so ist nun auch die Frage
über den Petrus Hispanus selbst so ziemlich aufgeklärt; denn wir er
kennen, dass er unter mehreren gleichartigen Schriftstellern, obwohl bei
weitem der einflussreichste, doch das wenigste individuelle Verdienst hat,
indem er eine neue Quelle, welche schon einige Zeit vorher eröffnet
worden war und zu Verschiedenartigem angeregt hatte, lediglich objectiv
abschreibend reproducirte 135). Kurz es hat sich uns nun quellemnässig
bewährt, was schon oben gelegentlich des Psellus (Abschn. XV‚ Anm. 87 ff.)
gesagt wurde. Aber sowie ich dieses ganze neue Resultat nur aus hand
schriftlichen Quellen gewinnen kounte, so stellt sich uns zur vollen Er
gänzung der geschichtlichen Forschung die Nothwendigkeit recht lebhaft
vor Augen, dass veröffentlicht werde, was irgend Wichtiges noch in Hand
schriften verborgen liegt. Bedenken wir, dass zwischen Petrus Hispanus
und der Praxis der Buchdruckerkunst ein Zeitraum von zweihundert Jahren
liegt, und dass zur Zeit der ersten zahlreichen Drucke logischer Compen
dien Petrus llispanns bereits längst eine fast ausschliesslichc Auctorität
errungen hatte, so bleibt wahrlich noch ein weiter Spielraum für logische
Schriftsteller offen, welche im 13. Jahrhunderte oder zu Anfang des 14.
131) Distribulio es! um'us in diverse diuisio u. s. f.
132) Relativ es! respettiva habiludo es! ante Ialac rei recordalio . . . . ..
Relativormn sunl aiiu relative substanliac alia relative accidenfium . . ‚ . .. Relativorum
substantiae aliud es! relativum ydemptilalis, uf „qui“, uliud es! relalirum diversi
fulis, u! „alias“ n. s. w.
133) Möglich wäre wohl, dass dem Lambert nur eine unvollständige Ueber—
selznng des Psellus zu Gebot stand; jedoch nach seiner ganzen Art und Weise
dürften wir eher annehmen, dass er absichtlich jene ganze Gruppe bei Seite licss.
134) Ich habe in dieser Beziehung absichtlich im Vorigen mehrfache Proben
des Quellen-Textes gegeben, denn derjenige Leser, welcher die Sache genau nimmt,
kann hiernach durch einlässliche Vergleichung von selbst ersehen, wie manigfaltig
das gleiche Thema variirt wurde.
135) Es ist z. B. haarer Unsinn, wenn Bist. litt. de in France, XIX, p. 326,
gesagt wird. Petrus Hispanus habe bei der damaligen Unverständlicbkeit des Ari«
stoleles‘ eben einen leicht zugänglichen Auszug aus dem Organen angefertigt (konnte
er denn etwa auch die fünf“ theophrastischen Schlussmodi aus Aristoteles excerpiren.
oder wo fand er denn bei Aristoteles die proprielales leiminorum oder die syncu—
legoreumata?!) Doch die Verfasser der ”ist. litt. de in Franc: zeigen ja überhaupt.
so häufig die lobliche Gewohnheit, über Dinge zu schreiben, welche sie höchst
flüchtig oder auch gar nicht gelesen haben.
XVII. Petrus Hispanus. ' 33
nicht völlig im Schlepptau des Petrus Elispanus sich bewegten, sondern
eben nach Art eines Wilhelm Shyreswood oder eines Lambert von Auxerre
den byzantinischen Stoff selbstständiger bearbeiteten oder auch, was nicht
sehr schwer war, selbst bereicherten. So ist es nicht bloss möglich, son
dern selbst sehr wahrscheinlich, dass, was den verschiedenartig gestalteten
Inhalt der Syncategoreumata bildet oder was wir später unten bezüglich
der Obligatoria, Insolubilia und Comequentiae anführen können, wenig
stens im Keime ursprünglich schon damals, d. h. in den ersten Jahr
zehenten der Wirkung byzantinischer Logik, aus dem Compendium des
Psellus sich entwickelte 136).
Wenden wir uns hiemit zu demjenigen Autor, durch welchen die
Synopsis des Psellus eine dritthalbhundertjährige Herrschaft erlangte, nem
lich zu Petrus Hispanus (geb. um 1226, gest. als Papst Johann XXI.
i. .I. 1277), so berühren uns hier seine biographischen Verhältnisse ebenso
wenig als seine medicinischen oder theologischen Schriften 13"). lusof'erne
hingegen die Frage nicht ganz zu umgehen ist, ob jener Petrus Hispanus,
von welchem die berühmt gewordenen „Summulae“ herrühren, wirklich
der nachmalige Papst Johann XXI. sei, so muss bemerkt werden, dass
allerdings die Dominicauer für sich die Ehre in Anspruch nahmen, den
vielgepriesenen Autor zu ihren Ordensmitgliedern zu zählen 133); jedoch
abgesehen von den Bedenken, welche an sich jene häufig geübte littera
rieche Eitelkeit und Rivalität der Orden darbietet, und selbst abgesehen
von einem kleinen chronologischen Zweifel 139), könnte sich vielleicht jene
Angabe der Domiuieaner auf eine für dieselben unverfängliche Weise da
durch erklären, dass ein späterer Petrus Hispanus aus dem 14. Jahrh.,
falls derselbe wirklich Dominicaner war, die Veranlassung zur Verwechs
136) Sowie ich daher schon im 2. Bande wiederholt auf neue Eröffnung hand
schriftlicher Quellen hingewiesen habe, so kümmt es mir überhaupt nie in den Sinn,
meine wahrlich aufreibende Forschung irgend für eine abgeschlossene zu halten.
Ich besorge allerdings nicht, aus demjenigen, wa‚s gedruckt Vorhanden ist und auch
mir in reichem Maasse zu Gebot steht, wesentliche Widerlegungen erfahren zu
müssen, aber ich wünsche aufrichtigst, dass meine Resultate durch handschriftliche
Publicationen ergänzt und berichtigt werden. Die fraglichen Punkte, um welche es
sich handeln kann, und vielleicht auch die Richtung der Beantwortung glaube ich
mehrfach hervorgehoben zu haben. In Paris, in London, in Oxford (vielleicht weniger
im Escurial) muss sich gewiss noch Manches finden.
137) Ich. Tob. Kühler, Vollständ. Nachricht v. Pabst Johann XXI. u. s. w.
Göttingen 1760. 4. gibt eine reichhaltige Zusammenstellung, welche allerdings an
der geschmackloseu Darstellungsform jener Zeit leidet und zumal erklärlicher Weise
betreffs der Logik auf mangelhaftem Wissen beruht.
138) Autoren, welche diese Ansicht vertreten, sind angeführt bei Nie. Antonius,
Ifibl. Hisp. vetus. Lila. Vlll, Cap. 5, ä. 162 thrsggh. v. Prrez Bayer. Madrid 1788.
fol. Vol. II, p, 76); vgl. auch Ouclif‚ Scriplt. Ord. l‘raedic. l, p. 485 f. Namentlich
warf man sich auf eine Angabe des Joh. Marietu (De los sanlos du Espnria. I.ib. XXI,
(Zap. 57) und des Job. Lopez, Hisl. gen. lll, p. 297, wornacb unser Petrus Hispanus
in dem navarrcsischen Dominicaner-lfloster Stelle gelebt haben und begraben sein
soll. Was übrigens die Summa/m: selbst betrifft, zeigen auch Antonius und Quelif
die gleiche Unwissenheit wie alle Anderen, und von solcher Beschaflenbeit war dann,
was die Verfasser der ”ist. litt. de 1a Fram‘e abzuschreiben fanden.
139) Da das genannte Kloster Stelle nicht vor d. J. 1260 gegründet wurde.
S. Oueti/ a. a. O.
Piuum, Gesch. III. 3
34 XVII. Petrus Hispanus.
lung darbot “°). Erscheint uns daher, solange nicht irgendwie entschie
dene neue Gegenbeweise aufgefunden sind, die gewöhnliche Annahme 1“1)
immerhin als zulässig, so ist für den geschichtlichen Verlauf jedenfalls
das Wichtigste, dass auch selbst jener angebliche Dominicauer Petrus
Hispanus in den Anfang der zweiten Hälfte des 13. Jahrh. verlegt wird,
und audrerseits, dass der Verfasser der Summulae sicher in Bälde als
identisch mit einem Papste galt (— mag er nun wirklich die Tiara ge
tragen haben oder nicht —-—); denn aus letzterem Umstande ist es ent
schieden zu erklären, dass in der Sehultradition gerade sein Compendium
viele andere verdrängte und sich einer einmüthigen Auctorität erfreute.
Jedenfalls ist unter den ähnlichen Erzeugnissen jener Zeit das Com
pendium des Petrus Hispanus das geistloseste, insoferne es ohne irgend
einen einzigen eigenen Gedanken nur den Grundlext der neu eingeführten
byzantinischen Logik wiederholt. Ob der Verfasser selbst des Griechischen
mächtig war, um den Psellus zu übersetzen, oder ob er nur als Ab
schreiber einer bereits vorhandenen getreuen Uebersetzung sich seinen
„weltgeschichtlichen“ Einfluss errungen habe, lässt sich nicht entscheiden;
der „Schweiss des Angesichtes“ kann in keinem der beiden Fälle gross
gewesen sein. Jedoch eben um des Einflusses willen, welchen Petrus
Hispanus auf sehr lange Zeit ausübte, müssen wir seine Summula aus
führlicher darstellen, können uns jedoch hiebei in jenem Theile, dessen
griechisches Original uns vorliegt, durch Verweisung auf das im XV. Ab
schnitte Gesagte kürzer fassen (den Anmerkungen es überlassend, zur
Vergleichung der Uebersetzung mit dem Originale zu dienen), und müssen
nur im zweiten Haupt-Theile dasjenige, was ausschliesslich in lateinischer
Form erhalten ist, einlässlicher erörtern (s. Abschn. XV, Anm. 86).
Es findet sich eine ausserordentlich grosse Masse von gedruckten
Ausgaben des Petrus Hispanus aus jenen Jahrzehenten, in welchen den
selbe noch nach Erfindung der Buchdruckerkunst an allen Orten in un
getrübtem Ansehen stand. Sie enthalten sämlutlich im Ganzen und Grossen
den nemlichen Text1“), und wenn wir die unsägliche Mühe nicht scheuen,
aus den Schätzen grösserer Bibliotheken die erreichbaren Exemplare sorg
140) Nemlich Nie. Antonius (a. a. O. p. 76) fuhrt aus Petrus Cirvelo's Com
mentar zum Petr. llispanus (— In Sumnmlas Petri Hispani a se dumm corrrrlus ac
honae solidueque dortrinae documentis illustrutas pracclarissimus commenlarius. Sal—
munlicu. 1535, ein Buch, dessen ich nicht habhaft werden konnte —) mehrere
Notizen an, welche einen Petrus Hispunua innior betreffen (namentlich habe derselbe
die Summulas des Aelteren in abgekürzter und gleichsam geläuterler Form bearbei
tet), und weist dabei auf einen Dominicaner Petrus Hispanus hin (p. 77)., welcher
i. J. 1396 in kirchlicher Beziehung zu einer hervorragenden Stellung gelangte.
141) Vertreter derselben sind genannt bei Antonius a. a. O. p. 75. Uebrigens
wird erklärlicher Weise in derartigen Fragen kaum irgend Gewissheit zu er
reichen sein.
142) Zur leichteren Orientirung des Lesars möge dienen, dass die Logik des
Petrus Hispanus in folgende Hauptahschnitte („Iraclalus“) Zerfällt:
l. Lehre vom Urtheile
ll. Die quinque voces
lll. Die Kategorien
IV. Syllogistik
V. Topik
XVII. Petrus Hispanus. 35
fällig zu vergleichen'“), so finden wir nicht nur, welch bodenloses Ge
rede es sei, wenn man stets von „mehreren“ oder „zahlreichen“ die
VI. Saphist. Elche/xi
VII. Tenninorum proprietates, nemlich
1. Suppositt'o, und zwar
a) an sich
b) relativorum
. Ampfiafio
. Appeüaüo
. Restrictio
. Distributio
Exponibitia.
143) Mir standen, was den Text betriflt, folgende echtundvierzig Ausgeben
(theils mit theils ohne Commentar) zu Gebot:
I. fünf Leipziger Drucke:
A) Textus summutarum Petrt' Hispam' per tractalus et capitula divisus cum
quc :ingutorum traclatuum summariis figuralt'ter resolutis cuüibet studiaso
multum profuturt's etc. Am Schlusse: Lyptzk per Metchiorem Letter.
1499. fol.
B) Textus septem tractatuum Petri Htspam' per tructatu: et cupt'tuta distinctus.
in quilms succiucte brevt'terque inquiruntur, quae in Iilm's logicalibus
Aristotetis difl'ust'us tractantur. Am Schl.: Per virum Melcltior Letter opt
darmm Liptzensis [sie]. 1506. 4.
(t) Ebenso. Am Schl.: Liptzk per Metchiorem Letter. 1509. 4.
D) Ebenso. 1510. 4.
E) Ebenso. Am Schl.: Ex offirina Melchian's [sie] Lotthm‘. 1516. 4.
Diese fünf sind sämmtlich unter sich identisch und weichen nur durch ver
einzelte Druckfehler von einander ab; sie geben den Text der genannten (vor.
Anm.) Tractate, halten aber in den Kapitel-Ueherscbriflen stets die Parallele
mit dem aristotelischen Organon ein; nur A gibt nach den einzelnen Tractaten
ehHheüende Ueberflchßn.
II. Ein Incunlbel—Druck ohne Ort u. ohne Jahr:
F) Trutatus magistn' Petri Hispmu'. Am Schl.: Finium summulae Petri Hispuni
bt’1te cmendatae et correclae. 4.
Durchgängig identisch mit den Leipzigern; nur fehlt der letzte Abschnitt, d. h.
Exponibtlia, und ausserdem sind die Unterabtheilungen des 7. traclatus in den
Ueberschriften als selbstständige 'I'ractate fortlaufend numerirt, nemlich 8 de
retott'tn's, 9 de emplt'att'one u. s. f.‚ wornach das Ganze aus 12 tractatus besteht.
(In beiden Eigenlbümlichkeiten stimmen die unten anzuführenden Drucke 2—9
mit diesem überein, blass in der Art der Numerirung aber auch die Drucke
u-—r.‚ m—n, z).
III. fünf in Deutschland erschienene Drucke mit dem Commentar des Versor (die
Venetianer Drucke s. unten Y—ß), nemlich:
G) Diele Versoris super septem tractalus Magislri I'eln' Hfspani cum textu.
Am Scbl.: Anno domim' 1487 (wahrscheinlich in Köln). fol.
II) Ebenso. A. Schl.: A. domim' 1488 (wahrsehl. in Köln). fol.
I) Ebenso. A. Schl.: Colom'ae per Henr. Ottt'ttlßli. 1489. 4.
K) Ebenso. A. Schl.: Per Anlhom'um Koberger Numbergae. 1495. 4.
L) Ebenso. A. Schl. nur: Fintt fvlieiter (wahrschl. in Köln 1497). fol.
Sämrritliche fünf unter sich völlig identisch, geben den Text in gänzlicher Heber
einstimmung mit den Leipziger Drucken. Nur fehlt hier, sowie auch in DI-»ß‚
2—1, das letzte Capitel des 4. Tractates (De potest. sylt); auch sind in
fllßl. ebenso wie in F die Unlerabtheilungen d:-s 7. Tractates eigens
numerirt, womacb trotz der Angabe auf dem Titelblatte doch 13 tractalus
erscheinen.
IV. acht Kölner Drucke mit thomistischem Commentare des Lamhertns de Monte:
II) Copuluta onmium tractatuum l’etrt' Hysparn', etiam Sinnethegoreumatum et
parvorum toyicatium cum teztu‚ secundum doetrinam divi Thema Aqui
9mbüm
31
36 XVII. Petrus Hispanus.
Dialektik betreffenden Schriften des Petrus Hispanus sprach (so die in
Anm. 135 u. 137 f. genannten Autoren); denn Alles, was uns unter ver
lll)
0
P)
o)
8
v
)
v
nalis iuxla proccssum magislrorurn Colom'ae in bursa montis regcntium.
Impressa per Liiskyrchen. Am Schl.: Coloniae. 1480. 4. Worauf mit
neuer Paginirung, aber ohne neues Titelblatt, der 7. lractatus und das
an ihn sich Anrcibende folgt, woselbst am Schlusse: luxta processum
magislrorum Coloniae regentium in bursa magistri Lamberti de Monte,
artium ac s. theol. professoris eximii . . . . . . . Coloniae anno magesimo
suprn millesimum qualerque centesimum; jedoch sind beide Theile mit
den nemlicben äusserst alten Lettern gedruckt‚ und sonach „nonagesimo“
wahrscheinlich Druckfehler für anlegesimo.
Ebenso; nur fehlt der Name des Druckers. In beiden Abtheilungen am
Schl.: Coloniae. 1489. fol.
Copulala amnium traclaluum Pelri Ilyspam', parvorum logicalium‚ etiam
syncalltegoreurnatum, cum leztu. denuo diliyentissime correcta setundum
doclm'num u. s. w. wie so eben... .‚ regentium. A. Schl.: Colom'ae. 1490. 4.
Hierauf mit neuem Titelblatte und neuer Paginirnng: Copulala super omnes
Iractalus parvarum logicaliurn Petri Ilispam' cum texlu eorundcm pulcher
rinne inserlo. denen diligentissime correcla. Am Schl.: Coloniae. 1490.
Dann abermals mit neuem Titel u. neuer Pagininxng: Traclatus sincuthe—
goreumatum Pelri Hyspani cum pulcherrima's sophismalibus, qm' nouiter
correclus cum dila'gentia volenlilms in Iogia's subtililer speculan' es! mul
tum ulilis. (A. Schl, Nichts.)
Texlus et copulatn omniurn lraclaluum Pelri Hispam', etiam parvorum lo—
gioalium et truclatus syncuthegorematum, quem aliqui octavum rocant‚ cum
quilmsdam uliis sagaciler adiunclis. iterum atque ilrrum diligenlissime
correcta seclmdum doclrinam irrefragabilem divi Thomae Aquinnlis ac iuzla
frequens erercih'um magistrorum Coloniae infra sedecim domos in I:ursa
Menüs regenti'um‚ in hunc unum librum congestu. Am Schl.: Coloniae.
1493. 4. Hierauf mit neuem Titel u. neuer Pnginn: Copulata super omne:
lradalus parvorum logicalium Pelri Hispani an super Ircs lraclalus Mo
dernorum teztui pulcherrime annolata in urgumenlis et repliris denuo
diligenlissi‘rne correcta iuxla inviolatum protessum magislrorum Colom'ae
bursam Menüs regenlium. (A. Schl. Nichts.)
Wörtlich ebenso. Coloniae. 1494. 4.
Copulala cammenlaria textiu' omm'um traclaluum Pein" Hyspam', eliam
parvormn logiralium 01 (rinnt modernnrum‚ perquarn soferter inserta. ilerurn
alque ilerum emendata et diligcntissime correcla secundum irre/ragabilem
et fundalissimam docln'narn dioi Thomae Aquinatis peripaleticorum inter—
prelis veracissimi. ac iu:vta frequens exercitium magistrorurn Colonien‘sr's
gymnasii in bursa Menüs regenlium, qm’ tanti docloris sancti seclalores
exislunt sincerissimi propagatoresque fidelissimi. Am Schl.: Caloniae per
Henricum 0ucntell. 1496. 4. Hierauf mit neuem Titelblatt: Copulala om
nl'um lraclalimm parvorum logicalium Petn' Hyspam' lrilms adieclis moder—
norum tractatilms in suis commenlariis leztm' pralcherrime annolatis. in
nrgumenh's et replicis denuo diligen/issime correctn iuxla inn'olatum pro—
cessum magistrorum Coloniae bursam Monlis regentium ac innictissimam
docln'nam suneli Thomae uberrirne propagantium. A. Schl.: (ohne Nennung
des Lamherlus de Monte) Coluniac per Henn'cum Ouenlell. 1496. 4.
(Alles unpaginirl,)
Copulnta pro elucidalione scz tractatuum Petn' Ilyspnm', etiam parvorum
logicalium eiusdem et m'um modern0rum‚ textm' perquam soferlcr inserla
u. s. f. wie in II. A. Schl.: Colmu'ae per llcnr. Ouenlell. 1503. 4. Hierauf
mit neuem Titel u. neuer Paginirung: Copnlata Iraclatuum purvorurn logi—
calium u. s. f. wie in R. A. Schl.: Colom'ue per Henr. Oucnlcll. 1503.
'l‘) Wörtlich ebenso. 1507. 4.
Diese acht Drucke, in welchen ausser den Syncategoreumata drei neue Tractate
(uemlich De obligatorm, l)e insolufu'libus, De conseqneuh'is, s. über dieselben
XVII. Petrus Hispanus. 37
schiedenen Titeln und mit verschiedenartigen Commentaren durchwoben
erhalten ist, zeigt sich als Ein und das nemliche Werk. Aber ausserdem
bei den späteren Interpolationen in Abscbn. XX) beigefügt sind, stimmen unter
sich im Wortlaute völlig überein; nur unterscheiden sie sich dadurch, dass
der Abschnitt über die Syncategoreumata in III und N vor jene drei neuen
Tractate, hingegen in 0, P, Q nach denselben gestellt ist, aber in ß, 8‚'l'
gänzlich fehlt. Der Text des P. Hispanus ist. mit Ausnahme unbedeutender
Abweichungen identisch mit jenem der Leipziger Ausgaben.
V. Drei Kölner Drucke mit albertistischem Commentare des Harderwyck:
VI.
VI.
U) Copulata Petri Hyspam' secundum processum bursae Laurentii. Am Schl.:
Commentum . per magistrum Gerardum de Harderwyck s. theol. licent.
1488. Hierauf mit neuem Titelblatt: Copulala super onmes tractatus
paruorum logicalium Petri Hyspam' et nonnullns Modernnrum secundum
vium Alberlistarum. A. Schl.: Commentum u. s. f. wie so eben. 1488. fol.
Commentaria in summulas Pctn' Hispam' albertocentonas continenlin.....
secundum processum bursae laurerWanae Colon. ad unguem casligata et e
mendis quibus scatebant erepla.... Impressum Colom'ae apud Lijskirchen.
Am Schl‚: per acutissimum in artibux liberalibus magistrum et s. theol.
licentialum magistrum Gerardum Hardcnuicksensem. 1492. fol. Hierauf
mit neuem Titelblatt: Commenlarii in omnes tractatus parvorum luyicah'um
Pelri Hispani iunetis nommllis Modernorum processum bursae Iaurentianae
in universitate Coloniensi canlinenles ineipiunl feliciler. Am Schl.: per
aculissimum u. s. f. wie so eben. 1493. fol.
Copulata summularum Petri Hispum' secundum proccssum Imrsae Laurenlii
iuxla mentem venerabilis domim' Albcrli Magni feh'cifer incipiunl. A. Schl.:
Commentan'i in onmes traclatus Peu-i Hispam' e! nonnullos Modernorum. . . . .
ex dim' Alberti Magni commenlariis per... .Gerardum Hardcrwiccensem.... .
Impressum in officina....flenrißi Ouentell. 1504. 4.
In sämmtlirhen dreien ist noch ein Excerpt der zweiten Analytik eingefügt,
und zwar in l'‚ woselbst die Soph. EI. fehlen, nach der Topik, in v u. W
aber nach der Syllogistik, d, h. nach dem 4. Tractate, wornach sich in W
sogar die Numerirung des 5. u. 6. Tractates um eine Ziffer erhöht. Was die
Farm Iogicalia, welche in selbstständige Abschnitte zertheilt sind, betritt], so
sind auch hier (wie in Il—T) nach der Distributio die drei neuen Tractate
Obligatoria, 1nsolubilia, Consequenliac eingercilit, in W aber fehlt der letzte
Tractat, d. h. Exponibilia. Die Syncalcgorcumala sind nicht mit aufgenommen.
Der Text ist wohl im Ganzen jener der Leipziger Drucke, streift aber in ei
nigt-n wenigen Abweichungen bereits an den Beutlinger Druck (ff! u. Ü).
Ein Venetianer Druck mit sc0tistischem Commentare des Dorbellus:
\) Login: magislriNicolai de Orbcllis um'1 cum lextu Petri Hys-pani. Am Schl.:
Venefiis per Lazan de Soardis. 1516. 4.
Der Text zeigt im l. Tractate einige Abweichungen von dem Leipziger. dürfte
aber vielleicht, insoferne man von einer entschiedenen Inlerpolation bei den
mndnlen Urtheilen absehen würde, überhaupt auf die ursprünglich älteste Be
cension zurückweisen (s. d. folg. Anm).
fünf Venetianer Drucke, wovon vier mit Commentar des Versor (vgl.oben G—L)
und einer mit jenem des Johannes de Monte:
Y) Textur sie: über summularum logieae magistri Peln' Hixpam' cum Versoris
Parisicnsis doctaris perspicacissinu' interpou‘ta exposiliene. in cafr:e quo
que harum eiusdem f’elri Hispani Pa nimm logicah'um nuperrime inventus
libellus ulüi serie adnezus. Am Schl.: per artem Hermanni Lichtcnstein
Colom'ensz's Veneliis. 1488. fol.
Z) Verson's expositie in summulas logirae Petrx' Hispam‘ zum tequ eiusdem.
Eiusdem Petn' Hispam' libellus pervon logicalium nuper innentus. A. Schl.:
Venetiis per Philippum Pincium Mantuanum. 1508. fol.
ä!) Petri Hispani summulae logivales cum Versorii Parisiensis clarissima ex:
posilione. Parvorum dem logicah'um eidem Petra lfispano adscriptum opus
‘.
v
w)
38 XVII. Petrus Hispanus.
entdecken wir auch, wie dieser einheitliche Text in Einzelnheiten die
manigfachsten handschriftlichen Variationen darbietet, wie Auslassungen
VIII.
IX.
. . . ‚ .. Quae omm'a immmen's paene errorz'bus undique scatentiu mazima
saut diligentia custigata. Venetiis apud Juntas. 1550. fol.
ß) Petri Hispam' summulae Iogicales cum Ouae 0mniu a. Martiano Rote infim'lis V[eerrseorieirinnr.ibsu.s wm.axwiimea isnaut dili
gentiu austiynta. Venetii: u.pud Sausovinum. 1572. 4. ‚
(ä) Summulae Joanm's de Monte super Petrum Hispanum. A. Schi; Explicit
commentum valde notuln'le ad menlem dectoris subtilis super logicue sum
mulis.... Pelri Hispani ab eximio artium et sacrarum litterarum doclore
l’arisiensi ezcell. magislro Johannc de Monte Parisiis olym edilum per....
magislrum Petrum de Grace portum galicum maximu cum diligenlia ausli
gatum. Venetiis. 1500. 4.
In diesen fünf Drucken, unter welchen, was den Text betrifft, \’ Z !t @ fast
absolut identisch sind, und nur 8 in den Beispielsätzen und Memorialversen
kleine Abweichungen zeigt, ist der 7. Tractat in selbstständige, aber unter sich
eigens numerirte Tractate zertheift, deren jeder als ein truclutus parvorum logi
calium bezeichnet ist, und ausserdem kömmt als ein Petra Hispauo udscriptum
opus (nicht als 8. Tractat) der Abschnitt über die Syncntegoreumata hinzu; nur
in (S schliesst sich nach den Expanibilia an Stelle des Textes der Syncateg.
sofort der blasse Commentar derselben an. Der Text der sieben Tractate ist
in seiner ursprünglichen Grundlage identisch mit obigem X, enthält aber dahri
bereits manigfache Umstellungen und besonders lnterpolationen, deren einzelne
selbst mit dem Beutlinger Drucke (91 G) übereinstimmen.
zwei Lyoner und Ein Pariser Druck mit Commentar des Georgius Bruxelleusis
und des Thomas Bricot und Ein Venetianer mit Commenlar des Johannes de
Magistris:
®) Expasitio Georgii super summulis magislri J’etri Hispam'. Am Schlusse
des vorletzten Abschnittes ist in Versen der Name des Druckers und
des Druckertes sowie die Jahreszahl ausgedrückt: Adam 'I'rcschcl Lugduni.
1489. 4.
Interpretatio Georgii in summulas magislri Petri Hispam' una cum mgstri
Thomuc Bricot quaestionibus, teztu quoque impositionum [sie] de neun
readdito diligcntissimc in margine quotala, ut etiam incipientt'bus contenta
patennt ad pn'mos intuifus. In vico Saudi Jacobi. Muistrc Durand Serlier.
Am Schl.: Joannes Morand I’un'sioram in academia. 1497. 4.
ü) Inlcrpretatio Georgii Bruzelleusis in summulas magisfri Petri Hyspam' und
cum magistri Thomae Bricot quaestionibus de novo in cuiusnis fine tracla—
Ius additis. textu quoque supposilionum de novo readdito...(wie so eben)
...intuitus, summa eure uc diligenliu da neun emendata, nec nun figura
mm rudimenta, quae nunquum prius /uerant inserta. Am Schl.: Lugdum'
per Jammern de la place. 1515. 4.
O) Summulae magistn' Johannis de magistrr's. A. Schl.: Venetiis. 1490. 4.
Im Texte des P. Hispanus stimmen ß und (9 unter sich ebenso absolut überein,
wie G und % unter sich (nur ist % bei den modalen Urtheilen an versinn
liebenden Figuren reicher als (E); sämmtliche vier aber beruhen gleichfalls
ursprünglich auf obigem X, zeigen jedoch namentlich im l. Tractate manig—
fache Spuren einer Interpolation, und zwar ist diess bei ® u. (9 in geringerem
Grade der Fall als bei @ u. 3, welch letztere beide auch in den übrigen
Tractaten viele kleine Abweichungen darbieten. Der 7. Tractat ist wie bei
obigem F in selbstständige fortlaufend numerirte Tractate getheilt, so dass
demnach 12. de distribulionc gezählt wird; der letzte jedoch, d. h. Exponibilia,
ist ohne Hinzufügung der Nummer angereihl.
drei Drucke mit scatistischem Commentare des Tartaretns:
S?) Ezposilio magislri Petrt‘ anfurdt' super summulas Pelri Hispam' cum alle—
yutt‘om'lms passuum Scoti doctun's subtilissimi. A. Schl. Nichts. fol. (sicher
ist diese Ausgabe in Freiburg i. Breisgau auf Kosten des Landgrafen Friedrich
v. Thüringen per baccal.Ii’ol/gangum Stück! Monucensem i.J. 1504 gedruckt).
Q)
XVll. Petrus Hispanus. 39
und Interpolationen allmälig Platz griffen, und wie namentlich die Memo
rial-Verse in den verschiedenen Schulen sich veränderten oder vermehrten.
Xi.
Xll.
S) Expositio mystn' Pctn' Turtarcti in summulas Petri Hispmu' una zum pas
ailms Scoti.....emcndata summaque accuratione Basiteae imprcssa. Ad
ditus est tractatus Insolubt'lium einsdem et Obligatoriorum mystri Martmi
Molen/alt es: Livom'a. Am Schi. Nichts. fol. (sicher i. J. 1514.)
l) Petri Tatarcti Parist'emt's, 10. Duos Scoti docton's subtilissimi sectatoris
fidelissimi, in Summulas Patri Hispuni exoctae explicoliones u. s. f. Ve—
netiis 1591. 8.
Alle drei unter sich schlechthin identisch stimmen im Wesentlichen im Texte
mit obigem ß überein (auch in Numerirung der Unterabtheilnngen des 7‚Trac
taten); nur sind am Schlusse des letzten Tractates, d. h. der Exponibilia, die
letzten Capitel umgestellt, und die Erklärung derselben verläuft sofort in den
Commentar (nicht in den Text) der Insolubilia und 0bh'yaloria (die Come—
quentt'oc hingegen fehlen hier, vgl. hingegen obige M—-—W).
. sechs Drucke unter der Bezeichnung „Duodccim tradatus“, und zwar
a) ein Basler:
2) Tructatus duodecim Petri Hyspam'. A. Schl.: Basilcue per Mic/taelem Furtcr.
1511. 4.
ß) zwei Strasshurger:
an) Tractatas duodccim Petnl Hyspani.
1511. 4.
91) Ebenso. A. Schl.: Argentinae per Jounncm Knob. 1514. 4.
y) drei Kölner:
ß) Tinotatus duodecim Petn' Hispam'.
Ouenlel. 1499. 4.
ß) Ebenso. A. Schl.: In 0/fioina honesti quondam Henrici Quartal. 1504, 4.
ß) Ebenso. A. Schi. nur 1513. 4.
Diese sechs Drucke, obwohl aus verschiedenen Officinen, sind unter sich ab
solut identisch. Sie lassen den letzten Abschnitt, d. h. Exponibitia, hinweg
und numeriren wie I‘ (s. dortselbst) die Unterabtheilungen des 7. Tractates
fortlaufend, woraus die Zwölfzahl sich von selbst ergibt. Was den Text be
trifft, zeigen sie eine eigenthümliehe Vermengung der bisher erwähnten Recen
sionen‚ nemlich in den ersten vier Tractaten weichen sie in Umstellungen und
lnterpolationen manigfach von den Leipzigern ab, hierin zuweilen mit den
Drucken X—R, ja selbst mit 91 ß, übereinstimmend; hingegen vom 5. Tractate
an sind sie mit den Leipzigern völlig gleichlautend. Uebrigens erhellt aus
ß Q), verglichen mit R 8 ’l‘, dass selbst Ein und der nemliche Drucker,
nemlich Quentel in Köln, gleichzeitig zweierlei Texte publicirte.
ein Reutlinger und ein Druck ohne Ort u. Jahr: ‚
9l) Textus omm'um summutarum Pc. Hy. [sie]. A. Schl.: lmpressionc Johannis
Otmar in Reutlingae [sie]. 1486. fol.
ß) Textur omnium summulurum Petn' Hyspam'.
Columnen-Tilel.)
Beide unter sich ganz identisch zeigen in Aenderung einzelner Worte oder
besonders der Beispielsätze, sowie in Vermehrung der Memorialveise und
sonstigen Zusätzen die zahlreichsten Interpolationen; aber während diese Ab—
weichungen noch am stärksten im 7. Tractatc auftreten, ist der letzte Abschnitt
desselben, d. h. Exponibitia, wieder völlig identisch mit. dem Leipziger Texte.
Hingegen ist hier wieder als tractatus octavus der Abschnitt über die Syncalego
reumata beigefügt.
ein Incunabel-Druck ohne Ort n. Jahr:
T.) Textus :eptem tructatuum summularum magistri Petri Hispani. A. Schl.:
Fim's trcdecim tractatuum magistri Petri Hyspani. 4. (mit Colnmnen
Titel .
Ein merkwükdiges Mittelding, indem der Text der ersten drei Tractate wört
lich identisch mit dem Reutlinger Drucke (R O) ist, vom 4. Tractate an aber
ebenso wörtlich mit den Leipzigern übereinstimmt. Der 7. Tractat ist, wenn
A. Schl.: Impressac [sie] Argentinae.
A. Schl.: Cotom'ae industria Henrict
A. Schi. Nichts. 4. (ohne
40 XVII. Petrus Hispanus.
Da aber für all dergleichen Einzeln-Aenderungen, welche sich bemerklich
machen, ein Zeitraum von zwei Jahrhunderten als Entstehungszeit vorliegt
(vgl. oben Anm. 136), so können wir unmöglich mehr nach einzelnen
chronologischen Gruppen eine Ausscheidung treffen, sondern müssen uns
dabei begnügen, nur in den frappanteren Fällen auf eine relativ spätere
Entstehungszeit binzudeuten. Kurz es verhält sich, -— wenn der Ver
gleich erlaubt ist -—, mit der Summula des Petrus Hispanus wahrhaft
ähnlich wie mit den homerischen Gesängen. Der Grundstock des Textes
bleibt der gleiche, aber im Munde oder in der Niederschreibung der Tra
dition ändert sich manches Einzelne. Und namentlich finden wir auch
hier die analoge Erscheinung, dass einzelne Städte ihre eigene Textes
Recension besessen, welche sie innerhalb ihrer Schulen mit grosser Bein
heit bewahrten, so dass durch Aufmerksamkeit auf die Druckorte manche
tiefer liegende Fäden einer Verwandtschaft oder einer Unähnlichkeit des
Textes zu Tag treten 1‘“).
auch ohne spcciclle Numerirung, in sieben selbstständige tractatult' getheilt,
daher sich die Zahl tredecim (am Schlusse) rechtfertigt.
XIII. drei Drucke, welche nur für die ersten sechs Tractate hiehcr gehören:
u) Cempendiarius parvorum logicalt'um über routinens perutiles Petri llispani
tractatus priores sea: et etarissimi philosop/ti Marst'lt't‘ dialectices documenta
cum utilissimt's vommcntarit's per virum praeelarnm Cltunradum Pachlacher
Viennac Pannom'ae collegam gymrtasii. A. Schl.: Viennae. 1512. 4.
Parvoram logicalium über suecincto epitomatis compendia continens per
utiles argutt'sst'mi dialectt'ci Pelrt' Hispant tractatus priores sea: u. s. f.
wie so eben Conradum Pschlacher. . . . . .. Additae [tflt‘ltlllt'8 in Poster.
Anal. quaestiorles Addilum qaoquc cumpendiarium ad Obligationes
et Insolubilia introduetort'um. A. Schl.: Viermac. 1516. 4.
Joannis Eckii theologi in summulas Petri Hispani extemporart'a et suc
cincta, scd succosa explanatio pro superiort's Germanien scholasticis. Am
Schl.: August.l’iudcl. 1516. fol.
Der Text der ersten sechs Tractate ist in allen dreien unter sich identisch
und stimmt mit einer kleinen Ausnahme (bei den modalen Urtheilcn) mit obi
gem x völlig überein. An Stelle des 7. Traclates tritt in lt u. ß der Text
des Marsilius ab lnghen, in !B aber eine abgekürzte jüngere Ueberarbeitung
desselben.
XIV. endlich nur für die ersten vier Tractate gehört biehcr:
I) Aculissimt' artium interpretis magistri Johannis maieris in Petrt Hyspam'
sumnmtas commentart'a. Lugdnm'. Am Schl.: 1505. fol.
Der Text steht in Mitte zwischen den Leipzigern und obigen sechs Drucken
2-0, indem er zuweilen, besonders im 1. Tractat, mit letzteren wörtlich
übereinstimmt.
In den bekannten bibliograpbischen Werken Panzer's und Ilain's finden sich noch
viele andere Drucke der Summnlae angeführt, und es ist zu erwähnen, dass dort
auch Neapel, Mailand, Rotten, Antwerpen, Zwoll‚ Deventer, und selbst Krakau als
Druckern: erscheinen. Doch habe ich mich überzeugt, dass ohne genaue Unter
suchung des Inhaltes der einzelnen Drucke alle blass bibliographischm Angaben
nicht völlig verlässig sind. In einigen noch unten anzufuhrenden Drucken der ver
schiedenen Commcntare fehlt der Text entweder gänzlich oder ist nur je durch
die ersten Zeilen der Capitel angedeutet.
144) Einen Beleg dafür, dass einzelne Stadte eine ihnen eigenthümliche Re
cension des Textes besassen, gibt der schon oben (Abschn. XV, Anm. 89) aus
Psellus angeführte Beispielsalz. Denn wahrend bei Ucbersetzung dortiger Stelle nur
in den Ausgaben A—-l„ l‘, V, 52 die Namen der streitenden Städte „Leodicenses,
Tonycrensea, Mrchelinensea, Locam'enscs“ lauten, finden wir hingegen „Partst'enses,
Rothomagenses‚ l‘uronenses, Pictavienser“ in den Ausgaben x, ®—R‚ tt—B, und
V
v
XVll. Petrus Hispanus. 41
Der einflussreiche lnhalt des Gompendiums ist demnach folgender‘“).
Von der Definition der Dialektik (vgl. Abschn. XV, Anm. 6) wird sogleich
auf sonus und von: übergegangen H"), wobei dann die Werkzeuge der
von: (ehd. A. 7) in das Distichon
Instrumente neuem sunt.‘ guttur‚ Iingua, palatum‚
Quatuor et dentes et due tabra simul H7)
oder in die zwei Hexameter
Instrumenta decem samt: guttur, lingua, pataturn‚
0uatuor et deutes, pariter duo tabia, pulmo “3)
gebracht werden. Nach den Angaben (ehd. A. 8 f.) über Nomen und
Verhutn“") sowie über die Syncategoreumata'“) folgt die übliche Ein
insoferne der ganze Betrieb dieser Logik wohl sicher von Paris ausgieng, dürften
diese letzteren Drucke auf den ursprünglich ältesten Text zurückweisen; aber be
reits wieder eine Variante hieven ist es, wenn in den Drucken R u. O sich „Pa
risienses, Rethomagenses, Lizurienses, Quademasenscs“ findet; und ebenso variiren
jene belgischen Ortsnamen, indem in den Ausgaben 8—0 dieselben „Leodieenses,
Lovanienses, Troiectenses, Leydenses“ und hinwiederum hiefür „Leodicenses, Astori
zenses, Cemotensea“ in den Drucken Y-—G‚ ja in W sogar „Burgundiones, Franci
genae, Leodicenses, Tungerenses“ steht; endlich die Drucke H—’l' haben „Colo
nienses‚ Rennenses, Ctivenses‚ Gelrenses“. Vgl. folg. Abschn.‚ Anm. 69.
145) Da bei Weitem die meisten der erwähnten Ausgaben entweder ganz un—
paginirt oder mit den unbehülflichen lateinischen Zitiere paginirt sind, citire ich
nach der Capitel-Einlhcilung der Drucke A-—E und füge zur allfallsigen Controlle
in Klammern die Pagina des jüngsten, allerdings interpolirten, Druckes ß hinzu.
146) l. Prooem. (f. 2 A): Dyalectica es! er: artium, scientia scientiarum, ad
omnium metlmderum principia viam habens. Solo enim dyalcctiea probabiliter disputat
de principiis omnium aliamm scientiarum (dieser Satz fehlt in unserem Texte des
Psellus; er ist wohl aus der gewöhnlichen boethianischen Tradition aufgenommen,
s. Abschn. XII, Anm. 82). Et ideu in acquisitione scientiarum dyalectica debet esse
prior. Dicitur entern dyalertica a „dya“, quod ext due, et „logos“ serrno eel „texis“
ratio, quasi duorum sermo vel ratio, sciticet opponentis et respondentis in dispulatione.
Sed quia disputatio non potest haberi nisi mediantc sermone nec sermo nisi mediante
voce nec ein; ni:i mediante sono‚ omnis cnim eez est sonne, idee a sono tanquam
a priori inclloandum est.
147) l, 1, 1 (l. 4 B): Sonus es! quidquid proprie et‚per se ab auditu perei
pitur; dico autem propric et per se‚ quia Itcet homo vet eampana audiatur, hoc non
est nisi per sonum eius. Sonorum alias vo:r alias non vor. Senus von: idem ext
quod ipsa eoz. Und: vez ext sonus ab ore animalis prelatus naturalibus instrumentia
formatus. Naturalia unten: instrumenta, quibus von: formatur, saut hure: guttur,
tingua, palatum, qualuor deute: et duo iabl'a (Rßß fügen hinzu: putmo et similia);
unde (folgt obiges Distichon). Senus non coz est, qui generatur ex collisione
duerum corporum inanimatorum, ut fragor arborum, strcpitus pedum. Voeum atia
significativa alte non significativa . . . . .. Vocum significatirarum olia ad ptacitum alte
naturaliter..... Vom: significativa ad plaeitum ext, quae ad votuntatcm primi insti
tuentis aliquid repraesentat, ut „heute“. Vocum signifieativurum ad placitum alle
compleza, ut oralio‚ alia incomplexa, ut nennen vet verbum.
148) So nur in ß, hingegen \'Z ‘ll G haben:
lnslrumenta novem [sie] sunt: guttur‚ lingua, palaturn,
Ouatuor et dentes, pulmo, et duo tahia simul.
149) l, l, 2 (f. 9 A).
150) Ebend. (f. 10 B): Et seiendum, quod diatecticus (D n. (9—0 gehen
hief1'u' stets „togicus“) solum penit duas partes oralienis, sciticet nomen et vertrum,
retiquas entern omnes appellat syncathegorematt'cas, i. e. consignificativaa‘.
42 XVll. Petrus hispanum
theilung der Arten des Satzes (ebd. A. 10), wobei hier die Gebet-Form
(deprecativa) neu hinzukömmtl“).
Die Erörterung des logischen Urtheiles bietet zunächst (ebd. A. 11)
die für alle Folgezeit entscheidende Dreigliederung in „Subject, Prädicat,
Copula“ darle und entwickelt hierauf nach den drei Fragen „Quae,
qualis, quanta" die übliche Eintheilung der Urlheile (ebd. A. 12), wobei
jener nemlichc Memorial-Vcrs, welchen wir schon oben bei Lambert von
Auxerre trafen, hinzugefügt wirdl'”). Sodann folgen (vgl. ebd. A. 13) die
Begriffsbestimnmngen des Conträreu, Contradictorischen, Subalternen, Sub
conträren‘b“) und nach der Notiz über den dreifachen Stotl‘ (materia) der
Unheile (— nemlich naturalis, contingens, remota, s. ebd. A. 14 —)
die nöthigen Regeln (leges) über jene vier Verhältnisse‘“). Hierauf reiht
151) l, 1, 3 (f. 11 B): oratio est vox signincativa ad placilum, cuius partes
separate aliquid signihcant orationum alia perfecta alia imperfecta om
tionum per/eclarum alia indicatival ut „homo currt'!“‚ alia imperative, ut „Petra fac
ignem“, alia optativm ut „utinam bonus essem clericus“, alia mniunrtiva, ut „cum
veneris ad mc, dabo tibi equum“, alia deprecatival ut umiserere mei deus“ (nur nos
lassen diese Satzart hinweg). Harum autem orationum sola indicativa oratio dicitur
esse propositio.
152) l, 2‚ 1 (f. 14 A): Proposilio est oratio verum vel falsum signi/imus indi
candol ut „homo rttr‘rit“. Propositionum alia categorica alia hypothetica. Propositio
categorica est, quae habe! subieetum‚ praedicatum et copulam tanquam principales
partes sui, ut „homo carrit“; in hac enim propositione „homo“ es! subiectum et
„cum'!“ praedicatum et quod coniungit unum cum altero, dicitur esse copula, ut
patet in resoluenda. ut nhomo curri!“ i. e. „homo est currms“; ibi hoc nomen „homo“
est subiectum et „currens“ praedicatum et hoc verbum „es!“ dicitur esse copulal quia
coniungit unum cum altero.
153) l‚ 2. 2 (f. ts A): Propositionum categoricarum alia universalis alia par
ticularis alia indefinita alia singularis. Propositio universalis esti in qua subiicitur
terminus communis signo universali determinatus . . . . ...- terminus comanis ext, qui
aptus natus est praedicari de pluribus......g signa universalia sunt haecs omm's,
nutlus, m'hi!‚ quilibcf, quicunque (A—‘l‘ und Y—G fügen noch alter oder
alteruter bei)‚ neuter et similia. (f. 16 A) Propositio particularis est illay in qua
subiicitur terminus communis signo particulari delenninatus......g signa particularia
sunt haecs aliquisl quidami alter (fehlt in A—W und in 91—13), retiquus, e!
simitia. Propositio indefinita est illa, in qua subiicitur terminus communis nullo
signo determinatus...... (f. 17 A) Propositio singularis est alle, in qua subiicitur
terminus singularis siue discretus. vel in qua subiicitur terminus communis cum pro
nomine demonstralivo primae speciei terminus singularis rel discretus (A—L,
U—W, fl—B haben nur singulan's, sowie M—T nur discrctus) es!‚ qui aptus
natus est praedicari de uno solo...... (f. 18 A) ltem propositionum categoricarum
alia affinnativa alia negativa...... (f. 19 A) bioisa propositiane tripliciter sciendum
ext, quod triplex est quaesitivuml per quod quaerimus de ipsa propositionel scilicet :
quae, qualis et quanta. „Ouae“ quaerit de substantia propositionisl unde ad inter
rogationem factam per „quae“ respondendum est ‚.mtcgorica“ vel „hypothetica“.
„Ouah's“ quaerit de qualitate propost'tt'onis, unde ad interrogationem factam per
nqualisurespondendum est „affirmaliva“ vel „ncgau'va“. „Quanta“ quaerit de quan
titate propositionisl unde ad interrogationem factam per ‚.quanta“ rcspondendum est
„universalis“ vel nparticularisu vel „indefinite“ vel „singularis“. Hierauf obiger
Vers, s. Anm. 108.
154) l‚ 2, 3 (f. 20 A): Item propositionum categoricarum aliae participant
utroque lerntino, aliae vero altero terminoy aliae vero nulla termino......
(f. 21 A) ltem propositionum participantium utroque termino secundum eundem ordinem
aliae sunt contrariae aliae subcontrariae aliae contradidoriac aliae subalternae. Auch
die übliche Figur tvgl. Abschn. XV, Anm. 13) fehlt nicht (f. 23 A).
155) Ebend. (f. 23 A): Propositionum triplex est mater-iuy scilicet naturalisl
XVII. Petrus Hispanus. 43
sich die Lehre von der dreifachen Umkehrung der Urtheile (conversio
simpler, per aceidens, per contrapositionem; vgl. ehend. Anm. 15) an,
welche zuletzt in folgende Memorial-Versc zusammengefasst wird:
Feet' simplteiter eonnertitur‚ Eva per accid,
Asto per oontra, sie fit conversio Iota.
Assen! A, negat E, samt universaliter ambae;
Asserit I, negat O, sunt particulart'ter ambae‘“).
Dass die nun folgenden zwei Capitel bei Psellus (und somit auch bei
Petrus Hispanus) in die umgekehrte Reihenfolge geriethen, wurde schon
oben (ebd. Anm. 16) hemerktlä7). Indem somit vorerst das hypothetische
Urtheil an die Reihe kommt, werden die drei Arten desselben (emuli
tionalis, copulatiea, disiunetiva‚ s. ebd. A. 17) und die formalen Regeln
über deren Wahrheit und Falschheit vorgeführt‘“). Die hierauf nach
hinkende Lehre von der Aequipollenz des kategorischen Urtheiles enthält
die vier schulmässigen Regeln (s. ebd. Anm. 18) und schliesst wie bei
eontingens ‘et remota. Naturalis est‚ in qua praedicalum est de esse subiectt' vel
proprium eins, ut homo es! animal, homo es! risibitis. Contingens es!‚ in qua prac
dicatum potest adesse vel abesse subieete praetcr eins eorruptionem, ut homo est
allms, homo non es! albus. Remota est, in qua praedieotum nullo runde potest cou
venire cum subieeto (R ß 2 fügen hinzu respectu Indus rerht' „sum“)‚ n! homo est
ltSittü5, 100 es! vacca. Le:v et natura contrariarum tah‘s es! u. s. w.
156) l, 2, 4 (f. 27 B): ltcm propost'tionum parttctpantium ntroque termino or
dine e eonverso triplez est conversio..... (f. 28 B) Concersio simptex est‚ quando
u. s. f. et hoc modo eonvertttur universalis negative in se et partieularis af/ir
nur!an in se .... .. (f. 29 B) Connersio per aeet'dens es!‚ quando u. s. f. et hoc
modo convertilur universolis a/firmatina in particnlarem a/firmativam et universulis
negative in particularem negativem .... .. (f. 30 B) Connorsio per contrapositionem
ext, quando n. s. f. ‚et hoc modo convertitur universalis a/firmativu in se et par
ticulan's negative in se. Hiernach erklären sich auch die Memorialworte in obigen
Versen, denn du die eonversio per acet'dens sogar auch auf das allgemein vernei—
nende Urtheil und ebenso die conversia per contropositionem auch auf das allgemein
hejahende ausgedehnt ist (vgl. Abschn. Xll‚ Anm. 129 f.)‚ so sind in den drei
Worten „/fltri“‚ „Eva“, „Äste“ stets die beiden Vocale in ihrer mnemonischen
Bedeutung zu nehmen. Einen anderen Vers, welcher sicher späteren Ursprunges,
aber in den Drucken A—W, Y—(S den obigen beigefügt ist, s. unten bei den
übrigen luterpolationen (Absehn. XX).
157) Auch unter sämmtlichen Commentatoren des Petrus Hisp. hat nur der
einzige Johannes Major das Richtige bemerkt, und somit ist nur in dem Drucke I
die Aequipollenz vor dem hypothetischen Urtheile eingereiht. Dass Raimundus
Lullus trotz seinem Ansehlusse an das byzantinische Material die richtige [leihen
l'olge herstellte, s. folg. Ahschn.‚ Anm. 46.
158) l, 3, l (f. 32 A): Propositio hypothetica est, quae habe! duas proposi—
tiones categorieas eont'unctas tanquam prineipales partes sm'. .... .. Hopost'tiontun
hypothetiearum tres statt species...... Conditionatt's est, in qna eom'unguntnr duae
propositz'ones categorieae mediante hoc coniunctt'one „si“ . . . . . .. Copnlativa est itta‚
in qua coniunguntur duae propositiones categort'oae medianle eont'unctione „et“ . . ‚ . ..
Disinnetiva es! illa, in qua com'unguntur duae propositt'ones eategon'eae per harte
ooniunctionem „vel“. .... .. Ad veritatem eonyditionatt's requiritnr, quod antecedens
non potest esse verum sine consequente . . . . ..; ad falsitatem conditionalis su/fieit,
quod antecedens potest esse verum sine consequente. Ad veritatem eoputativae
req1u'rilur, utramque partern esse verum . . . . ..; ad falsilatcm eins su/fieit, alteram
partert esse fatsom. .... .. Ad veritalem disinnetivae requt'ritur, unam partem esse
vuam .. ..„- ad [atsitatem eins reqm'ritur‚ utramque partem esse fatsam. In den
Drucken W—‘l', \'—I sind die letzteren drei Regeln sofort je an die einzelnen
drei Definitionen geknüpft; in lt n. ß ist das disjunctivc Unheil ausgefallen. Eine
spatere Erweiterung s. unten Anm. 583.
44 XVll. Petrus Hispanus.
Wilhelm Shyreswood (obige Anm. 40) und bei Lambert v. Auxerre (ob.
Anm. 112) mit Memorial-Versen, von welchen der fünfte hier sich gleich
bleibt, die ersten vier hingegen lauten:
Non omm's, Oaidam nun. 0mm's non quasi Nallas.
Non nallas, Oaidam; sed Nultas non vale! Onmis.
Non all'qais, Nattas. Non qaidam mm vatet Omnis.
Non alter, Neatcr. Neater nun praestat Uterqae‘”).
Die Lehre von der Modalität der Unheile (— modas —-‚ vgl. Abschn.
XV, Anm. 19) hebt unter den Adverbien, welche gleichsam als Adjectiva
des Verbums gelten sollen, zunächst folgende sechs als logisch wichtig
hervor: necessario‚ contingenter, possibilt'ter, impossibiliter, vero,
falso‘“), scheidet aber (vgl. ebd. Anm. 20) nach einer grammatischen
Bemerkung und nach Feststellung des Grundsatzes, dass im modalen Ur
theile (propositio modalt's) das Verbum das Subject und der Modus das
Prädicat sei, sofort wieder die beiden Adverbien vero und falso als
gleichgültig aus‘m). Die vier übrigbleihenden Formen werden nun (ebd.
Anm. 21) je nach Vorhandensein oder Stellung der Negation, wobei sich
sechzehn Urtheile ergeben'“), bezüglich der Verhältnisse des Conträren,
Contradiclorischen, Subconträren, Subalternen (ebd. Anm. 22) näher be
sprochen‘“), und diess Letztere wird in einer Figur (ebd. Anm. 23
159) l, 3, 2 (f. 36 A): Seqaa'tar de aeqaipotlentiis‚ de qaibas tales dantar
regulae. Prima regala est, qaod si alicui signo universati velpartt'calari praeponatar
negatio, aeqm'polle! sa0 contradietorio . . . . .. Secunda regula talis ext, qaod si aticai
signo universali pmlponatar negativ, aeqaipolle! suo eontrario . . . . .. Tertia regala
est‚ qaod si alicai signo universal! vel particalart praeponatur et postponatar negatio,
aeqaipollet sao suhalterno. Ex istis tribas regatis seqat'tar quarta regula,
qaae !alis ext: quando dao signa aniversatia negative ponantar in eadcm locatione
ita, qaod anam in sabiecto e! aliad in praedicato ponatar‚ tanc primam aequipoltet
sao contran'o per secandam regalam e! secandam sao conlradietorio per primam re
galam. Hierauf folgen obige Verse, deren erste vier nur in UVW fehlen; jener
fünfte (oben Anm. 40) ist in X. D——D, ll—-I den übrigen vieren vorangestellt.
160) l, 4. 1 (f. 38 A); Modus est adiacens rei determinatio et habe! fieri per
adiectiuam. Sed duplex es! adieclivam; es! enim adit'clivam qaoddam nominis, at
albas, niger; et qaoddam es! adieetivam verbi, a! adeerbiam, quia secandaml’fiscia
nam (s. Abschn. XV, Anm. 19) adverbiam es! verbi adicctivum. Et ideo duplex es!
modas .... .. ltem adverbioram qaaedam determinan! verbam ratione eompost'tionis, ut
Imec sex: neoessan'o, eontingenter‚ possibititer‚ impossibiliter, eero et /also; atia
deteminant verbam rationc rei verbt' . . . . . .. Sed omissis omnibas alit's sotam de he's,
qaae aompositionem determinant, es! dieendam.
161) Ebd. (f. 39 A): E! sciendam, qaod t'in sex modi quandoque :amantur nomina—
liter, u! possiln'te, impossibile .. e! quandoqae samantar adeerbialiter, u! possiln'titcr,
impossibiliter..‚„ l, 4, 2 (f. 40 A): Propositio modutis ext, quac modificatur aliqae
istnram sea; modaram . . . . .‚ E! sciendum, qaod in propositionibas modalibus verbam debe!
sabiici, modas aatem praedieari. Omnes aliac propositiones dicantur de inesse..... l!lae
aalen: propositioncs, qaae modificantar his daobus modis, uero c! falso, relinqaantur,
qaia eodem modo xamitar oppositio et aequipollentia in eis sicat in illis de incsse.
162) l, 4, 3 (101.41 B): E! sciendam, qaod anasquisque istoram qaataor mo—
dorum facit qaataor propositiones modates....et sie saut sedecim propositioncs„ . . .
Si samatar sine negationc‚ [nett primam..... Si sumatur cum negatiane posita ad
verbam, facit sccundam..... St sama!ar cum negatione posita ad modam, faci! ter
tiam..... St 8amatur cam daptici negatione‚ una posita ad modam et alia posita ad
verbaut, faci! quartam.
163) Ebd. (l. 42 B): Haram aatcm propositionum acqaipollentiae sie: umse—
qaentiae qaataor regulis cognoscantur:
__J‚ _‚ ‚___:W;
XVII. Petrus Hispanus. 45
u. 25) veranschaulicht, welche zu den Kunstworten Purpurea. Iliace,
Amabimus, Edentuli führt“‘). Sodann noch folgt (mit Hinweglassung
Prima regula es! Ialis: Cuicunque dicto af/irmalo altn'huilur possibile, eidem
alln‘lnu'lur conlingens et ab codem removelur impossibile‚ et ab eins conlmdictoriu
opposita removetur necesse. '
Secunda regula: Cuieunque diclo negato alln'builur possibile, eidem altn‘lmitur
routingens, et ab eodem removelur impossibile, et ab eins conlraditlon'o opposilo
removetur Mccsse.
Terh'a regula: A quocunque dicto a/firmalo removetur possibile, ab eodem re
movetur contingens; eidem allrilnu'tur impnssibile et eins contmdiclorio opposilo
atln'builur nccesse.
0uarlu regula.‘ A quocunque dicto negan removetur possibile, ab eodem remo
velur conlingens; eidem attn'builur impossibile el eius conlradictorio opposilo a!
lribm'tur necesse.
Die Drucke (E, %‚ 2—ß, I setzen die aus der Figur (s. folg. Anm.) zu entneh—
menden vier Worte Amabimus, Edentuli, Iliace, Purpurea je vor die vier Regeln.
164) Ebend. (f. 42 B):
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==>u QQ=
= ss
===’= saut
°QQ° °°ä°
mmmm mmmm
Pur-pu -re - a A —ma-ln - mus
46 XVII. Petrus Hispanus.
des contingens, vgl. ehd. Anm. 24) die Aequipollenz der modalen Ur
theile‘“), worauf die Modalität recapitulirend mit jenen nemlichen Versen
wie bei Wilhelm Shyreswood (obige Anm. 44) und bei Lambert (ob.
Anm. 113) geschlossen wird‘“).
Aus dem Inhalte der Isagoge, welcher ja auch bei Psellus (AhSCIIII.
XV, Anm. 26 II'.) nur der gewöhnlich traditionelle ist, mag hervorgehoben
werden, dass zwischen praedicalrile (—— so heissen nemlich die quinque
voces —) und universale nur insoferne unterschieden wird, als ersteres
im Spraehausdrucke und letzteres in der Objectivitüt Iiege'“). Bei Be
sprechung der einzelnen fünf Worte ist die Figur der arbor Porphyriana
zwischen species und differentia eingereiht‘“).
Als Einleitung zu 'den Kategorien dienen jene zusammenhangs
losen Erörterungen (vgl. ebend. Anm. 29 II'.) über die sog. Auteprä
dicamente, d. h. zuerst über die Begriffe univocum, aequieocwm, de
nominativum‘“), hierauf über die als höchst wichtig geltenden neun
(beziehungsweise acht) Arten des inesse, welche darum in die Verse
Insunt: pars, tolum, species‚ genus, et calor igm',
Bea: in regno‚ rcs in fine‚ locoquc locatum
Uebrigens ist diese Figur nicht stets an dieser Stelle eingereiht. In Q—R, !l-—‘I
steht sie nach dem Inhalte der folg. Anm. 165, in L‘-—X ganz am Schlusse (nach
Anm. 166), in ü ist ihr noch jene Figur, welche wir bei Wilhelm Shyreswood
(ob. Anm. 45) trafen, vorausgesehickt, in Il--'I‘ ist sie bloss in den Commenter
verflochten, endlich in ® n. G fehlt sie gänzlich.
165) Ebend.; Ontnes autem illae propositt'ones, qaac man! in prima linea, aequi
pollent et nonvertuntur inter :e per primam regulam; quae in secunda, per sccundmn;
quae in tertia, per tertiam; quae in quarta, per quarlam. (f. 43 B) llem aeqm'pol
lenliae propositionum ntodaliam possunt pont' per Itas regulas. Omnes propositt'ones
de possibili et impossibili aequipollenl verbo similt'ler so habente et modo dissimi
Hier, omnes propositt'ones de possibili et de necesse acquipollent verbo et modo
disst'mililer se habentibus; omnes proposiliones de imposst'lrili t'l necesse aequi—
poliert! verba dissimiliter se habente et modo similt'ler. . . . .. Et stiendum, quod prac
dt'cta regula non facit mentionem de coulingenti, eo quod conlingens converlitur cum
possibih'.
166) l, 4, 4 (f. 45 A): Propositionum madalium aliae saut conlrariae aliae sub
contrariae aliae conlradicloriae aliac subalternae. Hierauf folgen die Memorialverse,
welche nach Obigem (Anm. 44) in Anbetracht der vorstehenden Figur keine nähere
Erklärung bedürfen. Manigfache Erweiterungen der Lehre von den modalen Ur—
theilen s. unten Anm. 585 fl'.
167) II, 1 (f. 46 B): Praedicabt'le quandoqac sumitur proprie et sie dicilur prae
dicalu'le, quod de plurt'lms praedt'catur; quandoque sumt'tur communiler et sie dicitur
praedioabile‚ quod de uno solo praedt'catar sive de pluribus. Unde praedt'cabile
propric sumplum idem es! quod universale; sed differunl in hoc, quod praedicaln'le
diffinitur per dict' de, universale vero per esse in. Ext em'm prnedinabile‚ quod
aptum natum es! dici de plurt'bus; universale autem, quod aptum nahm: est esse in
multis. Es versteht sich von selbst, dass diese plumpe Verquirkung des Aristote
lismns und des Platonismus beim Universalien-Streite eine Rolle spielte.
168) In der Mehrzahl der Ausgaben, nemlich in A—X, G, %‚ 2—2, I, ist
die Figur durch den Vers eingeleitet:
lsla lilu' plane facit arbor l’orphyn'ana.
169) III, l, 1 (f. 68 B): Ad cognoscendum praedicamenta quaedam sunl ne
cessaria praemillenda, sine quorum cognitt'one nequaquam polest haberi cognitio prae
diramenlorum. Et ideo dislinguimus cum Aristotelc triplicem modum praedt'candi.
Eorum quac pracdicantur, quaedam sunl uttt'rora, quaodum ueqm‘voca, qaaedam de
nomt'naliva u. s. w.
_- _ 4 f _ _„ ‚._„4 ‚.‘AÄ ... \
XVII. Petms Hispanus. 47
gebracht wurden 17°), sodann die Erklärung des de ubiecto (mit
einseitiger Betonung der blassen Quantität) und in eubiecto‘"), und
zuletzt die sog. regula de quocunque‘"). Von den Kategorien selbst
(vgl. ebend. Anm. 33 ff.) werden nur Substanz, Quantität, ’Relation,
Qualität ausführlich, Thun und Leiden aber sehr kurz erörtert, die
vier übrigen fehlen ursprünglich‘“). Den Schluss bilden die soge
nannten Postprädicamente (vgl. ebd. Anm. 36 ff.) d. h. die Lehre von
den vier Arten der Gegensätze‘“), dann die verschiedenen Bedeu
tungen des Wortes prius 175’), des Wortes simul 176), die sechs Arten
170) III, 1, 2 (f. 73 A): Eurem quac dieunlur, quaedam dicuatar cum com—
ple:rione quaedam sine cumplexione. Scd priusquam alterum membrum lmius
divisionis subdividatur, distinguendi sunl acta (dass es aber doch eigentlich neun sind,
zeigt sich sogleich; übrigens ist orte in M—T, X—(S, -ü—B weggelassen) modi
„essendi in“, qai nenessarit' saut ad sequentem divisionem cognascendam et ad ea quae
postea dimuttur. Nun folgen die neun Arten: primas.....ut pars integratis in tote;
seeundus...‚ut tatum integrale in suis partibus; tertins ut species in genere;
quarlas.‚..ut genus in specie (diese letzteren beiden hatten bei Psellus gefehlt, S.
Abschn. XV, Anm. 30); quintus ut forma in materia‚ wobei es aber heisst:
et iste quidem modus subdividitur‚ quitt quaedam est forma substantiatis, .....quae
dem est forma accidentalis, et prima bar-um diaitur propn'c (nasse staut forma
in materia, .....altera dicitur esse in alio sicut accidens in sabiecto (somit ist die
sechste Art, nemlich accidcns in sabircto, hier nur als Unterart der fünften be
trachtet); scztus.... in rua causa efflciente (ist in M—T ausgefallen); septimus....
in suo fitte,‘ octavas in sua continente. In dem hierauf folgenden Verse sind
allerdings, wie man sieht, nur die acht Hauptarten untergebracht. (Uebrigens fehlt
in ß diese ganze Erörterung des inesse).
171) Ebend. (f. 75 A): Eorum quer saut, quaedam dicuntur de subiecto‚ in
subiecto vero nulto saut . . . . .. biet de subiecto, prout hie sumitur, est superius dict'
de infcriore‚ . et esse in suhiecto santitur hie, secundum quod accidens ext in
subiecto . . . . .. Alfa vcro neque de subtecto dicimtur neqae in subiecto sunt.... Atia
dicuutur de subz'ecto et in subieato simt Alfa vero in subiecto sunt et de sub
iecto nullo dicuntur. Die versihnlichende Figur (vgl. Abschn. XV‚ Anm. 31) hiezu
nahmen erst die Späteren in ihre Commentare zum Petrus Hispanus auf.
172) III, l, 3 (f. 77 A): Ouamio altemm de altem praedicatar ut de sub—
iet;to‚ quaecunqae de eo, quod pracdicalur, dicuntur‚ omnia de subiecto dimm
tar .... .. Diversorum generum et mm subatternatim positorurn diversae saut species
et difl‘erentiac. Psellus halte drei Regeln gegeben (s. ebd. Anm. 32); die dritte
fehlt hier.
173) III, 2, 1—10 (f. 78 A— 109 A). Betreffs der Ergänzung der letzten sechs
oder vier Kategorien s. oben Anm. 116 u. unten Anm. 308.
174) III, 3, 1 (f. 109 A): Dicitur aalen: attcrum altert oppom' quadruplieiter.
Oppositorum em'm quaedam saut relative, .....quardam samt privatira, . . . . „alte
sunt contraria‚ alia samt conlradicton'a. Betreffs aber der näheren Erörterung
fallt der relative Gegensatz weg‚ indem auf die Kategorie der Relation verwiesen
wird (Quer. autcm sint relative opposita, dictum ext prius in capitulo de relatione).
Der contradictorische Gegensatz ist in z—(s etwas ausführlicher besprochen, hin—
gegen in X Y, Q—fi‘, I ganz ausgefallen.
175) III, 3, 2 (f. 112 A): Pfilts dicitar quadrupficiter: sccundum tempus
. . . . .. a qu0 man couvertitur suhsistendi cansrqucntia, at antun est prias duobas...‚.
secumlum ordinem quod melias ext l'raeter hos quatuor mutlos t'am dictos
est unus alter modus prioritalis; eorum em'm, quae omwertuntur sccundum essendi
ronsequentiam, illud‚ quod est umso altrrius, est prius natura.
176) III, 3, 3 (f. 113 B): Simul dicitur tribus modis: ....quorum generalio ‚ext
eodem tempore . . . . .. qaae convertuntur et neutrum est causa alterius‚ staut quaehbet
relative . . . . .. qaae aequatitur coudivtdunt genus.
48 XVII. Petrus Hispanus.
‚-‚n-v\.
\
des motus"")‚ und endlich nachhinkend die Bedeutungen des Wortes
habere 17"3).
Die hierauf folgende Syllogistik enthält einleitungsweise zunächst
(vgl. ebd. Anm. 42 ff.) die Definitionen der propositio, des terminus, des
diclum de omm‘ und dictum de nullo‘“), sowie jene des syllogiamus,
wobei wir den auch im weiteren Verlaufe durchgeführten Gebrauch des
Wortes praemissa bemerken mögen, und hierauf die Erörterung der drei
Termini‘“), sodann in die Definitionen der figura und des modus ver
flochten die Angabe der drei Figuren nebst den zu ihrer Charakterisirung
dienenden Versen
Prima prius subiicit medium, posl praedieat ipsum,
Allem bis dicil, lertia bis subiiu't ipsum181)‚
und ausserdem die bekannten auf sämmtliche Schlussweisen sich er
streckenden Regeln (s. Abschn. XV, Anm. 44), welche hier ebenfalls in
kürzerer metrischer Form am Schlusse wiederholt werden, nemlich in
den Versen
Partibus ex puris sequilur nil sive negatis;
St" qua praeil parlis‚ sequilur conclusio parlis;
Si qua negala praeit, com:lusio silquc negala;
Lva; generalz's eril: medium conclndere nescil‘”).
Sodann folgt noch die Angabe, was directe und was indirecte schliessen
heisse‘”), und zudem jene Regeln, welche für die drei einzelnen Figuren
die Bedingung der SCIIIUSSÜIDng€H enthalten“*). Hierauf aber werden
die sämmtlichen neunzehn Schlussmodi nebst Beispielen vorgeführt (wobei
demnach, —— s. ebend. Anm. 45 -—, die fünf theophrastischen Modi zur
177) III, 3, 4 (f. 114 B): Malus sea: sunt species, scilicel generalio, comtptio,
augmentalio, diminulio, et secundum Iocum mulalio n. s. w.
178) III, 3‚ 5 (f. 115 B): Halm-e dicz'lur mullis modis: habere aliquam
qualitalem .. haben quantitalem e! magniludinem .. haben quae circa corpus
sunl adiacenlia, ut veslimentum haben membrum . . . ‚ .. habere sind coulinens
conlenlum . . . .. haberc possessi0nent. ‚ . .. haben uxurem . . . . ‚Torte et alii modi uppa«
relmnt in eo quod haberi, sed qui consueuerunl dici, paene omnes enumerati ‚tunl.
179) IV, 1 (f. 117 A).
180) IV, 2 (f. 119 A). Dass aber „praemissa“ auch schon bei Wilhelm Shy
reswood und Lamberl v. Anxerre vorkömmt und auf Uebersetzungen arabischer
Producte zurückweist, s. oben Anm. 52 u. 120.
181) IV‚ 3 (f. 121 A). Die Drucke U—W, 2—0, I machen den zweiten
Vers durch Weglassung des ipsnm zu einem Pentameler. Aber I—‘l' fügen als
dritten noch jenen hinzu, welchen wir schon bei Wilhelm Shyreswood trafen
(Anm. 51); ja X, !D, 0—fi, R, ß, ll—flß geben ansschliesslich nur diesen letz
teren mit Weglassung der beiden anderen.
182) Ebend. (f. 122 A). Uebrigens fehlen diese Verse in den so eben er
wähnten Ausgaben x, Q, (9—R, 9l, ß, u—m.
183) IV, 4 (f. 123 B): Directe quidcm concludcre es! maiorem exlrcmilalem
praedicarc de minore in conclusione; indirecle concludere es! minorrm extremilatem
praedit‘are de maiore in conclusione.
184) Ebd.: Nota duux regulas, quarum prima tßnlum conrem't primae flgurae
quoad quatnor primos modos et tcrlirm (in M—T, X—‘D, G—fi, 18 steht falsch
secundae) quoad omnes; socnnda etiam cunvem't lan!nm primae fignrac quoad qlmluor
pfimos modos et serundae (ebendaselhst steht ebenso lerliae) figurae quoad 0’nmes.
Prima regula rsl: minore existente negaliva nihil sequitnr. Secnndu regula esl: maiore
nisten/e parliculuri m'hil seqnilur.
XVII. Petrus Hispanus. 49
ersten Figur gehören, die dritte Figur aber nur sechs Sehlussweisen ent
hält); jene Kunstworte Barbara, Cetarent u. s. f., welche uns schon bei
Wilhelm Shyreswood und Lambert von Auxerre (Anm. 52 u. 120) be
gegneten, sind schon vorläufig in den Text je vor den betreffenden ein
zelnen Modi eingereiht‘“). Sogleich aber dann folgen nach den üblichen
Bemerkungen (Absclm. XV, Anm. 53) über die syllogistische Tragweite
der drei Figuren‘“) eben jene nemlichen Verse (ob. Anm. 52) nebst
ausführlicher Erklärung ihrer ganzen Nomenelatur‘“), welch letzterer noch
mnemonisch nachgeholfen wird durch die Verse
Simpliciter ver!i val! S, P vero per nur,
M vult transponi, C per impossibile duci;
Seren! maiorem variatqae sccanda minarem‚
Tertia maiorem varia! servanae minorem 189).
Endlich reihen sich noch Bemerkungen über die nicht schlussfähigen Com
binationen von Urtheilen und beziehungsweise über inventio terminon
an‘”). Was aber bei Psellus über die modalen sowie über die hypo
185) IV, 4—6. Die einzelnen Schlussweisen selbst s. im byzantinischen Ori—
ginale Abschn. XV, Anm. 47 1T. Die Drucke A—W, I fügen am Schlusse der
ersten Figur die zwei ersten der unten (Anm. 188) folgenden Verse ein, und !R ß
die zwei letzten derselben am Schlusse der zweiten Figur.
186) IV, 7 (f. 136 A): Prima fiyara concladt'! omnia gencra proporilionam. sei
lirct universalem, partieularem, af/irrnalivam et negativarn. Secunda figara cancladit
particnlarem negativem et universalem negativem. Terlia concludit parlicularem uf/ir
mativarn et negativam.
187) Ebend.: In Iris quataor versibns praedictis sun! neuem decem dictiones
novent deccm modis deservientcs im, quod per primam dirlionent intelligitur primus
modus printae figurae u. s. w. Unde prinn' dao versus daserviant omnt'bas modis
primae fiyarae, tertius vorn versus praeler altimarn eias dictiunern deservi! modis
sccundae figurae, .. . . . ultima vero dietio tertt't' aersa: cum aliis dictionibas quarti
versus deservit modis tertiae figurae. Sciendam, quod per [las 90cales, scilicet A E
10, in!elliguntar quataor genera propasitionum, u. s. w. E! in qualibe! dictione
sant tres syllahae, et aliad residuum es! super/11mm, nisi M, a! postea palebit. E!
per primam Warum :yllaharam intelligilul‘ maior propositio‚ u. s. w. Et seien
dam, qaod qaatuor dictione: primi versus incipiunt ab his consenantibus B C D F, et
omne: aliae dictione: aequentes, et per hoc in!elligendqm ext, qaad omnes, quae in—
cipr‘ant per dictionem inrhoatam a B, dcbent reduei ad primam modam primae figarae,
et ornnes, qaae incipiant per dictionem inehaatum a C, ad secundurn, et per l) ad
tertium, et perF ad quartam. ltem abioanqae penitar S, in ilta dictione significal,
qaod proposilio intetlccta per vocalern immcdiate pracct‘dentem debel oonverti simpli
citer; et propositio intellerla per vocalem immediale pracredentem ixtam titteram P
debet converti per ncct'dens.‘ et abicunque pnnitur M, debet fieri transposttio in prac
missis; et alricanqae penitar C, significutar, qaod modas intellectas per istam
dictioncm, in qua ponilur, drbet redaci per impossibite‚ Diese ganze Erörterung ist.
in 2—ß, wo sie schon am Anfange der ersten Figur steht, sehr abgekürzt; in I
aber fehlt dieses ganze Cnpitel.
188) In 91 ß fehlen hier die letzten zwei Verse (s. Anm. 185); hingegen
Y-(! fügen noch die zwei letzten der oben, Anm. 156, angeführten Verse hinzu.
189) IV, 8 (f. 136 B): Scd quia Aristoteles in Prioribas (An. pr. l, 28, s. Abschn.
IV, Anm. 591) ostendit, coniugationes, in qaihas non :cqaitur conctasie ex prac
rnix.sis, esse inntiles‚ per inventionmn terminorarn, in qarbas nun tenet haiasmodi
coniagatio, ideo atilis es! inventio tatium lerrm'noram. Ubieanqae [iat ina!ilis non
iagutio..‚.. aceipiendi ran! dao termini, scilit't‘t daae species, earn sao genere. ...‚
vet dao termini, quer-am alter de altere praedicalar sive eonvertibiliter sive nun cum
extraneo utriaxqae, . . . . ‚. ve! accipiendi sant dao termini, quorum alter de altere
Puste, Gesch. Ill. 4
50 XVII. Petrus llispanus.
thetischen Syllogismen gesagt war (s. Abschn. XV, Anm. 54 f.), ist hier
hinweggelassen 19°).
Die nun folgende Topik beginnt unter Weglassung der Einleitung
über inneulz'o proposi!ionum'“), sogleich mit den verschiedenen Bedeu
tungen des Wortes ratio 192), um hierauf argumenlum‚ argumentatio,
induc!io‚ enthymema, exemplum zu erklären H"‘) und von da auf den
locus dialectz'cus und dessen Eintheilung überzugehen““). Die einzelnen
Topeu sind, wie sich von selbst versteht, in der oben (Abschu.XV, Anm.
60 IT.) angeführten Reihenfolge behandelt‘“).
Es schliesst sich hierauf die Sophistik an, welche sicher gleich
falls aus dem für uns verlorenen byzantinischen Originale übertragen
ist‘“), mag in letzterem der Inhalt der Soph. Elenchi an dieser oder
an einer anderen Stelle gestanden haben (s. Ahsclm.XV, Anm. 65 u. bes.
Anm. 9l). Auch muss dieser Abschnitt, wie Anderes bei Psellus, als
eine schulmässig commentirende Paraphrase des aristotelischen Buches be
zeichnet werden, von welchem jedoch nur die erste Hälfte benützt worden
zu sein scheint; wenigstens enthält das Ganze auch hier ebenso, wie bei
Wilhelm Shyrcswood (Anm. 65) und Lamhert von Auxerre (Anm. 124),
nur die ersten fünfzehn Capitel der aristotelischen Soph. Elenchi 197).
Nun aber folgt jene ausgedehnte und einflussreiche Erörterung De
terminorum proprietatz'bus, durch welche (hauptsächlich vem16ge
der Anetorität des Petrus Hispanus) den nächsten Jahrhunderten eine er
prat‘dit'ulur eine convm-tibiliter sirc mm cum superiore ad u!rnmque.‚.... Per harte
enimregulam, cuicunque generi applicetur, sive subs!anliac sire quauh'lati :ive alicm'
alim‘um, iuveuiuntur !crmini, per quos inu!ilis com'ugatio demonstrabilur nun tenere.
Uebrigens ist in I auch dieses ganze Capitel (vgl. vorige Anm. 187) weggelassen.
190) Hingegen eine anderweitige Interpolation, nemlich bezüglich der potestas
syI/ugismomm, s. Abschn. XX.
191) Vgl. Absolut. XV, Anm. 57.
192) V, 1 (f. I38 B): Ratio dicitur mul!is modis. Prima modo idem es! qund
definitiv nel descriptio Secnudo moda e.vt quacdam virtus animae. Tertio modo
idem es! quod ara!io oslemiens aliquid..... Alio modo idvm rst qnod forma ma
teriue Alio modo {dem es! quod essenlia rummunis practlicubilis de pluribus.....
Alfa mudo idum es! quod medium infercus ronclusiourm. (Vgl. ebend. Anm. 58.)
193) V, 2 (f. 139 B). Aber namentlich die Lehre vom cnlhymema ist aus Ari—
stoteles beträchtlich ergänzt.
19-1) V, 3 (f.144 A).
195) V, 4—7.
196) Ein schlagendur Beweis hicfür ist z, B., dass Alexander Aphrodisiensis
citirt wird (VI, 2, f. 179 A: Sciendum au!em‚ u! vul! Alexander in commcnto super
librum clenc/mrnm n. s. w.).
197) Mehr nur um der Terminologie willen mögen die Haupt-Momente des
Inhaltes hiemit genannt werden. Zuerst (VI, 1) die vier Arten der dispututio‚ nem—
lich doc!riuulis‚ dialec!ivu‚ leula!ina‚ sophislica‚ und die fünf Ziele (meine) der
Sophistik: redargutio, falsum, inopinalrilc, soloecjsmus‚ nugalio. Dann (VI, 2) die
Einlheilung der fullucia, und somit hierauf fullatiae in dictionc, nemlich (VI, 3,1)
acquinucatio; (VI, 3. 2) umphibologia; (VI, 3, 3) [allaciu composilionis; (VI, 3, 4)
dirisiuuis; (VI, 3, 5) acccn!us; (VI, 3, 6) figurue dic!ionis; sodann extra diclionem,
nemlich (VI, 4, l) accidentis; (VI, 4, '2) seruutlum quid ad simpliciter; (VI, 4, 3)
ignoran!ia eleuchi; (VI, 4, 4) petilio prinoipii; (VI, 4, 5) conscqucntis mit seinen
Unterarten ab insufficieule iudnclione und a commnnilcr accidruh'bus; (VI, 4, 6) se—
cundum nur: causam u! cansum,‘ (VI, 4, 7) pluriurn in!errogulionum; zuletzt (VI, 5)
die Reduction der Trugschlüsse auf ignorunlia clenchi.
XVll. Petrus Hispanus. 51
kleckliche Masse byzantinischen Unsinnes zugeführt wurde‘”). Es han
delt sich vorerst um den Begriff der significatio 199), deren Gliederung
auf den Unterschied zwischen substantivatio und adieotivatio 20°)‚ und
hiemit auf suppositio („Annahme eines substantivischen Begriffes statt
eines anderen“) und auf coputatio führt“‘).
Die suppositio nun wird eingetheilt in communis und discreta,
deren erstere in naturalis und aacidentalis zerfällt“"); die verwickelte
Eintheilung der accidentalis in simpler und personalis 203) setzt sich in
der Unterahtheilung der letzteren, nemlich der personalis, in determinata
und confusa fort'““). Die abermalige Unterscheidung der confusa, je
198) Ich kann, wie schon gesagt‚ bei jener ersten Hälfte. welche uns auch
bei Psellns erhalten ist, nicht die ganze bereits oben (Abschn. XV, Anm. 66—80)
gegebene Entwicklung hier wiederholen, sondern [beschränke mich auf eine kurze
Inhaltsangabe und theile auch in den Anmerkungen nur hervorragende Stellen des
lateinischen Textes mit (denn zum Beweise, dass Petrus Hispanus nur wörtlich
übersetzte, wird diess genügen; der speciellere Inhalt der Doctrin selbst aber ist
aus dem in Abschu. XV Gesagten hinreichend ersichtlich). Anders muss ich aller
dings in der zweiten Hälfte verfahren.
199) VII, l, 1, 1 (f. 207 A): Eorum quae dicuntur, quaedam diruntur cum com
plexione‚ quaedam sine complexione Terminus, u! hie sumitur, es! von:
significaus universale vel partieulare, u! homo oet Soorates o! sie de atii: (dieser
ganze Satz fehlt bei Psellus). Terminorum autcm z'ncomptexorum unusquisque au!
substanttnm significat u. s. w. Significatio, u! ibi sumitur‚ es! rci per voccm secun
dem placitam repraesentalio (vgl. Abschn. XV, Anm. 66).
200) Ebend. (f. 208 A): E! significare aliquid adiective vel substantive um!
modi oocam, quia adiectivatio et substantioatio saut oompotes modi et di/ferentiae
rerum‚ quae significantur, e! non siynifiootionis (so richtig nur (E %‚ die übrigen
Drucke haben bald significationes, bald significant, bald sogar siguificantur). Nomina
oero substantiva (licuntur supponere, sed nomina adiectiva e! oerba dictmtur copulare
(vgl. ehd. Anm. 67).
201) VII, 1, l, 2 (f. 209 A): Suppositio es! arcep!io termim' substanlivi pro
aliquo..... Significatio p'rior es! suppositt'orte, et difl'emn! in hoc, quia significatio
es! vocis‚ suppositio aero es! termim' iam compositi ex voce et signifiaatione...„
Itern significatio es! signi ad signalum, suppositio vero es! suppoacnlis ad suppo
situm, ergo suppositio non es! significatio. ('opalatio es! acoeptio lermini adiectivi
pro atiquo (ehd. Anm. 68).
202) VII, l, l, 3 (f. 210 A): Suppositionum a!ia commum's atia discreta.
Item sapposilionum communiam alia naturalis a!ia accidenlalis. Suppositio
naturatis es! acceplia termim' commum's pro omnilms bis, pro quilms aplus natus es!
partieipari, u! isle terminus „homa“ per se sumptus (zu diesem per se bildet sonach
die unten folgende suppoaitio relativomm den entsprechenden Gegensatz; s. unten
Anm. 212 Accidentalia auppoxitio es! avccptio temiini commum'a pro omm'bus‚
pro qaibus exigil suum adiunctum (vgl. Ahschn. XV, Anm. 69).
203) Ebend. (f. 2l1 A): Accidentatium suppositionum alia simples: alia per
sonalis. Suppositio accidentalis simples: es! aooeptio Ierrnini eommunis pro re uni
versati significata, per ipsum terminum .... ‚. ltem auppositionum simplicium alia es!
termini communis in subiecto positi, alia pasi!i in praedioato propositionis uni
versalis affirmativae‚ u! „omnis homo es! animal“..‚.. atia positi post dictionem
exceptivam; .‚...irt omm'lzu: isti.s (d. h. bei dieser dritten Art) et simitibus fit pro
cessus a suppositione simptict' ad suppositionem personalem. Ouod autcm terminus
in praedicato positus simplicem habe! mpposili0nfln, patet‚ quio u. s. w. (vgl. ebend.
Anm. 70).
204) Ebend. (f. 211 B): Personatis suppositio es! aaceptio termim' communis pro
wie inferiorilms ltem personalium suppositiormm atia ext determinata atia can—
fusa. Determinata suppositio es! acceptio temtini co'mmunis indefinite sampti oe! cum
n‘gno porticulari (vgl. ehd. Anm. 71).
\
4.
52 XVII. Petrus Hispanus.
nachdem sie das Subject oder einen der beiden anderen Bestandtheile
des Urtheiles (Copula oder Prädicat) betrifft 2°"’)‚ führt vorläufig zu der
Angabe, dass im ersteren Falle entweder mobililer oder distributive, im
letzteren Falle aber immobiliter supponirt werde, welch letzteres jedoch
seine Bedenken habe 206)‚ deren Lösung hinwiederum dahin lautet, dass
ein allgemeiner Prädicatsbegrifl' überhaupt keiner confusa suppositio un
terliege 207), — eine Lösung, welche nun noch darauf gestützt wird,
dass beim Prädicatsbegrifl'e das !0tum stets als Gattungsbegrill‘ zu ver
stehen sei, während es für die verworrene Supposition in quantitativem
Sinne genommen werden müsse 20ß), wozu noch komme, dass beim Gat
tungsbegrill‘e stets die vom Niederen zum Höheren aufsteigende Betrach
tung obwalte 209). Die richtige Erwägung aber, dass die Supposition
überhaupt nicht gleichmässig beim Subjeete und heim Prädicate gelte,
schliesse eben den prädicativen Gattungsbegrifl‘ von der confusa suppositio
aus“°). Und indem das Gleiche auch von der Copula gelte, reducire
sich die verworrene Supposition nun in Wahrheit lediglich auf das durch
die Quantitätsbestimmuug („alle“) hiezu befähigte Subject“‘). Vgl. übri
gens auch unten Anm. 596 f.
205) Ebend. (f. 213 A): Gon/usa supposi!io es! acecplio lemn'm' communis pro
plun'lm: medianle siyno universali.. ‚. . I!em cum/warum supposilionum alle es!
von/um necessila!e sigm' vcl modi e! alle neoessi!a!e rei u. s. w. vgl. ebend.
Anm. 72.
206) Ebend.: Undc isle terminus „hamo“ (d. h. in dem Satze „omm's homo
es! animal“) ziehe! supponcre confuse mobililer e! dislribu!ive (hierin liegt der An
kuüpl'ungspunkt für die unten folgende Distribution, s. Anm. 238); sed con/usr e!
dis!ribulirc !ene!ur‚ quando lenelur pro omni horm'ne; mobililcr vero, quia lice! fieri
descensum sah eo pro quolibe! suo supposito..... Sed is!e terminus „animal“ dicilur
confundi immobililer‚ quiu mm lice! fleri dcscensum sub eo sicu! hie „homo es!
digm'ssima crea!urarum‚ ergo hie homo“..... Lire! m' ea!ur opposilum osse‚ eo quod
supm'us dic!um es! (Anm. 203), quod in hoc proposr!ione‘„omnis homo es! Mime!“
is!e terminusin praedicalo posilus simple'com habe! supposilioflefll‚ e! hie dici!ur, quod
habe! con/usam (vgl. Abschn. XV, Anm. 73).
207) Ebend. (f. 213 ß): Sed ego credo (s. ebend. Anm. 74), impossibile esse,
!erminum comrmmem in praedica!o positum haben suppositionem simpliccm e! von—
fundi mobililer ve! immol1ililer eigne universal! existen!e in subicclo o/finnalir-e
u. s. w.
208) Ehend. (f. 214 A): Ilem to!um universale, quer! es! genus, e! !o!um in
quun!i!ale es: opposilo se Imbcnt; sed !olum in quanlilate es! duplex,- quoddum min:
es! lolum in quanlilale romplelum‚ u! ubieunque ron/‘undilur Irrvm'nus eommunis mo—
bililcr.....‚ uliud es! totem in quanli!ate incompletum e! diminulum‚ u! ubicunque
can/undilur lerminus co1nmunis immobili!er‚ .. .. Ergo si impossiln'le es!, !otum in
quantitale esse genus, eri! impossibilv, !crminum communem in praedicato posi!um
con/undi mobililer vcl immobililcr, u! dicebalur (vgl. ebd. Anm. 76).
209) Ebend.: l!em eumpamlio illa‚ sccundum quam infen'ara reduwnlur ad
superiora, opposila es! romparationi‚ seeundum quam superiom roducunlur ad infa
n'ora. Sed seumdum primam sumilur commune in ra!ione communis, sed seeundum
secundam sumi!ur commune mullipla'ealum sive coufusum (vgl. ebd. Anm. 77).
210) Ebend.: E! Imec quatuor argumvn!a sun! concedcnda (s. ebend. Anm. 78 f.).
Cousu au!cm‚ propler quum morebunlur im", qui fuerun! huiusmodi opfninm's, facilis
es! ad solvendum u. s. w. hoc genus „animal“ nullo modo confundi!ur mobi—
li!cr vel immobili!er.
211) Ebend. (f. 214 B): Sinrili!er dito, quod hoc vcr!mm „es!“ non confumii!ur
mobililer re! immobih'lcr . . . . .. E! propler hoc deslmimus quandam divisionem /aclam
(Anm. 205), scih'ccl: ron/usarum proposilionnm ulia es! con/usa neoessilule rei‚ alia
XVII. Petrus Hispanus. 53
Indem nun jener grössere Rest, welcher in unserem Texte des
Psellus verloren gegangen ist, sich anreiht, folgt zunächst die suppo
sitio relativorum‚ welche, wie wir sahen, Wilhelm Shyreswood weg
gelassen (Anm. 62), und Lambert von Auserre aus Ende gestellt hatte
(Anm. 132). Dass aber die Nothwendigkeit dieser Gruppe schon im
Obigen (Anm. 202) angedeutet war, wurde bereits auch früher ausge
sprochen (Abschn. XV, Anm. 82).
Die Relativa, welche hier nicht nach dem Standpunkte der Kate
gorienlehre, sondern im Sinne der Grammatik als Erinnerungszeichen
vorhergegangener Worte zu erörtern seien212), werden vor Allem in
Belativa der Substanz (z. B. qui, ille) und Belativa der Accidenz
(z. B. talis, quantus) eingetheilt, deren erstere sogleich wieder unter
schieden werden, je nachdem sie eine Gleichheit (idenlitas, wie z. B.
qui oder idem) oder eine Verschiedenheit (wie z. D. alias) ausdrücken 213).
Und was nun zunächst die Belativa der Identität betrifft, so werden als
eine eigene (Hasse derselben die Reciproca (sui, sibi, se und suus) aus
geschieden, welche die Modalität des Leidens mit der Activität des Sub
jectes verknüpfen’“); sodann aber wird angegeben, in welcher Weise
die Relativa der Identität für ein vorhergegangenes Wort supponirt wer
den, und wie in ihnen ein Behclf der Deutlichkeit liege, was an einem
traditionellen Beispiele (von den beiden Ajax) sich zeige*“); und indem
es! confusa neoessilale modi sive signi. Divimus enim, quod 0mm": con/usio fit ne
cessilule sigm' vel modi (Abschn. XV, Anm. 80).
212) VII, 1, 2, 1 (f. 215 B): Relativunt esl duplex: uno modo relativum es!‚
cuius esse es! ad aliud se haben, e! sie relativum er! unum de deccm praedica
mentis; aliud es! relational, quod es! ante la!ae rei recordalivum, quia, ul vult
Priscianu: in molare ‚MIO volumine, relalio es! an!e la!ac rei recordatio (Insl. gr.
XII, 16, wosclbst jedoch die entsprechenden Worte lauten: „relalio es! cogni!ionis
anle latae repraesenlalio“; diese Abweichung aber kann dadurch ihre Erklärung
finden, dass das Citat vorerst durch mehrere griechische Hände gegangen war, ehe
es durch Petrus Hispanns wieder lateinisch übersetzt wurde; dass auch Psellus
selbst sich auf Priscianus berief, s. Abschn. XV, Anm. 19) Omissis antun re
lativis secundum primum modum de relativis secundo modo hie inlendimus.
213) Ebend.: Belalivorum aulcm quaedam sunl rela!iva substantiae, u! „qui“,
„ille“ et similia; quaedam vom samt relative accidenlis‚ ul „lalis, „qualis“, „lanlus“,
„quanlus“. Relalivum antun substanliae esl‚ quod refer! rundem rem in numero cum
suo anlecedenle. llem relativorum substanliae quacdam sun! relative diversilatis, u!
„alias“, e! es! illud, quod refer! eandem rem in numcro e! supponil pro alia, u!
„Sucralcs cum'! et alle: dispalal“; quaedam vero idenlilalix, u! „qui“, „alle“,
„ident“, .....quod re/er! et supponit pro eodem in mauern, pro quo suppom'l suum
anlevedens, u! „Socrales eum'l, qui dispulal“..... Relaiivorum substanliae identilalis
quaedam saut nominal, u! „quis“, „quidam“; quacdam ‚um! pronomina, u! „ille“,
„dem“. Das Wort „identilas“ als Ucberselzung von raurön7; dürfte gleichfalls
auf eine Kenntniss arabisch—lateinischer Littcratur zurückweisen (vgl. Anm.52 11.65).
214) Ebend. (f. 217 A): llem relalirorum pronominum idenlitalis quaedum :unl
reciproca, ul .‚sui, u'ln', ae“ cum suo possessivo „raus, sua, suum“; alia vero non
reciprocu, u! „die“, „idem“. llclalivum aulcm reciprocum dicilur mm quod sll pa
liens, sed quitt ponil modum palirnlis supra substanliam agenlcm..... (lade revi
procum sie poles! definiri: quod significa! substanliam agenlcm sub modo palienlia;
vel sie: ....quud sui ipsius esl passirum . ‚ . . .. llem si quaeralur‚ quare hoc p1'0
nomen „sui, sibi, sc“ eure! nominalivo‚ dicendum esl‚ quer! solulio path es: prac
missis, quia .. nominalivus dicit modum agenlis.
215) Ebend.: Relaliea iden!ilatis referun! eandem rcm sub zudem suo an!ece
deute e! scmper supponun! pro t‘adcm re in numcro; et es: hoc palel‚ quod maior
54 XVll. Petrus Hispanus.
hiebei die Frage auftaucht, auf welche Form eines Sophisma’s (s. Anm. 197)
eine durch ein Relativum eintretende Täuschung (z. B. „Jener Mensch
sieht einen Esel, welcher vernünftig ist“) zu reduciren sei, fällt der Eut
scheid dahin aus, dass es eine [allacia composi!ionis sein“). Hierauf
folgt nun zwar eine kurze Angabe über die Relativa der Verschiedenheit,
insoferne bei denselben der Umfang der Begriffe eine Rolle spiele'zfl)‚
aber sofort springt die Erörterung in unordentlicher Reihenfolge wieder
auf die Belativa der Identität zurück, und es wird die „Regel“, dass die
mit einem solchen Belativum beginnenden Sätze kein contradictorisches
Gegentheil haben, gegen Einwürfe geschützt, da in denselben eine Nega
tion nur zum Verbum des Relativ-Satzes selbst gehöre und sich nicht auf
jenes Wort beziehe, welches durch das Relativum wiederaufgenommen
ist2‘8). Auch noch eine zweite Regel betreffs der Tragweite der Bela
tiva der Identität hinkt nach, aus welcher abermals die abweichende Gel
tung der obigen (Anm. 214) Reeiproea erhellt'll9).
es! cer!i!udo per rela!ivam identi!atis‚ quam per suum antecedens loco rela!ivi posi
!um; . hoc eru'm pa!e! per Prisce'anum dieen!em in mar'ore vo!umine (XVll, 56),
quod, cum dice'lur „Max vom! ad Troiam, e! Aiax for!i!er pugnavit“, dubium ext,
an de eodem Aiace dicatur an de diversis, eed cum dici!ur „Max veni! ad Troiam
e! idem forli!er pugnam‘l“, de codem etc/im in!elligi!ur.
216) Ehend.: Sole! au!em dubitan' circa rela!ira iden!i!alis‚ u!rum deceplio [acta
ex diversa relalione fia! secundum acquivocalionem vel secuadum ampliib0!ogiam ve!
sacundum aliquam aliam fallaaiam, u! dicendo „homo vide! asiuum, qui es! ratio
nalis“‚.. . . Secundum aliquo: sole! ihi assignan' aequiaocah'o; sed con!rarium arguilur;
hoc em'm uomen „qui“ u. s. w. (sehr ausführlich).‚... Concodimus, quod deceplio
[acta ex diversa relatione nun es! secundum aequivocalionem..... Ilem quod ibr' mm
n"! amphihologia, probalur...‚. l!em ubiounque es! decep!io ex eo, quod ah'qua diclio
pa!es! referri ad diverse, es! composi!io ve! dioisio‚ ..‚..e! hoc idem eoncedimus.
217) VII, l, 2, 2 (f. 219 A): Sequi!ur de relalieis diversilalis. Relativum dr—
verei!a!is es!‚ quod suppuni! pro alio ab eo, quod refer! .... .. Talis dann regula:
S! „Latinum diversi!a!is adda!ur supen'ori, fi! inferius‚ e! s|' adda!ur inferiori, fi!
superius‚ verlu' grulia in hoc proposilione „aliud ab auimali“ hoc relativum
diversila!is „aliud“‚ cum addilar animali, quod es! saperr'us ad hominem, ‚am! ipsum
inferius, e! in hac „aliud ab homine“ addi!ur inferiori, scr'lioe! hamim'. c! ergo faci!
ipsum supen'us, e! ergo „aliud ab animali“ es! in/‘erius ad „ah'ud ab hominc“.
218) Ebend.: De relalivis iden!i!a!is da!ur regula ab antiquis (letzteres Wort
kann im Originale des Psellus sich natürlich nur auf Autoren ongefahr aus der
Zeit der Commentatoren bezogen haben; vielleicht, wenn wir richtig vermutheteu‚
auf Themistius. s. Abschn. XV, Anm. 105 17., vgl. auch hier unten Anm. 241 u.
247): Nulla proposilio inchoala a relativis iden!i!alis habe! canlradic!oriam. E! as
n'gnan! oausam, quia, cum dici!ur „omm's homo curri!‚ e! i'll: dispu!al“, hoc rela
!ivum „Hie“ habe! respec!um ad hoc antecedens „homo“ prop!er depeuden!iam ‚mae
relationis,‘ sed quando negativ advem'! propositioni inchoa!ae a relativo sie „ille non
dispu!at“‚ !una nega!io nega! verbum, quod seqm'lur, e! non hege! resper.!am rela
!iom's.‚... Sed port!ra hoc obiici!ur: Ouidqm'd contingi! affirmare, vonlinge! e! negare
de quolibe! supposilo; i!em quaeh‘be! proposilio sivc enun!ia!io‚ qaae es! und,
habe! con!radicloriam; ...‚ilem dici! Aris!o!eles in prima Periermenias (s_Abschn. IV,
Anm. 191). quod uni affirmaliom' und nega!io es! opposila Ad raliones corurn
resprmdemus, quod.....in proposi!ione inchoala a relative !an!ummudo sumi!ur can—
lradiclorium per compara!ionem relativi ad verbum, cui subiicilur, v! nun per compa—
ra!ionem relativi ad an!euedens.
219) Ebend.: De rela!ivo iden!i!a!ir non reer'proca tah's du!ur regnla.‘ Omne
relativum identilalis nur! reciprocum habe! eandem supposi!ionem, quam habe! suum
an!ecedcns‚ u! cum dici!ur „omnis lwmo eurril, e! alle es! Sacra!es“‚ hoc rela
!ivum „ille“ euppom'l pro omm' homine Diva au!em „man reciprocum“,
y.fl-:fü—M
XVll. Petrus Hispanus. 55
‘Zuletzt folgt hiemit in Kürze die zweite Gattung, nemlich die Be
lativa der Accidenz, welche im Gegensatze gegen die vorigen als
attrihutive Worte sich nicht auf eine einzelne Substanz, sondern auf qua
litativ gleichartige Gruppen beziehen und daher nur in solchem Sinne
supp0nirt werden. Von denselben wird nur die Eintheilung angegeben,
indem auch sie zunächst in Belativa der Identität und Relativa der Ver
schiedenheit zerfallen, erstere aber wieder in qualitative und quantitative
(diese abermals nach continuirlieher und discreter Quantität) getheilt
werden, woran sich noch bezüglich aller der syntaktische Unterschied
anreiht, je nachdem sie demonstrativ oder antwortend (redditiva) ge
braucht werden 220).
Sollten wir aber nun nach Obigem (Anm. 201) erwarten, dass sich
jetzt die Erörterung der copulatio anreihen müsse, so finden wir uns
getäuscht, indem bei Petrus Hispanus dieser Gegenstand gänzlich fehlt,
während ihn Wilhelm Shyreswood ausführlich besprach und auch Lambert
von Auxcrre nicht völlig ausser Acht liess zu). ‘
Hingegen folgen in eigenthümlicher Zerrissenheit oder Unordnung
die Abschnitte über ampliatio, appellatio, restrietio; wenn nemlich in
selbstständiger und weit besserer Weise (vgl. auch Ahschn. XV, Anm. 90)
Wilhelm Shyreswood die ampliatio und die restrictz'o in die appellatio
verflochten (ob. Anm. 64), Lambert v. Auxerre aber die appellatio voraus- —
geschickt und dann die amptiatio und die restrictio in wechselseitig cor
respondirender Darstellung entwickelt hatte (Anm. 129 f.)‚ so wird
hier völlig unmotivirt die appellatio in Mitte der beiden anderen hinein
geschoben m).
quia cum dicitur „omm'r homo videt so“, mm ext sensus „omm‘s homo oidet om—
nem hominem“.
220) VII, l, 2, 3 (f. 220 B): Habito de relativo substantiae dioendum est de
relative aeeidentis. Relativum autem accidcntis ext, quod refert eandem rem per m0
dam deneminationir, ut „tote“, ‚.quale“ .... .. Retutivum substantt'ae refert idcm in
numero, relativum vero aecidenli: refert idem in specie, at „Soorates est allms, et
tah's est Plato“..... Relativorum aalen: aecidentis aliud ext retotivum identitalis, ut
„talis“, uliud oero diversitatis, at „alter (biedurch könnte zurechtgewiesen werden,
wer etwa noch zweifeln wollte, ob auch diese ganze zweite Gruppe wirklich aus
einem griechischen Originale übersetzt sei; denn sofort erhellt, dass hier €tego;
in der stupidesten Weise mit „alter“ übersetzt ist)..... Item relativorum accidentis
identitatis aliud est qualitatis, u.t „quatts“, aliad quantitalis‚ ut „quantus“ (dieser
Satz fehlt in allen Drucken mit Ausnahme von 91 ß, und auch die zahlreichen
Commentatoren verspürlen den Abgang desselben durchaus nicht). Item retutivorum
identitatis quantitatis aliad est retottvum quantitatis conlinuae‚ ut „tantus“, aliad
vom quantitatis diseretae, ut „tot“, „quot“. Item relativorum numerorum qaaedam
saut nomina, ut „totidem“ (diese wird also zu einem nomen gestempelt; natürlich
stand bei Psellus rocoütoz), quaedam saut adverbia, ut .‚totiens“. Sciendum, qaod
„tatis, tantus, totiens, totidem“ possunt diet' redditiva et demonstrative; si ad
pracsentes referantur, demonstrative, ut cum dicimas demonstrando Hercatem „talis
fat't Plato“ .. .. st autem mm referuntur ad praerentes‚ ....tunc saut redditiva, qaia
reddtmt interrogatr'one praecedente, at „quatt's est Plato, talz's ext Senates“.
221) S. oben Anm. 63 u. 127; vgl. Abscbn. XV, Anm. 83 u. 85.
222) Da jedoch Petrus Hispanus nur mechanisch übersetzte (oder vielleicht
sogar bloss als Abschreiber einer bereits vorliegenden Uebersetzung fungirte), so
dürfen wir sicher annehmen, dass diese unorgani5che Reihenfolge auch schon im
Texte des Psellus sich fand.
56 XVll. Petrus Hispauus.
Es werden nemlich ampliatio und restrictz'o zunächst kurzweg
als Unterarten der obigen (Anm. 204) persönlichen Supposition bezeichnet,
so dass sich hiemit in diesen Capiteln eigentlich noch immer der Faden
der Supposition fortspinnt, da hier nur eine zweite parallel-laufende Ein
theilung der persönlichen Supposition zu der obigen hinzutritt 223). Und
diese Auffassung spricht sich auch in den Definitionen der ampliatio
und der restrictt'o aus, indem erstere nur als eine erweiterte, und letz
tere nur als eine verengte Supposition eines Gemeinbegrill‘es (terminus
commum's) bezeichnet wird, allerdings mit dem wesentlichen Zusatze,
dass Einzelnbegrifl‘e weder zur Ampliation noch zur Bestriction befähigt
sind 224). Aber in der weiter folgenden Erörterung ist kein Faden eines
inneren Zusammenhanges mehr fühlbar.
Denn es folgt nun in dürrster Form eine Eintheilung der ampliatio,
da dieselbe im Verbum oder im Substantiv oder in einem Participium
oder in einem Adverbium liegen könne (— wobei barer Blödsinn vor
gebracht wird —-)‚ und ausserdem ein wichtiger Unterschied darin be
stehe, dass die Ampliation sich entweder auf die supponirten Begriffe
oder auf die durch das Verbum ausgedrückte Zeit beziehe 225). Da
aber bei den Beispielen, welche für diese Eintheilung gewählt sind, das
Verbum „potest“ eine grosse Rolle spielt, so knüpft sich hieran eine
wahrlich läppische Besprechung und Lösung des sophistisch gewonnenen
Satzes „Das Unmögliche ist möglich“‘"“). Hierauf folgt noch für die
223) Vll‚ 2 (f. 222 B): Personalis suppositio es! acceptio termini commam's pro
suia in/‘erioribus, cuius alia es! determinata alia canfusa, ut pries patui! (ob. Anm.
204). ltem personali: suppositiom's alia est restricta alia ampliala‚ et ita ampliotio
et restrictio haben! fieri circa sappositionem.
224) Ebend.: Restrictio es! coorctatio termini communis a maiori supp0sitione
ad minorem, u! cum dicitur „homo alhu: curri!"‚ hoc adieclivum „atbus“ restringit
horm'ncm ad supponendum tantum pro albis. Ampliatio es! extensio tcrmim' commum's
a min0ri suppositione ad maiorem, u! cum dicitur „homo potest esse anlicltristus“
(dass der Begriff des Antichrists auch bei den griechischen Kirchenvaitern eine Rolle
spielte, ist bekannt), iste terminus .‚homo“ non solnm supponit pro his qut sunt,
aed etiam pro his qui erunt, runde impliotur ad futuros. Dico autem ‚.termini rom—
munis“. quia terminus singuloris, nt Socrates‚ non ampliatur neque restrinyitar.
225) Ebend. (f. 223 B): Ampliationum alia fit per verbaut, u! per hoc ucrhum
‚.polesl“‚ a! .‚homo potest esse antichristus“; alia per nomen, u! „homiricm esse an
!ichristum, es! possibile“; alia per participium, u! „homo potens es! esse onimal“;
alia per adoerbium, u! „homo necesaario es! animal“, „homo“ em'm non solum am
plio!ur pro praescnti Iempore, aed etiam pro futuro. Et ideo seqm'!ur alia dieisw
ampliatt'ouis, scilice! atia fit respectu suppositorum, ut „homo potes! esse anticltristus“‚
alia lt! respectu temporam, u! „homo necessario es! animat“.
226) Ebend. (f. 224 B): Circa pracdicta quaeritur de hoc aaphismate „Impossi
bile potest esse verum“. Quod sit warum, probatur, quia‚ illud, quod es! aal erit
impussiln'le, potes! esse ocrum, sciliaet antichristum non fuisse, p‘os! tempu: sann: es!
impossibile‚ et modo potest esse possibile e! veram; ergo impossibile potest esse
verum (d. h. „Das Nichterschienensein des Antichrists ist einerseits, — falls er einmal
wirklich erschienen ist —, etwas Unmögliches. und andrerseits, —— so lange er
noch nicht erschienen ist —. etwas Mögliches; also ist Etwas, was einerseits un
möglich ist, zugleich andrerseits möglich; also ist Unmögliches möglich.“ Mit solch
imsserstem Blödsinne aber müssen wir uns zu des Lesers und unserem eigenen
Ueberdrusse leider noch Öfters beschäftigen. Dass übrigens diese Caricatur eines
Sophisma’s aus der stoischen SchuI—Logik_seinen Weg in die Synopsis des Psellus
gefunden habe, erhellt aus jener ursprünglicheren Form, in welcher wir es oben,
XVII. Petrus Hispanus. 57
erwähnten zwei Fälle je eine „Regel“, uemlich dass die Ampliation, welche
sich auf die supponirten Begriffe bezieht, für den ganzen Umfang der
selben gelte (gleichfalls mit ausschliesslicher Benützung des „potes!“), und
dass die auf die Zeit (vgl. unten Anm. 598 ff.) bezügliche Ampliatiou
sämmtliche drei Zeiten umfasse 227). Dass übrigens mit dieser Theorie
der ainpliatc‘o die späteren sog. Obligatoria in einem Zusammenhange
stehen, s. unten Ahschn. XX.
Und nun folgt plötzlich die appellotio, ohne dass irgend ersicht
lich wäre, wie dieselbe hieher komme. Sie wird als „Annahme eines Be
griffes für ein wirklich egistirendes Objeet“ definirt und soll in dieser
ausschliesslicheu Beziehung auf das concret Wirkliche sich von der signi
ficatio (Anm. 199) und auch von der suppositio unterscheiden, da letztere
beide sowohl bei Existirendem als auch bei Nichtexistirendcm stattfinden
können 228). Blickt somit hierin wieder eine Spur eines allgemeineren
Zusammenhanges dieser logischen Momente hindurch, so bietet auch die
Eintheilung der appellatio Aehnliches dar, indem dieselbe entweder bei
einem Gemeinbegrilfe oder bei einem Einzelnbegriffe auftrete, und im
letzteren Falle mit der signifieatio und suppositio zusammentretfe, im
ersteren Falle aber der Gemeinbegritf entweder nach Art der simplen:
supposi!io (Anm. 203) in ungetheilter Gemeinsamkeit oder nach Art der
personalis supposi!io (Anm. 204) in Momenten seines Umfanges betrachtet
werden könne 229). Aber während diese Erörterung der appella!io leicht
Abschn. VI, Anm. 166, anzuführen hatten). Contro.‘ Ouidquid poles! esse oerum, es!
possibile; sed impossihilc potes! esse oerum (d. b. diess ist die obige sophistisch
erwiesene Thesis); ergo impossibile es! possibile, in !er!io modo primae figuroe (diese
ist sogar formell falsch, weil in „Dorii“ der Schlusssatz particular ist); sed non
clusio es! falsa; ergo aliqua praemissarum; non maior; ergo miiior; sed hoee es!
prima; ergo prima es! [also. Solulio: prima simplieiler es! falsa, haee scilice! „im—
possibile poles! esse vernm“, e! sophisrna pecea! pures falleeiorn oroidenlis u. s. w.
Vgl. auch unten Anm. 357.
227) Ebend‚: De ompliotione, quae fi! ro!iane supposilorum, lolis da!ur regula:
Terminus eommanis supponens verbo haben!i vim omp!iandi o se an! ab alio am
plio!ur ad eo, quoe possun! esse sah forma !ermini supponentis‚ u! „homo po!rsl
esse aninia!“‚ hie is!e terminus „homo“ non solum supponi! pro prarsen!ibus, scd
e!iam ampliatur ad ornnes qui erun!; dico aalen! „a se“, quia hoc ocrbum „poles!“
de re habe! ein! ampliondi; dieo au!em „oh oho“. quio hoc par!icipiam „potens“ e!
hoc nennen „possiln'le“ dem! virtulem ompliandi verbo, ca! odiunguniur...„ De om
p!ia!ione au!em, quae fit ro!ione Iemporis, !alis da!ur regulo.‘ Terminus communis
supponens ve! opponens verbo haherm' vim ampliandi quoad tempus supponi! pro his,
qui samt, qui erun!‚ ve! qui formal. u! „homo necessario es! onimol“.
228) VII, 3 (f. 226 A): Appello!io es! acecp!io !errm'ni pro re existen!e; dico
au!em pro re existente, quia !errninus signifieons non ens nur! appella!, o! Caesar ve!
ehimoera. Difier! au!em appellatio o signifiealione e! supposi!ione‚ quia appellotio
es! !an!um de re e.eis!en!e, sed supposi!io c! significolio sun! !um pro re existen!e
quam pro re non exislenle.
229) Ebend.: Appellationum au!em olia es! !erniini eonimunis, o! „homo“, alia
es! !ermini discrc!i ve! singuloris, u! ‚.Soerales“. Terminus singuloris idcm significal,
supponi! e! appellal. (f. 227 A) l!em oppollo!ionum Icrnu'ni communis alio es! !er
Mini communis pro re in communi, u! quando !ernrirms commum's simplicem hohe!
supposilioneni, u! cum dici!ur „homo es! spesies“, .....e! Ions !erminus idem sup
ponil‚ signifiea! e! appella! . . . . .. Alia au!em es! appc!lulio !ermini eommunis pro
suis in erioribus, u! quando !erminus eomrrmnis personalem habe! supposi!ionem, u!
cum dici!nr „homo rurri!“, inne „homo“.... signi/Icul hominem in eommuni e! supponi!
pro porlicularibus homiuibus e! appella! parlieulores hontines !anlum existen!es.
58 XVll. Petrus Hispanus.
in strenger Parallele mit der Supposition noch weit bitte fortgesponnen
werden können, bricht sie hiemit ebenso unerwartet ab, als sie unmoti
virt eingefügt werden war. Vgl. aber unten Anm. 601.
Somit wird nun zur restrictio zurückgekehrt, welche entweder
durch ein Nomen oder durch ein Verbum oder durch ein Participium
oder durch einen Helathsatz (implicalio) bewirkt werden soll"°). Ueber
die erste derselben, an welcher wieder drei Fälle unterschieden werden,
indem das Nomen entweder eine Unterart des restringirten Begriffes oder
einen artmachenden Unterschied oder ein zufälliges Merkmal desselben
enthalten kann 231), werden die „Regeln“ gegeben, dass der restringircnde
Begriff nicht eine Selbstaufhcbung des restringirlen (wie z. B. bei mor
!uus der Fall wäre) noch eine Ampliation (wie z. B. beipotens) enthalten
darf, sowie dass das restringirende Wort selbst wieder durch das re
stringirte verengt wird, ferner dass die Hinzufügung des Wortes „Alle“
zum restringirten Begriffe an der Restriction Nichts ändert, endlich dass
ein restringirendcr Begriff, welcher im Prädicate steht, auf das Subjeet
keinen Einfluss hat, jedoch mit Ausnahme der sog. consignificatio, welche
bei Substantiven im grammatischen Genus liegt232). Hierauf wird be
züglich der durch einen Belativsatz entstehenden Restriction zunächst die
Tragweite derselben angegeben und dann die „Regel“ aufgestellt, dass
bei llinzufügung des Wortes „Alle“ sehr genau zu unterscheiden sei, ob
dasselbe vor oder nach dem Relativsatze stehe 233). Mit Ucbergehung
230) VII, 4, 1 (f. 228 A): Restriclio es! courc!atio tenm'm' commum's a molare
supposilionc ad minorem, u! dictnm es! pries (ob. Anm. 224). Res!ric!ionam au!cm
alia fit per nomen, u! „kann; allms“, is!c temtinus „homo“ mm suppom'! pro m'gris
neque pro medio colorß eoloralis‚ sed restringitur ad albos; alia fit per verbum, u!
„homo curri!“‚ iste terminus „homo“ sappom'! pro praesenlibus !anlum; alia fi! per
partieipium, u! cum dieilur „homo surren: dispulal“......; alia fi! per implicalio
nun, u! cum dici!ur „homo qui es! albas nun-ü“, haec implicalio „qui es! albus“
restringi! Immian ad alhos.
231) Ebend.: Rcs!riclionum far!arnm per 1t0fllt‘ll alia fit per infen'as supcn'ori
appositum, u! „animal hamo curri!“.‚...; alia fit per di/ferentiam adrenienlcm generi,
quae es! essenlialis, cum si! conslifuliva, u! „animal ralionale curri!“‚....; alia fi!
per adiectirum acriden!is, u! „liom0 allms“.
232) Ebend. (f. 229 A): De rcs!ric!ione fac!a per nomcn communiter sumphun
tales dun!ur regnlae: Omas nomen non diminacns nec habcns ein! ampliandi ad
ianc!um ex cadcm perle !ermino magis commam' restringi! ipsum ad supponcndum
pro bis, ad quer: exigi! sua significatio...... Dico au!cm „nun diminuens" ad re
movcndum nomina diminuenlia rationcm adiuncti, u! „merluus“....; dico au!em „nur:
Italiens vim ampliandi" ad rrmovcndas dic!ioncs amph'alivas, u! „polens“„... E!
sciendum, quod minus commune semper res!ringi! magis communc, u! zum dicitu‚r
„homo allms curri!“‚ sie „homo“ coarota! album ad a!bedinem exislenlem in
hominilms . . . . .. l!em de termino restrivlo !a!is da!ar regula: S! signth universale
aducm'a! !crmino restriclo, nun dis!ribuit ipsum nisi pro hi:, ad quae res!ringilur.‚.‚ .
I!em de restrirlione datur lalis regula: Nihi! posilum a perle praedicalt' pates! rev
s!ringcre !crminum commancm posilum a perle subier!i quoad principalcm significa
!ionrm, u! „homo es! allms“ . . . . .„ quia si restriagerclar ad albos, .....semus
esse! „homo albus es! allms“..... Diva aalen: „qnoad priacipalem significa!ionem“‚
'quia pracdicalum restringit suln'ectum qaoad con:ignifica!ioncm, quae es! genus, u!
cum dicilur „cygnus es! albus"‚ isle lerminas „cygnas“ res!ringi!ur ad mares c! non
ad mulicrcs.
233) Ebend. (f. 230 A): I!rm de restrictionc [acta per implicationem !alis da!ur
regnla: Omnis implica!io immediate toniunrta termino commum‘ restriugi! ipsum sicu!
saam adiecliuam...... !!cm de eadcm restriclionc ta!is dalur regu!a: Quotiescanqae
XVH. Petrus Hispanus. 59
des eine Restriction bewirkenden Participiums wird dann noch sehr aus
führlich über die im Verbum liegende Restriction gehandelt. Nemlich es
treten vorerst die „Regeln“ auf, dass das Verbum vor Allem keine Selbst
aufhebung der Behauptung (wie diess z. B. bei dem Zusatze „opinabililer“
der Fall wäre) und auch keine ampliative Geltung (wie z. B. bei pales!)
enthalten dürfe, sodann aber mit Vorbehalt dieser Bedingung das Präsens
eines Verbums eine vollgfiltige Restriction bewirke, hingegen das Präteri
tum nur für Vergangenheit und Gegenwart, sowie das Futurum nur für
Gegenwart und Zukunft restringire, kurz dass beim Verbum die restrietive
Kraft in seiner consigm'ficatio, d. h. im grammatischen Tempus, liege 234).
An letzteres aber knüpft sich die Besprechung des lappischen Sophismas
„Alle lebenden Wesen waren in der Arche Noah’s, Julius Cäsar aber
war ein lebendes Wesen und doch nicht in der Arche Noah’s“‚ wobei
gegenüber den Ansichten Anderer, welche auf die Unterscheidung zwi
schen Individuum und Gattung sich warfen, im Hinblicke auf obige Regeln
die Lösung dahin geht, dass es eben der Trugschluss einer sog. imper
fec!a enumeralio sei”"’). Ferner aber wird auch noch die Frage er
signum universale et impticatio panunlur in enden! locu!ione, duplex es! oralie, eo
quod signum poles! praecedere implicetionem e! sic distribuil terminum cammunem
pro quolibel supposito..„.; ilem implicalio polest pries edvcm're e! restringere ler
mirmm communem, e! tunc signum perlen adeenien: neu distribui! ipsum nisi pro
his, ad quae reslrlttgi!ur.
234) Ebend. (f. 231 A): Sequitur de reslriclt'one [acta per verhum, de qua
plnres danlur regulae, quarum prima lulls ext: Terminus communir supponens uel
apponens verbo praesentis lemporis simplt'ciler sumplo non hahruti vim empliandi neu
e:c ‚te nec m: alle reslringilur ad suppnnendum pro bis, qui Sl!1ll suh forma !ermini
communis suppanentis. Dico entern „lerrninus communis“, quia lerminus discre!us
neque restringilur neque ampliatar (s. Anm. 224); dico aalen: ,.verbe praesenlis tem
pon'.s“ ad removendum alle verbe aliarum temparum‚ quia lerrm‘nus comnmm's allem
habe! supposilianem cum als; dico au!e1n „simpliciter sumplo“ ad rmovcndum verba
sumple cum parliculis dimlnuculibus‚ u! es! „opinabile“; dico entern „neu haben“
ein! ampliandi" ad remavenda verbe ampllaliva‚ u! „polesl“; diro entern „neque ca:
.re nrque ex alle“ ad removendum rerbd habenlia vim ampllandi, qm'a cum dicitur
„homo es! polens“, llcet hoc verbum „es!“ nor! amplia! ex se‚ ampliat tanzen per hoc
parlicipium .‚patens“ (diesen letzteren Satz geben nur die Drucke PI 6 in der rich
tigen Form)..... llem alle dalur regule: Terminus communis supponens uel apponene
verho de preelerito simpliciter sumpla nun habenti ein: ampliandi nec ex .re nec e1:
alle restringitur ad suppon0ndum pro his, quae saut ael fucrun! sah forme termim'
supponenlis . . . . .. l!em alle dalur regula.‘ Terminus communis supponens vel appa
nens verbo de fuluro eliam supponi! pro hie, quae sun! ael erunt snb forma lemu‘ui
suppanentis . ‚ . . .. Es: preediclis patel, quod verbaut restringltur quoad consigm'fica
lianem‚ quae es! lempus, e! neu quoed signlficatitmcm principatem.
235) VII, 4, 2 (f. 232 B): Circa pracdicte quaerilur de hoc eophismale „Omne
animal feil in arca Neue“. Probalur: homo feil in arca Neue, cquus /nit in arca
Neue, c! sie de aliis, ergo amne animal feil in arca Neue. Conlra: Dame animel
feil in arca Neue, sed Caesar feil animal, ergo Caesar feil in arca Neue. Ouod es!
falsnm, ergo aliquo praemlssarum es! (also; non minor; ergo maior. Ol!0d entern
prima sil falsa, pate! per regulam.... (d. b. die vorletzte Regel der vorigen Anm);
llcm alle es! regeln (die vorletzte in Anm. 232)..... Salutio: Om'dam dicunl,
quod haec „omne anlmal feil in arca Neon“ es! duplex, eo quod polar! fieri dislri—
hulio pro singulis generum vel pro genen'hus singulorum, e! prima modo es! falsa,
secundo mado es! rera..... Sed huic soluliam' neu acquierco, quia species animalis
„an feil per se in arca Neue, sed lautem individuam,‘ ende dica, quod pro
posltio es! falsa„ e! concedo omnes rationes addaclas ad hoc (d. b. die genannten
60 XVII. Petrus Hispanus.
örtert, ob die Bestriction in gleicher Weise beim bejahenden und beim
verneinenden Urtheile wirke, und während Einige der Ansicht seien, dass
sie ungleich wirke (weil, wenn man die Negation gleichfalls auf Existi
rendes restringire, der Satz „die Rose ist nicht“ den widerspruchsvollen
Sinn „die Rose, welche ist, ist nicht“' bekomme), wird die Annahme
einer Gleichmässigkeit aller Restriction hauptsächlich im Hinblicke auf die
erwähnte consignificatt'o des Verbums begründet, und auch darauf hin
gewiesen, dass die Gemein-Begriffe in den logischen Urtheilen (abgesehen
von ihrer objectiven Existenz) in die Form der Aussagbarkeit (entmün
bilitas) eingehen 236). Endlich folgt noch die Notiz, dass manche Re
striction lediglich usuell sich von selbst verstehe, wie man z. B. bei
„Nichts“ nicht an einen absolut luftleeren Baum denke, sowie dass transi
tive Verba von selbst eine restrictive Beziehung auf ein Object in sich
enthalten, daher das Sophisma „Sokrates ernährt sich selbst, er selbst
aber ist ein Mensch, also ernährt er einen Menschen“ sich hiedurch
löse 237).
Hierauf reiht sich die distributt'o an, welche als „die durch ein
Zeichen der Allgemeinheit entstehende Vervielfältigung eines Gemein
Bcgrill‘es“ definirt wird; und wenn wir hiebei sowohl durch den Inhalt
dieser Definition als auch durch einen erklärenden Zusatz an die obige
confusa suppositio erinnert werden 288), so hätte es auch wirklich eine
gewisse Berechtigung in sich, wenn wir sagen wollten, dass die ganze
zwei Regeln), e! proba!io pcccat sccundum consequens ab insuf/icicnti indaclione (s.
Anm. 197).
236) VII, 4, 3 (f. 234 A): Sole! e!iom quarri, u!rnm simililcr lcrmini res!n'n
gan!ur in propositione af/imtaliva e! negative. Dimm! aliqui, quod nun, quia esse
res!ringi! ad existen: e! nan esse ad nun exislcns; i!em vide!ur‚ qaod omnis
negative, in qua esse negatur, simpliaiter es! falsa, s! simi!iler restringanlnr termim'
in praposi!ione negativa e! affirma!iva‚ quia in hoc proposi!ione „rosa es!“ is!e ler—
minu: „rosa“ reflringilur ad existens, e!‚ si in hac „rosa non es!“ simxliler res!rin—
ga!ur ad exis!ens, Inne sensus es! „rosa, quae csl, nun 2st“,- e! haec es! falsa....‚
Sed probalur‚ qaod sinzililer restringun!ar: quia‚ s! in hoc proposilione „homo es!“
is!e terminus „Itomo“ restringilur ad exis!ans e! in hac „nullus hamo es!“ ad non
existens, ergo u!raqac es! aera . . . . . .. Ilem regula es! den Schluss der Anm.
234). E! haec argumenla concedimus. Ad illud, quod prima obiici!ur‚ es! dieendum,
quod esse non restringi! ad exis!ens e! non esse man rl‘s!ringil ad nun eris!ens‚
.....sed quoad consignifica!ionem, qaae es! !empus‚ unde nun restringi! ad supposila
existen!ia‚ sed praescnlia. . ‚ . . ‚. Ad aliud dicendum es!‚ quod duplex es! forma ter
mim' commum's; quaedam ext, quae salvalar in rebus existenlilms !an!um‚ .....aliu
es!‚ quae salva!ur tun! in rebus czislcnlilms quam nan existen!ibus‚ u! cnunliabili!as‚
quae es! forma enan!iabilis‚ nnde ish'us proposi!ionia „rosa non es!“ nun es!
sensns „rosa, qaac est‚ non es!“‚ sed es! sensus „rasa ali!cr sump!a‚ quam in prac
senli, nun es!“.
237) Ebend. (f.234 B): Sole! autem pom', quod qaaedam restrirlio fi! ab usu,
u! cum dicitar „m'hil es! in arm“, quamvis p!ena si! a€re‚ qaia is!e lernn'nns „m'hil“
supponi! ab usu pro relms solidis Sole! etiam poni, quod quaedam refln'ctio
fi! per lransilionem verbi‚ a! cum dici!ur „Socrales pasci! hominem“, t':!e Ierminus
„homo“ snppom'! pro alio a Socrale vir!u!e !ransi!ionis verbi......; und: dimm!
quod non seqai!nr „Socra!es passt! se ipsum e! ipse es! homo, ergo pasci! Imminem“,
quod es! fallacia acoiden!is.
238) VII, 5, 1 (f. 236 A): Distribulia es! mal!ip!icalio !ermini commum‘s per
signam universale ‚Gala, u! cum dicitur ‚.omm's homo“, is!e !crminus „homo“ distri
builnr sive con/unditur (vgl. oben Anm. 205 u. 211, sowie unten Anm. 246 u. 250)
pro quolibe! suo infen'ori Terminus singulan's non po!es! distrt'lnn'.
xvn. Petrus llispanus. 61
folgende Lehre von der Distribution nur eine nähere Ausführung der
verworrenen Supposition sei. Somit bleibt uns bei dem vielen Blödsinne,
welchen wir nun sogleich im Einzelnen zu berichten haben, wenigstens
der kleine Trost, dass auch hier wieder irgend ein Faden eines inneren
Zusammenhanges erscheint, wenn auch die Art und Weise, in welcher
Wilhelm Shyreswood bei dieser Gruppe den byzantinischen Stoll‘ arrangirt
hatte (Anm. 66 fl'.), an Klarheit und Präcision entschieden den Vorzug
verdient. -— Es werden die „Zeichen der Allgemeinheit“ zunächst einge
theilt in solche, welche die Substanz, und in solche, welche die Acci
dentien betreffen, wobei die ersteren sich abermals spalten, indem die
einen zu einer Distribution der Theile des Umfanges (partes subiectivae,
wie z. B. bei „alle“)‚ und die anderen zu einer Distribution der Bestand
theile (partes integrales, wie z. B. bei „gauz“) führen können; bei den
jenigen aber, welche sich auf die Umfangs-Theile beziehen, sei wieder
zu unterscheiden, je nachdem sie auf einem Pluralis (z. B. omm's) oder
auf einem Dualis (z. B. ulerque) beruhen 239).
Die Einzeln-Erörterung beginnt mit „onmis“, dessen collective Be
deutung („zusar_nmen“ bei Zahlen) nicht in Betracht komme. Die distri
butive Bedeutung aber führt vor Allem zu der Frage, ob omnis überhaupt
Etwas bedeute, wobei die Gründe und Gegengründe darin ihre Lösung
finden, dass omnis zwar nicht ein Allgemeines, wohl aber eine allge
meine Weise, d. h. „universaliter“, bedeute, eine Entscheidung, welche
gegen einen einfältigen vom kategorischen Syllogismus hergenommenen
Einwand wieder dadurch gestützt wird, dass omnis im übersetze eines
Sehlusses ja nicht den factischen Bestand des Subjectes, sondern eben
den Subjectsbegrifl‘ eines Urtheiles nach seinem Verhältnisse zum Prä
dicatsbegritfe betreffeuo). Hieran aber reiht sich die noch wunderlichere
239) Ebend. (l'. 237 A): Signorum lmirersalium alia sunt distributiva substan
tiae, ut „Minis, nulluirul alia sunt distributiva arcidentium, ut „qualis, quanIus“.
Signum autem distributivum substantiae distribuit res se habentes per modum cius
quod quid est; ......signum distributiuum accidentis ext, quod distribuit res se ha
bentes per modum actidentis . . . . .. Itcm signorum distributii-orum substantiae alia
sunt distributiva partium integraliuml ut „mm“, alia sunt distrilzutiva partium sub
iectiuarumi ut „onmis, nullus“. item signorum distributivorum partium subiectivarum
alia sunt distributiva duorum, ut „Wer, neulcr“, alia sunt distributiva pluriumj ut
„omnis, nullusu et similia.
240) Ebend. (f. 237 B): Harem autem signorum primo dicendum es! . de hoc
signa „omnis“. Scicndum, quod „omm's“ in pluruli numero dupliciter sumilur; uno
modo collective ut „omnes apostoli dei sunt ducdecim“, unde non sequitur „ergo isti
(d. b. z. B. Petrus und Jacobus) sunt duodccim“...‚; alio nmdo sumitur distri
bulive, ut „onmes homines naturaliter scire desideran!“ (bekanntlich die Anfangs
worte der ariStotelischen Metaphysik). E! tunc quaeritur, quid signi/icet hoc signum
„omm's“. E! videlur, quod nihil signifirel, quia onmis res aut es! universalis aut
particularis-1 sed „omm‘s“ non significat rem universalem vel particularem . . ‚ . .. llem
„omnis“ neque es! praedicabilc de uno neque de p!uribus‚ ergo......nihil significal.
Sed contra .' . . . . . si „nmm's“ nihil significet, propter appoxitionem vel remoliouem eius
non causaretur veritas ve! falsitas in oralione, sed haec est vcra „anima! cst homo“,
ergo e! huet „omnc animal est hamo“, quod est falsum . . . . .. Solulio: ad dubium
dicitur. quod „omnis“ non significat universale, sed universalith quia facit termi
num rommunr'm suum stare pro omnibus suis in/erioribus, elsic nominisu signi
fica! aliquam rem (hiezu Anm. 602). Sed duplex est res, quia quaedam res est
subiicibilis vel praedicabilis. .. alia est, quae est dispositio rei subiicibilis ue! prae
62 XVII. Petrus Hispanus.
Frage, ob (im Hinblicke‘ auf eine aristotelische Stelle) omm's sich stets
wenigstens auf drei Objeetc beziehen müsse, da wir doch auch über
Dinge, welche nur Ein Mal existiren (z. B. Sonne oder Phönix, vgl.
Absclm. XI, Anm. 67, u. Abschn. XII, Anm. 87) Urtheile aussprechen;
und es wird zunächst der Entscheid dahin gegeben, dass in den Fällen
der letzteren Art omnis sich wirklich nur auf Eines beziehe 241); aber
auch die entgegenstehenden Einwände seien zu widerlegen, indem einer
seits omm's in der That die im Begrill'e der Vollendung liegende Dreizahl
in sich enthalte, und andrerseils wohl zu unterscheiden sei, ob omnis im
Plural oder im Singular gebraucht werde, indem im letzteren Falle, z. B.
bei dem Satze „omm's phoen-iw es!“ durchaus nicht an nicht-existirende
andere Phönixe, sondern eben nur an den Einen gedacht werde 242).
dicobilis‚ e! totem rem significat hoc signmn „omnis“..... Obiicitur au!ern, quod
„omm's“ non significel disposilicmem rei subiicibilis, qm'a in syllogismo medium debel
reilerari cum suis disposilionilms in 1ninore proposih'one, ergo deberemos syllogixore
sie „Omnis homo es! animal, Socrales es! omm's homa, ergo Socrales es! animal“. .
Soln!io: .....subieotnrn doo dicit, scilice! illud, quod es! sobiectum‚ e! siibieclum‚
inquanlum es! subieelnm; et secnmlum hoc es! duplex disposilio subiecli, quia quas
dom es! dispositio illius rei, qoae es! sulu’ectum, u! „albus, niger“, et istae deben!
reileran' cum medio; alia es! disposilio snbiecti, inquanlum snlu‘ecium, eidelice! in
ordinalione ad praediculum, u! „omm's, nullus“, e! talis disposilio neu «lebe! reileron‘
vom medio (dass jedoch in Letzterem die sog. syncategorenmatische Geltung
gewisser Satztheile liege, s. unten Anm. 264, 267. u. vgl. auch Abschn. XIX‚
Anm. 120).
241) VII, 5, 2 (f. 238 B): Consequenter quaerilur, olrnm „onmis“ ezigat Irin
appellala. E! videtur, quod sie, quia omnis per/edle es! in tribus, u! habelur in
prima Coeli (Arist. de coole l, l), et sie omne per/eclum es! in trilms, sed „0mm“
e! „perfeclam“ idcm samt, u! habeluriln'dem, ergo „umnc“ es! in lribus, ergo „omm's“
voll haben Irin appellolo; ad idem die“ Aristoteles in eodem lose, quod de duobus
oiris mm dicimus „omnes“‚ sed de lribus vin's, ergo „monis“ voll haben m'a ap—
pellata. (So befinden wir uns mit. dieser ganzen Erörterung vollständig in dem ge
wöhnlichen Fahrwasser der griechischen Commentatoren, und wohl mag auch hier
— vgl. ob. Anm. 218 u. Abschn. XV, Anm. 105 II“. — die Vermuthung gerechtfer
tigt sein, dass eben Themistius es war, auf welchem Psellus hauptsächlich Iusste,
denn Themistius verweilt in seiner uns nur lateinisch erhaltenen Paraphrase zu
‚trist. de Coelo, Venet. 1574, Iol. 1 b, mit sichtlicher Vorliebe bei jenen Worten des
Aristoteles). Sed conlra: In qualibe! drnwnstralione sunt proposiliones universales‚
sei! demonstraiiones fiun! de sole e! de Iuna, ..„.sed sol nur! lzabct nisi unicmn
supposilom u. s. w. (d. h. es folgen noch mehrere Wendungen dieses nemlichen
Einwandes). Concedimos dicendo‚ proediclas propositiooes esse rares, e! quod „omnis“
nun semper exigil !rio appellala, sed quando adinngilur termino conmnmi habenli
plnra supposila, lunc exigi! ploro appellola‚ quoiido eero adiungitnr lermino haben!i
solum unum supposilum, Inne ezigi! solum unum appellolum.
242) Ebend. (I. 239 A): Ad illud, quod prima ol1iiciebatur, quod onnn's per/aß};
es! in lribos, dirilur‚ qnod eerurn es! e! Itaec trio saut, seilicel subs!anlia rei, oir!us
eins, operulio eins; e! Imeo lria langt! Aristoteles sub brevilms verbis, cum dieit
„natura opla nola sie facil“ (de Carlo I. 4 oder Similiter hoc siynum ‚.oninis“ habe! substantiom siIgIn,i 8unoidveerrsadleispaer!t. oainr.lutI,em, qmn
es! dislri'buere, e! operationem eins, quondo distn‘buil Ad secundum dieendmn
esl, quod „omm‘s“ in plurali raliom’ multiludinis [‘aclae /aei! dislribulioncm per
diverses malerias et voll habere tria appellala, S€d „onmis“ in singulari numero,
ex quo reoipil speciem secnndom se e! mm maleriom individoorum, exigi! essenliasi
aplam nolam in praedicari de plurihus, .....el ideo ezi_qit lria appellala an! unum
solum....‚. Quidam tarnen dicunl‚ quod „onmis“ voll haben (n'a appellata ad nninus,
e! dan! lalem rationem: Quotiescunque signum universale addilur lermino communi
XVII. Petrus Hisppnus. ' 63
Hierauf nun folgt die Besprechung und Lösung dreier Sophismen, in
welchen ‚.omm's“ eine Rolle spielt: nemlich erstens „Jeder Mensch ist
ein Mensch, und was etwas Anderes ist, ist kein Mensch; also was etwas
Anderes als Sokrates ist, ist kein Mensch“ 243); sodann „Alle Menschen
und noch andere Menschen existiren“, woran sich eine allgemeine Regel
überdie fallacia accidentis anknüpft 2““); endlich noch „Jeder Mensch
ist jeder Mensch““"), — Sophismen, welche sämmtlich würdig sind,
ursprünglich der stoischen Logik angehört zu haben.
Nun kömmt „1tullus“ an die Reihe, jedoch in sehr kurzer Erör
terung, indem nur eine „Regel“ angegeben wird, wornach nullus mit
der obigen confusa suppositio zusammenhängt, und hieran sich die
Lösung des Sophismas „Kein Mensch ist jeder Mensch“ knüpft 246).
neu habenti su/ficientiam appellaterum, recarn't ad mm ens, a! cum dicitnr „omm's
pheenix es!“, .....recurrit ad neu existente: phoeniccs....‚ lloc entern potes! multi
pliciter imprabari, quia supponant, quod „omnis“ semper aal! habere tria ap
pellultt, quod superius ostensum es! esse falsum..... llem ad idem alia regula talis
est: (d. h. es folgt die erste der drei Regeln in Anm. 234)..... Ergo cum dicitur
„Minis phoeniz“, si „phoeniz“ restringitur ad sapponendum pro phaenice tantum,
qai est‚ non distribuit ipsum nisi pro unieo supposito.
243) VII, 5, 3 (f. 240 B): Secundum praedicta quaeritur de hoc sophismate
„Unmis homo es! l!0fll0 et quodlibet difierens ab illo es! neu homo“. Probatie: Haec
es! ana eopulativa, cuius utraqae pars es! vom, ergo ipso es! vera (dass im byzan
tinischen Originale diese Regel nur der stoischen Schal-Logik entnommen war, s.
Abschn. VI, Anm. 155. u. Abschn. VIII, Anm. 49). Improbatio: 0mm's home es!
homo et quodlibe! differens ab eo es! non homo; Socrates es! hemo; ergo quodlibet
di/Terens a Sncrate es! neu homo. Ouod es! falsam, quia Itaec es! una copalatiea‚
cuiu: altem pars es! falsa; ergo ipsa es! Iota [also (ebenso ebend.). Salutio: Prima
simpliriter es! vera, e! improbatie pecca! penes [allaciam consequentis u. s. w. (Die
sloische Quelle dieses Sophismas s. Abschn. VI, Anm. 213.)
244) Eben_d. (l'.241 A): Item qaaeritar de hoc sophismale „Onmis homo et
alias homo saut“. Probatio: Seerates et alias hemo sunt, Plato et alias homo saut,
et sie de aliis, ergo omnis homo e! alias homo saut. Improlzalio: „Alias“ es! rela
tieum diversitatis substanliae (vgl. oh. Anm. 213 u. 217), ergo supponi! pro diverse
ab Imminr, sed non es! alias hemo ab errini homine; ergo prima es! falsa. Solatio:
Prima es! simpliciler [also et probatie peccat secundum [allaciam figurae dictionis a
plurilms deterniinatis suppositienilms ad unam determinalam..... ltem probatio pecca!
seeundum fallaciam accidentis . . . . .. Unde talis datur regula: Ouetieseunquc atiquid
segaitur‚ sive conversim sive neu, si aliquid cenveniat uni‚ qued mm eennenit alteri,
et per illad, cui eoneenit, in/‘eratur de eo, cui mm convenit‚ semper es! [allacia ac
cidentis, e. g. homo es! species, ergo substanlia es! species u. s. f.
245) Ebend.: Diele de hoc sophismate resta! dicere de istn „Omnis homo es!
omm's harrte“. Probatio: Sncrates es! Socrales, Plato es! Plato. e! sie de aliis, ergo
omnis homo es! entnix heute; et, u! eult Beethius (s. Ahschn. XII, Anm. 124 11.129;
dass Psellus auch anderweitig den Beethius citirt, s. Abschn. XV, Anm. 15 11.28).
nulla propositio es! eerier illa, in qua ide‘m praediralur de se ipso, seil sie es! hie.
. . . . .. Improbatio: Sun contradictoria esl eera, sci!icet illa .‚quidam hemo „an es!
omm': hemo“; ergo ipsa es! [also .... ‚. Seluh'o: Prima es! simplicilt'f falsa, et pro
lmtio pecca! smmdum censequens ab insufficienle cnumeratione u. s. f.
246) VII, 5, 4 (l. 242 A): Sequitur de hoc signo „mutlos“, quod significat, que—
niam universaliter negative, unde significat idem sicut hoc signum „omnis“ cum ne—
gatione pestposita‚ et ideo „omm's neu“ e! „nitllus“ arquipollent. De hoc signo
„nullus“ dalurtnlis regeln: Ouotiescunqae hoc signum „aal/es“ immediate adiungilur
termino commum', eon/undit ipsum meln'liler (s. ob. Anm. 206 u. 238) et distributiee,
e! similiter terminum eommunem sibi udiunclum mediale, u! „nullus homo es! asi
1ms“, unde potest fleri descensas sub subiecto... . . Circa praedicta quaeritar de hoc
64 XVII. Petrus Hispanus.
Aehnlich ergeht es hierauf mit „1iihil“, wobei zur Lösung des So
phismas „Wer Nichts sieht, sieht Etwas“ auch verschiedene (höchst
einfältige) Ansichten Anderer beigezogen werden, und zuletzt eine „Regel“
für jene Fälle folgt, in welcher eine Negation mit der Distribution zu
sammentrill‘t H").
Hierauf sind von den distributiven Zeichen der Umfangs-Theile (s.
Anm. 239) noch diejenigen zu besprechen, welche auf eine Zweizahl
gehen. Und zwar wird zuerst, was „uterque“ betrifft, der sophistische
Fall erörtert: „A sagt die Wahrheit, B sagt die Wahrheit, zugleich
aber sagen A und B Unwahres; sagen also beide die Wahrheit oder
nicht?“ 248) In Bezug auf „neuler“ sodann stellt sich das Sophisma ein:
„Wenn du keines der beiden Augen hast, kannst du sehen“ 249).
sophismafe „Nullus homo es! omm's homo“. Probalur sie: Socrales non es! omnis
homo, PIan mm es! onmis homo, e! sie de aliis..... C0n!ra.' Ibi praedicatur oppo
silum de opposito, ergo es! falsa. Solulio.‘ Prima es! vera, e! ad improlmtianem
responde!ur per interemplianem‚ quia ibi mm praedicalur opposilum de opposita, sed
removelur „omm's hamo“ ab homine sump!o pro quolibe! suppasilo, e! hoc es! vrrum.
(Es weist dieses Sophisma auf den sog. Ovn; zurück, s. Abschn. VI, Anm. 213.)
247) VII, 5, 5 (1.243 A): Sequi!nr de hoc sigma ,.nihil“, quod significat idem
quod „nullus“, sed ineludi! in se terminum recipienlem suam dis!rihnlionem, quiu
m'hil es! signum universale cum nega!ione, e! res es! terminus recipiens eins distri
hutionem. Circa praedirla quaeri!ur de hoc sophismu!e „Nihi! ridens es! aliquid
videns“. Hobalur sie: Non rern haue videns es! aliqaid nidens, quia mm uidens So
eralem es! videns I’la!onem; mm il!am rein videus es! aliquid ridehs, e! sie de aliis;
ergo nihi! videns es! aliquid videns..... Conlra: II)! praedicalur opposilum de oppo
si!o, ergo locu!io es! [a!su. Ouidam dislingnunl, quod haec dic!io „nihi!“ poles!
esse accusaliui rasus .....vel poles! esse nomina!ivi oasus sed hoc nah so!ai!,
qnia in u!roque sensu es! faisa. Sed alii dis!inyuunl, ‚quod negativ in hat:
termino „nihi!“ poles! negare parlicipium ae! poles! negare hoc verharrt „esl“.....;
sed hoc nah solvit, quia in u!roque sensu es! [also . . . . .. Solu!ia: Dicendum es!,
quod prima es! simpliciter falsa, e! probalio pecca! penes fallaciam figurae dic!ianis
a pluribus determinatis ad unum determinatum ve! pecra! secimdum fallacium
accidenlis . . ‚ . .. An!iqui (über dieses Wort s. oben Anm. 218) pasuerunl‚ praemissas
esse duplices prapler !alem regulam, quam dahant: Ouo!iescunque negativ e! dislri—
bu!io includunlur in una lermino, ad quodcunque refer!ur nimm, e! re!iquum. (Die
ursprüngliche Quelle des Sophismas ist sicher der sog. ’nyexalvpye'vog, s. Abscbn.
VI, Anm. 210.)
248) VII, 5, 6 (f. 244 B): Sequilur de sigiiis distributivis dnorum, e! !alia um!
„neuler“ e! „alerque“, e! difl'erun! a praedic!is, quia ...‚..dis!rihuun! solum pro
duolms per demons!ralionem„.„ Circa praedicla quaeritur de hoc sophismale „Ab
ulroque istorum enunliatum es! verum, pasi!o quod Socra!es dica!, denn: esse, P!alo
vero dical, hominem esse unima!‚ e! umbo dican! simul, hominem esse asinum“. Pro
ba!io: A Socrate enunlialum es! verum‚ a Plarane enunlia!um es! verum, ergo ab
u!roque islorum eitunlia!um es! verum. Conlra: Ab nlroque enun!ialum es! remm,
sed nihil enunlialum es! ab ulroque islarum, nisi hominem esse asiuum‚ quod es!
falsnm. Solalio: Prima es! vera e! improluzlio (alle Ausgaben haben probatia‚ und
auch die Commentatoren bemerken den Fehler nicht) peccat secundum [alladam
arcidenlis Ouidam (amen dicunl, quod prima es! simpliciler falsa, ..... . e!
prabalio pecoa! secundmn fal!aoiam figurae dir/ionis . ‚ . . .. Sed prima solulio me!ior
es! e! subtilior. (Auch hiefür liegt die erste Quelle im sog. lflq.'!efiow, s. Abschn.
VI, Anm. 205.)
249) Ebend. (f. 245 A): Sequi!ur de hoc signo „runter“, quod significa! idem
quod „ulerque“ (um negalione sibi praposi!a .... ‚. Ouaerilur de hoc sophisnm!e
„Neulmm oculum habende in potes videre“. Probalio: Dexlrum aculum non habende
!u potes videre, sim'strum oculum hart habende !u po!es ridrre, ergo prima es! vera.
Conlra: Neu/mm oeulum habende !u poles videre, ergo dum neu!rnm oralum halbes,
XVII. Petrus Hispanus. 65
Nun aber wird, obwohl das Verhältniss der Negation zur Distribution
schon vorher (Schluss der Anm.247) berührt worden war, noch speciell die
Frage besprochen, ob die Negation überhaupt die Fähigkeit habe, zu einer
verworrenen Supposition, d. h. aber eben zu einer Distribution, verwendet
zu werden, und eine zweiseitige Erwägung der Frage führt zur Ver
neinung derselben 250). Ausserdem noch wird hier die Erwähnung einer
distributia aptt'tudinis und einer distributio accommada eingeflickt 251).
Und nun erst folgt der noch übrige Rest der die Substanz be
treffenden Distributiv-Zeichen, nemlich das Wort „totus“, welches zur
Distribution der Bestandtheile dienlich ist (Anm. 239); jedoch auch hier
dreht sich die Erörterung lediglich um das Sophisma „Der ganze Sokrates
ist kleiner als Sokrates“, wobei übrigens sogar die völlig unrichtige Be
merkung hinzugefügt wird, dass bei qualitativen Bestimmungen kein der
artiger Fehlschluss betrell's des „Ganzen“ entstehe 252).
tu pates uidere, quad [nimm es!...... Salut!o: Prima es! falsa, et probatio peccat
secundum fallaciam accidentis u. s. w. (Dieses Sophisma geht durch die Stau
hindurch bis auf die Megariker zurück, s. Abschn. VI, Anm. 210. u. Abschn. II,
Anm. 91.)
250) VII, 5, 7 (f. 246 A): Habita de signis distributiais partium subiectivaram
eonsequenter quaeritur, u!rum negatia haben! vim distributionis sive eunfandendi (die
nemliche Gleichstellung wie oben Anm. 238). E! videtur‚ quad sie, quia Aristoteles
in prima Perihermenias dici! (Abschn. IV, Anm. 202). qnad illae cantradicunt „humu
es! instus“ e! „nun homa es! instus“; ergo altem es! universalis, .....erga il!e ter
minus „hamo“ distribuitur, scd nun es! ibi aliquid, u qua divtribuatur‚ Cantra: Si negatia haben! vim canfnndendi, ergo sicu! istu es! innciosnigrnueagati„oo.mnis
Sacra!es currit“, simititer haec „nun Socrates curri!“‚ quad es! falsunt...... Item
ubictmque es! distrilmtio, ibi es! terminus camnmnis sumptus unwersaliter‚ .....sed
signum universale significa! „quaniam universatitur“ tantummodo (s. ob. Anm. 240),
negatia oero nun; ergo negatia nur: habe! aim distribuendi, quad cancedimus dicentes,
qnod negatia nun can/undit‚ sed nega! hoc, quad past so invenit..... Solu!iu aalen!
pate! ad hoc, quod abiicitur, quia, qaod haee es! universalis „nun homa es! instus“‚
hoc nun es! prapter naturam distrtlmtianis existentis in negatiane, sed hoc est, quia
negalur hamu in commani u. s. f.
251) Ebend.: Item sale! pani quaedam distributia aptitudinis‚ u! „amnis hama
time! in mari“, i. e. ap!us natus es! timare in mari. Item salut poni distributio
aceommoda, u! „aoelum legt! amnia praeter se tpsum“ e! „dem creavi! omnia atia a
es.“ Sud is!a dua genera distributianis nun sun! ita prapria sicn! alia.
252) VII, 5, 8 (f. 247 A).- Sequitur de hoc signo „totus“, quad es! distributiaum
partium integralium‚ u! hie „tatus Socrates es! allms“; es! anim sensus „Sucrates
secundum quamlibe! sui par!em es! albas“, ad quam sequitur „quaetibe! pars
Socratis es! alba“ . . . . .. Circa praedic!a quaeritur de hoc sophtsmate „Totus Socrales
es! minar Socrate“. Prol:atio: Oaaelibe! pars Sacratis es! minar Socrate; ergo Sarrates
seeundum quamlibet sui partem es! minar Soerate; ergo to!us Socrates es! minar
Sacrate. Contra: Tatus Sacrates es! minor Sacratc; ergo Sacrates es! minar Socrate.
Salutto: Prima es! vom, .....e! imprabatiu (auch hier haben alle Ausgaben prabatia)
peccat secundum fatlaciam accidentis . . . . .. Etiam probatia pecca! seenndum quid ad
simpticiter .... . . Item in qaibasdam sequitur „tatns Sucralas, ergo Sacrates“, in
quilmsdam nun. Ouaeritur, in quibus es! e! in quibus nun. Dicendam est, quud
saut quaedam accidentia‚ quae indifferenter conveniun! parti e! lati, u! „albas“.....,
et in tutibus bene sequitur.....; atia sunt accidentia‚ quae conveniunt partibus e!
nun loti, e! e conaersa la!i e! nun partibus, u! „minaritas, parai!as“‚ e! in talibus
nun sequitur. (Die sophistische Anwendung des Theilbegrifl‘es bereits bei den Me
garikern, s. Abschn. II, Anm. 98; das Richtige hingegen betreffs des Beispieles von
„albus“ s. ebend. Anm. 70).
Puma, Gesch. III. 5
66 XVll . Petrus Hispanus.
Indem somit noch diejenigen distributiven Zeichen ihre nähere Be
sprechung finden müssen, welche sich auf die Accidentien beziehen (Anm.
239), so tritt zunächst der Einwand entgegen, dass eine derartige Distri
butiou überflüssig sei, weil ja die Accidentien nur durch Vervielfältigung
ihrer Träger, d..h. der Substanzen, distributiv vervielfältigt werden; hin
gegen aber wird bemerkt, dass es sich bei dieser accidentellen Verviel
fältigung nicht um die Substanz, sondern eben um Art-Formen derselben
handle. Und somit wird sofort das Distributivum „qualislibe!“ in einem
einfältigen Sophisma erörtert, welches darauf hinausläuft, dass die Be
schaffenheit des Wissenden zuweilen auch das Bewusstsein des Wissens
involviren könne253). Soll hiedurch das Accidens qualitativer Bestimmt
heit erledigt sein, so geräth die Distribution quantitativer Accidentien
noch kärglicher; denn „quan!uscunque“ wird wohl genannt, aber hievon
sogleich auf „quotiescunque“ übergesprungen und nur für dieses das
Sophisma „So oft du in Paris warst, warst du ein Mensch“ näher be
sprochen“‘). Zuletzt aber folgt noch (wohl im Anschlusse an die quan
titativen Bestimmungen, jedoch ohne alle Andeutung eines solchen Zu
sammenhanges) eine Erörterung über „infinitum“, welche zuerst an der
Hand aristotelischer Stellen die verschiedenen Bedeutungen des Unhe
gränzten und die Definition desselben feststellt, hierauf aber die distri
butive Geltung des Wortes „infinitum“ an dem Satze nachweist: „Was
253) VII, 5, 9 (f. 248 B): Sequi!ur de distribulivis acciderüium, in!er quae prima
dicendum es! de signis dis!rilmlivis qualilu!is, . . . . „u! „qualell'be!“‚ cuius parlieulare
es! „allqualibel“. Sed Iunc obila'lur, quod, si accidens mul!lplicelur mul!iplicnto
subiee!o‚ .....ergo signa dislrt'lmtiru accidenlium super/luan!. Ad hoc dicendum esl,
quod duplex es! multiplicalio accidenlis‚ quia quacdam es! secundum numerum, e!
haec fi! per signum dis!ributivum subs!anliae‚ .. alle es! multiplicalio secundum
speciem‚ e! haec fit per signa dislribuliva meiden!!s‚ u! „qualelx'be! curri!“..... Circa
praedicla quam'lur de hoc sop/zismnle „Ouod!ibel qualelibe! de quolibe! lali seil,
ipsum esse !a!e‚ quale ipsum esl; posilo‚ qnod Socralu sein! grammalicam e! logicam
e! rhcloricam, e! Plato e! Ciccro simililer, e! sciun!‚ se haben eas, e! sin! alii Ire:
honn'nes, quorum unus sein! onicam, aller grummaticam, e! alias rhe!oricam‚ e! ist:
nescian!‚ se habere aus, e! de aliis m‘hil scian!‚ c! alii seien! de se e! de is!is, e!
non sin! plures homincs nequc plures quali!alea“. Praba!io . . . . .. Con!ra..... Solu!io:
Prima es! vera, e! improlmlio pccca! secundum fullaciam consequenlis, . . . . ..quia
ualelibe! supponl! lan!um pro lribus u. s. f. (Die stoische Schul-Logik konnte für
bophismen, welche das Wissen betreffen, bis auf die Sophisten zurückgreifen; s.
Abschn. l, Anm. 61 ff.)
254) Vll, 5, 10 (f. 249 B): Sequilur de signis dislribula'vis quan!llalis; c! nur!
illa‚ quae dislribuun! res se habenles per modern quanli!alis‚ u! „quoliescunque“,
„quan!uscunque“. E! secundum hoc quacri!ur de hoc sophisma!e „Ouoliescunque [nisti
Parisiis (statt Parisius‚ wie bekanntlich dieser Ortscasus in allen Handschriften
und älteren Drucken stets geschrieben ist, steht hier in einigen Ausgaben parasilus)‚
tolles [m'in homo“. Probalio: Una vice fm'sli Parist'is c! illa vice fuis!i liomo, alia
vice fuisl! Parisiis e! illa vice fuisli homo. e! sie de uliis; ergo u. s. f. lmproba!io:
sed bis fuis!i I’arisüs, ergo bis /uis!i Iwmo‚ quod [alsum es! So!ulio :
Prima es! falsa; ad probalt'onem aulem respondendum es! per in!eremplionem‚ quia
sccunda pars copulalivac es! falsa‚ scilice! „illa vice fuls!i homo“, quia udlmc nulla
vice fulin homo‚ eo quod noudum eile feil de!crmirwla . . . . .. E! nola‚ quod „bis“
non impor!al intermplionem Icmporis, scd Iun!um aclus illius, eui adiungilur . . . . ..
Si au!em formarelur sie paralogismus „Ouandocunque fuisll Parisiis u. s. f.“‚ prima
es! vera, e! improlmlio peccn! seclmdum /‘allaclum fiyurue dic!ionis‚ . quia „quundo
cunque“ es! in praedicumenlo „quandu“, e! „bis“ in praedicamcnlo quantila!is.
XVII. Petrus Hispanus. 67
eine beliebige Quantität übersteigt, ist begränzt“; und wenn schon bei
dieser Distribution, welche als distribulio interscalart's bezeichnet wird,
der Satz „Das Unbegränzte ist begränzt“ das Hauptmotiv bildete, so unter
liegt nun letzterer als ein Sophisma dem üblichen Verfahren der Contro
verse und Lösung, wobei zu bemerken ist, dass nach den Ansichten
Einiger der Unterschied zwischen relativ Unbegränztem und absolut Unbe
gränztem, nach Anderen aber die Verschiedenheit eines substantivischen
oder eines syncategoreumatiseben Gebrauches des Wortes „infinitum“
beigezogen wurde 255).
Endlich mit dem letzten Abschnitte, d. b. mit den Exponibilia,
welche als das Einzige aus Petrus Hispanus sich auch in die spätere
Logik forterbten (die sog. exponiblen Schlüsse), treten wir bereits in das
Gebiet der „Syneategoreumata“ ein, welche, wie wir oben (Anm. 66 fl‘.)
sahen, bei Wilhelm Shyreswood allerdings auch den ganzen Abschnitt
über die Distribution in sich umfassten, hier hingegen auf die „exponi
blen“ Worte beschränkt sind (was den Begrill‘ 6vyuarqydqqur bei Psellus
betrifft, s. Abschn. XV, Anm. 9 u. 106, noch ältere Stellen s. Abschn.
XIII, Anm. 174, 206, 348). Es wird nemlicb das exponible Urtheil sofort
als dasjenige definirt, welches in Folge eines syncategoreumatisehen Aus
druckes undeutlich ist und einer Auseinandersetzung bedarf, woran sich
zugleich die aufzählende Eintheilung der Syncategoreumata anknüpft, in
dem dieselben entweder Exclusiv- oder Exceptiv- oder Reduplicativ-Zeichen
seien oder Anfang und Aufl16ren oder Endlosigkeit oder ein Ueberschreiten
oder eine Unterscheidung oder eine specielle Weise der Distribution be
zeichnen können256). Jedoch ist biebei sehr wohl zu beachten, dass
255) VII, 5., 11 (f. 250 B): Sequi!ur de infini!o‚ quod quinque modis dicitur.
Prima modo.....‚ quod nur! poles! per!ransiri‚ u! vor dici!ur invisibilis . . . ‚ . Alio
modo. ..., quod habe! !ransitum imper/‘ectum, eo quer! nondam es! de!erminalum....
Terlio modo . .. secundum appesilionem, u! numerus augmenlabilis Ouar!o modo.... secundum divisioncm, u! con!immm.„. . Alio moesd!o indiciin!fiunriliunmfinitum
a!roque modo, scilicct per apposi!ioncm et divisionem, u! tempus..‚.‚ Ouoad has !res
ul!imas signifiea!iones definilur sie infinilum: infim'!um es!, cuius quan!i!alem acci
pien!ibus semper es! aliqut'd extra sumcrc (im byzantinischen Originale waren
natürlich alle diese Bestimmungen über das infinilum aus Aris!. phys. aasc. III, 4—8
entnommen). Sole! aa!cm pom', quod infinitum quandoque sumi!ur pro termino com
muni, e! (um: is!a propositio „infim'1a ‚um! fini!a“ aequipolle! Imic „aliquo infini!a
‚um! finila“; quandoque sumilur pro signo distn'balivo, e! !une illa aequipollc! [wie
„qaoad distribulionem quolibe! plura sun! finila“. E! probalur sie: Uno plum saut
fim'!a, daobus plura sun! fim'!o‚ tribus plara sun! fim'!a‚ e! sie de aliis, ergo quo
h'be! plura samt finilo; e! sie dici!ur facere interscalarcm distn'butionem v0! inter
ruptam vcl discontinuam....„ Circa praedic!a quaeritur de hoc sophismatc „Infim'la
saut finila“. Probutio: Duo samt fim'ta, !ria sah! fim'ta‚ e! sie in infini!um; ergo
infim'la sun! fim'!a. Improbotio: lbi praedica!ur opposi!um de opposito, ergo locu!io
es! impossibilis. Sola!ia: Ouidam dis!inguunt‚ eo quod infinilum es! aequivocum ad
„in/inilum quood nos“ et ad „infini!nm simplici!er“, mute si sumalm‘ infini!um quoad
nos, prima poles! esse vera.„..‚ sa' au!em suma!ur infim'tum simpliciler, es! sim—
pliciter falsa.... Alii au!em dislinguunt‚ eo quod „in/t‘nihmt“ potes! esse !erminus
commum's, e! sie prima es! falsa, ve! poles! esse dic!io syncategoreumalira (s. d.
folg. Anm. 257 lind unten Anm. 264) imporlans in se dislribulionem‚ c! sie pomm!
eam esse veram. Sed neutra istarum solalionum vale!‚ quia‚... adhuc remane! pro
ba!io e! improbalio..... Unde dicendum es!, quod prima simpliciter es! falsa, e!
roba!io pecca! secundum quid ad simpliciler.
256) VII, 6, 1 (f. 252 B): Propositio exponibilis es! proposi!io haben sensum
5*
68 XVll. Petrus Hispanus.
nicht bloss am Schlusse des Abschnittes über die Distribution (s. vorige
Anm. 255) schon eine Hindeutung auf die Syncategoreumata vorlag, son
dern auch hinwiederum hier in der Aufzählung der esponiblen Worte
einige mitbeigezogen sind, welche bereits in der Lehre von der Distri
bution ihre Besprechung gefunden hatten 257). Und wenn es immerhin
möglich ist, dass auch schon in der Synopsis des Psellus mehrere Punkte
an zwei verschiedenen Stellen vorkamen, so kann andrerseits auch die
Möglichkeit nicht in Abrede gestellt werden, dass jene letzten Capitel der
Ewponibilia, in welchen sich die Distribution mit der Exponibilität ver
schmilzt, bereits einer überarbeitenden Thätigkeit der Lateiner zuzuschrei
ben seien. Ja man könnte sogar darauf hinweisen, dass in einigen
Drucken der Summulae des Petrus Hispanus der ganze Abschnitt über
die Ewponibilia fehlt““). Jedoch scheint mir jedenfalls der Hauptkern
(nemlich Cap. 1—5 u. 7) von Petrus Hispanus aus Psellus wörtlich ent
nommen zu sein, und somit schliesse ich hier —— um die Sache nicht zu
sehr zu zerreissen —— auch das Uebrige nicht aus. Um so entschiedener
aber weise ich dann jenen ganzen Abschnitt, welcher die Ueberschrift
„Syncategoreumala“ trägt und auch die bereits bei Wilhelm Shyreswood
(Anm. 82 ff.) vorkommende Erörterung der Conjunctionen enthält, den
späteren luterpolationen zu‚ zumal da seine Aechtheit selbst schon im 15.
Jahrh. bezweifelt wurde und er sonach auch in sehr wenigen Drucken
erscheint, wobei ausserdem die ganze Form der Darstellung deutlich genug
die Kennzeichen späterer Ueberarbeitung an sich trägt 259).
Der Inhalt nun der Exponibih'a ist folgender. Zuerst wird über
die „exclusiven“ Zeichen, wie z. B. lautem, gehandelt, deren Exposition
verschiedenen Zwecken dienen könne und auch durch das Vorhandensein
oder Nichtvorhandensein einer Negation in Bezug auf die „praeiacens‘“
(d. h. den ohne Exelusiv-Partikel gesprochenen Satz) bedingt werde. Aber
an Stelle einer näheren Untersuchung dieser Momente folgen nur fimf
„Regeln“, welche ich der Kürze halber (den weitschweifigen Wortlaut
den Anmerkungen überlassend) in folgender Form anführen kann: Nach
l) und 2) ist der Satz „Nur A ist B“ eben gleichgelteud mit „A ist B,
und nichts Anderes als A ist B“; nach 3) kann aus „Nur A ist B“ ge
folgert werden „Alles B ist A“; nach 4) gilt der Satz „Es ist nicht so,
obscurum czpositi0ne indiyenlem propler aliquod syncalegorema in ea positum im
plizite ecl emplicile in aliqua dictione..... Ulme faciunt praposilioncm exponibilem.
sunt in multiplici difl‘crenlia, quia quaedam saut eigne exclusiva, u! „luntum, m
lum“...., quaedam exeeptiva, u! „nisi, praetm“, quacdam redupliculiva, ut „m
quanlum, secundum quod“, quaedam imporlunl inreplioucm vct desitionem, ul
„inripit“ et „desinil“, quaedam imporlanl pn'vationem finis, u! „in/inilum“, quaedam
importanl exccssum‚ u! romparaliri et superlalivi gradus, quacdam vero importanl
distinctionem, u! „dilfcrl, aliud ab“..‚.., quuedam imporlant spezialem rundum
dislribuliom's, u! „lolus, qualelibel“.... linde propter illa proposih'o reddilur obs‚;„m
sicquc inding expositiouc. Hiezu unten Anm. 604 f.
257) Nemlich infinitus trafen wir so eben vorher Anm. 255, ferner alias
schon oben bei den Relativen der Verschiedenheit, s. Anm. 213 u. 217, sodann
lolus und qualislibet in der Distribution, s. Anm. 252 f.
258) Er fehlt in F, W, 2—ß; in fD—-tä ist er ausserhalb der üblichen fort
laufenden Numerirung hinzugefügl; s. Anm. 143.
259) S, unten Abscbn. XX. bei den späteren lnterpolationen.
XVll. Petrus Hispanus. 69
dass nur A B sei“ soviel als „Entweder ist kein A B, oder etwas An
deres als A ist B“; nach 5) ist der_Satz „Nur A ist nicht B“ gleichgel
tend mit „A ist nicht B, und ’Alles, was etwas Anderes als A ist, ist
B“ 260). S. unten Anm. 606.
Ebenso liegt hierauf bei den „exceptiven“ Zeichen, z. B. „prae!er“‚
das Ganze in vier Regeln, deren 1) die quantitative Geltung, und 2) die
suppositorische Tragweite exccptiver Sätze betrifft; nach 3) wird der Satz
„Alles A, mit Ausnahme von B, ist C“ exponirt durch „Alles A, welches
etwas Anderes als B ist, ist C, und ferner B ist A, und ferner B ist
nicht C“; nach 4) ist die Exposition des Satzes „Kein A, mit Ausnahme
von B, ist C“ gegeben durch „Kein A, welches etwas Anderes als B
ist, ist C, und ferner B ist A, und ferner alles B ist enim S. unten
Anm. 607.
260) Vll, 6, 2 (f. asa B): Signa exclusiva sunt lila, quae ex signiicatione
sua exclusionem importanh ut sunt istae dicliones „!an!um‚ sohun, dumlaxa!“
et similia. Haec autem signa quandoque exponuntur gratia alielatisl quandoque vero
gratia pluralitatis (was unter Letzterem gemeint sei, erhellt auch aus dem Fol
genden nicht), quandoque ponuntur in oratione sine negatione praecedente vel cou
sequenle, quandoque vero cum negatione. De istis autem tales dantur regulae. Prima
es!.' Proposilio exclusioa sine negatione exponitur per copulatirani affirmativam cuius
prima pars est praeiacens (dieser Begrifl‘ bleibt später recipir!) exclusivae et secunda
pars es! negativa importans negationem praedicati de omnibus aliis a subiecto. ut
„tanlum homo est risibilis“, i. e. „homo est risibilisi et nihil aliud ab homine est
risibileu . . ‚ . .. Secunda regulas Propositio exclusiva huius generis infert copulatioam
compositam ex duabus exponentibas et quamlibet earum seoreim1 et non e converso,
ul „lanlum homo cum't“, ergo „homo currity et nihil aliud ab homine curril“. tertia
regulas Ab cxrlusiva af/irmativa ad universalem de lerminis transpositis est bona
consequi-ntim si fiat exclusio gratia alietatis, et non conlra, ut bene sequitur ntantum
animal esl homo“, ergo „omm's homo est animata et non e contra. ouarta regulas
chlusiva contradictoria prioris (d. h. wo die Negation den ganzen Satz verneint)
exponitur per disiunclivam affirmativam de partibus conlradicentibus priori exclusivae
(dem in der zweiten Regel gegebenen copulativen Urtheile), ut nnon tantum homo
cum'!“ i. e. nnullus homo currit vel aliud ab homine curritu ouinta regulas
chlusiva. in qua ponitur sola negatio sequens exclusioneml exponitur per copu
lativam a/firmaüvam, cuius prima pars est negativa praeiacensy secunda est affir
mativa1in qua praedicatum alfirmativae enuntiatur de qualibet alio a subiecloy ut
„lautem accidens non est substantiau i. e. naccidens non es! substantia, e! omne
aliud ab occidente est substantia“. E! per hoc pati-tj qualiter eius contradictoria sit
exponenda.
261) Vll, 6, 3 (f. 255 B): chuilur de signis excepta-in nicunlur autem ex
ceplivay quae signipcant exceptionem alicuius contenti sub aliqua distributoq ut „praeler,
praelcrquam“..... De quibus tales dantur regulae. Prima: omnia exceptio fil a toto
in quantitate. seu a termino surnpto sub signo universali.....l ut „omm's homo praeter
Socratcm curril“. Secunda regulas Diclio excepliva non impedita facit. terminum
communemv supra quem caditv immediate supponerc simpliciten ut qomne animal
praeter hominem est irrationale“, ibi „homo“ supponit simplicitcn Tertia regulas
universalis nffirmativa exci-plina exponitur copulative per tres exponenles categoricasy
quarum prima affirmat universale praedicatum de subiecto sumptu cum naliud ab“,
secunda affirmat lerminum, a quo fit ezeeptiol tertia est negativaa in qua praedica
tum negatur de termino exceptol ut „omne animal praeter hominem est irrationale“
exponitur sic „omne animal aliud ab homine est irrationalel et homo est animali et
homo non est irralionalis“. Ouarta regulas universalis negativa exceptiva exponitur
copulative per tres expnnrntes. in quarum prima praedicatum negalur de subiecto
sumpto cum „aliud ab“, in secundo a/firmalur subiectum de terminol qui excipiturl
in tertia af/irmatur universale praedicatum de lermino exceptol ut nnullum animal
70 XVII. Petrus Hispanus.
In gleicher Weise erscheinen bei den „reduplicativen“ Zeichen, z. B.
inquantum oder secundum quod, ebenfalls nur vier Regeln. Nach l) spricht
ein Beduplicativ-Satz stets einen gewissen Causal-Zusannuenhang aus; nach
2) bezieht sich das reduplicative Zeichen immer auf das Prädicat, legt
aber den Causalnexus nicht in das Prädicat, sondern in das Subject.
Nach 3) wird der Satz „A, sofern es B ist, ist C“ exponirt durch „A
ist C, tltttl A ist B, und alles B ist C, und weil Etwas B ist, ist es
auch C“; nach 4) wird der Satz „Kein A, insoweit es B ist, ist C“ ex
ponirt durch „Kein A ist C, und alles A ist B, und kein B ist C, und
weil Etwas B ist, ist es nicht C“262). Vgl. unten Anm. 608 f.
Sodann sind es die Worte „in_cipit“ und „desini!“‚ welche gleich
falls als exponible betrachtet werden, und im Hinblicke auf die Unter
scheidung, dass Anfang und Ende eines Factums entweder plötzlich mit
Einem Male oder stufenweise allmälig eintreten kann, formulireu sich die
Regeln, dass t) der Satz „A beginnt“'(im ersteren Falle) exponirt wird
durch „A ist jetzt, und vorher war es nicht“, sodann 2) der Satz „A
beginnt, B zu sein“ (im letzteren Falle) seine Exposition in „A ist jetzt
nicht B. und hernach wird es B sein“ findet; entsprechend wird 3) der
Satz „A hört auf, B zu sein“ (im ersteren Falle) exponirt durch „A ist
jetzt B, und hernach wird es nicht B sein“, und 4) der Satz „A hört
auf, B zu sein“ (im letzteren Falle) durch „A ist jetzt nicht B, und vor
her war es B“ 263). Vgl. unten Anm. 600.
prae!er hominem es! risibile“ exponilur sie „nullum animal aliud ab homine es! risi
bile, c! homo es! animal, e! omm's Immo es! risibilis“.
262) VII, 6, 4 (f. 256 B): Sequitur de rcduplicativis dic!ionibus. Dicunlur entern
reduplicativae‚ quae imporlan! ru!ionem, secundum quam aliqm'd altert a!!ribuilur‚
u! „inquon!um‚ secundum quod, ea ratione qua“ e! sinnilia. De quibus !ales dan!ur
regulae. Prima es!‚ quod dic!io reduplicativa praesupponit‚ aliquod praedicatum in
esse alicui subiecto‚ e! dcnolal, illud, supra quod cadi!‚ immedia!e esse causam illias
inhaerentiae. Secanda regula es!, quod div!io redupliealiva semper referlur ad prac
dica!um e! nunquam reduplico! ipsum. Ter!ia regula esl, quod proposilio reduplica!iva
affirma!iua exponilur per quu!aor exponenles, quaram prima affirmu! pracdica!um
principale de subiecto, sceunda affirma! reduplicatieam de sabiecto, !erlia af/irma!
praediea!um principa!c de rednplicalo universali!er‚ quar!a es! mm causalis, in cuius
anlecedenle poni!ur dic!ia‚ supra quam cadi! reduplira!io de uliquo !ransccndente, e!
in cousequente praedicatum prineipale a/‘firmatnr de relativo illius transcendenlis‚ u!
hie „homo, inquanlum rationalis esl‚ es! flebilis“ i. e. „homo es! flebilis, e! homo es!
ra!ionalis, e! onme rationale es! [lebile‚ e! quia aliquid es! rationale, ipsum es! [le
bile“. Ouar!a rega!a esl, quod proposi!io reduplicaliva, in qua poni!ur negalio pos!
diclionem reduplicutivam, exponi!ur copulative per qualuor expuncn!es‚ quarum prima
nega! praedica!um de suhieclo prineipali, secxmda a/firma! reduplicalum de codem,
ter!ia nega! universaliler praedicalum principale de reduplieato, quarla es! ‘tma can
salis, in cuius an!eccden!e pracdieatum reduplicatum de suo !runscendenle affirmalur,
e! in consequenle negalar praedicatum de relativo il!ias !ranscenden!is, u! hie „nullus
homo‚ inquanlum rationalis es!, es! rudibilis“ i. e. „nullus lmmo es! rudibils's, e!
omm's homo es! ra!ionalis‚ e! nullum ra!ionale es! rudibile, e! qaia aliquid es! ra!io—
naiv, ipsum non es! rudihile“. Ex is!o pa!e! per legem controdic!oriarum‚ qualiler
sin! exponendae eon!radic!oriae ipsarum.
263) Vll, 6, 5 (f. 258 A): Sequi!ur de „inoipi!“ e! „desim'!“ . . . . . .. Oua!uw
dan!ur regnlac. Prima est: Proposi!iones de „ineipi!“ in rebus‚ quarum esse !o!um
simu! acquirilur‚ exponun!ar per unam copula!ivam‚ caius prima pars es! affirma
!iua de praescn!i‚ secunda nega!iva de prae!eri!o‚ u! „homo incipi!" i. e. „homo mute
es!‚ e! imme'diale anle hoc non fuit“. Secanda regula: Propositiones de „incipi!“ in
XVII. Petrus Hispanus. 71
Nun aber folgt, wie bemerkt, wieder „infinimm“, welches schon
oben bei der Distribution besprochen werden war; hier jedoch lenkt die
Erörterung auf den syncategoreumatischen Gebrauch dieses Wortes ein,
welcher dann vorliege, wenn es sich um das Verhtiltniss des Subjectes
zum Prädicate handle. Und für diesen Fall werden zwei Regeln gegeben,
deren erste dahin lautet, dass bei „infinitum“ eine supposilio eonfusa
immobilis (s. Anm. 206) stattfinde, die zweite aber die Exposition fest
stellt, indem der Satz „Unbestimmt viele A sind B“ exponirt werde durch
„Einige A sind B, jedoch sind ihrer wenigstens drei“. Eine dritte Regel
dagegen betrifft den nicht-syncategoreumatischen Gebrauch, bei welchem
der Satz „A ist unbestimmt gross“ durch „A ist ein Quantum, und seine
Quantität ist unbestimmt“ ex;mnirt wird 264).
Hierauf wird die Comparativ- und Superlativ-Form als ein exponibler
Ausdruck in vier Regeln besprochen; nemlich nach l) ist z. B. der Satz
„A ist grösser als B“ zu exponiren durch „A ist gross, und B ist gross,
und A ist dem B an Grösse überlegen“. Der Superlativ hingegen, welcher
rebus‚ quarum esse aequiri!ur sueeessive, exponunlur per unam eopulalivam, euius
prima pars es! nega!iva de praesen!i, secunda es! a/firma!iva de fu!uro, u! „Socrales
ineipi! esse albus“ i. e. „Soerales mute nun es! allms, e! irmnediatc pos! hoc eri!
albus“. Terfia regula: Proposiliones de „desini!“ remm, quarum esse !o!um simu!
deperdi!ur, expommlur per unam eopula!ivam, euius prima pars es! affirmaliva de
praeseo!i‚ seeunda es! negalioa de fuluro, u! „Soerales desini! esse homo“ i. e.
„Senates mute es! homo, e! immediale pos! hoc mm eri! homo“. 01!01!i1 regula:
Proposiliones de „desini!“ rerum, quarum esse deperdilur sueeessive‚ expommlur copu
la!ive per wurm nega!iuam de praesenli e! al!cram affirma!ivum de prae!erilo, u!
„Soera!es desiui! esse albus“ i. e. „Socrates mute nur! es! albus‚ e! immcdiale an!c
hoc feil albus“. Ex is!is pa!e!, quomodo con!radirloriac is!arum sin! exponendae.
264) VII, 6, 6 (f. 259 B): Sequi!ur de infinilo, euius quaedam seien! assignari
dislinc!iones. (Nun folgen zunächst, wenn auch in verändertem Wortlaute, jene
nemliehen fünf Bedeutungen des infinilum, welche wir schon oben Anm. 255
trafen.)..... Infinilum eapi!ur uno mado ca!egoremaliee, prou! es! !erminus eommunis.
e! sie significa! quan!ilalem rei subieclae w! praedicalae....., alia mudo sumilur
syncalegorema!ice, non prau! diei! quan!ila!em rei subieclae vcl praediealae‚ sed qua—
!i!er se habe! suln'eelum in ordine ad praedicalum‚ e! sie nun es! !erminus communis,
sed es! dispasilio subicc!i e! signum dislr‘ibulivum. E! de Iris !ales dualer regulae.
Prima esl: Infinilurn syneategoremalicc sumplum posilum in subieelo faei! !erminum
eommunem sequenlcm pro se slarc confuse !anlum‚ a! „infini!i homines eurrunl“, ibi
„homines“ supponi! eonfuse, nun lernen mobili!er. Seeunda regeln es!: Proposilio de
infinilo syneategoremaliee cap!o exponi!ur per und!!! copulalivarn, euius prima pars
a/firma! praedicatum de subieeto sump!o sub aliqua quan!ilale eonlinua ve! discre!a‚
e! secunda nega! praediealum incsse !ali subiee!o seeundum determinatom quantila!em,
u! „in/initi homines eurrun!“ sie exponilur „aliqui homincs eurrun!‚ e! non !o!, quitt
plures duobus ue! !ribus“. Ter!ia regula:’Propositio de infinilo eap!o ca!egoremaliee
sivo aignifiealive ezponi!ur per unam copulo!ivam, cuius prima pars a/firma! quan
!i!alem de subieclo, e! secunda nega! terminum illius quanlila!is, u! „linea es! in
finila“ i. e. „linea es! quan!a‚ e! non habe! !erminum suae quanlila!is“. E! hoc es!‚
si infiuilum es! in praedica!o. Sed si si! in subiee!o, prima af/irma! praedicatum de
subieeto quanlo, e! seeunda hege! !erminum illius quantilalis‚ u! „aliquod corpus
infini!um es! album“ i. e. „aliquod corpus quaulum es! album‚ e! idem eorpus non
habe! lcrmi1mm raue quanti!a!is“. Uebrigens unterschied ja auch schon Wilhelm
Shyreswood zwischen einem categoreumatischen und syncategoreumatischen Ge
brauche, und zwar nicht bloss bei infinitus (Anm. 70) und !o!us (Anm. 69), son—
dern auch bei ineipi! und desini! (Anm. 81), sowie bei mehreren anderen Worten
(Anm. 75 fl'.).
72 XVII. Petrus Hispanus.
nach 2) eine Distribution enthält und nach 3) ein wirkliches Stattfinden
der Eigenschaft bei den verglichenen Dingen voraussetzt, soll nach 4) zu
der Exposition führen, dass z. B. der Satz „A ist das grösste aller B“
den Sinn habe „A ist gross, und alle B sind gross, und kein B ist
grösser als A“ 265).
Sodann folgen die Begriffe „difiert‚ aliad", obwohl dieselben (we
nigstens der letztere) gleichfalls bereits oben (Anm. 213 u. 217) vorge
kommen waren. Die hier folgenden Regeln betreffen zuerst die thatsäch
Iiche Grundlage und die distributive Function jener Worte, und dann die
Exposition, da der Satz „A ist etwas Anderes als B“ sich auflöse in „A
ist, und B ist, und A ist nicht B“, hingegen der Satz „A ist nichts An
deres als B“ exponirt werde durch „Entweder ist A nicht, oder B ist
nicht, oder A ist B“ 266).
Endlich kömmt noch „totus“ an die Reihe, an welchem, während
wir es ebenfalls schon oben (Anm. 252) trafen, hier die syncategoreu
matische Geltung erörtert wird; und zwar handle es sich dabei sowohl
um eine Distribution als auch um die Exposition, bei welch letzterer hier
nun wieder obiges (a. a. 0.) Sophisma „der ganze Sokrates ist kleiner
als Sokrates“ erscheint. Auch knüpfen sich hieran noch Bemerkungen
über „quantuslibe!“ und „quaiislibet“ (Anm. 253 II), insofeme bei
265) VII, 6, 7 (f. 261 A): Seqailur de compara!iois e! superlalivis, de quibus
!aIes dantar regulae. Prima est: Proposi!io habens compara!ivum proprie cap!um‚
et non abusivc, ezponi!ur a/firmalive per tres exponentes, quarum prima a/firmat
positivum de re exceden!e‚ secunda affirma! eundem de re ezcessa, ter!ia a/firma!
excessum de re exccden!e respec!a rei excessae‚ u! „Socrales es! albior asino“ i. e‚
„Socra!cs es! a!bns‚ c! asinus es! albus, e! Socrates es! magis a!bus quam asirms“
ve! negando aequalitatem..... „asinus nun es! aeque albus sind Sonates“. Seeunda
regula: Super!alivus distribuil communem !enninum scquenlem, qai significa! rem
ewressam, u! „leo es! fortfssimus animalium“, ibi „animalium“ distribuilar. Tertia
regula (in einigen Ausgaben Seranda regula de superlativo): Superlativus proprie
!en!us dcno!a!‚ rern excessam corlvenire rri ezcedenti, e! pate!‚ qaia hau es! im
propria „Ieo es! fortissimus lyncum“, quia for!i!udo de lynce mm rerificatur (natür
lich wäre die gleiche Regel auch für den Comparativ anzufiihren). Quar!a (in
jenen Ausgaben dann Terlia) regalo: Proposi!io de superla!ivo proprie cap!o exponitur
eopulalivc per !res exponentes, quarum prima afl‘irma! positivum de re extedente‚
secunda a/firma! idem de re ezcessa‚ ter!ia nega! universaliler exees:um de re e:
eessa respec!u rei ezcedentis, u! „rosa es! palcherrima florum“ i. e. „rosa es! pulchra‚
e! omnis [los es! pulcher, e! nullus [los es! pulchrior rosa“..... Sed si mm ponatarr
iln' geni!ivus, debe! omit!i secunda exponens, u! „Socrates es! fortissimus“ i. e.
„Socrales' es! fortis, e! nul!as homo es! for!ior i!!o". E! conlradic!oriae istaram
sempcr haben! cxponi per disiunc!ivas de parlibus con!radicentibas.
266) VII, 6, 8 (f. 262 A): Sequi!ur de „differ!, aliud ab“, de quihus totes
dann" regalae. Prima esl, quod . couvenitm! tan!um enti, quia u! dicilur der;an
Melaphysicoram (r. 3, p. 1054 b 20), ncc non ans anti nec ens non enli idem ve!
diversem es!. Secunda regula: Abla!ivus rcc!us ab is!is diclionibus mediante „a“
vel „ab“ distribai!ur‚ si si! distribuibilis . . . . .. Ter!ia regula: Propositio afiirmatina
de „differt“ exponitur copulative per !res exponentes, in quarum prima afl'irmatur hoc
verbum „es!“ de eo, quod difl'erl, in seumda afl'irmalur idem de eo, a quo dilfert,
ter!ia nega! unum i!!orum de a!io, u! „homo di/fert ab asino“ i. e. „homo es! . r!
asinas ext, e! homo mm es! asinus“. Quarla regula: Proposi!io nega!iva de „difl'er!“
debc! exponi per unam disiunctivam de partilms con!radiccntibus‚ u! „Sonate:
non difl'er! ab asino“ i. e. „Socrates non es!, ve! asinus non es!, vel Socrates es!
asinus“.
XVII. Petrus Hispanus. _ 73
denselben keine eigentliche Exposition, sondern nur eine Distribution
stattfinde 287).
Solcher Art also ist der Inhalt der einflussreichen Summulae des
Petrus Hispauus. Es ist, wie wir sahen, eine Logik, in welcher (wenn
auch nach einem zufälligen und wahrlich nicht philosophischen Motive)
das Urtheil als erster Abschnitt dem Begriffe vorangeht, in welcher der
kategorische Syllogismus in drei Figuren (mit den theophrastisehen Schluss- "
modis der ersten Figur) entwickelt wird, hingegen die hypothetischen und
die modalen Syllogismen fehlen, in welcher ferner eine erkleckliche An
zahl von Memorialversen auftritt, und endlich in welcher die peinlich
ausführliche Lehre von den proprietates terminorum eine erschreckende
Fülle byzantinischen Unsinnes enthält. Bedauernswerth erscheint uns der
Leser, welcher all dasjenige, was von Anm. 202 an vorzuführen war,
durchstudiren oder wenigstens durchblättern soll; aber es darf sich wohl
hieran die Bitte knüpfen, dass einiges Mitleid von dem Leser auch wieder
auf den Gesehichtschreiber der Logik zurückfliessen möge, welcher jenes
verstandlose und häufig lappische Treiben 265) nicht bloss bei Petrus
Hispanus in seiner ganzen Ausdehnung geniessen, sondern auch in hun
dertfachen Variationen verfolgen und bis in das 16. Jahrhundert hinab
nachweisen musste259). In jener sinnlosen Verquickung grammatischer
und logischer Momente, welche durch die ganze Lehre von suppositio,
ampliatio, appellatio, restrictio, distributio, exponibz'lia sich hindurch
zieht, erblicken wir allerdings sogleich den verpestenden Einfluss des von
Anbeginn blödsinnigen Stoicismus“°), welcher mittelst dieser byzantini
schen Logik drei Jahrhunderte hindurch das abendländische Mittelalter
267) VII, 6, 9 (f. 262 B): Seqailur de hoc signo „totus“ . . . . .. Fotos! capi
[n'sz modis.‘ uno modo commnni pro omm' eo, quod habet pnrtcs....; secundo modo
magis proprie pro illo, quod es: omm'bus :uis partibas cst per/ectum . . . . ..; et istis
duobus modis „totas“ tenetur calegorematice. Terlio modo capilur syarategorzmatire,
protzt includit signum dislribulirum (s. den Schluss der Anm. 264), et sie non
dicit, quale subirctum sil, sed qualiter se habeat in online ad praedicatum. Et hoc
moda reddil propositionem exponibilcm, de quo dantur tales regulae. Prima ext, quod
„tolus“ distribuil terminum, cui adiungilur, pro qualilzct parte integrali..... Secunda
ext, quod propon'tio afl‘irmaliva de toto exponitur per unum aalegan'cam trammutato
„lolas“ in „secundum quamlibet sai partem“, ut „Mus Sonate: es! miaor So
crate“ . . . . . .. Praelcrca notandum, quod hau: signa ‚.quantumlibel, qualelibet" non
faciuntproprie propositionem exponihilem, sed faciunt distributionem, non absolutam,
sed conlrahunt speciem ad aliquod determinatum genau pracdicamenlalr, ut „quantum
übel“ distribuit pro quantitate continua.....et sie dicuntur Et de czponihilibus dicht su/‘ficiant. ‘ mentoliter complcza.
268) Es muss unumgänglich dem Leser überlassen bleiben, die zahlreichen
Halbheiten und Inconsequenzen, sowie die entsetzliche Verknücherung dieser byzan
tinischen Doctrin sich aus dem Angeführten selbst zu entnehmen, denn auch falls
es an sich der Mühe werth gewesen Wäre, konnle ich unmöglich den Umfang der
Darstellung dadurch noch mehr anschwellen lassen, dass ich bei jeder Zeile den
Unsinn als Unsinn aufgedeckt hätte.
269) Der weitere Verlauf wird uns ja noch lange genug an die Litteratur der
Summa1ae fesseln, welche, wie sich zeigen wird, als „um: modemorum“ neben die
aristotelische Logik tritt. <
270) Ausser demjenigen, was schon oben, Abchn. VI, Anm. 110—116 und
123-431, bemerkt wurde, s. hierüber nun auch Steinthal, Gesch, d. Sprachwissensch.
b. d. Griechen u. Römern, Berl. 1862, S. 300 fl'.
74 ‚ XVII. Petrus I-Iispanus.
beschäftigt. Aber die einzelnen Entwicklungsperioden der stoischen Logik,
welche schliesslich zu solchem Gipfelpunkt des Unsinnes führten, können
wir, wie schon Abschn. XV, Anm. 97 II'. gesagt wurde, nicht mehr nach
weisen. Denn wenn sich auch einzelne Sophismcn auf eine ursprüngliche
stoische Quelle zurückführen lassen 2'“)‚ oder wenn wir auch gramma
tische Anschauungen und Terminologien, welche hier vorkommen, bei
Priscianus wiederkehren sehen 2H), so sind diess nur versprengte Bau
steine Eines grammatisch-logischen Gebäudes, welches in seiner ursprüng
lichen Gestalt sich bis jetzt unserer geschichtlichen Kenntniss entzieht.
Indem aber die schon oben (Abschn. XV, Anm. 106 f.) ausgesprochene
Vermuthung, dass wohl in verlornen Schriften des Themistius die Quelle
jener byzantinischen Logik liegen dürfte, nunmehr auch bei dem bloss
lateinisch erhaltenen Reste der Synopsis sich zuweilen uns wieder auf'
drängtc (Anm. 218, 241, 247, 255), so weise ich hiemit absichtlich
wiederholt auf diese wesentliche Lücke der Geschichte der Logik hin
und kann nur wünschen, dass aus irgend einer Bibliothek handschrift
liehes Material zu Tag gefördert werde, durch welches dieser Punkt seine
Aufklärung finden könnte. ’
Soll aber nun jener Einfluss der aristotelisch-arabischen Litteratur,
welcher völlig gleichzeitig neben der Herübernahme des Psellus seine
Wirkung begann, in nähere Betrachtung gezogen werden, so begegnen
uns vorerst einige Erscheinungen von ziemlich untergeordneter Art. Denn
offenbar war man Anfangs von dein neuen zugeführten Stoffe förmlich
verblüfft, und sowie man daher gleichsam wieder von vorne anfing, so
hatte man weder Zeit und Musse, um etwa an die Controvcrsen der Abä
lard’schen Periode anzuknüpfen und von da fortzubauen, noch auch war
man befähigt, im ersten Anlaufe die reiche Fülle der neuen Quellen zu
sichten und überhaupt zu verarbeiten. Erklärlich daher ist es, dass wir
bei den ersten Autoren, welche den neu erwachten Aristoteles und die
Araber benützten, nur unmotivirte Ansichten treffen, welche auf dem Ge
biete der gewöhnlichen Partcifragcn sich nicht einmal zu einer Polemik
erheben, sondern nur an den einen oder anderen aristotelischen oder
arabischen Ausspruch als Auctorität sich anlehnen. Selbstverständlicher
Weise aber war es auch hiebei wieder ein platonisch-christlicher Realismus,
welcher als der Grundton aller orthodoxen Logik (-— was hingegen
„ketzerische“ Logik sei, s. schon oben Abschn. XIII, Anm. 319 -—) sich
sogleich unmittelbar einstellen musste; nur konnte man sich jetzt zur
Unterstützung dieser Auffassung mit Vorliebe auf jene Sätze der aristote
271) S. oben Anm. 226, 243, 246, 247, 248, 249, 252, 253.
272) So treffen wir crklärlicher Weise vor Allem die syncelegoremata bei
Prinian. II, 15 (Vol. l, p. 54 ed. Horn), ferner auch eine leise Spur der appel
latio II, 18 (p. 55), desgleichen Spuren bezüglich der relative XII, 4 (Vol. I,
p. 579) u. XVII, 73 (Vol. ll‚ p. 150). Aber diess können nur versprcngte Reste
einer älteren Formation sein, in welcher sich Grammatik und Logik überhaupt
berührt hatten, und wir dürfen nicht übersehen, dass gerade von den Hauptbe
griffen der byzantinischen Logik, nemlieh von suppositio, amplt'atio, restrictio,
distributio, exclusivo, exceptiva‚ reduplicatiua, exponibilia, sich auch bei Priscianus
keine Spur findet.
XVII. Alexander Alesius. Wilhelm v. Auvergne. 75
fischen Psychologie werfen, welche zur arabischen Lehre vom intellectus
agens verwendet oder missbraucht worden waren 273).
So zeigt uns schon Alexander Alesius (gest. 1245), welchen
wir fast völlig der Geschichte der Theologie überlassen könnten”"),
einen nicht weiter durchgebildeten Realismus, welchen er unter An
knüpfung an dogmatische Autoritäten (besonders an Augustinus) auch auf
die dem Aristoteles entlehnten psychologischen Fragen überträgt. In sei
nen einzelnen realistischen Ausdrücken aber ist die Einwirkung arabischer
Lehre stets unverkennbar, sei es dass er z. B. die abstrahirende und
einigende Function des auf das Einfache gerichteten Denkens beschreibt"“),
oder hervorhcbt, welch verschiedene Stellung die Universalien im Denken
und in der 0bjectivität haben 276), oder sei es dass er eine realistische
Wendung der Araber in das Bohere und Plumpere steigert”").
Nicht besser verhält es sich mit Wilhelm von Auvergne (gest.
1249), welcher in seinem grösseren Werke De universo 278) durchaus
nicht ein logisches Interesse verfolgt 279), sondern nur theologische Er
örterungen, und zwar hauptsächlich über das universam spirituale‚
d. b. das Geistcrreich, zum Zwecke hat“°), sowie auch sein Buch De
anima 281) einer ähnlichen Tendenz folgt. So ist ihm auch die Frage
über die Existenz der Universalien keine logische, sondern sie hat für
273) S. oben Abschn. XIII, Anm. 3 f. Dass ich aber von der Geschichte der
Logik als solcher grundsätzlich die psychologischen und erkenntniss-theoretischen
Lehren ausschliesse, habe Ich ebendasclbst unter Angabe meiner Gründe bereits
gesagt.
274) Den unter dem Namen des Alex. Alesius gedruckten (Venat. 1572) Com—
mentar zur Metaphysik können wir hier nicht in Betracht ziehen, indem derselbe,
wie auch schon Andere richtig bemerkten (s. Hist. Iit!‚ de Ia France, XVIII, p,
323), nicht vor Dnns Scotus geschrieben sein kann. S. hingegen unten Absebn.
XIX, Anm. 248 ll'„ den Verfasser dieses Commentarcs, nemlich den Alexander ab
Alexandria.
275) Summa univ. theolog. (Lugd.1516 fol.)‚ Pars II, Quaest. 69, membr. 2:
Unasquisque intellectus es! circa [armes intelligibiles sinc complezionr consideralas
(den Begriff der incomplexa bei Alfarabi und Avicenna s. vor. Abschn., Anm. 16
u. 88)..‚... Cognilio illarum_ formaram inlelligibilium‚ quae veniim! ad intelleclum
per abstroctionem a phantasmale sensibili (s. Allarabi, ebd. Anm. 22). Quaest. 69,
membr. 3, artic. 3: Intelleelas abstrahens [armes in!clliyibiles e! uniens eas (s. Avi
cenna, ebend. Anm. 92).
276) Ebend. Qunest. 59, membr. 2, an. 2: Secundum intellectum fit abstraclio
speciei a materia vel subiec!o‚ secundum naturam vom non (s. Alfarabi, ebd.
Anm. 22).
277) Ebend. art. l: Forma, quae solum es! esse ma!eriae in per/iriendo !olum,
perfiei! omnes parte: ma!criae e! consimili rn!ione‚ u! es! diene „quaclibc! pars
igm's es! igm's“ (die Veranlassung hiezu s. bei Alfarabi, ebd. Anm. 33; Avicenna und
Avcrrocs hatten anders gedacht, s. ebd. Anm. 166 u. 301).
278) Guilelmi Alverni episcopi Parisicnsis Opern omniu etc. Aurelioe e! Am
biani 1674. fol. Vol. l, p. 593—1074. Nähere Nachweise, dass Wilhelm den ganzen
Aristoteles und die Araber kannte und benützte, s. bei A.Jonrdain, flachere/las cril.
2. Aufl. (1843) S. 288 tl'.
279) Von keiner Bedeutung ist es, dass er gelegentlich einmal (l, 3, c. 24,
p. 795) die Ansicht des Avicenna über die Wahrheit der Urtheile (s. vor. Abschn.
Anm. 39 f.) ausschreibt.
280) Wie in einem zoologischen Garten kann man bei ihm das Leben und
Treiben der Engel, Erzengel, gefallenen Engel, Dämonen u. dgl. sludiron.
281) Vol. II, Supplem. p. 65—228.
76 XVII. Wilhelm v. Auvergne.
ihn nur Werth im Hinblicke auf die Kundgebungen aus dem Jenseits.
Während es ihm aber hiernach als selbstverständlich gelten muss, dass
die Universalien objectiv reelle Wesen sind, zeigt er sich uns als einen
Dualisten der plumpesten Art; denn völlig parallel stellt er (nach dem
alten Satze „universale imelligimr, singulare sentilur“) die „Eindrücke“
der sinnlichen und der intelligiblen Welt nebeneinander. und gleichmässig
für die beiderlei Wesen beruhigt er sich bei dem Auctoritatsglauben,
dass sie eben objectiv so seien, wie sie subjectiv empfunden werdeni’m).
Daher polemisirt er sogar, sich an Araber anlehnend, gegen Plato, welcher
die Sinnenwelt in ein bloss abbildliches und hiemit unwahres Sein auf
pilückte 283), und schliesslich legt er sich den Platonismus, um zugleich
auch dem Aristotelismus dienen zu können, dahin aus, dass die. Ideen
lehre nicht die Artbegrifl‘e (species) betreffe, welche ja vollständig in den
Einzelndingen (lotaliler in individuis) existiren und in solcher Weise die
wesentlichen Prädicate der lndividuen sind (de singularibus), sondern
dass die platonischen Ideen jene ausserhalb liegenden Formen (formae
exten'ores) seien, welche im Geiste des Schöpfers sich befinden, — kurz
wir treffen hier zum ersten Male jene arabische Distinction aufgenommen,
wornach die Universalien ante rem (d. h. jene formae exteriores) und in
re (in individuis) und auch post rem (de singulariij bestehen 28‘),
282) De unio. ll, l, c. 14, p. 821: Non minus credendum est intellectui de
intelligibilibuL quam sensui de sensibilibusg quia igitur testimonium seu testi/icalio
sensus cogit nos ponere mundum sensibilium et ipsum sensibilem, ....eagere nos
debet intellectus mullo fortius mundum intelligibilium, hic autem est mundus uni
versalium sive spcrierum intellectus igitur nostri. h. e. intellecn'ones, quibus
sumus intelligenlesj non sunt in e/fectul nisi passiones seu similitudines intelligibilium
impressac ab eisdem intellectui noslro; agere autem vel imprimere non pa!es!, quod
non esl; necesse igitur es!‚ inIelIigibilia esse ouare necesse estf formas com
munes, so. genera e! species et alia huiusmodi coneenientia esse, et non solummodo
esse, sed etiam esse sicut intelligunturg quemadmodum sensibilia et particularia ne
cesse est esse. non solum eimpliciler, sed etiam esse ea sicut sentiuntun Noch
naiver, aber kürzer: De anima, Cap. 7, pars 4, p. 207: Cum virtus sensiliva non
indigeal nisi rebus sensibilibus propter illas apprehendendasv quomodo virtus in
tellectivu non erit contenta rebus intelligibilib-us ad apprehensionem earum?
283) De univ. II, 1, c. 34, p. 835: verum Plato ultra, quam oporteret et veritas
exigere!‚ extendit huiusmodi similitudines. quoniam nominationes creaturarum
omnes per similitudinem fian! e! nulla earum per veritatemg unde nec veram terram
nec verum ignem nec veram aquam aut verum aerem in mundo sensibili esse potenter
asseruit (Tim. p. 51 B) consequens igitur est. nihil esse omnino in mundo isto
sensibili secundum veritatem ipsumque mundum similiter nihil esse in veritate.
284) Ebend. c. 35‚ p. S36: Au! intellexit Plato species (dum dis-ih mundum
specierum exemplar esse mundi istius sensibilisj1 quas dicimus praedicari de pluribus
di/ferentibus numero in eo quod quid est (diess die allbekannte traditionelle Defi
nition), aut intellexit rerum similitudines sive ideas sive imagines rerum exemplares.
Ouodsi iuxta priorem inlenh'onem, huiusmodi species totum est esse individua
rmn; . . . . .. quia igitur totum esse individuorum omnium in ipsis individuis est et
non errlra, manifestum es!‚ huiusmodi species in individuis suis sive Singular-ihn:
totaliter esse et non extra . . . . .. Manifes!um igitur est per haee1 Platonem non in
tellezisse hoc. quod dixit de mundo arehetypm de speciebus, quae de individuis vel
singularibus in eo quod quid praedicanturg illas enim esse necesse est et in singu
laribus suis et cum singularibusg ubi enim Senates est. necesse est esse hominem.
et ubi homo est. necesse est esse aliquem hominem De ideis igitur sive formis ex
teriorilmsy quae in mente creatoris aeternatiter sunt, intellexit sermones suos (s_ Al
xm Wilhelm v. Auvergne. Vincenz v. Beauvais. 77
und erklärlicher Weise können sich hieran auf gleicher Quelle fussend
noch andere gelegentliche Bemerkungen über den Arthegritl' anschliessen255).
Das Komischste aber ist, dass Wilhelm, während er das Denken als einen
„Spiegel“ des lntelligiblen bezeichnet'lgß), doch wieder die Entstehung
der Allgemeiubegrill'e aus einer Kurzsichtigkeit (brevilas) des Denkens
erklärt, vermöge deren dasselbe die Dinge nur wie von Weitem (wie
eine entfernte Statue) und daher nur „unbestimmt im Allgemeinen“‘be
trachten könne 2"‘J"), — ein Widerspruch, zu welchem als ergötzliches
drittes Glied kömmt, dass er hinwiederum im Anschlusse an Araber die
menschlichen Worte als die wahrhaft adäquaten essentiellen Bezeichnungen
d‘es Einzelnen betrachtetQSS).
Dass Vinceuz von Beauvais (gest. 1264) nur Compilator war,
ist. allbekannt, und irgend Selbstständigkeit in principiellen Fragen wird
man bei solchem Charakter seiner Schriftstellerei von vorneherein nicht
erwarten. Aber wenn er uns wenigstens als Zeuge des Zustandes dienen
soll, in welchem die Logik um d. J. 1250 sich befand, so kömmt noch
ein anderer Umstand in Betracht. Es ist nemlich, — was bis jetzt nicht
beachtet wurde --‚ das ganze Speculum maius vielfach intei‘polirt289)‚
und zwar wurden offenbar successive in den Handschriften Ergänzungen
farabi, vor. AbschlLl Anm. 24, und Avicenna, Anm. 184, woselbst sogar gleichfalls
die Beiziehung dämonischer Machte, u. ebd. Anm. 188).
nam Ebend. ll, 2, c. 12, p. 855: Spccies ul species nec est actu aliquod indi
viduorumt nec aliud ab aliquo earuml immo potentia est unumquodque et ratio eius
seu dif/initio totaliter est in unoquoque illorum (s. bei d. Arabern vor. Abschn.‚
Anm. 23) Speeies non dieitur totatiterl i. e. non secundum omnem sui partem
de aliquo individuorum, licet dicatur totaliter de unoquoque secundum rationem suam;
e! intelligo totatitutem isluml quae est ex partibus rationis seu di/‘finitionis, e! hae
partes sunt genus et differentiam alio modo partes speciei individua suntl quoniam
ipsam speciem, cum de eis praedicatum sibi invicem quodammodo partiuntur (s. Avi
cenna, ebd. Anm. 127 f.).
286) Ebend. ll, l, c. 8, p. 816: intellectus omnis natus est esse speculum in
lelligibilel cum natus sit recipere in se descriptionem universitatis intelligibiliumg
manifestum autem esl, quod cum istam descriptionem receperit, eri! velut exemplum
universi et velut liber totius descriptionis ipsius.
287) Ebend. c. 15, p. 822: virtus intelleetiva nostra nihil detrahitl nihil tollit
vel minuit omnino de signis sensibitibua sed magis ei detrahiturl quoniam non attingit
ipsa signa huiusmodi totaliter..... Sed es!‚ quemadmodum dicam tii/il si quis ima
ginem Socratis sculpah manifestum esl, quod a longe eum intuenti non imago
Socratis expresse, sed imago hominis indeterminalc sive indefinite, h. e. in universali,
appareret . . . . .‚ Hoc modo scito se habere viriutem intellectivam ad signa particularia
sensibiliuml et hunc esse intentionem spolialionis ac denudalionis, so. brevita
tem intellectusl per quam attingere non potest conditiones parliculares.
288) Ebend. c. 36, p. 837: Manifestum igitur estv mundum istum corpoream
verum mundum esse et verum habere esse, non similitudinorium tantuma quia .
nomina partium mundi istius non sunt nomina similitudinum neque denominationes
aut agnominationes impositae ab accidentibusl sed sunt nomina veri nominis et verae
nominationisl nominanüa, quae sunt vere et essentialiterg et propter hoc essentielle
nomina sunt imposita rebus ad naminandum eas, quod vere atque essentialiter sunL
sicut soli luna, !erra, vel aliarum huiusmodi unumquodque (s. Avicenna, vor. Abschn.‚
Anm. 94).
289) Nur bezüglich des Speculum morate hat man bisher die Beobachtung ge
macht, dass es spätere Einschiebsel enthält (s. z. B. auch Jourdain, Rech. cril.
p. 308). Uebrigens ist es‚ — abgesehen von deutlichen Nachweisen, wie wir solche
sogleich geben werden —, auch sehr erklärlich, dass bei einem im Gebrauche
78 XVll. Vincenz von Beauvais.
eingetragen, so dass man gleichsam chronologisch Schichten der lnter
polationen unterscheiden kann 290). Nur mit einem gewissen Vorbehalte
demnach können wir auf den die Logik betreffenden Abschnitt, nemlich
auf das 4. (oder 3.) Buch des Speculum doctrinale”‘)‚ näher eingehen;
denn wenn, wie sich alsbald zeigen wird, Einzelnes unmöglich von
Vineenz geschrieben sein kann, so bleibt auch bei manchen anderen
Stellen die Möglichkeit der Aechtheit neben jener der Unächtheit bestehen.
Der Verfasser beginnt seine Darstellung mit einer Definition der
Logik, welche in Inhalt und Form ihren arabischen Ursprung deutlich
zeigt292), und knüpft hieran Excerpte aus lsidorus (s. Abschn. XIII,
Anm. 27), sowie aus Alfarabi (s. vor. Abschn.‚ Anm. 13), worauf er in
arabischer Denkweise die Bücher des aristotelischen Organons mit Ein
schluss der Rhetorik und Poetik gruppirt293), um nach ein paar Citaten
aus Augustin‘us (s. Abschn. XII, Anm. 18) und abermals aus lsidorus (s.
a. a. 0.) wieder auf die arabische Theorie über incomplexu-m und com
plexum und insbesondere über Form und Stoff der Argumentation ein
zugehen, insoferne hiernach die Araber das Verhältniss der ersten Ana
lytik zu den folgenden Theilen des Organons bestimmten 294). Nachdem
verbleibenden eneyclopädischen Werke die Abschreiber jeweilig ihre eigene Weis
heit verwertheten.
290) Ueberhaupt würde es sich sehr lohnen, für den Umkreis des ganzen
Speculum mm'us die Quellen, aus welchen es geschöpft ist, genau zu erforschen
(Schlosser’s bekanntes Buch über V. v. B. konnte hierin Nichts bieten; Aloy: Vogel
in einem Festprogramme der Universität Freiburg, 1843, gibt ausser hibliographi
schen Notizen nur eine Inhalts-Uehersicht; Bourgeal, Eludes sur Vinc. de Beauvais,
Paris 1856, wollte wohl lediglich zur Erhaltung frommer Seelen schreiben); ja
auch all jene Stellen, in welchen die Quelle nicht genannt ist und welche durch
die Bezeichnung „Autor“ (oder, wie in den Druckausgaben steht, „Actor“) sich als
eigene Zuthaten des Compilators ankündigen, beruhen immer doch wieder auf irgend
einem traditionellen Materiale, und eine genaue Prüfling würde, wie ich mich über—
zeugte, z. B. auch in den naturwissenschaftlichen Abschnitten zu dem nemlichen
Resultate, d. h. zur Einsicht in eine successive luterpolation des Textes, führen.
291) s ist nemlich in den zwei ältesten Ausgaben des Speculum doctrinale
(Argenlor. 73. fol. u. Nürnberg. 1486. fol.), welche mit Recht als die kritisch
brauchbareren gelten, der „Prologus“ als 1. Buch numerirt, wodurch der die Logik
betreffende Abschnitt zum 4. Buche wird, während er in den späteren Ausgaben
als 3. Buch erscheint. Abgesehen von dieser Differenz genügt es, das Einzelne
nach den in allen Ausgaben gleichbleibenden Capitel-Nummern zu citiren.
292) Cap. l: Logica scientia ordinandi proposiliones cmmtiativas secundum figuras
logicas ad eliriendas eonclusioncs, quilms P9Tt'8fliltll‘ ad eognitioncm dictorum et ad
iudicnndum de illis, ulrum vera sinl an falsa (wörtlich dasselbe steht auch Lib. ll
[oder I], cap. 21). Vgl. Alfarabi, vor. Ahschn., Anm. 15; Avicenna, ebd. Anm. 74;
Algazeli, ebd. Anm. 241.
293) C. 3: Elemenla vero, quibus scienlia ven'ficalur, quinque samt, so. demon
slrufiva, topica, sophisfica‚ rhetoricu, poeliea u. s. w. S. vor. Abschn., Anm.
17 f., 51, 276.
294) C. 4: 0mne dicr'bile aliud es! inromplcarum aliud eomplexum (s. ebend.
Anm. 16)..... Complexum aliud es! inordinutum sive absolulum, et de hoc es! über
l’crihermenias, aliud ordinalum; el hoc duplieilcr, er! ad umnem maleriam indi/ferens,
el hoc in libro Priorum, vcl ad aliquam maleriam delenninatam contraclum; et hoc
tripliciter, vel ad necessan‘am, et hoc in libro I'oslen'orum, rcl ad probaln'lcrn‚ et hoc
in libro Topicorum‚ vel ad sopliislicam, e! hoc in libro Elenchomm (s. ebend. Anm_
52, u. besonders b. Algazeli, Anm‚276). Hingegen wieder eine andere Gliederung
des Organen s. Anm. 310.
XVll. Vincenz von Beauvais. 79
er hierauf noch die Eintheilung des Orgauons nach boethius (s. Absehn.
Xll, Anm. 82) vorgeführt, geht er an der Hand desselben auf den un
entbehrlichstcn ersten Theil (s. ebend. Anm. 85), d. h. auf die lsagoge,
über und macht sich dann sogleich an die Frage über die Universalien.
Man könnte sagen, er ziehe sich dabei gut aus der Schlinge, indem er
gar bequem zwischen Metaphysik als der realen Discipliu und Logik als
der „sermocinalen“ (listinguirtzaä); aber während dann eigentlich jede
weitere Discussion ohnediess überflüssig wäre, ist andrerseits dasjenige,
was er verbringt, doch gar zu kläglich. Vorerst setzt er die üblichen
drei Fragen betreffs der Universalien in Beziehung zu einer bei den
Arabern geläufigen Dreitheilung der Wissenschaften'lg"); hierauf aber führt
er wirklich allen Ernstes als Beweis der objectiven Existenz der Univer
salien die subjective Auflassung derselben an, wozu ihm noch ein paar
Auctoritäts-Qtellen sich darbieten, fügt aber zugleich auch Gegengründe
an, welche theils auf platonischem Spiritualjsmus, theils (— um mich
sogleich thomistisch auszudrücken ——) auf dem Principe der lndividuation,
theils auf Bedenken bezüglich der Causalität beruhen 297). ln Wider
legung aber dieser Einwände bewegt er sich grundsätzlich in den An
schauungen des Gilbertus Porretanus (z. B. „communis natura. similitudo
specialis“), auf welchen er sich auch bei Bekämpfung des dritten Gegen
grnndes ausdrücklich beruft, während den Platonikern eine mit Wilhelm
von Auvergne wörtlich übereinstimmende Wendung und den Vertretern
der lndividuation eine arabisch gefärbte Auffassung der Wesens-Einheit
295) C. 7: Diiversimode tamen universale pertinet ad cansiderationem metaphy
sici et logici; metaphysici quidem gratia sui esse, huius enim esl, considerare de
cnle, quod dividitur in universale et particulare/ logici vero, inquantum est dicibile
vel praedicabile. l'liczu c. 12: universalia res sunt et apud metapliysicum sunt
altera differentia enlis; prout vero consideratur universale a logicoy conditio est vocis
signatae rei ordinabilis in genere, quia logicus non accipit rem nisi prout significa
tivarn. bicendum ergo, quod oportetj ipsa universalia. prout veniunt in usum logicil
esse per nomina praesentam, cum sit sermocinalis artifezg et sic cum quaeritur-1 an
sint res an nominal dicenduml quod res per nomina designatae res sunt rationisl et
talis res significala per nomen subiicitur vel praedicatun
296) C. 7: lltrum universalia subsistentia sint, an in solis nudis ac puris in
tellectibus posita lltrum corporea sint, an incorporea utrum separata
sint a sensibilibusl an in sensibilibus posita His autem tribus quaestionibus
tangitur triplex esse, quod habet universale secundum triplicem sui considerationenu
Per primam enim tangitur esse eius quoad melaphysicum, cuius est consideratio de
ente; per secundam esse eius quoad malhemaficum, cuius est corpus et quamlibet
quantitatem considerareg per tertiam vero quoad physicum, cuius cst sensibilia
cognoscere (s. Avicenna, vor. Abschn.‚ Anm. 73 f‚).
297) C. 8: Ouod autem universalia sunl, multipliciter probari polesL Primnni
quidem quoniam aliter nulla esset eorum scientia1 dicit enim Aristoteles in Postcrio
ribus (l, 2, 7l‚b 25, s. Abschn, lV, Anm. 651), quod non entis non est scientia.
Praeterea. quoniam ens dividitur in universale et particularia lleni Aristoteles in
prae/ato libro (s. ebend. Anm. 672) diciI, quod ens universale verius est. quam
particulare Sunt igitur in rerum nalnra, qnud roncedimus. Sed contra haec
obiicitun quod idem videtur esse solum in intellectuv .. nam dicit ipse Plallh quod
genus et sprcies ideae erant in mente divina...... ltem quidquid estl ideo esty quia
unum numero et singulare esl; universalia autem non sicl quia sic essent hoc ali
quid (diess kann ein späterer Zusatz eines Thomisten sein)..‚.. lteni nec cxivit in
esse per crealionem, quia tunc esset hoc aliquid, nec per generalioncm, quia tunc
esset corruptibihz.
J'NMQ
80 XVIL Vincenz von Beauvais.
gegenübergestellt wirdms). Noch leichter wird auf Grundlage des ein
mal vorgefassten rohen Dualismus die Unkörperlichkeit der Universalien
erwiesen, wenn auch mit dem tröstlichen Zugeständnisse, dass dieselben
in den Individuen eben „eingekörpert“ werden 299), so dass hiernach die
Differenz zwischen Plato und Aristoteles ihre wahrlich bequemste Lösung
dahin finden kann, dass knrzweg Beide Recht haben, indem die Univer
salien (wie bei Gilbert) zugleich einerseits in mul!is und andrerseits
prae!er multa sind, jedenfalls aber, was den Wesensgehalt betrifft, die
'I‘otalität des Einzelnen constituiren“°). Endlich die eigentliche Kern
frage über Zulässigkeit einer nominalistischen Auflassung ist ja bereits
durch obige Scheidung der Disciplinen erledigt oder vielmehr todtge
schlagen 301), wenn auch an einer anderen Stelle (Anm. 3ll) eine fast
entschieden nominalistische Aeusserung sich findet. Nach der Angabe
verschiedener Gründe für die Fünfzahl der Universalien 302) werden so
298) C. 9: Ad primum respondeo‚ quod universalia non solum in in!elleclu sun!‚
sed et in re; nam homiacs individuam quandam intcr sc naturam communem parti—
cipan!, quae es! humanilas‚ per quam unumquodquc dici!ur homo, e! illa a quolibct
eorum par!icipala dirilur universale e! es! simili!uda spesialis ipsorum (s. bei Gil—
bertus Porretanns, Abschn. XIV, Anm. 474); ab ipso tarnen in!vllertu accipi!ur praeter
individua, sicu! in linca‚ quumvis non possi! esse praeler maleriam, mm [amen [alsus
es! in!ellec!us‚ qui capi! cum sine maleria . ‚ . . .. Plala vcro nun quuebalur de uni
versali secundum id quad es!, sed de simili!udine universalis, quae era! in menle
divina (vgl. oben Anm. 284). Ad aliud diri!ur‚ quod universale es! anusn
numero, non numerosilalc maleriae sicu! singulare, scd numerosilale essenliae‚ una
enim numcra es! essenliu communis lwminis (vgl. Ad aliud dicvndum, quod universale egredilur in essveor.perAbgsecnherna„!iaAnnemm‚. 9n2o)n. lamen
prima, sed ex consequenli, quia genera!a Sorra!e generalur ex conscqucn!i homa; e!
hoc Imbe!ur in Sex principiis (s. Abschn. XIV, Anm. 487).
299) C. 10: Probalur, quod universelle non sun! corporca, quoniam omne cor
poreum es! camposilum e! carruplibile e! scnsibilc, universale uero simpler: es! e!
isnpceacrireuspliabuil!eeme! unini!veelrlsiayliebilees.!..„. Obiiclilleumr‚ iqnucioarpcoorrepuums edse! scpocrcpiocrseoquparnalie!dai!ciasr‚i ..non
po!esl Dicendurn, quad universalia secundurn se um! irworporea‚ per sua tarnen
iucorporanlur individua, e! corpus quidem, prou! es! species quanlilatis‚ non es! cor—
pareum, sed incorporeum, quonium es! universale.
300) C. 11: Dissensio era! inler Aris!a!elem e! Pla!onem Salu!io: polest
dici, quad l’lalo consideraba! simililudincm universalis, Aris!otcles consideraba! esse
eins Duplex es! causa, per quam universale can!rahi! summt esse; habe! aus'm
sausen: malerinlem ipsa singularia, unde dicilur in Sex principiis (Abschn. Xlll‚ a.
a. 0.), quad omnis communilas a singularila!c procedil; quanlum ad is!am cuusam
non es! universale unum prae!cr mnl!a‚ sed unum in mul!is; habe! e!iam can
sam efficivn!em‚ so. in!ellcclum abstrahcn!em cammune a parlicularibus (s. ebend..
Anm. 464); . . . . ..quanlum igi!nr ad is!am cansam es! unum exlra onmia..... S:
vero quaerilur, ulrum hoc universale homa xi! in qualibe! Izomine secundum se to!um
an sccundum parlem, direndum esl, quod sccundum sc !otum‚ i. e. secumlum quarn
libe! sui par!cm diffiniliram, nun aulcm seaundum quamlibe! sui parlem sub
iec!ivam (vgl. Aviccnna, vor. Abschn.‚ Anm. 103 u.116).
301) C. 12: Ouod aalen: sin! res, iam diclum es! superius (oben Anm. 297) ‚ ._ ..
Nein universale idem es! apud omnes, nennen aulem nun . . . . .. Obiicilur: univer
sale dicibilc es! e! praedicabile‚ rcs au!cm non praedicalur...... Diecndum, quod
u. s. f.‚ d. h. es folgen die oben, Anm. 295, angeführten Worte.
302) Ebend.: Ouaeri!ur‚ quarc quinque sun! universelle nec plum nur: pau
ciara Dicendum: uno modo sie iuxla madas praedicandi Ali!er sie: xn
naturali composiio exiyi!ur maleria e! forma e! unio is!orum duorum Aliler
quoque sie: universale es! condi!io rci ordinabilis in genere u. s. f. (Es kann diese
XVII. Vincenz von Beauvais. 81
dann die einzelnen quinque uoces in einem ziemlich kurzen Excerpte be
sprochen; bemerkt mag dabei werden, dass der Verfasser in der Auf
fassung des „ens“ (d. h. dass es nicht oberster Gattungsbegriff sei) sich
an die Araber anschliesst 303), sowie dass er bei Erörterung der Differenz
sichtlich dem Avicenna folgt 30l).
Zur Lehre von den Kategorien entnimmt er zunächst den Anfang
aus lsidorus und Alcuin 305), um dann die vier ersten Kategorien, — und
zwar in der Reihenfolge: Substanz, Quantität, Relation, Qualität (l) —‚
ganz nach Boethius zu besprechen 3o“); mitten aber in die Erörterung
der Qualität schaltet er Angaben über die Vieldeutigkeit des Wortes
„forma“ ein, um wieder auf die Ansicht Gilbert‘s überzulenken 307).
Aus diesem Letzteren folgt hierauf auch fast vollständig die Lehre von
den sechs letzten Kategorien mit Einschluss des Capitels über magis et
minus, d. h. eben beinahe das ganze Buch De sea: principiis 30"i); und
wenn auch bereits ein Vertreter der byzantinisch-lateinischen Logik, nenn
lich Lambert v. Auxerre (ob. Anm. 116), das Gleiche that, so dürfte hier
doch nur eine spätere Interpolation vorliegen, da die See: principia erst
seit Albertus Magnus allgemein in das Organen recipirt waren. Am
Schlusse der Kategorien folgt noch ein Excerpt aus den sog. Postprä
dieamenten 309).
Die Lehre vom Urtheile beginnt wieder mit den Angaben des Isi
dorus (Abschn. XIII, Anm. 33 ff), welchem auch die Unterscheidung
zwischen ars und scientia entnommen ist; an diese aber knüpft sich
unter der eigenthümliehen Bemerkung, dass auch in dem Buche De interpr.
von sechs „principiis“ gehandelt werde, wieder eine neue Gliederung
des 0rgauons (vgl. ob. Anm. 293 ff), wornach in einer sehr ähnlichen
Weise, wie wir Solches schon bei Lambert von Auxerre (ob. Anm. 104)
trafen, ars nur in der Topik, scienlia aber in den übrigen Büchern ent
halten sei 3‘“). Gelegentlich aber des Begriffes der interpretatio finden
sehr wohl ursprünglich auf einer Zusammenstellung desjenigen beruhen, was Avi
eenna bei den einzelnen fünf Worten erörtert hatte; s. vor. Abschn., Anm.
108—174.)
303) C. 13: Non es: au!em ens commune onmium genus (s. ebend. Anm. 32).
304) C. 14, woselbst die verschiedenen Definitionen der Differenz zusammen
gestellt sind; vgl. ebend. Anm. 135 fl'.
305) C. 15. S. Abschn. XIII, Anm. 32; aus Alcuin (ebend. Anm. 57) ist der
Beispiel—Satz entnommen.
306) C. 16 W21.
307) C. 20: Forma es! comgwsitioni conlingens u. s. f.‚ s. Abschn. XIV,
Anm. 486.
308) C. 22—28. S. ebend. Anm. 489—510.
309) C. 29 über Oppositum‚ C. 30 über Prius, Simul, Malus.
310) C. 31: In Iris ilaque Perihenneniis....de se1: principiis (rastet, se. de
nomine et de verbo‚ de oralione, de enuntiatione, de af/imtalione, de negatilme, de
contradiclionc..... Dialeclim dupliciler considerafur: wie modo ut ars (s. Abschn.
XIII, Anm. 26, vgl. Abschn. XIV, Anm. 445), et sie de omnibus es! et sie nun es!
alicuius yeneris delerminali el fradilur sie in lilno Topicorum,‘ alio modo ul es!
scienlia et lradilur in [ihre Priorum, cf sie logica es! de syllogismo. [gilur in libro
Praedicamenlorum agil de maleria remqu syllogismi‚ so. de feminis, in libro andern
Perihermenias de maleria propinqua syllogismi, so. de essenlialibus; in lilno uulem
Priorum de syllogismo plenarie, in libro prima Topicorum e! in libro Posteriorum et
Punn.‚ Gesch. III. 6
82 XVII. Vineenz von Beauvais.
wir hinwiederum eine Uebereinstimmung mit jenen nominalistischen Ara
bern, welche sogar Avicenna bekämpfte"“), so dass hiebei allerdings die
metaphysische Betrachtung der Univarsalien ausser Ansatz bleibt und nur
die „sermocinale“ Logik (Anm. 295) auftritt, woferne nicht diese ganze
Stelle nur ein Zusatz eines späteren Nominalisten isL Es beginnt ja hie
mit in unserem Texte des Speculum überhaupt eine Gruppe, bei welcher
wir den Boden unter den Füssen verlieren. Schon die Reihenfolge, in
welcher hier der Inhalt der Lehre vom Urtheile sich bewegt, ist aben
teuerlich genug, denn nach den üblichen Erörterungen über Nomen,
Verbum, über Eintheilung und Einheit der Urtheile folgt die Angabe, was
terminus sei und aus welchen Bestandtheilen die Urtheile gebildet seien,
woran sich aber dann eine längere Episode aus der byzantinischen Logik
betreffs der proprietates terminorum anreiht, um erst hernach aus der
nemlichen Quelle die Lehre über Conträr, Contradictorisch u. s. f., über
Conversion und Aequipollenz und über die modalen Urtheile folgen zu
lassen"*“). Noch bedenklicher aber gestaltet sich die Sache, wenn wir
die einzelnen Stücke dieses eigenthümlichen Mosaiks näher besehen. Aller
dings völlig unverfänglich ist es, dass die Notizen über Nomen u. s. f.
dem Isidorus und dem Aristoteles, d. h. dem Boethius, entnommen sind 3‘3)‚
sowie dass für die allgemeinen Bestimmungen über muntiatio und deren
Einheitlichkeit und insbesondere betreffs des hypothetischen Urtheiles gleich
falls Boethius als Quelle dient 314). Hingegen was sollen wir von jenen
Partien denken, welche aus der byzantinischen Logik stammen? Nemlich
schon die Eintheilung der oratio stimmt wörtlich mit Demjenigen überein,
was wir oben (Anm. 35) bereits bei Wilhelm Shyreswood trafen 315)‚ und
ebenso die Gruppirung der Urtheile nach den drei Fragen (quae, qualis,
quanta) mit Petrus Hispanus (Anm. 153), noch dazu unter Anführnng
eines zuerst bei Lambert v. Auxerre (Anm. 108) erscheinenden Verses 3 l“);
ferner sind gleichfalls aus Petrus Hispanus entnommen die Angaben über
Conträr, Contradicterisch u. s. f. (ob. Anm. 154 f.)‚ über Umkehrung und
Aequipollenz des kategorischen Urtheiles (Anm. 156 u. 159), jedoch ohne
die sämmtlichen Memorialverse, sodann noch die ganze Lehre von den
Elenchorum de partibus, i. c. de spcciubus ipsius sytlogismi. Doch diese ganze
Stelle hat wohl schwerlich den Vincenz selbst zum Autor.
311) C. 32: V01: autcm significat et significalur, siyuificat enim intellcctum et
rem, significatur autcm a lillt‘ris; res autem significutur et nun significat,‘ intelledu;
vero significatur et mm significat, proprie loqucndo, significatur enim per neuem, nun
unten: proprie significat rem, sed est simi1itudo rei, ende diril Aristoteles (s. Abschn.
IV, Anm. 108), .....quod intellectus similitudo rci cst (den Ausdruck „intelleeta
significantur“ in solcher Auffassung s. vor. Absclm.‚ Anm. 85). Auch knüpft sich
hieran eine bei den Arabern übliche Aufzählung der Stufen und Arten des in
tellectus (s. ebend. Anm. 4).
312) So drängt sich schon hiedurch wohl die Vermuthung auf, dass durch
die Erwähnung des Begriffes „terminus“ das spätere grössere Einschiebsel über
suppositio u. s. f. veranlasst wurde.
313) C. 33. s. Ahschn. Xlll‚ Anm. 34. u. Abschn. XII, Anm. 109 fl‘.
314) C. 34. s. Abschn. XII, a. a. O. u. bes. Anm. 112 u. 140.
315) C. 33: Orationum alia indioaliva‚ aliu imperative, aliu deprecativa, aliq
aptativa, atia coniuncliva, alia infiniliva.
316) C. 34: Per „quae“ quueritur de propria qualitate sive de essentia pro
positioni: u. s. f.
XVII. Vincenz von Beauvais. 83
modalen Urtheilen (Anm. 160—164), gleichfalls mit Weglassung der Figur
und der Kunstwerte"“). Und ausserdem ist zwischen diese Capitel noch
anderweitiger byzantinischer Stoff eingeschoben, indem an den aristotelisch
boethianischen Begriff des terminus zunächst die Scheidung von Subject,
Prädicat und Copula mit Worten des Petrus Hispanus (Anm. 152) ange—
knüpft wird und sogar die Erwähnung der Syncategoreumata auf Wilh.
Shyreswood (Anm. 34) und Petrus Hispanus (Anm. 150) hinweist3w).
Auch folgt hier:qu unmittelbar mit der Bemerkung, dass die „conditiones
terminorum" (-— sonst war üblich „proprietates terminorum“ ——) in den
drei Functionen des supponere, appellare, copulare als Unterarten des
significare liegen“°), ein Auszug aus der Lehre von der suppositio,
von der appellatio, und, mit dieser theilweise verflochten, von der re
strictio; ja auch Einzelnes aus der distributio ist in dieses ganze Excerpt
hier und da beigezogen; hingegen die zu erwartende copulatio fehlt auch
hier, so gut wie bei Petrus Hispanus , s. ‚oben Anm. 221. Finden wir
somit, dass ein ansehnliches Stück jener neuen Logik hier in das ency
clepädische Werk aufgenommen sei, so möchte es nun wohl scheinen,
dass, nachdem ich eine reichere Verbreitung der byzantinischen Logik
bereits für die Mitte des 13. Jahrhunderts nachgewiesen habe, gerade
ich am meisten geneigt sein müsste, eine solche Beception dem Sammel
fleissc des Vincenz zuzuschreiben; und in der That steht chronologisch
auch gar Nichts im Wege. Aber dennoch finde ich dabei viele Bedenken.
Wenn es schon auffallen muss, dass das über suppositio, appellatio,
restrictio Gesagte auf eine Combination verschiedener Quellen und jeden
falls, was die Benützung des Petrus Hispanus betriflt, auf eine arrangi
rende Auswahl hinweist 320), so steigert sich dieses Verhältniss dahin,
dass wir stellenweise eine weit jüngere Formation der Lehre von suppo
sitio wiedererkennen 321); ferner finden wir bei der aus P. Hispanus
entnommenen Aequipollenz eine Aenderung und Vermehrung der Memorial
verse, welche selbst in den interpolirten Texten des P. Hispanus nicht
317) C. 38 unter der Ueberschrift „eommtuu'canlia proposilionum“ (üblich war
sonst „parlicipanlia") die Verhältnisse des Conträren u. s. f.; C. 39 Umkehrung
u. Aequipollenz; C. 40 die Modalität d. Urtheile, u. C. 41 die Contrariett'tt u. s. f.
der modalen Urtheile.
318) C. 35: Praedicativa propositio . . . . .. Hains cnim principales partes anal
subiectum et praedicalum et copula, secundariae vero sunl syncategoreumata, i. c.
dicliones consignificativae, . . . . . . cetera namque _catcgoreumata saut, a1 nomen
et verbaut.
319) C. 36: Conditiones antun terminorum sive parlium principnlium aale—
gon'cae propositiom's saut supponcrc, appellare, eopulare, quorum genus est signi
ficare u. s. w.
320) Wer C. 36 u. 37 (— es lohnt sich nicht der Mühe, dieselben hier ganz
abzuschreiben —) genau mit den Quellen vergleicht, wird finden, dass zunächst die
einleitenden Bemerkungen auf Wilhelm Shyreswnod (Anm. 58) und im Wonlaute
noch näher auf Lambert v. Auxerre (Anm. 125 u. 127) zurückweisen, dass sodann
die Eintheilung der supposilia dem Petrus Hispanus (Anm. 202 ff.) folgt, hieran
aber Regeln und Sophismen aus desselben Lehre von der diatributio (Anm. 244,
dann 246, hierauf 245) angeschlossen werden, dass hierauf aus gleicher Quelle
kurz die appellatio (Anm. 228) und dann die restriclio erörtert wird, wobei der
Inhalt obiger Anm. 234 wieder durch wörtliche Aufnahme eines Absatzes aus der
distrilmtio (Anm. 242) unterbrochen wird.
321) C. 36: Dicilur pro regula in supposilionibus u. s. f., s. unten Anm. 597.
6*
84 XVII. Vincenz von Beauvais.
erscheint an), ein Umstand, welcher weiter unten in der Syllogistik
wiederkehrt"’); ausserdem begegnen wir hier jener Notiz, dass es sechs
Arten des hypothetischen Urtheiles gebe, welche erst einer allmäligen
Erweiterung der byzantinischen Logik angehört 324), und endlich ebenso
einer späteren Unterscheidung der Wortbedeutung der modt' 325). Steht
aber biedurch fest, dass der Text des Speculum jedenfalls durch spätere
Einschiebsel erweitert wurde, so finden wir keine sichere Gräuze, warum
nicht auch Dasjenige, was in chronologischer Beziehung allerdings auch
dem Vincenz selbst zugänglich gewesen wäre, von einem Späteren einge
schoben sein könne. Ja in der Erwägung, dass die Autoren der Logik
damals erst allmälig sich daran gewöhnten, zugleich auf den aristoteli
schen und auch auf den byzantinischen Stoff zu blicken (s. z. B. unten
Anm. 357, 470 f., 541 fl'.), und dass eine Gleichstellung oder vollends
eine innige Verschmelzung der beiderseitigen Tradition erst durch Scotus
angebahnt und durch Occam vollendet wurde, möchte ich zu dem posi
tiven Resultate gelangen, dass auch bei Vincenz die mosaikartige (Zombi
nation beider Logiken nur eine scheinbare sein kann, indem Alles, was
dem Petrus Hispanus oder dem Wilhelm Shyreswood und dem Lambert
v. Auserre entnommen ist, als Zuthat eines späteren Syncretisten zu be
trachten sein dürften“).
Höchst planlos ist auch die Anordnung Desjenigen, was hierauf nach
der Lehre vom Urtheile folgt. Es wird nemlich vorerst plötzlich auf des
Beethius Buch de di/f. lop. übergegangen und dasselbe kurz excerpirt”l).
dann reiht sich aus lsidorus der Abschnitt über die Gegensätze an 7m).
um sogleich hierauf aus derselben Quelle eine Notiz über die Syllogismen
folgen zu lassen, woran dann jene Memorialverse, welche wir bereits seit
Willi. Shyreswood trafen (Barbara, Celarent u. s. f.), und aussendem
wie bemerkt (Anm. 323), auch noch zwei neue Verse geknüpft werden
konnten 32*’). Hierauf folgt noch ein ausgedehntes Excerpt, welches mit
dem Anfange der aristotelischen Topik beginnt, dann (nach der-Helm
setzung des Boethius) die ersten sieben Capitel des ersten Buches und
den Anfang des zweiten Buches der zweiten Analytik in abgekürzt“
Form verführt 33“) und in gleicher Weise sodann (obwohl die Topü
gerade vorher schon aus Bocthius entnommen worden war) die g31118
322) C. 39 am Schlusse. Ich führe aber diese Verse als nicht hieher gehüllt
erst unten bei den späteren lntprpolationen in Abschn. XX an.
323) C. 50. S. ebend.
324) C. 34: Sciendum, quod sez .mnt species hypothelicae: condilionalt's, coplt'
laliva, di:iunctiua‚ temporalis, localis, causalis. S. unten Anm. 583.
325) C. 42. S. gleichfalls bei den lnterpolationen.
326) Wie sich von selbst versteht, gilt mir diess auch von jener Stelle, welche
in den hernach folgenden Capiteln vorkommt; s. sogleich Anm. 329.
327) C. 43—46 über quaestio, argunwnlum, argumrnlalia, maxima. proposü"
u. dgl. s. Abschn. XII, Anm. 82, 137, 165 f., 168; hierauf C. 47 die Topen (lt!
Themistius, u. C. 48 die ciceronischen, s. ebd. Anm. 184.
328) C. 49. S. Abschn. XIII, Anm. 40.
3ä9) C. 50. Auch die hypothetischen Schlüsse bot lsidorus der, s. ebeutl‚
Anm. S.
330) C. 51—55. Das: dabei die Uebersetzung des Boethius zu Grund gelä‘
sei, bezeugt z. B., dass An. post. l‚7 (s. die Stelle Abschn. IV, Anm. 140) üEmi_ufl“
mit „dignitates“ übersetzt ist.
XVll. Robert Capito. 85
Topik und Soph. Et. behandelt331)‚ wobei jedoch sonderbarer Weise
zwischen das 7. und 8. Buch der Topik noch ein Auszug aus Boeth. de
divisione eingeschaltet ist 332).
Während wir hierauf den Humbert von Romans (gest. 1254) hier
gänzlich mit Stillschweigen übergehen können 333), begegnet uns in
Robert Capito, auch Grosseteste oder (von seinem Bischofssitze)
Lincolniensis genannt (gest. 1253), ein Autor von etwas grösserer
Bedeutsamkeit. Sein Commentar zur zweiten Analytik 334) zeigt ihn uns
als einen logisch gut geschulten Kenner des Aristoteles, unter dessen
Werken er auch die Physik commentirte, sowie er überhaupt mit grosser
Vorliebe die mathematischen Disciplinen (besonders auch die euklidische
Optik) betrieben haben muss 335). Die arabischen Erklärer haben für die
Logik nur ganz im Allgemeinen einen Einfluss auf ihn; hingegen hat er
den Commentar des Themistius, auf welchen er öfters ausführlich eingeht,
fleissig benützt 336). Er selbst hält sich, mit Ausnahme einiger Digressio
nen, strenge an den aristotelischen Text, welchen er unter steter Her
vorhebung des Zusammenhanges Satz für Satz erläutert, wobei sein
llaupthestreben dahin geht, die „conclusiones“ des Aristoteles, d. h. die
wissenschaftlichen Haupt-Sätze, hervorzuheben, ja sie zu numeriren und
insbesondere syllogistisch zu formulireu 337). Zu beachten ist, dass Robert,
was den Text betriilt, sich an die Uebersetzung des Boethius halt, wäh
rend er zugleich ausdrücklich einmal von mehreren verschiedenen Ueber
setzungen spricht 338); auch finden sich zuweilen einzelne Worte, in deren
Wahl er von Boethius abweicht 339); im Commentare selbst erscheinen
331) C. 56—61 euthalten so das l. Buch der Topik, C. 62 f. das ll., C. 64
das lll., C. 65 das lV., C. 66 f. das V., C. 68—74 das Vl.. C. 75—77 das Vll.,
C. 83—89 das Vlll.; endlich C. 90—98 enthalten die Hauptsache der Soph. EI.
332) C.78—82. S. Abschn. XII, Anm. 96—102.
333) Die theologische Litteratur mag ihn immerhin als einen der bedeutendsten
Dominikaner bezeichnen; für uns hingegen ist er werthlos, indem er in seiner
Schrift De eruditione praedicatnrum (gedruckt in Bibl. Max. Palr. Vol. XXV) nur den
Standpunkt der frühesten Kirchenväter (Abschn. Xlll, Anm. 8—18) zeigt. Während
er bei „scimtia praedicatoris“ (l, 8, p. 433) nicht mit einem Worte logische Bil—
dung erwähnt, kömmt er wohl gelegentlich der artes liberales (ll, l, 65. p. 488)
darauf zu sprechen, verlangt aber von der Logik nur defensio fidei, intelligenlia
scripturae und honos ecclesiae, die Warnung hinzufügend, dass der Logik nicht nimia
morositas, dilertio, curiosilas zugewendet werde.
334) Commenlan'a Roberti Lincom'ensis in [ihres poeteriorum Aristotelis cum 18.1:1u
aeriatim inserto. Scriptum Guallert'i Burlei super eosdem libros posteriorum. Venetiis,
1497. fol. (Die Ausgabe ist nicht paginirt, die Capitel-Eintheilung des aristotelischen
Textes weicht von der sonst üblichen, welche auch in der boethianischen Ueber—
eetzung erscheint, ab.)
335) Er verweilt am liebsten bei Beispielen, welche der Geometrie angehören,
citirt mehrmals den Euklides, einmal auch (L. l, c. 17, d. h. c. 27) den Ptolemäus.
336) Den Themistius kennt er nicht etwa bloss mittelbar durch die Araber,
sondern er hatte sicher eine lateinische Uebersetzung desselben vor sich; vgl. oben
Anm. 16.
337) So hebt er aus dem l. Buche 32 mclusioncs hervor.
338) l, 10 (d. h. c. 11, p. 77 a 10; die Worte des Aristoteles s. Abschn. lV,
Anm. 166): Lilien autem aliumm lranalalt'onum et sentcntia Themislii neutri prae
dieturwn aententiumm videlur concorduri.
339) So ist z. ß. l, 14 (d. h. c. 15, p. 79 a 33, s. die Stelle Abschn. IV,
Anm. 668) dzöpw; nicht wie bei Boethius mit indiviaibilüer, sondern mit indivi
86 XVII. Robert Capito.
einige Ausdrücke, welche von den Arabern herstammen 34°), nie hingegen
wendet er die Kunstworte der byzantinischen Logik an, obwohl es an
Gelegenheit hiezu nicht gefehlt hätte 3‘“).
Insoweit nun Robert’s Thätigkeit blass commentirend ist, können wir
nicht näher auf dieselbe im Einzelnen eingehen; wohl hingegen handelt
essich für uns um seine principiellen Gesichtspunkte 3“2). Er folgt,
während er dem Aristoteles sich hingeben zu können glaubt, jenem ara
bischen Realismus, welcher sich auch mit augustinisch christlichen An
schauungen vereinbaren liess. Wir begegnen bei ihm nicht bloss jener
ethischen Wendung, welche schon Alfarabi (vor. Abschn., Anm. 13) der
Logik gab 343), sondern auch die Auffassung, dass der intellectuelle
Gehalt (forma) der Dinge theils der Physik, theils der Mathematik, theils
der Metaphysik anheimfalle, ist den Arabern entlehnt”“). Aber mit
dualiter übersetzt, ebenso in der bekannten antiplatonischen Stelle (c. 15, d. b.
c. 22, s. Abschn. III, Anm. 66) regen’quuza nicht mit manslra, sondern mit pro
digia; auch c. 17 (d. h. c. 24) ist Idoaxsl.ä;, welches Boethius als isosceles stehen
liess‚ durch aequilibiae gegeben. Dass übrigens die Uebersetzung des Boethius
nicht etwa blass in den Druckausgaben eingefügt wurde, zeigt der Commentar Robert's
selbst, indem er eben den boethianiscben Wortlaut interpretirt.
340) Z. B. nasser dem häufigen „quiddilas“ (s. vor. Abschn. Anm. 93) auch
der Ausdruck .,facullales“ (s. ebd. Anm. 278), welchen Robert (I, 11, d. h. c. 12,
zu p. 77 b 27) von den neben der Logik einhergehenden Disciplinen gebraucht.
Wenn däzai‚uaru mit digm'lales übersetzt ist, so kann bei ihm diess sowohl von
Boethius als auch von den Arabern (s. ebd. Anm. 60) entnommen sein.
341) In der Erklärung all jener Stellen, welche den wissenschaftlichen \Verth
der Schlussfiguren betreffen (Abschn. IV, Anm. 667—678), hätte der Kürze halber
die byzantinische Terminologie ihre Anwendung finden können.
342) Es genügt in dieser Beziehung nicht, wenn man, wie Haurdau (De In
phil. scol. I, p. 461 ff.) gethan, aus einzelnen Stellen nur den extremen Realismus
Robert's nachweist; es muss auch gezeigt werden, wie derselbe trotzdem dem Ari
stoteles, welchen er ja interpretirt, folgen will. .
343) In dem seltenen Drucke Ruberli Linconiensis bonamm arlium oplim
interprclis opusoula digm'ssima mute primum in lucem cdila el accuralissime emendala.
Veneliis 1514. fol. finden sich 19 kleine Tractate, an deren Aechtheit ich eben
nicht zweifeln möchte. Während die Mehrzahl derselben der Physik angehört,
können für uns hier in Betracht kommen: De artibus liberalibus, De veritale pro
posilianis, De um'ca forma amm'um, De aerilale. In dem ersten derselben nun sagt
Robert (f. 2rA): Opern naslrae palestalis auf menlis afl'ectu et eiusdem adspertu
au! oarporum malilms el eorundem a/feelilms omm'a oonsislunl. Adspeclus vero prima
adspicil, secundo adspecla eine incagnila verifioal, el cum verificala fucrinl apud
mattem... .., inhial afi‘eclus ad amplexandum couvenienlia..... Adspeolum gramma
lica reale infarmal; reale infarmalum quale sil, logica sine „rare diiudival; ittdicalum
qualc sil, al moderate (ausgefallen appelal aal) fugial a/l'eclus, rlielarioa persuadel.
Officium namque grammalicae esl, reale inlelligere el reale inlellecla reale pronua
lianda apud allerum reale formare. Offioiam vera lagicae est, quod /0rmatum es:
in inlclleclu, secunrlam lriparlilam ralionem sei quale sil iudicare et diaculere. Rhe—
lorica vcro.....quod maxime inlendil, es! afl’eclum movere. Hierauf geht er sogleich
auf corporum molus über und mündet von den vier übrigen arlee merkwürdige:
Weise in Alcbymie aus.
344) Summa in acta physioorum Arisl. (gedruckt in einigen Venetianer Ausgaben
des Commentares des Thomas zur Physik; so z. B. in jener v. 1586, p. 276 ff.),
woselbst gleich zu Anfang: Est anlem forma lriplez. Ulla est, quae secundum esse
et considerulionem esl in maleria, el esl‚ de qua consideral philosap/ms naturalis.
Secunda esl‚ de qua ronsideral malhemulious, quae abstrahilur a male et a maleria
mm secundum esse, scd secundum comideralianem...... Terlia esl illa, de qm;
XVII. Robert Capito. 87
einer Anschauung, welche uns an einen David von Dinant oder Amalric
von Ben erinnern müsste, wenn sie sich nicht durch eine grosse dogma
tische Auctorität zu decken versuchte, fasst er das allgemein Ideelle so
ausserst realistisch, dass er Gott als die Form aller Dinge bezeichnet““),
und es darf uns nicht wundern, wenn Augustin‘s lud: intert'or derartig
zum realistischen Motive gemacht wird 3“)‚ dass die Erkenntniss der
Universalien auf einer Erleuchtung (irratiiotio) beruhen soll""). Die
ewigen platonischen Ideen sind ihm somit Principien des Seins und des
Erkennens als die bleibenden Formen im Gebiete des Zusammengesetzten,
in welchem die Kurzsichtigkeit (vgl. oben Anm. 287) des schwachen In
tellectus nur secundäre Folgen der Universalien als blosse Principien des
Erkennens (nicht auch des Seins) erfassen kann 34“). Indem aber diess
Letztere eben in der körperlichen Verdunklung unseres Geistes be
ruht, vermöge deren wir auf Induction und Abstraction angewiesen
considerat metaphysicus‚ quoe abstrahitur o moterio et a mehr smmdum esse et se
rundum vonsiderotianem, cuiusmodi saut intelligentioe et oliae substantiuc separatae.
S. bei Avicenna, vor. Abschn., Anm. 72 f.
345) In dem Tractate De unica forma omm‘nm (vor. Anm. 343), welcher jetzt
in weit besserem Texte vorliegt in: Roberti Grosseteste Epistolae ed. by H. R. Luord.
London 1861. 8. (d. h. darum Britann. medii aevi scriptores, Vol. XXV.), woselbst
p. IC u. p. 1: Respondeo‚ me sentirc hoc herum esse, so. quod deus cst forma et
forma omm'um; et cum sit forma, neu!ssorio es! forma prima, quio ante ipsum
nihil . . Si autem quaeras, quid me moveot, . ...respondeo : „magna magm' Augu
stim' aucton'tas“ u. s. w.
346) Im Tractate De verilatc (f. 9 r A): Cum tucidioris essentiae est res, quom
sua similitudo ch exemplar, clorior et opertior ocqu mentis sano est rei in se ipso
cogm'tio, quom in suo similitudine vol exemplari. Ac per hoc vom divino essentia
sit qu lucidissima, omm's cognitio per :imililudincs est per so ipsom obscurior; in
rationilms em‘m aeterm's creatmarum in mente divina tueidissimo, quae samt creo
turor1tm exemplar Ittcidissintuflt, omm's ereaturorom cognitio certior et purior et
manifestior cst.
347) Comment. in Poster. Arist. l, 17 (d. h. zu c. 24, 8. d. Stelle Abschn. IV,
Anm. 672: Est lnx spirituolis‚ quoc sttpt‘rfunditur rebus intelligibilibus, et ocotus
mentis se bohrt ad res intelligibiles, siout se habe! so! corporolis ad res visibites.
Res igitur intelligibites..... mogis receptiln'les ab acie mentis, quac aimititer est irra
diatio 8pirilualis, perfccfius penetrantor. Ebend. 19 (d. h. zu c. 33, S. Abschn. IV,
Anm. 48): Ext visus menlalis apprehenn‘vus intelligibitium et es! turnen, quod
super/usw» visoi et oisibili facit oisioncm in acta.
348) Ebend. I, 7 (d. h. zu c. 8, s. Abschn. IV, Anm. 660): Universalio saut
principio cognoscmdi et apud intellectum purnm et separotum o phantasmatilms possi
bile est coulemptari lucrm primam, quae est causo prima, et sunt principia cogno
soendi rationes rentm increotos existentes ob oeternu in cousa prima. Cognitiones
enim rerum causandomm, quae fuenmt in couso prima avterouliter, samt rotiones
rerum rousondarum et cousac formales c:rcmptores et ipsoe samt crcatricrs, et hoc
samt, quos vocovit Plato ideos ct mundum archelypum‚ et hoc saut secundum ipsum
genero et specics et prinnipio [am csscndi quom cognosccndi . . . . .. Hoc igitur ideoe
creatoe sunt principt'a cognoscendi apud inlellectum ab cis irrodiatum, et apnd totem
intellecturn samt genera et species, et manifeslum est, quod hacc universalza sint in
corruptibilio....... Ipso forma non est yeruts vel speries, scd secundum quod ipso
forma ext sicut totius compositi et secundum quod ipso est principium cognoscondi
tolum compasitum, sie est grau: vet spccies ct principium essendi et proedicobile in
quid Intellectus autem debitis, qui mm potest assendere ad coynitioncm herum
eerorum generum, cognosct't ros in occidentilnts solis consequentihus csscnlias veras
rt‘rnm, et opud illum samt accidentio conscquentia genero et species et saut principia
sotum cognoscendi et mm essendi.
88 XVII. Robert Capito.
N
y
x.
‚IIl-‚r...—
sind 3“9), so kann man ja recht wohl für das irdische Jammerthal Aristo
teliker und zugleich für die himmlische Wonne Platoniker sein ‚ und es
kömmt nur auf’s Handumdrehen an, dass die Universalien ante rem und
sogleich auch in re oder post rem sind 3"’0). So spricht dann der
ekstatisch christliche Platoniker als Erklärer des Aristoteles von der
Macht der Sinneswahrnehmung 35‘) und von der logisch-nominalistischen
Bedeutung der Universalienaä"), sowie er hinwiederum dem aristotelischen
Begritl‘e der quidditas seine platonische Kehrseite verleiht 353). Elwa an
Klarheit in Principicnfragen übertrifl’t er sonach den Wilhelm von Auvergne
(s. oben Anm. 284 fl‘.) wahrlich nicht; dass aber auch Andere hierin
nicht besser waren, wird uns der weitere Verlauf zeigen. Robert‘s
Verdienst für seine Zeit liegt, wie bemerkt, in seiner fleissigen Exegese
des Einzelnen, wobei er jedoch weniger, als man erwarten sollte, arabi
sches Material verwendet; denn' ausser einer Bemerkung über den art
349) Ehend. l, 14 (d. h. zu c. 18, s. Abschn. lV‚ Anm. 72): Dcficíenlc in
duciione accepta a singularibus de/iciet apud intellectum cognitio universalis eorundem
singular-iu": bico tarnen, quod possiliile esl, quamlibet scientiam esse absque
sensus adminiculog in mento enim divina sunt omnes srienliae ab aeterno . . . . . . nos
namque non novimus singularilatem huius nhumanitatisu nisi per hoc, quod ad
ntiscemus eam accidentibus ipsa vero novit eius singularitaleni in puritatc essentiae . . . . .
Similiter pars suprema animae humanae, quae vocatur intelligentia. ......si non
esset mole corporis abnubilatal ipsa per irradiationem acceptam a lumine superiori
haberet completum scientiam absque sensus adminiculo verumtamen non norit
ratio, esse actu universale, nisi postquam a multis singularibus lianc fecerit abs
tractionenu et occurrit ei unum et idem in multis singularibus reperlnm.
350) Ebend. l, 18 (d. h. zu c. 31, s. Abschn. IV, Anm. 81): Si autem in
telligamus universalia per modum Aristotelis formas reperias in quidditatibus parii
cularium, a quibus sunt res particulares id quod sunt, tunc universale esse ubique
nihil aliud est, quam universale esse in qualibet suorum parlicularium, . . nisi
forte dicamusl quod universale ubique est, quia intellectus est locus universalium
et......per modum spiritualem ibi estf ubi est illud, quod intelligitur . . . . .. Si autem
universalia sunt ideae in mente divina, tunc universalia ubique sunt per modum, quia
causa prima ubique est...... ouomado autem causa prima ubique sil, altio
ris est negotii et non est nostrae possibilitatis ezplanareg verumtamen quod ¡la
sil, selmus.
351) Ebend. H, 6 (d. h. zu c. 19, Abschn. IV, Anm. 75): Ez sensu igitur fit
memoria, ea: memoria multiplicala experimentqu et es: experimento universale, quod
es! praeler particularia non quasi separatum a particularibus. sed est idem in illisi
arlis scilicet et scientiae principium
352) Nicht bloss, dass er die aristotelische Ansicht bezüglich des nuuum de
mullis“ (Abschn. IV, Anm. 137) mit völlig aristotelischen Worten umschreibt (l. 9),
sondern er glaubt sich sogar mit jener entschieden antiplatonischen Stelle (s. oben
Anm. 339) zurechtfinden zu können, indem er (l, 15) sagt: formae separatae a
subiectisy quas posuit Ptato genera et species et praedicabitial sunt prodigiay quae
formal error intellectug . . . . . quia licet sint ideae et rationes rerum increatae ab
aeterno in mente divina, ipsae ideae nihil pertinent ad ratiocinatione-m in qua prae
dicatur aliquid de aliqua. lpsae itaque ideae in se prodigia non sunt, sed cum
intellectus vull facere eas praedicabiles de rebus, a quibus sunt divisac et separalas
in hac ordinalione, prodigia sunt; demonstrationes enim et ratiocinationes fiunt de
simpliciter praedicabilibus.
353) Summa physíc. (s. oben Anm. 344) p. 2'18: Quiddilas in rebus composuis
est materia et forma, et est aliud a forma, quae est altera pars eomposili, quia in
talibus quidditas includit lolum, so. materiam et formam; in rebus autem simplicibus.
sicut in substantiis separatis, idem est forma et quidditasl quia in talibus non est
compositio materiae cum forma, sed esse cum essenlia. '
XVII. Robert Gapito. Albertus Magnus. 89
machenden Unterschied 35“) und ausser einer Erörterung über definitio
formalis und defini!io materialis ist gerade bei manchen wesentlichen
Punkten kein arabischer Einfluss bemerklich 355). Hingegen muss, wenn
auch als vereinzeltes Moment, doch erwähnt werden, dass er anderswo
gelegentlich eine Kenntniss der byzantinischen Logik zeigt, indem er einen
Punkt, welcher der dortigen Lehre von der ampliatio (s. ob. Anm. 226)
angehört, etwas ausführlicher bespricht356); und insoferne er einmal auf
dieses Gebiet sich eingelassen hat, dürfte es auch nicht auffallend sein,
wenn wir in ihm den Verfasser einer Schrift über die Syncategoreumata
träfen 357).
Auch Albertus Magnus (geb.1193, gest.l280) war ein unklarer
Kopf und nicht befähigt, irgend eine grundsätzliche Auffassung hinaus
zudenken, soweit dieselbe reicht. Sein grosses Verdienst, welches ver
neinen zu wollen thüricht wäre, liegt in seiner unermesslichen ßelesen
heit, durch welche er für seine Mitwelt und nächste Nachwelt der bedeu
tendste Stoff-Lieferant wurde; aber Verstand oder etwa gar philosophische
Begabung besass er wohl nicht in höherem Grade, als die ganze grosse
Masse aller Mittelmässigen, ja, wie sich alsbald zeigen soll, sogar in ge
ringerem Grade 358). Er ist nur Compilator, und Alles, durchweg Alles,
was er schreibt, ist fremdes Gut; ja auch seine bisweilen ins Endlose
gehenden Distinctionen, welche man gerne an ihm rühmt, sind nicht sein
Erzeugniss; die Auswahl, welche er zwischen verschiedenen Ansichten
trifft, beruht nicht auf einheitlich festgehaltenen Grundsätzen, sondern
auf dem momentanen Drucke, welchen Auctoritäten auf ihn ausüben,
354) Comm. in Pos!er. Aris!. f, 4 (s. Abschn. IV, Anm. 132): Es! diflcrenlia
caum [ormah's speciei c! genus es! oausa spcciei sicu! forma ma!erialis vel sicu!
maleria formalis. S. vor. Abschn., Anm. 166.
355) Ehend. ll, 3 (d. h. zu c. 11, s. Abschn. lV, Anm. 693 f.): Ubi demon—
stratur dif/im'lum de sua diffinitionc, nun demons!ralur nisi de sua di/finilionc mute
riali, e! medium prorimum, quo os!endi!ur diffini!um du sua diffini!ionc maleridli,
es! causa e! di/fim'lio fomwlis di/finili, e! si egeat oslenrli illu diffinilio fornmlis de
diffini!ione malerialt', demonslrabitur per medium‚ quod es! di/finitio materialis respectu
di/‘finilionis formalis, et idem medium es! diffinitio formalis respectu di/‘finilionis ma
terialis. S. vor. Abschn. Anm. 52. Hingegen finden wir bei ihm weder die prin
cipielle Auffassung der Araber betreffs der maleria syllogismorum (ebend. Anm. 51,
223, 275), noch die Ansichten über praedicalum primum (ebend. Anm. 54 fl'„ 224),
noch auch jene Unterscheidungen einer demons!ratio quia und einer demonstralio
propter quid (ebend. Anm. 62, 226, 281, 342).
356) Im Tractate De veri!atc proposilionis (s. Anm. 343) f. 5 v B: Rem, quae
partim es! vel [in't c! partim fulura es!‚ non necesse es! an!c oomplemenlum sui esse
!o!aliler ve! fuisse.... . Es! igilur verilas sermom's vel opim'om's de /u!uro praesens
asserlio rzisten!iae rea' in futuro, existentie vero rei [Marne nondum est; sed
poleri! non esse, et ita verita: de [uluro secundum quid sui iam es! c! habe! ne
ceasitalem‚ secundum quid sui nondum est et habe! con!ingentiam ..... .. Ouaclibe!
talium propositionum „Antichristus m't, An!ichrislus es! futurus“ es! vom non ne
ceasan'a, red contingens u. s. w. Vgl. unten Anm. 470 f.
357) Es dürfte wenigstens gegen die hierauf bezügliche Vermuthung, welche
ich unten Anm. 558 aussprechen muss, nichts Erhebliches einzuwenden sein.
358) Wenn in Bezug auf bekannte Anekdoten über die erste Jugend und das
Greisenalter des Albertus seine Feinde, die Franziskaner, von ihm sagten „Ex Mine
philosophus [actus e! ex philosopho minus“, so trafen sie hiemit, wenn auch in
derbstem Ausdrucke, doch etwas Richtiges.
90 XVll. Albertus Maguus.
daher man sich auch nicht wundern darf, wenn man ihn häufig auf
Widersprüchen ertappt 35i").
Albert hat in seinem ausführlichen (lommentare zum ganzen Organen,
sowie in den für uns hier einschlägigen Partien der Psychologie und der
Metaphysik im reichsten Maasse die Uebersetzungen arabischer Quellen benützt
und hiedurch das Material jener Controversen dargeboten, welche alsbald
nicht blass über die Universalien, sondern insbesondere auch über das prin
cipt'um individuationis geführt wurden (dass durch letztere Frage der
Universalien-Streit eine Zeit lang fast in den Hintergrund gedrängt wurde.
wird der weitere Verlauf bald zeigen). Sowie aber von Selbstständigkeit
der Auffassung bei ihm überhaupt kaum eine Spur zu finden ist, so zeigt
schon die erste Frage, die wir an ihn richten müssen, dass er nicht ein
mal über die Geltung und Stellung der Logik eine feste Ansicht hatte.
‘ Die Philosophie überhaupt theilt er mit Avicenna, welchem er selbst
wörtlich folgt, in theoretische und praktische 36°)‚ deren ersterer auch
er gleichfalls den wesentlichen Vorzug vor letzterer zugesteht 361). Indem
359) Es wird wohl dereinst in Folge geschichtlicher Studien die in den Wer
ken über Geschichte der Philosophie noch übliche Ausdrucksweise verschwinden.
dass Albertus Magnns (oder auch Thomas von Aquin) diess oder jenes „sage“,
oder es so oder so „auffasse“, oder diese oder jene „Begründung“ gebe; denn er
selbst sagt Nichts, fasst Nichts auf, begründet Nichts, sondern immer sind es seine
Quellen, welche Solches thun, und die einzig richtige Ausdrucksweise ist „hier
schreibt er Diesen ab und dort excerpirt er Jenen“. Dieses Unheil, welches Vielen
herb klingen mag, aber eben geschichtlich wahr ist, gilt auch von den Natur
wissenschaften, und wenn z. B. Meyer‘s treffliche Geschichte der Botanik die grössle
Uebersch:itzung des Albertus Maguus enthält, so läge das einzige Heilmittel hie
gegen in Erforschung der Quellen, denn schliesslich beruht alle I’llanzenkunde des
Albertus (und z. B. auch seine oft angeführten Bemerkungen über die Edelsteine)
auf griechisch—arabischer Litteratur. Die Geschichte der Logik kann hierin einen
über sie selbst hinansreichenden Fingerzeig geben, während sie eine wahrlich nicht
mühelose Probe der richtigen Behandlung darzuhieten glaubt. Die Geschichte der
Naturwissenschaften wird bei Bonmms (Bullel. de l'Acad. Delgique, Vol. XlX, 185?)
wenigstens einen dankenswerthen Anfang anerkennen (F. A. Pouehet, Bist. des sai
ences nalurelles au moyen-äge ou Albert le Grund et son dp0que. Paris 1853. ist weil
davon entfernt, unsere Anforderung auch nur zu ahnen). — J. Sighart, Alb. N"
sein Leben u. s. Wissenschaft (Regensburg 1857) ist wissenschaftlich ganz ult
brauchbar.
360) De pracdicab. l, 2 (Opp. ad. Jammy, Lugd. 1651. Vol. l) p. 2: Ea, th
sind, dicuntur esse aal ab opere nostro, sive a voluntale sivc etiam ab intelh'd'
scienlium quaercnte, aal a natura generaliter dicla, quae ab opcre nostr0 man"
non potcst (diese Zweitheilung des Avieenna s. vor. Abschn.‚ Anm. 71). Et cum N.
quae a natura sunl, nostrae sinl causa scienliae et mm nos sumus saust: ipsarW
de talilms apud nos 11011 es! nisi acienh'a contemplatina, quae lumine inltlh
genliae perficitnr. Eurem anlem, quorum uns sumus causa per colunlalem, nun potul
esse upud nos scientia speculativa, sed lautem praclica. Eadem vero (der Text gibt
em'm) sunt in qnoiib2l scibili principia et causne et elementa cognoscrndi, quae anal
principia essendi . . . . . .. Simililcr igilur aliem'us philosophiae m't intentio, comp'r
Itendere veritatcm eins, quod in nobis cst sccundum rationem, . . . . ‚.quod rotiert!
duclu via es! in omnem cagm'tt'onem omniam . . . . .. Erit igitur de intenlione philoso
phiue cliam logira scientia, quae est rationalis. Die Stellung selbst, welche dil
Logik im Gebiete der Wissenschaften einnehme, ist hier noch unbestimmt 0Bea
gelassen.
361) De enima lll; lV‚ 4, (Vol. lll) p. 175 A: Contemplativus intelleetus helw
in sn [incm pcr/‘eclior et nobilt'or es! prarh'co. S. vor. Abschn. a. a. O. Aber die
gegentheilige Auffassung s. unten Anm. 369.
XVII. Albertns Magnus. 91
er aber nach dem gleichen Vorbilde die theoretische Philosophie (welche
in Mathematik, Physik und Metaphysik zerfällt) als „realis“ bezeichnet a“),
so stellt er ebenso neben dieselbe, —— abgesehen von der moratis —‚
das Gebiet der „scientiae sermocinales"‚ welche als blosse Wegweisung,
vom Bekannten auf Unbekanntes zu gelangen, gar keine wirklichen
Wissenschaften (no-n oerae scientiae) und eigentlich auch kein Theil der
Philosophie, sondern, da in ihnen nur die ‚.intentiones secundae“ der
Dinge, nicht aber die [Dinge selbst, betrachtet werden, nur „modi seien
tiarum“ oder „modi philosophiae“ seien 363), so dass dieser modus je
nach dem Inhalte der drei Haupt-Zweige, — nemlieh der realis, moralis,
sermocinalis —, selbst wieder sich verschieden modifieire 364). Und
wenn wir nun noch aus wiederholten Versicherungen, dass die Logik
als blosses methodisches Verfahren kein selbstständiger Theil der Philo
sophie sei365), die Ansicht Albert’s erfasst zu haben glauben, so staunen
wir wohl billig, wenn wir gerade in seinen die Logik selbst einleitenden
Bemerkungen das directe Gegentheil hievon lesen. Aber allerdings hätten
wir bei einem Schriftsteller, wie Albert war, uns das Erstaunen füglich
362) Phys. I; I, l, (Vol. II) p. 1B: Tres sunt partes essentiates philosophiae
realis, quuc mm causatur in nobts ab opere nostro, sicut vausatur scientia moralis,
sed potius ipso oausatur ab opere naturue in nobis; qnac partes sunt: naturalis, et
metaphysiea, et mathematica . . . . .. Inter vero partes itlus prima qut'dem. cst uni
versah's de ente secundum quod ans, quod mm eoncipitur cum man: et materia sen
sibiti n. s. f. ganz nach Aviceuna, s. ebend. Anm. 72 f. (insbesondere den dortigen
Begriß' „res“)‚ Ebenso Metaph. VI; l. 2. Uebrigens wirkt dieser Gebrauch des
Wortes „realis“, zumal da er auch bei Duns Scotus erscheint (s. Abschn. XIX,
Anm. 87) und somit gleichmässig von Thomisten und Scotisten acceptirt wurde,
sehr weit hinab bis in die spätere Bedeutung des Ausdruckes „Realisten“.
363) Metaplt. I; I, l, (Vol. III) p. 3A: 1stae iyt'tur saut Ire: scientt'ae specu
Intime (d. h. Physik, Mathematik, Metaphysik), et non sunl plures Scientiae
logicae mm vonsiderant an: et partem entis atiquam, sed tntentiones :ecundas (auch
diesu- Ausdruck stammt aus Avicenna's Metaphysik, s. ebend. Anm. 74 a. Sehl.)
circa res per sennonem positus, per quas eine habentur veniendi de noto ad ignotum
(dass dieses die allgemeine arabische Ansicht war, s. ebend. Anm. 15 u. 75) sema
dum syttogismum referentem et probantem; et ideo.....potius sunt modi philosopltiae
speculutivae, quam aliqua pars essentiatis pltilosophiae theoricae. Morates aalen:
omnes mm samt cuntemptandi gratia, sed ut boni /iamus. Hiezu De am'ma l;
I, 2, p. 2 B: Saat quaedam seien/tue, quas non quaert'mus propter sc, sed ut noln's
adminiculentur ad alte, sinnt seientiam topicorum problematum et scientiam de instru
mento scientiarum, qm' ext syllogt'smus, et universatiter seicntias semveinalea; et
iltae mm saut verae scientiae, sed modi scientiarum omninm‚ staut in principio Iibro
nun logicae dixisse uns niemt'm'flms. Dass bei letzteren Worten der Compilator
selbst nicht mehr wusste, was er anderwtarts zusammengesloppelt habe, zeigt so
gleich unten Anm. 366 f.
364) De praedtcab. I, 7, p. 10 B: Partes Iogicue generatiter Itabent docerc m0
dum accips'endt scicntiam Hit: lauten modus variatur secundum diversitatem
materiae, in qua quaeritur scientia. Nam in sermoeinalibus atiter est in grammatioa‚
. . . . .. aliter etiam ext in poetica‚ et aliter est in rhetoricis. Aliter etiam
in Iaudabilibus et etht'eis In reatibus seientiis atiter est in probabilibus et alitcr
in necessan'is et atiter in coniectantibus.
365) Phys. I; I, l, p. 3A: Logins procedit ex commtmilms‚ quae inve
m‘untur in muttis et mm saut essentiatia itlis (s. Avieenna, a. a. O. Anm. 74), et
ideo togioa dicitur inquisitiva ad omm'um methodorum principia viam habens. Ebend.
II, I, p. 12B: Legion ext alte a paer philosophiae essentiali, qut'a Iogica potius
dooct modum sciendi. quam scientiam. quae sit pur: essentiatis philosophiac. Metaph,
III; III, 6, p. 107 B: Dialectica mm est atiqua pars essentiatt's philosophiae.
92 XVII. Albertus Magnus.
ersparen können; denn wenn nun dort immerhin noch im Anschlusse an
Araber die Logik als specielle Wissenschaft, vergleichbar jener Kunst,
welche in der Schmiede den Hammer verfertigt, bezeichnet wird“),
und ihr sogar ausdrücklich die Stellung eines selbstständigen Theiles der
Philosophie zukommt 367), so münden ja diese Bemerkungen glücklich in
den Hafen einer anderen Auctorität, nemlich des Boethius, ein, welchem
die Logik zugleich als Theil und als Werkzeug der Philosophie galt (s.
Abschn. XII, Anm. 76), und an des_sen Eintheilung in invemio und
indicium wieder eine Stelle des Averroes angeknüpft werden konnte 368).
Ja bei solcher Sehriftstellerei durfte Albert auch jener obigen (Anm. 361)
Bevorzugung des theoretischen Gebietes wieder das Gegentheil gegenüber
stellen und (wie andere Araber, als Avicenna, gethan hatten) die Logik
den praktischen Zwecken unterordnen 369). Sogleich hierauf aber accep
tirt er die durchgängig arabische Ansicht, dass der Gegenstand der Logik
die argumentativ sei, deren Begrifl‘ jedoch nicht in allzu enger Fassung
mit syltogismus identificirt werden dürfe, und natürlich ist bei solcher
Aufgabe die Logik, welche den Augenblick vorher als Theil der Philo
sophie gelten sollte, wieder zum instrumentum herabgesunken 37°). Eine
366) De praedicab. l, l, p. 1 A: Ouidam entm antiquorum togica’m nullam cm
scientiam contenderunt dieenlcs, non passe esse sce'entiam i'd, quod est omm's scientiet
sive doctn'nae modus (s. Abschn. XI, Anm. 120) . . . . .. p. 1 B: Sed non sutis cou
sideraverunt, quod est...... quoddam commune, quod est in omm‘ scientia; et hoc
ext, quod per investigationem rationis es: cognito devem'tur ad cogntlionem incogniti.
(dann folgt ein Citat aus Avicenna, s. vor. Abschn., Anm. 80) . . . . .. p. 2A:
Pate! igitur, quod togicu um: est specialium scientiarum, sirut in fabrili, in qm:
specialt‘s est ars fabn'candt' matteum; invesligatio enim sive ratio investigan:
ignotum per notum speciate quoddam est. Hiezu vor. Abschn., Anm. 15.
367) Ebend. c. 2, p. 2 B: ”am: autem scientiam. quae modus es! omrlis plu
tosophtae, quidam „altem purtem esse philosophiae contendunt dieentes, non nisi Im
esse parles philosopltiae, so. physicam, mathemalicam sive disciplinabilem, et meta
physieam sive divinam (vgl. oben Anm. 362) . . . . .‚ Adrian! etiam, quod nuttw5
rei madus cum rc‚ eut'us modus est, venit in generts sui dieistonem. Hanf
autem opinioncm atii quidam impugnantes dicunt, philosophiae generalis esse inten
tiouem, omnem omm'um enlium comprclrendere veritalem . . . . .. (Nun folgt. die oben.
Anm. 360, angcfuhrte Stelle) . . . . .. (p. 3 A) Adhuc autent Indus signum dicunt, qnmi
apud peripateticm philosopln'a in tres partes prima divixiane divtsa est‚ sc‚ in phy
sicam ethicum rationalen: . . . . .. (Es folgt nun die im vor. Abschn., Anm
14‚ angeführte Stelle) . . . . .. Est tgitur legten una partium philosophiae generatiter
dictae ‚ . . . . .. Horum autem, quae dicta sunl‚ rationem posm't Avicenna dicens. r”
omnes tripliciter esse acetpiendas (s. ebend. Anm. 74).
368) Ebend. c. 3, p. 3B: Necessan'a et utitis est tagten . . . . .. Ext enim‚ ut dir“
Bocthtus (Abschn. XII, Anm. 76), ratio disserendi, . quae in duas distribuztw
partes, so. scientiam tnvem'endi et scienliam iudteandi (p. 4 A) Elißm
Aristoteles die“, quod modus seiendi mute scienttam quamlibet disrendus est (s. vor.
Abschn., Anm. 293).
369) Ebend. p. 4 B: Ute'tts est ad felicitatem hnee scientia, eine qua non et
ttngitur feticitatts aetus u. s. f. (s. ebend. Anm. 13 u. bes. Anm. 242).
370) Ebene]. c. 4. p. 4B: Quidam dia:erunt‚ quad legten tote es! de syltogim°
et partibus syttogismi, determinantes commuue subiectum logieae sectmdum id, qlwl
est subiectum prinzipate. Non enim . . . . .. (p. 5A) solum doeetur, quz'd syltoginnfl
et quntiter et ex quisz sit, sed hie etiam decetur. quid argumentatio et quae partri
et species eins. Hierauf folgt betreffs der scientia sermoeinatts die schon ohm
vor. Abschn., Anm. 84, angeführte Stelle, dann bezüglich der argumentatio die
Aeusserung ebend. Anm. 15, vgl. auch ebd. Anm. 78 f. Sodann p. 5 B: Utimlw
XVII. Albertus Magnus. 93
Blumenlese arabischer Lehren über die Eintheilung der Logik (nach
incomplexum und eomplezeum), über vom significat-t'va, über Universalität
und Particularitüt der Wortbedeutung (auch mit Einschluss der Denkbar
keit, dass es mehrere Sonnen geben könne), über die Verflechtung (COIICCHO)
mehrerer Wesens-Bestimmtheiten in Einem Wesen, und über die Begrill'e
des univocum, multivocum u. s. f. (mit Einschluss des „analogon"),
bildet die weitere Fortsetzung dieser Einleitung in die Logik37t). Da
aber bezüglich jener Haupt-Eintheilung der Logik, wornach sie in Defi
nition (— incomplexa —) und Argumentation (-— complexa ——) zerfalle,
die Araber geglaubt hatten, dass der erstere Zweig in der Ueberlieferung
nicht vorliege (vor. Abschn., Anm. 16), so gibt nun Albert zunächst eine,
offenbar aus Algazeli entnommene, Ergänzung dieser Lücke“*), hierauf
aber schliesst er sich betreffs der Unterahtheilung des zweiten Haupt
Zweiges vollständig an Alfarabi an373).
Indem wir nun allerdings von einem derartigen Autor auch bezüg
lich des Einzelnen keine grossen Erwartungen hegen dürfen 374), müssen
wir uns zunächst zur lsagoge wenden. Albert beginnt mit einer De
finition des Universalen (quod aptum est, esse in pluribus), welche er
bei Alfarabi vorfand, aber wendet zugleich dieselbe in die mehr nomina
lislisch klingende Auffassung (quod praedicatur de multis) des Avicenna
hinüber 375), und nachdem ihm Boethius eine Bemerkung über den Nutzen
tamen sermone nmnes sermocinales scientiae, sr. grammatica, poetica, rhetoriea, et
quae vocalur Iogica (vgl. ebend. Anm. 18 f.) .... .. Salm autem logicus servierte ult
tur, prout ext pure instrumenli, per quod solmn fides fit de incogm'to. Hiezu die
ebend. Anm. 399 angeführte Stelle.
371) Ebend. c. 5, p. 6A vorerst die ebend. Anm. 16 u. 21 angeführten Stellen,
dann (p. GB): Complrzio autem et ineomplezto (über diese arabische Unterschei
dung s. auch Periherm. l; l, l. p. 237) nun aceidunt ret' secundum quod re: est,
neu etiant voei secundum quod es! 00.71‚ sed arcidunt voci secundum quod refertur ad
intclteetum simplicem vct compositum, vgl. ebeud. Anm. 85. Dann (p. 7 A) mit wenig
veränderten Worten aus Avicenna ebend. Anm. 86, 88 (woran der Spruch des Boe
thius „universale intelligi'tur, singulare sentitur“, s. Ahschn. XII, Anm. 91, geknüpft
wird), hierauf ebenso ebendorther Anm. 89, 93 und dann 31.
372) Ebend. c. 6, p. 8A: St quis quaen't scire incomplezum, .. . . nun potest
invenirc notitium eius nisi per di/linitlonem . . . . .. Hains autem primipia et regutae
saut quinque et quinquc eorruptiones. Primum quidem, quod umhin posita in di/fi—
nitione sint substantialiu . . . . .. Secundum est, quod ultima dl/[erentia sit cum
dt/‘fiuito couvertiln'lis Tertium, qaod prius positum in diffinitionc se habeat ad
scquens sicut potcnlia propt'nqua ad aclum 0aartum est, quod di/finiens primum
sit per se notum..... Quintum autem, quod di/‘fim'tio dicat totum esse diffinitt.....
(p. 8 B) I’rccala ipsius sunt quinque hie opposita u. s. f. Vgl. vor. Abschn.‚ Anm.
110 u. bes. 254.
373) S. die ganze bei Alfarabi, ebend. Anm. 17, angeführte Stelle.
374) Wenn Heim. Ritter (Gesch. d. Phil. VIII, S. 187) dem Albert das Ver
dienst zusehreibt, dass „im 13. Jahrh. die aristotelische Philosophie besser erkannt
wurde, als noch in unserm Jahrhundert“ (-— dass die Schleiermacherianer den
Aristoteles nicht verstehen, ist freilich leider nur allzu wahr —)‚ so wird sich
zeigen, wie solch oberflächliches Gerede durch genauere Forschung zu Sehenden
wird. Albert hat den Aristotelismus nicht nur nicht erkannt‚ sondern geradezu cor
rumpirt, und er ist hierin der Lehrer seines Schülers Thomas gewesen.
375) De pruedieab. II, l, p. 11 A: Universale autem ext, quod, cum sit in uno,
aptum natum es! esst‘ in pltm'bus (s. vor. Abschn. Anm. 24), ..... et per h00 quod
in multis per aptt'tudinem est‚ praedicaln'le est de illis. Et sie universale est‚ quod
de sua aptt'tudt'ue est in multt's et de multis (s. ebend. Anm. 89).
94 XVll. Albertus Magnus. \
l
der lsagoge an die Hand gegeben37ß)‚ lässt er vorläufig durchblicken, l
dass er keinenfalls Nominalist, aber auch (wie uns Solches in ähnlicher ‘
Weise bei Wilhelm von Auvergne begegnete, s. oben Anm. 283) kein
eigentlicher Platoniker sei577). Suchen wir aber von ihm zu erfahren.
welche Geltung den Universalien beizulegen sei, so finden wir natürlich
durchweg den llauptkern der arabischen Doctrin, d. h. die Nebeneinander
stellung der Universalien anle rem, in re uml pos! rem (s. vor. Abschn.
Anm. 241. u. bes. Anm. 179 ll'.); aber im Einzelnen verfährt Albert so
gedankenlos, dass er nicht bloss in den verschiedenen Stellen, an welchen
er auf diesen Punkt zu sprechen kommt, sondern sogar in Einem Athen
zuge sich widerspricht. So lesen wir, dass die Universalien l) an sich
als die einfachen Naturen existiren, welche den Dingen Degrill‘ und Namen
verleihen, 2) in den Dingen selbst vervielfältigt und verkörpert vorliegen,
3) aber im Denken sich finden, und zwar a) in der obersten Intelligenz
Gottes und b) im abstrahirenden „intellectus, qui agit universalita
!em“375); unmittelbar hierauf aber heisst es: die Universalien sind
1) an!e rem die substantiellen Principien, 2) in re verleihen sie als be
fähigt, in Vielem zu sein, aber ja nicht als vervielfältigt, den Dingen Be
grill' und Namen, und 3) posl rem sind sie als Erzeugnisse der Ab
straction blosse Accidentien in der denkenden Seele“"). Und während
letztere Dreitheilung, —— noch dazu als eine „platonische“ —, alleh
anderwärts mit der Bemerkung erscheint, dass die Dill'erenz zwischen
376) Ebend. p. 12 A: Es! aulam necessariam e! u!ile ad dif/initianum assigna
lianem . . . . .. eliam ad divisionum scienliam. S. Abschn. Xll, Anm. 85.
377) Ebend. c. 2‚ p. 12 B: Sun! lamen dicenles‚ quod in soll's inlelleclilm
sun! illa quoad uns, quae utrum sin! c! quomado esse habcan!‚ solus sei! in!ellecfl”.
E! lale esse in intelleclu universelle haben, dizerunl illi, qui aocabanlur nominaler,
qai communilalem‚ ad quam parlicularia, de quilms dlcunlur ipso universelle, "—
ferun!ur, !unlum in inlellccln esse diceban! (natürlich hat er hiebei der Tradili0n
zu Folge den Boscellinus im Auge) . . . . .. Sun! aalen! adhuc, qm' dämmt, ani—
versalia nonnisi ideale haben! esse, secundum quod universalia samt, e! mm esse m
coniunalas materiae, scd implerc omnem maleriam suam imaginilms parliculariam.
378) Ebend. c. 3, p. 15 B: Universale lriplicam habe! aansideralt'onem, sc. Se—
cundum quod in se ipso es! na!ura simples c! ilmariabilis, e! scaundum qaod referM
ad intelliycnliam‚ e! secanzlnm quod es! in islo aal illo. l’rimo qaidem modo simple:
es! natura, quae da! esse e! rationem c! nnmen (s. vor. Abschn. Anm. 182)
Per hoc aalem quod es! in islo aal illo, malte accidun! Pi, quad es! particnlalltl
et indiaidualum, .....mul!iplicabile vel niulliph'catuM, .....incorporatum...„ Per bar
aalen: qaod es! in inlallectu, dupliciler consideralur, so. au! secundum rela!ianem ad
intellec!um in!elligenliac primac cognascentis et causanlis ipsum, cuius radius quidafl
es!; au! sccundum relationem ad intel!eclum per abstraclioncm cognascenlem ipsuflh
quod !alis in!elleclus‚ secundum quod abstralii! ipsum‚ agil in ipso universale
!alem (s. ebend. Anm. 181).
379) Ebend.: Aale fern nur! forma: seclmdum se aaceplae pn'neipia man
existenles (s. ebd. Anm. 95 u. 101). In re siae cum re ipsu sun! formae eris!enlfl
in ipsis dan!es iis nomen et rationcm per id, quad saut aptae esse in mullis e! ani
aersales, non (amen secundam quod sun! in illis par!icnlarizalaa c! indiaiduala#
e! ad singularilalem duclae. Sun! eliam [armen posl rem, quae sun! formae p"
abs!rarlionorm in!ellet!us ab individuanlibus separalac, in quisz intelleclus agil uni
aersall!alem. E! primae quidem subslan!ialia rerum principe'a sind; secundae au!em
rerum substanliae; tertiae aalen: Meidanlia et qualilales, quae nolaa remm in auimß
acceplae vocanlur e! disposiliones vel habi!us (s. ebd. Anm. 22 u. 85).
XVII. Albertus Magnus. 95
Plato und Aristoteles in den Universalien „in re“ beruhe 3”0), eröffnet
sich hinwiederum durch Beiziehung der Individuen eine Viergliederung,
indem die Universalien 1) ante rem als (lausalitäten wirken, und 2) cum
re auftreten, wo sie a) als Formen das Denken und die Namengebung
bedingen, und b) in re bestehen, indem sie entweder a) als potenziell
vervielfältigbar die eigentlichen Universalien sind, oder ß) actuell zu sin
gulären Individuen werden 381). Die Verwirrung aber steigert sich noch,
indem ja wieder die Universalien 1) verschieden von der Materie sind,
und zwar a) als an sich seiend, und b) als mittheilbar, was entweder
a) potenziell in den Dingen oder ß) actuell im Denken der Fall ist;
sodann aber 2) innerhalb der Materie, und zwar a) als Zweck und
b) als Quiddität, in welch letzterer das Gemeinsame durch Ahstraction
actuell in das Denken tritt 382). Ferner kommt hiezu noch Folgendes:
Die Universalien sind 1) ante rem, und zwar a) der Zeit nach in Gottes
380) Phys. l; I, 6, p. 8 B: Est enim, ut Plato ait, triplex universale, so. anle
rem aeceptum, et in re ipsa acceplum. e! post rem ab ipsa re alnstractunL Ante rem
autem universale est causa universalis omnia causata praeliabens potentia rerum in
se ipso. Universale autem in re est natura communis secandum se accepta in par
ticulari Sed universale a re acceptum per abstraclionem es! intenlio formae et sim
plex conceptus mentis, qui de re per abstralientem intellectum habe/un De anima l;
I, 4, p. 5B: Plan posuit in omni rc triplex esse universale. llnum quidem ante
rem, quod erat causa rei formatis secundum esse praecedensl quia separatum ipsum
esse posuit Secandum in re, quod erat forma adhaereas ei una in multis et de
muttis, et hoc unum dixit Plato in essentia esse unum e! in esse naturae e! ’formae
in omnibus, Aristoteles autem in ratione dixit unum, et in essentia et esse plum.
Terlium autem dircit esse post rem, quod es! intentio (s. ebd. Anm. 74) universalis
in anima. S. auch Metaph. III; III, 10, p. 111 B.
38]) Metaph. VII; V, 1, p. 286.4: Triple: est universale. Ante rem, et haec
est causa praehabens Aliud autem est, quod est natura quidem prius re ipse,
sed tempore est cum ipso, e! haec est natura rei formalis; .....cum enim dico
„homo“‚ dao importunlur per nomeng so. quo imponitur nomen, et cui. Et quo im
ponitur ipsum nomen, est, quod primo forma! et movet intellectarny et per hoc
deuenitur ad hoc, cuius est illa forma, et haec est subsllmlia, cui nomen impo
nitur....... Si consideratur secundum esse, quo est in particulariy hoc est duobus
modis. Hoc enim potest considerari secundum potentiam et apliludinem, qua secun
dum esse multiplicabile es! in parlicularia, e! sic est universale; au! eonsideralur,
secundum quod est actu in illis, et sic est singulare suppositum sub communi na
tura demonslralum; et hoc modo est tcrtio modo dictum universale et sic prae
dicatur de omni eo, de quo praedieatur. Aehnlich De ne!. et orig. an. I, 2, (Vol. V)
p. 186 B.
382) De intellectu et intellig. I, 2, (Vol. V) p. 247 B: Ulrum universale sit in
salo intetteetu, an etiam in re extra . . . . .. Dieimus, essentiam uniuscuiusqac rei
dupliciter esse considerandum Uno modo, prout es! naluru diversa a natura materiae
sive eius in quo est Alio modo, prout est in materia siee in eo, in qua es! in
dividuam E! prima quidem modo adhuc dupliciter consideratur. Uno quidem
modo, prout est essentia quaedam absoluta in se ipse; alio modo, ut ei con
venit communicabilitas secundum aptitudineml et sic proprie vocatur universale,
omnis enim essentia cornmunicabilis multis universale est, etiamsi actu nunquam dat
esse nisi uniy ut sol Per hanc igitur aptitudinern universale est in re extra,
sed secundum actum existendi in multis non est nisi in intellectu (also was in vor.
Anm. potenziell genannt war, heisst hier actuell, und umgekehrt)..... Prou! autem
iam participatur ab eo, in quo est, adhuc duplicem habet oonsiderationem. Unam
quidem, prout es! finis generationis vel compasitionis substantiae Secundo autem
modo, prout ipsa est totum esse rei et sic vocatur quidditas Hoc ergo ultima
considerata forma praedicatur de re, cuius est forma, et sic separata per intellectum
96 XVII. Albertus Magnus.
Intelligenz, und b) dem Wesen nach als Formen, 2) in re als mittheil
bar, 3) post rem durch Abstraction, und 4) ratione universalitatis, in
soferne die Gemeinsamkeit einigend (um'ens) wirkt393").
Ist schon hieraus klar, dass der unverständige Compilator uns alles
Mögliche zugleich darbietet, was nur immer aus den Arabern aufzurallen
war, so warten unser erst noch die ärgsten Widersprüche. Indem wir
nemlieh in dem Bisherigen trotz aller Verwirrung immerhin im Ganzen
den Intellectualismus Avicenna’s erblicken dürfen““), führt uns Albert
an dem Punkte, in welchem wir ihn am meisten als einen Gopisten der
arabischen Aristoteliker beim Worte zu nehmen gedächten, direct in das
Fahrwasser arabisch-neuplatenischer Mystik. Indem er nemlieh die Frage
erörtert, ob das Universale im sinnlich Einzelnen oder ansserhalb dessel
ben sei, benützt er zunächst die arabische Ansieht betrell's „in multis"
und „de multis", sowie insbesondere Avieeuna’s Unterscheidung zwischen
natürlicher Gattung und logischem Gattungsbegrill'“‘), und bezeichnet
das Universale als die Wesensforru, welche einerseits z. lt. „humanitul“
und audrerseits z. B. „homo“ isl385). Und da nun dieses Form-Wesen
(natura formalis) durch seine Fähigkeit in Vielem zu sein, zur substan
tiellen Eigenschaft (qualitas substantialis‚ — Alles nach arabischen
Vorbilde —) des Einzelnen werde, sei eben das Universale durchaus
est universale in intellectu, et ideo aptitudo suae communieabilitatis reducitur ßl
actum in intellectu separante ipsum ab individuantibus.
383a) Metaph. V; VI, 5, p. 221 B: Auto rein unten: dicitur universale dupliciter.
Cum enim omnia . . . . ..sint in intellectu primae causae sieul in formali et prtm
Iumine, hat: igilur modo aeeeptum universale habe! quoddarn esse speciale, qwd
ext esse causae in!ellectuali& Aliu autem modo dimm! universale ante rem W
tempore, sed substantia et ratione, et haec es! forma aut rausa formatis aecepto
constilnens esse rei; hoc autcm cum indiffercns sil in omnibus, quer m1
eiusdem spc6i8i‚ sie indivisum habe! unam ad omm'a vel multa relationem .... .
Um'vcrsate autem quod dicunl esse in re‚ rst enden: forma participata a mullis adß
vet potentia, et haee quidem dicitur universalis, eo quod de se semper es! conrmm
eabilis et propagabi1is in malte es: uno Universale entern qnod es! post "m
est forma in esse abstractionis . . . . .. Esse aalen! universalis in rationc universal:
Iatis (s. vor. Abschn. Anm. 183) est sie accipiendunr: in universali quidem aliud ril
i'd, quod es! ipsum universale, et aliud est universalitas siue universilas ipsius, sind
in hoc universali „Ironie“ aliud es! ipso natura, quae Ironie est, et aliud es! cofl‘
munilas ipsius n're communio (s. ebend. Anm. 93), quia . . . .. universale ncc 651
antun nec est malte. Universalitas au!em ipsius, quae magis proprie dicitur mir"
sitas, es! ex respectu sui ad supposila, quer respicit il!a sirut um'e-ns . . . . . .. Plllt‘l‘
quod in ratione Indus universitatis aliud habet esse, quam sit esse eins antt "i
vel in re oeI post rem aceeptum.
383b) S. hierüber auch die so eben erschienene Schrift Hancberg's, Zur Er
kenntnisslehre von Ihn Sina und Albertus Magnus. (Abhdlgn. d. bay. Akad. d.W\s*‘
München. 1866.
384) De praedicab. II, 5, p. 19 A: Restat nunc de dif/iciltima quaestione dissertfl
.....utrum universalia sint separate a sensibilibus, an in sensibilibus et singulariW
posita. Hierauf folgen die ebend. Anm. 24 u. 23 angeführten Stellen , sowie eint
Erklärung, welche dem Sinne nach mit dortiger Anm. 180 übereinstimmt.
385) Ebeud. c. 8, p. 24 A: Universale es! forma et es! forma Intim. Sri
forma totius dupliclter designatur in nomine. Designatur enim ut forma lauten
sicut „humani!as“„„ et ideo non praedicatur de eo, cnius est forrna...... Desigw
tur etiam ut forma totius totem esse dieens, cuius est forma, sicut „hellt“
dicit esse formale. S. ebd. Anm. 93. Uebrigens ist dieses die Quelle der alsbdd
eintretenden Coutroverse über unitas formae oder pluralitas formarum.
XVll. Albertus Magnus. 97
nicht eine für sich getrennte Substanz 3“6), denn nur in der Mittheilbar
keit (communicabilitas) liege die Beziehung des Universale auf das Ein
zelne, so dass (wie z. B. bei der Sonne) von der actuellen Vielheit des
Einzelnen abgesehen werden musse3“).
des Einzelnen selbst sei die Materie als Princip zu betrachten (— prin
cipium individuationis —, nach Avicenna), und die aristotelische Auf
l’assung sei die richtige 38")‚ während Plato einerseits durch die Los
trennung der Universalien von ihrer materiellen lndividualisiruug sich im
lrrthume befinde 3“39), und andrerseits doch wieder dieselben durch
mathematische Formen verkörpere, so dass er gerade in den Principien
fragen jedenfalls dem Aristoteles nachstehe 390). Ja die Auetorität des
aristotelischen Begrill‘es „61511011011“ (s. Abschn. IV, Anm. 461 u. 471 fl'.)
packt den Albert so heftig, dass er ausruft, es gebe abgesehen von dieser
innigen Verbindung des Stoll'es und der Form gar kein Universale, als
nur das in der denkenden Seele erfasste 3’“), und er kann somit jene
386) Melaph. VII; V, 1, p. 286 B: Universale sie dictum (d. b. als multiplice
bile, s. 0b. Anm. 381) es! esse subslaaliale, quad semper ext in oliv, nec esse potest.
quando in alio non esl; et hoc modo non es! subslanh'a, sed substanliale quoddam
esse (S. vor. Abschn., Anm. 95 u. 101), quad accidit substantiae per hoc, quod uiii
verxale secundo modo dictum (d. h. als singularo supposilum) es! qualitas substan
tialis et substantia existens...... c. 2: Ouod autem impossibile sil, quorumh'be!
substantiam esse rte numero universaliter dictorum videtur multis rationibus . . . . ..
(p. 288 B) Ex omnibus igitur inductis manifestum ext, universale secundum esse uni
versalis substantiam distinctam et per se existentem non esse.
aen Ebend. V; VI, 6, p. 222 A: Communicabilitas igitur causa esI, quod com
paratur (sc. universale) plurilms..... p. 222 B: Suf/icit universali quod ipsum
de se ambiat malte, sive illa sint sive non sint. dummodo sintl de potentia sui am
bilua‘, sicut patet in forma solis. S. ebend. Aum. 89.
388) Ebend. lll; lll, 10. p. 110 B: Cum euim materia sola principium sit in
dividuationis (s. ebd. Anm. 22 u. bes.184) et nihil sit singulare nisi materia vel per
maleriam, si nihil est forma praeter materiam (nemlich nach der hier bekämpften
Ansicht der Atomiker), nihil erit in re nisi singulare c. 11. p. 112 B:
Secundum igitur intellectum Aristotr-lis dicimus, omnes formas potentia esse in materia
et per motum educi de ipsa (s. Abschn. lV. Anm. 468- 505). Hierin sodann liegt
die Quelle der zweiten einflussreichen Controverse (vgl. Anm. 385), nemlich der—
jenigen, welche über die lndividuation geführt wurde.
389) Ebend. Vll; V, 5, p. 292 A: Si forma simplex sit singularisy isla nun
quam potest esse universelle; et hoc modo dicunt de ideis, quod quaelibet est sin
gularis separate, .. ...non attendentes. quod omnis forma de se communicabilis m,
et quod etiam nomen individui a formis rommunicabitibus imponilur, sed principium
individuationis in ipso es! maleria. Ebend. Xl', l, 7, p. asa B: Notilia mater-iae est
illud, quod in re sentitur et subiicitur quantitati et situi et sensibilibus. et dicitur
secundum hoc material cum qua est hoc aliquid ens, eo quod ipso est primum prin
cipium individuationis. S. auch De sea- princ. l, 5, p. 199.
390) De praedicab. ll, 4, p. 17B: Plato . . . . universalia dixit esse eorporalia
quaedam in mathematicis rationibus et formis eonstitutaz quod autem quidam dicunt
de universalibus immaterielium, ut angeli et animaey nihil penitus ralet ad proposi
(um; talia enim dixit Plato ab aeterno consistere et radios quosdam luris primae
esse . . . . .. (p. 18 B) Nallo modo universale est corparule, quia es! sicut natura cor
poris, cui per aptitudinem dicendi de multis accidit universale esse . . . . .. (p. 19 A)
Arisloleles in omm'lma, quae dir“, Pla!oni praeponatur in positione principiorumg
nec est curandum de sophisticis quibusdaml qui ante nos quaedam sm'pserunt.
391) Melaph. lll; ll, 'l, p. 91 B: Ouocstio autem haec es!‚ u!rum aliquid sit
forma et universale praeter materiam et synolon (sive simul !o!um)‚ quod es! parti
rulare . . . . .. p. 92 B: Non ponemus rationabiliter formalen: et separatem domum
anuv Gesch. lll. 7
Für die Verwirklichung aber l
98 XVII. Albertus Magnus.
arabischen Stellen abschreiben, in welchen alle logischen Momente der
Universalien als Accidentien derselben und die Universalien selbst als
blosse Erzeugnisse des abstrahirenden Denkens bezeichnet werden, obwohl
er dabei seine Begeisterung für das aristotelische mivolov insoferne wieder
vergisst, als er vorerst von dem Ansichsein der Universalien plauilertag'l).
Wenn er aber ferner den subjectiven nominalistischen Standpunkt so stark
betont, dass aus der Mannigfaltigkeit des Einzelnen die substantielle Aehn
lichkeit (simih'tudo) oder die Gemeinsamkeit (commum'tas) nur vom ah
strabirenden Denken als Universale erfasst werde, und somit das Denken
ausdrücklich als Causalität der Universalien, welche hiemit nur post rem
sind, zu betrachten sei393), und wenn er dieses Universale post rem
entschieden polemisch gegen Plato kehrt394), so sollte man doch wohl
glauben, Albert habe eine bestimmte Ansicht. Mit nichten. Er belehrt
uns ja selbst, dass ihm all solcher aristotelischer Nominalisnlus bei Leibe
nicht Ernst sei; denn in einer längeren Stelle, in welcher er von einer
dreifachen Geltung der Universalien spricht, um schliesslich mit der Dar
legung einer vierfachen Geltung derselben aufzuhören, hat er jenes so
entschieden bevorzugte Universale post rem ganz und gar beseitigt, und
aliquam, quae sit praeter domos malaria/es, nisi ponamus eam in anima tectonicinm
Non propter scientiam vel utililatem oportet nos ponere, formam extra animam habcri
esse praeter synolon.
392) Ebend. V; VI, 7, p. 223 A: Nalura autem illa, quae es! universale sim
pler, natura est secundum se ipsam existens ex suis constans difi'inientibus .... ..
Sic enim non pendet esse suum etc intellectu esse vel in supposito esse..... Arcidil
(s. vor. Abschn.‚ Anm. 85) enim ei, esse in hoc et in illo, e! per hoc cfiicifur p1?
priam; accidit etiam eidem, referri ad multa, e! per hoc efficitur universale sm
commune; accidit etiam eidern, esse separalum, e! per hoc efficitur intelligibile
accidit etiam e'i, terminatum esse et indiuisuml et per hoc efficitur amtni; et midi!
eidem adhuc, dividi per materiac divisioneml et per hoc efl'icilur mullum. .... .
(p. 223 B) Universale, licet ab hoc, quod est in intellectul non sit universale, W
es! tamen universale nisi ens in intellect“,- .....hoc enim modo est universale, profa
accipitur unum de omnibus; unum autem de omnibus non est in esse, quod habet "I
relms; .....igitur prout unum est separatim ab omnibus; huiusmodi autem fil P"
intellectum S. ebend. Anm. 74. ,
393) VII; V, 3, p. 290 A: oportet igilur, quod universale csse universalis m
dispositio particularis et sit substantialis particularium similimdo; et ideo non “I
substantia eorum . . . . .. Natura ipso, quae forma est ut natura considerate, multipli
cabilis est in multa et tunc multa est et divisa et singularia; quia tamen est esm
Halls simililudo, intellectus agit eam ex multis ad unum, quia unum est, (Md
ubstrahitur ab omnibus; et haec communitatis unilas procedit a singularitale sua t"
malaria, inquantum est causa similitudinis essentialis. Et hoc modo universal! I!
intellectu est et posterius et non causa rei particularia sed causatur ab ipso p"
intellectum abstrahentemy et sic palet, quod est esse quoddam, sicut dispositio HI
esse eias, quod disponitur per ipsam. Anal. post. I; I, 3, p. 518 B, woselhst nach
der im vor. Abscbn.‚ Anm. 22, angeführten Stelle folgt: Es hoc quod univeran
denudatur a materia et individuautibusy ea ipso cst universale, unde eo ipso
quod est in intelleclu, cst universale. Ebend. II, 3, p. 529 A: Animal, quod eil
universale, aut nihil est aut posterius est, et quod in „Sex principiis“ dicitur (5
Abschn. XIV, Anm. 487), quod onmis communitas a singularitate procedil.
394) De anima I; l, 4, p. 5 A: Cum intellectus noster accipit intentions: essen
tialium principiorum et abstrahit eas a materia et ab individuantilius aliis, tum
agit in eis universalilalem. Sic universale posterius est, quando ut universale acci
piturt et non sicut prius dixit Plato, quod praecederet secundum esse omnia mt
particularia
XVlI. Albertus Magnus. 99
indem er bemerkt, die Universalien seien 1) an sich existente Naturen,
2) mit der Fähigkeit behaftet, in dem Vielen zu sein, 3) in „spiritualer“
und „speculativer“ Geltung im Lichte der göttlichen Intelligenz, und
4) quantitativ individualisirt in der Materie, so knüpft er an das zweite
dieser vier Glieder noch die Unterscheidung, dass man jene Fähigkeit (des
Einwohnens im Vielen) entweder in die Dinge selbst oder in das mensch
liche Denken verlegen könne, und sowie man im ersteren Falle Realist
und im Letzteren Nominalist sei, so könne er doch nicht die Bemerkung
unterdrücken, dass er seinerseits die realistische Ansicht aufrecht halte 395).
Allerdings hätte er sich so all jene Plagiate aus Avieenna (und uns die
Mühe, dieselben zu registriren) ersparen können; aber da er ja Realist
sein will, so darf er auch den Geist des Augustinus heraufbeschworen,
indem er meint, das Universale an sich und in den Einzelndingen und
in der denkenden Seele sei doch all das Nemliche, d. h. es sei eben
das „Licht“ der göttlichen Intelligenz mi Und so bricht vielleicht seine
eigentliche Geistesrichtung, in Folge deren er freilich ein Talent zum
Missverstehen des Aristoteles besitzen musste, am meisten in seiner Schrift
„De causis et processu universitalis" durch, in welcher er mit Ver
gnügen in der Mystik jenes gleichnamigen Buches (De causis, s. oben
Anm. 23 ll‘.) wühlt und natürlich nur die in Gottes Intelligenz belind
liehen Universalien kennt 397).
395) De praedieab. IX, 3, p. 93A: omnia quinque triplicitcr considerari possunt.
Si enim in se accipianmr, sunt naturae quaedam . ‚ . . .. Si autem accipiunturl
secundum quod naturae illi simplici addilur aptitudo ad hoc, quod sint in pluribus
inferiorilmsl tunc illa iam efficiantur uniocrsalia...... vtrum autem haec aptitudo
sit in re, quae sua simplicitate apta sit existere in pluribus, . ‚ . . .. vel sit in solo
intelleclu, ita quod solus intellectus similitudinem naturae unius ad eandem
naturam in specie in alio accipiat, quaestio fuit. E! primo quidem modo illi
dizerunt, qui reales vocabanmr, secundo autem modo hi, qui dicebantur nominalcs.
E! hoc ad praesens non disserendumg tamen in praecedentilius hoc susli'rim'mas,
quod dixerunt reales . . . Haeo autem eadem natura accepta in lumine intelli
gentiae operatur ad esse spirituale (p. 94 A) Per hoc autcm, quod in
sensibilibus et in materia ejiciuntur ad quantitateml e/ficiuntur multa . . . . ..
(p. 94 B) E! sic illa natura in quadruplici esse aeer'pi'mr, so. in esse naturae sim
plicis, in esse aptitudinis ad multa, in esse luminis intelligentiaei in esse individui ‚
designati per individuanlia. EI idco habet rationem naturae per primum, e! habet
rationem universalis per secunduml et rationem intellectus speculatioi per tertiuml et
rationem particularis et individui per quartum
396) Ebend. ll, 6, p. 21 B: intellectus in formis agit unioersalitatem......
(p. 22 A) Universale unum numero et essenlia cst in anima et in se ipso et in sin
gulari, nec differt nisi secundum esse dclerminans ipsum ad lioc vel illud . . . . . ..
Similituda de luce et colore bona es! . . . . .. ld unum, quod in tribus ipsum facit
esse, es! vis intelligentiae primae, quae causa universi esse es! in omnilms. C. 7,
p. ea B: Universale naturae producitur in esse ab agcnti- intelligentiay quae operatur
per suum intellectuale lumen in omni natura. Dieses erhauliche neuplatonisch
augustinische Gleichniss findet sich auch insbesondere De Praedieam. ll, 3, p. 107 A:
Secundum veritatem sunt tres substantiae formales. Sun! enim formae, quae um!
tantum formanles, el illae sunt primae formae procedentes a lumine agentis intellectus
. . . . .. E! sunt formae substantiatcsj quae sunt cum eo ingredientes in esse rei ct
constituentesl quae sunt sicut lumen causa coloris . . . . .‚ Et similiter substantiae [or
males, quae sunt sicut color es! immutativus visus vel motivus iucundum actum lucidi.
397) Z. B. l, 2, 5, (Vol. V) p. 544 A: Primum principium habet scientiam omnium
generum et specierum et inulioiduorum tam substantiae quam accidcntium, .....quod
11
100 XVII. Albertns Magnus.
Wollen wir aber aus diesem Wirrwar uns wenigstens die Termine
logie vor Augen stellen, in welcher sich diese Lehre von den Universalien
bewegt, so treffen wir auf Grundlage der arabischen Quellen 395‘) folgende
Begriffe: vor Allem aptitudo (Anm. 375, 379, 381 f., 390, 395) und
corpmunilas oder commum'cabilitas (Anm. 377, 380—383, 387, 389,
392 f.), auch multipficabile (Anm. 378, 381 f., 393); sodann forma
oder natura formalis (Anm. 379—381, 383, 385, 389, 391, 393), selbst
quidditas und fim's (Anm. 382), richtiger qualitas substantialis (Anm.
379, 386) oder universalitas (Anm.383); ferner betreffs der subjectiven
Seite intentio (Anm. 380, 394) oder dispositio (Anm. 379, 393), auch
referri (Anm. 377, 392), insbesondere aber abstractio (Anm. 378—380.
382 f., 393), und hiemit zusammenhängend wieder similitudo (Anm.
393, 395), ja selbst indi/I'erens (Anm. 383). Wenn aber viele dieser
Begriffe auch in der logischen Parteispaltung des I2. Jahrhunderts li
Abschn. XIV) eine Rolle spielten, so besteht dennoch hier keine geschicht
liche Continuität mit jenen damaligen Bewegungen (höchstens betreffs des
Gilbertus Porretanus. mit welchem Albert natürlich sympathisirt, ist durch
obiges Citat, Anm. 393. für jene vereinzelte Stelle ein Zusammenhang
nachweisbar), sondern all die bunte Manigf'alligkeit der Ausdrücke beruht
auf den Arabern, deren Darstellungen durch Albert’s blindes Zusammen
raffen mit Einem Schlage bekannt wurden. Darum gestaltet sich auch.
wie wir sehen werden, nach Albert und Thomas die Parteispaltung in
ganz anderer Weise, als in jenen früheren Jahrhunderten.
Hatte ich im Bisherigen die unerquiekliehe Aufgabe, den Albert in
der logischen Prineipienfrage geradezu als einen kopflosen Menschen dar
zustellen, so muss ich nun sein Schreiber-Talent auch noch in It'ürfl
durch die einzelnen Gruppen und Theile des Inhaltes der Logik hindurch
begleiten 399).
Nachdem er die Zahl und Reihenfolge der fünf Universalien IM"
- gründet Itat‘°°)‚ macht er sich an die Einzeln-Erörterung derselben. “‘15
zunächst gemw betrifft, so handelt es sich unter den verschiedenen Würr
bedeutungen desselben um die Iogische““), wobei auch an eine mögliche
Relativität des Gattungs-Begriffes‘“), sowie überhaupt an die accidentelh
und die substantielle Aussage zu denken ist “3), indem ja das Haupl'
gewieht auf der Quiddität liegt 404). Bei Erläuterung des Accidtlr
ratio et species es! con:titutiom's omnium‚ n. s. f. in diesem Tone durch das galt"
Buch hindurch.
398) Ich habe im II. Bd. S. 350 auch betreffs der Araber diesen Punkt in‘
Auge gefasst.
399) Eine unnütze Rnumverschwendung schiene es mir zu sein, wenn ich "lt"
für das folgende Detail des Organons all jene Stellen, in welchen Albert Arabisch!S
benützt und höchstens im \veitschweiligen Wortlaute von diesen seinen Quellen lh'
weicht, vollständig abschreiben wollte. Ich beschränke mich daher (unter Vfl"
weisuug auf die betreffenden Anmerkungen des Vorigen Abschnittes) auf bloß
Ziffer-(Zitate, durch welche mich ja, wer Lust hat, immerhin controlliren kann.
400) l)e praedicab. II, 9, p. 25 B. S. vor. Abschn. Anm. 107.
401) Ehend. III, 1 u. 2, p. 26 ff. S. ebend. Anm. 109.
402) Ehend. c. 3, p. 29 B. S. ebd. Anm. 112.
403 Ebend. p. 30 A. S. ebd. Anm. 94.
404) Ebeud. p. 30 B. S. ebd. Anm. 116.
XVll. Albertus Magnus. 101
tellen 405) erscheint dann hier zum ersten Male der auf gröblichstem
Missverständnisse einer aristotelischen Stelle beruhende Begriff des „indi
viduum vagum" 4o"), bei dem Substantiellen hingegen kommt das Ver
hältniss des quale und des quale quid zur Sprache 407).
Auf die Begründung, warum hierauf species sich anzureihen habe‘”),
folgt nun gleichfalls die Erörterung der verschiedenen Bedeutungen dieses
Wortes‘°”)‚ wobei die von Avicenna weiter oben geführte Controverse,
ob nicht Gattungs- und Art-Begriff sich wechselseitig im Kreise drehen,
nachgeholt wird“°). Bei der Frage, welche der beiden üblichen Defini
tionen der Species die richtigere sei‘“), bringt Albert einmal eine
Verbesserung bei““), gelangt aber zuletzt zum gleichen Resultate wie
Avicenna‘“). Mit grösster Ausführlichkeit aber wirft er sich sodann
auf die Tabula logica des Porphyrius‘“), wobei er nicht bloss auf die
Geltung des „ens““5) und auf die beispielsweise Beiziehung des Be
griffes „Engel“ kommt‘“), sondern auch zur Verdeutlichung einmal die
Ausdrücke „colleßtio“ und „adunatio“ gebraucht, in welchen er offenbar
durch Gilbertus Porretanus beeinflusst ist‘“).
Auch bezüglich der differenlia bahnt die Frage über den Sprach
gebrauch‘“) den Weg zur Unterscheidung der alterirenden und der
artmachenden Differenz, deren qualitative Function (in quale quitt) fest
zuhalten ist419), so dass sich hieran ebensosehr jene Erwägungen über
die Gradabstufung der Qualitäten knüpfen n"), wie die Frage über das
Enthlösstsein an die Unterscheidung der theilenden und der coustituirenden
Differenz“‘). Das Verhältniss sodann der Differenz zum Gattungs- und
405) Ebend. c. 4, p. 31 A. S. ebd. Anm. 157.
406) Ebend. p. 31 B: Individuum . . . . .. ab Arislolele designalur in Praedica
menfis ut regem, ut „uliqui: homo, aliquis bes“, et de hoc pofest esae dubium,
utrum de mm solo an de plun'lms pracriicetur (s. die Stelle Abschn. IV, Anm. 387.
Albert spricht noch öfter von diesem monströsen Begriffe, z. B. ebend. IV, 1, p. 35 A.
IV, 7, p. 49 A. De pruedicum. II, 2, p. 107 A).
407) Ebend. p. 32 A II. B. S. vor. Abschn., Anm. 106 f.
408) Ebend. IV, 1, p. 34 A. S. ebd. Anm. 118.
409) Ebend. p. 35 A. S. ebd. Anm. 119.
410) Ebend. p. 35 B. S. ebd. Anm. 113.
411) Ebend. p. 37A u. c. 2, p. 37 B. S. ebd. Anm. 28 u. bes. 121 f. (auch
die geschichtliche Frage des Avicenna, ebd. Anm. 120, fehlt hier nicht).
412) p. 37 A: Haec quidcm soluh'o eat Avicennae (s. ebd. Anm. 121). Posset
tamen melius dict', quod .... .. cum individui parlicipationc mm parlicipel immerliale
nisi species‚ de difl’crentibus numero nun praedicalur immediate nisi species u. s. w.
413) Ebend. 2. p. 38 A. S. ebd. Anm. 128.
414) Ebend. 3, p. 39 A. S. ebd. Anm. 132. Die Abstufung von genus gene
ralissimum zur species sperialissima ist das Thema aller noch folgenden Capitel
dieses IV. Buches.
415) Ebend. p. 41 A. S. ebd. Anm. 32.
416) Ebend. 4, p. 42 A. S. ebd. Anm. 117.
417) Ebend. 6, p. 46B: Quod autem commune es! et universale, semper es!
collt‘clinnm et adunativum Colligere e! adunare samt ‚dem in aubslanlia, di/[emnt
[amen secundum rationem u. s. f. Vgl. Abschn. XIV, Anm. 473 f.
418) Ebend. V, 1. p. 50 A. S. vor. Abschn. Anm. 135.
419) Ebend. p. 51 f. S. ebd. Anm. 138—140.
420) Ebend. 2, p. 54A u. B. S. ebd. Anm. 148 f.
421) Ebend. 3, p. 551. S. ebd. Anm. 145_f. u. 198.
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102 XVII. Albertus Magnus.
Art-Begriff führt zur Erörterung darüber, dass die Gattung nur Potenz,
nicht aber Stofl‘ sei4n)‚ indem hiedurch die Aussagbarkeit der Differenz
als eines Universale bewahrt bleibe 423), und zugleich an der engeren
Definition der Differenz festgehalten werden könne 424).
Ebenso verfährt Albert an der Hand der Araber auch beim pro
prium“5) und beim accidens, bei welchem er aber die Einwendungen
Avicenna’s gegen Porphyrius nicht gelten lässt, sondern instinctmässig mit
den Schwächen des Letzteren sympathisirt““). Hingegen was aus Ani
cenna über die Berührungspunkte und Unterschiede der fünf Universalien
entnommen werden konnte, bietet Albert in unerträglicher Weitschweifig
keit dar 427), um zuletzt noch aus gleicher Quelle auf den substantiellen
Nexus aller Universalien hinzuweisen 42S).
Die Kategorien knüpft Albert (gleichfalls auf arabischer Grund
lege) dadurch an die Universalien an, dass es sich nur um jene „Gat
tungen“ handle, welche unter die fünf Universalien subsumirt werden
können, wornach er das Wort „praedicamentum“ förmlich als synonym
mit „praedicabile" bel1andelt‘“). Die Auctorität aber einer Stelle des
Boethius veranlasst ihn, die Kategorien ziemlich nominalistisch zu be
trachten 430), und ebendorther wiederholt er die scharf dualistische
Scheidung zwischen Substanz und Accidens“‘). Die Einzeln-Erörterung
aber bietet wenig Principielles der; sie bewegt sich nur in einem höchst
422) Ebend. 4, p. 5811‘. S. ebd. Anm. 194, 140, 166, 301, 193.
423) Ebend. 5, p. 61 f. S. ebd. Anm. 141 f.
424) Ebend. 6, p. 63 f. S. ebd. Anm. 297 u. 144. Eine vereinzelte Pole
mik Albert's gegen Avicenna in diescn Discussionen habe ich bereits ebend. Anm.
150 angeführt. Uebrigens füllen Erörterungen über die engere Definition der
Differenz noch den ganzen Rest dieses V. Buches.
425) Ebend. VI, 1 u. 2, p. 70 fl'. S. ebend. Anm. 152—155.
426) Ebend. VII, 1-—3, p. 74 fl'. S. ebd. Anm. 29 f. u. 156—159, woselbst
ich Avicenna’s gerechte Bedenken erwähnte; Albert aber meint (p. 77 A): Arabti
philosophi haue Porphyrii accidentis descriptionem repreheuderunt .... .. Quant am
.mbiungitur de divisione Meidenlis, ratio est‚ ut ostendatur assignalio vera de ulroqfl
accidenle u. s. w.
427) Ebend. VIII, 1—13, p. 79—91. S. ebd. Anm. 162—170. Tadelnde Be
merkungen über Porphyrius werden aber von Albert auch hier ignorirt (z. B. jellE
ebd. Anm. 171) oder ungeschickt widerlegt (z. B. jene ebd. Anm. 164 durch die
Worte p. 80 A: Tam genun uulem quam difl'erenlia pracdicalur de pluribus ‚peciehä
dicit Avicennu. Ouod quemvis non sit neoessarium, tarnen mm es! impussibile, qm
in pluribns hoc invenilur).
428) Ebend. IX, 1, p.91 B. S. ebd. Anm. 172—174.
429) De praedicam. I, 1, p. 95 A: Sequilur igitur mute determinare de In:v
quae..... ad se invicem ‚um! ordinanda secundum genau, species, differentius, ‚m‘
pria et accidentia..... Et ideo hie ordinaln'lia ad subiici et praedicari sunl ordiMmiv1
etdeterminanda secundum omnrm sm' diversilatem‚ quae consislit in deren: generibw
praedicahilium sive praedicamenlorum. Vgl. ebd. Anm. 17 u. 91 u. ob. Anm. 114
430) Ebend.: Ordo praedicabilium mm potent determinari m'u‘ secundum qW-1
sub vocc habe! prardirabile derignan', relms em'm inquisitive incogm'tis non possunnß
Propler qnod dicil Boelhius (s. Abschn. XII, Anm. 84), quod haec scientin, Ff
libfi pracdiramentorum, es! de decem primis vocibus prima genem remm significdfl‘
tibns (die widersprechende Kehrseite hieven s. unten Anm. 444).
431) Ebend.: Parks antem Imius subiecti sunt ordinabilia secundum dirersut“
modum praedicumli in substanlia et acoz'denle, et in unidentisz secundum ommfl
neuem gutem accidcnlium; et sie multitudo infim'ta restringitur in decem gutem, “‘
dicil Boethius (s. ebend. Anm. 90).
XVII. Albertus Magnus. 103
weitschweifigen Commentare, in welchem wir durch den arabischen Stoff
hindurch noch die griechischen Commentatoren (namentlich den Simplicius)
durchblicken sehen. So begegnen wir als Gegenständen solcher Exegese
zunächst den Begriffen des Synonymen, Homonymen, Analogen u. dgl.‘”),
dann der sog. regeln de quoc-unque, welche auch hier in Verbindung
kommt mit dem Dictum de omni‘33)‚ ferner den Angaben über den
quidd.itativen Charakter der Substanz 43“), über den Unterschied der
substantia prima und secunda‘“), über das substantiale““)‚ über die
bloss subjective Bedeutung der Belation‘“) u. s. f. Aber den tieferen
Fragen scheint Albert hier absichtlich aus dem Wege zu gehen, und so
benützt er auch jene Controverse nicht, welche Avicenna darüber geführt
hatte, ob Qualität und Quantität zu den Accidentien gehören 435). Hin
gegen fand er es für nöthig, zur Erklärung der sechs letzten Kategorien
das pfuscherische Machwerk des Gilbertus Porretanus nicht blass voll
ständig aufzunehmen, sondern auch in peinlichster Ausführlichkeit zu
commentiren 439)‚ wodurch er sich das traurige Verdienst erwarb, dass
die „Sex principia“ auf lange Zeit förmlich in das Organon recipirt
blieben 44°). Ausserdem bürgerte sich durch Albert’s Auctorität die
Nomenclatur „Antepraedicamenta“ (Synonym u. s. f.) und „Poslpraed-i
camenta“ (die vier Gegensätze, prius‚ simul, motus. habere), welche wir
allerdings auch schon bei Abälard trafen (Abschn. XIV, Anm. 272), nun
ganz allgemein ein““).
Bei Erklärung der Schrift De interpretatione, welche hier zum
ersten Male in zwei Bücher getheilt erscheint*")‚ hatte Albert einen
reichen Stoff vor sich, indem er mit den Commentaren der Araber auch
jenen ausführlicheren des Boethius verbinden konnte; und indem er diess
432) Ebend. I, 3, p. 99 B. S. vor. Abschn. Anm. 191 u. 31.
433) Ebend. c. 6, p. 102 A. S. ebd. Anm. 192 u. Abschn. XI, Anm. 152.
434) Ebend. II, 1, p. 106 A. S. vor. Abschn., Anm. 33.
107 f. 435g Ebend. c. 3. p. S. Abschn. XI, Anm. 151.
436 Ehend. c. 10, p. 117 B. S. vor. Abschn., Anm. 196.
437) Ebend. IV, l, p. 141 A. S. ebd. Anm. 35. Ehend. c. 7, p.149 A, vgl.
ebd. Anm. 207.
438) S. vor. Abschn.‚ Anm. 199.
439) Acht Tractate (p.194—236) widmet Albert in slupider Hingabe jenem
Producte, dessen Armseligkeit ich oben, Ahschn. XIV, Anm. 485 fl'., zu schil
dern hatte.
440) Wenn nemlich allerdings auch schon Lambert v. Auserre bei Usbertra
gung der byzantinischen Logik das Buch De sex primipiis eingereiht hatte (s. oben
Anm. 116, vgl. auch Anm. 173 u. 308), so wurde diese Ergänzung doch nur durch
Albert zu einer so allgemein üblichen, dass noch die Drucke der lateinischen
Uebersetzungen des Organons bis ins 16. Jubrh. hinab sämmtlich dieser Sitte
huldigteu.
441) De praedicam. I, 6, p. 102 A und VII, 1, p. 173 A. Bei der Frage. zu
welcher Kategorie die Bewegung gehöre, schliesst sich Albert (VII, 14, p. 190 A)
an Avicenna an (s. vor. Abschn., Anm. 208).
442) Periherm. II; I, l, p. 268 A: Nunc .mb allerius lilm' privm'pio de umse
qnentiis muntialionnm u. s. w. Sicher beruht diese Trennung, gemäss welcher
(nach der jetzt üblichen Numerirung) mit dem 10. Capitel das zweite Buch begann,
ebensosehr auf arabischer Lilteratur wie die Zorthailung des Buches Soph. Elcnch.;
s. ebend. Anm. 64. In den Drucken des Organons erscheint diese Ahtheilung noch
bis in das 17. Juhrh.
104 XVII. Albertus Magnus.
wirklich that, haben wir auch hier nicht von individuellen Verdiensten
desselben zu berichten, sondern nur einige Punkte bezüglich ihrer Quellen
hervorzuheben. Er knüpft das Buch, von welchem er auch erwähnt,
dass es Andronikus für unächt gehalten habe 443), in hoethianischer Auf
fassung derartig an die Kategorien, dass in letzteren die in Worten
bezeichnete Sache, in ersterem aber die redende Bezeichnung (sermo)
der Sache die Hauptsache sei“‘)‚ und in Bezug auf die nachfolgende
Syllogistik fixirt er den Sprachgebrauch der Worte „enwntiale'o“ und
„propositio“‘“). Es folgen sodann unter Benützung der Araber die
üblichen Controversen über 0042"“), nomen““) und verbum 448), sowie
die Eintheilung der Satzarten 449)‚ und hierauf in grösster Ausführlichkeit
die Erörterung über die sog. Infinitation 450). Bei Besprechung der Ein
heit des Urtheiles nimmt Albert die arabische Unterscheidung auf, wonach
das copulative L'rtheil nur als zusammengesetztes, hingegen das condiu'o
uale und disjunctive als einheitlich verbundene (com'unctione unum) be
trachtet werden soll‘""), und ebenso folgt er arabischen Vorbildern
bezüglich der Qualität‘“) und der Quantität““) der Urtheile, sowie bei
ein paar einzelnen Schul-Controversen45‘). Die Lehre aber von der Ent
gegensetzung und Aequipollenz entwickelt er vollständig nach Boethius “""’),
so dass natürlich auch hier jene wahren inneren Schwierigkeiten des
aristotelischen Buches (s. Abschn. IV, Anm. 203 f. u. 235) ungelöst
bleiben. Endlich bezüglich der modalen Urtheile wiederholt er den
443) Ebend. I; I, l. p. 238 B. Die Quellenstelle des Boethius nebst jener
des Andronikus selbst s. Ahschn. IX, Anm. 45.
444) Ebend. c. 2. p. 240 A: Ext Intim über proedicamenlorum de decem vocibus
prima pn'nct‘pr'a significantibus et secundum rerum proprietales, non vocum (seinen
eigenen Selbstwiderspruch, — s. oben Anm. 430 -—‚ brauchte natürlich Albert
nicht zu bemerken). Hie autcm in sricntia de inlerprclatione est inchoalio a semrone
sive voce et temtinatur in rem. S. Ahschn. XII, Anm. 84 u. 110.
445) Ebend. c. 1. p. 238 A: Proposilio es! emmlialio slans sub forma syllo
gismi. S. Abschn. XI, Anm. 153, u. Ab5ehn. XII, Anm. 111 f. u. 133.
446) Ebend. II, 1 u. 2. p. 242 ll‘. S, vor. Abschn., Anm. 210.
447) Ebend.‘ c. 4. p. 246 f. S. ebd. Anm. 211.
448) Ebeud. III. 1. p. 254 fl‘. S. ebd. Anm. 38.
449) Ebend. II, 2, p. 243 A: Not; deprecaliva nec oplutiva nec coniunctiva nec
infiuiliva cum vero vel [also Slgflifit70Hl‚ sed quando es! i1tdicaliua. Ebend. IV.
1. p. 258 A: Oralt'o per/beta dividitur; non em'm omm's oratio enuntiatio est‚ sed
illa sula. ....in quu indicalive es! signifieatum (der Herausgeber der Werke Albert'l
hat ungeschickter Weise hierin eine Meinungsverschiedenheit zwischen Albert und
Thomas erblickt). S. bei Boetbiu< Abschn. XII, Anm. III.
450) Ebend. c. 5, p. 248 IT. S. vor. Abschn., Anm. 212.
451) Ebend. IV, 2, p. 258 B: Compositn (so. es! enunlt'atio) eine plurcs, in qwl
vel plane de MIO eel antun de plurt'lms vcl plura de plurilms dicuntur‚ .....ut n
dimm „Socmtex et Plato curruut“ u. f. Conttmclione autem unae sunt, in
quibus vonsequenlia‚ qmm: nolal eoniunctio‚ facit unilulem‚ et hoc mm es! m'si in
condilt'onali et disiunctiva. S. ebd. Anm. 215.
452) Ebend.V, l. p. 260 f. S. ebd. Anm. 213.
453) Ebend. p. 261 A u. bes. II; l, 3. p. 272 B. S. ebd. Anm. 214.
454) Ebend. II; 1, 5, p. 276A u. 277 A. S. ebd. Anm. 401.
455) Ebend. I; V. l, p. 260 IT. u. II; I, 1 f.‚ p. 269 IT. S. Abschn. XII. Anm.
113—418. Nur bedient sich Albert der nicht-boethianischen Terminologie „aeqtu
polienliu“.
XVII. Albertus Magnus. ‚ 105
Standpunkt, dass der Modus selbst Prädicat ist‘“), ergänzt aber die
Verhältnisse der Entgegensetzung und Aequipollenz (wahrscheinlich aus
Alfarabi) vollständiger, als Boethius gethan I1atte‘“), wobei auch aus
Averroes die aristotelische Unterscheidung zwischen possibile und can
tingens eingehalten wird 458).
In beiden Analytiken zeigt sich uns Albert als einen höchst red
seligen Exegeten des aristotelischen Textes, bleibt aber dabei ähnlich wie
Averroes der reinen Lehre des Aristoteles im Ganzen getreu. So ninnnt
er betreffs des gegenseitigen Verhältnisses der zwei Analytiken in der
ersten wohl die arabische Unterscheidung zwischen Form und Stoff des
Schliessens auf‘59) und denkt auch mit Avicenna an populäre nicht
formulirte Schlüsse“°), zieht aber bei Erklärung der Syllogistik selbst,
— insbesondere bezüglich der modalen Syllogismen 461) --, die Araber
nur zur Verdeutlichung bei und eignet sich etwa höchstens die Ansicht
an, dass die Prämissen der Stoff und die Figur die Form des Sehlusses
sei‘“), oder dass bei den drei Figuren die sechzehn möglichen (Zombi
nationen der Urtheile zu erwägen seien‘“), oder dass für Auffindung
des Mittelbegrilfes die versinnlichende Darstellung des Averroes zweck
dienlich sei‘"“). Hingegen ist er nicht bloss bezüglich der theophrasti
456) Ebend. II; II, 1, p. 279 A: Si autem quoeritur‚ quid xi! praedicatum in
munh'alione moduli, dicimus cum Boc!hio e! Alfarabio, quod modus es! praedicatum.
S. ebend. Anm. 119.
457) Ebend. c. 4, p. 283 A u. B: Es! au!cm haec disposi!io in figura, u! [um'
lius videulur‚ quer! dic!um est:
Prima Iinea: Secunda Iinea:
Posaibife es! esse. Possibile es! non esse.
Nun possiln'le es! esse. Nun possibfle es! non esse.
Con!ingit esse. Continyi! non esse.
[Von c0n!ingil esse. Non contfngi! non esse.
Ter!ia linea: Ouar!a linca:
Non impossibile es! esse. Nun imposxibile es! nun esse.
lmposst'bile es! esse. lmpossibile es! non esse.
Nun neccsse es! esse. [Von neuessc es! mm esse.
Necesse es! mm esse. Necesse es! esse.
In hau disposilione prima linea sequi!ur !er!iam e! secunda quartam per omue:
modos‚ e! sie eliam correc!us es! error antiquorum c! uera consequentia modu
Iium es! disp0si!a. Die unvollständigen Angabe des Boethius s. ebend. Anm. 122.
Uebrigens s. auch b. Algazeli, Vor. Abschn.‚ Anm. 262. Dass das Ganze nicht aus
der byzantinischen Logik entnommen ist, zeigt die Vergleichung mit obigen Anm.
45 u. 164; anders verfuhr Thomas, s. unten Anm. 541 IT.
458) Ebend. c. 6, p. 286 A. S. vor. Abschn.‚ Anm. 315.
459) Anal. pr. I; I, l, p. 289 f. S. ebd. Anm. 51, 265, 317.
460) Ebend. c. 2, p. 290 B. S. ebd. Anm. 80.
461) Nachdem ihn c. 11 ff. p. 299 ff. schon die Umkehrung der modalen Ur
tbeile sehr beschäftigt hatte, — s. ebd. Anm. 46 u. 218 —, verbreitet er sich III,
1‚—9 u. IV, l— 29y p. 325 » 383 in grösster Ausführlichkeit über die modalen
Schlüsse. S. ebd. Anm. 47.
462) Ebend. II, 2. p. 307 B. S. ebd. Anm. 216.
463) Ebend. c. 6, p. 312 B. S. ebd. Anm. 268.
464) Ebend. VI, 3, p. 401. S. ebd. Anm. 328. Auch hat sich von jener
Stelle des Averroes her durch Albert für die Erörterungen „De inven!ione medii“
die üblich gebliebene Terminologie „Consequentia, Antecedentia, Hepugnantia“ em
gebürgert.
106 - XVII. Albertus Magens.
sehen Modi der ersten Figur, welche bei ihm auch syllogismi conv’ersi
heissen, zurückhaltend, indem er (Algazeli und Averroes hatten sie gänz
lich beseitigt) nur zwei derselben anerkennt“‘), sondern er bekämpft
auch mit Averroes ausdrücklich die Berechtigung einer vierten Figur‘“).
Ja, was die Hauptsache ist, er überbietet sogar den Averroes darin, dass
er die hypothetischen Syllogismen völlig abweist 461) und somit im Gegen
satze gegen die übrigen Araber den Begriff der dxdöemg ganz aristc
telisch behandelt‘“). — Als beachtenswerthe Einzelnheiten habe ich zu
erwähnen, erstens dass Albert in der Syllogistik die übliche Buchstaben
Bezeichnung ebenso wie Boethius rechtfertigt und für dieselbe den Aus
druck „termim' transcendentes“ wählt 469), und zweitens ganz besonders
dass er gelegentlich einmal die byzantinische Lehre von der appeltatio
verwerthet, und zwar merkwürdiger Weise in einer Form, welche nicht
bei Petrus Hispanus, sondern schon bei Wilhelm Shyreswood er
scheint"°). Und es macht uns diese Stelle, sowie die obige des Robert
Capito (Anm. 357) so ziemlich den Eindruck, als wäre damals dit
byzantinische Logik noch ganz unabhängig neben der aristotelisch-arah
scheu einhergegangen, denn später wenigstens gestaltet sich die Sticht
ja ganz anders 471).
Auch in der zweiten Analytik ist Albert’s Verfahren überwiegend
nur exegetisch, doch lässt er sich dabei hier etwas mehr von den
465) Ebend. c. 2, p. 400 A: Ad syllogizandum indirecfe . . .. . warmes m!
syllogismus concludens minorem de maion' ex!remitate (vgl. Abschn. IX, Anm. 100)
Ebend. 11,13, p. 322 A: Es! indirecte concfudcrc in duofms modis, quomm unas MM
maiorcm universalem aflirmativam c! minorem nm'versalem negativem, e! aller habt!
maforem par!icnlarem a/firmativam e! minomn imierrsalem negn!ivant (d. h. 85 Slud
diese unter den fünf theophrastischen Modi, s. Abschn. V, Anm. 46, die zwei letzten.
welche in der byzantim'sch-lateinischen Logik, — s. oben Anm. 52 —, Faplifli
und Frisesomorum, bei den Späteren aber Fesapo und Fresison heisscn)..w
Ouamvis au!em Boethius pona! quinque modos indircc!e concladcntium in prima fig‘tt‘
(Abschn. Xll, Anm. 136), !amen hic nun ponuntur nist' duo qui die“ saut, qaia Ilt‘
formantnr iuxla inittiles coniugafioncs. S. vor. Abschn., Anm. 268 u. 321.
466) Ebend. c. 5, p. 311 B n. 0.13, p. 325 A. S. vor. Abschn., Anm. 321
467) Ebend. III, l, p. 326 A. S. ebd. Anm. 327.
468) Ebend. V, 1, p. 385 A. S. ebd. Anm. 324.
469) Ebend. l, 9, p. 298A: Ouia de syllogismo loquimur simplici, qui [auftm
formaliler syllogismus es! e! in omm' materia habe! pom' e! nullius materiae es! pti*
pries, ideo terminis u!imur transcendcnlfbus m'hil e! omnia significantibus. S. Abscbn
XII, Anm. 133.
470) Ebend. c.10, p. 299A: Ad haec aalem solvenda e! simih'a (d. h. BedenktE
über die Umkehrung der Urtheile) duo praeno!anda saut, so. reyulac appelfnlitnlllF1
e! cansequen!iarum (über letzteren Begriff s. unten Anm. 610 lf.). Regnlae auf“
appellalionum sunt, qnod nomcn „hohle“ supponens verho prae!eriti vc! fuluri W"
poris potes! appellare pro homine, qm' es! es! qui fuif‚ st' verme es! pt'll!lfl1:i
temporal-x, vs! pro homine, qui es! oe! qm' futurus csl, .vi es! verbum futari lfl'
poris. S. bei Wilhelm Shyreswood oben Anm. 64 (bei Petrus Hispanus ob"
Anm. 228 f.). l
471) Indem nemlieh keine Rede davon sein kann, dass bei Albert die byßll‘ ‘
tinische Lehre von den Proprictates lerminomm als solche in die Logik anfgenomm“
geschweige denn etwa (wie bei 0ccam) systematisch mit derselben verflochten Wll'l
werde ich durch solch vereinzelte Stellen in meiner obigen Annahme über Vinmtt
v. Beauvais (Anm. 319—*326) durchaus nicht irre gemacht. An eine Unichlll'“
aber der Stelle des Albert oder jener des Capito zu denken, liegt keinerlei W' l
anlassuug vor. Vgl. auch unten Anm. 544.
XVII. Albertus Magnus. Thomas v. Aquino. 107
Arabern beeinflussen. So finden wir ausser den einleitenden Bemer
kungen‘") die arabischen Anschauungen über das nw8’ wird 4"“’)‚ über
nußdhov und praedicatum primum“‘*), über die dignilates, d. h.
obersten Denkgesetze““)‚ ja auch über demonstrativ polissima"“). In
den Erörterungen über demonstratio quia und demonstratio propter
quitt neigt er sich im Gegensatze gegen Alfarabi näher dem Avicenna zu,
als dem Averroes‘"); hingegen in Unterscheidung einer definitio for
ntalis und definitio materialis, worauf er auch anderwärts zu sprechen
kommt, folgt er wieder, wie schon Robert Capito (Anm. 355) getltan
hatte, dem Alfarahi‘").
Was endlich die Topik und Sophistik betrifft, welche beide er
gleichfalls in ausführlichster Weise commentirte, so weist er der ersteren
im Gegensatze gegen Alfarabi und Avicenna jene Stelle an, welche sie
traditionell im aristotelischen Organen einnahm 479), und sucht auch ge
legentlich eine arabische Ansicht bezüglich des ganzen Gebietes der Dia
lektik zu berichtigen 480).
Durch Albert nun lässt sich Thomas von Aquino (geb.l225 oder
1227, gest. 1274) leiten und bestimmen, und es wäre ein grosser Irr- )
thum, denselben für einen selbstständigen Denker zu halteu“‘). Er ist!
von zwei Auctoritäten zugleich gefesselt, von der christlich-dogmatischen
und von der (durch Albert’s Belesenheit übermittelten) aristotelischen;
472) Die Stelle ist schon im vor. Abschn., Anm. 51 angeführt; vgl. ebend.
Anm. 276 f.
473) Anal. post. I; II, 8—11, p. 535—541. S. ebd. Anm. 56.
474) Ebend. c. 13, p. 543 u. IV, 11, p. 584. S. ebd. Anm. 57, 224, 283.
475) Ebend. l, 4, p. 520 u. III, 4, p. 559. S. ebd..Anm. 60 u. 225. Durch
die Ueberset2ung der betreffenden Stelle des Aristoteles (Abschn. IV, Anm. 147)
blieb hiebei die Terminologie „sahisclum‚ passte, digm'talet“ üblich.
476) Ebend. III, 6, p. 563. S. vor. Abschn. Anm. 62.
477) Ebend. II; I, l, p. 610 ff. S. ebd. Anm. 62, 226, 342.
478) Ebend. I; II, 17, p. 551, u. II; II, 10, p. 630, u. Metaph. VII; I, 12,
p. 259. S. ebd. Anm. 52.
479) Top. I, Prooem. p. 659. S. ebd. Anm. 17 u. 230.
480) Metaph. IV; I, 7, p. 127 B: Dialectict' et sophislae . . . . .. in usu eandem
subtndunt figuram cum prima philosopho . . . . . .. Scd difiert philosophia a dialeclica
quidem modo potcslatt's et virlulis medit', a sophistico vom difierl secnndum
vitae proaerest'n. Ebend. III; III, 6, p. 107 B: Dialeett'ca et prima philosophia saepe
sunt circa eadem et de eisdem Iractanles, sed dialeclica inqnisitt'va est_. . . . . .. neu
opinor vera esse, quae dict't Averroes, quod so. dialeolious et primus philosophus com—
mum'cvnt in probabt'lt‘bus ratiom'bus. S. ebd. Anm. 231 u. 380.
481) Es ist z. B. geradezu Iächerlich, wenn K. Werner (in seinem dreibändigen
Werke „Der heilige Thomas von Aqm'no“. Regensburg 1858 f.) der Logik und Er
kenntnisstlteorie des Thomas 175 Seiten in einer Weise widmet, wie wenn die ganze
aristotelische Logik die „Lehre“ des „heiligen“ Thomas wäre. Für den Geschichts— t,
forscher zeigt sich ja auch Thomas als eine höchst secundüre Natur. Uebrigens‘l
verwerthetWerner bei seiner Darstellung, welche überhaupt manche argen Irrthümer
enthält, fortwährend Stellen aus den sachlich unächten Schriften des Thomas in
ungenirtester Gleichstellung mit den ächten. H. E. Plansmann‚ Die Schule d. h.
Thomas v. Aqu. Erster Hörsaal: D. Philoa. d. h. Th. Erster Theil: Logik. Soest
1858. hat eigentlich mit Thomas durchaus Nichts zu schaffen, sondern entwickelt
jene abenteuerlichst'zusammengestoppelte Logik, welche in den tb0mistischen Vor
lesungen und Priester—Seminarien des vorigen und jetzigen Jahrhunderts in Spanien,
Italien und gewissen Landstrichen Deutschlands üblich war oder ist.
108 XVII. Thomas von Aquino.
und wer sich in religiöser Beziehung volle Unbefangenheit bewahrt oder
errungen hat, wird in der ganzen sogenannten Philosophie des Thomas
Nichts weiter erblicken, als eine unverständige Verquickung zweier we
sentlich disparater Standpunkte; denn nur Sache eines unklaren Ver
standes kann es sein, wenn man (—— wie ich schon wiederholt hervor
gehoben habe v) den aristotelischen Substanz-Begriff neben der christ
lichen Trinitätslehre l‘eslhalten zu können glaubt, oder wenn man die
aristotelische Ethik in christliche Moraltheologie verballhorut‘“).
Was wir über Thomas hier zu berichten haben, kann vor Allem nur
auf Ausscheidung der ächten und der unächten Schritten desselben be
ruhen; und indem in dieser Beziehung nur die sog. Opuscuta in Frage
kommen können, bemerke ich, dass mir in Uebereinstimmung mit älteren
und neueren Untersuchungen 483) unter den zur Logik gehörigen (-— dann
z. B. De unitate inteltectus rontra Arerroem gehört nur zur Psyche
Iogie -—-) kleineren Schriften nur folgende als ächt gelten: vor Allem die
Erstlingsschrift des Thomas De enle et essentia (Opusc. 30), sodann De
principio individuationis (Op. 29), De qualuor oppositis (Op. 37), De
natura verbi intellectus (Op. 14), De propositionibua modalz'bu: (Op.40).
und De fatlaciis (Op. 39). Die übrigen als undcht vorläufig bei Seite
Iassend“‘) muss ich, wie sich von selbst versteht, ausser den Commu
taren zu De interpr., zur zweiten Analytik und zur Metaphysik auch
die einzelnen entscheidenden Stellen aus den bekannten Hauptwerken
(Summa theologiae, Summa contra gentes, Quodtibetea, ad IV Senteat
u. s. f.) heiziehen 455).
Indem Thomas betrcll‘s der Eintheilung des Wissensgebietes Berner
kungen aus Albert wiederholt““)‚ schliesst er sich auch an diejenigen
482) An diesem Urtheile kann mich natürlich auch die geschichtlich liß1'
dauernde Wirkung des Thomismus durchaus nicht beirren, dann dass die an"
Verstandes-Unschuld an einem christlichen Aristotelismus Vergnügen fand, und dm
auch heutzutage noch Viele glauben, auf zwei Sätteln reiten zu können, ist wohl
unleugbare Thatsache; aber der Philosophie muss es unbenommen bleiben, (ließt
süsse Selbsttiluschnng als das zu bezeichnrn, was sie ist, ——- als eine Träumerfl
Eben darum bleibt es auch allen christlichen Theologen vollständig überlassen.
welcherlei Meinung sie ihrerseits über Thomas hegen. Uns berührt diese ebensv
wenig, als die Frage, ob nicht Thomas durch seine Verquickung mit Aristotelinn"-i
etwa auch die theologische Auffassung alterirt habe.
483) Die Berichte der Zeitgenossen des Thomas und sonstige entscheidende
Punkte betreffs der Acchtheit einzelner Schriften finden sich schon bei Und“
Sm'plt. cooles. Vol. III, p. 254-—280. Ausserd«m s. Mantel, Memoire sur S. Thema!
in den Mdmoirea de t'Acad. ruy. de scienres man et polit. de t’inst. de Frunce, tom.ll.
La phito.v. de St. Thomas d'Aquin. Paris 1858. (V0l. l, p. 130 1T.)
484) Nemlich: De demonstratione (Op. 38), De natura accidentis (Op. 41), D‘
natura generis (Op. 42), De pluratitale /onnarum (Op. 45), De natura syttogfi'"
(Op. 47), Summa totius logicae (Op. 48), De sensu resp. singut. et intett. resp.“"“
(Op. 49), De inventionc medii (Op. 50), De intettectu et intelligibiti (Op. 53)» l"
universatibus (Op. 55 und 56). Dieselben werden geeigneten Ortes weiter aal“
besprochen werden. (S. Anm. 548 11'. u. Ahschn. XIX, Anm. 265 IT.)
485) Ich citire nach der Römer Ausgabe v. 1570 [in 17 Bünden). Den Quellfl'
Rückweis für die einzelnen „Aussprüche“ (s. oben Anm. 359) des Thomas füllf'
ich, soweit thunlich, nur auf Albert zurück, woselbst ja dann der weitergehtfld‘
Rückweis auf Arabisches zu finden ist.
486) Ad Boeth. de trintt. (Vol. XVII, 2) f. 134. S. oben Anm. 360 11'.
Paris 1847, p. 525 11‘. und insbesondere das vortrellliche Werk von Chart. Jormiw
XVII. Thomas von Aquino. 109
Stellen seines Meisters an, in welchen derselbe die Logik als blosses
Werkzeug und als Nicht-Theil der Philosophie bezeichnete“"). Indem
die Logik nur formale Principien betrachte 4“), enthalte sie das „in
zweiter Linie Gedachte“ (secundo intellecta) und biete den modus pro
cedendi für die übrigen Wissenschaften dar“*‘), daher sie auch als
Einleitung vorauszusehicken sei“°). Auch die Eintheilnng der Logik
(nach arabischer Weise mit Einschluss der Rhetorik und Poetik) ist nur
aus Albert, welcher hiezu auch den Standpunkt des Boethius heigezogen
hatte, entlehnt“‘).
Was die Universalien betriflt, konnte Thomas ja alles Beliebige
(wie wir sahen) aus Albert sich heraussuchen, und so sehen wir ihn
denn auch jenen nemlichen widerspruchsvollen Weg wandeln, auf
welchem sein Lehrer schliesslich beim theologischen Realismus anlangte.
487) Ebend. f. 128 r. A: lies au!em, de quilms es! logira, non quaeranlar ad
cognouendum propter .re ipsas‚ sed a! adminicalum quoddam ad alias scien!ias; c!
ideo logica non eontinrtur sub philosophia speculaliva quasi principalis pars, sed
quasi qaoddam reductam ad vom, pron! minislrat specalationi saa instrumenta. und:
.....non tam es! scit'ntia, quam scimliae instrumenlnm. S. oben Anm. 363 u. 365.
488) De pot. dei, qu. 6, an.1 (Vol. VIII) f. 59 v.A: Logicus e! mathematicas
consideran! tanlum res serundam primipia formalia.
489) Ad Boe!h. de trin. f. 132 v. A: Opnrle! in addi:rendo a Iogica incipere,
nun qaia xi! facilior srientiis reteris, habe! enim maximam difficullatem‚ cum sit de
secundo intellectir. sed quia aliae scien!iae ab ipso deprndent, inquantam ipso docet
rundum proredendi in omnibus scientiis. S. besonders den Begriff „seeunda in!en!io“
oh. Anm. 363, sowie noch weitere Stellen des Thomas unten Anm. 506.
490) Mctaph. I, 1 (VOI. IV) I. 3 v. A: Plans artes sun! repcrlae quaalum ad
utililatem. qaamm quaedam um! ad vitae necessitatem‚ sieu! mechanicae‚ quaedam
vero ad introdactionem in aliis scien!iis, sinnt scien!iae Iogt'cales u. s. I. S. oben
Anm. 368.
491) Anal. post. l, 1, (Vol. I) f. 16 v. A: Ar: qaaedam necessaria esl, quae
‚i! direativa ipsius actus ralianis‚ et Isaac es! am logiea, i. e. rationalis soien!ia‚
e! ideo mda!ar esse an artium .... .. Una avlio intelleetus es! inlelligen!ia in—
divisibiliurn, . c! haec operatia a quibusdam (d. b. Algazeli und Pseudo-Averroes,
s. vor. Abschn.. Anm. 236 u. 346) dicitur informelle intellectas sive imaginalio per
intellectum; et ad kam: operationem ordinatur über Pracdicamentoram. Smmda
rero operatio intellertus es! romp0.silio eel dirisio.....in libro Perihermenias. Terlius
uero ac!us rationis es!‚ u! per id, quod es! notam, devenia! in coynilionem
igno!i . . . . .. Es! enim aliqais rationis processus neuessita!ern inducens; alias.
in quo u! in pluribus veram concluditar‚ nec tarnen necessitatem habens; tertius aero,
in qua ratio a vero deficit l’ars aulcm Iogicar, qaae prima damit processui,
indicativa dici!ur (über iudicium und inventio s. oben Anm. 368) Cer!iludo
aalen! indirii es! rot m: ipso forma xyllogismi tantam, e! ad hat: ordinatur über
Priorum Analylicorum, .. ve! e!iam es: materia, . . . . .. e! ad hoc ordinatur über
I’osleriornm Analyticorum Secnndo aalem rationis processui desertn'! alia pars
Iogivae, quae dicitar inaentiva .... .. c! ad hoc ordinatnr Topica eine Dialectica,
. . . . .. Rhetorica, Poe!ica (s. oben Anm. 364 u. 370) Omnia entern hart:
ad rationalen: philosophiam per!inent . . . . .. Tcr!io entern provessai rationis deserrit
pars logicae‚ quae dicilur sophistica..... in Iibro Elenchoram‚ Periherrn. l, l, (Vol. l)
f. I r. A: Duplex es! operalio in!cllcctus. Una quidem, qaae diritur indivisibilium
intelligcnlia.....; alia es! operatio in!cllec!us comp(mcnlis et dividenlis. Additur
entern e! tertia operativ, so. ratiocinandi, secandum quod ratio procedi! a no!is ad
inqaisitionem ignotorum . . . . .. Cum antun logica dicatar rationalis scit=ntia, neccsse
est‚ quorl eins consideratw verse!ur circa ca, qaae pcrtinen! ad !res praedictas opera
tiones intellectus u. s. w., d. h. er begründet hiedurch die Reihenfolge des Or
gnnons: Caieg.‚ De interpr., Anal. pr. S. oben Anm. 370—373.
110 XVII. Thomas von Aquino.
Die bereits traditionell gewordene Unterscheidung, d. h. ante rem, in
re, post rem 492)‚ bekommt auch hier vorläufig die Färbung des sog.
aristotelischen Empirismus, indem von der Sinneswahrnehmung des Ein
zelnen aus der Denkact hinterdnin (posterius) durch Abstraction das
gleichmässige Verhalten (habituda) des einheitlich Gleichen erlasse und so
zur intentio universalitatis (s. ob. Anm. 363) gelange, während in den
Dingen selbst das Universale als das prius vorliege, welches im Eul
stehungsprocesse sich verwirklichen“). Und so spricht Thomas wieder.
holt von einem colligere 494), idem ea: pluribus decipere 495), voll
communitas und selbst von indifferens ‘96), und er betont ausdrücklich,
dass das commune als solches nur im Denkacte liegen"), während dle
Natur, welcher dieser Abstractionsprocess „widerfährt“ (accidit), nur in
492) Sentent. ll, Dist. lll, qu. 2, art. 2 (Vol. Vl, 2) f. 15 r. A: Es! lriplu
universale: quaddam, quod est in re seu natura ipsa, qua es! in particulwa,
quamvis in eis non sit secundum rationem universalitatis in actug est etiam quoddßll
universale, quod est a re acceptum per abstractioncm, et hoc posterius est re; ....tsl
etiam quoddam universale ante rem, quod es! prius re ipsa. sicut forma domus "I
mente aedificatoris. De po!. dei, qu. 5, art. 9, l‘. 55 v. A: Universale tripticiter con
siderari polest, el secundum quemlibet modum considerationis .. . . . universale est semper
Uno modo . . . . secundum quod abstrahit a quolibet esse . . . . .. Alia modo .. .. secun
dum esse, quad habet in singularibus . . .. Tem'o modo . . . . secundum esse, quod habet
in intellectu S. oh. Anm. 379 f.
493) S. tlteot. I, qu. 85, art. 3 (Vol. X) f. 285 v. A: Quia sensus est singu
larium, intellectus autem unioersaliurnl necesse est, quod cognitio singularium quoad
nos prior sit quam universalium cognitio f. 286 r. B: Universale dupliriltt
potest considerariz uno modo secundum quod natura universalis consideratur sme
cum intentione universalitatisg et cum intenlio universalitatisq ut scilicet unum et tum
liabeat habitudincm ad multa, proveniat ez abstractione intellectum oportet quod SI"
cundum hunc modum universale sit posterius (das Gegentbeil hievon s. unten Allm
511)..... Alio modo potest considerari quantum ad ipsam naturamv prout invenitur
in parlieularibus; et sic dicendum est, quod duplex est ordo naturae; unus sei:de
viam generationis et temporiss .. alius est ordo perfectionis sive intentionis naturam
sicut actus simpliciter es! prius. Ebend. It, 1, qu. 29, art. 6 (Vol. XI, 1) f. 66 \‘.A:
De universali dupliciter contingit loquis uno modo secundum quod subest intention
universalilalis; alio autem modo dicitur de natura, eui talis intentio attribuitur...i.
Si accipiatur primo modo, . . . . .. universale fit per abstractionem a materia indiv
duali. Das Original bievon können wir uns aus obigen Slellen Albert's, Aum.379‚
388, 393, zusammenholen.
494) S. c. gent. I, 3, (Vol. lX) [.3 LA: Ea, quae m sensum non audunl, IM
possunt humano intellectu eapi, nisi quatenus ex sensibus earum cognitio colligilvtv
ob. Anm. 387 u. 393.
495) Anal. post. I, 42, l. 51 r. A: Universale non cognoscitur sensuv sed et
pluribus singularibus visis, in quibus multotics eonsidcratis invenitur idem accide
accipimus universalem cognitionem S. ebend.
496) De cnte et ess. 3, (Vol. IV, 2) f. 11 r. A: Non oportetv ut disci-samo
specieruml quarum est idem genus, sit una essen!ia‚ quia unilas generis er ipSi
indelerminatione vel indifferentia (oh. Anm. 383) procedit . .. . . Genus dicitur unum
per communitatem formae signalae,‘ unde pale!‚ quod per additionem differentia vt
mota illa indelerminationig quae erat causa unitatis generis. remanent species dii-mii
per essential». _
497) S. c. gent. l, 26, l. 31 v. B: Ouod es! commune multis (ob. Anm. seo M
non es! aliquid praeter multa nisi sola rationey sicut animal non est aliud pm!"
Socratem et Platonem et alia animalia nisi in!elleclu‚ qui apprehendit formam M"
malis exspolialant ab omnibus individuantibus et specificaulibus. Ob. Anm. m lv
382 l. u. 391.
XVll. Thomas von Aquino. 111
den Einzeln-Individuen existire 498). Wenn daher folgerichtig die Einzeln
Dinge erst durch diese abstrahirende und sammelnde Denklhätigkeit wirk
lich Gegenstände des „Erkennens“ werden oder sogar an sich dem
Erkennen unzugänglich sind 499), so kann völlig im Sinne des Aristo
teles gesagt werden, dass die Sinneswahrnehmung der Boden und
der Ursprung des Erkennens sei, aber eben der Denkact vermöge
einer reflezio‚ durch welche er auch sich selbst ergreifen kann, sich
durch die sinniälligen Dinge auf das ihnen zu Grunde liegende Allge
meine zurückbeuge und so das Hinderniss der Materialität überwin
dend zur Quiddität des Einzelnen vordringe 5°“). indem Thomas auf
diese Weise einerseits die intentio universalitatis und andrerseits die
derselben unterworfene Objectivität unterscheidet, welch letztere wieder
einerseits in den Einzeln-Dingen materialisirt und andrerseits im Denken
universalisirt sei, kann er und muss er diese Auflassung zu einer
Polemik gegen Plato formuliren 50'), welche er ausdrücklich an mehreren
498) S. theol. l, qu. 85, art. 2, f. 285118: Cum dicilur universale abstractum,
duo intelliguntur, so. ipso natura rei e! abstractio seu universalilas. Ipsa igilur
natura, rui accidit (ob. Anm. 392) v2! intelligi vc! abstraln' ve! intenlio universal!
!a!is, non es! m'n' in singularibus; m! hoc ipsum, quod es! intelligi vel abstrahi vel
intenlio universalitatis, es! in intellec!u. Anm. 391.
499) Ebend. qu. 86, art. 1, f. 290 r. A: Principium singularitalis in rebus ma—
!erialibus es! maleria individualis; in!clleclus autem nos!er . intelligi! abstrahendo
speciem intelligibilem ab hniuamadi maleria; quod uulem a ma!eria individuali abs
trahitur, es! universale. Umle intellectus noster direrte nun es! cognoscitivus nisi
universalium; indirecle au!em et quasi per quandam reflezionem potes! coynoscere
singulare. Ebenso De verit. qu. 2, art. G, f. 303 r. A. Weit schärfer aber und
völlig übertrieben erscheint diese Auflassung S. !heal. l, qu. 14, art. 11, f. 63 v. B:
lntellectus nos!er :peciem in!elligibilem abstrahi! a principiis imlividuanlibus; undc
species intelligz'bilis uos!ri in!elleclus nun potes! esse simi!itudo principiorum indivi—
dualium, e! propler hoc intelleclus nosler sinyulan'a non eog'noscit (es ist diess eben
der Gegensatz gegen Gottes Erkennen, s. unten Anm. 5171.).
500) De princ. individ. (Vol.liVll, 1) f. 206 v. A: In cogm'tiane humane [unda
men!um e! origo es! senxus . . . . .. secundum pltilosophum in libro Periherrnenias (s.
Abschn. IV, Anm. 108) lmpossibile es! intellectum fem‘ super illa ancidenlia
nisi . ‚ . . .. per rundum cuiuedam reflexionis. Reflexio aalen: es! duplex . . . . .. I'otcsl
igitur uel redire in se per aclum e! potentiam suam vel redtre per obieclum in ipsam
originem obiec!i‚ sc. per phantusmata in species sensibilium...... Cum em'm in ipso
suo obiecto figitur acies, rationem universalis apprehendil‚ quod so!um in istis in—
fert'oribus ab intelleclu determinatur u! proprium obiectum, cum omnia singulan'a apud
110: materialia sint; materia em'rn impedi! intellectum, singulare vero nun . . ‚ . ..
(f. 207 r. A) Idee quiddilas rei malerialis in ipsa sua parliculart'!atn es! obiectum
ratiom's parlicularis, cuius es! eonferre de intentionibus particularibus. Ob. Anm.
391, 393 u. 382.
501) De anima II, 12 (Vol. III) f. 26 r. B: Universale potes! aceipi dupliciler‚
Uno modo potent dici universale ipso na!ura communis‚ pro-u! suln'ace! inten!ioni um'
versa!ilatis (s. oben Anm. 489 und unten Anm. 506). Alio modo aecundum se, staut
e! album potest accipi dupticiter....‚... Ista au!em natura, cui advem'! in!enttu
universatitalis‚ habet duplex esse, unum quidcm materiale, secundum quod es!
in maleria naturali, atiud autem immateriale‚ secundum quod es! in intelleclu. (Die
eklektisch benutzte Quelle dieser Dreigliederung s. oben Anm. 379 11.383.) Serundum
igilur quer! habe! esse in materia naturali‚ mm po!est ei advenire inten!io universal!
tah‘s, quia per materiam individuatur. Advenit igilur ei universati!atis in!cntio‚
secundum quod abstrahi!ur a materia individuati. Non est au!em possibila, quod
abstrahatur a maleria individuali realiter, sicu! Platonici posuerunl; nun em'm est
ne XVII. Thomas von Aquino.
K...
Stellen übt 502), um ganz entschieden sich zum Aristotelismus zu be
kennen 503). Ja Thomas spricht wie ein aristotelischer Nominalist, indem
er der platonischen ldeenlehre den begritl‘lichen Gehalt der Worte gegen
überstellti’o‘), in welchen der vollständige Ausdruck des lntelligiblen als
ein vom Menschen erzeugter liege 505).
Aber schnell wendet sich das Blatt (wie bei Albert). und Thomas
ist trotz all dieser peripatetischen Plagiate, deren Tragweite er natürlich
gar nicht versteht, Nichts weniger als ein Aristoteliker. Denn während
sein ganzer scheinbarer Aristotelismus sich in den arabischen Begrifl‘ der
intentio secunda concentrirt 5°“), so tritt bei ihm ja nun dieser secun
homo naturalt's, i. e. realis, nisi in his carnibus..... llelinquitur igitar, quod naturi
humana non habet esse praeter principia individuantia nisi tantum in intellects
Ebend. l, l, l'.2r.A: De animali universali possumus loqui dupliciterg aut secundum
quod est universale quod scilicet est unum in multis aut de mum's, aut scandal
quod est animal ‚- et hoc vel secundum quod est in rerum natura vel secundum quod
est in intellectu.
502) De ente et ess. 4, l'. 12 r. A: Non potest diri, quod ratio germ-is, xpeeiei,
di/Terenttae conueniat esse, secundum quod est quaedam res existens extra singularis
ut Platonici ponehant; non enim potest dict, quad Socrates sit hor, quod ut
eo separatum est. Ausserdem Anal. past. I, 1, l'. 17 r. A u. 41. l. 49 v, A, u. ins
besondere De anima l, 5, l. 17 r. A. woselbst er die Worte Alberts (ob. Anm. 394
wiederholt; vgl. auch Anm. 377.
503) S. theoL l, qn. 6, arl. 4‚ l'. 23 r.B: Haec opinio (ac. Platonis) irrationa
bilis videtur quantum ad hoc, quod ponebat species rerum naturalium separatas rr
se subsistentes. ut Aristoteles multipliciter improbat. Hiezu De substanL separ. s. a
angelis. c, 2, (Vol. XVII, l) l. 86 v. B: Non necessi- est, ut ea, quae intellectu
separatim intelligit, separatim esse habeant in rerum natura. Unde nec universalis
oportet separata ponere et subsistentia praeter singalaria, neqac etiam mathematica
praeter sensibitia, quia universalia sunt essentiae ipsorum particularium et mothe
matica sunt terminationes quaedam sensibilium corporum. Et idea Aristoteles mm
[esttori et certiori uia processit ad investigandum substantias a materia separatal.
sc. per viam motus. S. ob. Anm. 388.
504) Periherm. l, 2, (Vol. l.) f. l v. B: Significat hoc nomen „homo“ natura”.
humanam in abstractione a singularibug unde non potest esse, quod signi/icet horm
nem immediate singularem utPlatonici posueruntl quod signi/icet ipsam ideam horum-i
separatam; sed quia hoc secundum suam abstraclionem non subsistit realiter secunda'.
sententiam Aristotelis. sed est in solo intellectu. ideo necesse fail, Aristotclrm dicere
quod voces significant intellectus conceptiones immediate et eis mediantibus res. Leu
teres deutlicher cbend. 10, l'. 7 v. B: nomina non significant res nisi mediam
intellectu.
505) Allerdings stehen die eben angeführten Worte im Commentare zu jener
aristotelischen Schril‘t‚ welche, wie wir sahen, schon langst vor den Arabern den
Anhaltspunkt filr nominalistische Auffassungen dargeboten hatte („universale est. quod
aptum natam est praedicari de pturitms“, s. z. B. bei Srotns Erigena, Abalard mil
und so kann auch ebend. 10, f. S r. B_ gesagt werden: Universale secundum quod
ut in singularibur, cadit in apprehensionem hominum Aber Thomas aussert sich
eben auch anderwärts in einer solch nominnlielischen Betonung des Wortes, nem
lich: De natura verbi intellectus (Vol. XVII, I) l'. 85 r. A: Sirut in principio action!
intellectus et species non sunt duo, sed unum est ipse intellectus et species illustrate.
ita unum in fine relinquitar, similitudo scilicet perfecta genita et expressa ab is
tellectu. et hoc totum ezpressum est verbum et est totum rei dietae expressiven a
tolum, in qua rcs expnmitur, et hoc intellectum principals, quia res non intelligitur
nisi in eo; est enim tanquam speculum, in quo res ecmr'tur, sed non exccdens id
quod in ea cernitur.
506) Metaph. IV, 4‚ l. 43 v. A: Ens rationis dicitur proprie de illis intention
Dur, quas ratio adinvenit in rebus consitleratis1 sicut intentio generi-st speciei e!
XVll. Thomas von Aquino. 113
dären Geltung als das Primäre etwas „ansserlialb der Seele“ Seiendes l
gegenüber 507), und zwar denkt er hiebei zunächst an den aristotelischenl
Form-Begrill', welcher objectiv in den Dingen als Seins-Princip wirke 50“);
aber während er diess in dem antiplatonischen Sinne nimmt, dass nicht
etwa die allgemeinen Begrill'e als ldeen eine getrennte Existenz haben, \
versteht er es christlich-theologisch von den schöpferischen Formen in
Gott 50”). Denn sowie schon das Gleichniss vom Gesichts-Sinne zu einer
solchen Annahme einer species intelligibilis führt510), so werden nun die
Universalien, welche wir so eben (Anm. 493) als das posterius sahen,
hinwiederum im Einblicke auf die formgebende Kunst Gottes als das prius
im begreilenden Erkennen bezeichneti’“). Und da nun der intellectus
aeternas der eigentliche Wohnsitz der Universalien istija und dieselben
‚yu“
f
similiuml quae quidem non inveniuntur in rerum natural sed eonsiderationem rationis
consequuntuu et huiusmodi ens rationis est proprie subiectum logicae. So auch
„inIenlio praedicuzbilitatisu De ente et an. 4, f. 17 r. B und ehend. 6, f. 30 r. B.
Anal. posl. l, 21, l. 31 r. A. Hiezu obige Anm. 489 n. 501. Die Quelle bei Albert
s. Anm. sea Wer die arabische Herkunft dieses Begriffes „intentia“ nicht kennt,
muss denselben missverstehen (so z. B. Aloys Schmid, Die thomistische u. scoti
stische Gewissheitslehre. Dillingen 1859. S. 19).
507) De pot. dei, qu. 7, art. 9, l. 74 v. A: Prima intellecta sunt res extra
animam, in quae primo intellectus intelligendo fertur. Secundo autem intellectu
dicuntur intentiones eonsequentes modum intelligendil sicut intentio generis et
speciei et secundarum substantiarum . . . . . . ln nullo autem proedicamento ponitur
aliquid nisi res extra animam existens-y nam ens rationis dividitur contra ens divisum
per decem praedicantenta. (S. die aristotelische Stelle Abschu. lV, Anm. 302.)
508) S. lheol. l, qu. 85, art. 3, l. ess v. A: Universale secundum quod arcipitur
cum intentione universalitatisl est quidem quodammodo principium cognnsumdi, prout
intentio universalitatis consequitur modum intelligendi, qui est per abstractionem.
Nun autem est necessel quod sit principium essendi. ut Plato existimavit . . . . ..
Si autem consideramus ipsum naturam generis et specieil prout est in singularibusl
sic quodammodo habet rationem principii formalis respectu singulariumg nam singu
lare est propter materiaml ratio autem speciei sumitur ex forma. Sed natura generis
comparatur ad naturam speciei magis per modum materialis principi-ij quia natura
generis sumitur ab eo, quod est mateiiole in re, speciei vero ab ca, quod est fonnale.
S. ob. Anm. 391 u. vgl. unten Anm. 526.
509) Metaph. XI, 2, f. 139 r. A: Nihil est in rerum natura praeter singularia
ezistensl sed tantum in considerotione intellectus abstrahentis communio a propriis l
(B) Es! aliqua substantia separata a sensibilibusl non quidem species rerum sensi
biliuml ut Platonici posueruntj sed primi motoris. /
510) Da unit. intelL (Vol. XVll, 1) l‘. 104 r. A: Natura prout est in singulari
busl est intellectu in potentiuy sed fit intellectu in actu per hoc, quod species a rebus
sensibilibus mediantibus sensibus usque ad phantasiom perveniunt et per virtutem
intellectus agentis species intelligibiles alistrahnntun quae sunt in intellectu possibilig
hoc autem speries non se habent ad intellectum possibilem ut intellecta. sed sicut
speciem quibus intellectus intelligiL sicut etiam speciess quae sunt in nisui non sunt
ipsa visa, sed ca, quibus visus videl. S. ob. Anm. 396 u. ego
511) De VeriMle, qu. 8, art. 9 (Vol.Vlll) l'. 334 v. A: Universale secundum quod
est in eomprehensione noslra, qua comprehendimus res neutrales, est a rebus natura
llubus acceplum. Sed universale in nostra comprehensione existens respectu artifi
cmlium non est posteriusl sed priusy quia per formas artis universales apud nos
existentes arti/iciala producimus et similiter per rationes aeternas deus producit crea
turas. S. ob. Anm. 395.
512) S. theol. l, qu. 16, nrt. 7, l. 75 r. A: Universale dicitur esse ubique et ‚
"min", inquantum universalia abstrahuntur ab hic et nuncg sed ex hoc non sequitur.
ea esse aeternaa nisi in intellectuy si quis est aeternus. .
Puma, Gesch. llI. s
114 XVII. Thomas von Aquino.
im Geiste Gottes als Musterbilder und als Principien des Erkennens vor
Iiegenbls), so handle es sich nur um eine Modificalion der platonischen
Ansicht, denn eigentlich habe Plato auf das Nemliche hingestrebt, was
Aristoteles ausgesprochen, und nur die Art und Weise der lmmateriali
tat, welche den ldeen zukommen soll, sei falsch 5“). Dass sonacb'l‘homas
auch nicht Platoniker sei, durften wir allerdings nach dem Vorgangs
seines Lehrers .(Anm. 377) erwarten, aber indem wir die Einsicht ge
winnen, dass er den Aristotelismus und den Platonismus durch die llystii
des Buches De causis (vgl. Anm. 25), aus welchem er die Begrifl'e w.
unum, verum, bonum zu einer theologischen Wendung benützti’“), cor
rumpirt habe, entdecken wir auch bei ihm in der Universalienfrage als
den innersten Kern das nicht-logische Motiv der mystischen Causaliül
Gottes 516), woran sich nur in Folge des üblichen Auctoritats-Schwindels
ein unverdanter Aristotelismus als äusserliche Schale anschloss.
Aber eben jene höchste göttliche lnstanz ist es, an welche sich bei
Thomas ein anderweitiges Moment knüpft, welches zwar überwiegend der
Ontologie angehört, jedoch hier nicht völlig übergangen werden dari.
insoferne es in den Universalien-Streit hinüberspielt und einige Zeit bis
durch sogar den Haupt-Gegenstand der Controversen bildete, so dass dic
513) Ebend. qu. 15, art. 1, f. 69 v. A: Neressc est ponere in mente dm“
ideas . . . . .. I’er ideas intelliguntur formae aliarum rerum praeter ipsas res erislentu
Forma aulem alicuius rei praeter ipsam existens ad duo esse potest rel utut
exemplar eius, cuius dicitur formay vel ut sit prinripinm cognitionis ipsius, secunda
quod formae cognoscibilium dicuntur esse in cognoscente (B) Neuss: est, qui
in mente divina sit forma, ad similitudinem cuius mundus est factus, et in hoc 60"
sistit ratio ideae. Ebend. qu. 44, art. 3, f. 156 v. A. Ebenso De veriL qu.3.lY1-l
f. 310 v. A. S. ob. Anm. 397.
514) SenlenL l, Dist. XXXVI, qu. 2, art. 1, t. 112 v. B: Plato et alii ‚zum!
philosophi quasi ab ipsa veritate coacti tendebant in illndl quod postmodum Amn
teles expressit, et ideo Plalo ponens ideas ad hoc tendebat1 secundum quodb‘
Aristoteles posuit, so. eas esse in intellectu divino; unde hoc improbare philosophi
non miendil, sed secundum modum, quo Plato pasuit, formas naturale: per se m
stentes sine materia esse. S. c. genl. III, 24, f. 25911 B: Dici! boethius in htm
de Trim'tale (s. bei Gilberl Porretanus, Abscbn. XIV, Anm. 463 HI), quod formae
quae sunt in materia, venerunt a formis, quae sunt sine materia. Et quantum si
hoc verificatur dictum Platom‘s, quod formae separalae sint principia formarum, q!“
sunt in materia, licet posuerit cas per se subsistentes et causantes immediate foi-mh
sensibilium. Nos vero ponimus eas in intellectu existentes et causantes formas fl'
feriores per motum coeti.
515) Ou. de verit. l, l (Vol. VIII, I) f. 289 r. B: Ouaecunque se habent II
prius et posterius, oportet esse diverse, sed verum ct ens sunt Imiusmodi, quintil
dicitur in libro de Causis, prima rerum creatarum est esse, et . . . . .. omnia alo
dicuntur per infomationem de ente et sic sunt ente posteriora..... Ea, quae dicwl‘f
communiter de causa et rausatis, magis sunt unum in causa, quam in causatia f"
praecipue in dea, quam in creaturisg sed in deo ista quatuor „ans, mmm, um"
bonum“ sic approprianlur, quod me ad essentiam pertineaL unum ad personam puto-t
verum ad personam fitti, bonum ad personam spiritus sanch'; personae autem dirw.‘1
non solum rationey sed re dislinguunlun unde ad invicem non prardicanturi "9*
multo fortius in creaturis debent ampliusl quam faldone, differre Vgl. Abschnle
Anm. 273.
516) S. c. genL III, 25, f. 262 LA: intellectus autem humanas cognomi m
universale, desiderat igitur natur-aliter cognoscere causam eins, uae solum deus ut
De ente et ess. 5. f. 17 v. B: lntelligentia (d. h. causae primae est habens forwm
et esse, et accipitur ibi forma pro ipsa quidditate vel essentia simplici
XVII. Thomas von Aquino. 115
übrigen rein logischen Fragen in den Hintergrund traten. Was nemlich
das princz'pz'um individuationis betrillt‚ welches wir auf arabischer Grund
lage schon bei Albert trafen (Anm. 388), so erstreckt sich ja nach Thomas
die Cansalität Gottes natürlich auch auf die Materie und hiemit für das
Erkennen auch auf die als Indiiridueu auftretenden Objecte5‘7); denn
zwischen Gottes Erkennen und dem menschlichen Erkennen sei eben der
Unterschied, dass letzteres den Befund der Materie und hiemit der In
dividualisirung bereits vorfindet, aus welcher es nur die allgemeinen
Formen nachschatl‘end erzeugt, während ersteres die Form und den Stoff
schaIl’t”“). Die Individuation selbst aber verlegt Thomas ebenso wie
Albert (ob. Anm. 388) nach arabischem Vorbilde in den Begriff der
discreten Grösse, d. h. was er als materia signata bezeichnet, ist die -
durch Raum-Dimensionen bestimmt abgegränzte Materie, welche den Art
begrill‘ in der nemlichen Weise zu Individuen umgestaltet, in welcher der
artmachende Unterschied den Gattungs-Begriil‘ zu Arten macht°“’). D. h.
die individuelle Substanz (die aristotelische substan!ia prima) werde
allerdings als solche durch jenes quantitative Moment der Raum-Dimension
nicht „verursacht“, wohl aber von demselben stets „begleitet“, so dass
das in die Sinne fallende Individuum durch seine örtliche und zeitliche
Determination (hie et mme) jene Mitlheilbarkeit‚ welche den allgemeineren
Substanzen eigen ist (Anm. 496 III), einbüsst und als incommunicabile
bezeichnet werden muss 520).
517) Sentenl. II, Bist. III‚ qu. 2‚ art. 3, f. 15 v. B: Deus es! causa rez' non
so!um quan!um ad formum, sed eliam quanlum ad maleriam‚ quae es! prineipium
individualionis,‘ unde idea in men!e divina es! simililudu rei quanlum ad ulrumque,
sc. maleriam e! formam,‘ e! ideo per cum cognoseunlur res nun !an!um in universali‚
sed eliam in parlicu!ari. Ueber das principe'um individualionis überhaupt s. auch
Mon!et a. a. O. (ob. Anm. 483) p. 591fl'.
518) Ouodl. VIII, 2 (Vol. VIII, 2) l‘. 52 v.B: Cum in men!e divina sin! omm'um
crea!urarum formae exemplares, quae ideae dicun!ur, sie"! in men!e ar!ificis‚ hoc
tarnen in!eres! in!er formax exemplares, quae ‚an! in men!e dirina e! in men!e arli- l
ficis creali, quod crealus ar!i/'ex agi! ex praesupposila ma!eria; ende formae exem
plares, quae ran! in eius menle‚ mm saut fac!ivae materiae, quae es! individuahom's 1
prinzipium, sed solius formae. De quat. oppos. (Vol. XVII, l), f. 219 r. A. Jene
Beschränkung des menschlichen Erkennens s. ob. Anm. 499.
519) De ente e! ess. 2, I. 7 v. A: Malaria uon quomodolibe! accepta es! prin
cipium individuahonis, sed solurn materia eignete; e! dico materiam signutam, quae
Sub cea'lis dimensionibus coflsidera!ur (s. vor. Abschn.‚ Anm. 184); Imee au!em ma
!eria . . . . . . ponerc!ur in di/linitionr Sorralis, si Socrates dif/inilirmem Iiabrrcl; in
diffini!ione aulem Imminis poni!ur maleria non signa!a. Ebend. 3. I. 9 r. B: De
siynatio individui respeclu speeiei es! per muleriam de!enninalam dimensionibus;
designalio au!em epeciei resper!u generis es! per difl'erentiam eonsli!ulivam, quae ex 1
forma rei eequi!ur (s. ebend. Anm. 146).
“'520) S. c. gen!. II, 49, I. 146 v. A; I‘rincipium dirersi!atis !ndieiduorum eiusdem
apeciei es! divisio materiae seeundum quantitalem‚ . . . . . . sine quu substan!ia es! in
dieisibilis. Vgl. S. !heol. I, qu. 3, art. 2, f. 13 r. A. Insbesondere aber De prirwip.
individ. I'. 207 r. A: [peu forma materialis dirersificalur secundum mu!!a esse in—
rommunicabilia, mauern una seeundum ra!!onem mullis communicatam . . . . .. quod
reddilur ineommunicabilis per reeeplionem suam in maleria . . . . . .. (B) Ouan!i!as de
!ermi1m!a dicilur principt'um individualionis‚ nun quod aliquo modo euuset subieclum‚
suum, quod es! prima subs!anlia, sed concomilalur eam insepambiliter e! determinat'
eam ad hie e! nunc. ”lud ergo, quod cad!! sub ra!ione parlieulari, es! hoc a!iquid
per naluram materiae; quod au!em eadi! sub sensu e:clcriori‚ es! per quantitalem.
8*
116 XVll. Thomas von Aquino.
Auf solcher Grundlage bespricht dann Thomas (hauptsächlich in der
Schrift De eute e! essentia) in völligem Anschlusse an Avicenna die Be
grille „essentia“ und „existentia“, sowie die einzelnen Universalien selbst.
Nur Wiederholungen ja des arabischen Vorbildes lesen wir bei ihm über
den definitorischen Gehalt des Wesensbegrill‘es, welcher die Einheit der
Form (s. bei Albert ob. Anm. 385) in sich enthält 52l), über die Quid
dität der einfachen Substanzen 522), über Steif und Form der zusammen
gesetzten Substanzen 523), über Unabhängigkeit der Essenz von der
Existenz“‘)‚ über Singularität und Universalität 525), über das Verhältnis
des Gattungsbegrill'es zum Artbegrifl‘e 526), über den quidditativen (Ihr
rakter des letzteren 527)‚ über das Verhältniss des Gattungs-Begrill'es zur
Differenz 528), über die Wortform des Differenz-Begriffes“”), und endlich
auch über das Accidens 530).
Aus dem Umkreise der Kategorien besitzen wir von Thomas dir
Monographie De qua!uor oppositis 53‘)‚ in welcher er zur Erklärung
auch die übrigen aristotelischen Stellen aus der Metaphysik, der Physil
und De seusu beizieht, so dass er (wie Aviceuna) an der ficht aristule
lischen Auffassung des Entblösstseim festhalten kann 532)‚ während er
andrerseits auch Veranlassung nimmt, seine christliche Creatious-TheoriP
zu entwickeln 533).
\ Den Unterschied zwischen den Kategorien und dem Urtheile findet
521) De en!e e! ess. l, f. 3 v. A: Ens per se dici!ur dupliciter: uno modo, qM
dividi!ur per decem gencra (s. die aristotelische Stelle Abschn. IV, Anm. 341); ‘l""
modo‚ quod significa! propositionum veritalem eliamsi in re m‘hil portal...,v
Ens prima moda dictum es!‚ quod significa! subs!anliam rci (f. 4 v. A) 0‘“
illud, per quod 1‘cs rous!iluilur in proprio genere e! specie, es!‚ quod signififl“"
per diffinitionem indiranlcm quid es! res‚ inde est, quod nomen essentiae a plllt'
sophi: in nomcn quiddila!is mula!ur (f. 5r. B) Essentia dics'!ur, quod p" W"
e! in ea res habe! esse. Die Hauptstelle über unilas formae betreffs des üblich“
Beispieb.‘s „homo“ ist S. lheol. l, qu. 76, art. 3, f. 245 v. A: Nihi! es! simpliflw
unum, nisi per fonnam unam, per quam habe! res esse (B) Ergo aparteleamlm
formam esse, per quam aliquid es! animal e! per quam aliquid es! honw Et!“
dtcendum, quod enden: numcro es! animu in homine sensitiva e! intellectiva e! nahr
liva. Vgl. vor. Abschn. Anm. 92 f. u. 97.
522) De ente c! ess. 5, f. 19 r. B. Vgl. ebd. Anm. 92.
523) Ebend. 2, f. 7 r. A. Vgl. ebd. Anm. 229. .
524) S. lheol. l, qu. 13, art. 9, f. 54 v. B (woselhst auch das übliche lleiil"‘l
von der Sonne). De enle e! ess. 5, f. 20 r. B. S. obige Anm. 387. .
525) De en!e e! ess. 4, f. 12 v.—— 15 v. auf wörtlicber Uebereinstimmuß m"
Avicenna beruhend, s. vor. Abschn., Anm. 178. _
526) Ebend. 3, f. 10 r. B: Pate! ratio, quare genus et species et difl'eren!“ “
haben! proportionaliler ad maleriam, formen! e! composilum in natura, quamvlt"l"
sin! idem cum illis, quia neque genus es! maleria, sed sumitur a materia u! u9’"‘
ficans lolum, neo differentia es! forma, sed sumi!ur a forma u! signifitanx 10M
Aehnlich ebend. 6, f. 29 r. A und Periherm. l, 8, f. 6 r. B. Vgl. obige Anm. 505
n. vor. Abschn. 166.
527) De ente e! ess. 3, f. 11 v. A. Vgl. vor. Abschn. Anm. 127 l
528) Ebend. f. 10 r. A. Vgl. ebd. Anm. 116.
529) Ebend. 4, f. 11 v. B. Vgl. ebd. Anm. 150.
530) Ebend. 7, f. 30 v.—35 r. Vgl. ebd. Anm. 961T.
531) Opusc. 37 (Vol. XVII, 1, 1.217 v.—-220 v.).
532) f. 217 v. B. Vgl. vor. Abschn., Anm. 145 u. 197 f.
533) f. 219 r. A. Vgl. ob. Anm. 518.
XVll. Thomas von Aquino. 117
er mit den Arabern darin, dass bei letzterem es sich um eine von der
denkenden Seele gemachte Verknüpfung oder Zusammensetzung handle 534). ’
Sein unvollendet gebliebener Commentar zum Buche De interpr. bietet
Nichts bemerkenswerthes dar; denn während er im Ganzen die Erläu
terungen Albert’s wiederholt535), kann er immerhin gelegentlich aus Apu
lejus oder Augustinus die Bemerkung einschalten, dass die Partikeln nur
Bindemittel der Urtheile sind 536), oder aus Averroes den Begriff der
Syncategoreumata entnehmen 537) oder von Avicenna die Ansicht ent
leihen, dass „omm's“ nur eine Modalität der Urtheile sei538) oder den
Algazeli betretl's der Einheit der Urtheile ausschreiben 539), ohne dass
wir hierin etwa grosse Verdienste erblicken. Wenn wir aber gerne her
vorheben, dass er in ächt aristotelischem Sinne sogar mit grösserer Schärfe
als Averroes die hypothetischen Urtheile und Schlüsse abweist“°), so
muss es uns hinwicderum als eine Inconsequenz erscheinen, dass Thomas
in seiner als acht beglaubigten (s. ob. Anm. 483) Monographie De pro
positionibus modulibus 5"‘) diesen speciellen Gegenstand in vollständigem
Anschlusse an die byzantinische Logik behandelt. Während er nemlich
hierüber allerdings auch bei Albert Erörterungen vorfinden konnte (s. ob.
Anm. 456 f.), verschmäht er offenbar diese Quelle, um den Wilhelm
Shyreswood (—— denn mit diesem, nicht aber mit Lambert von Auxerre,
noch auch mit Petrus Hispanus, stimmen seine Angaben fast wörtlich
überein —) abzuschreiben 5‘“). Die üblichen Verse aber sind in dem
gedruckten Texte des Thomas theils ungehörig umgestellt, theils sichtlich
aus späterer Zeit interpolirt”“). Uebrigens gehört auch diese Benützung
534) Sentent. l, dist. XIX, qu. 5, arl. l, (Vol. VI, l) f. 65 v.A: Esse dicitur
dupliciter: mm modo secundum quod ms signifieat essentiam rerum, praut dividitur
per decem genera; alio modo secundum quod esse significat compositionem, quam
animu facit‚ et {sind ens philosophus appellat verum. Vgl. vor. Abschn., Anm.
17, 74, 82.
535) So z. B. f. 1 v. B auch die Bemerkung über Andronikus (s. ob. Anm. 443)
und f. 5 v. B über die Eintheilung der Satzarten (s. ob. Anm. 449).
536) f. 1 r. B: Alias vero sunt magis rolliguliones partium orationis, quam ora
tiom's partes, staut clavi. S. Abschn. X, Anm. 7. u. Abschn. Xll, Anm. 43.
537) f. 5 r. A: Syneategoremata, quae secundum se nun significant aliquid abso
lutum, sed solam habitudinem um'us ad alterum. S. vor. Abschn., Anm. 309.
538 f. 8 V. B. S. ebd. Anm. 214.
539) f. 6 v. B. S. ebd. Anm. 259.
540) f. 1 r. B: Hypothetica cmmtialio nun eontinet absolutem vcl‘itatem, cuius
cognitio reqm'ritur in demonstratione, . . . . ..scd significat, aliquid nerum esse ex
supposilione, qu'od nun su/fioit in seientiis demonstrativis, et ideo Aristoteles
pruetermisit tractatum de hypotheticis enuntiationibus et syllogismis. Vgl. ebd.
Anm. 327.
541) Opusc. 40 (Vol. XVll, l), f. 226 r. B.
542) f. 226 r. B: Modi autem, quz' oompositt'onem determinant, arm! sca:‚ so.
verum, falsum, neoessarium, impossibile, possibile, sonüngcns. Verum autcm et falsum
m'hü addunt supm significationes propositionum de Messe u. s. f., s. ob. Anm. 42 fl'.;
namentlich stimmt auch die Figur (f. 226 v. A) genau mit jener des Wilhelm überein,
s. Anm. 45.
543) Es finden sich nemlich (f. 226 v. A) zunächst jene obigen Verse (Anm. 44)
in der Reihenfolge 2, 4, l, 3, 5, 6; hierauf folgt jener Vers, welcher unten, Abschn.
XX, unter den späteren Erzeugnissen vorkommen wird, und dann noch die ersten
vier der ebendaselbst anzufübrrnden Verse.
118 XVII. Thomas von Aquino. Pseudo-Thomas.
byzantinischen Stoll'es ebenso wie jene bei Robert Capito oder bei Alben
immer noch zu den vereinzelten Erscheinungen 544).
Der Commentar des Thomas zur zweiten Analytik"“) enthält
ausser den wenigen Stellen, welche schon oben benützt wurden, durchaus
Nichts erwähnenswerthes; er bewegt sich lediglich in einer erklärenden
Umschreibung des Originales und vermeidet jeden gelehrten Apparat ebenso
wie alle Controversen.
Endlich dem Umkreise der Sophistik, über welche er gelegentlidr
eine Bemerkung Albert’s wörtlich wiederholt 546), gehört seine St‘ltl'lll
De fallaciis an. Dieselbe ist eine breite Paraphrase der ersten fünf CI'
pitel des aristotelischen Buches, von welcher höchstens hervorgehoben
werden mag, dass Thomas zuweilen Sophismen anführt, welche um
des erforderlichen Wortwitzes willen dem lateinischen ldiom angepasst
sind 5‘").
lnsoferne aber unter den oben (Anm. 484) genannten unächten
Schriften des Thomas sich einige befinden, welche demselben nur wegen
des entscheidenden Mangels an positiven Zeugnissen abgesprochen werden
müssen, hingegen ihrem ganzen Inhalte nach ebensowohl von Thema
selbst verfasst sein könnten und namentlich nicht die geringste Spur einer
späteren Entstehung zeigen, so mögen dieselben gleich hier ihre Stelle
finden. Jedenfalls sind sie von ächten Thomisten oder Alberlisten gr
schrieben, und zwar sichtlich ohne Berücksichtigung der alsbald eintrc
Lenden Controversen und Bereicherungen der Logik, und sowie sie ehe
darum wenig Bemerkenswerthes enthalten, kann ich mich über sie seht
kurz fassen.
So finden wir in der äUSSOI‘SI kurzen Schrift De sensu respech
singularium et intellectu respeclu universalium wörtlich des Thema:
Ansicht über die lndividuation (ob. Anm. 519), sowie über das Auftreten
der Universalien in den Dingen und im Denken (Anm. 501, auch die
dortige Polemik gegen Plato fehlt hier nicht). Höchstens könnte man
sagen, dass des Thomas Auffassung der menschlichen Worte (Anm. 50411
etwas präciser ausgedrückt sei, wenn der Verfasser bemerkt, Prädikat!
der Individuen seien nicht die Bezeichnungen der intentio (Anm. 493i
sondern die Bezeichnungen der objectiven Wesen selbst 5'").
Auch die Schrift De natura syllogismorum bietet ansser einer v0t
Avicenna (vor. Abschn. Anm. 216) abweichenden Bemerkung, dass dlt
vier aristotelischen Ursachen im Syllogismus nachweisbar seien, durchilß
544) S. Anm. 357 u. bes. 471.
545) Vol. l, f. 16 v.—73 v.
546) S. theol. ll, 1, qn. 57, nl't. 6, f. 117 v. A. Ebend. 2, qu. 51, UL1‘
f. 124 r. A. Metaph. IV, 4, f. 43 r. A. Vgl. ob. Anm. 480.
547) Opusc. 39. Vol. XVII‚ l, f. 221 r. —226 r. S. dort z. B. f. 223 t-B
0mm's populiu es! arbor, scd afiqua gen: es! populus. Oder (f. 223 v. A): T" "
qui es, Md quics es! idcm quod requiex‚ ergo tu es reqm'es. Oder (ebend.): Ü‘ii'
quid deus [ecil invite, fecit inm'lus; sed racemos [mit in eile; igitur TMMMI /'““'
innitus n. s. f.
548) Vol. XVll, 2, f. 35 v. A. Dort lesen wir (B): Nomina commwu'a ”f"?
ficautia natura: ipau: pracdicanlur de individuis, nun autem nomina signififl"“’
intentiones. Vgl. Abschu. XIX, Anm. 127.
XVll. Pseudo-Thomas. Bouaventura. ‚ 119
Nichts eigenthümliches dar, denn ihr Inhalt bewegt sich in der allerge
wöhnlichsten Angabe der „Regeln“ der aristotelischen Syllogistik 549).
Ebenso ist die Abhandlung De inventione medii 550) Nichts als
ein schulmässiges Excerpt der ausführlichen Erklärung, welche Albert
(ob. Anm. 464) der versinnlichenden Figur des Averroes gewidmet hatte;
dass dabei Beispiele für die vierzehn aristotelischen Modi (d. h. natürlich
bei der ersten Figur mit Ausschluss der fünf theophrastischen Modi)
gegeben werden, versteht sich von selbst.
Desgleichen zeigt die Schrift De demonstralione 551) nur eine Wieder
holung desjenigen, was Albert in seinem Commentare zur zweiten Ana
lytik über demonstralio potissima (Anm. 476) und über subiectum, passio
und dignitates (Anm. 475) unter Beiziehung der aristotelischen Beispiele
gesagt hatte.
Wenn aber nun der gleichzeitige Franziskaner B 0 n a v e n t u r a
(d. h. Johann von Fidanza, geb. 1221, gest. 1274) gewissermassen
ein Gegenstück oder wenigstens ein Correlatum zu Albert und Thomas
bildet, und an seinen Schriften die nachmalige Fehde zwischen Domini
kanern und Franziskanern sich nährte, so kann die Geschichte der Logik
es mit Vergnügen den Mystikern oder andrerseits den gelehrten Theologen
anbeimgeben, über die Verdienste desjenigen Autors, welcher ein Hine
rarium mentis ad deum schrieb, zu entscheiden. Denn sowie in dem ‚
„deo frui“ überhaupt nicht das Reiseziel der Logik liegt, könnten wir
den Bonaventura gänzlich der homiletischen Litteratur überlassen, wenn
er nicht gelegentlich Einen Punkt berührte, welcher uns hier interessirt.
Dass er als Mystiker die Universalien realistisch in extremem Platonismus
nimmt und dieselben sogar als wesensgleichartig direct in den Schöpfer
verlegt”"), ist bei ihm wohl selbstverständlich, entzieht sich aber in
dieser Fassung jedem logischen Motive. Hingegen bezeugt er uns, dass
schon damals über das principium individuationis gestritten wurde,
indem die Einen die oben (Anm. ‚519) erwähnte Ansicht betreffs der
Materie vertraten, während Andere von einer eigenen „forma individua
lis" sprachen; aber wenn Bonaventura selbst eine dritte Ansicht als die
richtige bezeichnet, nemlich dass die lndividuation durch eine Verbindung
von Materie und Form entstehe, so scheint er nicht zu wissen, was er
549) Ebend. f. 13 v. B: Caruso efficiens syllogismi es! anima rationalis.....
Malaria vom sunl Ires lermim' et duae propositiones... .. Forma vero eins est poleslas
inferendi oonclusioncm . . ‚ ‚ .. Fim's autem eins es! focere fidcm. Sodann werden
über den kategorischen Schluss die bekannten Regeln (ca: mere parlicularibus u. s. f.)
vorausgeschickt, hierauf die drei Figuren und deren Schlussfäbigkeit erklärt und
begründet, und zuletzt folgt eine äusserst magere Zusammenstellung der modalen
Schlüsse. '
550) Ebend. f. 35 v. B. (mit Beibehaltung der bei Albert recipirten Ter
minologie.
551) Vol. XVll, l, f. 220 v. B.
552) Compend. lheol. vor“. l, 25 (Edilio Lugdun. Vol. VII, p. 698): [den
rerum et exemplar et rationes sie in deo saut, quod idca imporlal causam efficicntem
umformen» c/Tectui, scd exemplar causam formalem‚ ratio vcro causam finalem . . . . ..
(p. 699) Sieut in mente artificis pries csl forma rei, quam opus exeat‚ sie ideae
rcmm ante mundi constilulionem in menle creatoris erant . . . . .. 0mm's crealura prius
in dco existil, .. et hoc per ideas, quae non aliud, quam ipso deus, sunt
c! man,
120 XVII. Bonaventura. Roger Baco.
redet; denn nach seinen eigenen Worten fallt das Hauptgewicht doch
wieder nur auf die Materie, und was er von dem quidditativen Charakter
der Form sagt, wurde sicher von Jedermann zugegeben, trifft aber den
Fragepunkt nicltt553). Ja an einer anderen Stelle spricht er sich so aus,
als ob auch die forma specifica ein Resultat aus Materie und Form wäre
und dabei die concrete Existenz des Individuums sich ganz in den Art
bcgritl‘ verflüchtigte”“). Und um das Maass der Unklarheit voll zu
machen, bezeichnet er wieder anderwärts das „numerari“, d. h. also die
Quantität (vgl. Abschn. XIX, Anm. 66 u. 141), als die Ursache der Ent
stehung des Singulärenäää).
Neben Albert, Thomas und Bonaventura steht chronologisch als ihr
Zeitgenosse der Franziskaner Roger Baco (geb. 1214, gest. 1292 oder
1294), dessen schriftstellerische TIiätigkeit grösstentheils nur wenige Jahre
nach jener des Thomas fällt““); und wir sind auch aus inneren Gründen
553) In II Sen!ent.. Bist. III, Pars 1, an. 2, qu. 3 (Vol. IV, p. 49): Ouueslu
de individuatione . . . . .. De ip.m fuit conlentio inter philosophicos viros. Ouidan
enim di:zerun!, quod individualio venit a materio, quia individuum xupru rperien
non addi! nisi maleriam Aliis vero ali!er nimm esl‚ sc. quod individualio eml
a forma, c! dixerunl‚ qnod ullra formam speciei specialissimae es! forma indis
duulis . . . . .. Es! !er!iu posi!io sah's plane, quod individuatio consurgi! ex arturl1
coniunetione maleriae cum forma, sicu! pulet, cum impressio vel expressiv n't
mul!orum sigillorum in cera . . . . .. Individuum es! hoc a!iquid. Ouod si! hoc, pur
cipalius habe! a maleria, ru!ione cuius forma habe! positionem in !oeo e! Import
Ouod si! oliquid‚ habe! a forma; individuum c_mim habe! esse, habe! e!iam erislm‚
eris!ere da! maleria formue, aed essendi ac!um da! forma materiae. Indiridußliß
igilur in creu!uris eonsurgi! ex duplici principi0.
554) In III Senlrn!„ Bist. X, art. 1, qu. 3 (Vol. V, p. 116): Individuutio et! PI
communicalione materiae cum forma, e! inno!escere habe! per aceidentium collulir
nem . . . . .. Cireumsrriplis aeridenlibur e! proprielatibus, quae individuationent m
faciunl, sed oslendunl‚ individualin es! a principiis inlrinsecis‚ secundum qu0d um
consliltmn! supposilum, in quo !o!um esse rei stabililur. E! quia er coneurru illmn
prinripiorum conslituitur individuum e! resul!al forma !o!ius‚ quue es! forma rperifim,
hinr est, quemadmodum dici! Bae!liius, quod spenie: es! Iotum esse individui (s. Ahschn.
XII, Anm. 97 f)..... In individua proprie diclo est principiorum substan!ialium wi
e! primi ruppositi constilutio in se ipso, mm in allem.
555) In 1 Senlenl., Dist. V, art. 2, qu. 1 (V01. IV, p. 51): Ouoniurn in M'
Iuris forma rommunis numeratur in supposilis, ideo in illis forma communis prt'
duci!ur e! corrumpilur, e! idro universale in singulari yenera!ur‚ quia numeratn
556) Erst seit neuester Zeit sind wir über Roger Baco etwas näher unter
richtet. Nachdem nemlich früher nur sein Opus muiur ad C!emenlem IV. (hrsgttbl
von Jebb, London 1733. fol.) bekannt gewesen war, erwarb sich J. S. Bremer durch
sein Werk „Fr. Rogeri Baum opera qaaedam hac!enus inedi!a“, Vol. l. London1859
8. (als 15. Band der Darum Britannic. medii oevi serip!ores) das Verdienst neu€I
Publicationen, in welchen wir nun nicht bloss das Opus minus (d. b. einen Anm!
aus dem Opus meint»), sondern auch das Compendium s!udii philosophiue und dli
umfangreiche Opus ter!ium in Texlabdrücken kennen lernten. Indem aber gleich
zeitig, und zwar ohne Brewer’s Leistung zu kennen, Emil Charles eine Monographie
betitelt „Roger Baron, sa vie, ses oztvragt‘s, ses doctrines d'aprr‘s der teste: ine'difi“
(Paris 1861. B), bearbeitete, zeigte sich in überfaschender Weise, dass jeder Vßi'
such, den Roger Baco vollständig darzustellen, als ein verfrühter scheitern muss
so lange nicht das ganze reichhaltige Material gedruckt ist; nemlicb E. Charles ltnl
in den Bibliotheken Frankreichs und Englands sehr viel Neues und insbesonde_fl’
einen äusserst ausführlichen Text des Opus !er!inm, von welchem Ein Abschnitt u
einer Handschrift der Biblio!Mque Mazarine unter dem Titel „De communibu: natura
lium“ einen unerwarteten Beichthum philosophischer Erörterungen darbietet. Em'
XVll. Roger Baco. 121
um so mehr berechtigt, ihn hier einzureihen, als seine Ansichten mit
jenen Controversen, deren Entstehung und weiteren Verlauf der XlX. Ab
schnitt darlegen soll, höchstens den einen oder anderen ähnlichen Ge
sichtspunkt gemein haben, keinenfalls aber selbst wirksam in jenen Kampf
eingrill‘en. Allerdings beruhen Baco‘s Verdienste, — insofernc man über
haupt sich veranlasst sehen will, solche zu preisen 55") —, sicher am
wenigsten in dem Gebiete der Logik, wenn er auch ein paar logische
Schriften, welche übrigens noch ungedruckt sind, verfasste558); aber
dennoch müssen wir selbstverständlicher Weise Dasjenige anführen, was
von seinen Kundgebungen hieher gehört.
Während er einmal bei Eintheilung der Wissenschaften (in theore
tische und praktische) die Logik neben der Grammatik unter den theo
retischen Zweigen aufzählt, daneben aber doch noch vom „modus sciendi“
zelne Proben seiner neuen Funde hat E. Charles im Anhange seiner Schrift (p. 334—416)
abdrucken lassen. (Was bei Jebb und Bremer sich findet, hat H. Sichert zu einer
Dissertation, Marburg 1861, verarbeitet.)
557) Dass Roger Baco ein vielseitig begabter Mensch war, wird und kann
Niemand verneinen. Aber man hüte sich vor U6bertreibungen, wie z. B. wohl
deren grösste war, dass man förmlich eine Secularl'eier des grossen Mannes in
Vorschlag brachte. Hebt man hervor, dass er auf Sprachstudium, auf Physik und
insbesondere auf Mathematik hinwies, so soll man bedenken, dass vor ihm der
Grammatiker Helias lebte, aus welchem schon Vincenz v. Beauvais sch0pfle, und
dass Albert mit reichen Händen Naturkunde spendete, sowie dass Robert Capito
die gleiche mathematische Neigung besass (s. ob. Anm. 335 u. 343). Glaubt man,
Baco rage aus seiner ganzen Zeit-Umgehung einzig hervor, so irrt man schon darum
gänzlich, weil er wie Alle im theologischen Auctoritätsglauben befangen ist und
bleibt (s. unten Anm. 562), und was von seiner angeblichen Betonung der „Erfah
rung“ zu halten sei, werden wir sogleich, Anm. 568, sehen. Schon in Folge seiner
ungezügelten Phantasie steht er dem eigentlich philosophischen Impulse etwas ferner,
und nicht bloss durch die Eilfertigkcit der Composition seiner Werke (die drei
bedeutendsten der oben genannten schrieb er in anderthalb Jahren zusammen), son-,‘
dem auch durch seine Grosssprecherei (er verheisst, in drei Tagen das Hehräiscbel
zu lehren, ebenso in drei Tagen das Griechische und in sieben Tagen die ganze
Geometrie, 0p. lerl. p. 65 f.) macht er genau ebenso wie sein berühmter Namens
vetter den Eindruck eines Charlatans oder eines Schwindlers. Endlich aber diel
Hauptsache ist, dass wir hoffentlich auch ihn nicht von der Frage dispensircn,
welche wir ja an Alle richten, nemlieh von der Frage, Woher denn all seine Kund
gebung genommen sei. Und da zeigt sich für den besonnenen Forscher, dass Baco
auch all Dasjenige, was man in übertriebener Weise z. B. als Kenntniss oder Er
findung des Fernrohres, des Schiess-Pulvers, ja sogar der Dampfkralt, hat bezeichnen
wollen, sämmtlich den arabischen Naturforschern entlehnt hat.
558) Pilseus (De illuslr. Angl. scriptl.), der bekannte Lügner (s. Abschn. XIV,
Anm. 524), sagt, Baco habe geschrieben: Logica, De intellectu et intelligibili‚ De
universalibus, In posteriora Aristotelis. Lassen wir uns aber biedurch natürlich
nicht in die Irre führen, so fand hingegen Bremer (a. a. 0., Praef. p. LXlX) in der
Bodlciana noch handschriftlich vorhanden: „Summula dialccliccs Hogeri Bauen“ und
ein Bruchstück: „Mag. Rupert Bacou de sophismatibus et dislinclionibus“. Wenn
jedoch Brewer diesen beiden aus der gleichen Bibliothek noch als dritte Schrift
anreiht „Syncutegorematica fralris Roberti“, lind unter der Bemerkung, dass Rogerus
und Hubertus in den Handschriften häufig verwechselt werden, sofort auch hier den
Namen „Bacnn“ substituirt, so muss ich diess jedenfalls als eine arge Vorciligkeit
bezeichnen. Auch liegt ja ein „Robert“ aus jener Zeit wahrlich nicht in rathsel
heller Ferne, sondern wir werden vielleicht nicht fehlgreifen, wenn wir sogleich an
den Robert Capito denken (s. oh. Anm. 356 f.).
122 XVII. Roger Baco.
als einem dritten Gliede spricht 559), hellt sich diese Unklarheit nach
einer anderen Stelle dahin auf, dass die beiden genannten Diseiplinen als
„sermocinales“ eben doch nur jenen „modus“ enthalten 56°). Aber bei
dem unendlichen Vorzuge, welchen für Baco das praktische Gebiet vor
dem theoretischen voraus hat, kann natürlich die Logik schliesslich nur
einen ethisch-religiösen Zweck haben 561), sowie ja überhaupt die Philo
s0phie, sobald sie nur auf sich selbst vertraut und nicht der Orthodoxie
dient, in „infernalische“ Blindheit gerüth, und die ungläubigen Philosophen
ohne Bedenken der Teufel holt“"). Baco führt auch in einseitigster
Uebertreibung einer arabischen Auctorität lang und breit aus, dass es eine
natürliche Logik (sowie eine natürliche Grammatik) gebe, nach welcher
auch die Laien sämmtlich richtig schliessen und disputiren, und in welcher
das ganze Verfahren, Unbekanntes aus Bekannterem zu erweisen, seine
letzte Stütze habe, und dass somit die sog. eigentliche Logik nur in der
Anwendung gewisser technischer Worte beruhe 56i“), — kurz Baco ver
559) Camp. philos. c. 1, p. 3961 Studium sapientiae hebst duas partes, unsre
so. speculativam et aliam practicam Grammalica enim, logica, naturalis philo
sophia‚ vulgata metaphysica‚ quinque scientt‘ae mathematicae, et plures alias saut
speculativac veritalum, quae non const'stunt in operibus. Oualuor vero scientiae
mathematiooe (qaae novem saut in universo) et alkimia, medicina, moralis philo
sophia, sub qua comprehendo ius civile‚ lheologia cum iure canonico, et multae alias
a perle philosophiae sunl praeticae (vgl. Albert ob. Anm. 360 und Avicenna vor.
Abschn., Anm. 71) .... .. Sed ad omm'a scienda modas optimus requin‘t’ur, Aristo<
teles vom in secundo Metaphysicae voll n. s. w., d. h. es folgt die Stelle Abschn.
IV, Anm. 177.
560) Op. maias, p. 59: Modi aalen: (s. ob. Anm. 363) philosophiae accidenlale:
(über diese Bezeichnung s. Anm. 564) sunt grammatica et logica. Op. tert. c. 25.
p. 104: Cum logica comprchendo grammalieam, quia communi nomine utraque logira
dicilur‚ i. e. sermocinalis sciznlia, nam löyog idem est quod sermo in una signi
ficatione.
561) Op. maius, p. 47: Sed cum volantaa seu t'ntellectus practicus n't nobilior,
quam speculatt'vus, et virtas cum felt'citate ezeellat in infinitum scientiam nudnm et
nobis sit magis necessaria sine comparalione, aecesse est, u! habeamas argumenta
ad exercitandum per inlellectam practicum . . . . .. Legion speculativis scr‘entiis per
(wohl zu lesen praebet) argumenta dito, quae saut dialeclirum et demonstrativen.
moralilms aalen: ministrat practica argumenta, et quia lheologia et las canom‘cum
mores et lege: et iura detenninant, ideo hast: duo argumenta saut eis necessaria.
Ebend. p. 59: Fim's Iogicae est compositio argumentarum, quae mavcnt inlcllertue
practt'eum ad fidem et amorem virlatis et feliet'latis futurae. Vgl. ob. Anm. 361. u
Abschn. XI, Anm. 125.
562) Ebend. p. 42; Philosophin infidclium es! pem'tas nociva et nün'l videtw
secandum so oonsiderala, nam pliilosophia sccundum se ducit ad caecitatm infrrnc
lem, et ideo opurtet, quod seeundum :e sit tenebrae et caligo. Ebend. p. 37: Philo
sophin seeundum so eonst'derata nullius utilitatis est, philosophi eero infidclex
damaali saut. -
563) Op. tert. c. 28‚ p. 102: De logica non est uis tanta, quia scimus eam per
naturam, licol vocabula logieae in lingua, qaa utimur, qaaerimus per doctriuam; sea'
tpsom seientiam habcnt omnes homines ex natura (s. p. 103: Onmis homo rcddit caasas et rationes dictoruvmor.et A/basecthonr.u,m Awnomr.umSO) et
omnes Itomincs respondcnt ad [also per negalionem..„. Unde licet laict' non habean!
vocabula logicac‚ quibus clcrici ulunlur, tamen haben! suos modos solvendi unter
argumenfum falsum, et ideo vocabula sola logicorum deficiunt laicis, nett ipso :cieulis
togicae...... Cum onme, quod fit de novo notam, fit notum per notius (s. ebend.
Anm. 15), ilu‘tar in infinilum, si logicam nun seiamus naturaliter .... .. p. 104: B
Avicenna dictt (s. ebend. Anm. 13 u. 81), quod ruslicus arabicus seil grammaticam
XVll. Roger Baco. 123
abschiedet im Einblicke auf die Jedem angeborne Logik den Aristoteles
und bezeichnet die wissenschaftliche Theorie desselben als etwas Un
wesentliches 564).
Dafür substituirt er den Gegenstand seiner Lieblings-Neigung, nem
lieh die Mathematik, und behauptet, die Logik hänge von der Mathematik
ab, was er komischer Weise damit begründet, dass in letzterer allein es
ein wirkliches Beweisen gebe 565’). Hiemit aber hängt nun wieder sehr
eigenthümlich seine Auffassung der „Erfahrung“ zusammen. Wenn nenn
lich die Aussprüche einer Auctorität durch Beweise gestützt werden
sollen, Beweise aber schliesslich auf thatsächlicher Erfahrung beruhen 5"6),
so denkt Baco bezüglich dieser letzteren unmittelbaren Anschauung, bei
welcher allein die Seele sich beruhige, vor Allem an jene Autopsie,
welche bei geometrischen Beweisen oder bei mechanischen Vorrichtungen
(z. B. einem Astrolabium) erforderlich ist, und indem er alle Wissen
schaften auf Mathematik begründen will, erblickt er in jenem unmittel
baren Schauen den dominirenden Ausgangspunkt für alles Wissen M").
Aber sowie natürlich hiehei nicht etwa von einer „Methode der Erfah
rung“ die Rede ist, so findet Baco diese sensuale Unmittelbarkeit doch
per naturam . . . . .. Vocabula enim grammatirae et logieae discimus, sed naturaliter
scimus componere orationes ca: dictionibus et argumcnla er propositionibus; et hoc
docet grammatica et logica.
564) Ebend. p. 1041 Ergo atiud regimvn arguendi habemus, quam per arlem
Aristotelis datum; sed nun es! aliud‚ quam inhalum; relinquitur igilur, quod anatura
scimus arguere et sintilitcr diesofvere argumenta (p. 105) Ouapropter de logica
e! grammalica non es! necessaria instrurtio humane, nisi propter vocabula linguarum,
e! idco patat‚ quod logica et grammatica sun! acoidentales scientiae c! mm
principalcs.
565) 0p. maius‚ p. 60: Non solum depondct cogm'tio Iogirae a mathematica
propter suum finem‚ sed propter medium et cor eine. quod es! Iiber Posteriorum; nam
ille über docet artem demonstrandi; sed nec principia demonstrationis nee cum-lu—
sioncs nec ipsa tola poles! cognosci nec manifestari nisi in malhematiois relms, quia
ilu' solum es! demmtsfrutio vera e! potens Ouapropter necesse est, logivam a
mathematicis dependere,
566) Camp. philos. c. 1, p. 3972 Licct per !ria sciamus, videlicet per uuolori
totem e! rationem e! experimtiam, tarnen auc!oritas non sapit, nisi detur eins ratio,
neo ratio potes! soire, an sophisma vcf demonstrativ, nisi oonclusionem soiamus
experiri per opera.
567) Op. maius, p. 4452 Volo revolvere radice: a parle scienliae experimen—
talis, quia sine exprrientia m'hil su/ficienter sciri potest. Duo mim sunt modi
cognoscendi. so. per argumentum c! experimentum. Argumenlum coucludi! et farit
nos concludcre quacstionem, sed non certifira! nrque removet dubilatiom-m, ut quiestat
animus in intuitu veritatis, nisi eam inveniat via erpcrientiae . . . . .‚ Et hoc patet in
mathematicis, uln' potissima es! demonstratio; qui mim habe! demonstrationem po—
tissimam de triangulo aequt'lrttero eine experientia, mmquam adhacrcbit animua quae
stiuni nec curabit, sed negligct, usque detur ei expericntia per intersectionem duorum
circulorum. Ehend. p. 448: Malhematica hohe! czperienlius utiles circa quacstiones
sfla.t in figurattd0 et numerando, quae etiam applicantur ad omnes scien!ias et ad
harte experientiam, quia hallo scientia potes! sciri sine mathematica. Ebend. p.465:
Veritates magnificas in terminis aliarum scicn!iarum‚ in quas per nuliam virtm possunt
illae scien!iae (ausgefallen perrcnire oder dgl.)‚ hacc acta scienliarum damina specu
lativarum poles! dare . . . ‚ Mathematiea baue produaere poles! astrolahtflm sphae
ricum, . . . . .. sed quod hoc eorpus sie factum moveatur naturaliter motu diurno. mm
es! in potestata mathematicae, experimentator autem perfectus potest eousiderare via:
huius motus.
124 XVII. Roger Baco.
selbst wieder unzureichend sogar für die Erklärung der Körperwelt,
geschweige denn dass sie Aufschlüsse über das Geistige gebe, und so
mündet seine gepriesene „Erfahrung“ vollständig in eine verzücktm in
sieben Stufen fortschreitende innere Erleuchtung aus 568); und diese
augustinische lux in!erior kann dann freilich denjenigen Wissens-Kreis
darbieten, welcher in mathematisirenden Beweisformen zu einem ortho
doxen Dogmen-Systeme umgewandelt werden soll.
Gelegentlich einmal deutet Baco an, dass er sich um die Fragen,
welche den „modus signi/icandi“ betreffen, interessire; und wir müssten
ihn souach fast für einen Vorläufer des Duns Scotus halten, wenn nicht
seine Angaben über die in der ohjectiven Natur liegenden und die von
der subjectiveu Seele ausgehenden „Zeichen“ allzu karglich wären, um
aus ihnen seinen Standpunkt sicher zu erkennen 5r’9).
Auch betreffs der Universalienfrage blickt bei ihm eine Ansicht durch,
welche wenigstens in Einer Beziehung dem Grundgedanken des Duns
Scotus nicht sehr unähnlich ist; aber eine phantastische Ueherschwäng
lichkeit lässt den Baco weit über das Ziel klarer Verständigkeit hinaus
schiessen. Mit dem Vorbehalte allerdings, dass vielleicht spätere Ver
öffentlichungen handschriftlichen Materiales reicheren Aufschluss geben
können 570)‚ lässt sich bis jetzt so Viel berichten, dass Baco vor Allem
für die Bedeutung und den Werth des Individuums förmlich schwärmt
568) Ebend. p. 446: Sed duplex es! ezpm'en!ia. Una es! per scnsus exlenores‚
.....e! Iran experientia es! humana e! philosophica, quon!um homo polesl_/““"
secundum graliam ei da!am. Sed haec experientia neu su/fici! homim', qum a0t‘
plene cer!ifical de corporalibus proplcr sui diffieul!alem e! de spiritualibuf "Ff"!
a!!ingil. Ergo op0r!e!, quod intellcclus Imminis ali!er invelur, c! ideo sanc(i pa!rmr_chac
e! prophetae, qui primo dederun! seienlias mundo, rcceperun! iffumfnalioncs anter‘_wf_es
e! neu sofern s!aban! in seusu..... E! arm! seplem gradus huius sciculiae in!eponf.
Unus per illumina!ioncs pures scien!iales; alias . ‚ . . . in vir!u!ibus; ler!mf "l
seplem donis spiritus suncti; quar!us in beati!udinibus; ....quin!us fn'st'ttflf)lü
spiri!ualibus; sez!us in fruc!ibus; seplimas in cap!ibus. Kurz wrr steh?n
somit bei dem gepriesenen Baco auf dem alten „Oui neu exper!u.e es!‚ non credd,
nun in!elligi!“‚ und wir können es Jedem überlassen, einen solchen StandP‘fnkl
etwa für einen Fortschritt gegenüber dem 13. Jahrh. zu halten. Schon Au8u5unu’
ja halte gesagt „ende, quia absurdum“ und „oredo, u! intelligam“. ‚
569) Op. !ert. c. 27, p. 100: Addidi in!entionem alterius panis grammamflh
quae es! u!ilissima in scien!ialibus quan!um ad inquirendum c! sciemium omw
oerilates speculativas philosophiae e! theologiae. E! es! de composilime linguarum “
de imposilionihus uocum ad significandum e! quomodo significen! per imposilionttfl-p"
E! quia haue non possun! sciri‚ nisi homo sein! rationes c! modos significafldb "m
aggressus sum, ilfos modos os!endere Signa quaedam sun! na!urafia e! quaede'"
dala ab anima. E! ilfa‚ quae sun! uaturalia, sun! duplici!er; quacdam aufli_ff":
comomitan!iam signalorum, u! haben magnas ex!remitales es! signum forh!udW_%
quaedam per eon/iguratiouem, u! imago sancti Nicolai . ‚ . . . E! sie onmes SP“'"
rerum (s. Anm. 575 ff.) sun! signu Signum aalem dalum ab anima vel es! M'
!urali!cr, u! gcmi!us infirmorum, .....ve! es! ad p!aci!um (p. 101) Ei ‘“"°
cousidero, quomodo vor. imponitur univoce, quomodo acquivoce, c! quo! modis q“"'
tumounquc (zu lesen u!rumque)‚ c! quomodo analogice e! quo! modis (letzteres 5.01)—
Aum. 432 u. vor. Abschn., Anm. 31). _ .
570) Bremer, Praef. p. LXIX: In bis Compendium theologiae (welches bis Jem
noch ungedruckt ist) Ire pro/esscd bis inten!ion !o en!er an !he eon:ideralw" 0
!hose verbal dispules which divided the nominalisls und lhc realisls 0/ bis day‘; a"
in the seine warf: he [las devoted severa! pages !o Hie considera!ion 0/ !he M""_"
of words. Bu! in neue of thcse instanees has he entered an thc subjec! °f log"
XVII. Roger Baco. ' 125
Er sucht nemlieh zunächst in einer merkwürdig einseitigen Polemik, bei
welcher er uns auch bezeugt, wie sehr die ganze damalige Zeit sich vom'
Platonismus weggewendet habe, bezüglich der Universalien alle und jede
subjective Thätigkeit gänzlich auszuschliessen, weil ja das Einzeln-Sein
und hinwiederum das gleichartige Zusammentreffen der Einzeln-Dinge
objectiv auch dann bestünde, wenn es keine denkende Menschen-Seele
gäbe, und es erscheint ihm sonach die ganze Frage über die Aussagbar
keit der Universalien als eine grosse Thorheit"'“). Sodann aber hat er
auch in objectiver Beziehung für die Universalien nur Worte des Ilohnes,
denn, meint er, die gepriesene Allgemeinheit und ewige Dauer der
Universalien habe überhaupt nur einen Sinn bezüglich der beständigen
Succession der Einzeln-Dinge 572). Erscheint ihm somit das Individuum
will! the same amoun! o/ eure und interes! as 01! grammar, mathematies er experi
mental seiences.
571) Bei E. Charles, p. 386: Sed maior slultilia es! (d. h. als die „statte“
quaeslia de individualione, s. Anm. 581) de natura universalis praediealn'lis de sin
gularihus, qunm quaerunt, quid facial universale. E! es! quintuplez posilio praeler
positionem Platonis. Plato vera dixil‚ quod universalia fuerun! ideae et quia
stulla es! positio e! nullus nune dicil sieul Plato (vgl. Anm. 283, 352, 389 f.‚ 394,
501, 514 u. Abschn. XIX, Anm. 42 u. 121), ideo ad positiones modernon de- »
eurrendum. E! es! una solemnis, quod universale non es! nisi in anima. Alia est‚
quod universale si! in rebus per animam. Tertia est‚ quod universale sub ratione
universolia es! in anima, lice! secundum id quod es! si! in singularibus. (Aber in
der Tbat sind diess nicht drei verschiedene Ansichten, sondern nur wechselnde
Redewendungen der aus den Arabern bei Albert und Thomas aufgenommenen An
nahme.) Quarla ext, quod universale sil solum in singularibus et non dependeat ab
anima oliquo modo (diess ist Baeo’s eigene Meinung). Sed quod prima es! falsa,
patet, quia, elsi nun esse! anima rationalis, duo lapides conveniren! ad invicem; sed
haec vorwenienlia faeil universale; ergo universale remanel, elsi anima non essel.
ltem nihil, quod es! extra rem‚ poles! de ca praedicari per inhaeren‘!iam; sed uni
versale praedieatur de singularibus; ergo non pales! separari ab eis. llem species
nun praedicalur de singularibus nee es! commune eis; im-o quaelibe! singuloris facit
speciem a se p:opriam‚ universale aalen! es! commune pluribus e! praediealur de er's,
ergo universale non es! in animn. Dein dato, quod universale non es! in anima,
potel, quod secunda posilio es! [alsa; nam oslendo, quod anima nihil faei! ad uni
versalitalem‚ quia duo esse habel individuum‚ unum absoluturn, aliud comparalum
(s. Anm. 573), sed u!rumque esse Iralret, etsi anima nun sit..... Ex qaibus sequi
lur, quod lertia posilio si! falsa; .nam quurn in anima non si! universale nec anima
operatur aliquid ad universalilalem‚ tunc universale secundum rationcm universalis
non es! in anima...... Vanissimum es! dieere, quod anima faci! universale, sed is!a
sun!.... quaedarn sophismala, quae opud aliquos indueunt quintam opinionem de
universalibus (jedoch auch diess, was wir immer unter der Wortform „intelleelus
agil universalilatem“ trafen, ist ja keine „fünfte“ Ansicht, sondern trifft mit obigen
dreien zusammen; so gehört Baco zu jenen Mensaben, mit welchen eine Discussion
unmöglich ist, weil sie in ihrer Phantasterei uns das Wort im Munde umdrehen;
auch dass er an einer anderen Stelle der nemlicben Schrift selbst von einer „ver
schiedenen“, und zwar nominalistischen Ansicht gesprochen hatte, — s.Anm. 580 --‚
scheint er hier schon wieder vergessen zu haben).
572) Ebend. p. 384: Homines imperili adoranl universalio propler hoc, quod
dicit Aristoteles primo I'osleriorum‚ quod universale es! semper e! ubique, singulare
es! hie et fltlltt2, e! secuudo de anima dieit‚ quod esse universelle est esse perpetuum
e! divinum, singulare es! corruptihile er nun nianel semper. Sed hoc et huiusrnodi
so!runtur brevlter‚ quod perpctuitas universalis e! quod sil ubique, non es! propler
eins dignilatem, sed propler suceessionem singularium multiplicalorum in omni tem—
pore et loca.
...‚
126 XVII. Roger Baco.
als das allein Preiswürdige, welches, wie die „Erfahrung“ (vgl. Anm. 568)
zeige, weitaus den Vorrang vor dem Allgemeinen habe, -— da ja auch
Gott die Welt nur um der Einzeln-Menschen, nicht um des allgemeinen
Menschen, willen erlöst habe —‚ so muss nun wohl das Universale dem
Einzelnen ganz unversöhnt gegenübertreten, indem das Individuum die
alleinige wahrhafte und feste Position sein soll, und das Allgemeine zum
blossen relativen Zusammentreffen (convenientia respectu alterius) herab
sinken muss 573).
Während nun Baco in diesem Begriffe der Gemeinsamkeit (vommuni:
natura), welchen er in einer Stelle bei Avicenna fand, eine wichtige
Entdeckung gemacht zu haben glaubt 5'“), steht die Sache freilich schlimm
genug. Denn einerseits kann er, da ja die Einzeln-Dinge selbst es sind,
welche in gewissem Gemeinsamen zusammentreffen, allerdings triumphirend
ausrufen, dass das Universale lediglich im Einzelnen ohne alle Beihilfe
der subjectiven Seele vorliege, aber andrerseits bleibt ihm für die Frage,
wie denn dann jenes in den Dingen steckende Universale dennoch in die
Seele komme, keine andere Antwort übrig, als die mystische, dass bei
der Einzeln-Wahrnehmung zugleich mit der kräftigen species singulafl‘
auch eine species universalis herbeikomme, welche an sich mit der
„Schwäche“ des lntellectus verwandt sei, aber durch die Vervielfältigung,
mit welcher sie auf die Dinge angewendet werde, zuletzt an Macht und
Stärke den Vorrang gewinne 5"5). Bei solchem Gerede nun muss sich
573) Ebend. p. 383: Unum individuum ercellit omnia universalia de mundm
nam universale non est nisi conuenientia plurium individuarum. Duo enlm sunt
necessaria individuo: unurn absolute, quad constituit ipsum et ingrcditur ein: osm
liam, ut anima et corpus [aciunt hunc haminem; aliud est, in quo convenial am"
aliquo homine et non cum arino nec porco‚ et hoc es! suum universale. Sed abso
luta natura individui lange maior et malior est quarn relala, quia haltet es:cfi1tlm
per se et absolulum: et idea singulare es! nohilius quam suum universale, et m”
scimus hoc per experientiam rerum Et quia omnia, quae tracto, saut pro?!"
theatogiam, patct per rationes theologicas, quod universale non habet‚comparationm
ad singularta; non anirn den: fecit bunt „rundum proptvr universalen: humanem, W
prnpter pcrsonas singulares, ....nec redemit propter hantinam universalem, sed prvpt"
personas singulares Manifestum est igitur, quod singulare sine comparationt
cst melius quam universale Et quum natura sempor intendit quod ctt optimurm
duae naturae, so. universalis et virtus regitiva individui, intendent et operabuntar
individuum.....‚ :ed hae duae praevalcnt virtutl regiliaae spcriei seu universal“
Ergo simpticiter loquendo et absolute debemus dicere, quod individuurn est prius u
cundum naturam, tam secundum operationern quam seeundum intentionam, ‚..„9Wd
individuum est natura absolute et fi.za habens esse per se, et universale non "l
nisi conuenientia individui respectu alterius.
574) Ebend. p. 389: Dicendum est, quod prima: modus universalium ext, ”—
rundum quod natura atiqua est communis solis individuls, et hoc universale non es!
nominatum adhuc et reperitur in omnibus universalihus l’nrphyrianis et es! commnne
ad onmia .. .. . et quod universale dictum sit alind praeter quinque, palt‘l W"
Avicennam in lihro prima Iogicac, ubi kann senlcnliarn a/‘firmal. S. vor. Abschn.
Anm. 179 f. (freilich schloss dann ebendort Avicenna hieraus jenen Grundsafl
„lntellectus agil universalitatcm“, aber Baco lässt sich durch solche Kleinigkeiten
nicht beirren).
575) Ebend. p. 387: Si aalen: de speciebus universatibus loquitur (so. Aristo
teles), h. e. quod universale facilius intelligitur et ideo universalia vorantur obintu
ifllellevlli‚ hoc ext per antenomasiam; ab nna enim singulari non eem't nisi saß
species singulan's, per quam intelligitur; sed a quotibet singulari renit una syecu'5
XVII. Roger Baco. 127
jade weitere Frage, die wir an Baco richten möchten, in immer dichtercs
Dunkel hüllen; und so finden wir denn auch, dass ihm das Wort "species"
unter einem Duzend synonymer Ausdrücke alles Andere eher bezeichnet,
als was die Logik so nennt576). Nemlich eine gewisse mystische actuelle
Kraft soll sowohl auf die Sinneswahrnehmung als auch auf das Denken
wirken, und dabei zugleich sowohl universelle Species des Universellen
als auch singuläre Species des Singulären sem-57"); ja dieselbe soll auch
nicht, wie man gewöhnlich annehme, in der Form, noch aber auch im
Stofl'e liegen, sondern von vorneherein die Species des aus Stotl‘ und
Form zusammengesetzten Wesens seín575).
Darum muss dem Baco die Annahme einer Einheit der Materie als
der grösste lrrthum erscheinen, welchem er dadurch zu entgehen sucht,
dass er die Materie selbst je nach den sämmtlichen Einzeln-Wesen unter
schiedlich getheilt und vervielfältigt werden ¡hast-57”). Und daher kommt
universalis cum specie singutaril et ideo multiplicalur species universalis in animal
et ideo fit fortior et potentior...... tnsuper intellectus est debitis (vgl. Anm. 287
u. 348); propter eam debztitatem magis conformatur rei deln'lí, quae est universale.
quam reí. quae habet multum de esse, at singulares. Sic igitur intelligendo est aucto
ritas Aristotetis (ll), et non accidit aliquid contra veritatem rerum unioersaliumr quas
ponimus in singutaribus sine anima.
576) 0p. maius, p. 358: tfssentiay substantiai na!ura‚ po!eslas‚ polenh'a, vir!us‚
vis significan! eandem rem. sed di/ferunt sola comparatione . . . ‚ .. virtus habet multa
nomina, vocatur enim similitudo agentis et imago et species et idotum et simulacrum
et phantasma et forma et intentio et passio et impressio et umbra philosopharum.....
Species aulem non sumitur hic pro quarto universali apud Porphyriuml sed trans
sumitur hoc nomen ad designandum primum e/feclum euiuslibet agentis naturatiter.
577) Ebend. p. 66: tlaec oirtus vocatur similitudo et imago et species et multis
nominibusl et hanc facit tam substantia quam accidens et tam spiritualis quam cor
poralis E! haec species fari! omnem operationem huius mundi. nam operatur
in sensam, in intellectuml et in totam mundi materiam. Ebeud. p. 372: Cum uni
versale non sit nisi in singularibus, nec potest singulare carere suo unicersalL
erit proportio speciei universalis ad speciem singularenil sicut rei universalis ad rem
singularem Sive in medio sive in sensu sive in intellectu sunt species univer
sales, oporlet, quod ibidem sint species singutares ei respondentes.
578) Op. tert. c. 31, p. 109: Species substantiae agentis est composita et non
est solius formaev ut aestimatun et species rei universalis est universalis et species
rei singularis est singularis. Op. maius, p. 367: Species substantiae non est tantum
ipsius formae seu materiam sed totius compositi. Ebend. p. 66: omnis res natu
ratis producitur in esse per ef/iciens et maleriam. Bei E. Charles, p. 377: Non est
triplex praedicanientum nec triplex genus generalissimum in praedicanzeuto substantiam
quia unum eorum est principate praedicabitev cum quo dao non ponunt in numeros
propter quod unum est genas generatissimum substantiael scilicet composituml per
quod allenditur unilas praedicamcnti insuper composituni habet rationem per se
existen!“ in ordine entium; non sic materia et forma.
579) 0p. maíus, p. 88: Multitudo vero philosophantium non solum in forma
propria philosophiam sed in usu theologiae dicit et assen'l, quod una est materia
numero in omnibus rebus et quod solum est dioersitas a parte formarum; sed hic
est error infinitas. 0p. terL c. 38, p. 121: Cum omnes ponant, quod materia sit
una numero in omnibus rebusy et cum hic sit pessimus error, qui unquam fuit
in philosophia positusl ideo aggredior hanc positionem. p. 122: Sicul forma
prima, quae praedicatur de omnibus formis et est communis iis et dwiditur.. . . usque
ad specialissimaml habet unitatem generis et non est una numero, ergo similiter1
cum materia praedicetur de omnibus materiis rerum et sit eis communis et dividalur,
....materia otia est spiritualis. alia est corporalis et paribus passibus descendit sicut
composilum et formo. Ebenso bei E. Charles, p. 378.
128 XVll. Roger Baco.
es, dass er gegen die bei Albert und Thomas von den Arabern entlehnte
r Ansicht polemisirt, dass die Materie den Proeess der ludividualisirung
\erst hewirke (s. Anm. 388 u. 519); denn indem Baeo, wie wir sahen,
dem Einzeln-Ding eine grundsätzliche Priorität zuweist und in dem Fort
schritte zu dieser Vollkommenheit nur das „Dieses“ (hoc) als inaassgehend
erblickt, kann er weder in dem Arthegrill'e, welcher nach seiner Ansicht
Lauf einer blossen Vergleichung beruht, noch auch in irgend einem Zusatze‚
der zu demselben hinzukäme, die Ursache der ludividualisirung finden,
‚ sondern nur in der Eigenthümlichkeit (proprium) des individuellen Seins
selbst“°). Aber während diese Ansieht einem Vorspiele der haecceitas
des Duns Scotus gleicht (s. Abschn. XIX, Anm. 144 ll‘.), fällt Baco auch
hierin wieder in seinen plumpen mystischen Dualismus zurück, da er
sowohl für das absolute Sein der Individuen als auch für den relativen
Bestand der Artbegrill‘e kurzweg die Cansalität Gottes verantwortlich macht
und somit in andächtiger Herzens-Einfalt folgerichtig die ganze Frage über
das Princip der lndividuation ebenso wie jene über die Universalien als
eine grosse Thorheit bezeichnet“‘).
Als eine specielle logische Eigenthümlichkeit Baco’s kann ich noch
580) Bei E. Charles. p. 3841 Dicun! aliqui, quod xpecies es! Iota essenlia in
dividuoram e! habe! esse solum diverse in er's; e! a!ii dicanl‚ quod maleria addila
formae universali [acit individuum; e! alii, qaod potentiae aliquid signifiealum ad
di!ur e! sie significalar species signifieanda in diversis (diese Ansicht kann wohl nur
von nominalistischen Anhängern der byzantinischen Logik aufgestellt worden sein).
Sed omm'a haea convincunlur [also esse, quia pos!quam linea singularium codil dr‘
incomplela ad comple!um sind! linea universalium, pate!‚ qaod !um sicnl se habe!
animal ad hominem sie hoc animal ad haue hominem, c! ideo sicu! „rationale“ addi
!am I!uic animali faei! haue hominem, e! i!a nec hamo nee aliquid addi!um honmu
facir! haue hominem, lice! hoc ponun!. l!em palet c.z dic!is‚ quod hie homo es! prius
homiuc secundum operationcm c! in!enlionem naturae, e! homo adveni! extra essen!iam
eins similis aceidenti e! !anqaam illad, in quo debe! comparari ad aliud quoddam
individuam; ergo indiaiduum habe! prias esse individuam, inquanlum es! individnum.
e! essentiam saam naturalem‚ anleqaam orialur universale saum. Ergo laue M‘
universale nec aliquid addi!am ad ipsum faci! individuum, e! ideo prineipia proprm
ingredien!ia essentiam indiaiddi faciaa! ipsum.
581) Ebend. p.385: Dieendum, quod esse indiaiduum duplex cs!; nimm es! «lr
solulum serundum saa principia, quae ingrediaa!ur suam essen!iam‚ e! sie speci"
non samt esse individui; aliud es! secundum aamparationcm eins ad aliud indiriduam.
cum quo eonvem'! naturaliler‚ e! illud esse faci! species. E! cum quaemn!‚ qmd
eri! eausa individuationis‚ si neu species neu aliquid addi!um speciei sausa! mm.
qaacreadum es! prima ab eis, quid es! eausa universali!a!ia‚ si neu individuum fl"
aliquid addilum ad ipsum faria! universale. Isla quacs!io es! slulla, qmm: sappom'h
, nihi! aliud passe repariri, quod causa! individuum‚ nisi species e! aliquid cum specie
1 Nam habe! saa principia singulan'a ingredienlia essenliam suam, sieu! universale habe!
universalia. E! cum quaeri!ur de principiis illis, u! maleria e! fomaa‚ quid es! rausfl
individualionis, qaacrendum es! ab illis, qaid faci! universalia eorum esse um'
versalia. E! man possun! dieere, nisi qaod creulor faci! quodlibel‚ sccundam quod
proprietas eins ezigi!‚ e! idco naturam, in qua mulla deben! convenire, faci! univer
salem, c! maleriam diversem ab alia faei! singularem. Veram crea!or haue materiam
primam feei! singularem, quia sua propriclas hoc requiril‚ e! simili!er formam, i“
qua duae formae convem'un!‚ /eei! universalem, e! maleriam, in qua daae ma!eriae
par!icipan!, feci! communem, quia carum proprielas hoc exposcit, siea! feci! asinam
secundum eins proprielalem c! hominem seeundum sann: e! omnia. E! ideo s!u!liliß
magna es! in huiusmodi quaeslione, quam faciun! de individua!ione.
XVll. Erweiterung der byzant. Logik. 129
erwähnen, dass er getreu seiner Ueberschätzung der Mathematik alle ;
Kategorien auf die Quantität zurückführen will‘s”). f
Endlich aber fällt noch gleichfalls in diese nemliche Zeit eine manig
fache Erweiterung der byzantinischen Logik, welche sich nur
dadurch erklären lässt, dass dieses ganze Material bereits in den ersten
drei Jahrzehnten, welche seit seiner Aufnahme in die Litteratur des latei
nischen Abendlandes verflossen, an allen Orten die eifrigste Pflege ge
funden haben muss. Während es uns aber schlechterdings unmöglich ist,
irgend bestimmte Autoren-Namen zu nennen, ist dieses Mittelglied doch
geeignet, Eine jener vielen Lücken der Tradition, auf welche wir immer
hin noch stossen, einigermaassen zu ergänzen. Denn wir können nach
weisen, dass gegen das Ende des 13. Jahrhunderts fast der ganze Umkreis
der byzantinischen Logik allmälig eine erweiterte Umbildung, insbeson
dere durch Vermehrung der „Regeln“, erlangt hatte, sowie dass hiebei
die Grundlagen derLehre von den „Consequentiae“, welche später zahl
reiche Vertreter fand, bereits ihre Formulirung gefunden hatten. Wohl
zu beachten aber ist, dass (abgesehen von einer einzigen noch späteren
Quellenstelle, s. Anm. 626) es nur zwei jüngere Zeitgenossen, nemlich
nur Duns Scotus und Baimundus Lullus, sind, welche uns das Material
für diese Episode liefern, indem dieselben ziemlich häufig Einzelnes in
derartiger Form anführen, dass es unmöglich ihr eigenes Erzengniss sein
kann, sondern einer zu ihrer Zeit allgemein umlaufenden Lehre entnommen
sein muss (ja es ist dabei selbst von „verschiedenen Meinungen“ oder
sogar von „Vielen“, welche Etwas so oder so angeben, die Rede, s. Anm.
589, 595, 624). Wenn solche Quellen aus jener Zeit reichlicher flössen,
oder erst vollends, wenn die handschriftlichen Schätze aller Bibliotheken
ausgebeutet wären, liesse sich gewiss ein richtigeres Bild entwerfen,
welches dann auch die Namen der bis jetzt entschwnndenen Autoren ent
halten könnte. Jedenfalls aber muss ich bei der einmal bestehenden
Beschränktheit der Quellen die Möglichkeit offen lassen, dass noch gar
Manches, was für uns erst bei Späteren zu Tag tritt, dennoch bereits
damals in reichem Schulbetriebe seine Entstehung gefunden haben kann.
Was nachweisbar in jene Zeit fällt, ist Folgendes.
Schon die Lehre vom Urtheile bot manche Gelegenheit zu Fortbildungs
Versuchen dar; und zwar ist es zunächst das hypothetische Urtheil, bei
welchem man zu den drei früher recipirten Arten desselben (Anm. 39
u. 158) noch weitere vier Arten, nemlich causalis, lemporalis, localis,
rationalis, hinzufügte und analog der älteren Tradition nun auch für
diese Satzarlen die „Regeln“ der Wahrheit formulirte, wobei namentlich
betreffs der adverbia tempon's et loci die Unterschiede der Bedeutung
(ob Ruhe oder Fortschreiten) als maassgebeud betrachtet wurden 583).
582) Op. maius, p. 601 Constal, pruedicnmenlum quontilatix cognosci mm passe
sine mathematica..... Ouanh'tuti vero anncza sunl praedicamenla „quando“ et „ubi“;
praedicamrntum „habitus“ mm potest eognosci sine maior vero pur: praedicumenli qualilalis conlinet passionepsrueetdipcraompernileotat„ensbiq“u;antita
Ium; qnidquid aulem diynum es! considemtione in praedicamenlo relationis, est
proprietos quantitulis.
583) Reim. Lullus‚ Dialecl. introd. (s. folg. Abschn., Anm. 2), f. 3 v. B: Sex
(zu lesen septem) modi samt hypotheticae propositionis‚ sc. copulaliva, disiunctiva,
Panne, Gesch. lll. 9
130 q XVII. Erweiterung der hyzant. Logik.
Sowie aber hiebei zwischen. causalis und rationalis der Leser kaum
einen greifbaren Unterschied erblicken kann, so lässt eine andere Notiz
die Erörterung über causalis ganz hinweg, wonach dann nur drei neue
Arten des hypothetischen Urtbeiles verbleiben 5i“), wobei man sich auch
später unter Beseitigung der Terminologie „rationalis" begnügte; s.
Abschn. XX, Anm. 322.
Ferner ein sehr beliebter Tummelplatz der Logiker muss die Lehre
von den modalen Urtbeilen gewesen sein (s. ob. Anm. 41 fl'., 160 ll'.,
456 f. und besonders bei Thomas Anm. 542). Vor Allem war die schon
bei Wilhelm Sbyreswood (Anm. 43) auftretende Unterscheidung eines
modus adverbialis und eines modus nominalis in die neue Terminologie
potenzirt worden, dass ersterer nun sensus compositus heisst und jene
Urtbeile betrifft, in welchen der modale Ausdruck zum Subjecte oder zum
Prädicate gehört, während letzterer jetzt als sensus divisus denjenigen
Urtbeilen anheimfällt, in welchen die Copula Trägerin des Modus ist;
und man konnte bei dieser Unterscheidung, welcher sämmtliche modalen
Urtbeile unterworfen sein sollten, sowohl wieder allgemeine Regeln der
formalen Wahrheit aufstellen 585), als auch im Interesse der Syllugistilt
condi!ionalis‚ causalis, !cmporalis, localis, ra!ionalis, quanquam omnes possun! redest
ad !res primos modos .... .. f. 4r. A: €ausalis es! hypo!he!ica haben: in se duas
ca!egoricas uni!as per aliquum causalem coniunationem. Ad veri!atem ein: reqniritar,
quod sie esse‚ u! significutur per anlecedens‚ si! rausa sie essendi. u! per coun
quens significalur._„.. In negative, in qua nega!io portilur immcdiate an!!! rou
iune!ionem‚ requirilur ad eins verilalem‚ quod categorica praeccdrns nega!ionrm sil
vera, e! requirilur, quod sie esse, at secunda significat‚ mm si! causa sie essendi,
u! prima significa! . . . . . . .. Temporalis es! hypo!he!ica haben: in se dua: ra!ego
ricas unilas per adverln'um temporale. Ad eins verila!em‚ s! si! de praetan'lo vel
futuro neu habea! aliquam par!cm universg!em m.‘v adrerbium derw!ans succcssionem
vel simul!a!em temporis, rvquirilar‚ quod i!a fueri! ve! fulurum si! in cudcm tem
pore.‚.„ Sed si habe! in se adverbimn deno!ans ordincm temporalcm‚ sufficil (um,
quod ita /'ueri! vel fatqu si! pro dirersi: sal!em !emparihus..„. Si' 1!8f0 aliqui
pur: es! universalis, reqau'ritur, qaod !0! proposi!iones singulare: fuen'n! re! fulnm‘
sin! verae successiue, qao! fuerun! ve! erun! supposila . . . . .. (B) Si vero quaelibe!
calegori'ca si! de praesenti, laue requiritur, quod i!a si! in !empore pracsenli.....
Ad falsi!a!em suffici! opposilum i!!ius‚ ‘quod requin'!ur ad verilatem eins . . Localfl
es! hypothetica haben in se duas ca_tegoricas um'!as per adverbium Iocale. Ad veri
!atem localis af/iflnativae mm Imben!is adverln'um dcnotaaa mo!um requirilur, quod
im si! an! fia! in codrm laco..... Sed ad verita!cm nega!ivac su/fici!‚ quod res nou
si! nel fia! in enden! Ioco . ‚ . . .. Scd ad veritalcm localis haben!is in se aduerbium
drnolans m0!um, allquando reqniri!ur, quod xi! idcm terminus ad qucm‚ .....ali
quando, quod si! rdcm !erminus a quo . ‚ . . .. Rationalis es! hypotlrelica‚ in qtlß
aoniangun!ur plures ca!egaricne medianlc aaniunctione causali. Ad ein: neri!alcm re
quiri!gu e! su/‘ficil. quod, quali!ercunque significa!ur esse per antecedcns, i!a si!‚ ul
signifiralur per consequens. .
584) Ebend. Dialect. s. nov. log. (s. folg. Abschn.‚ Anm. 3). p. 151: Proposili0
hypothelica es! scpluplea: (hier hinwiederum ist doch scxtuplex zu lesen), so. repu
lalira, disiuncliva‚ condi!ionalis‚ rationalis, !cmparalis e! lacalis Raliomlis es!
illa, in qua sun! duac ca!egoricae com'unelae per has roniunvtiones „igilur“ t|€l
„ergo“...‚. Temporalis esl‚ in qua sun! duae ca!egoricae coniunc!ae cum adccrbi0
lemporali, u! „bonitas es! magna‚ quando magniluda es! bona“. Localis es! illa, in
qaa samt duae calegoricae coniunclae cum aliquo adverbio Iocali, u! „vir!us rsl, ubi
ius!i!ia est“. Die Regeln über die Wahrheit dieser Urtbeile sind dabei nicht
angeführt. Vgl. Abscbn. XIX, Anm. 328.
585) Ebend. Dialccl‚ in!rod. f. 5 r. B: Prapositio modalis es! illa, in qaa pom'h‘f
XVll. Erweiterung der hyzant. Logik. ' 131
darauf hinweisen, dass ja eigentlich doch nur der sensus divisus ein
wahrhaft modales Unheil constituire, hingegen der sensus co-mpositus den
Urtheilen des Stattfindens beizuzählen sei M“), während man hinwiederum
dennoch für beide Arten die üblichen Momente der Quantität, der Qua
lität, des Gegensatzes und der Umkehrung durchführte 5"‘7). Ferner ver
mehrte man innerhalb dieser neuen Zweigliederung der Modalth auch
die Zahl jener Begriffe selbst, durch welche ein Urtheil ein modales
wird; nemlieh man fügte die Begriffe per se, dubium‚‘ad u!rumlibe!,
nimm, opina!um, apparens, eredibile, notum‚ voli!um, dilec!um hinzu,
so dass schon hier (vgl. unten Anm. 598, 600 f.) so ziemlich der ganze
Umkreis derjenigen Verba, welche einen sog. Accusativ. e. infinit. re
gieren, beigezogcn ist 558). Zudem hatten sich an jene modalen Urtheils
Formen, welche schon längst recipirt waren, gar manche Neuerungen
geknüpft. So wird bei den Möglichkeits-Urtheilen bezüglich ihrer Trag
weite, d. h. suppositio, merkwürdiger Weise aus Shyreswood’s Syncate
goreumata (s. ob. Anm. 86 f., vgl. auch Anm. 63) der Unterschied zwischen
disjunctiver und eopulativer Supposition formulirt, wodurch wieder Be
rührungspunkte mit der restn'atio (Anm. 234) entstehen 5B"), und auf
terminus modifica!irus cum infiniliv0 . . ‚ . .. Si lermini praedieli scu modi ponunlur
in medio dich, sc. in!er aclum et infini!iaum ipso; diridendo, dici!ur proposilio divisa
seu in sensu diviso; aliler diei!ur praposilia composila seu in sensu eomposilo. Ad
ven'talem divisae suffici!‚ quod modus verifiee!ur de propasilione canslilula ex pra
nomine demonslranle „i‘d“, u! divcndo „eah'dum possibilc es! esse frigidum“..‚.‚
ad eins veritatem sufficit‚ quod haee proposilio „hoc esse fn'yidum, es! possibile“
sil vera . . . . .. Ad rm'!alem compou'lae requiri!ur, quod lerminus seu modus rerificelur
de proposi!ione indicalira correspondenle i!li diclo.
586) Duns Scotus, Ou. sup. Anal. pr. l, 25, (Vol. l der Opp.‚ s. Abschn. XIX,
Anm. 82) p. 309 B: Modum con!inyi! duplieiter pom' in proposi!ione‚ ac . . . ‚ .. in sonst!
diviso, quando modus poni!ur, u! si! determina!io copulae; ve! in sensu composilo,
quando madus poni!ur a perle aubiee!i vel a parte praedicali. E! is!ae propon'liones
mal/um difl'erun! e! quan!um ad syllogizandum e! quanlum ad conaertendum,‘ i!em
difiemn!‚ quia lila de scnsu compasi!o es! proposilio de inesse, e! illa de sensu diaiso
es! madalis, quia semper proposih'o es! denominanda a eopula.
587) Ebend. p. 310 A: Propositionea de modo in sensu eomposila sunl inde
finitae, a. g. „Passibile es!, Sncra!em eurrere“, qm'a sna universalis es! isla
„Nullum possiln'le es!, Sonaten: rnrrere“ . . . . . . l!a canformiler dicilur de illis, in
quilms modus praedica!ur. Vgl. obige Anm. 43.
588) Ebend.: Omnes propositiones„.in sen.m composz'lo de is!is mach’s „neona
sarium, per se, vemm, possiln'le, conlingens“, — loquendo de eontt'ngenti pro possi—
bili eomrmmi - (vgl. oh. Anm. 42 u. 162), oonsimililer canverlunlur illis du inesse
. . . . . . De is!is modi.s „impossiln'le, falsam, dubium“ non converlunlur eine! illae de
inesse, quia Inne islae regulue essen! aerae „S! anlcredens es! impossibile, consequens
es! impossibile“ . . . . . .. De is!is modis „seitum‚ opina!am‚ apparens‚ nehmt, eoli!um,
dilec!um“ non eonver!untur simililer ‚n'en! illae de inesse. Ebd. 26, p. 311 B: Pro
posi!iones de sonst! diviso in illis modis „impossibile, falsum, eou!inyens‚ ad u!rum
übe!“ non conver!unlur simililer illis de incsse .... .. Modales de sen.m diviso in is!is
1nod1'l „cagnosco, appare!“ e! Imiusmodi non anneer!unlur proprie. Auch 36, p. 328A
werden als madi die Begrifl‘e „m'a, apinor, credo, dubito, appare!“ angeführt. Ueher
„opinabilitm“ s. schon bei Petr. Hispanus ab. Anm. 234.
589) Ebend. 26, p. 310 B: ‚De proposilionibus de possibz'li duplex es! opinio.
Und pom'l, und subiectum respee!u verbi de possibili (d. h. bei einem Urtheile de
sensu divisog in prapo:i!ione indefinita vel parlieulan' suppom'! disiune!ive pro bis,
quae xun!‚ e! pro la's, quae paasun! esse, c! in universal! sivc affirmaliva sire nega
tive auppom'! sopula!ive Sed alle es! opinio, quae poni!‚ quad illa de possibili
9*
132 XYll. Erweiterung der byzanL Logik.
solcher Grundlage ergeben sich neue Regeln betrefl‘s der Umkehrung
dieser Urtheile 5""), wobei man auch das cantingens neben dem passibile
gesondert betrachtete 5”‘). Betrell's der N0lhwendigkeits-Urtheile finden
wir die spitzlindige Unterscheidung zwischen necessarium conditr'anale,
nenessarium quando, neoessarium aimplieiter, welch letzteres wieder
entweder u! 1mm: oder pro semper sein könne 592)‚ und sowie für diese
Unterarten die Regeln der Umkehrung untersucht werden 593), so spielt
dabei auch das Wechselverhältniss zwischen Unmöglich und Nothwendig
sowie zwischen Un-nothwendig und Möglich herein“‘). Ausserdem
endlich werden noch sehr eigenthümliehe Regeln über das Verfahren
aufgestellt, durch welches Möglichkeits-Urtheile in Urtheile des Stattfindens
umgesetzt werden können; nemlich singuläre oder unbestimmte Möglich
keits-Urtheile sollen einfach in das Präsens des Stattfindens’ übergehen
können, und bei lllöglichkeits-Urtheilen der Vergangenheit oder Zukunft
brauche nur das Prädieat, nicht aber auch das Subject, entsprechend
umgesetzt zu werden 595).
Andrerseits war es natürlich der ganze Abschnitt De terminorum
prapn'eta!ibus‚ welcher reichen Anlass zu l‘ortbildenden Erweiterungen
darbieten konnte. Und so finden wir denn auch die Lehre von der
suppositio in einer eigenthümlichen Gestaltung, welche in ihren Grund
zügen wohl mehr an Shyreswood (Anm. 61), als an Lambert v. Auxerre
es! distinguenda, quia vet eins subiectum suppom'! pro bis, qmm saut, ac! pro his‚
quae possun! esse.
590) Ebend. p. 312 A: Affirmah'oae de passibili pro Iris, quae samt, mm can
ver!unlur praprie...... Negalivae de passibili non canmrr!unlur praprie, in qiu'blß
subieclum supponi! pro Iris, quae samt Affirma!ivae de passibili, in qmbus
subiectum suppom'! pro bis, quae passun! esse, similiter canvcrluntur illis de {nem
. . . ‚ ‚. Negative de possibilt' pro Itis‚ quae possun! esse, non convcrlitur.
591) Ebend. 30, p. 319 A: I‘ropositia de von!inyenli (s. Anm. 588) potes! can—
ver!i dupliciter. Uno moda in opposilam qualita!em.„. manente eadem suhiecla d
praedicoto. Alia modo passun! canoerli ad u!rumlihe! transp0nonda !erminas sind
illae de inesse.
592) Ebend. 26, p. 311 A: Triptex es! praposilio de necrssario. Ouuedam de
nccessario caudi!ianali‚ u! „Vuruum, s|' ext, de nccvssitate es! Iocus“; aliu de ne
cessm-r'a quando, u! „Grammaticus, quanda cs!‚ de necessario es! homo“; sed !erlrß
es! de necessarx'a simpliciler‚ e! tatis es! duplex, quia quaedam es! de mcessan'a fll
nunc salum_. scd alia es! de nerecsaria simplioiter pro semper. _
593) Ebend.: Proposi!iones de necessaria canditionali au! e!iam de neuessrmfl
quando mm conuerluntur . . . . . .‚ de necessan'o simpliciter pro mmc non camnzrtuul"f
praprie, quod lales prapost'lianes passen! connerli impraprie per resolutiancm 0
quandam de incsse...‚.. De necessarz'o simpliciler pro semper similiter canoertunM
illt's du (nasse. ‚
594) Ebend. p. 312 A: lila de necessan'a de modo negata non dici!ur W"P"‘
de neccssan'a, sed de possibili, e! c can!ra illa de possibilr' de mada am")
nan dici!ur praprie de possibih', sed de necessaria.
595) Duos Sca!us‚ (Ja. in l‘hys. VI, 2, 6, (Vol. ll) p. 356 B: Loquenda i" P'P‘
posi!ianibus de possibili aal de praeleri!o an! de fuluro aparte! uti duabns reyfll"_‚
quas mul!i pamm! universales. Prima rogula es! is!a: Omnis prapositia singfllfl'"
aal indefinila de passiln'li dabei pom' in esse per unum propositianem de pracsrnth _
is!a „Sacratcs pales! currere“.„.. in „Senates currit“. Secunda regeln, thd "‘
amm' propasitionc de possibt'li re! de praelm'lo ve! de /a!ura proedical„m appelW
suam formam, e! non subicctum (vgl. Anm. 601)‚ h. e. quod talis prapost'!i0 d" '
poni in esse per anam de cansimili praedicala, e! non aporlel‚ quod per «Mm
cansimili subiccla; e! potes! exemplificari de isla „Album potes! esse m'gram“
XVII. Erweiterung der byzant. Logik. 133
und Petrus Hispanus (Anm. 126 f.- u. 202 ll'.) erinnert, aber namentlich
in der Eintheilung sehr von der älteren Tradition in einer Weise ab
weicht, welche unleugbar den Vorzug der Klarheit für sich hat; nemlicli
nach Ausscheidung der blassen Metapher (impropria) soll die propria
suppositio zerfallen in simplex, materialis, personalis, letztere in discreta
und communis letztere wieder in determinata uml confusa, diese letztere
in disiunctioa, copulativa (vgl. Anm. 589) und distributiva, und endlich
diese letztere erst in mobilia und immobilisäim). Auch hatte man he
'tr‘ell's der suppositio acht Regeln formulirt. welche theils an die Qualität
und Quantität der Urtlie‘ile anknüpfen, theils die Lehre von der distributio
sowie einige Syneategoreumata in ihr Bereich ziehen, und auch'ihrerseits
einen Beleg dafür gehen, wie sehr überhaupt die Zahl der termini, wo
nur Gelegenheit dazu war, vermehrt wurde; neinlicli an die Comparativ
und Superlativ-Formen (s. Anm. 265) und die hier ihnen gleichgestellten
Worte „dilfert“ u. dg]. (Anm. 266) reihen sich nun noch „caret, distin
guituru an, und mit „bis, ter“ (Anm. 254) werden „immediate, continue“
verbunden, während eine Reihe von Verbis, wie appeto, desidero, cupio,
opto, teneor, debeo, promitto, requiro, indigeo, spondeo, völlig neu hin
zukommen 597).
596) Reim. Lull. Diat. introd. f. 5 v. A: Suppositio primo dividitur in proprium
et impropriam. lmpropria est, ut ,,Angl|'a pugnatu . . . . .. Propria est, quando
terminus supponit pro intentione vel pro se vel sibi simili vel pro illo, ad quod
signandum est impo‘situs. hapria dividitur in simplicem, materialem ct personatem.
Simplex est, .. . ..ut ‚.hamo est species“. . Materiatis est. quando terminus supponit
pro se aut sibi simili, ut „hemo est oozunnoel „homo est terminus mentalis“ . . . . ..
Personalis est, quando terminus supponit pro ilto, ad quod significandam est irn
positus . . . . .. Pcrsonalis dividitur in discrctam et communem Discreta est, quando
terminus singularis supponit7 communis est, quando communis dividitur in determinatam et confusam...... Detetremrimniantuos esct,omqmuuannidso tcr
minus communis supponit pro aliquo, sub quo non copulalive. sed disiunctive seu
per propositionem disiunctioam potest fieri descensus ad sua singularia..... Confusa
est, quando terminus communis supponit et non debet fieri talis descensus, sed vel
disiunctus per propositionem de disiuncto extremo vel copulatus pcr propositionem de
copulata extremo (vgl. folg. Abschms Anm. 47) vel copulatiuus per propositionem
copulativam. Et ideo suppositio confusa est triptex, sa. vel est con/usa tantum dis
iunctim vel con/usa tantum copulatim vel con/usa et distributiva. Confusa tantum
disiunctim est, quando non potest fieri descensus per propositinnern disiunetivam, sed
per propositionem de disiuncto extremo Confusa tantum copulatim est, quando
non licet fieri alium descensum nisi per propositionem de copulata extreme Con
fusa et distributiva est, quando potest fieri dcscensus per propositioncm copnlalivarn
uniformiter vel difi’ormiter ad sua singularia Con/usa et distributiva est duplex,
xc. mobitis et immobilis .... .. Mobilis est, quando polest fieri descensus unifonniter
vel af/irmative vel negative . . . . .. Immobili: est, quando non potest fieri desccnsus
uniformitvr, sed difformiter, i. e. quando atiquae singulares sunt offi'rmatinar et ali
quae negatioae. Nur der Anfang dieser ganzen Eintheilung findet sich auch in des
Lnllus Diatect. s. nov. log. p. 152.
597) Ebend. f. 6 r. A: De regulis suppositionum. Prima: Omnis terminus sin
gularis supponil discrete. 2. Cuiustibet propositionis particularis vel indefinitae sub
iectum supponit determinate; etiam praedicatum affirmativae, si sit terminus communis
et non impediat syncategoreuma .. 3. Cuiuslibel propositionis universalis subiectum
supponit confuse et distributive, et ctiam praedicatum propositionis exclusivac . . . . ..
4. Cuiustibet propositionis universalis negativac subiectum supponit confuse et distri
butive, et etiam praedicatum . . . . .. 5. Signum universale affirmatiuum confundit et
distribuit suum terminum communem sequcntem se, et confundit tantum terminum
134 XVII. Erweiterung der byzant. Logik.
Ebenso verhält es sich mit der ampliatio (s. Anm. 225 ff). Man
hielt nun die verschiedenen Arten des terminus ampliativus (im Gegen
satze gegen terminus ampliatus) auseinander, welche im Futurum oder
Präteritum eines Verbums oder Partieipiums, in den Verbis potest oder
contingit, oder in den auf verschiedene Zeiten erstreckbaren Verbis signi
/ico‚ intelligo, memoro, promitto, appeto u. dgl. (vgl. Anm. 588) liegen,
wobei natürlich grundsätzlich die erweiternde Function der ampliatio nur
dem Prädicate, sowohl nach seiner primären Bedeutung als auch nach
seinem connotatum (d. h. den abgeleiteten secundären Wortformen), zu
kommt, und der Subjectsbegriff der hiedurch erweiterte ist 593). So
mussten dann wohl erklärlicher Weise für die drei grammatischen Zeit
formen der ampliativen Sätze mit Einschluss der Participien und sogar
der abgeleiteten auf „bilis“ endigenden Adjectiva jene Regeln, welche
schon bei Petrus Hispanus vorlagen, vermehrt und specieller formulirt
werden, und man unterliess es hiebei selbst nicht, auch wieder die
Modalität der Urtheile hereinzuziehen 599). In Bezug aber auf diesen
comruunem remotum; omnis autem negativ et omnis dictio haben: vim negatiom's cou
fundit et distribm‘t terminos omnes scquentes so; est unten: tatis dictio omnis com
parativus‚ supcrlativus et „difiert, utiud, caret, distinguitur“...... 6. Pracdiratum
cuiustibct propositionis universalis affirmotivae et subiectum ruiustibet exclusivae af—
firmativac, si saut termini communes, supponnnt, canfuse tuntum. 7. Omnia.ndverbiu
numeralia, ut „bis, ter‚ quoter“, et isti termini „immediate, contirme“ (vgl. Abschn.
XIX, Anm. 183) sempcr ubique coo/undunt terminos comnumes immediote sequeutes
so cou/usc tantum, et ista uerbo „appeto, desidero, cupio, opto, tencor, drbeu,
promilta, rrquiro‚ indigeo, spondeo“ et universatiter omnio verba signiflcautiu acturn
interiorem cum suis activis participiis et gerundiil et priore supino confwtdunt ter
minum communern sequenlcm se confuse tantum...... B. Outlibet terminus haben:
uim distrilmendi terminum scquentem, quem invrm't non distributum, es! talis naturae,
quod, si invenit ipsum distribulwn, facit ipsum mm esse distribulum. 9. Omnis ter
minus communis suppom't delerminate, :i mm praecedat atiqua dictio haben: rim
neynliunis vs! vi-m conl'undendi.
598) Duns Scotus, Ou. .mp. Anal, pr. l, 16, (Vol. l) p. 296 B: Terminus am
pliatus dicilur itle, qui amptiotur passive, ita quod pro pluribus supponat, quam
antc; sed torminus ampliatiuus ert iste, qui umpliot, v. y. proedicatum vet copula,
xi fuerit praeteriti vet futuri temporia uut de possibiti . . . . .. (p. 297 A) Om'dam
samt, ut verba praetcriti vs! futuri temporis, atii saut, ut participia.....; alii sunt,
ut isto verba „polest, coolingit“ et nomina derivata ab istis; item ista aerbo „signi—
fico, intelligo, promitlo“ et huiusmodi, et universoliter omne verbum, cuius actus potcsl
transire in rem praeteritam et [Mumm sicut in rcm proestmtem....„ Praedicotum
dicitur appeltare (zu lesen ampliare) suom [ormam et restringere ad supposita uerfn'
(am secundum significatum quam secundum cormototum (dieser Begriff begegnet uns
hier zum ersten Male, vgl. Abscbn. XX, Anm. 273 u. 291)..... Subiectum amptiatur
per praedicatum, . . . . ..quio atiter muttae proposttiones essent fatsae, quae tarnen
sunt concedcndae‚ ut „Nulta rosa existente rosa intelligitur“ (vgl. bei Petrus
Hispanus, ob. Anm. 236). .
599) Raim. Luft. a. a. O. f. 6 r. B: Ampiiatio est ‚stotio temini aalegoremotici
pro aliquo vel atiquibus ultra hoc, pro quo actualiter existent in propositione sim
ptiriter prima. De ampliatione dualer hoc rcyutae. Prima: Cuiustihet propositionis,
ruius copuia,cst de prueterito‚ subicctum umptiotur ad supponendum pro eo, quod rst
vel fuit 2. Cuiustibet propositiouis, wies ooputa est de futuro, subirctum ma—
plialur ad supponcndum pro eo, quod est uet erit 3. (Juiustibct propositionis,
in qua ponitur hoc verbum „potcsl“ pro vorbo prinzipati, subicctum ampliotur ad
supponrudum pro eo, quer! es! vet crrt vel potcst esse Idem dicendum de sub—
iecto propositionis, cuius copula ext de prassenti et proediaalum est hoc porticipium
„polens“. (Diese ersten drei Regeln finden sich ziemlich gleichlautend auch in des
xm Erweiterung der byzant. Logik. 135
logischen Werth der Zeitformen des Verbums (vgl. ob. Anm. 227) wurde
ausser den Participien und den Zeiten der Copula auch auf die eine Be
wegung oder Veränderung bedeutenden Verba (fieri, generari, corrumpi,
incipere, desinere)-und wieder auf die eben erwähnten ampliativen Verha
(intelligo, promitto u. s. f.) selbst mit. Beiziehung von causa, causatum,
cate/activum hingewiesen, so dass namentlich die Verba incipit und desinit,
welche wir bei Petrus Hispanus unter den Ewponibilia, trafen (Anm. 263),
hier eine Anknüpfung an die ampliatio zeigen, welche ihrerseits sogar
durch die Umkehrung all dieser verschiedenen Urtheile klar gemacht
werden soll 0°“); r - A ‘
Auch die appellatio (s. ob. Anm. 228 f.) wurde in ähnlicher Weise
näher an grammatische Momente gerückt, indem schon in der Definition
derselben das Präsens des Verbums‘ und das Auftreten eines demonstra
tiven Pronomens betont wird i und sodann bei Formulirung der Regeln
wieder die Rücksicht auf die Verschiedenheit der drei Zeiten, auf die
Modalität der Urtheile, und abermals auf jene Verba (intelligo etc.) ent
scheidend hervortritt ßm).
Lullus Dialect. .9. nov; log. p. 152, Woselbsl die ampliatio definirt wird als static
termini communis pro diversis lemporibus) .... .. 4. Cuiuslibe! propositionisl cuius
praedicatum es! participium practcriti temporis sive copula .sit de praesenti sive de
praelerito, subiectum supponit pro eo, quod est vel fuit . . . . .. 5. Cuiuslibe! pro
positionisl cuius praedicatum est nomen verbale terminatum in „bilis“, subiectum
ampliatur ad supponendum pro eo, quod es! vel polest esse . . . . .. 6. Hace verba
„intelligo, cognosco, scio, concipio, memoro, opinar, arbitror“ et cetera verbo, quae
habent vim transeundi ita bene in rem praeteritam vel futuram vel poseibitem sicut
in rem praesentem ampliant msnm, quem regunt, ad supponendum pro eius signi
licalis respecta cuiuslibcl temporis et possibilitatis . . . . .. 7. Cuiuslibel propositionis
de necessario in sensu divisa (s. Anm. 585) subiectum ampliatur ad supponendum
pro eo, quod est ret potest esse S. omnis proposih'o, cuius subiectum am
pli alur ad supponendum pro eo, quod est vel evil, ve! pro eo, quod est vel fuit vel
potest esse, debet ezponi per propositianem categoricam de subiecto ditiunalo.
600) Dans Scolus a. a. 0. 17, p. 298 A: Oualuor modis aliqua propositio
polest pertinere ad praeteritum vel fulurum. Uno modo, si eius praedicatum aut
subiectum sit participium praeteriti vel futuri Socundo, si copula verbalis sit prae
teriti aut futuri. Terlio, si copula verbalis signi/icet vel connotet motum vel muta
tioneml ut ista verba „fieri, generari, corrumperc, inciperr, desinerc“...‚. Cuarto,
quando in propositione ponitur nomen vet verbum ampliaturn (zu lesen ampiiah'vum);
ut ista verba ‚.sigm'fico. intelligor appeto. promillo“ et ista nomina ncausatum
causa, calefaclivum“ e! huiusmodi .... .. (p. 298 B) Verba „inoipil, desinil, fit, ge
nerari“ habent ezponi per duas "parientes, quarum altera est de praeterito et alia
de futura .... .. (p. 299 A) Verba "sigui/im, intelligo. memoro, cognosco, opinoru et
huiusmodi .. 1.. . ampliant terminos. quos reguntl ad supponendum non solum pm
praeseutíbus, immo etiam pro praeteritis vel futuris . . . . .. In conversione huiusmodi
propositiormm ista ampliatio debet explicari
601) Raim. Lullus a. o. 0. l‘. 6 v. B: Appellalio es! uerificalio praedicati sub
eadem forma, i. e. dictione in propositione de praesente de pronomina demonstrante
filmt, pro quo supponit subiectum proposiliom‘s, citius ipsum bantur hae regulae. Prima: Ad veritatem propositionis de pprraaeesdeintciatruemquierstitupra,rsquod
eius praedicatum in propria forma, i. e.“ sob eadem diclione. veri/icetur de pronomina
demonstrante illam rem. pro qua supponit subiectum illius propositionisun .. 2. Ad
veritatem cuiusiibet propositionis de praeterito requiriturl quod eius praedicatum sequens
verbum fuerit aliquando sub eadem ratione verificabiie de prunomine demonstrante
illudl pro quo suppom'! subiectum 3. Ad veritatem cuiuslibet propositionis de
futura reqm'rilur, quod eius praedicatum in propria forma aliquando futurum sit
verificabilc in propositione de praesenti de pronomine demonstrante illud, pro quo
136 XVll. Erweiterung der byzant.‘Logik.
In der Lehre von der diatn'butio, welche zwar damals, wie es
scheint, mehr mit der suppositio verflochten wurde (Anm. 597), ersehen
wir aus einer vereinzelten Notiz, dass man eine Schwierigkeit, welche
sich an die Tragweite des Wortes „omm's“ knüpfte (ob. Anm. 240), nun
durch genauere Formulirung einer Regel zu erledigen suchte“°*). Wie
weit man einer Definition der restrictio, welche dem Lambert v. Auxerre
näher steht als dem Petrus Bispanus 603), etwa in Regeln eine ausge
dehntere Folge gegeben habe, wissen wir nicht.
Was das Gebiet der Exponibilia hetrill‘t (ob. Anm. 256 ll‘.), finden
wir nicht bloss die eigenthümliche Wendung, dass man alle Arten der
exponiblen Urtheile als eine Aequipollenz hypothetischer Urtheile betrach
tete 60“), sondern auch die Neuerung, dass man grundsätzlich bezüglich
aller exponiblen Ausdrücke einen Unterschied statuirte, welcher zwischen
der blossen „Bezeichnung“ (signatum, z. B. durch das Verbum ezcipio)
und der wirklichen „Ausübung“ (exercitum, z. B. durch die Präposition
praeter) bestehe605). Und auch bei den einzelnen Theilen dieser ganzen
Gruppe fehlte es nicht an fortbildender Erweiterung. So wurden obige
(Anm. 260) Regeln über die Exclusiv-Sätze dadurch vermehrt, dass man
neben der Qualität des Urtheiles auch die Stellung der Exclusiv-Partikel
berücksichtigte, je nachdem dieselbe beim Subjecte oder beim Prädicate
oder bei der Copula (!) oder beim Subjecte und beim Prädicate stehe M“).
suppom'l subieclum . . . . .. 4. Ad verilatem cuiuslibet proposiliom's divisae (s. Anm.585)
de isln verbo „polesl“ vel „conlingil“ vel du bis m0dis „passibilc, conliugcns, nccesu“
reqlu'rilur, quod isle modus sil reri/icabih's in proprin forma de pronomine demonstranle
ülud, pro quo supponit subievlum lulis proposilionis . . . . .. 5. Isla verlm „coynosm.
beteilige, sein“ c! similt'a, quae [lahmt nuturum transmmdi in diclionem substantivm
et adiectivam et eliam in complcxioncm ipsarum, appellanl suam formam et etiam
eomplexionem ipsius diclionis scquenlv's rerbnm e! rechte ab eo; sed xi lalis diene
praeredat verbum, non appellal complexionem. scd solum suam formam.
602) Duns Scolus‚ Uu. sup. Anal. posl. l, 38. p. 404 B: Signum universafi
dis"ibuil lerminum non sub propria retionc suppusilorum, sed sub ruh'one lermim
eommum's, . . . . ..quia, si fieret dislrilmlio pro supposilis sub propriu ratione, quar
Ilbtl propositio universalis esse! plures, rl per conscquens mm: per1'ret syllogisrnus r!
eliam conlradiclio in universalibus.
603) Reim. Lullux. Dm!ect. s. m. log. p. 152: Restriclio es! slalio lermißi
in proposilione pro puucioribux significalis, quam ein: requiral nalura, ul „am“
homo albus curril“. Vgl. ob. Anm. 130 mit 224.
604) Reim. Lullus, Dielecl. introd. f. 4 v. A: Propositio aequivalcns hypotheliW
es! proposilio, in qua pom'lur dich'o, ratione cuius ipsu ext-exponibilis per propo
silionem Ilypolhelicum‚ u! sunl excluriva‚ ezccpliva‚ reduplicatioa. Hiezu Abschn
Xl.\'‚ Anm. 186.
605) Duns Scnlur‚ Ou‚ sup. Porph. 14, p. 97 B: Di/ferentia inler aclum s:gnnlm"
et ezerrilum patrt in mullis; per „non“ em'm exercelur negatio, per „nego“ w"
signalur, per ‚Junlum“ simililer exerrelur exclusio, per ‚.excludo“ Signatur, N ita de
‚.praelcr“ et „exeipi“ et aliis. Die mehrseitige Durchführung dieses Grundsatzes
s. Abschn. XX, Anm. 288, 346. 365.
606) Reim. Lullus a. a. O. f. 4 v. A: Quando diclio e.zclusiva addilur subißtlo‚
ut „lanlum homo currit“, exponilur sie „humo currit et nilu'l aliud ab hominc currfl“
Sed e anntra es! in negative, quia WM praedioatum removelnr a suln'eclo r!
atlribuilur cuilibel ulii. Ouando aalen: diclr'o exclusiva addilm‘ prardicalo. u! "5”"
orales es! Millum animal“. exponitur sie „Sonate: est uninml rl Socrulcs non 651
aliud ab animali“. Ouando addilur copulae. expanilur eo modo, quo qunndo addilur
subirclo Opando additur lam subieclo quam pmedicalo, ut „lantum Svcralfl
XVII. Erweiterung der byzant. Logik. 137
Desgleichen Wurden bei den Etuptiv-Partikeln (Anm. 261) nun die logi
schen Bedingungen, unter Welchen ein Unheil exceptiv sein kann, sowie
die Erfordernisse der Wahrheit für bejahende und verneinende Urtheile
formulirt 607). Bei der redup!icatio (Anm. 262) unterschied man nun
von der eigentlich reduplicativen anetion der einschlägigen Worte (in
quantum‚ secundum quod, u!) jenes Auftreten derselben, in welchem sie
„specificalive"‚ d‚ h. durch einen Bückweis auf den Art- oder Gattungs
Begriil‘ wirken, und man brachte auch die alielas (vgl. Anm. 260 u.266)
mit der Beduplicatiot; in eine Verbindung, hielt aber daran fest, dass in
den rednplieativen Urtheilen das Prädicat das Entscheidende sei 608); auch
unterschied man in Berücksichtigung der Stellung der reduplicativen Par
tikel zwischen hejahenden und verneinenden Urtheilen und formulirte die
Regel der Wahrheit für diese Urtheils-Form, welche sich in der Expo
sition derselben von selbst erprobt“°”)w
Wohl der wichtigste Theil aber unter diesen Bereicherungen der
byzantinischen Logik betriilt den Ursprung der Lehre von den „Con
sequentiae“, über Welchen uns hiemit eine etwas nähere Einsicht
es! tan!um animal“, !unc exponenda es! sie „Socrales es! animal, e! m'hil aliud a
Socra!e es! nihil aliud ab animalt“.
607) Ebend.: Ad proposi!ioncm excep!ivam requimn!ur quu!uor !ermini tanquam
qua!uor sondiliones: Subievßum principale, a qun fia! ezcep!io‚ dic!io vxcepliua‚
per quum deno!e!ur ac!us excipiendi, .... .;pers ezceptivu‚ .. praedica!um‚ respeclu
cuius fial ezceplio...... Requirunlur duae umdi!iones: prima es!‚ quod subinlnm si!
!crminus communis cum ‚eigne universali sump!us habcns plura imposila ve! par!ß
cularia sub se..‚..; sccunda es!‚ quod subieclum praedimri possi! de rxccp!o c! de
omm'bus eiusdem speciei in proposi!ione af/irmativa vom, e! quod ezceptum xi! minus
commune Ad vcri!a!em affirma!ivae requiri!ur‚ quod praedicatum mm insit excepto
e! insi! omm' alii con!en!o sub subiecto illo‚ a quo fit czceplio..... Sed ad verilalem
negalirae requirilur e con!m‚ so. quod praedica!um insi! e.zcep!o e! nulli ulii cuntcnlo
sub subicc!o prinoipali.
608) Duus Sco!us‚ 0u. sup. An. pr. l, 35, p. 327 A: Reduplicalio significa!
immedia!ionem pmedicali ad subiectum . . . . ‚. Is!ae dic!iones sun! redup!icativae „in
quanlum‚ recundum quod‚ in eo quod“ e! u!iquando haec dictio „u!“ e! nonsimiles.
Tales dic!iones reduplica!ivac aliquando accipiun!ur specifica!ivc c! a!iquando
reduplicative. Ouando redup!icatio sumi!ur specifica!ive‚ !unc designa! aliquam nun
dilionem vc! a!iquem modern rel aliqucm sensum‚ secundum quem prapoxi!io es! vera,
quae a!i!er nun esse! vera . . . . .. Dic!io redup!ica!iva reduplicalive sumpla‚ e! mm
specificative‚ designa! prima immediationem praedicati principulis ad illud‚ super quod
cadi! rcduplica!io, et quandoque deno!a! conver!ibili!alem; exemplum primi „Homo,
iuquantum animal, es! corpus“....‚ exemp!um secundi „Humo, inquantum animal, es!
sensibile“..;„. Redupliculio designa! a!ie!a!em sive diversi!a!rm principalis praedicu!i
ab illo, super quod cudi! reduplica!io . . . . . .. Proposilio‚ in qua reduplicatio addilur
praedica!o pn'ncipali, es! fa!sa‚ supposito quod fia! ex terminis. qui pro pluribus
rebus suppanunt. Illud‚ super quod cadi! redup!im!io, so ziehe! Ionen: u perle
praedicati‚ e! mm subiecli.
609) Heim. I‚ullus a. a. O. f. 4 v. l]: Reduplica!iva quandoque es! af/irmaliva,
quandoque es! negative nega!ionc pracccdenle reduplicalionem e! verbum primi
palc‚ .. aliquando vero es! negativa nega!ione -pnsila inlcr reduplicalionem e! vor
bunt priucipnle. In rednplimliva proposi!ionc quandoque pomm!ur lres termim'
dissimilex, quandoque duo similes c! unus dissimilis, quandoque um! omnes !res
simi!es. Ad ueri!a!em reduplica!ivae rcquirilur veri!as unius oopulalivuc camposi!ae
quandoque ex !n'bus quandoque ex qua!uor propasi!iouibus ca!egoricis‚ in qua pro—
positionc copu!atica oper!e!‚ quod remo!a dic!ione redup!ica!iva praedicclur xecundus
!erminus praedic!orum !rium de prima e! ter!ius universali!er de secundo.
138 XVII. Erweiterung der byzanti Logik.
vergönnt ist. Was'nemlich in diesem Zweige später, wie wir sehen wer
den (Abschn. XX, Anm. 161, 279), üblicher Weise an die Fortbildungen
der Summula des Petrus Hispanus angeknüpft wird, fanden sehen Bons
Scotus und Raimundus Lullus in ziemlicher Ausführlichkeit fertig vor,
und zwar als einen Gegenstand, mit welchem sich bereits Mehrere(s
Anm. 624) beschäftigt hatten“°). Die erste ‚ und ursprüngliche Quelle
der Comequentiae‘dürfen wir allerdings in der arabischen Logik suchen,
dann dort trafen wir schon den Begriff der „cousequentia“'selbst (vor.
Abschn., Anm. 367 ff. u. bes. Anm. 65'), und zwar, was hauptsächlich zu
beachten ist, in einer Verflechtung mit der Topik (ebd.-Anm. 372); dazu
kommt, dass bei den Arabern die hypothetischen und disjunetiven Syllo
gismen eine Aufnahme gefunden hatten (ebd. Anm. 48, 219, 269, 326);
und ein drittes Ingrediens liegt darin, dass die Araber an der Aigumen
tation überhaupt eine formelle und eine materielle Seite unterschieden
(ebd. Anm. 51 f., 333). Aberdiesc dreifache Anregung ist oll‘eribnr' sofort
nur im Dienste der byzantinischen Logik verstanden »worden; denn für
diese konnte man in der‘consequentt'u ein verbindendes Mittelglied.er
blicken, durch welches von dem hypothetischen Urtheile und von den
Exponibilia, welche man ja mit demselbe_n verknüpfte (Anm. 604), ein
Uebergang zur Topik geWonnen werdc"‘)‚ so dass man nun dieser letz
teren jenes nemliche Gepräge aufdrücken konnte, durch welches das ganze
Gebiet der Terminorum proprietates und was..sich daran anschloss, ge
kennzeichnet ist. Ja dass schon von Anfang an die'byzantinische Logik
es war, in welche man jenen Zweig arabischer Doctrin verwob‘, zeigt
uns am deutlichsten Wilhelm Shyrcswood, welcher in der Lehre von den
Syucategoreumata bei Besprechung der Conjunction „si“ bereits einige
Grundzüge der consequentia entwickelte (S-.'Ob‚ Anm. 83), wobei uns
sogar schon die Unterscheidung der consequentt'a simpliciter und der
consequentia ut mute begegnet (s. Anm. 617). Und auf solcher Grund
lage konnten nun sicher mehrere Bearbeiter des byzantinischen Stoffes,
deren Namen und Thätigkeit sich jetzt unserer Forschung entziehen, in
der Zwischenzeit derartig fortbauen, dass zu Anfang des 14. Jahrh. diese
ganze Gruppe der Logik in einer gewisscii Abrundung für den Schul
betrieb fertig vorlag. Auch Ton und Haltung der Lehre von den can
sequentiae und vor Allem die Bezugnahme auf Sophisrnen zeigen -deut
lieh, dass man durch dieses neue Element jedenfalls nur die byzantinisdfl
Summula-Litteratur bereichern wollte. '
Der Begriff der consequentia im weitesten Sinne umfasst sowohl die
eigentliche Syl'logistik als auch die rhetorische Argumentation der Topik.
welch letztere als „enlhymematica“ bezeichnet wird (vgl. ob. Anm. 193),
610) Wenn uns das Wort „vonsequentia“ — abgesehen von den Arabern ——
zum ersten Male bei Albertus Magnus (Anm. 470) begegnete, so nehmen wir ja eben
ongefahr jenes Jahrzehnt, in welches die letzten Lebensjahre und Schriften dCS
Albert und des Thomas fallen, für die Entstehung dieser Lehre in Anspruch. VS‘
auch Abschn. X1X‚ Anm. 21. \
611) Je dass es Manche gab, welche sogar meinten‚»in der aristotelischlll
Definition des Syllogismus seien auch die Exp0m'bdia mitinbegritfen, s. Abschl
XIX‚ Anm. 1-94» .
XVII. Erweiterung der byzant. Logik. 139
und während dann eben diese als comequentia im engeren Sinne Gegen
stand jener weiteren Eintheilung und Erörterung ist, welche wir sogleich
kennen lernen warden“"), bleibt es immerhin daneben noch vorbehalten,
dass man bei consequentia auch an die aristotelischen Syllogismen zu
denken habe, wie wir diess alsbald hier (Anm. 624) und auch bei an
deren Formationen (Abschn. XIX, Anm. 194, u. Abschn. XX, Anm. 283)
sehen werden; ja sogar die Begriil‘e antecedens und consequens, welche
hauptsächlich der Doctrin der specielleren consequentia angehören, werden
auch wieder in dem weiteren Sinne gebraucht, dass man darunter Prä
missen und Schlusssatz versteht““). Das Wesen nemlich der conaequentia
im engeren Sinne wird vor Allem in die hypothetische Satzform gelegt,
insoferne ein antecedens und ein consequens mittelst einer Conditional
oder Gausal-Conjunction derartig verbunden sind, dass, wenn ersteres
wahr ist, letzteres unmöglich unwahr sein kann , und dieses Verhältniss
constituirt zugleich den Begriff der boua. consequentt'a‘“). Wenn aber
somit hier die hypothetischen Syllogismen, welche bisher in der lateini
schen Tradition der byzantinischen Logik stets gefehlt hatten (s. Anm. 54,
122, 190), plötzlich eineflolle anspielen beginnen, so wäre allerdings
denkbar, dass etwa nun ein vollständiger'er Text des Psellus (s. Abschn.
XV, Anm. 55) zu Grunde gelegt werden sei; hingegen weit wahrschein
licher dürfte es sein, dass, wie bemerkt, arabische Doctrin den ersten
Anlass gab, denn man verband mit dem Hereinziehen der hypothetischen
Schlussformen auch jene anderen beiden erwähnten Momente,‘welehe auf
Arabisches zurückweise‘n. ‘
Nemlich diese consequentia im engeren Sinne wird nun in eine
formalis und eine materialis cingetheilt; die erstere erstreckt sich auf
alle in den verbundenen Urtheilen enthaltenen Begriffe, vorausgesetzt dass
die Form und Anordnung derselben sich gleich bleibt und auch stimmt
liche Syncategoreumata, sowie die Modalität, die Qualität, die Quantität
der Urtheile berücksichtigt werden““’); sie selbst kann wieder entweder
612) Duns Scolus, 0a. saß. Anal. pr. l, 20, p. 302 B: Ouaedam cst consequentia
enthymematica, c! qaaedam syllogistica. Consequentiarum cnlhymematicarum quaedam
samt formales, quaedam maleriules; malerialium quaedam saut simplices, quacdam
ut mute.
613) Raim. Lallus, Dialect. inlrod. f. 7 v. A: Argumenlalio es! lolalis oratio ex
praemisxis cl‚ conclusione sive ex anlccedentc et con.vquenle composita. Aehnlich
Dialect. s. neu. log. p. 154: Argumentum es! scrmonum aggrt‘galio, er quibus alii
sermnnes sequunlur‚ oratio ex antccerienle et consequente compasila.
614) Duns Scotus a. a. O. lt), p. 287 B: Cansaquentia es! proposilio hypothe
tiaa ramposita ex anleredente et ransequcnte mediante coniunclionc candilianah' vel‚
rationell, quae denolat, quad imposaibile est ipsis, so. antccedenle et conscquenle,
simal /0rmalis‚ quad anlecedcns sit uerum et con:equans folsum. Et lunc, si ila esl‚
sicut isla caniunch'u dcnolat‚ cansequents'a est baue, et si nun, laue conscqucntia nun
aalet. Heim. Lullus a. a. 0.: Anlecedeus est i'd, qnad ponil in neccssilate id‚ quod
per ipsum seqm'lur; consequens ext, quod ncccssilalcm anta so oskndil. Hiezu
Anm. 623 u. Abschn. XIX, Anm. 331.
615) Duns Scolus a.a.O.: Unnseqaenlia sie dividilur: quacdam es! maleriulis, quae
dem formalis. Comcquentia formalis es! illa‚ quae tenel in omnibus lermim's stanle can
simili disposilione et forma lerminorum; e! oocunlur termim‘ in proposito subiccla et prac
dicata propoxilianum aal perle: subiecti et pmedicati. Sed ad [armam consequenlt'ae
perta‘nenl omm'a syncategoreumata posita in aansequentia, u! couiuncliones, sigma um'
140 XVll. Erweiterung der byzant. Logik.
einen hypothetischen oder einen kategorischen Vordersatz haben, und im
letzteren Falle besteht die consequentia in einer Umkehrung oder in
Aequipollenz°‘“)‚ so dass hiemit einerseits der Begriff der logischen
Folgerung eine ziemlich weite Fassung erhält, und andrerseits uns eine
allererste Spur desjenigen Verfahrens begegnet, mit welchem man noch
später'dic Umkehrung u. dgl. aLs erste unvollkommnere Stufe der Syllo
gistik einreihte. Die materialis cousequen!ia hingegen kann nur durch
eine mit den Begriffen vorgenommene Veränderung erschlossen werden,
und zwar ist sie entweder bona simpliciler oder nur bona u! nun,
d. h. wenn sie sich durch die Hinzunahme eines Nothwendigkeits
Urtheiles ergibt, ist sie bona simpliciter, was je nach den verschie
denen loci dialectici der Topik in sehr 1nanigfacher Weise der Fall sein
kann“"), daher hier Veranlassung dazu gegeben war, dass man sogar
die gesammte consequentia überhaupt von der Topik abhängig machte““);
hingegen bona u! nmw ist sie, wenn sie mittelst eines Urtheiles ge
stützt wird, welches nur einen zufälligen Thatbestand ausspricht““).
Uebrigens erscheint diese Eintheilung und Unter-Eintheilung der logischen
Folgerung an einer anderen Stelle etwas modificirt, indem dort formalis.
simplea‘, ma!erialis, u! nunc als vier unter sich coordinirte Arten be
zeichnet werden 620). '
versalia, partieulan'a, negatione: e! huiusmodi. Secnmdo ad formam consequen!iaz
per!ine! copula propositionis‚ e! ideo nun es! eadem forma coasequen!iae ex Propo
silionilms, quarum copula es! de inesse e! quaram copula es! de modo. Tertio ad
formam perline! malli!udo praemissarum, affirmalio e! nega!io proposi!ionnm e!
huiusmodi, e! ideo non es! eadem forma arguendi ex affirmalivis e! nega!ivis‘‚ d
i!a de aliis.
616) Ebend‚: Couscquen!ia formalis subdividi!ur‚ quia quaedam es!, caiu: anle
cedens es! mm proposi!ia aalegorica‚ u! conversio, aequipollentia e! huiusmodi; a!ie
est, cm'us an!ccedens es! propositio hypo!ltclica; e! quilibe! islorum modorum polrsl
subdividi in plurcs alios modos.
617) Ehend.z Conseqaentia malerialis es! illa, quae non !ene! in omm'lms ter
minis re!enta consimili disposilione e! forma i!a‚ quod'n0n fia! varia!io m'n‘ termi
norum. E! Ialis es! duplex, qaia quaedam es! vera simpficiler‚ e! alia es! dem a!
naac. Consequentia vera simplici!er es! ifla‚ quae po!es! redun' ad formalen P"
assumptionem um'us proposiliouis 1186€Ssariae; e! sie es! is!a eonsequentia maleriah'i
bt'ma simplirrilcr „Homo curri!‚ iyi!ur animal aum'!“‚ e! reducitur ad formaler» P"
is!am noccsxariam „Onmis homo es! animal“. E! is!a subdividilur in muf!a "mibe
seenndum diversita!em !ocomm dialeclicomm‚ Ein Beispiel einer solchen topischefl
Unterer! iS! Ulk i" l’rflt'diflam. 13, p. 146 A: Consequen!ia mm per haue regulam:
Nihil ines! alicui supponenli disiuncliee pro mullis, m'ai ah'cui illorum indc!erminate
sump!o insi!‚ und ebend. p.-147 B: tene! per haue regulam: Ouod hier! aliaui shmfl
disiunc!ive pro mul!is‚ ines! alicui i!lorum inde!ervnina!e‚ was übrigens bis auf Shy
reswood zurückweist, s. ob. Anm. 83 u. S7.
618) Rain». Lullus, Dial. introd. f. 8 r. B: Lava: es! progressus ab uno cm"
plexo ad allerum ve! ad se ipsum sah alia condi!ioae sump!um Es: locis !allfß
modo educunlur couscqnen!iae a/firmalivae‚ modo negativae, modo a!raeque diuem':
modis. Hiezu Anm. 623. _
619) Duns Scolus, QM. Sup. Anal. pr. l, 10, p. 288 A: Consequen!ia malerißlß
bona u! 1mm: es! Uhr, quac potes! reduci ad fonnalem per assumptionem alirßi|“
proposi!ionis cou!ingenlis verae. E! sie posito, quod Socrates es! a!bus, ilfa von!!
quen!ia es! bona u! „uns „Socrates curri!‚ igitur albam can'i!“‚ quia reduci!ar
formalem per islam con!ingenlem „Socrales es! albas“.
620) Ders. 0a. in Phys. l, 2, (Vol. II) p. 5 A: 0aadruplez es! conseqaenliß‚
KVII. Erweiterung der byzant. Logik. 141
Aber auch einzelne Regeln der consequenlia im Stile des Petrus
Bispanus wurden formulirt, nemlieh: dass aus dem Gegenthcile des Nach
salzes das Gegentheil des Vordersatzes folgt; dass aus jedem formell
widerspruchsvollen Satze jede mögliche Behauptung folgt; dass aus einem
unmöglichen Urtheile materiell jeder beliebige Satz folgt; dass aus jedem
beliebigen Satze ein Nothwendigkeits-Urtheil folgt; dass aus jedem falschen
Urtheile wenigstens u! mmc jedes beliebige Urtheil folgt, und ebenso
jedes wahre Urthcil jeden beliebigen Vordersatz haben kann“) welch
letztere drei Regeln anderwärts wieder mit kleinen Abänderungen auf
treten 622), — sämmtlich Dinge, welche an Blödsinn des Formalismus
Anderem , was die byzantinische Logik darbietet, wenigstens nicht.nach
stehen. Andrerscits finden wir, — gleichfalls zum Beweise, dass die
ganze Lehre gleichzeitig von Mehreren bearbeitet wurde —-, dass man
neben Wiederholung einiger dieser Regeln auch noch die sog. regula de
quocunque auf das Verhältniss des Vorder- und Nach-Satzes anwendete
und auch die Subalternation der Begriffe zur consequentia rechnete und
sogar noch die specifische Differenz beizog, dass man die Qualität und
Modalität der Urtheile zu eigenen Regeln der Abfolge verwerthete, sowie
insbesondere, dass man sich auf die Topik warf, indem man aus der
selben die Begriffe der Definition, Beschreibung, lnterpretation, des Ganzen
und des Theiles, der Ursache und der Wirkung, des Aehnlichen, des
Grösseren und Kleineren u. dgl. aufnahm 623). Ausserdem noch erfahren
Quaedam formalis, quae laue! in omm'bus !erminis slanle cansimz'li forma propa
st'liom's e! lerminorum . . . . .. Summia es! consequenh'a simpler, quae laue! vir!u!e
inclusionis lemiinorum in significando, .....u! „Immo es!, ergo anima! es!“ .... ..
Ter!ia voca!ur malerialis, quae tene! . . . .. virtu!e alicm'us proposilionis necessun'o
in!ellectae . . . . . . Ouurta est consequentia u! mute, quae !ene! oir!ule medii non
!!ngentis.
621) Ders. Ou. sup. Anal. pr. I, 10, p. 288 A: In omm' bona consequentia ad
opposilum contradic!orium consequen!is sequi!ur opposi!um con!radiclorium anlecr—
den!is . . . . .. Olltlftd0 ad anleredcns scqui!ur conseqams, oppositum vonsequcntis
repagna! anlecedcn!i Ad quamlibc! proposilionem implioanlem conlradic!ionem de
forma sequitar qaaelibe! alia propositio in consequeulia formah', v. gr. ad istam
„Socrales es! e! Socrales non es!“ sequitur „Baculus s!a! in angulo“..... (p. 288 B)
Ad quamlibct proposilionem impossibilem sequi!ur quaelibe! alia propositio, non can
sequenlia fonnali, sed boaa consequcn!ia maleriali simpliciler, .. . .. . u! sequi!ar
„Homo es! asinus, iyi!ur !u es Romae“....... Ad quamlibe! propositionem sequi!ur
proposilio necessan'a bona cousequen!ia simplici. Ad qaamh‘be! propasilionem
fairem sequilur quaelibc! alia proposi!io in consequenlia bona materiali u! nunr.....
Omnis proposi!io vom sequi!ur ad quamcunque aliam proposih'onem in bona umse
quen!ia maleriali u! nunc.
622) Ebend. ll, 3, p. 334 B: Sequilar i!la regula, qaod necessarium sequilur
ad quodlibe!‚ quia quaelibe! proposilio sequitur ad impossibile‚ igr'tur ad mii:slibet
proposi!ionis opposi!um seqm'lur opposita impossibilis‚ quae es! neressaria..... Quad—
h'be! verum sequitur ad quamlz'be! proposilionem; . si illud nermn sit nccessarium,
!unc es! consequen!ia'simplez; srd si si! con!inyens, !um: es! consequcnlr'a u! dann.
Als eine vereinzelte hicher gehörige Notiz ist auch zu betrachten, was Abschn‚XlX‚
Anm. 21 (Nro. 11) angeführt werden wird.
623) Reim. Lul!as‚ Dial. inlrod. f. 8 r. B: Pommtur sequen!es regalae rausc—
quenliarum e! locarum: Ex veris non sequi!ur nisi nerum .... .. In omni consequenlia
(mm: fonnah' quidquid sequt'lar ad consrquens‚ sequilur ad aalcredens..... (v. A)
Onanie oonsequenlia‚ cm'us antecedens cum opposito con!radictario consequen!is in
142 XVII. Erweiterung der hyzant. Logik.
wir, dass man auch den aristotelischen Syllogismus nat šwfišamg" mit
dem byzantinischen Begrifl'e des terminus discretus und hiedurch mit
der consequentia in Verbindung brachte. Indem man nemlieh beim ter
minus discretas, welcher an sich gegen jede Manigfaltigkeit sprüd ist,
nicht allein um der Trinität willen gewisse Concessionen machte, sondern
auch z. B. an die Fluss-Namen dachte, durch welche das unaufhörlich
verschiedene Wasser durch Ein gleichbleibendes Wort bezeichnet werde,
stritt man darüber, ob Syllogismen, welche aus solchen Begrill'en aufge
baut werden, überhaupt zur for-malis oder nur zur materialis consequentia
zu rechnen seien, und gegen die letztere Annahme berief man sich eben
auf jenen syllogismus expositorius des Aristoteles und hielt daran fest,
dass derselbe bei richtiger Behandlung des materiellen Gehaltes der Be
grill‘e als famulis consequentia zu betrachten seien). Hieraus aber
veritate non conrordat, est bona....‚ Ex opposita contradidorio consequentis se
quitur oppositum rontradictorium antecedentis..... A particulari ad suam indefiailam
est bona consequentia Ab universali ad suam particulari-mi inde/initum ct sin
gularem...... A veritate unius contradidoriac ad falsitatem alterius . . . . .. A M0
copulativa ad atteram eius partem (B) A tota disiunctiua ad alteram eius
partem cum destructione alterius .... .. Ab exclusiva ad suam praeiacentem .... .. Ab
exclusiva af/lrmativa ad exceptiuam negativam..... A conversa ad convertentem.....
A diffinitione ad diffim'tum (vgl. Abschn. XIX, Anm. 150)` a descriptione ad descrip
lum, ab interpretatione ad interpretatum A cli/ferentia constitutiva speciei ad
speciem . . . . . A proprietate ad proprium..... Ab una synonyme ad aliud .... ..
(f. 9 r. A) De quocunque a/firmatur pars subieetiva, de eo aflirmatur suum totummu
A quocanque removetur totumæ ab eo removetur pars subiectiva.... Negative apum
subiectiva ad suum totum . . . ‚ .. A toto integrali ad partes, sine quibus esse non
potest . . . . .. A toto in modo negativa ad partem...... (B) Guicunqae convertit totum
in loco, et pars in loco Negative a partibus in loco ad totum in loco.....
toto in tempore ad partem in tempore..... Ab omnibus partibus in tempore ad latent
in tempore . . . . .. (v. A) A toto numcrali ad partem.. Negative a parte rutth
ad totum..... Ab esse causae ad esse efl'eetus..‚.. A posteriori ad suum pries..."
Negative ab accidenti priori ad posterius . . . . .. (B) Si unum contrarium eerificalw
de in/eriori, etiam reliquum contrarium Si unum disparatum affirmatur, reli
quum negalur. . . . .. Si magis non inest, nec minus..... Si minus inest1 et magis.....
De similibus simile est iudieium...‚.. (f. 10 r. A) A propositione a/‘firmatira de prat
scnti de praedicato infinita ad negativam de praedicato linito . . . . .. A propositiefll’
affirmatiaa de praesenti de praedicato fim'to ad negativem de praedicato in/inito....
(B) Ab uno relalivo ad atterum. Nur die ersten dieser Regeln finden sich auth
in Dialeet. s. nov. log. p. 159, woselbst nur noch die Definition der nota com"
quentiar hinzukommt: Nota consequentiav dicitur illa coniunctiol mediante qua pro
positioy quae est antecedem, et itla, quae est consequensl coniungunturl ut niyihm
ergo“ et similio.
624) Duns Srotus, Oaacst. sup. Anal. pr. I, ll, p. 289 B: Syllogismus 61W
sitorius (s. Abschn. IV, Anm. 554) est ille, cuius medium est terminus discretui
Sed est notanduml quod terminus diseretas (vgl. bei Shyreswood ob. Anm. 61 und
bei Petrus Hispanns Anm. 229) est triplex. Unus, qui significat unam solam YU”
ita, quod suae signi/icationi repugnat signi/icare quamlibet diversarum rerum sint
nova impositione vel demonstratione. Alio modo dicitur terminus discretas. qm
supponit vel significat unam rem singularaml cum hoc tamen significat quamlibet
diversarum rerum, quibus illa rcs singularis cst eadem‚ a. g. „haec essentia dil-imi
Trrtia modo dicitur terminus discretas, ut iste terminus „Sequena“, ..‚..q"_t‘
nunc signifcat aquam, quae nunc est, et postea signi/italia aquam, quae postea erita
tamen istae aquae habent vel habuerunt vel habebunt aliquam unionem ad mi
vicem propter continuam successionem (vgl. Absehn. XIX, Anm. 206)...... Aliq‘l
supponuul, quod terminus primo modo dictus est proprie discretas, et alii minus
X\lll. Erweiterung der byzant. Logik. 143
ersehen wir jedenfalls, dass der damalige Begriff der consequentia that
sächlich eine den eigentlichen Syllogismus umfassende Bedeutung hatte
(s. Anm. 612 f.).
Sind nun alle diese Dinge, welche ich als Erweiterung der byzan
tinischen Logik darzustellen hatte, unzweifelhch und nachweisbare Vor
arbeiten der Gestaltung, welche die Summula-Litteratur später annahm,
so darf ich zum Schlusse denselben noch ein Glied beizählen, welches
zwar nur in leisen und unscheinbaren Anfängen auftritt, aber eben hie
durch im Zusammenhalte mit den übrigen gleichzeitigen Erscheinungen
eine grössere geschichtliche Bedeutsamkeit erhält. Es müssen nemlich
auch die später so genannten „Obligatoria“ (s. Abschn. XX, Anm. 298)
schon damals in ihren ersten Grundlagen entstanden sein, denn wir
finden unverkennbare Spuren einer sichtlichen Bezugnahme auf eine der
artige Doctrin. Allerdings würde Jeder, der die spätere Gestaltung der
Obligatoria nicht kennt, völlig unbefangen darüber hinweggehen, wenn
in dem uns zugänglichen Quellen-Materiale einmal auch gewisse Erforder
nisse der „disputatio“ aufgezählt werden, nemlich dass beim Disputiren
das Streben nach Wahrheit obwalten solle, ferner dass die beiden gegne
rischen Behauptungen gleich möglich sein müssen, und dass die Beweis
führung die Formen des Beweises einzuhalten habe 625). Aber so un
wichtig nnd gleichgültig diese Notiz auch erscheinen mag, so wird doch
die Annahme, dass damals neben dem vielen Anderen auch dieser Punkt
in der üblichen Schul-Litteratur seine besondere Berücksichtigung gefunden
habe, dadurch bestärkt, dass wir (-—- ongefähr zwei Jahrzehnte später —)
einer Formulirung begegnen, welche bereits die später übliche Termino
logie zeigt. Mit den Ausdrücken nemlich, dass in einer Disputation der
„Opponent“ und der „Respondent“ wechselseitig in Bezug auf ihre Zu
geständnisse „obligati“ sind, wird jene Schwierigkeit, welche auch in
der späteren Theorie der Obligatoria erscheint, erwähnt, dass die bei
den Dispulirenden eigentlich im nemlichen Augenblicke Behauptung und
Acceptation aussprechen sollten, diess aber thatsächlich nicht möglich
proprie. Turm dicunl, quer! syltogismi [anti cz trrminis discrelis prima modo sint
syllogisvm' bunt gratia forma; srd si fian! es: atiis terminis, nun vere Contra
{sind argm'lur, quia tanc scqaeretur, quod syllogismus expositorius non esse! umse—
quentia formalis. Consequens es! falsum, qut'a per syltogismum expositorium
probatur conv0rsio universalis negativue, secundo, quia per ipsum proban!ur
syllogismi terliae fignrae, qui samt consequentiac formales Sytlugismus expasi
torius non tenet graliu disposz'tianis vet formae propositionum et termirwrum, srd
praecise gralia terminorum‚ qai sie es! sie significant, et hoc es! teuere gratia ma
leriae . . . . .. Idee dicendum es! aliler‚ quod syllogismus expositrm'us lene! gralia
forma: in omm'bus Icrminis, dem tanzen praemissae regutrnlur debilc per „dict' de
0mm“ vet „dici de „alle“, ita quod terminus discretus distribaalur mediantibus istis
dictionibus „quod es!“‚ u! ista „Socratcs cum!“ debet resolut in is!am „Omne quer!
es! Senates, cum't“, e! Inne syltogismus expositorius es! consequentt'a formatis.
625) Reim. Luttus, Dialecl. s. nur. Ing. p. 161: Dispulatio es! con!rarietas
spirituatz's, quae per verbum manifesta! cmceptionem, quam habe! unus intellectus
contra atium . . ‚ . .‚ Disputans prima debet haben: intentionem cognoscendi e! amandi
veritalem..„. Secundo, quod supponatur in principio, quod utraquc pars quacstiom's
si! possibilis„ _‚ ‚ Trrtio quod aryuens probe! vel improhet per aliquam speciem pro
batiom': . ‚.... Quarto, quod inter disputantes xi! eommum's amicitia.
144 XVll. Erweiterung der byzant. Logik.
sein“). Und konnte nun dieser vereinzelte Punkt in solcher Weise
gelegentlich angeführt werden, so dürfen wir wohl schliessen, dass
wenigstens zu Anfang des 14. Jahrhunderts die Grundzüge der nach
maligen Obligaton'a im Ganzen bereits zum Schulbetriebe der Summula
Lilteralur gehörten.
626) Burleiyh, sup. arlem vvlerem (s. Abschn. XlX‚ Anm. 574), f. 59 l'. AI
In dispulah'one opponens si propona! ixlam „drux vs!“‚ rvspondens habe! islam can
cedere, si mm oblige!ur ad opposi!um; svd mm roncedi! islam, quando pro/«tun
quia sie opponens e! respondens simu! haben! loqui, quod mm es! vemm, e! quudo
non profer!ur, inne nun es!; ergo habe! concedere illum‚ quando nun ext, e! m
habe! concederc mm obligalus nisi nerum: ergo hacc es! vera‚ quaudu non es! u‚s.w.
Abschn. XX, Anm. 401.
XVlll. ABSCHNITT.
RAIMUNDUS LULLUS.
Wohl Niemand wird an der kleinen chronologischen Abweichung
ernstlich Anstoss nehmen, welche Emsserlich darin liegt, dass ich über
Raimundus Lullus (geb. 1234, gest. 1315) in einem beson
deren Abschnitte schon hier, d. h. noch vor jenen litterarischen Er
scheinungen handle, welche am Anfange des folgenden Abschnittes zur
Sprache kommen werden; denn strenge nach dem Faden der Chrono
logie hätte ich den Lullus erst nach Duns Scotus vornehmen dürfen.
Jedoch einerseits handelt es sich bei diesem Verstosse kaum um ein
Jahrzehenl, da jene Dinge, welche ich später vorführen werde, un
gefähr zwischen 1277 und 1308 liegen, während die schriftstellerische
Thatigkeit des Lullus im Ganzen in die Jahre zwischen 1285 und
1314 fällt. Und andrerseits, —- was das Wichtigere ist —, lag mir
für die Reihenfolge, welche ich einschlage, das Entscheidende in dem
Umstande, dass Lullus in den Schriften, welchen er seinen zwei
felhaften Ruhm verdankt, sowohl dem damals allgemein recipirten
Quellenkreise völlig fern steht, als auch in seinem vereinzelten und
Vereinsamten Auftreten nicht den geringsten Einfluss auf die manig
faltigen Controversen, welche seit Anfang des 14. Jahrhunderts die
Zeit bewegten, ausüben konnte. Sowie ich demnach den Lullus weder
dem vorigen Abschnitte beifügen konnte, noch auch durch ihn im
folgenden Abschnitte eine ganz unorganischc Unterbrechung eines all
mäligen Ganges der Controversen hervorrufen durfte, so möge hiemit
der Mann auch hier für uns ebenso isolirt dastehen, wie er thatsäch
lieh es war.
Eine andere Frage wäre allerdings, ob denn Baimundus Lullus wirk
lich in einer Geschichte der Logik seine Stelle finden durfte. Und in der
That liegt in der Aufnahme desselben nur ein Zugeständniss, welches ich
den Erwartungen des Lesers mache; denn Logik ist die Ars mag-m1
wahrlich nicht. Ich bin nemlich nicht berechtigt, irgend einen Gegen
stand etwa durch den Machtspruch, dass derselbe lediglich „dummes
Zeug“ sei oder dgl., gleichsam zu escamotiren, sondern ich habe die
leidige Pflicht, auch den Unsinn, welcher im Laufe der Geschichte auf
tauchte, darzustellen; und die Erfüllung dieser Pflicht'zu erwarten, hat
der Leser ein Recht. Vielleicht kann ich hiemit die Mitwelt (oder etwa
auch die Nachwelt) der Mühe überheben, in dem üppig wuchernden Wust
des Lullus zu blättern.
Paanfl.‚ Gesch. lll. 10
146 XVlll. Raimundus Lullus.
Was die zahlreichen hielter gehörigen Schriften des Lullus, welche
wahrscheinlich nicht sämmtlich ächt sind, betrill‘t 1), so müssen wir dic
selben vor Allem nach gewissen Gruppen unterscheiden, welche sodann
auch für unsere Darstellung maassgebend sind. Nemlich zunächst ist es
das Gebiet der gewöhnlichen Schul-Logik, welches Lullus zwar miss
achtete, aber doch bearbeitete; dahin gehören die unter dem ungeschickten
Titel „Logicalia parva“ gedruckten Dialecticae introductiones 2) und
Dialectica seu logica 1tova 3)‚ sowie De venatione medii 4) und De de
monstratione per aequiparantiam 5); auch kann beigezogen werden De
prima et secunda inte1ttione 6) und um der Universalien und Kategorien
willen Liber Chaos 7). Manches andere, z. B. ein Auszug der Logik
l) Von der Gesammtuusgabe der Werke des Lullus, welche Salzinger (er
nennt sich erst in der Vorrede zum 6. Bande als Herausgeber) in zehn Binden
besorgte oder vielmehr besorgen wollte (Beati Raymundz' Lulli opera onmia. Mogut.
1721-‚42. fol.)‚ finden sich der 7. und S. Band in keiner einzigen Bibliothek.
und die \'nmnthung ist höchst begrttntlet‚ dass diese beiden Bände überhaupt nil‘
gedruckt wurden (wahrscheinlich in Folge einer Opposition der Jesuiten. s. M.
Helffcrirh, Rnymund Lull n. d. Anfänge d. catalonischen Literatur. Berl. 1853
S. 72 f. u. 161 f.). Ergänzend kommen uns einige ältere Einzeln-Drucke anti
ausserdem Dasjanige zu Hilfe, was der Strussburger Buchhändler Zetzner unter
dem Titel Raymtmdi Lullii Opern eu, quac ad adinventam ab ipso arlem universalen
scicntiarnm arlinmqne omm'nm perlincnt etc. Argent. 1609. 8. veröfl‘entlichte.
Jedoch hat sich mir immer wieder das gewichtige Bedenken aufgedrt'tngt, ob denn
wirklich Alles, was unter dem Namen des Lullus gedruckt oder nugedrncltt vorliegt,
aus der Feder desselben geflossen sei, und ich kam zu der Ansicht‚ dass hier die
litterarische Kritik erst noch von vorne beginnen müsse (s, z. B. Anm. 15 u. bes.
74 f.)‚ während ich selbst für den hiesigen Zweck mich auf den Hauptinhalt, soweit
derselbe als acht gelten muss, beschränken durfte. Falls aber Jemand Lust hatte.
den begabten Querkopf Lullus zum Gegenstande einer umfassenden Monographiß
zu machen, müsste vor Allem jene Fordenmg der Kritik erfüllt werden. Uebt'igfl‘
wurde zu einer wahrhaften Gesammtausgnbe, welche einem solchen Unternehmen
erst noch vorhergehen müsste. das vollständigsle Material nur in der Münchner
Staatsbibliothek zu finden sein, welche in Folge der philosophischen Liebhaberei
eines pfalzhaierischen Herzoges eine staunenswerthe Menge lateinischer und enta
lonischer (s. Anm. 23) Schriften des Lullus handschriftlich besitzt. Nach den dort
vorhandenen Aufzeichnungen dürfte die Mainzer Seminar-Bibliothek nur Weniges zur
Ergänzung darbieten.
2) Das in Alcnla (in AMI]. Complulcnst' per A. G. Brucarium) i. J. 1518. 4. 81‘
druckte Buch trägt das Titelblatt „Logicalia parva illuminali doctorr's Haymuudx
I.ullit“, aber die erste Seite beginnt mit der Ueberschrilt: „Dyalectiee inlrodnrtienfl
llluminali docloris e! marlyn's Haymundi Lulli“. Die Aufschrift am Titelblatte läl
Unsinn‚ denn einerseits existirte zur Zeit des Lullus der Ausdruck „I‘arvu Iogicalia“
noch gar nicht, und nudrerseits bedeutete derselbe, als er üblich wurde, etwa!
ganz Anderes. Im 16. Jahrh. kam allerdings die Kennlniss dieser Dinge abhanden.
3) Ohne Titelblatt anfangend: „Den: cum tun summa per/‘cctione. Incipil lügt“
brevix neun“. S. I. e. a. (wahrscheinlich Veneliis 1480). 4. Sodann Dialertt'ca m
Iogira uova venerabilis eremitae Raymtmdi Lullü .. . .. per M. Bern. Lavinhetum. Paril.
1516. 4. Hernach bei Zehner p. 147—161.
4) Bei Lavinheta (vor. Anm.) und bei Zetzner p. 162—165.
ö) Bei Salzinger in Vol. IV. Salzinger's Ausgabe hat das Eigenthümlielte, dßi
in allen Bänden derselben (—— gewiss nicht ohne Absicht —) stets jede auch noch
so kurze Schrift eigens für sich paginirt und somit die Reihenfolge der Zusammen
stellung nur durch die Hanpt-Titelblälter der Bände festgestellt ist.
6) Ebend. in Vol. VI.
7) Ebend. in Vol. III.
XVIII. Raimundus Lullus. 147
Algazeli's (vgl. Anm. 24), ist noch ungedruckts). Sodann aber konnte
ja Lullus bekanntlichst sich rühmen, selbstständig eine neue Technik er
funden zu haben, welche gemeimglich als Ars magna bezeichnet wird;
die grosse Masse der Schriften jedoch, welche sich auf dieselbe beziehen,
ist folgemlermaassen zu gruppircn: Vorerst ist es die Technik selbst,
welche mehr oder weniger ausführlich, sei es ganz oder theilweise, dar
gelegt wird in: Ars magna et ultima 9), Ars brevls l"), De auditu cab
balistico ll), Tabula generalis 12), Brevis practica tabulae generalis und )
Lectura compendiosa tabulae generalis 13), De conversione subiecti et ‚
praedicati “), Introductio magnae artis generalt's 15). Sodann aberl
wird auch speciell die praktische Anwendung dieser Technik gelehrt in:
Ar: invenliva veritatis seu intellecliva veri und Leclura super artem/
inventivam et tabulam generalem l“). Aber die auf die einzelnen Wissen
schaften, und vor Allem auf die Theologie, bereits angewendete Technik,
d. h. somit die schliessliche reale Durchführung derselben, welche Lullus
beabsichtigte, erscheint in: Ars demonstrativa, Introductoria artis de
monstrativae, Lectura super figuras artis demonstrativae, Compendium
artt's demonstrativae‚ Ars inveniendi particularia in universalibua,
Propositiones secundum arten: demonstrativam 17)‚ Ars compendiosa
inveniendi veritalem seu ars magna et maior‚ Ar: universalis seu
Iectura artis eompendiosae“), Libellus correlativorum innatorum“),
8) Nemlich: Compendiurn logicae Algazeli (s. Salzinyer, Vol, l, Calal. libr.
p. 9 B), wie aus Cod. tat. Man. 10538, f. 103—126, sich zeigt, nur eine excerpi
rende Uebersetznng des arabischen Originales; ferner De quinque praedicabilibua et
denen! praedicamentis (p. 27 B), De luco minori ad maiorem (p. 15 B), gleichfalls
beide in München handschriftlich vorhanden; biezu noch De aigni/icationilm: (s.
ebd. p. 26, vielleicht beruhte auch diese Schrift auf Algazeli‚ s. Abschn. XVI,
Anm. 244).
9) Gedruckt ohne Titelblatt Deus cum tue summa per/ectionc. Incipil ars ge
nerell: ultima. Venelit's per magistrum Johannem Cordubensem. 1480. 4. Dann Illu
minnti sucrae payinae professoris Raymunrli I.ulli ars magna generell: et ultima etc.
per magistrum Bern. la Vinheta. Lugd. 1517. 4. Ferner bei Zet2ner p.218——663.
10) Approbatio artia illuminati doctorix mngtstri Raym. Lulli arm cum arte brevi‚
Romae 1513. 8. Ar: brevis ill. doct. R. L. per Bern. de Lauinheta. Lugd. 1514. 8.
Bei Zetzuer p. l—42.
11) Bei Zetzuer p. 43—110. Dass aber Titel, Einleitung und einzelne Stellen
dieser Schrift kritische Bedenken erregen, s. unten Anm. 74 l’f.
12) Bei Satzt'nger in Vol. V. (auch in der unten, Anm. 16, anzuführendeu
Ausgabe).
13) Beide bei Salzinyer ebend.
14) In Lavinlteta’s Ausgabe der Diateeh‘ca (ob. Anm. 3), und bei Zetzuer
p. 166—177.
15) Gedruckt s. l. (wahrscheinlich in Lyon) 1515. 4. Jedoch diese Schrift
muss ich wegen der späteren Zusätze, welche sie enthält, entschieden als unächt
bezeichnen; im Unbrigen ist sie nur ein karger Auszug der Ars mayna et ultima,
und es lohnt sich auch darum keiner weiteren Berücksichtigung.
16) Beide in Divi Raymundi Lulli doctoris illuminatt Arx ittventiva veritalis,
Tabula generalis, Commentum in easdem ipsius Raymundi (hrsggben von Alphonaus
a Proaza)‚ Valentiae apud Didacum de Gumiel, 1515. fol., sowie bei Salzinger
in Vol. V.
17) Sämmtlich bei Salzingcr in Vol. lll.
18) Beide ebend. in Vol. l.
19) Gedruckt bei der sogleich, Anm. 22, anzuführwden Logica nova.
10'
148 XVIII. Baintundus Lullus.
._‚
Arbor scientiae 20). Auch aus dem Gesamnthmkreise der vielgestaltigen
Ars magna ist Vieles noch ungedruckt‘“). Ferner ein Mittelding zwi
schen der eigenen Ars des Lullus und demjenigen, was man gewöhnlich
Logik nannte und noch nennt, bietet er als „neue Logik“ an, wie wir
aus der Darstellung seiner Schrift De noca togica”) ersehen werden.
Endlich aber war Lullus (— abgesehen von der Schule Notker’s in
St. Gallen, s. Ahschn. XIII, Anm. 244 ll‘. —) zu seiner Zeit der erste
Autor, welcher die Philosophie und auch die Logik von der Sehnlsprache
des Mittelalters zu emancipiren versuchte, indem er Vieles (zuweilen neben
einer lateinischen Bearbeitung des gleichen Gegenstandes) in seiner Mutter
sprache, d. h. im catalonischen Dialekte, und zwar häufig in gereimten
Versen, schrieb. Hievon gehört hielter eine Episode über Logik, welche
sich an die so eben erwähnte Nova logica anschliesst"), und eine ge
reimtc Bearbeitung der Logik Algazeli’s 24).
Wenden wir uns hiernit behufs unserer Darstellung“) zuerst zu
dem Gebiete der gewöhnlichen Schul-Logik, so müssen wir vor Allem
beachten, dass Lullus sehr gering über dieselbe denkt. Denn schon die
aus Avicenna entnommene Bemerkung, dass es auch eine unmittelbare und
natürliche Logik gebe 26), erhält bei ihm den Sinn, dass die technische
20) Haulig gedruckt; bei Snlzinger nicht.
21) Sämmtliches aber ist in München oder in Mainz handschriftlich vorhanden;
uemlich: Ars inlcllrcfivn (s. Salzmger‚ Gala]. p. 21 B), Ar: campendiosa :eu Vedfl‘
mecum (ebend., —— jedoch schwerlich ficht —), Ars generalis ad omnr: .rrifllttdi
(ebend. p. 7 B), Applicatio ar!is generalts ad rarias scientias (p. 6 B), De experit'flllß
realitatis arlis generatis (p. 13 A), Inres!igatio generalium mirtianum (ebd.). Regulat
introductariac ad prarlirum arlis dernous!rutiva0 (p. 19 A), De rnoda applirandi naram
lagicam ad ius et medicinam (p. 16A), De venationc sub.ttanliac et accidentis (p.20 A).
De .<yllagismis contradiclionis (p. 19 B; aus Cad. tat. Man. 10588. I'. 149—*—17L 8°hl
' hervor, dass diese Schrift nicht logischen Inhaltes ist, sondern Beweise und Gegen
beweise aus dem Gebiete der Theologie erörtert), De affimalione et negatianc (ebd
p. 6 A, s. unten Anm. 109).
22) Raymundi Lullii Dac!aris illumi1mti de nava lagica etr. (der Herausgebtf
ist wieder Alphaus a Praaza‚ vgl. Anm. 16), Vulenliae ap. Geargium Coslilta. 1512. 4.
23) lieber die catalonischen Handschriften von Werken des Lullus in der
Münchner Bibliothek s. Calalo_qns cadd. mscrpll. bibl. reg. Monat. VII, p. 65 f., 88 fl'-‚
288. Die Linguistik könnte hier bei schwierigeren Wortformen durch die be
li'rfl‘endcn lateinischen Bearbeitungen die trefflichste Nachhilfe finden (so findet sich
z. B. im Cad. hisp. 56 ein cataloniscliei‘ Text der eben erwähnten Nova loyitfll'
In der interessanten neuen Pnblication „Ohres rimadas de Human Lufl.... per G‘"
rönimo Ilossclla'. Palme 1859. 4“, welche uns Baleariscben Handschriften geschö|)fi
ist, finden wir eine gereimte ratulonische Darstellung der „Aplicnci6 de l'art general"
(p. 384 III), woselhst speciell die Logik (p. 400 ff.) behandelt ist. Näheres unten
Anm. 171 Il‘.
24) Cad. lut. Manna. 10538, f.127»—138‚ zeigt sich als Versification ein“
abermaligen Excerptes aus obigem (Anm. 8) L'ompendium "log. Algazrlis. Ich Will
daraus nur die Anfangs—Zeilen mittheilen, welche beurkunden, dass Lullus auch
Diejenigen zur Logik und Philosophie führen will, welche weder Lateinisch n0Cll
Arabisch verstehen; sie lauten: l)e logica Iraclarn breument, Loqual es comprmfi
novcll En man enlcnimcn! apell‚ Que franslat de lati en ramans, Er! rimrs, an malt
qui san plans, Per tat que ham pusca mastrar Logica e philasafar A ccfls qui n0ß
sahen Iati Ni umhin/i etc. etc.
25) Jene Schriften, welche ihren Abdruck bei Zetzner oder bei Salzinger g?
fundea haben, citire ich nach eben diesen Ausgaben.
26) Intrad. art. demonslr. P. 2 B: Aliqui per habitum acquisitum haben! seien
XVIlI. Baimtmdus Lullus. 149
Logik, welche an „sermo“ gebunden sei (vgl. \’incenz v. Beauvais, vor.
Absclm.‚ Anm. 295), eben nur diese logische „intentio" der Dinge er-‘
fassen könne, während die Ars magna unmittelbar die natürliche Realität '
und deren praktische Verwirklichung zum Gegenstande habe und daher
an Fülle des Wahrheits-Gehaltcs weit über der Logik stehe“). Kurz es
ist die traditionell gewordene Auffassung der secunda intentio 2ß), welche
jedoch hier, — ein Zerrbild arabischer Doctrinen —, zur Geringschätzung
der Logik führt, denn nur die in!entio prima soll der wahren Werk- l
thätigkeit des lntellectus, d. h. dem Gebiete der Tugend, angehören und
sonach allein wahre Causalität sein und höchsten Werth besitzen“’). Ja
selbst in eigentlich logischer Beziehung erblickt Lullus in sehr ähnlicher
Weise wie Roger Baco (vor. Abschn., Anm. 571 fl'.) die prima inten!io.
nur in dem Erfassen des lndividuellen uml Particularen‚ während alles!
Generelle in Auffassung und Sprachschatz auf blosser Gemeinsamkeit
(cammune) beruhe und so zur intentio secunda gehöre 3°). Mag daher
immerhin Lullus sagen, das Denken sei in Grammatik, Logik und Geo
metrie activ, hingegen in den übrigen Wissenschaften passiv, und als
Drittes komme die Tugendübung hinzu“), so hat er bei jener Activilät
tiam arguends', alii haben!‚ qaod na!uraliter aryuant‚ nam et rustia' quandoque
subtili!er arguunt. S. Abschn. X\'l‚ Anm. 80. Vgl. Roger Baco, vor. Abschn.,
Anm. 563 f.
27) Brev. pract. Iab. gener. p. 24 A: Cum aeritas si! anam de principiis huius
artis, e! logica considerct reram in aermane‚ .... ..potes! fieri applieatio ad specialia
pri1!cipia logicac et speciales regulas in loyica applicalas; lagicus min: potes! cou—
siderare loyicalem boni!a!cm semadum definitionem generalis bani!alis etc. . ‚ . . ..
(B) Onaeritur, u!rum haec scicn!ia e! ioyica habcan! idcm subiectum; e! dieimus.
quod non ‚ . . . .. Per is!am scicn!iam naturalis considcra! agere naturale reale buntem,
sed Iogicus inten!ionalc‚ e! per kann scien!iam in!ellectns atlingi! plus de reri-')
ta!e‚ qaam logicas. Die gleiche Bevorzugung des Praktischen ebenfalls bei Roger
Baco, Anm. 561.
28) Ar: magna e! ul!. p. 2431 Legion es! de seeundis intentionibus ianc!is
primis. Ebenso ebend. p. 538. Hiezu Anm. 142.
29) De prima e! scc‚ in!ent. p. 2A: Inlentio dividitur in duos modos, sc. in
primam et secundam; prima es! melior e! nobilior quam secunda, qaia es! magis
n!ilis et magis neoessaria, e! prima es! principiam secundae, e! sccunda monetur per
primam..... (B) Intellectus‚ quem habes, es! per secundam intentionem, e! operativ
intelleclus‚ so. ia!elliyere, es! per primam; nam aperaiio rir!u!is es! melior quam
vir!as‚ cum rir!us sit ad hoc, u! sil npera!io. Diese ethische Auffassung (vgl.
Abschn. XVl, Anm. 13 u. 242) wird auch durch folgendes Gleichniss ausgedrückt
(ebend‚): St ta [an's soribi quendam librum ab aiiquo scriba, ta habe: primam in
!en!ionem in [aciendo b'bro et habe; :eaundam ad danduni denan‘os il!i scribae, . . e!
scriba /aci! contran'um lmius, quia ipse magis ama! denarios, qaos ilb' solvisti pro
wo labnrc‚ quam Iibrum. Vgl. Ars demonslr. p. 43 A. Ars compend. inv. vor“.
p . 1130)B. Dialcct. Inlrod. f. 1 v. A: Inlrn!io es! similitudo in ultima alicuius vel ali
quorum naturali!er repracscntaliva; ext aulcm duplex, sc. prima et sectmda. Prima
es! simili!udo particularis vel singularis in anima correspondens termino primae im
posilioais Secanda es! simili!udo in anima corrcspondens lermino secundae im
positionis ve! primae in communi sump!ae‚ Undc similitudines seu concep!as generales
saut secundac in!en!iones‚ et par!iculares sei! singulares sun! primae; ad modum
rcrum realizrm, in quilms geilem et specics saut per secundam in!en!ionem e! sua
parlicularia per primam.
31) Ars magna et alt. p. 242: Habe! intellec!as aetionem e! passionem, e! habe!
actionem in grammatica, tagten e! geometria, et passianem in scien!iis positivis, e!
habe! boni!a!rs per morales virtules.
150 XVlll. Raimundus Lullus.
der Logik dennoch nur seine Ars magna im Sinne; denn nur diese gilt
ihm als bleibend und beständig, während die Logik unbeständig und
schwankend (instabilis, labilis) sei und kein wahres Gesetz auffinden
könne, wozu auch noch die grosse Schwierigkeit der Logik komme , da
man in der Ars magna in Einem Monate mehr profitiren könne, als in
der Logik in einem Jahre 32).
Insolerne aber Lullus dennoch dieses von ihm gering geachtete Ge
biet bearbeitete, zeigt sich, dass er dabei durchgängig der Tradition der
byzantinischen Logik folgte 33)‚ -— ein Umstand, durch welchen er uns
ja schon am Schlusse des vorigen Abschnittes mehrfach als Quelle diente.
Nach einer Definition der Logik, welche aus der boethianischen und der
arabischen Doctrin gemischt ist 84), theilt er den Umkreis der Logik sofort
nach terminus, propoaitz'o, argumentatio“). Der erste Theil, welchen
er nach der Terminologie seiner Schrift „Arbor scientiae" (s. Anm. 143)
als „Radices arboris" bezeichnet, knüpft an die Definition des terminus
eine Eintheilung desselben in einen categoreumatischen und syncategoreu
matischen, wobei an die Unterabtheilung des ersteren 3“) zugleich die
32) Ebend. p. 538: Unde intellectus cognoscit, per quem modum lOglt(l e.d
applicabilis ‚ ..‚ et etiam cognoscil, per quem modum logieus non polesl slare corum
artisla huius artis. Quere um! stuln'lia et immulabilia, confundit pelendo ab eo, quod
inlehdit concludere‚ et inlellecla eonclusione conclndil cum slabililate cl immulabili
tote principiornm et regnlarum, et statim nesciet, quomodo erudel. llem logieus Iratlal
de di/‘finiliane considemla per primom spcriem regulae C Ianlum, generalis dulcm
ortisla huius arlis per omnes species regulae C. (s. Anm. 97). Logicus Iraclot dr
secunduriis inlenlionibus adiunclis primis, sed generalis artisla lraclal de primis per
sccundam spcciem regulae C . . . ‚ .. EI in islo passu cognoseil intelleclus, quod logkd
es! scicnlia instabilis eine Ialn'lis, haec aalen urs permanens cl slabilis. llem logiert:
faul conelusianom cum duabus praemissis, generalis outem artisla cum mixli0M
prineipiorum c! regularum. Adhuc logious non polesl invenire veram legem cum
logica‚ generalis einem erlisla cum ista arte invenil; nam illu le:r es! vera, qtmm
principia el regulae huiu: um's intrMe possunt. Amplins logica es! ars di/fieilx's ad
addiscendum, haec aulem ars es! mullum facilis raliune mizlioni: et oonculenalioni:
primipiorum et regularum (s. Anm. 119); el ideo plus polesl addisoerc ariisla 414
hae arte imo mensc, quam logieus de logiea uno anno. Hiezu Anm. 65.
33) Wenn die Eine Bearbeitung dieser Schul-Logik sich in der Titel-Heber
schritt als „nova logira“ bezeichnet (Anm. 3), so lege ich hierauf kein Gewicht;
denn einerseits stammt diess wahrscheinlich von späteren Verehrern lullinnischer
Weisheit her, da Lullus selbst eine „neue“ Logik wohl nur in jenem Mitteldingh
welches zwischen alter Logik und Ars magna steht (Anm. 22), darbieten wollte; In—
drerseits allerdings nennt Lullus in seiner marktschreierisehen Manier zuletzt Alles»
was er schreibt, eine grosse „Neuigkeit“, selbst wenn es nur eine Wiederholung
Algazeli's ist (Anm. 24).
34) Dialecl. inlrod. (s. Anm. 2) f. 1 r. A: Logica es! ars et scienlia, qm: vom»
et fulsum ratioeinando cognoscunt‘ur et unum ab altere diseernilur verum eligendo ll
falsum dimillenrlo. Fast ebenso Dialecl. (b. Zetzner, s. Anm. 8) p. 147. S. Abschn
Xll, Anm. '16. u. Abschn. XVI, Anm. 15 fl‘.
35) Diol. introd. ebd.: Cuius principio spesifiea samt tria‚ so. lenm'nus‚ pro
posilio c! argumentatio. Dialecl. ebd.: In logica consideranlnr Irin inler alim
sc. n. s. f.
36) Diol. inlrod. ebd.: De radicibus arboris. Terminus es! dictio significativm
er qua propoxilio eonsliluilur (s. vor. Abschn„ Anm. 199).... Dividitur in lerminsm
categoreumulicum et syncalegorcnmatieum (s. ebd. Anm. 34. 256 ll'.). Catcgorruma
lieus dividitur in communem et singularem (ebd. Anm. 6l, 229, 610). Commnflü
dividilur in unirocum‚ aequivocum et denominativwn (diese Verwendung dieser Ei"
._‚..
‚.-_L. ; -‘ _< .--‚. -
XVlll. Raimundus Lullus. 151
Gliederung in Subject, Prädicat und Copula 37), sowie die Gradabstufung
vom generalissimum bis zum specialissimum angereiht wird“). dem
letzteren aber alle „signa“ der Universalität, Partienlarität und Negativität
beigezählt werden”). Indem hierauf die schon oben. Anm. 30, erwähnte
Stelle über intentio und imposilio folgt“), kann Lullus daran die Be
sprechung der quinque vaces und der Kategorien anreihen H), wird aber
eben durch seine Auffassung der intenlio veranlasst, die Universalien und
die Kategorien, bei welch letzteren er die arbor Porphyriana durch
sämmllirhe zehn hindurchgeführt wissen will“), etwas näher an die
Mystik der Ars magna hinzurücken, d. h. er behandelt dieselben in Kürze
nach jenen Schablonen, welche wir unten (Anm. 94 ff.) treffen werden 43).
Ja anderwärts sehen wir, wie er in Uehereinstimmung mit den Grund
sätzen der Ars magna die Realität der Universalien äuf eine wahrhaft unver
ständige Weise zu begründen versuchte und dieselben überhaupt in einem
zügellosen theologischen Realismus nur als Sehöpfungsacte Gottes nahm M)‚
theilung ist nen)..... Singularis vel disnrelus dividilur in abstraclum (z. B.
humanilas) el cancrelum (z. B. homo). Hingegen in Dialccl. p. 147 ist nur die
Einthcilnng des lerminus in nommunis und discrelus» angegeben.
37) Dial. inlrod. f, 1 r. B: Terminus calegoreumalicus in proposifione modo es!
subieclum modo prardiralum Copula rsl prrsona verhi „sum“. Vgl. Dialrcl.
p. 147. S. vor. Abschn. Anm. 152.
38) Dial. inlrod. ebd.: Terminus oalegareumalicus alia dirisione dividilur in
generalissimum, suballemum, speciulissimum, individualem. In Dinlccl. fehlt dieses.
39) Dial. inlrod. ebd.: Syncalegarcumalicus lerminus dividilur in universale
signum‚ parliculare siynum et perle; oraliom's indeclinabiles. Hingegen Dialect. p.147:
0m'dam lermini dicunlur signa universalia et quidam parlicularia‚ negativa, und
als dergleichen signa kommen im Vergleiche mit Sh_vreswood (vor. Abschn., Anm.
68 ff.) und mit Petrus Hispanns (ebd. Anm. 238 ff.) hier nen hinzu: ubicunquc,
quocunque} semper, nunquam, nusquam‚ aliquando, alicubi.
40) In Dialecl. fehltdiese kurze Erörterung.
41) Dial. inlrod. f. l v. B. Hingegen in Dialecl. hält er sich an die Reihenfolge
der byzantinischen Logik. indem er dort die Praedicabilia und Praediramenla erst
nach der Lehre Vom Urtheile folgen lässt; auch finden wir dort nur einen dürren
nichtssagenden Auszug der gewöhnlichslen Lehre.
42) Dialccl. p. 153: Pracdicamenlum es! ordinalio Ienninarum secundum auf) et
supra (vgl. Dial. Inlrod. f. l v. B), ul palel in saqucnli figura..... Sicul es! [acta
isla arbur in pracrlicamenlo :ubrlanliae, im palesl fieri in aliis pracdicaznenlis, ut
per Ialem cogm'lioncm melius possil homo rerwu vurielalcs inquircrc.
43) Diul. inlrod. f. 2 r. Dass er das Gleiche auch in seiner Schrift De quinqne
praedicabilibus el dccem praedieamenlis that, ersehen wir aus (‘od. lul. Mon.10517‚
f. 49—52.
44) Nova logica‚ f. 8 r: Ouaerilur‚ ulrum genus :il ens reale; el dieimus, quvd
‚s'il; quod probamus quinquc rationibus: Necessc aal, quod corpus sit genns
reale; alioquin corpus mm esse! divi:ibile naturaliler in aorpu: animnlum el launi
mulum . . . . . .. Natura universi non patitur vacuilalem‚ quod [acerel‚ si grau non
esse! ans reale Consliluliu mundi forel impossiln'lis, n' genus non esse! ens
reale . . . . .. St genus non esse! ans reale, inferiora individna non sumiperent in
flnenliam a corporibus supracoeleslibus . . . . .. Subiealum habilu: animalilalis dioimuz
esse ens reale‚ quod qmm: vocunms. Mit ganz analogen Gründen wird dann, ebend.
f. 9r, die Realität der Species erwiesen. Liber Chaos, p. 19 A: Primus gradus
chaos es! genus omnia cnlia in so coulinem p. 20 B: l‘nm crealor omnium de
prima gradu rhaos speaies in srrundmn producerel . . . . .. p. 21 B: Di/ferenlia ext in
prima gradu chaas inlcr ayrns el palicns essenliae ipsius chaos .. p. 23 B:
In prima gradu chaos deus feil propriificativus..„„ p. 24 B: Ouoniam in prima
152 XVlll. Baimundus Lullus.
und analog im Naturgebiete den Kategorien eine physikalisdt-realistische
Geltung zuwies 45).
Als „truncus arboris“ folgt sodann die Lehre vom Urtheile. Die
Erörterung über das kategorische Urtheil schliesst sich ganz an Petrus
Hispanus an 46); neu kommt nur hinzu, dass Lullus auf den Gebrauch
der Worte „et“ und „vel“ im Subject und Prädicate hinweist“), und
dass er im Hinblicke auf die Ar: magna noch von einer anderweitigen
nicht-logischen Umkehrung der Urtheile“) und ebenso von einer solchen
Entgegensetzung spricht“). Beim hypothetischen Urtheile nimmt er obige
Erweiterungen auf, für welche er selbst uns als Quelle diente 5°); des
gleichen, was die Verknüpfung der Ea:pom'bilia mit dem hypothetischen
Urtheile betrifft“). Die Modalität behandelt er, abgesehen von der Auf
nahme jener neuen Lehre über sensus 'divisus und compon'tus (vor.
gradu etwas est igncitas Italiens in se ignificalivum et ignificabile, sequentur um'
dentia, so. quantilas, qualitas, relatio et cetera.
45) über Chaos, p. 26A: Substantiatum est primum chaos, qm'a omm'a qualuor
elementa una cum omnibus ‚ma's elementalibus saut uua substanlia...... p. 27 B:
Ex inten.sa quantitale igneitatis [am activa quam passiva composita es! quantilat
primi chaos p. 28 B: Primum et recundum rhaos relative se habuermtl per mo
dum generationis et ereationis..... p. 30 A: Um: qualitas extenaa per totum primum
chaos producitur de qualitate igneitatt's . p. 31 A: Actio dividilur in substantialem
et accidentalem p. 32 A: Sicut de actione dictum est, potest inlellt'gt relulnm
modo dictum esse de passierte . . . . .. p. 33 B: St intelligere volumus‚ (empor cm
aliquod ens reale, eonsiderare deltemus motum in actava p. 35 B: Convenit loeus omm‘bas, quae sunl sub suprema s‚usppehraefircaie fiorrmtaamreanelisphaemr
. . . . .. p. 37B: Situatu: est primus gradus chaos de ignet'tate p. 40A: Duplex
est habt'tus et assituatio chaos, sc. substantialis et accidrnlalis.
46) Dial‚ introd_ f. 2 v. A u. B die Eintheilung nach Quantität und Qualität
nebst den drei Fragen und ihrem Memorialverse (vgl. Dialccl. p. 148, woselbst
jedoch der Vers fehlt; s. vor. Abschn. Anm. 153). Dann in verbesserter Reihen
folge vorerst f. 3 r. A die Umkehrung (vgl. Dialect. p. 149; s. ebend. Anm. 156).
hierauf f. 3 r. B die Entgegensetzung mit der üblichen Figur (vgl. Dialect. p.149 1.;
s. ebend. Anmv 154), sodann f, 3 v. B die Aequipollenz mit dem fünften der dor
tigen Memorialverse (s. ebend. Anm. 159; in Dinteet. fehlt die Aeqnipollenz); hin
gegen dic Notiz über die dreifache Materie (s. ebend. Anm. 155) ist erst nach den
modalen Urtheilen f. 5 v. A eingereiht (in Dialect. ist sie p. 150 an der üblichen
Stelle).
47) Dial. introd. f. 3 r. A: Propositio categorica ext duplex, sc. de distunetn
extreme et de copulato extreme. De dtsiuncto extreme ext lila, in cua'u: sabierto rtl
praedicalo vel in ulroquc ponitur eoniunclio disiunctiva. Ebenso entsprechend dIS
Urtheil de copulato. Vgl. Dialecl. p. 150. (Die Veranlassung hiezu bei Shyreswood.
s. vor. Abschn.‚ Anm. 86 f.)
48) Dial. introd. f. 3 r. B: Extra animam est alias Modus conversiom's. qm
spectat ad altiorem artistam, quam logiert: rit etc., d. h. er meint die Operation.
welche wir unten, Anm. 86, treffen werden (in Dialeet. fehlt diess).
49) Ebend. f. 3 v. A: Propositione: possunl esse coulradicton‘ae du0'ms modit.
so. de mmlo vel de lege. Contrartictoriac de modo sind sie nach den gewöhnlichen
Regeln. Contradicloriae de lege saut, quac, licet nun partiripent in subiecto et prac
dicato et ltr.et non siln' repuannt in quantitate et quotitate, scruant tarnen leg”t
contradirtoriarum. d. h_ er denkt an ein Verfahren in der Ars magna, s. unten Anm.
87 (fehlt gleichfalls in Diale>t.t.
50) Ehcnd. f. 3 v. D u. Dialect. p. 151. S. vor. Abschn.. Anm. 593 f.
51) Dial. inlrod. f. 4 v. A (in Dialwcl. nicht). S. ehenl. ‚4111601. 60‘i 1
n. 609 Was f. 5 r. A über lmipit und l)esinit gesagt ist, beruht nur auf Petra!
Hispnnns, s. ebend. Anm. 263. -„
XVlll. Baimundus Lullus. 153
Abschn.‚ Anm. 585 f.), äusserst kurz durch blosse Wiederholung der bei
Petrus Hispanus vorliudlichen Figur 52); nur lügt er den Begrill‘en des
possibile und impossibile eine theologische lllodiiieatiou bei“).
Hieran wird als „branchae arboris“ nicht bloss jene Episode aus
den proprietates terminorum angereiht, bei welcher wir den Lullus schon
oben als Quelle benützen mussten 54), sondern es folgt auch noch eine
sehr eigeuthümliche Erörterung über demonstratio. Diese nemlich wird
wohl nach der üblichen arabischen Doctrin als Ableitung eines Unbe
kannten aus Bekanntem definirt“), aber wenn dann zur arabischen
Zweitheilung in demonstralio quid und demonstratio quia als neues
Drittes die demonstratio per aequiparantiam hinzukommt“), so werden
alle diese drei Arten völlig in das Gebiet der Topik hinübergezogeu;
denn nicht bloss in den ersten beiden können wir nur eine Durchführung
der Topen „a causa et efl'ectu“ wiedererkennen“), sondern auch die
aequipamntia enthält nur das aequale als ein ideales (göttliches)
Mittelding zwischen den Topen „a minore et maiore"”)‚ daher auch
Lullus dieses Beweis-Verfahren, welches ihm als das höchste gilt, ander
wärts unter Berufung auf seine Ars magna vor Allem zur Stütze der
Trinitätslehre verwenden zu müssen glaubt“). Uebrigeus wenn er an
einer anderen Stelle die „probalio“ derartig als die umfassendere Gattung
52) Dial. inlrod. l'. 5 r. A. Dialecl. p. 152.
53) Dial. inlrod. ebeud.: Possibile es! duplex; unum es! per causam, allerum
es! per infinilam poleslalern . . ‚ . .. Impossibile es! duplex; quoddam es! per vornim
diclionem, aliud per defeclum rausue; alias modu.r impossibililalis est‚ qui
eonsislil per per/'ectionem mazimam, et hure solum convem'l den.
54) Ebend. f. 5 v. A —7 r. A u. Dialecl. p. 152. S. vor. Abschn., Anm.
596—603.
55) Dial. inlrod. l'. 7 r. A: Demonstralio es! alicuius ‘iguoli per aliq-uod nolum
vel minus noli per aliquod mayis nolum cognüio seu inlelleclui manifeslalio. Vgl.
Dialecl. p. 154. S. Abschn. XVl, Anm. 15.
56) Dial. introd. ebend.: Demonstrationis tres ‚um! species, so. per quid, per
quia et per aequiparanliam.
57) Ehend.: Demonslrulio per quid ext, quando c/fectus demonslralur per rau—
sem vel inferiux seu posterius per superius sivr prius; et potest fieri Irilms modis.
Primus esl‚ quando muss simph'ciler demonstral e/[eclum suum i . . . .. Secundus, quando
causa demonstrans efl‘eclum demnnslral, ipsum esse causam allen'us efleclus . ‚ . . ..
Terlius‚ quando Muse demonslral de suo cffectu, quod ipso es! efl'eolus alterius
rausae . . . . .. Demonstralio per quitt aal, qmmdo per efl'eclum ecmsa demonstralur vel
per inferius seu posterius demonstratur supcriu: sie: prius; e! polesl fieri lribus
modis. Prime simph'eiler de e/feclu ad sausam..... Secnndus, qunndo e/fcctus' prabal,
rausam suam esse efl'erlum allerius causae . . . . .. Tertius, quando e/I'eclus demonstrat,
armsam wem esse cuu.€um allerius e/Ieclus. (Vgl. Dialecl. p. 154.)
58) Ebend. f. 7 r, B: Demonstratia per aequiparanliam esl‚ quando per aliquid
anquale nolum uliud aequale ignolum demonstratur vel aequale minus uolum per
aequale magis nolum..... Et /il lrilms modis. Primus, quando potenlia demorxslralur
per poleuliam vel «um: per aclum . . . . .. Secundus, qnundo per aequulilatem princi
piorum probatur aequalilas acluum Tertius, quando per arqualilatem acluwn
demonstratur aequulitas dignilalum .... ‚. Et haec demonstralio polior ext, quam ilhz
de quid et illa de quia; hau: enim mazime et propriissime.lil.in den, in quo
mm'us et minus sunt impossibilia.
59) De demnnslr. per aequip.‚ p. 1 A: lntendimus proben: distinctiouem in
divim': per aequiparanlirun et aequivalentiam artuum divinarum ratinnum .. p. 2 A:
cum fariamus haue invesligalionem per prinmpia nostrae artis generalis, quod sunl
m'a principia consecull'na, sc.concordanlia, difl‘erenlia, aequalilas (s. Anm. S7), quibu.r
154 XVlll. Baimundus Lullus.
betrachtet, dass dieselbe in auctoritas, necessurt'a ratio und demonstrativ
zerfallen soll, so waltet hiebei die gleiche Rücksicht auf die Topik, da
auch aucloritas ein 'l‘opus ist, und ausserdem die probatio überhaupt
als „apparens“ bezeichnet wird °°).
Als „flores arboris, e quibus nascitur fructus“ folgt hierauf die
Lehre von der Argumentation in jener weiteren Bedeutung, nach welcher
sie auch die consequentia umfasst“). Indem Lullus schon in der Ein
theilung der argumentatio sich dem Petrus Hispanus anschliesst“), folgt
er demselben auch wörtlich in Aufzählung der neunzehn Sehlussweisen
des kategorischen Syllogismus unter Benützung der Kunstworte Barbara
etc“). Die hypothetischen und modalen Schlüsse fehlen auch hier“).
Hingegen hat Lullus jenen specielleu Zweig der Syllogistik, welcher seit
Averroes schon den Albert und den Thomas beschäftigt hatte (s. vor.
Abschn., Anm. 464 u. 554), nemlich die inventio medii, in einer eigenen
kleinen Monographie besprochen, wobei er vorerst zwei Arten des Mittel
begrill'es, einen „natürlichen“ für die wahrhaft wissenschaftlichen Syllo
gismen und einen hloss „logischen“ für die dialektischen Wahrschein
lichkeits-Schlüsse, unterscheidetß); von dem ersteren gibt er dann (wie
Thomas die fünf indirecten Schlussmodi bei Seite lassend) vierzehn Bei
spiele, welche sich in den Begriffen der Ars magna bewegen aß), und
hierauf lässt er noch sechs Beispiele folgen, in welchen der Mittelhegrill
in Folge seiner Unbestimmtheit nur einen dialektischen Schluss zulässt 67).
Es hatte übrigens dieser Gegenstand für Lullus ein specielles Interesse,
da, wie wir sehen werden, seine ganze Ars magna schliesslich als ein
zigen logischen Kern nur die incentio medii in sich birgt, s. Anm. 86,
89 f.‚ 110, 113. In den beiden Gompendien der Logik aber folgen nun
nach dem kategorischen Schlusse einige Angaben über induclio, welche
mediuntilms demonstraln'mus per aequipurants'am supradictam dislinolioncm. Vgl.llrer.
prost. tab. gen. p. 36.
60) Dialecl. p. 154: Probatio cst argumenlum‚ in quo verilas esl apparens (S.
Abschn. XVI, Anm. 51 ff. u. 276 II), et polest fieri tribus modis, so. aucloritale,
neccssaria rutione et demonstratione.
61) S. vor. Abschn.‚ Anm. 613.
62) Dial. inlrod. f. 7 v. A: Argumentationis quatuor sunl species, ‚so. Sgll09t!‘
mus, induclio, enthymema, exemplum. Ebenso Dialecl. 11.154. S. vor. Ahsehn.‚
Anm. 193.
63) Diul. introd. a. a. O. u. Dialeet. p. 154111 S. vor. Absehn., Anm. 185:
von Memorial-Versen erscheinen hier nur die letzten zwei der ebend. Anm. 156
angeführten und derjenige, welchen wir bei Shyreswood, ebend. Anm. 51, trafen.
Betreth der Kunstworte vgl. auch folg. Abschn.‚ Anm. 204.
64) S. vor. Abschn.‚ Anm. 122 u. 190.
65) De uenalione medii, p. 162: Medium nisten: inter subiertum c! praedicatum
inlendimus vemm' duobus modis. Prima modo medium naluralc et seeundo modfl
medium lagicale; et hoc focimus, ut cognoscamu: voran: medimn reale et etiam M—
turale et per consequens necesaarinm syllogismum, ac etiom ul per medium probe
tilmm et opinab'vum cngnoscamus syllogismum dialecticum sive logicalem et intentm
nalem. Es stimmt dieser Dualismus völlig mit der oben erwähnten Geringschatzung
der Logik zusammen, s. Anm. 27 fl‘. A
66) Ebend. p. 162 ff. Bonilas‚ potestus, vuluntas u. dgl. sind die Lieblings
Beispiele.
67) Ebend. p. 164.
XVIII. Baimundus Lullus. 155
er nach seiner beliebten Dreigliederung unterscheidet"), über enthymema
und exemplum“), sodann in dem Einen aus der Topik nur jene drei
Topeu, welche für die demonstratio per aequz'parantt‘am eine Bedeutung
haben (s. Anm. 58), nemlich a mat'0re, ab aequali, a minore 7°), hingegen
in dem anderen jene Stelle, welche unter der Ueberschrift De antecedente
et consequente uns schon oben als Quelle für die üblich gewordene
Lehre von der conaequentia diente und eine durchgängige Verflechtung
mit der Topik zeigt“).
Hierauf noch reiht sich als „folia arboris cuslodientia fructum a
macula“ die Sophistik an, welche im Ganzen dem betreffenden Abschnitte
des Petrus Hispanus folgt“). Endlich die Schlussbemerkung über dispa
tatio habe ich schon oben als muthmaasslichen Anfang der späteren Obli
gatoria angeführt“).
Soll ich es aber nun versuchen, die Ars magna darzustellen, so
möchte ich vorerst jener Frage, welche ich an alle Autoren des Mittel
alters richten musste und grossentheils beantworten‚konnte, auch bei
Lullus nicht aus dem Wege gehen, der Frage nemlich, woher das Ganze
und seine Theile entnommen seien. Denn dass Lullus die einzige Aus
nahme von jener Regel sei, welcher alle Schriftsteller des Mittelalters
unbedingt unterworfen sind, d. h. dass er lediglich von sich selbst aus
seine mystische Technik ersonnen habe, möchte ich eben für völlig un
glaubhaft halten. Allerdings nun wird Jeder, der in der oben (Anm. l)
erwähnten Zetzner’schen Ausgabe nur einmal flüchtig geblättert hat, sofort
sagen, Lullus gebe ja selbst seine Quelle an, und diese sei Nichts anderes,
als die Kabbala. Aber wenn wir die Schrift De audi!u cabbalz'stz'co
sowohl nach ihrem Titel als auch in den einzelnen Stellen, welche eine
difecte Einweisung auf die Kabbala enthalten H)‚ näher erwägen, so muss
68) Dial. inlrod. f. 7 v. B: Induc!io es! argumenlalio‚ in qua procedi!ur ab in
[erioribus sufflcicnler numerali.s ad illorum immedia!am universalen». E! fit !rilzus
modis. Prima procedendo a singularibus ad suam universaler» Sccundo proce
dendo ab indefinilis ad suam universalen! genericam Terlio ab universalibas in—
ferioribus ad universaler» superiorem. Vgl. Dialerl. p. 157.
69) Diolec!. ebend. In Dial. ialrod. f. 8r. A erscheinen bei Besprechung des
exemplum in dem oben, vor. Abschu.‚ Anm. 144, angeführten Beispielsatze hier die
Städte-Bewohner Floren!ini‚ Piaani‚ Panormilae‚ Drepanenses.
70) Dialect. p. 158.
62731) Dial. in!rod. f. 8 r. A 11‘. u. Dialect. p. 159. S. vor. Abscbn., Anm. 618
n. .
72) Ebend. f. 10 r. B fl‘. Dialecl. p. 159—161.
73) Dialecl. p.161; s. vor. Abschn„ Anm. 625.
74) De und. cabbcl. p.43: Esse sive verbum sub ratione inseparabili!utis a relms
es! a‘ubiectum adaequalum huius sapien!iae Kabbalistime...„ Omnis doclrina disci
p'linaquc m‘a in se essenlialiler comprehendil‚ so. sein par!es sui subiecli, scire linear
quaesilurn, e! scire medium ad ipsum finem, e! prop!crca hacc sapientia Kabbalisliaa
dividilur in Ire: par!es...... (p. 44) E! dici!ur hau: doclrina Kabbala, quorl idem
es! secundurn Hebraeo.r u! reccp!io veri!atis cuinslibe! rei divinilus rcvelalue animae
rationali, e! secundum modernes Kabbalislas Kabbala cum si! „amen compositum ex
duabus die!ianibus‚ so. „abba“ et „ala“, „abba enim arabice idem est quod „pa!er“
latine, c! „ein“ arabice idem es! qnod „den: meus“, .....propterca dieimus, quod hoc
vocalzulum „Kabbala“, quod seribi!ur per lil!eram K, nihil aliud es! arabice impor
!ans latine prae!er „superabundans sapienlia“. Es! igt'lur Kabba habilus animae
rationah's ex recla ralione dicinarum rcrum cognilivus. Auch wird im weiteren Var
156 XVII1. Raimundus Lullus.
11
_.»__
uns vor Allem auffallen, dass Lullus, von welchem wir doch so viele
Schriften besitzen, und welcher in steter Wiederholung das nemliche Thema
dutzendmal bearbeitete, in seinen sänrmtlicheu übrigen Schriften nicht mit
einer Sylbe die Kabbala erwähnt 76); dazu kommt, -— abgesehen von
einer wunderlichen Etymologie —‚ dass in der genannten Schrift einmal
auch von „moderni Kabbalistae“ die Rede ist und den Kabhalisten das
Studium jener Darstellung der Ars magna empfohlen wird. Kurz ich
halte dieses Buch für eine (übrigens ganz geschickt gemachte) Bearbeitung
der Ars magna durch einen späteren Kabbalisten, welcher biedurch so
wohl dem Lullus als auch der Kabbala förderlich sein wollte. Aber
während ich auf solche Weise dieses äussere Zeugniss als solches unbe
dingt zurückweise, möchte ich doch vermuthen, dass der Mann, welcher
De auditu cabbalislico schrieb, nach Lage der Sache inhaltlich nicht Uri
recht hatte. Freilich nur schüchtern darf ich einen solchen Ausspruch
wagen, denn eine genügende Geschichte der kabbalistischen Litteralur
muss wohl erst in Zukunft noch geschrieben werden 76), und ausserdem
liebe ich es nicht, in fremde Gebiete einzupfuschen"). Wenn es nemlieh
richtig ist, dass das von Simeon Ben Jochai verfasste Buch Sochar gegen
Ende des 13. Jahrhunderts durch Moses Ben Nachman nach Catalonien
gebracht wurde“), so wäre der Aussere Anknüpfungspunkt nach Zeit
und Ort festgestellt. Inhaltlich aber darf vielleicht schon im Allgemeinen
auf jenes Combinationsfipiel hingewiesen werden, welches in der Kabbalfl
mit den Buchstaben und dem Zahlen-Werthe derselben“) oder mit einem
„himmlischen Alphabete“ 80) getrieben wurde. Noch speciellcr aber läge
möglicher Weise eine Anknüpfung an die Kabbala in jenen Begriffen.
welche ich sogleich in dem „Alphabetum“ des Lullus anzuführen haltet
dann dieselben haben doch eine frappante Aehnlichkeit mit den letzten
sechs unter den zehn Sephirot 81), und auch jene vorwiegende Berück
laufe noch öfters der Ausdruck „sapientr'a Kabbalistica" gebraucht, so p. 55. 57
101, 106, oder auch „haec Kabbula“ (p. 67), je sogar „schale Kubbalislica“ tp.93‘.
und am Schlusse (p. 110) lesen wir: ad quae quih‘bet Kubhalista recurrere dehet N1
perfeotam intelleclioncm etc.
75) Hatte Lullus als Kabbalist auftreten wollen, so wurde er dieses ebensosch
hundertmal bei jeder Gelegenheit sagen, wie er überhaupt glaubt. Alles nicht 011
genug sagen zu können.
76) Schwerlich dürfte ich bei den Fachmännern auf Widerspruch stossefl.
wenn ich das Buch von L. Frank, Lu Kabbale‚ Parir 1844 (deutsch von Jellinecl.
l.ng.1846) nicht für genügend halten kann.
77) Niemand, der litterarisch arbeiten gelernt hat, wird es mir zumulhen, Chi!
ich bei dem kaum zu bewältigenden Umfange meiner eigenen Aufgabe um des
Halb—Narren Lullus willen ein Quellenstudium über kabbalistische Liltcralur bitte
unternehmen sollen, welches allein ein gelehrtes Menschen-Leben in Anspruch
nähme.
78) Frank a. a. O. p. 67 u. 95 (nach lellineck's Bearbeitung).
79) Ebend. p. 46. 105, 112 f., 121.
80) Ebend. p. 158.
81) Nemlich magnitudo, glorr'a und bonitas erscheinen dort, —- s. ebend. P‚
127 u. 143 —-. wohl unzweifelhaft, und ohne viele lnterpretations-Künste dürfen
wir vielleicht auch sapientr'a (ebend. p. 134), veritas (p. 137), potesla: (p. 142!
wiedererkennen.
XVIII. Raimundus Lullus. 157
sichtigung der parallel einander gegenübergestellten Tugenden und Laster
könnte dort ihr Vorbild gehabt haben ").
Doch sei dem, wie es wolle, — denn gerne nehme ich von den
Fachmännern eine Widerlegung dieser meiner Vermuthung an —, Lullus
beabsichtigte jedenfalls eine allumfassende Technik, scientia generelis, ars
generalis, zu entwickeln, in welcher die Principien aller Einzeln-Wissen
schaften enthalten sein und alle nur erdenklichen Fragen ihre Erledigung
finden sollen Sa). Um aber dieses viclversprechende Unternehmen des
balearischen Projectenmachers darzustellen, müssen wir die oben (Anm.
9 ff.) angegebene Unterscheidung verschiedener Gruppen von Schriften ein—
halten und somit zunächst die Technik selbst als solche (abgesehen von
ihrer Anwendung) betrachten S“).
Lullus fällt mit der Thüre ins Haus, indem er uns sofort als Prima
per: folgende Tabelle unter dem Titel „Alphabetum“ aufdringt:
B. i c. ’ n. 1 E. ‘ r. ) c. | n. l l. l x.
Boni!e:. TÄgni- Aelerni—1Potesles. Sepien- Volunles.’Vir!us. Veriles. Gloria.
ledo. las see tie.
Deralio‚
Difl'eren-i Concor- l Conlre- Principi- iMedium. Finis. Meiori- Aequeli- Minen"
Ä lie. l_dun!ie._| rieles;_rern. l V_» las. las. (es.
Ulrem? .‘Ouid? De quo? Quere? Oeen- 0eele? Oeendo?‘Ubi? ' Quo
tum? modo?
7 v 7 V 7 7V_ _g 7 Eurnqeo?
Ueus. bingrlus. 'Ceelem. Henne. lmegine— Sensi!ive. Vege!e- ‘ Elemen- Ins!re
liu. ‘ live. lelira. men!w
___ live.
lus!ilie. Pruden- Forlllu- Tempe- Fides. iSpes. Chari!ea. Pe!ienlia.‘l’iclas.
WV?N lie. “de. ren!ie. i l
Avari!ia. ‚Gele. Lexen'e. Superbie. Acidie. Ilnvidie. lre. Mendeci- [neon
um s!en!ie.
82) Ebend. p. 163.
83) Ar: megne c! elf. p. 218: Om'e queelibe! scicn!ie hebe! sue principia proprie
e! diverse e principiis eliarem scien!iermn‚ idu'rro rcqeiri! e! nppeli! inlellecles‚ qeod
si! ene :cienlie generelis ad einen scien!ies‚ c! hoc cum .uu's principiis generelibes‚
in qeibu: principie alierem‚ seienlierum per!iculerium sie! implici!e et con!enle‚
sice! perliculere in universeli‚.„.. Amplius qeidem heec scicn!ie generelis peles!
nuncupen', qeie quees!iones genereles hebe! ad omnes alias qeees!ienes‚ queecunque
sin!, eppliceln’les (s. Anm. 127) . ‚ ‚ . .. llem an is!a es! generell: relione mixtiom'r
pri!tcipiorem e! regelerem, qeem hebe! (s. Anm‚ 119). Ars brav. p. l: Seln'cclum
[mies um's ext, respendere de omm'bes qeees!iom'bes‚ sepposilo quod scie!ur, quid
dicilur per nemen.
84) Ich versuche, jede der drei Hauptgruppen aus den sämmtlicben zu ihr
gehörigen Schriften collectiv darzustellen, denn ausserdem wäre der Wiederholungen
kein Ende; und so lege ich bei der ersten für die Stellen-Citate im Ganzen die
Ars megnu e! ultima zu Grunde, Welche Lullns selbst gewissermaassen als einen
Abschluss bezeichnet (p. 218: 0eoniem mal/es erles fecimes generalea, ipses vola
mus clerie: explanere per ixlem, qeam vocemus ul!imem; qeie de ce!ero mm pru
penime: allem facere, ipsem qeidem ex elil's compileme: e! allque neue explicile
eddimes); belrell‘s der parallel-laufenden Schriften begnüge ich mich mit Ziffern
Citalen. Der aufmerksame Leser kann hieraus sowohl den Plan und Inhalt der
letzteren Schriften entnehmen als auch mich bei jedem Schrille conlrolliren.
158 XVlll. Raimunde Lullus.
Die oberste Reihe enthält neun „praedicata absolute“, die nächste
neun „praedicata relata“, dann folgen neun „quaestiones“, hierauf neun
„subieeta“‚ und zuletzt chensmiele „virtules“ und „vitia“. Die Haupt
sache aber dabei liegt in den Buchstaben, welche oberhalb der einzelnen
Columnen stehen; denn jeder derselben soll alle jene Worte zugleich
bedeuten, welche in seiner ganzen Columne enthalten sind, und es wird
auch ausdrücklich eingeschärft, dass man nicht eher in die Ars magna
eintreten dürfe, als man dieses Alphabetum vollständig „auswendig“
wisse 85). Der Leser sieht jetzt gewiss, dass wir hicmit das Gebiet eines
sinnlosen Treibens betreten haben; denn um selbst von der Buchstaben
Spielerei abzusehen, was soll denn materiell die läppische Auswahl jener
neun Prädicate oder neun Subjecte u. s. f. bedeuten? warum denn nicht
andere neun, oder warum denn nicht zehn u. s. w.? Doch wir müssen
das Ganze geniessen. '
Unmittelbar hierauf nemlich beginnt im zweiten Theile das (Zombi
nations-Spiel, welches auf der willkürlich.sten Grundlage gewisser Momente,
welche verschiedentlich comhinirt werden sollen, den Hauptcharakter der
ganzen Technik ausmacht. Vorerst folgt als „Figura A“ die:
Figura praedicatorum absolutorum
d. h. die Verbindungslinien, welche von jedem der neun Begriffe zu den
je übrigen acht führen, zeigen an, dass im Ganzen 72 Urtheile (z. B.
boniuu; es! magna, magm'tudo est daraus u. s. f. u. s. f.) gebildet
85) Ars mugna e! all. p. 219: fipc verv alphabelum corde!erm.r aparte! sein;
quodsi nun. artista minime poteri! ul: ma arte swe_ rpsam prac!ieare. E! es! posi
tum hoc alphabelum in hnc arte, u! per spsum stgnzfieenlur prim'ipia e! quaeslione:
Indus artis e! ea quae in ipsis eon!inentur. 1Ars brev. p. l: Per unam li!leram Im
bm!errl malte significata m!ellectus es! "HIng generalis ad respiciendum. Vgl. De
und. cabbal. p. 44.
XVlll. Bainluudus Lullus. 159
werden sollen, worin Lullus eine Förderung der Einsicht in die Um
kehrbarkeit der Urtheile und selbst ein Mittel zur i1wentiu medii er
blickt 86).
Sogleich hierauf erscheint als „Figura T" die:
Figura praedicatorum relativorum
/"’T\
inler
Wale e_t scnn‚„‚
Wale etmtell„;„ ’
133‚wd. et nnl‚„er;"‚
‚ "Ü °’°»"J„
‘)voäjdaa li ‚lupl
Joy”, 13 . W. 979
13 . '9'"
4a,„‚ "W:an
1* .1
Durch dieselbe sollen die neun relativen Prädicate, und zwar je drei
derselben in einem Dreiecke unter sich verbunden, auf die ihnen zuge
86) Ar: mayna el uII. p. 220: Prima [igura dicilur circularis, quia sub
icctum mulalur in praedirolum et e converso‚ ut cum dicilur „Honilas magna, Magm'
Iudo booa“..... Per talem circululionem quidom polen'l arlisla cognoscere eo. quae
converlunlur‚ rt eu, quae von conuertunlur. Ars brcu. p. 3: In ipso figura inquiril
ortisla naturalem rom'uucliouem inter subiectum e! praedicalum‚ disposilionem et pro
portionem‚ u! ad fariendum ronclusioncm possil mediam inrenire....„ In principiis
istiu: figurae ext implicatum, qm'dqm'd ext, 1mm quidquid esI‚ auf es! Immun au!
magnum etc. Vgl. De und. cabbal. p. 45 IT. Ars invent. veril. p. 3 fl‘. Toll. gener.
p. 2. Brev. proct. Iab. gener. p. l. Lest. url. inv. p. 12.
160 XVlll. Baimundus Lullus.
hörigen Gebiete bezogen werden; nemlich differentia, concordardia, cou
trarietas (in den Ecken eines grünen Dreieckes untergebracht) sollen den
Dualismus zwischen sensus und intellectus zum Gegenstande haben, sowie
maiorilas, aequalilas, minoritas (in den Ecken eines gelben Dreieckes)
den Dualismus zwischen Substanz und accidens, hingegen pn'ncipium,
medium‚ finis (in den Ecken eines rolhen Dreieckes) vertheilen sich
einzeln auf ihre verschiedenen Modalitäten, welche in den betrell'enden
Feldern des Kreises eingetragen sind 87). Ausserdem wird darauf
hingewiesen, dass man auch mit dieser zweiten Figur in der ersten
„agirgg“, d. h. diese relativen Prädicate mit den absoluten verbinden
solle ).
Letzteres aber führt zur_ dritten Figur:
ac1cnlnr. IEF [ra;au|m|n<.
an CE|DF [nc1ru1m an;
m; cr;na}en1r1 1on
ßr |co inu| EI 1rxl
ao;cu m EK|
BH|CI 0x
BT!ÖK]—
!*Äi
Dieselbe ist nemlich nur eine Schablone, welche zeigt, wie die absoluten
Prädicate und die relativen Prädicate paarweise zu Urtheilen verbunden
werden sollen, wobei man, wie Lullus meint, allmälig vom Allgemeinen
zum Specielleu herabsteige und so auf die Frage geführt werde, durch
87) Ar: magna e! alt. p.222: Secunda figura es! de Iribus lriangulis..... Super
arlgulum difl'erentiae scn'lmnlur „Sensuale e! Sammle etc.“, e! sie super angali: can
cordanline e! con!rarie!alis‚ ad significandum difl'erenlmm. quae eat in!er sensualc r!
:cnsuale u. s. f. Super angulum prindpii scripla nur! „Causa etc.“; per cawam
principia substanliulia significanlur; .....per quan!ilalem e! !empus significanlm’
primipia accidenlalia, sicu! saut novem praedicamenla. Super anyulum medii scn'pla
‚um! „Coniunclio etc.“ ad significandum !rcs spesies medii..... Supra angulum [im]:
sm'p!a um! „I’er/ectionis etc.“ ad denulandum, quod ‚um! Ire: species fim's . . . . ..
Sapra angulum maion'lalis e! sie de angulis aeqna!ilalis e! minorila!is scripla samt
.‚Sabslanlia e! subsl. etc.“ ad signifirandum, quod una .mbslanlia es! maior alia
u. s. f. . . . .. (p. 223) Triangulus viridis (in Salzinger’s Ausgabe erscheinen diese
Figuren auch immer in sehr schönem farbigen Drucke), qm' es! de difl'erentx'a, cou
cordanlia e! tonlrariclale, es! yencralis ad umnia‚ nam quidquid es!‚ au! es! in
di/[ereulia au! cancordantia au! ron!rarielale..... Triangulus rabeus, qui es! de prin
cip:o‚ mediu e! fine, es! generalis ad omm'a, cum, qm'dquid sil, vel es! in p1‘iflcipiß
vcl medio eel fine..... (p. 224) Per lrt'angulum croreum in!cl!igilur um: maiorita:
universalis, cui omncs aliae mamrila!es um! suballemalae‚ e! hoc idem es! de
aequali!alc e! eliam minorilale. Vgl. Ars brer. p. 4 fl'. De und. cabbal. p. 48 (f.
Ar; inrenl. veril. p. 7 fl‘. Tab. gener. p. 3. Brer. pracl. lab. guter. p. 2 A. Lau.
arl. inv. p. 23.
88) Ars magna e! alt. p. 224: Secunda figura instrumenlurn es! in!ellec!us‚ nun
quo agil in prima figura, quoniam per difl'erenliam dix!ingui! inh-r bonilutern et magm‘
!udinem 91 hw'u_tqui _ _ ‚ _ ‚. et sie de aliis suu modo. I!crn dis!inyui! cum difl'e
ren!ia in essenlia bonilalis per boni/icanlem, bom'ficalurn e! boru'ficare u. s. l. Vgl.
Ar: brev. p. 6.
XVIII. Raimundus Lullus. 161
welchen Mittelbegrill‘ die Prädieate jener Urtheile mit ihren Subjeeten zu
vermitteln seien 59).
Diess aber soll dann die vierte Figur leisten:
Denn es handelt sich dabei nur um eine Mechanisirung der Combination
der neun absoluten und der neun relativen Prädieate, indem bei der
Drehbarkeit der beiden inneren Kreise an jedem der neun Felder des
äusseren Kreises neun Felder des mittleren und wieder an jedem von
diesen die neun Felder des inneren Kreises vorbeispazieren können,
aber die Felder des mittleren Kreises als Mittelbegrill‘e von Schlüssen
fungiren sollen 9°). -
89) Ars magnu e! ul!. p. 225: Ter!ia figura es! composila ex prima e! secunda,
quae habe! in se trigin!a sez cameras.... Inten!io, qmm: huec figum in bac arte
es! posila‚ er! ad significandum, u! cum uno principio bomo appliret rel ussocie!
aliud prinripium..... Haec figura doce! desreudere de universali ad parliculare gra—
dalim. Ars brav. p. 7: In qualibe! camera ‚um! duue Ii!lerae in eu von!enlae; ipsae
signifiran! subietlum e! pracdicalum, in quibus artista inquin'! medium‚ cum quo
subieclum e! praedicutum coniungunlur‚ Vgl. De und. cabbal. p. 53 I. Ar: inven!.
verit. p. 12 A. Tab. gener. p. 5 A. Brev. pracl. lab. gen. p. 2 ß. Lect. art.
ine. p. 43.
90) Ar: brev. p. 9: 0uarta figum habe! lres circulos‚ quomm superior es! I'm—
mobih‘s, duo au!cm infen'ores sun! mobiles, u! in figura pule! (in Handsehriften und
den oben erwähnten älteren Drucken ist meistens diese Beweglichkeit auch wirklich
hergestellt, indem die Mittelpunkte der aus anderem Papiere ausgeschnittenen
inneren Kreisllächen mit dem Mittelpunkte des äusseren Kreises durch einen Faden
verbunden sind). Circulus mediua volri!ur .mb circqu superiori immobüi.....‚ cir
culus au!em in/erior voluilur sub ein:qu medio..... Sie per mediu owneran bomo
P1mm., Gesell. III. 11
162 XVlll. Barmundns Lullus.
Als dritter Theil folgen hierauf die Definitionen der achtzehn „prin
cipia“, d. h. eben der absoluten und der relativen Prädicate; dieselben
aber sind so überaus einfältig“), dass sogar dem Lullus selbst eine
Atmung hierüber aufgestiegen sein muss; denn er findet sich zu der
Bemerkung veranlasst, dass nur Hunde-Zähne und Schlangen-Zungen seine
Definitionen tadeln könnten 92). Auch eine beigefügte Angabe über ver
schiedene Arten des Definirens ist werthlos 93).
Nachdem so im Bisherigen die ersten zwei Quer-Reihen des obigen
Alphabet'urns ihre fruchtbare Berücksichtigung gefunden haben, kommt
nun vorläufig einmal die dritte zur Erörterung, indem die dortigen neun
(oder eigentlich zehn) Fragen unter dem eigeuthiimlichen Titel „Regulae“
den vierten Theil der lullischen Technik bilden ‘“). Dass diese Fragen
als allumfassende und adäquate Gefässe uns über jedes erdenkliche Sein
und somit über das Object aller möglichen übrigen Fragen Aufschluss
ertheilen, wird mit marktschreierischer Emphase von Lullus verheißen“!
Aber —— „professus grandia turge!“ — wir finden eine gar dürftige
- Weisheit in der Behandlung jener (mit den Buchstaben des „Alphabe
tums“ bezeichneten) Fragen oder Regeln. Nemlich „utru-m" ist eigentlich
venalur necesserias conrlusiones Erun! CCLII camerae. Diese Zahl aber iSl
falsch (s. untm Anm. 106 u. 112); dann es ergeben sich 9)<9)<9=729 Com
binationen. Gleichlaulend mit Ars brav, erscheint dieses Capitel De und. cablml.
p. 54 f.‚ hingegen in Als magna e! _ul!. p. 226 f. ist die Erklarung der_Figur St'l"
nachlässig. Vgl. Ars invenl. veril. p. 12 B. Tali. gl’ft07‘. p. 5 ß. Brev. prost. tab.
gen. p. 3 A. Lec!. ar!. inv. p. 109. I
91) Ars magna et all. p. 227: [sie ler!ia pars es! de di/finitionibus principio
rum, u! es! difl‘inilio bonila!is‚ quae es! hacc.‘ Eoui!as es! uns, rationc ouius komm
agi! (immun. E! magni!udu es! ans, ra!iane cuiux boni!as‚ duratia e! reliquu m1
magna.... Dura!io es! i‘d, rationa cufus dumm! boni!ax, magnitudo e! cetera, und
so fort in diesem Stile auch bei den übrigen. Wörtlich ebenso Ars brev. P. 101
u. De und. cabbal. p. 57. Vgl. Ars inaent. veri!. p. 3—12. Tab. gener. p. 6—111
Brev. pruc!. !ab. gen. p. 3 ff. In Lest. ar!. irre. erscheinen die ersten neun Deflat
tiouen bei der ersten Figur (p. 12—23) und die letzten neun bei der zwfllfll
Figur (p. 26—43).
92) Ars magna e! ull. p. 229: Amplius aliquis [orte halmns den!em cam'mflfl 'l
linguam serpcntinam principia nostra e! eorum diflini!iones sperne! e! calumm'abilln
A1‘s au!rm ruft. quod unum principium adiuve! aliud.
93l Ehend. p. 228: Di/finilio plurilms modis fieri polcs!‚ e! omnes ad einer
modos reducunlur, r! quilibe! mndus habe! qualuor sperics. Primus quidem modu‘
ext, quando /i! per e/ficicnlem, polrnlium‚ malerium c! fiueni (s. Ahschn. IV, Anm
676) Secundus modus cs!‚ u! in regula C diccmus (s. Anm. 97) Sed ulltfl
arten! es! alias modus neu/usw, quando difl‘inilioncs (l‘un! ad pla(ilum sit‘ß per om
!inyen!iam...„ Amplius aalem di/fini!i0ürs fiun! per cumposilionem, so. quantiu um"
principium di/fini!ur cum alle, u! cum dici!ur bonitas magua.
94) Diese ganze Partie findet sich ziemlich gleichlautend in Ars brav. p. 11—141
De und. cabbal. p. 58—63, Tab. gener. p. 15—22, Brev. pracl. (ab. gen. p‚7m
Camp. lec!. (ab. gen. p. 9111, Lec!. ar!. inv. p. 2—9. u. Ars magn. e! alt. p. 229—251
Ich fahre nach letzterem Texte das Nöthigste in Kürze an.
95) Ar: magua c! ul!. p. 229: Regulac stur! decem, sc. „ulrum‚ quid etc.“. “l
in alphabelo iam signu!um es! (Anm. 85). ls!ac regulae nur! deccm quaestiones gfl"’
ra!es‚ per quas omnes esse onme quaesi!um‚ e! quornodo id, du quo quaeritur, pani!uh
in ipsis csl lucefaclum. p.250: Regulae saut rasa ad 0mnia in!clligibilia e! p"P°"
tionalu'les intellec!ui humauo„
XVIII. Baimundus Lullus. 163
O
nur grammatisch gefasst “6), „qtl!d" bezieht sich auf die Kategorie der
Substanz und soll die Lehre von der Definition in sich schliessen 9")‚
„de quo“ enthält die Causaliltlt‚ welche in einem Stofl‘lichen liegt“);
„quare“ soll sich auf Dasein und Thätigkeit beziehen 99), „quan
!um“‘°“) und „quale“‘°‘) enthalten natürlich die betreffenden Kate
gorien, „quanda“ soll die Modificationen der Substanz, des Stofl‘lichen
und des cum quo umfassen 10‘-’)‚ sowie „ab!“ alle diese drei und
ausserdem noch das quomado‘“); in „quomodo“ selbst werden die
Arten der Modalität H") und in „cum quo" jene der lnstrumentalität zu
sammengefasst 105).
Unmittelbar hierauf aber kehrt der fünfte Theil doch wieder zu den
so eben verlassenen ersten zwei Quer-Reihen des Alphabetums und zu
den Figuren, welche denselben bis dahin gedient hatten, zurück. Es
wird nemlich unter dem Titel „Tabula generalis“ ein Combinations
Spiel in 84 Coluumen angereiht, deren erste zwei sich folgendermaassen
gestalten:
96) Ebend. p.240 (die Paginirung überspringt durch Druckfehler zehn Zahlen):
Regale de B es! „utrum“ et es! de passibititate, utrum hoc. de qm) quaeritur‚ xi!
"l mm Sit . . . . .. Ista quidcm reguta de l! habe! tres species, quae saut: dabitatio‚
affirmatio et negativ.
97) Ebend.: Regata de C es! de quidditate. eo quod u! subiectum r! Ions di/fi—
nüionum . . . . .. (p. 241) lpsa quidom reguta habe! quatuar speries. Prima es! de
di/finitione 0'! difl'inito‚ quod cum ipsa di/finitione convertitur (vgl. folg. Abscbn.,
Anm. 150).... Soeunda species ext, quando quacritar de ea, quod habe! in se essen
tialiter e! naturaliter, eine qua ipsa res non ‚rotes! esse . . . . .. Trr!ia species ext,
quando quacri!ur‚ quid es! res in atio..... Oaar!a...‚ quando quaevitur‚ quid habe!
re: in atio.
98) Ebend. p. 2421 Reguta de D. Tertia quaestio es! de materialttate e! habe!
!res species. Prima ext, de quo res ex! Secunda species ext, quanda quaeritur‚
de quo es! atiquid faetum sive cousti!utum..... Tertia species ext, quanda quaeritur
de atiquo‚ cuius est‚ sind! „cuius es! regnam“.
99) Ebeud. p. 244: Regula E. Ouarla quaestio es! de quare; qaae duas habe!
species. Uua es! per existentiam, alle vero es! per agentium‚
100) Ehend.: De reguta F. Quinte quaestio quaeri! de quantitate; qaae duas
habe! species, sc. simpticem et compositam; secandam compositianem quaeruntur
mensura!ioaes entium e! namerus eorum.
101) Ebend. p. 245: De regala G. Sex!a qaaestio quaeri! de qualitate; qaae
duas habe! species‚ sr. propriam r! appropriatam. l’rapriae qualitates saut causae
superiores, e! appropriatu SH!!! in/eriores.
102) Ebend. p. 246: De regula H. Septima regata quaeri! de tempore e! tot
‚habe! speziea, quo! habe! secunda reguta c! tertia e! nona e! decima.
103) Ebend. p. 247: De reguta I. 0clava quacslio quaeri! de toco et
is!a reguta quindecim habe! species, quae Süß! de seeuuda‚ tcrliu‚ nona e! de
!‘ima regala.
104) Ebend. p. 248: De reguta modulitatis sigflatt! per K. Norm quaestio es!
de modo‚ so. quaercre, quomodo saut res. Et habe! qualuor spccies. Prima quaestia
es! quomodo res es! in se Secunda, ....quomndo es! in atio Tertia,
.....quomodo es! in partibas wir Oaar!a‚ ....quomodo transmitti! suam simiti
Iudinem extra se.
105) Ehend. p. 249: De reguta K. quae es! de instrumentatitale (nemlich nach
obigem „Alphabet“ gehören zum Buchstaben K zwei Fragew0rter). Decima reguta
es! de ins!rumentatitale, h. e. quaerere, cum quo rcs sah! eine mm quo aguut. E!
habe! qaatuor speeies stmitcs ittis‚ quae saut de reguta modatitatis.
ll"
164 XVlll. Raimundus Lullus.
BCD BCE
BCTB BCTB
BC'I‘C BCT(‘.
BCTD BOTE
BDTB BETB Diesen beiden genau analog folgen noch 82
eure unrc Columnen an: nur, scc, neu, BCI, neu, uns,
anrn BETE uns, uns, nun, um, uns, nsr, uns, neu, nn‚
3ch nrnc neu, nrc, nrn, BFI, nrn, neu, BGI, nun, nur
nrnn BTBE aus, am, ans, nur, cna, cnn, cm, uns. csr‚
nrcn nrcs ans, man, cm, aus, crc‚ crn, CH, cru, cca.
eure cern CGI, ccu, cm, aus, 01K, nnr‚ nnc, nun, an,
cnrc eure neu, nrc‚ nrn, um, neu, neu, um, neu, um,
cnrn eure nun, DIK, aus, neu, am, srn, neu, nur, Bütt,
CTBC ernc nur, nun, EIK, ran, FG], ran, am, ran, Flli,
crnn CTBE ein, aus, am, um.
CTCD CTCE
DTBC ETBC
DTBD ETBE
DTCD ETUE
TBGD TBCE
Sehen wir davon ab, dass die Combination mathematisch nicht er
schöpft ist‘"“), so erkennen wir sogleich, dass diese ganze Tabula gem
ralis‚ wie Lullus auch ausdrücklich bemerkt, nur durch die vollzogene
Drehung der Kreise in obiger vierter Figur (Anm. 90) entstanden ist,
und dabei der Buchstabe T (das Symbol der zweiten Figur) bloss die
Function hat, anzuzeigen, dass die in den Gombinationen vor ihm stehen
den Buchstaben naeh der Bedeutung der ersten Figur und somit als ab
solute Prädicate zu verstehen sind, während die dem T nachfolgenden
Buchstaben in der Bedeutung der zweiten Figur, d. h. als relative Prü
dicate,genommen werden sollen‘“). Und wenn Lullus hierauf an der
106) Denn wenn z. B. bei BCD, welche drei Buchstaben sich ternarisch 27ml
combiniren lassen, wohl die Combinationen BBC, BBD, BCC, BBD, DBD, CCI), CDC.
CDD ohne Rücksicht auf die Wiederholungen aufgenommen sind, versteht sich von
selbst, dass auch DBB, DCC‚ DDR, DDC, CBB, CCB nicht fehlen durften. Hingegen
wieder ist es eine planlose Vervielfältigung, wenn BGB und BCC in sümmtlichen
ersten fünf Columnen wiederkehren. Kurz es fehlt an einem mathematischen Priv
cipe des Combinations-Verfnhrens. Das Richtige wäre, dass es 9 X9 X 9 =729
lernuriscbe Combinationen der neun Buchstaben gibt (s. ob. Anm. 90), und du bei
jeder derselben das hier eingeschobene T eine vierfache Stellung haben kann, 50
ergäben sich nicht 20X 84=1680, sondern 4)(729=2916 Combinationen fi"
das in der Tabula generatis eingeschlagene Verfahren.
107) Ars magna c! alt. p. 258: Tabula ista composila es! ex LXXXIV columnii‚
e! est subiectum ‚eine instrumentum, in quo investigautur solutiones quaestionum "‘
ripiemlo ad propast'lum, afl'irmando vel negando, rancordamlo principia et regulm d
evitando eorum eontrarictatcm. Significa! autem T in tabula, quod litlerae, quae saut
ante ipsum‚ principia saut de prima figura, et Iitlerae, quae saut post ipsum‚ Wl{
de secunda; staut in ramera BCTB, in qua B praecedcns T dicit bonitatem tl ‘
maynitudincm e! B posl T dici! difl'crcntiam. Investi_qatio autem, quue fit in tabu“
es! in alliore gradu significatiom's veritatum, quam iIIa, qunc fit in figurs's. Tabu“
vcro a quarta fiyura derivata es! volveudo circulum sccundum et tertium, ut in ip“
labulu apparc! (s. ob. Anm.90) usque ad LXXA'IVWIuWIM‚ in qua revolutione M"
XVlll. Raimundus Lullus. 165
ersten Columne beispielsweise zeigt, wie in Folge der Combination in
jeder der 84 Columnen zwanzig „Fragen“ sich ergehen, welche den
manigfaltigen Nexus der absoluten und der relativen l’rädieate betreffen‘“),
so dürfte hiedurch zur Genüge ersichtlich sein, welch zweckloses und
läppisches Treiben uns die Ar: magna zumuthe, denn wir müssen doch
immer im Auge behalten, dass sowohl die ursprüngliche Auswahl der
neun absoluten Prädicate und nicht weniger die der relativen schlechter
dings blind und willkürlich ist, als auch dass das mechanische (Zombi
nations-Verfahren den logischen Verstand noch lange nicht der Prüfung
überhebt, ob denn jede der einzelnen Combinationen überhaupt einen
denkbaren Sinn enthalten könne. Lullus hingegen, welcher auch ander
wärts die wechselseitigen Beziehungen der absoluten und relativen Prä
dicate als .‚comlitiones principiorum“ erörterte und hiedurch der „in
centio" dienen wollte 109), war der sicheren lleherzeugung, dass durch
sistit liyamen colnnmarum . . ‚ ‚ ‚. Et sie in qualibet columna samt omnes colnmnae
implicalne, raliune cnins implicationis qnaclibel colnmna es! coadinvaliua alterius.
Ad quamlibct solnlioncm unius quaestiem's possnnt applicari omnrx significalione:
omm'um qnneslienum ab:lractarnm et manndnctarum ad ipsam qnacsliencm. in der
Ar‚< brav. p. 14 und ebenso De und. cabbal. p. 63 werden nur die ersten sieben
Columnen zum Muster angeführt. Aber sammtliche 84 sind am deutlichsten ge
druckt bei Salzinyer (Vol. V) als Einleitung zur Tabula yeneris; vgl. ebend. p. 22.
108) Ars magna et nll. p. 2582 In qualibet cnlnmna snnt vigiuli quaestiones
per ordinem. Et de hoc dabimns exemplnm in prima colnmna, quac es! BCD‚ prac
dieando prim0 de bom'lale, deinde de magniludine, postmodnm de aelerflilale, et hoc
sie: Prima csf, utrnm bonilns sit in!untnm mayna‚ qnod sil aclerna? Secnnda, nimm
sil aliqna bonifas inlcntnm mayna, quod continct in :e res di/l‘ercntes? Tertia, nimm
bonilas sil infantnm magna‚ qnod rentincl in se res concordantes? Quarta, nimm bo
m'las conlinens in se res contrarias sit magna? Quinte, nimm bonilas aelema sil
diflerens? 6) nimm bonilas aelerna sit concordans? 7) nimm bom'tas aetcrna haben!
in se crmtrariclatem? 8‘) nimm bonitas in se conlineat difl'erenlium et concordantiam.’
9) ulmm bonilus cantineut in n difl'erentiam et ronlrurielalcm? 10) nimm bom'las
in so contineal c0ncordanliam et conlrarielalcm? 11) quid es! magna difl'erenlia ceter
m'tolis? 12) quid es! magna et aeterna concorduntia? 13) qnid es! magna et aetcrnu
eontrarictas? 14) qnid est magna difl'ercnlia et c0ncordantia? 15) quid es! magna
differentia et conlrurielas? 16) quid es! mayna concordanlia et conlrarielas? 17) difl‘e
rentia concordanliae aeternilalis de qno ext? 18) di/ferenlia aeterrtitalis de qno est?
19) concordantia contrariclulis et aetcrnilalis de qno ext? 20) differentia concordanliae
et contrarietatis de qna ext? Hierauf nun folgt (p. 259—267) allen Ernstes die Er
orterung dieser zwanzig Fragen. Hat vielleicht der Leser Lust, semmtliche 1680
Fragen zu stellen? Auch damit aber wäre die „am“ des Lullus noch nicht befrie—
digt; denn er fahrt hierauf p. 267 fort: Et qnacstionas‚ qnas ferimn: de colnmna‚
‚um! generales, et possunt applicari ad quaestiones particnlares deacendendo per reales
lrianguli viridt's (s. ob. Anm.87)‚ per quaa intellectns ext discursicns [aciendo seien
tias di/fercnles. Et ad hoc damu: exemplnm in eadem columna ad solvendum qnac—
:liones per ciginli rationea difl'ercnfcs ratione diclnmm camerarum, a quilms extra—
‘hWW'.’ „Ulrum mundus sit aclernns“‚ — eine Frage, zu deren Verneinung nun
(p. 267—278) die zwanzig „Kammern“ der ersten Columnc aufgeboten werden.
Vgl. Camp. lect. Ich. gen. p. 4 fl'. _ -
109) Ars incenl. vor“. p. 13—36, woselhst unter dem Titel „Condilianes prin—
cipiomm“ die achtzehn Principien derartig lernarisch in fallender Progression com
binirt werden. dass sich im Ganzen 833 Urtheile ergeben. Hingegen in Lcct. an.
ins. p. 59—109 wird eine paarweise Combiualion der achtzehn Begriffe unter dem
Titel „Inventio“ höchst ausführlich erürtert. Eben dahin gehört auch die noch un
gedruckte Schrift De alfirmatione et negalionc (Cad. lct‚Mon. 10517, f.11B—16A)‚
166 XVIII. Baimundus Lullus.
diese Combinationen und das damit verbundene Auf- und Absteigen der
Begriffe wesentlich die inven!io medii gefördert werde “0).
Als sechster Theil folgt hierauf Evacuatio !er!iae figurae, d. h.
Lullus fordert, dass für jede der 36 „Kammern“ der dritten Figur (Anm.
89) vorerst durch ein Combinatious- und Umkehrungs-Spiel 12 Urtheile
l'ormirt und diese dann durch einen erkünstelten allgemeinen Mittel
begritl‘ gestützt werden sollen, worauf dann 24 Fragen zu beantworten
seien, da bei jedem jener Urtheile sowohl u!rum als auch quid gefragt
werden müsse, sowie ausscrdem die obigen Definitionen und aus der
zweiten Figur die Momente der differentia und concordantia und obige
Modalitäten des u!rum und des quid berücksichtigt werden sollen. So.
meint Lullus, werde die dritte Figur nach ihrem vollen Inhalte ausge
beutet (—- euacuare ——-) und der lntellectus in Bezug auf applica!io.
inuen!io‚ dispu!atio, solu!io quaestionum gefördert 111).
Den siebenten Theil bildet Mul!iplica!io quar!ae figurae, welche
wieder nur auf die Tabula ge-neralis zurückgreilt, insoferne die einzige
welche mit der Lehre vom Urtheile Nichts zu schafl'rn hat‚ sondern die Verbin
dungen jener nemliehen achtzehn Principien bejahend und verneinend erörtert.
110) Ars magna r! all. p. 278: Appare!‚ per qucm morhun in!ellec!us habe! ge
nera!e subieclum‚ so. labulam huius ar!is ad inreniendum media, de quacunque malrria
sin! (posito, quod scialur, quer! dieilur per nomen), de quibus e! cum quibus medib
si! ronclusiu‚ quae quidem media sunt subiee!um huius ar!is. De und. cabb. p. 631
In!e!tcclus efl'im'lur assertivus e! usvensivus c! desceasivus in illis figuris e! per illdi
figuras, sr. A c! T; procedi! namque in!elleelm in eis a generalissimo ad spezia
lissimnm. Vgl. Ars brev. p. 14. Ar: invent. veri!. p. 2 B.
III) Ars magna e! ul!. p. 278 fl.: Terlia figura es! divisa in XXXVI eamem.
u! in ipso pate!‚ e! in qua11be! camera sun! implicalae XII proposi!iones e! XXIV
quaesliones e! solutiones earum. E! rocamus euacuare, quando extrahimas prope‘
siliones e! quaestiones et solu!iones eamm e! de implica!ione ad explicatiouem ipsam
dedurinms darlrinam . . . . .. In oamcra faciemus propositiones mu!ando subiee!um il
praedimlum‚ deinde faeiemus quaes!iones e! postmodum so!u!iones [aciemus pre
bando ln!cl!ectus evacua! cumeras eo, quia abstrakt! ab ipsis !an!um quellen
po!es! . . . . .. E! sie ipse in!e!lectus fort"! se applirativum‚ inves!igalivum e! invmh"
vum..... De camera BC in!el!eelus hauri! XII proposili0nes dieendo sie: Boni/a: es!
megna. Boni!as es! differens. Bonitas es! eoncordans. Magni!udo es! buna. Magm
!udo es! difl'erens. Magniludo es! coneordans. Difl'eren!ia es! bona. Difl‘erentia es!
magna. Dilferrnlia es! eoneordans. Concordunlia es! baue. Concordan!ia es! m09“
Concordan!ia es! differens...„ Deinde evacue! eam duodeeim medüs eo, quad M'
sis!i! in!er snhiec!um e! pruediealum‚ cum quibus conveniim! genere an! spesie. EI
cum illta mediis intellectus /arie! se dispu!a!ivum e! determina!ivum. E! is!a medm
er!rahnnlur‚ n! cum dirilur: „Omne i‘d, quod magnifira!ur a magniludine, es! magmtfll!
sed bom'!as es! id, quod magni/t‘eatur u magni!udine; ergo borti!as es! mognum“.i-y
Fuc!a is!a evaeualione intellec!us evacue! ipsrtm cameram XXIV quantionibus, quiaw
qualibe! praposi!ione um! duue quaesliones implicatae; e! hoc sie: „Bonilns es! m09“.
Ulrum boni!as si! magna? Oaid es! bom‘las magnu ?“... . .. Deimle in!elleelus everqu
camerom cum difl‘initionibus boni!atis etc. (Anm. 91) e! cum !n'bus speriebns CM"
ren!iae c! eoncordauliae, u! pale! in secunda figura (Anm. 87). Deinceps evacue! M'
meram cum tribus speciebus regulae B (Anm.96) e! cum quuluor specivbu.x regulue ‘
(Anm. 97). E! expedila is!a evacua!ione in!ellectus pos!modum solva! quots!ionts
praediclas ......sequendo condiliones camerae affirmando au! negando. E! sie Ilf
!ellerlus errpelli! a ramera dubila!iones e! mnsis!i! in illa quie!a!us e! etiom rognaw‘
se valde generalem e! ar!!ficialum c! de maguo seienliu halli!ualum‚ 50 n‘erlfll]
dann (p. 280—300) in grösster Ausführlichkeit sämmtliche 36 Kammern discufl“
Vgl. Ars brav. p. 15. De und. cabb. p. 64. Brer. pror!. !ob. gen. p. 38.
XVlll. Raimundus Lullus. 167
neue Erwägung darin besteht, dass in den ternariseben Combinationeri
(z. B. BUB) jeder der drei Buchstaben je zu den zwei übrigen in.irgend
einem Verhältnisse (conditio) stehe, so dass sich bei jeder Gombination
zunächst sechs condt'tiones ergeben, deren Zahl sich aber verdoppelt,
sobald in der vierten Figur der innere Kreis um ein Feld gedreht wird;
und wenn dann je an die drei combinirten Begriffe sich eine Frage an
knüpft, so erblickt Lullus in dieser ganzen Procedur abermals ein für
derlicheS Mittel für in»uentio und aber auch für jedes Beweisverl‘ahren‘“).
Nemlich da die invent-io medii immer sich durch den mittleren Kreis
der vierten Figur (s. Anm. 90) ergebe 113), meint er, dass nun hiemit
die probatio in all ihren Arten bewerkstelligt werde H“), und der Kenner
der Ars magna weit über alle Sophistik triumphirend erhaben sei 115),
deren Vernichtung sich nun von selbst ergebe‘“). Kurz diese Eryvei
terung der vierten Figur gilt dem Lullus als der umfassendste Schlüssel
aller \\’issenschaften 117) und als eine Ausgleichung, welche der Intelleetus
112) Ars brav. p. 16: Multiplicatio quarlae fiynrae a0nsistit in hoc eidelicet,
quod prima camera BEI) in quarta fignra signifioat, quod B unam condilionem habet
cum C et aliam cum D, et C unam canditionem habe! cum B et altem cum IJ‚ et D
unam conditionem habe! cum B et aliam cum C. Et sie saut in ipso camera sea:
conditiones‚ cum quilms inlellectus se conditioriat et disponil ad investigandum rt
inveniendum et obiiciendum et probandum et delemtinaridufis. Post islas sex can
ds'tiones intellcctus acqm'rit alias sea: conditiones volvenda circulum minorcm‚ poncndo
suum E sub C circnli mediocris, aal) qun erut xuum I). Et quia nmtata esl camera,
iden mutantur eins conditioncs, et sie intellectus liabituat so ‚XV (s. sogleich) can—
ditionibus. Et ‚sie per alias cameras multiplicando calnmnas et volaendo alias. Con
ditiones, quas intellectus multiplicat per islum modum‚ saut difl'icile: ad enumerandum,
nam de qualihet camera potest intelleclus sie t‘nacuafe XXX propositiones et XC
quaesti0nes. Jedoch alle diese Zahlen sind unrichtig; lheilweise besser lesen wir
de und. cabb. p. 67: notwendo rolulam minarcm factae sunt aliae sex couditio
„es, . . . . .. et hoc mudo solvendo intellectus multipticat du uno quoque spatiolo XII
propositiones et XXIV quaestiones. Wenn aber hinwiederum ebend. p. 66 gesagt
ist „multiplicantur entia per spatiola quartac figurae ad numerum CCLII“, so stimmt
allerdings dieser Calcul mit der Erwägung überein, dass in der Tabula generalis
(Anm. 106 f.) je in den ersten Kammern der ersten sieben Columnen BC Sieben
Comhinationen eingeht, und sonach für Bt.‘ 7>< 12 = 84 „conditiunes“ entstehen,
bei deren jeder im Einblicke auf die drei combinirten Buchstaben drei Fragen. also
im Ganzen 3 )< 84=252 Fragen erwachsen. Aber nach der Drehungs-Operation,
welche in der vierten Figur vorgenommen werden soll, ist überhaupt dieser ganze
Calcnl unrichtig (s. Anm. 90 u. 106). In Wahrheit sind es ja 729 Combinationen,
und insofeme deren jede sechs condilioncs erhalten mag und zu jeder conditio drei
Fragen gehören, gewinnen wir 18>(729= 13122 Fragen.
113) Arx mugtta et alt. p. 301: Cum artista vult medium‚ sempcr investigat in
medio circulo‚ Nam sinnt animali compctit, starre meusurative et com'unctive inter
substantiam et hominem, quando concluditur, quod homo ext substantia, sie littera,
quae est in medio circalo, debct sture inter lilteram existenten: in superiori circan
et litteram, quae es! in in/ert'on'.
114) Ebend. p. 3042 Probatio es! genau, et suae specier samt per „demonstra
tionem propter quid“ et per „demonstrationem aequiparantiuc“ et per „quod“ diaisae.
S. ob. Anm. 56 fl‘.
115) Ars brav. p. 16 l‘.: In illo passu cognoscit se intellcclus valde generalem
et artificiatum aupra allem intellcctum ignorantem istam artcm et sie sopltista
caram toll inlelleclu nun potest sture. Ebenso De und. cabb. p. 67.
116) Ars magna et alt. p. 305—313. (Ein Excerpt aus den Soph. Elenchi).
117) Ebend. p. 313: Per quartam figaram aerius, quam per alias datur modas,
quo alias sct'entiae possunt faciliter et brevitcr acquiri, staut theologia, philosopht'a
168 XVIII. Baimundus Lullus.
mittelst seiner ihm „angeborenen“ Principien mit dem gesammten ob
jectiven Gegenstande des Wissens überhaupt finde 119).
Trotzdem aber sind wir mit dieser Technik noch nicht zu Ende,
sondern es folgt als achter Theil die Mixtio prineipiorom e! regularum‚
wobei noch einmal die „Principien“ (d. h. die absoluten und die relativen
Prädicate), um welche sich schon alles Bisherige gedreht hatte, den Ge
genstand bilden; dieselben sollen nemlich nun sowohl wieder unter sich
derartig zu Urtheilen verbunden werden, dass jedes durch die übrigen
siebzehn eine nähere Bestimmung findet, als auch sollen nun an die ein
zelnen achtzehn Begriffe sämmtliche obige Fragen (d. h. „Regeln“, s. Anm.
94 ll‘.) angelegt werden 119).
Und nun erst kommt noch der übrige Theil des Alphabetums (Anm.
85), welcher bisher noch keine Rolle gespielt hatte, zur Betrachtung.
indem der neunte Theil die dortigen „novem subiecto" erörtert, bei
welchen als allgemeine Gesichtspunkte ihre Definition, ihre Unterschiede
und ihr liebereinstimmen, sowie ihre Gradabstufung bezeichnet werden“°).
Sämmtliche neun Subjecte, ausserhalb deren, wie sich Lullus einbildet.
es überhaupt Nichts gibt, sollen ihrerseits nun wieder durch die achtzehn
Principien und die zehn Fragen bindurchgei'ührt werden"'). Von dem
neunten derselben aber‚ d. h. von instrumentum, gewinnt Lullus einen
ete.‚ e! hoc inveniendo medium non meistens generalixsimum oeque speeiolissimmn.
Ratio huiu: es!‚ quod is!a scien!ia habe! principio yeneroh'ssimo e! e!iom regulos qm
rolissimos, alioe vom scien!ioe haben! sobollemato principio, e! sie mediom eorum
es! imperfeelum sine is!o scicnlia.
118) De und. cobb. p. 64: Finis qu.oesilus in hoc me!hodo non es! ni.si einem
modum, cum quo odaeqoatur in!clleclus humanus cum re in!ellceto de onequ0qttl
scibili; .....e! hoc fit per evoeua!ionrm lerlioe figuroe e! cum molliplicolione quoth
figoroe. Lib. corre!. inno!. 1‘. 50 A: Suhicclum Imius or!is es! inno!o pluralilor pri
mi!ivo vero e! neoessorio, d. h. eben die achtzehn „Principien“.
119) Ars magno e! all. p. 315: De miz!iune principiorom e! regularom. Per:
islo in duos porles dividilor‚ so. in mixlionem principiorum dedor!orum ono dedur/o
cum olio. secunrla pur: es! de principiis deductis per regulos. Do!ur doclrina‚ th
modo onum principium cognoseolur per alio dedocendo ipsum per ipso priocipü f'
per omnes specics regulorom . E! isto mirtio es! eenlrum e! snbierlum hoius orli&
Hierauf werden in der That vorerst (p. 316—340) die achtzehn „Principien“?
einzeln in Beziehung zu den übrigen siebzehn gebracht, und sodann (p. 340—375)
wieder jedes derselben an den zehn obigen Fragen gemessen. Vgl. Ars brev. p. 17
Dc wg. cahb. p. 67 ll‘. Brev. proct. loh. gener. p. 37 fl‘. Camp. lecl. tob. gen.
p. 1 . '
120) Ar: brev. p. 17: Dammtor novem subiec!o in olphohe!o significoto. ifl
quibus codi!‚ quidquid es!‚ e! exlro ipso m'hii es! (p. 18) Troc!olos islorvm
suhieclorum cousideromus zum quatuor eondi!ionibus Prima condi!io hoec e-=l‚
u! quodlibe! sobieclum haben! suom di/finitinuem..... Secundo eondi!io ext, quod i"
iudicio eine in proclico couseruelur difl'crentio subieclorom Ter!io eondi!io tat.
quod coucordonlio, quer es! in!er unum sohieclum e! oliud suhiec!om, nun des!ruo!ut
. . . . .. Quarto es!, qood, secundom quod nimm subieclum es! nobilios et allius‚ "
o!!rihuontur ollioro e! nobilioro prineipio. Ebenso De oud. eobb. p. 70 fl‘.
121) Ars magn. e! all. p. 375: 0ooniom in neuem snbiec!is omue, quod “L
implicalur c! ex!ra m'hil ext, idcirco rolumos poncre ipso in hoc or!e‚ o! cum ipSi‘
ors xi! generalis, eo quod sun! gencroiio ad omm'o. E! ideo diseurrendo proediclfl
sohiec!o per principia Indus or!is e! regolos de ipsis subiec!is uo!i!iom haben pv‘
!erimor u. s. l'. Diess geschieht nun mit den ersten acht unter jenen neun Subjertetl
(p. 376—443), indem jedesmal zuerst die „principio“ und dann die „reguloe“ zur
Erörterung verwendet werden.
XVlll. Baimundus Lullus. 169
etwas halsbrecherischen Uebergang zu den letzten zwei Quer-Reihen des
Alphabetums, nemlich zu den neun Tugenden und neun Lastern, deren
Erörterung ich ohne Neid der Geschichte der Ethik überlasse 122). Uebri
gens glaubt Lullus auch hiedurch wieder Erspriessliehes für die inventio
medii geleistet zu haben‘”).
Was hierauf noch folgt, gehört eigentlich schon mehr der Praxis
dieser Technik an. Nemlich den zehnten Theil bildet unter dem Titel
„Applieatio“ die ausführliche Hinweisung darauf, dass zur Verdeutlichung
die Subjecte auf ihre Präldicate und die abstracten Substantiv-Formen auf
ihre Adjeetiva angewendet werden sollen, sowie dass überall stets der
gesammte Inhalt der vorhergegangenen neun Theile der Ars magna zur
Ausübung kommen soll, wozu jedoch nun noch zwei neue Bestandtheile
hinzutreten 124). Zunächst nemlich reihen sich „Cenlum formae" an,
d. h. hundert Begriffe, welche aus sehr verschiedenen Diseiplinen (auch
122) Ebend. p. 443: De nona subieclo‚ quod es! de inslmmenlalitate‚ Novum
subierlum es! de ar!ificia e! habe! Ires spezies. Prima es! de moralibus, secunda de
artilms liberalibus, tertia de mechanicis. De prima, sc. de moralilms hie Iraclabimm
u. s. f„ und es folgen hiemit (p. 443—487) in gleicher Durchführung durch die
Priucipien und durch die Regeln vorerst die neun Tugenden und dann die neun
Laster. Hingegen Ar; brev. p. 23: Islud subteclum es! de instrumentaltlate e! can
sideralur duobus modis‚ so. naturaliler..... e! moraliter..... Instrumenlum quizlem
naturale ‚rotes! caynnsct' dednrenda ipsum per principia e! regulas Sirniliter et
ins!rumenlum morale ..; lalem entern deductionem dimiltimus intellec!ui baue in
!uenti, e! si intelleclus artistae defici! in !ali deductione, remtrra! ad arten: magnam.
in qua largins traclamus de maralibus. Somit besteht hier ein anderes Eintheilungs—
Motiv der instrumenta. als in der Ars magna; aber das rasche Umspringen zu den
moraliu ist beiden Bedactioncn gemeinsam.
123) Die Erörterung dieser Harem snbiecta bildet nemlich auch den aussehliess—
liehen Inhalt der kleinen Schrift De nonversione subiec!i e! prardicali‚ und dort
lesen wir p. 166: Subieclnm Indus Iilm' es! medium‚ per qnod inves!igamus nonver
sionem subieeti c! praedicati. p. 1671 Si inlelleclus inverti! medinm subs!anliale inter
subieclum e! pracdica!um‚ cognoscit, quod ex lali medio fia! demonstratio; e! sie mm
fiel syllogismus opinalivus.
124) Ars brav. p. 24 f.: Applicalio dividilnr in !res parles. Prima est, qnandn
applicalur implicilum ad explieilum; serunda es!‚ quando appliralur abstrarlnm ad
concretum; lerlia ext, quando applicalur quaeslio ad loca lnu'ns artis. De prima
parle sic dicemus: St !ermini quaestionis saut imptici!i‚ applicenlnr ad terminos huius
ar!is erplieilos, sind, qltanda quaeri!ur‚ utrnm den: sil, an! n!rum angelt" sin!‚
applicentur ad boni!atem‚ magm'tudinem etc. De secnnda parte n'a direndnm est:
St lermim' quaestianis sun! abr!rurli, applieentnr ad snos terminas conrretns‚ sicut
banitas ad bonum et0.‚ et aidea!ur, quomodo se haben! trrminus abstmclus e! can
cre!us discurremlo per princtpia e! regulas. Tertia pars‚ quae es! de apph'ratione ad
loca‚ dividilnr in XII] par!es‚ quae ‚mal hae: Prima figura, Srcunda fiyura, Tertia
figura, Quarla figura, Di/finiliones, Regulae. Tabula, Evaeuatio ter!iae fignrae, Multi
plica!io quarlae fignrae, Miztio principiarnm e! regularum, Novem subierlu, Cenlum
formae, Ouaestiones. Diese !cr!ia pars ist in De und. cabb. p. 79 folgendermaassen
in flovem species eingetheilt: Prima fig.‚ See. fig„ Ter!. fig.‚ Qu. fig., Mutio princ.
e! reg.‚ Regnlac, Neuem s|thiecta‚ Ouiddilas rcnlum /ormarnm‚ Ouaestiones. Hingegen
Ars magn. e! alt. p. 488 stimmt mit Ars brer. überein, nur werden dort ohne
Ober— und Unter-Abtheilung sofort fünfzehn parles der applicatin gezählt (d. h.
l. implic. ad explic.. 2. abs!r. ad concr., 3. Prima figura. 4. See. fig. u. s. f.).
Die ersten dreizehn derselben enthalten nun dort (p. 488—496) nur eine „Waclische“
Becapitnlation desjenigen, was über die einzelnen Theile schon im Obigen ent
wickelt worden war. Vgl. Camp. lerl. tah. gen. p. 2 B. In Lec!. ar!. iuv. p. 109—133
wird nur über implici!e und ezp!icite gehandelt.
170 XVlll. Baimundus Lullus.
aus der Logik selbst, z. B. die Kategorien) entnommen und in möglichst
dummer Weise definirt und hierauf näher erläutert werden‘“). Hebri
gens sind dabei auch diejenigen , welche der Logik angehören, durch
aus nicht im Sinne der Logik, sondern nur im Stile der Ars magna
besprochen 126).
Sodann aber sind es (als elfter Theil) (Maestiones, welche einer
seits abermals den vorhergegangenen Inhalt recapiluliren und andrerseils
materiell auf das Gebiet der Theologie hinüberweisen 1z").
125) Ars magnu et all. p. 496: Vocamns quidem centum [ormas‚ narn in abs—
trarto ipsas quidem si conrideramus‚ atiqnae ernnl genoralissimae. aliquue mm!
snlmllornac; el cuilibel /ormac assignamas suum coucretum, ut quaelibct forma m
lrllerlui magis eluccscat, u. s. f. Und nun werden (p. 496—562) in ziemlich plan
loser Ordnung folgende hundert Begritl‘e delinirt und erörtert: Enlilas‚ Es:entia‚
Unitas, Pluralitas, Natura, Genus, Species, lndividuitas, I‘roprietas, Simpücilar‚ Com—
posilio, Forma, Malaria, Substantia, Accidens, (launtilas, Oua1ilas‚ Rotatio‚ Aclw.
Passio, Habitus, Sitas. Tempus, Locus, Malus, Immobililas. Instinclus, Appetitus.
Allractio, Reccplio, Phantasma, Plenitudo, Difl'usio, Digcslio, Expulsio, Significalio.
Pult/tritndo, Novitas, ldea, Mathemalicu, Ens in potentia, Puncluilas, Lima, Trier
gutus, Ouadrarlgulus, Circulus, Corpus, Figura, Generales realiludines, Monslruilox,
Derivatio, Umbra‚ Sperulum‚ Color, Proportio, Dispositio, Creatio, Praedeslinalio‚
Misericordia, Neressitas‚ Fortune, Ordinalio, Consih'um, Gralia, I’vr/‘cclio, Drdaralio.
Transsubslunlialio, Altcralio‚ lnfinilus, Drceptio, Heuer, Capacitas, Existentia, Com
prehrnsio, lnventio, Simitilado, Anfeu‘dens, Polentia, Generatio, 1'Iie-ologia. Philosophie
Geometria, Astronomia, Arithmetira, Musica‚ Rhalon'ca, Logicu, Grammatica, Moralilah
Politica, las, Medictna, Regimen, Mitiliu, Mercalura, Nanigalio, Conscionlia, Pl‘fltdl
calio‚ Oralio‚ Momoria. Vgl. Ars brev. p. 25 ff. Hingegen De und. cabb. p. 80 lT.
fehlen hieven: Proprielas bis Malerin, dann lmmobililas, Phantasma, Ens in polenlia.
Derivatio, und sämmtliche von Speculum an bis Mentorin, nur Necessitas und Polealm
ausgenommen; neu aber kommen dort hinzu: lnilium, Indivisnm, Elemenlirwh
Idem, Simile, .Primum, l'or/ertum, Finilum, Tolum. Deminulum, Persona‚ Hoc. Alißd.
Saslen_lans‚ Ayens. Acta pracdilum, Vacuum, Alteratio‚ Anliquilas‚ so dass dort]ß
nur 64 Definitionen sind. Vgl. Brev. prucl. tab. gener. p. 14—35. Hingegen «Eine
sehr abweichende Zusammenstellung s. unten Anm. 163.
126) Z. B. Ars m. et all. p. 500: Indioiduitas est di/finibitis per primnm sprciM
regulae l‘„ „am sicul bonitas rsl ratio (man, qnod agat bonum‚ sie individuilas rft
ralio indiridao, quod producat individuum, et sicul individuilas 0st bona per bom
lalem, sie honitas indiriduala est per individuilatem.
127) Ars brav. p. 29: De quaoslionilms. Haec parx dividilur in XII parlcs m
Ioca dispost'la et proportionale ad qnaesliones secundum materiae dieersitattm‚ “
qua sunl ‚ . . . .. Videticel: Prima figura‚ Secunda figura, Tertia figura, Ouarla figüm‚
Di/finiliones, Regntae, Tabula, Evaoaalio tcrliac figurae, Malliplicalio quartae fig'"“
Miztio principiarum et regularum, Norm: suln'erlu‚ Cenlum forrnae. Die ersten sechs
Gegenstände sind nur in Ars breris (p. 30—33) behandelt. Die Ars magna fl “”
beginnt erst mit den Fragen über Tabula yeaeralis und erörtert (p. 563—582) 1‘"
Probe die ersten acht „Kammern“ der ersten Columne, lässt dann in Kürze (ll
582—584) die nächsten drei Gruppen folgen, um hierauf in grosser Ausfuhrlicltl'ell
(p. 584—»-599) die Fragen über die novem silbiecla folgen zu lassen. wobei Wieder
wie oben (Anm. 122) von „Instrumenlam“ auf die Tugenden und Laster übfl8”'
gangen wird, deren Erörterung (p. 599—625l gleichfalls sehr gedehnt ist. Üß_“"
folgen die Fragen über applimtio (p. 626—630) ganz im Anschlusse au 0b|5'
Theorie derselben (Anm. 124), so dass schliesslich die Fragen über die aenluß
formuc sich anreiben, in welchen (p. 630—661) der ganze obige Inhalt in Fraß"
Form recapitulirt wird. In De und. cabb. beginnt dieser Abschnitt (p. 101) "'5l
mit den neuem subiccla, auf welche dann (p. 107 » 110) noch in Kürze die CFSW'
14 der ceolum formac folgen. In Tab. gener. p. 23—75 werden die Fragen_mn
„Prima figura“ bis „Tabula“ durchgeführt‚ und der Rest (p. 55—75) als „0aaestm“
per alias quaesliones“ erledigt. In Ars inv. vor. p. 66—204 u. Lerl. art. IM- l"
XVlll. Baimundus Lullus. 171
Endlich den Schluss bilden zwei kurze Abschnitte, deren einer die
habilualio, d. h. die Angewöhnung der Teehnik‘“), der andere aber
das Verhalten des Lehrers betrifft‘“). woran etwa auch noch die
Disputirkunst geknüpft werden konnte 130). Ergötzlich aber ist es, wie
Lullus betreffs der Lernenden drei Gradabstufungen des Talentes nach
der Geschwindigkeit abmisst, mit welcher man sich die ganze Technik
aneigne 13 1).
Jene beiden Schriften des Lullus, welche die specielle Aufgabe haben,
zu lehren, in welcher Weise die Technik praktisch angewendet werden
soll (s. Anm. 16), musste ich allerdings schon im Ohigen mehrfach durch
Bezeichnung betreffender Parallelstellen berücksichtigen; denn nicht bloss
die vier Figuren und die Definitionen und Erklärungen der absoluten und
der relativen l’rädicate schliessen sich dort der übrigen Behandlung der
Ars magna fast gleichlautend an (s. Anm. 86, 87, 89—91, 94, auch
bes. 109), sondern auch da, wo uns schon im Bisherigen die Praxis der
Technik begegnete, finden wir im Wesentlichen Uebereinstimmung (s. Anm.
124 u. 127 f.). Aber das Eine, was hier neu hinzukomxnt und zugleich
durchaus ein Mittelglied zwischen der Technik selbst und der bereits (auf
Theologie) angewendeten Technik repräsentirt, darf ich eben darum nicht
unerwähnt lassen. ‘
Nemlich nach den vier Figuren folgt hier‘”) ein „Alphabetum“,
welches im Vergleiche mit dem obigen (Anm. 85) sehr modificirt ist.
Wohl sind die ersten beiden Columnen (mit den neun Buchstaben B—K
bezeichnet) identisch mit den ersten beiden Quer-Reihen des obigen
Alphabetes, aber die dritte Columne besteht aus neun „Regulae“ und die
vierte aus neun theologischen oder naturphilosophisehcn Quaestiones. Und
was nun jene „Regulae“ betrifft, so enthalten dieselben etwas ganz An
deres als dasjenige, was oben (Anm. 94 tl‘.) so genannt Werden war.
Denn wenn auch allenfalls die Regel über supposilio uns an das dortige
134—311 sind es neun Fragen, welche lediglich der Theologie angeboren, aber in
peinlichster Ausführlichkeit auftreten, und in letzterer Schrift folgen dort noch (p.
311—358) Hilfe minulae quoesh'oncs aus dem Gebiete der Theologie (es sind jedoch
in Folge des Zustandes der Handschrift nur 912i.
128) Ar: magna et alt. p. 662: Habihmfio dinidilur in Ires perle». Ouarum
prima esl de lribus parlibus, in qua: haev ars dividilur, ct illas artisfß habiluare
debet..... Secunda pars est, quod habituel rundum et proccssum huius artis.....
Terlin pars esl‚ quod ipso haben! modum multiplicandi quaesliones et soluh'ones.
Ebenso Ars brav. p. 42. Vgl. Tal). guter. p. 75. Ars inv. ver. p. 204 ff.
129) Ars m. et ult. p. 662: Doctrina dividitur in quutuor 1ltlt'fCS. Quarum prima
esl‚ ul artista bene sriat . . . . .. cordetenus. Secunda‚ quod ipse decluret baue lextum
schaleribus..... Tertia, quod ipso facial quaesliones eurem scholaribus et solvat eus.
. . . . .. 0uarta, quod facto! scholart'bus quaeslt'ones, ul ipsi de illis respondeant.
Ebenso Ars brav. a. a. O. Vgl. Brev. pracl. lab. gen. p. 11 ff.
130i Breit. prost. Ich. gern p. 39 f. werden Regeln über disputulio und p. 40 ff.
über declarulio textus gegeben.
131) Ar: m. e! ult. p. 663: Homo habens optinmm intellectum et fundalum in
Iogico et in naturalilms et diligentiam polerit islam m'enliam scire duobus mensilms,
uno mense pro theorica et altcro mense pro pructica. Homo habens intelleclum me—
Iiorem polerit ipsam scire qualuor meusibus Homo habens intellectum_ Immun
poten't ipsam sein in medio anno.
132) Ars inv. vor“. p. 13.
172 XVlll. Baimundus Lullus.
u!rum erinnern könnten“), so reihen sich noch Regeln über folgende
verschiedene Gesichtspunkte an: de modo essendi e! intelligendi‘“) de
modo investigandi‘“), de speeificatione generalis ‘36), de con!ra
die!ionelal), de necessa-rio et eontingenti 13”‘), de demonstratione’“), de
punetis transeendenlibus““), de maiorilale finis‘“).
Diejenigen Schriften nun, welche nach der Absicht des Lullus das
Resultat der auf Alles angewendeten Technik und somit gleichsam eine
Encyclopädie der Wissenschaften enthalten, gehen eben darum über die
logische (i) Manipulation der Technik selbst hinaus, ja Lullus meint, diese
seine Mystik stehe als höheres Drittes über Logik und Metaphysik 142). Und
133) Ebend. p. 371 Prima regula es!‚ in principio innes!iga!ionis supponm‘,
u!mmque pnrlem ron!radic!ionis possibile esse veram sive falsam.
134) Ebmd. p. 38: Cum si! difleren!ia in!er rundum essendi rei et modern zum
intelliyena'i. cansiderandum ext, qua ratione procedi! medium conclusiom's, an per
eoncordanliam u!riusque modi, an per conlmrielalem.
135) Ebend.: Duolms modis es! in hoc arle investigatio favienda. Primus son—
sislil in sperulalione figurarum ‚ ‚ . . .‚ (p. 39) Secundus eonsisli! solum in in!elleclu‚
e! iste in quinqne modos es! divisus, so. quod in!ellee!us simplici!er‚ dupliritev.
lriungulariler. quadrungulariler e! circulariler per lenm'nos discurra! (die Ausdrücke
„Iriungulariler“ u. „quadr.“ bedeuten hier nur eine dreifache und eine vierfache
Combination, „eirruluriter“ aber das Durehlaul'en all jener Comhinationen).
136) Ebend. p. 41: E: generali omm'no generali e! speciali onmino speriali
!er!ium cons!iluilur sapiens naiuram u!riusque; es! min: illud lerlium membrum mngfli
ambilus !anquam medium ex!remilalum.„... Specificando ipso universalia per cou
!rac!ionem enrum ad ipsas proprielales.
137) Ebend. p. 43: Fallilur intelleclus ignoran!is aliqualies in bis, quae con!ra
dicere t‘idenlur nec [amen conlradirunl, vel in his‚ quae non videnlur esse in mutm
dic!ione e! sunl.
138) Ebeud. p. 44: Omne‚ quod esl, au! es! necessan'um au! conlingens‚ quer:
in!er ca discurrere es! multum u!i!e, nun: esse sive agere uniuscuiusque rei m aliquo
istorum duorum versalur.
139) Ebend. p. 45: Demonstrationum alia es! simili!udinariu, quae per exemplß
e! melaphorns habe!ur..... Demonstra!io vero propria in tres species es! divisa (11.11v
quid, (‚m'a n. per aequipuranliam. s. ob. Anm. 56 11.).
140) Ehend. p. 47: In omm' malen'a punctum !ransrendentem dieimus inrelo'n
passe (die Wortform „punctus“ ist damals allgemein üblich, nur im Plural sagte
man häufig auch „punctu“); causa!ur em'm punelus transcendens ex e.rcesm‚ qW
ulia polenliurum hnminis habe! supra eliam auf aliquando supra se ipsam..-m
Ouaedam ergo punclorum !ranscendenlium causnnlur ex hoc, quer! in!ellecln‚
qm" es! superior polenlia‚ imaginationi e! sensui naturaliler es! uni!us..... Ouidam
vero punc!ornm lransvenden!ium eausanlur ex Iloc‚ quod intellec!us !ranscendil p"
rationem obiec!i rationem sui ipsius. Als solche transscendente Punkte der ersteren
Art werden dann (p. 47—51) besprochen: Elementaliva, Vegelnliua‚ Sensitive. IIM'
ginalira; die letztere Art wird (p. 51—61) aufgezeigt in: Ra!iona!iua‚ MoraliM&
Coclesle, Angelus‚ [Heine quidditas.
141) Ebend. p. 61: Es! maioritas fim's i'd, quod es! melius e! melius e! ql0tl
oporle! esse neressario melius; e! ronsistit duobus madis, so. secundum proporlienfl»
e! secunrlum compara!ionem‚
142) In!rod. art. demonslr. p. 1 A: Me!aphysica considera! res, quae sun! er!“
animam, protzt conreniun! in ratione en!is; logicu au!em nonsidera! res secundßß
esse, quod haben! in anima, quia Iracla! de quibusdam in!en!ioniüus‚ quae tause
quuntur esse rerum iu!elligibilium (B) Std hure ars [unquam suprema nmnm'fl
humunarum scien!iarum indifleren!er respici! ens secuudum islum rundum e! secundm"
illum Solum doee! eiam invem'mdi communiu e! propriu‚ principia in qth_“"'
que scien!ia, solum poni! aliqu0s !erminos principiorum, quibus mediantlblß
possun! Iormari infinilae proposi!iones.
XVlll. Raimundus Lullus. 173
wenn ich schon zur Besprechung der Technik mich fast widerwillig ent
schloss, so köunte ich wohl diese ganze Gruppe in Anbetracht ihres In
haltes völlig bei Seite lassen. Doch will ich Folgendes erwähnen.
Am nächsten noch schliesst sich an Obiges die Schrift „Arbor
scien!ioe“ an, insoweit in derselben wenigstens jene nemlichen „achtzehn
Principien“ beibehalten sind, welche nun als achtzehn Wurzeln des Baumes
erscheinen: den Stamm desselben bildet das Chaos, die Aeste und Zweige
die vier Elemente und deren Zusammensetzungen, die Blätter die Acci
denticn, die Blüthen die Werkzeuge, und die Früchte die individuellen
Wesen‘“). In den übrigen Schriften aber, welche zu dieser Gruppe
gehören, werden auf die abenteuerlichste Weise die „Principien“ und die
obigen Kreis-Figuren vermehrt und bereichert. So erscheint die erste
Figur (Anm. 86) nun als „figura dei“ mit 16 Feldern, indem perfectia,
iua!i!ia‚ Iorgi!os‚ misericordia, humt'litas, dominium, potie-ntia neu hin
zukommen“"). Auch obige figura T (Anm. 87) ist erweitert, indem zu
den dortigen drei Dreiecken noch zwei neue, eines mit den Ecken deus,
crea!ura, operatio, das andere mit den Ecken af/t‘rmalio, negativ, dubi
tatio, hinzugefügt werdenuä). Ferner wird eine secunda figura T vor
geführt, welche einen in 15 Felder (madus, species, orda‚ alteri!as‚
identitas, communitas‚ priori!as‚ simultas, postem'oritas‚ supem'oritas,
aanver!ibilitas, inferiort'tas, universale, indefini!um, singulare) getheilten
Kreis zeigt““). Desgleichen neu ist figoro S oder „veritatis“ oder
„animae“, welche in 16 Feldern eines Kreises verschiedene Modificatiouen
der Begrill'e memaria, oc!us, voluntaa, intellectos, compositio unter
bringt‘“). Auch die Tugenden und Laster (s. im Alphabetunt, Anm. 85)
werden, jedoch unter Weglassung von sap-ientia, pietos, -mendacium‚ in
cons!antia, in einen Kreis von 14 Feldern gebracht, welcher „figüro V"
heisst‘“). Die figura theologiae und figura iuris überlasse ich gerne
diesen beiden Facultttten l“), sowie die figura elemen!alis den Natur
143) Diese ganze Gruppirung, welche durch einen (in mehreren älteren Drucken
bunt bemalten) Baum versinnlicht ist, wird dann behufs einer Encyclopädie auf eine
ganze Menge von Dimmen angewendet, nemlich: arhar elementolia, vegetatis, sen
sualis, irnoginolis, Immunolis, moralis, impen'oiis. apostolicolis‚ caelcstiolis, angeli
calis, oeternalis, moternofis (d. h. Maria, welche Lullus ja auch in Gedichten ver—
herrlichte), diuinoiis—humonotis (d. h. Christus), divinolis, exempli/iealio, quoestionoliS,
an welch letzteren sich Fragen über die obigen (Anm. 125) „cenlum formae“ an
schliessen.
144) Ars demonstr. p. 2, Lest. ort. dem. p. 2, Camp. ur!. dem. p. 20, Propos.
sec. nrl. dem. p. 18 u. 45. Ars im). port. in um's. p. 2, Ar: mogno et moiar p. 5
u. 43, Lect. ort. eamp. ine. wer. p. 9 u. 50.
145) Lect. urt. dem. p. 12, Camp. or!. dem. p. 7, I’ropos. sec. ort. dem. p. 2,
13 u. 41, Ars ihr. port. p. 2, Ars mogno e! moiur p. 42, Leot. or!. comp. inv. vor.
p. 4 u. 25.
146) Ars demons!r. p. 21. u. die so eben angeführten übrigen Stellen.
147) Lec!. ori. dem. p. 7, Camp. ort. dem. p. 14, Frapas. s. or!. dem. p. 3.
20 n. 46, Ar: ihn. port. p. 2, Ars mogno et moiar p. 41, Lect. or!. comp. inv.
ver. p. 2.
148) Lest. art. dem. p. 17, Camp. or!. dem. p. 28, ['ropas. s. art. dem. p. 4,
23 u. 49, Ars mogno e! moior p. 6 u. 43, Leel. ort. eomp. inv. ver. p. 12u. 84.
149) Ar; demonstr. p. 52 [f., Lest. ort. dem. p. 42 [f., Camp. orl. dem. p. 35
u. 49. I’rapos. s-. or!. dem. p. 5, 27, 30, 52, 55. S. auch Soaigny, Gesch. d. röm.
Rechtes im Mittelalt. V (2. Autl.). p. 616 11'.
174 XVIII. Raimundus Lullus.
forschern““). Ein Höhepunkt der ’I‘äudelei aber ist die figura den‘ca
flammt, welche in 13 Feldern eines Kreises die Sylben re, ri, ans‚ es.
le, tue, uns, de, ne, er. in, prae, de vorführtlöl). Ausscrdem noch
werden sämmtliche Figuren in Eine /igura‚ universatis zusammengefasst,
welche aus 13 concentrischen Kreisen mit je 16 Feldern hesteht“’)‚ und
überdiess für alle einzelnen Figuren die möglichen paarweisen Combina
tionen (nach dem Muster der obigen dritten Figur, Anm. 89) vor Augen
gestelltläö). Das Ziel aber liegt hiebei überall in einer Unzahl theolo
gischer quaestione: “"‘); denn, wie Lullus selbst sagt, diese ganze Be
hendlungsweise der Ars magna soll nur der Verherrlichung Gottes und
der Zerknirschung der Seele dienen 155). Darum endlich befindet sich
auch die figura philosophiae‚ welche in 16 Feldern die Begriffe „prima
causa‚ molus, intelligentia, orbis‚ forma, materia, natura, elemenla.
uppetilus, potentia, habitus, aclus‚ mixtio, digestio, composilio, allernlin"
enthält, auf einem Gebiete, welches uns für die Logik durchaus nicht
interessirt l5").
Während aber Lullus in dem Gesammtumkreise seiner Ars magst:
das einzige Heil der Wissenschaft erblickte (vgl. Anm. 117 f. u. 142) und
dagegen die gewöhnliche Schul-Logik für etwas Schwaches und Unter
geordneles hielt (Anm. 32), scheint hinwiederum die traditionelle Auetorität
der letzteren ihm das Zugeständniss abgeuöthigt zu haben, dass seine
Ars magna dem üblichen Betriebe der Logik sich doch nicht ganz ver
schliesse, sondern dass man in seiner obigen multiplicalio quartae figurM
(Anm. 112 11‘.) und auch in den „centum formae" (Anm. 125) all Das
jenige, — natürlich in viel besserer Weise —‚ finde, was in der ge
wöhnlichen Logik gelehrt werde 157). So konnte er sich auch herbei
150) Lest. arl. dem. p. 23, Camp. url. dem. p. 58, Propas. s. art. dem. p.6‚
33 u. 56. Da5s Lullus zu den hervorragenden Alchimislen gehörte, ist bekannt;
s. Kopp, Gesch. d. Chemie, l, p. 67 ff. ll. 178 ff.
151) Ars demonslr. p. 91. lnlrnd. erl. demonstr. p. 25 B: „He“ significal verkfl
activa....‚ „Hi“ significnt verba passive....., „Ans“ w! „es“ ’signi/icut parliap"
an! polenlialilalcm, u! bonificulivus.. . ..‚ „Le. Tus“ signifiranl passive „Nl'“
concrela, u! bunus....‚ „De“ ubslrada, u! magniludo...., „N2, Er“ adeerbia....;‚
„In, Prae. De“ significanl composiliones‚ ut iniuslitia‚ Auch beruht hierauf die
kleine Schrift Correlula innuta (s. bes. dort f. 50 B).
152) Camp. art. dem. p. 71, Propos. s. arl. dem;p. 7, 37 u. 58, Lest. an.
comp. inv. ccr. p. 19. ‚ '
153) Ars demonslr. p. 8, Propos. s. arl. dem. p. 10, Lecl. an, wmp. l“
vcr. p. 25.
154) Am dcmonslr. p. 52 [f.‚ Camp. art. dem. p. 89 ff., Propos. s. arl. M‘
p. 40 [f.‚ Ars mugua et maior p. 31 ff.
155) Lest. arl. demonslr. p. 1 A: Onaniam deus mal/um es! r'ecoliln'lis, inlellx?"
111115 et umuhilis‚ es! ideo mullum n011is nccea-se, ul eo fruamur speculanles M"
reculcndo, in!clligcndo c! amando in lola um'ma uoslru et viribus eins, qu "l
ultimus finis cius; ad hoc siquidcm kann arten: duzimus declarandam, quae inf"'“'
menlum es! artibus animac . . . . .. Ad dei magni/icenliam 11486 ars [acta esl. 10'"?
arl. demonstr. p. 1 A: Huec ars instrflil uns, inlelligere cl dili'gere dem, adham”
virlulilms, odire vih'a e! nur/undere infidclium erruueas opinionrs. Ars 1Mle "
maior p. 1 B: Polcsl homo inrcnire errilalrm sub compendio et contemplufl "‘
cognosrere dem» et uivi/icare virtutes c! morlificare riliu. ‚
156) m demouslr. p. 99 fl‘.. l.m. m. dem. p. 46. Camp. m. dem. P- 4°!
Propos. s. arl. dem. p. 5. 28 u. 53. y _
157) Ars mayna el ull. p. 537: Legion es! ars, qua logicu: invem'l comunrno
XVlll. Raimundus Lullus. 175
lassen, Schriften zu verfassen, welche als ein Mi‘ttelding zwischen der
Ars magna und der traditionellen Logik auftreten. Solcher Art nemlich
ist zunächst die Nova logiea, durch welche die Weitschweifigkeit und
Hinfälligkeit der alten (aristotgliach-byzantinischen) Logik vermieden und
das Auswendiglernen der logischen Lehren erleichtert werden soll 15”").
Dieselbe hat sieben distinetiones. Die erste beginnt mit ens, welches im
Sinne der Schrift „Arbor acientiae" eingetheilt wird und so zu corpus.
animal, homo führt"°“), worauf unmittelbar die obige Erörterung der
zehn Fragen oder „regulae“ folgt wo). Die zweite enthält die fünf Uni
versalien, welche natürlich als reale Wesen gelten und sämmtlich nun
eben jenen zehn Fragen unterworfen werden‘°‘); die dritte entwickelt
die Kategorien gleichfalls mittelst dieser nemlicheu Fragen““). Den Ge
genstand der vierten Distinction bilden wieder „centum formae", welche
jedoch von den obigen (Anm. 125) stark abweichen, und deren erste
beide, — zur Probe davon, was mit den übrigen 98 geschehen solle —-,
jenen nemlichen zehn Fragen unterstellt werden'“). in der fünften
folgt nun in Kürze die Lehre vom llrtheile‘“), von der Definition‘“) und
nun inter subiectum et praedieatum, quae es! medium, cum quo neoessarias vonein
siones ‚mit facere. Logicus per di/finilionem medii invcnit medium conliguum, ....et
de hoc datur exemplum in multiplicalione quarlac figurae. Adhuc Ingicus traclat de
V praedicabililms et de X praedicamenlis, et de th exemplum in traclalu centum
formurum. (p. 538) Ilem logicus trarlat de syllngismo et de figuris e! de falleriis,
et de onmibus islis exemplificatum es! in multiplt'calione quarlae figurae..... I.ogicus
facil praediculum superioris du in/eriori . llvm pnnit mulliplicilalem generis, pnnit
genus grneralissimnm . . . . ‚. e! simililcr spvciei multiplirilalem..„„ Luyicus lraclat
de difl‘erenlia di/Terenliando e! de concordanlia concordandu et de conlrarictalc can
trariando. ,
158) Nova logica, f, 3 r.: Considcranles, vrlerem et antiquam loyicam ab cum
inqux'ren!ibus propler sui prolizilatcm cum laborc mazimo plenius acquiri e! acqui
silam propler sui Iabililalem cum nimia difl‘icullule in memoria relineri diutius, idcirco
ad prolixilatcrn e! lal:ililalrm Imiusmodi aritandam ragilut'imus, divino auzilio me
dinnle novam et rompemliosam logicam int'enire, quae ab ipsam inquirenlihus cilra
nimiam difi'ivullalern acquiratur et acquisila in mcmon'u plenarie conservetur.
159; r. 3 v.-6 r. s. Amn.'143.
160) r. 6 r.— e r. s. Anm. 94—105.
161) f. 8 r. — 13 r. Jene Stelle, welche das offene Bekenntniss des Realismus
enthält, wurde schon oben, Anm. 44, angeführt.
162) f. 13 v.—20 v.
163) f. 20 v. " 25 r. Die hunth Begriffe sind hier: Individuum, Bonitas,
Mugniludo, Duraliu‚ Palastes, Sapirnlia, Volunlas, Virlus, l’erilas, Gloria, Concordanlia,
Contrarielus, l’rinripium, Medium, Finis, Maiorilus, Aeqnalilas, Illinorilus, Essenlia,
Natura, Forma, Malerin, lmmobilitas, Mobilitas, Malus, Dubilalio, A/firmalio, Negatio,
Mentorin, Intentio‚ Generatio, Corrnplio, Priralio, Opmio, Suspirrio, Crmdilia, Anle
cedens, Conseqnens, Derivalio, lii/lucnlia, Rrfluenlia, ‚lhslraclünz, ('0ncrelum, Causa,
Efl‘ectus, Occasiu, Simplex, ('omposilum, lnlansifas, Existentia, Agentin, Figura, Nu—
cessilas, Conlingcnlia, Fortune, Dispusili0, Subtililas, Plenum. Vacuum, Potentia, Ob—
irclnm, Actus‚ Umbru, Subirclum, I’raedicalum, Significulio, Allrarlio, Impressio,
Similiturlo_, Numerus, Elcmeulaliva‚ Vrgelulit‘a, Sensitive, Imaginaliva, Rutionativa,
Obslinuliu, Contradictio, Caparilar, Proporlio, Circnmstanlia, Suppositio, Fundus,
Lima, Humidum radicule, Humirlum nutrimenlale, Alleralio, Confusio, Angmentuiio,
Consummalio, Surrcssio, Mars, Serrelum, Ordo, Conlinuitas, Divixio, Cngitulio, Audaciu,
Artificium, Scienlia, Applicatio.
* 164) f. 25 v.
165) f. 26 v. s. Anm. 93.
176 XVlll. Raimundus Lullus.
vom Beweisverfahren, bei welch letzterem ein kleines Stück der Topik‘“)
vor dem Syllogismus“") vorhergeht und dann die Sophistik folgt“).
Die sechste Distinction enthält eine Anwendung der zehn Fragen auf
Natur, Theologie, Philosophie, Moral, Recht und Arzneiwissenschaft'”}‚
die siebente aber gibt Fragen über den "sämmtlichen Inhalt der vorher
gegangenen sechs Abschnitte‘“).
Endlich ein anderes derartiges Mittelding ist, was Lullus über Logik
in gereimten catalonischen Versen schrieb. Dort knüpft er an die Deli
nition der Logik, welche die Kenntniss der wahren und falschen Beweise
sei, sofort die fünf Universalien und die Kategorien der Substanz und
des Accidens, welche sämmtlich in den Figuren der Ars magna ihre
Mischung finden sollen‘"). Sodann werde durch die Anwendung der
obigen regulae (d. h. der zehn Fragen) die Verknüpfung der Begriffe
bewerkstelligt und so die Einsicht in das Urtheil nach Quantität, Qualität
und Modalität gewonnen‘“). Die hiedurch vorgenommene Vergleichung
führe dann zur Lehre von der Definition 173)‚ und hierauf komme man
durch die Mischung der obigen „rondiliones“ (Anm. 112), d. h. durch
die multiplicatio quartae figurae, zum Verständnisse der Particularitit
und Universalität 174), und hiednrch sei man befähigt, in den verschie
166) f. 27 r.‚ woselbst an die drei Arten der demonstralio (s. Anm. 56 tl-)
die Topen a minon'‚ a maiori. ab acquali (vgl. Anm. 70) und einige Bemerkungen
über possilnle und impossibilc geknupl't werden.
167) f. 28 v.-— 30 v. Vor der Angabe der drei Schlussllguren wird sogar der
Begriff „syllogismus“ jenen zehn Fragen unterworfen.
168) f. 30 v.—36 r. s. Anm. 72.
169) f. 37 r.-—40 v.
170 f. 41r.—49 v.
171i Bei Rossello' (Anm. 23) p. 4001 De la. primera dislinccia'. Lögica ü
scienu'a Per la qual home supia Parlar ussufismadmenl E [er ver e [als urgunmt
E lögica 's d'univelsals, E ab las figurus hdm sab quals Esla'n en I0 lur mede
menl Las rcs d’hon ho‘m [d l'argumenl (folgt als Beispiel bonea) . . ‚ . .. Vel donclu‚
los sind» universals 0m" 'n ldgira son principals Comengamenls, que son lrobat EI
las figuras et mesvlal. C011 d'ellas en fa’s mesclamenls Per tot: los lurs comtlt‘t'
menls‚ Substancia et urcidenl D’lwn son li den predicament, Pols en las figura: lro!w
Si ’ls romrngamenls subs mrsclar.
172) Ebend.: De lu segona distinccio'. Los sind: universal: sercat: Ab W
reglos los was quircnl, Car im no l’on pdl escapnr,‘ E ab las reglos porös W
Conczengu dcl predical Ab lo sobjel; e xi 's girat L0 sobjel, coneirer pords Ab lt'
predical; e! si la's Ab las reglos comparumenl Suhslunliaf u' d'accidenl, La Mr
parucio’ saulzrds All las reglos per (als los pns. A90 maleiz‘ d'afl‘irmaliva Universal
0' negative, E «zum si parlitular Ab las reg/es pords Irobar, Si fa's ver 0' [als flt'
gumrnl E ’ls individus c:ramenl . . . . .‚ Ab las reglos pöls qm' ’s possibul; E entre si necessifu't Econlingrnl sera'n moismlproasls;ibEol enCtorneeixsierMar!n»
AI: las reglos se lrubaru'‚. l‘repusitio' conjunlivu E uulre si de disjunclira, Ä-l
las reglos la pzits lrobar, Si ab lofßs las völs scrrar. E ayqo mateir laut von du“
Lügica, porös per mcsuru En las rr_qlas lola lrobar, St ab ellus sabs ensercar.
173) p. 402: De in tergra dislinccio’. Ab aqucslu dislinccid Saulmis [er di/ll'
nicio' De lnyl [i sinch universale, D'els prrdicamenls uulre lal, . . . . .. Vet duutfll‚
1mr qual emenyumenls Saubru's [er di/finicions Siguenl las comparacions UM P"
l'arl grncral se fan.
174) Ebend.: De lu quurla 111.slinrcio'. St mcsclas las condicions De Idyitu rl
sos sormuns Ab wudrcious qui eslan En esla url, coueixer s'han; Car lugt ll WF‘
dicionar Uni .son en li pn1licular, Covä qm: sian derivat Universal et ulrobßl. Pl‘“
XVII]. Baimnndus Lullus. 177
denen Bedeutungen der Begriffe den combinatorischen Faden des Denkens
festzuhalten und so über jeden Stoff genügende Syllogismen an der Hand
der Figuren zu bilden‘“). Den Schluss machen auch hier Fragen, welche
das Vorhergehende recapituliren H“).
Dass die ganze „Kunst“ des Lullus schlechthin werthlos ist; bedarf
nun wohl keines besonderen Nachweises mehr. Eher möchte ich einen
Tadel darüber befürchten, dass ich diesem Unsinne überhaupt einen so
grossen Raum in meiner Darstellung schenkte. Doch würde mich wohl
ein stärkerer Tadel treffen, Wenn ich die Are magna mit Stillschweigen
übergangen hätte; und wenn ich mich einmal auf dieselbe einliess, konnte
ich Dasjenige, was angeführt werden musste, kaum kürzer fassen, als ich
gethan habe.
donehs en lögiea [armer Condicib parlicular Ab eondieid 92118101, Hon parlieulars hart
hoslal (d. h. ihre Wohnung in den betreffenden Feldern der Kreise) E per ella
esldn reglades.
175) p. 403: De la sinquena dislinccid. En la taula alrobards Los siynifieals
que volvrdx A Idgica alribm'r; Car si d B, C, D vanir Völs, et als altre; corunells
(d. h. Kreise), N0 [ü harte en null eupdells (d. h. Richtung) Negü fil lau! fort en—
plegat, Lorn esla'n Ii significat En In laula per demoslrar Cu que I'en pora's aplicar
A lögica urgumentanl. Vel donque-s, qu'es et per qual semblanl Pöts de In laula
dcriuar A lögira man! consirur, Manie maleria vem‘r A po que wird: conclnir Per 10
malt grami abundament Venyul per signifieament De las eamlmu, si' 'l sah: lrovar
E a ldgim aplicur.
176) Ebend.: De la si:ena dislincci'd. Per sisena distinccio’ Respondra': a In
queslio Oue per lögica höm Ie pöl far, Ab que sapt'as pendr’ exemplar De las que—
stion: qui eslu'n Er: esta art, el qu'el semblan Prengas en la responsio'.
Pnnl'l‘L, Gesch. III. 12
XIX. ABSCHNITT.
ALLMÄLIGE rennuununc VERSCHIEDENER PARTEI-ANSICHTEN.
Müssen wir hiemit den geschichtlichen Faden wieder an den Schluss
des XVII. Abschnittes anknüpfen‚ so treten wir in jene Periode der Scho
lastik ein, welche in einem bunt und üppig verschlungenen Verlaufe bis
in das erste Drittel des 16. JahrhunderLs fortwucherl und durch die
Renaissance des 15. Jahrhunderts in dem inneren Principe ihres Betriebes
nicht nur sich nicht stören lässt, sondern auch ausdrücklich den Kampf
gegen die humanistischen „Neuerer“ aufnimmt, bis sie zuletzt doch in
diesem Kampfe (um das Jahr l520) unterliegt. Es ist demnach zunächst
innerlich Ein einheitlicher Verlauf, neben welchem äusserlich als neue
Stoff-Zufuhr das wiedererwachcnde Alterthum binzutritt. Die blosse Stoll
Zufubr war ja seit den ersten Jahrhunderten der christlichen Aera allein
das Entscheidende und blieb es fortwährend, bis der gesunde natura
listische Hauch der Antike durch eine länger dauernde Wirkung seines
Wiedererwachens es endlich zur Folge hatte, dass der philosophische
Impuls sich der Auctorität der Tradition entwand und allmälig mit
innerer Selbstständigkeit von sich aus die Lösung seiner Aufgabe zu
unternelunen begann.
Jede Eintheilung des scholastischen Zeitalters, welche nicht auf die
sem Motive der Stoff-Zufuhr beruht, ist ein aprioristisches Treiben, welches
der Geschichte Gewalt anthut; und wenn man z. B. bei Occam von einer
Selbstaullösung der Scholastik oder dgl. gesprochen hat, so kann ich
Solches nur als eine theologische oder eine philosophische Grille bt‘
zeichnen; denn bei richtiger geschichtlicher Einsicht zeigt sich, dass jene
angebliche Selbstauflösung gar äusserlich durch ein paar Stellen aus Ari
stoteles und ein paar Gapiteln aus der als aristoteliscb angebeteten byzan
tinischen Logik veranlasst wurde.
Indem ich daran festhalten muss, dass die ganze Scholastik nur W“
der Masse und dem Inhalte des zugeführten Stoffes bedingt wird, und
ich auch den Nachweis hieven wahrlich nicht schuldig geblieben bin.
konnte mich nur ein äusscrlicb praktisches Motiv dazu veranlassen, jenen
einheitlichen Faden der Scholastik, welcher sich vom Ende des 13. biS
zum Anfange des 16. Jahrhunderts fortspinnt, in einzelne Stücke zu zer
legen. Nemlich nur um die Ziffern der Anmerkungen nicht in die Tau
sende anschwellen zu lasmn und dem Leser gleichsam einmal einen
Ruhepnukt zu gönnen, scheide ich die „allmälige Formulirung der Partei
Ausichten“, soweit dieselbe bis Occam (einschliesslich) zu Tage trüb
XIX. Die Stoff-Zufuhr. 179
vorläufig als eigenen Abschnitt ab, um sodann das „üppigste Wuchern
der scholastischen Logik“, welches sofort an Occam's Auftreten sich
knüpfte, bis zu den „ersten Erscheinungen der Renaissance“ zu be
gleiten und hierauf nach diesen die „reiche Nachblüthe“ der Scholastik
darzustellen.
Jene Stoff-Zufuhr nun, welche (wie Abschn. XVll zeigte) im 13.
Jahrh. von byzantinischer, aristotelischer und arabischer Seite her statt
gefunden hatte, musste nothwendig gleichsam einem Verdauungs-Processe
unterliegen, bei welchem wir allerdings Gelegenheit haben, in ähnlicher
Weise, wie Walther von der Vogelweide in anderem Sinne gethan, die
Grösse des Magens der Kirche zu bewundern; denn es ist standenswerth,
wie viel heidnische Litteratur seit Albertus Magnus all jene frommen
Männer verschluckten, ohne hierüber die geringsten Beschwerden zu ver
spüren. Man bedenke nur, dass neben der reichen Saat byzantinischen
Unsinnes die sämmtlichen Bücher des Aristoteles, d. h. auch die physika
lischen und naturwissenschaftlichen Schriften nebst der Ethik und Politik,
sowie die Metaphysik mit ihrem astronomischen Gottesbegriil‘e, und ausser
dem neben einzelnen griechischen Commentatoren die ganze Litteratur
der arabischen Erklärer, welche ihrerseits zugleich auch auf Ptolemäus,
Enklides, Geber, Galenus und llippokrates hinübcrgrilfcn, binnen etlicher
Jahrzehnte eingedrungen waren und ihrer weiteren Pflege an den tradi
tionell bestehenden Schulen harrten.
Diese massenhafte Wucht eines neuen Lehrstoffes musste sowohl im
Allgemeinen in pädagogischer Beziehung als auch insbesondere für den
Betrieb der Logik eine weitgrcifende Wirkung ausüben. Nemlich auch
der übliche Schul-Unterricht überhaupt musste nun im Vergleiche mit
den früheren Jahrhunderten nothwendig eine völlige Umänderung er
fahren; denn unter den sieben freien Künsten war es einerseits gerade
die ‚.Dfalectz'ca“, welche jetzt zu einer ausgedehnten aristotelischen,
byzantinischen und arabischen Schul-Litteratur anschwell. Und andrer
seits musste sich an den höheren Lehranstalten seit dem Ende des 13.
Jahrhunderts allmälig jener Uebergang vermitteln, welcher von der facultas
„artium“ zur facultas „philosophorum“, sowie zur Selbstständigkeit der
medicinischen Facultäten führte. Alle Lehrgegenstände aber, —— auch die
Theologie nicht ausgenommen, welche ja bekanntlich an der Pariser Uni
versität das Maassgebende war ——, hesassen eine Voraussetzung und eine
unerlässliche Vorbedingung an der Logik, welche hiemit neben ihrer neuen
quantitativen Fülle auch qualitativ eine bevorzugte Stelle einnahm, wie
keine andere der sieben Künste sich einer solchen rühmen konnte. Nur
die „Grammatiea“ erhielt sich selbstständiger und wurde nicht (wie die
übrigen Disciplinen) in dem neu sich gestaltenden philosophischen Cursus
absorbirt. So kam es, dass die „logische“ und (— wenn für das 13. Jahrh.
der Ausdruck zulässig sein soll —) die „philologische“ Schulbildung wie
gleichberechtigt nebeneinander stehen, ja zuweilen sich gegenseitig be
kämpfen konnten (ein Vorspiel der Zustände nach dem Wiedererwaohen des
Alterthumes), zumal da die „Logiker“ in der unausgesetztcn Uebung ihrer
abstrusen Schulwcisheit leicht verknöchern und, was sonstige Lectüre be
trifft, förmlich verwildern mussten, so dass sie mit Recht zum Gespötte
ihrer philologischen Gegner wurden.
12‘
180 XIX. Pädagogisches.
Doch um nicht weiter in die Geschichte der Pädagogik hinüberzu
gleiten l)‚ beschränke ich mich darauf, Ein Document zu erwähnen, welches
einen solchen Thathestand für jene Zeit constatirt. Es ist diess des
Heinrich von Andly (um d. J. 1270) Gedicht „Die Schlacht der sieben
freien Künste“ 2), in welchem die Pariser Logiker einerseits und die
grammatische Schule zu Orleans andrerseits als die kämpfenden Parteien
auftreten. Den orleanistischen Philologen, in deren Schlachtreihen mehrere
klassische Autoren kämpfen 3), war von den Parisern der Spitzname
„Autoriaux“ gegeben werden, hingegen die Logiker wurden von ihren
Gegnern „Qut'quetique“ oder wohl richtiger „Qui'quetiquique“, d. h. zu
deutsch „Kikeriki“, genannt 4). Der Kampf selbst, in welchem als Führer
der Logiker einige uns nicht näher bekannte Personen erscheinen "’), aber
auch der „Barbarismus“ sich denselben als Bundesgenosse beigesellt“),
führt zuletzt dazu, dass die Philosophen auf dem Mont I'He're' von den
Grammatikern belagert werden und in grosser Bedrängniss einen Parla
mentär zu den Feinden schicken, welcher jedoch als gänzlich unver
ständlich von diesen zurückgeschickt wird 7). Indem aber endlich die
1) Ich muss hier die gleiche Resignation üben wie Abschn. Xlll, Anm. l.
Welcherlei Schnl—Logik aber pädagogischer Stoff gewesen sei, fallt natürlich der
Geschichte der Logik anheim.
2) Es ist dieses der provenqalischen Litterntur angehörende Gedicht selbst
noch ungedruckt, und wir sind auf eine französische Inhaltsangabe desselben in
Nutices et Erlruits des Mrumscripla etc. Vol. V, p. 496 fl‘. angewiesen. (Uebrigens
hat der nemliche Ilenri d’And/y auch eine Liehesklage des Aristoteles —— Lai d'Aristole
— im Troubadour-Stile verfasst; s. Legrand d'Aussy, Fabliaiu: et Center, 3. Aufl.
Paris 1829, Vol. l, p. 273 ff.)
3) Not. et Extr. u. a. O. p. 503 n. 508 f. Neben Donatus, Priscianns und
Marcianus Capella erscheinen: Virgilius, Horatius, Propertius, Terentins, ANWSI
Seneca, Persius, Juvenalis‚ Stalins, Lucanus, Clandianus, Avienus, Cato, auch Se
dulius und Prudentins. Wenn auch Homer genannt wird, so ist schwerlich all
Lectüre desselben zu denken.
4) Ebend. p. 503. Die richtigem Form „Ouiqueliquique“ treffen wir merk
würdiger Weise in dem gleichzeitigen Roman du Bauart (ed. M:!ou, Vol. lll, p.53)
v. 212051f., d. h. in jener Branche, in welcher ltenart und der Kater Tybert die
Vesper singen. Dort lesen wir: Sex-[u (Sei's-In) n'en de dialeclique? 0il (Oui); lvl'
Ouiqueliquique. Repondras moi se ge t’opos. Oil; pur dercre man das. 0r mttll
dont d t’argument, Ge di pain d’orge est de /romenl‚ Ge di pain de [rammt “l
d’orge. Male avcnture alt ein: ta gorge, Ode pain d'urye seit de froment u. S. l.
5) Nut. et Extr. p. 503 f.: ‘A rette uouvelle Logique fut e/fraye‘e. Hilfl-b
s'e‘cria-t—elle, j'avais duns Baoul de Builli am dc’fenseur reduutable, et la M1
nie l'a entevd. Cepcndant eile ne perdit pm'nl courage.....‚ eile s'occupa du {m
d'assembter des troupes, et menda celles qu’elle avail d Toumai (vgl. Abschn. NIL
Anm. 326). Ld e‘luicnl Jean le Fuge, Poilune de Gamaches‚ Nicole-all“
[lautes-[essen Elle de'pz‘cha vers 81417 Picrre de Courtenui, et le: fit inviler
pur lui, de se rendre au plntöt d Paris. lt: placdrent sur une raue den: an ein"
Trinc et Qnadruvc, et se mirent eu man/m. Le einer dlail truinc' pur les bedeuuz' Pi
conduit pur Robert-lc-Nain (diesen trafen wir schon früher, s. Abschn. XIV,
Anm. 447 ff.) et Chflan-le-Vieuz, qui l'aigutllon en mein piquaient l’attelaym Ä
6) Ebend. p. 5082 Dom Barbarisme, quoique Itomme-lige de Grammatre, und
pris [es armes contre alle, parre qu’il posse‘dait des tmes daus le pays de Loglq";
7) Ebend. p. 511: [Jans cette d€lresse Logiquc enneya proposer la {JIM "
sa finale; muis le depute qu’elle choisit paar ce message tonnaissail si pfll lfF
rügte: du Imtgage et il s'echrtma xi mal, qu’on ne coulut pas t'e'couter, Pl 7'"
[ut renvoye‘.
M’r ‚ __ ‚ __‚__ ,-——-———- „M
XJX. Die Parteispaltnng. 181
s
Astronomie ihre Blitze gegen das Heer der grammatischen Philologie
schleudert, zieht sich dasselbe nach Orleans und Blois zurück und meidet
auch in Zukunft Paris 8). Der Dichter des Ganzen aber schliesst mit
einer Prophezeiung und zugleich einer Warnung vor grammatischer Ver
wilderung 9).
Was aber hingegen die innere Entwicklung der logischen Theorie
selbst, und was vor Allem die zahlreichen Controversen und verschiedenen
Partei-Stellungen betrifft, so muss ich mit grösster Entschiedenheit den
allgemeinen Grundsatz, welcher seinen reichen Detail-Nachweis finden
wird, vorausschicken, dass auch für diese ganze Periode der Scholastik
die Abhängigkeit vom vorhandenen Stoffe das allein Maassgebende ist. Das
zugängliche Material war nun weit reichhaltiger geworden, als es im
12. Jahrh. gewesen war, und darum haben jetzt die Logiker mehr An
knüpfungs-Punkte und mehr Auctoritäts-Aussprr'rche bei ihren Disputationen
zur Verfügung, als damals. Aus diesem Grunde, und aus keinem anderen,
entsteht nun eine weit manigfaltigere Controversen-Litteratnr. Wenn schon
im 12. Jahrh. auf Grundlage eines ungleich beschränktercn Materiales
dreizehn verschiedene logische Parteien entstanden waren, so ist es nicht
zu wundern, wenn jetzt seit dem Ende des 13. Jahrh., wo man auf eine
grosse Zahl neuer Quellen-Stellen sich berufen und Jeder irgend eine
einzelne derselben für sich in Anspruch nehmen konnte, die Partei
Stellung sich fast ins Endlose zersplittert und dabei zugleich in manig
faltigster Kreuzung und Mischung wieder verwandtschaftliche Berührungs
punkte entgegengesetzter Meinungen aufzeigt.
Man glaube nur ja nicht, dass man mit den zwei Schlagworten
„Realismus“ und „Nominalismus“ die logische Parteistellung irgendwie
erfassen, geschweige denn geschichtlich entwickeln könne. Jene beiden
Worte existirten in derjenigen Periode, mit welcher wir uns vorerst zu
nächst beschäftigen müssen, gar nicht; und es wird erst der spätere
Verlauf zeigen, wann diese zwei Partei-Worte von den Theologen in
Umlauf gesetzt wurden, wobei jedoch zugleich zu Tag treten wird, dass
man dann auch von „Terministen“ und von „Formalisten“ sprach.
Ebenso verfehlt ist es, wenn man nur den Gegensatz zwischen
„Thomisten“ und „Scotisten“ ins Auge fasst und biedurch die Parteiung
erledigen zu können glaubt. Allerdings zwar hat jenes polemische Ver
halten zwischen Dominikanern und Minoriten für die Geschichte der Theo
logie und der priesterlichen Hierarchie eine wesentliche Bedeutung; aber
sowie die Geschichte der Logik einerseits in der glücklichen Lage ist,
alles theologische Gezänke ignoriren zu dürfen, so findet sie andrerseits
auch den thatsächlichen Stand der Dinge, dass in der Darlegung der
8) Ebend.: Astronomie, re‘dnile an desespoir‚ lange la [andre sur eux, alle
brüla leur lentes, dissipa leur annäe .... .. Depuis ce jour Pozf_sie-la-courtoise s’est
retirc‘e entre Orleans e! Bleis, mais elle n'osc plus se pr€senler en France, 012 sa
rivale domine.
9) Ebend.: Measüum, les CIIOSCS dureronl em;ore ainsi an: trenlaine d'annt‘es.
Mais lorsqu’ um: ge'ne‘ralion norwelle naitra, relle-ci fern du la Grammairc lc aus
qu'on cn faisar'l au Icmps de Henri d'Andly. En altendanl je vous Molare qm: laut
der: qm' „e connait poinl [es rägles du langage et qui n’y con/orme poinl ses
discours‚ est un komme d conspuer.
182 XIX. Die Parteispaltung.
l
logischen Theorie Dominikaner Manches aus der Lehre des Scotus anf
nehmen und umgekehrt Franziskaner sich in einigen Ansichten an Thomas
anlehnen. Kurz gerade in der Logik erscheinen damals wohl Einige
als blosse Nachtreter einer sU'icten Partei-0bsewanz, aber viele Andere
verfolgen ihre eigenen Wege, indem aus dem vorliegenden Materiale der
Eine diese und der Andere jene Quellen-Stellen zu seinem Stützpunkte
wählte, so dass hiedurch fast alle nur möglichen Schattirnngen, auch
mit Einschluss von Extremen, zu Tag traten. Erst am Ende des 15.
und im 16. Jahrhundert fanden es die Theologen bequemer, die ein
schlägige Litteratur nur in zwei Lager zu theilen, wobei dann Tho
misten und Scotisten sich wie Welfen und Ghibellinen gegenseitig in den
Haaren lagen.
Ueberhanpt ja ersehen wir auch, dass jenen Autoren des Mittelalters,
welche bisher in der Geschichte der Philosophie (sei es in grösseren Werken
oder in kleineren Compendien) stets regelmässig als weit hervorragende
besprochen wurden und werden, noch eine erkleckliche Anzahl Anderer
beizufügen ist, welchen man die Ebenbürtigkeit schwerlich bestreiten
kann. D. h. in speculativer Beziehung gelten mir überhaupt alle Schrift
steller des Mittelalters als werth10s; aber in demjenigen, was sie einmal
als Schriftsteller zu Tage gefördert haben, finde ich es nicht gerecht
fertigt, wenn man mit so ungleichem Maassstabe misst, dass man gegen
über einigen traditionell gebliebenen Hauptfiguren über Andere gänzlich
mit Stillschweigen hinweggeht oder sie höchstens mit etlichen schabloneu
artigen Bemerkungen abfertigt.
Die reiche Fülle verschiedener Meinungen, welche aus dem aufgr
speicherten Materiale hervorwnchsen, beruhte nun ursprünglich nicht in
einem Streite über die Universalien, sondern wurde vorerst durch theo
logische Bedenken hervorgerufen, welehe in Bezug auf ein paar ander
weitige Lehren des von Albert und Thomas vertretenen arabischen Aristo
telismus auftauchten. Den ersten Anstoss nemlich gaben, wie sich zeigen
wird, die Fragen über das principium individuationis und über «Mm
formae oder beziehungsweise pluralitas formarum, wobei, je nach
dem man diese Fragen beantwortete, die Orthodoxie gefährdet zu
sein schien. 1
Aber eben mittelbar hingen diese Gesichtspunkte mit der Auflassung
der sog. „Universalien in re“ zusammen, und so wurde wohl auch der
Universalien-Streit in blilleidenschaft gezogen. Aber dieser letztere tritt
nun in ganz anderer Weise auf als im 12. Jahrhunderte. Denn jene
arabische von Albert und Thomas acceptirte Theorie, dass die Universalien
zugleich ante rem und in re und post rem seien, war doch gar zu bt"
quern, um nicht von Allen zugegeben zu werden. Keiner verneint, dass
die allgemeinen Ideen der Dinge ursprünglich im göttlichen Schöpfer ite
gründet sind , Keiner verneint, dass sie in der erscheinenden Welt m
das Einzeln-Sein hinaustrcten, und Keiner verneint, dass sie aus diesem
Gebiete des Singularan wieder vom menschlichen Denken erfasst werden
Ein Streit ist nur darüber möglich, was Gegenstand der Logik sei‚ 0b
sämmtliche drei Universalien, oder ob zwei derselben, oder ob nur Eines;
und je nachdem diese Frage entschieden ist, kann dann noch darüber
gestritten werden, wie die Universalität mit der Singularität sowohl 111
Mm__‚ _ V V f ‚ ,_‚——
‚-»-—.—_—- ‚.„-—- -‘_-_-——— 4
| X1X. Die Parteispaltung; 183
den objectiven Dingen als auch in der subjectiven Denk-Werkstätte zu
vereinbaren sei. .
Zur Erörterung aber der hierüber entstehenden Gontroversen war
man auf Auctoritäts«Stellcn des vorhandenen Materiales angewiesen. Und
da musste der Platonismus den Kürzeren ziehen; denn den Plato kannte
man nur aus dem Timaeus (d. h. Ghalcidius), aus Augustinus und aus
einzelnen Stellen der Araber, indem die Originalschriften Plato’s bekannt
lichst erst zur Zeit der Renaissance kund wurden. Darum gibt es vor der
florentinischen Academie der Mediceer keinen eigentlichen Platoniker.
Und der augustinisch-kirchliche Platonismus tritt im 14. Jahrh. nur ent
weder schüchtern (Heinrich von Götbals) oder roh polemisch (Franciscus
Mairon) oder in unklarem Selbstwiderspruche (Walter Burleigh) auf, wobei
wir zugleich das Schauspiel haben, dass auch solche platonisch Gesinnte
sich dennoch der übermächtigen Auctorität der aristotelischen Logik nicht
entwinden können. . ‚
Hingegen eben ein reiches Material lag in den Schriften des Aristo
teles und der Araber, sowie Einzelnes in der byzantinischen Logik vor.
Und sowie im 12. Jahrb. jede der verschiedenen Parteien sich auf irgend
eine vereinzelte Stelle des Boethius gestützt hatte, so waren es nun, wie
sich von selbst versteht, vor Allem einzelne Stellen aus Aristoteles, an
welche man anknüpfte, wobei ja jetzt auch die Metaphysik, De am'ma‚
die Physik und die Ethik zu Gebot standen. Sowie aber von einem
wirklichen Verständnisse derGesammt-Philosophie des Aristoteles in jener
Zeit natürlich keine Rede sein kann, so sind es nur die wechselnden
Bilder eines halbverdauten Aristotelismus, welche aus berausgerissenen
Stellen formulirt uns als Partei-Ansichten begegnen. Was man in solcher
zerbröckelter Weise sich aus» den genannten Schriften des Aristoteles
(—— um selbst vom Organon abzusehen —) herauslas‚ war bald ein Dua
lismus zwischen ldealität und Empirie (s. Abscbn. IV, Anm. 16, 25, 76),
bald ein Psychologismus (ebend. Anm. 54, 56—61), bald ein Empirismus
(ebd. Anm. 50, 52), bald ein Sensualismus (ebd. Anm. 62, 69 f.), bald
ein lutellectualismus (ebd. Anm. 65, 86), welcher die in der Seele auf
tretenden Universalien (ebd. Anm. 64, 176) aus den bleibenden Sinnes
Eindrück‘en (ebdl Anm. 63, 87) durch ‘eitie'schafl'ende Thätigkeit zur
Verwirklichung bringt (ebd. Anm. 68, 85, 97) und so durch Erkenntniss
des Singulären (ebd. Anm. 82) in dem uns Kenntlicbcren das Ideelle
erfasst (ebd. Anm. 74), bald hinwiederum die species intelligiln'lis (ebd.
Anm. 63), bald die für das Denken entscheidende Function der mensch
lichen Sprache (ebd. Anm. 23, 101, 109—113) oder die Modalität der
Bezeichnung (ebd. Anm. 147), bald auch das principium identitatis (ebd.
Anm. 163 fi., 171, 178). Hiezn' aber kam aus der arabischen Litteratur
der schon bei Albert und Thomas recipirte Begriff der intentio secunda
in allen möglichen Wendungen und Aviccuua’s Bemerkungen zum Por
phyrius. Und die byzantinische Logik spendete als einflussreiche Beisteuer
ihren Begriff des terminus nebst all seinem Zubehör.
So kam es bei jedem einzelnen Autor jener Periode nur darauf an,
welche und wie viele der erwähnten lugredienzien und in wie Starker
Dosis er dieselben mischte (Duns Scotus ist hierin wohl der umfassendste);
seine Parteistellung wurde hiedurch erzeugt. Und in solcher Art erwucbs
184 XIX. Die Parteispaltung. Stephan Tempier.
jenes bunte Vielerlei von Ansichten, welches ich nun in seiner wech
selnden Gestaltung einzeln darzustellen habe. Jene Momente aber, welche
bei Aristoteles selbst das schwerer Wiegende waren, bedingten zuletzt
durch ihre eigene Wucht auch das Zünglein der Wage im geschicht
lichen Verlaufe.
Paris und Oxford waren die hervorragendsten örtlichen Sitze der
logischen Litteratur, und dort auch wurden die ersten Fäden gesponnen,
welche, wenn auch ursprünglich rein theologischen Inhaltes, für die spätere
Parteistellung der Logiker maassgebend wirkten; und zwar war es Paris.
in welchem man hauptsächlich die Frage über das principium indivi
duationis anregte, sowie andrerseits in Oxford die Controverse über um'tas
formae überwiegend in den Vordergrund trat.
Nemlich in Paris hatte der Bischof Stephan Tempicr schon i. J.
1270 mehrere philosophische und theologische Sätze als irrthümlirhe be
zeichnet und wiederholte i. J. 1276 diese (Zensur in sehr vermehrter Auf
lage lo). Diese oberhirtliche Fürsorge für das Seelenheil der Gläubigen
würde uns jedoch nicht im Geringsten interessiren, wenn nicht Ein Punkt
in die Geschichte der Logik eingriffe; und zwar müssen wir zugestehen,
dass, wenn man einmal auf dem Standpunkte der Orthodoxie steht. hier
mit schärferem Denken, als bei Albert und seinem Nachtreter Thomas.
die Consequenzen des arabischen Aristotelismus erfasst werden. Tempicr
nemlich verneint zunächst kurzweg, dass (— wie jene Beiden dem Avi
cenna nachgebetet hatten ——) der Grund der lndividualisirung in der
Materie liege H); sodann aber führt ihn eine der Creations-Theorie ent
nommene Wendung") zu der präcisen Formulirung seines Einwandes.
dass, wenn die Materie das princt'pium individuationis wäre, sowohl
die Einzeln-Persönlichkeit der Engel als auch die Individualität der Seele
preisgegeben werden müsste“), wohingegen ja bekanntlichst in diesen
beiden Beziehungen die Orthodoxie von immateriellen Individuen spricht.
Dass aber mit diesen Censuren, welche auch bei anderen Autoren jener
Zeit stets mit diesen nemlichen Worten angeführt werden“), wirklich
10) Gedruckt sind diese (Zensuren Tempier's fast in allen Ausgaben des Petra:
Lombardus (als Anhang zum lV. Buche). auch bei Ich. Chrysosl.. de nun cond. MC‘
Ed. Ports 1560, ferner in Bild. Patr. Max. Vol. III, sodann bei Butaeus, ”ist. an.
Parir.. Vol. III, p. 434 fl‘„ zuletzt unter Vergleichung mehrerer Handschriften bei
Gar. Du Ple:ais d'Argentrd, Co”. iudic. de nov. error. (Per. 1728. fol.), Vol. l. P.
175 IT. u. p. 188 II". (Hiernach citire ich).
11) p. 198. Nro. 1: Ouod forma: non recipiunt dioisionem nisi secundum diri
sionem materiae (fast ebenso p. 183, Nro. 191). p. 198‚ Nro. 4: Ouod indiridua
eiusdem speciei‚ ut Sau-etc: et Plato, diffemnl sein pasitione materiae (ebenso
p. 180. Nro. 97). Vgl. Thomas. Abschn. XVII. Anm. 519. und Albert. ebend.
Anm. 388.
12) p. 180. Nro. 96: Ouod den: neu potest multiplt'care individua sub MM
specie sine materin (ebenso p. 190. Nro. 41).
13) p. 179, Nro. 81: Ouod‚ quin intelligenliae non haben! maleriam. dem "M
passe! facere plurcs eiusdem speciei (ebenso p. 192, Nro. 17). p. 188, Nrfl- 63
Ouod dem: non p0:8el facere plures Mime: in numero. Arabische Meinungen. 8“
welchen man in dieser Beziehung Anstoss nehmen musste, s. Abschn. X\"l, Aflml
117 u. 134.
14) Z. B. Heer. Goethals, Ouodlib. (ed. Venel. 1613. fol.) II, 8. f. 55 V. #9“
Rom.‚ 0uodlib. (ed. Bauen. 1481. fol.) II. 7.
X1X. Stephan Tempier. Robert Kilwardhy. 185
Thomas gemeint sei, indem Tempier nur eine volle Consequenz desselben
aufdeckt, steht sowohl an sich für jeden Kenner dieser Litteratur als
auch durch bestimmte gleichzeitige Zeugnisse fest“). Jener zweite can
troverse Punkt, nemlich die Frage über unttas formae, erscheint
bei Tempier noch nicht vollständig formulirt, sondern erst nur im
Keime“).
Hingegen in Oxford treffen wir in eben dieser letzteren Beziehung
eine ganz entschiedene Parteistellung. Dort war in jenem nemlichen
Jahre 1276 der Erzbischof von Canterbury Robert Kilwardby (gest.
1279) mit einer (Zensur mehrerer Letwsätze aufgetreten l"), wobei unter
Anderem die Annahme, dass die Form eine einheitliche sei, an dem
üblichen Beispiele von homo oder humanitas mit klaren und einschnei
denden Worten als eine irrthümliche bezeichnet wird“). Dass aber auch
bei diesem Verdammungs-Urtheile nicht logische, sondern nur theologische
Motive (betreffs des Körpers Christi und der Heiligen) obwalteten, ist
uns ausdrücklich bezeugt“); ja, was das logische Motiv der Universalien
hetri'flt, müssen wir gleich bei diesen ersten Regungen einer Partei
Polemik entschieden darauf hinweisen, dass auch Kilwardby mit der
15) Der nach den so eben angeführten Worten „dem nun posset facere plurcs
eiuadem speciei“ in den Druckausgaben erscheinende Zusatz „et quer! materia mm
es! in angetis; eontra fratrem Thomam“ fehlt allerdings in den von D’Argenträ he
nülzten Handschriften. Aber in der Suche ändert diess Nichts. Denn schon Gott
fried von Fontaines, der Zeitgenosse und Mitkfmpfer jener Controversen (s. unten
Anm. 58 fl'.)‚ war sich dessen genau bewusst, dass jenes Pariser Verdammungs
Urtheil hierin gegen Thomas gerichtet war. Derselbe sagt nemlich in einer von
D'Argenlrä, p. 215 A. aus Handschriften mitgelheilten Stelle: Isti antun articulz'
. . . . . . samt ettam in dotrimentum non madieurn doctn'nae studentihus perutitix rcren
tissirm' et exccttentissimi doctoris, sciltcet fratri: Thomas, quae ex praedictis articulia
minus inste atiquatiter diffamatur. Hiezu das ausdrückliche Zengniss des Duns
Scolns, unten Anm. 124. Was über diese Angelegenheit die modernen Anbeter des
„heiligen“ Thomas denken, ist gleichgültig, und die Unkritik, welche durch
Werner’s Werk (Abschn. XVII, Anm. 481) sich hindurchzieht, bleibt erfolglos.
16) D'Argentn‘ a. a. O. p. 180, Nr. 104: Ouad humanitas non eat forma rei,
aed rationis (ebenso p. 196, Nro. 2); und p. 196, Nro. 5: Ouod homo es! homa
praeter animam rationatem.
17) Gedruckt in ”ist. et antiqu. unia. Ozonfenata (Oxf. 1674, fol.)‚ Vol. l, p.
125 f.‚ und hierauf gleichfalls bei D’Argentrd.
18) D’Argenträ, p. 186, Nro. 12: Ouod uegetativa, sensitive et intettectira ran!
mm forma simptiu'ter. Vgl. Thomas Abschn. XVII, Anm. 521.
19) Aus einem Schreiben des Johannes Peccam (s. über ihn unten Anm. 25)
theilt Wand in Hist. et mit. an. Ozon., l, p. 130, Folgendes mit: Uuum vcro ittorum
erpresse notaaimus artirulum quorundam dicentium, in homine esse tantummodo
forrnam unam, quod e: ipso aequitur, ut putamua, neu earpus Christi feiere
unum numero m'va et martuum, nec afiqua sanetorum corymra tota rot aeeundum
partes atiqua: in erbe existere vel in urbe, quom'nrn eine auhatanttatis /ormae
um'tate nutta patest aumeratiter aubstantia esse una.‚ Ebenso berichtet etwas später
auch 0rram, Dialog. (ed. Lugdun. 1494, fol.)‚ Pars l. Lib. ll, c. 24. f. XIV r. B:
Saepe audtvi a multis Angtt'cis et Britontbns enarrare. quod de opinione Thomac de
unitatc formae. quando conctusiones, quae ex ipaa sequuntur, exptieahantur‚ scan
datnrn /uit in Angtia prope infinitum . . . . .. Onod corpus Christi non [uit idem numero
nimmt et mnrtuum‚ et quod eorpus Christi, quod iacm't in seputcro, in ipso lriduo
mmquam fuit corpus Christi, dum eineret; quod corpus et retiquiae‚ quae a /idetibus
pro corporibus sanctorum venerantur, mmquam fuerunf cor]>om‚ . . . . .. quia mm
mortua mmquam fuit eine.
186 XL\'. Robert Kilwardby.
allgemein recipirten arabisch-aristotelischen Auflassung einverstanden war,
wornaeh die Universalien auf Grund vorausgegangener Sinneswahrnehmung
erst in der denkenden Seele entstehen”).
Aber neben jenem Einen folgenreichen Punkte erstreckte Kilwardby
seine Kritik auch auf das eigentliche Gebiet der Logik, und zwar sind
es merkwürdiger Weise mehrere der byzantinischen Logik angehörende
Sätze, welche er als irrthümliche verurtheilt, so dass wir hier neuerdings
einen Beleg dafür finden, dass im 13. Jahrh. sich sehr Viele und sehr
einlässlich mit diesem Zweige der Logik beschäftigt haben müssen. Nen
licb neben zwei selbstverständlichen logischen Ketzereien werden hier
neun einzelne herausgerissene Sätze verdammt, welche theils die ruppo
silz'o und dislributio, theils die ampliatz'o, theils die restrictio, ja sogar
bereits die consequentia betreffen“).
Es gehört jedoch Kilwardby überhaupt zu den fruchtbarsten logi
‚schen Schriftstellern seiner Zeit, und nur durch eigenthümliche Verhält
nisse kann es gekommen sein, dass man am Ende des 15. Jahrh.‚ wo
doch eine überreiche Litteratur der Logik gedruckt wurde, diesen Autor
völlig bei Seite setzte. Wahrscheinlich ignorirten ihn die Themisten ab
sichtlich, während er bei den Franziskanern durch Duns Scotus und
20) Aus Kilwardby's nugedruckter Schrift Da ortu seicnh'arum theilt Haure'rn.
De la Philos. scol. ll‚ p. 244 nach einer Pariser Handschrift eine längere Stell:
mit, in welcher wir lesen: Omnis doclrina e! disciplina inlelleolira ex praeexirlut
fit cognilione, scilicel sensitive Hauril igilur anima ralionalis a rebus um
scientiam per sensum, per quoddam hauslorium‚ quo de/erunlur spesies sensible
ab vxlm usque ad animnm rutionalcm, in qua fit universale, quod ext principiul
scienh‘ue. S. bei Thomas, Abschn. XVlf, 493 ff. ‘
21) D’Argentn! a. a. O. p. 185: De erron'lms in logica. l. Ouod conlrarn
porsrml simul esse vom in afiqua maleriu. 2. Ouod syllogismns peccans in MIN
non es! syllogismus. 3. Onod non es! supposr'lio in propositione magis pro inppr
eile, quam pro significalo (d. h. eine Gleichstellung des suppositum und des sigm
fivalum verstiesse gegen die ersten Grundlagen der Supposition, s. bei Petrus H15?
Abschn. X\’ll‚ Anm. 201, u. bei Shyreswood ebend. Anm. 59 f.). 4. B ideo idrl
es! diccre „cuinslibel Immim's asinus currit“ rl „minus cuiuslibel homini.r mmF
(diess ware eine Consequenz einer solchen falschen Gleichstellung‚ weil im ersten“
Satze das Gewicht auf dem supposilum. und in letzterem auf dem significatumligf‘
5. ltem quod animal (so in Hisl. am. Oxon.‚ D’Argentrr‘ gibt nach Einer Handschnfl
omm's [sie] ultima!) est omnis homo (s. das Sophisma bei Petrus Hispnnus elmi
Anm. 240). 6. Qu0d signum non dislribuil subiculnm in comparnlione ad QMM"
r‚at|un (diess verstiesse gegen die bei Petrus llisp. ebend. Anm. 240 gegebene
Distinction). 7. Ouurl veritas de riecessilale praedicati [amen es! existenlia .rublf"“
(so richtiger in ”ist. un. 0xon.‚ als bei D’Argcnlrt; inhaltlich konnte dieser 5311
an die amplialio des Peu. liisp., ebd. Anm. 225, angeknüpft werden‚ zumal d’
schon Shyreswood die necessiias in einer Weise besprochen hatte, —— s. ebcndv
Anm. 80 —-‚ welche uns bei Späteren wieder begegnen wird, s. folg. Abschn
Anm. 332). 8. (hier! non es! poncrc demonstralioncm sine rebus enlr'bus (diess lJr
zieht sich auf die Lehre betreffs der restriclio, s. Abschn. XVll, Anm.236). 9. 0M
omnis propositio de /uluro vera es! eliam necessuriu (wir trafen diese Controrer=e
bezüglich der ampliatio, — ebd. Anm. 226 —‚ schon bei Robert Capito‚ s. ebd.
Anm. 357). 10. Ouod lerminus cum verbo de praesrmti dislribur'tnr pro MMW
difl'erenliis lemporum (wie bei Albertns Magnus. ebd. Anm. 470, so weist augll W
dieser streitige Punkt mehr auf Shyreswood, ebd. Anm. 64. als auf Petrus Hlspflflfl=
zuruck). lf. Quer! ex neynJiva de praedicatu finilo sequilur affirmaliva de proedliffl"
infiru'lo sine conxlanlia subiecli (dass dieses die Lehre von der consequentia bewil
ist ersichtlich; s. Abschn. XVll, Anm. 610 lf.‚ bes. 621 HZ).
XlX. Robert Kilwardby. 187
Uccam verdunkelt war. Ausser Commentaren zu den naturphilosophischen
Büchern und zur Metaphysik des Aristoteles verfasste er gegen zwanzig
Schriften, welche sich auf Logik beziehen und das ganze Organen um
fassen; aber all Dieses ist nur noch in Handschriften vorhanden 22). Er
zeigt sich uns dabei als einen höchst einlässlich breiten und scrupulüsen
Commentator, welcher Wort für Wort dem aristotelischen Texte folgt, un
aufhörlich auf den Faden des Zusammenhanges hinweist, jede Zeile zu
klarstem Verständnisse zu bringen sucht, und hiebei nach Art der Araber
immer Schwierigkeiten erhebt, nur um dieselben zu widerlegen und so
einer vollständigen Erklärung zu dienen n).
22) Nach 0ue‘tif‚ Sm'ptt. ord. Praedtc. l, p. 374, und Bataeus, Sm‘ptt. ttt. Mai.
Brit. lV, c. 46, schrieb er: In Imgogen Porphyn'i, De reb‘us proedicnln'lihus, In Prac
dieamenta An'stotelis, De divistone entis‚ De um'tate formarum, De retotiris, De
natura relationis‚ De relationis praedt'cumrnto, In sex priuet'piu Gilbertt', Periherme
m'as, In Priora et Posteriora Analytica, In Tnpica An‘st.‚ In Elenchos, In diuisiones
Boethü, De modo significandi, Ouaertiones dialeeticae, Sophistria grammaticalis, So
phistria Iogicolis, Die beiden letzteren Schriften jedoch scheinen mir etwas ver—
dächtig zu sein, da Solches unter solchem Titel schwerlich vor Dnns Scotus ver
fasst wurde.
23) Wenn nemlich Haun‘au a. a. O. p. 246 von ihm sagt: „St naus n’arion:
pns nägligd les mystüres de Baroco et de Barafipton, paar circonsm'rc nas recherches
dem: ta limitc des questions recommandäes pur Porphyn'us, nous aurions d faire von—
naitre ici tes ing€nieuses exptteationr donndes pur Robert Kilwardby sur les forme:
vari€es du xyltogisrne; neu: diront simplement que ce fut an des plu„s habiles logi
ciens du XIII. sie‘cle“, so muss ich nach genauer Einsichtnahme des von fftlllt‘t‘fltt
erwähnten Codex Sorbonn. 1791 allerdings mir erlauben, dieses Urtheil etwas ein—
zuschrt'inlten. Denn dass Kilwardby um hobile Iogicicn war, gebe ich gerne zu;
aber ingtnieuses sind seine Erklärungen der Syllogistik wahrlich nicht, indem er
auch dort nur mit äugstlirhem Fleisse bemüht ist, sämmtliehe Schlussweisen einem
eifrigen, wenn auch stupiden, Schüler verständlich zu machen. Ich könnte aus
genannter Handschrift z. B. berichten, wie er in der Einleitung zur ersten Analytik
mehrere Seiten den Discussionen widmet, inwieferne die Logik modum inqm'rendi
lehre (s. Albert und Thomas, Ahschn. XVll‚ Anm. 363 u. 489), und hierin des
Boethius inuentio et iudl'cium (Ahschn. XII, Anm. 76) liege, aber dabei das Ver—
hältniss zu den übrigen Wissenschaften zweifelhaft sei, oh ferner, wenn die Logik
das allen Gemeinsame enthält und so mattem sciendi und zugleich scienriom lehrt,
ihr nicht abermals zu ihrer Rectificirnng eine Wissenschaft vo\ransgehen müsse, oder
wie sie sich zur Metaphysik, welche gleichfalls Gemeinsames lehrt, verhalte, u. s. f.
Nur zur Probe aber will ich eine beliebige Stelle aus der Syllogistik (in welcher
er nirgends die byzantinischen Kunstworte oder Memorialverse anwendet) über die
zweite Schlusstlgur anführen: Dutn'totur de hoc, quod dicit‚ secundam [iguram esse,
quando medium de utroque extreme dict'tur omm' vet nulto; hoc cm'm non utdetur,
cum nunquam sit syllogismu: ex negativis. Dubitatur de his, quae contran'e dicit
in ttttcra (bekanntlich heisst „tittera“ immer der zu erklärende Text); medium enim
esse, per quod unum extremum distot ab alte,- ‚sed per i'd, quod praedicutur de
utroque extreme, mm distat ltflttflt ab altere,- ergo i'd quad praedt'catur de utroque,
mm erit t'psormn medium, cnius oppositum dicit in litten. Adhuc medimn est, qnod
aequaliter distat ab utroquc extremorum; ergo extreme uequatiler distant a medio;
ergo unum extrrmum non ext propinquius medto, em'us oppositum dicit. Adhuc me
dium, cum n't id, per quod extremem distut ab extreme, est t'nter extreme; ergo
nur: est primum in positionc‚ otu'u: tamn opporttum dtcit‚ Haec omnia sotuta sunt
aequivncatione medii; obiecta em'm procedunt aceipiendo medtum proprie, qu0d est
medium in continm's; ita mim est inter extreme secundum positionem et aeque distans
ab eis; hie autem uccipitur medium metaphyu're pro eo, quod cst medium unimdc'
intellectus extremorum. Et notandum, quod medium syllogisticum atiquando est utrn
quc modo medium, et tote medium eat in prima figura; aliquando unten» staut
188 XIX. Robert Kilwardby. Johannes Peecam.
Der geschichtliche Faden aber der sich steigernden Controversen
Litteratur knüpft nicht an die Commentare Kilwardby's, sondern an jenes
Verdict an, welches er gegen die um'tas formae gefällt hatte. Und jeden
falls stand er hierin nicht allein, sondern es hatte schon i. J. 1278 eine
geschlossene Fraction den Kampf gegen Thomas nach dieser Seite hin
aufgenommen. Wenigstens berichtet in jenem Jahre ein Vertheidiger des
Thomas, Aegidius von Lessines (s. unten Anm. 52 ll‘.), dass seine Gegner
die unitas formae nur als die additive Einheit einer Zusammensetzung
(„aggregatam“) verstehen wollen. Diese Ansicht nemlich, welche eben
sosehr als jene des Thomas auf Avicenna beruhte, stützte sich darairl.
dass sowohl im Körper als auch in der Seele die vielen einzelnen Glieder
und Bestandtheile eine selbstständige Wesensform an sich haben, und
somit im Menschen nur die letzte zusammenfassende (complexiva) Form
eine Verbindungs-Einheit herbeiführe, während, wenn man (wie Thomas;
in die intellectuelle Seele die ausschliesslich einzige Form des Menschen
Wesens verlege, alle übrigen Einzeln-Formen der Bestandtheile erdrückr
und vernichtet werden müssten 24).
Hatte somit diese Polemik gegen Thomas einen Rückhalt an einer
compacteren, wenn auch vielleicht noch kleinen, Partei gewonnen, so ist
es erklärlich, dass Kilwardby’s Nachfolger im erzbischöflichen Stuhle.
Johannes Peceam, i. J. 1284 die (Zensuren seines Vorgängers in wenig
geänderter Form erneuerte 25) und hiedureh jedenfalls verhinderte, dass
der Streit etwa eingeschlafen wäre. Uebrigens ist um der folgenden Ent
wicklung willen der Umstand sehr beachtenswerth, dass, während Kil
in oliis figaris sotum dieitar medium‚ quia er! um'tiaam oz!remorum‚ runde in :eeanda
figura dicitar mediiun primum positione‚ quia obtinet in syltoyt'xrno situm et madi
tionem eine, quer! es! primum in online praedicabiti; maior vero ertrrmitas dititv
esse propiaquius positionc medio, quia magis habe! eondi!ioncm rt situm medite
ordine praodicabili‚ subiicitur em'm e! pracdicatur; minor vero ertremitas dicilar w'
longius posita medio, quia privater conditione medii in online praediraln'li, subtiu'h'
enim tantum. Pate! igitur u. s. f. Solcher Art aber ist der ganze Commentarl
24) Ans einer Pariser Handschrift mitgetheilt bei Hauränu n. a. O. p. 2491
Dicunt enim‚ quod homo unam habe! formam, quae non est una simplim'ter, S(tl er
multis romposita. quarum ultima e! complexiva totius aggregati es! intetteclß
Sicut enim ex muttis di/[im'tis ad inoicem naturaliter ordinatia una difl‘initi es! {am}.
sie es! in relms compositis per naturam de formis eons!ituenlibas eas. Et sicat “
parte corporis multa sunt membro proprias for1nas e! propriam materiarn haben"!!
quorum nullum es! alterum _ tarnen com!ituant unum corpus per ordinem e! colli9fl‘
!ionem naturalem, qunm habent ad inaicem, ud non eonstituunt antun corpas M'
pliciter.‘ ‚sie c.r parte animae multae sun! partes essentialiter difl'erentes, qnae tano
per ordinrm e! colligalionem naturalem unam animam effieiant, non tarnen ita, alt!
anima xi! simplex..... Et ex funm's rorpomtibus iam memoratis et hoc spirituh.
quae eonstat ex muttis, Immam'tas mm resultat. Aliam iuiitatrm formaram dicutll
mm essr sacundum philosophiam . . . . .. quod positiv de mutete formarum scanndu“
istum modum es! veritale sulmira . ‚ . . .. Seeimdum vero alium modum‚ quando (HIV
räau gihl„quidrm“) dicitur ultima forma compositi omm'am aliararn artiones sappk"
et in eins advealu omnes alias corrumpl', dimm, quod nutla nen'tate fnlta est. Dif-‘
aber nach für diese imilas eompositi, welche in Wahrheit eine pluralitas ist, d"
Quelle bei Avicenna vorliege. s. Ahsehn. XVI, Anm. 92. ‚
26) ”ist. naiv. Ozon. l‚ p. 129 f. Ans der byzantinischen Logik erscheint“
hier (in sehr fehlerhaftem Drucke) von obigen Sätzen (Anm. 21) nur die Nurnrfl“m
3. 5, 6 u. 10. Der Thesis betreffs der unitos fonnar ist nur die Wendung!"
geben; Corpus oiuum et mortuum es! aequivoce dic!am; vgl. Anm. 19.
XIX. Johannes Peccam. Wilhelm Lamarre. 189
wardby auch dem Dominikaner-Orden (—— Albertus und Thomas ——) ange
hörte, Peccam schon Franziskaner war 26). Wir werden nemlich sehen,
wie der Gegensatz dieser beiden Orden sich auch für die Logik prin
cipieller ausbildet. S. Anm. 221.
An Peccanr nun schliesst sich der Franziskaner Wilhelm Lamarre
an, welcher in eben jenem Jahre 1284 sein „Correctorium fratris Thomae"
(die Themisten nannten es immer „Corruptorium") ausgeben liess. Diese
Schrift selbst zwar ist verloren, wir kennen jedoch ihren Inhalt hin
reichend genau aus den langen wörtlichen Anführungen in jenem „De
fensort'um", welches fälschlich (— unten Anm. 71 —) für ein Werk
des Aegidius Romanus gehalten wurde“). Lamarre gab nicht bloss den
bisherigen Einwänden gegen Thomas eine präcisere und reichere Begrün
dung, sondern vermehrte dieselben auch um einen sehr wichtigen Punkt.
Einen wahrlich komischen Eindruck bei seiner Polemik macht allerdings
die Art und Weise, wie er dogmatische Momente als ganz ebenbürtig
neben arabisch-aristotelischen Auctoritäteu verwendet; aber es ist diess nur
die natürliche Folge der von Thomas angebahnten Verquickung. Was
das p11'ncipium individuationis betrifft, so kehrt hier nicht bloss das
obige (Anm. 13) Motiv aus der Angelologie wieder“), sondern es wird
auch ausdrücklich die Gefahr hervorgehoben, welche der persönlichen
Unsterblichkeit durch einen averreistischen Monopsychismus droht 29). Be
züglich der um‘tas formae, bei welcher Lamarre gleichfalls (vgl. Anm. 19)
an den Körper Christi und auch an die Transsubstantiation denkt, formu
lirt er jene so eben (Anm. 24) angeführte gegnerische Ansicht nur etwas
präciser dahin, dass in dem Beispiele von homo oder humanitas die
vegetative und die sensitive und die intellectnelle Seele eine pluralital
formarum begründen, bei welchen eine Gradahstufung der Vervollkomm
nung zur additiven Einheit des „zusammengesetzten“ Wesens führe, und
auch er erinnert daran, dass, falls die intellectnelle Seele die alleinige
Wesens-Form wäre, beim Ausscheiden derselben das Sein des Körpers
untergehen müsste 30). Neu aber und für den weiteren Verlauf der Par
26) Ebend. p. 131.
27) Unter den mehreren Drucken desselben citire ich nach „Defensorium seu
Correctoriurn fundamentarii doctoris domini Egidii Humum' in Corruptorium libro
mm Angelici docloris sancli ’l'lmrnae..... a quodam ernqu depravatorum“. Venet.
1516. fol.
28) Ebend. f. 9 v. B: Ouud impossibile es! duos angelos esse eiusdem speciei .. . ..
Dicimu:‚ quod haben! vnulerium spiritualem, et Inne malerine eorum dislirtguunlur
mm per divisisnem quantitatis‚ sed per multiplicationem numcrabilitntis‚ sicut
cum unus punclu: /it duo puncta (über die Wortform „punclus —— puncto.“ s. vor.
Absehn.‚ Anm. 140). Das nemliche Thema f. 17 r. D u. f. 47 r. A.
29) Ebend. f. 54 v. B: lndividuationem animae fieri per corpus, vidrlur esse
falsnm, quia sequilur ex hoc, quod-uel unima p0sl separalionem a corporc
desinal aus, 1781 sallem quod per! morlern hantinum erit unus inlellnctus tanlum uel
ultima. qnod ernt error Averrois.
30) Ebend. f. 18 r. A: Ifaec posilio de unilale forma: substanliali: reprobatur
ß magislri: prima, quod ex ipso sequuntur plant vontrariu fidci cathoticae, seoundo
quia coulradicil philosophiae, lerliu quia repugnal sacrae scripturae .. (B) Cantra
‚idt’llt de corpore Chriin martue..... Fides ponit, qnod in sacramenlo allaris etc . . . . ..
Si sola anima intellertivß immediate esszt per/ectio maleriae primae, tunc in homine
non esset forma animalis neu mixti...... Forma um: et eudcm numero dabit esse
190 XIX. Wilhelm Lamarre. Heinrich Goethals v. Gent.
teiung höchst beachtenswerth ist, dass er auch gegen jene übertriebene
Fornrulirung kämpft, mit welcher Thomas gesagt hatte, dass es kein Er
kennen des Siugulr'fren gebe (Abschn. XVII, Anm. 499). Nemlich neben
geschmacklosen theologischen Gründen bemerkt Lamarre ganz richtig. dass
dann auch keine singulären Urtheile möglich seien und über Einzelnes
Nichts syllogistisch erschlossen werden könne, ja überhaupt es unbegreif
lich bleibe, wie dann jenes „cottigere“ der Universalien (ebd.‚ Aum.494;
von Statten gehe“). Was aber die dreifache Geltung der Universalien
betrifft, so schliesst auch er sich unter ausdrücklicher Anführung des
Avicenna an die allgemein recipirte Auffassung an 3'-’).
Indem aber auch Heinrich Goethals von Gent (geb.12f7‚ gest
1293), welcher in der Sorbonne als Lehrer auftrat und bekanntlich den
Beinamen Doctor sofemnis erhielt, sich selbst als einen Theilnehmer der
Pariser Censuren bekennt“), so liegt hierin jedenfalls schon eine äussere
Anknüpfung an die so eben erwähnte Richtung; dass aber auch innere
Gründe uns veranlassen, ihn gerade hier zu erwähnen, wird die folgende
Darstellung seiner Ansichten von selbst zeigen. Bei dem Verluste seiner
„Legion“, welchen wir beklagen, vielleicht aber auch verschmerzen können.
sind wir auf seine um d. J. 1278 verfassten Quodlibeta und auf die etwas
später geschriebene Summa quaestionum theologiae angewiesen 3‘), und
wenn es den Versuch gelten soll, diesen so verschieden aufgefasslßfl
Autor 35), insoweit er die Geschichte der Logik berührt, in möglichsß
corporate et spirituale . . (f. 18 v. A) Paniums, fomram animae intelleclivae prim
perficcre materiam suam spiritualem et mediaute hat: materiam suam corporalem....
Saut duae, quae saut incompteluc, quae rinnt esse incomptetum corpori humane, qu—ßi
perficitur et comptetur adrrniente antun: rationali Vegetation, sensitive et ll—
tettectiua saut tres formae, quae se habent sccundum esse comptelum et incompletm
secundum potentiam et actum conuenientes quoad essentiatem unitatem Pluralitfl
ergo formarum nun est contra unitatenr compositi essentiatem, niai sint totes, qllt
nun so habent secundum esse incomplctum et complelum. f. 50 v. B: Bes, in qua i{‘
mullrtuda et gradus formarum, es! una per formen: uttinrarn. Hiezu 1.29 v.Afibt
maleria hominis nutlum atiud habe! esse, quam animae intellectivae, nmtem‘a kann“
in instanti scparatiom's animae perdit omne esse, cuius conlrarium videmus.
31) Ebend. f. 4 v. A: Secundum hoc animae scparutae et angelt Christus 101
coguoscercnt . . . . .. Peccaturn actio singutaris est, et de hoc, qlod harre W
coynoscit, non poem‘tet nec se corrigit Si intetteelus non cognoscit stagnierte
tunc non poterit facere propositioncm atiquam, in qua esset singularis res, et ito "f
sytlogizare. Tone non posset ex muttis singularibus coltigere unum universale; 11
incognitis enim neu potent intentionem coynoscifn'tem abstroltcre.
32) Ebend. f. 48 r. B. S. Abschn. XV1, Anm. 184. Vgl. vor. Anm. 20.
33) Henrici Goethats a Gundauo aurea Ouodlibeta ed. Zuccotiua, Venet. 1613
fol., II, 9, f. 59 v. A: Errar est, substantiam eine operatione non esse in Im. "
dicit unus articutus toter damnatos nuper per sententiam episcopi (d. h. des Steplflt
Tempier). f. 60 v. B: In hoc enim concordahant onmes magistri theologiae tollng
galt super hoc, quorum cgo cram “nur, unam'nriter concedentes.
34) Erstere citire ich nach der so eben genannten Ausgabe, letztere "ich:
Sunmrae quaestionum ordiuariarum theologi reeepto praeconio Solemnis Ilenrmt
Gandavo. Paris 1520. fol. 2 Voll.
35) So lesen wir z. B. in dem sonst vortrefflichen Werke Haurdau’s, lt, p. 27_51
Duns-Seot eint reprrmfre, commmtw l’nne uprt‘a l'autre les mm; du Doctflfl' »‘°'
tennel, et Ini emprunter ses principauz arguments eontre te päripatdtisme ontolt>9flf'
de Sein! Thomas (diese Auffassung hat K. Wemer gedankenlos, wie immer, il! 5"“
Buch über Thomas, l, p. 866, aufgenommen). Wohl weit richtiger urtheill üb“
xnc Heinrich Goethals v. am V 191
Kürze zu eharakterisiron, so dürfte nach meiner Ansieht das Richtige
vielleicht in Folgendem liegen. Der z'msserst redselige Goethals‚ welcher
am Liebsten aus Augustin‚ Bernhard v. Clairvanx, Hugo v. St. Victor u. dgl.
schöpft 36), wäre nach seiner ganzen Anlage der ansgesprochenste Pla
toniker gewesen (s. Abschn. XVII‚ Anm. 571 z. Anf.), wenn ihn nicht
hieran die allgewaltige Anetorität des damaligen arabischen Aristotelismus
gehindert hätte. Und so gestaltet sich bei ihm einerseits der unklare
Mischmasch des Thomas zur lächerlichen Monstrosität, während er andrer
seits die erwähnten dogmatischen Bedenken, welche man gegen den Tho
mismus erhob, theiltc. Darum hatte ein scharfsinniger Kopf wie Duns Scotus
ebensosehr ein leichtes Spiel gegen ihn, als die Themisten mit-Vergnügen
ihn angrill'en.
indem Goethals aus Thomas das Verhältniss der Universellen zur
Sinneswahrnehmung selbst mit Einschluss der sag. „reflexio“ adoptirt37)‚
betont er schon bezüglich dcr Musterbilder, in welchen die Wahrheit der
Dinge liege,‘sehr stark den helfenden allgemeinen Einfluss der höchsten
Intelligenz, welcher auch bei dem blassen natürlichen Erkennen nicht
ausgeschlossen sei“), und da er sodann diese Musterbilder (im Unter
schiede gegen Thomas) ganz entschieden platoniseh als selbstständige
Wesen fasst und dieselben so den künstlichen Gebilden der intentt'o
Goethals Ch. Jourdain‚ La phi/es. de St. Thomas, ll‚ p. 46: Rico qu’il seil toujours
rile‘ auec hormeur, et que san adversaire habituel, Duns Saul, respecte en lai, laut en
Ie cambattanl, arte des lmm'dres de la scholastiqne, i! cst an peu reale dans l'isole—
ment. In der Monographie von Frangm's Hael (Recherche: hist. et m't. sur (a wie,
le.< ouvrayrs et Ia dortrina de Henri de Garni. 1838) gebricht es in sehr fühlbare:
Weise an der nüthigen Kenntniss der damaligen Sachlage der philosophischen
Controversen überhaupt.
.36) Daher auch seine gänzliche Intoleranz gegen jedweden Betrieb einer Wissen—
schaft, insoferne derselbe nicht der Theologie dient; z. B. S. ”mal. VII. 10, f. LX r.:
De scientlis igitur p/tilosophicis pure xpeculalivis absolute dicendnm, qnod non liest
eas addiscere nisi in usum theologiae, niet [orte quis aliquam illnrum scientiarum
diacal, ut melior disponttlltr ad discendnm quaedam alia, vcl‘uti logicam.
37) Ebend. l, l, f. I v.: Homo autem m'lu'l pt:rcipil de re nist' solum idolum
eins, ut sprciem receptnm per sensas, quer idolnm ret' est‚ non ipso 'rea (bei Thomas
hiess es hantnsma, Abschn. XVll, Anm. 500). Ebend. Xlll, 6, f. XClV v.: Intel
llectlu su xpeciebus sensibilium investigando, quasi sublus fodiendo, penetrat ad
cognoscendum ca, qnac latent intelligilu'lia aal: spen'elms scasiln'lium. Ebend. XL,
2, f. CCLVII r.: Praprium obieclum intellcctns crcati universale est‚ quod ext ei ratio
cognasrendi omm'a singularia auf; ipso. 0uodlib. IV, 21, f. 201 r.A: Directe ergo
et per so intellectus finster non cognosrit nisi universale abstractum u singulari; iri
dircrle aalen: et quasi quadam reßezione conocrtcndo so ad phantasrnala, in quibus
saut formae sub run'onc singularis (die genaue, ja wörtliche Uebereinstimmung mit
Thomas s. ebd. Anm. 499).
38) S. theol. I, 2, f. IV v.: Homo per suam animam absquc omm' spcciali diviml
illustratiane potcst aliqua scire aut cognoscere, et hoc ex paris naturalibns; ....dico
aalen: „ex puris naturalilms“ non ezclndcndo generalcm i'd/lucntiam primi inltllt'gcn—
tis, qaod es! primum agens in omni actlone inlellecluali et cogm'tica In prima
cognitione intelleclu: noster omm'no sequilur sensum . . . . .. Ex perle anlem intelligi
bilis ratio est. .. Ohio igitur herum dürft in!entianem rei in respcrtu ad suam
eremplar, .‚...inlrntin am'latis in re apprrhcndi non potest „ist apprchendendo
eon/‘ormitalem eins ad suum eremplar. Ebend. ll, 2, f. XXIII v‚: Adspiciendo ad
exemplar increalnm, quod est (7011811 rei; ..‚..cognilio em'm, qnac acquiritur per
phantasmota, non potest esse, qain sit obscurala. (Vgl. bei Thomas, Anm. 513.)
192 XIX. Heinrich Goethals v. Gent.
secunda gegenübersteht 39)‚ so muss nun das Gebiet der letzteren, d. h
die Universalien post rem, in eine mirakulöse Verbindung mit der gött
lichen Region treten, indem das „Organ“ des Goltesbewusslseins im Ihn
scheu den Schlüssel zur Erkenntniss der wahren Wesenheiten enthilt“‚.
Ja die Erkenntniss der im ewigen Lichte liegenden Universalien ist zu
letzt ein Geschenk der Gnade Gottes, welcher ganz nach Belieben sie dem
Einen verleiht und dem Anderen entzieht“). Mit dieser augustiuischen
Weisheit könnten wir nun den Goethals lüglich seinem Schicksale über
lassen, wenn nicht der Umstand hinzukäme, dass er trotzdem sagt, es
sei eigentlich doch das Gescheideste, wenn man den Plato und den An
stoteles miteinander verbinde “), was ihm jedoch abermals unmöglich
Ernst sein kann, da er anderwärts mehrmals die Ansicht Plato’s jener
des Aristoteles prineipiell verzieht“). Was Wunder, wenn den Gi
schichtschreiber der Philosophie bei solchen Autoren nur das Gefühl des
Ekels überkommt.
Wenn sodann Goethals sich der allgemein geltenden Tradition be
lrell‘s der mehrfachen Geltung der Universalien anschliesst, so lässt er
allerdings einmal gelegentlich durchblicken, dass ihm die praedicabititu
derselben gerade nicht besonders am Herzen liege 4“); und überhaupt?
39) 0uodlib. VII, 1, 1.386 v. A: Saut ideae principales quaedum formaertl
rationu aetemae, quue divina intelligentia coulincntur, secundum quer [matte
omne‚ quod oritur, et quarum participatioue fit, ut rit, quidquitl est, quomodo e:t....‚
Eorum quae saut in vreaturis, quaedam sunt res uliqua naturules‚ quaedam um m1
saut res, sed lontum inlentiones secumlae inteltectus sire rotionis circa res, ..../Wmtt
artificioles tanlum, quae per violentiam liubent esse (vgl. bei Thomas, Anm. 506 h
bes. 511) . . . . .. De istis ultimis generibus entium dico, quod nun habent pmp'ut
ideas in deo‚ sed sotum dico ideos rerum uaturatium, circa quos inlellectus tonnpl
intentiones secundas.
40) S. theol. XXIV, 9, 1'. CXLVI r.: Dcus ut lau: est et rerilas prima et rdit
cognoscendi alia in eo, quod per ip:um ülttl cognoscuntur et discermmtur. Ebeml
l, l. CXXXVII v.: Babel igitur homo haben: in se organum, per quod polest m syr
culationem essentiae et quidditatis dei per intellectualem operationem procedere.
41) Ebend. l, 2, l'. Vllv.: Homo es: puris natumlibus uttingcre mm potust
regutas lucis aetemae, ut in eis videut rerum sinceram ueritutem; licet enim M
naturalia allingant ad ipsos‚ nur: tarnen ipso naturalia ex u agere po::unt‚‘ll
utlingant illus,‘ sed illas deus ofiert, quibu: voll, et quilms roll, subtrahit. lila“
Qnodt. IX, 15, l. 111, wo er sich last wörtlich wie Albert (Abschn. XVll‚ Anm
396) äussert. ‚
42) S. theol. l, 4, l. XII v.: Modus Aristotelis, si non scnsit i'd, quod W“
Plato, erat diminutus, quia nimium attribuebot, immo totem, causis particuloribm.:‚y
Modus Platonis‚ si mm sensit, quod Aristoteles, similiter crat diminutus, quia M"
parum altribuelmt causis pnrticuluribus . ‚ ‚ . .. Dictum ergo utriusque, et Aristotel1fl‘
Platonis, coniungeudum es! in omm'bus et in istis gencrutionibus istarum [omnW"
Vgl. bei Thomas, ehd. Anm. 515.
43) Ebend. XXV, 3, l. CLlV v.: Plato multo metius sentiebat et fidei magil f0"'
griielttia, quam Aristoteles Plato verius, quam Aristoteles sentiebat. Quadl'l'
IX. 15, l. 111 v.: Nihil 0mnino conctudunt rationes Aristotelis contra Platonem ‘l
putet inspieienti eo:‚ Ebenso, jedoch mit jener Mental—Reservation des Thomas (8.8.0-l'
lesen wir S. tlieol. l, 2, l. VII v.: [sie ergo es! um'or modus acquirendi scienti_amv“
notitiam veritatis, quam alle, quem po:uit Aristoteles e: sola sensmm; (‚ppmmhm
si tarnen sie intellein Aristoteles et in idem cum Platon: non eonsensit, immo‚ q"°
oerius crrditur, etsi Plutooi in modo dicendi obviavit occuttando dininam docl"""
magistri sui, eandem tarnen cum Platone de notitia veritati: habuit sententiam.
44) S. theol. l, 3, l'. X v.: Ext considerare Ire: verilales sibi correspondfl'""
xm Heinrich Goethals v. Gent. 193
waren bei ihm, wie gesagt, die Universalien post rem in eine so glück
liche mystische Nähe an die Universalien ante rem hinangerüekt worden,
dass es ihm zuletzt sogar gleichgültig ist, ob jene „Wesenheiten“, welche
die Gattungsbegrifl'e sind, in der menschlichen Seele schon angeboren liegen
oder erst durch Erfahrung „gesammelt“ werden 45’).
Hingegen sind es die Universalien in re. an welche sich seine anti
thomistischen Ansichten knüpfen. Nemlieh indem es sich hiebei um die
existenfia im Gegensatze gegen die essenlia, welche in den Universalien
ante rem liegt, handelt“), muss die lllaterialität in Betracht kommen,
welche jedoch Goethals durchaus nicht als ein bloss potenzielles Sein an
erkennen will; sondern er hält daran fest, dass die von Gott erschaffene
Materie als selbstständiges Wesen zunächst das absolute Substrat aller
Entwicklung sei, hernach aber erst als l'ormungsl'ahig in das Stadium der
Potenzialität trete, um hierauf nach Actualisirung der Form als Stütze
des Ganzen zu verbleiben, so dass in jenem zweiten Stadium auch die
l'ormgehenden Universalien gleichfalls in einem Mittel-Zustande der Poten
zialität und der Actualität sich befinden"). Sowie aber bei einem der
primo veritatem ezemplaris divini, secundo veritatem rei productae ab “In, tertio
veritatem in conceptu mentis ab utraque ezpressam. Ouodh'b. Vll, 1, f. 388 r. B:
Seiendum, quod quiddilas et essenlia rei, licet solum duplex esse habe!, so. unum in
singularibus ezlra intelleclum, aliud in ipso intclleclul quadruplicem tamen habet
considerationems unam, ut est in ipsis singularibus extra,- aliam, ut habet esse in
intellectug aliam, ut abstrahitur a singularibus et iterum applicaliile est eisdem per
praedicationemg quartam vero habet secundum se et absolutq quae secundum istam
considerationenu ut dicit Aoicenna (Abschn. XVl, Anm. 93), non es! nisi id quod
estl ut nhumonitasu non est nisi humanitas tantumj cui omnia alia accidunt. (Auch
Albert halle ein vierfaches Sein der Universalien aufgezäahlt, während er von einem
dreifachen hatte reden wollen, s. Abschn. XVll‚ Anm. 395). S. theol. XLIll, 2‚
l‘. IX r.: Es! sciendum quod ratio universalis consistit non tam in modo proedirandi
idem de pluribusi quam in natura et proprietate praedicalae reii quae debet esse
natura et essentia aliqua . . . . .. Secundum rationem triplicis esse oonsidera!ur‚ so.
esse quidditalivi et esse naturalis et esse rationis. E! secundum primum esse prae
cedit esse naturale et esse rationisy sicut simplex compositum (also die objective
Wesenheit hat den Vorgang vor der Erscheinung und vor dem Begrifl‘e).
45) Ouodlib. IV, 7, l. 148 r. A: onerandum erat opinio (nemlich des Albert
und des Thomas. s. Abschn. XVll, Anm. 382 u. 500) de intellectu quocunque crealoy
quod ex se solum in potentia es! ad actum intelligendi quaecunquel propter quod
oportet ipsum determinari per aliquid ad illud (B) rale autem determinansy ut
dicit illa opiniol non est nisi species intelligibilis informans intellectum et impressa
ipsi ut subiecto...... l. 150 r. B: Falsum est ergo, quod dicit dicta opim'o, quod
illa omnia non habent iieri in intelligente nisi per speciem impressivum. Immo sun!
per essentiam intelligibilis informantem actum intelligendi et per hoc ipsum intelli
gentem, ut est forma erpressan ezemplaris (v. A) llahemus quasi regulariter
infixam naturae humanae nolilmrn, secundum quam, quidquid tale aspicimus. statim
hominem esse cognoscimus . . . . .. Secundum hanc notitiam cognitio nostra informalur
et secundum species et secundum genera rerum, vel natura insita vel experientia
collecta.
46) Ebend. V, 4, l. asa v. A: Ea, quae alia sunt a den, dupliciter possunt
consideraris una modo quoad esse essentiae eorum, quod est esse earum quidditati
1mm; alio modo quoad esse existentium
47) Ebend. l, 10‚ l‘. 13 r. A: oportet excludere falsum imaginalionem, quam
habent quidam (d. h. jedenfalls Aristoteliker, s. bei Albert ehend. Anm. 388) de
maleria, videlicet quod nihil sit nisi potentia quaedam e! i!a‚ quantum de se es!,
non es! . . . . .. (v. A) Maleria non ita est prope nihil nec ita in potentia. quin sit
hum Gesch. lll. 13
194 XIX. ‚Heinrich Goethals v. Gent.
artigen Realismus das principium individuationis überhaupt nicht in die
Materie verlegt werden kann, so schliesst auch Goethals sich jenen obigen
theologischen Bedenken gegen Thomas (Anm. 13 u. 28) an, durchschneidet
aber die Schwierigkeit in ebenso überraschender als kindlicher Weise,
indem er (wie Roger Baco, s. Abschn. XVII, Anm. 581) kurzweg den
lieben Gott l‘ür die Individuation verantwortlich macht und somit sich
auch dabei beruhigt, dass der liebe Gott schon wissen werde, wie das
Ding wohl zugelie“).
Eine adäquate Erledigung findet auch die Frage über unilas formae.
an welche er einmal ausführlich den aristotelischen Standpunkt als Haass
stab anzulegen versucht“). Aber wo er sie zu lösen unternimmt, kommt
er unter Erwähnung der verschiedenen Ansichten und Hinweisung aul
die theologischen Momente zu dem Resultate, dass, da eine Unterschei
dung mehrerer Wesensl‘ormen in Einem Wesen immer nur auf einer be
grifflichen oder einer reellen Verschiedenheit beruhen könne, im Menschen
jedenfalls zwei Formen, eine natürliche und eine übernatürliche, anzu
aliqua natura et subslantia, ....nec habet esse suumy qua est quid capax formarum
a forma, sed a deo (so auch schon Thomas, ehd. Anm. 517) f. 14 LA: Es!
igitur in materia considerare triplex esse, se. esse simpliciler, et esse aliquid duplex.
unam, qua est formarum quaedam capaeitas. aliudl quo est compositi fulcimenturn
Esse primum habet participatione quadam a deo Esse seeundam, quo nra
teria est capaeitas quaedam, habe! a sua natura, qua est id, quod est differens t
forma..... Esse tertium non habet materia nisi per hoc, quod iam capit in se ilhnL
cuius de se capax es]. Ebend. IV, 14, l'. 174 v. A: Materiu dicitur subiectum secundum
triplicem statum Uno priusquam actu transmutatur ad formam, et dicitur subiectum
absolute. Alia, inquantum iam actu transmutatur ad forman et tunc dicitury qqu
est subiectum generationis et ens in potentia medium inter non ens purum et tu
simpliciter..... Terlia modo, inquantum actu es! sub forma, e! tunc habet in adu
esse illius formae . . . . ‚. l'. 175 r. B.: Materia id, quod est, in potentia est, et sin—
gulare compositum id, quod est, in actu est; universale autem quasi medium quo
dummodo es! aliquid in actu, quia est forma. et quodammodo in polentia, quia fil
incompleta; et ideo debet materia educi de potentia in actum procedendo a formis
universalibus ad singulares.
48) S. tlteol. XXV, 3, f. CLV r.: Necesse esse accidentibus dividi non potnl:
per nwterias etiam dividi non potest, quia necesse esse non potest habere materiam
quia materia est in potentia Proprietatem enim esse alteriusl non reniouet, con
esse proprietatem huius, . . pula, si ponantur duo angeli eiusdem esse speciei sine
omni materia et accidentibust quibus distinguantun Ouodlib. Il, 8, l. 54 v. A.I
ouaestio ista (d. h. über die zwei Engel) tangit diffieultatem de causa individua
tionis (vgl. 0b. Anm. 14) . . . . .. f. 56 r. A: Sancti nostri, qui vere sciunt. eas em
creaturasv sentiant, hoc in eis factum esse a dea, qui est natura naturam omnia
quia srilicet sunt multa individua in qualibet specie .... .. Pate! igititr clarim'me,
< quod materia et quantitas non possunt diei praecisa ratio et causa individuationisn-v
'l’. 56 v. B: Solum quod increatum est, id est deus; omne enim creatum ab eo, q"
creavit, i. e. den, terminalur. Sed quales secundum substantiam sint di/ferenm
nescimus; solus autem deus, qui fecit eos, novit. Die nemliche Frage ebend. xli 1
l'. 180 m Was hingegen die lndividualisirung der Species betrilll, so aussert sub
Goethals ebend. V, 8, l". 244 ll'. mit Berufung auf Gilbert (Abschn. XIV, Anm. 479i
ganz übereinstimmend mit Thomas, s. Abschn. XVII, Anm. 520.
49) Ouodtib. IX, 14, l'. 108 fl‘. Er kommt dort unter Beizieliung vieler Stellen
des Aristoteles zu dem Resultate, dass aus demselben streng genommen wederfllf
unilas formae noch die pluralitas formarum erwiesen werden könne, d.h. er sprlchl
die lucommensurabilität aus, welche zwischen dem Aristotelismus und den dami
ligen theologischen Bekümmei‘nissen besteht.
XIX. Heinrich Goethals v. Gent. Aegidius v. Lessines. 195
nehmen seien“). Freilich konnten wir schon aus seinen Erklärungen
über die Materie entnehmen, dass er zu jenen gewöhnlichen christlichen
Dualisten gehöre, ‚welche das Sein so scharf als möglich in zwei Theile
zerreissen, um die Kluft zuletzt durch ein göttliches Wunder zu über
brücken. In solcher Weise hat er ja auch betreffs der Erkenntniss des
Einzelnen, welche Lamarre schärfer ins Auge fasste (ob.Amn. 31), ledig
lich ein der Moraltheologic entnommenes Bedenken 51).
War somit im 8. und 9. Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts der Tho
mismus von verschiedenen Seiten her zum Gegenstande bestimmter immer
wiederkehrender Angriffe gemacht werden, so verhielten sich erklärlicher
Weise die Schüler und strengen Anhänger des Thomas nicht als ruhige
Zuschauer, sondern vertheidigten nach Kräften ihren Lehrer.
So suchte schon Aegidins von Lessines in einer i. J. 1278
verfassten Schrift „De um'!ate formae“ 52) den Thomas gegen den Ver
dacht der Anorthodoxie zu schützen 53); in philosophischer Beziehung
aber wiederholt er dabei auf dem Standpunkte des thomistischen Aristo
50) Ebend. lll, 14, f. 108 r. A: In formis substantialilms‚ quae arm! actus tan
lum mm nali per se exislere nec agere separatim, „allem es! inconveniens, quod ipsa
essen!ia eamm esl ipsa polenlia, qua eompasilum agil suam propriam cl per se
aelionem debitam ei ratione formac substantialis. Ebend. IV, 13, f. 162 v. B: Es!
aulem posilio ponenlium gradus [ormarum in umnibns !alis, so. quod in qualibe! re
naturali et individuali saut plures formae substanliales ordinem et colliganlium naht
ralem ad inoicem habentes et sinnt! per suam substanliam existentes in eodcm, qua
rum alle. quae est ultima adveniens, completina es! en!is illius (s. ob. Anm. 24 u.
30) f. 164 v. A: Ouia aliquibus apparel, quod mm sit alia ratio, quarc in
eodem plures formas seeundum gradus panere oporlebal‚ quam rtieersilas operationum‚
negan! pluralilatem [ormarum de qualibel re...‚.. f. 166 r. A: Ouandoque in .\‘criplis
aliquorum philosopltorum vel aliarum doctorum inveniatur gradus e! ordo formaram
substantialiam in eadem re a solo agenle naturali producta in esse, semper ziehe!
ezpnni quoad diverses rationes intenlionum in inlelligenda vel quoad diverses vir—
!ules r! primipia agendi. Hierauf folgen f. 168 die obigen theologischen Einwände
betrelfs des Körpers Christi und des Abendmahles (s. Anm. 19 u. 30), sodann aber
die Entscheidung f. 170 v. B: Dicimus iyilur negando pluralilatem formarum re e!
natura difl’crcnlium in relms naturalibns a solo um'eo ayente naturali produclarum,
quod neecsse es! panere pluralilalem e! gradum Iormarum in homine propler duplex
ayens, unum naturale e! allcmm supcrnaturale Agens supcrnaturalc produci! de
m'hilo formam, quae es! anima, perficienlem hominem complelive in esse speci/ico, ad
quam suscipiendam disponll maleriam agens naturale. Hiezu ebend. 14, f. 181 v.B:
Haute xecundam duas formas es! tantum antun in acta.
51) Ebend. IV, 21, f. 201 r. A: Si intelleclus ralionalis singularia von cogno
scerel, neu ralu1itas ralionalis ad singularia amorem haberc posset; rammt enim
esse! praeceplum de dilestinne prozimi. Hierauf aber folgt die oben, Anm. 37, an
geführte Stelle, welche von Uebertreibungen des Thomismus absehend demselben
zustimmt.
52) Die Wissenschaft verdankt eine nähere Kenntniss dieses Autors dem Fleisse
Ilaur€au’s, welcher (De la phil. scol. ll‚ p. 247 ff.) aus einer Sorbonner Handschrift
Einiges mittheilt.
53) Ebend. p. 247: Ouoniam in quaeslione de unitale formen in |mo ente,
circa qnam dnolores lam in theologia quam in philosophia authentici et famosi diversi
mode sentiun! e! diverse lenen! ac lradunl, nomiulli eurem sie suam posilionem co-‘
„unter adstruere, u! reliquam damnen! e! reprobenl ac eam asseran! nec veritale
subnixam e! „an solum inopinabilem esse sed eliam haerelicam et conlra fidem autho
licam‚ ideo sequens opus allen!avimus n. s. w.
13‘
196 XIX. Aegid. v. Lessines. Bernh. v. Trilia. Gottlr. v. Fontaines.
telismus E"‘) nur in verstärkter Betheuerung die Ansicht seines Lehrers,
indem er an der Hand Avicenna’s die Einheit der Wesensl‘orm, in welcher
das totale Sein des Dinges nach all seinen Theilen liegt, behauptet und
die Maniglaltigkeit der verschiedenen wesentlichen Bestandtheile als eine
bloss accidentellc den Momenten der Gestaltung und der äusseren Thätig
keit zuweist“).
Auch von Bernhard von Trilia (gest. 1292), welcher ongelähr
zur selben Zeit mit seinen „Quaestiones de cognz'tione animae“ zur
Vertheidigung des Thomisrnus auftrat, können wir, soweit unsere Kunde
reicht, betrell's der logischen Streitpunkte nichts Anderes berichten, als
dass er die Universalien sowohl in objectiver Beziehung 56) als auch
hinsichtlich des subjectiven Erkennens ganz im Anschlusse an Thomas
besprach 5 7).
Wenn sodann der Sorbonnist Gottfried von Fontaines (oder
de Fontibus) jene Verdammnngs-Urtheile, welche Tempier gegen ein
zelne Artikel gerichtet hatte, missbilligte, da jene Dinge durchaus nicht
so spruchreif, sondern erst noch eines näheren Studiums bedürftig
seien 53), so werden wir ihn schon darum den Anhängern des Thomas
54) Ebend. p. 250: Dieimus mm: Aristotele summa philosopho, omnes [mm
materiales produci de polenlia maleriag. quae naturaliter et per viam natura:
producrmlur.
55) Ebend.: Prima sciendum, in unoquoque eure uno singulan' unam lanlum
esse formam ‚substantialem, danlem esse subieclo et omnilms, quue subieclo (zu lesen
de subieclo) et quae in suln'ecto dicurrlur artte adventum huius [ormae‚ Concedimw
et pom'mus im, quod lolum esse subiecli et 0mm'um parlium eins essenlialium :Il
ab ipsa forma, quae da! esse ipsi subieclo specifieum..... Corpus tale, quod fll
subieclum animae. rationem, qua es! eorpns huius animalis. habe! a forma, quae et!
anima; et rationem, qna est physicum corpus Ituius artimalis, simililer habe! all
anima; et rationem, qua dicitur esse corpus physicum organieum huius animalq.
habe! ab eadem anima (p. 251) Ouia lolum esse individui cst ipsum esse spetifl‚
ideo, quia ab anima irres! Imius esse speciei‚ per consequens ipsa erit esse lolw
quod es! individuo; unde dat esse et corpori el parlilms eins et omnibus, quae dl'
cunlur esse in ipso individuo ”lud esse, a quo denominanlur parlcs ipm“
subierli in quanlum differunl in esse, v. g. quod caro dicilur eure et non vs e...ifl
sie de singulis, nun es! aliud ab esse, quod habent ab anima, nisi per accidrns M
l‘um, inquanlum istae parles cousiderantur dislinclae per figuram animalis vl P"
o/fieia diversa. Vgl. Abschn. XVI, Anm. 93 u. 93.
56) Gleichfalls von Haun‘au aus Handschrilten veröfieutlicht‚ ebend. p. 2551
Alii posucrunl, omnes [armes naturales esse lolaliler ab extrinsero, et hoc Ml
per parlicipationem idearum, ul I’lan posuil, vel ex influenlia intelligenliae W“'
ralae Sed neulra istarum opinionum videlur eonvcm'ens esse...... Idee ulll
mediam m'am lenenles posuerunt, onmes [armes naturales praeazistere in maleria tl
potentia, non in acta, et hau: es! posilio philosophi et ommum Peripaleticfl"'
Vgl. Abschn. XVII, Anm. 508.
57) Ebend. p. 256: Circa adquisitionem [orrnarum intelligibilium in anirna...‚v
quidam posuerunt, originem humanue seienliae totaliter ab inleriori esse, poneflm‚
[ormas omnium rerum cognoscibilinm indilas animue naturaliler ca: sua creatioue...‚
Requirilur, quod animac rationales mm habeanl potentiam inlclleclivam Ml“(“‘
liler per species inlellerluules a principia complelam. scd complealur in eis surcM'“
ucaipiendo eas a relms per arlionem alicuius agcnlis naturalis . . . . .. Intelligere lil
propria operalio et per/ectio animae rationalis. Vgl. ebd.‚ Anm. 493. .
58) Aus Sorbonner Handschriften der Ouvdlibela Golllried's mitgetheilt bfl
D’Argenlrä (s. ob. Anm. 1'0), l, p. 214: Cum aliqua materia es! sie findelerniinatd
in certitudine verilalis, quod absque pen'culo fidei et worum licel circa hoc dirH-"'
XIX. Gottfried v. Fontaines. 197
beizählen dürfen. Und es bestärkt uns hierin Dasjenige, was wir von
seinen um d. J. 1283 verfassten Quodlibeta wissen“), wenn auch in den
kirchlichen Fragen, durch welche damals die Pariser Universität in Be
wegung gesetzt war, die Stellung Gottfrieds als eines Lehrers an der
Sorbonne einen bestimmenden Einfluss ausüben musste. Für uns hier
ist ja nur die logische Parteistellung maassgebend. Vor Allem steht auch
Gottfried wie alle Uebrigen auf der arabischen Doctrin vom dreifachen
Sein der Universalien, und es hat dabei (im Einblicke auf Albert und
Thomas) selbst nichts Anffallendes, wenn er die Universalien post rem
als ein „esse diminutam“ bezeichnet“). Auch finden wir ihn in wört
licher Uehereinstimmung mit Thomas, was das Verhältniss des abstrahi
renden Denkens zur Sinneswahrnehmung‘“), und was die Singularität
der existirenden Dinge betrth 62), so dass auch hier in antiplatonischem
Sinne die Realität der Universalien beschränkt wird 63), indem nach
thomistisch-aristotelischer Weise auch bei der Schöpfung die ewigen
Formen im Denken Gottes nur als Potenzen des göttlichen Willens-Actes
der Verwirklichung vorliegen sollen M).
runde opiaan' absquc temeraria caiaacaaqae partia assertioac, ponere viaculum vel
ligamen, qao homines ad anam opinionem detineatar, est impedire notitiam veri
fatt's Quantum ad articalos aatem plures saut, de quibas diversimode
opinari licet, worauf er namentlich die zwei oben, Anm. 12 u. 13. angeführten
Artikel nennt und wieder hinzufügt: videntur passe pro opinabilibus repatari .... .‚
(p. 215) Pate! ergo per dictos articulos, qaod stadentes condemnatione ipsoram in
pro/ecta studii plurimam impediantar. Hiezu ob. Anm. 15.
59) Wir sind auf dasjenige angewiesen, was lfaart‘au a. a. O. p. 291 ff. aus
Handschriften veröffentlicht. Ich möchte jedoch nicht behaupten, durch jene frag—
mentarischen Mittheilnngen zu einer vollständig klaren Einsicht gelangt zu sein,
zumal da der Text der dabei benützten Handschriften jedenfalls in einem argen
Zustande sich befindet.
60) Haan‘au, p. 303: Il commence par dtablir qu'il y a trois maniäres d’eftre
pour [es choses: dam la nahm: „esse reale“, dans I’inteliect hamaia „esse dimina
tum“, dem: i’intctlect divin avant 1a cräatioa „esse in causis, esse in potentia“. Die
Bezeichnung „esse diminutum“ ist nur ein verschärfter Ausdruck desjenigen. was
wir bei Albert und Thomas (Abschn. XVII, Anm. 393 u. 505) als „sintililudo“ und
besonders in des Letzteren (ebd. Anm. 500) Redeweise ‚.matcria impedil intel
Iectam“ trafen.
61) Ebend. p. 2941 Universalia in sao esse universali et abstracto non habent
esse in rcrum natura, sed taatum in intellcctu. p. 296: lntellectus agens aiiqaid
facit circa rcm sivc circa phantasma, qaod est repraesentativum rei intelligibilis,
qaia inteltectus facit aniversalitatcm in rebas. S. ebend. Anm. 378. 493, 500.
62) Ebend. p. 297: Nut/a res materialis existit extra in reram natura, nisi
singulariter sit, sc. per comlitiones individuante: designata. p. 302: Bes non existunt
nisi sinqularitcr, prout nomine proprio significaatnr; commanifer aatem sive secun—
dem saam commtmitatem non existant, sed ‚rotem intelligtmtur, et sie etiam nomine
communi generis et sprciei signifiraular. S. ebend. Anm. 497 f., 509.
63) Ebend. p. 297: Rci extra non da! intellectas universah'tatem realem et for—
malem, sed hoc dat ci, quod‚ quia attingitar secandam hunc modum qua sie atlin
gitar‚ fit obieclum intellectus abstracti et caasat abstractam couceptum, qui est um'
aersale formaliter; et hoc ext, qaod dicitur, quod, ticet res existant singulariter,
tarnen universalifer intelliguntur. S. ebend. Anm. 497, 501, 505.
64) Ebend. p. 303: Bes anlequa_m existent, non habeat aliqund esse reale, acc
quantum ad esse essentiae sicat ncc existentiac (vgl. ob. Anm. 46)‚ „ist esse intel
leclum et in potentia sive potentiale Nihit ponitur in den haben rationem tem
porulis exemplaris ad constitacndum aliquid, ut'si ratio idealis, quae es! ch'am ratio
198 XIX. Gottfried v. Fontaines.
Auch das principium individuationis scheint Gottfried doch nur in
der Absicht ausführliehst erörtert zu haben, um zuletzt den Standpunkt
des Thomas zu vertheidigen und zu begründen. Nemlicb davon aus
gehend, dass ja das totale Wesen der Species im Individuum zur Er
scheinung komme, bestreitet er, dass die ludividualisirung auf einem
‚A accidentellen Momente beruhen könne, da ein solches gleichsam die Un
'wesentlichkeit selbst sei, und man dann nicht bloss das Wesen und den
(Träger desselben ungehörig zerreissen müsse, sondern auch die substan
tielle Verschiedenheit der Individuen gänzlich tilge 65). Während aber
alle Vervielfältigung und Manigfaltigkeit sicher ein Quantitatives zu sein
scheine, und man daher geneigt sein müsse, die lndividuation, wenn je
überhaupt in ein Niclit-Subslantielles, vor Allem gerade in die Quantität
zu verlegen, so kehre sich jener principielle Einwand von selbst auch
gegen diese Annahme, weil eben die Quantität (als eine der übrigen neun
Kategorien, welche der Substanz gegenüberstehen) zu dem Accidentellen
gehöre“). So bleibt zur Lösung der Frage nur der aristotelische Be
“, grill‘ der individuellen Substanz übrig, welche freilich nie ohne die quan
titativ auftretende Materie ein Sein haben kann; eben aber die concrete
Determination, welche somit von materiellem Bestande begleitet ist, sei im
effectiva eccedente voluntate1 sicut in nobis ars medicinae et domus in mente . . . . ..
ln divina scientia vel intelligentia nihil ponitur nisi istae ideae, per quas intelli
gimus coym'liones, quas deus habet de rebus quantum ad totum idy quod sunt vel
natoe sunt esse; et sic de rebus, antequam in se ipsis erislan!, non ponitur nisi esse
cognitum eorum. S. Abschn. XVII, Anm. 501, 511, 513.
65) Ebend. p. 298: Cum individua plura sub eadem specie in aliquo conce
niant, . . . . .. per illud aulem, per quod conveniunty differre non possunty videtun quod
supra naturama quam importat species, addal individuam aliquidv per quod natura
communis in illaindividuetur .... .. Sed non videtur posse intelligis addi aliquid per
tinens ad essentiam et naturam individui, quia illam totam dicit species, quae est
totum esse individuorum (vgl. oh. Anm. 55); ergo si aliquid additun videtur esse
aliquod pertinens ad naturam accidentalem videtur ergo, quod individuatio fiat
t per aceidentia..... Secundum hoc esset dicendum. quod quidditas et habens quiddi
tatem difierren! realiter..... Sed illud non videtur posse sture, quia individuum non
\addit supra speciem idl quod non plus includitur in significato individui quam
speciei...... item quod posterius est altere, non potest esse causa illius secundum
quod posterius. Sed omnia accidentia individua (diess letztere Wort ist als sinnlos
zu streichen) videntur esse posteriora et adventicia substantiae..... item non videtur
posse dici, quod accidentia faciant individua vel numero divisa, quia nec secundum
se habent esse simpliciter . . . . .. llem si per accidentia solum fiere! individuatio et
formatis divisio vel distinctio singularium sub una specie, non difi'erren! sub
stantialiter ad invicems sed solo occidentey nec esset unus homo alius ab altero in
substantia. . . . . .. Ergo individuatio in genere substantiae non videtur causari ex
\ accidenlibus.
66) Ebend. p. 300: Sed quia inter omnia entia quantitati soli per se uidetur
convenire divisibilitas in plura eiusdem rationisy . . . . .. videtur ergo, quod haec indi
viduatio vel divisio uel distinctio secundum numerum et per ipsam solam quantitatems et ideo tota dif/icultas praesienntdiisviidnuqaumisihtaibaentisesqsueantum
ad cntia materi-ilia videtur versari circa quantitatemg nam si aliquod accidens sit
causa individuationisp hoc videtur quantitati lribuendum.... (p. 301) oportet dicere,
quo/l, si quantitas divisa sit praecisa ratio famulis huius diversitatis, et non ipsa
forma substantialisy unum individuam differt-el ab alio solum accidentali!" sive
secundum formam accidentaleml et essent plura secundum quantitatem sive plura
quanla, et non secundum substantiam1 sive non essent plures substantiam quod est
manifestum inconveniens.
XlX. Gottfried v. Fontaines. 199
Vergleiche gegen das undeterminirte Wesen der Species der Grund der
lndividuation 67).
Ebenso verbleibt Gottfried, was die unitas formae betrifl‘t, bei der
gleichen thomistischen Auffassung. Sowie er neiulich die dogmatischen
Bedenken des rl‘empier durch eine Distinction zwischen Individuum und
Form beseitigt 68), so betont er auch die Einheitlichkeit jenes Vorganges,
durch welchen ein scheinbar zusammengesetztes Wesen aus dem poten
ziellen Sein zum aetuellen hinübergel‘ührt wird ß9); und dasjenige, was
als eine Manigl‘altigkeit mehrerer Formen in Einem Wesen erscheinen
könnte, setzt er eigentlich auf Rechnung der intentio secunda, indem er
es als verschiedene „signifieaM“, oder als verschiedene Begrill‘sbildung
(res aliter et aliter concepta), welche an Einer und der nemlichen Sache
wirkt, bezeichnet 70).
Sowie es aber eine besondere Aufgabe der Anhänger des Thomas
sein musste, den oben (Anm. 27 fl‘.) erwähnten Angrill‘en Lamarre's ent
gegenzutreten, so unterzogen sich derselben auch wirklich mehrere Tho
misten, nemlich Richard Clapwel, Johannes Parisieusis, Aegidius Romanus,
und etwas später Herveus Natalis und Wilhelm Durand. Jedoch es sind
diese Vertbeidigungsschriften entweder verloren gegangen oder nur hand
67) Ebend. p. 301: Cum suppositum dicat individuam in genere substantiam
est ens per se existens et in se subsistensg tate quid autem est substantia prima,
quae .....proprie et principaliter et maxime dicitur substantia. Ergo in sua ratione
non inctudit nisi quae ad rationem substantiae pertinenty et sie, quamvis non
habeat esse sine quantitatel inquantum est substantia mu!eria!is‚ tamen illam per se
in suo ratione non includit quidquid importat natura signi/fcatet nomine com
muni sub ratione communi et indetenninata....... cum hoc non xi! nisi id quod ad
substantiam perlinetl hoc totum est naturalej quod (Heureau gibt totum et natura
aliquid) imporlat sub ratione propria r! determinata suppositum significatum nomine
individui . . . . .. Dicendum es! de hoc homine, puta Soeratel comparato ad ltomineml
quod huiusmodi accidentia determinata non magis sunt de signihcato vel ratione in
dividui, puta Socratisy quam accidentia indeterminata de ratione speciei-i puta herni
nisi cum species tamquam substantia secunda de individua tamquam de tubltantia
prima per se et essentiatiter praedicatum Vgl. bei Thomas, Abschn. XVll, Anm. 520.
Vielleicht mite die Uebereinstimmnng noch deutlicher hervor, wenn unsere Quelle
reichlicher flosse.
68) Bei D’Argmh'e a. a. o. p. 216: Atia autem opim'o‚ quae ponit plures
fornlas, .....pom'!‚ quod eodem modo oportet ponere idem corpus numero .....in
aliis homim'hus, sicut in christo (s. ob. Anm. 19 u. 30) En'am nec Parisiis
habetur pro eworc, quod corpus christi vel alterius hominisi quantum ad formaml
sit aliud vinum et mor-tuum vel divisam, ticet esset error ponere de corpore Chrislr,
quod non sit idem, quantum ad suppositum, vivum et mortuunL
69) Bei llaurdou a. a. O. p. 291: Non alio productione producitur potentia et
accidensl sed eo ipso, quo producitur unica productione totum compositum per se ez
potentia et acta, producuntur partes in illo composita ez consequentil quia producto
toto producuntur partes. Vgl. Abschn. XVll, Anm. 521. Auch hier jedoch wäre
eine reichere Mittheilung wünschenswertb gewesen.
70) Ebend. p. 294: ivec entia speciatia se habent ad ens sicut species deter
minantes ipsum1 sed magis sunt significata eius etiam usque ad speciatissima descen
dendo. p. 302: Patet quomodo suppositum est idem vel non idem cum natura, quia
non differt sicut conceptus communis et indeterminutus qualis est conceptus ge
nerisl et conceptus speciatis et determinalusv qualis est conceptus spcciei, nec differt
natura speciei, quae significant unam et eandem rem aliter et aliter conceptam et
inteitoctaml quantum ad i'd, quod ad ipsam essentiam rei pertinet. Vgl. bei Thomas,
ebd. Anm. 506, und unten Anm. 74.
200 XIX. Johannes von Paris.
schriftlich vorhanden mit Ausnahme jener einen, welche unter dem Namen
des Aegidius Romanus gedruckt wurde, aber mit grosser Wahrscheinlich
keit dem Johannes Parisiensis dem Jüngeren (um d. J. 1290}
zugeschrieben werden muss“). Die Widerlegung selbst ist hier. was
den ersten Angriffspunkt, d. h. das principium individuationis (s. ob.
Anm. 28 f.), betrifft, unendlich schwach, denn sowohl bei der Individuen
lität der Engel 72) als auch bei jener der menschlichen Seele 73) appellin
der Verfasser einfach an die göttliche Allmacht und kann so seinem
Gegner Goethals (s. Anm. 48) hrüderlichst die Hand reichen. Besser
ist die Frage über unitas formae erörtert, indem vorerst die Bedenken
hervorgehoben werden, welche aus der Annahme einer Vielheit der Formen
(auch bei jener Gradabstnfung der Vervollkommnung, s. ob. Anm. 30) sich
ergeben, sodann aber gleichsam ein Vermittlungsversucb folgt, welcher
die grösste Aehnlichkeit mit der so eben erwähnten Ansicht des Gottfried
von Fontaines hat; nernlich auch hier wird daran festgehalten, dass sach
lich nur Eine Form wirke und bestehe, aber andrerseits knüpft sich das
Zugeständnis daran, dass die Denkauffassung an Einem Wesen verschie
denes bald höher bald niedriger liegendes Allgemeines festhalten und in
gleicher Weise mehrere Formen des Einen Wesens unterscheiden könne u).
7L) Die Gründe, warum Acgidiu5 Romanus nicht der Verfasser des Dr/eu
sorium’s sein könne, hat schon Oudin, Gomm. de seriptt. cooles. III, p. 635 fi.
schlagend dargelegt, und die Motive. aus welchen er dasselbe dem Johannes Pari
siensis zuweist, halte ich, soweit in solchen Dingen überhaupt sichere Resultate
erreichbar sind, für nahezu hinreichend. Dass von den beiden Johannes Parisienses.
welche dem 13. Jahrh. angehören, nur der Jüngere, welcher den Beinamen „Punng
asinum“ trug, in Frage kommen kann (— der Aeltere blühte um 1230 —), verilelll
sich von selbst. Was über beide in ”ist. litt. de la Freuen, XIX, p. 422. gesagt
ist, lohnt sich kaum der Mühe des Lesens.
72) In der oben (Anm. 27) angeführten Ausgabe f. 9 v. B: Cum eo ipso, q1wd
samt [ormae simplices sine materin subsistentes‚ manifestum sil, eo: difl'erre Wlfl
differentia formali, quac fncit diversitalem in specie‚ diene, eo: mm esse pMSI
eiusdem speciei, neu plus derogat divimrc potentiae, quam divers, quaecunque difl‘em'
spenie, mm passe esse eiusdem rpect'ei. (Als Beispiele dieses göttlichen Wunden
folgen dann cam's und lupus.’)
73) Ebend. f. 54 v. B: Multa snnt impassibt'lia naturac, quae nun sunl impvt'
sibili'a deo (f. 55 r. A) Deus ipse est princt'pium e/feetivum animae tam quoml
esse, quam etiam quoad numeraliunem.
74) Ebend. f. 18 v. B: Multi/wie multisquc modis magistri et multi circa unz
tatem formue substantialt's labm'anerunt. .. (f. 19 r. B) Oporteln't isth srcumlum
modum, quo loquuntur, fingen, quod forma ani1nae rationatis prima perfiriet snM
materiam pure spiritualem‚ et mediante hac materiam sensitivae minus spiritunlm
et mediantibus illis ulten'us materiam vegetativen minime spiritualem‚ et Inndrm Ill
timo materiam rorporalem; et erunt quatuor . . . . .. (f.19 v. A) Oportel, “(am /ornm'"
per/ectiorcm includere in se totem impcrfcctionem, quae est in forme imperfectiori„„.
(B) Ex quo sequitur, quod in illa una re‚ em'us sunt istae formen, saut (inne emle
tiae vet duo aetus esscndi rot subsistendi, quod est impossibile. Esse enim est ip”
artualilas quidditatis vel naturue. cuius est. Imposst'lu'le est omnino per modum.
quo isli ponunt, pluralilalcm formarum substantt‘alium in eodcm sustinere. W"
modus alias, siqm'dem possibite ext, invertiutur..... et hoc ex direndix in nrtttulß
prozimo dominu adiuvante patelu't. Diese Lösung nun ist folgende: (f. 20 v.Bl
Omnes formae substantieles in IHM) proprietate conveniunt‚ quod quaetibct da! u:l
substantiae et constitui! ens subsislens, et ideo intellectus noster habet unum rom
munem com‘eplum et abstrahit unam formen: communem, secundum quer» quodhbfl
nonslitutum dicitur substantia (f. 21 r. A) Et. sie intelligendum est de generrbtfl
XIX.Joh.v.Paris. Th.Docking. t)l.Brito. Jac.v.Rav. K. v.Halberst. 201
Der Vorwurf endlich betreffs der Erkenntniss des Singnlliren (Anm. 31)
wird hier im Anschlusse an jene Stellen, in welchen sich Thomas weniger
einseitig geäussert hatte, glücklich beseitigt 75).
Möglicher Weise nun könnte auch die eine oder andere jener klei
neren Schriften, welche mit Unrecht dem Thomas von Aqnin zugewiesen
wurden (s. Abschn. XVII, Anm. 484), bereits in diesen ersten Stadien
der Parteikämpfe ihre Entstehung gehabt haben, nemlieh allenfalls „De
natura generis“ und „De intellectu et intelligibiti“; du jedoch andere
derselben entschieden schon auf scotistische Ansichten Bezug nehmen, so
halte ich es für besser, die Darstellung des Pseudo-Tbomas nicht allzusehr
zu zerreissen, und somit auch die zwei genannten kleinen Schriften neben
anderen erst unten nach Scotus zu besprechen"), indem ja zwingende
chronologische Gründe betreffs einer früheren Abfassungszeit jener beiden
nicht vorliegen.
Hingegen soll um der Vollständigkeit willen nicht unerwähnt bleiben‚
dass noch jener Zeit sowohl Thomas DOCking (Cancellarius in Oxford),
welcher die zweite Analytik commentirte 77), als auch Olivier Brite,
welcher eine Erläuterung zu Sophist. Elenchi schrieb“), angehörten.
Diese Schriften Beider aber besitzen wir nicht mehr. Auch J acobus de
Bavanis (gest. 1296) möge nicht gänzlich ungenannt bleiben, wenn auch
die frühere Annahme, ‚dass er als der erste die Logik auf die Jurispru
denz angewendet und biedurch einen gänzlichen Umschwung des Rechts
studiums hervorgerufen habe, in neuerer Zeit auf ein höchst bescheidenes
Maass geschichtlicher Wahrheit reducirt wurde“). Ob Konrad von
Halberstadt (um I295),wirklich „De logica" geschrieben habe, muss
dahingestellt bleiben 80).
Nun aber traten alle jene Controversen, welche durch die Logik
des Albert und des Thomas hervorgerufen werden waren und theils
für theils gegen den Letzteren Partei genommen hatten, durch den Fran
et speciebus sibi invicem subm‘dinatis .. .. Cum em'm species sit td ipsum quod aenux,
puta „hamo“ est illud ipsum quod „animal“, prout animat de homine pracdicatur
nec es! pars homt'm's serundum rem, sed sotum sccundum rationem, .... . similiter
opertet dicere, formam spert'ei esse formam ipsius generis . . . . .. Una igilnr forma
secundum rcm ext plures secundum rationcm, so. magis universalis et minus univer—
satt's. Et sie materiam rccipere formam magis universalen: ante aliam, non est atiud,
quam materiam reciperc formam conceplam secundum rationem unam mute semetipsam
ronccplam secundum rationvm attam. S. Anm. '70, woselbst „elfter et aliter concepta“.
So stehen wir hier jenen alleren Ansichten über „status“ (Abschn. XIV, Anm. 129)
oder über „maueries“ (ebend. Anm. 85) so ziemlich nahe.
75) Ebend. f. 4 v. A: Per spedes intelligitn'les universales, quas abstrahit in
tellectus, non poteat acta intelligere nisi ennrertendo so ad phantasmata singuta—
rium..... Thomas intendrbat solum, quod non cognoscit singularia rerum male—
n'atium prima et directc n. s. f., kurz mit den nemlichen Worten. wie wir bei
Thomas, vor. Abschn., Anm. 499 f. „reflezt'o“ oder „materia impedit“ u. dgl.
trafen.
76) S. unten Anm. 265 IT.
77) Oudin a. a. O. III, p. 525.
78) ”ist. litt. de ta France, XXI, p. 303.
79) Savigny‚ Gesch. d. rom. Rechts im Mittelalt., V (2. Anfl.), p. 605 IT.
80) Denn die Glaubwürdigkeit des Trithemius (Amt. Hirsang. ad mm. 1295) ist
bekanntlich sehr gering. Was aber die angebliche „Mensa philosophica“ Konrad’s
betrifft, s. unten bei Auguilbertns in Abschn. XXII.
202 ‘ XIX. Dnns Scotus.
ziskaner Johannes Duns Scotus (gest. 1308 — bekanntlich „Doctor
subtih's“ genannt —-) insoferne in ein höheres Stadium, als derselbe sie
strenge und präcis formulirte und hiermit in fester Parteistellung folge
richtig durchführte. Es ist leicht gesagt, Duns Scotus sei der abstruseste
aller Scholastiker, während doch ein genaueres (allerdings mühevolles}
Studium seiner Schriften ihn uns als einen scharfsinnigen Denker zeigt.
welcher das damals zugängliche Material vollständig kannte und zugleich
mit distinclivem Verstande durchdrang. Anziehende Reize als Schriftsteller
besitzt er wahrlich nicht, denn seine Methode besteht bis zur Ermüdung
des Lesers darin, dass er unablässig bei jeder Frage oder jeder Thesis
zunächst mit „Videtur, quod non“ die möglichen Gegengründe (zuweilen
wirklich mit haarsträubender Spilzfindigkeit) aufstöbert‚ sodann unter „In
oppositum“ die Gegengründe der Gegengründe und die positiven Gründe
vorführt, und hierauf zuletzt die „Solutio“ darbietet, und zwar meist mit
detaillirter Rückhezichung auf die Gründe und Gegengründe. Aber hinter
dieser struppigen Form steckt ein Denken, welches, soweit diess im Mittel
alter überhaupt möglich war, wenigstens weiss, was es will, und auf
Grundlage der damaligen allgemeinen Anschauungen die Tragweite der
Begriffe durchmisst, und diess ist im Vergleiche mit der Bornirtheit eine:
Albert und eines Thomas jedenfalls für den Leser wohlthuend. Audi
besitzt Scotus darin unsere Sympathie, dass er (— um mit modernen
Worten zu sprechen —) auf der Unerkennbarkeit des Absoluten steht
dass er als lndetermiuist die thomistische Unterordnung des Praktisch!»
unter das Theoretische entschieden bekämpft, und dass er der TheohW
nur eine praktische Wirksamkeit im Gebiete des praktischen Glaubens In
weist, wobei sich in dem Verzichte auf theoretische Begründung dfö
Dogmas wieder einmal die Richtigkeit des augustinischen „Credo, qvw
absurdum“ zeigt. Doch diese Gesichtspunkte überschreiten die Gränzen
der Geschichte der „Logik“*“).
Um aber dasjenige darzustellen, was von Scotus hielter gehört, lSl
es vor Allem uothwendig, unter seinen Schriften 82) die zweifelhaften oder
unächten von den unbestreitbar ächten auszuscheiden. Somit müssen bin
in Betracht kommen vor Allem seine Quaestiones in universam logium
(d. h. zum Porphyrius und zum ganzen Organon mit Ausschluss flfl
Topik), sodann abgesehen von einzelnen Stellen der Gomment;ue zu D0
anima und zur Physik auch die Quaestiones in melaphys. (die C0nvl"
siones ex libr. metaph. sind eigentlich eine blasse lnhaltsangabe), femfl‚
wie sich von selbst versteht, der ausführliche Commeutar zum Pelflß
Lombardus, d. h. das sogenannte Opus Oxoniense, sowie die Reporw'“
Parisiensia (eine Art Auszug des eben genannten grösseren Weer l
auch der Tractatus de modis significandi seu grammatica speculatinu" » \
81) Mit einigen Worten jedoch müssen wir unten (Anm. 221) wieder dm“l
zurückkommen.
82) Es gibt nur Eine Gesammt-Ausgabe der Werke des Scotus, welche di‘
überaus gelehrte Wadding (Lngdun.1639, 12 Bände fol.) besorgte und durch zah
reiche Commentare bereicherte.
83) Letzterer Zusatz in der Titel-Ueberschrift dürfte wohl erst von der -“f"
tistischen Schule ausgegangen sein; wenn aber als Verfasser dieses Buches 8"
XIX. Duns Scotus. 203
und der Tractatus de prima principio und die Theoremata; in den
Quaestiones quodlibetales aber lehnt Scotus die Detail-Erörterung der
logischen Haupt-Controversen meistens ab, insoferne dieselben schon bei
Erklärung des Sententiarius besprochen sind. Hingegen muss ich als un
ächte Schriften bei Seite lassen sowohl den Commentarius textualis in libr.
metaphß‘) als auch die Quaestiones miscellaneae de formal-itatibus 85).
Die Logik des Duns Scotus, welche, wie sich zeigen wird, einen
reichhaltigen Kreis scotistischer Litteratur zur Folge hatte, beruht nicht
etwa auf völlig neuen Pfaden, welche er von sich aus geschaffen und er
öffnet hätte, sondern derselbe ist, was das traditionelle Material betrifft,
ebenso abhängig und bedingt wie alle Autoren des Mittelalters. Aber er
unterscheidet sich von Anderen zunächst durch eine überaus reichliche
Beiziehnng der byzantinischen Logik, bei welcher er häufig auch bis zu
Wilhelm Shyreswood zurückgreift“), und sodann vor Allem durch eine
begrifl‘smässige Präcision und Consequenz, mit welcher er das aristote
lische, arabische und byzantinische Material ausm'itzt, so dass hiednrch
wirklich manche neuen Wendungen aus dem alten Stoffe heraustreten und
sich trotz aller Gegnerschaft der Uebergang zu Occam vermittelt.
Was zunächst die Stellung der Logik überhaupt betrifft, so tritt die
selbe bei Scotus ebenso wie bei Albertus Magnus grundsätzlich innerhalb
der „speeulativen“ Begabung des Menschen dualistisch neben die „realen“
Diseiplinen (Physik, Mathematik, Metaphysik), indem die „rationale“ Wissen
schaft (Grammatik, Rhetorik und Logik enthaltend) dem subjectiven Er
fassen des Objcctiven angehört“). Das Verhältniss der Grammatik zur
der Augustiner Albertus de Saxonia genannt wurde, so scheint Wadding (Vol. l,
p. 41 f.) diesen Verdacht der Unächtheit genügend beseitigt zu haben.
84) Derselbe ist entweder ganz von Antonius Andreas (s. unten Anm. 443 ff.)
verfasst oder wenigstens von ihm revidirt und vermehrt, eine Annahme‚ welche
auch durch den von Wadding (Vol. IV, Prooem.) zu Hilfe gerufenen Cavelli nicht
widerlegt ist. '
85) Der Bericht selbst‚ welchen Wadding (Vol. lll, p. 441) dieser unvollendeten
Schrift voransschickt, enthält eigentlich mehr Gründe der Unzichtheit, als der Aecht—
heil. Es versteht sich von selbst‚ dass das Buch der scotistischen Schule angehört.
Wir werden unten die Keime desselben beim ächten Scotns (Anm. 147 ff.) und
später die. scotistisehe Lehre betreffs der Formalitales selbst sehen (Anm. 529 ff.).
86) An Einer Stelle Ouaest. in metaph. V, 7, (Vol. IV) p. 618 B nennt er ge
legentlich des „infim‘tum“ den Shyreswood mit Namen; andere stillschweigende
Rückbezichnngen werden wir unten mehrere treffen.
87) Sent. Lila. lll, bist. 34, (Vol. VII) p. 728 f.. woselbst Scotus in folgender
tabellarischer Form den Imbitus des Menschen eintheilt:
metaphysieus
realis mat/temalicus
speculativus phi/‚ums
_ 4 logacus
intellevtualis rattettahs {rhetoncuf
grammutmus
. circa ugibilP.‘ prudenlia
pmcmus { circa factibile: medicina und sämmlliche Gewerbe
‚ ‚ ad alterum: instilia
“PPellfwus ad w '. sum [erliturlo
‘ p tempernnlia.
Ou. :up. An. post. l, 47, p. 415 A (die logischen Commentare stehen sämmllich in
Vol. l): Ens ratiom's es! subiectum Iogicas, an: inquantum mobile m subieclum u
204 XIX. Duns Scotus.
Logik wird dabei allerdings in der üblichen Weise abgegränzl: aber in
Bezug auf Wahrheit und Falschheit der Urtheile, worin natürlich der Um
kreis der Logik liegt, hält sich Scotus nicht bloss an die arislotelischen
Bestandlheile des Urtheiles, sondern zieht principiell auch den Inhalt der
byzantinischen Logik bei, indem er an significatio und suppositio temi
norum, sowie an consequentia und copulatio u. dgl. denkt“).
Auch den Unterschied, welcher zwischen Logik und Metaphysik neben
manchen Berührungspunkten doch als ein wesentlicher besteht, erblickt
Scotus ebenso wie all seine älteren und jüngeren Zeitgenossen in jener
intentio seconda, welcher wir nun seit den Arabern stets schon begeg
neten, und er spricht in manigl'altigen Wendungen wiederholt es aus,
dass die Logik jene Momente, welche von ratio oder von intellectus oder
von conceptus ausgehen, kurz also der subjectiven Werkstätte angehören,
auf das objective Wesen der Dinge „anwende“ — applicare —3').
Eben hiedurch entscheidet er auch jene Frage, ob die Logik als
modus sciendi selbst eine Wissenschaft sei (s. bei Albert und Thomas
Abschn. XVII, Anm. 363 ll'. u. 489), im Anschlusse an Alfarabi dahin,
dass die Logik einerseits als docens wirklich eine Wissenschaft ist und
Inrolis scientiae, ens sub absoluta ratione est subiectum metaphysioae. Vgl. Abschn.
XVII, Anm. 362. und selbst Hugo v. St. Victor, Ahschn. XIV, Anm. 45.
88) Ou. sup. An. pr. I, 19, p. 301 B: De partibus orationis grammatica
considerat ....in ordine ad congrui!atem..... Sed logicus considerat de istis in ordw
ad veritatem et falsitatcm, se. prout possunt csse partes principales cnuntiationis rem
vel fatsae, se. soln'eclum, praedicalum‚ vcl copula. et tales partes sunt praerise nomina
ct verbo. Nam aliae partes orationis non sunt nisi determinationes vel dispositiva“
designantes signi/icationcm vel supposrtionern lerminorum, so. nominis ct rerbigaut
modum significandi vel supponmdi, aut diversam modum sequendi unius ex altcra
vel diversam modum copulondi diversa ab inriccml et sic de aliis.
89) Ou. sup. Elench. 1, p. 224 A: Logica est de communibus et philosophia
prima (s. Ahschn. XVII, Anm. seo u. 546), sed diversimode; nam philosophia prim
considerat ens, inquantum ens est, unde considerat rem secundum suam quidditotmy
et quia quidditas rci es! entitas per se rei, considerat rem secundum suam antilo
tem . . . . .. Similiter logica es! de ente eommuni, scd ens cst duplex, sc. natum
et rationng ens autcm naturae inquantum late est, cuius esse non dependet ob animi
sed ens rationis dicitur de quibusdam intcntionibusl quas adinuenit ratio in ipsu
rebus . . . . . . .. Ouia ergo logica est de huiusmodi intentionibusj quae applicabile: smit
omnibus rebus, ideo dicitur ex communibus procedere. Ou. sup. An. post. I,43, pillei
Scicntia dicitur communis dupliciterz uno modo communitate subircli, alio modo com
munitate applicationis. Primo modo metaphysica est scientia communis; .....securtdt
modo dialectica es! communis. Sent. Lib. Il, Dist. 3. Ou. l, (Vol. IV) p. 357: M"
solum ipsa natura est de se indifferens ad esse in intellectu et in particulari ac P"
hoc ad esse universale et singulore, sed et ipsa habens esse in intellectu non llath
primo ez se universalitatemg licet cnim ipsa intelligatur sub unioersalitalc ut id
modo intelligendi ipsam, tamen universalitas non est pars conceptus cius primi, qui
non conceptus metaphysicil sed logici; logicus enim considerat secundas intentiow
applicatas primis secundum ipsum Arviccnnam (s. Abschn. XVI, Anm. 74). om
Praedicam. 2, p. 126 A: Pracdicamento dupliciter possunt consideraris uno mode, ""
quantum considerontur a ratione, sive aliqua proprietas ab intellectu causata eis attnj
builur. Primo modo de eis considerat metapkysicus, secundo modo hic dc w
consideratur. 0a. sup. An. post. I, 27, p. 387 B: Aristoteles in tota logica condidit
passione: de intcntionibus secundis, ut de enuntiatione et syllogismo, quia intcntronlt
secundae sunt subiectum lugicae, de quibus logica considerat possiones. Vgl. Abschn
XVII, Anm. 363, 380, 394, 489, 506.
ll
XIX. Duns Scotus. 205
andrerseits als utens den modus für alle übrigen enthält"°), so dass wir
hier wieder in anderer Weise als bei Lambert v. Auxerre (ebend. Anm.
104) den Begrifl' einer „angewandten Logik“ treffen.
Was aber den eigentlichen Gegenstand und Zweck der Logik be
trifft, so erwähnt Scotus jene Ansicht, nach welcher der Begriff als das
wesentliche Object betrachtet und in den Thätigkeiten des einfachen Er
fassens, des Zusammensctzens und des Erörterns (— Kategorien, Urtheil,
Syllogistik —) die Begrill'sbildung in den Vordergrund gestellt wurde“),
und er schliesst sich auch ausdrücklich an eben diese traditionelle Drei
theilung des Gebietes der Logik an 92); aber er stellt sich dabei grund
sätzlich auf jene Seite der arabischen Auffassung (Abschn. XVI, Anm. 15,
78 L, 240), nach welcher zum Behul'e des Fortschreitens von Bekanntem
zu Unbekanntem der Syllogismus als der ursprüngliche und eigenthüm
liebe Gegenstand der Logik zu bezeichnen ist, so dass die einfachen Be
grill‘e und deren Zusammensetzung in den Urtheilen nur als Bestandtheile
90) Ott. sup. Porph. l, p. 87A: Queero, utrem logiee si! seientia. Videtur,
qaod neu. Modus seiendi non es! scieutia; toyiee es! modus Dieendum, qaod legten es! scientia; qeae enim in ee dezenter,seideenmdoin;sterragtoiveetce.ventu
duntar staut in aliis seientits; ergo sciuntur.... Intri!igcndunt es! tarnen, qeod logica
dup!iciler emxsideretur. Uno modo inquantam es! doeens, et sie es: necessarit's e! pro—
prii: prineipiis procedi! ad riecessarias ronrlusioncs, et sie es! seien!ia. Alio Mode
inquantam utimur ea applicendo eam ad die, in quilms es! ums, et sie mm es! ex
propriis, sed ex eommunibus, nec sie es! scien!ie . . . . .. p. 88 A: Materieliler heec
praedicatio „Modus sciendi es! scicn!ie“ es! vere, quitl logiea dem! modern sriendi
pro !ento‚ quia es! de syl!oyismo 1)L'i de argumcnto, per quer! (entern habetur scien!ie.
OH. sup. An. post. l‚ Prooem. p. 343 A: Scientia demonstrative dup!iriler potest von
stderari. Uno modo‚ inquanlum uti!ur demonstratione, per il!em so. demonstrans
e/fectus in eliis scirntiis, e! isto matte dici!ar quaelibe! scientie demonstrative. Alte
modo‚ . ‚ . . .‚ quae decet‚ ex quibus e! ex quetibus deine! esse demonstratio. Das
arabische Original s. Abschn. XVl, Anm. 15. Natürlich hat diese Unterscheidung
Nichts damit zu schaden, wenn Scotus anderwärts (Du. sup. Eleneh. 3, p. 225 B)
mit Aristoteles sagt: Scientia dia!ectica traditur per demonstratienem‚ usus tarnen
eius in probabititms consa'sttt; denn Letzteres bezieht sich auf die rhetorische Praxis
des Dialektikers.
91) 0a. sup. t'erph. 3, p. 88 B: Dtcitur‚ qaod subiecttmt togieae es! com:eptas
formales ab arte rationis, quia itle eommum's es! omm'bus in iogiee consideratis.
Nßflt cum acta: ratiouis si! triple.r‚ primus so. indivisibilium intelligentia, sceendes
comp0stti0 ee! divisio istorum simptieium, !ertius discursus formales e noto ad igno
tum, de eorteeptu formato a prima acta es! über Praedieamentorum, qui es! de in
comptczo (Ou. sup. An. pr. l, 7, p. 282 B: Definilio e! descriptio dontur de terminis
ineomplezis), de eoneeplu formato e seeundo acta es! über Periltermem'as, de
concepta formeto e terlie acta es! tota nova logiea, qaae es! de syllogismo et de
eins partitms subieetivis. Die Grundlage dieser Ansicht s. bei Thomas, Abschn.
XVll, Anm. 491.
92) Op. II sup. Perihemt., Proaem. p. 211: Duplex es! operatio intelleetas.
Una, quae diciter indivisiln'lium intelligentta, secundum quam dieitur intellee!us [or
mare eoneeptus simptiees; alle es!, secundum quam compont'! e! dividit . . . . .. ls!is
duabus operatiom'bus addi!ur tertie, quae es! diseurrere ab uno ad atiud‚ et a notis
ad ignote . . . . .. Es! universaliter über Praedieamerttorum de simp!icibus conceptibus,
quos formal, ve! quae sind intelligilu'lia secendum quod SH!!! dicibilia e! ordinebih'a
in genere per se (vgl. ebend. Anm. 429)..... l)e secunde es! über Perihermenies,
.....inteltertus em‘m eomponens e! dividcns forma! enuntiatiom‘m, .‚...e! mm es!
erme!iatio ipse eetus inte!!ectus‚ sed magis agitur ab intelleeta. De istis aetem‚
quee reden! sah ter!ie operatione in!etlee!us, suet tibri norme Iogicee, in que doeetur,
quomodo es! proeedendam a noto ad eognitiunem ineogniti.
206 XIX. Duns Scotus.
der Schlüsse eine logische Geltung besitzen”); d. h. er erkennt an, dass
die durchgeführte Wissenschaft als solche doch nur durch die Operation
des Schliessens zu Stande komme, während die ersten Principien aller
dings unmittelbar durch einen einheitlichen Act des lntellectus erfasst
werden müssen “4). Von besonderer Wichtigkeit aber ist uns dabei, dass
Scotus in jenen drei so eben angeführten Stellen die Syllogistik (d. h.
die beiden Analytiken und die Topik) als „nova logica“ und die Kate
gorien nebst der Lehre vom Urtheile als „cetus logica" bezeichnet, und
somit diese litterarische Unterscheidung, welche wir schon früher in ihrer
Entstehung betrachten konnten, hier bereits als recipirt erscheint 95).
Aber im Dienste dieser syllogistischen Aufgabe der Logik ist es eben
jene Denk-Operation als solche (ob. Anm. 89), welche den entscheidenden
Partei-Standpunkt des Scotus in Auffassung der Logik überhaupt und ins
besondere der Universalien mit sich bringt; nemlieh wenn derselbe sich
präcis und deutlich dahin ausdrückt, dass die Logik weder eine scientia
realis noch eine scien!ia sermocinalis sei, sondern concep!us und acta:
ra!iom's gerade als Drittes in Mitte zwischen res und von: stehen, so
befinden wir uns hier, wenn je irgendwo, bei einem Conceptualismus,
welcher allerdings das Verhältniss des Denkens -zur Sprachbezeichnung
nicht ausser Acht lassen kann 96), aber auch die Beziehung zu den Denk
Objecten feststellen muss, so dass Sein und Denken gleichsam parallel
laufen und der Grundgedanke einer gewissen Wechselwirkung zu einer
Auffassung führt, welche zugleich metaphysisch realistisch auftritt und
logisch nominalistische Handhaben darbietet.
Während nemlieh alle Theile der Logik (d. h. Alles‚ was eine innere
Beziehung zum Syllogismus hat) in der subjectiven Werkstätte des Geistes
93) Ou. sup. l'orph. 3, p. 89 A: Dircndum ergo, quod subicctum prirmm’ "
proprium logicac es! syllogismus, quia slatim pos! de!erminatiouem de ein: pdf‘
libus in cetera logica pranmilli! eius definitionem in prima Pn'orum. .....l’mle
ipsum em'm in veteri logica de!erminalur de ein: parlilms integralibus, sc. de intern
plezo e! de cnunliu!ione, e! de partilms subieclivis in libris Topieorum‚ Priomm 94
Posteriorum, e! de aliis specielms argumenlulionis, quia illae reducuntur d ipsufll..w
Ergo penes eius divisiunem e! u!lribula ilh‘ pa!c! divisio logicae..... Syllogfl<"""
quoad proprietates formaliler ipsum wnsequenles es! subieclum lilm' Priorurn; l“
au!cm suln'eclum lolius Iogirae quoad oumes passioncs in se vel in aufs parlibus inte
gralibus el subierliris vel redueibililms ad ipsum. Schon Albert (s. ebend.Anm.37fh
halte gegen eine solche Auffassung, welche den Syllogismus allzu einseitig betont
polemisirt.
94) 0u. sup. An. posl. l, l, p. 344 B: Principia propric non am! softe, "d
intelleclu; intelleclus em'm es! principiorum, su'entia com‘lusimmm. Hiezu um“
Anm. 108.
95) S. Abschn. XVII, Anm. 5 u. 103.
96) (m. in Praedicam. 1, p. 125 A: Logins non es! scieutia realis ncc srrnw
cinalis‚ quin nec scrmonem nen sennonis passierte: consideral; .. . . immn qund MM
diviaio si! insu/ficiens‚ sie ostenditur: medium inler rem e! sermonem vs! wem!“
vmwep!us. Ergo säen! es! aliqua scienlia per so de relms‚ uliqua per se de rarth
significalivia, .....ila po!esl aliqua scienlia esse per so de conreplu‚ r! Inne P“
logiert, unde per se habe! diri scien!ia rationalis, quod es! de conreplilm: /°"
ma!is ab arlu ra!ionis..... Mullum conrem'! cum sermone prop!cr duo: priflw‚ <l"“
conceptus es! immedialum signifiratum per eurem, de qun conrep!u es! logira; SC“‘"““"
quitt passioncs cmweplux immun! vuci significalivae, sicu! incomple.zum e! comple.rum.
signi/irare uerum ve! fultum, u! signo per naturum significali. S. Abschn. |v'
Anm. 111 1T
XIX. Duns Scotus. 207
— mens - ein selbstständiges Sein besitzen, welches an sich vom Wort
ausdrucke unabhängig ist und seine innere Priorität auch in dieser äusseren
Verflechtung bewahrt 97), sind die Universalien bei Leibe nicht fictiones
intellectus, denn dann wäre ja die Metaphysik und jede andere reale
Wissenschaft für sich gegenstandslos oder mit der Logik identisch”),
sowie umgekehrt die Universalien nur dann als blosse Figmente betrachtet
werden könnten, wenn es in der objectiven Welt keine reale Wesens
Einheit, sondern nur numeräre Einzelnheit gäbe 99). Kurz Scotus erweist,
wie schon Albert gethan hatte, die objective Existenz der Universalien in
der That aus der subjectiven Auffassung, weil es ja von dem Nicht
Seienden keine Erkenntniss geben könne und somit dem Universale Etwas
ausserhalb „entsprechen“ (correspondere) müsse, was eben bei blass Fin
girtem nicht der Fall sei, d. h. das Universale komme ursprünglich und
dem Stoffe nach durch gelegentliche Veranlassung von der objectiven
Eigenthümlichkeit der Dinge her, formell aber in seinem wirklichen Auf
treten als Universale liege es im lntellectus 10"). Hierin nun liegt der
Schlüssel zu allem Folgenden; denn Scotus kann so in dem traditionellen
arabischen Spruche „Intellectus agit universatitatem in rebus" zugleich
den Accent auf die Worte „in rebus" in realistischem Sinne legen 101)
und dabei die ratio universalitatis als eine das Wesen der Dinge an
sich nicht berührende Modalität, welche auf Rechnung des subjectiven
Denkens fällt, bezeichnen l02); er kann das Denken an dem Maassslabe
der objectiven Realität und zugleich die mit künstlerischem Wirken er
zeugten Gedanken an dem Maassstabe des subjectiven Denkens messen,
so dass schliesslich für die Dinge und für das Denken der höchste
97) Ebend. p. 124 B: Iste über (d. b. Categoriae) non ext de decem wer'sz
ut de prima suln'ecto, neu aliqua per: Iogicae es! de von, quia omne: pessiones
syllogismi et omnes partes eins possunt sibi inesse secundum esse, quod habent in
matte, etiamsi non profemntur; sed est de atiquo priore, quod respeetu oocis signi—
ficativae tantum habet rationem significati. Ebenso Ou. sup. Periherm. l, l, p.186 A.
98) Theorem. 4, (Vol. III) p. 269 A: Universalia non saut fictione: intrtleclus;
Inne em'm nunqnam in quid praedicarentur de re extra nec ad definitionem portinerent,
nec melaphysica di/Terrel a logica‚ immo omru's scientt'a esset Iogica, quia de univer
satr'. Vgl. unten Anm. 154.
99) Senf. Ltb. II, Bist. 3. Ou. 1, (Vol. VI) p. 336: Si omm's um'las realis est
numeralis, ergo omiiis diversitas realis est numeralis, et ita umm'a essmt aeque
distincta, et tum: sequitur, quod non plus potest intcttectus abstrahere n, Socrate et
tinea, et esse! quodtibet universale pure figmentum.
. 100) Ou. sup. Porph. 4, p. 90 A: Universale est uns, quia .mb ratione non enlis
m'hit intelligilur, qm'a inlelligibile movet inlcltcr‚tum...„ (B) Universale est ab in
tellcctu, et cum dicitur „ergo rst figmentum“, dieo, quod non sequitur, quia figmento
m'hit correspondet in re extra, universali einem atiquid extra correspondct, a quo
mavetur intellertus ad rausandum talem intentioncm . . . . .. Efi'eetire es! ab intelleclu‚
sed materiatiter sive originaliter eine ocrasionatiter est a proprietate in re‚ figmentum
uero minime ext. S. Abschn. XVII, Anm. 297.
101) Ebend. 9, p. 93 B: Intellectus facil universatitatem in rebus (s. Abschn.
XVI, Anm. 181, vgl. Abschn. XVII, Anm. 378); ergo itta cst in re, non in intellectu.
102) Ebend. 5, p. 90 B: Universale est per so intelligiln'le, quod patet sie:
Primum obiectnm intettcctus‚ sc. quod qutd ext, intelligitur sub ratione universati
latis; itta rero ratio non es! {dem essentiatiter cum itlo quod quid ext, sed m0dus
eins accidentatis; ergo intellectu.< potcst cognoscere dilferentiam intcr suum obicctum
primum et itlum rundum. S. bei Albert ebend. Anm. 392.
208 XIX. Duns Scotus.
Maassslab in Gott liegt'““); und er kann in einer an Abälard erinnernden
Weise in den Universalien das esse in multis und das praeda'cari de
\multis vereinigen ‘04).
Natürlich liegt in dieser Unklarheit über das Wesen eines logischen
; Subjectivismus und eines metaphysischen Objectivismus auch bei Scotus
l eine höchst bedenkliche Schwäche speculativer Auffassung vor; aber für
einen „Philosophen“ wird ja hoffentlich ohnediess Niemand irgend einen
Autor des Mittelalters halten. Hingegen hat Scotus von einem solchen
durch die allgemeine Tradition damals besiegelten Standpunkte aus als
ein verstandesmässig sehr geschulter Denker die Consequenzen durch alle
einzelnen Fragen hindurch festgehalten und durchgeführt. So nimmt auch
Scotus vor Allem die allgemein recipirte arabische Unterscheidung einer
doppelten intentio in dem Sinne auf, dass die secunda intentio, d. h.
die eigentlich logische, ein nachfolgendes Erzeugniss der Denk-Operation
sei und so als Universale bezeichnet werde, während die prima in!entio
als ursprünglich unbedingtes Erfassen auf die objective Quidditat gehe,
' welche wohl gleichfalls Universale genannt werde, aber an sich gleich
gültig gegen Allgemeinheit oder Einzelnheit sei und daher auch im Denken
nicht mit concreter Gegenständlichkeit (subiective), sondern eben nur un
mittelbar vorstellungsweise (obiectt've) auftrete‘“). Und hierin liegt bei
ihm auch die Auffassung der üblichen arabischen Dreigliederung in um'
versalia ante rem, in re, post rem; dann er findet das Universale zu
nächst eben in der secunda inlentio, und dann auch in dem von derselben
benannten Gegenstande der prima intentio, indem der letztere entweder
103) Op. II sup. I’en'herm., 3, p. 215 B: Duplex est in!ellectus. Ouidam es!
mensuralus a rebus, quidam es! mensura rerum. lntellectus nosler per compamlionem
ad res naturales es! mensnralus e! dicilur vems ex hoc, quod es! oonfornu's rot, quae
es! sua mensura. Artificiulia aalen» compamntur ad lntellectum nostrum sicut men
surata ad suam nwnsuram; igitur dicuntur vem ex hoc, quod allingunt per suam
formam per/eelionem formae artificis . . . . .‚ Oaaelibet m naturalis secundum ‚wem
formam imi!atur quodammodo spetiem eins in menle divina, unde usra dieitur, se—
eundum quod ad rationem illius speniei attingil . . . . .. lntellectus nosler simililer
dicitur verus, quia es! cou/ornn's suae mensurae.
104) Ou‚ supi l'orph. 6, p. 91 B: Irres! aliquid universali, quia si definitio
ipsius universalis vera sil, quac es! „praedicaln'le de pluribus“ (s. Abschn. IV, Anm.
197), . . . . .. laue convertibile proc!er essenliam universalis cril illud, quod pom'!
prima Posten'orum, so. „esse unam in mul!is et de mullis“ (ebend. Anm. 137). Et
e ronverso, si illud xi! definitiv bona e! vera, illud eril propn'um. Vgl. Abschn.
XVII, Anm. 167. u. Abschn. XIV, Anm. 2911f.
105) Ou. de anima, 17, 14 (Vol. ll) p. 546A: Universale ocu'pitur aliquandu
pro inlentione secunda‚ quae sequi!ur operaliunem prinmm inlelleclus, qua inlelh'gitur
quiddilus absolute, et is!o modo es! in intelleclu tanquam aliquid factum per
operationem inlellectus...... Aliquando aalen: universale accz'pilur pro re subiecla
intcnlion! secundar, i. e. pro quiddilale rei absolute, quae. quanlum es! de se, nec
es! universalis neu singularis, sed de se es! indifferens (s. Abschn. XVI, Anm. 74);
e! talc es! obicclum intelleclus direclum, non autem es! in inlelleclu suln'eclive, sed
lanlum obieclivc. An unzähligen Stellen treffen wir fortan bis in das 18. Jahrhun
dert (d. b. bis Alex. Baumgarten) diesen Gebrauch der Worte „subiech've“ und
„obieclive“, welcher zu dem jetzigen sich genau umgekehrt verhält: nemlieh damals
biess subicrlicum dasjenige, was sich auf das Subject der Urtheile, also auf die
concreten Gegenstände des Denkens, bezieht; hingegen obiertivum jenes, was im
blossen obiiccre, d. h. im Vorstelligmaeben, liegt und hiemit auf Rechnung des
Vorstellenden fallt.
XIX. Duna Scotus. 209
das entfemtere Object, nemlich die ursprüngliche quidditative Natur (d. h.
ante rem), oder das ‚ nähere Object, nemlich das individualisirte Wesen
(d. h. in re) sein kann, in welch letzterem Falle die Universalität nur in
der indetermiuirteu Allgemeinheit der Aussagbarkeit liegtlo“). Auch be
zeichnet er das Universale ante rem ausdrücklich als das ursprünglich
erste Vorgestellte des Denkens, sowie die secunda interit-io (d. h. post
rem) als „ arma", und das Universale in re als ein „Aggregat aus Ge
genständlichkeit und Form“ '07). Ja er ist geneigt, für die Erkenntniss
der einfachen Begrill'e (Kategorien) und für die Zusammensetzung der
selben (Urtheil) demjenigen, was Sache der prima intentio ist, eine
Priorität zuzuschreiben und die secunda intentio principiell (vgl. ob.
Anm. 93 I'.) dem syllogistischeu Verfahren zuzuweisen, durch welches so
dann die wissenschal'lliche Entwicklung der prima intentio erfolge W“).
Beachtenswerth aber ist (—-— um Occam’s und seiner Vorläufer willen —)‚
dass bei Scotus zum ersten Male jene Dreistellung der Universalien auch
im (‚‘ewaude byzantinischer Logik auftritt, indem das Universale dasjenige
heisst, was von einem Gemeinbegrill'e bezeichnet wird, welcher eine wirk
liche Objeetivität bedeutet, und somit das Universale in re zum „esse in
wppositis“ wird, während die anderen beiden Stellungen des Universale
als Quiddität und als Denkform wiederkehren '09).
Schon aus dem Bisherigen aber ist ersichtlich, dass bei Scotus die
hauptsächliche Schwierigkeit sowohl logisch als auch ontologisch in den Uni
106) Go. in melaph. VII, 18, (VOI. IV) p. 723 A: Uniwrsale sumi potest tri
plicilcr: I'ro intentione secundu, quae est quaedam relatio rationis in prat'dicabili ad
illud, de quo est praedicobiie Alle modo accipitur pro illo, quod dr'nominulur
ab illa inlentione, quod est aliqua ru primae intcntionisl num sccundac intcntiones
applicuntur primis. El sic accipi poli-st dupliciterz Uno modo pro illo, quod quod
ut subiectum remotum ilenominalur ista intentioneg alio modo pro subiecto propinqno;
primo modo dicitur natura absolute sumptu universale, quia non est de se lmcc;
secundo modo non est universale, nisi sit uclu indetcrminutum ilo, quod unum in
telligibile numero sit dicibilc de omni supposi!o. Vgl. Anm. 109.
107) Ou. sup. Porph. 3, p. 89 B: Universale sicut crlero concreta tripliciter
sumitur. uuandoque enim sumitur pro subit-om i. e. pro rc primae intentionisl cui
upplicotur intentio universalia et hoc modo universale es! priorum abiectum intel
leclus; quandoque sumitur pro forma, so. pro re secundae intentionis rausqu ab
intellectu et applicabili nous primae intrnlionis, et sic loquitur togicus proprie de
universali; tertio modo pro aygregato ex subiecto ct forma, et illud es! ens per oc
oidens, quia aggreyat diversus naturasy ex quibus non fil unum per so. Vgl. unten
Anm. 147.
108) O'u. sup. An. post. l, 46, p. 414 B: Triplea: est opi-ratio intellectus. Unu
es! intelliyontia simplicium; alia cst compositio vel divisio. E! quoud illus duas
opcrationcs ros primae intentionis sunt notae prius intellectui. quam secundum Tertiu
es! operolio discorsive: a praemissis ad conrlusionesl et ille discursus est intentio
sucundo r! es! actus rutionis, per quem ducimur in cognitionem primorum intentionum
et aliarum scientiarumg et ideo quoad hunc actum logica est prior ut ita prior in
quantum ad duc!rinam‚ quia per discursum doctrinamun
109) Ou. sup. Porph. Il, p. 94 A: Significato": termini communis signi/icunlis
veram naturam triplioiter potest considerari. Uno quidem modo sacundum esse in
suppositis‚ quod dicitur esse materiale eins,- .....secundo modo consideratur absolute
secundum esse quidditativumj tertio modo ut per formam intelligibili-m ab in
tellectu apprellmzlilur, quod est esse cognitum. et sic insunt ei intrntiom-st lntvllettm
enim cunstderans naturam hominis unam in multis r! de multis oh aliqua proprietate
ieiu-rta in nutum sic considerate movetur ad causandum intentionem et illam causutam
uttribuit illi natur-uel cuius es! proprietas et a qua arcipilur.
PHANTL, Bosch. III. l4
210 XIX. Duns Scotus.
versalien in re auftrete, und dass durch die Art und Weise der Lösung
derselben auch die Auffassung der Universalien anle -rem und pos! rem
modificirt werden müsse. Der Kern der ganzen Frage liegt bei Scotus
in dem Begriffe der „specz'es in!elligibilis“ (s. bei Aristoteles, Abschn.
lV, Anm. 63, und aus diesem bei Thomas, Abschn. XVII, Anm. 499 11.510),
welche einerseits in den Realismus der ursprünglichen Wesens-Quiddth
(anle rem) zurückgreift und andrerseits doch zu einem anti-platonischen
Goneeptnalismus verarbeitet wird. Dasjenige nemlich, durch welches die
Tliätigk0it des Denkens veranlasst wird (s. ob. Anm. 100), könne unmög
lich das blasse sinnliche Bild der Gegenstände sein, denn dieses sei von
vorneherein ungleichartig, sondern sowohl bei Particularem als auch bei
Universellem wirke auf den lntellectus eine gestaltende Form (species
informtans), durch welche derselbe als thätiger mittelst eines Sammelns
(colligerel oder gleichsam mittelst eines Vermehrens die Form eines uni
versalen 0hjectes erfassc“°). Eben diese spect'es intelligibilis stehe dem
nach in Mitte zwischen der reinen Spiritualität des Denkens und der
ltlaterialität des Sinnes-Eindruckes‚ sowie ja auch bei letzterem selbst
wieder eine dreifache Abstufung in 0bject, Medium und Organ vorliege‘“).
Und somit sei hieltei nicht in platonischer Weise von Einflüssen der Ideal
Welt, sondern von Formen die Rede, welche in den Dingen unter indi
vidualisirenden Umständen auf die Sinnes-Wahrnehmung wirken, aber von
der Denkthätigkeit in andere Formen umgesetzt werden‘“); denn nach
Plato’s Ansicht müsse der intellectus agens hinwegfallen, hingegen gerade
wenn das Universale als solches nicht in concreber Existenz sich findet,
110) Ou. de rer. princ. 14, 3, (Vol. lll) p. 129A: Speries in!elligibilis reqai
rilar in inlc!!cclu propler duo. Unum esl‚ st' res inlel!ecla xi! corporalis, quia speciel
sensus propler suam malm'alilatem c! improporlionem mm passen! movere in
teller!um; e! ideo es! neresse. u! fia! ab ra abslraclio scu‚ u! melius dimm, mulli—
pliralt'o speciei in!elli_qilrilis vir!ule luminis inlellcclus agenlix..„ Sccundo requiriltu‘
spon'es propler obiccli abscn!iam . . . . .. (B) In!cllec!us per speciem informanleu: in
lelligi! lam universalia qaam parliculan'a c! aliu spccie parliculart'a c! a!ia univer
salia . . . . . . 4 . Ab omnibus islis specielms‚ )lnla scasa!ionis a specie rei sensibilis, u!
es! in sensu e! a! es! in imaginalione, colli_qil spcricm rei universal“ ittlcllerlus
commimis. Ebcnd. 15, p. 137 A: Obircla Dem: agunl in in!elleclum inlmi!luulo
:pecivm‚ maxime cum hoc fiel in vir!ule inlellcclus ügt’llll.t‘. Dass ich grundsatzlich
darauf verzichte‚ in die Geschichte der Psychologie (wie/leclus passivus n. activu:
u. dgl.) überzugreifen, habe ich schon langst oben, Abschn. Xl'l‚ Anm. 4 f. aus
gesprochen.
111) Ebend.14‚ p. 124 B: Hebel spccica sensibilis esse lriplicilcl‚ ‚sr. in ob
iec!o extra, q!!0d es! materialc; in media, e! hoc esse vs! quodalnmodo spirilnale
et immalcriale; habe! esse in 0rgano c! ltuc adlmr mayis spirilualiler...„ (p. 125 A)
Ex hie pate!‚ qualiler phan!asmu habe! esse qamhlnm maleriule respevlu eorum, qnae
.mn! in seu:u.‚... Sie in inlcllerlu mm polcs! dewniri ab cxlrrmo, sr. a phanlax
male, ad extremum‚ so. m! inlclleclam sca ad ar!um inlelliycndi‚ qui es! pure spiri
lualis, m'si per mediam in!cr spirilaule e! cor1:0rrtlv; haiusmodi aalen: medium es!
spcries inlelliyihilis. qmm nur! habe! adco esse malerialv sicul phan!asma‚ „er: adeo
spiriluale n! inlcllcctus.
112) Ou. sup. Art. p0sl. l. 3, p. 347 B: Dicilur secundum Platonicos, quer! uns
in!clligimas per spccies in/luras ab idris...... (p. 348 A) Bes nmlliplita! man!
speciem per scnsus er!eriores usqac ad phan!asiam‚ o! i.vla speciex exia/il sah
modu maleriali e! cancipilnr sub condilionibus indiriduan!ibux; sed islu. a! sie, neu
polest pcrfircrc intellec!unt. Idee inlcl!eclus ayens es: illu sprcie in plma!asmate pasi!e
yiynil aliam spcciem in inlcllcclu possibili.
X1X. Duns Scotus. 21 1
sei es Sache des lntellectus, das existirende Ding als Darsteller eines
Universale zu fassen, so dass dabei der auf die Singularität gerichtete
Sinnes-Eindruck mitspielt und doch zugleich die Qniddität der apecies in
telligibilis aus dem Einzelnen „hervorleuchtet“ "3). Ja es folge aus dieser
provocirenden Wirkung der species intelligibt'lis eine passive Empfäng
lichkeit, welche mit dem Denken wesentlich verbunden sei und eine
passio intentionah's genannt werden könne‘“), jedoch nur in dem Sinne,
dass diese Passivität des unmittelbar natürlichen Empfangens dem activen
Wirken der Denkthätigkeit vorhergeht‘“), und die 0hjectiven Dinge nur
die gelegentlichen Veranlasser der universalen Auffassung sind““). So
seien die Universalien, welche der lntellectus trotz aller Abhängigkeit von
dem Sinnlichen doch in höherer Weise erfasse, in der That „erworbene“
Formen — species acquisilae —“7), und wenn man z. B. von Artbe
gritl'en spreche, so sei diess nicht so zu verstehen, dass dieselben als
solche wirklich existiren, sondern nur dass sie mittelst der aus den
Einzelndingen geschöpl‘ten species intelligtibilis vom lntellectus actnell
erfasst werden‘“). Eben die Einzelndinge aber seien es demnach,
welche der lntellectus zunächst früher erkenne, denn gerade weil das
Universale als wirkliches Universale nicht in dem Einzelndinge selbst
sein, sondern nur durch das Denken aus demselben gemacht werden
könne, müsse doch dasjenige, am welchem die abstrahirende Thätigkeit
113) Saut. Litt. l, Dm. 3, Ost. 6, (Vol. V) p. 521: Si essentiac remm essen!
universalcs‚ staut posuit Plato, mm indigercmus secnnrlum ipsum intellectu agente.
Cum aalen: universale inquanlunt MitiUt’rsa/L‘ niltil sit in existentia, sed tunlnm sil in
aliquo ut repracxentanle ipsum abierlum sah tali ratione, .....inlcllectus agens [mit
aliquiri repraesenlalivum uninersalis de eo, quod [all repraesanlaliuum singulatis.
Ehend. p. 538: Niltil intelliyimus in universali nisi cuius singulare phantasiumur,
net: esl alia conversin ad phanlaama, nisi quorl intelligens universale imaginatur sin—
gnlare eins, nen lntellectus uidct quod quitt eal in phantasmatilms staut in ratione
videndi, sed inlrlligens quod quitt es! relucens in sperie intelligiltili n'drt illud in suo
singulan' also. Vgl. Report. Paris. I, Bist. 3‚ Qu. 4, (V01. XI) p. 47 A.
114) Saat. Lilt. l, a. a. O. p. 5291 Not: lautunt lntellectus palilur ab obieclo
reali imprimente tulcm spcct'em realem, sed ab illa obiecta ut in specie intelligt'bt'li
patilur passierte talentionali‚ et illa passiv es! reccplio intellectionis, quac es! ab
intelligt'bili, inquantum intelligiln'le es! relucens in sparte intelligttn'li, et istud pati
ext inlelligere.
115) Ebmd. p. 517: lntellectus potest haben: obieclum acta universale per/acta
sibt' praesens in ratiane obiarti priu: ualuraliler, quam acta intelligal; in illu
priori habe! obiectum sibi pracscns in spule intelligibili, et ila habet spe:iem in
telligibilem priorem acta.
116) 0a. in Pracdicam. 3, p. 127 B: "es nun ext tota causa intentiom's', sed
lanlum atcasio, inquuntum scilicel mnrel inlellcrtum, ul acta consldercl‚ et lntellectus
es! principulis causa. S. Anm. 100.
117) 0a. sup. An. past. l, 46, p. 414 A: Omnls virtutex sensilirae ardinatae
samt ad inleltectum,‘ priux entm apprt‘hendilur species a sensilm: erlerioriltus, et
poslra a sensu aarnmum', terlin a phantasia, quarlo ab intellctlu, et itu inlelleclus
in cognoscmdo aliquo mudo depeudel a polentiis sensitivt's et loquor de inlelleclu,
secundum quod cagnoscitur per speries acquisilas.
118) Ou.-sup. Parph. 18, p. 104 B: Ad rationem generis requirilur, quod mattes
habeal acta species‚ non quac existanl acta vel polentia, sed quod lantum acta can
ci;riantur per speciem inlalliytbilem ab individuis acceptam quandoque eristenlilms,
et quod acta Itabeant aplr'lndinem participandi genug quia Ich: actualitas est illorwn,
inquantum dicuntur spect'e: generis. '
14'
212 .\'IX. Duns Seotus.
geübt werden soll, zuerst berührt werden, und wenn man wohl sagen
könne, dass in solcher Erkenntniss des Einzelnen ein unbestimmt (cou
fuse) Allgemeines erfasst werde, so sei eben hier die Allgemeinheit noch
in die örtliche lndividualisirung verflochten, während das logisch Allge
meine gerade diese Verflechtung ausschliesse; kurz bei dem Erkennen
des roncrct Existirenden (entz'tas actuatis oder existmuia actuah‘s, s. unten
Anm. 139 ll‘.) seien drei Stufen, deren erste das concretc Sein sinniällig
betrachte, während die zweite das reflexive Bewusstsein (vgl. unten Anm.
124) dieser Betrachtung enthalte, und die dritte das ttbject mit dein
Universale vergleiche (compara-re) und so als lntellectus anl'trete U"). Jene
abstrahirende Thätigkeil aber, welche Seotus wieder unterscheidet, jr
nachdem entweder blass von den Einzelndingen oder zugleich auch von
materiellen Modalitäten abgesehen werden soll, und welche er so mit der
byzantinischen Lehre von der distributio in Verbindung bringt 12°), will
er in entschiedenen Gegensatzc gegen Platonismus ausdrückliehst nicht
als ein „Entblössen“ (denudare) von allem sinnlichen Eindrucke betrachtet
wissen, denn das Universale müsse wesentlich von den sinnt"älligen Ein
zelndingen ausgesagt werden können, und eben nur darin liege die Er
hebung des Actes der Intelligenz über jene unbestimmte Allgemeinheit
119) Oa. de rar. princ. 13, 3, (Vol. III) p. 117 B: I'rius cognosri! intellrrtm
singulare, quam universale,- impossibile es! enim, quer! ra!iunem universalis ab nh
quo abslrahu!‚ „ist id, a qno abstrahit‚ praerogaoscat....„ (p. 118 A) Si cagniln
re/ertur ad modum, quo intelleclus prrficilur‚ mm universale inquanlum lale omnin
non si! in re‚ sed fial ac!ione animae per abstraotioncm a xingularibus, nenne est
u! actio lntellectus pries attiugat singulore, ex qao per actionem quasi de quadu
materia faciat universale, e! posterius universale attingat‚ et sie materiatiter loqarM‘»
prima: ooynosca! particulare‚_.„„ In hoc hornine parlicalari existente artu W
humanilos et haec anima!itas, qaae acta existunt, prima ‚opportun! kann entitalm
arlualem..... Unde cum dicitur, quod cugnitio nos!ra inripi! a mayis cou/‘misfl
magi: uninersalilms, !a!is cou/asio et universa!itas non ezrtudi! singu!arilatem't
signalionem ar!ualis existenliar in re extra, mm tote con/‘usum e! 'univcrsale es! i‘llltJ‚
a cuius ratione e.rclndilur „hie e! anno“, immo in eo includunlur. Unirmvlr
antun, de qno quaeris‚ alleria: genetix ext, quia de ratione sua e:rclndit „litt“
man“ et signalioncm e! actaalitutem existentiua (Vgl. Abschn. XVII, Anm. 500.}..u
(B) Natura/i online in!e!lrclas prima apprrhendit urluulilalem rzh!enlis rei am»
bilis...‚..‚ secundo antun: imaginalionis e! rem imaginatam‚ r! ab isto polutatr
trahrre universale per consideruliunem‚ e! sie es! rcntm‚ quod apprehensio universal»
semper es! posterior apprrhcnxrone partirularis . I‘rior es! nolitia singulari: t“
scnsu e! ab intellcctu‚ qtta1n notitia universalis. Ebend. p. 112 A: lntellecla1""
pliriter oersa!ur circa cognilioncm aotualis e.vistentiuc rei: uno modo speculafllt
ipsum acta esse in ipso St'1tsuli0fl9 . . . . .., alio modo reflexive (vgl. ebend. Anm.5?fl
n. unten Anm. 124) inte!ligrndu‚ so intelligere‚ illnd esse acta, !rrtia rm‘du
romparanrlo illml ad universale inlelligeudo, quia hau: u!bedo non :olnm es! fit"
srd r!iam es! co!or.
120) O“. sup. An. pos!. l, 37, p. 403 A: Duplex es! abstrur!iu. Una ext}
materia e! suppositis‚ sind homo abstrahilar ab illo homine e! ab isto e! a matrm
u! ab Iiontinr allzu et nigro Alia es! abstroctio a suppositis‚ sed non a tfllll""‘*
sicu! Immo u!bus abslrahitur ab illo hantiue e! ab isto, sed non a maleria, qm
album rousequilur passiones materialer. Duplici isli abs!roctioni corrcsponde! düfl“
signum distrilm!irum‚ quia termino commum' abslrarlo u supposilis e! a malrrn
corresponde! hoc siynnm „onmis“...... Sed hoc siymmt „unusquisque“ 00rrexpomld
termino rommuni abstraclo a suppositis, sei! non a materia. Was wir bei Pv‘f“’
Hispanus (Absrhn. XVII, Anm. 240 fl'.) über „anmis“ sahen, erhalt somit hier nur
spitzfindxge Bereicherung.
XIX. Duns Scotus. 213
(vommune). welche in der noch sinnlichen Stufe des Wahrnehmens
waltel'l‘). So kann Scotns nicht bloss der aristotelischen Auffassung
betreil‘s desjenigen. was uns und was an sich kenntlich ist, sich an
schliessen ‘22), sondern auch zugestehen, dass es Allgemein-Begriffe gibt.
welche mit dem ßeisalze (circumstantia) der Particularität behaltet und
i. dieser Verflechtung mit sinnlichen Eindrücken selbst den Thieren zu
gänglich sind, wohingegen die eigentlichen Universalien dem lntelleetus
anbeiml'allen'”). Jedenfalls aber muss Scolns mit jener oben (Anm.3l)
erwähnten Polemik übereinstimmen, welche schon Lainarre gegen Thomas
betrell's der angeblichen llnerkennbarkeit des Singulären geführt hatte.
und Seotus hält daran fest, dass mit dem Universale zugleich das Ein
zclne erkannt werde, indem ja Letzteres von Ersterem nicht ausgeschlossen
werde, sondern eben nur die lndividualisirnng des Allgemeinen sei, so
dass auch der thomistiscbe Begrill' der reflerio nicht völlig genügen
könne m); kurz an dem sinnlälligen Veründerliehen seien seine Veran
derlichkeit und seine Unveränderlichkeit nicht schroll'e Gegensätze, sondern
nur verschiedene Beziehungen, welche eben auf Einzelnheit und Allge
meinheit beruhen “5).
121) Senl. Lib. ll, bisl. 3, Ou. l, (Vol. vn p. 360: Universale in actu est
illud‚ quod habet unitatem indifferenterny secundum quam ipsum idem est in potentia
proximar ut dicatur de qualibet supposito Apparct improhatio illius dicti quod
intellectus agens facit unioersalitatem in rebus per hoc. quod dcnudat ipsum quod
quid est in phantasmate exislens. illam ubicunque est. antequam in intellectu possi
bili liabeat esse obiecliue, non tamen est !alc‚ cui potentia proxima convenit
diri de quolibcty sed tantum est in potentia prozima, ut sit in intellectu possibili;
est ergo in re commune. quod non est de se hoc, et pcr consequens ei de se non
repugnat esse non hoc; sed tale commune non es! universale in aclu, quia deficit ei
illa difl'erenlia, .....sccundum quam ipsum idem aliqua idcntitate est praedicabile
de qualibet in/Iivirluo. Ebenso Reporl. Paris. ll, Disl. 12. Ou. 5, (V01. xu p. 328 B.
Vgl. auch Ou. in melaph. Vll. 18 (Vol. IV) p. 721 l‘.
122) Uu. dc anima, 16v 1, (Vol. ll) p. 539.1: Minus unirersale est quod prius
notum est nobis prioritale temporis et cognitione con/usa . . . . .. lllud cognoscitur
posteriusa cuius abstractio est difficilior . . . . .. Prius cognoscitur magis universale a
nobis cognitione dictincla.
123) Ou. in Phys. I, 5, (Vol. ll) p. 16 A: Duplex es! conceptus universalis;
quidam eum circumstantia particulari sibi appropriatm ut „hoc corpus“... .‚ alius est
sine tali eircumslantia ‚ . . . ‚. Cum intellectus habet actualiter conceptam universalem
cum circumslanliix, .. . . . opor!c!‚ quod actualiter respiciat et intendat ad phan
tasmata . . . . .. (p. 17 B) Bruli: insunt conceptus universale: cum circumstantiis
singularibus.
124) Ou. de anima, 22, 3, (Vol. I1) p. su A: Dia"! . . . . Thomas. ...‚ quod
intellectus noster pro statu viae non potest cognoscere cingulare. quia secundum ipsum
materia est principium singularitatis . . ‚ . .. contra hoc procedendum est destruendn
suum principium individualionis, unde excammunicatus est Parisiis iste articulusy quod
non possint esse plura individua eiusdem speciei (s. ob. Anm. 15)..... impossibile
2st, abstrabere universalia a singulari non cognita singulari .. intellectus non potest
intelligere universale, nixi simul intelligat singularer non ergo tantum per reflezionem
(vgl. Anm‚ 119)..... Singulare est a nabic intelligibile secundum se, quia intelligi
bililas sequitur enlilalcrn... Singulare nihil addit ultra universale nisi gradum
singnloritalis, sed non ezcludilur ratione universalitatis in eo conlentae. S. Abschn.
1v. Anm. 82.
125) Ou. sup. An. posl. l, 10, p. 357 A: De mulabiü, secundum quod mu
labile, es! ‚scimlia‚ e! etiam secundum quod immulohilr. lslar rationes non sunt
oppositaej quia rclatae sunt ad diverse. Scientiu enim est de mulubili, secun
214 XIX. Dnns Scotus.
Ans all diesem geht hervor, dass nach des Scotus Auflassung die
Universalien als reine Quiddilüt der Dinge mute rem die metaphysische
Grundlage sind (bis zurück zu Gottes Denken, Anm. 103), aber zugleich
in re mit Individualisirung behaftet nicht wirkliche Universalien genannt
werden können, sondern nur als Sache der prima intenu'o (Anm. 107)
bei jener gelegentlichen Reizung des lntellectus durch die wahrnehmba‘
Einzelndinge die Wirkung einer spect'es inform«ms äussern (Anm. 100
u. 110), um sodann in der aecunda intentio durch die Thätigkeit des
lntellectus zu eigentlichen Universalien post rem erst gemacht zu werden.
Durch diese Grundlage aber ist hiemit bei Scotus sowohl in logisch sub
jectiver Beziehung die Auffassung der significatio, als auch ontologisch
ohjectiv die Begründung des Principes der ludividuation und der plura
ütas formarum folgerichtig bedingt.
Vor Allem nemlich sei es gerade jene specie: iMeltigibilis‚ nicht
aber die concrete Suche selbst, welche durch den menschlichen Sprach
uusdruck (vom) bezeichnet werde (vgl. Avicenna, Abschn. XVI, Anm. 85),
und zwar beziehe sich diese Bezeichnung auf die objective Seite der
species intelligibilis, d. h. insoferne dieselbe den Wesensgehalt einer
Suche vorstelle, nicht hingegen insoferne sie subjectiv den lutellectus
reize; die Sache selbst daher könne vom Worte nur mittelbar, d. h. eben
mittelst der species intelligibz'lis (s. auch Anm. 118), bezeichnet werden,
denn insoferne die Dinge als concrete existiren, werden sie auch nicht
an sich unmittelbar erkannt, sondern nur insoferne sie Gegenstand der
Denk-Auffassung sind 126). Also jene aristotelischen passiones unimae
(vgl. ob. Anm. 114), welche der lutellectus durch die das Wesen ent
haltende species intelligibilis empfängt, sind Gegenstand der Wortbe
zeichnung, nicht hingegen der reine Uract der Quidditit noch auch der
individualisirte Bestand der concreten Sache, denn nur demjenigen, was
der Intellectns erfasst, wird, sobald er es thut, ein Name aufgeprägt,
welcher nach seiner psychologischen Geltung ein Gleiclmiss der Sache
und nach seiner Geltung für die Wissenschaft das ursprüngliche Medium
ist, mittelst dessen die spect'es intelligibilis als ein Zeichen der Sache
vom Intellectus festgehalten wird 127).
du!!! quod es! immutabile mm in n, sed respeclu passionis immnlabilt's. Vgl. unten
Anm. 145.
126) O". snp. Perihcrm. l, i, p. 187 A: Polen quaeri, ulntm „amen significet
rem rel speciem in anima, et inlclligilur quacslio mm de nominilms impositis ad
significaudmn sin:ililudinrs vcl spcaes, scd de quommque alio nomiue cuicnnque
imposilo..... Dico aulem speriem intelligibilium simil1'ludincm inlelliyibilrm, quae
est in inkl/echt u! in subivtlo, sinnt species sensibilis n! simib‘ludu rei swnsibilxx,
que es! in sensu u! in suln'ctlo . . . . . .. (B) Spccies inlelliyibilis immedialc signi
fieatur per vacem‚ ‚er! illa du):lmiler sonsidcrutur; au! inquanlum ext quid accidem
(zu lesen weitaus), so. informmts «nimmt, au! inquanlum rcpmrsrnlal rem (vgl. ob.
Anm. 113). Prima modn mm "fillififlllllT per vorm. scd ‚wunde modo; cum
cnim omne signum, inquanlum sighum. sit signum signati, sequilur, quod vo:n signi
ficun.< simih'tudinem, inquanlum signum rei, signifleal ipsam rem, sed mediale, quiu
so. immrdiam significut i'd, quod m signum vi, inquanlum et signum p. 188 B:
lies significalur, nun tamcn sccundnm quod existit, qsm'u riet sie per u intrtfigilm.
sed seenndum quod per sc pmipilur ab bitclhcltt. . Anm. 124.
127) 0p. ll iup, Periherm. 1, p. 212 B: Nomen prima significa! passiones animuc
(s. Abschn. IV, Anm. 108) i. e. conceptiones inlelleelus..„.. Triu se haben! unun
xm Duns Scotus. 215
Insoweit nun auf diese Weise Denkact und Bezeichnung innig mit
einander verbunden sind, unterscheidet Scotus zunächst für beide ge
meinschaftlich ein „abstractes“ Auftreten von einem „concreten“ (— ein
Sprachgebrauch, welcher sich durch die Scotisten vollends einbürgerte —)‚
insoferne ersteres auf die Wesenheit in ihrer reinen Eigenthümlichkeit,
letzteres auf ihre in den Einzelndingen geäusserte gestaltende Kraft ge
richtet ist'”). Sodann aber bemüht er sich, Denkact und Bezeichnung
selbst wieder zu unterscheiden, und da weist er dem eigentlichen "modus
intelligendi“ das Gebiet der secunda intentio zu, d. h. jene Momente,
welche den bezeichneten Dingen nur durch eine bestimmte Auffassungs
weise zukommen (wie z. B. „Mensch“ nicht nothwendig als „Art“ zu
denken ist, sondern auch als „dieser Mensch“ gedacht werden kann) und
daher nur in ausserlicher Verknüpfung durch „es!“ mit dem Bezeichneten
verbunden werden, wohingegen der „modus significandin von der Namen
gebung her dem Bezeichneten einwohne und stets untrennbar mit ihm
verbunden bleibe, daher in diesem Modus das „prinaipium formale“ der
Einheit des Bezeichneten liege 129). Und diese Betrachtung führt er nun
in jener oben (Anm. 83) erwähnten Schrift, welche in ihrem grössten
Theile der Grammatik angehört, weitläufiger aus. Nemlich der modus
signifcandi sei entweder actions, insoferne er in der Eigenthümlichkeit
des Wortausdruckes selbst, oder aber passives, insoferne er in der
dum ordinem. Primum est species intelligibilis. secundum quam est in actu, sicut
actus primus in sua propria natura . . . . .. Secundum est, quod ratio rei est quod
quid erat esse rei (d. h. das rà rt 1'11! Hum), quod obiieitur virtuti intellectivacl
inquantum est octus, qui est species intelligibilis. secundum quem actum fertur virtus
cognoscens in ipsum quod quid erat esse.... (p. 213 A) Tcrtium est res particulariter
existens sub conditionibus individuantibus. Primum non significatur primo per vocem,
quia quod quid est primo intelligitury quam species rei intelligituig . quia intel
lectus species intelligibiles non intelligit nisi per rc/leæionemy sicut actum suum.
Tertium oero, se. res existentes individualiter per suam rationem propriam, non
possunt primo significare, quia intellectus est in actu primo per suum abiectum pro
prium, quod est quod quid est rei; intellectus non intelligit primo singularej sed
quod quid est sine conditionibus materialibusy . . . . .. et sicut intelligiturl imponitur
ei nomen . . . . .. Similitudinem convenit ostendere dupliciterz vel secundum esse, quod
habet in anima, vel secundum quod est duch'aum in cognitionem rei. Si primo modo
considereturl sic nomen significat similitudinem rci.....; si autem considereturl prout
ducit in cognitionem rei, tunc non primo significatur, sed est1 quo primo intelligibile
intelligitur . . . .. . Nomen mediante specie in anima, quam primo signifieat, signi
fieat posterius rem . .. . . . . (p. 213 B) Voces significant specics, inquantum sunt
signa rerum.
128) Ou. in Praedieam. 8, p. 136 B: quamlibet essentiam contingit sub ratione
propria intelligere et etiam significare, et tali modo intelligent“ correspondet modus
significandi abstractus; alio modo contingit intelligere istum essentiaml inquantum
informat subiectum et huic modo intelligendi correspondet modus signi/icandi concretus.
S. Abscbn. IV, Anm. 147.
129) Ou. sup. Porph. 16, p. 102 A: Quidam sunt madi, qui proprie dicuntur
modi siynificanrli, qui conveniunt dictioni ex impasiliane, a! illi sunt a signi/icato
inseparabiles . . . . .. Alii vero sunt modi magis proprie dicti modi intelligendil quia
tantum insunt significato, secundum quod sub aliquo certo modo concipiturl qui qui
dem sunt sepambites; ....potest enim „hama“ intelligi sub apposito huius intentionis
„species“ sine repugnnntia, ut „iste hama“....‚ Modi, qui sunt inseparabiles a signi
ficala, sunt formatia principia seu rationes-y sub quibus signilicata uniuntur.....
Secunzli modi extranei sunt significatis et uniuntur per hoc verbum „ext“. Esse enim
est rei per se, istae autem intentiones non insunt rebus per se, sed ut comparantur
2l6 XIX. Duns Scotus.
Eigenthümlichkeit der bezeichneten Sache liege, und (—- wobei wieder
byzantinische Logik, und zwar namentlich Shyreswood beigezogeu ist —)
das Wort bekomme durch den lntellectus die doppelte Function, dass es
sowohl als dictio etwas bezeichnet (significat), als auch gemeinschaftlich
mit anderen diess thut (consignificat) und somit zum Redetheilc wird““’).
Dabei aber sei daran festzuhalten, dass jeder modus signifieandi activus
dennoch ursprünglich von einer Eigenthümlichkeit einer Sache herkomme,
denn nur durch Objecte ja könne der lntellectus determinirt werden (s.
oh. Anm. 114), und auch die erdichteten oder privativen Ausdrücke seien
hiegegen kein Einwand, indem dieselben jedenfalls auf einem positiv realen
Vorgange in der Seele berul1en“'). Ja eben darum müsse auch der
modus intelligendi als ein uclivus und ein passivus unterschieden wer
den, indem letzterer in der Eigenthümlichkcit der aufgefassten Sache und
ersterer in der Eigenthümlichkcit der Auflassung selbst liege. so dass
hiemit der modus significandi artivus unmittelbar von einem modus in
telligendi activus herrühre 132). Auch knüpft sich die folgerichtige Be
merkung daran, dass somit das Sein und die passiven Modalitäten des
Denkens und des Bezeichnens sachlich das Nemliche sind, aber der Form
nach (formaliter) sich unterscheiden, wohingegen Passivität und Activität
des Denkens und Bezeichnens formell zusammentreffen und materiell
divergiren 133); auch liege die passive Modalität des Bezeichnens stolllich
ad intelteclum; ideo isti modi nun samt um'ti per se nec sind principia fonnalia,
sah quisz signi/t'cata formalia uniuntur_
130) Gramm. spec. l, (Vol. l) p. 45 A: Modus signifitßlldi nutivus ext modus
sive proprirtu.s um's ab intelleclu siln' cunrexsa, qua modiunte 110.1: proprietatcm rei
signifirat. Modus significandi passirus es! modus sivr proprietas rei‚ prallt es! per
vocem significutu..„. Inlellrrtus duplinem voci rutionrm Iribuit, sr. ratzonrm signi
fi(andi‚ per quam efl'icilur signum vet significons, et sie formalitor rst dictio‚ e! ratio
nem nonsiynificandi‚ per quam v0.2: significuns fit consignum vvl consigni/icans, et sie
formaliter tst pars 0ratinnis. Vgl. Abschn. XVII‚ Anm. 32‚ 67, 125, 199.
13l) Ebend. c. 2, p. 46 A: Oporlrt‚ omnem mode sigiii/l‘rmtdi activum ab ali
qua rei proprictate radiraliter oriri, qnia inleI/eclus ad ipsum rei proprietotern
aspicit. quia intellr‘clus‚ mm sit virtus passive de se indetrrminuln‚ ad aclum
determinatum von vadit‚ nisi aliunde drterminetur..... Std si oontra hoc obiiciatur.
quia.....prirationes et [iqmento sub mtllis proprielatibus cadamt, dicrndum.
quod mm 0portel, quod semprr modu: signifirandi anlivus dirtianis frohatur a pro—
prietate rci fllius dirtiom's. ruius es! modus Signifimndi, sod potest accipi a proprie
tatc rei nllerius dicliouis..... I’rivationrs inlelligimus e.z suis habitilms...„ Lirct
prieatiunes nun xint entia positiva extra aninmm, sunt Iamen onlia positive in anima.
quia eorum inlrlligi es! eorum esse (s. Abschn. IV. Anm. 422).
132) Ebend. C. 3, p. 46 B: Modi signifirandi uclivi immediale a modis intelli
gmdi passivi: aumuntur . ‚ ‚ . .. Modus intelligendi activus est ratio ooncipicmli, quo
mediante intellectus rei proprielates significat, cmxcipit rel apprehcmlit; modus unten:
inlelligendi passirtts csl proprielas rri. protzt ab intelleclu apprchrnsa...... Modt
signi/icundi aotivi non sumuntur o modis esscndi‚ nisi ut hi modi essendi ab inlrlleclu
apprelmndunlnr.
133) Ebend. c. 4‚ p. 46 B: Modus essendi et modus intelligentli passivus et
Modus signifirondv' pussivns sunt idcm materialiter PI realilcr, scd difl'cmnl formu
lilvr; (p. 47 A) Mm modus essendi dirit ahxolulr proprielntem rot, et modus
intelligenrla' pusivus dirit proprie/atem rci au!) modo inlelligendi et mudus signifi—
candi passivus...... Modus mtrlli_qcndi octivus et passivus difl'wunt mntrrialitrr et
cnnrrniunt formuliler..... Modus signifirundi activus et passivus difl’crunt materialitrr
et samt idem fommtiter.
XIX. "uns Scotus. 217
in den Dingen und formell im Worte, hingegen die active st0fl1ich im
Worte und nur nach entfernterer oder näherer Causalität in den Dingen
oder im Denken‘“).
Was aber nun hingegen die objective Seite der Universalien in re
betriflt, so tritt zunächst die Frage über das principi_um individualionis
in den Vordergrund, welche bei Scolus ganz folgerichtig wieder auf
seinen Conceptualismus zurückweist. Vor Allem muss bezüglich der In
dividualisirung die eoncrete Existenz, d. h. wie es Scotus nennt, das esse
existere, so scharf als möglich von der Wesenheit, d. h. von dem esse
euentiae, sowohl bei Substanzen als auch bei Merkmalen getrennt wer
den 135), was sich auch bis in den Sprachgebrauch des Wortes „aus“
erstreckt‘“). Die Wesenheit selbst nemlich ist nur die substantielle
Form überhaupt, und aus ihr folgt in erster Linie nur das „Sein“ des
wirklich Seienden (esse actualiter entis). hingegen Existenz ist nur eine
Folge der lndividualisirung, so dass das Existiren für Wesenheiten etwas
Aecidentelles, für Individuen aber des Wesentliche ist137). Und wenn
somit der aristotelische Begrifl‘ des mivolov erfasst wird 138), so sucht
Scotus den sich hieran kniipl'emlen Folgerungen zu entgehen, um nicht
jenen Bedenken Raum zu geben, welche seitens der Orthodoxie gegen
die Lehre des Albert und des Thomas erhoben werden waren. Nemlich
auch bei ihm bietet die Angelologie die Veranlassung dar (vgl. oben Anm.
13 ll‘., 28, 48), über das Princip der lndividuation eine feste Ansicht zu
gewinnen und auszusprechen. In einer Weise. welche fast an Gilbertus
134) Ebend. 0. 5, p. 47 A: Modus significandi passivus malerialiler es! in re ui
in subier!o‚ formaliter uulcm es! in eo subirclo. in quo es! Modus significandi
activns..... Modus edlem signi/imndi ac!ivus, cum xi! proprictas rods signi/irnlivae,
malerialiler ext in von signifimlim nt in subieclo, in proprielnlc autem rei sinnt
cuusulum in umso remola, in in!ellectu sicul cauaalum in umso prozima. in cou
.<Iructione ‚n'en! e/ficiens in suo elfec!u proprio.
135) Uu. wp. An. post. l, 30, p. 392 B: Subs!unliac duplex es! esse, so. cm
essentiae rl cxis!enliae. Esse esscnliue es! de essenlia‚ esse erislerc non. Eodcm
modo incsse uctidenhs es! duplex, sc. inessc exis!ere e! inessc essenline . . . . ..
(p. 393 M lnlmerenlia acciden!is nclualis mm es! de cssen!ia uccidcn!is; .....in
harren/in lamrn secundum aplitndinmn c'sl de eins essen!id.
136) Ebmd. H. 4. p. 420 B: „Ens“ nomen r! „uns“ pa1‘lit‘ipium mm significan!
purem enli!alein rei sine quiddilulctn, sed „uns“ participium siyni/icul rci exis!rn!iam‚
q1me es! extra esscnliam P! illi essen!iuliler accidil.
137) Ebend. 6, p. 422 A: Esse, quod es! ac!ualiler entis, nun l's'l de essenlia.
Huiu.r poles! esse duplex ratio. Prima, quio esse es! Modus esscnlinc‚ modus au!em
rei nun es! de essenliu. l!cm‚ si esse esse! actus in!rinsrcus esscnliuc, rl e!iom
ipsius c:x0/iliur es! umu ac!us vssenlialia, u! forma subslan!ialis, (an: nnins com
positi nun! dito drin: subslan!iulrs cnmplcti,‘ sed dno (!Cll!.\' sulrslanliult’s non1pleli
fuciun! dno l'0mposilfl,‘ ergo nimm cnmposilum esset dito mmposilu. Pole! ergo. quod
v;se, qnud es! aclnalilcr enlis, nun es! de essentia, sicu! 1m: esse e:iflcre. Isla
(amen duo esse sun! dislinclo, qui:r esse. quod es! nr!ualilcr en!ix‚ prima umse
qui!ur rssrnlium et es! proprium esse i]l.\itt.\‘ n.ssvntiuv‚ srd esse c:istere prinm von
xeqni!ur ipsum individuum. Ebend. 4, p. 420 A: Essr cxis!crr non non.rcquilur
rssenlium primav seil prima rollsequi!ur individuum; indiriduum min: per se et primn
exislit‚ cssen!iu nonnisi prr arridens_
138) Ebend. i, 39, p. 406 B: „Hoc aliquid“ e! „sinnt! !o!um“ in re sun!
neressario coniuncta. quia mm es! poncrc, naturam spcriei eris!ere. sicul ponil Plutoy
pruetrr singuluria, igilnr norruplu ‚.s1/nolon“ necannn'o rorrumpitur „hoc aliquid".
Vgl. Ahschu. X\'ll‚ Anm. 391.
218 XIX. Duns Scotus.
Porretanus erinnert, nimmt er Individuation als eine Untheilbarkeit, Welche
einen inneren Gegensatz gegen Manigi‘altigkeit in sich trage, und indem
er als Grund dieser Sprödigkeit des Individuums die conerete Position
selbst, d. h. die entitas positiva, bezeichnet‘”), polemisirt er ausführlich
gegen Thomas; denn gegen die Annahme einer Bestimmtheit durch Baum
ilimensionen (Abschn. X\’ll. Anm. 519) spreche jedenfalls schon der Um
stand. dass es immaterielle Individuen gebe, und somit von der natür
lichen Materie abzusehen sei, wohingegen der Begritl' einer substantiah'tas
singutaris allseitig genüge“°); auch könne die zum „Dieses-Sein“ be
stimmte Einheit (-unitas signala ut haec) überhaupt unmöglich in der
Quantität liegen, denn diese sei jedenfalls keine Substanz, sondern nur
ein Accidens (vgl. Gottfried v. Fontaines, oh. Anm. 65 f.), und enthalte
auch nicht den Unterschied singuläre: ludividualitäten in sieh, da ja die
Zahlen sich gegenseitig als Art-Unterschiede verhalten, wozu noch komme,
dass die Theile eines Quantums nie den Begrill' des Ganzen als ihr Prä
dicat annehmen, während von den Individuen stets die Speeies als Prädieat
ausgesagt wird‘“); ebensowenig aber könne auch die Materie der Grund
der lndividuation sein, denn, —— wie schon Lamarre bemerkt hatte, s. ob.
Anm. 30 —-, die Materie verbleibe auch noch beim Tode des Indivi
duums‘“). Das Einzige hingegen, wodurch das Individuum eben zum
Individuum werde, könne nur dasjenige sein, was in seinem Begriffe
gegenüber allen höherliegenden Begriffen als Eigenthiimliches liege, und
139) Sent. Lib. ll, bist. 3, Ou. 2, (Vol. VI) p. 375: Neccsse est‚ per aliquod
positivum intrinserum Imic tapirli lanquam per rationcm proprium repngnare silli,
dividi in partes subicctiraa; et illurl positivum erit, quod dieitur esse per sc causa
indiridualiom's. et per individualionem intelligo istam indivisiliililatem Cum in
qualibrt um'tate sit den: enlitalrm positivem, quac sit ratio per so illms unilotis et
iltius repugnantiae ad muttitudinem oppositam, maxime vet aeqnaliter erit hat: der:
in unilote per/erlissimo. Vgl. Abschn. XlV‚ Anm. 479.
140) Ou. in metaph. V, 4, (Vol. lV) p. 605 B: Dicit Thomas, quod unitas nu
meralis caasatur ex maleria arm, smmdum quod substat dimensionitms delerminotis.
Contra: In immaterintilms est wurm, et tarnen nun ext Mani/extior es! noln's uiiitas in materialilms, quam in immatielnr'iatlailbisuxm,atneornia.t.arnen
exrtudit, quin in't in immaterialilms Singulare sirnpticiler substantiale hohe!
uraatinoneim mmmautneriaeslle‚m,cueitus sumbasttearnliiaalirtsats mapmpronpurmieartou,r si.impel.ieirtuciru:sinsguublsatrain,liautnidteos cst
singulart's simptiritrr. et (um: m'hil est ad materiam realem.
141) Seat. Lib. II, bist. 3, 0a. 4, (Vol. VI) p. 383: Intelligo per individua
tionem stve imitalefll numeralcm sie: per singutaritatcm mm quidem unitatcm inde
terminutam, sewndum quam quarttibel in speeie dicilur unum numero, sed um'tatem
signulam ut „haue“ . . . . .. p. 384: Substanlia estprtor naturaliler omni accidente.....
Ergo convenit sul:stontiae primae ex ratione sua, quod sil „hure“, prius naturaliter,
quam determinetur aliquo accideate . . . . .. p. 3891 St quantitas sit prima tadividuans
substantiom‚ oporlerrl, quort ip.m in sc prima sit huce et de se distinrlu numeraliter
ab alia; sed tunc tue propositio non es! cera, so. quod omnis di/Ierentia formalis
ext spart/im; quantitas rnim [vom et illa saut formae, ergo different spccifice......
p. 391: Totem universale, quod dividitnr in individua et in parlcs subieolivas‚ prac
dicatur de qualihrt itlurum portium subieetieamm ita, quad quaclihet pars subiertiva
est ipsum; partrs autem quaulitatieoe. in quas fit divisio lott'us conliaui‚ mmquam
rect'piunt praedicntionem totius dirisi in ipsas.
142) Ebend. 5. p. 4021 Materie es! zudem in generan et corrupto; ergo habe!
cum/cm singutan'latcm in genito et corrupto. Vgl. überhaupt Report. Per. ll, bist. 12.
(Ja. 5 iT., (Vol. XI) p. 326 Il‘.
\""i„ ‚ _‚ <‚
XIII. Duos Scotus. 219
diess sei nun die entitas positive l“), wofür Scotus als Ausdruck des
aristotelischen 15666 n elvm auch das Wort „haecceitas“ gebraucht‘“).
lind wenn auch die Entstehung der Individuen eine quantitative und
materielle Vervielfältigung des Artbegrill'cs mit sich bringe, so sei doch
nur die haecceitas die wahre. und unerlässliche Ursache (causa, sine qua
zum), und darum folge alle Entstehung und Zeugung diesem Impulse der
lndividuation; daher auch waltc in der ohjectiven Welt eben nur diese
Duplicität von Allgemeinheit und Einzelnhcit (vgl. ob. Anm. 125), denn
erstere werde in letzterer individualisirt, hingegen für den subjeetiven
Begriff, also für den Standpunkt eines Conceptualismus, liege allerdings
die abstract gefasste haecceitas selbst in Mitte zwischen dem Universale
und dem singulären Dinge‘“). So werde das Sein der ursprünglichen
Quiddität (d. h. das Universale mute rem) im Denken scharf geschieden
von dem Sein des Individuums, denn in der Quiddität selbst kann kein
Grund der Individuation erblickt werden, und die entitas quidditatr'va
liege jedenfalls dem Formalen und hiemit im Urtheile dem Prädicate
näher, während die en!itas individui dem Materiellen und somit (wie
die aristotelische ngtdn) m’mla) dem Subjecte der Urtheile zugewen
det sei 146).
143) Saut. a. a. O. Oft. 6, p. 403: Omne infr‚‘rius inctndit in se aliquid, quod
nun includilur in intellcclu supcrioris; ergo atiquid per so includitur in ratione
naturae; illud autem inolusum est entitus positiva.
144) Report. Paris. II, Bist. 12, Ort. 5, (Vol.Xl) p. 327 B: Non potent in!clligi
haecceilas ul universale, cum ipsa haecocitas de so sit „haec“.‚.... p. 329 A:
Haccceitas es! numero haue essentiulilcr.
145) Ou. sup. An. posl. l, 36, p. 401 B: Naturae spcciei nccidit multiplicari
per multa ein: divcr:a imlividua; individua enirn per quantitatem multiplicanlur e!
alias conditiones materiales; sed naturac spcciei uccidunl nondilioncs maleriales, ideo
multiludo individuorum acridit naturnc speoi8i...... (p. 402 A) Haccceilas csl rauen,
sine qua nun, et non causa pun'livu, rt isto modo generalio primo consequilur natu
ram in horv Generalio prima potcat inesse diversis individuis, nou tarnen in
qunntum dislincta saut Irypostatioe, sed pro eo, qaod generalio t‘0nscqnilur prima
naturam, quae es! in hoc c! quae cst in illo. Et ita genoratio quodamnrodo es!
universalis, non simpliriter. quia nun nt universale es! obstractum‚ quia universale
ubi!ruttltm sie: non conripitur‚ inquantum hoc positive, ncc Mill hoc, svd im quod
haerccilas sit causa. sine qua nun. Sed naturac tarnen iriest prima generatio von
tingenler, von tarnen contingil sine haeoreitote (somit vollständig das aristo
telische ..iiv.'lgmnoc divägamov yewqt“, s. Abschn. IV, Anm. 463). 1h diccs:
ergo es! poricrc medium inlcr universale e! singularc. l)icitur, quod nun scquitur.
Sud lautem, quod xi! poncrc medium intcr universale et :inyulare‚ secnndum quod
concipilur inqvunlum hoc; sed inter sintpliciter universale et simplicitcr singuIa-re nun
es! medinm. Natura enirn, qnae in her primo generalur, nun ext simpticiter univer
salis. soll ca! sirnpliciler singularis; cst tarnen universalis secundnm quid, quia non
eonoipilur inquantum hoc posilive.
146) Scnl. I.ib. II, Bist. 3, Ou. 6, p. 408: Enti!as individui es! diverse ab mnni
entilnle qnidditalioa‚ quio in!clligendo quamcunquo rntitalcm quidrlilativam nun
ha/retnr in quidrtllate in!ctlecta‚ nndc ipso si! hacc; ergo illa entilrrs‚ quer: dr‘ .w es!
hure, es! alia entitas a quidditate...... Omnis realilus spccifica consliluit in esse
[omwli‚ quia in esse quidditativu; realitas individui ronslitui! pracrise in esse ma—
leriah', h. c. in esse contracto. Et ex hoc sequitur illa dislinclio logicalis‚ quod islu
entilas rsrentialiter es! formalis et illa mulerialis, quia illa cons!iluit in ratione
snbiicitrilis et ista in ruliom‘ praediralrih's. profilicntnm rudern formale habe! rationern
formur, et suhiicibile habe! rationem nmterr'ae. Ebenso ebeud. p. 419.
2‘20 XIX. Duns Scotus.
Hieran aber knüpfen sich bei Scotus noch Erwägungen, welche in
Bälde von seinen Schülern so sehr ausgebeutet wurden (mshesondere
betreffs der Trinität), dass sich allmälig fast eine eigene kleine Litteratur,
nemlich die der „Fonnalitates“, ahzweigte. Schon im Bisherigen auch
(s. Anm. 129 u. 133) waren uns Stellen begegnet, in welchen das Wort
.‚formaliler" zur Bezeichnung der subjectiv logischen Auffassung diente,
und diese letztere kommt nun bezüglich der Individuation noch näher in
Betracht. Vorerst ncmlich ist die so eben erwähnte entitas quiddilativa
sowohl im Stoffe als auch in der Form und in der Zusammensetzung des
Stoffes und der Form oh. Anm. 107) der eigentliche Prioritäts-Staud
punkl, zu welchem hehufs der Individuation, d. h. der „enlitas ut haec“,
erst noch eine ultima realitas hinzutreten muss, und während dann im
Individuum jene drei Momente sachlich coincidiren, müssen sie doch
logisch als /brmaliter distincta betrachtet werden‘“). Sodann gilt inner
halb der entitas determinativa des Individuums das Gleiche auch in Bezug
auf die in ihm individualisirten Gattungs- und Art-Begriffe, denn sachlich
treffen diese im Einzeln-Dinge zusammen, aber formell sind sie sicher
„mm idem“, so dass in einer Gradabstufung sowohl die Gattung als
auch die Art als auch das Individuum je für sich eine eigene ‚forma
litaa“ besitzt, und insbesondere. die Formalitas des Individuums einen
über die Quiddität hinausgehenden Zusatz in der Häcceität enthält‘“).
Auf diese Weise kann dann zwischen einer identitas formalis und einer
identilas realis derartig unterschieden werden, dass in letzterer die erstere
durchaus nicht involvirt ist, denn formell identisch ist nur, was ursprüng
lich und begrifflich ein „idem“ ist; und jener Unterschied selbst soll
wieder nicht so fast durch das positive Wort „distinctum“, sondern
besser durch den negativen Ausdruck „formafiter non idem" ausge
sprochen werden “9). Natürlich liegt hiemit der Höhepunkt der formellen
147) Ebend. p. 413: Entflas quidditaliva es! natura/Her prior isla cntifate, ut
cst haec Sir!!! aompositmn non inrludit man: rnlitalem, qua es! hoc, inquanlum
natura, im um: materia, inquantnm natura, includi! suam entitatem‚ qua ext haue,
ner forma, inquantutn natura. inrladll wem. Ergo isla enlifas non ex! materia vef
forma nec vompositmn, 1'nquunlam quodfibct isfurum ext natura. scrf est ultima rea‘
Iilas enlis‚ thzf csl rau/m'a rrf forma vrf composilum‚ im quad quudlibel commune
et tarnen delernzinaln'le adliar potest distingui, quanluranmquc sit mm res. in plures
reafitalcs formalitrr ditftncfus, quarum haec [ormofiler non rsl itfa.
148) Report. Paris. II, nm. I2, 0a. 8, (Vol. XI) p. 331 B: Cum singularia
saut difl'rrenlia. l'psa rrduruntur ad prima dinersa; illa non sunt nihifa, non acci
dcntia. non natura, i_qitur afiqua entitas dclcr‘minativa naturac‚ ul proprictalcs indi
viduafrs . . . . .. lyitur nun urccsxl: esl. rem. a qua arcipitur di/[vrentin spccifica, esse
aliart rr ab illa. a qm) es! _qrnus arrepfum; semper tarnen es! non idcm formaliler.
Et ista prupn'clas individm' nunquaflt es! res alia a [nrma sprrifica, tarnen semper
es! non idrm formuft'tcr . . . . .. I)i.<simile tarnen es! in hoc, quod /ormafitas sprcifira
srmper es! simplicilt'r [It’r'l't‘t/ißf yradu vrf formalilalr generis: sed non oporlrl pro
prirlatcm indiridni esse simplt'riter per/reliorcm Icr1nalitatr sperifica. Secunda dis
ainu'liludo: fornmlitas xpcrifica conlrulnl ad esse quir/dilalirtml simplicilcr perfertum,
sad formalilas individui runtrahit quidditalcm ad uliquid extra quidditafem, qm'a
omnino altrn'us rationis.
149) Senf. I.zb. I. flisl. 2. OH. 7, (Vol. V) p. 355 (gelegentlich der Trinitits
Lehre): Veto entern idenlilalem /'urumlem‚ nlu' illud, quod sir dicilur idem incfndil
illud. cui sic es! idrm‚ in ratione sua formali rl per consl’quens per sr prima modo
. Essentia non I'ncludit in t'afione sua [orrnali proprielalem supposili nec e cou
XIX. Duns Scotus. 221
Identität in jener identitas adaequata, welche zwischen der Auffassung
einer Definition und der Auflassung des Definirten besteht“°), während
im Uebrigeu sogar bei dem Unendlichen (— Trinth —) immer noch
eine formelle Nicht-Identität möglich bleibt‘“). Sowie aber bezüglich
der Frage, ob Etwas ide1n oder distinctum sei, die Probe im contra
dictorischen Urthcile liegt""‘), und überhaupt dabei logische Momente in
die grammatischen Formen einwirken, da z. B. albus nur materiell iden
tisch mit color‚ hingegen albedo formell identisch ist'53)‚ so weisen
andrerseits gerade sämmtliche formalitates qaidditativae auf das onto
logische Gebiet der metaphysischen Grundlagen des Seienden hinüber‘“).
In eben diesem letzteren Momente aber finden wir wieder die
Drücke zu demjenigen, was bezüglich der ontologischen Seite der L‘ni
versalim in re uns noch zu besprechen übrig ist, nemlich zur pluralitas
['ormarum. In dieser Frage kann Scotus, wie sich erwarten läSst, nicht
den Standpunkt eines Gottfried v. Fontaines oder eines Johannes Pari
siensis theilen, welch beide die in Einem Wesen enthaltene Vielheit der
Formen dem subjectiven Denk-Verfahren zuwiesen (s. ob. Anm. 70 u. 74),
sondern er stellt sich grundsätzlich auf die objective Auffassung des
Lamarrc (Anm. 30) und gelangt bezüglich des Menschen-Wesens zum Dua
lismus des Goethals (Anm. 50). Dass die Wesen aus einer wesentlichen
vorm, e! ideo ‚wie's! concedi‚ quod an!e omnrm urtum inlellectus es! realilo.v essentiar,
quac [orntaliler von es! i!!o ve! non es! eadem formatiler illi. Numquid i_qitur
debe! concerli aliqna distinrlio? Respondrn: Melius es! uli isla negative „Hoc mm es!
['orntaliler idem“, quum „Hoc es! sie et sie dis!inclnm“. Scd Nonne sequi!ur: „A c!
B non sun! idem formalilrr, ergo sind formaliler distincta“? Bespondro, quud nun
aparte! scqui, quia formalilas in an!ecedentr nr_qolur e! in conseqneule af/irmulur . . . . ..
Manifestalur prr exrmpla . . . . .. S! ponatur n!bedo spe(ies simplear, es! tarnen in allw—
dine «liquid n’uliler. mute habe! rationcm coloris, c! aliquid, unde habe! rationrm
di/Icrrn!iue‚ e! [wer realitas /umlaliler non es! illa reolilos.‘ imo una es! er!ta rou—
!i!utrm allerius, /onna!rler loqurndo, sie!!! si essen! duae res, lice! modu prr [dra—
tilalem is!ae duae r<‘aliloles sint um: rrs. Hoc exemptum...„‚ quod identilas realts
‚um neressario vonr!udit identitalem formaler».
150) 0uodlib. Qu. l, (V0l. Xll) p. 11: Aliquid es! idem essen/t'alitc‘1', Sir:
‚i! idrm esscnlialiter identtlute adarquulo, sicut in creuluris illud es! ideal. quer!
intelligitur per definitionrm. ci. quud in!rlliyitur per definitum, siw si! idem tanqaum
inclusum rssrntia!r!er in illo‚ quomndn illud, quod intrlliyilnr per pur/cm definitioms,
passe! dici idem ri, qnod intelliyilur per definilum. Diess dürfte wohl auf die Lehre
von der Conseqnealio zurückweisen, s. Absrbn. XVII, Anm. 623.
151) Svnt. I.ib. l, Bist. 5, (in. 2. (Vol. V) p. 6631 l'crfeclio idrnlitatis errlndt!
omnem composilimwm r! quasicumpositionem, quac idrn!itas es! propler infinitalrm,
r! tarnen in/initas mm tolli! forma/Her rationes, quin hau: formaliter mm si! ilta.
152) Sent. I.ih. IV. bist. 49, (m. 2, (Vol. X) p. 338: Distinctorum in entilate
absolula allemal potrs! esse ubsque conlrodirlionc sine altem. Onadlil;. Ort. 3.
(Vol. XII) p. 82: Universaliter enim qund runreni! ofirai sie, qnod omnimodo rontro
dir!io sil, illud «xse sine hoc, hoc es! idem rea!iler i!!l.
153) Uu. de anima‚ 21, 12, (Vol. II) p. 567 B: Licrt grau: et di/ferentia nou
n'a! idrm formuliler, quia ra!io difl'erenliae nur! inr!udit rationem formalen: generis,
[amen saut idem realiter vel identice; quandorunque rnim aliqua ‚um! idrm forma/Her,
n‘ iungantnr sinc medio, es! ringotio‚ u! „color allwdo“, nur! tarnen s! saut idem
tdentirc .wtum‚ e! non formaliter‚ u! „col0r albus“.
154) Senf. Lib. II, Bist. 16, Ou. l, (VDI. VI) p. 772: Ens ran/incl 1nnllas pas
siones, quae „an sun! rcs o!iae ab ipso enlr‚ _distin„-anntar tarnen ab inricrm
formaliler e! quiddi!ative c! e!iam ab 2flft'‚ forflm!itule dico reuli r! qiuddila!iva;
«liter mr!aphysicu non esse! scicntia rru!is. Vgl. ab. Anm. 98.
222 XIX. Duns Scotus.
Mehrheit zusammengesetzt sind, steht ihm von vorneherein fest, und nur
wenn man sich an den Wortausdruck anklammern wolle, gestehe er zu,
dass die letzte abschliessend lu'nzukommende Form des Zusammengesetzten,
wodurch es ist, was es ist, allerdings Eine sei, aber eben hiemit sei die
Vielheit der hiednrch verbundenen Formen nicht verneintlää‘). Eine zeit
liche Stufenfolge aber der verschiedenen Formen, deren die je frühere
auf die je spätere mitwirke, verhindere es, dass das zusammengesetzte
Wesen etwa bloss ein Aggregat wäre 156); und selbst bei der Annahme
einer gleichzeitigen Wirkung bestehe eine natürliche Rangfolge der For
men, welche bei Substanzen zu grösserer Vollkommenheit und bei Acci<
dentien abwärts zur allmäligen Unvollkommenheit führe'“). So sei auch
-beim Menschen-Wesen in der Form der „Mischung“ die ganze Vielheit
vorausgehender Formen enthalten, und es trete hiezu als zweite Haupt
t'orm das Inlellectuelle hinzu““). Abgesehen aber von der fortschreitenden
wirksamen Kraft der Wesens-Bildung könne allerdings eine Vielheit von
Formen als eine gleichzeitig existirende nur z. B. in den Körpertheilen
bestehen, deren jeder seine eigene Wesensform hat, hingegen für das
Zustandekommen des schliesslich einheitlichen Wesens wirke eben eine
Gradabstul'ung (gradus) mehrerer Formen“’°); und insoweit beim Ent
155) Saul. Lib. IV, bist. ll‚ Uu. 3, (Vol. VIII) p. 649: Esse totius compositi
inclndil esse omnium parlium et includit mulla esse partialia mullarum partium n!
farmarum, .vicut totem ens ca: mullis formis inrludil illas actualitales parliales. St
turnen omnino fiel vis in ucrbo, concedo, quer! formale esse tolius compaaiti ext
principatile: per unum formam, et illa forma est‚ qua lotum compo.situm esl hoc
(ms; isla entern esl ultima adveniens omm'bus praeredenlibus. Et hoc mudo totum
compositum dividilur in dass perle: essentiales. in arten: praprium, sc. ultimam for
mum, qua csl illnd, quod est‚ et in propriam polenliam illius aclus‚ quae inctudit
mulcriam primam cum omnt'bus formis praecedcnlibus. Et islo modo eoncedo, quod
esse illud totale es! complelive ab una forma, quue dat loli illud, quod ext; sert
ex hoc non sequilur, quod in tolo includalur praecise una forma, vel quin in tote
includanlur plurcs fornme p. 653: Fruslra cnim poneretur aorporeitas alia ab
inlrllrcliva, si ipso includal vegetativen: et sensitiven: et sensitive et vegetative in—
cludanl corporeilalem; sed sccundum altem viam esl facilis responsio; hic cnim e.tt
urcessilas poncndi plura p. 654: Licel intellecliua non habeal propriam re—
paynuntiam ad aliquam formam naturalem‚ tarnen informundo materiam requiril qua
tilales aliquas; itlue autem saut qualitates consequenter forn;ant priorem.
156) Theorem. 2], (Vol. III) p. 319 A: Forma prior adveniens posteriori dat
perferlionem mm lanlum sitn' propriam‚ sed cliam posteriori propriom; otiter 'I0fl
fieret unum ex malvria et forma, m'.ri aggrcgatione. Ehend. 22‚ p. 327 A: St
formae snnt plures in esse per/acta, et acliones; quia forma es! principium suf/i
ciens aclionis.
157) Saal. a. a. O. p. 645: Plures sunl mulaliones partiales termihatae ad
plures [armes parliales praecedcntcs rel ordine durationis, si ponalur um; forma prius
lemporc imiuri quam alia, vel ordinc naturae, xi ponamus omnes illas St"ltll tempora
induri....... p. 648: Ouamdin procurlilur in substanlialibus‚ semper posterior esl
perferlior prioribus; quamto aulem seniler ad accidenlates, sequens est imperfeclior
ultima praecedcnte.
158) Ebvnd. p. 640: Forma misliom's coulinet virtualiter omnc: fmtas, quae
possunl esse seorsim in aliis fomiis corporis. [den aalen: intellertiva 1l01t coulinel
islnm formam mislionis, ..‚...forma antun mislionia coiltinel omnes alias extensas
vet erlertsibiles; et ideo iltae (inne su/ficiunl in hantiuc.
159) t)u. de anima, 15, 12, (Vol. ll) p. 533 A: Serundum diverses grndiu in
[ormis plurcs [armer possunl unam malertum iam infarmare per hoc, quod forma
praecedens leitet se ca; perle maleriae, et hoc terminat polentialilatem eins disponenda
XIX. Duns Scotus. ' 223
stehungs-Processe eines Wesens zwei Formen in ihrem Zusammentreffen
eine neue dritte bewirken, sei diese letztere eben hiedurch eine intensivere
(intensior), als die vorausgehenden, während bei denjenigen Formen,
Welche nicht Zum Vorgange der Wesensbildung selbst gehören (z. B. den
Formen der Körpertheile) sehr wohl mehrere Formen gleicher Art neben
einander bestehen können 160). — Uebrigens bot Scotus‚ indem er auf
physikalischem Gebiete diese Gradualität der Formen, d. h. die Steigerung
und das Nachlassen derselben, näher erörterte‘“), auch hierin die Ver
anlassung dazu dar, dass bald von verschiedenen Seiten mehrere Schriften
„De inlensione et retjtissz'one formarum" verlasst werden.
Mag somit dasjenige seine Erledigung gefunden haben, was bei Scotus
die Auffassung der Universalien und die Entscheidung der mit denselben
zusammenhängenden Controversen betrill‘t, so bleibt uns nun noch übrig,
ihn auch durch die einzelnen Theile der Logik hindurch zu begleiten.
Hiebei aber wird sich uns als seine wichtigste Eigenthümlichkeit zeigen;
dass er häulb.r und in reichem Maasse die Lehren der byzantinischen
Logik einflieht, für deren allmälige Fortbildung er uns ohnediess schon
oben (vor. Abschn., Anm. 586 ll‘.) als geschichtlicher Zeuge gedient hatte:
und während es allerdings auch möglich wäre, die sämmtlicben byzan
tinischen Gruppen des Scotus abgesondert für sich darzustellen, will ich
dieselben doch lieber, um einen sachgemässeren Eindruck hervorzubringen‚
einzeln dort einreihen, wo sie Scotns selbst gleichsam als Ergänzungen
betrachtet zu haben scheint (in ähnlicher Weise musste ich ja bereits
oben an zwei Stellen, Anm. 88 u. 109, verfahren).
im Commentare zur lsagoge benützt Scotus das von Albert auf
gespeieherte Material und erörtert so die Fünfzahl der Universalien’“),
die‚versehiedencn Definitionen des genus m“), wobei er daran festhält,
dass die Gattung nicht Stoll‘ ist'“), die Definitionen der speco'es‘“) und
der dilferentia unter Beiziebnng der arabischen Unterscheidung zwischen
ipsum ad [orinam scqurnlrm, .u'rut c converso ima forma pnlexl plures mulerias in
[brmare per hoc, quer! allem se Ienel es: pa:lc fonnur. (Ja. in Phys. l, 24‚ 4, (Vol. ll)
p. 97 B: Ouod impassihile esl‚ simnl plurrs [armes substnnliules cs.vc in eodem sub
icclo, es! warum, nisi secumlnm diverses pur/imies maleriar‚ in quihns sunl diversuc
purlu formae‚ r! ex quibus cnnstiluilur und forma; srcmnio {sind es! verum de
formis eductis de polmtia malcriut'.
160) OH. in meluph. V, 7, (Vol. IV) p. 618 B: Quarcnnquc formuc eiusdem
xperici in eodrm faciimt unum, illud unum !crlium es! inlensius ulrvque; xi nun:
duue specics sint simul in mediu et [irriunt wurm, Musulmnl s,rvciem unam intrn
siorefl1...... p. 619 B: Omnes fommr Imbentrs di/l‘crenlinm in eodrm subiecto, si
imlucanlw per molum‚ nrcessario di/frrunt sprcie; Iamrn de «bis nun induclis per
molum nur: es! neressarium, imu possibile esl‚ quer! duuc Iules einsdrm s]n’0iei am!
in codem suliirrlu. Ebend. VII, 20, p. 733 B, wo jedoch nur die Mehrheit der
Theile eines lebenden Wesens gemeint ist, deren jeder seine ihm eigenthiimiiche
“'escnsform haben muss.
161) Ou. in phys. lll‚ 4, 14, (Vol. II) p. 180 B.
162) Ou. s-up. l'orph. 12, p. 95 f. Vgl. Abscbn. XVII, Anm. 400. u. Absrhn.
XVI, Anm. 107.
163) Ehend. 15, p. 98 f. u. 17, p. 103. Vgl. Abschn. XVH, Anm. 401. und
Abschn. XVI‚ Anm. 109.
164) Ebd. 16, p. 100. Vgl‚_Abschn. XVU, Anm. 422.
165) Ebd. 20 f.‚ p. 106 fl‘.’ Vgl. Abschn. XVll, Anm. 4ll. n. Abschn. XVI,
Anm. 121. .
224 X1X. Duns Scotus. ‘
substantiale und essenliale‘"“) und Fixirung der richtigen Wortform'“),
sodann noch proprium und accidens im Anschlusse an Avicenna (jedoch
ohne ihn zu nennen) polemisch gegen Porphyrius H"‘); was aber bei
Albert über die Tabula logica und das wechselseitige Verhältniss der
fünf Universalien sich findet‘°“), ist hier nicht berücksichtigt.
Bei Erörterung der Kategorien verwirft Scotus Albert’s Auffassung
des Begriffes „pruedicabile“ 110)‚ bespricht aber im Anschlusse an Albert
das ‚.ens" äusserst ausführlich 171), desgleichen die sog. Anteprädica
mente"'-') und die regula de quucunque'“); die Begründung der Zehn
zahl der Kategorien weist er der Metaphysik zu"‘) und lässt in der
weitsehweifigen Detail-Erklärung auf die Substanz die Quantität, dann die
Relation und erst hierauf -die Qualität folgen‘“). Als ein Verdienst muss
hervorgehoben werden, dass er im Vergleiche mit Albert verständig genug
ist, belntfs einer Ergänzung der Kategorien das stümperhafte blachwerlt
des Gilbertus Porretanus zu versehmähen‘“).
In der Lehre vom Urtheile nimmt Scotusyon vorneherein in
Shyreswoodk Weise den byzantinischen Begriff der Syncategoreumata auf,
welche nicht, wie das Subjeet und das Prädicat, auf ein von ihnen be
zeichnetes und ihnen entsprechendes Ding hinweisen, sondern nur den
Sinn der Auffassung modifieiren‘") und daher auch nie als selbstständige
Redetheile auftreten‘“); denn wenn sie beim Prädicate stehen, sind sie
nur ein Theil desselben, ohne es in seinem Verhältnisse zum Subjecte zu
determiniren, und wenn sie beim Subjeete stehen, bestimmen sie dasselbe
166) Ehd. 23—27, ||.109—114. Vgl. Abschn. XV11, Anm. 418 fl‘. n. Abschn.
XV1, Anm. 94, 135 fi".‚ 158.
167) Ebd. 29, p. 114 f. Vgl. Abschn. XVI, Anm. 150 (das übliche Beispiel
ist auch hier „rationafc“).
168) Ebd. 30 fi‘.‚ p. 116 ff. Vgl. Abschn. XV11, Anm. 425 ff. u. Abschn. XV1,
Anm. 152 1T.
159) S. Abschn. XVll, Anm. 414 u. 427.
170) Ou. sup. I’raediram. 2, p. 126; s. Abschn. XV11, Anm. 429.
171) Ebend. 4, p. 128 ff. 0u. sup. Elenclt. 15, p. 237 A: Quod quaedam res
ad inricrm haben! huhitudinem, {den dicil primus pliilosoplms (d. h. der Metaphy—
siker), quud „cm“ dicilur de subslanliu r! ucrirlenlibus analogice; scd quia logicu:
ronxideral res‚ ul sah ralione cadunl. ideo diril, quod „uns“ aequivoce diulur de
substanliu et accidente. Vgl. rbd. Anm. 415. u. Abscbn. XVI, Anm. 32.
172) 0a. sup. Praed. 5—8, p. 131--137.
173) Ebd. 9, p. 138.
174) Ehd. 11, p. 142 B. Doch findet sich eine solche metaphysische Erörte—
rung bei ihm nicht.
175) Ebd. 12—30. Die gleiche Reihenfolge trafen wir auch bei Vincenz v.
Benuvais‚ Absehn. XVII, Anm. 309.
176) Vgl. Abschn. XVII, Anm. 439 f.
177) Uu. mp. An. pr. l, 8, p. 2b4 B: In propasiliaue inveniunlur duplice: ler
mini.‘ quidum, qui saut ul subieclum et prurdicalum, et saut lenniui Calegoremulici;
alli sunl Irr1nim syncalcgorcmalici, u! Sigi/n universafia, purlirulun'a, copufa naiver»
sah's, rnniunclianes e! Imiusmadz. et istis lerminis non currrspundel all'quod signifi—
culum «lind a significalis lerminarum calegorcmalicurum. sed per ipsos itilclleclm
alilrr inleffigil et apprcliendit eundem rein. (Auch Shyreswuod halle ja die Copula
„es!“ zu den Syncalegorenmata gerechnet, s. Absehn. XVII, Anm. 78.)
178) Op. II sup. l'erihcrm., l‘rooem. p.212: Nomina cf verlm sunl muyis puih‚‘.r
interprelationis‚ quam intcrprelulioues‚ e! dicliones synrategoremalicae mm haben!
rationrm inlerprrlutiunis, quia nun sind dictiones per se signifiranles.
XIX. Duns Scotus. 225
nur im Vergleiche zum Prüdicate, ohne selbst ein Theil des Suhjectes zu
sein "9), d. h. sie heben dann nur die Unentschiedenheit des Subjects
begritl‘es auf, um ihn in ein bestimmtes Verhältniss der Supposition zu
bringen 130). Hingegen ehendarum verbleibt dem Verbum als solchem
seine sachliche Geltung, indem es nicht, wie die Syncategoreumata, eine
blasse Modalität, sondern einen Thathestand ausdrückt, neben welchem die
satzbildende Function als zweites hergeht“‘).
Diese grundsätzliche Bezugnahme auf byzantinischen Stoll‘ tritt bei
Scotus nun überall hervor, wo Gelegenheit dazu ist. In Bezug auf die
Quantität der Urtheile polemisirt er ausdrücklich gegen eine Erörterung,
welche über das Wort ‚.omnis“ sich bei Petrus Hispanus findet, da bei
dem Zeichen der Universalität es genüge, die Function aufzufassen, welche
es für die Supposition überhaupt ausübe 182). Dann auch fasst er die
Frage als eine ganz allgemeine auf, ob die quantitativen Momente für
sämmtliche Arten der Urtheile Geltung haben, und hiebei führt er aus
dem „Auc!or Sammelarum" (d. h. aus Petrus Hispanus) eine Menge von
Beispielen an, denkt auch an die hypothetischen, exelusiven, cxceptiven
Urtheile, und erwähnt gelegentlich die Worte „co-nlinue, ab aeterno,
omm'no“, auch „ceteri, singuh'", neben vielen anderen längst traditio
nellen Syneategoreumata 193). Und während betreffs der Qualität etwa
179) Ou. in Praedicam. 12, p. 144 B: Omne syncalegoremalicum in praedicalo
es! pars praedicah'; ali!er ex ceris sequeretur [alsum sie „Nullus hamo es! 0mnis
honw“ (s. bei Petrus Hispsnus, Absehn. XVII, Anm. 246) . . . . .. p. 145 A: Synta
Iegorematicum addilum praedica!o non de!ermina! ipsam in comparatione ad snbiecluni,
.. el ila es! synca!egoremalicum respeclu partis praedicali‚ sed non resprc!u prac
dicali, quitt ipsam es! alia pars praedicati. Sed syncalcgoremalicum addilum sah
iec!o non es! pars suln'ecli, quia de!erminat illud, cui additur, in compuratione ad
praedicatum. Somit steht Scotus auch hierin auf dem Eintheilungs—Motive des
Shyreswood (s. ebend. Anm. 66 f. u. 80), nicht aber auf dem engeren Begrille des
Syncategoreuma, wie er bei Petrus Hispanus (Abschn. XVII, Anm. 256) erscheint;
und auch die Späteren folgen dem Scotus.
180) Ebend. p. 144 A: „Homo“ de se indifl'rrms es! ad niul!as acceptiones, so.
pro von, pro inlen!ione, pro supposilis; signa vero, a! „omnis, aliquis“, sibi addita
indifferenliam ad in!rn!iones e! ad vom: Milan! e! de!erminan! ipsum ad accep!ionem
lautem pro supposilis.
181) Op. 11 sup. Periherm. 4, p. 217 B: Verbum non !antum es! unio sive modas
aniendi ez!rerna, sed e! es! res quacdam anila‚ cui apponilur praedica!am; qaia in
verbo nun! den, so. compositio e! res.
182) Ou. lup. An. pr. I, 7, p. 282 B: Signam universale non requiri! aliquem
cerlum numeram sapposilorum termini commum's, cui additur, sinnt aliin dicunt
(s. Abschn. XVIl, Anm. 241), quod hoc signam „omnis“ ad minus reqm'ri! Iria
supposita; quia signum universale af/l‘rmalivum non dcno!a! aliad, quam praedi
ca!am die! de omni sapposilo subiec!i, non vonno!ando mul!itudincm rcl paucitalem
snppositurum.
183) Ebend. 4, p. 278A: An omnis propositio si! anieersa!is‚ particularv's, inde
finite, vel sinyularis. Argui!ar, quod non‚ de is!is proposilionilms „Ornm's homo es!
totem in quanlilale“ (s. bei Petrus Hispauus, Abschn. XVII, Anm. 208), „Omnix
homo es! lerminus communis sigma universal! delerminalas“ (ebd. Anm. 202), ...de
quibus non videlar. quod sinl universales, quia !anc essen! falsae, e! tarnen pnni!
Ipsas auelor Summularum . . . . .. Is!a „Omnis Phoenia: es!“ (ebd. Anm. 242) n0n es!
universalis, qaia subicrtum non distrilmi!ur pro pluribus, e! tanxen hoc siguum
„omnis“ ad minus requiri! [n'a suppasi!a (ebd. Anm. 241)..... Dubilatur da propo
si!ionilms hypothelicis‚ quan!ac sin! . . . . .. Trio quaesila „Gnus, 0aalis, Quun!u"
(ebd. Anm. 153) non solam quaeran! de ca!egorica‚ immo tam de cn!egorira qmm:
PIANTL‚ Gesch. III. 15
226 XIX. Duns Seotus.
erwähnt werden mag, dass im Anschlusse an arabische Lehre bei Urtheilen
jeder Art das Hauptgewicht auf die Stellung der Negation gelegt wird n‘4),
und daher die Zusammensetzung des Verbums mit einer Negation das
Urtheil zu einem negativen macht‘“), so ist es hiuwiederum die Moda
lität, welche Anknüpfungen an Byzantinisches darbietet. Scotus nemlich
zieht das ganze Gebiet der Exponibilia bei und betrachtet (wie auch
schon Andere gelhan hatten, s. Abschn. XVII, Anm. 604) als versteckt
hypothetische Urtheile alle Exclusiv-, Copulativ-, Beduplicativ-Sätze und
auch diejenigen Sätze, welche auf incipi! und desini! oder auf den jün
geren Syncategoreumata generari, corrumpi beruhen'“), sowie er gleich
falls aus den späteren Erweiterungen jener Logik bei den Worten „sein,
cognosco, ignoro" u. dgl. die Unterscheidung eines sensus compositus
und eines sensus divisus aufnimmt‘“), während die Berücksichtigung
der Belativa auf die ältere Formation zurückweist‘“). Auch benützt er
hypnlhclira, u! pale! in Summulis . . . . .„‘ proposiliones hypolhe!icae sun! qnunlae
.secnndum quantilalcm ralcgmicnrum, ca: quilms componunlur. u! is!a „Si omnis
Immo currit, omm's hamo movelur“ (hier jedoch tauscht den Scotus sein Gedacht
niss, denn in den „Sunimulae“ findet sich Solches nirgends. wohl hingegen bei
Algazeli. s. Abschn. X\'l, Anm. 261) . . . . ‚. Dulu!alur de proposi!ionibus errlusiris‚
exrcp!ivis e! Imiusnmdi‚ .....u! is!a „Tonlum animu! es! homo“ aequipollel i'in copu
lulinae „Anima! vs! homo, e! uihi! ab animali es! homo“ (s. Petr. Hispanns‚ Abschn.
XVll, Anm. 260) . . . . .. Dubi!a!ur de is!n „Omncs apos!oli sun! dnodecim“ (ebd.
Anm. 240), quod hoc siynum „omnis“ !envlur rollec!ive .... .. Dubi!u!ur de isla
„Tolus Sorrales es! minar Sucru!e“ (ehd. Anm. 252), e! dicilur‚ quod es! univrrsalis
rapie‘ndo hoc signum „lo!us“ dis!ribulivc (ebd. Anm. 267) . . . . .. Dubi!a!ur de pro
porilionibus‚ in quilms poni!ur aliquis is!orum !crminorum „ron!inue (vgl. ebend.
Anm. 597), ab ae!erno‚ omnino“ e! Iiuius-modi (abermals eine Vermehrung der Syn
categoreumata)...... Duhi!nlur de is!a „In/inila puncto snn! in cou!inuo“; respon
de!ur, quud nccipiendo hoc siynum „infinilu“ syncalegoremalice !unc ipso es! univer
salis uf/l'rmaliva (S. ebend. Anm. 264) Dubi!ulnr de proposilionibus, in quilms
ponnn!ur relative diversilalis‚ u! is!a numina „oe!eri‚ siuynli“ e! Iminsmodi (ebd. Anm.
217, woselbst jedoch nusscr „alias“ kein anderes Beispiel erwähnt ist).
184) Ebeud. l, 3, p. 277 A: Proposilio ca!egorira, in qua poni!nr !erminus in—
fini!us sie: a perle subiccli sivc a perle praedicali, es! a/firmalira‚ lll!fll lauten
00pulam non praeccda! nrgn!io aliqua . ‚ . . .. Proposilioncs hypulhe!icae mm sun!
af/irmulivae oc! nega!iuue ralione ca!egoricarum‚ ex quilms vomponunlur‚ sed ratione
coniundionis. S. bei Algazeli‚ Abschn. XVl, Anm. 260.
185) Ou. sup. Perilmm. H, l, p. 204 B: Verbum infini!um in ora!inne posi!um
non di/fvr! a verbo pure nega!ivo . . . . .. (p. 205 A) Negalio uon !un!um refer!ur ad
rem verbi, sed ad composi!ioncm; ideo uln' ponilur verbum infim'lum in ora!ione‚ illa
es! praposi!io nega!iva simpliciler.
186) Ou. sup. An. pr. l, 3. p. 276 B: Ouardum es! proposilio mm: rategorica
c! aliqua hypo!he!ira c! aliqua, quae non es! hypulhc!icu per com'unclionem ex—
pressnm, aequipolle! !u1ncn hypo!he!icae‚ u! propnxi!io exclusina (s. Abschn. X\'ll‚
Anm. 76 f. n. 260), copula!iva (ebd. Anm. 86 n. 589), reduplicaliva (ebd.Anm.262)
c! propositiones‚ in quibus ponunlur is!n verha „incipi!‚ desini! (ebd.Anm.81u.263),
generari, corrumpi“ w! consimilia (ebd. Anm. 600) . . . . . .‚ p. 277 B: Proposi!iunes‚
in quil1us pommlur huiusmodi diclioncs‚ possun! die! a/firmalive er! nega!ive cum
uddi!irme.
187) Ou. in phys. Ill‚ l, 3, (Vol. II) p. 170 A: Isla verba „sein, cognosco‚
ignuro“ faciun! proposi!ionem in scnsu oomposi!o‚ so. qnando praccrdun! rel sequnn—
!ur !n!am proposilionem‚ sed in sensu diviso, quando ponun!ur in!er perle: propo—
si!iunis. S. ebend. Anm. 585 I“. n. 598.
188) 0u. sup. Periherm. ll‚ 10, p. 208 A: Rela!ivum subs!nnliae refor! idem cum
cuo an!ecedenlc, „qm“ vero es! rela!iuum subslanliuc etc. s. ebend. Anm.213.
XIX. Duns Seotus. ‘ 227
hiebei erklärlicher Weise die amplialio‘“) und greift mit der copulotio
bis zu Shyreswood zurück“°). Und diese letzteren Momente verwerthet
er auch bei Erörterung eines aristotelischen Beispieles, welches schon im
früheren Mittelalter die Erklärer beschäftigt hatte („Homerus est poeta",
s. Abschn. XIV, Anm. 211), indem die Tragweite eines im Präsens stehen
den \'erbums durch die dislribulio““) und beziehungsweise auch durch
die restriclio bedingt istl‘9'z). Auch modifieirt er jene von Späteren (s.
Absehn. XVll, Anm. 595) über die Umsetzung modaler‚Urtheile in Ur
theile des Stattfindens aufgestellten Regeln in spitzfindigster Weise, je
nachdem in dem ursprünglichen Urtheile ein Pluralis oder eine copu
lative Conjunction oder ein Zahlwort oder ein Syncalegoreuma ent
halten ist‘93).
Was die Lehre vom Schlusse betrill‘t, so begegnen wir sofort
einer Berücksichligung des Begrill'es der eonsequerolia (s. ebend. Anm.
6l0 ll'.)‚ indem Scotus Denjenigen gegenüber, welche bei der aristoteli
sehen Definition des Syllogismus an die Expom'bilia dachten, auf den
Unterschied hinweist, Welcher zwischen Syllogismus und consequenlia
189) Ou. sup. Anal. pr. l, 12, p. 291 A: Proposilionum de inesse quoedom
sunl, in quibus portilur aliqui: lerminus amplr'ulieus (ebd. Anm. 225 l'. u. 598) sub
r‘ecli vel praerlicali ad suppanendnm pro supposills possibililms proelerili rel
[ulim' oul cuinslibel lemporis ilidi/ferenler; aliquae sunl, in quilrus „an panier huius
mudi lerrninus.
190) Op. II sup. I'vrillcrirl. G, p. 218 A: Ulrum verbum de praesenli copulel
„mm“, quod inslul‚ vel imli/fcrenler quodlibel prue.«cns . . . ‚ .. „Hie homo es! Iwnro“
copulm pro islo mute, el cras cum dico „homo est“, copulubil pro im: rinne, qnod
es! lune, aub rolione pracsenlralilalis et nrm pro hoc singuluri „uns. Unde sie eopulal
verbum de pressen/i pro quolibel prae.<cnli‚ quousque hulqu rationem praesenlis, et
non pro inslunli signifimlo. S. bei Shyreswood, Abschn. XVll, Anm. 63, vgl. ehend.
Anm. 127.
191) Ou. sup. Periherm. l, 9, p.196 B: Ulrum lerminus communis supposilus
verbu de pr'acseflli snpponul [an/um pro pracsertlilms. 10, p. 197 B: Ulrum in pro—
po.rilione de pruelerilo slel sul:ieclum lau/um pro illis, quae fuerunl, el de fuluro
lunlum pro illis, qui erunl. Vgl. ebend. Anm. 470. Auch gebraucht Scotus in all
diesen Capileln (qu. 6 IT.) häufig das Beispiel ‚.Anlirhrislus“, vgl. ebvnd. Anm. 224.
11, p. 198 AI Terminus communis in qlu'zcunque proporilione....‚ .suppom'l pro qui
buscunque suppesilis sive existenlibus siee uon exislenlibus . . . . .. Terminus pro
omnibux dislribnilur in i,uucimque proposilione, in qua absolute sumilur. Vgl. ebend.
Anm. 238 ll‘. _
192) Ebend. 13, p. 202 A: Ulrmn lerminus commum's possil reslrin_qi . . . . ..
(B) Terminus supponens verbu de praescnli restringllur, el tausa reslriclionis L‘s!
aclualis inlmerenlio praedicali ad subicclum . . . . .. p. 203 B: Sed cum per proposilio
nem de praesenli mm plus significnlur, m'si extrenmm inesse extreme, polrsl dubilari,
per quid signi/irelur acluulis inlmerenliu, quac csl euusa reslrieliouis (die Lösung
aber dieses Zweifels fehlt). S. ehend. Anm. 230 ll'.
193) Ou. in plrys. Vl. 2, 6, (Vol. II) p. 356 B: lsloe reguloe sunl 1nodificandae.
Prime si allrrum ezlrcmum sil pluralis numeri, mm oporlcl, quod 1'Ha proposilin
ponalur in esse per unam de praesenlr' .... .‚ Secundo si allerum extremem sil cupu
Ialum, nun oporlrl. quod per wurm proposilionem ponolur Terliu quando ab mm extreme proposr'lionis pom'lur teirnmiensusse, nsuemderapleirs,pluIrnense lila
ponenda es! in esse per plures proposiliones..... 0uarto qnarido a perle praedirali
proposilionis ponilur syncaleyorema. vel oliquod includeus syncalegoremu, lunc mm
oporlcl, quundu illu proposilio ponilur in esse, quod illud synculegorcma maneal suh
propria forma a parle praedirali . . . . . .. lslis quoluor condilionibos ob.vervolis illuc
regulae sunl universaliler concedendae.
10 ' u
228 XIX. Duns Seotus.
bestehe, indem zur letzteren auch schon die Umkehrung, die Aequipollenz,
das Enthymema u. dgl. (s. ebend. Anm. 611 u. 616) gehöre, wobei nur
aus Einem Satze ein anderer gefolgert werde““). Doch hängt eben
damit wieder die äusserst ausführliche Erörterung über die Umkehrung
der Urtheile zusammen, indem dabei die comequentia in ihrer engeren
Bedeutung mitspielt uml überhaupt trotz allem Ansehlusse an Aristoteles,
bei welchem natürlich die Lehre von der Umkehrung nur im Dienste der
Syllogistik steht, doch jener Standpunkt durchblickt, nach welchem die
Umkehrung eine niedrere Stufe des Syllogismus selbst sein soll (s. ebend.
Anm. 616). Scotus zeigt bei dieser Gelegenheit die ganze Schärfe seines
logischen Denkens, und wenn wir auch für den byzantinischen Wust
grammatischer Dinge uns wahrlich nicht erwärmen können und gerne
zugestehen, dass Scotus da, wo gebotene Gelegenheit gewesen wäre‘“),
die principielleu Schwierigkeiten des aristotelischen Buches De interpr.
ebensoweuig als Albert (ebd. Anm. 455) gründlich gelöst habe, so trifft
er doch bezüglich der Umkehrung der Urtheile vielfach das Richtige,
indem er auf Fälle hinweist, in welchen die bloss den Umfang der Be
griffe berücksichtigende traditionelle Lehre nicht zureicht.
So weist er an der Hand byzantinischer Logik betreffs des allgemein
bejahenden Urtheiles nicht bloss darauf hin, dass die übliche Regel der
Umkehrung desselben für das exceptive‚ exclusive und reduplicalive Urtheil
(s. Abschu. XVll, Anm. 260 ff.) nicht gelten könne, sondern hebt auch
ausdrücklich hervor, dass ein allgemein bejahendes Urtheil, dessen Prädicat
ein nicht vereinzelter Gemeinbegritl‘ ist, rein umgekehrt werden kann,
wenn Subjects- und Prädicats-Begrill' vertauschbar sind, wenn ein Unter
begrilf von einem Oberbegriffe ausgesagt wird, und wenn (nach den
Regeln der consequentia) der Vordersatz eine Unmöglichkeit enthält‘“).
194) Ou. sup. An. pr. l, 5, p. 280 A: llta definitiv (d. h. des Syllogismus bei
Aristoteles) compatit consequentiae, in qua arguttur ab exponibilt'ba: ad expo
sitam, u! dicenrlo „animat est heran, et nihil aliud ab animali es! homo; igt'lur
tun/um anintul cst homo“ (s. Abschn. XVll‚ Anm. 260). Und die Lösung dieses
Einwanrlqs lautet p. 280 B: Pununtur ista „in qua quibusdam posttis“ (d. h. eben
diese in der aristotelischen Definition des Syllogismus vorkommenden Worte) ad
di/fcrenlt'am cousequentiae, in qua er una propositionc in/ertur alle, cuiusmodi es!
convcrsio‚ acquipotlentia, enthymema et huiusmodt', quarum aliquae saut conscquentt‘ae
formales et aliquae materialcs.
195) Du. sup. Periherm. ll, 3 ff., p. 205 ff.
196) Ort. sup. An. pr. l. 14, p. 293 B: Propositio exclusiva es! universalt's
nffirmalt'na, et (amen conrertitur simpliciter in universalen: a/firmalivam...‚. Pro
positio excepliva es! universalts affirmatiua...., et tamen neu convertitur in parti
cutarcm af/irmatt'vam. I‘roposztto redupltmttua es! universalis affinnativa.„..‚ et
tanzen mm ranvvrtitur in particutarem a/‘firmatieum. Hierauf werden ausführlicbst
sümmtliche Fälle unterschieden, je nachdem im allgemein bejahenden Urtheile das
Prädicat ein termt'nus discretus (s. Abschn. XVII, Anm. 624) oder commanis und in
letzterem Falle entweder nun distn'butn: oder distributus ist (s. ebend. Anm. 238 tf.)‚
welch letzteres wieder entweder a/firmalive oder negative eintreten kann. Und da
wird z. B. betreffs der gewöhnlichen aristotelischen Urtheilsform bemerkt (p. 294 A):
Universalis a/firmativa, cut'us praerlicatum es! terminus commum's mm distributas.... .‚
in tribus casibus potest convertt' simplicitcr gratt'a maleriae.‘ Ouando anleccdens es!
impossilu'le, et idco sequitur „Omnis homo est Minus, tgt'tur 0mnis asinus es! hamo“,
quia ud impossibtle sequitur quodh'bet (s. ebend. Anm. 621 IT.) Otttlfld0 sub
tcclum et praedicatum samt termim' convertiln'les (es ist diess vollständig richtig,
x1x. Duns Scotus. 229 ’
Auch heim allgemein verneineuden Urtheile fällt ihm für die Umkehrung
das Hauptgewicht auf die distributio, denn wenn dieselbe durch die
Satzform ausgeschlossen ist, lässt sich das Urtheil nur parlicular umkeh
ren, und wenn sie negativ auftritt, muss die Umkehrung mittelst eines
Belativsatzes vorgenommen werden 197). Desgleichen wird das particular
bejahende Urtheil, falls sein Pradicat eine Distribution zulässt, in ein all
gemein bejahendes umgekehrt werden müssen; wenn aber das Prädicat
ein terminus discretus ist, tritt auch hier das Mittel eines Relativsatzes
ein ‘98). Und auch die Frage über das particolar verneinende Urtheil
(dieselbe blieb bekanntlichst noch später ein Gegenstand verschiedener
Ansichten) erledigt er in gleicher Weise, indem ihm die Umkehrung des
selben in ein particular verneinendes Urtheil jedenfalls statthaft erscheint,
insoferne nur im umgekehrten Urtheile die Distribution ausgeschlossen
bleibt (d. h. die Negation dem Prädicate vorangeht); denn nach conse
quentia formalis muss die im ursprünglichen Urtheile stattfindende
Distribution bei der Umkehrung wegfallen, während nach consequentia
materialis sie in jenen nemlichen Fällen möglich bleibt, in welchen
das allgemein bejahende Urtheil rein umgekehrt werden kann‘”). Aber
man denke nur an Urtheile. wie 2. B. „Alle Körper sind schwer“ oder „Alle Wirbel
thiere haben Blutgefasse“ u. dgl.) Ouando inferius praedicatur de suo sape
riori..... "Omo: animal est homo, igitur omnis homo est animnl". Sodann noch:
omnis universalis affirmotioa, cuius subiectum est terminus communis dislributus,
convenitur gratia formae in particularem affirmativam omnis propositio uni
versalis a/‘firmaliva de terminis rectis infert ezctusinam de terminis transpositis.
197) Ebend. 12. p. 291 B: Duplex es! universalis negativa; quaedam cuius
praedirulum distribuitur, ut „nullus homo est asinus“; aliqua, in qua praedicatum
non distribuiturl ut nomnis homo animal non es!“ . . . . .. omnis propositio universalis
negative, cuius praedicatum dislribuitnr, polest converti simpliciter..... .. universalis
negativa, cuius praedicatum non distribuiturl non potest converti simpliciler, ut
ista “Omni: phoeniz animal non es!“ convertendo est in istam „Quoddam animal
non es! phuenix“‚. omne signum positum a parte subiecti in converso debet
manere a parte praedicati in convertentel so. quando subiectum est terminus com
munis restriolus, ut nii/ullus homo est mulier“, igitur „Nulla mulier est nullus
homo“....... oportet mutare signum secundum declinationem grammaticalenu ut.....
„Nullus homo es! capra“, „Nulla capra est aliquis homo“...... (p. 292 A)
Quando praedicatum distribuitur negative, ut ista „Nullus homo est nullum animalu
com-ertitur in istam „Nihil, quod est nullum animaly est homo“.
198) Ebend. 13, p. 292 B: Duplca; invenitur propositio particularis a/firmaliva;
quaedam, cuius praedicatum est terminus diseretusr ut „Ouidam homo est Socrales“,
et tatis sine aliquo addita non potest converti simplicitor, sed per accidens in singu
larem; si addantur istae dictiones vquod est“, bene conoertitur simpliciter....
„Aliquid, quod est Sooràtz's, est homo“ . . . . .. Atta est propositio particularis, cuius
praedicatum distribuitun ut „Ouacdam luna est omnis luna“, et infert quandam uni
versalem de termmis transpositis, ut istam „Igilur omnis luna est luna“.
199) Ebend. 15, p. 295 B: Quaedam est particularis negativa, cuius 'praedicatum
est distributum, sc. quando praedicatum sequitur negatiouem, ut „Ouidam homo non
est asinus“; alia est, cuius praedicatum non distribuitur eo quod praecedit nega
lionem, ut „Ouidam homo animal non es!“.‚.... omnia particularis negativa, sive
sit de praedicato distributo sive non distributo, convertitur in particularem negativanu
cuius praedicatum non est distributum .... .. (p. 296 A) Nulla propositio particularis
negativa de praedicato distributo conoertitur in porticularem negativam dc praedicato
distributo gratia formae..... E! dico notabiliter „consequentia formati“, quia in ali
quibus terminix sequitur gratia materiae..... Quando uterque terminus est conver
tibili: . . . . .. Quando superius negatur de inferiori..... . Quando anti-cedens est
‘ impossibite..... Quando consequens est necessarium S. Abschn. XVII, Anm. 623.
230 XIX. Duns Scotus.
höchst unnütz verschwendet ist der Scharfsinn, wenn Scotus sich auch
um die Umkehrung von Urtheilen bemüht, in welchen ein sog. Casus
obliquus vorkommt, und hiefür sogar Regeln nufstcllt“°). Was endlich
die Umkehrung der modalen Urtheile betrifft, macht es sich Scotus mit
der aristotelischen Lehre ziemlich leicht, indem er die Schwierigkeiten
dadurch beseitigen zu können glaubt, dass Aristoteles die Modalität eben
nur nach dem sog. sensus divisus (s. Abschn. XVII, Anm. 585) verstanden
wissen wolle 201).
In jenem Abschnitte der ersten Analytik, welcher den Syllogismen
selbst und ihren Formen gewidmet ist, begegnen wir dem gleichen Ein
flusse byzantinischer Logik. Um nemlich eine anderweitige Stelle nur
der Vollständigkeit willen zu erwähnen, woselbst Scotus auch die logi
schen (Zensuren Kilwardby’s in der Frage über Stoll‘ und Form des
Syllogismus berücksichtigt 20'-’)‚ sehen wir, wie er die Giltigkcit der Regel,
dass aus bloss negativen Prämissen ein Schlusssatz nicht erreicht werden
könne, mit Gründen bestreitet, welche der Lehre' von der consequentia
entnommen sind, da nach consequentia formalis aus einem negativen
Satze nicht bloss stets ein hypothetisches Urtheil, sondern auch jedenfalls
irgend Etwas durch Umkehrung, Aequipollenz und Subalternatim gefolgert
werden könue203). Dass er im Commentare überall häufig sich der seit
Shyreswood auftretenden Kunstworte (Barbara, Celaren! u. s. f., s. Abschn.
XVII, Anm. 52) bedient, hat für uns durchaus Nichts auffallendes, aber
er ist hierin unter den Erklärcrn des (lrganons der Erste 204). Bei der
200) Ebend. 18, p. 300 A: Propositiones‚ in quilias tcrmini obliqui saut sub
iec!a‚ exsolrendae saut in quasdam alias de sabicelo rrclo per istad pronomcn „quod“,
v. g. „Hominis asinus curri!“ resolrenda es! in islam „Momo esl‚ ruius osinus
currit“. Sun! aliquaß rcyulue in eunrcrsinnihus prüpositionum de 0bliquo Obser
vandac, v. g. „Cu'iuslibcl coulradicliunis altern pars es! rera“ prima resolrenda
est in islam „Ouaelifie! conlratlictio es! aliquid, cuius altem pors es! vera“ e! Inne
convrrlenda es! in islam „Aliquid‚ cuius allem pars est vera, es! ronlradiclio“‚.....
„Asinus es! hominis“ converlilar in istam „E_ns Imminis es! asinus“.
201)‘ Ebend. 26. p. 310 B: Aristoteles . . . . diril, quod proposiliones madales
simililcr eonver!unlar illis de inesse (s. hingegen Abschn. IV, Anm. 545 11.), c! iri
telligit de illis in scnsu diviso. Ebendj28‚ p. 316 B: Aristoteles non ititelligil de
modulibus propositionibus in scnsu eomposilo, qnia sie pauca eins dicla essen! rcra.
202) 0a. sup. Elcnch. 4, p. 226 B: Ulrum syllogismns pcccans in materia
si! syllogismus (s. ob. Anm. 21, woselbst Nro.2) . . . . .. (p. 227 A) Syllogismas sie
se huhel‚ sinnt eirculus nullam maleriurn sibi delerminal, undl‘ in qaacunque
materia repariatur sive forti sive deliili, dummvdo forma circuli ibi saloetur, circulus
dicitar; simililer syllogismns.
203) Ort. sap. An. pr. 1,21, p. 304A: Ad unom ralegoriram de inessc negatiram
scquilur [orplaliter una hypothetica, quitt quaclibet proposilio in/rrt se ipsmn
formaliter cum qnacimque alia salrdisiuncliont2, sinnt scqaitur formaliter „Nullns homo
cnrrit“, igitur „Nettes Immo curri! vel dens non es!“ . . . . . . .. E: und ncgalira freue
pnlesl scqui alia negative gratia formae . . . . .. per conaersionem, . . . .. per unqui
pollcntiam. .....per subattcmutionem. Vgl. oh. Anm. 194.
204) Ehend. 7, p. 283 A; 22 Il'., p. 305111; 25, p. 809 A; 27 lT., p. 313 fl'.;
II. 3. p. 333 A; 6, p. 337 A. u. s. f. Man sagte bisher zuweilen, diese Kunstaus
drücke habe schon Thomas aufgenommen; dass aber dieses nur Pseudo-Thomas
sei, s. unten Anm. 344. Hingrgen wenn wir dieselben auch bei Raimumhts Lullus
trafen (vor. Abscllrl.. Anm. 63), so fallt allerdings, wie ich schon oben hervorhob‚
die schriftstellerische Thatigkeit des Lulll15 im Ganzen um einige Jahre spatcr‚ als
jene des Scotus.
\
XIX. Duns Scotus. 231
ersten Schlussfigur erwähnt und löst er ein Bedenken, welches auf den
ampliativen Worten und dem Sophisma „Nichts Lebendiges ist todt, Alle
Menschen sind lebendig, Kein Mensch ist todt“ (vgl. ob. Anm. 191) be
ruht'"“). Auch den sy!logismus expositorius (s. Abschn. XVll, Anm. 624)
erörtert er und gibt unter Benützung jenes nemliehen Beispieles betreffs
der Flussnamen einige auf distribulio beruhende Regeln über die formale
Geltung dieses Schlusses““). Wo er die Frage über die Zulänglichkeit
der drei Schlussfiguren bespricht, sagt er nicht bloss, dass die hypothe
tischen Schlüsse damit überhaupt Nichts zu schaffen haben (s. sogleich
Anm. 209), sondern weist auch ausdrücklich (wie Albert, s.Abschn.XVll,
Anm. 466) die vierte Figur als unberechtigt ab, da aus einer Umstellung
der Prämissen keine Verschiedenheit der Figur folge, sondern die Anord
nung des 0ber- und des Unter-Begriffes das Maassgebende sei2°7). Bei
den modalen Schlüssen vergisst er nicht, auch jene Modalitäten in Er
wägung zu ziehen, welche durch die Begriffe ,.sci0‚ opinor“ u. dgl. bin
zugekommen waren (Anm. 187), und stellt im Einblicke auf sensus
eompositus oder divisu.g (vgl. Anm. 201) Regeln auf 208). Den hypo
thetischen Schluss aber bespricht er in ficht aristoteliscbem Sinne 2o“).
205) Ebend. 22, p. 305 B: Dimm! aliqui, quod is!i matt! (d. h. die ersten
vier Modi der ersten Figur) !enrn! yra!ia furmae erceptis duobus casilms. Primus
es!‚ quando argui!ur in !erminis divim's. Secumlus, quando ar_quitar ex terminis‚
qui amp!iantur (vgl. ob. Anm. 189).. . . ‚ . e! idea mm sequitur „Nultum vivum es!
mortuum‚ 0mm's hamo es! vivus, Igitur nultus Immo es! martuus“. Die Lösung
dieses Zweifels folgt c. 23, p. 307 A: Dabei concludi additis istis dictianitms „qui
es!“ ad subtectum conclusiunis aryuondo sie: „Nullum mortuum es! vivum, Omnis
homo es! vivus‚- lgilur uullus hama es!‚ qui es! morluas“. Vgl. Anm. 197 f.
206) Ebend. 11, p. 290A: De syllogismo c:tposilorio affirma!iro dit'tt‚ quer! in
qualibe! trium figuraram potes! fieri bonus . . . . .. „Surrales es! musims, albmn es!
Senates, igi!ur album es! musimtm“ . . . . .. „Hase essen!ia divina es! paler, filius es!
haec essentia divina‚ igi!ur fi!inx es! pa!e1“ . . . . .. „Sequana j'ai! a ccntum annis,
haec aqua es! Sequana‚ igi!ur havo aqua fui! a centam annis“.....‚ (B) De syllo
gism0 exposiluriu negative dito, quad vale! in prima figura gratia formen maiore
existente npgatiea..... Nun rate! in prima figura, si minor [uerit negative; e! nausa
es!‚ quia si minar [ucril negative c! maior a/firmativa‚ !unc maior cx!remitas non
es! distribula in praemissis, imma sta! determinatc, e! tarnen sla! crm/‘use e! dislri—
bulive in conc!usione‚ matte ex mm distribtrto nunquam sequitur distributum
gra!ia [‘0111I419.
207) Ebend. 34. p. 325 A: Ulrum omnis sy!logismus fia! in aliqua !rium [ign
ramm. Arguilur prima, quod nun . . . . .. Ouo! modis polar! fieri ordinalio, !a! mm!
figurae; sed qua!uor modis diversis potes! fieri huiusmodi ordinatio; igitur quatuor
erun! [igurae . . . . .. Sammle, quod syllogismi ex hypotltesi non redueuntnr in
praedictas figuras. Nun aporle!‚ fieri sytlogismum hypotheticum in aliqua trium
figurarum, e! hoc dico, quantum ad !otalem pr0cessum..... (p. 326 A) Vocatur
syllogismus osteusivus, qui immedia!e infer! conclusionem intcntam; sed vaca!ur sy!—
logismus ex hypothesi, qm' immediate nun in/ert conclltsionem in!rntam . . . . .. Saturn
!ribus modis poles! fieri debita ordinatio respcclu extremnrurn sccundum subiectionem
e! pruedicationem; iyi!ur tres erun! figurae e! nun plures . . . ‚ ‚. l’rapter salam trans
positionem non provenit diversitas aticuius pracmissae neu conclusionis‚ per vonse
quens nec diversi!as figurae.
208) Ebend. 36, p. 329 A: Es: maiore de hoc modo „scire“ in sensu romposilo
e! minare de inesse mm fit syltogismus ad canctudendum de hoc modo „srire“, live!
baue ad conc!udendum de Messe De hoc modo „upinor“ fit bonus syllogismw
sumcndo maiorem in sensu diviso e! minarem de incssr.
209) Ebend. lt, I, p. 332 A: Islam syltogismum vom! Aristoteles syllogismum
232 XIX. Duns Scotus. Manigfaltigkeit der‚Parteien.
Im Commentare zur zweiten Analytik schliesst sich Scotus viel
fach an Robert Capito an, welchen er häufig selbst citirt, entnimmt aber
auch Manches aus Albert, wie z. B. die Angaben über dignitas, subiectum
und passio 210) und die Grundlagen der höchst ausführlichen Erörterungen
über per se („perseitas“), prima und neressarium*“), wobei übrigens
selbst hier noch aus Petrus Hispanus die restric!io im Begriffe der „ne
cessitas diminuta“ hereinspielt 212). Auch die üblichen Bemerkungen über
demonstratio potissima fehlen nicht2‘3).
Was endlich den Commentar zu Soph. Elenehi betrifft, welchen
der scolistisehe Herausgeber der Gesammtwerke des Scotus unmittelbar
nach der Lehre vom Urtheile einreihte”‘)‚ so behandelt derselbe über
haupt nur die ersten fünf Capitel der Schrifl“"’), aber Einzelnes in
wahrhaft peinlicher Ausführlichkeit, so z. B. die aequivocatio und die
amphibologia"“), wobei auch Vieles aus des Boethius Erklärung der
ciceronischen Topik entnommen ist. Natürlich fand Scotus hier gleich
falls manigfache Gelegenheit, auf byzantinischen Stoff einzugehen, und
so begegnen wir wieder der distrz'butiozfi) und der copula!io““)‚ sowie
im Anschlusse an ältere Formationen den Syncategoreumata „e!"219)
und „solus“ 220).
Jene manigfaltigen Folgen nun, in welchen das Auftreten des Scotus
bis zu Occam hinab und auch über diesen hinaus eine nachhaltige Wir
kung ausserte‚ werden wohl nur dadurch ihre angemessene Darstellung
finden können, dass wir in der Hauptsache uns vom chronologischen
Faden leiten lassen; denn vorerst in jenen fünfzig Jahren, welche im
Ganzen zwischen der TI1ätigkeit des Scotus und jener Occam’s liegen,
zeigt es sich als unthunlich, eine Gruppirung nach Parteien für die Dar
stellung zu Grunde zu legen, da, wie ich schon bemerkte, erstens die
ad !ranssumplionem (s. Abschn. IV, Anm. 583 u. 592), quia quando debemus proben
nimm. Irans/erimus uns ad probandum aliud‚ ex quo virlule alieuius supposilionis
in/erimus in!cnlum. Vgl. Anm. 207.
210) (In. sup. An. post. I. 4, p. 349 A. S. Abschn. XVII, Anm. 475.
211) Ebend.15—40‚ p. 365—407. S. ebend. Anm. 473 f.
212) Ebend. 39, p. 406 A. S. ebend. Anm. 234.
213) Ebend. 44, p. 413 A. S. ebend. Anm. 476.
214) p. 224 ff.
215) D. h. nur bis zur Rückführung aller Sophismen auf ignorolio elenchi.
Schon die Vertreter der byzantinischen Logik behandelten nicht das ganze Buch,
schritten aber doch bis Cap. 15 vor; s. ebend. Anm. 197.
216) Ort. sup. Elench. 9—22, p. 231—244.
217) Ebend.l4, p. 234 B: Ulrum signum universale adveniens termino aeqairoeo
possi! ipsum dis!rihuere pro omm'bus supposilis caiuslibe! sui signifira!i. Die Frage
wird bejaht, denn (p. 235 A) disfributio es! accep!io alicuius commum's pro quolibrl
eins supposito‚ quorum qaodlibe! es! ipsnm. S. Abschn. XVII, Anm. 66 u. bes. 238.
218) Ebend. 10, p. 230 B: U!rum lerminus aequivocus continea! sua significafa
per modam copulationis . . . . .. llla significanlur capulalive per !erminum‚ quae aclu
cnrlcipiunlur semone prolalo. Vgl. ob. Anm. 190.
219) Ebend. 30, p. 251 A: Ufrum hoc: dic!io „e!“ operelur polenfialem multi
pliralionem .... .. Caaiunrlio per se copufa! inler !erminos‚ per accidens edlem in!er
pmpusiliones. Vgl. bei Sh_vrrswood‚ Abschn. XVII‚ Anm. 86.
220) Ebend. 32, p. 252 B: „Solum“ polrs! !rneri oa!egaremalice vcl syncatego
rema!ioe Si synmlrgoroma!ice‚ Inne significa! proeciaom acccplioncm illius, cui
adiungitur. S. gleichfalls bei Sbyreswood ebd. Anm. 76.
‚
XIX. Manigfaltigkeit d. Parteien. Dominikaner u. Franziskaner. 233
beliebte bequemere Scheidung in Thomisten und Scotisten als zwei aus
schliesslich bestehende Parteieq dem thatsächlichen Verhältnisse nicht ent
spricht, und zweitens, wenn man auch hehufs einer leichteren Uebersicht
lichkeit diese Zweitheilung mit Gewalt in die Geschichte hineinconstruiren
wollte, dennoch die beständige Rücksicht, welche jeder einzelne Autor
auf seine jeweiligen Zeitgenossen und nächsten Vorgänger nimmt, den
monotonen Charakter eines angeblichen Thomismus und eines angeblichen
Scotismus sehr fühlbar unterbrechen würde. Das Richtige ja ist, dass
neben etlichen Autoren, welche in bornirter Treue die Ansicht des Einen
der beiden Meister nur der Operation des Wiederkäuens unterwerfen, in
den einzelnen Fragen die bunteste Kreuzung verschiedener Ansichten auf
Grund gewisser Auctoritäts-Stellen zu Tag tritt; dieses Verhältniss aber
spinnt sich während eines halben Jahrhunderts gleichsam von Jahr zu Jahr
von Autor zu Autor fort bis zu Occam.
Allerdings zieht sich Ein bestimmtes Motiv durch diese Verschieden
heit der logischen Ansichten hindurch, welches mit dem Geiste der reli
giösen Orden, denen Thomas und Scotus angehörten, in theologischer
Hinsicht zusammenhängt. Nemlich die Dominikaner oder Prädieatoren,
aus welchen die meisten Thomisten hervorgingen, vertraten die gelehrte
Theologie in einer speculativen Construction des Dogmas, welche auch die
obersten Principien desselben demonstrirbar zu fassen versuchte; hingegen
die Franziskaner oder Minoriten, welche den Scotus zu den ihrigen
zählten, standen in Bethätigung der Seelsorge den Interessen des sog.
niederen Volkes näher und betonten so grundsätzlich das Bedürfniss einer
praktischen Theologie als einer Seelen-Arznei, während sie auf eine theo
retische Construction der obersten Fragen verzichteten oder sogar auf
zeigten, dass dieselbe eben durch die logische Formulirung sich leicht in
dialektische Widersprüche verwickeln lasse. So mussten die Franziskaner
allerdings sich dahin neigen, dass sie auch für die Logik einer prakti
schen Tendenz zusteuerten, wobei das hierin waltende rhetorische Motiv
eine Werthschätzung der menschlichen Sprache nahe legte; und Jedermann
weiss, dass der sog. Nominalismus Occam’s eben aus dem Franziskaner
0rden hervorging. Aber gewiss ist auch einerseits, dass ohne die byzan
tinische Logik jene Richtung, welche man später als Nominalismus stigma
tisirte, nicht entstanden wäre, und andrerseits dass darum durchaus noch
nicht die Dominikaner als ledigliche Realisten den Franziskanern gegen.
überzustellcn seien, denn Realist (— wenn man überhaupt diese Stich
worte so anwenden dürfte —) war vor Allem auch der Franziskaner
Scotus selbst. Kurz also, wenn auch zugegeben wird, dass in den
Urdens-Principien gewisse Momente lagen, welche (analog dem Conllicte -
zwischen den Bettelorden und der päpstlichen Hierarchie) ihrerseits in
die Logik herüberspielen konnten, so ist doch nicht zu vergessen, dass
gerade die Logik als solche ein etwas neutraleres Gebiet war, auf welchem
weit speciellere Contr0versen nach Maassgabe eines neu anwachsenden
Materiales durchgekämpft werden mussten. Und so besteht auch hierin
wieder eine vielfach sich durchkreuzende Manigfaltigkeit, indem durchaus
nicht sämmtliche Dominikaner kurzweg Thomisten oder alle Franziskaner
lediglich Scotisten sind, sondern innerhalb beider Orden die verschiedensten
234 XIX. Dominikaner u. Franziskaner. Siger v. Brabant.
Nüaneirnngen heraustreten 22l). Was eine fortschrittliche Tendenz betrifft,
ist es nach dem Gesagten allerdings nicht zu wundern, dass im ge
schichtlichen Faden das relative [lebergewicht unleugbar auf Seite der
Franziskaner liegt.
Der erste, welcher uns in der langen Reihe der vorzuführenden
Autoren begegnet, ist Siger von Brabant (oder de Curtraco, ge
storben noch vor d. J. 1300), welcher anfänglich an der Sorbonne mit
den übrigen dortigen Lehrern die scotistische Auffassung der Theologie
vertrat, hernach aber zu den Thomisten überging 222), wodurch er sich
auch die heifällige Erwähnung erwarb, welche er in Dante’s Divina com
media fand 223). Was uns über seine noch ungedruckten Schriften be
kannt ist, lässt darauf schliessen, dass dieselben noch in der Zeit der
scotistischen Richtung des Verfassers entstanden sind. Schon der Umstand,
dass er sich mit den „Modi significandi“ beschäftigte, gibt einen Finger
zeig”‘). Auch eine uns einzeln überlieferte Aenssernng Siger’s über
die Universalien, welche er zum Gegenstande einer Monographie gemacht
zu haben scheint, enthält nicht bloss gleichfalls eine Betonung der signi
ficatio, sondern auch den durchaus scotistischen (s. ob. Anm. 107) Aus
druck „aggregatum“nö). Er bearbeitete die zweite Analytik in einem,
wie es scheint, höchst ausführlichen Commentare, in welchem er bereits
ein besonderes Gewicht auf die verschiedenen Arten der Fehlschlüsse
gelegt haben muss““), so dass er wohl einer Lieblings-Neigung folgte,
221) Ich Werde daher häufig ausdrücklich darauf hinweisen, welchem Orden
ein Amor angehört habe. '
222) Was sein Leben hetriilt. findet sich eine (ausnahmsweise) vortreffliche
Abhandlung über ihn in Hisloire Iille‘r. de 1a France, Vol. XXl, p. 96—127; bezüg
lich seiner Schriften hätte ich allerdings eine reichere Detail-Mittheilung aus dem
handschriftlich in Paris vorhandenen Materiale gewünscht.
223) I'arudiso, X, v. 136: Esse t' la Iure elernu di' Sigieri, Che leggendo nel
viro (It'in strami (d. b. in Paris in der Tue du fouarre) sillo_qizzd inoidiosi veri.
Dass Dante überhaupt der thomistischen Richtung angehörte, ist bekannt, s. Ch.
Jonrdm'n, La philos. de St. Thomas d'Aquin, ll, p. 128 ff. u. chele, Dante Ali
ghieri’s Leben u. Werke, 2. Aufl. (Jena 1865), p. 387, 409, 457 ff.‚ 490. Speciell
lur die Gescb. d. Logik bieten Dante's Schriften keinen Anlass dar, naher auf ihn
einzugehen.
224) ”ist. litt. de Fr. a. a. O. p. 117, wornaeh der Anfang einer Schrift
Siger’s „Summa modorum significandi“ lautete: Ouoniam grammalice es! sermocinalis
scicntia, sermonem et passiones eins in rommuni ad expn'memlum principuliler
mentis concvplus per sermonem coniugatum considcrans, conceptus anlem nicritis
duplex etc.
225) Ebend. p. 120 lesen wir, dass Siger's „Ouaestiones 10_(th‘al(’8“ folgender
maassen beginnen: Varia discutienda per ordinem proponimux. l‘rimum est, ulrum
lerminus conceplimn's significel universaliler conceptum mentis, sicut quirlam oolunl.
Secundum ext, ulrum universaliler signi/icel fornmm, sicul Pluto voluit, vel et aggre
galum. 1'erlium est, ulrum anima per Icrminnm coneeplionis sit significabilis. Auch
diese Verwendung des byzantinischen Begriffes ..lerminus“ würde uns eine Ver
öffentlichung der Schrift Siger’s wünschenswerth machen. Eine andere Stelle aus
derselben lautet (ebend.): EI si univrrmha, inquanlum universalia‚ esse conceplus
mentis quis dubilcl, requirat in rescriplo a nobis, quod sie incipil „Significalum es!
nobis, nonnullos doclores“ (diese letztere Schrift fand sich in den Pariser Hand
schriften nicht mehr).
226) Ehend. p. 119, woselbst als Gegenstände der Erörterung, welche in 215
Fragen gepllogen wird, beispielsweise angeführt werden: Quid es! syllogismus von
XIX. Siger von Brabant. Richard von Middleton. 235
indem er specielle Schriften über „fallaciae“”Ü und auch über „Im
possibilia" verfasste 228).
Hingegen trat schon zur nemlicben Zeit der Franziskaner Richard
von Middleton (oder de mediu villa, gest. i. J. 1300) gewissen mög
lichen Uebertreibungen der Lehre des Scotus gegenüber und sympathisirte
somit mit den Dominikanern, wobei die Art und Weise sdines‚Thornismus
uns mehrfach an Gottfried von Fontaines erinnert. Allerdings ist Richard,
von welchem wir Quodlibeta und einen Commentar zum Petrus Lom
bardus besitzen 22“)‚ ein Autor, an welchem die Theologie ein grösseres
Interesse haben wird, als die Logik; was jedoch von seinen Ansichten
hieher gehört, dürfte Folgendes sein. —- In der Universellen-Frage be
gegnen wir auch bei Richard der üblichen arabischen Dreigliedcrung, nur
modificirt er dieselbe betrell's der Universalien pos! rem; denn er spricht
von einer Vierglicderung, indem das Universale zunächst als Gansalität
(in causando, d. h. somit anle rem) bis zurück zur Schöpferkraft Gottes
zu fassen sei, sodann aber (in re) eine Gleichartigkeit (indifferentia in
informando) der Formbildung in der Vielheit bestimmter concreter Wesen
enthalte, und hiedurch (pos! rem) einerseits eine Gleichartigkeit der Vor
stellung in der Seele (imli/ferentia in repraesenlando) uml andererseits
eine Gleichartigkeit der Aussage (indifferenlia in praedieando) bedeute;
und während nun das Universale in den ersten drei Beziehungen, d. h.
mute rem und in 1‘e und in repraesentando, in Wahrheit doch nur ein
Singuläres sei, komme ihm nur in der vierten Bedeutung eine eigentliche
Universalität zu, denn nur da enthalte es die von numerärer Einzelnheit
abstehende Denkanfl'assnng der Wesenheit und zugleich die Aussagbarkeit,
so dass es nach keiner dieser beiden Seiten als Universale objectiv exi
stire, sondern eben nur auf sec1mda intentio beruhen“). Erinnert uns
Irariae dcceplionis. Quirl es! syllogismus infirmus. Ouid es! syllogismus fa!nus. Oui'd
es! syllnyismus medieus (?). Om'd es! syllogis‘mns diversivus‚ Ferner sei auch die
Rede von einem sylloyismus lingiu.ms (doch wohl Ii!igiosus ?), fulsigraphirux, oslcn—
si'vus etc. Als Proben der Beantwortungzen werden ebend. folgende Regeln mitge
theilt: Sylloyismus conlrariue dctcplinnis es! sy!layismus ignoranliar‚ sodann Syllo
gismus [nimm es!‚ qni es! ca: divers“ proposilivnibus diversimorle smnp!is‚ dircndo
„In neun fer! animus (bekanntlich der Anfang der Metamorphosen Ovid's); ergo !u
c: asinus“. Ferner Bern: syllugz'zare es! ex probabilioribus et noliorilms proposilum
demonstrare.
227) Ebend. p. 117, wo wir aus den .‚Fullaciae“ nach einem unverständlich
abgedruckten Sophisma folgende zwei Beispiele finden: Quer! ambula!‚ calcat; am
bula! au!em totem dient; ergo calr-u! to!um dirm. Quidqnid bibisli, liebes in corpore;
cyphum vero bibisli; ergo habes cyphum in rorpore.
228) Ebend. p. 120 f. aus den ‚.Impossibilia“ ein Beispiel: Deus non es!_ Nun
omnia haben! causam wurm; erq0 den: non esI.
229) Au!huruti lheolugi Ricardi de media villa, minorilanc familie ornnmen!i‚
Irin rcco_qnila reconrinnulaque Oiiodlibcla etc. I’rneliis 1509. fol. lind Sncralissimi
theologi Ricurdi de Mediavilla ordinis scraphici minorum cunven!ualium In libros sen—
!enliurum quaeslionrs. 4 Bände Venel.‚ 1507-—9. Iol.
230) In San/tut. II, dis!. 3, qu. 1, f. 17 r. A: Univermle quadrupliriler poles!
accipi. Uno modo in rans0ndo‚ secundum qucm modum dicimus‚ quer! deus es!
universalis causa omm‘um. ‚Mio modo per indifl'erenliam apliludinis ad informandum
plura, secundum quem modum forma, quanlum ex se nu!a es! informnre plures
parles maleriae tmlgt‘llßas, dicerelur universalis, si esse! ac!u exislens a mulr-riu
separala. Terlio mudo per indi/ferenliam in repraesenlnndo‚ secnndum qucm modum
236 x1x. Richard von Middleton.
nun dieses theilweise an den naiven Wirrwarr eines Albert und ‚eines
Thomas (s. Abschn. XVII, Anm. 383 u. 496), sowie an die lndill‘erenz
Lehre des 12. Jahrh. mit Einschluss des Gilbertus Porretanus (Abschn.
XIV, Anm. 132 ll'. u. 473 Il), so kann Richard allerdings antiplatonisch
mit Gottfried v. Fontaines sagen, dass die Universalien in Gottes Denken
eben nur als gedachte, nicht aber als reale Wesen existirenaal), und
folgerichtig muss er auch bell‘ele der Universalien in re jeder scotistischen
Ausschreitung entgegentreten, da ja die Annahme, dass das im Singulären
enthaltene Universale der ursprüngliche und erste Gegenstand des Er
kennens sei, und dass das Universale als ein der Art nach identisches
sehr wohl in mehreren Individuen ungetheilt bestehen könne, nicht bloss
im Widerspruche mit Aristoteles (bezüglich der Undefinirbarkeit des Sin
gulüren) stehe, sondern auch zu der Alternative führe, dass entweder
das Universale, welches doch ein erschafl'enes Ding ist, ebenso wie Gott
Einheit und Mehrheit in seinem ungetheilten Wesen enthalte, oder dass
es ganz überflüssig sei, neben den Einzeln-Dingen überhaupt noch von
einer Existenz eines Universale als solchen zu sprechen 232).
lst sonach durch diese Auflassung der Universalien bei Richard nur
species in intellectu existens dicitur universalis sub rationel qua non rcpraesenlat
hominem hune vel illum, sed hominem inquantum homo esl; de quo dicit Avicenna
quinto melaplL (s. Abschn. XVI, Anm. 184), quod quamvis respectu individuorum sit
uniuersatis. tamen respectu animae. in qua imprimihu', es! singalaris. Quarto modo
per indr/ferentiam in praedicandol secundum quem modum dieit Porphyriusg et
hoc est proprie universale, nam universale dictum tribus modis primis secundum rei
veritatem singulare est. Dico ergo, quod ipsum universale duo complertiturl u. id
quod es! universale, ut ipsam hominis vel angeli essentiam ut intellectum praeter
unitatem et multitudinem numeraleml et ipsum universalitateml quae est praedicabilis
de pluribus. Sed neutra modo est in reali ezistentia angelus universalis nec quae
cunque res alla, quia ipsa universalitas es! res constituta a ratione et dieitur
secunda intentio.
231) ln SentenL L disl.19, qu. 3, f. 68 v. B: Sicu! essentiae omnium naturarum
ab aeterno fuerunt intellectae a divino intellectuy quamvis ab aeterno non furrunl,
ita veritateg quamvis ab aelerno non fuenml, tamen aln aeterno fuerunt intellectae.
S. ob. Anm. 64.
232) ln senlenl. l, a. a. 0.: Dixerunl aliqui, quod universale quorumeunque
singularium est in reali ezislentia non separatem a singularibus in quolibet singulari
(s. bei Scotus Anm. 141, 145, 148 u. bes. 138). quod sub ipso continetur existens
indivisum (s. Anm. 139). llnde universale hominam, cum unus homo corrampilur,
non corrumpitun quia in aliis remanet tnlum, et cum aliquis homo generalur,
universale hominis non generaturl sed ille homo universale, quod in aliis erat sal
valum, in se suseipiL E! hoc dicebant illud esse, quod est proprium abiectum
intellectus et primum et illud, quo intelligitur singulare per re/lerionemg quia
enim est in singularibus, ideo per cognitionem ipsius renectitur intellectus ad singu
larium cognitionem (s, Anm. 124). E! cum dicebatun quod idem creatum non potest
esse in pluribus supposilis indivisum, dicebaM, hoc esse verum de identitate in
numero, non de identitale in specie (S. Anm. 148 f.). Sed haec opinio falsa est et
improbabilis; satis patet per eu, quae philosophus septimo meloph. probe! (s.
Ahschn. IV, Anm. 484 fl'.) . . . . .. Praeterea aut ipsum universale esset de ratione
cuiuslibet singularis sui aut non. Si sie, tunc res creata simplex indivisa esset de
ratione plurium suppositornmg quod est impossibile, solius enim dieinae essentiae
proprium esl, quod sine multiplicatione eui sit tota de ratione plurium suppasilorum.
Si mm, tunc ipsum universale realiter exislere, ut dicunl, esset inutile, quia non
esset utile ad singularium existenliam. cum esset aliquid eztra essentiam forum, nec
ad eorum cognitionem eum non esset de ratione eorum.
XIX. Richard von Middleton. 237
dasjenige mit Protest zurückgewiesen, was man den Realismus der Sco
tisten nennen könnte, so verbleibt immerhin der Gonceptualismus des
Scotus mit Einschluss seiner sprachlichen Seite (ob. Anm. 96) als positive
Ansicht Richard’s. Indem aber dabei ebenso, wie bei Scotus, die grösseren
Schwierigkeiten in den Universalien in re liegen, lenkt Richard nach dieser
Seite bin mit seinem sprachlichen Conceptualismus mehr in einen geläu
terten Thomismus ein. Nemlieh im Anschlusse an Thomas nimmt er an,
dass in Gottes Denken um der Verwirklichung des Einzelnen willen auch
die Idee der Individuen (nicht bloss der Art-Begriffe) liegen müsse 23")‚
und ebenso nimmt er betretl‘s des Einzeln-Seins aus Thomas die Begrill'e
„esse signa!um" und „ineommunicabile“ beifällig auf 234). Aber wenn
es sich um die Frage über das principium individuationis handelt, folgt
er schon darin der Ansicht des Gottfried v. Fontaiues, dass das Sein der
Individuen keinenfalls ein accidentelles sein könne 235), und auch an den
nemlichen Autor erinnert uns die Erklärung, dass das concrete Seiende
stets durch anderweitige Wesenheiten bedingt sei und die bestimmt de
terminirte Modification der Form im Individuum auf eine Verbindung eines
Materiellen und eines Formellen hinWeise 236). Eben darum kann sich
Richard durchaus nicht mit der „species intelligibilis" des Scotus ( s. Anm.
110) befreunden, denn dieselbe habe höchstens einen Sinn, wenn man
unter ihr das begrilfsmässig entstandene „Wort“ verstehe, denn die Idee
eines Dinges als ewige könne nicht ein Werkzeug für unser mit Ver
gänglichkeit behaftetes Denken sein, und letzteres habe seinen Ausgangs
punkt, auf welchen es sich stütze, nur in den Sinnen, vermöge deren
wir die Eigenthümlichkeiten der Dinge erfassen, um dann aus den vor
findlichen Aehnlichkeiten (‚.similitudo“, s. Abschn. XVII, Anm. 393 u. 395,
u. Abschn. XIV, Anm. 474) auf syllogistischem Wege auf ein für sich
bestehendes Substrat zu gelangen 237). So erhält Richard‘s Conceptualismus
233) Ouvdl. f. 1 r. B: In mentc divina samt ideae specirrmn r! singularium
contentarum sub speciebus . . . . .. Cum ipso idea xi! ipsa divina essentia‚ inquantum
apprehrnsa a. divino in!ellectu u! imi!abilis ab aliis a se, e! idco cum mm !antum
si! imitabilis a speciebus, sed etiam ab individm's specierum, dico, quod es! idea
non !antum specierum, sed e!iam singulan'um. In Senlent. l, bist. 36, ar!. 3, qu.4‚
f. 111 v. B: Idee in den nun tantummado dici! rationem cognitionß, sed etiam ra
tionern [actionis rerum. Vgl. Abschn. XVII, Anm. 518.
234) Ouodl. a. a. 0.: Magis diflert Petrus a Paula, qmm: Petrus ab hominc;
Petrus enim nun es! Paulus, sed Pelrns es! homo; aliquo tarnen modo difl'ert Petrus
ab homine. inquantum i'd, quer! dicit „hamo“ sul: esse neu signalo, dicit „Petrus“
sub esse signalo, e! ideo, quod dicl! „homo“ sttb ratione commnnirabill, dici! „Petrus“
sub ratione inconmumicabilt'. Igi!ur dico‚ qnod maior es! difl'erenlia secundum ru—
tionem inter ideas duorum singularium, quam in!er ideam speciei et individut'. Vgl.
Abschn. XVII, Anm. 520.
235) Ebend. f. 4 v. A: Esse ac!ualis existen!iae‚ qm) creatum es! in prima
hctu, non es! accidcns essen!iae ipst'us creaturae. S. ob. Anm. 65 u. hingegen bei
Scotus Anm. 137:
236) Ebend. f. 5 r.A: Omni essentiae creatae ad suarn existentiam ncressarium
es! aliquid aliud a se, quitt 0mnern essentiam crealam aparte! ab alia essenlia esse
et ab alia essentia consewari . Si intelligatur esse per essentiam sinnt per quad
dam prina'pinm formale essendi eel per modurn formae significalum, haec propter
hoc in eompositis essentt'ae cornprehemli! materiam et farmam; sie dico, quod ens
creatum es! per suam essentiam S. ob. Anm. 67.
237) In Sentent. II, Bist. 24, art. 3, qu. 3, f. 100 v. A: In statu carrupliln'li
238 XIX. Richard v. Middleton. Petrus v. Auvergne.
eine sehr ents0hieden empiristische Färbung, welche nicht blass über
Thomas (Abschn. XVII, Anm. 500), sondern auch über Scotus (oh.Anm. 114)
weit hinausgeht, wenn das Erkennen überhaupt priucipiell als etwas
Passives bezeichnet wird 23")‚ In jener Frage hingegen, welche die unitas
formae betraf, entfernt sich Richard wieder von den Thomisten, indem
er eine Mehrheit von Formen, welche in Einem Wesen sich vereinigen,
zulässt, aber für diejenige, welche bei Entstehung der Wesenheit zuletzt
abschliessend gewirkt hat, die Function einer artmachenden Einheit be
ansprucht, so dass er hierin auf Seite des Scotus, nicht aber des
Lamarre tritt‘23”).
Ein umgekehrtes Verhältniss zeigt sich bei einem anderen Zeitge
nossen; nemlich der Dominikaner Petrus von Auvergne (seine Blüthe
zeit fällt um d. J. 1300), welcher als äusserst fruchtbarer Schriftsteller
in zahlreichen (bis jetzt ungedmckten) Commentaren zu den physikalischen
und naturgeschichtlichen Werken des Aristoteles, sowie auch zur Politik,
zur Metaphysik und zur Logik, sich im Ganzen. an Thomas auscbloss 2“°)‚
glaubte dennoch zugleich die Gründlichkeit der Exegese durch Aufnahme
mancher Erläuterungen des Scotus steigern zu können. In dem Commen
tare zur Isagoge folgt Petrus allerdings darin dem Thomas, dass die Logik
nur: cognoscimus per nahm-am de lege commuru' substanliam per propriam eins spe—
ciem, nisr' arripialur sprries pro verbo, quod inlclleclus conripil de ca per was pro—
prielates. Nun enim cognosrimus cum immcdiale per suarn specicm increulam, quae
cs[ idea, (B) cum divina idra nun possil haben? rationrm instrumcnlnlis agrulis
respcctu noslri arlus intelligeudi, ......quia divinam esscnliam non cognoscimus im
mer/irrte per naturam I’ruelerea nun coynoscimus subslartliam per proprium eins
specicm ucq-uisitum, nisi acnipicndo specicm pro verbo...... ln[r[leclux noater nullam
polest rrcipere spcricm intelligiln'lem ab infm'uri nisi per Nun cognosrimus subsluntiam per propriam eins specicm, msicudislpeenr‘usrnuassepur:oupurmielalcs
aryumcnlundo, eo quer! m illis e.s[ aliqua sinlililudo substanliue ‚ . . . .. (f.101 r. A)
Inlrlleclus roucludil, quod illi enlt' ualum es[ aliquod cns subsislerc, cl [andern cou
cludil, illud ans esse per sc sulrsislens, cl sie dem-alt in cognilionern substanliuc.
238) Ebeud. qu. 2, f. 100 r. A: Noslrum inlelligrre consislens in simplici ap
prchensionc‚ in quu nur: es! composilio nec dinislo, es[ pali...‚.. Motiv cm'm intel
Irclualis est ab intelligcnle per ar[wum inlcllectus, el rsl in inlcllec[u per passirum
inlc[lcclus‚ et cum ipsa molio inlcllectualis, inquuntum est in intelligente, sit
passiv, seqm'lur, quod intelligere si[ puli.
239) Ouodl. f. 6 v. A: Am'ma intellerliva ea‘[ humnm' corporis forma ila, quod
cs[ forma principalissima ipsius Immim's, h. c. forma Iwmim's complcliva, per qmm:
homo reponllur in spccic hominis (B) Anlma in!cllrcliva cs[ forma ultima,
qoiu in homiue nullu rs[ noln'lior ca,- sed forma ultima esl, per quam romposilum
rcpom‘lur in specic‚ Ebenso In Senlcnl. II, bist. I7, ar[. l, qu. 3, f. 70 r. A. Vgl.
ob. Anm. 30 u. 155.
240) Handschrilllich sind von Petrus de Alvernia in Paris noch vorhanden:
Supplemenlum commenlurii S. Thomac'in Iihrmn Icrlium de coelo, (luucslioncs super
qualuor [ihres de coole c[ wunde, Super qualuor [ihres melanrorum, Super Arisl. de
iuveulule et scnectulc, De somno et rigilia, In quo‚sdam parrorum naluraliurn [ihres
a S. Thema exposilos, In Aris[. de planlis, In Arixl. de mqu animalium, Super [ihres
I'olilicorum, Super duodccim [ihres melaphysirorum‚ Super totem loyicam vclcrem,
Super I'orphyrium, Sophismu delerminulum. S. Haurc'au, De In phil. srol. II, p. 260 II'.
Eben durch Haurdau wurde ich auch auf die Pariser Handschrift, welche „(.‘nd.
Sorborm. Nro. 955“ signirt ist, hingewiesen, aus welcher ich Einiges zur Probe mit
theile. Die genauere Einsicht derselben zeigte mir auch, dass die Schrill Super
I'orphyrium eben doch nur der erste Thcil des grösseren Genua Super totem [ogl'cam
relerem sei.
XIX. Petrus von Auvergne. 239
modus seimdi sei“‘), und auf gleicher Quelle und einer Stelle Albert’s
beruht es, wenn die Logik ausdrücklich als „formalis“ der Metaphysik
gegenübergestellt wird 242). Aber indem Petrus sodann eine neuere
Formulirung der Ansicht erwähnt, dass der Syllogismus nicht der primäre
und wesentliche Gegenstand der Logik sein“), benützt er zur Wider
legung dieser Meinung und zur Begründung der gegentheiligen fast
wörtlich die betreffende Auseinandersetzung des Scotus 244). Was die
Universalien betrillt, bei welchen er auch von Avicenna beeinflusst
wird 24“‘), greift er zum Nachweise einer objectiveu Existenz derselben
gleichfalls nach Gründen, welche Scotus (sowie auch Vincenz v. Beauvais)
angeführt hatte 24"); aber natürlich gilt ihm die objective Seite der Uni
241) Cod. Sarbonn. 955 (f. 83 i’ll): Circa librum Porphyrii quaerun!ar quaedam
in generali Prima de subiee!o ipsius logieae, dimm Iogiea si! de modo
seiendi !anqaam de subiec!o. E! argui!ur quidcm sie: ld es! sabieelum in seien!ia‚
de quo e! de euius par!ibus lerminalur in !ola scien!ia; sed de runde sciendi e! de
parlibns eins Ierminalur in !o!a lagica; ergo etc . . . . .. Praelerca illud es! subiec!am
in srien!ia, perle: cuius divisioaes diaidi!ur illa scirnlia; sed secundum diaisioaem
modarum sciendx' dieidi!ur !o!a !ogiea in ar!em dividendi, di/finiendi e! codi
gendi etc. S. Abschn. XVII, Anm. 489.
242) Seeuudo quaeri!ur. u!ruru si! de cnle !anquam subieria. E! argumenlalar,
quod mm. Duarum diversarum seienliarum nun debe! esse subier!um idem, e! eauxa
huias es!‚ quod diversilas subierii umso! dirersi!alem scienliarum; sed metaphysica
es! de enle !anquam de sabieelo; ergo Iogiea non es! de en!e lanquam de sabier!o‚
cum si! diversa a melap/zysira. Prae!erea soien!ia, quae es! de erde, es! realis, ser!
logiea nun es! realis, sed formalis. S. ebend. Anm. 362 11.488.
243) Terlio qaaerilur‚ ulrum si! de syllogismu !auquam de subiec!a (vgl. ob.
Anm. 93 u. Abschn. XVll, Anm. 370). E! vide!ur‚ quod mm, quia, si !a!um es!
subiec!um in Iota, a! pors in pur/e, ergo, si syllogismus es! subicc!um in Io!a lugiea,
ergo e! par!es sy!!egismi in parlibus logieae; sed scien!ia libri elenchorum pars es!
logieae; eo syl!agismas non es! subieclum‚ quia sylloyismus soplrislieu: nun es!
syllagisnms...„ Prae!rrea omnis scien!ia‚ quae es! de syllogismo !anquam de sub
iee!o‚ Es! a!ieuius generis de!ermina!i‚ nam sylloyismus yerms de!ermina!uni es!,- sed
!agiea nan es! alicuius genen's de!ermina!i. Vgl. ebend. Anm. 370.
244) Ad id dieendum, quod lagica es! de syllogisma lariquam de subice!o,- de
syllogismo enim secuna‘um verba e! mm seeundum rem. E! sie es! Iota nova
logiea, quae disliayuilur seeundum divisionem ipsius sy1h;gismi‚ quae s!u!im appa
rebi! . . . . .. Direndum es! enim, quod !o!a logioa es! de sylloyisma !anquam de sub—
iee!o‚ c! hae poles! esse dupliciler‚ au! de ipso syllogis1na in se e! absolute au! de
bis, quae a!!ribuunlur sylloyisma‚ Si prima modo‚ sie es! über Priorum. Si vero
seeundo modo‚ sie es! duplieiler, quia alia a!!ribuan!ar syllagisma au! !anquam par!es
inlegrales au! !anqnam par!es subiee!ivae; si prima modo‚ hoc es! duplici!er‚ quia
allribnua!ur ei Ianquam par!es in!egrales remo!ae. e! sie es! über l'raedicamenlorum‚
an! sieu! par!es in!egrales propinquae, e! sie es! über Periermenias. Si aalen: sil
de bis, quae allribuunlnr ianquam par!es subivrlivae, sie es! Iota nova logica, quae
dividi!ur sie: au! syllogisrnus eonlrahi!ur per medium‚ quod es! neeessarium, e! sie
es! über Pos!eriorum‚ an! per medium‚ quod es! probnbile, e! sie es! über Tnpiearum,
au! per medium‚ quod es! privalio eins, e! sie es! über Eienchorum. Alii aa!em ae!eris
lagieae sun! de bene esse, u! über Porphyrii, qui so. ad eagni!ionem praedicamen!orum.
S. bei Seelus‚ ob. Anm. 93, das Original dieser Erörterung.
245) Liber Parphyrii euius sabiec!um um! universalia, von inquanlum
um! quinque, sed inquan!um uniunlur sub Irac forma, quae es! universale. Vgl.
Abschn. XVI, Anm. 171 f.
246) Ouaeri!ur‚ u!rum universalia habean! esse‚ E! eide!ur‚ quad nun, quia.....
omne‚ quer! es!, ideo esl‚ qaod wurm namero esl‚ scd universale non es! amen
aumero Ad hoc dicendurn‚ quod animersalia porsun! quod dan! esse in!ellec!ui; haue enim es! eorwn opera!io;pruqbuairai i'eds, sequpoedr dhaoc!, esse,
240 XIX. Petrus v. Auvergne. Alexander v. Alessandria.
versalien nicht als die ausschliessliche, sondern er ist dabei wieder Thomist
genug, um in jenen bequemen Dualismus einzumünden, welcher durch die
aristotelische Unterscheidung des Potenziellen und des Actuellen einiger
maassen übertüncht ist2“).
Hingegen viel enger, wenn auch nicht ausschliesslich, hängt mit der
Lehre des Scotus Dasjenige zusammen, was Alexander von Messan
dria (gest. i. J. 1314) in seinem Commentare zur Metaphysik kundgab,
welchen man früher für eine Arbeit des Alexander Alesius (s. Abschn.
XVII, Anm. 274) hielt. Allerdings wenn ein zweifaches Auftreten der
Universalien, nemlich sowohl in causando als auch in praedicando, unter
schieden wird (wobei der Wortausdruck uns an Richard v. Middleton
erinnert, s. Anm. 230), kann man immerhin sagen, es sei diess nur der
gewöhnliche thomislische Dualismus 248), und auch die gegen Plato geübte
Polemik liesse sich trotz ihrer schärferen Formulirung auf die nemliche
Quelle zurückführen 249). Aber Alexander spricht sich hiuwiederum sehr
entschieden dahin aus, dass die Universalien überhaupt sachlich nicht ge
trennt von dem Einzelnen existiren, hingegen wohl logisch als ein „modus“
mittelst des „conceptus“ losgetrennt werden können 250). Und diesem
scotistischen Standpunkte bleibt er auch bei der Frage über das Princip
der lndividuation getreu, indem er im Hinblicke auf die Controverse be
treffs der Angelologie daran festhält, dass auch ausserhalb der Materie
eine lndividualisirung dadurch stattfinden könne, dass die Wesenheit sich
habe! esse necessario; absurde es! eni'm diene, quod i'd, quod non habe! esse, den!
esse alicai. S. ob. Anm. 100 u. Abschn. XVII, Anm. 297.
247) Sccundo quaeiilur‚ u!ruin sin! scparalu. a singularilms. Et videlur, qund
sin!‚ quom'ain omnis scien!ia es! incorrup!ibilium..... Ad i'd dieendum. quod opinia
Plalonis /uil, quad universali'a essen! separala a singularibus (vgl. Abschn. XVII,
Anm. 501) EI Aris!o!cles conlra ipsum argumcnlalur, ....quoniam i'd, quad [acial
coynilionem de par!iculaiilms, ipsis debe! esse in eis..... Polesl esse sciciilia de
universalihus, quia e!si non dc corruptibilibus sccundum se, de corrup!ibilibu's !amen
per accidens heile poles! esse scien!ia . . . . .. Universale quanlum ad rein subi'eclaih
inluuioni es! universale polenlia e! hoc modo es! coniunrlum ipsis parliculai'ihns,
sed universale quanlum ad ipsain inlui!ionem es! universale in ac!u e! es! in
ipso in!ellec!u e! apprehendi!ur ab eo e! hoc mudo separa!um es! ab ipsi's sensibi
lilms...‚. ln!elligendurn ergo secundum in!entionem Arislolelis‚ quod universalia uno
modo separata ab ipsis singularibus e! alle runde non, e! uno modo corruplibilia e!
alle modo non. Vgl. ebend. Anm. 493, 508.
248) Alerandri de Alex docloris irre/ragaln'lis, in XII Aris!a!. Melaphysicae
libros etc. Venelii: 1571. fo . Pol. 7 v. A: No!andum es!. quod universale dicilur
duobus nmdis, so. in praedicando e! in causando . . . . ‚. Possunius !oqui de universali
in causando vel de um'versali in praedi'cando. Ebenso f. 283 v. A. S. Abschn.
XVII, Anm. 507 f.
249) Ebend. f. 28 v. A: Plato in sua pasi!ione incurreha! duo opposila; poneba!
enirn speciein separatem el quod haben! esse independens; poncba! au!ein se
cundo, quod haec species esse! universale; .... .. cum aalen: universale haben! esse
dependen: ad illud, cuius es! universale, sequilur‚ quod is!a specir: debuil esse
drpendens; e! i!a eri! independens e! depcndens‚ S. ebend. Anm. 501.
250) Ebend. f. 66 r. B: Si loquamur de separa!ione secundum rein, impossiln'le
es!‚ quer! universale xi! separalum a singulan', eandcm em'm rein, quum dicil
hure humanitas, dici! humani!as; si au!em loquamur de separa!ione secnudum
ra!ionrin‚ sie universale separatum es! a singularibus; lice! enim unam e! eandern
naturam diean! universale e! singulare, !amen illam dicun! seeundum differenlein
modum et difl'erenlem vonceptum; „hie homo“ ein'm dici! naturain humani!alis cum
intellec!u e! concep!u prinvipiorurn iiidioiduan!ium. S. ob. Anm. 129.
4____ ‚ _‚ ..- ' _ -—
. -_) _‚—e- m _L'__"_
XlX. Alexander v. Alessandria. Gerhard v. Bologna. Badulph Brito. 241
mit jenem Auftreten verbinde, welches dem „suppositum“ als solchem
zukommt'2öl), wobei wir beachten müssen, dass hiemit bereits damals
im Anschlusse an Seotus selbst (ob. Anm. 109) die Häcceitttt durch jenen
byzantinischen Begriff ausgedrückt wurde. Auch die Annahme, dass die
Individuation für die Wesenheit selbst etwas Accidentelles sei,‘wiederholt
Alexander aus Scotus252). Und so dürfen wir uns nicht wundern, wenn
bei ihm auch die Lehre betreffs der formatitates (ob. Anm. 147 ll'.) eine
Anwendung findet253). Eigenthümlich aber ist es, dass er dann dennoch
die Frage über unitas formae ganz in der nemlichen Weise wie Gott
fried von Fontaines und Johannes Parisicnsis beantwortet“").
Vielleicht irren wir auch nicht, wenn wir den Gerhard von
Bologna (gest. 1317) den Vertretern einer scotistischen Richtung bei
zählen, wenn auch bis jetzt noch nicht hinreichendes Material vorliegt,
um die ihn betreffenden Fragen genügend zu entscheiden‘üä).
Zuversichtlicher möchte ich mich über Radulph Brito (um 1317
thätig) äussern, obwohl ich hiebei in Widerspruch mit llaurt'2au’s Forschung
gerathe. Wir sind nemlich bezüglich Radulph’s nur auf Dasjcnige ange
wiesen, was der genannte Gelehrte aus Pariser Handschriften mittheilte;
251) Ebend. f. 118 v. B: Postto, quod diversttas numeratts sub una speeie non
potest esse nist per materiam, in separntts a materta nun potest esse nisi unum
numero sub una specie..... Haut: positionem nun reputo reram,‘ nredo entm, quod
muttipticatto individualis sub mm speeie possit esse in separalis a materia im, quod
haee dua fierent simul, quod ipsa forma sit separate a materia et etiam multiplicari
possit individuatiter et numeraliter..... lmaginabimur enim‚ quod agens super—
naturate [armes separates muttipticare potest in/ra wurm speciem per diverse suppo«
eile ita, quod compositto ex supposito et essentta [nett multiplicationem indi
vidualem, .....sieut ext composilio ex materta et forma in formte materiatibus. Vgl.
ob. Anm. 13, 28 u. bes. 109, 139, 145.
252) Ebend. f. 203 v. B: Prineipta individuantia aeeidunt ipsi essentiae. S.
Anm. 137.
253) Ebend. f. 103 v. B: Non solum formalitas proptnqua dicitur formulttas rei,
sed altem fonrwtitas remota, quer est de essentia formatitatis propinquae; eo modo‚
quo dicimus, quod humanitas neu solum es! /ormalitas Sucratis, sed altem anima—
litas. Vgl. f. 201 v. B, 231 r. B.
254) Ebend. f. 44 r.A: 0uaetibet forma specifica componitur ex eonceptibus
formatibus, ..‚..et ezptieatio her-um eoneeptnum est definitiv rerum; et in bis son
ceptibus est prius et posterius, et unus conceptus per se [ain't altem rationem‚ quam
secundus, et omnes simut [aciunt unum coneeptum, v. g. in speeie hemtm's est can
eeplus rationatitatis et animalilalts et substantiae et entttutts et hi omnes faeiunt
coneeplam homim's. S. ob. Anm. 70 u. 74.
255) Haun‘au, welcher Handschriften zweier Werke des Gerhard in Händen
hatte, beruft sich (II, p. 384) auf einige Stellen derselben, in welchen Gerhard
betreffs der Universalieu und der unitas formae mit Thomas übereinstimme. Jene
Stelle aber, welche Haure'au im Wortlante mittheilt. ist eher geeignet, unsere
Zweifel über Gerhard's Stellung zu erregen. Denn wenn wir dort lesen „Formae
cummunes‚ in quibus ineeniuntnr universelle, sunt entia in potentia,‘ et ideo Stift!
«liquid, secundum quod ext universale, ext srire in potentia; eomnmniratio ergo, quae
inlelligitur in formis communibus, habet esse extra animam in poteatta; isla entern
eomnnmiealio, quue intelligitur in materie, es! pure privatio, cum nun intelligitur
m'n' seeundum ablalionem formarum individuatium ab ca“, — so weiss ich nicht,
ob Solches nicht vielmehr eine Ueberlreibung scotistischer Anschauungen sei (s.
Anm. 112—121 n. 142). Allerdings ist es misslich, sich aus etlichen herausge
risscnen Zeilen eine Ansicht bilden zu sollen, und Gerhard wird eine zweifelhafte
Gestalt bleiben, bis Mehreres aus Handschriften veröffentlicht ist.
Panne, Gesch. lll. 16
242 XIX. Radulph Brito.
aber ich glaube, mir aus jenem Matcriale eine andere Auflassung ent
nehmen zu müssen. Wenn nemlich Badulph schon die intentio secunda,
wie er ausdrücklich sagt, nur „in ooncreto/ny nicht aber „in abstracto“
verstanden wissen will, wornach Gattungs- und Art-Begriffe eben nur
nach ihrem „esse in pluribus“ zu betrachten seien, so streift dieses
offenbar an die Auffassung des Scotusullla und ebendahin dürfte sicher
auch die entschiedene Betonung der denominatio zurückführen 257). Ferner
unterscheidet Badulph ebenso, wie der vorhin genannte Alexander, ein
doppeltes Auftreten der Universalien in causando und in praedicando,
womit er Erklärungen über Priorität und Posteriorität des Singulilren
verbindet, welche auf bekannten aristotelischen Stellen beruhen und darum
allerdings sowohl bei Thomas (Abschn. XVII, Anm. 511) als auch bei
Scotus (ob. Anm. 122) eine Rolle spieltenus). Aber völlig unzweidcutig
tritt der scotistische Standpunkt darin hervor, dass Badulph gleichfalls
(vgl. ob. Anm. 147 u. 155 ll‘.) an der pluralitas formarum. und zwar
gerade im Interesse der Aussagbarkeit der Universalien, festhalten zu
müssen glaubtzi’a).
256) Bei liaureau II, p.. 389 (aus Pariser HandSchriftcn mitgetheilt): lntentio
nihil aliud est, quam quaedam ratio intelligendi rem, ut est in phtrilms, seu quae
dam cogitatio rei, sicut universale nihil aliud esl, quam quaedam ratio intelligendi.
ut est in pluribus..... Logica igitur est de secundis intentionibus non in abslraclo,
sed in concreta, ut coneernunt rem primo intellectamg unde togicus non considerat
de generalilate et specialitate in abstraclo, sed considerat de genere et specie in con
creto modo. lstae intentiones sunt triplices secundum triplicem operationem intellectus.
Una enim est operatio intelleclusl quae apprehendit simpliciag alia est, quae
simplieia apprehensa componit et dieiditg tertia est, discurrere a praemissis ad con
sequentiam Vgl. ob. Anm. 100 IT.
257) Ebend.: Unde genus et species dicuntur quaedam incomplezal ut denomi
nata sunt iutentionibus...... Licet aliqui dicanl, quod ista sint per se, quia genus
et species dicunt rom, tamen istae intentiones non dicunt resi nisi ut denominatae
sunt intentionibug ut „homo es! species“. S. ob. Anm. 127.
258) Ebend. p. 390: Ouaedam sunt universalia causalitate1 alia propositione
(dass jedoch statt propositione sicher praedicatione gelesen werden muss, zeigen die
sogleich folgenden Worte; s. auch Anm. 248). Modo si quaeralur de universalibus
causalitatel dico, quod illa sunt notiora secundum naturaml quam singularia, !amen
non sunt notiora quoad nos...... Si autem loquimur de universali praedicatione.
dico per distinctionem quia aut accipitur pro intentione universalis aut pro re sub
iecta intentioni. Si pro intentione universali, sic dico duos primo quod universale
illo modo est posterius singulari-basi aceipiendo singulare pro re; secundo dico, si
accipialur singulare pro in!en!ione‚ quod universale prius est singulari
Accipiendo singulare pro intentione et universale pro intentione singulare posterius est
quam universale...... Si autem accipiatur universale et singulare pro re subiecta
intentioniy adhuc dupliciter possunt considerari, quia vel pro re abstracto sumptu vel
ut consideratur sub aliquibus proprietatibus Si considerentur pro re abstracte,
sic unum non est prius nec posterius altero Si autem accipialur pro re ut stat
sub aliqua proprielate, primo in eodem genere cognitionis universalia sunt
prius.....; secundo non facta relatione ad unam eognitionem..... universalia sunt
priora singularibus secundum naturam, non quoad nos.
259) Ebcnd. p. 388: Si genus esset aliquid unum in re per unam fomoaml
illa forma esset unius speciei tantum et tunc non posset genus praedicari de alia
specie nisi de illa sola, cuius L'sl forma. Si illa forma sit communis omnibus spe
ciebusl tunc arguo: illa forma communis aut est eadem cum forma cuiuslibet speciei
aut diverse. Si est eadem essentialiter cum formis specieruml luna, cum formae
specierum sint multae et non una, sic etiam ista forma generis non erit una, sed
multam Si sit diversa a formis specieruml aut est diversa numero aut specie aut
XlX. Petrus v. Abano. 243
Treffen wir somit unmittelbar nach dem Auftreten des Scotus ein
relatives Ueberwiegen der von ihm verfochtenen Anschauungen, so dass
dieselben sogar auf thomistischer Seite eine gewisse Aufnahme fanden
und dabei zugleich ihrerseits nicht in schroffer Ausschliesslichkeit festge
halten wurden, so musste es als eine gebotene Nothwendigkeit erscheinen,
dass nun auch die Thomisten (wie schon früher, s. Anm. 71 ff.) sich
behufs der Reinheit ihrer Lehre zusammenschaarten. Und so treffen wir
den Thomismus im Kampfe nicht blass gegen Seotisten, sondern auch
gegen Halbthomisten, — ein Kampf, an welchem uns hier natürlich nur
die logischen Controversen interessiren.
Absehend von allem Theologischen darf ich somit hier mit ein paar
Worten auch den berühmten Mediciner Petrus von Abano (gest. 1320)
erwähnen, welcher als Averroist dem Verdammungsurtheile der Kirche
verließ“). Denn auf dem Gebiete der Logik zeigt sich derselbe als
reiner und strenger Anhänger des Thomas, dessen Ansichten er lediglich
wiederholt, sei es dass es sich um die Universalien’“), oder um das
pn'ncipium individuationis 262), oder‚um unitas formae handelt’“).
Theologische Thomisten hingegen knüpften vielfach an jene früheren
Controversen bezüglich der Schrift „Correctorium fra!ris Thomas“ (s.
bei Lamarre ob. Anm. 27 ll‘.) an; da jedoch von dieser polemischen
Litteratur, welche in die—ersten zwei Jahrzehnte des 14. Jahrh. fällt,
häufig nur die Namen der Autoren und die Titel der Schriften über
liefert sind, können wir, so lange nicht alle einschlägigen Handschriften
gedruckt sind, nicht beurtheilen, in welcher Weise sich etwa die logische
Parteistellung gestaltet habe 264). Aber Einiges, was zu unserem Zwecke
genere; si sit diverse numero ab istis, vere non poten'! praedican' de istis, sicu! nun
vere dicitur, quod Socrates si! Plato, qui differun! numero; nec :i sit diversa specie
vel genere, etiam non praediealn'tur rere de is!is speciebus Ergo genus non
poles! esse idem essentiaii!er in dirersis speciebus. Hier scheint mir das Missver
ständniss Haur6an's deutlich vor Augen zu liegen, denn derselbe erklärt die von
ihm mitgetheilte Stelle so, als ob es sich dabei um die Frage handle ‚.si !e genrc
peu! c‘tre pris comme une cltose“; aber davon ist ja gar nicht die Rede, sondern
nur von der um'las formue und den ihr entgegenstehenden Bedenken.
260) Da Petrus v. Ahano noch starb, ehe der für ihn bestimmte Scheiter
haufen errichtet war, konnte sich die Kirche das Vergnügen nicht versagen,
wenigstens nachträglich die Gebeine desselben zu verbrennen. „Ecclesia nun silit
eanguinem“.
261) Conciliator contraversiarum‚ quae in!er philosophos c! medicos versantnr,
Petra Ahano Pntavino, philosopho ac medico clarisat'mo, auctore etc. Venet. 1565. fol.,
f. 7 v. B: Universale habe! duplex esse: nnam quidcm in intellectu iam possibili in
ac!um aliquando deduvto; aliud recundum se‚ prou! a mul!is partiru!aribus es! quac
dem forma communi: per intellectmn abstracta; hie cm'm species e! simili!udines
rerum abstrahit a particularibus et signatis . congregans, unam quandam naturum
communem natam inesse ve! dici de p!uribus.
262) Ehend. f. 36 r. B: Individuum ext, quod de mm solo praediea!nr parti
eulari..... Numero um! idem, quorum materia es! wie, quod ipso existens sub cer!is
dimensionibus signatis princt'pium es! individuationis et formue susceptianis.
263) Ehend. f. 24 r. A: Ex plurilms en!itms acta non fit unum acta per essen—
tiam . Si formae permancan! elementorum in mis!o acta, ipsum iam plurinm nistet
formarum; quod es! falsum cum unter rei si! «nimm esse per/ectiazim.
264) So finden wir einen Bambert von Bologna (gest. 1308), welcher
„Apologeticum contra t;ormptorium Thomae pro illius doctrinae defensione“ schrieb (s.
Oueti/‚ Scripl!. ord. Praedicatorum, l, p. 504) ‚ einen Bernhard von Auvergne
16‘
244 XIX. Pseudo-Thomas.
hieher gehört, liegt uns in mehreren jener sog. Opuscula vor, welche
man später für Arbeiten des Thomas selbst hielt und so in die Ausgaben
der Werke des Thomas aufnahm (vgl. ob. Anm. 76 u. Abschn. XVll, Anm.
484 u. 548 ll'.). Es sind dieses Schriften, welche grösstentheils erst
nach Scotus entstanden sein können, aber eben dem Zwecke dienen,
die thomistische Auffassung gegen verschiedene Angrill'e zu schützen.
In diesem Sinne stelle ich hier diese Litteratur eines Pseudo-Thomas
zusammen.
Ziemlich unbedeutend an Inhalt sowie an Umfang ist die Schrift De
natura accidentis, welche in der Erörterung des aecidens naturale und
seines Verhältnisses zum substantiate sich ganz an Avicenna anschlies‘st 2"5),
aber daneben als eine zweite Art das accidens logicum bezeichnet, welches
(ähnlich wie einmal bei Albert) die Universalien in sich enthalten soll'"“‘).
Was das principium individuationis betrill't, so wird hier gelegentlich
unter Berufung auf die schöpferische Kraft der Universalien der Standpunkt
des Thomas wortgetreu wiederholt2m). Hingegen die Lehre von der
um'tas formae erscheint mit der neuen Wendung, dass in den concreten
Wesen die Eine entscheidende Form verschiedene anderweitige Formen
je nach bestimmten Verhältnissen (proportiones), in welchen sie zur Ma
terie stehen, zur Wesens-Einheit vereinigtzus).
Auch die ausführlichere Monographie „De natura generis“ hält sich
in Erörterung des Gattungsbegrill'es durchgängig an Avicenna 269), dessen
Angaben auch bei anderweitigen Punkten, z. B. in Bezug auf esse und
quidditas, ausdrücklich citirt werden”°). Bemerkungen über das Ver
hültniss der Logik zur Metaphysik und über die Eintheilung des ens sind
unmittelbar aus Aristoteles entnemmen”’). Was über prima und se
(oder de Gannato), welcher von dem angesehenen Thomisten des 15. Jahrh. Johannes
Capreolus öfters beifallig erwähnt wird und mehrere Schriften betreffs jener Contro—
versen verfasste, nemlich Contra dicta Henrici de Gundavo, quibus impugnat Tho
mam, Canlra Gode/ridum enden: de causa, Canlra Jacolmm Neupolitanum eadem de
causa (Ouvtif, a. a. O. p. 493); letzterer Jacobus v. Neapel ist identisch mit
Jacolms de Vilcrbo (oder Capoccius), und gegen ihn schrieb auch Robert Or—
phordius, welcher ausserdem unter gleichem Titel wie Bernhard gegen Heinrich
Gölhals polemisirle (ebd. p. 431). Auch Wilhelm Mackefield schrieb ebenso
gegen Heinrich und ausserdem Contra corruptarcm Thumae und De um'tate [ormarum
(ebd. p. 493). ‘
265) In der oben (Abschn. XVII, Anm. 485) erwiihnten Ausgabe als Opusc. 41
gedruckt, Vol. XVll, 2, f. 1. Vgl. Abschn. XVI, Anm. 157 (T.
266) Ebend. f. 1 v. A: De unidente logico .... .. 0mm'a universalia accidcntia
quaedam samt scquentia rcs secundum esse, quod haben! in anima. Vgl, Abschn.
XVll. Anm. 379.
267) f. 1 r. A: In 1uatcria natae saut inessc quaedam formac yenm-ales et quac
dann specxalcs‚ quarum natura est‚ in maleria [uccra‚ quidquid formae generules
natae sunt faccrc (B) Materie es! principium individuatianis sub dimensionibus
ccrlis‚ Vgl. a. a. 0. Anm. 508 u. 519.
268) f. 1 r.B: 1pstmx constilulum ex materia et forma, cm'us ext esse acht, in
quo cum non possint esse plura esse substantielle sub una forma, quam sub aliqua
alia forma, per unam [ormum sequunlur omnia, quac in diversis per diverses [armes
contingunt; proportiones vom, quac perltncnt ad istam materiam, ordinanl cum ad
diverses essentias formarum delerminatc.
269) Opusc. 42 ebd. f. 1 v. A-—7 r. A. Vgl. Abschn. XVI, Anm. 106—117.
270) f. 1 v. B u. 2 v. A; vgl. ebend. Anm. 103 u. 93.
271) f. 2 r. B. Vgl. Abscbu. IV, Anm. 231, 298, 380.
XIX. Pseudo-Thomas. 245
eunda intentio gesagt wird, enthält Nichts neues, wenn auch vielleicht
ein leiser Einfluss des Scotus dabei bemerkbar ist272). Hingegen zum
ersten Male begegnet uns hier die Aufzählung von sechs transcendentia,
nemlich ens, res, aliquid, nimm, bonum, oerum, wobei nicht bloss jene
vier Begriffe, welche uns schon beim ächten Thomas begegneten (Abschn.
XVII, Anm. 515) hier um zwei neue (res und aliquid, sicher nach ara
bischem Vorhilde) vermehrt sind, sondern auch die Bezeichnung „lranscen
dentia" als neu erscheint; und schwerlich irren wir, wenn wir auch
darin eine Einwirkung der scotistischen formalitates erblicken, dass ge
sagt wird, jene sechs Begriffe seien sachlich identisch und nur logisch
von einander verschieden 273). Eigenthümlich ist auch, dass der Schluss
der ganzen Schrift in Mathematik und Naturwissenschaft ausmündet’“).
In der Schrift „De pluralilate formarum" ist bereits von Schmähun
gen die Rede, Welchen die wichtige Lehre von um'tas formae ausgesetzt
sei; um aber dieselbe zu befestigen, könne man thcils ex distinctione
formarum, theils ex entitate‚ theils ex unitate Beweisgründe schöpfen““).
Indem aber die Abhandlung entweder von ihrem Verfasser unvollendet
gelassen oder fragmentarisch überliefert wurde, finden wir nur die beiden
ersten Motive ausgeführt, und zwar in ziemlich wunderlicher Weise.
Wenn nemlich die Formen sich dadurch von einander unterscheiden, dass
die eine vollkommener ist und höher steht, als die andere, und wenn
hiebei wie bei den Zahlen die niedrere in der höheren enthalten ist, so
werde die Natur, welche Nichts überflüssiges thuc,‘ doch wohl nicht den
nnvollkommneren Grad der Form noch neben dem vollkommneren zur
besonderen Existenz bringen”“); ja eine Form müsse gerade um so
einfacher sein, je vollkommner sie sei, denn indem die sämmtlichen nach
272) f. 4r. B: Nomina primae in!entionis sunt, quae rebus sunt imposi!a ab
solute mediante ronceplione, qua fertur intellectus s_uper ipsam rein in so; . . nomina
aalen: secundae intentionis sunt illa, quae imponuntur rebus non scoundum quod in
se saut, sed serundum quod subsunt irttenli'oni, quam intellectns fast! de eis. Vgl.
oh. Anm. 105.
273) f. 1 v. B: Saat entern sextranscendentiu, nidelicet ens, res, aliqui'd, nnum,
reruin, bonum, qnae re idein sunt‚ sed ratione distinguuntur. Vgl. Abschn. XVI,
Anm. 32, n. ob. Anm. 149 (mit den puncto lranscendentia des Raimundus Lullus,
vor. Abschn. Anm. 140, hat diese keincnfalls Etwas zu schaffen); s.nnten Anm. 355.
274) f. 4 v. B- De metaphysira aittem et loyicu et earum eonsideratione, quae
ad omnia se extendunt‚ actum est; nahe cero de naturali et mathematica restat
agendum.
275) 0pusc. 45, chd. f. 11 r. B: lnler verilales siquidem de principiis naturae
de unitate formae in uno individdo ad plurirnas se extendi! veritates, suffieiat
ad praesens‚ quasdam rationes eommunes in seriptis addurtas contra cavillationes
fortificare. Ostenditur aatem propositum tribus viis ad pracsens: prima sumitur
ex distinctione formarum a se invioem, secunda ex rationc enttla!is, tertia ex ra—
tione um'tatis.
276) Ebend.: Formae rerum‘sun! sicut numeri e! figurae, quantum ad hoc, quod
una forma addi! perfectionem super aliam, sicu! unus numerus addit super alium
et sicut uno figura super aliam et virlute eontinet ipsam; forma ergo perfectior vir
tate eontinet formam imperfectiorem; posita ergo forma pcrfection' super/tuit ponere
imperfectiorem; cum ergo in natura nihil sit super/luum, non permittil natura, quod
in eodem eoniposito sint duae formae, quarum uno si! perfectior alia. Ad hui'us
rationis evidentiam considerandum esl, quod onmes formae substanliales sun!
eiusdent generii.
246 XIX. Pseudo-Thomas.
ru|
verschiedenen Graden abgestuften Formen zu Ein und der nemlichen
Gattung gehören, sei ein gleichzeitiges Zusahtmenbestehtan derselben un
möglich*"). Auf dieses erste Motiv könne man dann auch sofort das
zweite stützen, oder letzteres durch den Hinweis auf die reale Wirkung
der in sich einheitlichen Form erledigen 278). ‚
Die kurze Abhandlung „De intettectu et intelligibiti" zeigt uns neben
dem gewöhnlichen thomistischen Dualismus zwischen Singulärem und
Allgemeinem”") eine entschiedene Bezugnahme auf Scotus, indem als
Gegenstand der Wortbedeutung nur die subjectiv begriffliche Auflassung,
nicht aber die species intelligibilis, bezeichnet wird“°). Uebrigens
knüpft sich hieran eine etwas mystische Dreitheilungber Sprache, je
nachdem dieselbe vom Herzen oder von der Einbilduugskraft oder vom
Munde ausgeht“)
Unter dem Titel „De universalibus" sind uns zwei Tractatus er
halten, deren zweiter jedoch durchaus nicht eine Fortsetzung des ersten
ist, sondern jeder derselben behandelt das Thema derartig in seiner
eigenen Weise, dass wir zweifellos zwei ganz verschiedene Verfasser vor
uns haben*“). Der erstere beginnt sofort mit einer Aufzählung und
Kritik der verschiedenen Meinungen über die Universalien, wobei die
Epikureer, die I’latouiker, die einseitig übertreiheudcu Scotisten, und die
Anhänger Bonaventura’s säunntlich durch aristotelische Stellen widerlegt
werden 283). Und dasjenige, was sich Thomas aus Aristoteles und Avi
277) f. 12 v. A: Omuis forma est simplez, et nette est eomposita ex formis, et
laute forme est simplirior, quento maior ext et perfectior‚ ‚ ‚ . .. (B) Unde impossibite
est‚ quod compatiatur secum aliam in eodem subiecto, cum sit eiusdem generis (um
unaquoque, sicut et omues fonnae eliae saut incompossibiles propter hoc, quod saut
etusdem generis.
278) f. 12 v.B: Seeunda via osteudeudi propositum sumitur e.r potestete essen—
tieli formee substantielis, ex hat: sc. quod quaetibet forma substauttalis rouslituit
ens simplicttcr; quod posset protreri ex prima via supposita incompossibititate
formarum; ex hoc entre stetim serfut'tur, quod ontne subststens materietc‚ cum sit
antun subiectum arten: lautem habeus materiem, lautem sit uua forma cuinsliltct,
quee feciot esse subsistens. Sed tarnen ca: propriis huius eine est proccdeudum;
pro principto entern hutus uiee samendum cst, quod omui: forma naturalis est prin
cipium aliam'us motus naturalis et quietis.
279) Opusc. 53, ebd. f. 37 v.B: Ipse natura, cui acctdit (vgl. ob. Anm. 266)
intelligi, nun est nisi in singularibus; sed hoc ipsum, quod ext intelligi, es! in
inteltectu.
280) f. 37 v. A: V0.1: exterior neque significat ipsum intellectum neque speciem
intelligibitem neque actum intellectux, sed conceptioncm‚ que mediente re/ertur ad rem.
Vgl. ob. Anm. 126 f.
281) Ebend.: Triplez ext verbum: verbaut cordt': sive intelleetualc‚ werben: ima—
ginatiouis siue intayiuabite, verbaut oris stve vocale; primum est menans, St'Ctflldltllt
disponens‚ tertium operaus.
282) 0pusc. 55, ebd. f. 38 r. A, und Opusc‚ 56, f. 39 r. B.
283) f. 38 r. A: Circa universelle multiples feil et diversorunt philosophorum
opiuio. Ouidem enim, sieut Epirurei, uon ponentes distincliouem esre nisi secundum
scusum..... dicebent, quod nitu't est universale . . . . .. Ouidam posuertmt, ca esse et
subsistere preeter aingutaria et prueler intellectum, et isti fucrunt Platouioi; phi
losophus dict't contra Pletonem dcridendo cum „gaudeaut genera et specics, rnonstra
enim saut“ (s. Abschn. III, Anm. 66). Sumemus entern neuessarium argumentam,
quod formal Avieeuna contra cum (folgt die Stelle Abscbn. XVI, Anm. ISS) . . . . ..
()uidam posuerunt universelle nobis inneta et rouereta .....per dirtum plu'losoplti,
quod intelligimus‚ cum eolumus (Abscbn. IV, Anm.107), .....quod nun esset dietum,
XlX. Pseudo-Thomas. 247
/
cenna behufs eines bequemen Dualismus herausgelesen hatte, bildet nun
die positive Ansicht des Verfassers, welcher in seinem Wortgehrauche
fast das ganze Register der Terminologie des Albert und des Thomas
(s. Ahschn. XVll, Anm. 398) erschöpft und hiezu noch den älteren_ Aus
druck „diversi respec!us" (s. Abschn. XIV, Anm. 137) hinzufügt und
auch seine Uebereinstimmung mit dem thomislischen Princip der Indivi
duation kundgiebt”‘). Daran schliessen sich Erörterungen über intentio
universali!a!is und über universalia arcidentium an, welche wörtlich
lheils dem Thomas theils dem Avicenna entnommen sind 285); hierauf
aber folgt eine förmliche Casuisti_k über Priorität oder Posteriorität der
Universalien (vgl. 0b. Anm. 258), indem hiebei vorerst der Unterschied
zwischen realem Sein und Erkennbarkeit derselben festzuhalten sei, und
ersteres entweder als Abstractum oder als Form gefasst werden könne,
wovon wiederum die Form sowohl nach ihrer Thätigkeit als auch nach
ihrer Absicht (intentio) betrachtet werden müsse, für welch beide Ge
sichtspunkte abermals zu unterscheiden sei zwischen höher liegenden und
tiefer stehenden Universalien, deren erstere wieder entweder auf ihre
eigene oder auf eine mittelbar entferntere Individuation bezogen werden
können 2im). Der Rest aber enthält Bemerkungen über den artmacheuden
nisi ipso noln's universalia inna!a essen! e! somper acta pracsenlarenlur ipsi animae
(diese Ansicht konnte nur von extremen Scolistm ausgehen, welche den Begriff der
species in!elligibilis in augustinischem Sinne forcirten. vgl. ob. Anm. 100 u. 114—125).
Con!ra quod es! e!iam philosophus (folgt die empiristische Stelle Abschn. IV, Anm.
53) . . . . .. Alii vero posucrunt, quod formae in!ellec!uales ef/laun! in mentem nos!ram
ab intellec!u agenle‚ poneban! au!em‚ inlcller!um ageu!cm non esse in nobis, sed
extra uns, e! dicebant, is!um esse deum (s. Bonm‘entnra, Abschn. XVII, Anm. 552)
Con!ra is!os es! philosophus in !crtio de anima (s. Abschn. IV, Anm. 63 ff.)
284) f. 38 r. B: Sententia tarnen Aristotelis vera est‚ .. e! !angilur in hoc
duplex esse universalis, unum, secundum quod es! in rebus‚ aliud‚ secuudum quod
es! in anima .... .‚ Natura, quae individuatur per maleriam in singulan'bus, effici!ur
poslea universalis per aolionem intellec!us drpuranlis ipsam a condi!ionibus‚ quue
sun! bis e! nunc. .... .. Lapis von es! in anima‚ scd specics lupidis (Abschn. IV,
Anm. 176) . . . . .. Diversis respec!ibus potes! aliquid esse grau: e! species e! univer
sale e! parliculare Es! um'm:rsalisJ inqumlum habe! rationem uniformem ad
omnia indiridua, prou! aequaliler es! simililudo omm'um . . . . .. Habe! rationem
earnniunitalis‚ secundum quod es! vommum': per repraesenla!i0nem plurium..... Uni!as
generis es: ipso inde!errnina!ione procedi! vel indi/l‘erenlia.
285) f. 38 v. A. Vgl. Abschn. XVll, Anm. 493. u. Abschn. XVI, Anm. 103.
286) Ebend.: U!rum au!em universale si! prius, quam singulare, dicemlum,
quod universale esse prius con!ingi! dupliciter, so. universale in essendo e! universale
in cognoscendo. Si in essendo, !um: universale accipilur pro specie‚ quae es! abs
!racta a condilionibus ma!erialibus‚ e! is!o modo palel, quod prius es! singu
lare, a quo abstrallitur !alis forma . . . . .. Alle modo ronsideralur universale, prou!
es! forma reali!er existens in rebus, c! hoc dupliciler; au! enim refer!ur ad opera—
tienem naturae au! ad in!en!ionem. Si primo modo‚ an! quuirnur de universali spcriei
sperialissimae au! de superiori ad ipsam. Si de superiori, au! compara!ur ad suum
proprium singularc au! ad id, quod mediale couline!ur ab fl‚ls0‚ St ad proprium,
luno prius es! in operationc naturae hoc animal, quam animal, qnod omm's
operatio es! singularium . . . . .. Si formamus universale superius ad singnlare non
proprium, u! animal ad hurra hominem, n'a in operatione naturae universale praecedi!
singulare Si au!cm loquamur de universali in[eriori‚ u! de sperie specialissima,
sie quanlum ad operationem naturac singulare praecedi! universale . . . . .. St au!em
referamus universale quanlum ad in!en!ionem naturae, sie adhuc distinguendum es!,
quia loquimur au! de aniversuli superiori, u! de yencre, au! de in/criori Si
248 XIX. Pseudo-Thomas.
Unterschied, über Einheit, und über das Verhältniss zur Objectivität, welche
sich wörtlich an Avicenna anschliessen 2m).
Der Verfasser der zweiten Abhandlung, welcher auch auf andere
von ihm verfasste Schriften hinweist“”), vertritt eine mehr realistische
Auffassung des Thomismus. Indem er an den aristotelischen Begriff des
ua06hov anknüpft, nimmt er das Universale als eine „Sache“, welche in
mehrerem Gleichartigen „ist“ und so von der secunda intentio erfasst
wird, und er verstösst somit ausdrücklich und absichtlich gegen den
älteren Spruch „res de re mm pracdicatur"*”). Dabei aber hält er
einerseits mit Thomas in einer unverkennbar polemischen Wendung gegen
Scotus daran fest, dass das Singuläre nur durch ein Entblössen von seiner
Particularilät Gegenstand des Erkennens werden können“); und andrer
_seits gebraucht er für jenes aus dem Einzelnen herausgeschälte Universale
den scotistischen Ausdruck „species intelliyibilis", woran sich aber be
züglich der um'!as formae ähnlich wie bei Gottfried v. Fontaincs und
Johannes Parisiensis die Annahme knüpft, dass Gattungs- und Art-Begriffe
nur auf einem „diversimode intelligere“ beruhen 2’"). Freilich liegt
hiebei immer nur der unklare Dualismus des Thomas zu Grunde, denn
es wird hinwiederum gesagt, dass das Universale einerseits in seiner
eigentlichen Bedeutung formaliter nur in der denkenden Seele als ein
laquamur de saperiori, dico, quod universale nun intenditur a natura..... Si
aalem de uninersa!i in/erion', ul de specie speoialissima loquimur, dicendam,
quod intrntiune naturae prias es! universale . . . . .. E! sie patet, quid si! dircndam
de aniversa!i quantam ad esse suam‚ Si aa!em loquamur de universali quantum ad
cagnilioaem wem, hoc patcs! esse duplirilcr‚ quitt es! aliqaid notias quoad aus, et
es! aliqaid notius simplicitcr sive qaoad naturam.
287) f. 38 v. B z. B. rationalitas, s. Abschn. XVI, Anm. 150, und Abschn. XVII,
Anm. 529; über unitas, s. Abschn. XVI, Anm. 102; sodann f. 39 r. A: Animaf‚ in
qaantam es! animal, nur es! yenas nec specics nec individuum nec unum u. s. f.‚
s. ebend. Anm. 74.
288) Opusc. 56 f. 40 r. A, woselbst wir einmal finden „u! alibi deelaralritm“‚
dann wieder „sica! patchi! in Topicis“ und hierauf „palebi! rapitufo de prapria“.
289) f. 39 r. B: 0aoniam dici‘ Aristo!eles prima Posterioram (s. Abschn. IV,
Anm. l32)......‚ dico, quod universale, secundam quod universale, romprehendi!
primam rem, qaae de so nata es!, in plaribas esse sccandum intentionrm secundam.
f. 39 v.A: 0aando dicitur „universale pravdirutar de plaritms“, sensas es!‚ qaod
res suhircta universali!ali praediratur de p!urihas. Vgl. Abschn. XIV, Anm. 287.
290) f. 39 r. B: Bes, secandam qaod es! in maleria particulari‚ intelligi mm
po!cs!‚ nisi ahs!ralmlar ab omaibus tondi!ionibus individuantihus; lapis min: uon
‚mies! in!clligi‚ nisi per inlrllectum abstrahalur ab hie et nunr. f. 39 v. B: Singu
laritas e.z hoc, quod est singalaritas, non impedi! actioncm intellec!us; atitcr in
!elligentiae, rum sin! singulores, nun passen! intelliyi‚ qaod [nimm 0st... .. Sin
galarilas nun opponi!ur artioni intelligibilis, nisi cum si! cum materia; scd cum
drnadatar a materia, cri! intelligibilis. Vgl. Abschn. XVll, Anm. 499. u. ob. Anm.
31, 75 u. 121.
291) f. 39 r. B: Prima in!rntio‚ quac de Iapide est, in in!rllcola es! Spe‘Cic’s
lapidis, qaae compr!i! Iapidi, serandum qaod lapis, c! ab is!a prima intentione haer,
von; „lapis“ imposita es! ad signi/icandam naturam lapidis..... Intelleclus intelligit
naturam Iapidis mediantr spcrie in!elliyibili (s. ob. Anm. 110 fl'.)‚ qaio sibi non
repugna! esse in plurihas;srcando intelligi! eam, u! es! parlicipabitis a plaribas, e!
serandum diversem par!icipationis modam sie dirersimodc in!rlliyit‚‘ 1mm mquanlam
es! participobilis a plarihus differentibus spccie‚ intelligi! cum sah in!rllcclu generis;
r! si solum participobilis es! a pluribus di/ferentibus numero, in!rlligi! ran: sah in
leltecta spccit‘i. Vgl. ob. Anm. 70 u. 74.
XlX. Pseudo-Thomas. 249
Accidens des objectiven Wesens vorliege und andrerseits zugleich der
Gegenstand selbst sei, welcher vorstellungsweise (obiective) dieser Auf
fassung unterworfen werde 292), — eine Annahme, welche auch hier
an jene Stellen Avicenna’s geknüpft wird, denen wir schon so oft he
gegneten””). Auch eine Pole ik, welche gegen eine platonisirende An
sicht, dass die Universalien imßriduelle Wesens-Einheiten seien, 8crichtet
ist, beruht auf den nemlichen Grundlagen”‘). Aber Eine eigenthümliche
Annahme hat diese Schrift vor allen übrigen damaligen Erzeugnissen zum
Voraus: es wird nemlich aus dem Umstande, dass die secundae inlentiones
nur in der Seele, und zwar als ein Accidentelles,‘sich finden, hier der
Schluss gezogen, dass die Logik nur in nngewisser Weise (incertitudina
liler) eine Wissenschaft sei, da ihr Gegenstand im Vergleiche mit anderen
(realen) Disciplinen und insbesondere im Vergleiche mit der Metaphysik
der schwächste (debilissimum) uml ungewisseste sei, dann dasjenige, was
nur psychologisch existire, habe am Wenigsten am Sein Theil'z95). Noch
wunderlicher aber gestaltet sich die Sache, wenn der Verfasser wohl
hieraus folgert, dass ein. eigentliches Wissen (sein) der Logik nur auf
Grundlage einer Kenntniss der realen Wissenschaften erfolgen können“),
aber dann doch zugleich behauptet, die Logik müsse vor den übrigen
Disciplinen gelernt werden, weil jene secundae intentiones allem Seien
den gemeinsam seien, nnd somit auch die Logik selbst gemeinschaftlich
allen Wissenschaften cinwohne und fiir alle das Beweisverfahrcn ent
halte 297).
292) f. 39 v. A: Otmen'lur au!em‚ ulrum universale sil substanlia vel arcidens.
Et per hoc solrilur ista qnueslio, quom'am loquendo de universali, sccundum quod
universale, es! solum in anima et es! aceidens (Abscbn. XVH, Anm. 379); sed lo
quendo de re subiecla dicilur, quod quandoque es! sul:stanlia et quundoque acridcns
accuudnm diversilalem universalium Secunda inlenlia, quam universale includil,
formuliler (diess ist scotistische Terminologie, s. ob. Anm. 129 u. 133) solum esl
in um'ma. lies subiucla i'lli inlcnlioni neu dlcilur propric subiecla, scd obiectn.
293) Ebend.: Logica principalilcr es! de sccmidis inlenliunibus; sed qula sccimdue
inlrnliones principalllfr accipiuntiu‘ a proprielalibus rerum medianlibus primis, ideo
dicil Avirenna, . . quod logica es! de sccundis inlcnlionibns adiunclis primis‘
(Abschn. XVl, Anm. 74). . Aviccnna dicil‚ quud lril1us modis dicilur universale
(S. die Stelle ebend. Anm. 184).
294) f. 39 v. B: Aliqui dizrrunt‚ quorl universale esse! zum”: numcro numrrosilulr
esscnliac; hoc autrm [alsum csl. Nam nun reqnirilnr ad um‘lalem universalis tun/es
essenliae‚ quoniam genus non dicil essenliam mmm, scd plurcs; . . . . .. srd idc0
dicilnr universale unum numero‚ qulu intenlio illa‚ quae es! in anima, ..‚..esl um:
in numcro.
295) f. 40 r. A: Specics resprclu animac accidens esl‚ et simililer de aliis in—
tenlionilms secundis.. . .. Solum haben! esse in anima EI ca: hoc palel‚ qualilcr
inccrliludinaliler logira csl scicnlia, quia ipso inler omnes alias srienlius inccrlior
est; quod est‚ quia ccrliludo scicnliae deprndrl a cerliludine subicrli. [Iirilnr cnim
melaphysica cerlissima, eo quod habe! suhieclum cerlissimum...... Sed inler omnia
subiecla scienliarum debilissimum et incerlissimum es! subierlum logicae, quia unum—
quodquc, quanlum habe! de enlilalc, (antun: /lflllCl de veritalc; man: uulcm sc
cundaß in!enliones solum haben! esse in anima et ab unima, ex quo seqm'tur, quod
haben! debilissimum esse; 1mm inter omnia gencra cnlium eiilia, quer sunt in anima,
minus parlicipanl de wütete. Vgl. bei Albert, Ahschn. XVII, Anm. 363.
296) Ebend.: Idee impnssibilc esl‚ logicam scirr‚ nisi fucrit sciens el oxprrlus
in aliis scicnliis c! specialiler in melophyaica.
297) Ebend.: Verurnlamen, quia luu'usmudi secumiae inlrnlioncs commun»s sunl
250 XlX. Pseudo-Thomas.
Das eigentbümlichste Product aber innerhalb dieser ganzen pseudo
thomistischen Litteratur ist die „Summa tolius togicae Aristotelis"“fl,
welche auch geschichtlich Manches interessante darbietet (sei es selbst
nur um Leibnit1‘s willen). Es ist unmöglich, dieses Buch dem Thomas
zuzuschreiben, denn der Verfasser desselben behandelt nicht nur ausführ
lich die hypothetischen Syllogismen, sonßrn verweist auch auf eine von
ihm selbst geschriebene Monographie über dieselben”")‚ während Thomas
gerade für das demonstrative Wissen die hypothetischen Urtheile und
Schlüsse abwies (s. Abschn. XVII, Anm. 540). Auch ersehen wir aus
einer einzelnen Stelle, dass der Verfasser nicht blos in Spaniern lebte,
sondern selbst ein Spanier war”°°). Wie er hicss‚ wird ohne neue
Hülfsmittel nimmer zu ergründen sein. Ein thomistischer Standpunkt im
Allgemeinen liegt dem Buche wohl zu Grunde, aber um so auffallender
ist manches Einzelne und insbesondere die häufige Einflechtung byzan
tinischer Logik. . 4
Die wesentliche Aufgabe der Logik erblickt der Verfasser (— hierin
von Albert abweichend ——) in dem syllogistischen Beweisverfabren, und
so folgt er‘ dem arabischen Motive (Abschn. XVI, Anm. 16 f.) der Ein
theilung der Logik nach den Bestandtheilen des Syllogismus 301), will
aber für seine ganze Darstellung auf das Gebiet der Topik und Sophistik
verzichten 302). Was zunächst den Inhalt der lsagoge betrillt‚ schliesst
er sich in der Universalienfrage an Albert und Thomas an, deren Ter
minologie er durch das antiscotistische Wort „denudare“ und durch den
bei Roger Baco vorkommenden Ausdruck ‚.convenientz'a“ bereichert 303),
in mnnibus entibus, ideo togica est commanis omnilms scieutt'is et potest argucre in
quatibct srieniiu, nam secundae intenliones ducunt in cognitionem primarum, in—
quantum fundatae samt in eis . . . . . .. [den toyica dehnt addisct' prius onmibus
atiis scicnliis.
298) Opusr. 48‚ ebend. f. 14 v. B—35 v. A. Unter die Werke des Thomas
konnte dieses Buch wahrlich nur durch jenen principiellen Manch an aller Kritik
gerathen, durch welchen sich das Mittelalter in gleicher Weise auszeichnetc, wie
heutzutage die modernen Thomislen in St.Pölten und in Bheinprenssen (s. Abschn.
XVII, Anm. 481).
299) f. 32 r. B: De quibus onmil:as compositis proposttionibus et earum varia
tatc et sytlogismis, qui ex eis /iant‚ di/fuse dixi in Hin-o, qucm fest de hypotheticis
syllogismis; ideo di/fuse de eis nunc trurtare praetcrmitto, scd videamus sotum modos
syllayt'zandt'.
300) f. 24 v. B: Verba infim'livi modt atiqaando poflunlur es: parlc sabiecti, ut
cum dicimas „currcre es! movcn'“‚ et hoc ext, quia haben! uim nominis; unde Graea'
nddunt cis artirutos sicul nomiuibas; hoc idem facimus nos in logica vutgari, nam
dicimus „et corere min“, ubi Iitlera „et“ est articalas.
301) f. 14 v. B: Omnrs homincs natura sein: desiderant (bekanntlich die Au—
fangsworte der aristotelischen Metaphysik); scire aatcm es! e/fectus demonstratr'onis;
. . . . . .. quta dumonstratto est syllogisnms, ad roguoscendam eam net‘essc est prac
cnynoscerc syltogisnmm; syltogismus aalem.....rugnosci non poterit partibas ignoratis.
Vgl. hingegen Albert, Abschn. XVlI‚ Anm. 370.
302) f. 15 r. A: De sytlogismo t=ero appticalo ad maleriam probabilem, qui per
tinel ad parlem lngicac. quac diatectica dicilar‚ de quo tractatur in libro Topicorum,
rt de syltogismo applicalo ad materiam Sopl:tsticam‚ de qao tractatur in [ihre Elen
chorum, non Monde me ad pracxeus intromittcre.
303) Wir finden nemlich (f. 15 r‚ A) nicht bloss die Begrifie sccunda intcutio‚
1nnlcriu signala, hic et „um: (s. Absehn. X\’ll‚ Anm. 519)‚ conformitas (s. Abschn.
XIV, Anm. 474), sondern unmittelbar neben letzterem auch nonvenientia (s. Abschn.
XIX. Pseudo-Thomas. 251
während er dabei zugleich den thomistischen Dualismus mit der byzan
tinischen Wendung auss'pricht, dass das praedicabile in dem „dici de“
und das universale in dem „esse in" liege, was natürlich mit der Unter
scheidung eines intellectuellcn und eines sachlichen Auftretens der Uni
versalien zusammentritl‘t 30*‘). Wenn aber in Folge der abstrahirenden
Thatigkeit, welche im Intelleatus vor sich geht, die Universalien vorstellungs
weise (obiective, s. ob. Anm. 105) im Denken sich vorfinden 305), so wird
zur Ueberbrückung der Kluft zwischen Subjeet und Object die spec-ies
intelligibilis des Scotus als jene Anschauung herbeigeholt, in welcher die
Universalieu gegenständlich (subiective) im Intellectus sind 306); nur ver
bleibt dabei dem subjectiven Denkacle immer noch jede Verknüpfung und
wechselseitige Beziehung der Gedankendinge‚ und so kann in aller Schärfe
gesagt werden, dass die Wahrheit. überhaupt nur vorstellnngsweise he
steht30"). Die Frage aber, wie die Universalien in den Dingen zur Indi
vidualisirung gelangen, wird ganz im Sinne des Thomas beantwortet,
wobei jedoch, um der Schwierigkeit betreffs der Angelologie zu entgehen,
jeder Engel sich gefallen lassen muss, zu einer eigenen Species ernannt
zu werdenßos). Auch die Controverse über unitaa‘ formae wird nach
thomistischer Anschauung erledigt, indem die Aeusserungen Avicenna’s,
welche sich auf die Form beziehen, zur Verwendung kommen"°°).
Ueberhaupt ja ist es Avicenna, von welchem der Verfasser auch in der
Einzeln-Erörterung der fünf Universalien innerhalb seines Themismus sich
leiten lässtalo).
XVII, Anm. 573) und als Ausdruck der abstrahirenden Thäligkeit denudare (vgl.
hingegen Scotus ob. Anm. 121 u. 290). '
304) Ebend.: Universatia dieuntur, prout inteltectus atlribait eis esse in pluri
bes; praedicabilia vom dicuntur‚ prout intelleetns attrilmit cis dici de pluribus (s. bei
Petrus Hispanus, Ahschn. XVll, Anm. 167). Ziemlich plump spricht sich dieser
Dualismus in den Worten uns, f. 15 r.B: Licet intmtiones fiunt ab intellertu. [unten
oportet‚ quod aliquod fandamentum Ilflllemtl in re extra, oder ebenso wenn gesagt
wird, f. 25 v. B: Universale antun putest duplioiler cousidcrari: uno modo quasi
separatem a singularibus, so. secundum esse, quod Imbet in intellevta obiective; alio
modo sevundum esse, quod Itabet in singularibus.
305) f. 15 v.B: Forma substantialis habet duplex esse. Unum est obiective in
intellccte (hiezu vor. Anm. am Schluss), et secundum hoc esse intctlcctus atlribuit
sibi nomen abstractum, cousiderat em'm cum intellcctus nun considerando materiam,
in qua est, et propterea dat sibi nomen abstractum, ut „humanitas“. Aliud esse
habet in mutcria.
306) f. 25 r. A: Diva, quod in intellectu quaedam sunt subicclive, ut species
intelligilu‘les (s. ob. Anm. 118 u. 126 fl'.) et aclus intelligendi et huiusmodi; quuedam
sant obieclive‚ a! ca, quae intrtlectus intelligit.
307) Ebend.: Quando ergo res, qaae est in t'nteltectu ohiectivc, es! con/urmt's
sibi 1'psi, ul est in reram natura, (um: talis eon/ormitas dicitur veritas..... (B) Ve—
ritas ext relatio rationis, onlia autem ratiom's nusquam saut subiectivc, nisi [arge
modo intelligalur, seeandam illud, cui ratio attribuit taten: respectum rationis; habet
ergo veriles salum esse obiective; et similiter diro de falsitate. Die Folgerung je
doch, welche wir aus diesem Standpunkte in einer anderen Schrift (oh. Anm. 295)
fliessen sahen, wird hier nicht gezogen.
308) f. 15 v. A: Prineipium individuationis proprium est a materia signata.....
Angcli mm difl‘erunt inter se numero, sed quilibet au_qelns facit spccicm per se.
309) f. 15 r. B u. 1.17 v. A; vgl. Abschn. X\'l‚ Anm. 93. u. Abschn. XVII,
Anm. 523 f.
310) f. 15 v. B über den artmachenden Unterschied (vgl. Ahschn. X\'l‚ Anm.
252 XlX. Pseudo-Thomas.
An die Lehre von den Kategorien, welche in der nemlichcn Weise,
wie bei Albert, mit den Universalien in Verbindung gebracht werden’“),
knüpft sich vorerst an der Hand aristotelischer Stellen eine Be'sprechung
des Begriffes „ens“ 312), welcher jedoch nicht als Gattungsbegrifl' gefasst
werden soll313). Eigenthümlich aber ist dem Verfasser nicht nur, dass
er die ersten drei Kategorien als „absolute“ den übrigen sieben als „re
lativen“ gegenüberstellt 3“), sondern auch dass er erst hier bei der Ka
tegorie der Substanz die arbor Porphyn'ana verwerthet, mit welcher er
jedoch ebensowenig wie Avicenna durchgängig einverstanden ists‘5). In
ungleichmässiger Ausführlichkeit behandelt er die Kategorie der Quantität,
Qualität und Relation, in deren Erörterung er auch viele theologische
Fragen verflicht3‘6)‚ und betreffs der sechs letzten Kategorien liefert auch
er einen Commentar zum Gilbertus Porretanus"").
In der Lehre vom Urtheile entlehnt er dem Albert die Unterschei
dung zwischen emmtialio und propositio””)‚ folgt aber hinwiederum
bezüglich der fünf Arten des Satzes lieber der Auctorität des Boethius“")‚
und nimmt dann aus der byzantinischen Logik den Begriff der copula
sowie den Memorial-Vers „Quae ca vel hyp“ u. s. f. auf 32°). Auch da,
wo er bezüglich der allgemeinen Urtheile Gelegenheit findet, seinen the
mistischen Dualismus kundzugeben, und sowohl für die logische Auffassung
als auch für das reale Auftreten der Universalien die möglichen Fälle
einer allgemeinen Aussage formulirt, bewegt er sich in byzantinischen
Beispielen und in der byzantinischen Ansicht, dass z. B. omm's eben doch
nur ein Syncalcgoreuma und ein blosses „Zeichen“ sei“‘), daher er auch
144 ff. u. Abschn. XVH, Anm. 529); f. 161‘.A über Accidens (vgl. Abschn. XV1,
Anm. 156 fl'.).
311) l'. 15 r. A: Pracdicamcntum m'hil aliud csl, qmm: ordinatio pracdt'tufzifitlm
in ordinc pracdicumcntaft'. S. Abschn. XVlf‚ Anm. 429. Auch die Erörterung über
die Synonyms und insbesondere über die Analoge (f. 17 r. A) schliesst sich an Al—
bert an; s. ebend. Anm. 432.
312) f. 17 r.B; vgl. Abschn. IV, Anm. 298 u. 301.
313) f. 16 r. A; s. Abschn. XVI, Anm. 32. u. Abschn. X\'ll, Anm. 415.
314) f. 17 r. B: ('0rttrahilur ans per duos modos‚ quorum unus es! esse ad esse,
et islc morlus romprehendil Irin pracdicamenIa ahsolufa, so. subsIantiam, quunlifafem
et qualitalem; .srcundus es! esse ad aliud, et islc modus cnmprehendil sepfcm prac—
dicamenla Te.<pt‘Cftt‘tl.
315) f. 17 v. B: Oualifr1 autem pracdicamentum suf1slanliae sit ordinalum, palel
in arlmre I’orphyrii, nam gratia exempli pom'mus, licct‘ mm in IoIo rcperiam cum
veram. Vgl. Abschn. XVI, Anm. 134.
316) f. 18 v. B—21 v. A.
317) f. 21 v. B— 24 r. B. Vgl. Abschn. XVII, Anm. 439.
318) f. 24 v. A; vgl. ebend. Anm. 445. Gelegentlich der Definition von von:
wird eine aristotelische Stelle (Abschn. IV, Anm. 701) mit Benützung des byzanti
nischen Begriffes „suppositum“ (vgl. oh. Anm. 109 u. 251) verwendet: Esl di/ferenlia
inler di/finilionem supposilnrum et di/finilioncm formarum etc.
319) f. 25 r. A; vgl. Abschn. XII, Anm. 111. u. Abschn. XVII‚ Anm. 449.
320) f. 25 v. A; s. Abschn. XVll‚ Anm. 152 u. 108.
321) Auf die oben, Anm. 304, angeführte Stelle, f. 25 v. B, folgt unmittelbar:
Prime mndo vonsidcruto universafi afiquid de eo pofcsf duplirilcr cnuntiari. Uno modo‚
quund0 cf altrifmilur aliquid, quod perlinet ad solam aclioncm inlellectus, u! cum
dicimus..... „homo es: species‘ . . . . .. Alio modo‚ quando illud, quod ei allri
buiIur, nou perlinel ad atfum inlelleclus‚ sod ad esse, quod habeI ipsa natura In
Ieffecfa in rebus, quae sunl extra animam, uI si dicalur „homo esI dignissima erta
XIX. Pseudo-Thomas. 253
Albert’s „individuum vagum" mit einem anderen derartigen Zeichen,
nemlich mit q-uidam. in Verbindung bringt 322). Wenn aber dann bei
Erörterung der Entgegensetzung der Urtheile sieben Erfordernisse des
eontradictorischen Gegentheiles aufgezählt werden 323)‚ so fühlen wir es
merklich, dass wir uns allmälig dem üppigsten Dickicht der Scholastik
nähern. Bei der Aequipollenz wird der Memorial-Vers „Prae conlradie
n. s. f.“ angeführt“*), auch folgt hierauf eine längere Erklärung der
byzantinischen triple.r materia der Urtheile325). Desgleichen wird die
Modalität der Urtheile ausführlich nach älterer und neuerer Tradition der
byzantinischen Logik behandelt, denn auf letztere weist die Unterscheidung
der „modales de dieto“ und „modales de re“ hin 326), und ersterer
gehört die Auffassung des Begriffes modus selbst, sowie die Memorial
Worte „Purpurea u. s. f.“ an 327). Ebenso schliesst sich die Erörterung
über die hypothetischen Urtheile dem nemlichen Vorbilde an, und zwar
ist es die jüngere Formation, aus welcher die Eintheilung des condi
tionellen Urtheiles in rationalis, causalis, temporalis entnommen ist 32“‘).
Die Syllogistik knüpft der Verfasser an den traditionellen arabischen
Begrilf der Argumentation 329)‚ verbindet aber hiemit den Standpunkt des
Beethius, wornach inventio und iudiciam die Aufgabe der Logik sind,
!urarum“ (wörtlich dasselbe Beispiel s. Abschn. XVII, Anm. 206)..... Secundo modu
emm1iulur aliquid de universali dupliciter. Uno modo cum a!!ribuitar sibi ali—
quid ralione ipsius universalis; .....alio mado, quando a!!ribuilur ei a!rquid ra!!onc
singularis E! quia is!c modas enunliandi aliquid de universali cadi! in communi
apprehensione hominum, idco inven!ae sun! quaerlam dicliones ad designandum modum,
...‚.al hoc signum „omnis“ (s. ebend. Anm. 238 f.).
322) f. 26 r. A: Haec dictio „quidam“ vel „aliquis“ .... ..indelerminafe f„rmam
alicuius singularis significat, .....ande e! dicilar individuum vugum; s. ebend.
Anm. 406.
323) Ebend.: Ouod si! con!radiclio in!er aliqaa‚ reqairunlur seplem. Prime,
quod opponanlur (laue proposilioncs‚ quarum una xi! affirmuliva e! allem negalivn‚
qaod Iales enan!ialiones ‚via! eiusdem subiccli. Tcrlio‚ quod sin! ciusdcm praedicali.
Ouar!o‚ quod non fia! pracdica!io secundum diverses purles suln'ccli . . . . .. Quinte,
quod nonn'! diversus modu: es perle pruedicali . . . . .. Sex!o‚ quer! nun si! diversitas
er parle mensurae, Ioci e! temporär Scp!imo‚ quod n0n si! diversilas c.v Imbi
!udine ad aliquid ex!rinsecum.
324) f. 26 v. A, s. Abschn. XVII, Anm. 40.
325) Ebend.‚ s. ebd. Anm. 155.
326) f‚26 v. B: Oaaedam sun! propositiones morlalcs de dic!o‚ u! „Sovralem
carrere es! neresse“, in quihus scilicc! diclum subiicilur e! modus pracdicalur (vgl.
ebd. Anm. 161), e! is!ue ran! vcre modales...... invdßm flulßm Will madfllß 118
re, in quibus videlice! modns inlerponilar dic!o‚ u! „Socralem nacesse es! currere“,
.... ..qaod in Socra!e si! neccssilas ad rurrendum. im Wesen nemlich ist diese
Einthedung verwandt mit jener, welche wir oben (ebend. Anm. 585) trafen.
327) f. 27 r. A, s. ebd. Anm. 161 u. bes. 164. Die übliche Figur ist. hier sehr
vereinfacht, indem in den vier Ecken derselben nur die Satzformen auftreten:
Neccsxe es! exse‚ Possibile es! csse‚ Imposaibile es! esse, Possibile es! nun esse.
328) f. 27 v. A, vgl. ebend. Anm. 584. Wenn dort gesagt wird „Harmunius
pom'l duplicefli hypolhcsim“, so ist natürlich Ammonius zu lesen, und es ist damit
eine Stelle gemeint, welche Boethius (Abschn. XII, Auru.156) aus Ammonius (Abschn.
Xl, Anm. 167 f.) entnommen hatte.
329) f. 27 v. B: Es! au!em argumcn!atio ora!io significaliva diseursus rationis
ab mm cogm'lo ad afiud incugni!um im! a magis cogm'!o ad minus cuynilam. Vgl.
Abschn. XVl, Anm. 15. Hierauf folgt abermals obige (Anm. 318) Unterscheidung
zwischen proposilio und cnunlialio.
__.. ...______
254 XIX. Pseudo-Thomas.
und erblickt in letzterem das Wesen der aristotelischen Analytik, so dass"
wir hier fast ein Vorspiel der späteren Bedeutung des Wortes „iudt'eium“
finden könnten 33°). Als „Principien“ des Syllogismus bezeichnet er das
Dictum de omni und Dictum de nullo. wozu als Drittes der sytlogismus
cmwersieus komme, welcher (in deutlicher Anknüpfung au die Lehre von
Comequentia, s. Abschn. XVII, Anm. 613) bei Erhärtung der Schlusskraft
einiger -Syllogismen seine Anwendung finde 331). Die Erörterung des
Einzelnen, bei welcher er, wie Albert, sich der termim' transcendentes‚
d. h. der Buchstaben, bedienen will""“)‚ beginnt er, —- uns hierin an
Scotus erinnernd, s. ob. Anm.194 ——, mit der Lehre von der Umkehrung
der Urtheile 333), wobei er die Annahme, dass das allgemein verneinende
Urtheil auch particular umgekehrt werden könne, als unuöthig abweist”‘)
und an der Nicht-Umkehrbarkeit des particular verneinenden Urtheiles
festhält335), daher er auch nur den Einen Memorial-Vers „Feci simpli
citer u. s. f.“ anführt“*‘). Auch die Umkehrung der modalen Urtheile
bespricht er ausführlich im Anschlusse an die spätere Formation der
byzantinischen Logik 337).
Nachdem er hierauf die Dreizahl der kategorischen Schlussfiguren
ohne polemische Beziehung auf eine vierte Figur ziemlich schwach durch
blosse Berufung auf einen ltlemorial-Vers motivirt hat335), erörtert er die
330) Ehend.: Legion, u! Boe!hius in suu Topica dici! (s. Abschn. XII, Anm.76),
duas Itabet partes, sc. invenlivam e! iudicalivam...‚. Judicium antun, ut hie sumi!ur‚
es! recta de!emtinatio ratiom's in his, quorum es! indicium . . . . .. E! ideo seien!ia‚
quuc es! roch: determinalio scibih'um, est per causas‚ so. cum ratio resolrit cau:ala
in causas, c! propterea Auen parä Iogicae‚ so. iudicativa‚ dicitur analytiea seu reso—
lutoria‚ quia resolvi! principiata in principt'a.
331) f. 28 r. A: Dieo autcm principia primas propositiones per se notas; hacc
au!em principia sunt din‘ de amm' e! diei de nallo.... Aliqui syllogismi nur: pos.mnt
immrdiate prohari per dic!a duo princt'pia e! propterea indigen! uno ah'o prin
cipio Hoc entern prinzipium ext: Ouando ex opposito consequenlis infertur op
positum antoecdcntis prinmc'conrhtsiom's, Inne prima consequcntia fui! bona„„. Et
Inne reduclio vacatnr ab aliquibns „per impossibile“, a pleilosoplm vero „per syllo
gismum convm-sivum“. Letzteres ist natürlich falsch‚ denn gerade „perimposst'bile“
ist aristotelischer Ausdruck (s. Abschn. IV, Anm. 623), hingegen „couversivus“,
welches allerdings bei Albert vorkommt (Abschn. XVII, Anm. 465), weist durch den
Boethius hindurch (Abschn. XII, Anm. 136) nur bis zu den älteren Peripaletiltern
zurück (Abschn. V, Anm. 46).
332) Ebend.: In tulibus syllogismis et eorum propositionibus mm cum!ur‚ in
qm: materia sint; ideo utcmur terminis lranscendentibus. S. Abschn. X\Ill‚ Anm. 469.
333) Auch die logische Begründung der Umkehrbarkeit bewegt sich, wie bei
Scotus, in den Ausdrücken der Lehre von den Cousequentiar.
334) f. 28 r. A: Per accidcns . . . . .. convcr!untur universalis a/1irnmtiua et, ut
aliqui dicun!‚ universalis negative; turnen 1ton es! netessan'um hoc ponere‚ . . . . . .
rzisten!ilms em'm universalilms vcris semper parlirulares samt verm‘. Hiernach kann
es zweifelhalt sein, ob mit jenen „aliqui“ etwa Scotus gemeint sei; s. ob. Anm‚l96‚
335) f. 28 r. B: Particutaris vcru negaliva mm cunucrtitur, quia er opposito
consequrntis nun in/erlur opposilttm an!eredenlis. Vgl. hingegen ob. Anm. 199.
336) Nemlich der zweite der vier Verse, welche bei Petrus Hispanus vor
kommen (Abschn. XVII, Anm. 156), mus>te bei solcher Ansicht des Verfassers
wegfallen.
337) f. 28 r. B u. v. A. S. Abschn. XVII, Anm. 587 n. 594.
338) f. 29 r. A: I’lures [igurae mm possu1!l ess:‚ quia lres lermim' in duabus
propositionibus mm possunl plun'es varinri. Umlc versus: Sub prae u. s. f. s.Abschn.
.\'Vll‚ Anm. 51 (vgl. ebd. Anm. 181).
_ „ J, ;_-1\_.7—
XIX. Pseudo-Thomas. 255
iuutilea eouiugationes. wobei er die bekannten Regeln, dass nicht beide
Prämissen negativ, noch auch beide particular sein dürfen, durch den
Zusatz vermehrt, dass das Gleiche auch von der Singularitdt und von der
Unbestimmtheit der Urtheile gelte 339), worauf er die unzulässigen (Zom
binationen betreffs der einzelnen Figuren zusammenfasst“°). Hierauf gibt
er für die drei Figuren vorerst nur die vierzehn aristotelischen Modi
an an), fügt aber dann für alle drei Figuren noch „indirecte“ Schluss
weisen hinzu, welche er darauf begründet, dass jeder umkchrbare Schluss
satz eines Syllogismus in seiner bewerkstelligten Umkehrung gleichfalls
als Schluss-Resultat zu betrachten sei; hieraus ergeben sich für die erste
Figur die ersten drei theopbrastischen Modi (d. h. nach damaliger Ter
minologie Baraliptou, Celantes, Debüts, oder nach jetziger Bamatip,
Calemes, Dimatis), ferner für die zweite Figur zwei neue Modi (d. b.
Caesaro und Camestros), und ebenso drei neue für die dritte Figur
(nemlich Umkehrung des Schlusssatzes in Darapli, Disamz's und Datisi);
betreffs der zwei letzten thcophrastischen Modi der ersten Figur (d. h.
nach damaliger Bezeichnung Fapesmo und Frisesomorum, nach jetziger
Fesapo und Fresison) wird die völlig richtige Bemerkung gemacht, dass
dieselben auf dem Versuche beruhen, unzulässige Combinationen der ersten
Figur dennoch schlussfähig zu machen 3"). Indem aber der Verfasser
hiebei den Boethius tadelt, weil er die indirecten Modi der zweiten und
dritten Figur vernachlässigt habe, müssen wir beachten, dass hier Boethius
den doctores moderm' beigezählt wird 343). Jedoch trotz dieser Be
reicherung der Syllogistik zählt er zuletzt doch nicht 24, sondern nur
die üblichen 19 Schlussmodi mittelst jener nemlichen Memorial-Vcrsc auf,
welche wir schon seit Shyreswood trafen 8‘“). Hierauf reiht er eine Er
339) Ebend.: Inatilium eoniagalionum quaedam possunt ficri in omuilms figuris.
. . . . .. Saut quatuor: prima ext, st umbae pracmissae saut uegatiuae; seruuda, si
ambae praemissac saut particulares; tertia, si auxbae saut indefinitae; quarta, si
ambae saut singulares Ex puris urgativis, partieutaribas, indefinitx's et singu
taribus uihit sequttar.
340) Ebend.: lautiles vero eoutugatioues, quae non saut in omnibus fiyuris, saut
duae. Uua‘ conrem't primae et terliae figurae, so. quaudo miuor propositio es! nega
tiva; secanda convenil primac et secuudar figurae, so. quaudo maior propositto cst
particulan'a. Vgl. bei Cassiodorus, Absebn. XII, Anm. 182.
341 f. 29 r. B n. v. A.
342 f. 29 v. B: Restat mute dicerc de syllogismis indirecte eoneludentibas......
Tates aalem syllogismi saut numero derer»; quinquc em'm saut in prima figura, duo
in seeuuda, et tres in tertia figura. Scieudum, quod omnis syltogismus eourludeus
atiquam conclasionem, quae cauverti polesl, etiam polrst rouctudere iltam‚ in quam
counertilur. Üam ergo omues eouclusioncs dietorum syllogismorum possqu rourcrti
ezceptis partieularibus uegatiuis, omnes totes sytlogismi poteruut cunelndere indirccle.
Tales autem in prima figara saut tres, sc. prima: modus, secuudus et tertius; in
aecuuda saut duo, sc. primus et sceundas; in lertia saut lrcs, so. primus et tertius
et quartas. Addacautur aulcm in prima figura duo marti, qai saut coutra duo prin
eipia sive regutas datas in prima figura; 1mm ambo haben! miuorem negativem,
et alter eorum habct maiarem particutarcm. S. Abschn. IX, Anm. 100.
343) Ebend.: Doctores autam moderui‚ so. Boettn'as, praetermissts quiuque, so.
'sccuudae et tertiae figurae, de sah's qainquc primae figurae feccrunt rneutiouem (diess
ist nicht durchaus richtig, s. Abschn. XII, Anm. 136 f.). Ouoram primus eoustut
u. s. f., d. h. es folgen nun die fünf theophrastischcn Modi der ersten Figur.
344) f. 30 r.A: Ad memortlcr teneudum praedictos syltogismos iuveuti squ qui—
dam versus, qui tatitcr desiguantur: Barbara u. s. f. s. Abschn. XVII, Anm. 52 (nur
‘;Ldi
256 I XIX. Pseudo-Thomas.
örterung de inventio‘ne medii an, welche er dem Albert entnimmt 345),
und auf gleicher Quelle beruht, was er in ziemlicher Breite über die
modalen Syllogismen angibt““).
Hingegen glaubte er offenbar, die an Albert und Thomas sich an
scldiessende Logik dadurch ergänzen und verbessern zu können, dass er
in reichlicher Ausdehnung die Lehre von den hypothetischen Schlüssen
aufnahm (vgl. Abschn. XVII, Anm. 467 u. 540). Hatte er sich bezüglich
des hypothetischen Urtheiles an die byzantinische Logik angeschlossen (ob.
Anm. 328), so lässt er nun die dort übliche Dreitheilung fallen 3*“)‚ um
in dieser Gruppe der Logik vollständig dem Boethius zu folgen 3'“).
Sehen wir hierauf von einer ganz augenscheinlichen lnterpolation
ab, welche aus der späteren Formation der byzantinischen Logik eine
Episode über die Reduplicativ-Sätze als Exponibilia enthält"“), so
bildet den Schluss des Ganzen die Lehre de demonstratione, bezüg
lich deren der Verfasser sich wieder an Albert anlehnt, welcher seiner
seits den arabischen Standpunkt recipirt hatte, dass es sich hier um
finden wir hier Brocardo statt Bocardo). Hierauf wird ausführlich und deutlich die
Bedeutung der Buchstaben, welche in jenen Kunstwortm vorkommen, erklärt (vgl.
ebend. Anm. 187), wobei es den Anschein hat, als wolle das Siglum „C“ in Ilm
cardo und Baroco auf den Ausdruck „conversiaus syllogismus“ (s. ob. Anm. 331)
zurückgeführt werden; wenigstens lesen wir dort: aliquaudo invertitur C et significul,
quod isle syllogismus polesl redua' solum per syllogismum convcrsivum.
345) f. 301'. A. Vgl. Ahschn. XVll, Anm. 464 (es Werden dabei hier nur die
14 directen Schl115smodi in Betracht gezogen).
346) f. 31 r. A. Vgl. ebend. Anm. 461.
347) f. 32 r. A: Trcs saut species proposilionum hypotlteticerum, so. couditionulis,
copulalica et disiunrtivu (s. ebend. Anm. 158). Sylloyismi aalem, qui sunl ex pre
posilienibus copulativis, enden: modo so haben! staut et syllogismi calegorici‚ et ideo
de cis praetermillumus. Sed quia ca: proposilionibus couditz'enalibus c! disiu-nrtiuis
uliler final sylluyismi, qmm! in propoxilionibus aaleyoricis, ideu de er's dicendum ext.
348) Vorerst nemlich werden (f. 32 r. A) die couditionalen Urtheile nach Boc
thius eingetheilt (s. Abschn. XII, Anm. 146 u. 142). dann folgen von den condi
tionalen Schlüssen nur die ersten vier Modi (s. ebend. Anm. 155)., d. h. nur der
sog. modus ponens, wahrend der modus tollen: wohl erwähnt, aber nicht näher
entwickelt wird; hingegen findet aus Avicenna (Abschn. XVI‚ Anm.219) die relative
Satzform (mit „qui“) ihre Verwendung. Hierauf reihen sich (unter Verweisung auf
eine ausführlichere Monographie des Verfassers, s. ob. Anm. 299) die ersten 16
zusammengesetzten hypothetischen Schlüsse des Boethius an (s. Abschu XII, Anm.
157), auf welche in kürzerer Zusammenfassung jene 48 Modi des zusammengesetzten
hypothetischen Syllogismus folgen, welche Boethius (s. ebend. Anm. 159—161)
nach den drei Figuren des kategorischen Schlusses geordnet halle. Auch das dis
junctire Unheil wird (f. 32 v. A) grundsätzlich in der nemlichen Weise aufgefasst
wie bei Boethius (s. ebend. Anm. 141 u. 1-18), woraus sich ebenso eine Redltction
der verschiedenen disjunctiVen Urtheilsformen auf entsprechende hypothetische Ur
tbeile ergibt (s. ebend. Anm. 163).
349) f. 32 v. A, woselbst auf den Abschluss der Syllogistik (Dictum ergo sit
de syllogismis hoc modo; de aliis edlem speeiebus argumentaliom's mm me intra
mille; s. ob. Anm. 302) nun unmittelbar folgt: Nofandum ad hoc: quod prnpusilt'o
redupliculiva sil vom, requirilur, quod qualuar propasitioncs erponenles ipsam, sc.
lres caiegoricae et um; hypot/mlica‚ sint vorne u. s. w., d. h. es folgen nun Regeln
über die Wahrheit der Reduplicativ—Satze, wie wir sie früher, Abschn. XVll‚ Anm.
262 u. bes. 608 f. trafen. Und um den Charakter einer luterpolation zweifellos
festzustellen, folgen hierauf noch einige Bemerkungen über die Umkehrung der
kategorischen Urtheile.
M
XIX. Pseudo-‘I‘homas. Aegidius Ilomanus. 251 ‚
die „Materie“ der Syllogisruen handle“°). Mit Ausschluss jener Erör
terungen, welche in der zweiten Analytik des Aristoteles, sowie natürlich
auch im tiemmentare Albert’s‚ der Definition gewidmet waren, wird
hier in ausführlicher Breite über per se u. dgl.‘"")‚ über demonstrativ
potissima 3"‘2), über die sog. dignilates“"), und zuletzt über die Ein
heitlichkeit einer Wissenschaft gesprochen“*), ohne dass wir irgend
Bemerkenswerthes hieraus hervorheben könnten. Nur das Eine dürfte
zu erwähnen sein, dass wir auch hier, wie bereits in einer anderen
Schrift (s. ob. Anm. 273), den sechs transcendenten Begriffen be
gegnen 355).
Gleichfalls den 'I‘homisten wurde Aegidius Bomanus (oder de
Colmma, gest. i. J. 1316) beigezühlt, von dessen ausgedehnter schrift
stellerischer Thatigkeit hieher gehören: ein Commenlar zur sog. vetus
Iogica““), desgleichen zur ersten Analytik“")‚ zur zweiten Analytikß58),
zu Soph. Elenchi 35"), ferner eine Schrift De ente et essentia.“°)‚ so
dann der Commentar zu Petrus Lombardus 3‘“), sowie Quodlibeta 36“'),
und ausserdem unter drei kleineren Tractaten die Schriften De partibus
philosophiae und De gradibus [ormarumaü3). Die Commentare des
Aegidius zum Organon gehören zu denjenigen, welche man „ad litteram"
nannte, d. h. sie geben, abgesehen von den allgemeineren Einleitungen,
nur eine erklärende Umschreibung des Originales Satz für Satz oder, wo
nöthig, Wort für Wort, wobei, was wohl zu beachten ist, nirgends das
350) f. 32 v. B: Ouaedam saut, quae pertinenl ad maleriam demomlraliom's.
Auch war schon in der Einleitung des ganzen Buches, f. 15 r. A, dieser letzte Theil
bezeichnet als: de sylfo_qismo appficato ad materiam demonstrativam seu de demon
:Iralione. Vgl. Abschn. XVII, Anm. 459.
351) I. 33 r. A u. B; vgl. ebend. Anm. 473.
352) Ebend. vgl. ebd. Anm. 476.
353) f. 33 v. A u. f. 34 v. B; vgl. ebd. Anm. 475. u. Abschn. IV, Anm. 147.
354g f. 35 r. B; vgl. Abschn. IV, Anm. 675.
355 f. 33 v. B: Aliquarum propositianum Icrmim' saut in communi omm'um
notih'a. uI samt „aus, eerum, Immun, uuum. aliquid, res“ et huiusmodi, quae per
Iinent ad prima: conceptione: intellcctus.
356) Exposilio in arlem veterem, videficet in universalihas, pracdicamentis, post
praedicameutis, :ez principii: et I'cricrmcnias. Vcncl. 1507. fol. (auch später wieder
gedruckt Beryomi 1591. 4). Der Umkreis der „Ars velm“ war ja schon längst
abgegränzt; s. ob. Anm. 95. u. Abschn. XVII, Anm. 5 u. 103.
357) Expositio super lifrros Priorum. Venet. 1516. fof.
358) Exposilio super Iibros Poslerinrum AristoIclis cum Ie:clu ciusdcm. Venet.
1500. fol.
359) ExposiIio super libms Elcnchorum Aristotelis. Venel. 1500. fol.
360) Egidius Romane: de esse cI essenlia. Venrl. 1503. fol.
361) In prinmm Sentenliarum. Veucf. 1492. fol. u. 1521. fol. u. ed. Aguifar.
Corduba 1699. fol. (nach letzterer Ausgabe eitire ich). In secundum Senlenliurum.
Venel. 1482. fol. u. 1581. fol. In Iertium Sentcnliarum, rd. Gaflucci. Romae
1823. fol.
362) Ohne Titelblatt: Incipiunl quadlibat cefeberrimi ac ezcclfentissimi doctoris
domim‘ Egidii de Roma. Bauen. 1481. fol. und Fertilisaimi Aegidii Romam' 0uodli
Delta [sie] ed. Rhodiginus. Venet. 1504. fol. und ed. Com'nck. Lovan. 1646. fol.
(nach letzterer citire ich).
363) 'l'res Iractatus domini Egidii de Roma . . . . .. De parh'fms philosophiae
essentialibus . . . . .. De difi‘ercntia rthoricae et politicae...... De gradibus formamm.
S. L e. a. 4.
PRAITL, Gesch. III. 17
258 XIX. Aegidius Bomanus.
Material der byzantinischen Logik beigezogen wird. Es sind daher nur
einige Einzelnheiten, welche in dieser Beziehung unten zur Erwähnung
kommen müssen. Hingegen, was die Kernfragen betrifft, welche damals
in der Logik umliefen, so ämssert sich Acgidius gelegentlich hinreichend
ausführlich, um seinen Standpunkt völlig erkennen zu lassen. Wenn zu
weilen gesagt wurde, durch ihn habe sich die Schule der Thomisten erst
förmlich consolidirt‚ so ist diess bezüglich der Logik nicht durchaus
richtig. Bei den Theologen galt er wohl als der hervorragendste Tho
mist‘““); aber in der Logik ist es keineswegs ein reiner und stricter
Thomismus, welchem wir hier begegnen, sondern auch Aegidius hat in
ähnlicher Weise, wie wir es auch schon bei Anderen sahen, in die Doctrin
des Thomas manche sootistische Elemente aufgenommen.
Die bei Albert und bei Scotus recipirte Eintheilung der Wissenschaft
in eine reale und eine sermocinale wiederholt Aegidius, jedoch mit. der
Wendung, dass die letztere „adminiculaüva“ sei, und indem er dann
der Logik den Syllogismus als wesentlichen Gegenstand und als Motiv
ihrer näheren Eintheilung zuweist, folgt er völlig dem Petrus v. Auvergne
und dem Scotus 365). Aber da er zugleich daran festhält, dass die Logik
eben doch nur modu: sciendi und somit nicht eigentlich selbst eine
Wissenschaft sei, da es auch ein Wissen ohne Logik (nemlich bei Glaubens
gegenständen, wie z. B. betrell‘s der Engel) gebe 3“), so betrachtet er
den Unterschied zwischen logica docens und logica utens in einer von
Scotus sehr abweichenden Weise 367). Ja er bringt den Begrilf des
364) Z. B. Coninck theilt in der Vorrede seiner Ausgabe der Ouod!ibeta aus
den „Constituüones s. ordinis Aagustiniaru’“ folgende Vorschrift mit: Volamas‚ a!
magistri regrntes in lertionibus e! determinationibus dispa!ationam in omnibas sequi
e! tueri debeant sanam e! aal/toliram doetn‘nam funda!issimi doctoris noslri B.Aegidii
Romani, qaondam nostri s. ordim's generalis; ubi vera eins scripta non repariuntar,
er l). Thomae Aquinatis doctrina suppleantar. Oder z. B. Agiiilar (in der Ausgabe
des Commentures zu Srn!cnt. l) nennt den Aegidius kurzweg „defensor operum
divi Thomas“.
365) Expos. in art. rot. f. 2 v. B: Scicntia speculatiaa dividitar in prinzipalem
et adminirulatirum: pi‘iaeipalis es! illa‚ qaae es! de rebus; adminicnlaüaa diritar
quasi adinvans i!lam realem scien!iam‚ staut sermocinales (s. Abschn. XVII, Anm.
362 f. u. obige Anm. ST), ls!u aa!em prinzipaüs, quae es! de.rebus, diaidi!ur in
!res‚ so. in naturalem‚ metaphyricam e! mathemalicam . . . . .. f. 3 r. A: Administrie—
live entern dividilar in trcs partes, sc. in grammaticam, logiram e! rhetorioam.
Logica, in qaa subicctum es! syllogismus‚ sie dividilur: au! es! de sy!!ogismo au!
de partibus cius; si de partibus, au! propinqais au! remotis. Si de rcmotis, sie es!
über Praedicamentorum„ ...,- si de parlc propinqua, sie 811 entern de syllogis1no, hoc eri! au! de syllogismo in ceso!mmüubme'r Pneoraiercmoeuntiraasclo ad
aliqnam materiam, c! sie es! über I'riorum; au! conlracto ad aüquam materiam, et
hoc duplisitcr, qaia an! contrahitnr ad maleriam necessariam‚ e! sie es! über Poste
riorum, au! ad materiam probubilcm; e! hoc dupliciter, quia au! ad probabx'lem
simpliciter, e! sie es! über Topiooram, an! ad probabilem apparenter‚ e! sie est über
Elt‘ltflftofttfll. 0mncs alii libri saut de bene esse (ebenso Expas. s. libr. E!ench‚
f. 2r. B). S. ob. Anm. 244.
366) Expos. s. libr. l’os!er. f. 2 r. A: Login: es! qaaedam via ad ceteras sei
mtias‚ quarc es! magis modas sciendi, quam seientia; „am nah es! nccessaria
logica prapter res sci!as‚ scd propter nos!rum modum sciendi. Passant em‘m res scirt'
absqae logita; nam substantiue separatae, quia nur! intelliguntur cum discursa, a!
scianlar, mm indigent logit‘a. Ebenso Erpos. s. libr. Elench. f. 2 v. B.
3ti'i) Empor. s. libr. Poster. f. 5 v. A: Logicur‚ a! es! docens, den! logicam,
Xlll. Aegidius Romanus. 259
modus sciendi in ähnlicher Weise, wie wir es bei einem Themisten
sahen (ob. Anm. 330), in Verbindung mit der boethianischen Zweitheilung
des logischen Gebietes 36"‘), und findet so in der Erörterung der Syllo
gismen und ihrer Bestandtheile das wesentliche Mittel zur Vermeidung
von lrrlht“unern”“). Dass aber eben der Syllogismus der eigentliche
Gegenstand der ‚gesammten Logik sei, erweist er dadurdr, dass er ver
schiedenen Gegengründen, welche auch schon Petrus v. Auvergne ange
führt halte, anderweitige Beweisgründe entgegenstellt, und auch die An
nahme Anderer, dass ens ratiom's oder dass ac!us rationis oder dass
medus sciendi als solcher der Gegenstand der Logik sei, beseitigt er in
überraschender Geschwindigkeit durch die Behauptung, dass ja gerade der
Syllogismus all diese verschiedenen Momente schon in sich enthalte 310).
Nur schwankt er mit diesem seinem Standpunkte ein anderes Mal doch
wieder in den Begrill' der traditionellen in!entio secunda und hiemit in
eonceptus, jedoch in einer von Scotus (ob. Anm. 92) abweichenden Weise,
hinüber, indem er die Erzeugnisse des Erkenntniss-Actes (— formalum
per ac!um in!clligendi —), unter welchen freilich der Syllogismus das
höchste ist, als Gegenstand der Logik bezeichnet 371‘).
quae nun es! scien!ia, scd modus scicndi, u! es! u!ens, ugycncru! opinioncm..‚.
I!emons!rulio proprie sumpla mm aggcnvra! modum scicndi nec opinioncm, xed seien
Iiam. Vgl. Expos. s. libr. Elench. f. 2 v. B. S. hingegen bei Scotus ob. Anm. 90.
368) Expos. s. libr. Prior. l'. 2 r.A: Logica modum e! rationem discernendi
debel determinarc; sed ratio discernendi svrundum Boelhium duas habe! par!cs‚ sc.
inven!ionem e! iudicium (Abschn. XII, Anm. 76)..... Login: simul dclerrnina! sei
en!iam e! modum scicndi; e! nun es! inwnveniens, es! enim onicu de 1nudo sricndi‚
und: poles! illa :e ipsum recli/icare (B) Ars inveniendi in Topicis e! Elenchis‚
an au!em indicandi in Prioribus c! Posterioribus !rudilur.
369) Expos. s. libr. Pos!er. f. 2 r. B: Ne in conccp!ionibus erre!ur‚ ncccsse fui!
!radere scienh'am libri Praedicamcnlorum . . . . .. Nc in [ermando cnun!ia!ioncm crre!ur‚
nenne ['m'! invcnirc scien!iam Iibri Periermcnias . . . . . Ne in syllogizundo e! indu—
cendo conclusiones ca: principiis error accidere!‚ neoes:e j'ai! invenire illam par!em
logicae !mdilam in ur!e nova, ubi de omni syllogismo !radi!ur nulitia. Ebenso Erpos.
s. libr. Elenv/l. f. 2 r. B.
370) Expos. s. ar!. ve!. f. 3 v. B: Ouaerilur‚ u!rum syllogismus si! subirc!um
in logica. E! argui!ur, quod neu. Nun! sind se habe! subieclum ad scien!iam‚ im
per: subiec!i ad pur!em scien!iae; sed in aliquu perle logicae‚ u! in libro Elenclm
mm, non es! subiec!um uliqua pur: syllogismi (vgl. ob. Anm. 243)..... Nihi! es!
subieclum lo!ius r! parlis,‘ sed syllugismus es! subiec!um in par!e loyicaß, ergo nun
an"! subieclum in !o!a logica In opposilum argui!zu: ”lud es! subicc!um in
aliqua scienlia, cui a!!ribuunlur 0mm'a dr!erminnla in illa scien!ia; scd omnia de!cr
miuala in Iogica u!!ribuunlur syllogismo; ergo Ad kam: quacs!ioncm cun!radicun!
quidam, quer! uns (muss beissen ens ratiom's, s. sogleich) es! subieclum in !o!a
logica, quiu de omnibus ibi pravdicalur de!ermina!is. Alii dicun!‚ quod hie si! sub
iec!um ac!us ra!iom's‚ qui es! !n'plex‚ so. simplicium apprchensio, composi!orum in
!elligculia‚ in!rlleclorum collalio. Alii dicunt‚ quod modus sciendi, qui es! simililer
!riplez‚ so. diffini!ivus, divisivus, oelleclivus. Sed dieendum, quod sylloyismus mm
difi‘er! ab is!is‚ prou! etiam pom'lur suln'cclum; mm idem est, quer! actus rationis c!
quod ens ra!iom's‚ e! uua pars modus scicndi, :ub quo alii ad minus comprehendunlur
materialilcr; 1mm in syllogismo pommlur lermim', qm' diffiniun!ur e! e!iam dividuntur.
E! i!u dito, quud syllugismus es! subieclum.
371) Expos. s. Iibr. Elenoh. l'. 2 v. A: E!si aliquo modo de ac!ibus raliom's xi!
logica‚ proprie tarnen mm es! de ac!ilms, sed es! de in!enlionibus c! conceplibus, qui
forman!ur per Imiusmodi uc!us...... Dialec!icu ergo, quac proprie rationalis ext,
magis eri! de huiusmodi conceplilms, quam de ipsis ac!ibus..... (B) In in!elligefldo
17'
260 XIX. Aegidius Romanus.
Schon dieses eklektisehe llerumtappeu zeigt uns den Aegidius als
. einen Geistesverwandten des Albert, und so wird nun auch die Univer
salienl'rage von ihm in einer Weise erledigt, dass der ursprüngliche
Themismus manche Erweiterung oder Abschwächung erfährt. Er gibt
einmal eine kurze Charakteristik der Ansicht Plato's und jener des Ari
stoteles, in welch letztere er einen sowohl dem Thomas als auch dem
Scotus mundgerechten Dualismus hineininterpretirt, und fügt ausserdem
noch eine dritte Annahme hinzu, welche nach ihrem Wortlaute die meiste
Aehnlichkeit mit Aussprüchen des Roger Baco hat 872). Auch eine andere
Stelle ist ohne grossen Belang, insoferne nur gesagt wird, dass die Uni
versalien aussagbar und vervielfältigbar sein müssen, sowie dass sie nicht
selbstständig für sich, sondern nur in anderen Wesen existiren und dort
dann ihre verschiedene singuläre Determination finden 373). Hingegen da,
wo er die Frage erörtert, ob die Universalien in der Seele oder in den
äusseren Dingen seien, gelangt er nach Anführung der beiderseitigen
Gründe zu dem merkwürdigen Ausspruche, dass, obwohl es neben dem
„in anima“ und dem „extra“ kein anderweitiges Drittes gebe, dennoch
die Sache an sich (res de se), welche nur als erkannte ein Universale
sein kann, weder in der Seele noch im üusseren Dinge sei, d. h. doch
wohl, dass man von der „Suche an sich“ überhaupt nicht reden könne,
hingegen als Universale sei der Gegenstand des Erkennens nicht ausser
halb der Seele, denn es komme ihm da Gemeinsamkeit zu, welche in
den a"msseren Dingen nicht sei; kurz er umschreibt den Dualismus des
Thomas mit Ausdrücken des Scotus, wie z. B. species informans und
referre, mit welchen er wieder die Terminologie des Ersteren, z. B.
abstrahere und similitudo, verbindet, und so kommt er zuletzt mit sco
tistischer Wendung zu dem Resultate, dass das Universale in seinem for
mellen Sein in der Seele und nach dem materiellen Sein in den äusseren
conc!usiones in principiis formamus syllogismum; libn' ergo artis novae non min! de
acta intelligendi, qaa intelligimas conclasianes in principiis, scd da agilogismo‚ qui
formatur per talem aetum. Pate! ergo, de quo sit logira universaliter, qaia es! de
huiusmodi conceptibus c! intentiom'bus forma/i: per aelum intelligendi. Ebenso De
parl. philos. esscnl. ‘p. l I'.
372) In l Sentent.‚ bist. XIX, 0a. l, art. 1, p. 389 A: De universali saut
dieersi modi dicemli. Nam Plato posuit‚ universalia esse abstracla; voleba! em'm,
de omnibus relms esse mu!!a per participatioucm et nimm per essentiam . . . . .. (B)
Alia positiv universaiis [uit Aristotelis, qui volatil, quod universale es! id, quod prac
dicalur du rebas ncc proprie es! substantia‚ eo quod es! commune muttis nec haben
proprium esse neo per se esse; hoc aalen: universale nec es! quid reale solum nec
quid rationis sohun, sed quantum ad esse malerialc es! quid reale et es! in parti
ruiaribus. esse !amen formale reeipi! ab ultima . . . . .. ls!i autem duplivi modu uni
rersalis supcraddilur modu: tertius‚ so. qaad species, quae es! in intellertu abstraela‚
dicilar universale eo quod habe! respectum ad plura, non qaia de pluribus prac
dicalur. sed quia plurilms es! simih‘s. S. Abschn. ‘(Vll‚ Anm. 57l, 573, 577.
373) Ebend. Bist. XXV, Ou. l. art. 2, p. 480 B: Ad esse universaiis qualuor
concurrunt: Prima, quod praedicelur de phm'lms secunda, quod pluri/icelur in
illis.....‚ tertio, quod non significe! per modum hypostusis siue per madum per se
rubsistentis, sed quod signifieet per modum existentß in alio .... ‚.‚ quarlo, quod in
his‚ in quibus existi!‚ habea! aliud e! aliud esse, nam hamo non steuiidum idem
esse es! in Sonate e! Piatane. Das einzig Entscheidende in dieser Aufzählung ist
eine antiplatonische Tendenz, welche sich aber, wie wir nun schon so oft sahen,
last von selbst verstand.
XIX. Aegidius Romanus. 261
Dingen sei""‘). Jenes räthselhafte Dritte aber, nemlich die „Suche an
sich“ entpuppt sich so als die „speeies intelligibilis“ des Scotus, welche
als potenzielle intentio das Mittlere zwischen Sinneswahrnehmung und
Denken sei375). So kann Aegidius mit der Passivität, welche Scotus dem
Denken zuwies, einverstanden sein, da „passiv, simititudo‚ intelleetus‚
eonceptus" all das Nemliche seien37ß)‚ und er kann zugleich mit dem
sog. Empirismus des Aristoteles, welchem ja auch Thomas eine Berech
tigung zugestand, sympathisiren, da- nach einer aristotelischen Stelle die
Seele an sich eine !abula rasa sei 377). Und wiederum kann er das
„esse essentiae“ des Scotus beiziehen, welches eben der Denkbetrachtung
(cunsideratio apad intellectum) unterliege und in seinem Ansichsein Suche
der prima intentio, aber als Universale Gegenstand der secunda inten!io
sei’“); ja mit diesem Begrill'e der cons‘ideratio gelangt er zu einer
374) Expos. in art. aet. l.3 v. B: Ouaeritur, utrnm universalia haben!!! esse
in anima vel in re extra. Et arguitar, quod in re extra; nam universale es! in illa
natura, quae praedieatur de pluribus, sed res extra es! huiusmodi. Seeando sie:
Universale es! in eo, cui accidi! (s. Abschn. XVll, Anm. 392) intentiu universalis‚
st. genus e! species; sed islae intentiones aecidunt rebus extra. In oppositum ar—
yuilur: 0nme. quod es! in re extra, es! partieutare signatum per materiam (s. ebend.
Anm. 519); sed universale nun es! partieutare‚ ergo nun es! in re extra. Secundo
sie: Si universale esse! in re extra, sie bene praediearetur‚ u! diceretur „Soerates
es! universale“: sed hoc es! falsum; ergo universale nun es! in rc extra. Dieendum
ad haue quaestioncm‚ quod res de se nun es! universalis nisi in eo, quod intelligi
tur; nam res de so nun habe! esse in anima neu in re extra. Lire! nur! sit dare
tertium esse, quiu sit in anima uel in re extra, tarnen de se in nullo herum est.....
f. 4 r. A: Seeandum esse universale nun es! extra animam , nani de ratione univer—
salis est, u! sibi praesin! duo, so. civitas (natürlich zu lesen unitas) e! eommanitas;
in re entern extra nihil es! eammune (vgl. bei Seotus, ab. Anm. 100 u. 121). Frau!
autem illa res e! illa natura es! in anima per suam speciem, adhuc putert eonsideran'
duplieiter. Uno modo, pruul infurmat animam, e! sie es! rcs singularis (die „speeies
informans“ des Scolus‚ ab. Anm. 110); alio modo, prou! habe! esse in anima e!
altcrius refer!ur ad res extra, e! sie es! universalis (das „rc/crre“ s. Abschn. XVll,
Anm. 377 u. 392 und bei Scotus Anm. 125)..... lies inteltecta significata (ebenso,
ob. Anm. 129 IT.) per is!a nomina „kann, animal“ potes! diei universale, pruut es!
intelteetus abstrartus‚ i. e. secundum qaud simiiitudo (S. Abschn. XVll, Anm. 393
n. 395) apprehensa ab anima refertur ad rem, euius es! similituda; e! 'illa talis res
nun es! in anima nisi sich! ohieetum in potentia, quam per/Hit, sed es! in re extra.
E! sie patet solxtiu‚ quod universale secundum esse formale es! in anima (also
die scotistische „furmalilas“, ob. Anm. 129, 133. 147 fl'.)‚ sccundum esse materiale
es! extra animam, a! dieatur universale illud‚ caius es! intellcetus abstraetus c! simi
liludo eins es! apprehensa ab anima.
375) Ouodiih. lll, 11, p. 170 B: A sensibili ergo in medio, quod es! intentio
in potentia, caasatur spreirs intelligibilis in medio. quae ab haiusmudi autem in!entiune in acta existente in medio eesa!usianttuerntiionteinntioactian; se..nsu.
p. 171 A: Ab hoc ergo extrenw‚ quer! es! solum putentia intelligibile. ad hoc
aliad extremum, u! ad intelteelum, per quem sumus intelligentes acta, nun es! (raus!
tus nisi per medium‚ u! per speciem intelligihilem. S. ob. Anm. 111.
376) Expos. in art. vet. f. 47 v. B: lila quatuor numina, so. passio, similitudo,
intelteetus e! eoneeptus, idem penitus signifieant. S. bei Seotus, Anm. 114u.127.
377) Ebend. l‘. 2 r. A: Intellcetus es! in pulcntia passive ad intelligendum quad
libet intelligibile‚ quod patet per ipsam philosophum dicentem ‚ quud anima in prima
sui creatiane es! tanquam tabula rasa, in qua nihil es! depietum (s. Abschn. IV,
Anm. 97). Ebenso In II Sentenl.‚ Bist. XXVIII, Ou. 1, arl. l, p. 360 A.
378) 0aodlih. II, qu. 6, p. 62 B: lies eonsiderata serundnm esse essentiae habe!
esse rationis, et intelteetus es! ille, qui fertur in ipsam essentiam seeundum sc; e!
ipsa essentia erea!a secundum se nonghahe! esse, sed solnm hohe! eonsiderationem
262 XIX. Aegidius Bomanus.
blossen Relativität des Universellen und des Particularen‚ welche uns nicht
nur an Gottfried von Fontaines und Johannes Parisiensis, sondern fast
noch trell‘ender an die Status- und Indill‘erenz-Lehre des 12. Jahrh.
erinnertam).
Auch bei der Frage über das Princip der lndividuation zeigt uns
Aegidius den gleichen Halb-Thomismus, denn allerdings hält er sich an
das „hie et nunc“, durch welches die Einzelndinge von den ewigen Uni
versalien unterschieden seienaso), und er verlegt so die Individualisirung
in die quantitativ auftretende Materiess‘); aber indem er diesen Thomis
mus gegen die Pariser Censur Tempier‘s, welche er als voreilig und
unüberlegt bezeichnet, vertheidigen will, begründet cr die Möglichkeit
immaterieller Individuen ebenso, wie Alexander v. Alessandria, in sco
tistiseher Weise auf das esse selbst, durch welches ja auch allein die
Form der Existenz bestimmt sein könne 382), — eine Erklärung, welche
freilich zuletzt,.wie bei Göthals und bei Johannes Parisiensis, an Gottes
Allmacht appellirtasa).
apud intellectum (vgl. Scotus, ob. Anm. 135 III). Unde esse essenliae, prout est
aliud ab esse naturae, est esse secundum intellectum et esse essentiae non differt ab
esse universalitalis, quasi unum sit esse rationis et non aliud1 ut isti videntur dicere,
dum volunts quod res, ut habet esse parlicularc, habeat esse nalurae, ut vero habet
esse universale, habeat esse raliom's, ut autem habet esse essentiae, habeat esse, quod
nec sit esse naturae nec esse ralionis. lllrumque em'm, tam esse universalitatis quam
esse essentiae, est esse rationis; sed esse essentiae est rationis tanquam intentionis
primac, esse universalilatis est rationis tanquam intentionis secundae. Vgl. In]
Sentenl., Dist. XXX, Ou. 1, art. 3, p. 571 A.
379) In lll Scntentq Dist. XXIII, Ou. 1, arl. 1, p. 584 B: Eadcm res considerata
cum conditionibus materiae est particularia sine conditionibus cst unit'ersalis, et ut est
particularia est corruptibilisl ut universalis incorruptibilis Atiter et aliter oon
sillorala potest esse universalis et particularis. Vgl. ebend. Dist. XII, Ou. 2, art. 3,
p. 475 B. In II Student, Dist. III, 2, ou. 2, art. 4, p. 255 A. S. ob. Anm. 70 u. 74.
u. Abschn. XIV, Anm. 85, 129. 137, 141.
380) In l Senlent. Disl. XV, 2, Ou. 1, art. 3, p. 292 B: universalia sunt
«eterna, non quod non inceperint esse, sed quia sunt abstracto a conditionibus ma—
teriae, quae sunt hic et mmc, ratione quarum variabilitas temporum habet esse. S.
Abschn. XVII, Anm. 520.
381) Ouodlib. I, 11, p. 24 B: Hoc ergo modo fit individuatioy quia materia
habet esse crtonsum per quantitatem et in diversis partibus mater-iae recipiuntur
diversae furmar; forma dividitur et divisa individuatur per materiam eztensarn; sed
cum extensio pcr quantitatem fial, ad quantitatem est recurrendum, cum loqui volu
mus de individuationc corporum Ebenso In Il Senlent.‚ Disl. III, 1, Ou. l, art. I,
p. 163 A.
382) Ebend. II, 7, p. 65 A: Dicendum, quod de hoc sit articulus Parisiensis
(s. ob. Anm. 13) . . . . .. optandum vero foret, quod maturiori consilio tales articuli
fuissent ordinati, et adhuc sperandum, quod forte de iis in posterum sit habendam
consilium sonius . . . . .. (B) Forma sub duplici rcspectu considerari potest ; primo enim
polest comparari ad materiam, secundo ad esse . . . . .. p. 66 A: Dicerc possumus,
quod.....‚ quando forma dolor-minatur pcr esse, non sit inconveniensl esse plura in
eadem specie, quia tunc illa plura per se et primo differunt per esse . . . . . . p. 67 B:
Sicut materia aliquando unitur propter larum-rm aliquando forma divasificatur propter
materiam, sic aliquando esse unitur propter fornmm, aliquando forma pluriticatur
propter esse . . . . .. p. 68 A: lmaginaudum est enim, quod secundum naturae cursum
deus det tantum de esse ipsis substantiis scparalis, quantum possunt ipsae reoipere.
S. ob. Anm. 251.
383) Ebend. 18, p. 96 B: consuevit oommuniter am, quod secundum naturae
cursum animae individuenlur in suis corporibus. et, postquam separatim sunt a
XlX. Aegidius Romanus. 263
An die gleichen Vorgänger, nemlich an Gottfried v. Fontaines und
Johann v. Paris, schliesst er sich auch betreffs der um'!as fomnae an,
nur verbindet er mit der Ansicht derselben, dass die Mehrheit der Formen
nur in der subjectiven Denkanl‘fassnng liege, das Motiv des Scotus, wor
naeh die Wesens-Einheit jedenfalls auf Einer letzten abschliessenden Form
‘ beruht““), so dass neben und trotz dieser Einheit durch die denkende
Betrachtung in Einem Wesen immerhin mehrere wirkende Principien er
fasst werden können 385). Und sowie er darauf hinweist, dass bei Sub
stanzen die reelle pluralilas formarum in Conflict mit dem christlichen
Dogma komme, so hält er auch für die Accidentien die Einheit der Form
aufrecht, da dieselben nur nach dem Grade der Intensität ihrer einheitlichen
Form eine Manigl‘altigkeit an sich tragen386), welch letztere, d. h. intensiv
et remissio, er gelegentlich an dem schon bei Scotus vorkommenden Bei
spiele des Warmen und Kalten darlegt 387).
Was die Einzeln-Exegese des Organons betritl‘t, so treten aus der
selben, wie sehou oben bemerkt wurde, nur etliche Punkte als erwäh
nenswerth hervor; nemlich dass Aegidius bezüglich der Schrift De sea:
prineipiis, welche er in unerträglicher Weitschweifigkeit commentirt, nicht
einmal gewiss weiss, oh dieselbe wirklich von Gilbert, oder nicht viel
norporibus, suam dis!inc!ionem relinen! sacundum esse, quod acquisirerun! in vor
porilms Posse! lernen deus, si mlle!‚ sine corporibus individuare animas; passe!
enim dare animabus !ale esse signatum sine oorpore, qoad es! acqualc il!i esse,
quod habenl‚ quanda in/‘undunlur vorporibus (d. h. der liebe Gott kann vermöge
seiner Allmacht auch Unsinn treiben). Ebenso In l Scnlent., Dis!. IV, Ou. 1, ar!.
3, p. 108 A. Vgl. ob. Anm. 48 u. 73.
384) De esse e! essen!ia‚ qu. 10, l. 24 r. A: In aarpor1'bus animalis . ‚ . . .. mm
ran! plures formae mm plurcs naiurae nisi seaundam rationem (vgl. Anm. 70 u. 74)
Ouod anima sen!i! c! in!elligil‚ ex hoc mm arguilur, quod sin! divcr.sa esse,
szd solum concludi!ur, quod in ca sin! diverses qualilales e! diversae pulvnliae.....
Esse mm numeratur secundum /'armas partis, scd solum secimdum [armes lo!ius‚ vel
xi numera!ur secundum formas parlis, hoc eri! solum secundum formam ullimam e!
compie!ivam‚ e! quer! quan!umcunque in re ponanlur plurcs [ormae pm‘lis, tanzen
semper es! ibi una forma Io!ius c! una forma oomplvliva; idco scmprr es! iln' l!l!tlfll
esse (vgl. ob. Anm. 156 fl‘.). In lll Senlen!., bist. XXI, 2. Ou. l, ar!. 3, p. 565 A:
Una igi!ur forma secnndum rein c! plures [ormae scrundum ralionem.
385) In l Sen!en!.‚ Dis!. VI, (In. l, arl. l, p. 134 B: A diversis ralianibus snn!
imposi!a, . .. „Mm lies! sil zudem forma xuhslanlialis, per quam homo es! substan!ia
et Mime! e! homo‚ !amvn u! per cum es! subslanlia‚ es! principium rsscndi, u! es!
animal, es! principium vi!ae‚ u! es: Iiomo, es! principium eius, quod es! in!elligere.
386) De gradibus [ormarum‚ p.l (der Druck selbst hat übrigens keine Pagi
nirnng): Videlur xu/ficienler os!eridi ex di/finilioue accidcn!ium, quad geims in !alilms
non conlrahalnr per addilianem alicuius ['0rmac. .sed.... solum ca: uddilione subiecli.
Nun ergo in !alilms est darr realiler gradu: fomarum, scd si in via es! dare !ales
yradus, hoc eril solum secimdum quandam in!crtlioncm c! rationcm; nam de ipsis
um'denlibus mm diffiniliones reales vel physicae‚ scd solum in!entionales e! logivac
dari P0.SSILTII..... (p. 2) In ipso generalionc substan!iarum [orte videre!ur u!icui‚
quod innolescercn! nobis formarum gradus, cum cmln‘yo prius vioa! vi!a pluntae,
lws!ea vila animalia, ultima vi!u hominis Nov: es! generalio mir's, nisi si! ge
neralio um‘us (p. 3) Quaes!io tarnen es!‚ nimm ponere plurc.s formas in compa
si!o repugrm! his‚ quae lauern dehemus secundum fidem calholieam . Grades enim
formarum prima ropuyna! mnrti e! passioni ('hrisli, sammle repugna! cius unioni
u. s. w.
387) Ou0d!ib. lll, 11, p. 153 l‘. u. Vl, 9 f., p. 386 fl'. S. oben Anm. 160 f.
_„ -..„‚_-_„._‚w——«»„m\—-—- — -V_-—‚#7 ‚» _ ‚ _ ‚ -_„.i..„.i
_‚_ .‚_‚»‚. .‚ _ _(
264 XIX. Aegidius Bomanus. Herveus Natalis.
leicht von Alfarabi oder gar von Aristoteles selbst (l) verfasst sei a")?
ferner dass er sich der Polemik anschliesst, welche Albert und Scotus
gegen die Berechtigung einer vierten Schlussfigur geübt hatten"“), dass
er ebenso, wie wir es bei einem anderen Thomisten sahen (ob. Anm. 331),
das Dictum de omm' und de nullo als letzte Principien der Syllogistik
betrachtet, dabei aber dieselben als den ersten „Hammer“ bezeichnet,
mittelst dessen die übrigen Hämmer geschmiedet werden”°); endlich
dass er hetrell‘s der Definition des Mittelhegrifl'es (wahrscheinlich anderen
Logikern gegenüber) die ächt aristotelische Ansicht vertrat”‘).
Auch llerveus Natalis (oder Brite, gest. i. J. 1322) gehört zu
dieser Gruppe der Halb-Thomisten, unterscheidet sich aber durch schär
feres Denken sehr zu seinem Vortheile von Aegidius und Anderen. Wir
besitzen von ihm einen Commentar zum Sententiarius"”)‚ Quodlibeta
nebst acht anderweitigen Tractaten, unter welchen De um'tate formae
hieher gehört 393)‚ und eine Monographie De intentionibus 394). Was die
Aufgabe der Logik betrifft, so bestreitet Herveus die Ansicht, dass sie
388) Expos. in art. vet. f. 31 v. B: (Zaum efficiens Indus tibri ignomtur (es
war nemlich durch Albertus Magnus üblich geworden, nach Art der Commentatoren,
s. Abschn. XI. Anm. 141 . in der Einleitung zum Commentare einer jeden Schrift
verschiedene Fragen zu beantworten); quidam dicunt‚ quod fuit Aristoteles, ulii
dicunt, quod fuit Alpharabius, atii dicunt. quod fut't Gilbertus Porntanus .... .. Hit
über diriditur in partes tres, so. in anteprinripia, principiu et pastprincipid.
389) Expos. s. libr. Prior. l'. 10 r. B: Videtur, quod quarla deberet esse figura,
ubi medium praedt'carctur de prima et subiiceretur postremo Et dicendum, quod
medium syltogisticum aut habct conditionem primi in ordine pracdicobili, et tanze est
figura secunda‚ aut conditioncm ultimi, et tmzc est figura tertia, aut eonditionem
medii in ordine praedicabili, et tunc est figura prima .... .. Pate! igitur, cum mm
sint nisi tres dirtae condiliones mcdii‚ mm potest esse figum alte. S. Abschn. XVII,
Anm. 466 u. Ob. Anm. 207.
390) Erpos. s. lihr. Poster. f. 3 v. A: Si aliquis [aber fabricaret omnem mar
tetlum, non posset per murtellum aliquem omnem martellum fabricere, quia tun: ilte
.nartellus fahricaret se r'psum Est tarnen aliquis syllogismus, qm" probe! et roborat
omnem syltogismum...„ In quibuscunque syllogismis est principium „dici de omni“
vet „diri de nativ“, illi saut perfecti syltogismi . . . . .. Reducuntur ad propositionem
haue, q.tod mm contingit simut esse et nun esse. Um Spinoza’s willen mag das
Gleichniss ls. Abschn. XVII, Anm. 104 n. 366) beachtenswerth sein.
391) Expos. s. libr. Elench. f. 67 v.—-70 v. findet sich unter dem Titel Ouaestio
defensive opinionis de medio demonstratiom's Aegt'dii eine kleine Abhandlung eines
Anhangers des Aegidius über diese Frage. Letzterer nemlich halte auch schon in
seiner Erpos. s. tibr. Poster. i. 122 1T. die Ansicht vertreten, dass bei der demon—
strativ potissima es sich behul's des Mittelbegritl‘es um die Definition der „passiones
subircti“ handle (s. Abschn. IV, Anm. 699); und da nun Andere die Definition des
Subjectes selbst für das Haupterl'orderuiss hielten, so polemisirt gegen diese der
Schüler des Aegidius.
392) Hervei Britonis in quattuor Petri Lombardi sententt'amm votumina.
Venet. 1505. l‘oI.
393) Die älteste Ausgabe (ohne Titelblatt; Hervei Brttonts quattuor quo
tibcta [eliciter incipiunt. Venet. 1486. fol.) ist unvollständig. Das Ganze ist nur
gedruckt in: Subtilissima Hervei Natalis Britom's quotibeta undecim mm octo
ipsins pro/undissimis lractatibus De beutitudine, De oerbo, De aetcrnilalt‘ mundi,
De materia eoeli. De relatione, De pluralitate (im Titel des Trectates selbst. 1.71 r.A.
steht hingegen richtiger De unitate) formarum, De virtutibm, De motu ungeti. Venet.
1513. tol.
394) Hervci Britom's tltcologi excettentissimi..... über de intcntt'onibus folict'ter
ivicipit. S. t. e. o. 4
XlX. Herveus Natalis. 265
actus intelligendi zum eigentlichen Gegenstande habe (vgl. ob. Anm.370),
da hieraus folgen würde, dass sie eine praktische Disciplin sei, und selbst
wenn man diese Consequenz nicht ziehen wolle, jedenfalls jener acta:
intelligendi nicht ein Erzeugniss der Logik selbst sei, sondern auf natür
liebem Wege von den vorgestellten Dingen hervorgerufen werde; und da
eben das Wie dieser Entstehung vom Logiker untersucht werde, seien
sonach die entia rationis, welche vorstellungsweise (obiectt've, s. sogleich
unten Anm. 399) im Denken sind, der Gegenstand der Logik, und der
nominalistische Einwand, dass die Logik die Wortbezeichnungen zu Syllo
gismen ordnend verbinde, falle darum hinweg, weil die syllogistische
Anordnung schliesslich doch gleichfalls von der Natur der Dinge provocirt
werde395). So bespricht Herveus den Begriff der intenlio; er unter
scheidet nemlich eine subjective Bedeutung, welche die Modalität des
Vorgestelltwerdens (als species intelligibilis oder als ac!us i-ntelligendt'
oder als conceptus) enthält, und andrerseits eine sachliche Bedeutung, in
welcher die Bestimmtheit (!erminatt'o) des Verhältnisses zwischen Ding
und Vorstellung, folglich auch das Ding selbst als vorgestelltes liegt; und
insoferne bei letzterer Bedeutung wieder die übliche Unterscheidung einer
prima und seeunda inten!io gemacht wird, sucht er den schwierigeren
Begrill' der prima intentio genau festzustellen; nemlich die sachlich ge
nommene in!entio könne entweder „abstract“ (s. bei Scotus ob. Anm. 128)
als ledigliche intentz'onalitas selbst, d. h. als das Aufgefasstsein über
haupt, oder „concret“ als der Gegenstand der Auffassung verstanden
werden, und im letzteren Falle wieder könne man den Gegenstand ent
weder gleichsam als Geläss der begrifflichen Auffassung oder gleichsam
als Zielscheibe der begrill'smässigen Namenbezcichnung nehmen; und nun
von diesen drei Bedeutungen enthalte weder die erste (als blosse Ab
straction) noch die zweite (als concrete Verflechtung), sondern nur die
dritte (als Quelle der Wortbezeichnung) den wahren Begriff der intentio
prima”“). Stimmt nun letzteres völlig mit Scotus überein (s. ob. Anm.
395) 0uadlib. l, 3, f. 81'. B: Cum logica sit de acta intelligendi, qui es! quad
dam operabile a noble, u! videlur‚ ergo logica erit prac!ica..... (v. A) Dieendum,
quod videtur quibusdam, quod logica non st'! de ac!u intelligendi u! de obieclo, sed
de en!ibus ratiaris consequentibus res, u! saut obicclive in intellectu, quae non filmt
u noble per habilum logicae, scd fiun! in nobis ab ipsis rebus sie ex nalura ‚sua
ordina!e morenlibus in!ellcrtum nostrum. Semmeln dico, quod da!o‚ quod aclus in
!elligendi obieclum esset ipsius Iogicae, non !amen ipsa logica esse! practica. quia
aelus intelligendi, qui consideralar in logica‚ non fit in noble per logicam‚ an! fit in
nobis na!urali!er ab obiceh's, ende homo per logicam non considerat, qualiler facia!
nahm intelligendi, sed qualiler actus in!elligendi fit ab obieotis nuturali!er in
nobr's. E! s! argua!ur conlra, quia dem! Innere .ryllogismum, respondeo: Si inlelligas
per „facere syllogismmn“ sie ordinare rotes significa!ivas, sie po!est lieri per logicam
syllogismus; s! au!em in!elligas !alem ordinem motionis in!elligendo res, sir Iogicua
non faul! !a!em ordinem, sed natura m' sie movens.
396) De in!en!.‚ f. 1 v: Uno modo dicitur in!entio ex parte ipsius in!elligenlis.
so. omne illud, quod per modum alicuius repraescntalionis duri! in!elleclum in ea_qni
tionem alicuius rei, sive n't spccies in!elligibilis sive ßClt!8 intellec!us sice conoeptus
men!is . . . . ‚. Alio modu dicitur in!en!ia‚ quer! se tene! ca: parle rei in!elleclae‚ e!
hoc modo dici!ur in!en!io rcs ipso, quac intelligitur‚ inquanlum in ipsam tenditur
sicu‚l in quoddam cognilum per ac!um intelligendi, e! inten!io sie dicla formali!cr et
in abs!rac!o dici! !erminationem‚ quae es! quaedam hubi!udo rei in!ellectae ad
ac!am in!clligendi. . . . . .. Prima intantio concretive et materia!iter dici! illud‚ quad
266 XIX. Herveus Natalis.
127), so gilt das Gleiche auch von dem hiemit verwandten Grundsatze,
dass die entia rationis überhaupt nicht mit realer Gegenständlichkeit im
Denken auftreten, sondern nur Dasjenige enthalten, was aus den realen
Dinan in der Werkstätte der Vorstellung erfolgt 3“"’); und wenn hier
nach die Wahrheit als „Uebereinstimmung des Dinges mit jenen seinen
in der Vorstellung erfassten Folgen“ definirt wird und die verschiedenen
Modalitäten dieser „Folgen“ das Motiv der Eintbeilung der Logik dar
bieten, so wird eben diese in Ausdrücken dargelegt, welche gleichfalls
bei Scotus sich finden398). Indem aber dabei die Wortbezeichnung, d. h.
obige in!entio prima, für alle logische Thätigkeit als Voraussetzung gilt,
kann nun die Frage über den eigentlichen Gegenstand der Logik völlig
präcis dahin beantwortet werden, dass ens ratiom‘s und inten!io secunda
und jene „Folgen des Dinges in der Vorstellung“ all das Nemliche sind
und so den Inhalt der Logik ausmachen, welche eben hiedurch den ge
meinschaftlichen modus des wissenschaftlichen Verfahrens darbiete 399).
Bei solcher Auffassung der in!entio secunda und des Begrill‘es der
Wahrheit versteht es sich von selbst, dass nun auch die Universalien nur
in!elligitur...... Ouae conveniun! rcbus secundum quod ‚saut obiec!ive in intellecla‚
sicu! es! „abstraclum“ e! „universale“ e! similia, isla per!inen! ad sccundam inten
Iionem. Ebend. l‘. 7 v.: In!cnlio, prou! se !cncl ex par!e rei in!elleclae, duplici!er
potes! acoipi, so. in abs!raclo ipso inlcntionalilas e! in concre!o pro eo, cui is!a in
!enlionalilas convani!; c! hoc dupliciler adhuc‚ quia ülud, cui !alis in!enlionalitas
nonvem‘l, so. res in!vllvcla‚ po!esl accipi, u! includi! intenlionem islam, .....nel poles!
accipi absolute pro eo, cui illa in!rn!ionali!as oonvcnil, non u! inoludit, ipsam de—
nominanlcm (dass jedoch denominans zu lesen ist, zeigen die sogleich folgenden
Worte). ls!a Irin se haben! quanlum ad acridens ratiom's sicu! in accidenlc reoli
.sc haben! albedo, album e! corpus l'. 8 r.: Si accipialur in!enlio in abs!rac!o‚
so. ipso inten!ionalilas‚ sie ncc „homo“ neo „Socrales“ dici! primom in!enlionem; si
aalen: acoipialur in ooncre!o inrludendo ipsam in!enlionem danolanlem, sie adlmc
„IIOIIIO“ vel „Socralcs“ mm siynan! primam inlcnlioncm‚ sinnt ncc corpas signa! esse
olbam; si aalen: accipialur prima intenlio pro eo, quod ab illa inlcn!ionalilale de—
numinatur, sie !am „keine“ quam „Socra!es“ dicun! primam intenlionem. Ebenso
Ouodlib. l, 9, f. 20 r. B.
397) Oumllib. lll. l, l'. 68 r. B: Enlia rationis mm dimm! aliqaid nisten: rea
li!er subiec!irc in in!cllrcla vel in aliqua natura reali, serl dimm! ca, quae coun—
quunlur rein, proul es! ohicclive in irtlelleclu. S. ob. Anm. 105.
398) Ebend. l‘. 69 r. B: Verilaa es! quoedom von/ormilas rci ad i'd, qaod de
eo intelligilur conscquens rcm‚ u! es! ohieclive in in!ellectu enun!ia!ivo (v. B)
Ouaedam en!ia rationis sive xccundae intentiones vonsequuntur in!elicc!um simplicem,
sind universale, singulare sive consimilia; qnaedam coosequantur rcm, u! es! obieclive
in in!rllecta cnunlialivo‚ sind! es! oppositio, conlradiclio, can!rarie!as. verilas e! fal
si!os; quaedam oonsequunlur rem, prou! es! in in!cllenlu disrursiuo, sica! an!ecedms
e! consequens c! simi1ia. EI sie palel, .....quod veri!as dici! habitudinem _ralionis
sivc ans rali0nis. S. ob. Anm. 91.
399) l)e in!ent. f. 64 v.: Logica es! de secandis inlmlionibas u! de primo e!
per se subieclo, mm sie intelligendo‚ qaod onmes secumlae in!enliones sin! primum
e! per so suhivrlum ipsius logiruc vel sun! parles subircliwe ipsius prima c! per sc
subiccli‚ sed sie intelligendo‚ quod ipso es! de uliqua scannda inlrnliane sicc de
aliquo eilte ralionis ul de prima e! per se subiec!o‚ quo con!incn!ur aliquac perle:
subierlivae..... lila scien!iu. quer considcra! principalitcr res quan!um ad ra. quae
conseqmmlur eas‚ pron! sun! ohieclivr in in!rlleclu‚ es! de sccundu in!rnlionc sive
de enle rationis u! de primo e! per so subicclo; srd logica es! huiusmodi. Ebend.
f. 73 v.: Considcralio lalium enlium rationis quan!um ad ca, quae 818 sacnudmn so
e! in suo esse ratiom‘: compe!an!‚ aalc! ad habendum modnm commuuem procedendi.
XIX. Herveus Natalis'. 267
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vorstellungsweise im Denken liegen 400), und Herveus sagt ausdrücklich,
dass die Gattungs- und Art-Begritl‘e als solche nicht sachliche Einheiten,
sondern nur denkmässige Unterscheidungen scien‘_“), d. h. er spitzt eine
Ausdrucksweise des Thomas (s. Ahschn. XVII, Anm. 497) nach der Seite
hin zu, dass das Zusammentreffen der Uhjecte in einem höheren Begriffe
und ihre Gemeinsamkeit erst im Denken vorstellungsweise zu einer Ein
heit (unitas eommum'tatis) sich gestalte4oz); und hiemit tritt wie. bei
Albert (Ahschn. XVlI, Anm. 384) der natürliche Bestand dem logischen
Denken dualistisch gegenüber, indem das genus naturale als solches nicht
aussagbar, sondern nur Gegenstand einer natürlichen Veränderung (trans
mutatio) sei, hingegen das genus lugicum die Einheitlichkeit des Seins
und zugleich die Bestimmbarkeit der Specialisinl‚gr enthalte und so Gegen
stand der Wissenschaft sei‘“). So erblicken wir dennoch schliesslich
auch hier jenen gewöhnlichen Dualismus, in welchem sich Thomas und
Scotus die Hand reichen konnten 404), wenn auch die Terminologie der
400) In l Sentent., Bist. 19, Ou. 3, I. 40 v. B: Primum et per so ubiectum in
telteutu: nun est veram, sed ms . . . . .. f. 41 r. B: Veritas est ens ratium's pertinens
ad inlen!iunes seeundas; taliu aalem nun pumm! atiquid secandum rem in aliquu
sinnt in subiectu‚ sed secundum rationem intelligendi tantum . secundum quud ext
uhiectiee in inteltecta . . . . .. Et sie is!a eunfurmitas, quae veritas diuitur, cuntinyit
rei et est in re secandum ratiunum intelligendi . . . . .. Et ideu lalia dicantur esse in
intellectu‚ sicu! ueri!as e! universale et sirm'lia, quitt nun uunveniant rebus nisi
pruat sunt ubiectiue in inteltcutu.
401) In II Sentent., ”ist. 3, 0a. 2. f. 8 v. A: Divisio generis in species vet
speciei in individua nun es! divisiu sccundum rem, sed sccundum rutiunem, quio iln'
ittud, quud dividitur, nun es! anum secnrulam rem, sed secundum rutionem intelli
gendi; quum enim unum lignum seinditnr staundnm rem, unum Ii_qnum dividitur in
duu Iigna, quer: erun! antea perle: integrales‚ et quundu Iignum in uumrnuni
dividitar in hoc tignum o! iltud‚ ‚...nun est unum re, sed unum ratione, qaia
indistinete intctteetum dividi!nr in ligna particularia sicut in partes subiectivas.
402) Quodtib. I. 9, t. 20 r. B: Cunvenientia homim's u! equi in animati pu!est
attendi quantum ad duu, so. quantum ad hoc, quod animat rouvenit humim' e! equu,
e! hoc es! ex natura rei e! es! quid reale, qnia ex natura rei humo habe!‚ qaud
si! animat; e! quantum ad unilalem ipsias cummnnis, et . hoc est secundum ra
!iuncm lautem, quia unitas t‘t indelerminatio, qua obiiuitur animal u! unum ubiectum
indetcrmina!um ipsi intelleutui, cunsequitur animal, u! es! ubiective in inlellcctu, Iicet
haben! fundamentum a re.
403) In II Sentent., Bist. 3, Ou. 3, l‘. 9 r. A: Duplex es! genus, so. naturule
et Iogicum. Genus naturale nun videtur mihi esse aliquid communr pracdicabile,
rommunilas enim cuiuscunquc pracdirabilis, qnodcunqae si! illud, es! communitas
rationis tantam, et ideu nun es! ibi unitas nisi lugica, quae facit gßnus oniuum.
Unde nun uide!ur miln', qu0rt cummunitas‚ qua conueniunt humu e! equus in animali,
sit communitas in gencre naturali, immo in genere lugicu, so. ut mihi vidctur. per
genau nuturule debet intelligi atiquud rummunc subirclum lransmutntiunis‚ . . . . „e!
nun vouatur genus subicutum scientiar, sert germs subiertum Iransnmtalionis..„.. De
ratiune autem eins, quud es! in gencre Iogicu, videntur mild esse tria. Primum. quud
habeat unum mudum cssendi communcm et similem cum aliis, ca: quu sumatur aliqao
mudu ani!aa ratiunis generis lugici. Secnnrtu (lobe! haben: quandam potentiatita
tem .... .„ a! si! Iimi!a!um ad genus e! specicm. Tertiu, quud sie includa! aliqncm
aclum spreialem, per quam determinetnr ad spcciem. Vgl. (haudlih. l, 9, l‘. 20 r. A.
Uebrigens beruht die ganze Unterscheidung auf einer aristotelischen Stelle; s.
Abschn. IV, Anm. 334 u. 392.
404) Ouudtib. I, 9, f. 20 v. A: Prardicamenta vct genas generalissimum dupliciter
pates! accipi: uno mudu pro ipsts intcntiunihus prucdicubilitalis c! generalitatis, aliu
mudu pro rebu:, in quilms totes intentiunes fundanlur. Ebend. f. 22 v. B; Distinctio
____ „.._ m..___m‚_A
268 XlX. Herveus Natalis.
Gegensätze zwischen esse formale und esse materiale‘°"’) oder besonders
zwischen esse und existere mit Beiziehung der aignificatz'o entschieden
dem Scotismus näher liegt‘°“), welchem ja auch die Ausdrücke natura
und suppositnm angehören 401). Darum nimmt bei Herveus auch die
Beantwortung der Frage, wie die allgemeinen Begrill‘e aus der Singu
larität der Erfahrung hervorgehen können, d. h. die Erörterung der tha
mislischen abstractio, einen Charakter an, welcher zwischen den Ansichten
des Thomas und des Scotus in Mitte steht und doch zu beiden hinüber
schwankt (vgl. ob. Anm. 121—125); nemlich das abstrahere sei weder
ein removere noch ein imprimere, sondern nur motio intellectus, welche
in aristotelischem Sinne von den Einzelndingen provocirt aus einem po
tenziellen Zustande zur Jclualilät führe 405); und auf einem solchen
Rückhalte fussend kann Hervens in Einem Athemzuge die Begrifl'e
idea, similitndo und des Scotus species intelligibilis zugleich ver
werthen 4°").
onlis in substantiam, quantitatem etc. est distinclio vel in diverses res vel in eu,
quae aliqnam d:vcrsam rcalilulem importanl, et quantum ad hoc nihil faeit operatio
inlclleclus; quanlnm aalen: ad dislinclionem entis in isla, proul praedicamenla snnt‚
so. pronl praedicamrnlnm arripilnr pro secnltda intenlione, sie [mit operatio
inlellez‘lns.
405) In l Scnlenl„ Dist. 35, Oll- 1, l‘. 52 v. B: Acceptio absolnta formae est
eins acccptio scanndnm esse formale, et acceptio eins secnndnm esse conlractnm es!
ein: acceplio sccundnm esse materiale.
406) Ebend. Bist. B, OH. 1‚ 1'. 23 l'. B: Esse dicil aclnnl essenliae et essenlia
dicit eins snbieclnnl in abstraclo, ans vero dicit et ipsam essenliam et ipsum esse in
voncreto; ila „ans“ parlicipinm importat formatiler aclnm rxistendi et ex modn
significandi imporlat subiectnm eins. Vgl. Anm. 1351.
407) In lll Senlenl.‚ Bist. 1, Ou. 1, f. 2 r. B: Differcnlia nalm‘ae et snpposili
potest altendi vel secnndnm dilferentiam universalis rt parlicnlaris. vel recnndnm
differentiam, quam habenl in singntari nt „haec humanilas“ et „hie Immo“...... Si
accipianm: in lingulari‚ difl'ernnt quantum ad mode euendi et quanlnm ad
modum significandi, cni et correspondet aliqnis modns essendi ex parle rei (vgl. Anm.
109, 129 u. 251).
408) In ll Senlenl., bist. 17, On. 2, 1'. 23 v. A: lila abstraclio speciei a phan
tasmale es! realis actio, qna fit species in intellectn possibili, quae non praedicalnr
de phantasmnle, a quo alrstrahitnr, sicnt homo praedicatur de Sonate, a qno abs_
trahitnr; ergo qna dicitnr intelleclns abstrahere a plianlasmatibns, non est alind‚
quam quaedam realis motio, qua monetnr inlellectn: a phantasmate wl ad speciem
inlclligihilem vel ad aclum intelligendi . . . . .. Opinio esl‚ quod inlcllertus agens agit
in phantasma non „liquid imprimcndo phantasmali, sed removendo, nnde re materiali
et singulari proposila intellerlux agens separat a natura nnioersali sondiliones indi
ivduanles, quilms impediebatur illa natura....‚. Atia opim'o ext, quue ponit, quod
intellcclns agens aliquid imprimil phantasniati, in tuius virtnle agil, et illnd im
press)un est aliqua molio sive immulalio spiriluatis . . . . .. Est tertins modus ponendi,
qui vidvt-ur mihi magis probabilis, sc. quod phanlasma dicitur nrovcrc inlellectnm
polenta'alem in virlntem intelleclna agentis, mm qnia ex parle sna aliquid recipiat ab
inlclleclu agcnte. sed magis ex perle cffectns.
409) In l Sentenl., Bist. 36, Ou. l, f. 53 v. A: Idea formatiter dicil for1nam,
quae repraesenlal, qnae qnidem forma non ext fornialiler reapectns, sed es! illud, ad
quod sicut ad per se fundamentnm seqnitnr resperlus . . . . .. Unde nec idua nec forma
exemplaris nec simitiluda inlelligibilis existent: apnd intellerlnm. qnam vocanm: spe
ciem intelligibilem‚ es! formalilcr respectns....‚ (B) Idea esl principium cognoscendi,
pront clicilur aut cognosulnr a cagnoscenle; nam quando re: cognosrilur per aliam
prin: nolam‚ iltud prins nolnm snpponendo sprciem mediante sperie movet ad cogni
Iionem sni et aliorum.
»XIX. Herveus Natalis. 269
w
Hauptsächlich aber interessirt er sich um die zwei brennenden Par
teifragen, nemlich um principium individualionis und um um'las formae.
und in diesen beiden Punkten zeigt er allerdings einen überwiegenden
Thomismus. Was den ersteren betriflt, spricht er vorerst von dem Vor
handensein dreier verschiedener Ansichten“°), deren erste wir schon
bisher einige Male durchblicken sahen, vielleicht am deutlichsten bei
Aegidius (ob. Anm. 382 f.), aber theilweise auch bei Gottfried von Fon
taines (ob. Anm. 66, vgl. übrigens auch Anm. 308); dieselbe geht dahin,
dass die Individuen einer Gattung schon in sich selbst durch ihre eigene
essentia in das Einzeln-Dasein treten, indem durch die Wesens-Einheit
selbst eine numerositas essentiae begründet sei, in welcher eben der
Unterschied der Einzeln-Individuen und hiemit das negative Moment der
Individualität liege, so dass die Substanz zu ihrer Individualisirung durch
aus nicht einer ausser ihr liegenden Beihilfe bedürfe‘“). Wenn man
aber bei Formulirung dieser Ansicht den Begriff „esse“ statt „esserttia“
anwende (— womit wohl sicher Aegidius gemeint ist -—-), so sei diess
von vorneherein unzulässig‘“). Als zweite führt dann Herveus jene der
Thomisten an, welche jedoch den Gesichtspunkten der ersteren nicht ge
nügen könne‘“). Gegen die dritte Annahme aber, nemlich gegen die
des Scotus, polemisirt er ausführlich; nemlich wenn man in der haecceitas
den Gegensatz der Gemeinsamkeit erfasst zu haben glaube, so sei doch
zu bedenken, dass eine sachliche Gemeinsamkeit auch im Stoffe und in
der Form nicht vorliege (d. h. jedes Einzelnding habe seinen eigenen
Stoff und seine eigene Form), hingegen eine logische Gemeinsamkeit ebenso
gut auch der Häcceität zukomme, weil eben die Häcceität selbst in ver
schiedenen Häcceitäten individualisirt werde; und wenn eben die Bäcceität
selbst erst noch einer besonderen Determination bedürfe, so gelte das
410) Ouodlib. III, 9, f. 81 r. A: Utrum materia si! principium individualionis,
. . . . .. sun! Ires opinionrs.... . Prima est, quod unmnquodque se ipso so!o es! formu
!i!er dis!inc!um ab onmi alio. Sccunda est, quod !u!is dis!inctio in relms materia—
lilms fit per quan!ilalem. Ter!ia esl, quod ncc sie nec sie, sed unumquodque es!
dis!inclum per suam haevceitalem‚
411) Ebend.: Prima opinio probalm‘: .. Unumquodque genus hath propria
individua m'hi! includen!ia nisi rem sui generis, sed hoc non esse!‚ nisi unuquaeque
res ruiuslihe! generis se ipso per cssen!iam snam individuarelur in se ipso et dislin
guere!ur ab omni alio.... (B) Ab eodern habe! unaquaeque res en!i!a!em et uni!alern
essenlialem . . . . .. Unaquaeque res es! diverse numero per essen!iam numerosilale
essentiae ab alia . . . . .. ”lud, quod mm addi! supra naturam „ist negationem‚ mm
habe! aliam causam suae um'tatis, quam nuturam . . . . ‚. Individua haben! unitatem e!
dislinclionem numeralem per essentium suam, mm per aliquid uddi!um‚ quia, si
substantia habe! unitulem per aliud a se, au! hoc es!, quitt ma!cria habe! !alem um'—
totem per formam, au! forma per maleriam, au! ambo per quantitatem; sed nullo
illorum modorum nalura substanlialis poles! individuari per ahquid diversum o se.
412) Ebend. VIII, 12, f. 152 v. A: Dimm! mulli‚ quod individua!io es! per esse,
quia in esse rea!i mm convcni! rai universalilas. Sed hoc mm es! bette dic!um‚ quia,
licet ipso universalilas non sit ez!ra animam, e! uuaquaeque res si! individua in
suo esse reali, mm tarnen aparte! prop!er hoc, quod ipso individuatio sit per esse;
immo esscn!ia magis eri! prinzipium individua!ionis‚ quam use.
413) Ebend. III, 9, f. 81 v. A: Ouidam !cnen!‚ quod divisio numeralis es! vs!
per divisionem subiectorum sich! in accidentibus ve! per quantitalem sicut in sub
s!uu!iis malerialibus genurn!ibus e! corrup!ibilibus; sed is!i, live! Itaheortt prohabiles
rationes, (amen nou salisfaciun! rationibus alterius opinionis.
evo XIX. Herveus Natalis.
Gleiche auch von Materie und Form, und es sei hiemit kein Grund vor
handen, warum die Häcceität in höherem Grade Princip der Individuali
sirung sei, als jene beiden; wolle man aber die Häcccität völlig von
Materie und Form distingniren. so könne sie jedenfalls nur entweder eine
Substanz oder ein Accidcns sein; im ersteren Falle aber komme man
zuletzt doch wieder bei der Materie an, sowie im letzteren bei der
Quantitätu“). Ansserdem auch sei jenes negative Element‚ welches der
Häcceitat einwohne, als Erklärungsgrund der Positivitat des Unterschiedes
der Individuen untauglichllä). Die eigene Ansicht endlich des Herveus,
bei deren Darlegung er hauptsächlich an die theologische Frage betrells
der Engel denkt, nähert sich sehr der ersteren unter den drei ange
führten; nur modificirt er dieselbe dahin, dass die essentia nur inneres
Priucip (intraneum) der lndividuation sei, was nicht hindere, dass da
neben zuweilen auch noch ein äusseres Princip (euraneum) wirke, d. h.
die vervielfältigende Function der Materie solle nicht geleugnet werden,
wohl aber die Möglichkeit einer lndividualisirung ohne Materie oll‘en
bleiben‘ufi); und in den materiellen gleichzeitig existirenden Dingen sei
414) Ebend. I'. 81 v. B: Ouod autem haccceitas sit illud, per quod individuam
est individuuml contra arguo sic: Quando dicitur nilludl quod est commune
mul!is‚ non est principium individuandi ipsorum“, aut intelligitur de eo, quod es!
commune secundum rem, aut secundum rationem Si de eo, quod est commune se-'
cundum rem, .. . . . sic nec materia nec forma est communis1 saltem simul entibus
actu . . . . .. Si autem intelligatur de eo, quod est et habet unitatem secundum ratio
nemp tunc hoecceitas est ita communis sicut materia et forma isto modo, quia haec
lioecceitas est haecceitas, ergo et illa . . . . .., et ideo non plus individuabit Imecreilas,
quam materia et forma. Dices, quod haecceitas in communi non est principium in
dividualionis, sed haecccitat signata Contra: Sims! haeceeitas signata non est
communis, sed propria, ita materia et forma signalac; e! per consequens non pius
individuabit haeccoitas signata Dices, quod hal’rcciias dicit Contra: Cum haecceitos possit accipi ut communis e! ut signsatiag1natsiiocuntemfoforrmmaa,e non
datur ratio. quare dicit signationcm formae plus, quam e converso ltem quaeros
utrum ista haecceitas sit aliquid diuer-sum a materia et forma signatis per ipsum aut
non. Si non, ergo poni: idem principium individuationis. quod etiam materia. Si
sia, quaero, aut est- substantia aut accidens aut nihiL Si substantia, adhuc
incidis in idem cum aliis. so. quod materia est principium individuationis Si
accidens1 .....retinquitur1 quod, si aliquid accidens sitj hoc sit quanlüas, et hoc esi,
quod ponunt alii (über Letzteres vgl. ob. Anm. 66).
415) ln ll Senti-uh, Disl. 3, 014. 2, I’. 8 v. A: Om'dam dicunl, quod in omni
specie cuiuscunque naturae creatae possunt esse plura differentia numero; illud auiem,
per quod distinguitury est, ut dicuntl non ipsa forma secundum so, sed hoc, quod
es! esse indistinctum in se, quod importat negationem dioisionis in se ipso, c! esse
distinctum ab oliv, quod importot uegationeml secundum quam hoc non est illud
(vgl. Scolus, oh. Anm. l39)..... Sed istud nihil est dictuml quia negotio pura non
potest distinguere positioum a positivo.
416) Ouodl. III, 9, f. 82 r. B: Animae rationales . . . . .. non pluri/isantur per
actualem susceptioaem in materia, sed per suas essen/ins, in quantum in tali
gradu entitatis sic potentioles sunt...... liationes inductus ad primam opinionem
bene oonctudunh quod unumquodque distinguotur numeraliter ab alio per suam essen
tiam sicut per principium intraneum, sed quod praeter hoc non rcquiratur aliquod
aliud principium eztraneuni..... (r. A) Suffici!‚ quod illa individua, quantum ad hoc,
quod suni, ci quantum ad lioc, quod distinguuntur numeraliler, intranee distinguuntur
per essentiam suam; nihilominus tamen possunt extrinsert habere eI entitatem
et pluralitatem ab alio a se . . . . .. Ratio non conciudit. quod forma nunquam pluri
ficelur per materiam sed quod quandoque non plun'ficaiur per maieriam, sicut in
formis, quae pluri/icuntur in eadem materia successive-l vel etiam si qua forma esi,
X1X. llerveus Natalis. 271
eben ein Quantitatives der Grund der Individuation, aber selbstverständ
licher Weise nur die räumliche (d. h. geometrische, nicht die arithme
tische) Quantität‘“), Sollen somit nur die scotistischen Einwände, welche
gegen Quantität und Materie gerichtet waren, abgewiesen sein4ls), so
muss Hervens dem Tlmmismns nur noch in der Angelologie auf die Beine
helfen, was er dadurch thut, dass er eine immaterielle Individuation auf
eine Potenzialilät, welche der Form in Bezug auf Vervielfältigung ein
wohne‚ begründet und so ganz hübsch auf den Begrill‘ einer immateriellen
Materie gelangt‘”), welche er recht deutlich als eine quantitätslose be
zeichnet “°).
Auch betrells der um'tas formae unterwirft er die Meinungen An
derer einer Kritik; nehme man nemlich (wie Lamarre gelben hatte, s. ob.
Anm. 30) von verneherein eine pluralitas formarum an, so könne man
dieselben entweder für gleichartig halten, dann aber unmöglich die ein
zelnen selbst wieder als vielheitliche ins Unendliche fort betrachten
(—— dieser Einwand ist dumm —-)‚ oder andrerseits, wenn man sie als
ungleichartig nehme, sei es unerklärlich, wie dann aus ihnen Ein Wesen
quae eirlate diuiaa possit esse suecem've in diversis maleriis; quin autem formal:
sima! existentes in materia e! mazime, prou! secundum cursum naturae dcpcadent a
materlis in sua pluralilatc‚ depcndcaa! a maleria, nur! noncladit‚
417) Ebend. Vlll, 12, f. 152 v. B: Ouod quodlibe! individuum divisum siw
distinclam si! ab alte eiasdem speeiei, prinoipiam individuationis substantiaram ma
terialium es! quantilas, quantum ad ca, quac sun! simal‚ quia materia mm
poles! dividi in parles similes nisi per quartlitatem...„. Notandum autem, quod di—
versi!as in quanlitate potes! esse duplicitvr‚ und. secumlum situflt‚ quantum ad partes
simal existenles‚ alle secundum saccessionem unius quantitalis pos! aliam......
Diversilas quantitalis es! prinript'am individualionis reram materiellen: simul existen
h'um prima mada, mm secmtdo; immo dico‚ quod diversilas numeralis quantitatis
permanentis e! altoram aneidentium siln' in eodem subiccto suceedentium proveni! ex
diversitate quantitatis sucoessivae, quae es! tempus.
418) In ll Sentent., Bist. 3, (Ja. 2, f. 8 V. A: Cum in qualibe! individuo eins
dem speclci inveniatur illurl, quod es! principium distinc!iaum aliorum‚„....oportel‚
quad individua cmwenian! secumlum unilatem 1‘alionis in eo, qaod es! distinclt'uunt
individuerum. (am ergo individua nun conveuian! in forma nisi secundam anilatem
rationis, nou eidctur neccssarium‚ quod individua eiasdem speciei mm possin! distingui
per formum circumscripta quantitate c! quanqu maleria . Sie aparte! ponere in
Sonate aliquid reale, per quod realiter differt a I’latone‚ quidqutd si! illud, sim:
iltud si! sua forma, sive aliquid aliud.
419) Ebend. f. 8 v.B: Cum omm's forma sub se Inabens malte habea! quandam
latitadinem, forma autem daplieiter la!iladinem passt! Imbere, unam sccundum diver—
ses gradus formales, quorum unus secundum se es! nobilior c! perfertt'or altere (e!
hoc es! lali/ado generis. sah quo saut diversi gradus formales specifice differenles),
aliam vero seeandum plarificationem nameralem in codem gradu, prima convem'! for
mis secundum suam rolioaem spezificam absolute acceptam‚ securula autem latitudo
nun peles! convcnirc formis seeundam suam ratioflem absolutem, quia sie plari
fiean' videtur importare quandam potentialitalem e! imperferlionem Ad hoc, quer!
tales formae plurificentur sub spccie‚ oper!et‚ quod haben! {Harn potentialitalem‚ quac
fast! partem realem...... Diene, qaod propler kann causam drus mm passe! facerc
plures angelos, quia non es! in eis maleria, esse! error‚ quia requerelur, quod noa
passen! esse plures animae separatae, cum in eis mm si! materia. Ebend. Bist. 12,
Ou.1‚ l. 17 v.B: Ratio maleriae poles! accipi vel secundam quod es! subiectam
formae, sie! secundam quod es! subiectam !ransmutalionis.
420) andl. Vlll, 12, f. 152 v. B: Garantie maleriae mm es! causa, quare
mm sin! plara tndtvidua einsrtem speniei in angetis, sed carenlia maleriae quanti
tatem habvnh's.
272 x1x. Herveus Nalalis.
zusammengesetzt werden soll; und spreche man, um diesem zu entgehen,
von einem Aggregate, welches zu Einer absehliessenden Form sich selbst
ergänze (s. Scotus ob. Anm. 155 f.)‚ so würde jene letzte Form nur eine
accidentelle, nie aber eine substantielle sein. Somit bleibe nur übrig, an
der Einheit der Wesensform festzuhalten und dasjenige, was man an ihr
für vielheitlich halten könnte, als eine Manigfalligkeit von Vervollkomm
nungs-Stufen (diversae perfectiones) zu betrachten, welche dann durch
verschiedene Namen ausgedrückt und bezeichnet werden, d. h. Herveus
ist wieder bei Gottfried v. Fontaines (ob. Anm. 70) und Johannes Pari
siensis (Anm. 74, vgl. auch Anm. 291) angekommen 421). Erklarlicher
Weise aber verwirft er von diesem Standpunkte aus entschieden die for
matitates des Scolus‘n); ja er will die Einheit der Form auch für die
accidentellen Qualitäten gerettet wissen, bei welchen (vgl. Anm. 160 u. 387)
421) De unit. form. 5, f. 73 v. A: ouidam dize-"ml, quod omnium rerum nalu
ralium formae erant compositae ex pluribus et diversis tanquam ea partibus essen
tialibusy sicut humanitas ez anima et corpore . (B) Si autem forma sit compo
sita ex forma et forma ita, quod una sit composita ez duabul, tunc aut erunt ambae
eiusdem speciei aut diuersarumg si eiusdeml sequerelur......, quod ad minus illae
duae sint simplicesy alias öportere! abire in infinttumg .....si autem sint diversarum
specieruml tunc impossibile eritl ipsas essentiati compositionc componi ad invicem,
(f. 74 r. A) cum nullus modus essentialis compositiouis ldeo alii aliter dixerunlg posuerunt enim, quod formae naturianlveesniatur einranitpsacompo
sitae illo modo, qui est per aggregalionem plurium formarum ad efficiendum et com
plendam unam formam resullanlem ea: cis, sicut ex pluribus membris resultat
unilas corporis humani Scd haec positio magis irrationabilis est, quam prima.
Sequílur, quod illa forma erit accidens et non substantim et per consequens
non erit forma eompletiva Sequilur, quod omnes res naturales sint in genere
accidentis (B) E! ideo aliter dicendaml sc. quod forma naturalis est simplex
. . . . .. (v. A) e! quod in nulla composita sunt diversae formae substantiatesl sed sunt
ibi diversae perfectioues. Ebend. 12, f. 77 r. B: oportet dieerel quod una sit forma
scu essentia generis et speciei et individui diffcrens satum penes determinatum sine
signatum et non signatum. nam designatio individui respectu speciei est per
materiam individualeml designntio autem speciei respectu generis est per differentiam
constitutioamr quae sumitur ex principali perfectioael quam dat forma rei..... (v. A)
Cum species rerum sint ad modum numerorumy in quibus unus addit perfectionem
super aliuml oportet necessario dicere, quod perfectioncs inferiorum sint in superio
rilms, ac per hoc in una et eadem re sint diversae perfectiones esscndi, sicut videmus.
quod in homine est perfectio esse et vitae et sensus et intellectus. El idea, cum ratio
rei sumatur ab ipsa re, secundum quod slat sub aliqua perfectionc vcl actul ratio
autem rei sil, quam significat nomen, corilingil, ipsam rem diversis nominibus nominari
vel significari, secundum quod diversae sunt essentiales per/actiones ipsius. Vgl.
ehend. 18, f. 86 r. B.
422) Ouodlil). l, 9, f. 18 v. B: Dimm! quidam, quod genus et differentia dicunt
diversas formalitates realiter differt-ntul species autem differt a genere et iiim-tentia
sicut complectens duas formalitates reales; unde species se habent ad genus per ad
dilionem realis formalilatis. species autem realiter differunt non se lolisl quia in
genere conveniuntl sed differentiis differuntg differentiae autem se lotis (ii/forum.
hicunt autem isn', quod distinctio formalilatis maior est in creaturisl quam in dioinis.
(Vgl. bei Scolus, ob. Anm. 148 u. 151) . . . . .. l'. 19 r. A: Si natura generis differt
realiter a natura differentiae. sequi-iuri quod quodlibet individuum sit compositum ex
tot rebns, quo! sunt inter generalissimum cl specialissimum; sed hoc est falsum .. . .
(B) llestal ponere opinionemy quam credo esse oeramz ln uno et eodem indi
vidua genus generalissimum et omnes differentiae intermediae dicunt unam et eandem
rem el sumuntur ab una et eadem re, quia si in Socrate substantial corporeuml
vivum, sensibile, rationale dicerent diversas res, sequerelur, quod in una et eodem
esset aliqua differentia re differens a natura generis.
XIX. Johannes von Jandun. 273
in Folge physikalischer Vorgänge nur eine intensio oder remissio der
Einen Form eintreten könne‘“).
Der Averroist Johannes von landun (um 1320) zeigt, was die
_logischen Fragen hetriflt, gleichfalls einen halb-thomistischen Staudpnrrkt"“)
und erinnert uns in dieser Hinsicht an Petrus von Abano (ab. Anm. 260 III).
In seinem Uommentare zur aristotelischen Melaphysik““) nimmt er be
züglich der Universalien jene Unterscheidung in causando und praedi
eando' auf, welcher wir schon bei Alexander v. Alessandria (Anm. 248)
und bei Hadulph Brito (Anm. 258) begegneten 426), knüpft aber an die
Aussagbarkeit auch die weitere Distinetion, dass dabei entweder der Ge
genstand der Auffassung als sachliche Grundlage der Einzeln-Dinge oder
die intentt'o selbst gemeint sein könne, welch letztere dann wieder in
prima und secunda zerfalle, wobei man jedoch nicht so fast auf den
modus essendi‚ als vielmehr auf die quidditativen Momente des Erkennens
blicken solle 427). Jedenfalls kann so mit antiplatonischer Wendung das
esse in anima und das esse extra animam dualistisch verbunden wer
den“8)‚ da die Universalien post rem vorstellungsweisc im lutellectus
423) In l Senlenl.‚ Bist. 17, (Ja. 4, f. 36 r. A: Dicnnt qnidam‚ qnad nulla
forma secnndum suam absolulam et specificam arceplioncm potust haben: varialionem
aliqupm vel secundum magis vel secundum minus. Et ideo, nl dicunt‚ illa ar
cidentia, qnae 1ch inaeniuntur in snbievtis diversarum specicrnm vcl qnuc saut sepa
rabih'a, suscipiuul mayis vel minus...... Isla opim'o nun vidclnr mihi vera......
(B) Si sie inlelligatnr, so. quod in essentia lalium formarum nun sit ruatiter loquemla
aliqua latiludo yradnum sie, quod albedo inlensa esscnlialilcr nun s‘il per/voller, quam
remissa, crado esse falsnnt (v. A) Ralio, quare ltliquud arcidens dicitnr susciperc
magis et minus, est, qaod secnmlum formam nalus cst ficri 1nolns...... Srcundum
unten: formam substantialcm nur: esl nulns esse motus. idao nulla forma sub
stantialis habet totem lalitudiucm. Unodlib. l], 13‚ f. 61 l‘. A: Sicat in alteraliane
1ion es! nisi nanm mulalum esse in acta, ita uou est ibi nisi nna forma.
424) Betreffs anderweitiger Anschauungen desselben, welche nicht die Logik
betreffen. s. Nahercs bei E. llcnan, Averroes et l'Aufl‘roisme, p. 269 lt“. Uehrigens
verfussle Johann v. Jandun gemeinschaftlich mit seinem Freunde Marsilius v. Padua
auch die bekannte publicistische Schrift „Defensor pacis“, welche sich im Sinne
Occam's über das Verhältniss zwischen Staat und Kirche äussert.
425) Perspicaoissinti speaulaloris an summi pcripalheliri Jahuuuis de Jandunn
qnaustiones in XII tibros metaphysicac (mit Zimara’s Commentar). t'cnet. 1505 fol.
und wiederholt Vencl. 1560. fol. (nach letzterem Drucke citirc ich).
426) l, 20. p. 82: Duplex est universale, wurm in praedicamlo, aliud in ana—
sando. Universale in causandu 0st deus ut sabstantiae flil!lrtttiltl8; universalia
in pravrlicando capinutur duplicilvr,‘ uuo modo quoad simplicem alio modo quoad inlmerenliam passiouis ad snbieclum. appre/teasi0ucm,
427) Vll. 24, p. 523: Ouoddam es! universale per ransalilalcm, qnoddam per
pracdicationcm . . . . .. Univrrsala sccundum pramlicalioncm cst duplex: nuo moda co
pilnr pro rc inteulionala ct «Irnominala ab inlcutioue,‘ alio modo capxlur pro
i(npl.cu5t2io4n)e, Ilelti, hoqcui itaecrcnrmpiuduapllirciotuacre,ptvuesl pgraollepnr'simaet instpecncliieoiuea, tm‘to’ldipsroesssuuucduin,dadicnnl‚
quod prima inlentio est conceptus rei oel intcltrclio secumlum man: rundum essendi
proprium; scd secunda intenlio usl ronceptns rei scrundnm modnm esscndi
commuuem Sed secnndum dicentes, ronceptus geauris et specici cnpi a qniddi
tote generali vcl speri/ica, dicitur, quod inlen!io prima rci 0st inlallet'liu secundum
quiddilatem generalcm et potentialem, seil secuuda intentio est intellcclio rci commnnis
in pluribns Stil universale pro re subiccla est res, quac est apta acta esse in
pluribus vel nzulliplirari in plura.
428) l, 16, p. 57: Universale polest intelli_qi duplicttcr. Uno modu pro esse
reali extra animam, quod esse habct subirclive in ‚mis snppoutis‚ et pro isla esse
Panne, Gesch. lll. 13
2'74 XIX. Job. v. Jandun. Job. v. Neapel. Augustinus v. Ancona.
sind, während sie in re die objective Bedingung des Wissens entltalten‘”),
da ja in der concreten Subsistenz das Allgemeine und das Einzelne trotz
aller Wesens-Verschiedenheit vereinigt seien 43“). Und sowie hiemit für
die subjcctive Auffassung sich der Begriff des ens rattom's (vgl. Anm. 395)
cinstellt“‘), so können nun auch ebenso, wie bei Herveus (Anm. 405)
genus naturate und genus togicum dualistisch nebeneinandertreten432/.
Desgleichen wird die intentt'o et remissio formarurn, was die substan
tiellen Formen betrillt (vgl. Anm. 423), auch hier vert1eint‘33).
Hingegen einen etwas strengeren Thomistnus scheint Johannes
von Neapel (gest. i. J. 1330) in diesen Gontroversen vertreten zu
haben, insoferne wir erfahren, dass er gegen des Ilerveus Auffassung der
veritas (s. Anm. 398) im Sinne des Thomas polemisirte““).
Auch Augustinus von Ancona (mit dem Beinamen Triumphus,
gest. i. J. 1328) lenkt mehr zu Thomas zurück, welchen er besonders
durch reichliche Benützung Avicenna’s zu ergänzen sucht; nur streift er
zuweilen auch an Auffassungen hin, welche erst später (bei Aegidius und
Herveus) in die Controverscn eingetreten waren. Seine Schrift De cogni
tione animae 435) liegt zwar einer Geschichte der Psychologie näher,
jedoch können wir aus ihr etwa Folgendes hervorheben. Als Gegenstand
der Logik, welche er mit Aegidius adminiculativa nennt‘“), gilt ihm
universale acta hebe! esse extra animam Alio mado pro esse in!entionali, quod
subiertiue es! in anima, causetivo extra entmarn, et filmt solum nort hebe! esse po
tentiele extra animam...‚. Platonici posuornn! unitwrselie secnndum esse existentiue
separate e singuleribus, . . . . .. Aristoteles, quod universalie snbicctire essen! in sin
guleribns, abstracta lernen secundunt intelleclum intelligentem eo mm intelligendo sin
yularia...... Sed quod universale nun genoratnr scorsim existens a singnleribus, n!
Platonici posuerunt, patet solntia etc.
429) VII, 24, p. 524: Universale pro prima e! secunde intentione es! realiter
separatem a singularibus in intelleclu sttbiectiuc. Universale pro re oh
iecta, qnee denominatur eh intrntiune, non es! separatem e singulerilzus sensibilibus
e! rorporilms srcundum esse extra enimarn...... Si quidditas rerum esse! separate a
relms naturalibus, tunc de rohes nuturetibus non esse! scirntie.
430) Ehend. p. 525: Universelle et singnleria nah saut caniuncta totalitcr‚ quia
snn! separate sectmdnm vssrnliam‚ sed (amen sun! aoniuncta scanndum subsistenliem.
431) V, 12‚ p. 312: St loqnamur de specie pro prima vel secunda intcntinna‚
Inne non es! ertre irrte/Irrtum, alCtll nrc cotteeplus, cum sint cn!ia ratiom's.
432) X, 22, p. 636: Ilnplrr es! genus.‘ quaddem es! natura/e, quaddam togicum.
Genus neturalc dicitur‚ quod es! carnnnme multis, quer convem'unt in muteria......
Set! gruns logicmn est, quod habe! nimm mattem preerlicendi aemmunetn univorum
(lt! mullis sprcicbus.
433) VIII, 6. p. 549: Si [ornme suhslantieles rlcmcnlorum intenderentur et re—
millerentnr‚ tunc generelle non esse! terminns elterationis,‘ St [ernte substaflltalis in!rnderetur e! remitteretur, laue generaseliilo hfoocrmeese! fsuublsstuamntietis
esse! simnl cum elteratione.
434) Da mir des Johannes Neapolilanus Onars!ionrs reriee qnudraginta dune
l’nrisiis dispuletae. Neapoli 1618. fol. nicht zu Gebot standen, muss ich auf Das
jenige verweisen, was Henre'en (II, p. 403) in französischer Paraphrase uns Einem
einzelnen Capitel jener Schrift anführt.
435) Opnsenlum perutile de cognitione animnc e! eins potentiis Angestini de
Aue/101m. Bononiee 1503. 4.
436) IV, 2 (das Buch ist nicht paginirt): Finis seientiae sprculotirae es! reri
tas..„. Cirra huiusmodi aderqunlionem rrrum ad intelloctnrn scien!iae !ripltriter se
ltaherc possnnt. Prime dirrrtivr et edminicnlatire (s. Anin. 365), sernndo prinripa
li!rr e! ehicrtive‚ ler!io ca; eonseannli et subalternntive. In prima grudu Slt7!l mim
XlX. Augustinus v. Ancona. 275
im Anschlusse an Avicenna die Verbindung' der secunda intentio mit der
prima, und da nur hiedurch die Gefahr vermieden werde‚ dass der ln
halt der Logik zuletzt aus Erdichtetem (figmeuta) bestehe, so solle man
auch nur von solchen entia ratiom's sprechen, welchen etwas Sachliches
entspricht (correspondet), und in diesem Sinne liege dann der haupt
sächliche Gegenstand der Logik immerhin um der Vermeidung des Irr
thumes willen in der syllogislischen Verknüpfung der secundae inteutio
nes“"). Nemlich in die prima inteutio verlegt er sewuhl dasjenige,
was Thomas inteutio universalitatis genannt hatte, als auch, was bei
demselben reflexiv und corwersio ad phantasmata hiess 438), sowie er
der secunda intentio gleichfalls im Anschlusse an Thomas die ver
gleichende und verbindende Funclion des Denkens zuweist‘”). So fasst
er auch den Uebergang, welcher von der Sinnes-Wahrnehmung zur Allge
meinheit des Denkens stattfindet, völlig in thomistischer Weise“°)‚ bedient
Iiue scrmocinales, ut grammatica ct lugiaa, in secuudo physica‚ mal/temalica et mela
physica, in tertio ‚ . . . .. medieina. musica, astronomia.
437) lll, 6: Secundum Avicenuam Iogica ext de secundis intentionibus adiauctix
primis (s. Abschn. XVl, Anm. 74) . Nam si secuudae intentiones neu odiunge
reutur primis, uou corrcspouderent er's res mediantibus primis intenlionibas, et sie
essen! pure figmenla, sicut rhimaera (vgl. ob. Anm. 98) Et ex hoc pntet,
[atsam esse positiouem iltorum‚ qui dicuut, aus ratiom's esse subiectam in togica
(vgl. Anm. 370) Logica non polerit esse de eulilms ratiom‘s lanquam de sub
iecto, cum eutia rationis, secundum quod huiusmudi, solum sint enlia apud animam.
Oportet ergo, quod sit de talibus enlibus rationis, quibus aliqua res oorrespondeat;
et talia anlia ratiouis saut sccuudae intcntioues (s. bei Herveus‚ Anm. 395) . ‚ . . ..
Nec eliam opurtet, secundas inlentiones universaliler sumptus esse subieclum in to_qica,
sattem ut docens est, quia (um: nou magis esse! loyica de syllngismo im! ad rectifi
condum aclus syllogisliros, si uon esse! plus nacessaria‚ quum ad raclificaudum cou—
cepta: generia vet spccici; qa6d falsum est, cum in actibus simplicilms intellectus
per se uou erret, in actibus autem syltogisticis eliam per se errare habeot (s. bei
Aegidius‚ Anm. 369).
438) III, 4: Intellectus duplicilcr in cognitiona rai firri potest. Prima dirccto
adspcctu, ut quando intelligit rem sub esse universali; secuudo per quaudam reflexio
uem et couversioucm ad phantasmata . . . . .. Directo adspcctlt intellectus intelligit
naturam cuiuscuuque rei sah esse universati,‘quod quidem universale cst primum et
dtrrctam obieclum inlellectua, ut intelligit naturam Per reflezionem intelleclua um'endo se sensibus et hpohmainutiassmaitniqbuuasulaupmprehhoemndocntibus
ipsa singularia speculatur naturam lwminis . . . . .. Ergo intelliycudo rcm secuudum
suum esse singulare et materiatc prima intentio formuri habe! IHM intenli0"fl‚
quibus inteltectus intelligit vel direclo adspectu ret per rcflr.rionem‚ primac iuleuliones
dicunlur‚ et [am sah esse universali quam ‚sub esse singulari primae intcnlioucs
[ormari habent (s. Ahschn. XVII, Anm. 500 L).
439) Ebend. 51 Videre votumus, quae saut sccundav inten!iones‚ quae genus et
species et individuum et syllogismus appellautur..... Post infornwliom'm, qua infor—
malur intellectus couceptione uniuscuiuaque rci sccundum sc cousideralac quasi secuu
darin modo intrltectus circa huiusmodi conceplioucs ucgotiatar considerando souve
uientiam couceptionum vzl primarum intentionum ad inviccm, secuudum qaod possuut
plun'bus vel paucioribas convenire . . ‚ . .. Genus ergo et species et similia uorm'no
neunzian intentionum saut, eo quod saut Itoe couceptioncs, quas intrllectus sibi
formal de requ medianlibas primis in!eutiouibus (s. Abschn. XVll, Anm. 499 u. 506).
440) l. 11: Cum species rerum informaules ipsos sensus repraesentaut ipsau
res sub tali esse siguato et sub esse particulari ipsorum, ut in rcrum natura sub
sistuut, opertet, huiusmodi species‚ u! saut in sensibus, particulares et materiales
esse Si similitudincs rerum sub esse universali cxistereut in aliqua potentia
sensitive. nun indigr-rent huiusmodi simililudines depurari per intellcclum agrutem ad
18‘
276 XlX. Augustinus v. Aneoua. Antonius Andreas.
sich aber dabei ebenso, wie Aegidius, auch des scotistisehen Begriffes
der species intelligibilis“‘), welchen er jedoch wieder mit Ausdrücken
des Albert (z. B. simititudo) und mit einem Gleichnisse des Thomas er
läutert 442).
Hatte somit die tbomislische Richtung (wenn auch unter kleinen
Zugeständnissen an die Gegner oder wenigstens mit. einigem Schwanken)
bis dahin entschieden das quantitative Ucbergewicht behauptet, so gewann
nun auch der Scotismus, welcher bereits, wie wir sahen, bei Richard v.
Middleton, Radulph Brito und besonders bei Alexander v. Alessandria
sich sehr merklich geregt hatte, einen hervorragenden Vorkämpfer an dem
Franziskaner Antonius Andreas (oder Andrea, gest. i. .I. [320),
einem unmittelbaren Schüler des Scotns, welcher im Ganzen getreu den
Ansichten dieses seines Lehrers folgte, wenn er auch einige Male dem
tbomistischen Dualismus näher tritt, als die stricte Observanz seiner Schule
vielleicht billigen konnte. Ausser einem Commentare zum Sententiarius,
in welchem Antonius lediglich den Scotns exccrpirt (daher es für mich
unnöthig ist, weiteren Bezug darauf zu nehmen), besitzen wir von ihm
eine Expositio super artem ceterem “3), wobei hier zum gewöhnlichen
Umkreise der Ars vetus (s. ob. Anm. 356) auch noch Boethius de divi
sione beigezogen ist, während in üblicher Weise die Syllogistik zur nova
logica gerechnet wird‘“); ferner einen Commentar zur Metaphysik““)
und eine Monographie De !ribus pfincipit's H“). Die Exegese der logi
schen und metaphysischen Schriften zeigt uns, was die Form betrilll,
hoc, quod passen! informarc inlctlcclam possibilcm,‘ nun! tote causa, quare aparte!
ponere intellcctam ayealem, videlur esse malcrialilas e! par!icntaritas specieram exi
slea!ium in sensu, . ‚ . . .. quod ipso universalia saut in!clligibilia acta‚ eo quod arlu
possull! morere in!ellcclum possibilem (s. ebend. Anm. 493111).
441) ll, 4: l'oailar intellerlas ageas, in tuius virtu!c plaaa!asmala, quer: sun!
parlicularia, ialelligibilia solum in polflt!ia [laut e! pos!ra acta universalia c! acta
intelligibilia et per conseqaens acta possun! in!clleclam possiln‘lem mauern e! species
in!elliyihilcs in ipso causare (s. ob. Anm. 375).
442) Ebend. 1: E.r lumine in!ellectus agciitis spccies in!eltiyibilis recipi! arlua
(Malern, per quam in!e!lcclum possibilem poles! moecrc. Ebend.2z N0a es! POSMIIÜR,
rcs serumlam se esse prucsenlcs ipsi intellectai‚ propler qaod oporlet‚ eas in ipso
in!ellrclu crislere per suas simililadines (s. Abschn. XVll, Auln. 393 u. 395). quilms
inlclleclas informalus possi! ipsas res in!rlligere . . . . .. lies exteriorrs sun! priacipalia
nbicrla ipsias inlcltcetus, species vero in!clliyibiles praedictarum reram stur! sicu!
raliu intelligendi r! co_qnoscendi ipsas; i'dco res ipsae coynuscanlur et intelligan!ur
ab intelleclu‚ non aalen! spevies intelligibiles. Ebend. 3: Sicu! so! es! qaoddam
universale turnen respectu cnrporalium e! sensibilium, i!a [unten intellectus agentis
vs! quozldam universale turnen respeetu in!clligibiliam (s. ebend. Anm. 510).
443) Scripta sca r.rposrtioncs Aalonii Andreae super arten: rc!crrm e! super
Itae!ium de dirisionibus. l"ear!iis 1492 u. 150811. 1517. fol. (nach letzterem Drucke
eitire ich).
444) S. arl. vel. l. 63 r. A: Considcratur in libro l'riurum e! aliis lilm's norae
Iogii:ne syltogirmus . . . . .. (v. A) Liber Periermeaias ordina!ur ad libros logirae nurae,
sed principatiler ad libros I‘rioram et mediante illo ad alios‚ quia sytlogismas es!
es: proposilionibus.
445) Oaaestioaes Antonii' Andreac super XII liln‘os melaphysicae. Veaeliis 1481
u. 1514 u. 1523. fol. (nach der letzteren Ausgabe citire ich).
446) De ln'bas priacipiis reram naturalium. l'encl. 1489. fol. und wieder ub
gedruckl bei Naciurelli (s. Anm. 497) f. 36—57.
"»—‚_ ‚ f‚ - - -'—' .. 931‚*--_Q
XlX. Antonius Andreas. 277
den Schüler des Scotus und ausserdem einen Mann von wirklich grosser
Belesenheit “7).
Antonius liebt es, den Detail-Erörterungen in philosophischem Prediger
Ton schwülstig rhetorische Einleitungen vorauszuschieken, in welchen er
alttestamentliche Sprüche schell‘elweis ausgiesst, und indem er in solcher
Form auch den Werth der einzelnen Theile der Logik preist, führt er
zum Ruhme dieser Wissenschaft auch einen Memorial-Vers an“‘“’). Mit
Scotus stellt er die Logik als in!entionalis den realen Disciplinen gegen
über“") und erblickt die wesentliche Aufgabe der ersteren im Syllo
gismus“°), daher dieselbe allerdings modus sciendi sei, hiednrch aber
nicht gehindert werde, als selbstständige Wissenschaft auf eigenen Prin
eipien zu beruhen“‘); und hieran reiht er, wie Scotus, den Unterschied
zwischen logica docens und u!ens‘“). Desgleichen stimmt fast wörtlich
mit Seotns die Angabe überein, dass die Logik trotz der Wortl‘orm der
Begriffe nicht nominalistisch aufgefasst werden solle, sondern der Be
447) Antonius hebt in seinen Commenlaren stets das Fortschreiten der Argu
mentation präcis hervor. erörtert die verschiedenen Wortbedeutungen, fuhrt überall
Gründe (mit „Videlar‚ quer! sie“) und Gegengrimde („Vidctur‚ quod mm“) an, um
hierauf jeden derselben zu erledigen („Ad eviden!iam dic!orum respomletur“), und
dabei benützt er in reichlichstem Hausse Belegstellen aus den übrigen Schriften des
Aristoteles sowie das bei Albert aufgespeicberte Material, womit er, besonders in
der Exegese des Porphyrius, die vollste Ausbeutung des Avicenna verbindet.
448) Sup. ar!. vc!. f. 2 r. A: „Girum coeh‘ circuivi soia“‚ Ercl. 24 .... .. Hase
autem sc!en!ia‚ so. logicalis‚ coelam dicitur circuire pro eo, qaod eins considera!ioni
subdi!ur‚ quidqui'd reeli ambi!u con!ine!ur‚ per eam enim polerimus syllogizare
de amm' problema!e„... Ambitus hm'us scien!iae circa subiec!um „wann in!er alias
scien!ias habe! inqaisi!ionis rec!i!udinem laliorem‚ speculaiianis clari!udinem alliorem,
permansicnis nale!udincm firmiorem De ipsa poles! in!elligi‚ quod dici!ur Eccl.8:
„Gireumduzz'! me per ca in giro, eran! em'm mul!a valde super faciem eampi" ‚ . . . ..
(B) De ipso poles! intelligi, quer! diai!ur Proverb. 8: „Gala lege e! giro vallaba!
ahyssos e! ar!hera firmaha! sursum“ . . . . .‚ Ipsa in sui laudem prorumpens can!a!
alle eoce
„Frustra doo!ores sine me coluere sorores“,
unde de ipsa dicit Salomon Sap. 4: „Circuibam quarrens, u! mihi iilam assumarem
quasi sponsam“. Aebnlich beginnt der Commentar zu den Kategorien mit dem (Zitate
(ebd. l‘. 17 v. B): „Scripsi! in !abulis verba daqem‚ qaae locutus es! ad uns“, Deu!cron.
4, sowie jener zu De inlcrpr. mit (f. 63 r. A) „Tu ergo Ballhasar in!erprelationem
narra fes!ivus“, Daniel 4, und jener zu Boelh. de divis. mit (f. 89 r. B) „Oui divisi!
man rubrum in dirisioncs“, Psalm. 135.
449) Ebend. l. 5 r. A: Logicus non cousidera! res per se‚ nisi pro quanla fun
dan! secundas inlen!ianes c! !erminan! resper!um, ipsas au!em in!en!iones cansidera!
per se‚ e! idco non es! ar!ilex realis, sod in!enlionalis. Vgl. ob. Anm. 87.
450) Ebend. f. 2 r. B: Mo!us huias scien!iac principaliler syllogismum oonsiderat
simul, e! pos!modum secundum gradus par!icipationis cousideru! par!es eins, reduceus
ad ipsum singuia‚ quae in ipsa lagica per!rao!anlur‚ !anquam ad finem ul!imam, ad
quem 0mm'a ordinan!ur. Vgl. ob. Anm. 93.
451) Ebend. l‘. 103 r. A: Dici!ar‚ quod modus sciendi non es! scirnlia specialis‚
poles! tarnen esse rommum's, e! sie es! de logica. Ali!er dici!ur‚ quer! falsum
esl‚ quod logica si! modus sciendi .... .. Logica den! modum sa'endi pro !an!o‚ quia
es! de syllogismo ve! de argumenlo‚ per quod lautem habetar soien!ia..... In Iogica
per propria principla os!endan!ur propriae conclusiones, live! eins usus xi! circa
communia.
452) Ebend.: Legion dupliciter cousidera!ur: uno modo inquanlum es! docens,
e! sie procedi! ex propriis principiis e! neressarx'is; alio runde inquanlum ali
278 XIX. Antonius Andreas.
grill eben in Mitte zwischen dem Realen und dem Sprachlichen stehe‘”),
— ein Conceptualismus, welchen Antonius sowohl polemisch gegen
Plato richtet‘“) als auch insbesondere durch die Bedeutung des Ur
theiles stützt‘“).
So kann er in einer theils scotistischen theils byzantinischen Ter
minologie den Universalien ein dreifaches Sein zuweisen, nemlich in den
Dingen, in der Quiddität (d. h. an!e rem), und in der logischen in
!en!io‘“)‚ oder ebenso kann er die ersten beiden Seiten zusammenfassen
und mit Alexander v. Alessandria (oder mit Johannes v. Jandun) nur die
l)oppelstellung des „causando“ und „praedicando“ betonen457), womit sich
von selbst Bemerkungen über Priorität und Posteriorität verknüpfen 4‘“).
Er stellt nemlich überhaupt ziemlich dualistisch die objective Wesens
Einheit dem Denk-lmpulse gegenüber‘“), so dass er fast bei genus logi
cum und genus na!urale ankommt““‘g aber er lenkt diess wieder (selbst
im Wortausdrucke) in die Auffassung des Scotus hinüber, wornach ein
gelegentlicher Causalnexus (accasionaliter) zwischen dem objectiven Uni
versale und der Deukoperation besteht‘“), daher er auch die Ansicht
mur logica applimndo ad illa, in quibus es! usus, e! sie nur! es! ex prapriis‚ srd
es: cammunibus. Vgl. ob. Anm. 90.
453) Ebeud. f. 18 r. B: Liber Praedicamcnlomm nun es! de decem vacibas u! de
subiec-to prima, nec aliqua pars loyicae es! de voee, quia omncs passianes syltogissm
e! enuntiationis e! termiai passen! sibi iaesse secundam esse, quod haben! in mente.
esto‚ quod mm pro/erantur; sed es! de aliquo priore, quod respeetu voois significa
!ivae habe! !anlum rationcm signifirati..... (v. A) Loyica neu es! scien!ia realis nee
sermoeinalis, es! de ronccpta per se . . . . .. lllul!um corweni! cum 891'71101l8 prop!cr
duo; quia conceptus es! imrnodialnm significatum per vocem, e! quia passiones
conceptus insun! voci significa!ivac‚ sicu! incomplexio c! complexio. Ebenso f. 63 r. A.
S. Anm. 96.
454) Ebend. f. 68 r. B: Ponere, aliquid existere, seeandum quod ei attribuilur
ratio commanis, hoc es! ponere ideas‚ secundum quod Plato posuit,‘ igi!ur eommune.
secundum quod habe! rationem eommunis, es! natura, prou! voneipilur sub ralione
dieibilis de pluribus.
455) Ebend. l. 66 v. A: Composilio (im Urtheile) es! ittarum rerum, man tarnen
u! exislunl, sed a! intelligun!ur‚ e! ideo aerilas e! falsitas dicilar circa compositio
nem intellvclus‚ quia illa compositio ab intellectu causatur e! es! in in!ellec!u. Vgl.
Anm. 181.
456) Ebend. f. 3 v. B: Significatum termini eommum's significantis veram nota
ram poles! tripliriter considerari. Uno modo secundum esse in supposilis, quod
disitur esse maleriale eins; secundo madn absolute secundum esse quidditali
vurn; . . . . .. ter!io modo‚ a! per formam intelligibilem ab intelleetu appreliendi!ur‚
quod es! esse cognilam. e! sie c! insun! inten!iones. Vgl. Anm. 119 u. 129 f.
457) Ou. s. metaph. l, 10, f. 9 v. A: Duplex es! universale, so. in sausando et
in praedicando Magis universale seeundum caasalitatem es! nobis minus natura
Si aalen: quaemtar de aniversali secundam praedicationcm‚ . . . . .. singulare
simpliriter es! nobs's nolius, quasi! universale. Vgl. Anm. 248 u. 426.
458) S. art. ve!.‚ f. 92 v. A: Genus et qaodlibe! universale, u! diei! mihi prac—
rise intentiunem, es! posterias; genus‚ u! dici! rem siae primam in!en!ionem‚
es! prius. Vgl. Qu. s. metaplt. VII, 16, f. 40 v.A. S. Anm. 108 u. 286.
459) 0a. s. melaph. V, 6, f. 23 r. A: 0mnis unilas cansata ab in!clleetu habe!
untlatem in re‚ qua originatur‚ sinnt ignis genera! ignem siln' similem in sperie,
nallo eliam intellen!u existente.
460) S. ar!. vet. f. 92 r. A: Vaz dividitar in pruprias signifieationes; genus
nero „an, sed in quasdam quodammodo a se proereationes. Vgl. bei Herveus ob.
Anm. 403.
46l) Ebend. f. 3 r. B: Universale es! ab intelleclu‚ nec sequi!ur: ergo es! fig
X1X. Antonius Andreas. 279
seines Lehrers wiederholt, dass das Universale als Quelle der Bezeichnung
ein Erzeugniss des Inbellectus sei‘“), und hiemit die gegenständliche
Auffassung (sabiective) auf das materielle Dasein hinweise, während die
Vorstellung (obiective) das formelle Denk-Element enthalte‘“). Erklär
licher Weise beruht hierauf eine durchgängig wörtliche Uebereinstimmung
des Antonius mit Scotus in der Auffassung der prima und secanda in
tentio 4f“), sowie in Behandlung der Begriffe abstractum und aoncre
tam*“)‚ womit eine dualistische Parallelstellung des „in anima" und des
„in rebas extra" sehr wohl sich verträgt‘“). Neu kommt nur hinzu,
dass Antonius mit der intentio auch die byzantinischen Begriffe signatam
und ea:ereitam in Verbindung bringt“"). Die Begründung aber jenes
Cansal-Verhältnisses, welches zwischen dem objectiven und subjectiven
Auftreten der Universalien besteht (Anm.461), führt auch hier zur apecies
intelligibilz's des Scotus 468); was jedoch das Verhältniss derselben zur
Wortbezeichnung und zu den Einzeln-Objecten betrifft, modificirt Antonius
mcrtlum‚ qula figmento m'hil correspondet in re extra, universell aalen: respondet all
quid, a qao movetar intellectas ad caasandam talem intentionem..„. Univenale
efi‘celive est ab intelleclu, sed materialiler sive originaliler aal occasionaliler e:t a
proprietale in re comperta, qaod non esl verum de figmenlo (s.Anm. 99 f. u. 116).
462) Ebend. f. 3 v. B: Intelleetas esl‚ qai [acil aniversalitatem universale aatem denominat rem, nun lnlclleclam, ergo ext in re saibniecrteibvaes,, m in
tellecla aalen! at in e/ficientc (vgl. Anm. 127 n. 123). Hiezn aber unten Anm. 469.
463) Ebend. f. 871'. B: Dirtr'nguilur in genere duplex potentia, ‚er. eabieelt'aa
et obicctiva: polentla saln'ecliua samüar in rc per cornparalionem ad maleriam, de
qua fit; materia enim est subiectam omniam farmaram et in potentia ad eas; sed
patealia abiectiva allenditar in re per comparationem ad agens, quod potcst ipsam
prodacere ad esse. Vgl. Anm. 105.
464) Ebend. f. 3 r. A: Universale es! nonten cancretam (s. Anm. 128), samttar
ergo triplim'ler sicut alle concrela. Uno moda pro sabr'eclo, i. e. pro re primae in
lenlionis, cai applicatur inlealio universelle, et hoc modo universale esl obiectam
primum inlelleelas, et 0mm's sct'enlia ext aniversaliam; seeando modo samltur
pro forma‚ so. pro re secnndae intentiom's; terlio moda snmitar pro aggregalo ex
sabieclo et forma (s. Anm. 107), et illad est eas per accidens..... Universale aalem
seoando modo samplam esl de oonsidcratione logiei (s. Anm. 89 u. 106). 1.4 r. A:
Seientia realis esl de universell prlmo modo‚ quod so. est res, sed logiea es! de
aniversali secando modo, qaod esl inlenlt'o, ideo scienlia rationalis vocalur (s. Anm.
87). Vgl. f. 4 v. B, f. 46 v. A, u. 0a. s. melaph. V11, 16. f. 40 r. B.
465) S. art. vel. f. 9 r. A: Sivul est duplex abstraclam, antun, qaod abstrakt]
a saln'oalo, allud‚ quod abstrahil a forma, al esl in supposilo, lla esl duplex von
crelam per oppositam, unam, quod concer-nil sappositum, aliad, qaod concerm'l
sabt'eclam; exemplam primi hamanitas et Immo, exemplam secundi albedo et albam
(vgl. Anm. 128).
466) Ebend. f. 4 v. B: Voca primam inlentt'onern ipsam rem eognitam vel posilam
in esse intelleela et cognito‚ voeo aalem inlentionem secandam quandam rela
tionem slve comparationem intelleclas‚ qui oomparal unarn primam inlentionem ad
aliam primam latentionem, et sie seenndam diverses comparaliones formal dieersas
sectmdas intentioncs Universale samplum pro intentt'one m'hil esl in rebus extra,
‚ . . . .. samplam pro sabieclo intenlr'ont's esl vere aliqaill in relms. Ebenso 0a. s.
metaph. V11, 16, f. 40 r. B.
467) S. art. vet. f. 5 v.B: Esse in rebu: primae inlenllorti: t'd ezerrel‚ quod
praedicari signal in sec‚undis inlentt'onibus; difl'erenlia aalen: e:l lnter actam signalam
et exarcitam in maltis u. s. f., s. Abschn. XV11, Anm. 605.
468) Ebend. f. 8 v. A: Ad rationem generis requin'tur, qaod habeal plure:
rpecies acta, nun qaae emirlaat acta vel polentia, sed lautem acta conct'piantar per
speciem inlelliglbilem acacptam ab individais qaandoq-ae existenlilms (s. Anm. 110 fl‘.).
280 XIX. Antonius Andreas.
die Ansicht seines Lehrers dahin, dass der eigentliche Gegenstand der
Bezeichnung die Sache selbst schlechthin, d. h. abgesehen von Existenz
oder Nicht-Existenz und abgesehen vom Gedachtwerden, sei, und hicmit
die species intelligibilz's erst durch ein Zurückbeugen des intellectus
(reflexio), also nicht unmittelbar, erfasst werde“”). Uebrigens nimmt er
auch den Begriff der veritas (vielleicht auf gleichzeitige Controversen
hlickend, s. Anm. 398 u. 434) dualistisch nach einer objectiven und einer
subjectiven Seite, deren letztere gleichfalls ein Zurt‘tckhengen in der Vor
stellung enthalte und in den Urtheilen conform mit dem sachlichen Be
stande auftreten müssen“), dabei aber jedenfalls nur dem formellen
Momente der Vorstellung (non subiective, formaliter) angehöre 4").
Bezüglich des Princips der Individuation folgt Antonius, wie sich
nicht anders erwarten lässt, gleichfalls dem Scotus. Er nimmt nicht bloss
den Begriff der haecceitas beifällig auf“"), sondern schneidet auch noch
entschiedener als Scotus die thomistisehe Ansicht dadurch ab, dass er
die Materie als ein lediglich Potenzielles von der reinen Actualität der
Form auf's schärfste trennt und zwischen beiden eine begriffliche und
reelle Verschiedenheit statuirt 473). Indem aber hiebei die räumlich aus
gedehnte Materie gemeint ist, erblickt er andrerseits eben jenen ucmlichen
Gegensatz gegen die qnidditalive Form, welche als solche allgemein ist,
auch in der individuellen Verschiedenheit und Eigenthümlichkeit der
Einzeln-Wesen, und so kommt er dazu‚ den Begriff der Materie in nicht
physikalischcm‚ vielmehr ontologischcm Sinne in einen Causal-Zusammen
469) Ebend. f. 66 r. A: Onaeritur‚ a!rum nomen aignifice! TPIII vef speciem.‚...
Es! um; apim'o, quod species in!clligibilis immediate significalur per vocem..... (v. A)
Secunda apinio est, quod res prima significatur‚ non tarnen seeandum quod existi!‚
qaia m-c sie per se in!el!igitur‚ sed scoundnm quod per so concipi!ur ab inte!!ectu ‚ . . ..
Mao, quod res intelligi!ur prima, specfes aulem per reflexioncm„.‚. ll!ud‚ quod
proprie significatur per vocem, es! res‚ nun rrs ut intelligilar, nec res u! existens neu
u! non existens, sed rcs absolute, u! abstrahi! ab istis e! es! extraneum i!!i quod_
übe! i!!oram. Ebenso f. 68 r. A. S. Anm. 126 f.
470) Ebend. f. 64 v. B: Es! veritas in rebus, e! es! Verum in in!c!lcetu es! secuodum intc!fectus opera!ionem, vseerictuansduimn qinutaefmfecntau!ns es!
intelleclus confonnari obiccto nt mcnsuralum mensurae...„ Non est veritas in in
!el!ec!u obier!fve nisi rc/lcrlcnte so super aclum stium . . . . .. (f. 65 r. A) Veri!as in
cnmplexa es! fomali!er habitudo conformitatix..„ ad obiectum simpliciter intelligihile.
Veritas aalem complc:va ad obieclum complcxum . ‚ . . .. Campositio est, quando in
!vllrclus apprchendit rerum identi!alem‚ divisio vom, quando apprchendi!
rvrum diversitatcm. Fast wörtlich ebenso Ou. s. metaph. VI, 6, f. 30 v. A.
471) S. arf‚ ve!. f. 45 r. A: Vernm c! [alsum sun! in ora!ione sicu! in Sigrid
non subiec!iue e! dicunt formafiler rospectum conformitatis e! diffami!atis ad rem.
Vgl, Anm. 129. 133, 147.
472) Ou. s. metaph. l. 8, f. 8 v. A: In singulari es! duo considerare, so. ipsam
singulari'tatem, quae potcs! vocari haecceilas, c! naturam subiectam singn!aritati‚ quae
de ss er! indifl'erens ad esse hoc.
473) !)e !rilms princ. f. 41 r. A: I.icct materia si! ens in acta en!ita!iro‚ qma
es! «liquid extra suam cansam distinctum. !amen disfingui!ur can!ra aclum formalen:
rompletum e! specificum . . . . ‚. Malaria es! puram ac!uabi!a e! potentia!c‚ forma es!
purum ac!ua!ivum‚ e! m'hil um'us includitur in ratione alterius‚ qaia ali!er nec illud
esse! purum ac!uativum‚ um: illud pumm ac!uabile Malaria dislingui!ar roaliter
a forma realitate positive reccp!iva omnino al!erius rationis a /0rma (d. h. welche
einen in jeder Beziehung von der Form verschiedenen Wesensgrnnd enthalt)‚ e! es!
quin' prim0 dincrsum ab es.
XlX. Antonius Andreas. 281
bang mit der Häcceität zu bringen 474). Hingegen die physikalische
Materie, welche nie als einheitliche Urmaterie existire, finde eben nur
durch specifisch verschiedene Formen ihre bestimmte Qualificirnng““);
und was die unkörperlichen Individuen (d. h. die Engel) betriil't, so ge
nüge die ihnen anklebende Passivität zur Erklärung ihrer lndividuation‘n ß).
Ebenso zeigt sich Antonius als treuer Scotist in der Annahme einer plu
ralitas l‘orma-rum477), sowie in demjenigen, was er über intensio e!
remissio formarum bemerkt, wobei er die Gradabstul'ung in die Ite
l‘ähigung des Einzeln-Dinges, nicht aber in die Form selbst, verlegt“").
Ausser diesen allgemeineren Parteifragen muss aber auch noch eini
ges Einzelne, was in des Antonius Exegese (s. Anm. 447) vorkommt,
berührt werden. Bei Erklärung des Porphyrins 479) erwähnt er einmal
den aristotelischen Begriff der labula rasa 48°), wiederholt auch betrell‘s
der einzelnen fünf Universalien fast den ganzen Connnenlar des Avicenna
und des Albert, sowie des Srotns Begründung der Fünfzahl 481), und
474) Ou. s. melaph. V, 5. f. 22 v. B: Ouacdam es! materia, quac opponilur
fonnaa !0!ius c! ipsi quidrlilati e! per conscqucns es! extra rationem quiddi!atis far
maliler; e! haec es! malcria, quae es! diffarentia sen proprielas individualis‚ quae
es! causa propria haecoßilalis e! individuationis.
475) l)e Iribns princ. f. 45 v. A: Nun 051 una maleria numera omnium genera—
In'lium r! carruplibilium, quia impnssibile es!, eandent maleriam numero informari
simu! formis subs!anlialilms ran!rarie e! specificc dislinclis.
476) S. ar!. ee!. f. 55 r. A: Angelas .. passe! fieri sine crca!ionc crca!urac
corporalis‚ lauten in angeln es! po!en!ia passiva, qua passe! esse in loco.
4777 0a. s. melaph. VII, 17, f. 41 r. A: Es! una opim'o, quod es! aliqna
forma mi.zli nna rca!i!er, S!.'ll p!ures virlaaliler ron!incns Es! a!ia opim'a, qnam rrpnlo veram. .. (B) qnod in quomlailb!r!asrivpoerfpercaellito’nresformam
anima!i es! a!ia forma communis corporis c! mia:li‚ e! pracler Aas, quae sun! com
munes lo!i animali re! eine, ‚um! aliae parliales specifirae dis!inclae !o!. quo! 0r_qana
dixlincla saut. De !ribus princ. f. 51 v B: In quocunque anima!n m'cosse es! ponere
aI.li5q2nar.m Bf:'arImnamq,uolqiubca!e veisv!o fporramrlaercofroporrmiasmmiaxn!iimalaliiaes!abaliilala.forqmuaa ceosr!poarnisimea!!ummixti,
e! prur!er Ilas‚ quer ‚um! romnmnrs lo!i animali oel vivo‚ sun! aliae par!iales sperri
firae dislinrtae tot, quo! organa dis!inr(a. Vgl. Anm. 156.
478) I)c !ribus princ. f. 53 r. A: Ona!i!as secundum so non susripit magis c!
minus, sed subiar‘tam secunrlum illam‚.... (B) Forma sprrifira es! indirisibilis quan
!um ad yradum spccificum‚ dirisibilis vom quan!um ad yradum pcr/‘cclionalcm. S.
ar!. oc!. f. 10 v. A: Ouamois esse specificum in re si! unnm e! quasi indivisihile.
srcundnm quod abs!raln'! in suo conccptu ab onmi gradu individuali. non abs!a!‚
qnin possi! par!icipari magis e! minus scannde !ales gradus. Ebend. f. 25 r. A:
Aliqua forma substanlialis‚ n! pu!a forma ignis. nun socundnm esse spncifimun, scd
indiriduale. so. svcundum esse. quod habe! in supposilis. hohe! aliquox gradus r!
por!iones‚ serundam quos magis e! minus in (Iiversis individuis parlicipatur. Vgl.
l'. 36 v. B, f. 44 v. A, f. 62 r. A. S. Anm. 160.
479) Nach einer drei enggedrnckte Columnen füllenden Lobpreisnng der Logik
überhaupt kommt Andreas mit rhetorischcm Sehwnlst (s. Anm. 448) auf die lsagoge.
von welcher er sagt (f. 2 v. B): Ilr aurlore huius Iibri polesl drei i!!ud Mail/i. 7
„Bens omnia foci!‚ e! surdos faci! audirv c! nm!ax loqui"' n. s. w.
480) S. ar!. vo!. f. 4 v. A: Om'dam exponun! (S. die Stelle Ahschn‘. Xll. Anm.
86} ‚.inlelll'clum solum“‚ oui m'hi! rorresponde! in re 0:v!ra‚ u! es! in!ellcc!us fig
men/i, „in!r!lec!um nudum“, qui es! eine omm‘ sprric re! habi/u. u! es! lan
quam !abula rasa, in qua nihil es! depiclum (s. Abscbn. IV‚ Anm. 97), .‚intellrolum
puruni“ wenn! in!ellcc!um angelicum vrl divimnn .. Per intelleclum solu"h "III/IHN
e! pnrum idcm in!clligi!nr‚ r! rerha isla neqnipollenl. Vgl. Anm. 377.
481) Ebend. f. 17 r. B‚ s. Anm. 162.
an.
282 XIX. Antonius Andreas.
ausserdem erwähnt er einen neuen Memorialvers‘”). Bezüglich der
Kategorien führt er eine spitzfindige Distinction des aequivocum an483)‚
bezeichnet in ähnlicher Weise, wie wir es bei Pseudo-Thomas sahen‘
(Anm. 314), Quantität und Qualität als absolute Accidenzien‘“), verwer
lhet bei der Relation einen Begriff, dem wir bei Raimundus Lullus
begegneten (vor. Abschn., Anm. 58 u. 70), nemlich den der aequi
parantt'a“fl‚ und zeigt uns bei Besprechung der Gegensätze wieder
(vgl. Anm. 459 tl'. u. 466) seine llinneigung zum Dualismus‘“). In der
Lehre vom Urtheile finden wir Bemerkungen über das Verhältniss des
Urtheiles zum Syllogismus“"), über Copula488), über eine Lückenhaftig
heil der aristotelischen Lehre“”) und insbesondere über die modalen
Urtheile, bei welchen er an der älteren Eintheilung in modus nominalis
und adverbialis‘”), sowie an der byzantinischen Regel der modalen
Aussage festhält“‘)‚ und auch die ältere einfache Figur aufnimmt‘”).
Und sowie er schon hierin byzantinische Lehre heizog, so begegnen wir
auch überhaupt häufigen Erwähnungen jener logischen Theorien"), wor
unter besonders die Lehre von den consequentiae hervorragt‘“), bei
welcher er die mathematische Form der Proportionen förmlich als eine
Schluss-Weise erwähnt‘”).
482) Ebend. I‘. 9 r. B. Es istjedech nur der erste von zwei zusammengehörigen
Versen, welche ich unten (Anm.615) bei Burleigh anzufübren habe. Einen Priofit3ts
Streit über den Urheber solcher Verse wird wohl Niemand erheben, zumal da Vieles
auf Rechnung späterer Abschreiber fallen kann.
483) Ebd. f. 18 v. A: Aeqttit‘ocum includit duplicem relationem, so. habt
tudinem ad aequivocuns et ad aequivocalum.
484) Ebd. f. 43 v. B: Praedicamenlorum quaedam samt substantin, quaedam
accidenlia: subslanlia autem cst unum praedicamentum Ianlum; acct'denlium autem
quaedam sunl absolute, ut quantita: et qualilas‚ quaednm saut respectiva, ut reli
qua septcm.
485) Ebd. f. 30 r. B: Relativum aequiparanliae est aeqm'vocum, quia proprie
sumptum es! aliquid relalum ad aliud secundum eandem formam‚ . . . . ..ouiusmodi
samt „simile“ et „aequale“. Vgl. f. 10 r. A.
486) Ebd. f. 37 v. B: Oppositio in uno sensu sumpta dicilur uninoce de cou
trarlelate et oppositione relative, in alle sensu dicilur univoce de conlradictione et
privatira opposiliunr. Prime modo ext cm rrale‚ srcundn modo cst intmtio.
487) Ebd. f. 63 v. B; s. Anm. 93.
488) Ebd. f. 67 v. A u. B.
489) Elid. f. 791". B: Aristoteles hie prautermisil multiplices 0pposilt'uncs, ubi
subiitilur nomen infinilum universaliler sumptum. Vgl. Abschn. XVll, Anm. 450.
490) Ebtl. f. 86 r. A: Duplex es! modus, nominell: et aduerbialis n. s. f. S.
ebend. Anm. 43.
491) Ebd. f. 84 r. A: In proposilionibus modalibus modus pom'tur a perle prac
dicati, et ei a:ldenda es! neyulio . . . . .. (v. A) In proposilionibus de modo ip:um
dictum subiicilur‚ ila qu0rl eliam verbum es! pars subiecli. S. ebend. Anm. 161.
492) Ebd. f. 87 r.A: Propler hoc aliqm' haben! hie fi_quram u. s. f.‚ d. h. es
folgt die auch von Thomas (s. ebend. Anm. 541) aufgenommene Figur. welche uns
zuerst bei Wilhelm Shyreswood (s. ebend. Anm. 45) begegnet war.
493) So linden wir supposilio personalis f. 22 v. A u. f. 69 r. A, amplieta'o f. 70
r. B‚ 73 v. A, 80 v. B‚ distrilmlio f. 83 r. B, appellalin f. 73 v. B, calegorcumaticc et
syncategoreumutice f. 8 r. Il‚ 63 r. A, 80 v. B, sensus compositus et divisus (s. ebend.
Anm. 585) f. 76 r. A.
494) Ebrl. f. 22 v. A, 39 r. A, 41 v. A, 86 r. A.
495) Ebd. f. 89 r. A: Teuel argumentum a commulata propartione, quantum ad
Cuntradicerc et conuerti; sed mmquam tenet, quantum nd ronlradirere et scqui,
XIX. Franciscus Mayron. ‚ , 283
In einer sehr eigenthümlichen Weise vertritt der Franziskaner
Franciscus Mayron (gest. 1325) den Seotismus, indem er in der
Universalien-Frage (-— aber auch nur in dieser —) sich völlig auf einen
platonischen Standpunkt stellt, so dass uns hier ein ähnliches Verhältniss
wie bei Heinrich Göthals (ob. Anm. 36) begegnet, d. h. Mayron wäre
gleichfalls unter anderen Zeitumständen sicher der cxclnsivste Platonikcr
geworden, und auch ihn hinderte hieran nur die Auctorität des üblich
gewordenen Stoffes und andrerseits der Umstand, dass man damals Plato‘s
Schriften noch nicht besass. Allerdings macht es einen fast komischen
Eindruck, wenn Mayron mit seinem platonischen Realismus zugleich eine
reichliche Durchführung der Ansichten des Scotus verbinden zu können
glaubt; aber daneben könnte es uns selbst freuen, dass einmal Jemand
Selbstständigkeit genug besass, um gegen den allgemeinen Strom zu
schwimmen und auf eigene Faust sich für Plato zu erklären. Wir be
sitzen von ihm einen Commentar zum Petrus Lombardus und Quad
libeta 49“), ferner. eine Erklärung der lsagoge und der Kategorien, eine
Schrift De prima principz'o, Formalita!es (s. jedoch unten Anm. 529),
sowie De univocatione entis497).
Wenden wir uns zu den Hauptfragen“”), so begegnen wir vorerst
einer ausschliesslich religiös-dogmatischen Tendenz, welche der Darstellung
der Logik bei Mayron zu Grunde liegt, da es sich dabei nur um die
Mittel zum Siege über die Anorthodoxie handlc“’“). Sodann aber über
sed fi! semper [allacia consequentis, v. yr. Sicu! se habe! homo ad nan homi
nem secundum eonsequenliam, sie ultima! ad nun animal secnndum ronsequontiam;
ergo permata!is: Sicu! homo ad anirnat, sie nun harno ad nan animal; sed onmis
homa es! om'mal; ergo anme non hama es! non animal,‘ falsum es! u. s. w.
496) Illuminoti doclorix fra!ris Francisci de Mayronis i!» primum seu!en!iarnni.
Venetiis 1504. fol. In secundum ebenso. In tcr!ium ebend. 1506. In quarlum
ebend. 1507. Ouodlibetlales [sir] questiones [erlilissimac illuminati dactoris Franc.
de Illayronis. Veneliis 1507. fol. In einem anderen Venetianer Drucke v. 1520.
welcher mir nicht zugänglich war, sind auch einige der kleineren Schriften, welche
Nnciarelli berausgab (s. folg. Anm.) enthalten.
497) Contenta in oolumine per e.rimium arlium e! medicinae 01'11101‘81H dann.
flieronymum de Naeiarellis Romanum correeta e! ernendata. lcr!ar, inwnics: l’assus
super universalia e! pracdicamenta illuminati Fruncis‘ci Maironis (ein älterer Druck
dieser Schrift ist Bononiae 1479. 4). Formalilates eiusdem. De prima prinripia com
ple:ra eiusdem Francisci. De terminis thealoyicis eiusdrm. Formalita!cs l'etn' Thamae
(s. Abschn. XX). De seeandis intentionibus Hieranyrm' (d. h. des Nuciarelli selbst).
De entc et essenlia die! Thomae. Trio principia rt‘r'um naturatima An!anii Andreae
(s. Anm. 446). Exposi!io Francisci Maironis s. VIII Iibr. phys. De rniuscnnque
seientiae suhieoto Comelii Hispani. Super lihras de anima Joarmis Srati. De uni
vocatione en!is I"raneisri Mairanis. Veneliis 1517. fol.
498) Nemlich die Exegese als solche bietet in den I’assus super universalia
nichts Erhebliches der, indem nur zum Verstandnisse des Wortlautcs stets „dubio“
oder „diffieullates“ (meistens vier oder acht) aufgetischt und glücklich oder un
glücklich gelöst werden. Jedes einzelne Glied der logischen Lehre heisst dabei
ein passur, und die Isagoge enthält deren 40. die Kategorien 65, und der un
vollendet gebliebene Commentar zu De interpr. nur 7.
499) Passus s. aniv. f. 2 r. A: Ad ostendendum, quod aeri!as philosophiae nur!
contradici! ane!oritati divinae sapientiae, decrevi, passus communes philosophiae
diseurrere resecando super/11m, quae in hat: arte cantineri ridenlur; praes!itulo fine
quadraplici, u! mani!iones rationum philosophicarum cantra veram philosophiam
garrien!ium destruantur‚ u! consilia argumentatianum infidclium adversus thea
284 XIX. Franciscus Mayron.
rascht er uns mit der litterarischen Entdeckung, dass die Isagoge des
Porphyrius eigentlich nur eine zweite Auflage des platonischen „Sophistes“
sei, und da von Plato, auf welchen stets die christlichen Heiligen so
grosse Stücke gehalten, natürlich nur Kundgebungen einer Ur-Wahrhcit
zu erwarten seien, so ergebe sich hieraus von selbst der hohe Werth der
Isagoge“'°°). Aristoteles hingegen gilt dem Mayrnn als unfähigzu allen
metaphysischen Fragen und als der neidvolle Verderber der platonischen
1deenlehre"°‘), welcher jedoch nur das Wort „Idee“ durch schlechte Er
klärung in Misskredit gebracht habe, während die Sache selbst unzweifel
haft klar sei 5f“); dann die Ideen seien eben die unveränderlichen Muster
bilder der Dinge in der Weisheit Gottes 503).
Darum findet Mayron, dass, wenn man die Universalienfrage blass
auf den Gegensatz des esse in anima und des esse in re extra stelle,
jede der vier möglichen Annahmen unhaltbar sei: nemlich die Univer
sellen können weder ausschliesslich in der Seele sein, da dann alle
Wissenschaften die objective Realität verlöreu, noch auch aussehliesslich
in den Dingen, da immerhin der Priorität der 0bjecte ein Posteriorisehes
im Subjecle entsprechen müsse: ferner könne das Universale nicht zu
gleich theils in der Seele und theils in den Dingen sein, da diess der
Untheilbarkeit der Quiddität widerspreche; noch auch endlich könne man
sagen, daSs das Universale in verschiedener Modalth in der Seele und
in den Dingen sei, denn das Gleiche gelte auch von der singulären
togiarn insurgenlium dissipentur, u! superbiae ingcniorum subtilium adversus
doetrinarn ca!holieam se erigentium comprirnaarnr‚ u! ezcellentiae intelleclaam
subtilium ad vwi!alis notitiam venirc cupicnlium ad Christi domini nostri sereitium
oddurantur. Ebeud. f. 9 r. B: Cum in tertia Sentrrttiorum volurnus traetare de anitate
naturae humanar Christi. u! ezlollarnus suae inearnaliorlis mysterium, oportet‚ aus
srire. quid gerins. qaid species e! dilferert!ia‚ ut sciarnas dissolvere versutias
philosophorum‚ proa! so erigunt iafideles ad inrarnatioru's mysteriurn impagnandum.
500) I'assus s. an. l. 2 r. A: Oceurrit prima inconsueta apud Latinos philosophia‚
über Platonis‚ qui diritur Sophistes, auf, liect fuerit, sind Boethias referl, editus a
l’latone‚ fui! tarnen a Porphyrio repelilus, et idro valgo allegatur ihi Porphyrius; quia
tarnen analoritas Platonis es! pracstantissirna 1'alcr artctorilales onmiurn philosophorum
npud sanctos nostr'os, ideo magis auavenit in [vor libro allrgare I’latonem. qui frei!
reputatus olim inter p/rilasophos sicut Jupiter inlor dens: c! serundurn quer! is!c über
feil traditus a Platone. prima veritas in eo ronlcnla es!. So nennt er gelegentlich
noch öfters den Plato als den Urheber des Inhaltes der Isagoge.
501) Sent. l. bist. 47. qa. 3, l'. 145 r. B: Aristoteles attribui! ideis qualuor
eorlditioner_ quas nidelar negasse Plato: prima es! singularilas, semmda. quod
esse! enr acta existens, Irrlia, quer! esse! separate loca!iter‚ quarta. quer! mensara
retur tempore (V. A) Sed quare Aristoteles voluil sie facere, und assignatur
nulanlas, quia habait inoidiarn contra cum . . . . .. Aristoteles [uit optimus physicus‚
s0d pessimus metaphysieus, quia neseivil abstrahere. et idvo pessimarn metaphysi
ram freit.
502) Ebend. f. 145 v. A: ldeae non saut imponendae Platoni. sind aus imponil
St!!! Aristoteles. qued rr. essen! quaedam monstra in afre subsistcnlia singulur'ia.....
(B) Ratio, quer: nun panurltur rnmmaru'ter irleae. von es! nisi propter infaniiam ro
ralrnli, quam sorlilurn es! es: irrte/los!!! male, quem Aristoteles irnponi! I’laloni; sed
dumrnodo rcs sil manifesta. de voralmlo nna esl carandum.
503) Ebend. qu. l, f. 144 v. A: Dem est sapr'erts per ideas; suntrationes
incnrnmutaln'lrs e! arternar. qaia ad ipsas redueitar omnis incontmatabilis veritas;
nun dicunl a!iqttirl absolulurn formaliler. sed resperlivurn. quia idea, in
quanlurn idea. forma!iler est exemplar. sed e.remp!ar forrnaliter es! ad altad.
XIX. Franciscus Mayron. 285
Sinneswahrnebmung; — kurz Mayron trifll merkwürdiger Weise mit
Aegidius Romanus (Anm. 374) darin zusammen; dass die Universalien an
sich weder in der Seele noch in den Dingen seien, aber als positiver
Rest bleibt ihm dabei die platonische Idee, welche weder ein Fabricat
der Seele noch ein Ding, sondern eben die Potenzialth des reellen Seins
sei 5‘“); und so habe auch der traditionell gewordene (arabische) Ans
sprucb ‚.intefleatus agil universalitatem“ nur den Sinn, dass die immer
hin relative Vorstellungs-Weise (obiectivum)‚ nicht aber das gegenständ
liche Sein, durch die Denkthätigkeit erzeugt werde 505). Wenn er aber
in der objectiven Welt die substanzielle Allgemeinheit, welcher die raun
nelle Priorität zukommt, dualistisch neben das Einzelnsein (suppositum,
s. Anm. 109, 251, 407) und die empirische Priorität desselben hin
stellt‘°"“)‚ entscheidet er sich bezüglich der Erkennbarkeit des Singulttren
dahin, dass in Folge einer gleichförmigen Vermittlung der Vorstellung
(urti/brrniter repraesentativurn, d. h. der species intelligibilis des Scotus)
der Intellectus überhaupt das Einzelne eigentlich in allgemeiner Weise
erfasst"“). Hiednreh streift er abermals an Aegidius (Anm. 379)‚ indem
die secu-nda in!entio sich zur Relativität der Beziehung (respectus) zwi
504) Ebend. qu. 4, f. 146 r. A: Fuerunt qua!uor opiniones. Prima, quud uni
rcrsaliu ‚um! lantum in ultima e! nut!atenus in re extra. quia, quidquid es! in rcruin
natura, es! sinyutarc Sc‘cunda, quad unincrsalia habent esse in rerum natura
et nun in anirua, quitt nun sun! c:ctra sua particularia Tertia, quod universaiia
partirn haben! esse in rc extra et partim in anima. Outtfftt, quod haben! esse uno
rnodo in unimn‚ so. ohicctire, e! alio mada in rcrum natura, so. suhieclive‚ quitt in
veniuntur in snis particularibus rssentialiter ct ahiectiaatiter in intellectu. Prima via
nan putctl sture, quia de antibus crcatir in anirna nulla es! sciantiu rcalis, ct tarnen
umhis scien!ia est de universali Neu sccunda, quia priori repugnal, esse sinr
posteriori, scd urtircrsalia snn! priara Ncc tertia, quitt eadcm simples: quidditas
non potc.st t‘a'sc ans raliunis et an: realt' Nec quarta, quia eodcm Mode dicitttr
de hau alhrdnie sinynlari, qnod habe! esse ohiective in anima c! subiectirc in rerum
natura Ideo nidctar dicendum, quod universalia scrandum so nan haben! BS>U
in anima nac in rerum natura, quia to!a caardinatio pracdicamrntalis videtur esxr
incommutahilis omni cousidcratione nostm (B) Universale cst nan fahricatnm
ab anima, eo quod abstralti! ab omni produatiane; neu tarnen per hoc es! ans reale,
scdso!u1n natuin esse en: reale, e! sie canceditur esse reale in potcn!iu c! nun
in artn.
505) Ebend. [.146 r. B: la/inilae auc!oritates auctarum sanan! e! dicunt‚ quod
intellrclus fut‘tl uttitu'rsalifalem in rehus, c! universalia sun! ab anima fabricata.
Dici potest, u! t'tft’ftlt' scandafum sequrn!ium eos, quod intellt’ctus naslir praduril
universalia in esse cognito, quud es! esse obieclivum c! semmdum quid, e! da! ers
esse cuynilurn, nun rsse x!fllfllit'iltff, c! sie sccundum tote esse potcs! dici curum cauw.
506) Passus s. im. f. 10 v. B: Substantia pates! duplicitcr accipi; an! prau!
dicitur a sitbslanda, et sie superiora prius substant, sicnl prius saut e! prius cis
di/finitia cunreni! entis pcr so; au! prout diai!ur a suhsistendo per rundum Supporiti,
e! sic individua prius suhsistunt, quia ratio suppasiti prima corweni! indiaiduo, c!
tfutttfltltltltl nannisi per individua suppositantur.
507) Saul. l, Bist. 3, qu. 8, f. 27 r. A: Dtcunt aliqui, quad so!um sinyularia
iritclliyirnus, quia illa praecise in!alliyimus‚ quae manch! ad in!clleclianem sui . . . . ..
Contra is!ud arguo (B) Illud. quad intelligi! per repracscntativurn uniformitcr
rcpravscntaiis‚ nan in!elligit aiiquid de Iris, quae insunt sibi per accidens.... Omne,
quud in!clligit aliqua distincta, u! distincla, nun decipitur circa distinctiancm eorum;
sed intellectus decipitur circa distinctionern singularium, ergo nan cognosci! ca u!
distinria... .. Necassario aparte! diene, quod ra!iancm particularis cognosrirnns sattem
in yenerah, et talis coynitio particularis su/fici! ad aognitianem universalis.
286 XIX. Franciseus Mayron.
sehen Allgemeinem und Einzelnem gestaltet 505’); ja er erblickt darin
sogar nur gemeinsame höhere Merkmale, welche nicht das Wesen selbst
sind (non est assentiale), während die unmittelbare bejahende oder ver
neinende Aussage Sache der prima intentio sei509). Nur verwahrt er
sieh ausdrücklich gegen nominalistisehe Einseitigkeit und schliesst sich
vollständig dem Intelleetualismus (— mentalis —-) des Seotus an 5m), so
dass er auch das Gebiet des „coneeptus“ überhaupt erst von der secunda
intentio an beginnen und in aufsteigender Linie zum Allgemeiusten und
auch zu transscendenlia (s. Anm. 273, 355) sich erheben lasstf‘“).
Dabei aber blickt freilich wieder der Dualismus in der Annahme durch,
dass die Wahrheit einerseits ein Zustand der objeetiven Dinge sei und
andrerseits in der Verknüpfung der Begrifl‘e liege M2).
Was das Princip der Individuation betrifft, schliesst sich Mayron so
wohl in der Unterscheidung zwischen esse und existereöw) als auch im
Begrifl‘e der haecceitas völlig an Scotus an 5“), wenn er auch mit dem
Wortausdrucke „modus intrinseeus" uns an llerveus (Anm. 416) erinnern
könnten“). Possierlieh ist es allerdings, wenn er die lläcceität für pla
tonisch und zugleich für aristotelisch hält und den Porphyrius darüber
508) Passus s. un. 1'. 10 r. B: Cammunicun' et commune esse pertinent ad se
cundas intentiunes, sicut esse universale, quae sunt rospettus consequenies e!
cuneenientes inferior-illus et superioribusl ut ab invicem distinguuntun
509) Seni. I, Disl. 23, qu. 1, f. 82 v. A: Ouandocuaque aliquid est commune
et superius assignatur multis et non est eis cssentialel illud ouidquid praedicatur de superiori et inferioii afflnnulive e!eset csoentcruandnaegainttievnet,ioillud
est prima intentio . . . . .. lsta propositio habet satum instantiam in secundis inten
tionibusy quia dato, quod homo sit spericsl e! hic homo sit homo, non tamen hic
homo est spesies.
510) Passus s. un. f. 2 1‘. B: Cum dioilur, quod praedicabite est, quod es! ap
tum na!nm‚ de pluribus praedicari vel dici, non aceipitur hie solum dictio vocalis,
imo principaliter mentalisl eum actus praedicationis sit principaliter in inlelleclu,
sicut actus oornposilionis.
511) Seni. I, Prul., qu. 8, f. 5 v.B: Utrum a conceptibus simpliciter simplicibus
et primo diversis potest nbstruhi aliquis conceptus communis Sine argumentis respon
dco, quod non; quod tamen est intelligendum dc conceptu quidditatiuo..... conceptus
sunt in quadruplici generi; primi sunt secundarum intentionung alii communissimarurn
passiunum, alii habitudinum transcendenliuml alii privalionum. Ezemplum primi,
sicut a Petra et Martino abstrahitur specicsl exemplum secundi veritas et bonilas,
tertii identilas, diversilas, dislim‘lio, quarti unilas et simplicitas.
512) I’assus s. un. f. 10 r. A: Veritas dupliciter accipi potostz uno modo, prout
dicit ordinem rerum ad intellectum secundum quod ipsae sunt intelligibiles et sic
veritus est passio entis; alio modo, prout dicit habitudinem unius termini ad alium
in rompluionel et sic termini secundum se sumpti veritatem non habenti quia talis
veritas non est ad se, sed ad aiiud.
513) Uuadlib. 8,1‚1‘. 18 v. A: Illuil est esse rssentiarl quod pertinet ad cuius
litzet ratis quiddilalem, quia in rebus habenti/ius essentiam quidditas et essentia idem
sunty .....et in hoc di/fert illud esse ab esse existentiae, quia illud non pertinet
communiter ad quidditatcm. S. Anm. 135.
514) Passus s. am. f. 91'. B: SpeciL-s dicit totam essentiam individuomm, quia
individua non addunt ad speciem nisi haeceeitalcm, quae nuttam dicit quidditatem
nec per consequens dif/initium rationcm.
515) Seni. ll. Dist. 34, qu. 4, f. 25 v. A: I‘roprietas individui non est quidditas
nec pars eins, ‚vor! est modus intrinseca: et est idem realiter cum natura. quam
individuat. quia nullum naturam polest deus produrere sini- singutaritate.
X1X. Frauciscus Mayron. 287
tadelt, dass er hierin von seinem Originale abgewichen sei“"). Die An
gelologie macht ihm mit Gottes Hilfe keine Besehwerde5fl). Gleichfalls
dem Scotus folgt er bezüglich der pluralitas farmarum“’”).
Während aus dem lhnkrcise vereinzelter Bemerkungen (s. ob. Anm.
498) höchstens etwa erwähnt werden mag, dass lllayron neben aller Füg
samkeit unter die Auctorität der Tradition doch an eine Motivirung der
Zehnzahl der kategorien tlenltt""°), oder dass er für die Kategorie der
Qualität und ihre verschiedenen Unterarten eine eigene arbor Porphyriana
entwirft 520), oder dass er bei der Relation eine sprachliche und eine
sachliche Seite unterscheidet“‘), treten mit grüsserer Wichtigkeit seine
Erörterungen über das sog. principium identitatis und seine Behandlung
der /brmalitates hervor.
in ersterer Beziehung nemlich ist Mayron unter den Autoren des
Mittelalters (— betreffs der antiken Logik s. Abschn. VI, Anm. 136, Abschn.
XI, Anm. 22, 81 u. 161, Abschn. XII, Anm. 138 —) in der That der Erste,
welcher den Inhalt einer vielbesprochenen aristotelischen Stelle als einen
allerobersten Grundsatz unter dem Titel „primum principium complea‘um“
bezeichnet und unter Hinzufügung einiger byzautinisch-grammatischer Be
merkungen genau formulirt: „De quolibet dicitur aflirmatt'o eel negatio,
et de nativ ambo simul““’). Sofort aber wendet er auch auf dieses
l’rincip dasjenige an, was er von den Universalien sagt (Anm.504), d. h.
jener höchste Grundsatz sei an sich weder in der Seele noch in den
516) Passus s. an. f. 4 r. A: Opinio [m't Porphyrii, quod istae proprietates
individuornm aceidcntales essen! caasa et ra!io individualiouis ipsiu: substantiae.....
Hie non es! adniittendus dominus Porphyrius, quia illud di.zit a se‚ mm a! habui! a
Platane cel Aristotrle, nisi [orte intelliyat per istas proprietates haecccitates (in dem
ganzen Drucke steht überall .„eclieitas“ für haecceilas).
517) Sent. II, bist. 3, qu. 2. f.9 v.At Omnis angelas ext in natura speri/ica,
cui nun repngnal‚ esse in pluribus; et si neu repagnat, deus polerit facere‘.
518) Ebend. bist. 16, f.19 v. A: Utrum in corpore homiuis samt plures formae
substantialc:s . . . . .. Dim, quod 0mncs partes heterogeneae difl'erunl specie Sun!
ptara indiaidua parlialia et antun individuum totale essentiale.
519) Pussus s. an. f.10 v. B: Cum onmcs hodic suppouant, deren» prardicamenta
esse, ipso mm saut ueganda, et tun: haltetur sola fides per auctaritatem‚ et islui!
rcrligilur in obsequiam Christi, quia‚ si intellcctui Artstolelis se gratis sul:iugaverunt
tot sollerles, .. malte nia_qis est sabiiricndns intellcrlus iugo Chriin . . Tanten
sequenda dicta cominum'a numcrus isle praerliramenlarum potest sie drduci u. s. w.‚
s. Anm. 174.
520) Ebend. f. 16 r. B.
521) Saut. l, bist. 29, qu. l, f. 94 r. B: biriditur relalio in relationem ‚wann
dum esse et in relatimicm srcunduiu diri..._. Ilclatira secundam dici i'll/1 saut. quer
saut aliorum praedicumrriiorum et secundum sc sunt absolqu . . . . .. Relative aalen:
sccttndum esse saut in pracdicameato relationis qn. 2. f. 95 v. B: Universaliler
onmis rrlatio [ormaliler di/Irrt a suo fundamcnto (d. h. im Interesse der Trinitat).
522) b: prima pi'inr. f. 27 v. A: Ouid est primuni prinripium complemm? l:'t
dicitur ab omnibus, quod ext illud, de quo pliilosophus traclat (s. Abschn. IV, Anm.
163 ff.)‚ so. „de quotibct dicitur af/irmalio vet negativ, e! de natlo ambo aimul“.....
[sind principium nun es! nimm unitale simplicitatis, sed unilale in!cyritatis‚ qnia istn
propositio es! hypothetica copulativa, cum coniangat duas proposittones catcgorit.‘us
per kann dictionem „et“.....; prima pur: es! universalis a/firmativa de praedirato
dixiuncto, secunda pars es! universalis negative de praedicatu copulata . . . . ..;
inter duas partcs es! mm erde in rasende, qualis in pro/erendo‚ ita quad in ordine
naturae universalis allinnativa praccedit universalem negativam. Vgl. Senteut. l,
bist. 1, qu. 1, f. 1 r. B.
288 XIX. Franciscus Mayron.
objectiven Dingen, sondern als ewige Wahrheit dem Creatürlichen ent
rückt könne er nur aceidentell in Seelen oder Dingen auftreten 32“); er
sei nemlich formell und vorstellungsweise und musterbildlich (nicht aber
essentiell) im Geiste Gottes“‘)‚ keinenfalls jedoch eine That der endlichen
menschlichen Vernunft"’“)‚ sondern nur eine habituelle Eigenschaft der
selben 526), und ebenso gelte er auch in den die vielheitlichen Dinge be
treffenden Urtheilen nur in jener obigen einfachen Form, dann durch
modifieirende Zusätze verliere er sofort seine Geltung 527); insoferue er
aber von allem Seienden, und somit auch von Gott selbst gelten müsse,
werde hiebei „ms“ als univocum für Jedwedes gebraucht“”).
Das zweite wichtige Moment aber ist, dass uns bei Mayron zum
ersten Male eine greifbare Probe davon begegnet, dass in der Schule des
Scotus sich in Bälde aus der Lehre desselben (s. Anm. 147 tl‘.) die Lille
ratur der Formatt'tates entwickelte. Allerdings ist die unter Mayron’s
Namen gedruckte Schrift ein Erzeugniss zweiter Hand““), und es ist
uns völlig unmöglich, auszuscheiden, was etwa von ihm selbst und was
von dem späteren Bearbeiter herrühre, zumal da, wie öfters deutlich ge
sagt wird, sich bereits Mehrere mit diesem Thema beschäftigt hatten;
und auch eine vereinzelte Stelle des ächten Mayron, wo derselbe gele
gentlich auf diesen Gegenstand kommt, scheint sicher auf eine primitivere
523) Ebend. f. 27 v. B: [sind primum principium, staut regula, habe! esse 0b
1'rrtive in intutlurlu; .....habel esse subicctive in rerum na!ura, quia, uhicunque
invcniuntur lermini proposilionis‚ per sc hole inmitur; . . serundum so nun Imth
esse in anima ncc in rernm natura, quia eins veritas‚ cum sit aelerna, praevem'!
extra naluram animue e! extra naturam cuiuslibct crcalurae, per accidens hubcf
rsse in anima e! per uccidvns habct esse in rerum natura.
524) Ebend.: l’rinmm principmm hattet esse in men!e ditu'na fommliter, quia
termini mclndnnlnr formaliler in inlellccln divino, .....habe! esse in mente. divina
„I»irc!ivulitcr, quin . rliritur esse obiective in intelledn‚ quod ab in!rllevlu persi—
pitur, habcl esse in mente divina exemplariler..... Nun habe! esse in wen/e
divina essenliolitcr, quia Inne nun inveniretur nisi in intellcttu divina.
525) Ebd. t‘. 28 r. A: Num is!ud primum principium es! acta: rationis. Dimm!
uliqui, quer! sic..... Sed contra isluri arguo, .‚..quia ac!ns intelligcndi es! tausalus
r! temporalis c! corruplihilis et quaedum qualitas, quac ad unnm genus de/er—
minalur.....et es! in pulcn!ia nosh‘ut‘ voluntatis, ....islud aalen: principium summe
nccessarium mm snbiacc! volnntati u. s. f.
526) Ebd. f. 28 v. B: Primum principium eomplcxum es! illuil, de quo es!
prinms Iiabitus intelleclus. quiu, tun: intellcclus sit habi!us principi0rum, oporle! ergo.
quod prinms liabitus sit de prima prinnipiu Primum prinripiunl in_qreditur pri—
manl drnzonslrationrm.
527) Ebend.: l)icebanl aliqui, quod primum prinzipium Icuct quan!umcunque
modi/icalum ‚ Seil si accipiulnr nmdi/icatio quiddilativc. u! «licatur „De qnolilwt
quiddztalive dicitur a[firmalio vel nogalio“, is!a ext /'alsu, quia kann; non es! quid
di!atire all:us um: non albus..... Lisa! de qualifn‘! si! simpliriler necessarinm dircra
iuslum w! mm ins!um, non tarnen cum mudificalionc adacqualimtis.
528) De nniuoc. en!is‚ f. 82 r. A: Onaerilur, utrum subict‘tum ‚n-mu' principit'
romplczi dic!um de den c! rrea!ura haben! cundem conccplum...‚. Nun accipilur hie
conceplu: pro acta intelligcndi, .....secumlum quod neu uccipitur pro cnle rationis.
quaerimus autem hie conceptum quiddilalmun...„ Iyilur .uthlcclum primi prin
cipii, quer! es! uns. habe! cunceptum univucmn de den c! crea!ura‚
529) Schon der Titel lautet (f. 21 v. B): Inm'pi! lrac!alas formalilatum srrun
dum doctn'nam Francisri Maironis‚ und ausserdem lesen wir einmal im Texte selbst
(f. 22 r]. A): Onamquam mnlli explicaerunt divisioncm enlis‚ brevi!er {amen semndum
nu-ntem Frunciu:i du Maironis haec cs!.
XIX. Frauciscus Mayron. 289
Form der Lehre hinzuweisen 530). Aber trotzdem ist jene Schrift nach
Inhalt und Gestalt das älteste Document dieser Art, welches uns zu Gebot
steht, und so müssen wir ein wenig dabei verweilen.
Als üblich gewordener Gegenstand der formaiitates wird von vorne
herein das Verhältniss zwischen formeller und realer Distinction (s. Anm.
149) bezeichnet““), und die Erörterung über den Begriff der formalitas
ist bereits polemisch gegen Diejenigen gewendet, welche ihn in Anbetracht
der Materie direct auf forma bezogen und daher bei Einer Form un
möglich von mehreren formali!ales sprechen konnten, wohingegen das
Richtige der Hinblick auf essentia sei, welche ja gleichfalls mehrere
essentialia enthalte, so dass ebenso eine Vielheit von formal-itales sich
sehr wohl mit der Einheit der Form vertrage532). Eine Unterscheidung
mehrerer Bedeutungen des Wortes forma, unter welchen die einen Ab
schluss (perfectio) ausdrückenden als sachlich-reale abgewiesen werden,
führt dann dazu, formalitas sofort mit quidditas zu identificiren"”), so
dass auch hier (vgl. Anm. 511) eine aufsteigende Linie vom Specielleren
bis zu tramcendentia fortschreitet”‘). Nun aber können ferner zur
Form noch neun verschiedene modi in!rinseci derartig hinzutreten, dass
durch sie die formalitas selbst nicht geändert wird535), und unter diesen
530) Seid. l, l)is!. 8. qu. l, f. 44 v. A: Sun! qua!uur gradus dis!inclionum non
fabrica!i ab in!elleclu sive ab anima. Prima es! essen!ialis‚ quando quiddilas
cum sua existea!ia es! dis!inc!u ab alia quiddi!aie cum saa ezis!en!ia. Secumla es!
realis, u! inlcr pulrem e! filium, es! in!er rem et rem. Ter!ia es! furmalis
e! is!a es! in!cr quiddilalem e! quiddi!a!em...... Ouarla er! qaiddilalis e! modi
in!rinseci. sicu! in!er quiddilalem Imminis c! eins fini!alem. Vgl. Anm. 537 u.539.
531) Formali!‚ f. 21 v. A: Solon! doc!ores communiter invesligare‚ u!rum illa‚
quae dis!inguunlur formali!cr‚ dis!inyuan!ur realiler.
532) Ehend. f. 21 v. B: Prima videndum esl‚ quid si! formalilas Forma
l!!as non es! ratio vonsequcn.r condilionem formae adaequa!ue. fluec conelusi0 posi!a
es! con!ra quorundam opinioncm, qui dizerun!‚ quod sicu! maleriali!as dici!ur a
ma!eria‚ sie formali!as dicilur a forma, e! per consequens, siou! es! una forma ve!
plures formae‚ i!u es! una formalilas ve! plures formali!a!es‚ ende apud is!os ponere
plures fornm!i!ales sine p!uribus formis erat con!mdicti0; e! idco apnd eo: forma—
lila!es cufl8equeban!ur condilionem forma: adaequa!ae. Cuius oppositum....probatur
sie: Sinn! se habe! essenliale ad essen!iam, i!a se habe! formale ad formam; sed cum
uni!a!e essealiae s!o! pluralilas rationum es:enlialiam; igi!ur cum uni!ale formae sla!
formalila!um pluralitas.
533) Ebend.: Forma accipi!ur quadrup!iciler: uno nwdu pro perfec!ioae‚ quae
es! per: rei substan!ialis, seoando modo pro perfec!ionc‚ quae nun es! pars rei
substan!ialis‚ :ed acciden!ali.<‚ !cr!io modo pro perfec!ione, quae cousequi!ur
!olam na!uram‚ e! ‚sie risibiii!as po!es! die! forma hominis, .. quar!o modo
pro ratione diffinitiua seu qniddi!aliua..._‚ E! is!is !ribus modis (d. h. in den ersten
drei Bedeutungen) arupicndo „formaliler“ !an!um vale!‚ quan!um„realiler“‚ ....!umen
uon e conv2rso I“ormalilas mm es! ralio diffini!iva rei udaequale.‚... Forma—
li!a: es! quiddilas uniuscuiusque rei, sive ipsmn si! diffinibile sive nun.
534) Ebd. f. 22 r. A: mealilates saut in quadruplivi diflerenlia‚ quia quaedam
specialissima, u! humanilas e! asiaei!as‚ secundae saut suballernae‚ u! animali!as‚
!er!iae um! generalissimae, u! formalilas qualilalis e! quanlilalis‚ qnar!ae sah!
!ranscenden!es‚ u! en!i!ar‚ uni!as‚ veritas, boni!as.
535) f. 22 r. B: Modus in!rinsecus es! ille, qai advem'ens ulieui formae seu
quiddi!ati mm varia! eins formalem rationem..„.. Sciendum, quod novem ‚um!
gutem modon in!rinsecorum‚ videlice! fini!um e! infini!um, arlus e! polen!!a‚ ne
ressarium e! ton!ingens‚ exis!enifa‚ realilas‘ e! haecceitas.
PRANTL, Gesch. III. 19
290 XlX. Franciscus Mayron.
nehmen haecceitas‚ existenlia, realitas‚ welche hierauf in ziemlich nichts
sagender Weise definirt werden, eine hervorragende Stelle ein 53“). In
soferne aber hiebei der Modus von der Quiddität selbst oder ein Modus
von einem anderen oder an Einem Ding zwei entgegengesetzte Modi oder
Ein Modus an zwei Dingen unterschieden werden kann, findet schon hier
die „distinctio“ eine vierfache Verwendung“’“). Und so beginnt nun die
Erörterung über distinctio selbst, bei welcher stets ihr Gegensatz, d. h.
identitas, in Sicht bleibt. Als das Wesentliche der Distinction wird eine
gewisse Bezugsetzung (respectus) bezeichnet, welche stets auf ein Ver
hältniss der Ungleichheit — disquiparantia. —— gerichtet sei538), und
indem nun sieben Arten einer solchen Distinction, welcher ebensoviele
ldentitüten entsprechen, zu unterscheiden seien 53"), werden dieselben
hierauf einzeln besprochen, nemlich: ratione“°)‚ e.z natura rei E‘“), for
maliter‚ wobei definitiv, divisio, descriptio, demonstratio, und selbst die
byzantinische reduplicatio (s.Abschn. XVll, Anm. 262) als Mittel dienen”“)‚
536) f. 22 v. B: Haecccitas m'hit aliud est, nisi quidam madus intrinsecus, qui
immcdiate contraha'! et prima quidditatem ad esse, e! nominatur difl'ercntia in
diriduuhs (f. 23 r. A) Haecceitas adveniens natura: speci/ioae faci! cum hoc er!
individuum . . . . .. Existentia m'hil aliud es!‚ nisi ittud esse, mediante qno quidditas
existit. Realitas es! quidam modus inlrinsecus‚ medianle quo rratitantur omnm.
quae snn! in aliquo.
537) f. 23 r. A: Ouadruptea: es! distinctio in ista's modis intn'nsecis. Prima
ext, qua modus dislinguilur a quiddilate, cm'us es! modus Secunda esl‚ qum!
und: modus disparalus dis!ingnitur ab alio modo disparate..... Terlia distinrtiu es!
modorum oppositorum, u! [initi e! infiniti...‚. Ouarla es! di!0rltflt modorum eiusdem
ordinis‚ „n'en! Merceitas Socratis et haecceilas Platonis.
538) f. 23 r. ß: Dislinctio non es! quid absolutum, (v. A) Respectus‚ quem dicit distinc!io‚ es! intn'nsecus adsvecdm'qrunist.t .re‚ s.pc. c.livRuems.pectus
distinotionis es! respectus disquiparantiae, quia respcctus aequiparantiae (vgl. Anm.
485) nunquam habe! extreme nisi um'us ratiom's.
539) l‘. 23 v. B: Modi distinctionum sunt septem‚ qunm'am, quac distinguunlur‚
au! distinguuntur ratione, an! ca: natura rot, au! distinctione fommli, au! reali, au!
Sesusne!ntisaelip‚temau!moddi!sliincdteinotnietalsuem,!otids. shu.ln‘deicteiven,emalui!chdeinslinsciteiboenne sAortleont‚is woibeiecjteivnee der
diatinclio.
540) Ebend.: D!stinguuntur ratione, quae dis!ingnuntur per ac!um cottah'vum
vel comparativum intelleclus‚ „Socrates es! Senates“, Socrales positus in sub
s'ecto dislinguitur a Socrate positn in praedicato sota ratiane.
541) f. 24 r. A; Distinguuntur ex natura rei itla‚ quae haben! esse prar-ler
opus intellevtus; et sie dista'nguuutur totum c! partes, eflectus et causa, superius
e! in/erius‚
542) l'. 24 r. B: Dislingnuntur formaliter illa‚ quorum praedicata nun pommtar
in zudem diffinitione, sed in diversis, u! honm c! minus lila sun! idrm [or
malitcr‚ quae de so invicem praedicunlur„„.. Investigatur distinctio fonna!is qua
tuor modis, so. dif/initione, divisionr, desrriptionc‚ demonstralicmc...„ Di/finilione.
quia itta‚ quae sie so habent, quod unum non penilur in diffim'tione atlerius nec
es! sua diffinitio, formaliter distinguuntur. Divisionr‚ quando ah'qut'd commune
dividitur per di/fevcntias oppositas, omne conten!um sah uno membro distinguitar
[ormatt'ter ab omni conlenlo sah alio‚.... Desm'ptiu constut ex genere e! difl’erenlia
et propria passione, sed quer haben! distinctas proprias passiones, haben! distinctas
descripliones..... Demonstration, quaudocunquc aliquid es! dcntonstr_ubile de mm.
quod nun de reliquo‚ Ialia t'listinguurltur formalilcr, cum denwnstrationcs rarienlnr
per modia Alio modo polcst invesligari per reduplicationem, zum: redupliculio
dicil causum formalem‚ arguendo sie: homo, iuquanlum Itomo, es! animal.
XlX. Franciscus Mayron. 291
dann reali!er“*), essentiali!er5“)‚ se !o!is subieetive 545), und se
totis obiective 546). Nachdem sodann mehrere Zweitheilungen der Dinge
in bunter Verwirrung mit einigen Bestandtheilen des Organons in Ver
bindung gebracht werden 547), und namentlich die für das Particuläre
dienenden synonymen Ausdrücke .‚particulare‚ singulare, natura, sub
sistentia, substanlia, hypostasis, res naturae, suppositum‚ persoua“ ihre
specielle Besprechung finden548), wird als Resultat des Ganzen zusammen
gefasst, wie es zwei Arten der distinrtio formal-n'a, desgleichen zwei
Arten der identi!as formalis, und ebenso zwei Arten der distinctio realis
gehe, sowie dass bei reeller und essentieller Identität eben eine formelle
Distinetion stattfinde und hierin die formalilas ihre eigentliche Auf
gabe habe 549).
543) f. 24 v. B: lila disiinguuulur rcaiiler‚ quorum exlrema dis!incla sun! res
posi!ivae‚ iia quod unum de al!ero 110n praediea!ur abstraeiive‚ quorum existeniiu
unius poies! esse sine existenlia allerius Nolanler dieo „cuius erlrrma distinela
sunl res positivae“ ad removendum enlia ra!ionis‚ inler quae non poni!ur distinctio
realis.
544) l'. 25 r. B: lila disiinguuniur essenlialiler‚ quae per aliquam potentiam
possun! esse separala, u! materia e! forma, aceidens e! subieclum‚ vel quando uaum
mm dapende! ab alio‚ e! quaado unum es! natura prius alio.
545) i. 25 v.- B: lila dis!inguuuiur se tu!is subiectire, quae in nuiia realiiale
quidditalive conecniun! quoad unum modum diceudi. E! illa dieunlur esse idem se
Io!is subiee!ive‚ quae quiddiia!ive convem'unt in aiiqua reaiila!e po!enliali e! eon!ralii
bili per reaiiiaiem difl'crenliae.
546) Ebend.: lila distinguunlur se !0iis ain'eeliue, de quibus mm polesl prac—
dicari aiiquod praedieaium quiddi!aliue, sivc iiiud dica! reaiitalem po!eniiaiem siee
non. lila vero sun! idem obiec!ive‚ de quibus poies! praedicari !aie praedieatum
quiddi!atire.
547) f. 26 r. B: De numero rerum quaedam dicunlur universales, quaerlam par
!icuiares, e! is!a divisio Imbe!ur prima Perihermenias . Ouaedam dicuniur sim—
pliciler e! quaedam secundumquid . . . . .. Ouaedam saut primae in!entionis e! quaedam
secundae, e! isla dirisio habelur in Praedieameniis e! coincidx'! cum duabus
primis .... .. Ouaerlam saut hoc aliquid, e! quaedam quale quid‚ et coincidi! cum
duahus pn'mis, quia hoc aiiquid idem es! quod singularc.
548) Ebend.: Ouaedam nolanda saut, quibus da!ur intelligi, quud par!ieularia
exeiurlun! de se universale, si sumaiur proprie; sed di/ferenler‚ so. individuum‚ hoc
aiiquid, partieuiare, singulare, natura, subsistenlia‚ subs!aniia, hyposiasis‚ res naturae,
supposi!um‚ persona Individuum sumi!ur ab indivisibiiiiate..... Aliqaid sumi!ur
a delerminalione . . . . ‚. l’arliculare diciiur parlil1ilc, unde die“ aliquam pariem na—
!urae ..... Singulare diei!ur a soiiludine (v. A) Existen!ia dicil arlum essendl'.
Subslunlia dicüur quasi sub alii: s!ans‚ sicut aceirienlibus...„ Hypos!asis idem
es! quod substantia lies ua!urae diri!ur pariicipans naturam Suppositum
idem omm'no signifieat‚ quod res naturae . . . . .. Persona es! idem, quod individuam
subsislens‚
549) f. 26 v‚ B: Aiiqua esse dislincla formaiiicr, con!ingi! duplieilcr. Uno modn‚
qnod unum nun es! di/finilio nee pars di/‘finilionis alterius; .....SECWdO Mode,
‚. quod mm haben! candem reaii!alem, sun! iamen aliquo modu idcm aliqua iden
!iiate singulari Aliqua pnssun! esse {dem formalilcr duobus modis: uno modo
es: eo, quod aiiquam reaiilalem universalen: haben! seeundum quid e! aiiquam seeun
du!» quule quid; . ..‚. alle modo ex eo, quod unum poaitur in di/‘fiuilione allerius.
Aiiqua possuni esse duplieiter dis!inc!a realiler, so. uno modo, sieu! res e! res,
e! sie distinguuniur proprie reaii!er; alio modo ex nalura rei, e! sie es! distinclio
realis improprie ‚ . . . .. llia‚ quae dis!inguunlur formali!er‚ dis!iuguunlur realiier
distinelioue improprie die!a . . . . .. lila, quae samt eadem formaliier‚ sun! dis!incla
reali!er‚ e! inleiligo de ideniitate formali proprie dic!a Cum dislinc!ione formaii
s!a! iden!üas realis et essentiaiis, et sie sumi!ur -formaii!as proprie loquendo. Diese
19'
292 XIX. Durand v. Pourqain.
‚——„.
Wie wenig aber es dem wahren Thathestande entspreche, die Autoren
jener Zeit kurzweg in Thomisten und Scotisteu zu gruppiren, zeigt sich
deutlich schon an demlDominikaner Durand von Pourt;ain (gest. i. J.
1332), welcher in seinem Commentare zum Sententiarius“°) so ziemlich
seine eigenen Wege geht und bald sich weit von Thomas entfernt, bald
den Scolus entschieden bekämpft, und dennoch in anderen Beziehungen
an beide Richtungen anknüpft. Als Gegenstand der Logik gilt ihm ens
ratiom's (vgl. bei Herveus, Anm. 395), insofern dasselbe aus dem acta:
rationis unter einer Namensbezeichnung hervorgeht und so zum Ausdrucke
der Vorstellung (obiective) wird, denn gegenständlich (sabiectine) sei das
ans ratiom‘s ebensowenig in der Seele, als man es etwa für ein Nichts
halten dürfe; und was dann in solchem ens ratiom‘s den objectiven
Dingen durch die Thätigkeit des Intellcctus, sei es in einfachem Erfassen
oder im Zusammensetzen oder im discursiven Vergleichen (s. ebenfalls bei
llerveus, Anm. 398) zukommt, bilde die Hauptgruppen der Logik 551).
Der menschliche lntellectus aber sei (im Vergleiche mit der nur auf Sin
guläres gerichteten Sinneswalu'rßhmung) das Organ zur Erkenntniss sowohl
des Einzelnen als auch des Allgemeinen, und hierin gleichsam nur graduell
verschieden vom Denken Gottes 552). Indem aber so Dttrand (mit Augu
stinus) die höchste Stufe des lntelligiblen in den „ldeen“ Gottes er
kennt 553), folgt er dennoch dem allgemeinen antiplatonischen Zuge
letzteren Grundsätze sind es auch, welche in der oben (Anm.85) erwähnten Schrift
eines Scotisteu „Oaaeslionrs misvetlaneac de forma!ilatibas“ lediglich als allgemein
gültig vorausgesetzt werden und in solcher Weise ihre unablässige Anwendung auf
das Trinitäts-Gezänke und andere theologische Fragen finden.
550) Du. Burundi a Samto l'ortiano in Sententias thcot. P. Lombardi cmnmen
tarioram tibri qaataor. Antverpiae 1576. tol.
551) l, Dis!.19‚ qa. 5, 7, f. 66 r. A: Ens ratioflis non es! aliad, qaam denu
minalio obiecli ab acta ratiunis secandam ca, qaac altribaantar rei solam, at cogm'ta
ext, v. g. „esse universale, esse genus“ dioantar esse enlia rationis‚ qaia !alia dieantar
de rc tantam‚ a1 es! obicctivc cagm'ta; ita qaod ens rationis non es! penitus ailu'l,
nco dicilar ens rationis‚ qaia xi! in anima sabicctive. Ebend. 6, ll, f. 66 v. B:
Sical dislinyaimas triplioem aclam intelligendi, so. simplicem, componentem e! discur
sivam‚ sie saut enlia ratiom's in triplici difl’erentia‚ qaia qaaedam convenian! rei,
prou! es! cogaita per intcltcrlam simpliccm, sica! universale, genas e! species. Quar—
dam coaaenian! rei, at es! intellccta per intelleclam eaantiativam vomponcntem e!
dividentem..... Alia vero coaseqaanlar res‚ prout saut abicctive in intellecta discar
swo, sinnt aalecedens et conseqaens, syllogismas, enlhymrma e! similia. De quilms
omm'bas tanqaam de cn!ibus rationis cansidera! logicas. Man hüte sich. auf obiges
Wort „dcnominatia“ ein allzu einseitiges Gewicht zu legen; denn Nominalist ist
Durand, wie sich zeigen wird‚ durchaus nicht, wenn er auch einen entschiedenen
lutelleclualismus vertritt; dass die Begrill‘e nicht ausserbalb der Worlform existiren,
hatte ja z. B. auch Scotus anerkannt.
552) l, Bist. 35, qa. 3, 16. f. 96 r. B: In noln's cagnitio sensitive es! solam
singalariam e! hallo modo aniver:alium‚ cogni!io aalem intellectiva tanqaam per
feclinr es! tam singalariam quam anivsrsaliam; e! malte magis cogm'lio intellectiva
dei propler saam pcrfeclionem es! aon solam aniversaliam, sed etiam singalariam,
qaia cognitio dei inctadit per/cctionem amniam. S. Abschn. XVll, Anm. 517.
553) I. Bist. 36. qa. 3, 7. f. 98 r. A: Ideae saut in den, r! propriissime saut
in eo, qaod....‚ omne agcns per inlelleclam habe! penes se rationem rei fiendae,
qaam cognoxci! c! ia.zta quam exemplaritcr rcm produrit, scd deas prodacit rcs
per in!rlleclum et arlem‚ ..‚.crgo den: habe! pener se ratioaes rrram‚ qaas cognoscit
e! iu:rta qaas res prodacil‚ has aatem vocamus ideas. Die hierauf folgende langen
Erörterung schliesst sich hauptsächlich an Augustin an.
XIX. Durand v. Ponrqain. 293
seiner Zeit und bezeichnet die Ideenlehre als verfehlt“‘); hingegen
will er auch nicht unbedingt von Aristoteles sich ins Schlepptau nehmen
lassen 555).
Das esse intentionale als Erzeugniss der subjectiven Denkthätigkeit
bildet einen Gegensatz gegen das esse reatei‘5"), welch letzteres bald als
individuum bald als suppositum bald als persona (vgl. Anm. 548) auf
tritt557). Aber insoweit Bezeichnung waltet, ist es nach beiden Seiten
hin stets Ein und das nemliche Objert, welches bezeichnet wird, und nur
die Art und Weise der Bezeichnung ist verschieden, indem sie den (seit
Scotus eingebürgerten, s. Anm. 128) Gegensatz des Concreten und des
Abstraelen zu Tag treten lässt““). Und so wird nun in der That der
thomistische Begrill‘ des abstrahere (Abschn. XVll, Anm. 493) für Durand
der entscheidende. Nemlich das Universale sei bei Leibe nicht der erste
vorgestellte Gegenstand des Denkens, noch gehe es ihm vorher, sondern
indem die denkende Betrachtung von den individuellen Momenten abs
trahireu muss, sei der Ausgangspunkt das Singuläre und erst der Ziel
punkt des Weges das Universale“”). Das Erzeugniss dieses Vorganges
erhalte dann seine Namensbezeiehnung als Universale, und diese Thätigkeit
des intellectus abstrahens genüge überhaupt zur Erklärung-(s. Herveus,
Anm. 408); denn, sowie es spasshal‘t (frivolum) sei, von einer „univer
satilas“ in den Dingen zu reden, da dieselben nur als singuläre existiren
554) II, Bist. 3, qu. 2, 19, I”. 137 r. B: Plato erravlt, si' inletlexil, [armes
separalas esse universales prardicatione, praeter errorem‚ qui est in ponendo, ca:
separates esse a robus.
555) l, Bist. 3, qa. 5, 29, l‘. 28 r. A: De intentione Aristotelis diceadurn, quod,
quidquid ipse inlenderit, de hoc non est laaturn curamlum, sicut de veritale.
556) II, Bist. 13, qu. 2, 6, f. 155 r. B: Esse intealionale potest dupliciler accipi.
Una modo praul dislingaitur conlra esse reale, et sie dicuntar haben esse inlenlio
aal: illa, qaae aon sunl nisi per operationem inlcllcclus, sicut genus et species et
logicae inlenliones, et isle est proprius modas accipiendi‘ inlentionem Alte modo
dicilur aliquid haben! esse intenlionale large, qaia habel esse dcbilc. ’
557) ll, Bist. 3, qu. 2, 5, f. 136 v. A: Individuum, suppositam et persana
aliquo modo saut iriem et aliquo modo di/Terunt. Ouaelibet enim natura singularis,
in qaocunquc genere sät, polest dici individua; sapposilum aulcrn non dicitur uisi
natura singularis in praedicamenlo substanliae, am: qnaecunque talis, scd solum
romplela; persona dicitar illud idrm .in natura inlellectuali solum. Ergo omnis per
sona est suppositum, et omne sappositum esl indiaidunm, sed neu vice versa. Vgl.
III, Bist. 1, qu. 1,17, 1. 211 r. A. '
558) l, Bist. 34, qu. l, 15, f. 92 r. B: Suppositum et natura, h. e, sonorelum
et abstractum‚ sive aceepta in universali ul homo et humanitas, sie: in singulari ut
hie hamo vel haec humanilas, non imporlant aliud de principali significalo, sed idem
penitus, ex modo tarnen signifieandi rappositum scu concretum aliquid connolat‚ qaod
nun connolat natura Abstractum min: signifiaat naturam securldum se absquc
habiluriine ad aliquid et ideo es: suo moda significandi nihil coanotal praeter na
taram, convrelum autem significal per modum habentis naturam ul „homo habens
hamanilatem“.
559) l, Bist. 3, qu. 5, 28, 1. 28 r. A: Universale, i. c. ratio aal intenllo uni
versalitalis aal res sah inlentione universalitalis non est primam obievtum intelleclus
nec praeexislit inlellectioni, sed est aliquid formalum per operatianem intelligendi,
per quam res secundum consideralianem abstrahilur a condilionibas individuantibus,
in qaa operatione intallectus abstrahens habet pro termino a quo singularia. a quilms
abstrahit, et pro termino ad quem lpsum universale abstractum; et quia terminus a
qao praecedit lerminum ad qmm, ideo consideratio singularium praeccdit universale
abstractum ab ipsis.
294 XlX. Durand v. Poureain.
‚ (s. Anm. 400 f.), so bedürfe man auch weder einer species intelligibilis
m noch eines besonderen intellectus agens 560); die erstere nemlich sei
ebenso überflüssig (— hiemit entfernt er sieh von Herveus ———)‚ als eine
eigene species sensibilis für die Sinneswahrnehmung, und der lntellectus
empfange eben seine Vorstellungs-Gegenslände von der vorausgehenden
t niedrigeren Potenz, d. h. von den Sinnen m ‘); und desgleichen sei ein
1 intellectus agens nicht nothwendigcr als ein sensus agens, welcher noch
von Niemandem statuirt worden sei, ja im Gegenlheile die abstrahirende
Betrachtung empfange ja passiv die Ohjecte ihres 'l‘huns, und in solchem
{Sinne müsse man eher von einem intellectus pass-ibitis sprechen 562).
Indem aber die Denkoperation bis zur Erkennlniss des Wesens (esse
essentiae im Gegensalze gegen esse exislentiae, s. Anm. 135) vordringt,
kann Durand auch darauf hinweisen, dass hiemit die Stufe einer Unab
hängigkeit des begrifflichen Denkens von der euipirisrheu Existenz der
Ohjecle erreicht sci-mam Aber dass im lnlelleelus Alles nur vorstellungs
560) ll, Disl. 3, qu. 7, 6‚ f. 140 r. B: Primum cognitum ab intellectu non est
universale, sed singulare .. Polentia enim per suum actum non facit suum obiectum.
sed supponil, sicu! visus quoad actum videndi praesupponit coloran Sed universale
vel conditio universalis nan praecedit actum intelligendi. imo fil per actum intelligendi
eo modoy quo polest sibi competere fieri; esse enim universale non est aliud, quam
esse intellectum absque conditionibus singularitatis et individuutionis i!a‚ quod esse
universale est sola denominalio obiecli ab actu sic intelligendt .. Si dicatum quod
. . . . .. intellectus agens facit unioersalitalem in rebus‚ non vom, quia lictitium
esta intellectum agentem ponere, el fricolum ext, dicere1 quod universalitas (man be
achtev dass „universalilas“‚ nicht aber „universale“ gesagt ist, denn dass eine gült
liche ldee im Singulären verwirklicht werde, verneinle Durand wahrlich nicht) nat
in rebus, quia universalitas non potest esse in relms, sed solum singularitas..... E!
si dicatum quod intellectus agens non facit universale nisi quia cum phantasmate
causat speciem in intellectxu .....non valety quia nulla species est in intellectu.
quae repraesentat ei suum abiectum 12, f. 140 v. A: Universale es! unum per
abstraetionem a multis et d! multis, de quibus dicilur, et in hac abstractione singu
luria, a quibus fi! abstram'o, habent rationem quasi termini a quo et universale
rationem termini ad quem; sed terminus a quo praeeedit terminum ad quem; ergo
intellectus abstrahens prius intelligit singularia1 quam universale.
sen ll, Disl. 3, qu. 6, 10, f. 139 v. A: Non est Species enim coloris existens in oculo nullo modo videptounrerneecspveicdieermi ipnotessetnsaub ipsov
sicut quilibet erpcritun ltem tatis species si duceret in cognitionem allerius, hoc
faceret ratione similitudinisy unde communiter vocatur similitudov et sic haberet ratio
nem imaginis; imago autem ducens in cognitionem illiusy cuius est imugos est primo
cognituml quod non potest dici dc tali specie Ouod autem in intellectu nostro
non sit ponere speciem lalem, patet per eandem rationem . Sed sensus et intel
lectus in nobis sunt potentiae ordinataeg ergo per solum actum prioris potentiae.
i. e. sensus, praesenlulur sufficienter intellectui suum abiectum nec oportet ponere
aliquam speciem
562) l, Bist. 3, qu. 5, 26, f. 27 r. B: Sicut non ponitur sensus agens, qui cum
abiecto causet actum sentiendif sic non oportet ponere intellectum agentcm ad hoev
ut cum phantasmate moveat intellectum possibilem ad actum intelligendi cum
intellectus agens non agat in phantasmata aliquid imprimendo vel aliquid abstrahendo
neque secundum rem neque secundum rationenu nec agat in intellectum posstbilem
nec sine phantasmote nec cum phantasmote. videtuu quod non debeat ipsum ponere,
„v nec Augustinus unquam posuit ipsum . . . . .. Abslrahere universale a singutaribus
non est operatio intellectus agentisy . ...quia talis abstractio est solum secundum
considerationemg et ideo opus illius potentiae es!‚ cuius est considerate quod non
convertit intellectui agenlil sed possibili.
563) l, Ilisl. 35, qu. 3, 11, f. 95 v. B: Sicut res potest intelligi quantum ad
x1x. Durand v. Pourcaiu. i 295
weise (obiectz've) vor sich gehe, wiederholt er auf das deutlichste in
seinen Bemerkungen über die Wahrheit (vgl. bei lierveus, Anm. 397),
wobei er gegen Jene polemisirt, welche von einer gegenständlichen (sub
iectire) Richtung im lntellectns sprechen 5M).
Mit besonderer Vorliebe aber erörtert er die Frage über das Princip
der lndividuation. Wolle man dasselbe in der Materie finden, so weist
Durand in ähnlicher Weise wie Hervcus (Anm. 414) darauf hin, dass
ebensosehr es auch der Form zukomme, in Einem Individuum zu sein,
und es ihr in gleichem Grade wie der Materie widerspreche, in mehreren
zu seiu, und umgekehrt auch die Materie mehreren einwelme und von
mehreren ausgesagt werde 56“’)‚ ja dass —— ausser dem die Angelologie
hetretl'enden Bedenken — die Materie sogar in höherem Grade etwas
Gemeinsames sei, als die Form, indem Ein und dieselbe Materie selbst
zeitlich nacheinander in mehreren Individuen aum-ete 566). Ferner die
Annahme, dass die Quantität Princip der Individualisirung sei, zeige sich
darum als unhaltbar, weil» das quantitative Auflreten der Dinge nur die
Folge einer bereits stattgehabtcn lndividnation seii’m). Und da nun
esse existentium ita potest intelligi quantum ad esse essentiaeg sed ad hoc, qnod
res intelligatur quantum ad esse essentiaey non requiritun quod res habeat actu illud
esse; possum enim formare conceptam de rosa, quae nullum esse essentiae habet actu.
564) l, Dist. 19, qu. 5, 8, l. 66 r. A: Sicut communiter dicitur. veritas est con
formitas vel adaequatio intellectus ad rem. Oaaliler autem hoc sit intelligendum
advertendum est, quod non est intelligendum de conformatione intellectus et rei se
cundum illud, quod sunt essentiatiten cum res extra sit corpus, intellectus
autem non Reste! ergo, quod talis conformitas attendatur secandum aliquida
quod est in intellectu subiective vel obiective. E! dicunt aliqui, quod..... attenditur
secundum id, quod es! subiective in intellectul quod est species rei, quae est simi
litudo eias, vel secundum negantes species ipse es! actus intelligendil qui est etiam
similitudo rei. Sed istud non videtur verum..... (B) ita oan/ormitas, in qua con
sistit veritasi uttenditnr secundum ide quod habet se ad intellectum obiective, e! non
subiectivin Est enim veritas eonformitas eiusdem ad se ipsum secundum aliud et
aliud esse, so. esse intellectum et esse reale,- .... .. relatio eiusdem ad se ipsum
secundum esse apprehensum et secundum esse roole .. (v. A) veritas est con/omii
tas rerum, ut intellectae sunt, ad se ipsas, u! existunt . . . . .. (6, l'. 66 v. B) veritas
est in intellectu obiectivej non quidem sicut abiectum cognitum principalitery sed
ut quidam modus conveniens rei soluml ut est cognita. Vgl. Il, Dist. 37, qu. l, 7,
f. 139 v. A.
565) Il, DisL 3, qu. 2, 6, f. 136 v. A: Prima est (so. opim'o), quod materia
est primum et per se principium individuativnis in habentibus materiam Esse
autem in pluribus per realem identitatem et dici de pluribus per praedicationem essen
tialem est de ratione universalia sic enim universale es! unum in multisg et per
oppositum individuam vel singulare est in uno solo et dicitur de uno solo. Isto
autem modo non plus convenit materiae esse in uno solo, nec plus repugnat ei esse
in pluribus et dici de pluribas, quam formae; . . . . .. etiam materia dicitur de hac et
de illa et est in illis per modum. quo universale est in singularibus.
566) I, Dist. 35, qu. 3, 5, f. 95 v. A: ind materia est principium individua
tiom's, a forma autem sumitur rutio universalitatisl valde dubium est, quia maior
communitas videtur esse in materia, quam in forma . . . . .. Item eadem materia est
successive in diversis individuis, forma autem non, propter quod minus videntur in
dividua distingui per materiaml quam per formam, et per consequens minus ton
stitui in esse individuo, quia per idem videtur unumquodque constitui in se et ab
alio distingui..... item non omnia singularia habent maleriam, sicut angeli, ergo ez
materia vel eius productione non potest assignari generalis ratio.
567) ll, Disl. 3, qu. 2, 8, f. 136 v. B: Alia est opinio, quod in materiatibus
quantitas est principium individuationisl substantiae vero separatne se ipsis indivi
296 XIX. Durand v. Pourcain.
weder die Materie als ein bloss potenzielles Wesen der erschöpfende
Grund des Quantitativen sein könne, noch aber auch die Form, so werde
wohl die ergänzende Vereinigung von Materie und Form als Grund der
Quantität zu betrachten sein ( ein Gedanke, welcher uns sehr an Bona
ventura erinnert, s. Abschn. XVII, Anm. 553 -——)‚ wenn auch mit dem
Vorbehalte, dass einige Wesen nur durch die ihnen anklebende Passivität
(s. bei Ant. Andreas, ob. Anm. 476) bereits ihre lndividualisirung findenses).
Jedenfalls nemlich handle es sich um das Princip, in welchem zugleich
Quiddität und individuelles Auftreten begründet sei, und da nun zwischen
diesen beiden nur ein Unterschied im Denken bestehe, während sie sach
lich identisch sind (vgl. Anm. 560), sei es durchaus unnöthig, noch ein
anderweitiges Princip der lndividuation zu suchen, denn es genüge als
innerer Grund (intn'nsece, vgl. bei llerveus Anm. 416) ein Dieses-Sein
der Materie und ein Dieses-Sein der Form, wozu wohl ein äusserliches
Agens (z. B. in der Zeugung) hinzukommen könne, jedoch derartig, dass
dann das materielle Auftreten nur begleitweise (concomitative‚ vgl. ob.
Anm. 62) wirke 569). So genüge dann auch bezüglich der Engel, welche
sämmtlich unter Eine Species fallen (vgl. hingegen ob. Anm. 308), die
numeräre Wiederholbarkeit der Form 57 ).
duantur . . . . .. Haec autem positio deficit quia subiectum naturatiter prius est
accidentia sed compositum ex materia et forma subiectum quantitas sequitur substantiam iam individuam existenlem seceusntduqmuanotridtianteims; nalurae.
568) l, Disl. 8, qu. 4, 16, f. 40 r. A: Materia non est causa lotalis seu ratio
rlieeeleipntqiuviaturquaenrtgiot,atqiusod, cuqmuiamamtaetreiraia neosnt psuitratoptoatleisntiraatiion greenceirpeiensduibstqaunatnitaietateml
nec forma similiten de qua notum est, quaelibet harum est partialis
causa, quae sui unione ad constitutioni-m suppositi supplent vicem unius totalis
causae . . . . .. Nihilominus tamen nihil prohibel, materiam et aliquas formas substan
tiates ex alia causa esse quantas in composite, cz illa so. causa, quod
omnis forma substantialis sub anima est capax passionis.
569) II, bist. 3, qu. 3, 14, f. 137 r. A: bicendum ergo, quod nihil est princi
pium individualionis, nisi quod est principium naturae et quidditatis Natura
universalis et individua sunt idem secundum rcm, differunt autem secundum rationemy
quin, quod dicit species indeterminate, individuam dicit determinatep quae determi
natio et indetenninatio sunt secundum esse et intelligig universale enim est unum
solum secundum conceptuml singulare vero est unum secundum esse reale, nam sicut
actio intellectus facit universale. sic actio agentis naturalis terminatur ad singulare
Ergo eadem principia secundum rem et differentia solum secundum rationem sunt
quidditatis et individui Nihi! enim existit in re extra nisi individuam vel sin
gutare, ergo esse individuam non convenit alicui per aliquid sibi addituml sed per
illud, quod est. Per quid ergo est Socrates individunmP Per illud, per quod est
existens‘, et haec intrinsecae sunt haec materia et haec forma. and si quaeras.
per quid forma est hace, dico, quod per illud, per quod est in re extra, et hoc est
extrinsere agcns, materia autem concomitative idem dico de materia, nisi quod
sua individuatio plus dependet a forma, quam e conversa. Substantiae autem separater
nullo modo intrínseca individuanlur nisi se ipsis..... Cum natura communis diversis
individuis sit solum una secundum rationem et diversa secundum rem, non oportet
praeter naturam et principia naturae quaerere alia principia individai, sed cadem, ut
sunt existentie, sicut natura communis et individuam solum tii/ferunt ut coneepta ct
existens..... convenientia est solum secundum rationem, sicut et unilas naturae se
cundum speciem est Solum unitas rationis . . . . ‚. Forma per se ipsum intrinsece est
hace, et non per hoc, quod recipilur in materiav nisi concomitatn‘c.
570) Ebend. qu. 3, 7, f. 137 v. B: lii/ferentia secundum absolutam rationem
formae cst specified; difierenlia autem formae a forma, secundum quod haec et una
XIX. Durand v. Ponrqain. Walter Burleigh. 297
Steht hiemit Dnrand in dieser Frage ganz nahe an Scotus, so folgt
er hingegen völlig der thomislischen Lehre der um'tas formae""“)‚ da
die Eine Form zugleich Princip einer untergeordneten Mehrheit sein
könne“’"). Aber die intentio et remissio verlegt er wie Antonius An
dreas (Anm. 478) nur in die qualitativen Formen, und auch dort nur
auf Grundlage der Befähigung des Substrates 573).
Desgleichen begegnen wir in Walter Bnrleigh (gest. i. J. 1337),
über welchem bis jetzt in der Geschichte ein missliches Dunkel schwebte,
einem sehr eigenthümlichen Autor, indem derselbe, wie kein Anderer,
einen aristotelischen Coneeptualismus und einen realistischen Platonismus
gleichsam als zwei Theile der Philosophie dualistisch nebeneinander ver
tritt. Von seinen Schriften gehören hieher Empositio super artem vete
rem b“), ein Commentar zur zweiten Analytik“’“) und De inteneione et
remissione formarum 57ß); eine Monographie De neuem genefibus acci
sitze singularis, es! numeralis satum. Ouod in substantiis separatis man potest
esse differentia nisi sccundum absolutam rationem [ormae negandum es! . . . . .. 14, t“,
138 r. A: Nun ropugnat naturae angelieae, plurificart' sacnndum numerum in eadem
specie‚ quod . . . . .. am1|is natura, quae producitur ab ayente actiane iterabili‚ potest
plurificari secundum numerum; sed omm's ereata natura cst Imiusmodt', etiam sub
stantiae separatae.
571) ll‚ bist. 17, qu. 1,3, f. 159 v. B: Anima intellectiva um'tur corpori staut
forma..... Ant'ma est, qno vivimus, sentimus, mavemur et intelligimus. IV, Dist. 43,
qu. 2,15, f. 392 v. B; Unitas super entitatem addit indivisionem. Vgl. ebend. Bist.
44‚ qu. l, 10, 1'. 396 l’. A.
572) l, Bist. 2‚ qu. 2, 18. f. 24 r. B: Forma substantialis est immedia—
tum principt'um generationis seu introductt'onis /ormae in materiam . . . . .. I’otentia
animae nutritiva et generativa saut idem‚ quod essentia animae, nec obstat‚ quod
nutrire et generare saut plures actus, quia, cum Still sulmrdinati, possunt esse ab
eorlem principt'o. ‘
573) l‚ Dist.17‚ qu. 6, 8, f. 58 v. A: Gradus serundum magi: et minus nun
conveniunt farmi.s sitbslantialilms, sed tantum aecidentalibus, non quantitalibus, sed
qualitatibus, nun omnibus, sed istis, quae eonrernunt diversem haln‘tudinem sub—
iectorum et agentium. Ebend. qu. 7, 39, 1. 60 r. B: Forma intensa et remissa ae
quisitae per malum possuttt esse partes um'us farmac numero, et quae non est una
indivisibilitale, sed rantinuitate ‚warum partium, quae nun saut simul, sed suceessive
et una supervcniente alia desim't esse, et hoc moda signari possunt.
574) (Ohne Titelblatt) Praeclarissimi vin' Guallerii Burlei angh'ci super
artem vetercm Porphyrii et Aristotetis exposilia eine scriptum feliciter incipit. Venetiis
1485. fol. Da dieser äusserst seltene Druck bisher keinem Geschichtschreiber der
Philosophie zugänglich gewesen zu sein scheint, erklart es sich‚ dass man den
Burleigh entweder ganz überging oder schiefe und widersprechende Urtbeile (Tiede—
mnnn und Tennemann) über ihn fällte. Der 118 Blatter enthaltende Druck ist
zwar ursprünglich nicht peginirt, ich will jedoch zu etwaiger Controlle im Fol
genden die Foliatnr einschalten. Der Commentar super Porpllyrium fiillt f. 1—15,
jener super praedt'camenta f. 15—61. super :ex principia l'. 62—80. super periber
menias f. 80—118. Vgl. Anm. 356.
575) Zusammen gedruckt mit der obigen gleichnamigen Schrift des Robert
Cspito, s. Abschn. XVll, Anm. 334. Es ist jedoch für uns hier unnbtbig‚ näher
au! diesen Commentar einzugehen‚ da derselbe schlechterdings nur ein parnpbre—
sirendes Excerpt des aristotelischen Origineles ist, dessen einzelne Heuptstttze (d. h.
„conrluxiones“) Burleigh in derselben Weise wie Robert Cupito (ebend. Anm. 337)
sorgfältigst formulirt und auch numerirt.
576) Venetiis 1496. fol.
298 x1x. Walter Burleigh.
dentium scheint wenigstens nie gedruckt worden zu seinb'“), und ob er
den Vorsatz, De universalibus zu schreiben, wirklich ausgeführt habe,
wissen wir nicht‘“).
Was die Aufgabe der Logik betriflt, sohliesst auch er sich an eine
oft erwähnte Stelle Avicenna’s an, und indem der dortige Conceptualismus
auf die Begritl'e der prima und secunda intentio führt, aussert er sich
hierüber in einer weiscv welche völlig mit llerveus (Anm. 396 ff.) und
somit theilweise auch mit lturand (Anm. 551) übereinstimmt, ja es gilt
ihm ebenso wie dem Herveus (Anm. 399) ens rationis als identisch
mit im’m'o semttda; aber. während er mit Ausdrücken des Scotus
(Anm. 96) diese begriffliche Sphäre in die Mitte zwischen Objectivitat und
Sprachausdruck stellt, so dass die Logik weder de rebus noch de vocibus
sei, entschlüpft ihm doch wiederholt die Redewendung, welche uns ähn
lich schon einmal bei Pseudo-Thornas begegnet war (Anm. 289), dass die
„res secundae intenliunis", d. h. „res“ intentional genommen, der Ge
genstand der Logik sciens-dil Auch denkt er ähnlich wie Roger Baeo
(Absehn. XVII, Anm. 563) an eine natürlich angeborene Logik 58°) und
spricht mit den Scotistcn von einer logica docens und utens 581), sowie
er dem Scotus darin folgt, dass der Syllegismus die Hauptsache seiz‘s'l).
Indem er ferner nach dem uemliehen Vorbilde ein entschiedenes Gewicht
auf die significatio legt (vgl. Anm.l29 Il‘.) und in derselben die formelle
577) EIpas. in libr. phys. ArisL (s. Anm. 589): Alias rationes multas feci ad
hanc conclusionem in tractatu de novem generibus accidentium.
578) Ezp. s. art. vel. (f. 24 l‘. A): De ista tamen materia (d. b. das Verhältniss
von prima und secunda substantiaj plenius apparebit in tractatu de universalibus deo
eouccdente.
579) Ebd. (f. 1 v. A): videndum est, de quibus est logical utrum de rebus aut
de coneeptibus aut de vom'bus, et quid debet esse subiectum in logica. Et dicendum
secundum Avicennam, quod logica est de intentionibus secundis adiunctis primis
(Abschn. XVI, Anm. 74)‚.‚.. Sciendum estf quod intentiol secundum quod nunc lo
quimurl est idem quod conceptus reii et conceptus rei duplex est, se. primus et
secundusy o. g. possum habcre de homine unum conceptunu quo concipio humanum
naturam absolute, . . . . .. et conceptam quo concipio naturam humanam in ordine ad
illa, quae participant eandem naluram.. tfonceptus primus dicitur prima intentiav
conceptus secundus secunda intentio. l/nde prima intentio est conceptus immediate
abstractus a rebus, sed scrunda intentio est conceptus abstractus u couceptu primo
vel a conceptibus primis. Nomina enim rerum existentium extra animam sunt primae
intentionis. ut „homo“.....‚ srd conceptus abstracti ab istis signi/nantur per nomina
secundae inlenlionis, ut „genus. species, subiectum praedicatumu et huiusmodi ‚ . . . ..
Logica est de rebus secundae intentionis. ut sunt secundas inlentiouis, quia in logica
non determinatur de rebus nec de vocibus nisi per habitudtnrm ad intentiones secun
das . . . ‚ .. Non determinatur de vocibus in logica nisi inquantum signi/icant resi ut
eis insunt inteutiones seeundae . . . . ‚.u‘ve ens rationisy et non est aliud intelligendum
per ens rationis, quam res serundae intentionis. S. Anm. 586 u. 597 m
580) (f. 2 r. A) Si diciturl quod iltel qui primo invenit loyiram, arquisivit
hanc scientiam sine logica. sciendum quod logica potest habcri dupliciter,
sc. usualiter vel arti/icialiter . . . . .. Nulla scientia potest haberi artinciatiter absque
Iogioa, quia quicunque scit arti/idaliter aliquam conclusioneml seil, se scire illam.
581) (f. 107 r. B) vgl. Anm. 90 u. 452.
sem (f. 1 v. B) Si autem loquimur de primo subiecto in logica primitate prin
cipalitatisl sic dico, quod subiectum primum in logica est syllogismus demonstrata-ua
quia eius nolitia principaliter inquiritur in loyica. S. Anm. 93.
XIX. Walter Burleigh. 299
Seite der menschlichen Rede erblickt"“)‚ unterscheidet er nicht bloss
eine prima und secundu impositio (unter letzterer die grammatischen
Namen der Worte vorstehend), sondern theilt auch sehr eigenthümlich
das Gebiet der „alten“ Logik ein, indem es gewisse gemeinsame Worte
seien, unter welche in der lsagoge Begrill‘e, in den Kategorien Sachen,
und in der Lehre vom Urtheile Worte selbst subsumirt werden 584).
So sehr jedoch hiebei ein unverkeimbarer Conceptualismns festge
halten wird, welcher sogar von uominalistischen Logikern beilällig aufge
nommen werden könnte, so will Burleigh dennoch hierüber die realistische
Geltung der Universalien nicht bei Seite schieben. Ja er polemisirt un
ablässig gegen die „Modernen“, welche den objectiveu Bestand der Uni
versalien vernachlässigt hätten, d. h. wenn wir uns an die bei Thomisten
(s. Abschn. XVII, Anm. 362) und bei Scotisten (ob. Anm. 87) recipirte
Unterscheidung der realen und der sermocinalen Wissenschaften erinnern
und dabei bedenken, dass die Logik mit Einschluss der Universalienl‘rage
dem sermocinalen Gebiete zugewiesen wurde, so erblickte eben hierin
Burleigh eine Einseitigkeit, und während er bezüglich der Logik selbst
sich in Uebereinstinnnung mit den Vertretern der intentional-itas, also
mit Themisten, Seotisten, auch mit llerveus u. s. f.‚ befindet, bekämpft er
die Ausschliesslichkeit einer bloss logischen Geltung der Universalien und
theilt im Hinblicke auf Physik und Metaphysik mehr den Standpunkt jener
Scotisten und Halbseotisten (Richard Middleton, Alexander v. Alessandria,
Wilhelm Brite, Antonius Andreas, auch Johann v. landen, s. Anm. 230,
248, 258, 457, 426), welche das „causando“ und das „praedicando“
nebeneinanderstellten. Von Wichtigkeit aber ist dabei für uns insbeson
dere der Umstand, dass Burleigh in solcher Polemik stets den Ausdruck
„moderni“ gebraucht, denn es sind dieses die ältesten Stellen, in welchen
die Vertreter der sennocinalen oder rationalen Disciplinen (im Gegen
satze gegen die realen Wissenschaften) mit diesem Namen bezeichnet
werden 585). '
in solchem Sinne also ist es zu verstehen, wenn Burleigh den M0
dernen, gerade wie wenn dieselben die Realität der Universalien wirklich
bereits verneint hätten, die Behauptung entgegenstellt, dass die Univer
salitzn nicht _ausschliesslich in der Form von Begl‘ill6h und Worten in der
Seele seien, sondern auch ausserhalb der Seele bestehen und nur so ein
selbstständiges Dasein (d. h. nicht in subiecto) haben, sowie dass eben
derartige unabhängig von der Seele existirende Dinge („res“, vgl. Anm.
583) (f. 59 r. A) Von: estmaterialein proposilione protata et respeclu: ad signi
firatum per wurm es! formale in propositionc, et ideo, xi significala sunt et filmt
diverse, respeclus ad significata erunl diversi, et sie mm manch“ propositio eadem,
quantam ad xuum formale‚ quamvis maneal eadem, quanlum ad man: materiale.
584') (f. 2 r. A) In Iibro Porphyrii delernu'nalur de roct'bua commum‘bus solis
ronceplibus ponendo, quod universaliu. non haben! esse extra animam; et in Iibro
Prdetlicnmentorum determinalur de socihus commum'bus robus solis (hiezu Anm. 593)
et in It'bro Perihermenias de nocibur communibus soll‘s vocibus, u! de nomine
et werbe . . . . .. Nomina rerum sind nomina primae imposilionis et nomina vocum samt
nomina sccundac impositionia. Nomen primac imposilionis dieiditur in nomen prima:
intentionis et nomen scrundae inlenlionin; nomen primae intentionis es! comnmne
rebus, nennen secundae inlmtionis es! rommone ronceplibns.
585) S. Abschn. XX.
300 xix Walter Bnrleigh.
579) die Prädieate in den Urtheilen seien 5’56). D. h. indem er an die
ohjective Werkstätte der Natur denkt und so die traditionelle Drei
gliederung der Universalien stärker als Andere betont587)‚ weist er darauf
hin, dass die artmachenden Unterschiede jedenfalls in einem objectiven
Thathestande vorliegen, da im entgegengesetzten Falle die Dinge objectiv
sämmtlich einander gleich wären, ferner dass, wenn der Unterschied
zwischen Allgemeinem und Einzelnein nur in der subjectiven Auffassung.
läge (s. bei Durand, Anm. 558), der artmachende Unterschied und die
Form identisch wären, während man das reale Moment der Gestaltung der
Dinge und den suhjectiven llcgritl‘ von einander unterscheiden misse-sui
So isl es erklärlich. dass Burleigh gerade im Commentar zur Physik, d. h.
in einer realen Diseiplin, seine Polemik gegen jene Modernen übt, da,
wenn die Universalien lediglich Begriffe wären, selbst die obersten Gal
tungshegrill‘e einerseits unter die noch höhere Gattung der begrill‘liehen
Auffassung fielen, und andrerseits in ihrer Zahl von der Zahl der auf
fassenden Menschen abhingen, wohingegen die platonische Annahme richtig
sei, dass die von den Einzelndingen getrennt existirenden Universalien
durch den intellectus agens getrennt von aller Singularität erfasst werden
586) (f. 19 v. B) Apparent duo contraria dictis modernorum. Primum estf quod
universalia de genere substantiae sunt extra animanu quia illud. quod dicitur dc
subiecto et non est in subiecta est universale de genere substantiag sed omne ens
non existens in subiecto est extra animam, quia si esset in ultima, esset in subiectog
cum ergo substantia secunda non sit in subieclop sequiturl quod non est in nm'ma;
unde si nihil esset universale nisi vox rel conceptus sequeretury quod mane
universale esset in subiecto et per consequens nihil esset illnd, quod dicitur de sub
iecto et non est in subiecta Secundum contrarium modernis m, quod propositio
componitur ex rebus extra animam, nam i'd, quod dicitur de subiecto et non est in
subiecto. praedicatur in propositioney et illud est res extra animam. Ebenso f. 93 r. A.
Hiezn Anm. 599 lll
58'!) (f. 65 r. B) ouaedam sunt universalia, quae solummodo praedicantur de
singularibus factis a natura, et talia universalia solum fiun! a natura, et quae
dam fiun! a natura et ab arte..... omnis communitas est naturalis (s. Gilhert,
Abschn. XIV, Anm. 4615)....“ Universale est triplex secundum dominum Albertum
n. s. w. (s. Abschn. XVII, Anm. 379).
588) (f. 9v. B) Dicun! moderat. quod di/ferentiae non sunt nisi conceptus in
anima. quia si essent res extra animam, universalia haberent esse extra animam,
quod habent pro inconvenienti. Sed quid de hoc sit dicendum deliberare non in
tendog dico tarnen, qaod res extra animam distinguuntur per di/fcrentias suas et
non per solas conceptas, quia, si nullus conceptus esset, adhuc homo differret ab
asino per differentias suas. ltem conceptus in anima sunt accidentia (vgl. 0b. Anm.
102 n. Abschn. XVll, Anm. 392)‚ sed substantiae non distinguuntur ab invicem per
sola accidenüa, imo essentialiten Si quis velit poncre, quad differentiae non sunt
nisi cunceptusl ipse habet poncrc, quod quaelibet res extra animam habet distingui
per se ipsam a qualibet re extra animam, et non per aliquam di/ferentiam super
addilam, et sic habet ponerey quod res extra animam non distinguuntur ab invicem
realiter per di/fercntiasl sed solum conceptuatiter per di/ferentias seu per conceptus.
Ponentes vero, quod universalia non sunt extra animam alio a rebus singularibug et
ponentesi quod res extra animam non distinguuntur per din-erentias suas. habent
ponere, quod difl'erentiae mm sunt realiter nisi formae rernm; unde rationalitas
hominis est idem realiterl quod anima hominisl et haec rationalitas est idemy quod
haec anima. E! sic potest dici, quod res extra animam distinguuntur realiter per
formas suas et distinguuntur conceptualiler per conceptus suarum di/ferentiamni.
l. 93 r. B: Universale realiter est eli/ferens a singularibus conceptibusl a quibus
abstrahitur. Vgl. Anm. 591.
XIX. Walter Burleigh. 301
und so die ganze Quiddität des Individuums repräsentiren H"); denn der
Behauptung, dass überhaupt nur Individuen existiren (s. Anm. 400 I‘.,
560), stehe entgegen, dass die Absicht der von den denkenden Seelen
unabhängigen Werkstätte der Natur auf die Erhaltung der Species ge
richtet sei, welch letztere hieluit ausserhalb der Seele bestehe, und ein
Beweis hiefür liege auch im privatrechtlichen Verkehre, z. B. in der Sti
pulation, wo häufig nicht ein bestimmtes Einzeln-Individuum Gegenstand
des Versprechens sei590). Bezeichnend aber ist es, dass Burleigh aus
jener Annahme, dass lediglich Einzelnes existire, nur eine Vernichtung
der „Metaphysik“ folgert, weil die substanzielle Realität der Gattungen
und Arten, welche im Wesen (esse) allerdings nicht vom Singularen ge
trennt sind, eben völlig verschieden sei vim der subjectiven Auflassung
des Begrifl‘es, welcher gerade im Wesen vom Singulären getrennt ist, —
kurz weil Begrill'e nicht Substanzen sind 5‘“). Und der schlagendste
589) Ez‘pos. in libr. phys. Arist. (Vcncl. 1482. l0|., der Druck ist nicht pagi
nirt; was ich anzulühren habe, findet sich l. 5 u. 6): Si nihil sit universale nisi
eoneeptus, tunc genus generalissimum de genere substantiae crit conceptus in anima,
sed omnis conceptus in anima est in genere et Iiabet genus supra se; ergo genas
yeneralissimum haberet genus superoenicns Item "quitt", quod tot erunt genera
generalissima in genere substantiael quot sunt homines habentes notitiam illius ge
neris Genera et species dantur in responsione ad quaestionem quaerentem quid
est . . . . .. Specie: est composita ex cansis, sc. ex genere et difl’erenti'a, quae sunt
causae intrinsecac spociei....... Quando dicitur, quod intellectus facit universalita
tem in rebus, debet intelligil sicut l’lata posuit universalitatem in re extra animam,
quum Plato posuit universale existere per se scolrsirn a singulatibus, intellectus vero
agens facili universale intelligi per se seorsim absque hoc, quod eius singulare in
telligatur...... Ouanwis universale sit extra animam, tamen non est pars individui,
quia e/fectus particularis sunt causae particulares...... universale cst de quidditate
individui.
590) Ebend.: Uicun! isli, quod species nihil aliud est, quam quidam conceptus
simplex existens in anima, quia extra intellectum non est nisi singulare..... lpsis
oboiando arguo.. lllud, quod natura primo intenditl non est singulare, sed illud
est aliquid extra animam, ergo aliquid est extra animam, quod non est singulare....
bicunt im, quod natura intendi! primo rem singularemy alii vero dieunt, quod
natura non intendit hoc singalarc, puta Socratcm, inquantum huiusmodil sed inquan
tum homo. Sed illud non valet..... Illud, quod oppetitur appetitu naturali ad con
servandam individuam in esse, cst res extra animam . . . . . .. lllud est extra animam,
circa quod fiunt promissioncs et contractus reales, ut cmptio venditioy donatia, stipu
latio; sed contrarius non semper fiunl circa individua, ergo extra animam es! aliqua
res alia a natura individuali...... lstae tamen rationes non essent hic ponendaev
nisi quia quidam asserentes, se scire logicum supra omnes mortales, respondent
dicentesl quod sic dicendo „promittn tibi lwvem“ promitto tibi unam rem singularem
extra animam. Vgl. unten Anm. 798, 87.9, 885.
591) Exp. s. art. vet. (f. 23 r. B) Moderni dimm, quod nihil est substantia nisi
sinynlarc, e! probant, . .. .. quod gencra et species, quae dicuntur esse in prae
dicamento substantiam dicuntur substantiae secundae, tamen non substantiae in rei
eerilate, sed solam nominantur vel dicuntur substantiae secundae . . . . .. (v. A) Quasi-u,
an haec species homo sit eadem res omnino in Socrate et Platone, an alia et alia;
nan est dare, quod alia, quia tunc essent tot species quot sunt individua, quod
esset inconreniens.... .. universalia non sunt secundum esse separata a singularibus,
sed conceptus in anima sunt secundum esse separat! a singularisz existentibus extra
animaml ergo secundae substantiae, quae sunt universalia respectu primorum sub
stantiaruml non sunt conceptus in anima; nullus conceptus in anima est sub
stantia...... (B) Si-m'hil sit substantia nisi substantia singularis, sequitur, quod
nulla est scientia de substantia, et sic destrueretar metaphysica.
302 XIX. Walter Burleigh.
Beleg dafür, dass nach seiner Ansicht die Realität der Universalien einem
ganz anderen wissenschaftlichen Gebiete angehöre, liegt darin, dass er
gerade in der Logik es ausdrücklich ablehnt, auf diesen Punkt einzu
gehen 592), sowie hinwiederum es sehr erklärlich ist, wenn er die Kate
gorien gleichsam näher an die Metaphysik rückt, weil ja in derselben
(vgl. Anm. 584) von den realen Dingen als Trägern der intentionalen
Worte die Rede sei 593).
Das Kunststück, zugleich in der Metaphysik augustinischer Platoniker
und in der Logik nrabisch-aristotelischer Conceptualist zu sein, ist uns
allerdings in dem philosophisch kurzsichtigen Mittelalter längst nichts
Neues mehr; hingegen dass Burleigh in so crasser Weise einem solchen
unversöhnten Dualismus huldigte, hat man bisher noch nicht gewusst.
Auf Grundlage aber dieser Einsicht müssen wir nun bezüglich der Logik
in Kürze noch Einiges erwähnen, worin er wieder mit den so eben ge
tadelten „Modernen“ brüderlichst übereinstimmen muss, zumal da die
selben doch sämmtlich die Objeetivität des Seienden zugcslanden. Vor
Allem nemlich findet er, dass die Universalien, selbst wenn sie nur in
der Seele existiren, jedenfalls bloss vorstellungsweise (obiective) be
stehen 594), und mit einer überraschenden Wendung, welche uns an
Aegidius (Anm. 374) und an Mayron (Anm. 504) erinnert, sagt er, die
vorstellungsweise Existenz komme eben demjenigen zu, was weder in der
Seele noch ausser der Seele sei”“). Auch die üblichen Begriffe simili
lade und reflexiv wendet er an 596), womit zusammenhängt, dass er für
den Fall der objectiven Realität der Universalicn den Unterschied zwischen
prima und secunda intentio durch die Ausdrücke „primus conceptus“
und „secundarius conceptus" formulirt, jedoch immer wieder mit der
realistischen Wendung (vgl. Anm. 579 u. 586), wornach „res“ begriff
592) (f. 3 r. B) Dort formulirl er nur die sich ergebenden Fragen sowohl für
den Fall, dass die Universalien in intellecta, als auch für jenen, dass sie extra
animam seien, aber nicht mit einem Worte deutet er dabei seine eigene Ansicht
an. Und anderwärts sagt er (f. 9 v. B): Std quia ista quaestio mm portinel ad
togicam, circa eam non insisto hie.
593) (f. 16 r. A) Dicit Boetlu'us, quod in hoc libro inlentio 0st philosophi, de
primis rerum nominibus et de vocibus significanlibus res dispatare (s. Abschn. Xll,
Anm. 84) . . . . .. Alle est opim'o Aviccnnne et Avcrrois‚ quam credo ven'orcm, qnod
in hoc libro determinatur de rebas principalitrr et ex conseqnenti et scanndan'o de
vocibus; dicit em'm Anicrnrtd etc. (folgt die Stelle AbSt‘llfl. XVI, Anm. 83) . . . . ..
(B) Dico ergo, quod über praedirammtoram es! de rebus, senmdum quod eis insunt
intentt'one: secundae, so. intentio generis generalissimi et subalterm' et intenlio speciri
et sie de aliis. Ebenso f. 19 r. B, u. 21 r. A.
594) (f. 59 r. B) Licet universale nun haben! esse existere extra animam, sith
dicunt moderni, tarnen nun es! duln'um‚ quin secundum omncs universale hahcat esse
obiectlre in intellectu‚ potesl em'm intellectu: intelligerc Ieoncm in universell non in
telligendo istum leanem.
595) (f. 52 v. A) 0aae nequc existunt in anima ncque extra animam et intelli
gantur ab anima, dicuntur hahere esse obiectivum in anima et nallam alind esse.
596) (f. 81 r. A) Passio animac accipitur pro disposi'tione intelleetas, sr.
pro similitudine rei in intellectu repraesenlanle rem extra animam; nam res
extra per pries intelligx'tur. quam pussio, quae ext in anima, quia res extra in
telligitur directe et passiv animae indirectc per reflexionem. S. Abschn. XVII, Anm.
398 u. 500.
x1x. Walter Burleigli. sos
lich erfasst und „r'es“ durch Species bezeichnet wird 597). Ja mit einer
gewissen Heftigkeit erinnert er an die alte aristotelische Lehre, welche
wahrlich Niemand verleugnet hatte, dass die menschlichen Urtheile schliess
lieh auf einen objectiven Thatbestand (res) angewiesen sind 598); und
wenn vielleicht Einige mittelst lappischer Sophistereien darauf hinwiesen,
dass in den Urtheilen nicht mehr die Dinge selbst, sondern eben die
suhjective Auffassung der Dinge auftrete, lässt er sich hingegen zu der
extremen Ausdrucksweise hinreissen, dass wenigstens in einigen Urtheilen
res de re praedicatur (vgl. Abschn. XIV, Anm. 287), während in anderen
Begrill'e von Begrill‘en und wieder in anderen (grammatischen) Worte von
Worten ausgesagt tverden599); aber fast in demselben Athemzuge gesteht
er den Modernen zu, dass in allen Urtheilen das Formelle der Satzver
bindung eben doch im intellectus liege und nur das Materielle, über
welches geredet werde, eine äussere Objectivität seisoo), und dass, wie
bereits bei Aristoteles zu lesen ist, der vom intellectus herrührenden
„Copula“ eine objectiv vorliegende Verbindung oder beziehungsweise
597) (f. so v. B) Namen primae intentionis est nomen reil quae non est nata
esse siynum, pro quo supponit....... Nomina secundac intentionis sunt nomina ad
placitum signi/icantia conceptum vel intentionem animae..... E! illud dico supposito.
quod universalia sint solae intentiones animae, ut plures dicunt ; suppoeilo lamen,
quod universalia sint res extra animarn, quod verius estl dicenduml quod nomen
primae intentionis est nomen rei, ut cadit sub primo conceptu intellectusl et nomen
secundas intentionis est nomen rei, ut cadit sub secundario coneeptu intellectusl
a. g. nomen „homo“ significat rem extra, ut concipitur absolute, et nomen
„specr'es“ signi/icet rem, ut comparatur ad intellectum per indieidual quibus est quid
commune.
598) (f. 16 v. A) Oaad autem propositio possit componi conceptus animae signi/icant res; ita est datum ultimuemz rseibguusilficparloubma,tur. e!
illud non potest esse conceplus, ergo est res, distinguendo rem contra vocem et con
cEexpteuimsdem com(pBo)nuSnitunrihiplroepxosiptairotneesyreidecorqrueixbpuosndefti.unttunqcuaeessttionqeusild sfiecd!!!qiuua1ens.t.iones
fiunt de rebus extra animam..... bemonstrationes in scientiis rentibus sunt eas rebus.
Ergo aliqua propositio estl quae nec est composita ez vocibus nec er con
ceplibusr et per consequens composita est ex rebus.
599) (f. 16 r. B) Si propositio componeretur ez rebus, aequerelur, quod inter
subiectum et praedicatum posset avis volare, et inter subiectum et praedicatum istius
propositionis nParisiis est Roma“ essent centum miliaria, item quod subiectum posset
comedere praedicatum Ad illud dubium recolo me dixisse et in scriptis reli
qm'sse, quod intellectus potest facere propositionem ez quibuscunque, .. quia pra- v
positio non est aliud. quam compositio aliquorum per intellectum ad invicem aut
dieisio aliquorum ab inviccmg .....sed intellectus potest ad invicem componere res,
et potest etiam componere voces et conceptns. E! ideo aliqua propositio com
ponitur ex rebus extra animam aliqua ex aocibux, aliqua ex conceptibus.. (f. 17
l'. A) Creda, quod illud indubitanter sit aernm, quod in aliquo propositione praedicatur
‘ res de re, et in aliqua conceptus de conceptui et in aliquo vocc de voce.
600) (f. 17 r. A) in omni propoiitione est aliquid materiale et aliquid formale:
formale in propositione est copula et illa copula est in intellectm quia est com
positio vet divisio intellectus ; materialia vero in propositione sunt subiectum et prae
dicatum Diva ergo, quod nulla propositio est composita et rebus totaliter extra
animam, quia formale est in mente vel in intellectu1 materialia autem sunt extra
animam Propositio composita ez vocibus habet esse extra animam‚ propositio
vero composita ez conceptibus est totaliter in intellectu. et propositio composita ex
rebus partim est in intellectu et partim eztra intellectumg quantum ad suum formale
est in intellectuy sed quantum ad materialia est totaliter extra intellectum
304 x1x. Walter Burleigh.
Nicht-Verbindung (identilas oder diuer-situs extremorunn d. h. des Sub
jectes und Pradicates) „entspreche“, indem die Urtheilsbildung einer
seits von der Objectivität und andrerseits vom Willen des Menschen
provocirt werde 6‘“). Nur verbleibt hierin bei Burleigh immer jener
dualistische Zwiespalt, welcher ihn auch dazu mm, Wahrheit in
doppeltem Sinne zu nehmen, nemlich als Uebereinstimmung der Dinge
mit dem Denken und als Uebereinstimmung des Denkens mit den
Dingen 602).
Bezüglich des Princips der lndividuation stimmt er völlig mit Durand
(s. Anm. 569) überein , indem auch er eine Häcceilal der Materie und
der Form annimmt 603), sowie ihm gleichfalls (vgl. Anm. 567) die
Quantität als eine abgeleitete Folge der Materie giltßo‘). Ebenso ver
hält es sich betrefl‘s der unilas formae (Anm. 571 f.)‚ welche er als
untrennbare Umschliessung mehrerer Formen fasst 605)‚ und desgleichen
hetrefl’s der intensio et remissio fornmrum, welche auch hier wie
bei Durand (Anm. 573) von den Substanzen ausgeschlossen bleibts‘w)
und nur bei den qualitativen Formen je nach Fähigkeit des Substrates
con (f. 17 r. B) Dubium ext, an ipsi coputae ezistenti in intellectu sol-respon
deat aliquid in re aut non. Diccndum, quod copulae copulanti extrema propositionis
vere adinoicem correspomlet aliquid in re, so. identitas extremorurn vel identitas
commi pro quibus extrema supponuntl et diaisioni vel negatiani cupulae.....
rorrespondet diversitas extremorum Sed copulac eoputanti extrema propositionis
fatse ndinviccm nihil correspondet in re nisi ipsa extrema . . . . .. Et si quaeratun a
quo ergo movetur intellectus ad fabricandum huiusmodi copulam vel divisionem.
dioendum, quod non movetur nisi ab extremis ipsis m propositione et a voluntate
imperante intellectui ad coputandum extrema. Vgl. l'. 82 l'. B.
602) (f. ez r. A) veritas primo modo est idem quod con/ormitas rei ad vir
tutem cognoscenteny per quam manifestat se inletterlni lalcm, qualis esl, .... .. et
latis veritas est duplex, so. creata et increataj (D) verilux, quae est adaequatia
rei ad virtutem cognitivam crealam, so. ad intellectum noslrum, es! filmt, per quod
res est nata de se facere veram eristimationem .... .. veritas autem secundo modo,
quae est adaequatio virtutis eognosccnlis ad rem cognimm, es! in oii-tute cogno
scente sicut in suln'eclo, et talis est duplex, so. quaedam complexa et quaedam in
compleza.
603) (f. 24 r. A) Spuies de genere substantiae compouitur ez genere et diife
rentia et ex omnibus superioribus ad ipsum, e! huius ratio esl, quod electus parti
cularis sunt causat- particulares et e/fectus universalis sunt sed individuam est elit-cius particularis et species est effcecatuussaeunuinuieuresraslailse.slet ideo
individuum non componitur nisi ex hoc materia et hoc forma, quae sunt causae
particulares .... .. Ouumvis substantiae secundae sint vero rcs extra animam, ex hoc
non sequitury quod substantia singularis sit composita ex substantia universali et
substantia particidari...... (v. A) Non oporle!‚ quod annihilamlo individuam an
nihitctur species homt'nis, quia species hominis non est pars Socratisy quia
Socrates non componitur nisi ex hoc materia et hoc forma.
tum (l. 32 r. A) Quantila: est quoddam compositum ez materia et forma in
haerens substantiae ratione maleriae, sub ratione cuius substantia extenditur et habet
partem extra parlem. (Vgl. f. 34 r. A.)
605) (f. 24 v. A) In genere iri/imo speciei specialissimae includuntur omnia
genera superiora nee separantur ab eo, .....sed hoc non est iterum constituere. Vgl.
l'. 70 r. B.
606) (f. S r. A) De differentiis substantiae verum est. quod non suscipiam
magis et minusp difl'erentiae tamen per se accidentium bene suscipiunt magis et
minus.
XlX. Walter Burleigh. 305
zugelassen wird 607), welch letzteres dann Gegenstand physikalischer Er
örterungen ist“°").
Was endlich noch einige einzelne Punkte der Exegese des Organons
betrifft “09), so denkt vorerst auch Burleigh betreffs der lsagoge an die
Möglichkeit, dass das Universale als solches neben den übrigen fünf eigent
lich ein sechstes sei am), begnügt sich aber doch bei Avicenna‘s Begrün
dung der Fünfzahl““); ferner schliesst er sich Denjenigen an, welche,
wie Antonius Andreas berichtet (s. Anm. 480), bei Erklärung einer viel
besprocbenen Stelle zwischen intelleclus solus und nudus und purus
unterschieden°“); auch folgt er dem Avicenna in der Erörterung, ob
Gattung» und Art-Begriff relativ seien 613), sowie dem Albert in der An
nahme, dass die Gattung nicht Stoll‘‚ sondern Potenz sei'*“); die Eigen
thiimlichkeiten des Individuums erscheinen bei ihm durch die zwei Verse
ausgedrückt:
Forma, figura, Zauns, tempas, cum nonpinc san_quis‚
Patria ran! aeplem, qaae non habe! una: e! alter““).
Die Kategorien knüpft er trotz obiger realistischer Wendung (Anm. 593)
dennoch mit Albert an die Isagoge an““), entnimmt dann die Er
607) (f. 29 1'. A) Substanlia suscipil mogis et minus malerialiler et subiecliue,
quio es! rubieclam forma: habrnlis gradus dislinclos secundnm magis et minus; sed
nulla subrlanlia suscipil magis et minus furmalz'tcr, quia nulla substantiali: forma
neqar individualis neque s11ecifica habe! gradua distinclos smmdum magis et minus;
. . . . .. und: non dabei susliueri, formas elemenlorum suscipere magis et minus.
(f. 49 v. A) Nulla forma sascipil magis auf minus, sed forma suscipt'lur in subieclo
secundum magis e! minus, secundum esse magis pcrfcrlum et minus perfeclum. Ebenso
f. 63 v. B.
603) In dieser Beziehung trifft mit. Burleigh der Zeitgenosse desselben Jacobua
de F orlivio‚ welcher auch mehrere medicinische Commentare zu Avicenna schrieb,
in einer oft wörtlichen Uebereinstimmung zusammen. Die Schrift Jacob's De in
tensione rl remissione formarum ist mit der gleichnamigen Bnrleigh's gedruckt (s.
Anm. 576). Beide Verfasser besprechen nur die physikalischen Qualitäten, und
zwar insbesondere Warm und Kalt, wobei sie die Gradahstul'ungen weder aus [heil
weiser Addition noch aus Mischung mit dem Gegensatze, sondern durchgängig nach
den aristotelischen Principien erklärt wissen wollen.
609) Burleigh’s Commentar zur Velua Iogica ist mit grossem Fleisse und reicher
Belesenheit geschrieben; er verfahrt überall architektonisch eintheilend, numerirt
stets übersichtlich die conclusiones (ähnlich wie Antonius Andreas, a. Anm. 447),
schliesst sich bei der lsagoge an Avicenna und Albert an, verflicht in die Kate
gorien zahlreiche Belegstellen aus der Metaphysik, folgt bei den sex principv'a Gil
bert's wieder völlig dem Albert, und benützt De interpr. hauptsächlich den Boethius.
(Im Commentare zur Physik ist Hubert Capito sein Führer).
610) (f. 2 r. B) Universale es! hie sabieclam accipiendo universale, secundum
quod es! commune ad 611a quinque et n'a loquendo de universah' [arge coneedo,
qaod es! dare sexlum universale (s. Abschn. XVI, Anm. 172 fl‘.‚ vgl. Abschn. XI.
Anm. 134).
611) (f. 2 v. A), s. Ahschn. XVI, Anm. 94.
612) (f. 3 v. B).
613) l’. 5 r. A), s. Abschn. XVI‚ Anm. 113 fl‘.
614) f. 22 v. B), s. Absuhn. XVll, Anm. 422.
615) (f. 7r. A) 0aodlibcl individuum eonstol ex multis arcidenlibor, quorum
collech'o nun polest simul reparin' in alio individao (s. Abschn. XI, Anm. 43).... .
Septrm ‚um! proprietales, .....unde versus: „Forma, figura etc.“ Nur der erste
der zwei Verse findet sich auch bei Antonius Andreas (s. ob. Anm. 482).
616) (f. 16 r. A) Subieclum conlentivum tolfus scienliae Iradilae in libro Pracdi
Panne, Gesch. III. 20
306 XIX. Walter_ Burleigh. Armand von Beauvoir.
örterung über aequivoeum und analogen aus Albert und die doppelte
Bedeutung des ersteren aus Antonius Andreas“"), sowie die Entschei
dung einer Controverse über em wieder aus Alberts“), bekämpfl aber
offenbar die Unterscheidung, welche von Einigen (Pseudo-Thomas und
Antonius Andreas, s. Anm. 314 u.484) zwischen absoluten und relativen
Kategorien gemacht werden war"“‘). Sowie er aber in der Lehre vom
Urtheile betreffs der modalen Worte bereits die spätere Formation der
byzantinischen Logik aufgreift“°) und auch bei der Umkehrung der mo
dalen Urtheile die dortigen Memorial-Verse verweiidetü21), so finden wir
überhaupt bei ihm, —— ähnlich wie bei Antonius Andreas, s. Anm. 490 fl‘. —‚
eine sehr reichliche Benützung der byzantinischen Logik, sowohl der ur
sprünglichen als auch der jüngeren Gestaltung derselben“'"); ja in Bezug
auf Entstehung der Obligatoria musste uns Burleigh schon oben selbst
als Quelle dienen““).
Auch die Themisten, deren 'l‘liätigkeit in diese Jahrzehnte lällt, be
llissen sich durchaus nicht einer so strengen Sehnl-Ohservanz, als man
nach der oberflächlichen Gegenüberstellung des Thomismus und Scotismus
glauben sollte. So finden wir, dass der Dominikaner Armand von
Beanvoir (oder de belle visu, gest. i. J. 1334), von welchem wir
eine Schrift De declaratione difficilium terminorum “24) und einen (Jem
mentar zu Thomas De ente et essentia 625) besitzen, auf das Unzwei
cumentorum es! ans dicibile incomptcxum ordinubile in genere inlelligendo per genau
coordinalionem praedicamentalem (vgl. Abschu. XVll, Anm. 429).
617) (f. 17 V.B), s. ebd. Anm. 432 n. ob. Anm. 483.
618) (l'. 6 v. A), s. Abschn. XVll, Anm. 415.
619) (f. 21 r. B) Ouidam modemorum dämmt, qued de islis 1Iecem praedicamcntis
mm samt m'si duo realiler dislincta, sc. subslunlia et qualilus, sed hoc es! rontru
Aristotelem et omnes alias philosophos, qui riicunl, deeem esse res primas.
620) (l. 112 r. B) Modi focien!es proposilionem mndalrm videntur esse dictr'ones
denominuntes proposilionem, cuiusmodi saut „necesse, impossr'bile, rentingens‚ possi
bilc, verum, scitum, dubilotum, conclusum‚ demonstratum“ et hniusmodi. S. Abschu.
XVll, Anm. 588. ‚ » ‚
621) (f. 117 r. A), es sind die, ebd. Anm. 40 u. 44, angelührten Vene.
622) So begegnet uns suppositio personalis u. Simplex u. malerioüs l. 23 r. B.
29 v. B, 37 v. A, 42 v. B, 49 r. A, 59 v. B, 84 v. B, 95 r. A, 103 v. A; appellall'o
f. 27 v. A; umplialio l. 87 r. A, 97 v. B, 100 r. B; distributio l. 94 r. A, 95 r. A;
categoremnalire und syncategoreumatice f. 87 v. A, 109 v. B, 111 v. A, 112 v. B;
heim hypothetischen Urtheile die Hin1ul'ügung von lemporalis, cuusalis. localis (s.
Abschu. X\'ll, Anm. 583) f. 89 r. B; sensus compositus et diuirus (s. ebd. Anm. 585)
l. 99 r. A, 111 r. B, 117 v. B; Aequipollenz der medialen Urtheile mit kategorischen
(s. ebd. Anm. 595 u. ob. Anm. 193) l. 91 v. B; consequenün [ermahs n. baue
(s. Abschu. AVII, Anm. 615) f. 54 v. B, 58 r. A, 83 r. A, 91 r. A, 92 r. A,
103 r. B.
623) S. Abschu. XVll. Anm. 626.
624) Socrnrnm litleramm professor r.cimins Armandus ordinis praedicutorii
fralcr.‚.‚. De drclaratione di/ficilium Irrminorum, [am theologicalium qmm: philo—
sophiae er: logicav. Coloniu01502. 4. (nicht paginirt). Das Ganze zerfällt in drei
„lrarlulns“, deren erster in 6 Capp. als Einleitung dient, während der zweite in
302 Capp. den Umkreis der Logik im Ganzen an die Lehre von der intenh'o an
bindel; der dritte „de cogm'lionc dei“ berührt uns hier nicht mehr.
625) (Ohne Titelblatt) Incipil scriptum sive exposilr'o frotris Amiandi ordim's
praedicalurum super Iibrllum de eilte et essentio compositum per samtum Thomam
de Aquino dectorern angelicum. Paduae 1482. 4.
XIX. Armaml von Beauvoir. 307
deutigste sich selbst als Thomisten bezeichnet 826)‚ aber trotzdem in
manchen wesentlichen Punkten andere Bahnen einschlägt. Indem er die
arabische Unterscheidung zwischen invompleara und complexa aufnimmt“")‚
gilt ihm für letztere das sog. principium_ identitatis (vgl. bei Mayron,
ob. Anm. 522) als oberster Grundsatz, und entsprechend für erstere
ebenso der Begrill' des man). Diesen aber nun theilt er sofort dua
listisch, indem das real Seiende, welches nicht von der denkenden Seele
entspringe, wohl aber in der Seele und ausserhalb der Seele sein könne,
Sache der prima intentio und der realen Disciplinen sei, während das
rationell Seiende als Erzeugniss der Seele nur innerhalb der Seele vor
stellungsweise bestehe und als seotmda intenlio Gegenstand der Logik
sei, eine Zweitheilung, welche mit dem grammatischen Unterschiede zwi
schen prima und secunda imposilio (vgl. bei Burleigh, ob. Anm. 584)
sachlich völlig coincidire W”). So wird der Begrill' der intenlt'o bei
Armand das ausschliesslich entscheidende Moment, welches als einheit
licher Grundton sich durch das ganze Gebiet der Logik hindurchzieht.
Vorerst nemlich hält er die subjective und die objective Bedeutung der
inlenlio auseinander, deren erstere darin beruhe, dass irgend ein Dar
stellendes (repraesentans), d. h. eine (seotistische) species inlelligibilt's
oder ein acta: intelligendt' oder ein formirter Begrill', welcher verbum
mentale heisse, den Weg zum‘Erkennen bahne“°), während die letztere,
626) De declur. di/f. term.‚ Prooem.: In hoc traclala in proprii: viribus velul in
arundineo bacqu non confidens vesligiis doclorum inhaereo meliorum el praeripue
docloris eontmum's revnrendissimi e! praeclan'ssimi sanrti Thomar, caius scriptura sal
sandten: csl doclrinam aliam qualemcunque; haue qui sequilar, non ambulat in
tenebris n. s. w.
627) Tr. l, c. 1: Ineomplezis respondet oonceplio intelleclus, quae esl semndum
primam operultonem inlellectus, so. simplicium inlellt'gcnlia; e0mplez1's vero respondrl
conceptio intellectus secundum secundam 0peralionem, quae ext simplieium apprehen
sorum romposilio rel divisio in propositione.
628) Tr. l, c. 2: Primum autem prineipium demonstrahilium et enunti'abilium,
ad qaod omnia alle resolvunlar‚ fundalur super esse et es! de quotibcl „esse vel
non esse“. Ergo modo oonsimili terminus incomplezns‚ ad euius conceplionem omne:
eonceptionea incomplezorum reducunlur, es! ens. quod ab acta essendi sumilur. C. 41
Onmes conccpliones simptiaium et inemnplexorum resolvanlur in ens ‚wennde Avi
eennam (s. Abschn. XVI, Anm. 32 u. 193).
629) Tr. l, c. 3: Omne ens vel es! rationis lanlum, quod ext solnm in animo
et ab anima, et hoc cns nihil dicil positive et sulrieclire in anima, sed obierlive
solum‚__„ Vel es! ens reale, et 'l06 esl‚ quod non est ab anima, sed potesl esse in
animo et extra animam, nee dependet ob operatione intellcelus praecise . . . . .. Ad
primum ergo genau aal modum enlis pcrtinenl onmrs srcundae intentiones, at genus,
species, et nominal, quae designantur nominibus serundae impun‘lionis apud gramma—
lieos et secundae intenlionis apud logicos, et de lalilms proprie ext logica. Ad secnn
dum autem modum perlincnt omnee res, quoc significantur nominibus primae impo
silionis et in logica nocantur primae intcntirnies; et de omnilms talibus entilms saut
omnrs scienliae reales. Ebend. c. 6: Srcundum grammolico: omne nomen est primac
imposilionis vel serundae, et secundum logieos primae intenlionis rel secundae; et hoc
realiler «dem ext, liest voces sint divenae.
630) Tr. II, c. 268: Si intrntio aceipialar ex porle inlrlligentis, sie dicilur in
lenlio omne illud‚ quod per modum reproesenlanlis ducit intellecturn in cognilionem
uniuscuiusque rei; et quia species intelligibiles et acta: inlelligcndi, conceplus menti:
formalus, qucm nos verbum mentale dieimus, reprauenlaliue ducunl in cogm'lionem
rerum, ideo quodlibet eorum hoc modo inlrnlio vocolur el..... quaeounque simililudo
eine quodcunque exemplar realiler repraesenlando dann: in cognilioncm remm.
20‘
308 XIX. Armand von Beauvoir.
welche er hauptsächlich erörtern wolle, auf die erkannte Sache selbst
sich beziehe und hier dann entweder bloss formal abstract oder aber
materiell concret bezeichnet werden könne 63‘). Denke man aber in
letzterem Falle lediglich (absolute) an die Sache als objective selbst, so
sei allerdings von keiner intenllo mehr die Rede, sondern nur dann,
wenn man das Verhältniss (habitudo) der Sache zum Erkenntnissacte ins
Auge fasse“”). Jedoch eben das Motiv einer Unterscheidung zwischen
prima und secumla intenlio könne nicht aus der subjeeliven Bedeutung
der intentio entnommen werden, da diess auf eine zeitliche Reihenfolge
entweder in der denkenden Seele oder in den auf successive Objecte
angewiesenen Denkacten führen würde, sondern nur in der objectiven
Bedeutung finde sich der Unterschied, dass einerseits (prima intentt'o)
den realen Dingen an sich Etwas zukommt, was nicht selbst wieder cm
Erzeugniss des Denkens ist, und andrerseits ihnen Etwas vorstellungs
weise (secunda intentio) zukommt, so dass hiemit innerhalb der erwähnten
habt'tudo der Dnalistnuszwischen res und ratio das Entscheidende ist“33).
Was hingegen den Begriff des intentl'onale betreffe, so seien jene obigen
Momente, welche in der snbjeetlven Seele als repraesentantia wirken,
das wesentlich lutentionale, während das objective Ding an sich erst von
jenen her seinen Namen bekomme und somit nur ein denominatives
Intentionale seißß4). '
Bei solcher Auffassung, welcher man übrigens eine gewisse Schärfe
631) C. 269: Saaundo accipitur intenlio . es: perle rei inlellectae, et ‚n'a
loqm'mur hie de talentierte in proposito. Hau: unter» intentio duplieiter accipitur et
inrenitur. Uno "wdo formaliter t'l laue significatur in abstracto, ut hoc nomen
„intentionalitas“, et haec habltado in ab:tracto praecise significat purmn cm
ratiunts. Alio modo acvipilar materiatüer et laue significalur in concreto; ipso
ergo re.s mtelleuta materialiler in concreto dtcitnr intentio S’il)? res intellecta, mm
uns reale, Itl homo, lupis et Imiusmodl. .
632) C. 270: Hans aatem res intellecta, quando eal oerum ens reale, du
plieiter ronu'derarl potesl. Uno modo absolute, at es! res praecise non habeado
respectmn ad intellectum, et sie nutla res dicitur inlentio.... Alle modo patest cou
siderari cum ltttf)llutllttt' ad actnm intelligendi. t'nquantum es! intellccta, et si6 quot
|lam ltabilttdo ip.sam eonscquitur, quae fomaliter intenlio dicilur.
633) C. 271: Ordo istc. umle aliquae‘ dicuntar prima: intentioncs et aliquar
neundae, nun putcst samt ex perle intelligentis, qaia sie spect'es intelligibilis‚ quae
2st primum rupraesenlaliuum anteiligendi, esset prima intentiu, et aclas intelligendi,
t/ut' es! seeundam, esset secimda irttanlto‚ cl verbam mentale esset tertia,‘ quae samt
(also. Nut: poteat samt es: perle acta; inlclliyemli, qm'a sie Sonate; esse! prima:
ante1lu:tux et Plato secnndas . . . . .. 0porlet. quer! iste ordu accipiatar ex perle rei
intellectae‚ inqaantum est intellecta; nam quaedam ‚mal intelligibt'lia, quia mm
aera um's rcalza‚ quac corwenianl relms mm ex opere intellccms. et hart: 0mm'a,
quae sie rcbus conveniant‚ dicuntur primae interttt'ancs et nomina taliam diountur
etiam numina pn'mae impoat'tionis secundum yrammatico:.„... Alia mal, qaae ton
vem'unt rebus‚ sccandum quod saut obieclire in intellecta et non aliter. et ista
dicuntur secumlae intentianes Et sie: samt dito modi essemli generales‚ so. se
candum rem, et isle est priums‚ et secundum rationem, et isle est secundns; ita
eliam ab istis daolms generibus sumttar divisio intentionam.
634) C. 273: lutentinnale potesl accipi dupliciter‚ so. cssentialt'ter et denorm
native latentiones, quae saut es: perle intelligentis. samt speaies intelligibiles,
actus intelligendi‚ conceptas formalus, et dicuntur intentionalia vel t'1llenli0nata essen
tialiter, quitt samt intcntiones reram. Illa aalem‚ quorum saut intentione: et quorum
saut repraesentata'va, dicuntur esse intentionalia denominatt've.
Eä—-‚___A
XIX. Armand von Beauvoir. 309
der Distinction nicht absprechen kann, versteht es sich von selbst, dass
Armand (ebenso wie alle Uebrigen mit Ausnahme Mayr0ns) grundsätzlich
gegen den Platonismus polemisirt““) und das Verhältniss zwischen
Sinneswahrnehmung und Universalien nach aristotelischer Tradition auf
fasst““). Auch zieht er sich betreffs der Universalien eigentlich auf die
Unterscheidung zwischen causando und praedicando (s. Anm. 248, 258,
426, 457) zurück, nur stellt er der caasalitas die abstractid gegenüber,
welch letztere er (abgesehen von objectiver lmmaterialität) neben der
praedt'catio der Logik auch in der Physik und in der Mathematik aner
kennt'""). In Bezug auf das Princip der ludividuation folgt er dem
Thomas 638), welchem er betreffs der Angelologie durch die Ansicht des
Aegidius (ob. Anm. 382 f.) auf die Beine hilft “39), während bei um'tas
formee ein einfacher Anschluss an Thomas genügt“°); aber die intensio
et remissio forman erinnert uns an Durand‘“l).
Die Durchführung aber des Begriffes der intentio durch das Gebiet
der Logik gestaltet sich bei Armand in folgender eigenthümlicher Weise.
Zunächst erörtert er jene Worte, durch welche eine generelle Modalitäl
des objectiven Seienden ausgedrückt sein soll, d. h. die thomistischen
635) Expos. s. lib. de ente et ess. f. 16 A: Neccssitas ponendi idvas a Platone
ell duplex, ana ex perle eognllianis, alle ex perle artiom's exterioris..... Sed ista
necessitas nette ext, quia, licet ponamus‚ quod scienlia sit de nacessariis et sempi
ternis, von oportel lernen propter hoc, qaad ponantur separate seaandam rem; sed
sufficil‚ qaad ponanlur separate secundam ratiancm et considerationem ratlonix. Alle
rausa necessitatis est ex perle actiom'a, sed nec ista vatct, qaia ad istas opera
tiones feciendas su/ficit agens universale, qaod es! coelum cum dispositione materiae.
Decl. di/f. term.‚ Tr. ll‚ c. 276: Senandam Pletom'ms, qul pomqnt universelle sub
sistentie, . . . . .. universale esse! pries quem partieularia, ende seaandum eas par
tiaelaria nun saut nisi participatione universelium subsislentium‚ quer dicantur ideaa.
636) Tr. II. c. 235: De priorilate cognitiem's diverse in intellecta et in xensu
reapecta universelle et particuleris naturaliler qvwad ”08 81 i” SvMß Prima
saut eogm'tinne singalerte‚ universelle entern posteriora; in intellectu entern e
converso.
637) Tr. ll, c. 275: Universale sumilur triplicilßr. Ext em'm quoddam univer—
sale causulitute; alle modo dici'tur universale abstradione, all8l't‘fll‘ll0 autem esl
duplex . . ‚ . .. Ouaedarn samt abstracta e materie secandam essr; alle modo
secundum intellectax vonsiderationem. Hoc aetem potest fieri tripliciter: ano modn
ebequc hac materia sensibili, ‚...el talis abstrectio vocatur physice .. Alle
mado intellectns cansidorat mm selarn sine hec materia sensibill‚ sed altem sine
consideraticne sensibilis malen'ec, ....sed nun eine materie intelligibili‚ et telis abs
tractio vocalar mathemalica Tertio modo ‚ . . . .. eu abstractum commanitate
pracdicationis, ....et sie universale sumptam dicitar, qaod ext aptam natam de pla
ribas praedlean'. Vgl. Robert Capito, Abscbn. XVII, Anm. 344. -
638) Empor. s. lib. de ente et ess. f. 11 A n. B.
639) Ebend. f. 18 A: Simi'liter de qualibet spacie angelica, qude de so ext com— ‘
manicabllis plaribus, qale .u' c:sent plurcs angelt in eadem spule, cuilibet eurem
euet commanicebilis. Sed qala tote telis per/edle specificale in uno indivtdao ren
tinetar, ideo alten' non commum'catar neu cemmanicari pelcst 4’lidfll virtate dünne, et
‚n'a petet sntutio ad obiectioncm.
640) Ebend. f. 13 A: Secundarn ponentes pluralltalcm furinerum in ano suppo
alle alle forma est illa, per qaam corpus est corpus, et alle. per quam animal est
animal. Sed set‘undam penentes anam fornlarn est eedem forma realiter, et quia
istius opiniom': /uit sende: Themas, idcv dicit, qaod .anima non es! alle forma ab
alle, per qnam corpas es! eorpas.
641) Deal. difl’. trrm. Tr. ll, c. 261; s. oh. Anm. 573.
310 ' xnx. Amand von Deauvoir.
sechs transcendentia"“). Dann folgen die Worte der prima intentto,
welche eine specielle Modalität der geschaffenen Dinge bezeichnen, d. ‚h.
die Kategorien, Wobei sich uns allerdings das Bedenken erhebt, ob die
selben wirklich zur Logik gehören können, denn sie sind nicht bloss (wie
bei Bnrleigh, Anm. 593) näher an die Metaphysik gerückt, sondern sollen
nach Obigem‚ (Anm. 629) ja wesentlich den realen Disciplinen anheim
fallen“"). Aber erklärlich ist es dann, dass Armand in der Einzeln
Erörternng, welche ihn auch (wie Mayron) auf die Synonyms substantia,
subsistentia, quiddilas, natura führt““)‚ in reichem Maasse über den
Umkreis der Logik hinausgreitt und Fragen aus der Physik, Ethik, Meta
physik und Theologie discutirt““). In logischer Beziehung ist zu er
wähnen, dass er bei der Kategorie der Relation den scotistischen Begriff
der aequiparantt'a verwerthet“°) und bei den sog. Postprttdicamenten,
für welche er den Gilbertus Porretanus reichlichst benützt, auch die
byzantinischen Worte „alietas“ und „diversitas" beizieht°").
Indem nun der Umkreis der secunda intentio folgt, ist vorerst von
denjenigen Begriffen die Rede, welche sich auf incomplexo (Anm. 627 f.)
beziehen. Dieselben aber werden nach einem eigenthümlichen Gesichtspunkte
eingethcilt““), so dass zuerst jene zur Erörterung kommen, welche den
obigen transmdentia und den Kategorien gemeinsam sind; als solche wer
den vierzehn (unter ihucn z. B. auch univocum, aequicocum) aufgezählt°“)
642) Tr. II, c. 12 Nomina, quae ezpn'munt modum entis conrequentem genera
Iiler omne ens c! addunt hunc modum exprimendo ipsum varic super ens, sunt qainque
lranascendenlia, et ens, ad qnod addunl hunc modnm, es! se.rlum transscendens;
herum aalen: su/‘ficienliam, signifiralinncm cl difierentiam ab invircm ponil sanctu:
Thomas (s. Abschn. XVII, Anm. 515), d. h. ausser ans sind es die fünf Begriffe
res, unum, oliquid, verum, houum (s. ob. Anm. 273 u. 355, vgl. 511), welche
Armand nun c. 2—28 in metaphysischer und theologischer Beziehung ausführlich
erörtert.
643) C. 29: Nunc dicendum es! de nominibus primae inlentionir, quibus ex
primuntur speciales modi essendi enlium realium, quae nomina dicuniur de um,
quae conveniunl omm' enti crealo; et rocanlur a Iogicis deren: rerum genau sire
dauern praedicamenla.
644) C. 32 u. 42. Vgl. ob. Anm. 548.
645) Bei Besprechung der Substanz zieht er (c. 50 ff.) nicht blass generatio
und complio bei, sondern auch nita, und zwar insbesondere vita contemplalira, bei
der Quantität (c. 53) aetmu'tas und infim'lum, bei der Qualität (c. 73 ff.) mittelst
des Begriffes der uirlus nicht bloss die drei theologischen Tugenden, sondern über
haupt das ganze Gebiet der Moraltheologie, bei pasn‘o (c. 150) die ganze Psycho
logie, bei relatio (c. 175 ff.) die Trinitätslehre, bei mehr: (c. 238) die vier aristo
telischen Principien, u. s. f.
646) C. 174; vgl. ob. Anm. 583.
647) C. 205 f. S. Abschn. XVII, Anm. 213, 217, 266.
648) C. 264: Postquam expedili sumus de nominibus primae in!enlionis, arce—
dendum es! ad declaralionem nominum sive vocobulorum In secundis intentionibu: quaedom sunl communes omm'bussecIurnodnasecenidnteennltiibounsis et om
nibus decem rerum generibus, sicut hoc, quod dito proedicabile et multa alia; quae
dam saut solum communes dann generibus rerum, sicut hoc, quod dico genus et
spezies et mulla alia; quaedam sunl specialilcr pcrtincntes ad unicam genus, nt hor.
quod dico supposilum, quod in genere subslonliae solum inveuüur.
649) C. 2651 Ouoe stmI communes transcendcntibus et decem gmtribus, ocrur
runt.... qualuordecim, et sunt hau: inlcntio, lranscendens, universale, abstraclum,
coocretum, praedicamentum, praedicabiie, procdicatum, subiectum, subiics‘hile, um'uo
cum, aequivocum, anologum, denuminativum.
XlX. Amand von Beauvoir. Petrus Paludanus. 311
und einzeln erklärte“). Sodann reihen sich diejenigen an, welche
nur den zehn Kategorien gemeinsam sind, und als solche treten die
Universalien auf, deren Zahl jedoch hier durch Hinzufügung von par
!icularis, aingularis, individuum, auf acht sleigt“‘). Und zuletzt folgen
jene, welche nur einer einzelnen Kategorie zukommen, nemlieh entweder
der Substanz 652) oder (bei theologischen Fragen) der Qualität oder
der Relation 653). Indem aber nun auch noch jene secunda intentio,
welche sich auf complewa bezieht, an die Reihe kommen soll, wird hiebei
zunächst die Lehre vom Urtheile, die Syllogistik und die Topik beige
steckt“‘), und den Schluss machen in Bezug auf „conditiones complexo
mm" in merkwürdigem Wirrwarr das sog. dic!um de omm' und die
byzantinische Beduplicatio 655).
Auch der Dominikaner Petrus Paludanus (oder de palude,
gest. i. J. 1342), welcher bei den Theologen als hervorragender Verthei
diger des Thomismus gegen Durand gilt, entfernt sich theilweise von den
Ansichten des Thomas. In seinem Commentare zum 3. u. 4. Buche des
Petrus Lombardus““) begegnen wir wohl dem auch von Thomas aufge
nommenen Aristotelismus betretl‘s der universalia in re657) und des
650) Ueber in!entio wird gehandelt c. 266—273, über transcendens c. 274,
über universale c. 275—277, über abstrac!um u. concrelum c. 278 f., über praedi
calum, praedicabile, praedicamenlum‚ subieclum, subiicibi!e c. 280, über die ubrigen
vier c. 281.
651) C. 282: Nun: dicendum res!al de nominibus secundae in!en!ionis‚ quae
rouvem'unt incuntplexis e! sun! comnmnes omnibus praedicamenlis . . ls!orum
nominum es! !riplex difl'erentia‚ cum res in praedt'ramenlo exislens possi! sumi in
universali‚ quod dicitur respectu par!iculuris‚ e! in parliculari‚ qnod dici!ur respeclu
unwersnlis, i!cm quaedam possun! eonvenire rei, pron! sie vc! sie cousideralur. Zur
ersten dieser drei Arten werden nun gerechnet genus, species‚ difl‘crenlia (c. 283—285).
zur zweiten parlicnlaris, singularis, individuum (c. 286), zur dritten accidens, pro
prium (c. 287).
652) C. 288: Mode resta! dicendum de nominibus secundae in!cn!ionis‚ uns
solum conveniun! bis, quae sun! de praedicamenlo substantiae. Als solche fo gen
nun supposi!um, hoc aliquid, res na!urae, hyposlasis (c. 289—291).
653) C. 292: Nunc divendum es! de nominibus serundae in!en!ionis‚ quae can
vem'unt rebus de yenere qualita!is . . ‚ ‚ .. l)e illo svlo hie deler1ninu, min: usw es!
npud lheologos, secundum quod diciml, in deo esse mul!a a!!ribula. C. 293: De
nomim'bur secundae in!en!iom's, quae conveniunt relatiom'bus . . . . .. Unum !a!e nomen
habe! usum apud !heologoa ....‚ sc. hoc nennen „nolio“ (bis c. 296).
654) C. 297: Res!at dicendwn de nominibus aecundnmm in!entionum, quae com—
plezis convem'unt. Als solche folgen nun in äusserster Kürze (bis c. 299) ora!io‚
emul!iatio‚ propositio, praemissa, conclusio‚ defini!io‚ descvip!io‚ argumenlum, syllo
gismus (nur die Dreitheilung desselben in demonstrativus, dialec!icua,_sophisticus),
eß!hymcma‚ indu!io, exemplum.
655) (1.300: Dicendum de nominibus secund’urum in!entionum, quae conveniun!
quibusdam condi!ilmibus compiexorum, wobei (bis c. 302) erörtert werden die! per
se, die! de omm', dici de nu!lo‚ und redup!icatio (s. Ahschn. XVII,Anm. 26211.608f.)‚
welch letztere beispielsweise auf die vier aristotelischen Principien und auf Urtheile
über Accidentelles bezogen wird.
656) Pracclarisaimi doc!oris domini Pe!ri de Pn!ude .. soriplum super terlium
senlentiarum. Paris. 1518. fol. und Exuclissimi e! quam moxime proba!i ac n!arissimi
dacturt's Pem' de l’a!ude . . . . .. quartus senten!iarum über. Paris. 1514. fol.
657) lll, Dis!. 22, qu. 1, f. 108 r. A: Humo "amen es! speviei in genere sub
s!an!iae‚ aed in malerinlihus squ substantia mmposi!a es! per se in genere rub
312 r ‘ XIX. Petrus Paludanus. -
Verhältnisses zwischen Denkeinheit und materieller Einzelnheit ‚658); aber
zugleich verwendet auch er (wie so viele Andere, s. Anm. 291, 375, 409,
469) die scotistische species intelligibilis als Darstellung der ohjecto
und Veranlassung des Denke'ns, jedoch mit dem sonderbaren Zusatze,
dass dieselbe in ihrem gegenständlichen (subiective) Vorhandensein im
Denken von anderer Art und Natur sei, als der ausscre Gegenstand
selbstß59). Bei der Frage aber über das Princip der Individuation wendet
er sich am Weitesten von Thomas ab, indem er den auch von Gottfried
v. Fontaincs eingewendeten Gegengrund gegen die Quantitat(s.ob.Anm. 66)
anführt und dem positiven Gehalte nach so ziemlich die Ansicht des
Seotus (Anm.142) und jene des Anlonius Andreas (Anm. 473) miteinander
verbindet, d_. h. er verlegt die lndividuation überwiegend in die Form
als das Actuelleößo), wenn auch die Potentialität der Materie als zweites
Moment hinzutrete 66|), während bei den Engeln Gottes Sehöplerkral't sich
an der blossen Form genügen lasseßu). Hingegen was unilas formae
betrill‘t, stimmt Paludanus wieder völlig mit Thomas übereinö‘“), und
stantiae, Homo et equus in singularibus universaliter non sunt substantia,
i. e. orma. sed simul totum quoddam ex hoc materia et hoc ralione.
658) lll, Dist. 5, qu. 2, l. 34 v. B: ”lud animal, quod es! homo. non est
commune omni animali. sed proprium huic, et licet significat in communi aliquid
unum ratione, non tamen unum re, nec verificalur de una re pro mattia.
659) IV, Disl. 49, qu. 1, l. 227 r. B: Duplex abiectum cognitivae potentiaes
unum quidem commime, inquantum est potentia, aliud autem proprium, inquantum
es! tatis potentia . . . . .. abiectum intetlcetus, ut intettectns, est ensl ut autem con
iunctus, ens materiale . . . . .. (v. A) Hans autem specie-mi quae dicitur facere cogni
tioncm, sive sit actus ipse sive prinripium eius in eodem subiecto existens, non
possumus dicere esse eiusdem speciei cum obiecto, prout ipsa est in intattectu, quia
nihil subiective existens in intellectul sive sit species sine actus sive haln'lns, polcst
rue eiusdem speciei vel naturae cum re emteriori, quae per eum intelligitur..... .
f. 228 r. A: Neo tamen inter abiectum et adum est similitudo formatisy sed tantum
virtuali: . . . . .. Species est necessaria ad repraesentandum abiectum et ad eliciendum
actum et determinandum.
660) III, Dist. 6, qu. 2, f. 36 v. A: Dieunt, quod suppositum habet esse for
maliter suppositum per quantitatem .... .. Contra hoc tamen a quibusdam arguitur,
. . . . .. (B) quia quantitas aut quodcunque accidens non potest esse ratio individua
tionis substantiae . . . . .. Soerates non est, homo vel substantia nisi per suam sub
stantiam et Iimililfl' Pluto .... .. (l. 37 r. B) Tonen! atii, quod suppositum non difi'er!
realiter a natura, cuius est suppositum, ut Socrates ab humanitate . . . . .. (v. A) Sic
igitur, licet ad esse individui substantiae habentis materiam et formam cnncurrat tum
materia quam forma, principatior tamen est forma, per quam principatius substantia
est substantia et hoc aliquid..... E! si quaeratur, per quid haec forma es!‚ dicitur,
quod ab agente efficienler dispositiue, subiective a materia, formaliter autem e! com—
pletino a se ipsa.
661) lll‚ Dist. ao. qu. 3, f. 175 r. A: In rebus materialibus substantia/ibus sunt
duo principia rei intrinseca, quorum unum dicitur potentia simpliciterl sc. ma
teria, aliud autem dicitur actus simpliciter sive id, secundum quod aliquid dicitur
actu esse simpliciler, sc. forma.
662) IV, Dist. 12. qu. 2, f. 50 r. A: Deus poles! facere formam sine materia et
non e converso, quia materia non est esse formae nec est causa formatis ipsiusy
forma autem vel est ipsum esse vel est causa famulis ipsius, et.dcus non potest
facere esse sine forma absolute nec esse substantiate sine forma substantiati.
“" 663) lll, Dist. 24, qu. 3, f. 131 v. A: Esse vel est idem existentiae cum esse
ussentiae vel est ei proportionabitel . . . . .. unde mirum est, quod in uno ente aliqui
ponunt plures formas substantiales.
XIX. Gratiadei von Ascoli. 313
folgt auch dem Aegidius (ob. Anm. 387) bezüglich der in!ensio eJ re
missio formarum“‘).
Wieder ein anderes ganz eigenthümliches Bild eines Halb-Thomismus
zeigt uns der Dominikaner Johannes Gratiadei von Ascoli (gest.
1341), indem derselbe der thomislischen Lehre gleichsam ihre realistische
Seite abzugewinnen sucht und hiedurch zu Anklängen an gegnerische
Richtungen geführt wird. Wir besitzen von ihm einen ziemlich ausführ
lichen Commentar zur Ve!us logica 665); einer selbstständig von ihm ver
fassten „Logica“, welche er dort einmal citirt“°), müsste erst in den
handschriftlichen Schätzen der Bibliotheken nachgespürt werden. - Schon
was die principielle Stellung der Logik betrifft, theilt Gratiadei den
Standpunkt des Franziskaners Roger Baco (Abschn. XVll, Anm. 561),
dass dieselbe zu den praktischen Wissenschaften gehöre, weil sämmtliehe
rationelle Disciplinen abgesehen von ihrer Unter-Eintheilung sich jedenfalls
um ein ‚.‚opus“ ratiom's drehen “67), und auch wenn man nicht mit Un
recht sage, dass die Logik nur modus sciendi sei und daher weder zu
den speculativen noch zu den praktischen Zweigen gehöre, sondern alle
umfasse, so müsse man dennoch, insoferne einmal jene Alternative be
stehe, sie in höherem Grade dem praktischen Gebiete zuweisen 668). So
liegt ihm auch für en.r rationis das Eintheilungsmotiv nur in „operatio“
rationis, und indem er diese (wie Herveus und Durand, s. Anm. 398
u. 551) dreigliederig ‚als einfaches Erfassen, Zusammensetzen, discursives
Vergleichen eintheilt, ergiebt sich ihm natürlich die Reihenfolge der
664) III, Disl. 27, qa. l, f. 147 v. A: Mac! subiectum dica!ur de minus !ali ficri
magi: lale, mm !amen subieclum dicilur in!endi e! remi!li‚ sed forma ipsa, secuadum
quam subieclum divi!ur fien' de minus !ali magis !ale,- sed forma non posxe! dici
in!endi proprie, m'n' radem forma, quae feil remissa, pos!ea esse! in!ensa‚ . cum
es! habi!us in gradu.
665) Commenlan'a Gratiadei Eseulam' ordim': praedicalorum in !olam ar!em
ve!erem Arirlo!ilem [sie]. Vrnel. 1493. fol. Das Bach ist nicht pagiuirt, daher ich
nur nach den „Lec!iones“, in welche die Commentare der einzelnen Bücher (Prac
dirahilia, Pruedicamcnla, Sex principia Gilbert’s, Periermenias in zwei Büchern, vgl.
Abschn.Xl'll, Anm. 442. u. ob. Anm. 574) eingetheilt sind, citiren kann. Uebrigens
ist der Druck durch eine Menge der nachlässigsten Druckfehler entstellt, ein Miss
stand, welcher bekanntlich bei den Venetianer lncunabeldrucken nur äusserst selten
vorkömmt; bei Aanlbrung der Qurllenstelleu corrigire ich Solches stillschweigend.
666) Praedicab. Lest. 7. S. die Stelle unten Anm. 680.
667) Prooem.‚ wosclbst nach Eintheilung der Wissens_chaft in rpeculaliva und
prach'ca und nach Unterabtheilung der ersteren in Metaphysik, Physik, Mathematik
gesagt wird: Scienliarum vero prac!icamm dislinc!io aparte! quod suma!ar secundum
dis!inctionem operum; opus autem !riplez poles! assignari, so. mechanicum, moralc,
e! opas m!ionis . . . . .. Circa opus ra!ionis vrrsanlur scien!iae rationales. Ulrnm
au!em ars rationalia .n'! dividenda in gramma!icam, rhetoricam e! logicam, sicu! qui
dem dividun! (s. ob. Anm. 87 u. Abschn. XVII, Anm, 363), vs! po!ius sit dividenrla
in logicam‚ rhe!oricam e! poe!icam, sicu! dividunl alii (s. ebend.Anm.293), an magis
comprelwnda! omnes qualuor, mm per!ine! ad pracscn!em locum, qm'a de cola
illa parle agimus, quae proprie !ogica vooalur.
668) I’roaem. qu. l: Logica nidelur proprie dicenda esse mm quidrm scien!ia
praclica nec specula!iva‚ .wd modus e! regula goncralis omm‘s sriefl!iuc (am pructicar
quam speeulalivac, inquanlum earum quarlibe! es! considerans veritatem....‚ Ouamvis
au!em proprie loquendo ipsa logica si! modas r! regula scim!iarum, si tarnen ve!imus
ipsam !rahere ad denominalionem scien!iac rpcculalirae au! prarticae, magis es! dicenda
scien!ia prac!ica, quaui rpecula!iva. ‚
314 XIX. Gratiadei von Ascoli.
Bücher des 0rganons (Kategorien, De interpr.‚ und „naoa logica“, für
welch letztere er die arabische Unterabtheilung aufnimmt); aber insoweit
es sich dabei um die lsagoge handelt, spricht er mit möglichster Schärfe
die Unterscheidung aus, dass die prima aperatia ra!iam'a‚ d. h. das ein
fache Erfassen, einerseits als prima intentio zu den Kategorien und
andrerseits als secumla in!entia zu den Universalien führe, und so die
traditionelle arabische Auffassung des Gegenstandes der Logik sich be
wihre, wenn auch das principiellere Uebergewicht (pn'nct'palius) auf die
secunda inten!ia falle 669). Scheint aber hiedurch die Stellung der Kate
gorien innerhalb der Logik immerhin wieder bedenklich zu werden (vgl.
bei Burleigh und Armand, ob. Anm. 593 u. 643), so hilft sich Gratiadei
mit der Distinetion, dass das m rationis entweder wirkliches Erzeugniss
des Denkens oder nur behufs denkmässiger Anordnung in die geistige
Werkstätte (operatia) beigezogen sein könne, und somit in letzterem wei
teren Sinne die Kategorien sicher zum ens ra!iom's gehören“"); nemlich
nur das aus schlechthin an sich genommen sei Gegenstand der Metaphysik,
die Logik aber als madus seiendi bringe es eben unter die dem Denken
angemessene Anordnung 611). In solchem Sinne hält er daran fest, dass
ens rationis Gegenstand der Logik sei, und palemisirt ausdrücklich gegen
die scotistische Ansicht, welche den Syllogismus in den Vordergrund
669) Praaem.: Logica au!em cum circa ans ra!ionix verse!ur, aparte! quad se
eundum ein: distine!ianem dividalar; ens vero ra!ianis dis!inguitar secundum diversem
ratiam's operatianem; es! aalen! !riplex opera!io ra!ianis: simph'ciam iulc!!igenlia,
......camposi!ia e! divisia simplicium apprehensarum‚ diseursus rationis a nolo
ad ignalum. E! de en!e‚ quod perline! ad !er!iam apera!ionem‚ agiler in tote arte
nova; de ente‚ qaad per!ine! ad secundam operatianem‚ agi!ar in libro Pericrmenias;
sed de en!e‚ qaad perline! ad primam, in libro f’raedicamentarum. Ars au!em
neue, qaae !ola versa!ur circa ra!iocinatianem‚ aparte! quod dis!inguatur secundum
diversem eonsideralianem eins; potes! au!em ratioeina!ia duplici!er nonsiderari‚ una
qaidem modo simplici!cr sine applica!ione ad materiam aliquam, e! a!ia moda.....
cum app!icalione ad maleriam specialem u. s. f.‚ d. h. Ersteres enthalte die erste
Analytik, Letzteres die zweite Analytik, Topik und Sophistik (nach arabischen
Vorbilde wie bei Albert, s. Abschn. XVII, Anm.459).....‚ Ouia vero über l’orphyn'i
non eide!ur esse inelusus in !o!a divisione Iogicae, sciendam cs!‚ quod
simplieia apprelrensa, quae per!inea! ad primam opera!ionam ra!ianis‚ saut duplicia,
quia quaedam samt, qaac vucanlur primae inten!ianis‚ a! substantia, quantilas e!
similia‚ quaedam vero, quae vocanlur sccundae in!en!ionis, u! genus, species e! simür'a.
De u!risque his !ogicus considerat‚ quamuis considere! prinzipalius de bis, quam dr
primis; ende e! pro tan!o diri cansuevi!‚ quod !agira es! de secundix in!ea!ionibus
iunc!is primis; de primis ergo agi!ur in Iibra l’raedicamenlomm sed du secundir in
Porphyrio. nur! quidem amm' mada, sed cum reduc!ionc ad cer!um numeram praedica—
luh'um. Die Haupteintbeiluug des uns ra!ionis ebenso Periherm. Lec!. l.
670) I’ruediram. Lert. l: Ens ra!iaais samt poles! duplici!er: ano quidem moda
i!a‚ quod ens m!ianis appe!letar i'd so!um‚ quod es! a ra!iane im!itulam au! faulem;
alia aa!em mado sumi poles! magis large, u! ens ra!iunis diea!ar nmne i'd,
qaod pales! esse auf; ordine ra!ianis ipsum lrohen!is ad suam operaliancm‚ e! se
eundum haue modern . . . . .. e! deerm praediramenla eon!inentur sub en!e ratiom's.
671) Ebend.: De en!e dapliri!er es! loqui: ano quidem mado simp!iciler e! se
ramlum se, e! alio mado secandum quod habe! ordinem ad ipsam ratianem. E! prima
modo eansidera! de en!e pn'mus physirux (d. b. die Metaphysik)‚ secundo au!em mado
de en!2 habe! co1tsiderare logicas‚ ende e! logica pro !an!o voeatur scien!ia rationalis
Nun es! inconveniens, sed valde neoessarium, esse !a!es seeundas scien!ias com
muues‚ quales saut metaphysica e! logira‚ quaram una es! vere. e! simpliciler scicn!ia,
alia vera‚ u! pula logicu, es! sciemli regula e! madas.
Xlll. Gratiadei von Ascoli. 315
stellte; denn nicht der Syllogismus, sondern nur etu ratiom's sei es, auf
welches die obersten Principien der Logik, nemlich das sog. principt'um
identitatt's (vgl. bei Mayron und Armami, ob. Anm. 522 u. 628) und die
sog. regula de quocuuque (vgl. bei Albert, Ahschn.XVll‚ Anm. 433), sich
beziehen, und ausserdem behandle die Logik auch die dem Syllogismus
vorangehenden Zweige um ihrer selbst willen, insoferne sie (-— dieses
Motiv ist dem Aegidius entnommen, s. ob. Anm. 369 ——.) als modu:
scieudt' überall da eintrete, wo die menschliche Vernunft dem lrrthume
verfallen könne6n); und eben diese lrrthumsl'ähigkeit bestehe auch be
züglich des objectiv sachlichen Gehaltes der prima intenlio, d. h. der Ka
tegorien, so dass es unmöglich sei, diese aus der Logik auszuschliessen'"”).
Den Spracbausdruck‚ welcher in der scotistischen significatlo liegt, will
Gratiadei biebei principiell nicht sehr hoch anschlagen, denn das Moment
der Bedeutsamkeit der Worte sei eben eine Darstellung (repraeaentatt'o),
auf welche sich die forma dictiom's mittelbar beziehe 674), und wohl nicht
ohne Absicht betont er somit, wie Armand (Anm. 630), die innere Sprache,
d. h. das verbum mentale 675).
Nun aber fasst er auch die secsmda intentio, welche doch ein Er
zeugniss der denkenden Seele sein soll (Anm. 670), zuletzt völlig gegen
ständlich; nemlich mit einer [listinction, welche trotz wesentlicher Ab
weichung uns dennoch an Armand (Anm. 630 ff.) erinnert, sagt er, das
672) Prooem. qu. 2: Ouaeritur, nimm subiectum logit‘ae sit ens rationis aut
lautem syllogismus . . . . .. Subtertum logicae es! ens ratiouix..... Courtat salis evi
denter, quod syllogi.vmus mm ext subieetum pn'uripiorum maxime universalium logicae‚
nam..... isla saut maxime universalia: „De quolibet est affirmalio vel negalto vera“
et „Ouaudo allerum de altem pracdiratur, quaccunque de pracdiralo dicuutur, zudem
et de subtccto dicuntur“, quorum principt'ormn nou est sylbgismus subtectum, sed ens
rationis. De praedicaruenlis et enuutiattuue nonsidcrat logirus uon rolum in online
ad syltogismum, quod lacit in arte nova‚ scd etiam secuudum se‚ quitt logica..... de
illis omnilms cliam seruudum se dvtermiuare debet‚ in quihus ipso ratio mare polest
. . . ‚ .. St enx ratiouiv ext subicctum totius lrivii, oportet etiam quod slt subiectum
supremae parlis eins, quae pro laute retinet sibi soli uomeu loyicae...... Uude syllo
gismus uon est principale inteutum in logica tote, seil est primipalc inteutum respectu
aliorum conteutarum sub ente rationt's. ITuedtt'flm. Lest. 1: Commum'ter vonsuevit dici‚
qtmd omuia cousiderala tu logica practer syllogis1num nonsiderautur solum du ordinr
ad syllogismum . . . . .. Constat autem, qaod siue alle respectu et alle Imbitudiuc ad
syllogtsmum potest ratio errare in online rerwu praedicameutalium.
673) Praedicaut_ Ltd. 1: Ottaeritur‚ utrum logicus considerel de dccc1u praedira
mentis solum ratione secundarum iulenlionum . Dicitar mim, quod logica es!
.«rieutia intentionum et neu scieutia rerum Seil ista opiuio mm plant mild; mani
festum est euim, quod ratio polesl mare uou solum in rebus praedicameutalt‘bus quoad
inteutioues secuudas, sed eliam quoad ipsam-m proprietatcm...„ Secuudae intentiones
dicuntur ab Aviceuua pro tanto esse subiectum logicae‚ quia in eis reservatur ratio
eutis rattouis‚ quod es! subicctum in logica‚ et non quia a subiecto logicae zula
dautur intentioues primae.
674) Periherm. Lect. 2: Nah dehnt poui, quod significalio sit essentialis forma
vocis, qua1tlumcuuque delttr, quod aliqua signifirulio naturaliler et iuscparabilttcr rou
comitetur vocem . Dicendum es!‚ quod forma dictiouis magis rouveut'euter ponitm'
esse ratio significundi, quam signifiratio, quia significatlo mm es! alittd‚ quam
quaedam repraesentatio.
675) Ebend.: Duplex est dictto et duplex verbum, quitt ext verhum vocale, quod
profertur sensibili vom, et ext verbum mentale, quod pro/erlur uou vocc, sed meule
intelligente ipnam rem.
316 xm Gratiadei von Ascoli.
Universale könne einerseits an sich unabhängig von der intentio univer
salitatis genommen werden, habe aber dann wieder ein doppeltes Sein,
nemlieh entweder ein reales, welches ausserhalb der Seele ist, oder ein
esse intentionale (s. ebend‚ Anni. 634), welches in Folge einer species
intelligibilis in die Seele verlegt werde; oder andrerseits werde das
Universale mit der intentio universalitatis verbunden aufgefasst und man
sage dann, es, sei so in der Seele; aber da man ja die Universalität
nicht der species intelligibilis zuschreibe, sondern dem durch sie vorge
stellten Gegenstande und dieser letztere in den Urtheilen das allgemeine
Prädieat werde (s. bei lturleighy ob. Anm. 579, 586, 599), so sei das
Universale auch in diesem Sinne ausserhalb der Seele, sowie die inten
tio universalitatis nur causal in die Seele verlegt werden dürfe, indem
auch sie gegenständlich ausserhalb sei und somit in einem traditionell
gewordenen arabischen Aussprache mit Recht der Aecent auf die Worte
„in rebus“ (vgl. bei Seotus, ob. Anm. tou zu legen seimß). Wenn
sonach Gratiadei die Universalien so sehr realistisch nimmt, dass er sogar
je nach den Gegenständen von körperlichen oder von spirituellen Univer
salien spricht “77), so dürfen wir uns nicht wundern, wenn auch hier
der Ausdruck „res universalis“ erscheintün). Aber platonisch ist die
ser Realismus wahrlich nicht, denn es knüpft sich an denselben die übv
liche Polemik gegen Plalosmjy sondern er ist vielmehr eine scotistische
676) Praedivab. Lect. l: Outnramus, utrum universalia sint extra intellertum
vel sint solum in intellectu..... De universali loqui possumus dupliciters uno quidem
modo simpliciter quantum ad naturam suam non consideranda ipsum ut est coniuncta
inlentioni universalilatisg et alio modo loqui possumus quantum ad naturam coniunctum
intentioni universalitatismn Prima modo secundum diversum esse potest inveniri
in intellerlu et extra intellectum,‘ secundum esse intentionale est in intellectu
informuto specie vel similitudine. sed secundum esse reale non est in intellectu
Serundo modo dici consuevit, quod universale est in intellectu ; .....sed si de hoc
velimus subtiliter indagare veritatem. videbimus manifeste. quod etiam universale sic
sumptum est realiter extra intellectum . . . . .. Cum intellectus attribuil homini univer
salitatem. oportet quod intelligat ipsum hominenig cum autem intelligit, oportet quod
informetur specie vel similitudine haminisg universalitatem autem non attribuit huic
similitudini vel speciei hominisy sed homini repraesentato per ipsam. quia similitudo
hominis non praedicatur de hominibus singularilnm sed de eis praedicatur ipse homo
Patet. quod universale quantum ad suam naturam roniunrtam universalitati est
extra intellectum lntentia unioersalilatis non est in intellectu sicut in subierto,
sed sicut in raasa; sicut autem in subiecto est in re habente esse extra intellectum.
inquantum apprehenditur ab intellectu Aurtoritas autem commentatoris (d. h. des
Averroes. s. Abschn. XVl. Anm. 181), non enim dirit nintellertus facit universalitatem
in speciebus rerum“, sed in ipsis „rrbus“.
em Ebend.: Om'a intellectus est pure virtus spirituach nulli organo corporea
afliza, ideo, quamvis omniay quae sensu cognoscuntun sint corporea. non tamen omniay
quae intellcrtu cognoscuntur1 sunt corporea, sed quaedam sunt spiritualia sicut an
geh} et quaedam sunt corporaliay sicut ista sensibilia. Secundum hoe dicendum est.
quod non omnia universalia sunt corporalia nec omnia incorporalim sed universalia
rerum sensibilium sunt corporeay et universalia rerum spiritualium sunt incorporca.
678) Ehend.: De rebus universalibus agitur a togico, secundum quod in ipsis
attenditur praedicamentalis ordo. ordo autem praedieamenti inter generas species et
differentias versatura
679) Ebend‚: Plato, prout ei imponitur ab Aristotele (vgl. ob. Anm. 502), posuit,
universalia ita esse extra intellertum, quod voluit etiam ea esse per se existentia a
singularibus separata . . . . .. Sed ista opinio sic intellecta, sicut sonat, est omnino im
ponibilis.
XIX. Gratiadei von Ascoli. 317
Uebertreibnng, welche allerdings bei einem Hallr'l‘bomisten sich sonderbar
ausnimmt.
Trotzdem aber behauptet er mit den 'l‘bomisten, dass das Princip der
lndividuation in der Materie liege, motivirt jedoch diesen Standpunkt
dadurch. dass, während vom Gattungsbegritl‘e zum Artbegrifl'e ein Fort
schritt der Vervollkommnung führe , der Uebergang vom letzteren zum
lndividuum auf einer Verengung und Begrttnzung beruhe, welche Schranke
bei den Naturdingen nur in der Materie ihren Grund habe, sowie man
im Allgemeinen von sämmtlichen Individuen (also auch von den immate
riellen, d. b. von den Engeln) sagen könne, dass eine Bestimmtheit (de
termiaatio) des Wesens das Princip der Individuation sei 880). Sowie
aber letztere Wendung bereits nicht mehr weit von der haecceitas des
Scotus entfernt ist, so drückt er auch die reale Auffassung des indivi
duums, — abgesehen von der logischen, welche im Einzelnen stets den
Artbegriil' erfasst, -- wieder in scatistischem Sprachgebrauche aus“‘).
Aus der Einzeln-Exegese, bei welcher Gratiadei in ziemlich breitspu
riger Diction das traditionelle Material (besonders Avicenna) benutzt, mag
erwähnt werden, dass er getreu seinem Standpunkte das ens rationis
als höheres Allgemeines über den fünf Universalien““) und ebenso über
den zehn Kategorien betrachtgt‘“), dass er gelegenttich mit Burleigh
(Anm. 612) die Begriffe intettectus pures, nudua, sotus erörtert““), fer
ner ebenso wie Armand (Anm. 653) die theologische Wichtigkeit der
Kategorie der Relation hervorbebt““), sodann den Sex pn‘nm'piu Gil
bert's eine principielle Stelle neben den Kategorien zuzuweisen sucht““),
680) I’raedicab. Lest. 7: Patest dubitan‘, quid xi! prinvipium individuationis;
videtur em'm, quod forma, quia per idcm habe! rex esse e! esse tmum, sed unum
quodqae habe! esse per /omaam‚.... Es! dicendum, quod in rclms maleriatilms prima—
piam indiaidaationis nun es! forma, scd materiu‚ .... ..quia per rantrartionem generis
ad speciem ipsum genus dedncitur ad rertum per/'er!ionis yradum, sed per rontrartio
nem sperici ad individuum..„. p„lias itle gt‘udm‘ perfectionis, qui ponitur in specic,
timi!atur et sonstrinyitur‚ Std per/artiunis linu'lutio et ronxtrmtio xuae lati!udinix
es! pruprie er eo, ex quo e! pur quod arctatur et coustringitur la!itudo formae, hoc
autem non es! „ist maleria, mute . .iadivtdualio spccici in rebus materiatilms attri
buitur materiae. In Iogira autem austra dirimus, quud commum'ter in nmm'bux prin
cipium indiridua!ianis es! detemtinatto essentmc ad esse.
681) Ebend.: Lu_qi68 toqucndu nun addi! individuwn aliqnid supra specicm rea
Ii!er‚ sed solum .\'I!t7tlttdttllt rationem; si au!em nun loyirc, sed reatiter quuamur, diene
possumus, quod individuum illa addil supra sprmem, sine quilms individuum esse mm
poles! in re. Vgl. ob. Anm. 137 u. 252.
682) Prooem. qu. 3: Ouia unius srientiue debet poni anum subiertum c! mm
quinqae‚ mm quinque ergo universals'a, sed atiquid unum comprellendens quinque um'
ver:atia dabei pom' subicctam in hoc lillro . Undc aparte! diene, qaud ms ratiom's
trartum ad ratianem praedicaln'lis de p!uribus si! subiectum in Parphyrio.
683) Praedicam. Lest. 1: Ens rutiom's sul) ratione ordinabilis in praediramentu
ost subiectum Indus libri.
684) Praedicab. Lest. l.
685) Praedicam. Lect. 12: Ratio Indus praediramenti (d. h. relationix) habe!
quoddam sinyutare inler ratioaes atiorum pracdicamentorum accidcntiam, quia ipso
manct in den, alte vero praedicamenta ad divina translata non mancn! sccundum
rationes was, sed transeunt in substantiam.
686) Sex princ. Lerl. l: Distinyuttur unten: im über hie ab alio, quia Subiectum
litm' praediramentorum es! ans ratiom's indeterminati generis‚ sed in hoc !ibro es! sub
iectum ens ratiom's generis extrtnxccus advenientz'a.
I
318 XIX. Gratiadtei von Ascoli. «Johannes Baconthorp.
und der Lehre vom Urtheile ihre Selbstständigkeit (ng Anm. 672) ge
genüber der Syllogistik gewahrt wissen will M7).
Nur Weniges ist über den Karmeliter Johannes Baconthorp
(gest. i. J. 1346) zu berichten, welcher in seinem dickleibigen Commen
tare zum Sententiarius 688) die logischen Fragen nur ganz gelegentlich
in Kürze berührt. Wenn er von theologischer Seite als Averroist he
kämplt wurde, so liegen diese Streitigkeiten bekanntlich im Gebiete der
Psychologie (um'tas intellectqu und haben an sich mit der Logik Nichts
zu schall‘en. Die Universalien verlegt Baeonthorp mit ausgesprochener
Polemik gegen Plato in die objectiven Dinge derartig, dass der univer
selle Gehalt gleichsam als Potentialität vor aller Activität des Denkens den
Bealgrund der Vorstellung bilde und dann von der Denktliätigkeit durch
Abstreilen der materiellen Bedingnisse erst zum eigentlichen Universale
erhoben werde 689)‚ so dass in Bezug auf diesen Vorgang auch hier (vgl.
Anm. 403, 432) zwischen genus naturale und genus logicum umer
schieden wird 6"’“). Auch der Begrill‘ der Wahrheit fällt dann folgerichtig
in die 0bjeete, insoferne dieselben als erkannte mit ihrem eigenen Wesen
übereinstimmenßgl). Das Princip aber der lndividuation erblickt er in
jener Form, durch welche die Materie substantielles Dasein bekomme,
woneben begleitweise das quantitative Dasein der Materie hergehe und
den Grund der Vervielfältigung enthalte, und er glaubt bei dieser
Auffassung sich in Uebereinstimmung mit Thomas zu finden 692). ln
687) I’eriherm. Lect. l: consuevit dici, quod scientia huius libri pro tanta ordi
natur ad scientiam libri Posteriorum, quia cnunlialio, de qua agitur in libro hoc. est
malerialis pars dentonxlrationis...... Sed ista positio fundalur super inconvenienti
motivo, nam enuntiatio non est pars dcmonstrationis nec ullius syllogtsrm‘, um ul
sabindut't rationem propositionis ; in hoc autem libro non agitur de enuntiationc sub
ratione propositionis; sed sub ratione propria enuntiationist
688) hectoris resolutt ioannis Baccorit: Anglici Carmclitae radiantissimi opus
super quattuor sententiarum lilm's. Mediolam' 1510. I‘ol. 4 Bände.
689) I, Prul. qu. 2, l. XI v. B: Universale praecedit omnem actum intellectus
possibilis et omnem speciem imprcssam facit enim intellectus agens de univer
sali in potentia universale in artu. . . . . .. l. XII r. A: Universale non oportet quod
habeat aliqutdy in quo sustentetur subieclioe, aut aliqm'd, quo mediante formati/er
inhaereal, sed sufficit, quod habeat allquid, cui intuitatur, ne suum esse obiectivum
sit firticium..... f. XII v. B: Si universalia haberent esse extra animam, sicut posuit
I’lato, non indigeret Aristoteles ponere intellectum agenlem; . . . . .sed certum esl, quod
uuiuersalitas praecedlt motionem intellectus et omnem eius ortum exercitum . . . . ..
f. xm r. A: ouidditas rei materialis formaliter de se es! intelligiln'lis, sed quum dm
est sub conditionibus materiali/mx, non polest movere mlelleclum, sed solum est in
potentia ad movendum.
690) II, bist. 3, qa. 1., I. XXXIII Il.
691) I, bist. 19, qu. I, l. cxxvu r. B: Ego autem dian, quod potest acripi
veritas non pro illa adaequatioue aut con/annuale, quam importat actus intelligendi
ad rem in esse nognito vel aognoocibili ibi praecise sielealo, sed pro illa adaequnn'one,
quum ipsa res in suo essa cognita importal ad se ipsum in sua reali existentia extra.
. . . . . xiv inlelligemlo, quod veritas formuliter es! ipsa rectitudo aut conformilas, quam
ipsa res ut intellectu imporlat ad se ipsum in rerum natura extra.
692) III, bist. 11, qu. I, I'. XXXIX r. B: Dico, quod forma est principium indi
viduationis nec de hoc debet esse opinio alia .. (v. A) Cmn materiae sit duplex
subsislenlm, se. substantialis et quantitative, xicut per subsistentiam quantitativam est
individuam de genere quantitala's, ita per substantiolem xubsistentiam, quae ext per
formava, erit aliquod individuam de genere substantiae, et ita esse indiividuum sub
stantiae est per se et prima per ['ormom, sicut necessario et concomitanter per quan
XIX. Johannes Baconthorp. Petrus Aureolus. 319
!ensio e! remissr'a formarurn bespricht er in der gewöhnlich üblichen
Weise 693).
Hingegen ein hervorragender Autor, welcher wahrlich nicht in der
bequemen Schablone „Themisten und Seotisten“ untergebracht werden
kann, ist Petrus von Verberia, genannt Aureolus (gest. nicht
vor d. J. 1345), von welchem wir einen Commentar zum Petrus Lom
bardus und Quodlibeta besitzen““). Derselbe bekämpft nach einigen
Richtungen den Scotismus sowie nach anderen den Thomismus und liebt
es überhaupt, der Kritik der Standpunkte Anderer seinen eigenen nach
folgen zu lassen, welcher im Ganzen ein vermittelnder genannt werden
kann.
Sehr eigentbümlieh ist schon seine Ansicht über die Aufgabe der
Logik: nemlich der eigentliche Gegenstand derselben könne weder in den
secundae intentiones liegen, da mit diesen sich auch Grammatik und
Rhetorik und in gewissem Sinne selbst die Metaphysik sich beschäftige,
noch im Syllogismus, da dieser nur einer der mehreren Theile der Lo
gik sei, noch aus dem gleichen Grunde im modus 'eciendi, noch. auch
in ens ratiom's, da auch hierüber andere Disciplinen mitsprechen “95).
Allerdings sei jedes Sehlussverfahren in Theorie und Praxis ein logi
sches 69“), aber natürlich sei darum noch nicht die ganze Logik nur
eine Syllogistik, sondern Gegenstand der Logik sei das Wort als Aus
druck der begrifflichen Gedanken (vom expressiva canceptus)‚ denn die
Betrachtung des Lagikers erstreeke sich genau so weit, als der Wartens
druek, insoferne derselbe einfache Begriffe oder deren Zusammensetzung
oder discursive Vergleichung derselben betreffe, und was über diesen
begrifflichen Gehalt der Worte hinausgehe, falle bereits anderen Discipli
ti!a!em (B) I!em hoc valui! Thomas; mm eru'm volai!, quod quanti!as esse! prin
cipiarn individuatiouis, sed multitadinis.
693 I, Dis!. 14, qa. 1, f. CIX r. A. und ff], Dis!. 15, qu. l, f. XLVIII r.
694 Pe!ri Aareo!i Verberii Cammentaria in prirrmm librum Sea!en!iaram. Homer
1596. Desgleichen in seeundum ebend. 1605, ebenso in !er!iam und in quarlam.
Ferner and!!be!a sezdecim. ffamae 1605. fol.
695) Sent. l, Pra!., p. 65 B: Commum'ler cansue!um es! dici de !ogica, subieetarn
esse in ca rundum sricndi Ire! in!entiones sevandas ue! sy!logisrnum Illud am!
es! subiectum in lagira‚ qaod es! cammune logivae e! aliis quilmszfam seien!iis; sed
causidcralio sernudarum inlc1rlionum compe!i! e!iam grammafica e! rhetorieo, modi
namque signi/iraudi sah! seruuda in!en!ia Praelerea eus in anima es! secanda
in!en!ia, seearldae namque in!en!ianes nur! haben! esse nisr' in anima obiec!ive‚ sed em‘
in anima es! proprie de considera!ione priori philosophi..... Nee in ca subiec!um es!
syllogr'smus; illud l‘m'rri uon es! subiee!am Iogices, qaod nur! aeqna! !a!am earm'derw
HOHE"! ipsius, sed S_1/”0Qt.\’fllfl des!rae!0 daae par!es principalcs (d. h. Ca!eg. u.
De interpr.) Iogieae remanereat.... . Neu modus sciendr' pa!esl esse srrlrirc!am; modas
em'm scierrdr' mm es! aliud, quam madus demons!randi ranelusianes e! demonstratiormm
principia assumeadr'; red Iran es! una pars logieae !radi!a in lihro Poslcriorum, ergo
nun es! snbiee!arn in !o!a (p. 66 A) Neu ens raliom's pates! pam' subiectnm;
nuflam enim subiec!um excedi! considerah'anem logiei, ran! modas significandi e! par!e.v
ora!ionis e! eongruam e! ineongraam, qaae consideral grammatieas, siu! entia ra!ianis,
e! similiter‚ qnae eon:iderat rhe!or.
696) Ebend. p. 9 A: Forma cousequcn!!arum e! Ironilas es! de cansidera!iane
fogici..... Dorens aliquem modum cancladendi u!i!nr ilfo Quia cunsequentia e! ifla!io es! arm de secuudis in!entioniinbusq,uaerrugnoqamcmmap!eerr!iinae.t ad
realem ar!i/icem . . . . . .. Canseqaenfiarnm scien!ia in omrri materia !ogiea es!.
320 XIX. Petrus Aureolus.
nen anheim, nemlich der Grammatik die significatio (-— gegen Scotus,
s. ob. Anm. 129tl'. ——) oder der Rhetorik die psychologische Wirkung; auch
spreche nicht _bloss die Etymologie des Wortes „Logik“, sondern auch
die Auctorittlt des Aristoteles für eine solche Auffassung “97). Dürfen
wir somit diese Ansicht als einen nominalistischen Aristotelismus bezeich
nen, so ist dabei sehr zu beachten, dass Aureolus die Logik als eine
praktische Geschicklichkeit betrachtet, deren ordnende Function ihren
Zweck in der Verwirklichung der übrigen Wissenschaften besitze, was
sich nicht bloss in der Doppelstellüng des docere und ult' (vgl. Anm.
90, 452, 581), sondern insbesondere darin zeige, dass die Logik die
einzige Disciplin sei, welche ihren Gegenstand nach seinen drei genann
ten wesentlichen Theilen selbst verfertigt (operatur), so dass es sich da
bei nur um eben diesen, nicht aber um modus sciendi oder um inten
tio secunda handelt““).
Eben aber jener begriffliche Gehalt der Worte führt ihn auf einge
hende Erörterungen über die intentio, betreffs deren er vorerst drei ver
st'lll8d6tlß Meinungeix Anderer erwähnt, um sie zu kritisiren und dann
seine eigene auszusprechen. Allerdings haben wir im Bisherigen eine
weit grössere Anzahl von Ansichten über jenen vielbestrittenen Begriff
gesehen, und andrerseits könnte selbst ein leiser Zweifel übrig bleiben,
oh jede der drei Auffassungen gerade in dem Wortausdrucke, in welchem
sie Aureolus anführt, bei Einem der uns zugänglichen Autoren wiederer
kannt werden müsse; doch als Document jener Zeit, in welcher Aurcolus
schrieb, sind uns seine Angaben nicht unwichtig, denn gröbliche lrrthü
mer scheinen bei ihm nicht mitunterzulaulen. Die erste Ansicht, dass
die intentio nur actus intelligendi sei, welcher sich auf die Dinge richte
697) Ebend. p. 66 A: Direndum es! ergo, quod vo.v u! expressive conceptus es!
xubiec!um in ca. ”lud em'm, quod adaequat vonsidcralionrm Iogici, e! e conver:o
cuius species in parlilms logicalis scienh'ae sunl subiecla, illml, inquam, es! subicrtum
!otius logicue; scd von: expressive cunceptus es! huiusnmdi. Nun: vocum quaedam es!
tncompleza umreplua simplicis expressiva‚ quacdum rero roniplea:a expressive
ronccp!us compnnenlis el dividentiv, . quuedam disrursiva. so. xyllogismus, “et hau
suhücitur in logira now_z. E! secundum hoc nonsideralio logici nun e:rcedit vocem
expressivam con:‘cplus, mc arihuc excedilur, quia grammatirus non cunsiderat vocem
u! expressiven: conrep!us‚ sed modos concipiendi, quos czprimunl modi signifirandi;
simililer rhetor non cons1'dera! orationem u! expresxivam conceptus, sed u! im
pressivam deleclalionis e! assensus..... Legion dicilur a logos‚ quod es! sermo. ergo
es! xuln'eclum in ea..... Orutio ut expressive ronreplus‚ e! nun aliter‚ es! subiectum
veri e! falsi...... Praelereu Aristulcles ubiquc in loyica sua considerationem hum
incluxit‚ an xi comideraret de rocilms concep!uum expressivis. '
698) Ebend. p. 37 A: Legion es! habi!us praclicus, haltet enim respeclum
regulanlis in ordine ad ac!us intellcclus uliarum scienliarum et diriin alias scientiax.
Logica et similes mm haben! pro finc artum proprium medinntibus ipsis eliri
lum, sed uclum aliarum srimtiarum...‚. Nullus artifex dividilur in docentem e!
utentem, nisi si! praeticus . . . . .. Nullus speculalivus Imbitus operalur suum obiectum‚
us!rologia em'm non faci! coelas, .....sed logicus per Imbitum Iogicac facit orationes
veri expressiuus ‚ f . . .. Subieclum enim logirae nun es! modus scicndi vice intenlio
secunda, u! aliin dicere voluerunl‚ sed ora!io veri e! ronccpluum expressive. Cuiu:
sprcies sunl !rcs‚ sr„ dictio conrcplus simplicis erpressiva, e! propositio com—
plexorum coflcepluum expressive, e! syllogismus discursivorum concepluum ex
pressivus.... Consla! autem‚ quud nun solum isla speculnlur Iogica, imo et operatur;
ergo cst habilu.t practicus, non speculativu:‚
xm Petrus Aureolns. 321
(tendil) und so entweder concret das äussere Sein derselben hetrefl‘e
oder abstract in der inneren Sphäre des Denkens die Aehnliehkeiten der
Dinge und deren Namensbezeichnung enthalte, gehört ofl‘enbar der scoti
stisehen Richtung an (s. Seotus Anm. iae u. 128, Antonius Andreas Anm.
456, 462, 465), obwohl „tendere“ aueh bei Herveus (Anm. 396), „con
cret und abstraet“ auch bei Armand (Anm. 631), und „denominatio“
auch bei Durand und Armand (Anm. sal u. 634) sich findetög"). Hie
bei aber tadelt Aureolns vor Allem eben das denoininative Verhältniss,
da dann die Begrill'e kein anderes inneres Sein hätten, als etwa auch ge
malte Dinge durch das Gemaltwerden bekommen 7"“), und so werden wir
uns wohl wieder hüten müssen, den Aureolus als reinen Nominalisten zu
bezeichnen. Die zweite Meinung ist unverkennbar jene des Herveus (s.
Anm. 395 bis 399, 403), nemlieli dass die inteutia eine relative Bezie
hung der objecto auf das Denken sei, wobei die Realität an sich einen
Gegensatz gegen die Denkaul'l'assung bilde, aber zugleich mittelbar als
ens rationis das Substrat der vorstellungsweisen intentio secunda sei 701);
und auch das Bedenken des Aureolus, dass dann überhaupt noch ein be
sonderes Verhältniss (habitudo) nothwendig sei und insbesondere die Uni
versalien nur coneretive bestehen, stimmt wörtlich mit Hervens überein
l (Anm. 396),. wenn auch der Einwand, dass die secunda intentio von den
Kategorien ausgeschlossen sei, eher den mit Herveus verwandten Bur
leigh (s. Anm. 593), als den Herveus selbst (vgl. aber Anm. 399) tritl‘t 702).
699) Sent. l, Disl. n art. l, p. 527 A: Dixerunl aliqui, quod intentia .....
est actus intellectum qui pro tanto intentia appellaturv quia in aliud tendit et obiec
live procedit, intellectiones autem quaedam sunt de rebus secundum esse, quod habent
extra, . . . . ‚. quaedam autem sunt de rebus . . . . .. praesuppasila prima inlelleclione,
sicut intellectio universalitatis Dixcrunl ergo isli, quod intentia accipi potest in
abstracto vel in concretol et in abstracto nil aliud 0st, quam quaedam rci cognitia.
quam habet intellectus penes se, in concreta vero res ipsa sit cognita..... (B) Se
cundum sic portantes logira, quae considerat secundas iiitentianesj tractat de intellec
tiunibus non ut sunt verae res, sed ut sunt rerum similitudines res ipsas denomi
nantes.
700) Ebend. art. 2, p. 530 A: Evidenler deficit, quod ail, accidentia intel
lectus esse formatiter et in abstracto intentionem primam et secnndam, et abiectum
tantum denaminatioe dicig (p. sal A) quod imaginatur, quod res cancepta de
naminetur tantummodo ab actu intellectus et non capiat esse intentianale plus, quam
Caesar, qui pingitury capit a pictura.
701) Art. l, pus A: bizerunt alii, quod intentionalilas in abstracto est qui
rlam respectus rationis .. tenens se ex parte rei intellectae in ordine ad intellec
tum ipsum..... (B) bicunt em'm, quod habitudo rei cognitae ad actum intellectus sit
intentionalitas in abstractol et ista plui-incabitur secundum distinctionem et ordinem
intelligibilium obiectarumv quod sccundae intentiones non habeant esse reale, imo
diuiduntur contra latum esse reale p. 529 A: bizerunt quoque, quod secundae
intentianes non habent esse alicubi subiectivey nec in intellectul eum non sint actus
nec species, nec in rerum natura, sed tantummodo in intellectu attica-tiva quod
homo et animal non sunt farmaliter primae intentiones. sed sunt immediata funda
menta primarum intentianuml et similiter nec universale aut particulare sunt secun
dae intentionesl sed sunt fundamentum immediatum secundarum intentianum......
(B) quod secunda intential si accipitur in abstractal nullo modo potest fundari super
rem extra immediate cxislentem, ced super secundum genus intelligibiliumy quae sunt
entia ratianis.
mel ArL 2, p. 532 A: Auimal aut hamo, secundum quod huiusmodil non sunt
primae intentiones. nisi ultra addatur eis relatio aut habitus intellecti ad actum in
Paanrn, Gesch. lll. m
322 XlX. Petrus Aureolus.
Endlich für die dritte Ansicht, dass die prima intentio sowohl in der
Seele als auch ausserhalb derselben, und nur die secunda als Act des
Denkens in der Seele sei703)‚ wobei Aureolus tadelt, dass mit der se
cunda intentio der Gegenstand der Logik erschöpft sein solle 7‘“), kön
nen wir aus der uns zugänglichen Litteratur nur auf Armand (Anm. 629,
632) oder etwa auf Gratiadei (Anm. 669) hinweisen. Seine eigene Mei
nung aber knüpft Aureolus an die bei dieser Controvcrse jedesmal wie
derkehrende Stelle des Avicenna, welche er von einem ausschliesslicheu
Coneeptualismus aus interpretirt 705); nemlich sowie die inlentio weder
der Denk-Art selbst, noch eine hlosse Beziehung sein könne, so sei sie
sicher Nichts anderes, als der vorstellungswcise Begriff (conceplua obiec
livaa), welcher Denkauffassung und Gegenstand derselben untrennbar
verbunden in sich enthalte und nur in einer Verschiedenheit der Rang
folge einerseits nicht reflcctirt prima intentio und andrerseits reflectirt
seeauda intentio heisse; und erst die Vergleichung dieser beiderlei Arten
der Begrill'e unter sich führe innerhalb des ausgesprochenen Wortschalles
zu einer gegenseitigen Relativität, welche aber eben darum sich auch bis
in den Syllogismus hinein erstrecke 7"“).
Die nähere Erklärung aber dieses „Begrifl‘es“, welcher gleichsam an
Stelle der intentio treten soll. knüpft sich an eine Bekämpfung der sco
lellevtas..... (p. 533 A) ”rtl‘r opiuio dicit de aniaersali et generc et spccl‘e et difl'e
rentia‚ qaod is!a ucr in ubslracta, atpate universatitas, nen in ooru:relo direndo
anirersales saut secundac inleulioncs formaliter et in abstraclo, sed lantummodo per
modam substrali et quasi conrrctive, (B) quod homo et animal per her final
intentiones in conerclo, qaia subiiciunlur, universale vero similiter serundae in!rnriouu
concrelive per her, quod suln'iciuntar tali habiladim', qaae es! intenlionatitas in ab:
tracto (p. 534 B) Ait‚ secandas irilentiones nen esse in praedieamcnlv.
703) Art. l, p. 530 A: Alii dizcrun!‚ qaod..... prima intent‘io est ipsa rora re:
nel nisten: extra vel e!iam in intellecla subierlive‚ secanda am) intentio ext ipsemet
actas, inqaautum es! qaodammodo otn'eclum.
704) Art. 2, p. 538 A: Ai!‚ logiram esse de secaudis intenliom‘bas lanqaam dr
subieclo adaequato; hoc em'm sture nou polesl.
705) Ebend. p. 530 B: Aviccrma dirit, .‚.qaod logica es! de sccundis inlenlio
nibus adianctis primis; sed manifestum ext, qaod logira nou com'ungit aclum intelleclm
ae!ai intellaclus‚ sed coaceptas secandarios coaccplibus primis; ergo manifeslum
ast, quod sceunda et prima inteatio nun samt acta: iutelligendi, sed obiectiras
conceptus.
706) Ebend. p. 539 A: Patrl, quod inleuliones non saut ipso actus intelligendi‚
at fingit opinio prima e! Irrlia, nec etiam obiectam cognitam‚ ul fandat relatiouem
ad actum intelligendi sie. et haiusmodi relativ sit intenlionalila: abstracta, ut posuit
opinio serimda; sed es! ip.wmet eouceplas obiectivus per inteltectam formalus claudrnx
indistinguibililer ceaeeplionem passivam et rein, qaae eoncipitur per ipsam. Et idem
es! dicla intenlio‚ quod couceptus, et intenlio prima idem‚ qaod conceplus primi or
dim‘s, quos inlelleclur formal circa res mm ro/lectcndn se super suos conccptus; in
tenlinnes vero sccundae eonreplus secuudi ordinia, quos intellectas {alrrirat reflectenda
c! redeundo super primos counrptas . Saal aatem omnes istae intentiones haiasmodi
in praedicamento relatiom's, sirut palel, qaod universalilas esl relativ universalis ad
particulare et similiter parlicularitas relatio ad universale, e! affirmatio et negalio
saut quaedam relationes‚ counezio cliam ezlrcmorum in medio Consideral ergo
logicas de istir mm, u! saut quaedum entia rationis. scd proat redaruntur ad
oralioaem enunlialiram vrl sytlogisticam rel dicibilem incomptezam. Ebend. p. 541A:
Syltogismas, quomodocanquc acripiatar, semper imperial respectam, et potest dici,
qaod syltoyismas relative dim'tur ad conclusioaem. Vgl. ebend. Bist. 36, arl. 2,
p. 836 B.
XIX. Petrus Aureolus. 323
tistischen species intelligibih's, wobei Aureolns schärfer zu Werke geht,
als Durand (s. Anm. 560 ff.). Netnlich allerdings sei zum Erkennen ein
esse intentionate erforderlich, aber man irre sehr, wenn man von einer
forma specularis als einer im Denken oder in der Sinneswahrnehmung
gegenständlichen Realität spreche, sondern die objectiven Dinge selbst
seien es, welche ein erscheinendes Dasein (esse apparens) haben und
vom geistigen Blicke erfasst als begriffliche Vorstellungen (notitia obiec
tiva) auftreten w"); nicht bl0ss in den lrrthum des Platonismus verfalle
man, wenn man gegenständliche Formen als reale Eindrücke, auf welche
der lntellectns blicken müsse, annehme 108), sondern auch die Richtig
keit aller Urtheile, welche ja auf unmittelbarem Anblicke beruhen, müsse
man verneinen, weil die species izatettigibilis des Subjeetes nie jene des
Prädicates ist.“”). Das Erfassen überhaupt (comprehensio) könne aller
dings ein sinnliches oder ein denkgemässes sein, der Unterschied beider
aber liege nicht in den Gegenständen, sondern nur in einer Modalität
des Erscheinens, insoferne die Sinnesobjecte quantitativ materiell erschei
nen und das Denken hieven abstrahirt"°); letzteres aber bestehe nicht
darin, dass die Vorstellung selbst sich sachlich von den 'materiellen Be
dingungen wegwende, denn dieselben seien ja sämmtlich Erkenntnissob
jeete, sondern die Abstraction sei nur eine Modalität des Erkennens be
hufs der Universalisirung“‘); und in diesem Sinne sei das Erkennen
an sich unmittelbar wohl auf das Allgemeine gerichtet, aber bei dem
Singultlren verbinde sich hiemil die auf einer Empfänglichkeit beruhende
707) Sent. l, bist. 9, art. 1, p. 320 A: 0mm's intettectio ezigit rem posilam in
esse intentionati, et illa es! forma speculuris, de qua isti toquußtur, sed deficiunt a
veritate, quod haben! esse reale, quod xit subiective in intellectu eel phan
tasmate, quod per illam procedal intellcctus ad res‚ cum illa sit vera res, qaam
intellectux speculalur..... (B) lies ipsae couxpiciunlur mente, et itlad, quod inluemur,
nen ext forma alia specutaris‚ sed ipsamet res haben esse apparcns, et hoc es! mentis
conceptus sive notitia obieetiva.
708) Ebend. p. 319 A: Nulla forma realis existens subiective in intrllectu vel
in phantasmate es! ponenda, ad quam aspiciat intellectus, cuias productio dirtio ap
peltelar‚ Forma illa‚ quam nos adspicere e.cpen'mur, dem intelligimus rasant simpli
alter aal florem, üla nen es! eliquid reale imprrssum intellectui subiective aal phan—
tasmati, sed nen aliqm'd reale subsistens‚ sed est ipsamet res haben esse inteationale
eonspiouum (B) Redirct, quantum ad hoc, error Plutonis dieeulix, quod intellectus
adspicit ad exemplar, nen ad ipsas res,‘ ergo imposailn'le ext, quod tatis forma realis
ponatar. Vgl. Anm. 721.
709) Sent. l, Bist. 35, p. 2, art. 4, p. 784 A: Si species es! i'd, ad qaod prima
intelleclio determinatar, sequitur, quod omnis propositio et omm's enuntiatio en't falsa;
species namque praedtcati nen est speeies subiecti in ah'qua propositione‚ intcttectus
auth emmtiat de hoc, quod adspicit, cum dicit „homo es! antmat“.
710) Ebend. p. 1, arl. l, p. 752 B: Camprchensio est quitt cummune ad intelli
gere, imaginari et senlire; diflemnt entern ista nen propter alle et alia apprehensa,
.sed di/ferunt in modo apparendi. Sensui namque et imaginationi apparent res
.mb conditr'onibus quantitatis, ‚.... intelligere vero abstrahit ab isto modo quantita—
tive et materiali.
711) Ebd. p. 4, art. l, p. 808 A: Patet, quod est dictum, inteltectum abstrahere
a canditiom'bus materialibus; abstrahit quidem mm obiective‚ cum nulta sit materialis
couditio, quam intelligere nen possit, scd abstrahit modah'ter quantum ad modum
cognoscendi.
21‘ ‘
324 XIX. Petrus Aureolus.
Signatur des Individuellen (signabitt'tas passina), welche keineswegs Sache
des Denkens selbst sei'““).
Indem also erscheinendes Wesen (apparens) und Erkennen in ihrer
wahren Bedeutung sich wechselseitig einschliessen""), treffe die [te
stimmtheit der Objecte mit. einem gewissen unabhängigen Elemente (ab
solutem) im Menschen zusammen (coincidit), welches keineswegs eine
blosse nackte Möglichkeit sein könne, die in lediglicher Passivität zum
Behufe ihrer Belhätigung auf eine species intelligz'bt'tis warten müsste,
denn durch eine solche würden ihr nie die Objecte selbst gegenwärtig,
deren sie doch nothwendig eben deswegen bedarf, weil nur von ihnen
dem Erkennen Etwas eingeprägt werden kann, was dann in demselben
unabhängig auftritt 7“). Nemlich zum wirklichen Erkennen gehöre erstens
als Vorbedingung ein erscheinendes Object, zweitens als Fundament eine
gewisse Gestaltung des Intellectus, in welcher das Object sich ahbildlich
ausprllgt, und drittens als Vollendung die Auffassung der Erscheinung
selbst (apparitio); und das Begreifen (conct'pere) bestehe eben in jener
Gestaltung des realen Abbildes in seinem erscheinenden Wesen 71“’). So
ergibt sich folgende präeise Unterscheidung: Begrill‘liche Auflassung (can
eeptio) ist jener Deukact, welcher das (abbildlieh) gestaltete Object in Be
zug auf den schaffenden Denkact selbst und in Bezug auf das Endziel,
d. h. auf die wahre Einsicht, betrachtet; Begriff aber (conceptus) ist das
in solcher Weise gesetzte Object; Wort oder Kundgebung (dictio, docu
tiu) ist der Denkaet, insoferne er das Object in Bezug auf den schaffen
den Denkaet selbst betrachtet; Einsicht (intellectio) ist das Endziel, für
welches das Ganze vor sich geht““).
712) Ebd. art. 4. p. 826 B: lateltectus es! per se et immediata universalium,
singularium vcro mm sine sensatione vel imaginatione passive, quia signatam indivi
duam, inquantam signalum, connertitur in talcm signationem vet signabilt'talem passa
vam, quam facit imaginatio vet sensas et nultatenus intelteclus. Ebenso Saul. ll,
bist. ll‚ art. 2. p. 144.
713) Ebend. p. l, art. l, p. 753 A: Apparens caanotat intelligere tanqaam illnd‚
cui apparet, sed e converso intelligerc commtat ipsum tanqaam i'd, quod apparet
(den von Aureolus hier oft gebrauchten Ausdruck connotare s. Abschn. XVII,
Anm. 598).
714) Ebend.: Ista formulis ratio. quae .... .. coanotat determinatum aliquid,
0portel, quod fundalur vel pott‘us qaod coinrt'dat et determinelur per atiquod absolu
tum in creatarn, quod quidem mm potest esse nuda potealia intellcclus resperta in
telligihilium onmium. (p. 753 B) Pracsentt'a obicctorum es! neressaria ad omnem
comprehensionem, srd non esse! nenessaria, nist' impn'merrtar aliquid absolulam
ab abtccto in intelteclam et ceteras compreltertsivas potentia: (p. 754 B) Quant—
vis ergo per speciem vel per absolutem [orte possint ras esse praesentes, nilu‘tominus
per ayere aut revipere speciem mm possnnt res esse pracsentcs, cum hacc n'at quidam
respecltts. Ergo nun es! passibile, quod intelligere formaliter sit palt' aet reriprre
speciem aut agcre per cum.
715) Ebend. p. 756 B: Ad intelligcre arluate m'a concurrnnt: unum quidem
quasi praevium‚ so. patentia obierli in esse appareati; aliad vero ut fundamentum‚
so. in!cllectns informalus similitudine, sequitur cm'm intellectum sie infarmatum ap
paritio abiecti; tertium vero at comptemcntum. sc. apparitio. Unde von est atmd cou—
ripere aliquid, nisi formare illud per similztudt'nom realem exisleatem in i;ltellertu.
formare — inquam — in esse apparcnti inlelleclui ipsi. Sie intellrrlio formalionem
exiin per modnm praevit', formaliter nero r0nsistit in reell simililudine, counululirr
veru in ipsa apparitione.
716) Saut. l, bist. 9, art. 1. p. 323 A: Artus tafel/echt: appellalur ronreptio.
LAA —.L"' h-.. A A- -—4
XIX. Petrus Aureolus. 325
Was aber die Frage über die Erkenntniss des Singulären betrifft,
theilt Aureolus folgerichtig weder den Standpunkt des Thomas, noch je
nen des Seotus7fl), sondern indem er zwischen individuum vagum (s.
Abschu. XVII, Anm. 406) und substratum unterscheidet und ersteres nä
her an die Universalieu rücktlls)‚ gilt ihm bei letzterem die Individuali
tät selbst als ein eigener Begriff, welcher getrennt neben dem Wesens
hegrifl'e des Individuums hergeht"“); denn die Quiddität sei immerhin
gewissermaassen ein Qualitatives, welches als das Wesen eines eonereten
Trägers (huius) ausgesagt werde, während beim Individuum der Begriff
als ein Dieses-Sein (h0t‘) selbst aufgefasst werde und die individuelle T0
talität enthalte 72°).
Während dem Aureolus bei solcher Auffassung des Begriffes und
des individuellen Wesens der Platonismus so sehr als unhaltbar erscheint,
dass er ihn sogar eine Windbeutelei (eaniloquium) nennt 721), kann er
in der Universalienfrage die übliche Ilreigliederung annehmen, indem die
Aussage das post rem‚ die ratio universalis das ante rem und die cou
crete Existenz das in re repräsentirt 722); und sowie ihm ontologiseh als
inquantum adspieit rem formatam sulz “ "" " pr " "« et sah " "' "' eine,
cui producitur in esse apparenti. Concipere enim est _'producere intra se . . . . .. Ouia
per actum intelleetas res producilur in esse apparenli intra ipsum intelligentem, merito
lolum hoc: appellalur eonccplio, et res sie posita appellatur conceptus; acta:
autem intellectus, inqaantum adspieit in rationc producentis rcrn haiusmodi apparat
tem‚ intantum appellatur formatio vel diclio vel locutio; actus vero inlelleclus, in
quanlum es! illud, cui res illa formatur et cui producitur in esse apparenti et re
luccnti, inlantum dieitar intelleetio uel intuitiv.
717) Sent. l, Bist. 35, p. 4, art. 1, p. 805A: Aliqui dieere voluerunl‚ singutarc
materiale ab intelleetu nostro prima et directe cognosci nun posse, indirecte autern et
per qaandam reflezionem (s. Absehn. XVII, Anm. 500)..... (B) Bizerunt vera alii,
quod intelleetus noster singulare intelligit directe, imo prima, quam universale (s. ob.
Anm. 119).
718) Ebend. p. 812 B: Patet, quomodo inlelleetus noster intelligit singulare;
vagum mim intelliyit per se, sicut et universale, nun es! enim eommunicabile nrc
eognoscibile demonstrando aut designando; .. .. .. singulare uero substratum non in
telligit nisi ponendo difl'erentiam inter actum imaginationis designativttm..„.et illud,
ad quod talis actas demonstrativus determinalur.
719) Sent. II, Bist. 9, qu. 3, art. 3, p. 114 B: Coneipiendo harte hominem nihil
addo in conceptu ad bominern, seil sunl duo eonceptus 0mnino separati, an: unus
altcrum includit, neu: anus se habe! ad alterurn per additionem. Ebend. Bist. 12, art.
3, p. 164 A.
720) Sent. III, Bist. 1, art. l, p. 336 A: Bi/fert entern a convepta supposili
(d. b. des Singulären, vgl. ob. Anm. 109 u. 251) conceptus naturae, quia eonceptus
supp0siti ab omni abstrahil qualilale et vcancipitur ut hoc et at tolum; quidditas autem
de se qualitas ext quaedam et coneipilar non ut hoc, sed ut huius, quod in suo can—
neptu completo habitudinem quandarn importat.
721) Senl. I, Bist. 35, p. 2, art. 2, p. 777 A: N0‘ft!f intelleclus nun solum
novit universalia, imo et singularia, in quae aub propriis rationibus mm poterat de
rlucere notitia idearum, quas Plato ponebat. Ebend. Bist. 36, p. 2, art. 3, p. 855
B: ldeae, sirnt intellea:il Plato, saut aliquid monstruosum et vaniloquium. Vgl.
Anm. 708.
722) Sent. II, Bist. 11, qu. 3, arl. 2, p. 138 A: Universale patest lripliciler
aceipi: uel universale in pracdicanda, quod est paaten'as vcl speeies universelle in intelleelu, quer sit species repraeetseanbtsatnraahiulnuirverasarleebnu:s;ratio
nrm;..... tertin modu potest aecipi in exislrndo, quia ad plura se extendit nimm
existens eliam existendo particulariter.
326 XIX. Petrus Anreolus.
letzte Basis der Universalien ante rem die ldeen der göttlichen Intelli
genz gelten T23), so weist er l'ür die Logik darauf hin, dass die blosse
conformitas der Objecte wohl ein Mittel, nicht aber das Endziel des uni
versellen Begrill'es sein“).
Nach dem so eben (Anm. 720) Bemerkten kann es uns nicht uner
wartet sein, sondern nur als folgerichtig erscheinen, dass sich Aureolns
bezüglich des Priucipes der ludividuation völlig an den Scntismus an
schliesst 72"') und bei der entitas positiva des Scotus sowohl für die
materiellen als auch h'lr die immateriellen Individuen begnügtnü). Hin
gegen halt er in Folge seines Conceptualismns mit den Thomisten die
unitas formae aufrecht 727), allerdings mit dem vermittelnden Zugeständ
nisse, welches bereits Aegidius (ob. Anm. 384 l‘.) gemacht hatte, dass zu
einer einheitlich abschliessenden Form mehrere andere als unentbehrliche
integrirende Theile sich vereinigen können 72"). Aber weil eben (wie bei
Aegidius) eine solche Mehrheit nur Sache der llenkanll'assuug sei, ver
wahrt er sich mit grösster Entschiedenheit gegen die formatitates des
Scotns, deren realistische Seite den Begriff unlahig mache, der Ausdruck
der Quiddität zu sein 729), da man dabei nothwendiger Weise die ein
723) Sent. I, Dist. 36, art. 2, p. 848 A: Individua, species et genera de prac
dicumcnto substantiae habent distinctas ideas, cetera vero non, quamvis habeant ali
qualiter coideas cum illis, aquibus separari non possunt .. in divina intellige-ntia
Ebeud. art. 3, p. 554 A: Illud, quod omnia imitanturl et ipsum nihil imitalur, ha
bet proprie rationem ideae et principaliter, sed omnia imitonlur essentiam deitatis
u. s. i.
724) Sent. ll, Dist. 3, qu. 2, art. 2, p. 63 B: Licet conformitas sit medium,
quo devenimus ad conceptam universalia tamen intellectus non sistit ultimate in illa
conformitatel sed in conceptu universal“, quod non includit intrinseve illam confor
mitalem.
725) Sent. ll. Dist. 9, qu. 3, art. 3, p. 114 A; Ouaero ergo, quid sit principium
individuationis . ‚ . . .. tit-aliter loquendo quaestio nulla est, cum qzmerilur, quid addit
individuam ad rationem speciei, quoniam omnis res e0, quod est, singulariter est, et
eo ipso, quod est indifferens et communis ratio, est coucepta. ldeo quaerere aliquid.
per quid res, quae extra intellectum est, est singularis, nihil est quaerere (B)
Tune cum quai'ritur, per quid est res singular“, dice, quod omnis res est se ipsa
singularis et per nihil aliuds sed prr illam.
726) Ebend. p. 114 B: Individuum in quantis habet, quod possit cohabere se
cum aliud individuam et quod sit divisum ab omni alio individua in specie ista per
rationem quantitatis . ln non quantis, puta in angelis et huiumodi, individuam
habet per propriam entitatcm, quod sit distinctum ab omni individua
727) Ouodl. 3, art. 1, p. 19 B: Forma est unilas fundamentaliter, nam est ramo
indivis-ionis campos-iii et fundamentum .. Si forma est Imitas, forma autem non
aliquid positivum nisi entitas, sequitur, quod nulla ratio positiva importetur per uni
tatt'm, nisi ratio enlilalis formalts, et per consequens in forma ratio entitatis et nni
tatis non dicunt duas rationes positives, sed uuam.
728) Sent. ll, Dist. 15, qu. 2, arl. 2, p. 217A: Simplicitus formae potest intelligi
dupliciterr vel quia non resolz-itur in formas, h. e. in partes, quarum quaelibet sit
forma; et hoc modo ranccdo . . . . .‚ vel forma dicitur simplex, quia escludit rcalitates,
quarum una excluso prima possit rrmanere. De tali simplieitatis loquendo non reputo
inconveniens. quod forma aliquu. quantumcunque simplex, habeat in se tales realitates,
ut habeant in se aliquid, quod cum alio in eodem integral rationem indirisibilis for—
mae, quod quidem sit ullimata realitas, per quam forma capiat proprium terminatio
nem ab alia forma. qua amota remanent forma truncata non retinens rationem et
distinctionem formae lioc non est impossibile nec repugnat simplicitati formae ipsim.
729) Sent. II, Dist. 3, qu. 2, arl. 3, p. 64 B: Genus et diflerenlio eri-primunt
xix. Petrus Aureolus. Wilhelm Occam. 321
Ireitliehe Wesenheit in eine reale Vervielfältigung zerreissen müsse“°).
Und da eben diese Wesens-Einheit in der Form liege, welche wohl einer
Gradabstufung ihrer Spannkraft fähig sei, aber nicht zerbrochen werden
dürfe 73‘), so könne von einer intensio e! remissio formarum nur rela
tiv im Hinblicke auf die Fähigkeit der eoncreten Träger der Formen die
Rede sein 732).
Haben wir somit den Aureolus als einen Autor kennen lernen ‚ ge
gen welchen ein Albert und ein Thomas, sowie manche Andere, unver
gleichlich weit zurückstehen, und hat sich uns bisher überhaupt zur Ge
nüge gezeigt, dass die bis jetzt bestehende Behandlung der Geschichte.
der Scholastik dem wahren geschichtlichen Sachverhalte nicht entspricht,
indem man den üblichen Anschauungen der Theologen folgend etliche
Autoren als Hauptfiguren ausschliesslicb darstellte und die mannigfach ver
schlungene Parteistellnng vieler anderer schlechthin ebenbürtiger Autoren
ignoriren zu dürfen glaubte, so führt uns nun der geschichtliche Faden
zu Wilhelm Occam (gest. i. J. 1347), bei welchem jene Missstände
der bisherigen Gesehichtschreibung sich in erhöhtem Maasse fühlbar ma
chen; denn was durch den Hass der Theologen über ihn in Umlauf ge
setzt wnrde, dass er nemlich die Universalien als fla!us vocia bezeichnet
habe, findet sich in seinen Schriften gar nicht, und was er in der Uni
versalienfrage wirklich behauptete, haben vor ihm und gleichzeitig meh
rere Andere gleichfalls ausgesprochen, und endlich was ihm in der That
omm'no eandem realilatem, u! nuila dis!iuc!io si! apud illa in esse, sed !un!um apud
intellec!am..... p. 65 A: Si poneren!ur plares reali!a!es in mm re ve! plures gradus
siae plures fonnali!a!cs‚ u! dicun! alii, au! essen! aliquid exlrinsevum respt'cienles
realitalem‚ an! essen! aliqaid inlrinsecum. Si prima modo, laue comeplus generis
c! difi‘ermtiae nun ezprimrren! quiddi!atem rei, sed aiiquos mutlos adiacen!es rei;
aparte! ergo, quod dican! aliquid intrinseoum‚ et !unc m'! allemm u! ac!ns‚ allerum
u! potentia. Vgl. Sent. lV‚ Disl. 11, qu. 4, ar!. l, p. 107 B.
730) and!ib. l, p. 2 B: Fai! quorundam opinio (s. bei Seotns, Anm.154), quod
in eadem re simpliri possun! esse plures formalilales dix!inctae ex natura rei, e! ali
qui vocaoerun! eas mutlos reales, aliqui ra!iones reales, aliin in!en!ioncs‚ a!iqui
quiddi!a!ivas ra!iones‚ e! omnes idem exprimere in!endunl . . . . .. p. 3 B: Impnesibiie
es! e! con!radiclio‚ quod in eadem re omnino simplt'ci sin! p!ures modi au! ratione:
reales, in!en!iunes‚ formali!a!es‚ quiddi!ales‚ sive qaoeunque nomine censean!ur‚ quin
proportionaii!er sin! plures res c! esseniiae. Ebend. p. 8 A: Omnis formali!as ex!ra
in!eilec!am es! aiiqaa reali!as e! aiiqna essen!iu‚ c! iia nun differan! in aliqaa re
formali!ac e! reali!as .... .. Nunquam muilipiicalar extra in!cliec!um formalitns, quin
mul!iplirelur reaii!as.
731) Sen!. H, Dis!. 15, arl. l, p. 203 B: Forma non es! aliad, quam ac!aa!io
e! !ermina!io ac dis!inclio maleriue. Nun est em'm imaginandam, quod forma si! res
aliqua praecise accep!abilis‚ e! quod advenia! materia medianie uninne, quae es! re
latio, sed unione‚ quac es! iadinisio in aliquo !er!io; ande forma individiiur maleriac,
e! u ipsir sie indivixis ac indislinc!is resul!al unilas ipsius composi!i ipsis existeniß
bus in rompoaito..... Aliud es! [ormam in!endere e! remillere e! diminuere, e! aliud
es! ipsam (magere, u! sie [rac!a ami!!al passe darc cfl'ectum formalem subiec!o e!
maleriae; e! Iiar‚ qaia‚ u! sie es! fundamen!ala, nen salvalur in ca ratio formae.
732) Sen!. l. Dis!. 17, p. 3, arl. ‘2‚ p. 452 A: Forma: in abs!rac!n possun! dici
maiore: seu per/ecliares, sed magis e! minus adverbiali!er non dicun!ur.....
Reali!a!es, sectmdum qua: si! fonnae in!ensio‚ nun distinguun!ur specificc M6 nume
rali!er nen aliquo modo in acta . . . . .. Forma nen es! subicc!um mo!us in!ensionis‚
quia nun suscipi! gradam . . . ‚ .. Formen nen suscipiunl magis e! minus in se‚ sc‚ in
online ad essen!iaiia praedica!a, respec!u vom subiec!i dicun!ar magis e! minus.
323 XIX. Wilhelm Occam.
allein eigenthümlich ist, hat bis jetzt überhaupt Niemand gewusst, nemlich
dass bei ihm die byzantinische Logik zur grundsätzlichen Basis geworden
ist. Auch die Ansicht, dass mit 0ccam die Periode einer Auflösung der
Scholastik beginne, dürfte als schief bezeichnet werden, insoferne sie
gleichfalls schliesslich auf einem theologisirenden Standpunkte beruht.
Denn in jenem einzigen Gebiete, welches innerhalb der zwitterhaften mit
telalterlichen Bestrebungen dem philosophischen Impulse am nächsten liegt,
nemlich in der Logik, beginnt gerade durch und nach Oceam erst vollends
das üppigste Dickicht scholastischer Litteratur; und wenn audrerseits
Occam die lucommensurabilitäl des philosophischen Denkens und der dog
' matischen Theologie förmlich zum Grundsatze erhebt und somit eine Schei
dung der Gebiete auch gegenüber den oben (Anm. 10 ll'. u. 25) er
wähnten Censuren vertritt 3‘)‚ so dass er für alle Gegenstände religiöser
Auffassung jeden Versuch einer syllogistischen Begründung und Formuli—
rung als unzureichend oder aLs widerspruchsvoll abweist“") und folglich
hiefür nur die unmittelbare Mystik des Glaubens übrig lässt, so ist er in
dieser Beziehung allerdings ein Gegner des Thomismns Und jener selbst
genügsamen theologischen Katheder-Weisheit, welche das logisch Unge
'reimte logisch zusammenreimen will; aber der Thomismus ist ja nicht die
ganze Scholastik, und die Unmittelbarkeit der Mystik tritt nicht erst durch
Uccam als etwas Neues ein, sondern nachdem bekanntlich schon Hugo
von St. Victor 735) und seine Anhänger lediglich das innere Motiv des
praktischen Glaubens betont hatten, waren es ja seit Bonaventura 73“) vor
Allem die Ordensgenossen Occam‘s, nemlich die Franziskaner, welche
überhaupt der hierarchischen gelehrten Theologie den. Bücken kehrten
und in der Religion eine praktische Seelen-Arznei erblickten. Hiemit
hängt auch die Opposition der Franziskaner gegen die Päpste zusammen,
an welcher sich bekanntlichst Occam in derartiger Weise betheiligte, dass
ihm die Sympathien aller. Unhefangenen zugewondet sein müssen; aber
sowie jene Tendenzen mit real-politischen Zeitverhältnissen untrennbar ver
‚
733) Dialogus (gedruckt s. l. et s. a. fol.) P. l, L. II, c. 22: Assertiones prac
cipue philosophime‚ quae ad theologiam nen pcrlinent. nen saut ab aliqno rotemm'ter
condernnandae 881t interdicendae, quia in tah'lms quilibel debet esse über, ut üben
dirat‚ quod siln' plant. Et ideo, quia dictns arrhiepisropns damaam't et interdirit
npiniones grammaticales, logirales, et pure philosophicas, ‚rau scntentia [in't trmcmn'a
reputanda. Ehend.: Opinionem Thomae de unitate formae in homine inter alias ren
demnavil, et tamrn tu scis, quod plures Parisiis ipsam publice Ionen! et defendnnt
et docent, et ita de muttis aliis. Ebend. c. 21: Ezcommunicantes potestalem. quam
nen Itabebant. indeln'te asarpaverunt. Andere specielle Beispiele unten Anm.791, 802.
828. 839, 871, 1039, besonders aber 964.
734) Hauptsächlich ist es das „Centitoginm theologicmn“ (gedruckt als Anhang
des Commentares zum Sententiarius), in welchem Occam diesrs Verfahren durch
gängig übt und hiedurch den Forscher zu einer‘Vergleichung mit Abälard‘s „Sie
et Neu“ reizt. Derjenige aber. welcher jene Schrift 0ccem’s in geschichtlichem
Interesse zum Gegenstand: eines speciellcn Studiums machen wollte, müsste un
umgänglich vorerst sich mit Petrus Hispanns und den oben vorgeführten Erwei
terungen der byzantinischen Logik völlig vertraut gemacht haben; denn dort allein
liegt der syllogistische Schlüssel aller im Centilcgium anfgethürmtcn Beweise und
Gegenbeweise.
735) S. Abschn. XIV, Anm. 43 ll‘.
736) S. Abschn. XVll, Anm. 552.
XIX. Occam (Schritten). 329
bunden waren, ebenso kann aus denselben in litterarischer Beziehung
noch durchaus kein „Verfall der Scholastik“ geschlossen werden.
Unter den zahlreichen Schriften Occam’s gehören hieher: der Com
mentar zum Petrus Lombardus 737), die (hindlt'bßtß 738), und insbesondere
zwei Bearbeitungen der Logik, ncmlich die Expositio aurea super artem
eeterem (den Porphyrius, die Kategorien und De interpret. enthaltend)‚
welche wir in einer jüngeren Redaction besitzen 739)‚ und die Summa
totius logicae, welche uns gleichfalls nur in einer Form überliefert ist‚
die von späteren Occamisten herrfthrt"°). lndcm aber Occam in all sei
737) Das Titelblatt lautet: Tabulae ad diversas huius operis magistri Guilhelmi
de Orkan: super qualuor libros senlentiarum annolalionrs et ad Centilogii theolo_qici
eiusdem com‘lusianes fan'le reperiendas npprime conducibiles. Nach diesem Register
aber folgen ohne neues Titelblatt: Argutissimi alqur ingeniosissimi [am philosophi
curum qmm Iheologicarum di/ficnltatum disquisiloris magistri Guilhefmi de Orkan:
auglici super qualuor [ihres senlentiarum subtilissimae quaestioncs etc. Gedruckt ist
das Ganze Lugduni 1495. fol.
738) Ohne Titelblatt: Venerabilis inceploris [raln's Guillu-Imi de Orkam angla'ci,
sacrae theologiae magistri. verilalum scrulatoris acerrimi‚ de maleriis plun'mis gram
maticalibus. logiralibus‚ pltixicalibus. mathematisch/ms. molaphisicalibus et polisst'mc
theologicalibus 0uotlibcta numero septem [aficiter inilium sumunt. Am Schlusse Ar
genfirrae 1491. fol.
739) Expositio aurea et admodum utilt's super Arlcm refercm edita per venera
bilem inc‘eplorem fratrem Guilielmum de Occham cum quaesliom'bus Alberli parvi de
Sazonia. Bonom'ae 1496. fol. Jedoch am Schlusse des Buches lesen wir :' Et sie
es! fiuis tum expositicnum super totem arlem t!t’lt’rt'fll secundum mentem veuvrabr‘lis
incepton's Guilielmr' de Orchnm tum profundixsr'marum quaesliommi Albrrti
parvi etc., und es ist hieraus nach der üblichen Bedeutung der Worte „ad mcnlem“
zu schliessen. dass das Ganze nicht aus erster Hund von Occam herrührt (vgl. oh.
Anm 529), sondern allenfalls auf nachgeschriebenen Heften bemht; auch wird ja
in jenen Theilen des Commerptares, welche nicht dem Albert de Saxonia angehören‚
öfters der „venerabilis inceplor“ oder „venerabilt's expon'lor Odium“ selbst genannt
(z. B. Pracdicam. c. 3 zweimal), und bei der arhor Porphyn'ana (Praedicah.‚ Dr
sprcic) lesen wir die crgötzlichen zwei Disticha: Sam Iilis genitn'x‚ soli.< sed nola
pcritis; Per mc quam plures erulmere ein"; Sed decus cl splendor nitidissimus Ocham
lngenio darum mc facit esse ‚um. ——- Uebrigens ist. der Druck nicht paginirt, und
ich kann daher nur im Grossen nach Ca iteln citiren. ‘
740l Der älteste Druck ohne Titelh ntt beginnt: Ouam mung veritatis serln
ton'bus afl'erut fraclus etc. Am Schlusse vor der Capitel-Uehersicht steht: Explizit
tractatus lugicue I‘rnlris Guillcrmi Ockan divisus in Ire: partes et unaquaeque pur:
per capitufa‘ dislittdß ext. Impressum cst hoc opus Pari. in vice (Zaum Bmuelli.
1488. fol. Der dort gedruckte Text erscheint nun durchgängig wörtlichst idetitisch
in den jüngeren Ausgaben, nemlich in Summa [alias logire Magistri Guielmi [sie]
0ccham Auglr'ci Iogicm‘um argnlissimi nuper eorrrcla; am Schlusse: Ezph'cil menm:
conxtrurtio logicae fratris Guielmi Otoham etc. Venetiis 1508. 4‚ und desgleichen in
Lngicorum aculissimi summa tulins logißae magistri Guilelmi de Occhum etc. am
Schlusse wie so eben. Vencliix 1522. fol. (ebenso auch Vene/it's 1591. 4; selbst
Haurdau‚ De la phil. scnl. ll. p. 421, macht ganz falsche Angabenv denn es existirt
nicht neben einer Summa logicrr noch eine Maior Summa logices. sondern der Text
dieser sämmtlichen Drucke ist schlechthin identisch). Aber wenn der aufmerksame
Leser alsbald entdecken muss, dass dieser Text unmöglich in seiner Totalitnt so
aus Occam‘s Händen hervorgegangen sein kann. so gehen nur die genannten jün
geren Drucke (in den Dedicutionen und um Schlusse) den Aufschluss, dass wir eine
Ueberarheitnug der ächten Summa 0ccam’s vor uns haben, welche gegen Ende des
15. Jahrh. in Oberi_talien verunstaltet wurde, als dnrtselbst sich eine förmliche
Schule des occamistischen „Nominalismus“ etablirte‚ Man druckte ja damals in
solchen Dingen nur dasjenige. was man brauchte und wie man 'es brauchte, d. h.
330 XIX. 0ccam (Schriften).
neu Schriften sich selbst ausserordentlich oft wiederholt und dabei in die
Wiederholungen wieder anderweitige Gesichtspunkte einflicht‚ welche an
derwärts abermals wiederholt “sind, so bietet die Darstellung seiner Logik
bezüglich des Quellen-Nachweises eigenthümliche Schwierigkeiten dar, wel
chen ich nur durch manigfache Vor- und Bückweise einigermaassen ah
hell‘en kann, so dass der Leser, welchem es um die Sache zu Ihun ist,
hiemit gebeten sein mag, diesen wechselseitigen Verweisungen wirklich
nachzugehen. Jedenfalls jedoch wird es das Geeignetste sein, wenn ich
vorerst Occam’s Auffassung aller damaligen Controverspunkte (d. h. in
tentio, conceptas, species intellig-ibilie, Universalieu, l'riucip der Indivi
duation u. dgl.) collectiv aus sämmtlichen einschlägigen Schriften darzu
stellen versuche, und erst hernach die einzelnen Theile und Lehren der
eigentlichen Logik folgen lasse, wobei ich mich an die Anordnung der
Summa totius togioae werde halten müssen.
Vor Allem schliesst sich Uccam denjenigen an, welche die Logik zu
den praktischen Disciplinen zählten (s. Roger Baeo Abschn. XVII, Anm.
561, Gratiader ob. Anm. 667 f. und besonders Aureolus ob. Anm. 698,
häufig ohne mit diplomatischer Treue ein älteres Original als solches reproduciren
zu wollen (sogar manche Drucke plautinischer und lerentiauischer Comödian welche
man damals in 0beritalien wirklich aufführte, dienen hiefür als Beispiel). Kurz es
zeigt sich (s. z. B. die Kehrseite des Titelblattes und den Schluss, d. h. f. 81 r. B,
der Ausgabe v. 1522), dass der Cölestinar Marcns de Bencrento, „inter (er,
quer nominaler vorant‚ minimus“ das Werk Occam's‚ welcher als „lnceptor (vgl.
vorige Anm.) sacrae ecltolae invictissimoram Nominalium“ galt, neu redigirte; denn
während er derjenige genannt wird, „qui ae!ate nastra warum Nominaliurn academtam
in l!olia susrilavit“, sagt er selbst in der an Johannes Antonius de Alberyatis Bo
nonienris gerichteten Dedication: „Ouiu Imius veridici dugmatis pl‘inceps Magister
Guilelrnue de Ocrham ex online fratrum minurum Sommern quandam totius logicae
mira doctrino miroque online eomposait, ideo eam tibi proposut, quam iu-.cta modu
tum mei ingenioli tibi lucidam frei; rerte [oberem nun mediocrem hamcrir um":
imporui, quem tarnen pro te volui tolerare, e! u' hinc aliquam utililatem invenes
arportaoerint, non mitti, sed tiln' gratias habeont etc.“ Von diesem Marcns von
Benevent rührt nun nicht blass jener Prolog her („Baum magnus veritatis“ etc),
welcher in allen Ausgaben vorangestelltjst, sondern auch sanirntliche Titeluber
schrillen der einzelnen Capitel und ausserdem manigfache Erweiterungen des Lehr
stotfes, welchtl sich bald deutlicher bald undeutlieher als spätere Zusatze verrathen.
Wenn wir z. B. l, 10, f. 5 r. B lesen „Nunc de alia divisione nominum, quibut
schola:tici frequentur atuntur‚ est dicendum“, so kann dies unmöglich Oecam selbst
geschrieben haben; oder wenn Ill, 3, 38, f. 70 v. A gesagt wird „Idee ad istius
sammae completionern, qaae de ornni mado arguendi generalem tradi! notiliam, saut
aliqua perscrutanda e! prima dieserendam es! de obligationibus“, so bedarf es nach
solchem Geständnisse keines weiteren Beweises, dass die dort eingereihten Obliga—
liones und lnsolubilia eine spätere Interpolation sind. Aber wenn ich somit in
der Darstellung der Summa totiua logicae mit möglichster Vorsicht verfahren und
vorerst kritisch das Spätere ausscheiden soll, so bleibt, wie die Dinge einmal
liegen, zur Beantwortung der Frage, ob Etwas noch von Occam selbst herrühren
kenne oder nicht, häufig nur das Kriterium des subjeeliven Gafühles übrig; und
wenn auch der Leser holtentlich zu mir das Vertrauen hegt, dass ich mich in
diese ganze I.itteratur hinreichend bineingelebt habe, um mein Gelith möglichst zu
schärfen, so möge doch bei mangelnden iusseren Zeugnissen hiemit meine Irr
thumsl‘ahigkeit ausdrücklich vorbehalten sein. Enlzogen aber soll dem Leser darum
Nichts werden, sondern was ich für unicht halte, wird eben später in Abschn. XX
bei den übrigen Interpolationen seine Darstellung linden. (Uebrigcns citirc ich die.
Summa nach der Ausgabe von 1522.)
XIII. Occam (Parteistellung). 331
theilweise auch Aegidius oh. Anm. 365; die gegnerische Ansicht aber bei
Herveus ob. Anm. 395); es liege nemlich in sämmtlichen drei sog. ser
mocinalen Wissenschaften, d. h. in Grammatik, Rhetorik und Logik, we
sentlich eine Richtschnur der willkürlichen Tlitttigkeiten des Intellectus,
welche sich von der Aufgabe der Ethik nur dadurch unterscheide, dass
die letztere als dictatica sage, dass Etwas gethan oder nicht gethan wer
den solle, während die sermocinale Richtschnur als ostensiva eine An
leitung gebe, wie das Werk des Geistes zu verrichten sei"‘); denn um
„Werke“, wenn auch nur um die inneren geistigen, d. h. um die inten
!iones, handle es sich in der Logik jedenfalls H2)‚ ‚und nur insoferne
diese Werke wesentlich in den Ilrtheilcu, d. h. in „sermones“, beruhen,
könne man sagen, dass jener Bruchtheil der Logik, welcher nicht die Ur
theile, sondern die Begriffe (Kategorien) zum Gegenstande habe, nicht
praktisch, sondern spcculativ sei 743), — eine Sonderstellung der Katego
rien, welche uns sehr entschieden an Burleigh (ob. Anm. 593), an Ar
mand (ob. Anm. 643) und an Gratiadei (ob. Anm. 670) erinnert.
Indem aber so dem Occam die Logik eine wissenschaftliche Bestim
mung innerer geistiger Vorgänge ist, und er sie sonach in üblicher Weise
(s. Abschn. XVII, Anm. 362 u. ob. Anm. 87, 629) als rationah's den rea
len Wissenschaften gegenübersteht und ausdrücklich ihre formale und
doctrinclle Unabhängigkeit von denselben betont'“‘), nimmt er in ächt
741) Saut. Prolog. qu. 4. 11N: Logica, rhetoricu e! grammatina saut! vere no
titiac practirae e! „an s'peculalivae, quia vere dirigunt intellectum in operationibus
suis, qttae saut mediunlc volunta!r in ‚um polestate‚ sie!!! ont'ca rlin'gt't inlellectum
in syllogizamlo, discurrendu e! sie de uliis. Po!es! (amen dislin_qui de praclt'ca, quitt
quurdam es! divtatt'ua c! quttrdum tuntum ostcnsiva; prima es! illa‚ qttae determina!e
dictttt, aliquid esse facr‘rndmn ne! nun fadendum, e! ist!) modo nec logica neu
rhetoricu es! pracftca ner c!iam nrs quuerunque meclmnica, quia nulfa eurum dic!o!,
quod d0fll!!8 es! faciendu . . . . . .. Ostensan mm dicht! aliquid fugt'ertduflt au! perse
quendum, sed tantum astendlt‚ quomodu opus fim' potest; e! eudem modo Iogit:a
e! alias ur!es sun! tantunt oslenst'vac e! uon dic!ativae‚ SUN! turnen direc!ivae, haben!
que totes artes frequenter mm pra:rim pro obiecto‚ sed olu'ectum praxis. Hiezu
Anm. 820.
742) Expos. nur. Prooem.: Legion es! dicendu pruc!ica, quia‚ cum scim!ia
Iogicae traute! de syflogismis‚ propositiunibus e! hut'usrnodi, quae normisi a nobis fieri
pommt, sequitur‚ quod es! de opcribus nostrir. nur! quidem exterioribus‚ nisi [orte
secundan'o, sed de intentionilnts‚ quae vere upera nostra saut; et per conscquens illu
seientt‘u practica ext, et nur: specu!utiva.
743) Ebend. I’raedicam. Proaem‚: Iste über (d. h. Categort'ac) pro uh'qua sui
perle es! specululivu: e! pro a!iu sut' perle es! prar!icus‚ cuius ratio es!, nam afiqua
pur: es! de operibus nostris, sicu! illa‚ quac es! de sermont'bus, qm' samt opera nos!ra
(Näheres über sermo s. unten Anm. 754, 769 III. 777 f.‚ 792, 797), et i!!a es!
practira; ulia pars „an es! de operibus nostrix c! illa er! spvcufntiva. E! inter
omnes !ibros logicac Aristotelis is!t‘ es! minus practicus et magis specu!alivus, et ideo
quod diclum es! in lfl)fß Porphyrii (vorige Anm), quod onira es! magis prarfirn‚
es! intelligendum quantum ad mai0rem nu' partem, mm au!em quantum ad onmem
.mi por!em‚ accipt'endo onicum, sicu! Irodi!d es! all Aristotele; nec es! inconvem'ens,
ahquum par!em logirae esse practicnm et olium specufutt'vum, cum matte ex practicis
e speou!ativis dependeunt.
744) Expos. nur. l'rooem.: Ista scien!ia (d. h. ont'cu) dicitur rationalis, ceterae
uulem reales, quitt dc!ermittdt de bis, quae sine ratione esse non pommt, aliae
unten: scierttiae de rebus extra animam existenfibus determinunt. Summa tot. log.
III, 2, 22, f. 53 r. A: Poterit atiquuh'ter apparere‚ ad quam scivntiam deinen!
332 XIX. Occam (Parteistellung).
aristotelischem Geiste den Standpunkt ein, dass das Erkennen in einem
Verwirklichungsprocesse vorn Potentiellen zum Actuellen fortschreite, wor
nach der Mensch Nichts singuläres dankend erfassen" könne, ohne zugleich
die Real-Potenz der Universalität mitznbesitzen 74"’). So erkennt er an,
dass für den erkennenden Menschen auf Erden (im Unterschiede vom
Jenseits) die sinnliche Erkenntniss- des Einzelnen, welche er ausdrücklich
als intuitiva bezeichnet, nicht überflüssig sei 7““)‚ sondern im Zusammen
hange mit den] (ledächuiisse eine unerlässliche Voraussetzung des denken
den Erkennens bilde "““), welche selbst mit unmittelbarer Evidenz ausge
rüstet sei"“) und zu ihrer distinctiven Deutlichkeit nicht erst eines de
finitorischen Allgemein-Begriffes bedürfe 7‘“), Kurz, wir befinden ’uns bei
Occam‚ auf der Basis eines aristotelischen Empirismus‚ welcher mit dem
Zugeständnisse, dass alles menschliche Wissen von der Sinneswahrneh
mung und von den Einzeln-(thjecten anhebt, zugleich die Forderung ver
knüpft, dass jede.Wissenschaft als solche nur von Universellem handle,
eine grundsätzlicheAuffassung, welche in byzantinische Terminologie ein
gekleidet ist, wenn Occam sagt, dass allerdings die Bestandlheile der Ur
theilc mittelst suppositio an Stelle singulärer Individuen stehen, aber für
die Wissenschaft_ doch nur die Iermim' universates werthvoll. sind 75°).
per!inere totes „Homo es! spraies, Rationale es! difl‘erentia hominis, Album rs! acai
dem“ et huiusmodi. Videtur rnim, quod totes ad logiaam nen pertinent, cum
totes sct'ri non possunt‚ nisi per/rate sriatur natura signifirati per subiectum . . . . ..
Sequeretur etiam, quod, si tatcs propositionen per se ad logicam pertinrrent, togirus
nen passe! per/acta scire togicam, nisi rognoscere! naturam omnium rerum. ima etiam
m'si cognoseere! omnes conctmiones e! omnia prioripia Proptcrea dieeudum est, quod de tah'hur propositionilms noumnnisuom hasbcei!en!lioagriucrnu.s intra
mittcre nisi [orte gratia exe1npli; potrst em'm Io_qicus de talifms b8fl( eremplificare
in trnrtcndo notitiam logicae, sed nen perline! ad logicum, scire eas. Hiezu unten
Anm. 797 u. der Schluss der Anm. 843.
745) Seht. l, bist. 3, qu. 5 BB: lnleltectus pracedit de potentia ad ac!mn,
und: mm est aliquis, qui intelliga! aliquam rem singatarem quamcunque. quin
statim intelligat ve! possit in!ettigerr aus eommunissimum.
746) Senf. Prolog. qu. l Y: Sofa notitia intuiliaa intellertioa nen su/ficit ad
indicium tanquam tausa proa:ima, ila quad intcltectus i!a habe! cognoso:rre singst—
lan'a..... E! ideo sensitiva non super/lait‚ quamois sota notitia intuitive intetlrctira
suffireret‚ si esse! possibitr. eam naturatitrr esse pro statu isto sinc notitia intuitive
sensitiva, staut cst in angelis e! anima separata. S. Anm. 786.
747) Ebend. qu.1 LL: ln!elleclioa es! memoria et acta: recordandi propn'e
dirlas, supposito, quod intettectus non tautam cognosca! unirersalia, sed etiam
intuitive oognoscat illa, quer sensus cognoscit . . . . .. Omnis rognitio intell'utivo prac
supponi! neccssaria imaginationern renaitivam (am sensus exterioris quam interioris.
748) Ebend. qu. 1 E: Si aliquis vidca! intuitive Socratam o! albedinern nisten»
tem in Sonate. ‚rotes! evidenter scire, quod Socrales es! atbus‚- si «intern tairtum
cognosoi! Sorratcm o! albedinem existenten: in Sonate abstractiae‚ sicut atiquis patcs!
imaginari in absen!ia rar-um, nen sairet evidenter, qaod Socrates esset atbus. e! ideo
nen es! propositio per re acta.
749) Sent. l. bist. 3, qu.7: Utrum singutare passe! distinrto cognosci ante
cugnitionem enlis oel ruiusaunque universalis . . . . .. Diva quer] res potes! distr'nrte
aognosei sinr rationr ein: diffinitiva. ,
750) Expos. nur. Praedicab. I): sprrie: 0mm's disaiptina inoipil ab individuis
Es: sensu. qui mm es! nisi singutarium. fit memoria‚ er memoria experimen
!um‚ et per experimentum aeripilur universale, quod es! principium ar!is et seientiae;
o! i!a sicut omm's cognitio nostro ortum habe! a sensu‚ i!a ornnis disciptina ortum
habrt ab indiaiduis, [irrt nutta doctrina tractarr debrat de singutaribas signantor seu
XIX. Uccam (Parteistellung). 333
l). h. -0ccam vertritt durchaus nicht einen sensualistischen Empirismus,
sondern erkennt die ideale Function des Intellerlus an, welche von Er
fahrung 1 zu Wissenschaft führt und schliesslich darauf beruht, dass der
lutslleotus dasVermögeu ist, durch welches wir auch Nicht-Sinnliches
erfassen UN).
Aber innerhalb einer jeden Stufe jenes Ueberganges von potentiellent
Wissen zumactuellen erblickt Uccam (auf Grundlage der allgemein revi
pirten arabischen Tradition) einen wesentlichen Unterschied, je nachdem
entweder in erster Linie eine heifällige Zustimmung und ein Wissen nur
auf incomplewa, d. h. auf die Bestandtheile eines Urtheiles, gerichtet ist,
oder in zweiter Linie complexa, d. h. Urtheile, zum Gegenstands hat;
und zwar solle nur dieses Letztere, welches stets eine innere Gedanken
Venltnüpfung involvire, im eigentlichen Sinne ein „Wissen“ (—— res extra
mm sm'tar *-;-) genannt Werden Tl“). Ncmlich ein blosses Erfassen (actus
apprehensioas) finde sowohl betreffs der ineomplexa als auch auf
Grundlage dieser betreffs der complexa statt, hingegen seien es aus
schliesslichnur complexa, bei welchen die höher liegende Thätigkeit
des Urtheilens (actus indicativas) eintrete und eine Beistimmung bei
Wahnem oder Nichtbeistinnnung bei l<‘alschem mit» sich bringelü3); und
somit ergebe sich ein „Wissen“ nur bei complexa, und zwar auch bei
diesen nur dann, wenn der ohjective Thatbestand der Verbindung mit der
’ rl 19‘. “ "
«alle :cientia proprie dista ext de individais‚ sed de universalibus pro individais
....‚. Licet qnarumlilmt propositionam seientiaram realium pro 1nai'ofl' perle [am
saliiecta quant pracdicata sappouant pro rehas siagalaribns‚ tarnen magis illae pru
pdsitioacs saut nolar et rtiam atiles, qaac camponanlar es: terminis aniversalibus.
751) Saut. Pro]. qu. 1 HH: Intelleclas nosler pro stata islo noa tarilam co—
g'noxcit scasiltilia, scd etiam in particalan' et intuitive cognoscit aliqaa intelligibilia,
tpuu; nullo modo cadunt sah sensa, caiasmodi saut intellectiones, acta: solan—
lati:‚ deltctatio‚ tristiliu et haiasmudt‘, qaae pote:t Immo experiri {neue sibi, qaa:
tarnen nun saut sensibilia nahm. (Diese Unterscheidung zwischen dem Gebiete des
Sinnliclten und jenem des Willens hat Aehnlichkeit mit Kant's Grundsätzen.)
‘ -752) (Modi. lll, 6: Artus assealirndi cst duplex sicat acta: sciemli: aans qao
aliqnid scitnr esse vel nun esse, staut sein, qaod lupis noa eat aslnns et tarnen am:
u:io lapidem nea annam; alias est anlas‚ qao aliqaid m'tar du aliqao, de
qau habetur scientia...... Loqucndo de ipso asscnsa dico, qaod iltc aclas nen Itabet
pro obiccto romple.vam Loqaendo vero de acta semndo sciendi vel asscnliendi
dies. qaod iltc acta: es! propric complexivns, quitt illc actas est‚ q'uo aliqnid
eeram scitur, sed res extra non scilar‚ mm min: scio lapidcm vel asinam. Vgl.
ebend. V, qa. 6.
753) Saut. Prolog. qa. l 0: fitter aetus intellectas saut dau actas, qnoram nun:
es! apprelteusiuas et est respecta cninsqac, qaod polnt terminare aclnm polentioe
intellectiuac, sive s'il complczam sive incomptcxum, qai'a mm solam apprehendima:
incomplexa, sed etiam propositiones, demonstratitmes, lum neoessarias qaam possi—
hilr.t‚ ct eliam univcrsulilcr omm'a. qaae rrspiciantur a polentia intellectiva. Alias
aetns potest dm indivalivas, quo intellcctas nen tontam appreltendit obiectam, st'd
rtiam ilti assrntit vel dissentit, et i'll: acta: ext tantam respeclu complexi, qaia nalli
assentimas per intellectam‚ m'n' qaod veram czisffmamas‚ riet: alicai dissentimus, nisi
[alsnm repatamns. Et sie patet. qaod respecla complem' potcst esse duplex artas,
so. apprehvmiva: et iadicaliras (so findet das traditionelle boethianische Wort
„indirt'am“ — s. z. B. ob. Anm. 330 u. 368 — allmälig eine manigfacbere Ver
Wendung) (T) N01: omm's aclas indicatt'ra: praesapponit in eadem potenlia
notitiam inromplcxam terminoram, quitt praesnppom't actam appreheasivam, et acta:
apprehenm'rns praesappnnit re.vpecta alimn'as complezi notitiam incomplesram termino
ram. Vgl. auch Anm. 893. ‘
_—_.
334 XlX. Occam (Parteistellung).
subjectiveu Beistimmung des lntellectus in Einklang steht“‘); denn auch
bei dem Verstehen eines Syllogismus sei Ein und derselbe Act des Den
kens einerseits ein Wissen, insoferne er auf die Schluss-Verbindung und
hiedurch mittelbar auch auf die verbundenen Begriffe gerichtet sei, und
andrerseits zugleich nicht ein Wissen, insoweit er nur die Begriffe als
unverbundene zum Gegenstand habe“"’).
Ersehen wir nun schon hieraus, dass für Oceam’s Auffassung der
Logik das Unheil ein principielles Uebergewicht besitzen muss, so wird
uns ein ziemlich verschlungener Weg, welcher den Denkact überhaupt
betrifft, an manigfachen Punkten wieder die gleiche Perspective zeigen.
Betretl‘s aber all jener Fragen, welche sich um die Denkthätigkeit selbst
drehen, geht 0ccam mit obiger (Anm. 744) Scheidung der rationalen und
der realen Disciplinen grundsätzlich so weit, dass er die Erörterung über
die Existenzweise der geistigen Erzeugnisse, d. h. die Besprechung der
Frage, ob die intenliones, termini, Urtheile, Schlüsse u. dgl. in der Seele
gegenständlich oder vorstellungsweise existiren, geradezu der Metaphysik
zuweist 7“’“) und somit für die Logik als solche einen reinen selbststän
digen Boden gewinnen will, welcher von Metaphysik ebenso unberührt
bleiben soll als von Theologie (welcher Art dieser positive Boden der
eigentlichen Logik als solcher sei, wird sich unten, Anm. 780 fl‘.‚ zeigen).
Aber trotzdem ‚lässt er selbst in seinen logischen Schriften aus prakti
schem Bedürfnisse sich dazu hinreissen, über derartige Fragen zu spre
chen, indem er sich mit den zu seiner Zeit bestehenden Parteistellungen
auseinandersetzen will; und ausserdem geben für uns, die wir uns ge
rade um diese Controverspunkte zu allermeist interessiren müssen, die
übrigen Schriften Uccarn‘s ein hinreichendes Material.
Kurz also, wenn auch an sich es Aufgabe des Metaphysikers sei,
die Existenzweise der psychischen Vorgänge und Werke zu bestimmen,
so sei doch jedenfalls unbedingt daran festzuhalten, dass es sich hiebei
nicht um äussere Gegenstände (res extra animam), sondern um etwas
Inneres in der Seele handle; und wenn nach Einer Meinung (offenbar
Aegidius, s. ob. Anm. 376 f.) eine blosse qualitas animae zu Grunde ge
legt werde, welche auf einer zur suppositio des Singulären befähigten
754) Senf. III, qu. 4 R: Hoc nomen „scicntia“ vcl „conreptus“ signifirat nun
lautem ipsam qualitalem in anima, scd etiam coexi:tentiam obiecli et confomu'talem
obiecli ad scientiam, obiecli inquanlum compleri, mm invomple.ri‚ ita quod ad hoc,
quod illa qualilas sit in anima, sie: sit aatus asscnlisudi siuc sit Itabilu: es: actilms
assentisndi, nun denolatur scientia, nisiquando ilhui vomplezum, respectu cuius est,
habe! esse eo modo‚ quo intelleclu: siln assontit.
755) Ebend. I, Disl. l, qu.l L: Inlallectus uns acta seit couclusionem, et per
coasequens nun tantum inlelligil conclnsionem illo aclu‚ sed eh'am lerminus illius
conclusionis; et tamen illo acta seit vonctusionsm et illo artu non scil aliquid in
complexum illius conclusionis; et ila idem aclus respectu conaluu‘onis dicitur m'enlia
et respectu termini mm dicitur scientia.
756) Expos. nur. Prooem.: l.sla scicntx'a (d. h. logica) principnlilcr tradil noti
h'am canceptuum et intentionum per animam [abricatarum neu extra u, quomodo fa
bricantur res ariificiales, sed inlra se. Veruntlamen qualia ein! talia fabricata, so.
cuiusmodi sint syllogismi, propositioncs, Icrmim' et huiusmodi, an so. sinl subiective
in anima eristontcs an ala'quo alio mndo, man ad Iogicam, scd ad melaphysiram
perlinel, et ideo hinc es! pertranseuudum. Das Nemlicbe wird auch von den Univer
salien gesagt, s. unten Anm. 777, 780 f.
„
XlX. Occam (Parteistellung). 335
similitudo rei beruhe, während eine andere Ansicht (d. h. Scotus, s. ob.
Anm. llo fl'.) von einer eigenen species repraesentans spreche, so ent
halte die letztere Annahme sicher etwas völlig Ueberflüssiges (hierüber
sogleich Näheres), und es empfehle sich am meisten eine dritte Meinung
(es ist die des Durand, ob. Anm. 551 u. sse fl‘., und des Armand. ob.
Anm. 630, welche hierin den Herveus, ob. Anm. 393, bekämpfen), nom
lich dass man einfach nur auf actus intelligendi zu recurriren brauche,
denn in diesem liege es begründet, dass beim Erkennen vorerst ein Ein
zeln-Gegenstand ergrill‘en (apprehendt') und als psychisches Moment (pas
sio animae) festgehalten werde, welches bereits an und für sich, neinlicll
ohne willkürliche P‘ixirung eines bestimmten Wortes, geeignet sei, durch
suppositio sich auf das Einzeln-Ding zu beziehen 757). Sowie schon Dn
rand die scotistische spen'es intelligibilis als „überflüssig“ bezeichnet hatte
(s. ob. Anm. 561) und auch Aurenlus dieselbe entschieden bekämpfte (ob.
Anm. 707 ll'.)‚ so verbindet Uccam gewissermaassen die Ansichten beider;
denn frage man, ob eine dergleichen species, sei es als der Denkthatig
keit vorhergehend oder als durch dieselbe hervorgerufen (non sine actu
intelligendi), anzunehmen sei, so sei zu bedenken‚ dass man überhaupt
nie ohne Noth eine Mehrheit statuiren dürfe, eine Nötliigung aber hierin
nicht vorliege; hingegen zweifelhaft könne noch bleiben, ob etwa neben
dem Denkacte (praeter actum intelligeudi) dennoch ein anderweitiges Mo
ment angenommen werden müsse, wenn auch die Waln-scheinlichkeit da
für spreche, dass es ein sogenanntes „idolum“ als ein dem ausseren Ge
genstande Aehnliches sei, in welchem (in quo) letzterer, sei es gegen
ständlich oder vorstellungsweise, erkannt werde 758). Doch aussert sich
757) Ebend. I'eriernt. Prooem.s uualis autem sit ista passio am'ntae, an sc. sil
res extra animam vel aliquid ens fictum existens obiectioe in anima vel aliquid exi
stens realiter in animo tantumy non pertinet ad logicuml sed ad metaphysicum. Ve
rumlamen aliquas opint'oncs, quae circa istam difncullatem ponunlurl volo recitare.
Posse! autem esse una opinio lalis, quod est aliqua qualitas animae (über qua
litas animae s. Anm. 762 II. 865) distincta realiter ab uclu intelligendil quae est
abiectum intellectus terminuns actum intelligent“, et illa qualitas est vera simi
litudo rei extra, propior quod repraesenlat ipsum rom et pro ipsa supponit ez natura
sua, sicut vox supponil pro rebus ex institutione..... Alia posset esse opinio, quod.....
est aliquid subiitibile vel praedicatum et quo componitur propositio in menlej quae
aorrespondet propositioni in von, et quod illa passio est spcries rei, quae naturaliter
rrprarsentat rem rt polest in propositiane pro re naturaliter supponere. Sed haec opinio
uidetur magis irrationubiligquam prima, quia talis species non est ponenda propter super
/tuitatem..... Alia posset esse opiniol quod passio animae est ipse actus intelligondi.
ista videtur mihi probulnlior omnibus opinionibus . . Om' vult tenere praedictam opinio
nun, potest supyonerc, quod intellectus apprehendans rem singularem elicit unam cognitionem
in :e‚ quae est tantum illius singulan's, quac vocatur passio animae potens ca; natura sua
supponere pro illa re, unde..... sicut aut ex institutione pro re suppom't, ita intenlia
ipsa ez natura xua supponit sine omni institutione pro illa re, cuius est (über diese
ninstitutiou s. Näheres unten Aum.774,781,782‚791‚806l..... illas tres opiniones
reputo prolmbiles; quae tamen sit vera vel falsay studiosi discutianL llor tamen
apud me est omnino cerlum, quod nec passiones animae nec universalia aliqua sunt
rex extra animam et de esse rerum singulariqu sive sint eonceplae sive non.
758) Sent. l, Dist. 27, qu. 2 J: Manifvstum ext. in intellectu esse actum intel
ligendi et etiam habilum, sed utrum speries aliqua praevia actui sit ponenda in
anima vel non, est dubium lltram etiam praeter actum intellige/tat sit aliquis con
ceptus formatus per actum intelligendi vel etiam sit aliquis conceptus habens tantum
esse obiectivumt cst dubium. utrum etiam sit aliqua species in intellectul quae non
l
i
v
336 XIX. Occam (Parteistellung).
m‘a...
..„
' hi!is‚
f‚—‚
Occam auch wieder weit zuversichtlicher, wenn er unter Wiederholung
des Motivs, dass die species intelligibilis für das unmittelbare sensuale
Erkennen (intuilio‚ s. oben Anm. 74 6) eine nnnöthige Vervielfältigung sei,
entschieden hervorhebt, dass für den Fortschritt zum abstraeten Erkennen
ein Mittelglied nothwendig sei, welches man aber nicht in einer species
intelligibilis suchen dürfe, sondern in einem psychischen Besitze (Imbi
lus) anerkennen müsse, da der lntellectns aus dem Sinnes-Eindrucke ein
Gebilde (lic!u-m) als Bleibendes erzeuge (vgl. Anm. 768), was jedenfalls,
möge man es idelum oder simulacrum oder imago oder phantasma
nennen, nur vorstellnngsweise (obieetive), nie aber gegenständlich (sub
ieetive) existire, und daher auch nicht reell von den äusseren Dingen ge
trennt sei, sondern gerade die Dinge selbst, auch wenn sie nicht mehr
gegenwärtig sind, bezeichnet“"). Ja, diese Kraft des lutellectus, nach
vorhergegangenem Sinnes-Eindrucke etwas dem Gegenstande Aelmliches
(siedle, imago) vorstellnngsweise zu bilden (fingere), sei der Objectivität
derartig adäquat, dass der lntelleetns, wenn er eine reale Schöpferkralt
besüsse, das nemliche Ding als objectiveserzeugcn würde““);v und so
wie der ausübcnde Künstler über die blass vorstellnngsweise Existenz
passe! esse sine ac!u inlclligcndi‚ es! dubiani. De pri'mo dubio e! !cr!io dito, quod species
neulro modo dicla es! ponenda in in!eileclu‚ quia nanquam ponenda es! plurali!as sie:
necessilale (vgl. folg. Anm. u.768)‚ sed quidqaid pe!esl salvari per lalem speciem‚
pa!esl sa!vari siae eo aeqae facilz!er.. . .. Sed de secundo dubio es! mild mager dubium,
hoc (amen es! mild probabile‚ quamuis mm affirmem, quod in inlcllcclu praeler ipsum
aclum in!elligendi‚ quando intelligi! aliquid comnmne ad plura, es! aliquid sei subier
live vel obice!iae‚ quod es! aliquo modo simile rci extra intelleclae‚ quod a multis
eoca!ar quasi quoddam idolum, in quo ipsa res cognosci!ur‚ qaamvis rem singalarem
rognosci in illu noa aliud si!‚ quam ipsum idolam cognosci. Die Lösung dieses
Zweifels s. Anm. 768.
759) Ehend. l], qu. 15 C: Es! una 0pim'o, quae ponil, qaod nceessan'um es! ponere
spaciem impressam intellectm' ad hoc, quod in!elligal; quod probalur mu!lipliciler
(folgen acht Motive) . . . . .. (O) Ad co_qnilioncm inluitivam habendam non opor!e! ali
quidponere praeler in!elleclum e! rem cogni!am‚ e! na!lam penilus spcciem‚ quia
/‘ruslra fi! per plura, qaod polcs! fieri per paaciora, sed per inlelleclam e! rein ra
ynilam sine omni spule po!cs! [im' cognilio in!uiliva..... (Q) Ad habendmn noliliam
ubs!raclivam opurlel necessario poncre aliquid primum prac!er 0bwclum e! inlellectum;
aliqnid in virlule plmnlaslica relinqailur medianle cognilione inluiliva sensus
parlieularis‚ quod prias non feil, quia ali!er in absenlia rei sensibilis nun passe!
phantasia haben aclam circa illud .... .. (R) ”lud, quud relinquilar‚ uon es! spccies,
.sed Imbilus (vgl. Anm. 784)..... (SS) Ouando dicilur‚ qnod inlelleclas ayens faci!
universale in ac!a‚ veram esl, qaod [IIDÜ quoddam esse ficlum c! producil quendam
conceplum in esse obieclivo .....cl nullo mado subieclivc. Ebend. qu. 17 S: In
phantasia aliquid manel, sed illud nur: es! obwolam aclus, scd Iiabilus qaidam in
clinan: ad phantasiam'lum obicclum pries sensuluni‚.„. Simulaora, phanlasmala‚
idola‚ imagiacs‚ mm sunl a!iqua realiler dislinela a rcbas ca:lra‚.. sed dimm! rem
ipsam, secundum qaod !ermina! ipsum aclum sensus in!erioris in absenlia rei sensi
Zn letzterem Anm. 766.’ ‚ „
760) Ebend. l, Disl. 13, qu. H: Inlelleelns nos!er primo intelligi! inlailioc
aliquid singulare realiler erisleas, quo inlellec!a poles! idem ialrlleelas fingen ali
qaid nonsimile pries intelleclo‚ sed il!ud sie firlum noa polari! haben esse subl'ecli
nun, sed lautem esse nbieclivum‚ .....el ideo i!lad sie [inliun es! lautem !aie. quale
/iiil prius m!elleclam in esst obieclivo e! non es! in esse sabier!ivo. scd eri! quasi
imago simillima m' prius in!clleclae in esse ohiec!ivo‚ in lanlum quod :i inlelleclus
haben! ein! prndurtlinam realem, sie"! habe! vim [icli'uam‚ i'llud productum v8re esse!
u'usdem ralionis cum ltlo praeinlelleelo. Hiezn Anm. 808.
XIX. Oecam (Parteistellung), 337
z. B. des Hauses, welches er ersinnt, auch hinmüareiten und dasselbe
reell herstellen könne 761)‚ so erfasse auch der Intellectus in denjenigen
seiner Gebilde, welchen ein ausserer Gegenstand ‚entspricht, denselben mit
solch adäquatester Aehnlichkeit, dass ein solches Gebilde in höherem Grade
durch suppositio sich auf die Einzelndinge beziehen und. dieselben ge
meinsam umfassen kann, als diess eine angebliche blosse qualitas animae
könnten"). . , . .
Iliemit aber sind wir bereits in das Gebiet eines bedenklichen
Schwankens eingetreten, welches bei Oceam sogar im Gebrauche der ent-.
scheidenden Partei-Stichworte erscheint. Neulich wenn wir auch den
Steht aristotelischen Geist anerkennen, welcher den Verwirkliclttmgsprocess
des Wissens vom SlIIIIGS-Ellldl‘lltili6 beginnen lässt, und durch Gedächtniss,
Phantasie und psychische Gebilde hindurch zum Erlassen des Allgemeinen
führt, so ist bei Uccam dennoch jenen-Begriff „fictum“ ein gar zweischnei
diges Ding, und sowie er selbst die doppelte, Möglichkeit oll‘en Iiess, dass
das idolum sowohl subjectiv als auch objectiv existiren könne (Anm. 758).
so lenkt er auch die entschiedene Behauptung, dass es nur vorstellungs
weise existire (Anm. 759), durch die Erwägung jener völligen Congruenz, \
welche zwischen dem psychischen Gebilde und dem äussel‘en Dinge be
stehe, und mit Benützung der byzantinischen supposits'o (welche freilich_‘‚
für ihn das Hauptmomcnt ist) selbst wieder dahin hinüber, dass wir mit
telst der idola die Dinge so, _wie sie sind, erfassen und folglich „Segen-t
ständlich“ denken (Anm. 762). So werden wir nicht bloss das.gleiche'
unentschiedene Ofl‘enlassen jener zwei Möglichkeiten wieder betreffs der
Universellen finden (Anm. 810), sondern wir werden uns auch nicht wun
dei-n dürfen, wenn Occam anderwärts geradem behauptet, dass die in’teri‘
Hartes ‚oder Universalien n. dgl. eine gegenständliche,(subiectibe) Existenz!
haben 763). Der Sinn hieven ist dann allerdings nicht etwa das Bekennt
niss eines Realismus, sondern nur das so eben Gesagte, d. b. die uns
sehr an Aureolus (Anm. 713 f.) erinnernde Betrachtung, dass die psychi
schen Vorgänge völlig der Aussenchlt adäquat sind und somit das Suh
jective objectiv ist und umgekehrÜ‘“). \ «
761) Expos. nur. Perierm. Prooem.: Artificem cxcoyitare domum, anlequum pro
dueal cum, nen ext, artificem haben domum in esse obiectivo tunlum„ sed ext, ipsum
hulmre nrtem vel scientiam donms, qmze es! vcre qualitas mcntis, et tolis scienlia
„dumm“ immtnr.
762) Ebend.: Es! distinyuendum de fictis. quia quucdam sunt /icla‚ quilms in
re extra nen potest consimile corresponderc, sinnt chimaera ; flfiqua dicuntur
fiele, quibur in esse reali correspondent vcl rorrespondere pussunt rousimilia, et huius
modi vocunlur universaliu ‚. . Universale ficlurn vel idolum plus tlistinyuilur a re‚
quam quaecunque res mm ab alle, et tarnen in esse intentionati magis sibi assimi
Iulur‚ in Mumm quod, si passe! realiler produci, sicut ,pulest fingi, esse! sibi cou—
sirm'le perlen ad extra, et per senden: rolioncm magis potest rupponcrc pro re et
esse communis el esse id, in quo res inlelligilur, quom inlenlio vel aliqua alia qua
lilus. Vgl. Anm. 809 u. besonders Anm. 865.
763) Es ist eigenthümlicb, dass die letztere Anschauungsweise gerade in den
Ouodlibcta an den beiden Stellen, welche allein hierüber sprechen, festgehalten
wird (s. Anm. 768 n. 812); neben die andere Ansieht hingestellt findet sie sich
auch im Commentar zum Sententiarius (s. ‚Anm. 787 u. 810).
764) So ‚sehen wir, dass auch ein so bedeutender Mann, wie Occam immerhin
in seiner Zeit war, von den ‚eigentlich philosophischen Grundfragen hinen‚klaren
'_ Puan.‚ Gesch. III. 22
/ l
338 Xlxi' tlecanil(Partoistellniig).
Dieses Zusammentrell‘en der subjectiven Auffassung und des: objectiven
Thatbestandes liegt nach Oceam’s Ansicht schliesslich im actus intelligeudi
(Anm. 757), und sowie er schon betrell‘s-der vorstellungsweisenExistenz
der entia rationis behauptet, dass diesele allerdings weder die äusseren
Dinge selbst, noch aber auch reell von ihnen geschieden seien““), so
erinnert er daran, dass das aus raüonis als in der Seele auftretend eben
doch existire und somit in diesem Sinne ein ens reale heissen könne 7“),
' ja er nennt die dem sachlichen Befunde richtig entsprechende qualitas
menlis (gelegentlich einer Aensserung über die Gegensätze) ausdrücklidn
sofort eine „res“ 761). Aber er fasst diese res nur als eine in der Denk
werkstättc erzeugte; nemlich das obige Bedenken (Anm 758), ob neben
dem Denkacte noch etwas Anderweitiges anzunehmen sei, löst er dahin‚
dass die von Mehreren (und, wie wir sahen, auch von ihm selbst) ge
theilte Annahme eines eigeiten Gebildes (fictum) genau genommen als
eine zwecklose Vervielfältigung überflüssig sei, da es genüge, den acta:
)intelligtmdi als solchen festzuhalten; denn dieser sei an sich bereits die
\ similc'ludo der Gegenstände und als ein signum re!‘ (oder als in!enlio
oder passio animae oder eoneeptus, vgl. folg. Anm.) sowohl zur Namen
bezeiehnnng als auch zur suppasitio geeignet, und jede intentio über
haupt sei wahrhaft eben ein aclus intelligendi und in sachgemässer
Uebcreinstimmung mit der Objectivität ein ens reale (s. Anm. 766) oder
eine qualitas animao‚ welcher eine gegenständliche (subieclt'ne) Existenz
zukonnne 7°“).
Begriff hat, und somit auch er ebensewenig als z. B. Seelus (s. oben bei Anm. 104)
ein „Philosoph“ genannt werden kann. Allerdings müssen wir hiehei auch be
denken, dass gerade über Subjeclivitiit und (lbjectivitit kann] Jemand unklarer war.
als Schelling; auch Hegel’s Taschenspieler-Kunststück wird hierin jetzt wohl keinen
besonnenen Denker mehr tauschen.
765) St’fll. Prolog. qn. l, 3 M: EIIS rulionis nen csl idem cum re nec dis!inyui
( !ur realiler; elhov sacumlum opinionem, quur pom'! an!ia ratiom's obieclive in ultima.
Hiezn Anm. 759 gegen Ende. ' ‘
766) Ouodl. V, qu. 21: EIIS male aliquanda aou‘pil-ur pro omm' vera re en's!ente
in rerum natura, el sie cns ruliom's es! enx reale; aliqaando accipilur pro rate
existenlc solum extra animam‚ e! sie ens rutiom's nen esl ca: reale. lliezn der
Schluss der Anm. 865. ‘
767) Ebend. qm. 17: 0mm's opposilio realls esl in!er res, quia‚ xi s1'! er!ra
animam, es! in!er res extra animam; si si! in anima, es! in!er rcs in animu, sire
si! ia!er signa vomplrm xirü incomplexa; scmper enim es! in!er res, quia inler vom:
qualilules menlis. '
768) Ehend. IV, qu. 19: Dimm! aliqui‚ quod inlmlienes primae et aecmulae
saut qnaerlam enlia fiele, quue lautem sunl olrleclirc in men!e et nulliln' subv'ccla'ue.
Uontra: Quanrlo proposilio verifica!ur pro rebus‚ si duae res mfficiunl ad eins veri
!alem‚ super/1mm es! per allem rem; ‚. prae!erca lalv firlum impcdi! cognilio—
mm rei, ergo non es! ponemlum proplcr cogniti'onevfl . . . . .. praelerea !ale fietnm mm
es! ponendam, ut habeu!ar sublrclam e! praedicalum in proposilione aniversuli, quiu
arlus intelligendi mffici! ad hat: . . . . .. Idee dito, quod !am ia!entio prima quam
socunda es! vere ac!ns in!clliycndi‚ quia vper ac!um potesl salvari‚ quidqm‘d xalva!ur
per finlum; eo em'm, qaod acta: es! simlllludo subiec!i‚ poles! signifirare e! suppanerr
pro relmx extra, polesl esse subierlum el praedicalnm in proposiliane‚ polesl essr
genus el sperirs. .sicul fir!um. Ex quo palel, quer! intcnlio prima e! seeunda rcahler
dislinguunlur. quia inlenh'o prima es! ar!ux intelligemli siynifirans res‚ quer „an .\unl
signa; in!eulio senmda es! ar!us significans inlmliones primas (über diese Unter—
scheidung der inlrnlio s. unten Anm. 776 ff.) . . . . .. Pate! ex dich}, quod !um in—
. t ‚ ._
XIX. 0ecam (Parteistellung). 339
Getreu aber dem Standpunkte, dass die wesentliche Aufgabe der
Logik die sennones seien (Anm. 743), verlegt Occam den actus intelli
gendi grundsätzlich in das Urtheil, und zwar spricht er dabei, uns an
Armand’s und Gratiadci’s verbum mentale orinnernd (s. ob. Anm. 630 u.
675), von einer „propasitio mentatis“. Nemlich vor dem in Worten
ausgesprochenen Ilrtheile gehe stets ein inneres von jedem speciellen
Sprach-Idiome unabhängiges Urtheil voraus, dessen Bestandtheile dasjenige
seien, was bald simititudo bald talentio bald qualitas mentis bald in
tettectus bald eonceptus heisse”“), und in diesem inneren Urtheile, —
im Unterschiede vom gesprochenen oder geschriebenen Urtheilc -—, halte
der Intellectus vorstellungsweise Subject und I’rädicat auseinander, wäh
rend er dieselben zugleich auf Ein und das Nemliche beziehe, ähnlich
wie man zwei Zeichen für Ein bezeichnetes wählen könne 77°), d. h.
z. ß. „allgemeiner Mensch“ und „einzelner Mensch“ seien essentiell nur
im Urtheile Eins, weil Ersteres von Letzterem wesentlich ausgesagt
werde 77‘); und es werde auch die Wahrheit eines ausgesprochenen Ur
theiIcs erst dadurch erprobt, dass nach Anhörung desselben eine ent
sprechende propositio mentah's als wahr erkannt werde7n). Besitzt aber
biemit jenes innere Urthcil eine grundsätzliche Priorität gegenüber dem
tentiones primac quam secnndae saut ucrc entia redlia et sunt vere qualitates sub
'l't'ctinß e:zistcntes in anima. Summa t. log. I. 12, f. 6 r.A: Intentio animae vocalur
quoddam uns in anima natura significare aliqul'd ”lud unten: existens in anima,
qund est signnm rci, ex qm) propositio mentah's compom'tur (s. Anm. 777 f.) ad
modum, quo propasitia vonalis compam'tar ex nacilms, atiquando uoeatur intentiu
animae, attquando eanceptns animae, atiquando passte unimae‚ atiquando simititado
rri . . . . .. Sed qm'd es! in anima i'd, quod es! talr m‘yn-nm? Dicendum ext, qnod circa
taten! saut diverses opim'onex. Atiqm' min: dicunt, quad non es! niet quaddam fictum
per animam.‘ atii, quod ext qnaedam qualitas anbiective existens in anima distincta
ab acta intelligendt'; alii dicunt, quod ext actus intelligcndt'. Et pro islis rst ratio
itta, qaad frustm fit per plura‚ quod patest /ieri per pauciora (vgl. ob. Anm. 758);
omnia autem‚ quae satvantur ponendo aliqnt'd dislt'netnm ab acta intelligcndi, possunt
saleari xine tali distincto, ca quod supponere pro alte et signifirare atiud ita 110I€8I
comprt‘are artlu' intelligmds' sirut itli fiele,- cryo praeter antun: intelligendi nun aparte!
110flt‘1'1." aliqnid aliud.
769) Summa t. log. I, 12, f. 6 r. A: Unando atiqm‘s pro/er! propositionem nom
tem, pritts format interms propositianem unam nwntalem, quer nultius idiomatis ext,
intantum quod mutti fomtant /requcnter intert'as propositiones. atiquas, qmm tarnen
propter de/cctnm idiomatis exprt'mere nescinnt. Partes taliuvn propoxitiunmn mentatium
vocantur vonceptur, intentianes, simititndt'nrs, intettectas. Sent. l‘rotoy. qu. l, 2 Y:
Omne subtertum propost'tiom's in meiste ext intetlutt'o ueI all'qua qualitas inhaerens
mrnti. Vgl. Anm. 797 gegen Ende u. Anm. 809.
770) Sent. I, ”ist. 2, qu. 3, f): Passant esse aliqua namina vet canceptus, quae
distinguunt subtectnm n praediaatum, quae nata saut esse s'n intellectu obiective, quia
solu: flutet/arm: potest facere propositiouem praeter propositt'onem prolatam et scriplam
et alte Imiusmodi; et ita in inteltrctn dixtingnuntur, quac tarnen redwuntur ad antun
in esse, sinnt duo eigne reduountur ad atiqnod «nun: signatuni, quue tanzen nun snnt
rentiter ittnd unum signatum. .
-771) Ebend. qu. 4 EE: Hass ext [also de vtr!ate sermonis „hnmo universah's et
homo partirnlaris sunt IHM")! essentialitcr“, :ed sunt antun essenliafiter, quia
Ittltttll essentialiter pracdicatur de retiquo et importat essenta'am alteriux, neu tarnen es!
realiter de essen/in alterius.
772) Quodt. III, qu. l]: I'ropositiu nocah's es! arm. quanda ex eins prutatione
audilor rst natus roncipere et farmare propan'tionem mentaler» warum; hoc antun
solum es! in [tue pralatt'<mis et nun in py1'nm'pr‘o ner in medio.
22'
340 XlX. 0ccam (Parteistellung).
in Worten ausgesprochenen Urtheile, so liegt diese nach Uccam’s Ansicht
darin begründet, dassdie Zusammenfassung. im Urtheile eine geistige ist
und aus Begrill'en (ermoeptus oder inten!iones) hervorgeht, und wir
könnten somit Occam als einen Gonceptualisten des Urtheiles bezeichnen,
indem er entschieden (im Gegensatze gegen Themisten, ob. Anm. 289,
gegen Burleigh, ob. Anm. 586 u. 599, und gegen Gratiadei, ob. Anm. 676)
daran festhält, dass res nur: de re praedicatur‚ und ihm ‚die sprachlichen
Bestandtbeile des Urtheiles nur als.Zeiehen gelten, welche an Stelle einer
bezeichneten Sache stehen"”). Die Worte neulich seien. im eigentlichen
Sinne durchaus nicht Zeichen der Begriffe, sondern ursprünglich und
primär bezeichne der Begrill' oder ein psychischer Vorgang die Dinge auf
„natürlichem“ Wege (— dieses Motiv einer natürlichen Einwirkung, auf
welches (lccam immer wieder zurückkommt, hatte schon llerveus hervor
gehoben, s. ob. Anm. 395 —)‚ und erst secnndär‘bezeichne das Wort
in Folge. einer willkürlichen Einrichtung (volun!aritt institutio, vgl. Anm.
781 f.‚ 791, 806) jene nemlichen bereits von der intentio bezeichneten
Dinge, so dass hiemit aus einer Aenderung der Bezeichnt eines Be
grill'es nothwendig eine entsprcd1ende Aenderung der Wortbezeiehnung
folge, hingegen umgekehrt ein Wort durch Willkür in.seiner Bezeichnung
geändert werden könne, ohne dass hiedurch der entsprechende Begriff
sich anderen“); und wolle man etwa hiegegen die Syncategoreumata
oder die negativen Worte als Einwand benützen, da diese nicht auf
773) Ebeud. qu. 5: Videndum, an sit propasitio mentalr's; quod probe sie.
quitt, ubimmque es! complezio sivc rampon'tio 11cm ve! /a!sa, ibi est propositio; sed
in 1nen!e es! Ant'usmodi complezio. . Prapositin mentalis nun tromponittu' er TOD!"
extra animam, sed ex conceptilms . . . . .. Si a!iqua prupasi!io cumporleretnr e: rebu:
extra, ah'qua passe! componi ex anima inlellecliva e! earpore, et aic aliqua propori!ia
passe! esse homo In ista propositionc „cam's comedi! ponem“ (vgl. die Stelle
aus Seneca, Ep. 48, Absrhn. Vlll, Anm. 66) subiec!um rerr comedere! praedicalum;
c! simili!rr es! in is!a propoaitione „Rupertus persequüur Johannem“ (ähnliche Bei
spiele s. bei Bnrleigh, ob. Anm. 599) . . . . .. Omnis propositio componitur ex nomim
e! rerho, sui nomina e! ozrba neu sunl res extra animam, sed signa remm.....
Unmis propnsi!io vera affirmutt'vu c! vom per idenlilatem rei significalac per subiectum
e! prordt'oalum, quia utimur rocilms pro rrbus e! terminis ‚nun pro se, .ved pro
rr‚ quam signifirant, qnia inte!!ectm, live! intelliga! res ez!ro‚ tarnen mm rom
pamt res ex!ru. . . . . .. sed intentiones rorum ad invicem neu pro so, sed pro n
significata.
774) Summa l. log. l, l, f. 2 r. B: Dicimus, oooes esse vigna subordr‘nalu cou
ruplilms ocl in!entionibus animae, mm quitt proprie aoaipiendo hoc oocobulum „signurn“
ipsut‘ oocrs signifirent ipsus concep!us prima et proprie, sed quia vooes impomurtur
ad signifieundum i!la andern, qnae per nonceptus: Menüs significantar, im qaod cou—
eeptns primo naturaliter aliquid n'gm'lica! e! secundartlo von: illud idem significat, in—
tantum quod voce institu!a ad significandum aliquid significatum per conceplum mentr's.
si canaeptus i!!e mutaret sigui/icatam saum. eo ipso ipso vom .n'ne etwa institu!iom
man: signi/icalum permulare! ‚ . . . . . Corureplu.s sive passio unimac naturali!er (vgl.
Anm. 776, 778, 781 l'.‚ 784, 788, 791, 810) siynifira!‚ quidquid aigru'fieal; lermimts
au!em prolatus vs! scn'ptns Mini! significa! nist' sectuldunt boluntarium institu.liouem
(vgl. Anm. 757, 781); 't‘11 qun sequi!ur alia difl‘erenlia‚ so. quer! !erminns praütus
vel scriptus ad placitum po!esl molare sumn signifiratum, tenm'nus entern conreptns
non mu!al sann: signifiuatum ad placilum cuiuscunquc. Empor. nur. 1'erietm‚ Pfoucm_:
Prima pussin significa! res e! poslea eoz non passioneur ‘um'mae, sed ipso! res, quus
passio sigllifical, significa!‚ i!u qnod si pnssi'o siyni/I‘rata mu!aret. c! vo‚r sua mufuret
significata. Die gegentheilige Ansirhl des Srolus s. Anm. 126.
XIX. ttccam (Parteistellnng). 341
natürlichem Wege durch Abstrartion von äusseren Dingen begrifflich ge
wonnen und zu realer Bezeichnung verwendet werden können, so sei Zu
erwiedern, dass in diesen Fällen dennoch gleichfalls eine Abstraction und
eine Begriffhbildnng; stattfinde, nur dieselbe genuiniglich von den bereits
üblichen Worten selbst ausgehe“").
’ Durch diese Erwägungen über den Sprachausdrnck ist nun bei
Occam auch dasjenige bedingt, was er über impositio und intentio, deren
Weehselbetiehung wir schon bei Durlcigh (Anm. 584) und bei Armand
(Anm. 629) trafen, in zahlreichen Wiederholungen erörtert. Nemlich wenn
durch die Worte entweder Dinge oder subjective Auffassungen oder auch
Worte selbst ihre Bezeichnung (significare) finden können, so sollenWorte
secdudae imposiliouis diejenigen heissen, durch welche im Sinne der
Grammatik die Worte selbst bezeichnet werden, oder vielmehr in genauerer
Fassung diejenigen, durch welche willkürlich gebildete Zeichen (im Gegen
satze gegen die natürlichen Zeichen, welche die inteutt'oues sind, s. Anm.
774) bezeichnet werden. Alle übrigen Worte seien primae impositiouis
im weiteren Sinne, so dass dann auch sämmtliehe Syncatcgnreumata den
selben beizuzählen seien; hingegen in engerem Sinne dürfe man zu den
Worten primae impositiouis nur die categorematischen zählen (d. h. jene,
welche wesentliche Bestandtheilc des Urtheiles sind, s. die beiden folg.
Anm); eben dieselben aber seien entweder primae inteutiouis, wenn sie
ein Ding, oder secaudae intentionis, wenn sie eine subjeetive Auflassung,
nemlich einen rouceptus oder eine intentio u: (Igl. bezeichnen"“). Wie
775) Saut. l, ”ist. 2, qu. 8l(: Diccretur‚ qaod couccptas syueategorcamatici c!
couuotativi c! urga!ivi uou saut eouceptus ahstracti a reb'as m" natura saa sappourutns
pro rebas er! ipsas runde distinclo significanlcs; . . . . .. veramtamcu pOssunt falt‘s
couceptas impaui vs! couceplas abstrahi ‚a dortbas‚ e! ila fit de facto vet semper W.‘f
sommauiter tauc ab istis vocilms sie siguificantihus abstrahit iutcltectas couceplas
commaues pracr!icabilrs de eis. w . =
776) Seul. l, Bist. 22, qu. l C: Uaaedam unmiu11‘primo siyui/icaul res extra,
quaedam signifieaut prima eougeptas mentis, qaaedam ipsas voces significalivas;
et est anliqaa dislinctio, qaod uomiua quaedam saut primae impositiouis, qaaedam
saut nomiua secaudac impositiouis. Nomina seaundae impositiouis saut illa, qaae
imponautar ad significaudam unmina ipso, .....cuiasmodi saut ista „uomeu, verbam“.
. . . . .. Nomina primae impositiouis quaedam saut uomiua primae iu!eutiouis et quas
dam uomiua secaudae iuleutiouis: prima saut illa‚ quae significau! veras res, . . . . ..
secauda saut ilta, qaae significaut couoeptas meutis, sie!!! „ycuas, species, universale“.
Summa t. log. l, ll, f. 5 v. B: Nomiuum ad placitam significautiam qaaedam saut
uomiua primae impositiouis, qaaedam saut uomiua secaudae imposiliom's. Nomina
scoaudae imposiliouis . saut haiasmodi „uomeu, prouomeu, couiuuctio, verbaut,
casas, numeras, modas, tempus“ et haiasmadi, aceipieudo ilta ooeabula ilto modo,
qao alitar eis grammatioas . . . . .. Striote untere dicilar unmeu secuudae impositiouis
illad‚ qaod mm significat nisi sigua ad p!acitum iustitula, ita qaod uou potest com
petere iuleutiouibus auimae, qaae saut ualaratia sigua; cuiusmodi saut ta!ia „figara,
eouiugalio“ e! huia:modi . . . . .. Nomen prima: impositiouis polest dapliciler sumi.
Large, et sie omuia uomiua, quac uou saut aomiua secuudae impositiouis, sautuomiua
primae impositiouis; et sie ta!ia signa syueotcgoremalica „oruuis, uallus‚ aliqais, qui
libet“ et haiasmo'dt saut unmiua' primae impositiom's. Atiler potest accipi slricle, e!
laue sola unmina categorematica, qaae uou saut nomiua secaudae impositiouis, vonnular
nomiua primae imposiliouis. Nomina aatcm primae impositiouis stricte aocipieudo saut
in daptici di/Tereutia‚ quia qaaedaru saut uomiua primac in!eutiouis, et qaaedam saut
nomiua secaudae iuteutiouis. Nomina secaudae inteutiouis dicautur itta‚ quae praecise
impostla saut ad significaudum iuteutioues auimae, quae saut sigua ua!uratio e! alia
342 XlX. Decam (Parteistellung).
sehr aber hiebei das grundsätzliche Gewicht wieder äuf das Urtheil, und
zwar im Gewande byzantinischer Dortrin '(nemlieh betreffs der suppo
sitz'o, s. auch Anm. 798), falle, ersehen wil‘“därans, dass Uecam von der
secunda intentio, deren reale oder nicht-reale Geltung er auch hier dem
Metaphysiker überlässt (s. Anm. 756), nur die in der Seele liegende
Aussagbarkeit fordert, wornach Begrill'e wie z. B. genus auf die Namen
der Dinge angewendet werden, und zwar mittelst der suppositio simptex
(s. Abschn. XVll, Anm.203), d. h. für einen Gemeinbegrill' und nicht für
das von ihm Bezeichnete, während hingegen durch die intendo prima
nur mittelst der suppositio personalia die bezeichneten Dinge selbst, d. h.
abgesehen von jener Aussagharkeit, erfasst werden777). Noch deutlicher
und schärfer drückt sich Occam wiederholt dahin aus, dass intenlio über
haupt jenes psychische Moment sei, welches als suppositionsfähig ein
Bestandtheil eines inneren Urtheiles‘ sein könne; und zwar umfasse die
intentio prima in weiterem Sinne nicht bloss die categorematischen
geistigen Zeichen der Dinge, sondern auch die innere Auffassung der
Syncategoreumata; hingegen im engeren Sinne erstrecke sich dieselbe
nur auf die wesentlichen Bestandtheile des Urtheiles, insoferne dieselben
sich durch suppositio auf Dinge, nicht aber auf Zeichen, beziehen; und
ebenso umfasse die intentio se0nmda, welche wesentlich in den Zeichen
der intentiones primae liege, im Weitemn Sinne sowohl die natürlichen
(s. Anm. 774) als auch die in den Syneategorenmata ausgesprochenen
willkürlichen Zeichen, . so dass in 'solchem Sinne die intentio semmda
nur im Wortausdrueke beruhe; aber in engerem Sinne bedeute sie nur
die auf natürlichem Wege gewonnenen Zeichen, welche ._ von den inten
tiones primae ausgesagt werdenl“). Darum dürfe mein auch nicht sagen,
sipna ad placitum instituta (Näheres s. Anm. 778) vet aonsequentia talia signa; ri
tatia nomina um! „genux, species, universale, praedinabile“ et huiusmudi, quia taha
nomina nun ‚um! nisi intcntiones animae, quae sunt signa naturalia aut si{;1m volun
tarie instilata. Ein Beispiel bievon Ouodt‚Vll‚ qu.. 16: „Persmm“ es! nomen primac
inlentiom's, quia significat rcs, qmm non saut signa...... Tanz nomcn secundne m
tenliom's quam primae intentiom's o:t nennen primae imposilionis, et ideo quamris
„persona“ sit „einen primae impositionis, cum hoc stat‚ quod sit primae inlentionis.
777) Seht. l, Bist. 23, qu. l D: Intentio prima vocatur res reatitvr e.nstens.
intentio antun secunda vacatur aliquid in anima rebux applicabile praflticabilc dr
nominibus remm, quando mm habent sappositionem personatem, sed simptieem‚ sicut
saut „spen'es, grims“. Utrtkm unter» talia sint routiter et subicctinc in anima an
obiectiue tanlum, mm re/crt ad proposilum 1m: hoc spectat detenrtinare ad Ioginm,
qui tarnen prhvcipaliler distinciionem inter nomina prima: et :eaundae intentionis habe!
considerare‚ quia Ivgirus praecisc hebe! diene, quod in ista proposih'one „homo rst
spccies“ subiectum supponit pro mm commum' et mm pro aliquo significato suo; nimm
aalen: iltud sommune sit reale vel non sit reale, m'hil ad cum, sed ad metaphyn'cum.
Nomen secundau intentr‘onis est ittud, quod imponitur ad signi/icundum (die de
nonu'nibus rrrum praedicubilia‚ quando mppmnmt siwptiriler et non pro sui: signi
fiealix (J) Hau rst difl’erentia inter nomi1m prima: intentiom's et seuundae, quod
nomina prima: inlcnh'om's saut ittu, quar‚ quando suppanunl personaliter‚ praecise
staut pro rebus mm inquanlum praedicabitia de atiis; nomina sccundae inteulionis
staut pro aliquibu‘s pracd'icabililms de mbas. ‘ Vgl. Anm. 781 u. 796.
778) Olodt. IV, qu.19: karge dicitur intentiu prima esse sigmrm intensilnlc
erstens in Mime, quod mm aigni/ical intrntiarmn vet cunceplus in ani1na vcl alia
signa praecise; et isto nwdu mm solum ua!egoreumata mentulia‚ quue sigui/ieanl
res, quae nun saut significativae, sed etiam syncategorcumah; mentalia et werbe et
coniuutione: et Imiusmodi dicuntur primae inlenlioncs..... Sud strich: ducilur prima
XlX.. Oceam (Parteistellung). 343
dass kurzweg die Kategorien sämmtlich intentiones primae. seien (wie
die allgemein rocipirte Annahme lautete), sondern, wenn man bei den
Kategorien auch an das Verhältniss einer Uebcr- und Unter-Ordnung, d. h.
eben an eine Urtheilsverbindung denke, zeige sieh, dass in einigen Be
ziehungen eine Kategorie als gemeinsamem Gattung einer anderen über
geordnet werden könne, welch erstere dann darum als secunda intentio\
zu bezeichnen sei; denn das Entscheidende bleibe immer, ‚dass die in-“
tentio prima Dinge, nicht aber Zeichen, hingegen die interdio secunda
nur solche Dinge, welche Zeichen sind, bezeichnet""). ‚ .
1
Sind somit die intentiones seotmdae,.wie sich im,Ansehlus.se an die _-'
allgemein geltende arabische Tradition vonselbsl versteht,'niebts Anderes
als die Universellen, so liegt in demjenigen, was wir bisher betrach
teten, bereitsv der innerste Kern jener Auffassung verborgen, welche Occam
in der Universalienfrage in bunt versehlungener Ausführung vertritt. Fas
sen wir nemlich rückblickend alle diejenigen bisher angeführten Stellen
inv Eins zusammen, in welchen Oceam den, byzantinischen Begritl‘ der sup
positio beizieht (Anm. 750, 757, 762, 768, 773, 777, 778), so erken
intenlt'o nomen mentale pruecisc natura esse ertrernum propositionis c! supponcrc pro
re, quae nen es! signum Sirm'liter (arge m‘oipiendo dicitur intentio secunda
animac oonreptus‚ quoe samt naturalia signa remm, ruiusmodi samt talentierte: primae
stric!e arceptac, sed ctiam prout signa rmmta!iu ad placitmn significarttia signa syn
rategoreumatica nu-nlatia; et isto modo [orte mm habenms nisi ooralc corre.spondens
tntentioni sectmdae‚ Stricte entern accipiendu dicitar intentio sccunda conceptus, qui
praecise signifirat inlentiones naturaliler significativas, ouiasrnodi snnt genau, spocics,
difl‘erentia e! atia hm'usmodi Ita de in!errtiouibus primis, quac supprmunt pro
retma‚ praedicatur unus conceptus communis, qui est intentio seounda. Summa t.
log. l, 12. f. 6 r. B: Sufficiat, quod intentio es! quoddam in anima, quod es! signum
naturatiter significans oliquid, pro qoo potcst supponere, vel quod potcst esse pars
propositionis mentalis. Tote autem duplex ext. Urmm, quod es! signurn alicuius rei,
quae mm es! tote sigrmm, et illud rocalar intmtio‘ prima Lar_i]e dioitur
intentio prima ornrte signum intentionale nisten: in anima, qand nen sigru'finat irr
tentiones vel siyna pr'accisc, .....ct illo modo oerba mentatia et syneategoremata
mentatia‚ adourhia, coniunctiones et huiu.wnodi possunt dici intentiones primac. Stricte
autem vocatur in!cntio prima nomen mentale natura pro suo significato supponcre.
Intentiu unter» socunda es! ilta‚ quae 0st signuru talium intentt'onum primarurn, cuius
modi ‚mm totes in!entionts „gentw, species“ et huiusmodi. Hiezu die betrettende
Stelle in Anm. 768.
779) Ouodt. V, qu. 21: Utrum quodlibet pracdicamerltum sit prima intentio oel
sccurtda....... Praedicamcntum dicitur dupliciter: uno rnodo acripitur pro prima et
communissimo in linea praedh:arnentali; et isto mod0 quodlibet praedicamentum es!
prima intentio oct nomen primae in!cntionis.„.. Mio modo accipitur pro Iota ardine
alithrum ordinatomm secartdurrt superius et in/‘erius, et sie praedicamentum compa—
nitur es: inwmplezi-s‚ ca: qaibus propositiones aflirrnatioae e! negatiaae oatae saut
coustitui..... Et sie loquendo de praedicurnentis in eo saut aliquae intentiones primac
et atiquoe intentioncs secandac; nur» in praedicamento qualitatis e! relationis es! hoc
comrnnne yenox qualitas, narn omne, quod genus ext, es! qualitas mentis secundum
ret oeritatern; sirm'lr'ter hoc comrnurte genus ext conceptas relatives et ideo es! in
genau relatiom's Intentio prima bette es! superior ad intentt'onem scanndum, narn
cns in communi vs! inten!io prima et tarnen es! sapcrior ad intentz'onern secundam,
quia omnis intuitiv secunda cst ens et nun e converso Ad intentt'ortem primam
sufficit‚ quod significet aliquas res, quac non saut sigma, liest mm hoc significet
mutlos res, quae surtt signa. lutcntio autrm sommda non signifioat aliquom rent, '
qnae nen est siglll!fll (über „rcs“ in diesem Sinne s. Anm.767). Ein Duplical dieser
ganzen Stelle s. unten Anm. 865.
‘i
‘w
l
I
344 XIX.’ Occam (Parteistellung).
nen wir sofort, ‘dass Occam das'Wesen der Allgemeinbegrifl‘e in der
Suppositions-Fähigkeit erblickt (s. unten bes. Anm. 781, 797 f.,v 800, 806),
in welcher ihm ja auch die Differenz zwischen subiective und obiective
gleichsam als getilgt erscheint (s. Anm. 762—764). Und diese “princi
pielle Unterordnung der Universalienfrage unter den byzantinischen Be
griff teminus ist die besondere Eig'enthündichkeit der Ansicht 0ccam‘s;
denn dass die Universalicn wenigstens in einer dualistisehcn Nebenstellung
neben einem realen Sein auf subjectiver Seelenthätigkeit beruhen und im
Urtheile prädicativ auftreten, hatten schon Alexander v. Alessandria (Anm.
24’8)‘, Radulph Brito (Anm. 258), auch Aegidius (Anm. 403), Johannes
‘ Jandnn (Anm. 426, 432), Antonius Andreas (Anm. 457) und Baconthorp
(Anmi 690) hervorgehoben; ferner dass diese eubjeelive Seite an den
Universalien das Entscheidende sei, trafen wir bereits bei Duraud (Anm.
560), Burleigh (Anm. 597), Armand (Anm. 632) und Gratiadei (Anm.
669);' und endlich dass die subjective Function wesentlich im Sprach
ansdrucke und der Namenbezeichnung wirke, hatten schon Durand und
Anhand wenigstens zugegeben (Anm. 551 ‘n. 634), sodann aber Anreo
Ins förmlich als Princip ausgesprochen (Anm. 697). Somit können wir
in all diesen letzteren Wendungen bei Occam Nichts erheblich neues. fin
den, wenn auch spätere Nachkommen, welche den thatsächliehen geschieht
lichen Verlauf nicht kannten oder ignorirten, sich einzig gerade diese
Seite aus Occam herauslesen und denselben so als den wahren Hort eines
nachmals sogenannten „Nominalismus“ (s. z. B. Anm. 782) verehrten,
woraus dann eine theologische Polemik gegen den Uccamismus erwuehs,
welche unbemerkt bis zum heutigen Tage auf die Geschichtschreibung der
Philosophie einen bedingenden Einfluss ausübte. Hingegen der wahre
geschichtliche Thatbestand liegt darin, dass Oc‘oam das Haupt der „Termi
nisten“ war (—‘ wir werden später diesen Parteinamed als einen übli
chen finden —-), und nur dadurch hat er sowohl einen wirklich. neuen
Standpunkt eingenommen, als auch auf denweiteren Verlauf der Logik
einflmsreich gewirkt. “
Da die Universalien für die Logik nichts Anderes sind als „termini“
der Urtheile (vgl. Anm. 777 f. 797 u. bes. 798), so sind dem Logiker
eigentlich alle anderweitigen Fragen über die Existenzweise derselben
völlig gleichgültig 750). Aber wenn auch dergleichen Untersuchuttgen hur
den Metaphysiker berühren (Anm. 75611.777), so inuss doch zur Vermei
dung schlimmer lrrthümer auch die Logik hierauf eingehen, und in die
ser Beziehung ist daran festzuhalten, dass alles äusserlich Existirende
schlechthinsingulär ist (—— diesem Grundsatz, welchen wir'schon bei Her
veus, Anm. 400 f., und bei Dunnd, Anm. 560, trafen, wiederholt Occam
unablässig und daher das Universale nie zu den äusseren Dingen
gehören noch ‚ auch ein Theil eines Dinges sein kann, sondern nur eine
unkörperliehe psychische=Veranstaltung (institutio oder inteutio oder cou
ceptus formales) ist, welche die dusscren Dinge bezeichnet und zur sup
780)_ Senf. f‚ Disl. 2, qu. 4 AA: Puer logicus mm habe! dixputare, nimm uni—
versqlia, qua( samt lmnini proposilionum, sinl rcs extra animam er! Iunlmn in ultima
lief in voü bei in scripto; et ideo mm distinguil, scd aliquando allrilnu'l rei‚ quod
convem't universali termino propositionis e! aliquando e conuerso.
XIX.’ ' cham (Parteistellung)f 345
positio für tlas ‘Bezeiellnele (nicht aber für sich selbst, 'vgl. Anm.“‘777,
796 u. 877) fähig ist, ähnlich wie auch in 'den Worten eine ‘solehe'Ver
anstaltung der Bezeichnung liegt, nur mit dem Unterschiede, dass“ ‘die
Worte, welche gleichfalls das “von der intentio‘ Bezeichnete“bezelchnen
(Anm. 774), ‘ aus einer lediglich willk‘ürliehen Veranstaltung‘hert‘drge'
hen 7“), so dass man in dieSem Sinne auch von einem doppelten Uni
versale sprechen kann, nemlleh von einem natürlichen (mah—ale; 'vg'l.
Anm. 757 u. 774 f2) und einem willkürlichen, Welches in d'en 1Vlierten
“egl 782)_ ' ‚t , .| u
' Die Werkstätte der Natur beabsichtigt nur singuläre Dlng'e' '(sxfler.
veus, Anm;401, und Durand, Anmu560, sowie die gegnerisehe "Ansieht
Burleigh’s, Anm. 590), indem nur solche Ursprünglich und an sich er
zeugt werden “3). Im Denken aber entstehen die Universalle_n‘‚'indbm
durch die Gegenstände auf lediglich „natürlichem“ Wege ohne eigenes
Zuthnn des lntelleetus oder des Willens‘ aus dem erstenlkl‘asseh imd
Festhalten (habitus, vgl. Anm. 759) des Gegenstandes bei ungehindertem
Gedankenlaul'e Von selbst ein zweiter Denk‘act veranlasst wird (causaturj
vgl. Seotus, ol). Anm. 116, und Herveus, 0h. Anm. 408), welcher vor
I'H
. ' ' I
781) Ezpos. our. Praedieab. Prooem.: quamvis praedictae quaestiones non
ad logieum, sed ad metaphysicum sint pertinentes, quia tamen est earum ignorantia
multi moderni in multiplices errores in logica sunt elapsij ideo de ipsis quid sit.....
diccndum, es! docendum . . . . .. Ouaclibe! res imaginabilis existens per se sine omni
additione est res singularis et una numero, .....quia omnis rcs per se vel est cadent
vel diversa ab alia Nullum universale es! extra animam existens realiter in sub
stantiis individuis nec est de substantia vel esse carum, sed universaliter est tantum
in anima vet est universale per institutionem, quomodo vox prolata . est univer
salis, quia de pluribus es! praediealn'lis non pro se, scd pro rebus, quas significat.....
Non sunt nisi quaedam intentiones vel conceptus formati per intellerturn exprimentcs
esse rerum et signi/ioannes cas, et non sunt ipsae res,’ sicut signum non ut suum
significatuml nec sunt partes rerum (s. Anm. 794 L), non plus, quam im; es! pars
sigui/¡mii sui, sed sunt quaedam praedicabitia de rebus non pro se, quia . non
supponunt pro se, sed pro suis significalis, quae sunt res singulares Praeler
ista ipsae voces correspondcnles possunt aliquomodo genera vel species appellari pro
tanto, quia omne illud, quod significatur per intentionem vel roncepturny in anima
signi/ioatur per vocem et e conversa,- tamen hoc non est nisi ad placitum instituentis.
universalia non sunt rorporalia, quia non sunt nisi in mente, in qua non est
aliquod corporale.
782) Summa t. logt l, 14, f.6v. B: Universale duplex ext. Ouoddam est uni
versale naturalel quod est signum naturale praedicabile de pluribus ad modern, qua
fumus natura/iter signi/isat ignem e! gemitus infirmi dolorem et risus interiorem lae
titiamg e! tale universale non es! nisi intentio animae-l ita quod nulla substantia extra
animam nec aliquid accidens extra animam est tale universale; et de tali loquar in
oapitulis sequentibus (also ist dieses das logische Universale). Aliud est universale
per oolunlariaminstitutioncm, e! sic una: prolatam quae est aere qualitas una numero,
es! universalisl quia est signum voluntarie institutum ad significandam plura; unde
sicut vom dieitur communisj ita potest dici universalis, sed hoc non habet ex
natura reí, sed tantum ex plarito instituentium. Ebend. 22, f. 9 v. A: De tali
universaliy quod est universale ad plucitum, non loquor, sed de illa, quod ez
natura sua bohrt, quod sit universale. So also steht es mit dem angeblichen
„Nominnlismus“ Occam's derartig, dass ihm das Spmchliche nur ein seeundäres
Willkürliches ist.
783) Sent. l, Dist. 2, qu. 4 X: Agens naturale in agendo intendit veram rem
singular-em, quia illud intendit. quod per se et primo produrilur, sed res singularis
per se et primo producitur.
346 XIX„ÜUJEUD (Parßistellung).
J-.ar
I
stellungsweise auf. ein. Sein gerichtet lSl,HWBICIICS«dOIB vorher gegenständ
lich ergrill'enen Sein adäquat ist734). ‚So füllt die thornistische „reflexio“
(ähnlich wie bei Seotus, Anm. K24); bei richtiger Erwägung des intuiti
venErfassens (s. Anm. 746) xon selbst, hinweg 785);. denn. bezüglich der
Reihenfolge der Entstehung ist das erste Erkannt». stets .ein Singulät‘es,
d. h. ein eqncretes Ding, nichtv aber, ein. Zeichen (wie z. B. ein Begriff
oder ein Wort), da es auserhalb der Seele nur singuläre Dinge gibt;
aber auf diese erste intuitive Erkenntniss folgt unmittelbar ein erstes.ah
stracles Erfassen, welches bereits den Charakter der Gemeinsamkeit trägt,
und! soweitdann dieses Gemeinsame dem Singulären adäquat ist, tritt
das Erkannte als ein‚Uuiversale. mit diesem ilun gebürenden Vorrange
auf’“). Versteht man unter abstractem Erfassen ein Absehen von der
vielheitlichen Singularität, und folgt man der walu's0heinlichen Annahme‚
dass die Universaan eine gegenständliche Existenz in der Seele haben
(s. Anm. 763 u. 768), so wird in Folge dessen, dass das Universale.dem
Singulären adäquat ist, das ahstracte Erkennen und das.sinnlich intuitive
Erkennen das nemliehe sein; hingegen wenn man Abstrpction‚als ein Ab
sehen von: Existema oder Nicht-Existenz des Gegenstandes nimmt, so III]
terscheidet sich dieselbe vom intuitiven Erfassen, da letzteres auf ein
jeweilig Existirendes gerichtet ist; aber dennoch liegt auch dann der Un
784) Ebend. ll, qu. 25 P: Universalia c! inlcntioncs secundae sausanlur natura
iiler‚sine umni uc!ivitate inteitcatas c! voltmlalis a notiliis incomplexix lenm‘nomm
per istam viam, quia prima wyuosco niiqua sinyuiarie in parliculan inlai!ive rcl
-abs!raciive‚ a! hoc causalur (vgl. Anm. 806) ab obicclo vel luibi!u dcrciic!o ex pnmo
acta, et habita notiiia s!a!im ad eins prae:eniiam‚ si nun si! impedimcnlum‚ scqnitur
naturaiiier alias actus dis!irwlas a prima termina.lus ad aliquid !aie esse obiectieum,
quaie pries vidi! ‚in esse subieclivo, e! illc aclus secundus produci! universaiiu. r! in
!cniione_s secundas„ ..
785) Satt. Prolog. qu. l UU: l‘rapric !oqucndo e! s!ricte „alle es! inlclleetia
re/leza, quia reflexiv s!ricle sovan inrlmlil nenessariu ad minus den, sind patet in
„wie iocaii refle.ao; nncipicndo tarnen reflezionem iqrge concedo, quod illa intellectio
es! reflexa, cum hoc tarnen slai‚ quod es! inluüiva.
786) Ouodl. l, qu. 13: U!rum primum cogni!um ab intelleciu primiialc genera
liom's xi! sinyuiare. E! videtur primo, quod nun, quia universale es! primum e!
proprirun obiectum intellrrtus In oppositum: Idem omnino es! ohieclum sensus
a! in!eiieclus; sed singularc es! prinmm obiccturn scnsus Iali primilale..... Sricndum
es!‚ quod hie rapilur singularv ...‚.pro re, quer: es! nimm numero c! mm es! sigmun‚
....quomodo dic!io scn‘pla, conrepius e! vom Seeimdo sciendiim esl‚ quer! non
inteiiigilur is!a quues!io de quacunque coynilionc singuluris, qaia quuecunqac cugm'lio
universaiis sie es! singularis, .‚...sed de roynitione propria simpiioi e! singulari .. ..
Diva tunc prima, quod singulare pracdic!o modo accipirndo ..... cst prima rognitum,
quia rcs extra auimam, qaaenou es! siynum, !ali coyniliom: prima intelligitur,
seil 0mnis res extra unimmn es! xinguiarc,- . . . . . . Secundo dico, quod rognilio simples:
c! propria singularis et prima Iaii primilalc es! in!uitiva...... 'I'crlio dico, quod
cogm'lio prima ubslruclitm primilale generalionix c! simpluz nun es! cognitio propna
singaiaris, scd rommunis, sica! de verrienle a rcmolis palel‚ qn0d causat sensa—
!ioimny vir’u!ernius ‚warum !an!nrn iudicarc, qnod illad nimm est ßns; manifeslum
es!‚ quod in illo man coynilio absiracliva‚ quam haben prima primiiatc generalionis,
est cognitia cnlis ic! iaullius inforinris, c! per conseqnens nur: es! concrplus proprius
singuluris...... Intuitive es! propria. voguilio singuiaris nur: prop!cr maiqrem assim—
la!ionem uni quum aller-i, srd quia naiuraiitcr ab uno e! mm ab allem rausa!ur. .
Conccplus yrueris nunqaam abstrehiiur primum primiluie adaequaiionis, mm praibmiulauloe iynednievriadiuiounis.
a. Ende.
Universale es! obieclum
Vgl. Anm. 806 u. 810
X1X.. 0ceam (Parteislellung). 347
[erschied beider. Erkenntniwweise:v nun: in ihnen selbst, d.‚=h..‚n‚nf ‚in den
geistigen Venetien, nichtqu etwa in ‚den ßbjeeten ‚derselben 7.8\7)„
Das Universale ist somit keinenl'alls eine tausserli‘alhnden Seele. exi
stirende Einzeln-Suhstanz„denn aussendem könnu: jedes: magerete „Wesen
ein Universale sein, sowie auch mitder,\lerniehtsmg eines individunms, se
fort die ganze Gattung untergehen müasle;‚wondern das,Univgrqsalq, ist: nur
eine psychisclm inteutio, und wenn mandi,ese.nach.„pichtigen Auflassung
mit actus intelligeudi identificirt (Anm; 757 ;u. 768)„‚ 80 ist Slß ‚ein na»
tüdiehes Zekdyen‚welehes ebenso, wie z‚yB.„durclt Seulzer_n; Schmerz he
zeiehnet wird,.als Bestandtheil eines inneren Urtheiles, d. h. ;le termiuu.5„
einen ;äussßren Gegenstand bezeichnet und hiemit nur der .prädieativen
Aussage dient, während Substanzen als solche, wie sich von selbst ver
steht, nicht Prädicat oder Suhjeet eines Urtheiles sein können, „wenn man
nichl;nuf sophistische Spielereien verfallen will 785). Die Gemeinsamkeit
aber ‚(vommunitas)„ welche dabei den Universellen als ausgesaglen zu-.
787) Sent.Prblog. qu.l Z: Notitia abstractiva potcs! aocipi dupliciter.‘ um: modo‚
qnod ai! respectu uticuius abstracti a Multis singuttzrib‘us,‘ e! sie cognitio abstrac!iva
mm es! nisi wgnitio elimi'us univermliiabstrahihili: a muttis, et xi unimuute
si! veru qualitns ezix!enx in animu subicctivc‚ qnod pol:st teneri probabilitvr‚ conce
dcndum csl‚ quvd illud universale passi! videri intuitive et quod enden: es! notitiu
intuitive et abstrartivu..... Aliter arcipilur cognitiv abstractivu, secundum quod dos
trahi! ab existen!ia e! nün-ez'ixte'ntiu . . . . . .. Notilia intuitive es! !alis, quod .‘si
Soorales in rei veritute si! albus‚ .v... patis! euidenler cognosei, quod Snerulesws't
albus; e! universali!qr omnis notitia incnmpleza termini,vel terminorum, sei! r‚ei„uel
rerum, virtute cuius ‚rotes! evidcnler cognvsci aliqna veritas\ coulingens,qpymximg de
praesenti, es! notitia intuitive. Abstractiva entern es! ista, virlute citius de re can
!ingenli mm potes! :ciri vvidenter, utrum sit vel mm si!.‚ et per illum mattem abstrahi!
ab exis!en!ia et non-ezislenliu Aliqutmdv propter imperfevtionem nakih‘ac in
!nitivae poteat Meiden, quod nullae vel paucae veritates oon!iugcnlcs de rc sie
intuitive cognitu possintuognosci;.„.„ (CC) Omne iltud et sul; zudem rotiene, quod
eri! obiectum intuitiven, potestlesse vhieotum abstractivae‚ et muni/festum ett‚ qnod
quidquid reale pvtcs! vognosci ubltractiitfl, pvtest etinm rognosci intuitive (GB)
Idee (live, quod notitiu intuitive-et ubs!rrtctivu .s‘e ipsis dilferunt, e! mm penes vbievte
c! penes musas was quoscunquc, quumvis naturaliler notitiu intuitive mm passt! esse
sine existentia m', notitia entern abstructiva potost esse naturaütcr ipsuwv sim
pticiter destructa. '.\
788) Summa t. log. l. 15, l. 6 v. B: t)uoii nettem universale sit utiqua sub—
slauliu extra animam existens, evidenter probari pvtest Nullum universale es!
substantia. singularis e! um: numero,‘ si enim dicervtur‚ quod sie, sequititr„ quod
Sverules e1'i! aliquod universale, quiu non est maior ratio, quod unum universal:- sit
zum substantia singularis, quurn ulia . . . . .. Sequeretur, quvd dem nur! passe! unum
individuum simpliciter nuniliilnrc, nisi rv!cm individua destruerct‚ qniu‚ si anniinlarrt
aiiquod individumu, destmervt totmn, quotl est de essentia illius Nulium uni
versale es! mbstantia, qualitercunque cunsideretur; ende vm!sideraliu inteltectus nun
‚Mit, quod aiiquid 'si! substantiu vel non-substantia, quamvix signifivutio terinmi
faciat, quudde 'iltv, nett pro so, pruedicetur hoc norhcn „substanlia“ vel non prac
dicelur . . . . .. Quodlibct universale ext intentiv animae, qmm secundum ßflflfll probe
bitem opinionem ab actu in!elli_qvndi nun distinguitur; mute dicunt, quvd inlrntio‚
qua intelliyo hominca, es! signum naturale significans hominem, ila naturalv, sicu!
gemitus es! signum infirmitutis vel doloris; et es! tote signnm‚ quod potes! sture pro
hominibus in propositivnibus mentalibus, sicßt vom pnlesl sture pro relms in propo
sitionilms voculilms.„.... Ouod unten: substantia von .\‘it nnta praedicun, palet,
quia‚ si sic‚ sequerelnr, qitod propositio componervtur u: sulmtatllii5 particuluh'bus
et per conscqnens subie:tum erit Roman e! prucdicatum Oxouiuc (beznglich des Letz
teren vgl. Anm. 599).
348 XIX:"0bcam (Pärteistellhng).'
kommt, Ist nicht etwa"eine obje6tiv€Wesens-Identität des Universal‘en‘nnd’
des Singulät'eh, sondern beruht lediglich auf dem Begriffe des „Zeichens“
(signwm), welches ja als solches mehrerem Bezeichneten gemeinsam ist 189);
und daher 'Wli‘d bei Brittthntniss eines Universale Hinwiederum nicht aus
schlies‘5lith ’oder einseitig blbss 'der geistige liegrill' erkannt, sondern zu
gleich mit ihm"gämdir;säm at1ch das Singuläre, auf welches er sich be
zieht 7”'°).’ A'bei“ dabei dürft: man sich"durch das Wort „singutart's“ nicht
täuschen lassen, denn dasselbe habe einen d0ppclten Sinn: nemlich einer
seits bede‘ute „sin_'qutar€' dasjenige, was Eines und"nlcht Vieles ist, und
in"‘dieseu‘1 Sinne sei Alles dud".ledes ein Singuläres',‘ mag es ein Ding
od'er'ein Zeichen oder eine 'inte‘ntio oder ein Universale sein, indem auch
letzteres irgend Ein bestimmtes psychisches Moment ist, und somit gebe
es in diesem Si'nn'e, ‘da für die Philosophie Nichts zugleich Eines und
Vieles ist (— anders in der Th‘eolo ie, welche ja lehrt, dass l»ä3‘ ist,
vgl. Anm. 733 ——-), überhaupt gat“ Eein Universale; hiegegen andrerseits
bedeute „singutare“ dasjenige, was in der Einheit seines Seins auch nur
Eines (nicht aber Vieles) „bezeichnen“ kann, und in diesem Sinne bestehe
ein Unterschied oder selbst ein Gegensatz zwischen dem Singnlären und
dem Universale, insoferne letzteres,“ Während es allerdings Eines ist, zu
gleich wesentliehstv den Beruf hat, ‘Mehreres zu bezeichnen, und somit
gebe es von Natur aus sowohl singuläre als auch universelle tntentiones
animae, eine Unterscheidung, welche bei den Worten nur auf willkürli
cher Einrichtung (Anm. 757, 774, 781) beruhe, daher auch die Singu
larität, vermög€ deren ein Wort „terminus discretus" ist, als‘dritte Be
deutung des „singutare“ genommen werden könne 791).
789) Ezpus. nur. Praedicab. de „man: Iltud, quvd praedtcatur de ptzm'lms
di/fererttibu: spea'e, noa est aliqua res‚ ‘quae sit de esse Warum, de quilms praedi
cutur, sed cst mm intentio in anima nalaiattter significaru omnes ittas res, de qui
bu.r pracdicalur...„ Et ideo genus mm es! commune plurilms per identitatcm in er‘s,
sed ‘per quaadam comrmmitatem signi, quomodo idem signum est commtme ad plant
signuta . . . . .. Divisio praedicabitium mm est divisio printo rerum, quae sint in ye
nere substanliat‚ sed ext divt'sio notin'mzm vel norweptrmm vet intentirmum in um'ma.
790) Sent. l, Bist. 2, qu. 4 Ot‘ Scmmdum unam opiniunem intrllectus inlrtlr—
gendo Immiaem, n0n intelligendo attquem homiarm singularem, nort intelligit rem
mmm de generc sitbstanti'ae, sed tuntmn‘ inl'e'ltiyit' q‘ucndarn Sed a‘ecundum altem opinionem rare intrttigitur quitibct homososminegpullaunm's.menntoins cogni—
Horte propn'a nec aequivatenti, ‘.tt’d eonmmm' laatum.
791) Ezpus. nur. Periorm. C. 5: V02 ext singetaris in re‚ so. quia ext mm res
et nen plures; potest tarnen esse universatis per significutionein et praedtcationem.
Singulare accipitur dupticiter: mm modo pro eo, quod es! urmm c! mm p1uru,
et isto modb quactibet rös‚ sitze sit signum wie: signatum s1've v0.1: sie: cmceptns, di—
rilur singularis, et sie nutla res esl‚ untenraatis, quia m'htt est unmn et ptum
seeundum philosophus, qttamm's seedndmn throtogus posset concedi, sed de hoc mm
ext modo vurundum (d. h. die Trinitäts-Lehre liegt ausserhalb der Philosophie)
Alte modo accipt'tnr pro eu, quad nen es! pruedirabile et quod mm aigm'ficat plant,
et universale dicilttr per oppoxttum illud, quod pracdicatur de ptur1'bus et es! signum
ptun'um et plura signifirat, quamuix ipsum in rei veritate sit mmm et nen ptum,
et isto modo secundo acm‘piendo singutare el universale nun est idem . . . . . .. Inten
tiomnn antmae quordam sunt universales et quacdam singutares, vom: entern nen
saut singular‘es m universaler nisr' per institutionrm sivc ad ptacttum. Summa l.
log. l,‘ I4. l. 6 r. B: Singular: potest sumi duptiriter. Uno modo hoc nomen „sin
guturle“ signifieat itlud, quod ext dann! et nen plura; et hoc modo tcnentes, quod um'
versale est quuedam qualitus mentis praedicabilis de pluritms, nen tarnen .pru sr, scd
.XIX. .Omm (Parteistetluns) ‚ 349
_'Kehrt somit Oceam betreffs der Universalien ebenso wie ,bei‚inte1t!io
(Anm. 778) immer wieder auf die ‚Aussagbarkeit‚ auf _.‚diqi de pluribug“,
_und somit grundsätzlich (vgl. Anm. 768),au.f‚ das Urtheil zurück l”), so
ist„es schliesslicbleben dieser nemliche Standpunkt, welchen‚er_ ‚i11„peinli- '
eher Ausführlichkeit ‚und unter , scrupulüser , Formuling ‚aller, ‚mögjiphgm
Fragen, aller Gründe und, Gegengt_‘ünde,ybei der, _I)iscussion ‚über die‚ Uni
vegsalieu im vGommegtar zu Petrus Lombardei; ygrtritt. ‚ Eplgex‚x. wir dem
dortigen Verlaufe (einige anderweitige, Belegstellen aus, anderen Schriften
bei einzelnen Punkten nicht vernachlässigend), sq‚bpggagnet„gns als erste
die,_k‘.rage„‚ob„die _Universalien wirkliche Dinge ausserhqn_lb der; Se_4;lg‚seipn‚
welche den einzelnen Dipgen„ deren gemeinspme„l’rädiülß sie sind, We
sentlich innen eipwohnen,_wahrend sie von_ denselben real, verschieden
sind; Md indetg,n‚un ‚gegenüber .dem Standpunkte der {subjectjv psychi
schen Auffassung diese Frage dennoch;‚ini ‚Hinblje_ke_ auf die Wesens-Ein
heil gleichnamiger. .I.ndivieuen und. ‚auf. die U11vereänslißhkeif ‚ der Allee
meinbegrifl'e, mahigfaph bejaht werde 793)„‚bemerkt hieg_egen Occam vorerst,
‚__„_‚a—‚.‚_
.l \ , , , ' ‚
pro il!is p!uribns, dicere huben!, quud quodlilze! _uniulrsu.le es! vere e! re‚uli!er singu
!ure (diess beruht auf einer schon von Middleton, ob. Anm. 230, benützten Stelle
Avicenna’s)..... Afi!er accipi!ur fl0mtll „smgulure“ pro omni eo, quod es! unum r!
es! signum u!icuius singularis nec es! na!um esse siynum plurium. E! sie nullum
universale es! singulare,„quiu quodlibcl universale na!um es! esse sig|ruqn p!uriym.
. . . . .. Unde vocando qniversale aliquicl, qgod mm es! nimm uymeru, quam acoeplio
ncm multi !ribuun! universuli‚ dicu, quer! nilu'l est‚nnivcrsale‚ ni,si [orte elm!e!nr‘ vo
ralmfo dicemlo‚ pupuluni man esse unmn nleme‚r!q \e‚!les.\eiunlversalg; ged y_mm'le e;sel.
Dicendum es! igi!nr‚ quod qnodlibe! universale es! imu res xingularft'r, p!‚„id#o ‚um es!
universale nisi per significationem, quia es! siynum pluriunl..... l"ornta{quhhifli; m
romparatione individuorum in"! universulis‚ tarnen in comparalione, enimde \singflldris‚
in quu imprimilur‚ es! individua, ipsa entm es! una ca: furmis, quae sun_l in in!cl
lec!u. Unodl. V, qu. 12: Ulrmn universale xi! ‘sinyularc Logice luquendo Iri
pliciter uccipi!ur singnlare e! indiriduum. Uno modo dici!ur singulure,.quod es! uns
1'ex numcro e! non plure.g ms; ‚alio mado dici!ur singularc res extra tminmm, quur
es!]yuna_ c! nun plures ncc es! sign\um u!icuiux; terlio modu..... signum proprium
ürni,.guad voca!ur temn'nus discrelus xl_/i|u'iiermlte es! singular_e e! individumn
;mmo modo‚ quia_vere vs! una quali!us mep!is .\ji1tgularise! non es! plure; quali!a—
las. Sed sammle modo non es! singulure, 'quia ‚nuflo, modo ist_ res extra animam
quudcunquc universale; simili!er universale non m s'ingularc !cr!io mudo, quia uni
versale es! signum na!urale vel volunlarium coinmqne ‚Pluribus et non !an!mn uni.
S. Anm. 839. , “ ,
792) Expos. nur. Pruedicub. de spule: Ordu praedicamcnlalis non tmllpoullm
es: rebus extra animam, sed ex, portrep!ilru_tq e! in!en!iaztibus in anima„ quac nun Ita
lwn! aliquem ordincm, nisi qnod unum es! cummuniu: e! dioilur de pluribus e! “lud
vocal,ur superius, e! uliud es! minus vommnne e! dici!ur de paucioribus e! illud es!
in/‘eu'us .. Sperics conlin'e! individuu nun staut quoddam !otuin, de cuius esiien!ia
sin! individua, . . . . .. Std ronlineri hie {dem es! quod de plurilms prqedicari.
793) Sen!. l, Dis!. 2, qu. '4 A: Ouuero, n!rnm illml, quod‘ immedialc e! pro
.zir_ne denominutur ab intenlione universalis et univoci si! aliqua vom res ez!ru ani—
mam intrinscca e! essen!iulis i'lfis, quisz es! univoca e! communis, dis!inc!a rculi!er
ab illis. Prime, quod‚ si! veru res esxen!iulis elinlrinseca illis, quibus es! i‘onimunr,
videtur, .qnia l!ll duu hantine:, universulis e! par!icu!uris scilicet, cui accidil
uniqnoq!io‚ sun! nimmt esse'nliafüer; ’S€!l illud, quod es! «qmm ‚exsen!i_ali!er cn ali
_quoßn!p rquli extra animum‚ eslmmt res e! essc1:tialisalieui re‘i .1.i.'Söcundo‚‘ quod
si!„r|es ,distincle reafi!er, eidelur‚ ,qu{u impossibile est‚ ß!!1t(lt'"l rem esse co‘rruplibifem
e! incurrup!ibilenp; sed univer;aliu an!!! incorrup_lilrilla‚ ergo non arm! eaedem
res „curnlsinynluribns‚ Ad yoppus\i!nmg „man: el_\ens sind er rebus universuli
bus, quer nen‘ haben! esse er!rri animam Ad isluin quuesliunem esl uns opinib,
350 Xllli' ‘0ccnm (Parteistiellu6g).
am bei solcher xnimmw-ine' liniveßalierl‘beüils“ Singuln‘risirl; d. h. zu
eoncreten Einzeln-Dingen geniaehl seien, bei Welchen eine angebliche com
Muniaabilitas (lliomifl'rschc Ansieht, s; Abscbn. XVII, Anm. 380—392 u.
494)“einers!:its zweifelhafl bleibe und andrerseils eineSingularisirung oder
örtliche Vetviell‘ältigüng( doelr nicht ausschliesse; ferner dass die Univer
salieu"dann hul“Sdl11hiähdieh oder 'Theile (vgl: Anm. 781, 799 f.) des We
sens der Einzelnllinde sein könnten; warnach in einem Individuum ebenso
viele '„1‘es" s!ebkenr‘nüssten; als ‘Unlversalien 'V0n' ihm ausges‘ä'gt werden;
anssefdbu! -da3€“das Universale nicht Mgensälze in sich aufnehmen könne,
ms" dneh" bekanntlich’_' bei Substä‘tizen Wesenlliclr der Fall" sei; endlich
dass hiit der Vernich't‘ung Eines Individuum ' der {Intergang 'dl!r ganzen
Galt!qu Verbunden sein müssieW). Ueberh!mpt ‘jä‘ seidie Annahme einer
derartigen Existenz der‘Universalien- Wede’r“zur Eildärtrhg des l!rlheiles
nülhig oder zulässig,'Weil der- rl‘heil' (—*— 7heile aber seien in solchem
Sinne die Univtarsailien --) nicht wesentlich vom-Ganzen prüdiCir! werden
kenne; nach“hedürfe "man derselben z|lm'Behufe der realen Disciplinen,
weil für diese das Unheil allein genüge (s. sogleirh Anm. 797 II), noch
auch endlich 'zum“ßehufe der Definition ,‘de diese immer etwas vom de
‚\'! _
quod quadh'be! universale univocum es! quaedam res exis!ens extra animam realiler
in quolibe! singulari e! de essenfia r‘uiuslilie! singulan's dis!incla reali!er a quah'bel
singulari e! a quolibb! uh'o universali...„ Pro illa apiniane arguun! mul!iplin‘ler‚
d. h. es werden nun dreiZehii Gründe Ihr dieselben angeführt.
794) Ebend. D: Isla opinio es! simplicilcr [also e! absurda; idea arguo conlra
eam prima sir: Nul!a mm rrs numera non varialn nrc multiplirala es! in plurilrus
sup]msilß ael singularibus ner e!iam quibuscunque indmiduis rrealis simul e! semel‚
scd la!is res si paneretm, esse! mm numero, ergo „an esse! in plurihus singularibus
m‘r He essen!ia illarum .... .. Scd res singularis e! universalis per se -sun! duae m
dis!inr!ae 1‘ea!i!ar e! aeque simplices, vel res’ universalis es! magis simplex‚ ner maio
rem plurali!alem rerum inln'nscram inrludi! uha quam alia, sr. rns nm'versah's qmm
singularis; igi!ur si res singularis es! una unmero, res universalis erit una numero.
Si dici!ur‚ quod illa res univdrsah's es! realiler communirabilis mul!is e! es!
reali!er in mu!!is‚ non .\‘i(' au!em res singularis, e! idca, quamvis mm inr!udal intrin
sere maiorem pluralilalem rerum, nan !amen es! um: nuniera sind res singularis, ran
!ra qmm-o, quomado es! communirabi!ix mul!is r! quomodo vs! in mu!!ix...‚„ S|' di‚
ri!ur‚ quad ipso mm aaria!a in sc ner multiplicala rammunienlur mul!is e! dislinr!a
remanv! realiter ab i!!is‚ !a!is cammunirabililas ael exis!cnlia in mul!is non exr!udi!
unilalem numeralcm . . . . .. 0mm's res [ariens numerum cum ah'n re dis!ineta es! um!
res numero er! plures r0s numera; sel! Ia!is rex universalis si panalur, nur fari! nu
mermn cum re singulari; ergo ipsa es! nna res numcro aal plures res numera.‘ s0d
man es! plu‘rrs res numera;..... ergo es! una numero‘..... Si dirilur, quad illa rrs
universalis'esl de essenlia Sorrah's e! mm Io!n exxen!ia Sarralis‚ quia Iunr nun esse!
res a!ia a Sorra!e‚ ‘ergd es! pars essen!ialiler Saera!is, "ex illa seqmm!ur mulra ab
surda.‚.... Sequcrelur, quod Io! essen! re: realilar dislinr!ae in qualil‚el singulan',
qua! sun! ubivqr'sah'a praediraln'lia univare du cadem..... Omnis res ex!ra animam
in geiler: .‘subälanliae es! susrepliva (afllrufl'orufil; ergo si si!’aliq!m subslaulia uni
versalis, ver“e eri! suscepliaa ron!rariorum; scd nullum universale es! susrcp!ivum ran
!rariarum; ergo nullum !ale universale esl res rentis‘in genere Subflan!iac. Summa l.
log. n„ 2, l‘.“25 v. B: Si Immanilas si! a!ia res a singularihus r! si! de rssrn!ia
singulurium, ergo idem „an auria!um esse! in p!urihus‚ e! im unum um! varialum
uumvraliler esse! in diversis (an's; quod es! falsmn. Sind/Her idcm non varialum
damdalum in Juda r! salaalunl in Ch1'islo‚ e! i!a aliquirl rsscl dumna!um e! miserum
in Chris!a; quod es! absurdum. Simili!er !unr drus mm passe! aliquid individuum
anriihilare‚ m'xi deslmere! omnia individua eiusdem gentris.
XIX. ‘flecam (Pirteistellung)! 351
flnihten-Geg6mtandb Verschiedenes ist79b). Hieiu aber fügt er ‘n‘oelr'einen
anderen EinWand‚ welcher nach der Lehre von consequentia formulirt ist
und auf der Theorie der suppositio beruht (vgl. Anm. 777 u. 781); uem
lich falls das Universale in dem angegebenen-Sinne eine „rea“ wäre,
d; ‘h‘. nicht’ blass ein Zeichen für ein Bezeichnetes, so müsste es befähigt
sein, fürsich‘selbst supponirt zu werden; dann aber käme man bei der
Folgerung-„Mensch ist eine Species, also ist"Thier eine Spüci‘es“‘otler.bel
dem Unheilte „Die niederste Species ist "eine Substanz“'zu “Inlsdtertlbi!
hauptungen, sowohl wenn man noch aalppositio‘ persanulr‘s, alsl auch wenn
man mchaupposüiosiniplew verfährt; also.könne- das Universale. nicht
eine res sein'“‘“). Ausscrdcm müsse um der logisch Ungeübten willen
bemerkt werden, dass der Bestand der realen Discipli;ren durchaus nicht
einen Einwand „gegen die Subjectivilfit der psychisch erfassten Universa
lieu in sieh‘sohliesse (wie Burleigh gemeint hatte, s. ob.-Anm. 591 u. 598);
denn Vor Allem habe jede Wissenschaft, ‘möge;sie real oder rational sein,
nur Urtlieilö zmn‚ Gegenslande, weil Urtheile ‚allein es‘ seien, welche „gli
w,usst“ werden (s. Anm. 754), wobei es„l'ü:_ die_Wahrheit des Urtbeilee
gleichgültig sei, ob es aus Geschriebenem oder-aus gesprochenen Worten
oder innerlich aus Begriffen bestehe; ‚Worte ‘ji seien bei jeder Wissen
schafl üblich, der Unterschied hingegen liege. nur darin, dass“ bei den
realen Discipliiien die Worte, (oder !ermini) durch suppos‚i!io aufmu
crete einzelne Dinge, bei den. rationalen durch swppositio auf Begriffe,
und beiden grammatischen Theorien durch suppoaitio auf Worte selbst
i . ‚ ‘. . l! _ ‚'l\l .
795) Saal.l‚ a. a. 0.: [den dinoah'ter ad quaestio1mn, quod Wl!a res realiln
dish'urla a singularibus resz e! in!rimera via es! universalis et commmzis er's, quia
!ulis rcs mm esse! poumda m'ar' ad salvandam praedicatinnem essen'üalem unius d:
allem vel ad salvandam saien!iam de rebua c! dif/iniliories remm, quus» omes inno
uu! orguen!es pro opinione Platonis„ Sed prinmm nun ratet, qaia- eo ipso, q-uod
pnni!ur intn‘nseca ibi e! dia!inc!a a re singulart', oportel‚ quod si! pors=rei, an! pur:
n’oa-poles! praedivan' cascn!iali!er de re. .. Nerz prop!er secundum opor!et ponere‚
quia ad habendum scien!iam realem sufficil haben proposilione: per se, quae po.tsun!
hubrri siae la!i alia re Neu bpom! talem rem poaere prop!er lertiuml .... ..(F)
q1n'a unnquam diffini!io c! M/fini!um mm! rudern m; sind em'm non um! idrm‘ ler
minus‚ im non samt eadem rea, hoc man obs!an!e‚ qltodipro eadem re supponun! (letz
teres ebenso Sum‘ma t. log. l, 20-, f. 8 v.--B. ‚und hiezu Anm. '848-. ' '
796) Ebend. Ab infen'ori a1! aupen'us es! (man consequmlia s. Abschn. XVll‚
Anm. 623), quaudo so. soperius e! in/erius aupptmurl! pro rebus Men's, quantor's non
scqm'htr', quando snpponun! pro so ipsis; ergo aequihw „homo es! :pm‘es, ergo ani
um! es! species“; quacro ergo, q- " a „ " „ ' !“.,- au! p“ "' ‚ er Inne
‚um: es! falso, quitt 1m!lum Mime! es! speuies; aub simplici!er‚ et. timc es! ‘-falso‚
quia Inne nuimul- supponi! pro i!to commum', e! il!a res- commonirnoo es! specics
spreiali'asiflea, sed genus..... Prae!erea si hau: sit um „speoies speoialissima es!
s1rbslrmlia“, an! subxlaflliü suppom'! simplicr'trr au! personali!er: si simpliaitrr, !m|c
haec es! faisd, qm'a tun: species specialiasima esse! germs generalissa'mum; xi pcrsonulilvr,
udhue es! fa!su, quia laue suppom'! pro suppositis e! sinyu'lan'bus, et per vonser;ucns
spenies sprria!in.w'rna esxet.aliqm'd singu!ore. Idee diao, quod nulla m !a!ix as!‚‘ qviar
si! aniuersah's e! in!rinseea i!iir‚ quisz es! commmu's. Summa l. log. l, 66, f. 21
v. B: Supposr'tio n'mp!rx es!‚ quaado terminus sapponi! pro in!entiom! anima» (s.
unten Anm. 877 u. 879), quae aliquondo es! zonmmm‘s phm’bus per praedicafionem‚
oliquondo arm es! propria uni: et ratio Indus es!‚ quer! niln'! er! a perle rei, qmmdo
si! simplim'lvr :ingulore. Undc error Worum, qui eredebunl, aliquid esse in re pro?
!er sinyu!hrt‚ e! quod Immunilus di<lmr!a anfogularibus es!1fliqltlll"ili‘imfifillafs e!
de e:scnlia rorum, induin eos in illsz mores e! mutlos Mio: logimksy 1 “ ' ’
352 XIX. Occam ‚(Parteistellungür
sich beziehen (vgl. Anm. 776); jene inneren ‚Urlheile abep, welche allen
ausgesprochenen Urlheilen zu Grunde liegen (Anm. 769), seien eben nur
aus solchen termini zusammengeselu, welche Begrifl‘e sind 79‘7). Darum
solle, man auch mit Saphistereien, welche dem juristischen Gebiete der
Stipulation enuionnnen sind (s. ob. Anm. 590), nidit weiteren Unfug trei
ben; denn sowie jene derartigen Beispiele sich einfadi durdi sappositio
cou/‘usalaruum (s. lAbsqtm.,XYll, Anm. 205,111) lösen, so komme über
haappt inden Urlheilen iAlles 1‚auf, die suppositio an, deren Kenntniss in
allem Detail allerdings Saphmdes‘ Logikßrs sei,798 .
Die zweite Frage, welche ilahin geht, 0h die Universalien als wirkliche
797) Sent; a. a. O. qu. 4 M! Scienlia realis non est semper de rebus tanquam
de illisy quae immediate sciuntun sed de aliis pro rebus Propter aliquos inezorcitatos in logica sciendum est, quod tsacniteuntmiasuqpupaoentiebnettiybussive sil
realis siue rationalisy es! tantum de propositionibus tanquam de iltis, quae scs'unlur,
quia solane propositiones sciuntur..... Sieut propositio protata vero componitur ez
vocibus ei propositio scripta aere eornpanitar ex srripluris, ita propositio tantum
coneepta pomponitur tantum ex intelleetionibus vel eonoeptilms seu inlentionibus ani
uaer..... iSial! propositio prolata scitur....... ita propositio in mentel quae nullius
linguae est, ‚vere igitur ..... Scientia aliquorum talium propositionurn prplatarurn est
realis et. aliquorum rational“, et tamen illa seita et omnes partes istorum aere sunt
voces, auia, cum partes aliquorum supponunt et stant non pro se ipsis vocibusy sed
pro rebus extra, puta pro subiectisl ideo illarum propositionum scientia dieitur realis;
aliae aulenhpartes aliarum propositionumstont pro ipsis eonceptibus Menüs, ideo scientia
illarum potest diei rationalis vel logiealisg et istarumproposilionum pralalarum, e. 9.
nhomo est von: hissyltaba“, potest diei grammatica. E! tamen omnes propositions tales
et partes earum sunt voccs, et solum dicuntur ad diversas scientias pertinerea quia
partes pro diversis supponunt, quia aliquae supponunt pro rebus1 aliquaepro conceptibus
men/thus, et aliquae pro ipsis ooeibus.. Ergo eodem modo proportionabilitertle proposi
tionibus in mente, quae vere possunt sciri a noln's, quia omnes termini illarum sunt
tantum conceptus et non sunt ipsae substantiae extra ln ista proposition: in
mente „omne corpus eomponilur ex materia et forma singulariu non fit suppositio
pro aliquo corpore universam quia nullum tale corpus est.. sed scientia isto modo
est de rebus singularibus, quia pro ipsis singularibus termini supponunt. Ebend. N:
Niln‘! refert ad scientiam realem, an termini propositionis scitae sint res extra ani
mprn pet tantum sint inlanimag dummodo stent et supponunt pro ipsis rebus extra;
et ita propter scientiam realem non opportet ponere tales res universale: distinctas
realiter a rebus singulan'lms. Hiezu Anm. 843 a. Ende.
798) Ebend. X: Si proteroiatur....... quod haec est nera „aliqm's promittit. se
daturum alteri aliquem equum“, tune quaeras aut iste promittit alteri rem aliquam
singularem aut universalem aut conceptam Non rem singularcmv quia non plus
unam, quam aliam, et ita vel nullum equum promittit et ita posset tenere promissum
nullum equum dimdo, vel promittit quemlibet equum et ita non posset tenere promis
sum nisi dando quemlibet equum. Si promittat rem universalen}, habetur propositum
Si rconeeptumr hoc non est verum, quia promittit veram rem ista eanillatio non
esset hie ponenda, nisi quia aliqui putantes. se scire logieam, ponderarent talia pue
n'üa, propter quae poaunlar multa absurda circa suppositionem terminorum...... Es!
fallacia figurae dictionis eouunulando unum modum supponendi in alium In
ista proposition: „uquum“ supponit con/use tantum vel aliquo modo consimiti, quia
non supponit nan/use et distributive Saepe terminus praedicatas habet supposi
tionem con/aram tantum vel aliquam quantum ad praedicatai consimilem cum signo
distributive praccedenli; verumtamen utrum vi sermonis habeat suppositionem ron/usum
tantum vel mm, ad praesens non cum, e! ideo ista umittantur. quia pertinent ad lo
gicos. lynorantia tamen istorum facit multa difficilia et in tlieologia et in aliis scien
tiis realibus. quae, si ista puer-ilia essent perfecte scilu, essent valde faciliu. Hiezu
d. Schluss d. Anm. 879; vgl. auch Anm. 806; die logische Lösung aber des juri
stischen Beispieles s. uuum Anm. 885. .
XIX. Occam (Parteistellung). 353
lussere Dinge in den Individuen, von welchen sie reell verschieden
seien, mittelst einer Vervielfältigung reell existiren, liegt eigentlich näher
an der Controverse über das Princip der Individuatiurl, wurde aber jeden
falls nur von Halb-Thomisten auf Grundlage Albert’s (s. Abschn. XVII, Anm.
378, 381 f., 393) bejaht; denn soweit unsere Kenntniss der verschiede
nen Parteistellnngen refeht‚ finden wir‘diese Ansicht hauptsächlich von
Herveus. (ob. Anm. 411 n. 416), theilweise auch von Gottfried von Fon
taines (ob. Anm. 66) und von Aegidi‘us (ob. Anm. 382 f.) vertreten; (lccam
aber bekämpft dieselbe darum, weil im» Hinblicke auf die Verschiedenheit
der Individuen dann zuletzt ebenso viele niederste Arten statuirt werden
müssten, als es Individuen gibt, und weil auch hier das Universale zu
einem{real verschiedenen wesentlichen Theile des Einzeln-Dinges gemacht
werde, während das Bestehen eines Theiles im Wesen, wenn überhaupt
zulässig, nur in der prädicativen Aussage der Aptbe ill‘e im Vergleiche
mit den Geltungsbegrifl‘en gefunden werden könne7'”), sowie man bei
Allem stets das ,Verhällniss der Aussage und der Supymitions-Fähigkeit
als einzig richtiges im Auge behalten müsse 80“). ‚ -
Die Beantwortung hingegen der dritten Frage, welche gleichfalls in
das Prineip der lndividuadion hinüberspielt, nemlich ob die Universalien
etwas ausserhalb der Seele Bestehendes seien, welches nur formaliter
(nicht aber real) vom Individtnnn verschieden sei, ist direct gegen Scotus
799) Sent. I, bist. 2, qn. 5 A: Oaaero secundo, utram universale et rmivoeum
sit veru res extra animam realiter distincta ab individua, in eo tarnen realiter ’2zistens
realiter maltiplt‘cuta et variata.‚..‚ (B) Esl una upiniu, qauc imponilur doctori sub—
tilt' a qaihusdunx‚ sind ab aliis opim'u recitata in praeredmte qttaeslione (d. h.
Anm. 793) s_iln' imponitur (sonach bestanden damals sogar darüber Meinungsver
schiedenheiten, was Lehre des Sc0tus sei und was nicht; jedenfalls aber waren die
beiderseitigen Referenten, auf welche sich hier Occam beruft, ziemlich unwissende
Menschen, wahrscheinlich achte Thomistvn); et cst opinw‚ quud universale es! aera
rea extra animum distincta realiter ab unu differenlia contrahenle, realiter tarnen
multiplicata et variata per latent differcnliam contrahentem, Sed ista 0pinio videtur
esse simpliciter /atsa‚ quitt . . . . .. (C) humanitus Socrati: realiler distinyuitur a di/fe
rentia cenlra/lente illam humanitatem (d. h. wenn zum Universale die Individuation
als etwas Verschiedenes hinzulreU-n soll) . . . . .. Si humanitas sit alia et aliu‚ ergo
tot erunt species spect'alissimae, quot sunl individua . . . . .. (D) Dir0 Hd quaefliwwm,
qaod in individuo mm es! aliqua natura uninersalis realiter distincta a di/ferentt'a
contra/tentr, quia nen posset ibt' poru' talis natura, nisi essel pars essentialis ipsius
individut'..... Sintiliter si-in irtdivt'duo esseat talia dito rruliter distittcta, nun videtur
1ncludere contradt'rtiunem, qain unum istorum puxset esse xint' altem, vt tunr pusa'rl
esse gradu: individualis sine natura contrarta vel e nonverso‚ quorum ulrumque es!
absurdum ‚ . . . .. Universale aliquo mndu signifirat parlem‚ quandu est gtmusy ad malte
compusila dislincta formis speci/tcix; . . . . .. et idea universale mm ext realiter pars,
et ideo nen opertet, quod realiter multiptiretur.
800) Ezpüs. nur. I‘raedicab. De sprcie: Sinai genau non es! de esse speciei nec
pars eins, ita spen'es non er! de Pur individui, scd r:tiquaedam intentio in anima
signifit'uns ipsa#ndiriduu, et ext praedicabilis de eis nen pro se, srd pro ipsi: indi
vidais, quia praediratum non supponit pro se, quia tunc denotaretar, quod So
crales esse! hoc praedicatam commane „keine“, quod est mani/ute falsnm, sed „heran“
sapponit pro ipsis individais Idee spect'es nen est realiter in individuo. Summa
l. log. I, 20, f. 8 v.A: Genus man rst atiqua res extra animam‚existeus du essentia
itlorum, de quilms praedicatur, sed ext qaaedam intentio animae prardicabilis de
multis, non quidem pro n, sed pro relms, qaas significat.
PIANTL, Gesch. III. 23
354 XlX. .Ooeam fl’anteistellung).
gerichtet“’). Und, zwar wendet Occam gegen denselben ein, dass es im
Umkreise der natürlichen Dinge überhaupt keine formale Unterscheidung
ohne eine reale geben könne (anders verhalte es sich freilich bei der
Trinität, vgl. Anm. 791), dass der äUSSEI‘B Gegenstand, welcher als sol
cher singulär ist, nicht zugleich gemeinsam sein könne, dass es (wie oben
Anm. 800) zuletzt.so viele Arten als Individuen geben müsste, oder dass
entweder alles Singuläre ein Universale wäre oder es kein Universale
gäbe (wie oben Anm. 794) und somit der Untersehiedder ludividuen ge
tilgt werde, dass von Natur aus nicht das Allgemeineals das Frühere
beabsichtigt werde, sondern gerade das Singuläre (ob. Anm. 783), endlich
dass in den Urtheilen das Prädicat zugleich sein. eigenes Subjeet wäre,
Weil ja der höhere und der niedere Begritl'raal..das Nemliche 861811302).
801) Srnl. l, Bist. 2, qu. 6A: Ouaero tertio, utrubi’ aliquiti, quod cst univer
sale et univocum‚ sit realiter extra animam ex natura rei distinrtum ab individua.
quamvis nun realiter . . . . .. Dicitnr‚ quer! in re extra"dnimum es! natura enden: rea—
ti!er cum difl‘ervnlia contrahente ad deterruinatam lndiqiduum. dislinrta tarnen forme
lr'ter‚ quae de se neu es! universalis nec particularis, sed incomplete es! universalis
in re, t't complelr svcumlu‘m esse in intellerlu. E! ista upinio est, u! credo, opinio
sabtilis doctoris, qui alias in subtilitatr indicit' ez’cellebat ob'. Anm. 100, 102.
121 f.)»..‚ .. E! es! de talentierte istins «lucton's, quod practrr anitatem nmnemlem
es! unilas realis minar unilatu numeralt (Anm. 141)..‚.„ Nan;egt ergo ista eutitas
materia vrl forma vcl oumpnsitum, inquantum quodlibet istorum es! natura, s'ed es!
ultima realilas entts, quer! es! nmtrria, e! entis‚ quod es! forma, et entis, quod es!
rompositum (Anm. 147) (D) Pro conc!usione pijincipali is!ius ppiniom‘s arguitnr
multip 'ci!er (folgen neun Gründe). - ’ “ “ ‘ " ‘
802) Ebend. E: 'L‘anlra istam opinionem potest argui duplici via. Prima, quod
impossibile est‚ in' creatun's aliqua di/ferre for'maliter, nisi distinguantur realiter (s.
Anm. 817) (F) Serunda via potc‘s! aryui conlra praedictam opinionem‚ quod
nun es! vera, eliam posito, qund esse! talis dislinctio; prima 'sic: quandocunque cou—
renit alicui realiler urlnn oppositum, reliquum oppositorum sibi nun ronverti!
rmliter; . . . . .sed'per Ie tmmis res extra animam‚ es! realiter singularix min numero.
ergo nulla res extra animam es! realiler’ to'mmum's neu mm uni!ate opposiln
uni!ati singulan'talis (G) Secundo principaliter iuxta istam viam arguo sic‚
quitt. si natura im tnodo‘c‘ssrt vommunis, sequerctur, quod tot essen! sprcirs rt
genera, quot saut individua..l.. (H) Si dicatur, quer! res non es! complete univer
salis, .wtl solum secundum quad es! cansi‘derata ab intellectu, ran/m quaero de illo,
quitt inlmedialc dcnominatur universale. Au! es! ‘pruc'rixr una res extra animam‚ au!
erit praecise ens ratiom's, an! es! aggrcgatum ex e'nte rculi c! ente ratiom's. Si rlelur
primum, habetur, quod rrs singularis es! simpliciler complcte universale ,c0utra dictum
propriutn . . . . .. St‘ detur secundum, sequitur, quer! iiulla res 'est universalis im: com
pletivc nec inchoalive St detnr tertium, stabil, quod quot sun! imliridua‚
tot crunl genera generalissima . . . . .. (J) Tertio arguo sic: Immanitas in Sonate et
humanitas in Platone reali‘ler distinguunlur, ergo ulraque illarum es! realiler uua
nnmcro, e! per consrqueus nautra est rommunis . . . . .. (M) Quau so!!! una res in
creaturis, non saut alterius e! alterius rationis; sed differcu!ia indiaidualis e! natura
coutracta saut una res . ‚ . . .. Socrates includere! aliqur'rl allerius‘rationis ab illu, quer!
es! in Platone‚ quod falsum ext, quia tunc Senates e! Plato nun" essmt simpliciter
eiusdem ratiom's . . . . . .. (O) Ouod natura es! prior naturalitrr Iluc rntt'tatc‚ u! [wer
ext, hoc nun es! verum. . . . . .. (R) "lud, qaud es! universale et u.ivocum, non es!
aliquid realiter ex ‚warte rei, distinctum formalitcr ab individuo, q4tia tunc
quandocunque praedtoat‘ur superins de in/eriori, praedicaretnr {dem de se, quia supe
rt'us r! inferius essen! eadem res (in Bezug auf Letzteres vgl. Anm. 812). Summa
l. log. H, 2, l. 26 r. A: Neu ratet dicere. quorl Immunilas Socratis nun divtingur'tur
a Sonate realiter. sei! formaliter tantmn: quia talis distinctio non es! ponenda in
creaturis, quamois aliquo modo passe! paar" in divinis; et hoc, quia in c‘reatura's im—
.xix. Oecam (Parteistellung). À '355
Die gleichen Einwände richtet Oecam auch anderwärts "gegen die Senti
sten mit speeieller Bezugnahme auf das Prineip der lndividuzttion, bezüg
lieh dessen er in gannühnlicher Weise, wie Durand (oh. Anm. 569)‘ und
llurleigh (oh. Amn. 603) im liegensatze gegen die Hàcoeitàl des Seot‘us an
eine materia particularis in Verbindung mit einer forma particularis
denktsm‘), Woraus l'olgt, dass Individuen gleicher Art lediglich mittelst
ihrer selbst in einem Gemeinsamen zusammentreffen, was durch die in
tentio in einem Zeichen des Wesens ausgedrücltl wird, sei es als ein
Suhstantielles oder sei es als eine der übrigen neun Kategorien; denn
dass man das Universale selbst auch ein Aceidens nennen könne, heu-elle
nur das psychische Auftreten desselben, nicht aber das Wesen‘ des durch
die intentio Bezeichneten 8‘“).
ltureh die vierte Frage werden die vorhergehenden drei zusammen
allgemeiner dahin formulirt, ob das Universale überhaupt in irgend einer
Weise sachlich ausserhalb der Seele existire; und aus einer Aufzählung
t
possibile est dare aliquam rem unam numero, quae sit realiter plures res et quae
libet illarnml sicut est in divinisy nam divina essentia est tres personae etc.
803) Summa t. log. l, 16, f. 71'. B: yidetur tamen aliquibus, quod universale
aliquo modo est extra animam et in individuisi non quidem distinctum ab his rea
liter, sed tamen formaliter; unde dt'cunt, quod in Socrate est natura Itumana, quae
contrahitur ad Soeratem per unam difl‘erentiam individualem, quae ab illa natura
non distinguitur realiter, sed formattter, unde non sunt duae res, una tamen non est
formaliter alia. Sed haec opinio videtur esse irrationabitis, quia in creaturis non
potest esse aliqua distinctio qualitercunque extra animamy nisi ubi sunt res dislinctae.
. . . . .. Item eadem res non est rontmunis et propria Item si natura communis
esset eadem realiter omni differentiae individuali, ergo tot essent realiter naturae
comnumes, quot sunt dilferentiae individuales...... Item quaelibet res se ipsa, et
non prr alt-ud, distinguitur, a quocunque distinguitur..... (LA) llicendum est igititr-y
quod in creaturis nulla est talis distinctio formatis . . . . ‚. E! ideo non est imaginan
duna, quod in Socrate sit humanitas vel natura humana distincta a Socrate quocunque
modo, cui addatur una differentia individualis conlrahens illam naturam, sed quidquid
imayinabile substantiale existens in Socrate vel est materia particularis vel forma
particularis vel aliquid campos-itum ez his, et ideo omnis essentia et quidditas et
quidquid est substantiae si sit realiter extra animam, er! est simpliciter et absolute
materia vel est forma vel compositum ex his.
804) Ebend. 17, f. 7 v. A: Multis non pai-vae auctoritatis viris videtur, quod
universale aliquo modo sit extra animam et de essentiu substantiarum particularium,
ad quod probandum nonnullos rationestet auctoritates adducunt. llnde dicunt, quod,
quando aliqua realiter conveniunt et realiter differuntl per aliud conveniunt et per
aliud difl'rrunt, ergo includunt aliqua praeter ista, quibusdistinguuntur . . . . ..
item plus conveniunt Socrate» et Plato, quam Socrates et asinus (s. 0b. Anm. 99),
ergo in aliquo conveniunt Socrate: et Plato, in quo non conveniunt Socrate: et asinux.
. . .. .. Item si universale non esset substantia, omne universale Et ad istas rationes respondeo concedendum est, quod Socersastee:t apcecridiedncsm con
venit specifice cum Platone et differt numeroliter ab eodem, sed sufficit, quod
se ipsis convenianl...... Loquendo de m' vocis et secundum proprietatem sermonis
concedendum est, quod nullum universale est de etsentia cuiuscunque substantiaeg
omne enim universale est intentio animae vel aliquod signum voluntarie institutum
tate autem non est de essentia substantiae . . Sed magis proprie loquendo debet
concedi, quod universale exprimit vel ezplicat essentiam substantiam h. e. naturarn,
quae est substantia . . . . . .. Habent dicere illi, qui ponnnt, intentiones animae esse
qualitates mentis, quod omnia universalia sunt accidential non tamen omnia univer
salia sunt signa accidentiqu sed aliqua sunt signa substantiarum tantum et illa
constituam praediramentum substantiae, alia autem constituam alia pruedicamenta.
(Betreffs des Letzteren vgl. Anm. 812.)
23'
356 XIIX-.. .0mm (Parteistelluns)
verschiedener ‚Meinungen, wobei wir deutlich nicht‚hloss„dezu Thomismus
und den Scotismus, sondern auch Baconthorp, Aegidins, Durand, Burleigb,
Mayron, Herveus und Aureolus wiedererkennen, liest sich Occam in sei
ner Weise heraus, dass Alle eben doch in irgend einer Beziehung das
Universale mit dem Singulären identiliciren und somit dem ersteren einen
sachlichen Ulmrakter beilegen “"5). Hingegen nach seiner eigenen Ansicht
müsse durchweg daran festgehalten werden, dass in der Aussenwelt
schlechthin nur Singnläres existire (s. Anm. 781 u. 783) ‚und dass dieses
u_nseren lntelleptus _reize („movet“, vgl. Anm. 784), welcher dann den'
Gegenstand vorers__t_ verworren und hierauf deutlich (oonfuse und distincte.
vgl. Anm. 786I.) erlhs5e; und es liege somit alle Universalität lediglich
im subjectiven lntellectus, wie schon Aristoteles mit Recht gegen Plato
bemerkt habe, und nur durch willkürlian ‚Spradigebrauch (volunlaria
institutio‚ s. A_nm„ 757 u_. bes. 782) könne eine äussel'e Substanz als uni
versell bezeichnet werden; denn das, richtige Verhältniss des Gemeinhe
grifl'es zu dem entsprechenden äusseren Einzelndinge liege immer ur
(vgl. Anm. 798) in der suppositio personalis W“).
805) Saul. l, Bist. 2, du. 7 A: Ouor!o quaero‚ ulri4m illlul‚ quod es! universale
e! comrmme unioocum‚ si! quomodocunque reali!er a perle rci eI!ra animom . . . . ..
(B) Onmes‚ quos oidi, concordan! dicen!es‚ quod natura, quue es! aliquomodo um'—
versalis, syallqm in potentia e! incornplele (diess bei Bacol'itborp‚ s. ob. Anm. 689)‚
es! realiler in individuo‚ quamvis aliqui dicon!‚ quod dis!inguitur reu!ilrr (so die
"strengen Themisten und auch die Mehrzahl der Halbtbomisten), uliqui, quud Ianlum
fonnuli!er (so die Scotisten), aliqui, quod nhlla modo ex natura rri. sed Ianlum
xecundum rafioniäm vcl per nonsidrra!ionem_ in!ellcrlus (s. bei Aegidius, Anm. 379, bei
Dnrand. Anm. 559 l.‚ und bei Burleigh, Anm. 588). linde ll!l'ltltl aliqui. q1wd in
rrea!uris es! Quoedor‘n forma, quoe serundum rem e! na!uram nullam unilulrm habe!
m se omniho, sed in se es! naturaliler diviso c! habe! solum unüalem serundum in
telleelum rutiom'r (s. bei Mayron‚ Anm. 509 u. 515).. (C) Vul! ergo i'qu opinifl‚
quod forma generis mm es! simplez ca: se, sed ex se es! divisa, xed forma speciei
ex se es! um; simpler e! u! sie es! vmiversalis, sed ipso forma u! signa!o in hor
supposi!o es! parliculmjis; im quod is!u opim'0 poni!, quod lam forma generis qmm
speciei subsislil in ipsis singuloribux, quomvis u!iler c! aliler. Alii au!em ponunl‚
quod res recuudum'essc man: in e/fcctu es! singulari: e! rudern rex secundum esse
suum in in!elleclu es! universalis (s. bei Herveus, Anm. (E) Alii au!em
moderm' ponunl, quod eodem rrs soll uno ronceptu es! universalis e! sub olio atm
ceplu es! singularis (s. bei Anreolus, Anm. 706). . . . . .. (F) Sie ergo omnm is!ae
opiniones pomml, Quod universale e! singulore arm! eurlem res realiler neu ilifl‘erunt
nisi secundum‘ ratiomm;‘ .‚.‚.omnes nonveniim!‘ in‚hoc‚ quod universaliu snnl aliquo
modo o „m ‘rei i!a‚ quod saut! u'niversalia reali!er in ipxis singulmibus. l'ro islu
rönclusibrle pä!es!'aryui multiplieiter (d. b. es folgen nun zweiundzwanzig Gründe).
806) Ebelid. F; Omnis res posilivo ez!ra animam eo ipso es! xinyularis, e! [nur
res sie: singularis es! op!a ‚na!u mouerc inte!!eclum ad concipiendum ipsam couluse e!
ad concipiendum ipxam distincte. E! voco coneeplum eon/usum, quo inle!!eclus nun
dislingui! ‚unam rem‘ab alle, e! ‚sie Socroles move! in!clleclum 0d cunripicndum
homincm, c! pe( illum intelleelux grwn dislinyui! neu disline!e cognosci! Socralem u
Platone; t'iium move! in!el!cclum ad roncipimdum ipsnm modu mm roufuso, e!
sie dico‚ quod hie Sncrates es! Iwmo ‚ (G) .Von vide!ur‚ quer! aliquo res er!m
animum si! substanlia universalis, „ist for!r per oo!un!urium institutionem . . . . ..
(S) Nullu re.r extra animam, nec per se ner: per aliquid addrlum reale ot‘! ralium's
ner quoli!ercimquc curuiderelur ve! in!clliy„lur‚ es! univerxulis, quia laute es! im—
possibrlilas. quod aliquu res i1'! extra onimum quocunque modo universulis, nisi
forlr! per inxlitutionem volunluriom‚ quomorlo is!o v0.1: „Immer“ es! singuluris e! uni
versalis, quuula es! impossibilitas, quod Iroqu per quomcnnque considerollouem vel
xtle Oceam (Parteistellung). 357
Gilt hiem'it" als feststehend, dass die Universalien nicht ausserhalb der
Seele existiren, so ist endlich als Gegenstand einer l'ünl‘ten Frage nach
die Erörterung übrig, 0b dieselben eine Vorstellungsweise oder eine ge
genständliche Existenz in der Seele haben; und indem Occam auch hier
wieder verschiedene Meinungen aufzählt, welche uns nach Maassgabe un
serer Kenntniss der Parteien auf Aureolus, auf die Seotisten, auf Burleigh
und auf Durand zurückweisen, und dabei bemerkt, dass man nicht vor
schnell oonceptus und intellectio identificiren solle (s. Anm. 753), dass
die Annahme einer species intelligibilis überflüssig sei (Anm. 758), ler
ner dass die Universalien ebensowenig Dinge (Anm. 784) als etwa blass
willkürliche Veranstaltungen (Anm. 781 f.) seien 807), so wendet er sich
zunächst missos-st entschieden gegen die Annahme eines‘gegenständliehen
Seins (subiertive) der Universalien, indem er mit den gleichen Motiven‚
ja mit den nemlichen Worten, wie 0ben'(Anm. 759 l'.)‚ im Interesse der
vorstellungsweisen Existenz der Universalien den Begrifl‘ des „Fietums“
namens“), und abermals darauf hinweist, dass in dem inneren, von
secundum quodcunque esse sit asinus . (T) l’hilasaphus prima praba!‚ quod uni
versalia non sunt substantiae secunda, quad non sunt talia exemplari-av qualia posuit
Plato..... (Y) Bes pales! intelligi non tantum ran/usc. sed etiam perfecte et distincte
nullo superiori inlellecla; et quando dicitur. quod Soerates non potest intelligi nisi
intelleclo animali, diem quod ista potest distingui. quia „animali“ potest sup
ponere simplicim', et tunc est falsa, quia tunc denalal, quod Soerates non potest
intelligi nisi intelleeto hoc communi um'mali, et hoc est simpliciter falsumj vel potest
supponere pro re et personaliler, et sic mnceda. i ' ' t
807) Sen!. l, Disl. 2‚ qu. 8A: Ouinlo quaero, utrum universale univocum sit
aliquid reale existens alicubi subieclive. quia universale primo movet intellectum
. . . . .. Passen! esse diversae apim'anes, quarum multas reputo Prima opinio posset esse, quod universale est conceptus mentis estimqpuliocditiesrtefaclosnasceptus
est realiter ipsa intellectio (s. bei Aureolus‚ Anm. 706 u. 716) . . . . .. Ctmlra istam
opinionem potest argm', quia conceptus non est ipsa intellertia (C) Secunda
opinio potest esse, quod universale est species aliqua, quae, quia aequaliter respicit
omne singulare, dicitur universale, et ita est universale in repraesentando et tamen
singulare in essendo (so die Scotisten). Sed ista opinio videtur essev falsa, quia....
talis species non est necessaria (D) Alia passe! esse opiniol quod aliqua est
vera res sequens actum intellectus. qui esset similitudo rei et propter hoc esset uni
vnourlsloalitsa,lisqueisat apeoqnueanldiat.er...o.mn(iEa) rQeuspairclearetpos(ss.etbeeissBeuralpeiimg'ho,, Aqunomd. n5i8h5il fl'e.s)t. uSneivdersale
ez natura sua‚ sed tantum ew institutione illo mado, quo vox est universalisy quia
nulla res ez natura sua habet suppom-rc pro alia re nec vere praedicari de alia re,
Ssiecduthaneecc ovpaizn‚iosendontavnitduemturezveirnas,titquutiioanetuunoclunnithairliaes(ts.nabteuiraDursaunad,esAsentm.sp5e5c1i)es. vel
genus nec e eonverso.
808) Ehend. E: Universale non est aliquid reale habens esse subiectioum nec in
animo nec extra animam, sed tantum habet esae obieetivum in anima et est quoddam
ficlum habens esse tale in esse abiectivo, quale habet res eztraiin esse subiectico.
et hoc per istum modumy quod intellectus cidens aliquam rem extra animam fingi!
eonsimilens rem in mentea ita quody si haberet virtutem producüvam, talem rem in
esse subiecliaa, numero distinctam a priori, produceret exlra‚ et esset eansimiliter
et proportionabiliter sicut est de arh'fice Et isto modo universale non est per
genmationerm sed per abstractionemv quae non est nisi fic-tio quaedam (F) Pigmenta
habent esse in anima et non subiectivunh quia lune essent verae res; ergo sunt
aliquav quae tantum habent esse obieatiuunL Similiter propositiones. w-syllogismi et
huiusmodia de quibus est logicay non habent esse subiectioumg ergo tantum habent
esse obiecünum, ita quod eorum esse est eorum cognoseig ergo sunt talia entia ha
bentia tantum esse obiectivum Similiter -un|nes quasi distinguunt intentiones
358 XIX.= Oecaau (Parteistellung).
l
.A
speeiellen Sprachidiomen unabhängigen, Urtheile (Anm. 769) nur Begrifl'e,
nicht aber Dinge, als Subjeet oder [’rädicat auftreten (Anm. 788), sowie
dass der vom lutellectus gebildete Begrill' von Natur aus universell sei,
während die Werte hiezu einer willkürlichen Veranstaltung bedürfen
(Anm. 781 f. u. 791), und endlich dass jenes subjective Gebilde nicht
ohne Realität sei (Anm. 762), sondern ihm ein adäquates Wirkliches ent
spreche ’“"‘). Aber unmittelbar hernach spricht er mit der nemlichen
Unentschiedenheit, welche wir schon oben (Anm. 758) trafen, von der
Möglichkeit, dass die Universalien dennoch auch eine gegenständliche Exi
stenz haben, indem ihnen auch dann jene „natürlidxe“ (s. Anm. 774) Be
fähigung der Bezeichnung und der Supposition u. dgl. im Vergleiche mit
der willkürlichen Sprachbedeutung immerhin zukomme; und er sagt aus
drücklich, dass ihm principiell nur daran liege, die Universalien im Ge
gensatze gegen die äusseren Einzelndinge, aus welchen sie geschöpft
werden, als psychische Erzeugnisse festzuhalten, mögen sie dann als sol
che gegenständlich oder vorstellnngsweise existiren M“), obgleich ihm an
derwärts hinwiederum das erklärliche Bedenken aufsteigt, dass bei ge
genständlieher Geltung die Universalien sehr nahe an die platonischn
ldeeulehre (vgl. Anm. 896) gerückt würdensn). Aber sowie wir schon
secundas ab inleutionibua primis nun vocando intenlione: secundas aliqaas reales
qualitates in uuima; ergo cum uon sint realitt’r extra, nun possuut esse m'si obieclz'rc
m amma.
509) Ebend. F: [dem est snbieclum in propositione universali et parliculari
mm lantum in propositionibus in coce‚ seil etiam in prapositiouilms in mente‚ qnae
nullius liu_quae saut; et in illis nen suln'icitur aliqua res; ergo lautem couceptus;
possel ergo dict, quod staut vom es! universalis et geuus et spevies et tantum per
institutioncm, ita conceptus sie fictus et abstractus a rebus singulan'bus praecagnitio
csl universal“ 01 natura sua,‘ et potest aliquis uli isto modo loqwudi voraudo cou
ceplum et universale sie ficium . . . . . .. Illud sie fictum vere esl obieetum cagnitum ab
intellectu, et propter ista potest esse terminus propositianis et supponere pro 0fltfllbltt
illis, quorum ext imago ret siuiilitudo, et hoc csl esse universale et commune ad
illa . . . . .. (H) Universale nen esl figmentum rate, oui non oerrespoudel aliquid cou
simile in esse subiecliao, quale illud fingltur in esse obieclivo ..... .. Si fingatnr
domus in menle, anlequam producalur, nen est figmentam :icul chimaera vel ali
quid lalc.
810) Ehend. Q: Cui non placet isla opinio de talz'bus ficlts in esse 0ln'ectiua,
potest lenere, quod counptus el— quadlibet universale es! aliqua qualitaa meistens sub
iective in mente, quae es natura sua est signum rei extra, sicut voa; est signum rot
ad placilum imlituenlis, et laue patest dici, quod per amuem modum, staut eures et
signa volnntarie instituta significant et consiguifioaut....., ita saut quaedam
qualitates existentes in man/e subirrlire‚ quibas ex natura saa campetuut talia, qualia
campelunl vocibus per vuluntariam institutiouem . . _ . .. Et secundanz islam opiiu'oncm
dehnt concedi, qaorl quodlibet universale et geuus generalissimum es! oere res singu
laris exisleus rcs determinati generis, est tarnen universalt's per praedicationcm nen
pro ‚so, SBd pro rebus, quas significal . . . . .. Verumtamen ista optnio possel diversi
mode poni . . . . . .. Quamlibel islarum opiuianum reputa probabilem‚ sed quae illamm
:it ueriar, relinquo iadicia aliarum. Hoc tarnen laute, quod nullum universale, nisi
[arte sit universale per volantariam institutionem, ext all'un existens qnocunqne
(modo extra animaui, sed omne illud, 111t0d est universale praedieabile de plurihus
e:a natura sua, est in meute vel sztbieotive vel abiecliue . . . . .. (H) Illud, qnod
movet (s. Anm. 784 u. 806) inlelleotum prima, uou est universale, seil singulare,
et ideo singulare intelligitur prima primitatc generaliouis (über Letzteres das
Nähere Anm. 786).
811) Saut. l, Bist. 35, qu. 5 G: Generis et difl'ereutiae et aliorum aniucrsa—
XIX.- Oeoam (Parteistellung). 359
oben bemerken mussten (Anm. 763 f.)‚ dass es in diesem Punkte bei
0eeam an der nöthigen Klarheit gebreche, so stützt er einmal sogar ans
driiek-lich die gegenständliche Existenz der Universalien gegen Einwände,
welche er selbst gegen Scotus und dessen Anhänger erhoben hatte: nem
lieh wenn gesagt werde, dass dann die Universalien als Qualitäten des
Denkens nur accidentell wären, so erwidert er in -gleieher Weise wie
dort (s. Anm. 804); oder wenn man entgegenbalte, dass nicht das Nom
liebe von verschiedenen Kategorien ausgesagt werden könne, so hilft ihm
wieder die Lehre von der Supposition aus der Klemme, denn das Unheil
„dieSubstanz ist eine Qualität“ bestehe zu Recht, sobald das Subject
desselben nach supposüt'o materiatis oder simpler gelte ‚l nicht hingegen,
wenn nach suppositio personatis; oder endlich wenn man einwende,
dass dann das Nemliehe zugleich niederer und höherer Begritl' wäre
(s. Anm. 802), so verweist er darauf, dass ja auch z. B. das Wort
„dictio“ ein Nomen sei und doch zugleich als Begrill'böher liege, als
der Begrill' des Nomens"“).
Glauben wir hieiuit Occam’s Auffassung der Universalien in genü
gender Weise .darggalegt.zu haben, seist durch dieselbe die Entscheidung
anderer Controversen folgerichtig von selbst hedingt.- So mussten wir
schon oben die Frage über das principium' i'ndividuationis nicht blass
nebenbei berühren (Anm. 799), sondern eigentlich im Sinne, Oecam‘s be
reits beantworten (Anm. 802—804); und in ‚völligervllebereinstiuunung
mit dem dort Angeführten erklärt Occam‚ das Prineip der. Individualisi
rung liege lediglich darin, dass die'lnditn'duen sich durch sich selbst (se
ipsis) unterscheiden, und ebenso verhalte es sich mich mit demjenigen,
worin sie unter sich zusammentreffen, den'n genau genommen solle man
nicht sagen, dass sie „in“ Etwas (in aliqm'bus) zusammentretl'en‚ som
dem richtiger „durch“ Etwas (ah'qm'bus), und -diess seien eben‘die In
dividuen selbst,‘indem sie durch sich selbst (so ipsis) zusammentreffen;
eben» dadurch ja könne der abstrahirende lutellcctus Universalienl‚erfas
sen, welche nicht etwa erdichtete Gebilde (pur-um figmentum, ‚vgl. Anm.
762), sondern suppositionsl'ähigseien 813). Indem aber so die Singulari
„ _ ‚ ‚l !! i
lium mm saut idcac, m'n' poneretnr, quod universaüa csunt quoedam _'res sabieclioe
existentes in anima et ‚totem communia rebus extra per pruedioationem..„-.
812) Uuodl. V, qu. 13: Universale solum ist in anima, et non.obieolioe tan—
tum, sith prius ostensum ost (s. Anal. 768); ergo sabieottue;.orgo est qualitas
mentis..... Sed contra: quia hoc dato tunc onmia praedicamenta sssent uccidentia ‚
. . . . .. prael\crea idem mm praedicatnr de diversis prandinamentis,‘ prarlerca
sequitur‚ quod idcm sit superius ad se . . . . .. Ad primum istoram conaedo‚ quod om—
nia universalia samt accidentia; tarnen non samt o-nmta signa accidcntiam, sed attqua
universatia sunt signa substantiarum Ad otiad dito, qaod idem mm praclb'm—
tar da divensix pracdicamentis, quandu prosdiqantent.a stant-pcrsonalitcr et significa
live; sed quando suppom't materiutitor aut ‚simpliciter, non es! incunoqniens.‚ idcm
pracdicqn‘ da diversis praedioamentis. Unde si‚ in ista proposili<me „substanth es!
qualitos“ subtectum sappom't materialiter vel simplicitcr, ilta es! pero;,.et simititer
i:to „quantitax ext qualitas“; sed sisupponant personatiteg tunc man saut oerue....
Ad aliud dico, quod eadem dif/icultas est hin. sicut de isto namine „dictio“ .et hoc
nomine „nomen“, quia hoc namen „dictia“ est nimm .conlentum sah nominr, quia es!
nomm et»non o|nne amen est hoc nomen „dictio“, ‚et tarnen hoc nomen „dictx‘o“ ext
quodammodo superius ad omnia nomina. ‘
813) Saut. l, Bist. 2, qu. 6 EE: Ad illud, quod innuitur‚ quod si omm's
seo x1x. Ocoam- (Parteistellnng).
m dem Singulären unmittelbar von selbst und ohne allen anderweitigen
Zusatrzukommts'f‘), so könne man auch den Begrill‘ der Quiddität in
dem Sinne nehmen, dass er das ganze aus Stofl‘ und Form bestehende
Wesen bedeute, wornach z. B. zwischen „Mensch“ und „Menschheit“ nur
ein sprachlicher Unterschied (mittelst eines Syncategoreuma) bestehe, wäh
rend andrerseits, wenn man unter der Quiddität nur die Form verstehe,
allerdings zwischen ihr und ihrem Träger unterschieden werden müsse.
wenn auch für die Angelologie wieder der Vorbehalt nöthig sei, dass
die Quiddität eines Engels identisch mit dem betrefl‘enden Engel selbst
istgli’). Nimmt man aber in jenem ersteren Sinne essentia und existentia
als gleichbedeutendmelp so sind die scotistischen ‚.formalt'tales“ eigent
lich im Principe von vorneherein schon weggefallen, da nach Oitcam's
Auffassung, wie wir auch schon oben (Anm. 802) sahen, Nichts l‘ormell
diversilas esse! numeralis, non plus posset intellectus abstrahere a Socrate et Platone
aliquid commune, quam a Socrate et liueay c! quodlibet universale esset purum fig
mentum intellectus (s. die nemlicben Worte, bei Scotus, ob. Anm. 99), dico ad pri
mum, quod ex hoc ipso, quod Socrales et Plato sc ipsis differunt solo numero et
Soerates per substantiam suam est simillimus Platonil omni alio cireumscripto intel
lectus potest abstrahere aliquid commune Socrati et Platoni, quod non erit commune
Soorati et albedinig nec est alia causa quaerenda nisi quia Socratex est Socratet et
Plato est Plato et uterque est homo De virtute sermonis non debet concedit quod
Socrates et Plato in aliquo conveniunt nec in aliquibusj sed quod conveniunt aliquibus
quia se ipsis, et quod Socrates convenit cum Platone non in aliquo, sed oliquo, quia
se ipso. Si tunc dicatum quod Socrates et Plato conveniunt in homine dito, quod
vshomineu potest suppoaere vel simpliciter vel personaliterp Primo modo potest concedi,
quia hoc non est aliud dicere. quam quod homo est quoddam commune praedicabile
de Socrate et Plalone. Si autem „homine“ supponi! personaliter pro alia re, sic est
simpliciter falsum quia in nulla homine communi nec in alia rc nonveniunl, sed cou
veniunt rebus, quia hominibusl quia se ipsis.
814) Ebend. P: Ouaelibe! res singularis le ipsa est singularis .....lquia sm
gularitas immediate convenit illil cuius esl..... Sicut illud. quod est singularea se
habet ad esse singularel ita quod est universale, se habet ad esse universale,- ergo
sicut illudj quod est singularel non polesl per aliquid additum sibi fieri universale
vel communey ita illud. quod est commune, non potest per aliquid sibi additum fieri
singulare ; ergo quidquid est singularc, per nihil additum est singulare sc ipso ..
omnis res extra animam est realiter singularis et una numero.
815) SenL lV‚ qu. 11 E: Ouiddilas uno modo accipitur pro omm'bus, quae sunt
de essentia rri, quae faciunt unum per se. et isto modo quidditas est unum compo
situm praecise ez materia et forma, .... .. nec esl aliqua differentia inter hanc huma
nitatem et hunc hominem vel humanitatem et hominem, nisi quia humanitas includit
aliquod syneategoreuma ez usu loquendi aequioalenter vel iiirtualiten propter quam
inclusionem potest aliquid praedicari de homine7 quod non de humanitate. Alio modo
aeeipitur quidditas pro [0mm ultimay qua aliquid tii/fcrt ab alio/quod non est idem
eum illo; et de quidditale sic accepta est vor-um, quod quidditas differt ab so, cuius
est quidditasy et quod in separatis (d. b. z. B. bei den Engeln) est idem quidditas
cum eo, cuius est quidditas. Ouodl. ll, qu. TV: Essentia angeli nunquam distingueba
tur ab eius exislmlia. Uobrigens war auch die oben (Anm. m erwähnte Verur
tbeilung derjenigen Sätze‚ welche fur die Angnlologie Ansloss erregten; schon im
J. nos in Paris zurückgenommen worden; s. D’Argentre, Coll. iudic. de nam error.
l, p. 208 u. 217.
816) Ouodl. ll, qu. 7: Sicut ezistentia potest esse ezistentia et potest non essr
existentim ita essentia potest esse essentia el potest non esse essentiu. unde idem
omnino significatur per unum et oonsignificahw, quod per reliquum Existentia et
essentia idem omnino signi/icanL Summa tot. log. lll ‚ 2, 27, f. 53 v. B:‘ vtrum
esse et L-xistentia rei sint duo eztra animam distincta inter so? mihi videtun quod
non sunt talia duo1 nec esse ezistentiae aliquid significat distinctum a‘re. '"'
XIX. Oceam (Begril). 361
unterschieden werden kann, was nicht real verschieden ist, noch auch
umgekehrt, und somit idenli!as und dista'nctio völlig gleichmässig in das
individuelle Wesen selbst vorlegt werden“"). —— Bezüglich der Frage
über um'!as formae kann und muss sich Uccam in Folge seines Con
ceptualismus an Diejenigen anschliessen (s. Gottfried v. Fontaines, Anm.
70, Johannes v. Paris, Anm. 74, Alexander v. Alessandria, Anm. 254,
Aegidius, Anm. 384, und llerveus, Anm. 421), welche eine letzte total
abschliessende Einheit neben einer durch sie verbundenen Vielheit der
Formen arrerkannten515)‚ sowie er desgleichen die intensio e! remissio
formarum nicht in die Form selbst, sondern in den Grad der Receptions
fähigkeit des concreten Wesens verlegt819).
ist uns somit durch das Bisherige der Standpunktpvielohelv Occam
in den damaligen logischen Controversen einnahm, möglichst nach allen
Seiten ersichtlich geworden, so möge nun noch desselben umfassendes
Compendium der Logik zur Darstellung kommen, in welchem wir
wohl eine Summe gar manigfacher Bestrebungen erblicken dürfen, die auf
successive Fortbildung der byzantinischen Logik gerichtet waren; denn
dass in dem sämmtliehen Detail der vielen Unterabtbeilungen des Ganzen
alles Einzelne ein persönliches Erzengniss Occam’s sei, ist nicht nur nicht
nachweisbar, sondern geradezu unglaublich. Occam benützte, wie sich
von selbst versteht, die damals umlaufdnde’, Theorie der Logik, welche
seinem grundsätzlichen Standpunkte adäquat war, und mag dieselbe, wäh
rend er sie zu einem grösseren Compandiuni verarbeitete ‚' in manchen
Punkten präciäer formulil‘t, ja ge‘wis‘s auch bereichert haben; aber hierin
überall auszuscheiden, Was 0ccani's und was Anderer Eigenthum sei, ist
uns nach Maassgabe der vorhandenen Quellen nicht verstattet; ja es läuft
unleugbar in den gedruckten Texten auch manches Spätere mitunter (s.
Anm. 739 u.' 740),was uns Vorsicht in der‚Darstellung gebietet. Indem
. | I ‚ '- . ‘ . 1 - . '
ich aber die lll der Summa lotius logwae vorhegende Anordnung
und Reihenfolge des Stolles sicher für eine von chsam selbst her
rührende halten muss, folge ich hiemit dem Verlaufe der Gapitel der
selben und füge an einzelnen Stellen, Wo es nöthi'g ist, anderweitige
Belege aus der Erpositio aurea oder den beidcn‚anderen ‚Werken
Occam's bei.
817) Expor. nur. _Praedienli. De (IM!ch proprie c! ririclr loquemlo mhil dislin—
guilur ab oliquo per aliquid m'xi per se ipsum er! in!rinserum silri, sind homo non
dis!inguitur ab asino nisi per .1e ipsum w! per aliquum parlem rsscnlialem siu.
Sen!. l, Dis!. 2, qu. 3, B:- Nihi! reole‘poler! distingui ner esseidem „um mm
aliquo reali, im quod‚ sicu! dis!ine!io rutiom's el idenlitar rationis .ve habe! ad en—
!ia ro!iom‘s, i!u differentia reolis e! identilas realis so habe! ad cn!ia roalia, c! hoc
[orte non ezcludendo diktinciionem formalem e! identi!alrm‚ nlii liebe! poni. [den dico,
quod nullo m ner o se ipso nee a qu‘acunquc alia poieril dislingui w! esse 'eadem
ratione. Vgl. Anm. 828. ' '
818) Quodl. ll‚ qu. 10: Hominis es“! mn!um unum esse totale, sed pluru esse
pur!ialia. Sen!. II, qu. 9 CC: Secundum opirrioucm. quam reprito eerotn, in horm'm:
arm! plures formae substantiales‚ tollem forma corporrilalix e! anima inlcller!ira. Vgl.
ebend. qu. 22 H, n. ‘lV, qu. 7 E. ‚ -
‘ 819) Sent. l, Disi. 17, qu. 4 C: Forma nou su‘sripl! magis e! minus, "qnii1 forma
m'hi! reeipi!‚ sed mayis in oliquo recipi!ur realiler. Vgl. Seni. III, qu. 6 D u. R, sowie
Ezp03.' nur; Pruadivam. C. 9. ‘ ‘ ‘ ‘
362 XI:X. 0'ceam (Begriff).
Nach einem kurzen l‘rbömium, imwelchem die Logik als ein im
Gebrauche sich steigerndes Werkzeug (s.Anm. 741) bezeichnet wird 820),
beginnt 0ream, wie wir nicht anders erwarten durften (s. Anm. 780 und
meine dort vorhergehenden Bemerkungen), sofort mit der Erörterung über
t.erminusszl). bei dessen Eintheilung, welche jener des Urtheiles
(Anm. 770) parallel geht. das Hauptgewicht auf terminus comeptus,
d. h. intenlio oder dergleirhen (Anm. 768 f.) gelegt Wird S”); denn un
ter drei llmleutungen des lerminus sei diejenige die eigentliche- und prä
cise, dass derselbe als vein „Bezeichnendes“ entweder thjeet oder Prä
dieat eines Urtheiles sei (vgl. Anm. 773 u. 778)‘, daher die Syneategoren
male oder die lnterjectionen u. dgl. in diesem Sinne nicht lermim' seien,
undnudwandere Fragen, wie z. B. über die Casus obliqui, nicht der
Logik, sondern der Grammatik anheiml‘allen 823). Insoweit aber jener
geistig innerliche Begrill' (lm1m'nus mentalis) von ‚dem ausgesprochenen
(termimts‘ cocalis) unterschieden werde, habe letzterer mit ersterem den
noch einige EigenSrhal‘ten gemeinsam, wie z. B. Casus oder Numerus,
während andere Eigenthümlichkeilßn, z.«B. grammatischen Geschlecht oder
Gonjugation, nur dem letzteren lugehörmr’“)‚ Aus der hierauf lolgen
820) Summa l. log. Prooem.‚ f. 2 r. B: Login; cm'm es! omnium artium uph'ssi
m1mii1uslrmnenlum, sine qua nulla sm'entia per/eck Imberi polesl, quae mm man:
materialiaim instrumentorum um crebro' cousumitur, sed per om'ush'bet alten'us urlis
vrl scienliue studiosum exercilium conlinuum recipü incrementum.
821) J, l, f. 2 r. B: Omnes loyicac traotalorcs intrndunl udslruere‚ quod argu
mentu et syllogismi ex propositionibus et proposiliones ca: lerminis componunluv;
ende lerminus aliud mm cst, quam pors propinqua proposilionis. '
822) Ebend.: Triplez es! terminus: scn'ptus, prolalux‘, conceplus Terminus
conceplus est intenlio scu passiv animoe aliqm'd naiurah'lcr significans vel comigni—
ficans nah: esse pors propositionis mentah‘s. Die hierauf folgende längere Stelle
über das Verl1'altniss zwischen Wortausdrnck 'und Begrill‘ habe ich bereits oben,
Anm. 774, angeführt.
823) C. 2, f. 2 v. A: Terminus lripliciter occipitur. Uno moflo pro
omm' eo, quod potesl esse oopula 001 c:rtrmnun proposüiunis calcgon'vae .. Aliler
onme incomplea:um ooealur lerminus Terlio modo am'pilur praecisc et mu
_qis strictc pro “In, quer! significative sumptum ‚mies! esse subiaptzzm vcl praedicatum
alicuius proposilionis; et hoc modo nullum verbum nec coniunclio neu advcrbium neu
intericclio est terminus; mulla eliam nomina mm samt Icrmini, u! nomiha syncalvgo—
rematica, quia lulia, quamvis possinl esse extreme proposilionis, xi sumanlur male
rialiler vcl simplicitl‘r, tamcn, quandu sunmnlur significntive‚ mm possunt esse ex—
trema.. Ouomodp antun c! respcnlu quorum norboram obliquus potent qsse sub
ieclum, et respectu quarum non, pertinet ad grammalicum, tuius ‚es? coustructiones
vocum vonsiderare.
824) C. 3, f. 2 v. B: Accidentia communia aonvelu'cnlia Ion: noms'nibus menta
h'lnu quam oooalihus et scriptis sunt rasa: et numcrus. Aocidentia um propria no
minibus vocalibus et scriptis samt genus et figura; lalia enim Meideutia nunu'nibus
propler nccessitalem significationis non conveniunl (f. 3 r. A) Similiter de ner—
borum accidenlibus es! dicendum. Acridenlia communiu sunl modus, genux, numems,
lempus e! persona..... Accidentia oulem propria verbis ad placitun instilulis ‚mm
coniuyalio c! figura. Ebenso Oiiodl. V‚ qu. 8: Ulrum omniu ac_qidenlia grammulica
lia terminon vocaiium competant mentalibus..... Dome, quod accidil termino men—
mü‚ uccidil termino uocali, sed mm e converso, quia aliquu accidvml terminis vom
libus propter necessitatem significatiom's et ewpressirmis (darunter. versteht er Casus,
Numerus und Comparativl‘orm der declinirbaren Worte, sowie Modus, Genus, Tem—
pus, Persona, Numerus der Verba), et illa couveniuul terminis menlah'bus; alia ac
cidunt terminis vocalilms propler omatum scrmonis oel propler congruitul_em (nemlich
m‚ Oecam. (Begriff). 368
den ‘ Unterscheidung zwisahen' Categorcumat3 und Syncategoreumala .unag
hervorgehoben werden, dass Occam die letzteren mit den Zilfern ver‘
gleicht, deren Werth durch ihre Stellung sich ändert""’). Hernach reiht
sich ein längerer Excurs an übendie seit Seotusr(ob.Amn„128)v in der
Logik eingebürgerten Begrifl'e „eoneretum“ und „obstraotam“, welchen
wir für zieht occan1isch halten müssen, da. dem hauptsächlidxen Kerne nach
das Nemliche auch anderwärts bei Oecam vorkömmt““): nemlich der
wesentliche Unterschied zwischen concreten und abstraeten Worten liege
in der suppom'tio derselben, in welcher sie verschiedentlich entweder
sich ‘gegenseitig berühren oder von einander abweichen können 82");
jedoch seien sie vom Standpunkte der Bezeichnung aus zuweilen auch
wahre Synonyme 82q), was in manchen Fällen durch Verbindung des cou
Gcnus und Figura der deelinirberen Worte und Conjugatia und Figura der Verba),
et illa nen carweniurit terminis mentalibus.
825) Summa l. lag. l, 4, f. 3 r A: Terminorum quidom saut categaremalici et
qaidmn .tyncategorematiei, qui nen haben! finilam significalianem et certam nec
5il]fltfit'ßtll aliquas res dislirlctas o rebus significati: per eulegarema, sicut in alge
rismo ei/ra per se posita m'hil signifieat, sed addila altert 'fiyurac facit eam signi
ficare. ' ‘
826) Ouodl. V, qu. 9: Atiquo sunt cancreta et ab:trurla, quae sie se habmt,
quad concretum significat aliqaam rcm et supponit pro illa. quam nullo modo abstrus
tum significat nec pro illo suppanit: exemplant ext de iusto et iustilia..... Seean—
dus modu: principaüs ext, quando cometum et abstractunr saut synonyme, ut calor
et calidt'lai' . . . . .. Tertius modus ext, . . . . .. quado*abstructa ad plaeitum instituen
Iium vel ex usu loquentium includunt eliqua syncategorramota rel determinaliancs
adoerbioles, .. u! „humanilas“ tanlum ealet sicul „kaum. inquuntum keine“ .... ..
Quartus modo: ext, quando abstraata „an suppammt ru'si pro multis simul sumplis,
eonoreta auiem suppanunt pro uno sola; ea:emplum „papulux“ . . . . .. et „popularis“.
. . . . .. Coneretam et abstractum prima et tertia et quorla modis ila eonveniunt nomi
nibus mentalt'bus, sicut vocalibus‚ et per oonsequms lah'a mentalia aarianlur per can
creta e! ab:lracta..... Szd seeundo modo salam rarianl nomina rocah'a, et nen men
Ialia. Vgl. auch Anm. 895 u. 918.
827) Summa t. lag. l. 5, f. 3 r B: Conrretum el abltrectum ‚nur! nonu'na cou
.umile prineipium seeundum rocem habcnh'a, sed nen consimililcr lerminantia...;.
Ouandoque conarelam atiquam rem signifioat rel oormatat stur imperial sivc da! in—
lalligere, pro qua eliam suppom't, (‚Mm abstractum nulla modo significat nen aliqua
modo sappanit pro eadem, ut „iuslus“ et „i‘ustitia“ . Sun! aalem ad praesens
taliam nomian lres dilfcrentiae, quasi Ire: species iri/‘eriarra. Prima e.tt‚ quatuio abs
lroctum suppanil pro accidente vel forma quacunqaa realiter inhacrrnlc Jubi9cta, et
rancrelum suppam't pro subiecto einsdem uaor'dentis vel formae, aal eoonvcno; prima
modo est de lalibus „albedo‚ allmm“„... e eoaaerso entern „iym's, igneus“... ‚. be
cunda differentia ext, quaudo oancretum suppom't pro perle et abstractmn pro tolo
vet c canverso, sicut in ish's „anima, animatum“ Tertia dt'fl'erentia ext, quanda
coocretum rt abslruvtum supponuut pro distinctis, quarum tarnen neutrum e.rt subiec
tum nec pur: alterius.. Tales lermini quondaque se lmbenl, aiaut CUMSG et eflec—
ms„..‚.. quandoque, sicut xignum cl signalum, quandoquc, sind looas et lo
catum, »
828) C. 6‚ f. 3 v. A: Namen ranr‚retum et abstraclum quandaquc saut syno
nyme. C. 7. l‘. 4 r. A: Sie se haben! odinviccm homo et Immanitas, xicut so habcnt
Socrates et Sacmteitas; harte em'm pammt eomimüiler fingen/es tale abstramtum de
hat: Marine „Socrates“ sicut de hoc namiae „homo“; sed „Socratce“ „allem rein di
stinctam reaüter riet: formaer (vgl. Anm. 817) significat, qeee man significatur per
hoc nomen „Socrateilas“ secundum sie fingentes‚ nen e cmwersa; ergo . .. . . nilu'l
signifieatur per hoc namen „homo“, quin signa'ficelur per hoc „amen „humorvitas“, et
e eanverso . . . . .. Sed quamor'a hau; fuerit intenlio Aristotelis, (amen secumlum verita—
lem thealagarum noa «ist sie dicendum (d. h. besonders betrell‘s der Trinität, s.
364 x1x. Occani (Beigritl').
creten Wortes mit einem Syncategoreuma (z. B. mit „totaa") bewerkstel
ligt werde, zugleich aber dann zu Sopltismen und unnöthigen sprachlich
logisehen Schwierigkeiten führen könne 829), sowie andrerseits auch
quantitative Mo'mente des durch die Worte Bezeichneten, in Frage kom
men können“°). Wenn aber sodann mit einleitenden Worten, welche
den Stempel der Unächtheit an der Stirne tragen. noch ein Unters'chied
zwischen „absolute“ und ‚.cannotativa“ erörtert wird, so ist möglicher
Weise auch inhaltlich das Ga'nze nur ein Zusatz des späteren Herausge
bers, wenn uns auch der Begrifl‘ „connotalum“ in der Fortbildung der
byzantinischen Logik schon früher (Abschn. XVII, Anm. 598) begegnete,
und selbst Occam anderwärts eine solche Distinction, und zwar in rei
cherer Gliederung (s. Anm. 846 u. bes. 917 fl‘.) berücksichtigt R“"). Jeden
falls bespricht hernach Oecam noch als Momente der willkürlichen Sprach
einrichtuhg zunächst die schon oben angeführten Unterschiede zwischen
prima und secanda impasitio 837), woran sich als Incidenzpunkt prima
und secanda intentia anschliesst””), und Sodann die Verhältnisse des
Anm. 733). Vgl. Senl. l. Bist. 2, qa. 3. F: Oaaedam saut synonyma, qaia simpti
fitter Mont significant et cannotant. ita quod nihil significatar et ronnolatnr per antun,
qain zudem mado signifirelar et connotctar sea con:ignificetar per rctiqarmt; et m
deitas et dem, Iwmo et humanilas‚ et matte talia saut synonyme . . . . .. Atiter homo
et humanitas nun sunt synonyme, et hoc, qaia reliqarranl in dabia‚ quantum es! e.z
impositione istoram nominum, an haec sit vera „homo es! Immanitas“ vel faire.
829) C. 8. f. 4 v. B: Sant qimcdam nomina abstrarta rel esse possant ad placi
lmn ins/itala ita, qaad abstractam in significando aeqaivaleat concrcto sampto
ram ntiqao .syncatrgoremate vet mm aliqaa alia dielione vel dirlionibas .... .. In
talibus magis patn difl'icattatern voralem dependentcm ex togica. qaam realem, prnpler
quod 1mcirns Iogiram qaaternos innameras circa latia inutititer ropleret [aciens difli
ca!tatrm‚ abi nnlla est..... (f. 5 r. A): Sir enim cunrrdant en1dili in logira‚ qaad
hoc signum „Mus“ incladit sann: distn'but'bile, ut aeqaivaleat i'in „qaaetibel pars“‚
quando samilar xyncategoremalice; audc ilia „Totas Senates ext minor Sonate“
aer,aivalet isti „Oaaelibet pars Socratis est‘ minur Sbcrale“ (s. Ahsclm. XVII.
Anm. 252).
830) C. 9. f. 51'. B: Onaedam um! abstracta, qaae nun suppomml nisi pro
muttis simal sumptis, roncrctu antun pro ano soto verifivanf posmnt, staut so haben!
„populns“ et „popntaris“.
831) C. 10. f. 5 r. B: Postquam de naminilms conrretis et abstrctis discnssnm
est, nam: de alia dirisione nominam, quilms schulastici [reqaenter ahmtar, es! diam
dam (s. ob. Anm. 740). Undc sciendam est‚ quod nominam qaaedam saut merc ab
soluta, quaedam saut mcre rannotativa. Mere absolute saut illa‚ qaac nun signifirant
aliqaid prin0ipaliter et attad vel idcm ‚recundaria. acd quidqaid significatur per tale
atmen, acqae prima significatar. sirat patzt de hoc numinr‘ „animal“...... Nomen
antun connotativam es! iltad. qaod significat aliqm'd primario ol atiqaid recandan'n;
.....haimmdi saut amm'a nomina relative. . umnia namina Pertinentia ad genas
quantitatis, . . . . .. etiam talia nomina „anam, immun, neram, intellectas, potentia,
actas etc.“
832) C. 11, f. 5 v. B: Positis divisionibas, qaac possunt romprtet'e tam Irrminis
naturaliter signifieantihas qaam terminis ad ptacitam institutis. dicendam est de qui
basdam divisionibax rompetenlibas terminis ad placitam institutis. Es! igitar prima
divisio tatis: nominam ad piaritam signifirantiam quacriam sanl nomma primae im—
positimu'n', qaaedam seeandae impositionis. Das Weitere ist schon oben. Anm. 776,
angeführt.
833) C. I2. f. 6 r. A: Ouia dictam est in praerrdenti capitato, quad qaaedam
saut nomina prima: intentiom's et qnaedam secandae intentiams, et qaia ignorantia
vocabttlarwn 1m;tti3 ext errandi ocvasio‚ ideo incidentaliter uidendam est, qaid sit
xnx. Oocam (Begrill'). 365
Synonymen und H9m0ny1pen 934), womit der Abschnitt De divisionibus
terminorum seinen Schluss findet. .
Ein nichtssagender Uebergnng, — sei es dass er ‚von Ocoam oder
vom Herausgeber herrühre —, führt dann vorerst zu den termini se
cundae inten!ionis, d. h. zu den Universalien“”), bezüglich deren
die allgemeinen Erörterungen, welche den sämmtliche fünf umfassenden
Gemeinbegrifl' „Universale“ betretl‘cn_““), bereits oben ihre Verwen
dung‘ gefunden haben q‘37), Nachdem die Fünl'zabl der Universalien
in üblicher W‚eise begründet werden ”38), treten dennoch wieder Be
merkungen über individunm. singularo, suppositum (vgl. bei ‚Mayron,
Anmerk. 548) voraus‚‘vvelche drei Begrill'e für die Logik, nicht aber
für die Theologie, syn'onym.gqien g”). Aus der Erläuternng der einzel
nen fünf Universalien, welche in der Expositio aurea weit ausführ
licher ist und sich mehr Satz für Satz an deu‚Connnentnr Avicenna’s
anschliessl, als in der Summa, mag höchstens die auch ander
wärts wiederholte Bemerkung hervorgehoben werden, dass der Gat
tungsbegrifl' nicht als‚ Materie des Artbegrill'es zu betrachten sei H“);
inlentio‚ e! quid prima. quid serunda. Das Weitere s. gleichfalls oben. Anm.
768 l. n. 778.
834) C. 13, l‘. 6 r. B: Solo vor vel o!iquod siynum ad placilum inxlilulum es!
aequivorum vel univurum Es! unten! i!!a von: aequivoco, quae siyni/icaus plura
nen es! signum subordinulum uni ronreplui . . . . .. Unum alind er! aequwocum a consilio . ‚ . . .. Univocnm uu!um deisr!i!auerqu0imvmo:ruimlluad, caqsuuo,d es!
sulmrdinatum um' conr‚cptui. Vgl. Uuodl. IV, qu. 16. u‚‘lf.rpos. nur. I'rneriirum. Dr
uquuiv.‚ woselbst auch die. Unterscheidung zwischen uequivurmm und aequivnca—
(um (s. bei Antonius Andreas, Anm. 483, lind bei Bnrleigh, Anm; 617) aufge—
nommen ist.
835) C. 14, f. 6 v. B: Cum igi!ur non so wie! loyiro lan!um genrroh's no!i!ia
Ierminorum, sed opurleu! cognoscere Iermrnur m speriali mayir, idco postquam de
divixionibus generalibus lerminorum !rnrrlu!um csl‚ dr qnihuxdam coulen!is sub uliquu
illurum divisiantum persrquendnm erl. Ex! igt'lur p11'mo Iraclandum de terminis se
rundae inten!ionis‚ ......el ideo de illis. quue ponunlur quinque universalia, es!
modo dicendum.
836) Ebend.: Prima lauten dientde es! de hor romm‘uni „universale“, qnia
pruedicatur de omm' um'versali e! e!iam de sinqulari (vgl. Armand, oh. Anm. 651).
l‘.‘.rpos. auf. l’ruedicab. Prooem.: Universale dicitur sulnt'clrun li/n'i Porphyrii, mm
qu|a ipsum vere sit suhirrlum‚ seil quia ipxmn praerliralur de subirnfis. so. de genere‚
specie etc. Vgl. Burleigh, ob. Anm. 610. ’
837) C. 14—«17; s. ob. Anm. 782‚ 788, 791, 803 l'.
838) C. 18‚ l'. 8 r. A.“ ’ ‘ '
839) C. 19, l. 8 r. D: Apud logicos hnec nomina couvertibilio saut: indwiduum',
singulorc, supposilum; quamvis- apud theolayox singuläre e! supporilum nun umwer
lun!ur (s. Anm. 733), sed in hoc capitnlo direndum es! de islis nurninibux illo
modo‚ quo logici utun!ur eis. Apoll logicum lripliciter arripilur indiriduum etc.‚
d. h. es folgt nun die nemliche Aufzählung dreier Bedeutungen, welche wir oben
(Anm. 791) aus einer Stelle der Quad!ibela betreffs des „singulare“ trafen. '
840) C. 20, f. 8 v. A.- Genus mm es! pars sperici nen yenus imperial ma
terimn..... lmpropn'e tarnen ulendo vorabula po!csl diri, quod genus dici! uliquondo
materiam, quad mm es! aliud, quam diene, quod in quoh'bet xigni/iralo per lolc ycnus
inveni!ur materia eiusdem ra!ionis. Expos. am. Praedirab. I‘roocm.: Falsum ext, quod
commum'ter dicitur u modernis, quor! yrvms din'l pnrlem malerialem et di/fcrenlia
die“ parlem formulem, quia de rationc yearris mm es! plus significare purlem male
rialem. quam formalem, sed !o!um‚ di/feren!ia vom aliquando die“ perlen: malerialem.
Sen!. l, bist. 8, qu. 2 0: Genus mm es! proprie mo!erio‚ sed dimm 1nn!cria meta
366 XIX. Occam (BEgrili’).
denn alles Uebrlge bewegt sich nur in dem geWölmlichsten Fahr
wasser 84 1).
Mittelst eines auf die Schüler berechneten L'eberganges, welcher in
solcher Form vielleicht auf Rechnung des Herausgebers fällt, kommen
nun noch anderweitige termini sceundae 't‘ntentionis et secumiae imposi
tiom's an die ßeihe, welche entweder allen Universalien oder einigen
oder einer Verknüpfung einiger oder nur Einem Universale bezüglich
eines anderen zukommen können (-— eine Eintbeilung, Welche uns einiger
maassen an A-rmand, Anm. 648 fl‘.‚ erinnert —‘); und zwar stillen Zuerst
diejenlgen “folgen, welche bei einer Verknüpfung mehrerer Universalien
in Betracht kommen, ne‘mlich definitio tind destripti-o 842). Betreffs der
Definition, auf welche wir unten, Anm. 1012 fl‘.‚ noch einmal zurück
kommen müssen, unterscheidet Oecam auf aristoteliscli-arabischer Grund
lage eine sachliche (quitt rei)‘ und eine sprachliche (quid nominis); die
erstere bedeute im engeren Sinne ein Unheil, Welchesin Kürze lediglich
das natürliche Wesen in seiner Totalität ausdrücke, und dieselbe könne
entweder mit Beihilfe einiger Gases 0bl‘t'qt‘li' ausgesprochen werden und
sei dann definitiv naturalis, oder ohne solche Sprachmittel, in welchem
Falle sie definitio metaphysicalis sei; keinenl'alls aber dürfe neben diese
beiden "Arten eine 'tfefiniti0"‘ldgieitfis als dritte gestellt werdegi‘denn die
Logik (s. Anm. 744 n. 797) habe es nur mit ‚Zeichen, nith aber mit
Dingen, zu thnn und schreibe nur die Verfabrungsweise vor 343); die
phon'ce, quitt sicut materiae praeexislentt' advt‘nil forma et facit mmm cum ca, im
generi adve1u't difierentiu et facit wtam difi'initionun rum ua proprie didam vel
pr1' addilqmentum. ßzpos. nur. Pmcdicah. Dr differ‚: In di/finitione genau es! loro
materiae resperlu difl'erentiae, i. e. habe! 1'esprt'lu differenliae aliquum ronditionem
materiae, quia‚ sinnt materiu ext prior ipsu forma Pl [0mm adwm'l maleriae, im in
difl'initione yenus, quud est quardam inlenlio eine conceptus in um‘ma. praecedit di/fr
renliam et th/fcrflttiu udrcnit sihi. ‚
841) Wie z. B.„die Erörterungen über die ltelatii‘itut der Gattunge- und Art.
begrifl‘e c. 22, f. 9 r. A, vgl‚ E.BlmX‚ nur. Praedicub. De specir und Saut. l„l)ist. 8,
qu. 3 f. oder ebend. ll‚ qu. 9 I\'K: Nun es! difl'erenlia intrr genus el_ :pctiem quan
lum ad significare totum‚ quiu‚ tum genus qmm: species Significant totum‚ . sed
ycnus siyni/icat plura Iota, quum species.
842) C. 26, f. 10 r. B: Ouoniam logici nun sulum utunlur praedictia vocabulis
secundue talentionis‚ sed eliam multi Iermini ulii. sccvmdul‘ inlenlt'onis et secundar
imposilionis in usnm onicorum reniunt, et m: studiosi per iynorantiam significolionis
eornm in inquisiti0nt’ rerilatis retrudantur‚ volo n_un‚c compendioxe de aliqm'bus eurem
ad instrttctioncm simplic-ium pertructarr. Terminorum entern, quibu: Multh oniri.
quidum sunt communes omnilnw universalilms, quidam sunt proprii ali'quibus eorum‚
qm'dam rompetunt aliquibus eorum simul uaeptis‚ quidamrumpelunt um' respectu ul
terius. Termini vrr0, qui competunt pturibus simul aßeeplis‚ aunl difl'initio, descriptio
et alia Imiusmudi.
_y 843) Ehe_nd.: Di/[iuitio duplicitcr arcipilur, quia quardum est difl‘im'tio expri—
mens quid rei, et qitm‘dam quitt nominis. Ui/finitiu exprimens quitt rei duptict'ter ur
cipitur: um) modo lerge, et sie camprehendil diflinitionem strit'te sumptam et diflini—
tiunem deseriftiflam; aliter accipitur slricle, et sie es! sermo compendiosus e:rprimcns
totem naturum rei neu aliquid crtrinsecus rei derlarans. Her autem potest firri du
}:/iciter. Num qitund0qm: in Iuli semwnc ponunlttr casus obliqui exprimentes pnrlea
rei essmttiales, sicut si di/finium hominem sie dicendo „Immo es! substantia compositu
er corpore et ultima intelleclivu“, et illri polexl not‘ari 11i/finitio na!nralis. Mio
es! tli/finilio, in quu nullus casus obliquus pom'tuw talis ext ilia di/finitio Ite
mim's „subxtuntia aniumta sensibilis 1ulionnlis“, .. et jsta potesl vorari metaphy
XIX. Oceam (Begrill). 367
sprachliche Definition hingegen sei nur eine erklärende Erweiterung? eines
Wortausdruekes 8M). Anderwärts redueirt er diese beiden Arten der
Definition auf die schon bei Albert (Absel1n.X\’ll‚Antrn. 478) vorkom
mende Unterscheidung einer definitio fonnalis und materialis im')‚ oder
er zieht hinwiederutn auch eine Eintheilung der Worte in absoluta; ran
notativa (s. Anm. 831 u‚. 917 ll'.)‚ ponibiln‘m imposaibilt'a,» relative, ad
verbia u. dgl. heiß“); .Das Wesen den Beselweibung (deswiptio) liege
in der. Angabe weidenteller und eigenthütnlieher Merkmale, und in der
„besehreibenden Definition“ seien dieselben mit den subdtatttiellen Eigen
thümliehkeiten vermisehtsn). Jedenfalls aber sei das definitum nieht
als real identisch mit definitio zu nehmen (s. 0b1 Anm. 705 am Schluss),
da man nur sagen könne, dass beide reell das Nemlieha bezeichneu“”)‚
und darum sei das l)efinirte ein BegrilF‚ welcher mit der Definition in
einem rein umkehrbaren Urtheile beliebig die Stelle tauschen könne,
während in anderem Sinne genommen allerdings das Definirte nichts
Anderes als eine singuläre dassere Sache sei‘s“). ‘
sicalxls Ex quo palrt‚ falsum esse, guod uligui dirunl‚ quod Iwminis quaedam
es! diffinilio logitalis, quawlam nu!uralis‚ quuedam nwlaphysirulis‚ quiu onicus, cum
mm "acta! de rebus‚ quer: rion um! sigma, mm bruc!at d'e Iwmim "er habe! hominern
di/fim're, scd habe! dauere, quamudo uline saien!iac lructanlea de Imminc ipsum di/[i
nire habenl. ‘
844) Ebend. f. 10 v. A: Diffim'!io au!em eq1n'mens guid nominis es! orulio e.1:
plicile derlurans‚ qu.idquill per nnam dirtianem impurlulur v'mplirile, strul xi qms
oulem ulium dauere, g1u'd significe! hov nomeu „albern“, dient, quod {dem xigni/irut
quod haec ora!io „uliquid habe albedinem“.
845) Senl. Prolog. gu. 2,6 L: l)rflinilin aliquando dotur per prinripiu essen
!ialiu, e! illa es! Iormaljr..... Alim- aulem difl'initiones dulue per ulinx cau.ms ‚um!
dil'linilionvs materielles e! is!ae u! m plmibux sun! difliui!ionrs vxprimcntes qui.l
numim'r, „an exprimenlex qm]! rei. Vgl. ebend. l. bist. 8‚ gu. 5 f. Ein» ganz andere
Bedeutung der formalen und der malerialen Delinition s. unten Anm. 1015.
846) Quodl. V, qu. 192 Di/finiliu propn'e dicla (d. b. ezprimens quid rei) es!
oru!w longu cumpusila ex guter: proprio e! di/fenmtiis esscnliulilms significunlibus
purch esseu!iales di/I'inili..... Diflim'lio exprimens quid nominis er! 0ruliu erplinilr
denlurans, quid per unam dicliorlem imporlatur. Höchst ausführlich wird hierauf
über die Unterschiede dieser beiden Definitionen gehandelt: erstere nemlich sei
so!um numinum aluolutorum (z. B. homo‚ Im), ferner so!um possibilium und solnm
nomimun sumptomm significolr're; hingegen letztere könne auch nonnotalivorum e!
relativorum‚ sowie impox.iibilium und ebenso verborum, udverbiorum‚ mmiunclr'u
1mm sein. .
847) Summa I. l. I‚27‚ f. 10 v. B: Descriplio es: sonne compende'oaur compo- ‚
si!us ex accidenlibur et propriis, o. gr. „homo es! ererle ambulalims lulus
haben; engen“ . . . . ‚. (c. 28) Ucrcrip!iva au!em diflim'lio es! mixte ex substun!ialibus
et accidenlalibus‚ v. gr. „homo es! animol rationale mur!ale erecle ambulnns latos
habens ungurs“. ‘
848) C. 26, f. 10 v. A: Difl'iui'lio mm er! zudem cum di[finito‚ qniu-secundum
omnea difl'im'lio es! scrmo mentalis, vom“: , vel scriptu.v‚ e! per consequcus mm es!
eadem reali!er cum difl'inilo sive cum re nec cum mm dic!ioue; (amen diffinilio sigml
fica! idem cum di/finüo, e! sie intelligent reale luquentes, quandu dieunl, quod difl‘i
nitiu e! difl‘iru'tum sun! idem realiler‚ h. e. signifimn! idem realiter.
S49) C. 29, f. 10 v. B: Uiffirlilum dupliciter acvipitur: zum modo pro illo‚ cuius
perle: vel er:cntiu per !Ii/finilühiefli exprimun!ur, et sie di/fim'lia es! ipmrum remm
singularium e! suhs!aulia parlirularis difl'initur. Aliu modo uccipilur diflänilum
pro a!iquu cunvertib!!! cum diflinilione‚ de quo diffinilio aduequale praezlimlur, et sie
di/Iinilum es! um dülio cmertibili: cum difl'initionc sigui/icans illud idern praccfse,
368 XIK. . Occam (Begrifl').
Hierauf nun sollen jene . termim' secundae intentnions's e!- sehnndae
impositionis folgen, welche sämmtlichen Universalien zukommen s"’°). So
wie jedoeh nicht ersichtlich ist, warum dem so sei, so werden auch die
übrigen Gesidxlspunkle . obiger (Anm. 842) Eintheilung nicht weiter be
rücksichtigt, und wir finden in einer unorganischen Reihenfolge, für
welche vielleicht t)ceam selbst nicht,verantwortlich ist, eine Erörterung
mehrerer in der Logik überhaupt üblicher Termini. Neunlich zuerst wird
an dem Begrifl'e „subiecluatf‘ die reale und die logische Bedeutung un
tersehiedeu und letztere von einem weiteren Sinne: durch einen engen
und engeren, bis zum engsten verfolgt 85"), worauf das fileichemit „prac
dicatum“ geschieht, während die Frage. üben das Verhältnis's der Copula
zum Prädieate als eine blass sprachliche bei Seite geschoben wird 852);
bingegen..folgt die entschiedene Betonung des Gründsatzes, dass es sich
beim .Prädicate ;für die Logik nie.un1 reale lnhärenz, sondern eben nur
um‚das Verhältniss der Aussage handlesb3). Dann reibt sich plötzlich
„significare“ an, dessen mehrere Bedeutungen in die sehr lockere Ver
bindung mit den Universalien kommen, dass letztere stets Mehreres be
zeichnen“‘), und schwerlich ist der Zusammenhang ein inni'gerer, wenn
‚ ‚ .
quad xigni/i0at di/finilto‚ (Fast wörtlich ebenso (Modi. V, qu. 20)..... Stau! dictum
es! de di/Iinito‚ tla dict debe! de desaripto. -
850) C. 30, f. 11 r. A: Dirlo de terminis, qui non competuut alicui universali.
ruiuxmodi saut difl'initio e! (lescriplio e! Imiusmodi (quia nnlhnn universale es! di/fi
nitio vcl descriptio‚ sed quuelibc! di/‘Iinitio vel desc1‘iptio ex plurilms universatibu:
est compasita) dii:endum es! nun: de terminix corttu‘nientibus umaibur uninersulilms,
cuiusrnodi saut subirolum, pruedicatum e! Imiusmodi.
851) Ebend.: Subiectum dupticiter neripi!ur: hoc quidcm ad existentiam‚ bur
entern ad pracdicatiancm. Ad existenlium dioitur aliquid, quod rechter sub
sis!it altcri rei inhaerenti sibi c! adoenicnli realiter...... Dicitur subicctum per
proedicatianem, quod es! pars prapositionis praccedens copulum,‘ . . . . .. e! xubierlmn
sie accrplum potesl multiplicitor accipi'. Prime torge nmne illud, quod polesl m
qttarmlque praposiliune vorn er! [also subiici. Secnndo s!ricte.....‚ quod sub—
iicilur alleri in pruudn:aliartc directa„..‚ Tm-lio slrictius pro itlo, qnod es! sul1irclum
in couc!usione demonstrala, quae sritur uel es! nata sciri. S!riclissime pro aüquo
prima primilule aliqua interitaliu snbiecta.
852) C. 31, [.11 r. A: Sicut subierlum dicitur illa pars proposiliouis, quer
praecedt't„copulam, ito‚ illu pars-‚ quae sequitur, diritur praedicalum. Volant tarnen
uliqut' dicere‚ quod praedv'cutum es! rupola cum illa‚ quod sequitur copulam; qualitcr—
cunque tanzen sit‚ qaia. hoc dependet ex sumptianc romlmti, quod es! ad plurilum,
ideo pertranseo. l’raediralum [amen multipliciler dicitur u. s. f.; nemlich diese
Distinction des Prädieates‘entspricht genau jener des Subjectes. ‚ .
553) C. 32, l. 11 r. B: Sie!!! aulcm pruedicatum pramtiealurde :ubieoto‚ itu
praedicatunt dicinms esse in subt'ectu. souvenire subicrto c! inltaerere subiecta e!
liuius1ßodi, quae nun saut! in!ettiyenda‚ tust pruedicatum reolilcr inhaerere! subierto
ilto modo, quo albedo inltaeret parieti. xrd omnia talia xigni[icuut idcm‚ quer! prac
dicari‚ W’C utiter auc‘ipienda sunt; acoidentia entnial...‚o'pussMnt dici ‘esse in
substanliu. sieut in s-ulziecto non quidem per realem inlluerentiam secundum opinionem
mutturum, sed per proedicalionem ecram. . ‘
354) C. 33, l. 1-1 r. B: Signifiltars mattiplicitcr aocipitar apud logicos. Nun!
una modo dicilur signum aliquid significarc, quando supponit ue! natum es! pro
aliquo supponerc, ita quod de pronominr demonstranle illud medria.n!e hoc verbu „es!“
idc1n nomen praediculur; Itoec eaim oera es! „die es! albus“ demoux!rando So
cratern . ‚ . . .. Alitrr ocoipilnr signi/icare, anmdo illad signum in atiqua propositiom:
de praeterito vel praesenli vel /'uluro ael in alia propositioac vera- de modo potesl
pro itlo supponere, e! sie utlmm„... signifiea! etiam ittud‚ quod potes! esse atbum.
XIX. Occam (Begriff). 369
hierauf .‚dividi“ nach älterer Tradition erörtert wird 855). Ebenso wenig
vermögen wir einzusehen, warum nun „totam“ und „per-s“ in realem
und in logischem Sinne folgen““)‚ oder aus welchen Motiven sodann
die Erklärung der „opposita“ hieher gestellt sei, betreffs deren zu be
merken ist, dass hier von einer dritten Art der Eutgegensetzung der
Urtheile gesprochen wird, welche eintrete, wenn die Subjecte zweier
Urtheile, deren Qualität verschieden ist, im Verhältnisse einer Suballerna
tion stehen857). Endlich in unerklärlicher Verbindung werden noch
einige Worte über die logische Bedeutung des Begriffes „passio“ an
geknüpft 558).
Jedenfalls nahm (Jccam hierauf den Uebergang zu den termini pri
mae intentionis, d. h. zu den Kategorien, bei welchen es sich zu
nächst, ——— abgesehen von ihrer logischen oder realen Geltung ——‚ um
zwei Begriffe handle, welche allen Kategorien gemeinsam seien, ncmlieh
um ans und unum“”). Dass „ens“ nur homonym, nicht aber synonym,
.. _A___._
. . . . .. Atiter eccipitar, qnendo ittad dicitar significari, e qao ipso vox impunitar vet
prima significatar per coneeptnm priucipatern vel eocem principetem, e! sie dicimas,
quod albern significot ellzcdinem. (leerte medo eccipitnr significere eammnnissime,
quanda eliqaod siynnm, qaod natura est esse pars propositionis vel natam es! esse
arati0 vel prupesitio, «liquid importa! sive principetiter sivr scrandaria....„ Signi
ficore igitar sccnudttm atiqaam sni significetionem competit naiverseli cailibet,‘ ani—
versate enim secundam Demescenam in leyice sae (s. Absehn. XI, Anm. 50, denn
nur Porphyrius ist es, aus welchem Damuscenus geschöpft hat; s. ebend, Anm. I’ll)
est. qaed malte sigitifit‘et; anme enim universale vel significa! ptara prima modo
vet secande mode, .....elie vero unit‘trsnliu significuat plara turtle vet quarta matte.
855) C. 34, f. 11 v. A: Neu antun: sotam universale significat plant, sed etiem
dividitar in plara. Sed sciendam ext, qaod dividi mattipliciter eccipitur........
Saat entern secandam Damescenurn in togice sne orte modi dieidendi (s. ebend.
Anm. 170).
856) C. 35, f. 11 v.B: Totem maltipliciter dicitnr. Una modo dici!nr totem
etiqnid complectens plares partes‚ sine qaibas in rernm natura Atiter accipttttr totem pro eliqao cammnni ad matte, et sieesselengiocni pcoteemsmtn.u.iter
atantnr _ . . . .. Et qnot modis dicitur tatam, tat modis dicitar proportionelrititer pars.
857) C. 30, f. 11 v. B: Post pracdit‘le dicendnm es! de oppositis. Et sciendnm
ext, qaod hat: nomen „epposita“ significet !am res extra animem qnem in anime
qnem eigne rernm. Sed omnes res extra onimum, qnae non saut eigne, si ein! ap—
po:itee‚ non epponantur niet rentrerie eet secaadarn anem opinionem etiqnee rcs
relative opponuntar..... Scd st toqaemar de oppositione, qaae es! inter :igue rerum,
caiurmedi ran! couceptas et eures et srriptarae, sie secaudum peripeteticos hoc nennen
„opposite“ dialar tem de comple:ris qaem incomptexis. Complezoram entern oppo
sitarutn putcst triplce: modas essigneri. Quacdam cm'm opportnntur cantredirluric.....
Atiquae propositiouex oppoitnntar contrerie...‚. Tertii medi oppositionis non habemns
namen imposilam; u! entern, qando etiqnae prepositiones non saut rontredicton'ae
neqne cantreriae, st'd in/'ernnt propositienes contredictorios vrl eine in[ert contre—
„dNiruttotreinu:m aentitmearilascaertritp,ropAtleirqaihsoclIOnIeNOttecarflrti0tt“l.0...p.a.sseOnp!posIiilmearlamesusneterv»ereien,comspictacte:orum
qaatnor madi ponnntar u. s. f. (d. h. es folgen die traditionellen vier Arten).
858) C. 37, l. 12 r. B: Reste! neue de uuo vocnbale, quo Iogici trectende de
demonstratiuue (s. Abschn. XVll. Anm. 475) frequenter atunlar‚ disserere, so. de her
eoculmlo „passiv“ . . . . .. Secandam qaod lagiri teqaantar de pessiune, sciendam est,
qnod passio non es! atiqna res extra enimarn inlteeren: elicni, caias dicitnr passte,
sed passte est qauddam preedicebite mentale vet vocete vel scriptam Pessio
semper suppeni! pr'o ilto eodem, pro qno sahiectam supponit, qaamvis atiqnid aliad
ab ilta signifiret otiqua modo.
859) C. 38, f. 12 v. A: Diele de terminis qaibasdem secnndae intentienis e! de
Prunn.‚ Gesell. III. 24
370 XIX. Oecam (Begriff).
von Allem ausgesagt werde und in solchem Sinne verschiedenen Einthei
lungen unterliege“°)‚ erörtert er auch anderwärts unter Beiziehung der
Lehre von der Supposition M“); und desgleichen bespricht er „unum“,
welches als passte enlis mehrere übliche Bedeutungen habe ‘62), an einer
anderen Stelle auf gleicher Grundlage betrell's seines Wechselverhältnisses
zu ens, da nur bei suppositc'o personalis diese beiden Begriffe sachlich
identisch seien 363). Indem dann die Erklärung der Kategorien selbst
folgen soll“‘)‚ erörtert Oceam in einer längeren Stelle, von welcher
wir ein anderweitiges Duplicat bereits oben, Anm. 779, trafen, die Be
deutung des Begrill's praedz'camentum; nemlich nach Einer Meinung be
deute Kategorie das Verhältniss einer wechselseitigen Ueber- und Unter
Ordnung (es ist diess die Auffassung, welche wir seit Albert, Abschn.
XVII, Anm. 429, bei Pseudo-Thomas, ob. Anm. 311, bei Mayron, Anm. 520,
und bei Burleigh, Anm. 616, recipirt landen; dass Oecam sie verwirh,
s. sogleich unten Anm. 868), wobei dann dasjenige, was an sich inlenlio
prima sei, um der Aussage willen als inlentio secunda bezeichnet wer
den könne, wohingegen naeh einer anderen Ansieht die Kategorien nur
als die erste gemeinsame Grundlage jener Aussagen, welche eine Unter
oder Heber-Ordnung enthalten, genommen werden (s. gleichfalls Anm. 868);
jedenfalls aber müsse daran festgehalten werden, dass die Kategorien
ebenso wie alle übrigen Dernlmperalionen, während sie entia rationis
sind, in Wahrheit wirklich existirenm5). Nur ist bei Letzterem, wie
qm'busdam secundae impasiliunix, videndum ext de lermim's primae inlenh'onis. Prima
tarnen dicendum es! de quibu.xdam cummunilms umnilms‚ sive sinl res, quue nen sunl
sigma, sive sinl res‚ quae sunt signa (vgl. ob. Anm. 779), cm'usmodi saut ens
21 unum.
860) Ebend.: Accipilur hoc ROM?" „uns“, secundum quod sibi correspondel
unus concrplus eommum‘s omm'lms rehus praedicabilibus in quid Tamm M
nomen „aus“ es! aequivocum, quia nen praedicalar de omm'bus sibi subiicibüilms,
quando significulive sumilur‚ secundum unum conceplum, sed silu‘ diversx‘ comptu:
respondenl..... Efl8 dividilur, quia hoc quidem es! secundum accidens, illud um
secundum se .‚ Sinn'liler philosophus dividit ens . in ens in polenlia et cm
in acta.
861) Ouodl. V, qu.14: Haie nomim' „ms“ correspondet intus conceptus com
mum's praedieabilis de omm'bus rebus ‚ . . . .. Hoc nomen „ms“ es! aequivocum, quie
licel praedicelur univoce de amm'lms subiicibilibns, et hoc, siue sapponal simpliciler
sive personaliler, tarnen mm praedicalur de omm'lms subiivibililms signifiealioe accepli:
secundum unum conceplum, sed I:uic nomini diversi conccplus correspondenl. Expos.
nur. l‘raedicab. De speciu: Ens mm dicilar univoce du decem praediramenlis, sed
aequivoce. -
862) Summa l. log. l, 39, l. 12 v. B: Unum zudem es! passio cnlis, quia.....
significul aliquid, quod mm zudem modo significalur per ans, quamuiq aliquo modo
signifioutur per ens...fl. Unum turnen nmllipliciler dicilur; tarnen ad praesens
sufl'iciat, ponere tres modos unius‚ qm'bus logim' ulunlur frequenter, d. h. es folgen
nun mmm numero, unum spenie, unum genere.
863) Senl. l, Disl. 2, qu. 3, K: Ens e! nimm, si supponanl personaliler, polius
sunl una res et um: natura, quam dimm! rundem naturam, et si aic suppononl, non
aliter dislinguuntar cns et unum, quam eure: ens, et unum et unum. Si aalen:
xuppononl simpliciler vel materialiler, sie non stmt una re: ncc uua natura, sed dimm:
eandem naturam et dixlt'nguuntur inler se, sicut dno ronceplusael duo nomina, quer
nen samt synonyme.
864) Summa l. log. l, 40, l'. 13 r. A: Post praedicla re:lat dic'ere de inferioribus
ad cm, quae saut dauern praedirumenla.
865) Ebend.: Hoc noman ‚.yraedicamcnlum“ es! nomen serundae impositionis
XIX. Occam (Begriff). 371
sich für Occam von selbst versteht, nicht von der äusseren Existenz der
concreten Dinge, welche als solche stets singulär sind, die Rede, sondern
bei den Kategorien handelt es sich um bezeichnende Worte und somit
um Denkaut't'assungen und Begriffe, welche gemeinsam von Allem, was
unter sie fällt, ausgesagt werden ”"“)‚ und zwar derartig, dass Ein und
der nemliche Gegenstand durch mehrere Kategorien bezeichnet werden
kann8‘"). Eben jene Auffassung aber, wornach man bei den Kategorien
einseitig auf das Verhältniss einer Ueber- oder Unter-Ordnung blickte,
müsse nicht hloss zu einer missbräuchlichen Erweiterung des Begrifl‘es
„Gattung“, sondern auch zu der Uebertreibung führen, dass man für die
Kategorie des Wann eine quandeitas oder für jene des Wo eine abeita:
ersann und in gleicher Weise auch bei allen Adverbien, Präpositionen u.
dgl. verfahren musste, während nach der richtigen und ursprünglichen
vet intentioru's staut hoc nomea „genus“, qaamm's Uta, de qaibar praedicatar‚ eint
tncomptexa primae intentiom's. Vrramtamen pmedicumentum dapticiler accipilar: ano
mado pro tote ordine ultquorum ordinatoram secundurn sapcrius et in/‘erius; aIi0
modo accipttar pro prima et commam'ssirno in tali ordine. Et hoc sccundo modo
aectpteudo „praediearnenlam“ qaodttbet praedieamenlam es! anum inenmplexnm primae
intentioats, et hoc quia significat res‚ quac non sunt eigne. Accipiendo antun „proz
da'eamentam“ prima modo potest din'‚ qaod in atiqua lali ordinatione saut incomptexa
primae intentt'onis et in altqua incomplexa secandae intenlionis, vet patest dici. quod
aquua talia saut primae inlentionis et atiqaa secundae intenlionis‚ sicat secundam
opinionem, qaac punit, quod intcntio vet conreplus est qualitas sabiective existens in
mente (betrefls dieser Meinung vgl. Anm. 757 u. 762), tun: hoc mmmime „gt'mt8“
est in pracdicarnento qaata'tati: aet relationie; narn anme genus est qualitas secundurn
filtern opirn'onem, et hoc eomrnune „genas“ es! aecauda intentio nel nomcn secandae
intentionis, hat: unter» commane „color“ es! prima intentio‚ et sinnititer de muttix
atiis .... .. (B) Verurntamm sctendum, qaod scrandam opim'onem, quae ponr't, quod
intcnlio vet eoncoptas sive passte animae est qualitas mentis, non ideo aliqaid divi
tar ans ratiom‘s, qata non est vera res existens in rerarn natura, sed ideo dicitur
ens ratium's, qm'a non cst nisi in ratione, qua mens atitur pro alte vet intelll'gitar
atiud,‘ et sie omnes propositiones et eonseqaentim: et termim' mentales sunl entia ra—
tionis, et tarnen saut vere et realiter existentia in rerum natura et entia per/ectiora
et realiora, quam qualitas qaacr‘wlque corporalis (über diese objective Realität der
logischen Functionen s. oben Anm. 764 u. 766 HI).
866) Expos. aur. I'racdieam. Prooem.: In hoc opere (d. h. Categoriaa) haec
intent.io est, de prirm‘s rrram nominibas et de uocibus res significantibu: dispatare,
mm ideo qaod secundam aliqaam proprielalem figurarnqae forrnantur, sed in eo qaod
siyru'ficantes sunt....... In yrammulica determinatur de vocilms determinaudo
conyruututem et mcongraitatum in oratione..... In libro vero I‘racdtcamentorarn de
termmatar de vocibas, qaates res sigmficent, ostendendo. ‚ . . . .. Et ignoranlia inten
tiom's Aristotetis in hoc [ihre /aait mattes modernes errare credentes multa hie dicla
pro rebus, qaae tarnen pro sotis oacibus et proportionabititer pro intcntionibus sea
conceptilmx in anima vatt intettigi. Ebend. Cap. 4: Ista mm est divisio reram extra
animam, qaia res extra animam mm praedicantar de ptarilms‚ mm em'm praedicatar
nisi uox vet tonceplas vet atiqaod signum ad placitum instilalum; sed isla est dioisz'o
uocam sive conceptuurn sine intrntionam in anima . . . . .‚ Nutte est substantia realiter
extra animam m'n' solum sabstantta partinatun's (s. Anm. 781). Et islu es! diuisio
incomptexoram, ex qaibus componantar propositiones et ex qaibas Iineae praedicomen
tales componuntur. Ebenso Cap. 7. Ebend. Pracdicab. De specie: Non dicit (sc.
Aristoteles) dech praedicamento esse decem res intrinseras omm'bas atiis rebas, sed
tanlam qaod saut dann: principia, i. e. dauern commania praedicabitia de atiis can—
tentis sah se, non pro se‚ sed pro attis.
867) Ebend. Praedicam. Cap. 7: Praedicamenta saut disttncta, non tarnen cm»
simita'ler distingauntar rus significatae per ipso, sed eadem res, sattem aliqua, signi
ficatar per diverse praedtaamenta, qaamvis mm eodem modo.
24‘
372 XlX. 0ccam (Begrill').
(d. h. eigentlich, wie wir oft genug sahen, arabischen) Ansicht die Kate
gorien als incomplexa Nichts weiteres, als die einfachen Grundlagen und
Bestandtheile der Urtheile seien“’).
Die Zehnzahl der Kategorien motivirt Uccam in seinem Compendium
völlig nach der allgemein üblichen Weise W”); aber an einem anderen
Orte erhebt er sich zu der wahrhaft merkwürdigen Höhe der einzig rich
tigen Auffassung, dass es in objectiver Hinsicht überhaupt nur drei Kate
gorien gehe, nemlieh Substanz, qualitative Bestimmtheit und ltelation““).
Ja auch in der Einzeln-Erörterung der Kategorien, welche im llebrigen
Nichts bemerkenswerthes enthält, blickt hauptsächlich im t)mnpendium die
ser grundsätzliche Gedanke überall insolerne durch, als Occam stets nach
zuweisen sucht, dass für die Philosophie im Sinne des Aristoteles, d. h‚
abgesehen von den lnteressen_ der christlichen Dogmatik, keine der übri
gen neun Kategorien eine selbstständige von der Substanz unterschiedene
Sache sei, sondern jede derselben nur den Wortausdruck einer lnhärenz
enthalte b71). Mit erklärlicher Vorliebe stützt er einzelne Begründungen
868) Summa t. log. l, 41, l'. 13 r. B; Ponuntur autem ab omm'lms nucton'lms
decem praeds'camenta; sed in modo ponendi, ut mild videtur, mulli moderm' discordant
ab untiqm'x; mm multi pununl, quod in praedicumeuto samt multa onlinata* secundiml
superius et in/erius; .....undc‚ ut lalcm pracdicationem habemit de atlanbiis, [ingunl
nomina abstrucla, sicut de „quando“, quod es! adomlrium, finyunl tale obstraclum
„quundeitas“, de „ubi“ „ubettas“ et sie de aliis. Süd antiqui mm posuerunl totem
ordinrm in quolibet praedicamento‚ et idoo hoc nomine „praedicamentnm“ et similiter
talz'lms nominllms „genus, species“ et conaimilu'hus ,minus lorge utelmnlur, quam
faciunt mutti moderat, unde ipn' dicentes, semper superius praedirari de iufen'orl'.
e.1:tendcbant praedican' ad verba, zztendelmat etium praedicationem ad praedica—
tionem advcrln'orum et propositt'onum . .. .. . Intentio untiquorwn mild videtur rationa
bilior.„...‚ (v. A) Secundwm inlenttonem antiquomm existentia in praedicameutis
mm samt „ist quaedam incompleza, ex quibus afiirmntio et negatio nutae saut
comtilui.
869) Ebend. f. 13 v. A: Sumilur autem distinrlio itlomm praedicamentorum..„
distinctione interrogalionum de substantia sive de individuo substantioe..‚... (B) Alle
autem inco!nptwa nun sunt in aliquo praedicamcnto, propter quod com'unctiones et
syncategoreumala in nullo praedicamento reponunlur; per talia eaim ad nutlam quar
stionem respondntur. .Vgl. Ouvdl. \", qu. 22.
870) Sent. l, Bist. 8, qu. 2 D: Onacdam saut genau, quae significan! res sim
ptiu'ter et absolute sine omm' connolatione; et si ita esset, possct dici, quod sunt
tunlum tria genera generalissimu, so. substanlia‚ qualitas e! respectus..... Alle modo
dicitur genus onmc praedirabile pu'mo modo dicendi per so et in abstrarlo de alio‚
isto modo possunt dici dvrem genau generalissima. Dass ich meinerseits jene Drei
zahl der Kategorien unbedingt für die einzig mögliche philosophische Construction
der aristotelischen Kategorien halte, glaube ich im l. Bande genügend dargelegt zu
haben; und auch die Bemerkungen, welche Fr. Brentano (Von der mannigfachen
Bedeutung des Seienden nach Aristoteles. Freiburg 1862. S. 74 n.183) dagegen
richtete, schienen mir nicht geeignet, meine Ansicht umzustossen.
S'il) So z. B. bezüglich der Quantität Summa t. log. l. 44, l‘. 15 v. A: Es!
atiu opinio‚ quae mild videtur de mentc Aristotelis, sive .u't haeretica sie: tat/lolim.
quam colo mute recitare, quamvts noh'm osserere; et ideo, quitt istom opinionem
posui, quando sm‘psi super philosophiam‚ nun wripsi cum tanquam nimm, sed tun
quam Aristotelis expositiom' magis consonam‚ ut mihi videlur, et zudem modo mir
usscrlione anno rect'tabo cum. Est igitur lila opimo‚ quam mal/i rolliolia' ponunl et
lheologi tcnent et Ienuerunt. quod nulla quantitas es! realiter dislinrla a substanltu
et qualitate, sive toll: propositiones „subslantia es! quantilas“ vel „quantitas es!
qualitas“ sißl coucedeadae stoß man. Oder betrele der Kategorie des Wann ebend.
c. 59, l. 20 r. B: Secundum nimm Artstulelts, ut mild vxdctur, lwc pracdicamenmm
XIX. Occam (Begriff). 373
auf die Lehre von der Suppositionsn}; den Gilbertus Porretanns aber
betreffs der sechs letzten Kategorien beizuziehen, halt auch Oceam (wie
Scotus, ob. Anm. 176) mit Recht für unnöthig 873).
Den letzten Abschnitt des ersten llaupttheiles bildet hierauf die aus
führliche Lehre von der suppositio, welche hier gewissermaassen als
ein Mittelglied zwischen Begriff und Urtheil erscheint, insoferne sie eine
proprietas terminon ist, welche dem terminus eben nur in der Satz
verbindung zukommt"“). Die ganze Darstellung aber beruht sichtlich
auf einem längeren Betriebe und einer manigfachen Umarbeitung des by
zantinischen Stoffes (s. z. B. unten Anm. 922), und wahrscheinlich müs
sen wir diesem Umstande es auch zuschreiben, dass hier die übrigen
proprietales terminormn mit Einschluss der Exponibilia erst bei der
Lehre vom Urtheile zur Sprache kommen und mit derselben innig ver
woben werden (s. unten Anm. 906 III); denn dass diese Gruppirung des
Stoffes erst von Occam selbst ersonnen sei, möchte ich bezweifeln. Nur
die appellatio (vgl. Abschn. XVII, Anm. 64, 129, 228 u. 601) will Occam
nicht als ein Gegenstück der Supposition (wie bei Petrus Hispanus) gel
ten lassen, sondern dieselbe derartig in die letztere verflochten wissen,
dass sowohl die Subjects- als auch die l’rädicats-Begrifl‘e dieser „Suppo
sition im weiteren Sinne“ anheimfallen 375). An die genauer formulirte
Definition der Supposition reiht sich die besondere Warnung, dass die
wahrhaft sachgemässe Anssagbarkeit in keiner Weise verletzt werde S‘76).
„quando“ non imperial ah'quam rem distioctam a substantia et qualüate, scd Im
porte! illas easdem rer‚ quomvis non nominaliler, sed adverbialifer Iontum. Auch
fuhrt Occam überall sowohl für diese aristotelische als auch für die gegnerische
Auffassung die Motive und ebenso die Folgerungen an; insoferne aber dabei auch
theologische Fragen mitspielen und insbesondere bei der Kategorie der Relation
das Trinitäts-Gezänkc hereinragt („filiatio und „paternitax“‚ womit sich auch Occam
abqualt), so mögen all diese Dinge ohne Neid den Theologen überlassen bleiben,
welche für ihr eigenthümliches Gebiet auch in anderen Schriften Occams Manches
über Quwtitat tüuodl. IV, qu. 30 u. 32), über Relation (ebend. qu. 16» u.- 22 f. und
VII, qu. 5), über die sechs letzten Kategorien (ebend. VII, qu. 9—12) und deren
Verhältniss zur Relation (Saut. I, Bist. 30, qu. 2 u. 3) benützen könnten.
872) Z. B. Expos. nur. Praediaam. Cap. I2: Hoc norme „ad aliquid“ vel „re
’ " “ si pr '« o „ et per ""'“ et pro relms et nen pro signis rcrum‚
hoc: es:et [also „Hoc nomen soientia est relativ“; sed suppom't praerise pro
nominibu: ipsis uel signis rerum. Vgl. ebend. c. 17.
873) Summa t. log. l. 57 ff. Auch in der Exposifio aurea verzichtet er auf
diese Ergänzung. ‚
874) Summa l. log. l, 63, f. 20 v. B: Diele de signifiaatione (erminorum restal
dicermde suppositione, quae es! proprieta: convem‘ens trrmino, sed mmquom nisi in
propositione‚
875) Ebend.: Suppositio accipitur dupliciter, so. large et slricle. Large accepla
non distinguitur contra appellationem, sed appellatio es: unum contcntnm sub suppo
sitione; aliter accipitar strich, secundum quod dish'nguilur conlra appellationem; sed
sie non inlendo loqui de sapposilione. nd prima modo; et sie fam subiectum qnam
praedicatum supponit.
876) Ebend.: Dicilur aulem suppositio‚ i. e. pro oliis positio, ita quod, quando
lermirms in proposilionv stat pro aliqno, utimur illu Icnm'no pro illa, so. de quo
sive pronomine demonstrante ipsum illr terminus vel reales illius termini, si sit
uldiquus, uerificatur...... (f. 21r. A) Es! aalem zum regula generalis, quod nun
quam terminus in propositione, sattem quondo significafivv accipitur, suppom't pro
aliquo nisi de quo praedicalur van,- ex quo sequilur, quod falsum ext. quod altqui
ignorantes dictmt, quod concretum o perle pracdicati suppom't pro forma, sc. quod
374 XIX. Occam (Begriff).
In der Eintheilung der Supposition schliesst sich Occam völlig an die jün‚
gare Formation der byzantinischen Logik an (s. Abselm. XVII, Anm. 596);
nur die Unterabtheilung der supposilio confusa erscheint bei ihm in
jener nemlichen Weise, welche wir bei Shyreswood trafen (s. ebend.
Anm. 61); auch ist in dem Wortlaute der Definitionen der drei obersten
Hauptarten der Einfluss jener zahlreichen Erörterungen ersichtlich, welche
über significalum (supposilio personalis), über in!enlio (supp. simplex)
und über von: (supp. materialis) üblich und nothwendig geworden
waren“"). Während aber aus diesen Definitionen folgt, dass jeder De
grifl' in jedem Urtheile zur supposillo personalis befähigt sein kann, hin
gegen supposilio simples; und materialis nur unter gewissen regelmässi
gen Bedingungen statthaft sind 878), knüpfen sich hieran äusserst scrupulöse
Controversen über die Art der Supp0sitions-Fähigkeit in einigen traditio
nellen Beispielen, zu deren Lösung Occam auch die den späteren Autoren
(s. Abschn. XVll, Anm. 605) angehörende Unterscheidung zwischen erer
cs'lum und signalum verwendet ”'“’).
in lila „Sonate: es! ollms“ li!!ero „allms“ suppom'! pro olbedine, nam hoec es! sim
plieiler [also „olbedo es! allm“. Die metaphorische Supposition s. unten Anm. 891.
877) C. 64. f. 21 r. A: Supposr'lio prima dividilur in suppo:ilionem simplr'eem‚
personalen e! malerialcm. Supposi!io personell: universoliler es! lila, quando ler
miuus supponil pro suo significalo. sive illud significalum si! ros e.rlro unimam sive
001 sive in!en!io animne sive scriplum sive quodrunque aliud imaginabile‚ ila quod‚
quandocunque sulu'eclum sive proedicalum proposiliunis supponil pro suo si_qnificalo
(vgl. Anm. 781). im quod significoliee lenelur‚ semper es! supposih'o personalis.....
Supposilio simples: es!‚ quundo !crmirms suppom‘! pro intenlionc anime. sccl non
tenclur significative‚ e. g. „homo es! speries“ . . . . .. Ex hoc polet falsilas opinionis
communi!er dieenlium, quorl snpposilio simples: est‚ quondo lerminus suppom'l pro
suo significa!o‚ quitt in!enlio animoe proprie non es! significalum fermini, quio
!olis !erminus signifiro! veras res e! non in!enliones onimoe. Supposilio mo!en'olis
es!‚ quando ferminus non supponi! signifiralive‚ sed suppom'! vel pro rote er! pro
scriplo. sicut „homo es! nomen“.
878) C. 65. f. 21 r. B: Terminus in quocunque propos1'lione pona!ur, pole5! haben
supposilionem personalem‚ nisi ex rolunla!e ulen!ium are!efur ad oliom, sicu! ler'
minus aequivoeus in quaounque proposilione polesl supponere pro quolibel signifiralo,
nisi arc!e!ur (‘17 vohm!ale ulen!ium ad significafum ccr!um. Sed lerminus non in
omni propositione ‚wies! halwre suppost'lionem simplicem vel malerialem, sed (um:
lonlum, quando !olis !erminus compora!ur olleri ex!remo. quod respiei! in!enlionem
animoe oel voeem rel scriplum Polcsl rr_qo regqu ixlo dori, quod quando ler
mr'nus polens hellere is!am triplicem supposi!ionem comporotur exlremo communi eoci
bus prolalis sivc srrip!is‚ Inne proposilio‚ in qua pom'lur, es! dislinguendu‚ eo quod
lolls terminus pot‘es! haben supposilionem permnolem vel -molm'olem; quando t‘cro
compnrolur extremo significanli in!enlionem animae, es! dialinguendo‚ eo quod poles!
haben: snpposi!ionem personalem vel simplioem; quondo vero romporolur extreme
communi omnibus praedielis, Inne es! dislinguendo, eo quod potes! haben supposilio
nem personalem, simplicem oel moleriolem.
879) C. 66‚ f. 21 v. A: Sed eon!ra proediclo poles! obiici multiplieiler. Prima
sie: haec es! oera „Momo es! digm'ssimo creo!uramm“ (s. Abscbn. XVH, Anm. 206);
quoero, quam suppoxilionem haben! lil!erß „homo“; non personalen. qnl'o quaelibe!
singularis es! [also (d. h. es gibt hier keinen descensus ad singulon'o, s. ebend.
u. ausführlicher im byzantinischen Originale Abschn. XV. Anm. 73); ergo habe!
simplicem,‘ sed si supposilio simple: esse! pro inten!ione animae, illa rsse! folso. quia
inltnlio non es! dignissi'ma creoluromm. . . . . .. Proelerea: Hoeo es! oero „Color es!
primum obleclum visus“, et quoelibe! singularis esl falso, ergo habel simplicm sup
posx'tionem; sed si supponere! pro animae in!enlione, illa esse! folso...‚. Proelemz:
V01: non proedicolur de uoce nec in!enllo de in!enlione Ad primmn islonun
XIX. Oecam (Begriff). 375
Die Einzeln-Erörterung beginnt mit der supp. materialis, welche
folgerichtig auch auf ganze Sätze ausgedehnt, aber mit unnöthiger Spitz
findigkeit in zwei Arten unterschieden wird 88°); sodann folgt in glei
eher Tragweite supp. simpler 881), und hierauf supp. personalis, welche
einer ausführlicheren Besprechung unterworfen wird. Nemlieh vorerst
scheidet Occam von dieser Supposition alle Syncategoreumata und alle
Verba aus und weist darauf hin, dass zusammengesetzte Subjecte oder
Prädicate nicht in ihre Bestandtheile aufgelöst werden dürfen 882). Nach
dem er sodann durch Definitionen die Eintheilung in discre!a und com
manis, welch letztere in determinata und confusa, und deren letztere
abermals in oon/‘usa !antum und confusa e! distributiva zerfällt, festge
stellt hat 833), erörtert er mit Uebergehung der discreta diese einzelnen
dicertdum, quod opiuio dicen!ium‚ quod in illa „Homo es! digm'sst'ma creaturaram“ sub
iectum habe! suppositianem simplicem, es! falsa; imo habe! lautem suppositionem per
sonatam....... Ad secundum dicendum ext, quod omnes totes „Color es! primum
abieotum oisus“...... e! ceterae totes mutlae ‚um! simpldrt'!er [atme de virlute sonna
nir, tarnen illae, quus intendeba! philosopltus per eas, ‚um! verae .. Philosophus e!
matti alia accipiun! . frequenter antun; exercitam pro acta signato et e vonverso.
Es! au!em ao!us exercitus‚ qai importatur per hoc verbum „es!“ vel a!iud
haiusmodt'; ac!us aalem signatus es! ille, qui per hoc verbaut „praedioart'“ im
porla!ur vet per hoc verbaut „subiici“ ve! „verificari“ vcl „competere“ vel atiquod
Imiusmodi . . . . .. (es folgt sodann die schon oben, Anm. 796, angeführte Stelle über
suppositia simples) .. Ad !er!ium diaendum es!, quud vom praedicatur de voce e!
in!entiu de intenlionc, „an !amen pro so, sed pro re (s. Anm. 788 f.) . . . ‚ .. Si antun
adhur obiict'atur, quod ltaeo es! vom „Piper venditur hie et Hornae“, e! tarnen hallo
singutaris es! vom, nisi serandum quod suppom'! simptioiter e! nen pro talentierte
om'mae, dicendum est‚ quod nulfus auf! emere sed quüibet intendit emerc rem eingetarem (s. Anm. 798 u.il8lu8d5)c.ammurte piper,
cm'tibe8t8,0)qaCo.d 6p7o,lefs.!2e2ssre. Ap:ur:Deprospuopspiotisointti'osn,e cmoamtpeertiearlei .p.ol. e.s.t;scioemandeumerue'rs_tn, tqoateodpatest
esse extremem propositiom's e! pro vooe vel pro scripta supponere. E! de nominibas
quidem manifes!um es!; hoc e!iam idem pate! de adverbit's, verbis, pronominibus,
csiamniilat'nlcetrioanuitbuesm, pprroapoespiatsiiatnieosnibe!asarea!!iionn!eesrietco!tieonmibussu‚ppno'sai!!t!io„nBeemnehaebse!n:advpeorslsnu'unmt“,; quod
pa!ct in istis „Homo es! anima!“ es! proposttio vera....... Poles! sattem dividi
suppasi!io materialt'l, qaia quaedam est‚ quanda vom oct scn'ptum supponi! pro se,
sicu! „Hamo es! nomen“; quandaque autem vom vel scriplum vel conoeptas nen
suppom‘! pro se, sed pro von vel scripto‚ quam Iamen vocem vel scriplum „an signi
fiaal, sicut... „Animo! praedioatur de homirw“. _
881) C. 68 ebd.: Sicut entern ous'tibe! complezo patcst compe!ere sappositio
materialis, i!a ouilibe! complezo vel incomptezo significativo vel consigniflcativo potes!
compe!ere suppositia simples.
882) C. 69 ehd.: Norm uccdendum es! ad supj)ositionem personalem, circa quam
seiendum est, quod categorema solum, qaod es! extremum propositt'onis, significa!ive
sumplum suppom'! personalih'r. Per primum echuduntur amm'a syncatcgormata..„.
Per secundmn ezcluditur omne verbaut, quia nunquam verbaut patas! esse extremam
proposzliom's, quandu accipitur significative..... Per tertium crcludi!ur pars extremi,
quantumcunque si! namen e! oa!egorema‚ sicu! hie „Homo atbus es! animal“ neo filtern
„homo“ suppanit M0 litten! „allms“, sed totum extremum' .. . Per quarlum excludunlur
ca!egaremata talia, quando supponun! simpliciter vel materialiter.
883) C. 70, f. 22 r. B: Suppositio autem persortalis potes! divtdi prima in suppo—
sitioncm disoretam e! cammunem. Suppositia discrcta es!‚ in qua supponi! nomen
proprium alicuius vel pronamen demonstra!ivum significative sumptum, e! ta!is suppo
ti!io reddit propositioncm singularcm.... Suppositia pcrsanalis communt's es!‚ quanda
terminus communis suppom't; dividitur in suppositianem aanfusam e! de!ernüza
tam. Suppositio determinata es!‚ quando contingi! dcsoendere per aliquam disiunctivam
376 xtx. Occam (BEgrifl').
Arten, insoweit bei denselben keine „relativen“ Begriffe verwendet wer
den (dieselben folgen weiter unten, s. Anm. 890); und zwar beschränkt
er die supp. determina'ta auf jene Urtheile, welche weder ein distrihui
rendes Zeichen der Allgemeinheit noch eine Negation enthalten“‘); da
bei aber erhebt er bezüglich einiger Beispiele wieder haarspaltcnde Be
denken; indem er z. ß. bei Sätzen, welche sich um den juristischen Be
grifl' der Stipulation drehen (vgl. ob. Anm. 798), betreffs der Supposition
einen wesentlichen Unterschied zwischen „Equus tibi promittitur“ und
„Prdmitto tibi equum" herausgrübelt, oder z. B. in Bezug auf die Sup
positions-Fähigkeit der abstracten Worte und der ihnen entsprechenden
concreten Ausdrücke, welch beide zuweilen wirklich synonym sein kün
nen (s. ob. Anm. 826 HI), sich auf den Unterschied der Bezeichnung stützt,
je nachdem durch dieselbe das Ding selbst oder eine intentio getrofl‘en
wird 885). Die hierauf folgende supp. confusa tantam ist ihm nur durch
ad singutaria . . . . .. Supposilia personatis canfasa es! suppasitio personatis lernu'ni
aarnmunis, qaae nan es! determinata; e! itla dieiditur, qaia qaaedarn es! suppositio
avnfusa tantam et quaedam es! confasa e! distribativa. Suppositio ronfasa tantam
est, quando terminas rommunis supponi! personaliter e! nan can!ingit descendere ad
singutaria per distanctivam netto variattanc [acta a perle atterias extremi, sed per
prapasitionern de disiuncto extreme, et eantingi! eam infern' ex qaaaunqae singulari.
Suppositia ran/um e! dir!rihutiva est, quando con!ingit atiqao moda deseendere
capatative‚ si terrninas cammanis habeat matte aan!enta et ex natto nna formatiter
in/ertar.
884) C. 71, f. 22 v. A: Istis oisis videndam es!‚ quando est, qaad terrninas habe!
anam sappositionem personatem et quanda atiarn; e! prima ridendam es! de terminis
nan reta!tvis‚ secunda de reto!iais (vgl. Abschn. XVII, Anm. 202) . . . . . .. Es! ergo
prima sciendam, qaod‚ quando in propasitiane categorica nettem signam universate
distribuens tatam extremum propasitianis additar termino commani neu mediale ner
immediate‚ i. e. nec a perle eiasdern extrem!" ner ex perle extremi prucedentis‚ ner
negatio praeerdi! ner atiqaa dictio inrtadens aeqaiaatenter negationem, semper tatis
terminus suppom'! determinate.
885) C. 72, f. 22 v. B: Circa praedicta pates! dabitari prima, qualiter sapponit
tittera „harrte“ in ista „Socratßs fait harno“, posita qaod Sonate: nan sit .. Sr
cando es! dubiarn de isti9 ‚.Homa altms es! harrte“, . ‚ . . .. pasilo qaod nattas si! at
bas . . ‚ ‚ .. Tertia, qualiter sabiectum sappom'! in tatibas „Eqaas Simititer quar!a dubitatio es! de tatibas „Ute privater aisu“ ‚ . . .t.i.bi pQruairnntitetietsu!r‚“ qua
tSeemztasapepsa!sidteioniestitns h„aAbcet!iapresa!cdriecsateaxmtrian iatntaim„aGme“nus e! sSpeepetiiersnasuens!! sdaebstisa!ni!sia„el“tte.. bis
fai! athas“ Ad primam ittarum direndam ext, quod in on'mibus talitias termini
suppanant personatiler. pro quo es! nalandum, quad tanr terminas sappanit»persona
titer. quanda pro signifiratis suis, quae saut, aal pro hix‚ qnae [aerant significata oet
eran! vet passan! esse, .mpponit (diess fällt. eigentlich der Lehre von der amptialia
anheim, s. Ahscbn. XVII, Anm. 225) .. (f. 23 r. A) Ad secandurn dabium dicendam
es!‚ quod de utrtute scrmonis eontrdendarn ext. s! natlas homo es! atbns, qaod
subiecta pro flütI0 supponunt‚ e! tarnen sumantur signifiralire Ad tertimn di
cvndam est‚ qaod totes propasitianes „Equas tihi promittitur“ et simites de m'rlute
semiom's sun! futsac, qaia qaaelibel singtttaris es! fatsa e! nan eontingi! dessen
dere ad singutana das-innotiue, sed tantum per distanclum praediratarn .. (B) Strielc
toqaenda de virtule sermonis tittera „equas“ nan suppani! van/au lantam_‚ quia nan
supponit, cum si! pur: exlremi; qnin in itta „Eqnas tibi promittitar“ littera
„equas“ es! sabiectam‚ et nan es! pars sul1iecti, et ideo oporlet‚ quod sappona! de‚
lerrninate‚ cum neqae signum nea negalio nec aliqaid inrtiutens tat: praecedat, v!
ideo apor!et, quer! ran!ingat dessendere ad singataria disiunetivc. Sed in itta „Pra
mitb !tbi equuni“ tittera „equam“ nan es! extremem, sed es! pars extremi, qaia ittud
tatum es! praedicatam „promittens tibi equum“, qaia iltae aeqaionten! „Promitto titri
XIX. Occam (Begrill'). 377
die Stellung des Zeichens der Allgemeinheit bedingt, so dass hier der
Sprachgebrauch eine entscheidendem Rolle spielt, als die logisch hegrill'
liebe Bedeutung der Satztheile Es“). Bei der supp. von/um et dislribn
tiva holt er erst hier die Eintheilung derselben in mobi!is und immobih's
nach (s. Abschn. XVII. Anm. 61), und verlegt die erstere in jene allge
meinen Urtheile, sowohl hejahende als auch verueiuende ‚ welche weder
Excepliv- noch Exclusiv-Slltze sind noch auch durrh die Stellung der Ne
gation ein Hinderniss enthalten, und um des negativen Gehaltes willen
zieht er auch die Ausdrücke „differt, a!iud" zu dieser Art der Supposi
tion bei 887); die letztere aber, d. h. die immabilis, wird auf die Sub
equum“ cl „Ego sum promillens libi rquum“, e! ila nan aparlel‚ quod sup
pana! delerminalr Ad quarlum direndum esl‚ quod in lalibus „Hie priva!ur
visu“ li!lcra „visn“‚ quor! es! pars r.zlrcmi‚ nun praprie supponil; snpponil
rnim canfuse e! dislrilmlive aliqno mado el aliqno delerminale, so. pro illis, quae
aliqnando fuerunl, quia aeqniualel is!i „Illr nullum visum habe! c! aplus unlus es!
habere uisum“ . . ‚ . .. (v. A) Ad quinlum dicendum esl‚ quod de virlu!o sermonis haec
es! [also „Genera el species ran! rubslanh'ae“ cl (nur lillrra „suhslanliae“ mppom'l
personalilrr e! dalerminale, quia bar nomen „subslanliu“ nun imponilur ad signifi
eandurn in!enliones animae, sed veras subslanlias (s. Anm. 774) Ad sezlum
dicendum es! , quod diversi diversimade ulunlnr lo!ilms abslroclis: nam aliquando
ulunlur eis pro rebus‚ aliquando pro nominibus; si prima modo, debrl diri, quod
.mppanunl pro illis, pro quibns supponun! sna conarcl. .‚ Praprie !aqnendo lalia
coucrela e! abstracla. .ri ab:lrarrla impanantur ad signifirnndum praerise res, sunl
nomina synonyma (B) Alii uulcm dicunl, quod onmia lalia namina abslracla
significanl ralaliones ralionis r! pro illis suppomml. (Auch anderwärts kommt Occam
auf diese Unterscheidung zu sprechen, nemlich Empor. nur. Prardiram. Cap. 171
Es! regula Iogirorum, quod lerminus srcundae‚ — d. h. ein Abstractum wie z. B.
caeailas -—-—‚ si xnppanil pvrxonulilrr, .rupponi! pro lerminis, quorum es! nalurale
signum vel ad plavitum inx!i!ulum. si sappanil pro u: ipso Si supponi! simpli
tilrr, suppanil pro inlrnlione‚ cui silbardirlalnr in signifirando.) . .. .. Ad seplirnum
dubiam direndum esl, quod in illa .‚Socrales bis [uil albus“ poni!nr nna diclio aequi
valcnler includens negalianrm‚ so. prima fui! albns r! aliqno !empare pasl non
oral albns et poslea [uil albus‚ e! ideo neu subierlnm nea praerlicalum suppom'!
de!ermiuale.
886) C. 73, l'. 23 v. B: Videndum es! de rupposilione con/asa lanlnm, circa
qnam diverser: ragulae danlnr. Una esl: Ouando lenninus communix sequiM‘ signurn
universale a/firmnlivum mediale, lunc slal eonfuse lanlum , i. c. :emper in universali
a„‘irmaliva pracdicnlnm slat ran/an lanlurn; nd quanlumeunqae signum uni—
versale ponilur a parlc suln'acli, si lamen proposilio non sil universali: afl‘irmaliva
urr signnm universale dislribni! totem .mbieclum, pracdicaldm mm supponil canfau
lanlum . Alia regnla dalnr. quanrlo signam universale vel includens acquivalenlrr
siguum universale praeruh'l lerminnm a perle ciusdcm ca:lremi‚ i!a tarnen, quod non
delerminal lahmt praeccdens eopulum. ‚bei! illud, quod sequilur a perle eiu.rdcm‚
sture aanfusc tan!am Sad ulrnm illnd si! lenendum de virtule sermonis vel nun,
„an cum; lomen secnmlum n.mm loqaenliurn, propler qnem mullum valel la!ia xcirr‚
aparte! sie direre (f. 24 r. Al Trrlia rrgula poles! duri, quod semper subieclum
ezclusine a/firrnaliue suppanil ran/an lanlnm.
887) C. 74. f. 24 r. A: Circa mppasilionem can/‘usam e! dislribulinam danlur
renulae diversae, e! prima de suppo.riliane confusa rl dislribuliva mobili: quarum
prima rsl, qnod in omni proposilione universali a/firnmliva et negaliva, quar nun es!
nxclusira nec exrepliva‚ slal subierlum confuse e! dislrilmlive mobililer Seumrla
rsl. quad in omni Iali universali negativa praedicalam. si sil dislrilmliae non impe
rlilum. stat cenfasc rl dislribulivc. Tertia esl‚ quad, quando negalio delermi'nans
ramposilionom principalem praecedil praedicalum. slal can/‘Ouarla regula esl: illud‚ quod aequilar immediale hor verbumun„di/ell'edrils“lrbiebinlihvorc ver
lmm „dislinyuilm“ aal parliaipia eis correspondenlia 021 hoc namen „aliurl“ rel ei
378 XIX. Occam (Begriff).
jecle der Exceptiv-Sätze beschränkt, und zwar nur für den Fall, dass
diese Supposition nicht als eine absolute, sondern als eine limiiata zu
nehmen ist 8”“).- Doch drängen sich ihm auch hiebei wieder spitzfindig0
Zweifel über die Supposilion der Prädicate auf, falls in einem Urtheile
die Worte „bis“ oder „incipi!‚ desini!“ vorkommen (s. Ali50llll. XVll,
Anm. 254 u. 263), und er findet, dass hier eine eigene Art der Suppo
sition ohwalte, welche keinen technischen Namen habe und nur theilweise
mit der cou/‘usa immun verwandt sei, was er jedoch an einer anderen
Stelle durch eine anderweitige Distinetion wieder sehr modilicirt M39).
Indem sodann die Suppositiou der relativen ßegrill‘e folgt (vgl. Abschn.
X\‘ll, Anm. 212—220), gibt er kurz die. Einlheilung und die charakteri
aequivalens, sie! von/au o! dis!ribalive (s. Abschn. XVII. Anm. 266) . . .. . Es! igi
iur universaliler direnrlum, quad‚ quidquid fuci! iermirmm s!are nun/au e! dis!rilm
live, es! signum universale oel nega!io oe! aliquid ueqm'vaiens negaiiom'.
888) Ebend. l. 24 r. B: Circa supposiiionem con/usam e! disliihuiiuum immabi
lem es! so‘iendurn. quod semper suhieriam ialem mpposiiimwm habe! in prop0si!ioaa
ezoepiiva. Hiezu ll, 18, f. 31 r. B: Dislingunndum es! de supposiiionc oon/"usa e!
disiribuiiva‚ quia quurdam es! absoluia, so. quando ierminus dislrilmilur pro quolibe!
suo conienio‚ im quori non plus pro um, quam pro altem; e! !ulem supposi!ionem
von/usam c! disln‘haiivam mm habe! ierrninus sioe suhiecium in proposiiione excep!iva.
Alia es! limi!a!a e! ariiculala, quando ‚so. icrminus pro uliquo conienio disirihuiiur‚
ei hoc mm acridi! m'si qnomlo illa proposi!io caiegorica acquivalr! uni copulaiioae
eomposi!ae ex nna allirmoiiva e! aiio negolioa, sicu! accidii in proposiiione czcepiiva.
Si aaiem illa e.rvepliva /ucrii negaiiru. !unc [am suhiecium quom praedicaium sup-“
pommi confuse r! dis!ribuiive‚ sed limiiuie. S. unten Anm. 935.
889) l, 75. l. 24 r. B: Poles! auiem dubi!ari de iaiilms . „Socroie: desini!
esse aihus, Socra!ex bis /uii Humor, Socraies inripi! esse grammaiicus“ e! huiusinodi‚
quomodo praedica!a in eis suppormni; quio enim mm supponun! deierrninaie‚ palei‚
quia nen coniingii descmdere per disiunoiivam Po!esi diri, quod icrminux prac
dicaius in ialilms proposi!ionibas veI eiiam iliud, quod srqu‚iiur oerlmm adiee!ivum
aei subsianiivum, non hohe! supposiiionem nec de!erminalam nen confusam e! dislri.
butioam, sed nimm aliam, pro qua tarnen nomen mm habemus lila .mpposilio
eorwem'! nun von/um lanium‚ quia‚ sicu! quando irrminus suppom'! oon/usc lanium‚
a quolihei pronomine dumonsiran!e aliquid singulare conlen!um .s'ub suhiccio ad !ermi—
um vommunem coulingi! adscendere‚ sie roniingi! in proposiio; difl‘eri auiem a
supposi!ione von/um lanium, quia mm rou!ingil dessendcrc ad di:iunrium ex nomini
lms propriis immun illorum, pro quihus Iarminus oommum's supponil; nun euim se
qm'lur „Sooraics im:ipii esse grammaiirus‚ ergo Socraics inripii esse ille vcl ille“ de
monslrando omnes grammaiicos. Jedoch ll, 19, I". 31 v. B lesen wir: Difficuiias es!
de supposi!ionn prardioaii (d. h. bei incipi! und desinii); e! es! seiendum, quod prac
dir.aium in iali proposiiione universali aflirmaiiva suppom'l simiiiier eliam in universuli negaiioa sie! confuse e! disirihalivceo;nfsuesde iinonplruomp;osi!ione
non universali .s!a! determinair. Verumiamcn supposiiio determinala e! confasa
e! disirilmliva duplex csi. Una esi‚ quando ranlingii dcsrendcre ad ilia, pro quibus
iemu'nus supponii wel supponere po!esi‚ per pronomina denionsiralira, sicu! in is!o
„Homo rurri!“ iiiiera „homo“ supponi! pro hoc homine e! pro lila, e! seqai!ur
bene „Homo rurrii‚ igilur hoc currii“ demonsiraio iilu homine e! „iiiud cum!“ de
monsiraio alio . . . . .. Aiiquando auiem ooniingii riescendere per pronomina
demonxiraiiua simul sumpiu cum illo communi, sah quo dabei esse drscensus. Prima
modo noii supponi! praedicaium deierminoie; nen enim sequiiur „Socra!es incipii esse
allms, igiiur incipii esse hoc oel hoc“ quocunque demonsiralo Secundo modo proz
dica!um suppuni! de!erminaie; nam inne sequiiar „Socroies inoipi! esse albu.s‚ ergo
incipil esse hoc album vel iliud ullmm“ Ei si dicaiur, quer! „hoc allmm e! hoc“
demonsinmdo idem ronreriuniur, igiiur ab uno ad reliquum es! hona consequeniiu‚
dioendum es!‚ quod haec rcguia‚ quod ab mm couoer!ibiii ad reiiquum es! bona rou
sequenlia, habe! mui!as in.<ianlias. S. unten Anm. 938.
XIX. Occam (Begriff, Urtheil). 379
stischen Merkmale derselben an; es handelt sich nemlich zuerst um die
relativa substantiae, welche entweder identilatis oder diversitalis sein
können, deren erstere entweder non reciproea oder reclproca sind, und
sodann um die relativer accidenlis 99°). Endlich noch wirft er, wie
auch schon Andere gethan hatten (s. Abschn. XVll, Anm. 596), einen Blick
auf die „uneigentliche“ Supposition, welche auf Metapher und Synekdoche
oder Antonymie oder dgl. beruhe und bei kritischer Lectüre der Autoren
häufig beachtet werden müsse 891).
Den zweiten Haupttheil nimmt die Lehre vom Urtheile ein, deren
wesentliche Gliederung Oceam darin erblickt, dass zuerst über die ver
schiedenen Eintheilungen des Urtheiles, hierauf über die Wahrheit der
sämmtlichen Arten desselben, und zuletzt über die Umkehrung derselben
gehandelt werden soll 892). Dabei aber müssen wir von vorneherein
als höchst beachtenswerth hervorheben, dass 0ccam, während er in der
Exposilio aurea eine sorgfältige und getreue Worterklärung des aristote
lischen Buches darbielet, hier in seinem ausführlichen Compendium die
Lehre des Aristoteles völlig bei Seite schiebt und die ganze Darstellung
des Urtheiles durch das Material der byzantinischen Logik absorbiren
lässt. Diese letztere hatte sich sonach allmälig zu einer derartigen Gel
tung emporgernngen, dass man die üblichen Haupt-Themata der aristoteli
schen Tradition, wie z. B. die conträre und contradictorische Entgegen
setzung, nun für unwichtig bezüglich der Lehre vom Urtheile halten und
890) l, 76, f. 24 v. A: Videndum es! de supposi!ione relativortsm, non aacipiendo
relativum illa moda, quo lagiaus accipi!‚ sed quo grammolirus, . . . . .. quod rela!ivum
es! rei an!e la!ae reeordatiaum . . . . . ‚ Ouoddam vocntur rein!in substanliae e! quad
dam arcidenlis; rela!ivam substunllae voro!nr „is, ille. idem“ (das Pronomen „qui",
welches nach üblicher Tradition hieher gerechnet wurde, behandelt Occam bei den
connotativen Begriffen, s. Anm. 922); relatioum occidenlis „tolls, tot“ e! Im
iusmods'. Relatieorum substanliae qaaedam ‚an! iden!ilatis, quaedam divem'talis; re
lu!inorum idcn!i!ulis qaaedam samt recipraca, quacdom non reoiproea. Non recipraco
semper supponunl pro lila, pro quo suppomm! sua onleeedenh'o,‘ . sich!
„Saorales eurri! e! ille dispulal“ , . . . .. ende sciendum, quod !ale rela!ivum nunquam
debet poni in enden: aalegarira cum suo onlecedenle . . . . ‚. Circa relative identilolis
reoiprara es! seiendam, quod dl/Terun! in hoc ab aliil. quia passen! poni in eadem
eotegon'ra cum wo anteeedenle e! in alio‚ u'aul patet de istis „se, saam“, nam bene
dleltnr „Sooralea videl so“ . . . . .. Semper !ale relolivum habe! !alem supposils'anem
e! supponil pro er's, pro quilms supponi! smart anlecedt‘m . . . . .. (B) Circa rela!ivum
diversitatis es! selendmn‚ quod diailur idea, qm'a non aeri/icatar pro eodern, pro quo
sunm onleeedens, n'en! „Allerum illorum es! verum e! reliquam falsam“ li!!erd
„reliqaum“ verifica!ur pro illo‚ pro qua non oeri/foalur hoc Circa relaliaa aceidentium es! sciendum, qaod lale realna!!ievcuemdemnon„olslueprpunmni“l ner
aerifioalur pro lila, pro qao suum onlecedeas sappanil, sed pro oliquo simili vel
aequali. sicu! „Saerales es! allzu: e! !alis es! Plato“.
891) C. 77, f. 24 v. B: Oparle! au!em cognosterc‚ qaod. siru! es! supposllio pro—
prla‚ so. qnondo terminus supponi! praect'se pro eo, quod signifirul proprie, i!a sup
posih'o impropria exl, qucnda !erminus oecipilar lmp‘ropn'e. Multiple: aalem es! sup
posilio impropn'n, so. an!onomalica, alia es! synesdoelu'aa, . allo es! meta
phorim Mul1um ulile es!‚ caqnosrcre, quando termirms aceipitur proprie, ..
qaia via invem'lar oliquad t‘arabultun, ‚quin in diversis libri‘s sandon e! philoso
phorum oeqm'vooe accipiatnr.
892) II, 1, f. 25 r‚A: l'oslquom diola sun! allqua de lcrfllinis, nun: dicendum
es! de proposiliom'bus; e! prima panendoe arm! aliquae dirisiones, secundo videndum
es! de oerr'!ale prapasiliormm, quid requirilur e! su/ficil‚ lerlio de oonversione pro
posilianum.
380 XlX. Occam (Unheil).
dafür die. byzantinischen proprielales terminorum mit Einschluss der Ex
portibilia zum eigentlichen Gegenstande der Erörterungen über das Unheil
machen konnte; dass man statt dessen all jene Dinge in die Lehre von
Consequentia hineinschoh, wird sich unten zeigen, s. Anm. 1029. Für
Occam liegt hierin allerdings nach Allem, was wir im Obigen sahen, eine
strenge Folgerichtigkeit; denn sowie er überhaupt (auch in den Partei
tlontroversen) grundsätzlich vom terminus und von der Suppositions
Fähigkeit desselben ausgegangen war, so ist ihm auch bei allen Punkten,
welche betretl's des Urthcilcs in Frage konnnen‚ zuletzt die Supposition
der entscheidende Grund-Ton, so dass er alles Uebrige anderwärts unter
bringen muss, — ein Verbältniss, von welchem wir uns alsbald bei
jedem Schritte überzeugen werden. Nur hat die Supposition, wie er
anderwärts ausdrücklich hervorhebt, hier im Urtheile eine andere Function,
als bei den Kategorien (vgl. ob. Anm. 866). indem bezüglich der Satzver
bindung die Worte nicht so fast für die Dinge supponircn, sondern über
wiegend für Worte, d. h. insoferne aus denselben als Worten Wahrheit
oder Falschheit hervorgeht “3).
Unter den Eintbeilungen der Urtheile führt Uccam zuerst die Schei
dung in kategorisches und hypothetischen; Urtheil an, bei welch letzterem
er aus der jüngeren byzantinischen Tradition (s. Abschn. XVll, Anm. 583 f.)
die Vermehrung der Unterarten desselben, jedoch mit Ausnahme der pro
posilio localis, aufnimmt“*). Hierauf lässt er die Eintheilung in In
härenz- und modale Urtheile folgen‚ und bei letzteren schliesst er sich
gleichfalls beifüllig an jene spätere Vermehrung der modalen Ausdrücke
an (s. ebend. Anm. 588), ja er fügt noch aus dem Umkreise seiner eige
nen beliebten Distinctionen die Begriffe rouceptum, prolatum‚ scriptum
hinzu, indem er überhaupt meint, dass Aristoteles nur um der Kürze
willen sich auf vier Formen der Modalität beschränkt habe Mm). Die
gleiche Einwirkung der damaligen jüngeren Littcratur (s. ebend. Anm.604‚
und bei Seotus, ob. Anm. 186) zeigt sich auch in der hiernach folgenden
Unterscheidung, dass einige catcgorische Urtheile, d. h. nemlicb sünnntliche
893) Empor. nur. Praedicam. Prooem.: In libra Perihennenias determinalur de
unnilmx. secundum quod veritulem vel /‘dlsitutem proposilionis samt cauialv'oae. Ebend.
Pericrm. Prooem.: Fhilosophus hie loquitur princiymliler da vacibus supponenlihus pro
vocilms‚ quumuir {orte incidenlrr delerminat de vocibus suppoueutibus pro relms. Vgl.
Anm. 753.
894) Summa l. l. a. a. 0.: Um: diuisio propositionum esl‚ qnod proposüionum
alia es! rnlrgorica aliu hypolltelira.‘ hypothnlioa .. dividiter in quinquc spe
cies seoundum opim'onem communem, so. in copululivam', disiuncliram, couditionalem,
cuusalem et lemporalcm. S. unten Anm. 955—961.
895i Ebend.: Aliu divisio propasilionum cst‚ qu-od quaedam csl propoxih'o de
ines:e el quaedam modali: EI es! sciendnm, quud quasi 0mnes sophistac son
cordnnl in hoc. quod tunlum saut qunluor modi‚ so. nrccssarimn, impnssibile‚ 00Min
gens et possibile (s. Ahsehn. XVll, Anm. 161); serl luler modi saut plures,
qmm: quatuor praedicli. nun! alte prupost'lio es! nera. n!ia es! scila, alia ext
falsa, ulia ignolu. alia scn‘pla. alia prolala‚ alia concepla (über die letzteren drei
s. 0b. Anm. 769 f. u. 797), simililer alia es! tredil‘a. aliu 0pinata, alia dubitala,
vt sie de aliis Et si quaeralur. quare philosoplms nun traclavit de istia nec
illa: connumeravit mm propost'tiones modalcs‚ dioendum ext, quod philosophus brevi
Juli studens, quia illa‚ quer de fllii8 dicit, poasunt islis applicari, noluit de istis
perlractare. S. unten Anm. 914 ff.
XlX. Uccam (Unheil). 381
exponiblen Sätze, äquipollent mit hypothetischen seien““). Wenn aber
sodann über die Eintheilung in Bejahung und Verneinung hier nur mit
zwei Worten hinweggeeilt wird l597), so finden wir bei Occam anderwärts
einige Bemerkungen, welche überraschend richtig sind und wahrhaft einen
tieferen Einblick in das Wesen der Negation beurkunden; er hält nemlich
nicht nur getreu seinem allgemeinen Standpunkte daran fest, dass auch
sämmtliche Negationen auf Rechnung der subjectiven Auffassung zu setzen
seien Hab)‚ sondern er erkennt auch die affirmative Bedeutung der negati
ven Begriffe an 8""), und dass er dieselbe wenigstens bei jenen Worten,
welche mit dem privativen „in“ zusammengesetzt sind, nicht in die un
endliche Weite schweifen lässt, erhellt daraus, dass er z. B. für das
Prädicat „ungerecht“ als logische Voraussetzung die reale Möglichkeit des
Gerecht- oder Ungerecht-Seins fordert, sowie hinwiederum aus der Unter
scheidung einer dreifachen Function der privativen Ausdrücke 900). Die
Eintbeilung der Urtheile nach der Quantität gibt er in jener Vollzähligkeit
an, welche in der byzantinischen Logik üblich war, nimmt aber dabei
auch Gelegenheit, betrele einiger Beispiele die Controverse zu entschei
den, zu welcherlei Quantität dieselben zu rechnen seien 9‘“). Ausserdem
896) Ebend.: Tertia divisio prupusitionum nateyoricarum potest esse itla, quer!
atia propositio cuteyorica est aequivntens pruposilioni hypotlxeticae, ulia nan;
istue prupusitionex samt exclun‘vae et exceptiuac et redupticatiuae et quaedam
utiue. S. unten Anm. 917 fl'. ,
897) Ehend. f. 25 r. lt: Atia diuisio propositionum est, quod quaedum est uf—
/irmutivu et quacdam negative.
898) Expur. aur. I‘raedicam. Cap. 17: Privationex et en'am negationes nan saut
a perle rei distincte a relms positivis, quia m'hit est o parte rei extra animam ni.\i
res, et ideo si pn'vatiu vet negatio mm nt res, nan est a perle rei.
899) Ouodt. V, ‘qu. 7: Cunceptus negativus aliquid xignificat negative, aliquid
a/firmutive; exemptum: „nun albed0“ significat negative atbedines, de quibus nun
ve1‘i/icatnr neu pro ittis suppontt; a/firmativc autem signi/I'cat omm'a atia ab attwdinr
et de ittis praedicatur u/‘firmative et pr0 itlia suppnnit, quia quoc1mquc utio demon
strato ab albedine Ituec ext ncra „hoc es! nan attedo“.
900) Expoa. nur. l’erierm. II, c. l: Di/ferentia ext inter pruediaatum infinitum
et intcr pruedicatum privatwum. Nun: prucdicutum infinitum dicitur de pluribus ‚ n.
du omm'tzux existentibus, de quibus mm dtcitnr nennen privativum, sinnt „iniustum“
mm polcst dici de quotibet, quod nan est instum, quia nun din'tur de asino, sed
tuntum de hmninibus. Et de tati prucdioato privativv totes regutae saut. Ab affirma
tiuu de pruedicuto finito seqm‘tur neyutwu de pruediceto privativo Ab affirmativa
de pruedtcatv privativo sequitur negative de praedicato fim'to. Summa t. log. lll, 3,
9, f. 60 v‚A: Nomina privativa samt in triptici differentia. Atiqnud em'm prac
CtSG dirit privationem /ormac et vurentiam in subterto, cui additur, et acqtdra
let nomim' infinito, sinnt „incorruptibile“ .. Atia saut, quee important /brmam in
atiquo cormotando determinatum subiectum, . . . . .. SICH! „intustus“ .... .. Atia stttil,
quue importam‚ nan esse in aliquo formam totem mc esse pause eomwtamlu deter
minutum subiectum, sicut „cuecus“.
901) Summa t. t. ll, l, i. 251'. B: Atia diuiai0 Hat, quod quaedum est univer
satis, quaedam partieularix, quaedam indefinite, quaedam. sinyutaris ‘ Turnen de
nmltts propositiunibus poteat esse dubium, quantuc sint . ltta ext n'nyuturis „lin
cummt", ‚litid suhiectum cst pronomen demonstrativum uet terminus cummu1lis sumptus
cum prunomine demonstrative Hau: 2st indefinite „Atterum ittorum currit“, sicut
ilta est universutis „Utrumquc iltorum cum't“ Unando retutivum re/‘crt „amen
discretuln, tunc reddit propoxitionem sinyutarem; qnando refert nonmi commune, tun:
reddit indefinitum; et ideo itta „Sourates currit et die disputat“ cst stnyutaris‚ aed
serunda pur: i:tius cuputntivae „Homo samt et itte disputut“ ext imtc/inita
382 XIX. Occam (Unheil).
führt er noeheine Eintheilung an, welche auf dem Tempus des Verbum:
beruht und somit der ampliatio angehört”°*)‚ und endlich eine läppische
Eintheilung je nach cosus rectus oder easua obh'quus 903).
In den zweiten Gegenstand der Lehre vom Unheile, nemlich in die
Frage über die Wahrheit derselben, verflicht nun Occam sämmtliche
proprietales terminorum, sowie den ganzen Umkreis der Exponibilia.
Während nemlich das singuläre Urtheil einfach auf den Begriff der Suppo
sition (im Gegensatze gegen objectiv reale Identität oder lnhärenz) be
gründet wird w“), und das Gleiche auch beim particularen und beim un
bestimmten Urtheile geschieht, insoferne diese beiden nach suppon'lio
personalic, nicht jedoch nach aupp. materialis oder simplex, unter sich
logisch synonym sind 90"’)‚ stellt sich ihm schon bei der Erörterung des
allgemeinen Urlheiles das Gebiet der distn'butio ein (s. Abschn. XVll,
Anm. 238—255), in welches theilweise auch die restrictz'o (ebend. Anm.
231 ff.) hereinspielt. Denn als das Wesentliche des allgemeinen Urtheiles
betrachtet er die distributiven „Zeichen der Allgemeinheit“, deren Ein.
theilung bei ihm im Vergleiche mit Petrus Hispanus (ebend. Anm. 239)
ll!oe sun! parlicolores „Neu omm': homo cum!“ c! „Nonnullu: De tolihua proposilionibua „Homo es! species“ e! universolihloemr‚o qesu!onadnoium!elr“m,inus
suppom'! malerio!iler vel simplici!er (s. Anm. 877). polar! dicl', quod sind singulores
vel indefinitoe. Uebrigens ist zu beachten. dass Occam die Memorial-Verse der
byzantinischen Logik (s. Abscbn. XVll, Anm. 108 u. 153) i'crschmaht; vgl. Anm.
941 u. 955.
902) Ebend. f. 25 v.A: Es! e!iom olio divisio proposilionnm, quio quoedum
proposilione: samt de proerenh', quacdom de proc!erilo‚ .....quoedam de [uluro,
quaedom scc'undum [ormam voris sun! de praesen!i e! (amen uequipollen! pro
posilionibus de proe!erilo ve! de fu!uro, u! lales „Hoc es! proelen'lum‚ hoc es! futu
rum“. S. Anm. 912.
903) Ebend.: Alfa dim'sio es!‚ quod quoedom proposiliones sun! de rer!o e!
quaedom de obliqno; et quundoque oh!iqnus poni!ur o por!e xubieeli‚ u! „Hominem
vide! osiuus“. quandoque o pur!e praedicolc', u! „Asinus es! homim's“. S. Anm.
913, 942, 971.
904) C. 2, f. 25 v. B: Ad verita!em proposiliom's singglm-is‚ quoe non oequivule!
mul!is propositionibus‚ nur! requiri!ur‚ quod suln'eclum e! proediru!um um! idem reo—
li!er‚ neu quod pmedicotum a perle rei sit in aubiec!o ve! insi! realiler ipsi auhierlo‚
nec quod um'olur iin aubieclo o perle rei extra om'mam; sed sufl'iril e! requi
ritur‚ quod " ‘um e! ‚n " ‘ „‚ ' pro zudem. Ebenso Expos. nur.
Pruedieob. De genere: Per istam proposi!lonem „Soorolrs es! o!bus“ mm denolalur‚
quod Sorro!es si! vor, quonlumounque 110.1: hie pracdicrtur. . . . . . sed deno!o!nr in luli
proporüione, quod il!ud‚ [no quo aubieclum suppom'!, si! illud, pro quo praedicolum
rupponi!‚...‚ Uuondo subieclum e! proediealum haben! ruppositionem personalem e!
supporum! mm pro se ipsis, scr! pro suis significo!ie‚ tun: mm requirilur, quod sub
ieclum e! proedicalum .iin! idem, sed oporle!‚ quod supponon! pro eodem.
905) C. 3, f. 26 r.A: Videndum es], quitt requiri!ur ad reri!o!em indefiniloe e!
portieuloris..... Si neu i'ocelur proposilio mde/im'lu w! porliculuris, m'u' quondo ler
mimu supponi! personali!er‚ !unc semper indefinilo c! purlinnloris eomver!unlur... ..
Et ad wri!utem lolis sufl'icil‚ quod suln'eclum e! proed1nulum supponan! pro oliquo
eodem, xi xi! proposilio o/firmuliro e! nun oddolur siynum universale o porfe prac
dicoti; sed xi !olis s'il negall'oo, requiri!ur quod subiertum e! praedicalum n0n
supponon! pro omm' codem..... Sed secundum einem upinionem oliler debe! diei... _.
Oui ponil, quod 0mm's proposilio es! indefinifo‚ in quo xubiirilur !erminus commum:
eine signo, :ive .mpponal simplici!er eine peraonal!‘ler sive maleriolilcr, liebe! vonse
quentcr dicere, quod um! semper par!iculoris e! indefini!a eonver!un!ur‚ sieul
iHoc non convvr!un!ur „llomo es! species“ c! „Aliquis homo es! species“‚
J-I:Fk . 44 „____ - :-.: ü.
XIX. Occam (Unheil). 383
einigermaassen modificirt erscheint, namentlich durch eine spitzlindige
Unterscheidung. wornaeh man bei den distributiven Worten derAcciden
tien nur an eine disjunctive oder copulative Distribution von Art-Formen
oder dgl. (vgl. ebend. Anm. 253 u. 589) denken dürfe 9u"). Indem so
dann zuerst die umfassenderen distributiven Zeichen „omm's, nullus“ und
deren Synonyma an die Reihe kommen, wird eine allgemeine Bemerkung
über den symwtegoreumatischen Charakter derselben, sowie eine ziemlich
einfältige grammatische Unterscheidung zwischen „omm's“ und „quilc'be!“
vorausgesehiclat‘“), und hierauf die Regel der Wahrheit der allgemeinen
Urtheile angegeben, welche abermals lediglich auf der Supposition beruht,
woran sich polemische Erörterungen über die Annahme, dass „omnis“
sich stets wenigstens auf drei Objecte beziehen müsse, und über einige
traditionelle Beispiel-Sätze mit Einschluss des Grundsatzes, dass „omnis“
nicht im Prädicate stehen könne, anknüpfen 905). Dann folgt über „aler
906) vC. 4, l. 26 v. A: l’roposiiiones universales ‚Müll in mul!iplici di/fereniia se
cundnm muliiiudinern signoram universolium. Sun! mim aliqua eigne aniversolia
dixiriimiioa inrii/fcrcnler iam pro subslanlia quarn pro acclden!e, sica! „onmis, qui
iibcl, nuilus, qulsque, ulerque, neuier“ e! sie de aliis; ulia sun! disiribulioa pro acci
denle, u! „quuelibe! (zu lesen „quolislibei“, s. Abschn. XVll, Anm. 239 u. 253),
quoiieseunque“ c! si [orte sini aliqaa alia iolia. Sed isla disiinciio poiest intelligi
bene e! male; si enirn in!elligatur, quod „quaeiibei“ (ebenso) sil signam dis!ribativum
pro acridenie‚ sicu! „Minis“ vel aliquad iale pro suhslaniia e! accidenle, [nimm ext;
ss' aalem intelligaiur‚ quod s'il aliquo modo disirilmlirum‚ so. disianciioe sah dis
iunclione vel copulalione inier species vcl aliquo modo ioli, poies! concedi. Alle
poni!or dis!inciio signarurn universalium, qaod quaedam sani disiribulioa pro pariihus
suhiecliois e! quaedam pro pariilms esseniialiims vel integraiibus; prima sunl, sira!
„omm‘s, nallus‚ u!erqae‚ neuler“, serunda suni‚ sieui „loius“..... Alia poniiur divisio
signarum, quod quaedam possani disirihaere pro quocanque, sieu! „omnis, nailus“ e!
huinsmodi, quacdam pro daobus lanlum‚ sind .‚neuier, u!crque“.
907) Ebend.: Prima ergo dicendarn es! de illis, quae dislribuunl pro substaniia
e! aecidenie e! pro pariilms sobiecilvis e! pro quocunque..... Nulium sigmun per se
signifiea! oliquid nec imponiiar ad signi/icandum aliqaid de!crminale‚ sed sie ins!!
!uiiur, u! facia! illud, cui addiiur, siare pro onmibus suis significaiis e! non pro
aliquilms laniam; e! ideo diciiur syneaiegoreum...... Hoc signum „omnis“ differi
ab islis „q“ilihei, anasquisquc", quia hoc sigrmm „ornnis“ nen poies! addi nisi ler
mino consirm'lis casus; sed illn eigne ‚.qm'libei, unusquisqae“ possiml addi
lermino cousimiiis casus c! dissimilis, linde belle diciflsr „Quiiibe! homo cum!"
e! „Ouilihei illorum currii“. .
908) Ehend.: Ponendae um! aliquae regulae rommunes islis signis Esi
prima sciendum, quod ad oeriialem ialis universalis nun requirs'iur‚ qaod eabiecium
e! praedicaium ein! idem realiler, seil reqairilar, quod praedica!um sappona! pro
omnihas illis, pro qaibas supponi! sahiuciam Ex hoc pale! falsiias quomndam
diciorum, quae a quilmsdam poimnlar: annm esi, qaod hoc signum „unmis“ exigii
irio appellaia (vgl. Absclin. XVll‚ Anm. 241); nam ponaiur, quod anus soltu angeln:
intelliga! e! nullas hnmo; tun: es! oera „onmc iniellecia'oam crealum es! angelns".
Aliqai solimn! male hoc sophisrna „Omnis phoeni:c es!“ (s. ebend. Anm. 242)
diccnies‚ isiam esse [alsam eo quod liiiera „onrnis“ exigii !ria appella!a . . . ‚ .. Ex
islis riiam sequiiur‚ quod falsam es!‚ quod aliqui diouni‚ quod u' si! armen allmm
ianlam e! lau!um anam nigram e! ian!um nimm medium, quaelihci islarurn es! [also
„Dame aibum esi‚ Onme nigrum esl‚ Urans medium es!" . . . . .. (f. 27 r. A) Paiei,
quod onmes !ales de oir!u!e semonis saut j'aime „Omas animal esb.sanum’flposiio
qaod unus [eo si! sann: e! arme hos e! arm: homo, e! sic de aliis, sinnliier e! is!a
„Omne anima! /uii in arm! Neue“ (s. ebend. Anm. 235), e! sic de inaiiis aiiis,
qaia haben! mutlos singulares falscs nec praedicaium competi! omnibux illis, pro
qaibus supponll suhiecium Secuado sciendum, quod omnis propom'iio universalis,
384 I
XlX. Occam (Urtheil).
que" und „neuter“ (vgl. ebend. Anm. 248 f.) die selbstverständliche Regel
der Wahrheit und die ausdrückliche Bemerkung, dass dieselben stets zwei
0bjecte erfordern W"), worauf bei „totes“ (ebend. Anm. 252 u. 267) der
Unterschied des categoreumatischen und des syncategoreumatischen Ge
braucbes dieses Wortes, welches überhaupt sehr verschiedene Anwendun
gen linde, hervorgehoben und in Kürze das biebei übliche Sophisma be
sprochen wird‘“°). Die distributiven Zeichen der Accidentien (s. ebend.
Anm. 253111) fertigt Occam äusserst schnöde ab, indem sie einerseits
eigentlich gar keine selbstständigen Zeichen seien und andrerseits auch
selten Anwendung fäiiden 9H). .1
Hierauf lässt er jene Urtheile folgen, deren Verbum im Futurum oder
Präleritum steht (s. ob. Anm. 902). Dieselben bilden nach älterer und
jüngerer byzantinischer Tradition (s. Abschn. XVll, Anm. 226 f. u. 600)
eigentlich nur einen Bruchtheil der Lehre von der Ampliation; aber so
wie Occam sich der technischen Ausdrücke „ampliatio“ oder „ampliati
uns“ u. dgl. überhaupt nicht bedient, so behandelt er hier auch nur jene
Seite, welche sich auf das Tempus der Verba bezieht, Anderes anderswo
in qun praedicalum sumilur univerwlr'!er‚ es! falsa, si praediea!um e! subieclum oe
ri/ieetur de pluribus contenh's; s! au!em praediralur proecise de im!) solu conlen!o e!
simili!er suln‘eelum, mm: passe! esse proposi!io vera, sicu!‚ si non esse! m‘u‘ mmm
animal, pula unus homo, haec esse! vera „Omnix Immu es! onme anime!“ (dieser
formalen Spielerei lässt sich eine vernünftige Wendung geben, z. B. „Alle Körper
sind sümmtliches Schwere“) Terlt'o reimdum‚ quod hoc.si_qnum „omnis“‚....
potes! oceipi distn'lmtive vel rollec!ive: si !enc!ur distrilm!ivs‚ sind „Uumes
apostoli der" sun! duodeeim“ (vgl. ebend. Anm. 240), deuola!ur‚ quod hoc preedica—
!um „duodeeim“ eere diei!ur de qualibel‚ de quo vere pmediculur hoc subieetum
„apostoli“ . Si au!em lenelur eollective‚ laue deno!u!compe!a! omnibus simu! sump!is.@ ur, quod praedica!um ..
909) C. 5, f. 27 r. B: Gonsequenter de!erminandum es! de signis dis!ribu!ieis
non pro quibuscunque, sed pro duolms lunlum‚ cm'usmodi sun! „u!erque“ e! „neu
!er“ Ad veri!alem !nlis requa'r‘ilur, quod prnedicutum vere compe!u! uln'que ille
rDiuflm'erd!empornopso!srial!ioorumun‚ivesirsexli!le,offimrmnq!uiava.pume'e!lu»rnegheo!cursiagbnuum!r„ouqlueer‚quser'“,si!abneiglalut,ivein qm!
portilur hoc sigan ‚.0mnis“, quia nunquam poles! ich's universulis, in qua ponitur
„ulerque“ a perle snbt'00!i‚ esse vom, uln‘ poni!ur proedicotum universoliter sump!um.
Caum Indus diversi!alis t'6f, quia hoc siymmz „omm's“ poles! addi termino Im
ben!i unum suppositum (s. vorige Anm.)‚ scd lil!era „uterque“ roquin'! xemper d!!!)
supposila.
910) C. 6, ebend.: I)e signo dis!ribuliro pro por!ilms in!egralilms‚ cuiusmodi
pom'!ur „tolles“, es! sriendum, quod hat: signum potes! aliquando sumi ca!egorenma
!ice vef sgneulegoreumatice. St suma!ur eateyoreurnufice, sie significu! idem quod
„per/heim“ S! au!em !ene!ur syncalegoreuma!iee‚ sie es! unum signum dis
!ribu!wum . . . . .. pro par!ibus proprie die!“ imporlaliu per lermirmm, cm‘ atldilur, u!
um proposi!io „Toto: Socrales es! mino‘r Socro!e" (s. Absolut. XVII, Anm. 252) aequi*
rufe! i.in „Ouuelihe! pars Socralis es! minor Socrale“ (V. A) V8fwnlllfllell 88’
sciendum, quod aliquundo, sie: ex um sive ex um semwnis vel ex beneplact'!o Illfll
q!ius,on„doMqmue“an!tounn!umdisdtirstt'lrmiih!m‘!proproommp'abrulisbupsartiiullmesg,ralsiibvues‚sunn!onessperuolr'easlseesnlsiiavleibiuns‚teg.r.ale:
sivt qualcseunque.
911) Ebend. f. 27 v. A: De signis au!em, quae so»! dislrihutivo aeciden!ium‚
cuiusmodi sun! „quotecunque, quan!umlihet"‚ es! m'cndum, quod Inn'usmodi mm sun!
proprie.signa, sed um! aequivalcnlr'a mu' composilo ex alir's signis‚ sie!!! „quanlum—
übe!“ idem es! quod „habens de omm' specie quantita!is a!iquam quon!i!ulem“....‚.
ls!u au!em signu non ‚um! mullnm usi!a!u in theologia‚ ideo per!ranseo de er's.
XIX. Occam (Unheil). 385
unterhringend (s. unten Anm. 937—939). Die betreffenden Regeln lie
gen näher an der jüngeren Formation dieser Lehre““-‘). Bei den Unhei
len, deren Subject oder Prädicat ein casus obliquus. ist (ob. Anm. 903),
verzichtet er schliesslich selbst darauf, sichere Regeln ihrer Wahrheit auf
zustellen " l3).
Während sodann das hypothetische Urtheil, welches hier seine pas
sendste Stelle gefunden bätle,„erst am.Schlusse dieses ganzen Haupttheiles
erscheint (s. Anm. 955 fl‘.), reihen sich die modalen Urlheile an, in deren
Eintheilung er. abermals der jüngeren Tradition folgt (s. Abschn. XVll,
Anm. 585, und bei Scolus 0b. Anm. 187); nur substituirt er die Ter
minologie „cum dic!o“ und „eine dic!o“ und setzt den sermw divisus
der mod_alen cum dic!o als synonym mit den modalt;n eine dic!0”“).
indem er auch hier die schon oben (Anm. 895) erwähnte Vermehrung
der modalen Ausdrücke benützt, knüpft er beim sensus composi!us dieser
Urtheile die Regel ihrer Wahrheit einfach an die Begriffe der betreffen
den Modalitäten selbst, weist aber zugleich in äußerster Spitzfindigkeit
auch auf Beispiele allgemeiner modaler Urtheile hin, welche wahr sind,
obwohl die ihnen entsprechenden singulären unrichtig sind 915). Beim
912) C. 7, ebend.: Videndum es! de proposi!ianibus de prae!cri!o e! futuro. Pro
qoo scieudiun es!‚ quod subiee!um po!es! supponere pro eo, quod es!‚ ve! pro
eo, quod fui!, :i si! proposi!io de prae!eri!o; an! pro eo, quod ss!‚ n! pro eo, quod
eri!‚ si sil proposilia de fu!uro; e! eine sie sive sie, xi proposi!io u"! ofi'irmolivo,
requiri!ur, quod praediceiw‘ am!) proprio forma, i. e. praedieo!um proedice!ur de eo,
pro quo supponi! subiec!um . Unde illo es! difierentia in!er proposiliones de proe—
sen!i c! proposiliones de prae!eri!q e! fuluro, quad praedieu!um in propoxi!ione de
pracsen!i sie! enden: runde, quo s!a! subieclom, nisi oliquod addi!um impedia!; :ed
in proposi!ione de prae!erilo e! fuluro es! voria!io, quio proedica!um nen !ontum
supponi! pro illo ve! illis, pro quo ve! quilms verifica!ur in proposilionibu: de pru
!eri!o e! futuro, sed requiri!ur‚ quod ipsum proedicolum verificetur de i!!o‚ pro
quo subiec!um supponi!.
913) C. 8, f. 27 v. B: Ad verilo!em proposilionis‚ cuius ol!erum ez!remum es!
!erminus obliquus, requiri!ur‚ quod subiec!um e! praedieo!um nun mpponon! pro eodem
im! sa!!em 11011 pro omm' eudem; uliquando lauten possun! supponere pro eodem se
cimdum diversi!alem verborum e! regiminis casus obliqui; nec es! facile in bis
generalem regulam E! cer!am dare.
914) C. 9, ebend‚: Aliquando dici!ur proposi!io de flißd0, quia accipi!nr dic!um
!a!is proposilionis cum !ali moda, sind potes! de is!is „Omnem Iiaminem esse auima!‚
es! neuessarium“..„- . Alia au!cm dici!ur proposilia modah's, in qua poni!ur modus
sine !ali dic!o proposi!ionis. Proposi!io mudolis prima r_nodo die!a semper es! dis!in
guenda sccundum composi!ionem e! divisiunem. E! in sensu composi!o deno!o!ur
semper, quod !ulis modus verifico!ur de proposilia‘ne i!!ius dich", sicu! deno!olur,
quod i!!c modus „necessarium“ verifice!ur de illa proposilione „Omnis Iwmo es!
animal“ . . . . ‚. Sed sensus divisus lolis proposi!ionis semper oequioale! !ali proposi
!ioni arrep!ae cum modo sine !a!i dich), sicu! is!a in umso diviso „Socro!em
esse animai‚ es! sci!um“ aequiua1e! is!i „Socrales sci!ur esse onimol". Etwas modi
(icirt und mit einer älteren Tradition verflochten (s. Abschn. X\'ll‚ Anm. 43) er
scheint diese Eintheilung Expos. nur. Perierm. II: A!iqua proposiu'o es! modalis modo
nominali, sieu! „Possibile ext, omnem hominem currere“ . . . . ..; aliqua es! modnlis
modo verbali, sicu! „Omnis homo pole:! currere“.._..; aliqua es! modali: modo ad
verln'ali, sicu! „Homo necesmrio curri!“....... Si proposi!io xi! modulis modo nomi
nali, dis!inguilur secundum composi!ionem e! divisionem u. s. f.
915) Summa !. I. n. a. O. f. 28 r. A: Talis universalis de necessorio poteri!
esse neressaria e! veru, quumeis tarnen quaelibe! eins singulari: si! conlinyens ve!
fulsa, sicu! huec es! veru c! neccssaria in sensu composi!o „Onme verum con!ingens
Faun, Gesch. lll. 25
386 XIX. Uccam (Unheil).
sensus divt‘sus, d. h. bei den modalen Urtheilen sine dicto bestehe die
ses letztere Verhältniss nicht, die Erprobung ihrer Wahrheit aber sei
eben doch nur nach dem sensus compositus vorzunehmen, da es sich
darum handle, ob die betrell‘ende Modalität wirklich von dem ganzen Satze
ausgesagt werden könne " H’).
Mit jenen Urtheilen nun, welche äquivalent mit hypothetischen sein
sollen (s.Anm.896), kommen die Expom'bz'tia an die Reihe; Occam aber,
oder vielmehr wahrscheinlich eine von ihm schon vorgefundene reichere
Pflege dieses Zweiges, vermehrt dieselben sofort durch den Begrilf der
termini cormotatim' et relativi”“), dessen erste Keime uns wohl in
dunkler Spur schon oben bei jüngeren Formen der byzantinischen Logik
im sog. connotatpm begegneten (Abschn. XVll, Anm. 598). Es sollen
nemlich connotative oder relative Begrill'e zunächst diejenigen sein, welche
einer Verdeutlichung (ewpositio) durch eine sog. Wort-Definition bedürfen
(z. B. „Weiss ist, was Weisse hat“), indem ein concretes Wort durch
Beuützung des ihm entsprechenden abstracten exponirt werden soll
(— dass das Verhältniss zwischen „abstract“ und „concret“ gleichsam ein
Lieblingsthema Occam‘s war, s. ob. Anm. 826 ll'. u. 885 ——); und zwar
seien zur Exposition! eines solchen Urtheiles stets zwei Urtheile erforder
lich, z. B. der Satz „Sokrates ist weiss“ werde exponirt durch „b‘riates
ist“ und durch „dem Sokrates haltet die Weisse an“; ja auch die Aus
drücke „inc-ipt't, desim't“ u. dgl. seien eigentlich hieher zu rechnen "").
esse verum, est necessariam“, et tarnen quaetibct singulan's est fal|a . . . . .. Similr'ter
atiquando est tatis propositiu universalis impossibilis, et tarnen quaelibet singutaris
est possr'hilu et contingens‚ sicut patct de ista „Utmmque istorum esse vor-am, est
t‘erum“ demonstratis dualms eontradictorit's vontingentibus . . . . . Saflicit scire, quid
reqm'rilar ad verilatcm talium propositianum, in sciendo, qaid requiritur ad hoc,
quod atiqua propositio sit riecessarid, et ad hoc, quad :it contingerts vel aera n!
impossibilis uet scila vel ignota vel crcdt'ta, et sie de aliis.
916) C. lt), l. 28 r. B: Circa propoaitimles modalcs sine dirto propositionis, quer
omm‘no acqaivulent propositicmibns sumptl's cum dicto in sensa divisionis, .....est
sciendum, qaod tates nan corwerluntur cum primis, imo potest arte illarum esse cm:
sine atia et e nonverso.‚.‚. Ad l‘etitatern tatmm proposilionam requt'ritur, quod prac
dicatum sub propria forma eornpelut au, pro qao subiertum :uppom't, vet prononn'ni
demonstrantt' ittud, pro quo suln'rctam suppom‘t, su. quod modas expressus in luli
propasitione vere praedicetur du tati propon'tione de inesse, in qua ipsummet prac
dr'catumpraedicatur de pronom'inc demonstranteittad, pro (v. A) Serando notandum, qaod tales prapositiones de mquoodosubcioeucstimuimlistueprposme'thaben!
ad saas singulares, sicat propositr‘ones de inesse..... Pracdicta cliam saut inlellr'genda
de aliis propositiom‘bas madatibus, sicat de istis „Omm's homo scitar a te esse
animal“.
917) C. 11, l‘. 28 v. A: Dicendum est de propost'tionibus aequt'valcntibus propo
sitr'om'bus hypotheticis..‚„ Ouaelibet categon‘ca, ex qua sequuntar plures proposiliones
catrgorr'cae taaquam ezponente: zum, i. e. exprr'mentes, quid ilta propositio de sua
forma importat, potest diei aequivalens propontr'oni hypotheticae; huiusmodi sunt....
exctusr'vae, czceptivae et reduplicativae, et huiusmodi saut etiam propusitt'ones, in
quibus portuntur terrm'm' romwtativi et relativi, sinnt saut illae „Aliqaid atlmm currit,
0mne albam est corpus, Omne agens prodm‘r't aliquid, Omnis_qaautttas est in toco“.
De isti's prima est dieendam. Vgl‚ Anm. 831 u. 846.
918) Ebend.: Terminus proprie diu‘tur connotativus vel relativus, qai hattet qut'd
namim's, i. e. difl'im'tr'onem exprr'rnentem qaid nomints‚ ita quod nan potest scr'ri quid
nominis ipsr'us, „ist habende erotiormn‚ quae signi[ttul aliquid primario et aliud se—
candart'o, sicut difl'initio albi exprimen: quid nominis est „habens atbediaem“ . . . . . ..
ltaquando aliqaid per aliqaem temn'rmm connotatar vet cuvtsr'gnificatur, pro quo tarnen
XlX. Oecam (Urtheil). 387
Ferner sollen die negativen Begriffe, z. B. „Nicht-Mensch“, als connotative
gelten, welche durch zwei oder mehrere Urtheile exponirt werden”“),
sowie die privativen, z.B. „blind“, welche wenigstens dreier exponirender
Urtheile bedürfen 920), und desgleichen die erdichteten Begriffe, bei deren
Exposition das Eine der beiden Urtheile stets ein unwahres sein müsse U21).
Endlich sogar das Pronomen „qm“, welches in der früheren Tradition
zur. suppositio relatioon gehört hatte (s. Abschn. XVll, Anm. 212 fl‘. u.
vgl. ob. Anm. 890), wird nun diesen connotativen Begriffen beigezählt;
die Regeln der Exposition dieser Relativ-Sätze beruhen auf einer Unter
scheidung der Quantität derselben, wobei Occam auf den möglichen Dop
pelsinn der allgemeinen Urtheile, welche „qm“ enthalten, hinweist und
zugleich deutlich davon Zeugniss gibt, dass mit solcher Umbildung des
byzantinischen Materiales sich schon Viele vor ihm beschäftigt hatten 922).
Anderes n00h über die connotativen Begrill'e s. unten Anm. 1015.
!atis !enninus supponere „an po!es!, quia de !ati mm verificalar‚ semper !alis ter—
minus vet es! cormotalious vet reta!tvus, n! itte !erminus .‚atbum“; .....similiter es!
de simo‚ cavo (s. Abschn. IV, Anm. 482) . . . . .. Ouaetibe! proposi!io‚ quae habe!
!atern lerminum‚ es! haben exponenles exprimentes‚ quid importalur per taten! pro—
positionem..... Suflici! dicerc de atiqm'bus, u! per tttas sciri possi! proportiooabiti!er
de atiis, quornodo exponunlur...... Onandoczmque ponitur in propositione concre!um‚
cm? curresponrle! abstractum irnportans rern informanlem aliam rein, semper ad veri
ta!em talis propositioflis requiruntur duae propositiones‚ quae possunt oocari ex
ponen!es eins, e! ima debc! esse in TECIO e! atia in obliquo, sicu! ad veritatern istius
„Senates n! atbus“ rcquiritur‚ quod hau si! vom „Socrates es!“‚ e! quod haec si!
vom „Socrah' ines! atbedo“ .... .. (f. 29 r.A) E! de tatibus propositionibmr saß! e!iam
amnes propositiones‚ in quilmx poru'!ur hoc verbum „incipi!“ vet „desintt“, sirniti!er
e!iam‚ ubi porri!ur casus abtn!ivus abeotutus e! uln' portitur immens pluratts‚ e! sie
de nmt!is atiis, de quibus fore! langem pertrac!are. Jedoch über incigi! und desint!
s. ob. Anm. 889, und bes. unten Anm. 937 fl‘. -
919) C. 12, t. 29 r. A: E!iarn propositiones, in quibus ponuntur temu'm’ vormo
!a!ioi priva!ivi e! infim'ti. nur! aequioatentes propositionibus hypotheticis; e! e!iam
omnrs totes «im! vere connota!ioi‚ eo quod in earum diflini!ionibus exprimenttbus
quid nominis dcbe! pom' atiqutd in rec!o e! uliquid in abliquo oet in ren!o cum
negu!ione praenedcntc . . . . .. Ouaetibe! au!em tatis propocitio‚ in qua ponitur latts
terminus, duas ad minus habe! exponentes c! atiquarado plurcs‚ quad focttiter patet;
is!a „Asinus es! mm homo“ aequivalet is!is „Asirms es! ota'qm'd“ a! „Minus
mm es! homo“.
920) (1.13, t. 29 r. B: Propasitiones aflirmatiuae‚ in quibus pununlur !errnini
privativi, qm' mm um! uequivatentes !ermtm's infini!is‚ p!ures haben! exponen!es,
quam dann. linde is!a ..Iste es! wenn“ habe! ix!as exponcn!es: „Iste er! atiqutd“
e! .‚lstc es! na!us viderc“ et „Ist: nunquam potent videre“.
921) C. 14, ebend : Propositiones, in quilms pommtur termim' fic!i‚ qutbus m'lu't
rorresponde! in re‚ quate fingen! significare, plure: haben! esponen!ex; !ates eru'm
!ermini vere samt connotativi...... (v. A) ltta es! fotsa de virtu!e sermom's „Chimaera
es! mm ens“ e! quaclibe! comimilis, quia qaaetibe! !atis habe! totes expancn!es
„Chr'macra es! atiquid“ e! „Iltud es! mm ms“, quurum prima es! falsa. Et si dica!ur‚
numquid is!a es! vom „Chimaera es! ehimaeru“, e! videlur‚ quod :t! vera, quia prac
diva!ur idem de se, dicendum es!‚ quod de virtu!e voois itta es! fataa, si ter—
mirms suppona! significattvc‚ eo quod [atsum impltcatur.
922) C.15‚ f. 29 v. A: In quacimque propositione, quae secundurn vocem es!
cateyorica‚ pom‘!ur hoc reta!irum „qm“, pro itta daodae saut plures exponenles, quia
qunrtibe! !alis aequivale! um' copulatirae . . . . .. Ouando tatis propositio es! singutaris,
indefini!a rot particutaris‚ semper itta propositio aeqm'vale! uni ropulalz'rae compa
:i!ae n: antevcdente e! hoc pronomine relativo „ittmt“ oel nomine pruprio c! altem
ez!remo‚ sicu! .‚Homo, qui es! atlms, currt!“ aequivate! is!i „Hnmo es! atbu.x e!
25‘
388 .\'lX. Occam (Urlheil).
Hierauf folgen jene Expom'bilia‚ welche schon bisher üblich waren,
und zwar zuerst die Reduplicativ-Sätze, wobei sich Oecam der späteren
Tradition anschliesst (s. Ahschn. XVII, Anm. 608 f.), indem er neben dem
eigentlich reduplicativen Gebrauche der Worte „inquanmm“ u. dgl. auch
einen „specilicativen“ anerkennt“”). Ausserdem kommt hier noch neu
die Unterscheidung hinzu, dass die Aussage in diesen Urtheilen entweder
auf blossen begleitenden Umständen (concomitantt'a) oder auf einem (lau
salnexus beruhen kann, und nach diesem Gesichtspunkte werden nun die
älteren und neueren Regeln der Reduplication modifieirt, wobei bezüglich
der bejahenden Urtheile auch die Lehre von der Comequeutia beigezogen
wird 9‘“). Bei den verneinenden Urtheilen gestalten sich die Regeln
verschieden, je nachdem die Negation zum Prädicate gehört 925), oder vor
dem Reduplicativ-Zeiehen steht 926). Die specifieative Bedeutung aber die
ille cum!“ . . . . .. Sed si !alis praposih'a es! universalis, es! dislinguenda secundlm!
amphibologiam, quia po!es! haben: duplirem scnsum. Unus sensus es!‚ per quevl
deno!alur‚ quod, de qaacunque dicilar i!!ud !0!um‚ quad praeredi! verbum principa!e‚
de eodem pracdica!ur primum r! nen plus dene!a!ur; e! ille sensus vooalur a multß
sunsus composilionis ve! convcr!ilnli.< cum !a!i semu. Alias sensas est, per qaem
denala!ur‚ quod tllud, quud sequi!ur hoc incomplexum „quod“ ee! ‚.qui“, praediea!ur
universali!er de an!ecedrnle‚ e! quer! sequi!ur praedica!um‚ universnlt'ler vezifica!ur
de eodem. V. gr. pur islam „Omnis huma. qui es! allms, mm!“ in zum sensu de
no!alur‚ quod aliquis lunnu es! a!!ms c! quod quilibe! !a!is cam’!; in a!io vero sann:
denota!ar‚ quer! i!lae duac san! verae „0mm's homo es! allms“ e! „0mm's hama
currit“.
923) C. 16, ebend.: Proposi!ia voealur reduplica!iva‚ in qua pani!ur haue dic!ie
„inqaanmm“ ue! aequivalcns (als Synonyms des „inqaanlam“ werden weiter unten.
f. 30 r. A, genannt: seoundam quod und u! und sah ra!iane) e! !ene!ur reduplica
live, qaia sccandum a!iquos poles! !eneri specifica!ive e! sie nen favi! propositionem
redaplicalivanfl e! aliquando po!e:! !eneri redup!icative Redapliealio a!iquanda
es! affirma!iva‚ quandu se. negativ nun praecedi! cum, a! „Socra!es‚ inquan!am Il0ma‚
nen carri!“‚ e! aliquamlo es! nega!a‚ quando so. nega!io praecedi! saut, u! „Sonate:
mm curri!, inquan!am keine“ (das negativ reduplicativa Unheil war bei Petrus
Hispanus weit richtiger gefassl‚ s. Absehn. XVll, Anm. 262).
924) Ebend. f. 29 v. B: Proposi!io a/firmativa reduplt'cativa . poles! dislin
'gui, eo quod po!e:! redaplieatio fieri gra!ia conconu'lanlt'ae er! gra!ia caasae. St
fia! yra!ia corwomi!antiae‚ Inne ad veri!a!em i!!ius rcquirun!ur qua!uor proposila'ones
!rmquam exponenles: . . . .. v. gr. ad veri!a!em is!ias „Socrales, inquanlum homo‚
es! co!ara!us“ requin'!ur em'!as is!ius „Soera!es es! cularalus“ e! is!ius „Soeralcr
es! homo“ e! is!ius „Onmis Iwmo es! co!vra!us“ e! is!ius „Si aliquid es! hom-n, ali
qaid es! coloratam“ S! aa!em fia! redaplica!ia gra!ia causae‚ Inne ad verfla
!em prae!er qua!uur praedic!as exponentes reqain'lur, qaod illud‚ super quod
cadi! redup!icalio, expn'ma! causam rei impor!alae per praedica!am....‚. Co!!igi
potes! regala !a!is‚ quod a propvsitt'one redup!icativa ad suam praeiaeenlem es! sem
per tonscqußnltd formalis A!ia regula, quod aryuendo ab infrn'oiji ad supen'us
sine ilis!rihutioM a perle subiecli principalis es! bona consequentt'a.
925) Ebend. f. 30 r. A: Redup!icaliva nega!iva‚ in qua reduplica!io mm es! ne
ya!a‚ cniusmedi saut! !a!es proposiliones „Iloma, inquanlam ririln'lis‚ mm es! asivms“‚
. . . . .. yra!ia concomi!an!iae habe! qaa!uor expancn!es is!as „Ilomo es! risibi
It's, Homo mm es! minus, Nul!um risibi!e es! asinas‚ Si a!iquid es! risibt'le, ipsum
nen es! asinus“ Si au!em ‚in! reduplicalia gra!ia causae, sie requt'n'lar, quod
praedica!am prinzipale pries im! prima nege!ar ab illa‚ super quod cadi! reduplicalio‚
quam a prouomii!e demonstrante illad‚ pro quo subiec!am principa!e supponi!.
926) Ebend.: lleduplica!iua, in qua reduplicatio negalur‚ es! con!radic!oria
!aüs reduplicativae. in qaa redup!ica!io es! affirma!a Unde ad veri!a!cm is!!ns
„Secralex mm es! homa‚ inquan!um a!lms“ su/‘fici! t'l‘l'tfls' is!ius „Sorrales nen es!
XIX. 0ccam (Urtheil). 389
ser Urtheile wird in das Verhältniss der Unterordnung verlegt, in wel
chem der reduplicirende Begriff zum Subjecte steht 927).
Aehnlich verhält es sich betreffs der Exclusiv-Sätze,‘ indem Occatn
auch hier überwiegend der jüngeren Formation folgt (s. Abschn. XVll,
Anm. 606; vgl. ebend. Anm. 260), zugleich aber manche noch neuere
Erweiterung aufnimmt. So hebt er bei der Eintheilung der Exclusiv
Worte (Mumm ‚ solum) nicht bloss den Unterschied der categoreumati
schon und der syncategoreumatischen Bedeutung hervor, sondern substi-_
tuirt auch für eine frühere Dreitheilung eine Zweitheilung, indem er es
nicht mehr als besondere Unterart gelten lässt, dass die Exclusiv-Partikel
zur Copula gehöre; auch unterscheidet er grundsätzlich! zwischen einer
ursprünglichen und einer secundären Bedeutung jener Partikeln 928). Die
Regeln der Exposition jener Urtheile, in welchen die Partikel zum Sub
jecte gehört, stimmen, soweit es sich um die ursprüngliche Bedeutung
handelt, mit der üblichen Tradition überein 929); wenn aber sodann die
secundäre Bedeutung in drei Fälle zerlegt wird, so zeigen die hiefür
aufgestellten Regeln mehr Unsinn als Scharfsinn 930). Auch bei ‘jenen
homo“ e! ialiu: „Soerales non er! albus“ e! islius „Aliqaid album non es! homo“ e!
i:lius „Neu, si Socrales esl, albam es!“ (dieses Ganze ist so dumm. dass wir den
sonst scharfsinnigen Oecam kann: durch die überwältigende Macht einer herrschen
den Schul-Tl'adition entschuldigen können).
927) Ebend.: Si aalen: lalis diclio non lenelur redaplicaliae‚ sed specificalire,
!unc non requirilur, quod illud, ein" addilar lab's die!io „inqaanlam"‚ sabiicialar
universaliler praedicalo principali, sed requirilur‚ quod illad‚ super qaod cadi! re—
duplicalio, iniparlßl illud‚ ralione min: compeli! praediealurn principale prima sab
ieelo. V. gr. in is!a „lgnix‚ inquanlum calidus, calr/aci!“ .. specificalive . . . . ..
„calidus“ imporla! calorern, per qaem ignis caIe/acil prima.
928) C. 17. f. 30 r. B: ”tue dicliones „lanmm, solum“ faeiunl proposiliones ax
clnsivas; sciendum la1nen, quod haec diclio „solum“ aliqnando arcipilar syncalego
reumalice et lunc es! dielio exclasivo‚ aliquando lenelar ca!imporlal‚ illud, quod imporlalar per terminnm sibi addilum, eegsosreeusmoalliliaereiuem! lunc Ali—
quando dictio ezclasiua ponilur a par!e subiecti et aliqaando a perle pracdicali sire
a par!e composilionis . . . . .. l)ielio exclusiva aliquando significal eel habe! antun
officium ex primaria inslilulione, aliquando aliud es: secundaria inslilulione.
929) Ebend.: Quandocunqae diclio ezclusiva lenelur secundam primariarn ins!i
!nlioaem e! ponitur a parle subiecli, sunper denolal‚ quod praedieatum vere praedi
calar de mbieclo e! remouelar ab omni illo, de qao non praedicamr sabicelum, i. e.
si proposilio sil a/firrnativa; e! ideo habe! daas exponenler‚ . . . ‚ .. sica! isla
„Tanlum homo es! animal“ habe! islas „Homo es! animal“ e! „Nihil aliud ab ho
mine es! animal“. Si au!em si! negaliva, siru! isla „Tanlum homo non es!
asinus“, habe! islas exponenles „Homo non esl Minus“ e! „Omne aliud ab homine
es! nsinus“.
930) Ehend. f. 30 v. A: Diclio ezclasiva secundum man: seeandariarn imperi
li0Mm sie? insliluliflnem poles! lriple:e esse: und esl, quae praecise excludil
praedicalum ab omm' dislribulo, de quo non dicilur subieclum; alia‚ quanrlo prac
eise excladi! ca, quae non imporlanlur per ca, quae imporlonlar per suhiec!am‚ nec
san! parles eoram: lerlia es!‚ qaamlo praecise excludil maiorem pluralilalem‚ quam
si! expressa per xabierlum . Unde isla „Tan!am omnis homo rurril“ polesl
sumi improprie . . . . .. c! lunc habe! isla: exponenlcs „0mnis homo cum'l“ e! „Ali
qais bes rurril“ Juxla srcundarn acceplionem impropriam Imias proposi
lionis .‚Tanlum Socrales es! albus“ exponenles „Sorrales es! albus“ et „Nihi!
aliud a Socrale exlrinsecum es! album“ duae possun! simul Stare. (B) Juzla lerliam
acceplionem impropriam de lila „Tanlurn nimm animal es! homo“ ex
ponenles sank islae „Unum es!“ e! „Non sind plura, quam antun“. Solche Beispiel
390 m. Occam (Ui‘theil).
Urtheilen, in welchen die Exclusiv-Partikel zum Prädicate gehört, ist die
Beglung der uneigentlichen Bedeutung neben der eigentlichen entweder
überflüssig oder einfällig”‘). Ein Ersatz von zweifelhaftem Werthe ist
es hiefür, wenn sodann die Suppositions-Fähigkeit der Subjecte und Prä
dicate dieser Urtheile untersucht wird 932); und vollends wenn sodann
noch drei Regeln, folgen, deren erste der Lehre von Consequentia ange
hört, während die zweite eine unnöthige Wiederholung enthält uml die
dritte sogar eine Gombination der Exclusiv-Sätze mit den Formen der
Modalität versucht, so möchte ich hiefüt‘ lieber den Herausgeber Oceam’s,
als diesen selbst verantwortlich machen””).
Bei den Exceptiv-Sätzen, betreffs deren ein paar sprachliche Bemer
kungen über „niet“ und .‚praeter“ vorausgeschickt werden, sind die
üblichen Regeln, welche in neuerer und älterer Tradition auftraten (s.
Abschn. XVll, Anm.607, vgl. ebend. Anm. 261), ziemlich kurz erledigt“'“);
Sätze, wie „Tanlum omnis homo carrit“ oder obiger „Tanfum homo nen es! asi
nus“, sollte man allerdings von einem vernunftbegahten Menschen nicht erwarten;
man hätte ja statt des Letzteren z. B. auch sagen können „Nur die edlen Metalle
rosten nicht“ oder sonst dergleichen. Aber der Leser _mittelalterlicher „Philoso
phie“ (l) muss eben gar Vieles ertragen können.
931) Ebend. f. 30 v.ß: Diele de dictione ezclusiva, quondo poni!ur a perle
subierli‚ dicrndam es! de eo, quando poni!ur a par!e proedicati. E! sciradum est,
quod potes! accipi proprie e! improprie. Si proprie, tum: denotatur‚ thd praedim
[um dicitur de sabiccto‚ e! quod man: illud, de quo non oerificator praeduatum‚
removetur a rabircto‚ sicu! per istam „Homo es! lantum ultima!“ derwlatar‚ quod
homo si! animal c! quod nur! xi! aliud ab animali. Ouando vero accipi!ur improprie
e! transsumptice‚ !unc exeludi! omnc aliad verbum a subieclo‚ . . . . .. sicu! per istam
„Homo tantum eide!“ denota!ur, quod homo oido! e! nen audi! nec pereipit.
932) Ebend.: Qualitcr !crmini suppoaun! in propositiom'bus exctusivis‚ es! seien
dum, quad, quando dictio e.tclusiva pom'!ur o parte subiec!i e! subiectum sumt!lr
sine dis!ribationc e! es! !erminus eommunis, Inne saln'ertum supponi! eon/use tas
turn (f.31 r. A) 0aando exclusiva es! negative, anbicctum supponit sind in
exclusioo a/firmativo‚ et praedicatum similiter Ouando dietio ezclosiva poni!ur
a perle praedicati . saln'eetum suppoai! in il!a sicu! in sna praeiarertte (über
„praeiaeens“ s. Abschn. XVll, Anm. 260), e! idem es! de pracdicoto.
933) Ebend. f. 31 r. A: All ezctasiaa ad universoiem de terminis lrenspositis
est bona consequeutio e! e conrcrso (B) Oaaelibet e:rclusiua habe! dnas expo
nea!es, unam a/‘firmativam e! a!iam negativam; e! ideo opposita ezelusioae habe! duas
caasas ueri!a!is, quia reri!as u!riusque exponentß es! caasa veritatis negatives e:
ctasirae Quando dictum propositioois' cxclusioae ponitur respee!a aticuius rund:
farr'ea!is proposi!ioncm modalem, illa propositio es! distiuguenda, sie!!! is!a „Tantum
hominem esse Soeratem‚ es! veram“, quia littera „lautem“ potes! c0n!irtue profern
cum toto er! disconlinuc. Auf solchem Wege gibt es kaum ein Ende in Combina
tionen des byzantinischen Wustes; denn warum soll man nicht auch bei den re—
duplieativen oder bei den exceptiveu Urtheileu oder bei „iucipit, desinil“ u. s. f.
die Modalitäten des necessarium, possibile, verum, srittmt, opinatarn u. s. f. unter
sucheg. Oder hat vielleicht Einer der modernen Lobredner des Mittelalters Lust
hiezu .
934) C. 18, f. 31 r. B: Talio syncategoreumata „pmeter, niet" e! simitiu fa
riuni proposi!iones‚ in quilms pormntur‚ essr exceptivas Littrm .,nisi“ aliquando
Icnetar e1crulive c! Inne [ocit propositionem hypo!heticam . Diclio „practer“ ali
quando tenetur diminutive‚ sith „Decem praetcr qninque sun! quinque“ . . . . .. Ad
veritalem ezceptivae requiritur, quod praedica!um removcalur a perle e.rlra Cup!a‚ e!
quod insi! cuitibe! a!io con!ento so!) subieoto‚ si si! nffirmativa; n‘ si! negative, se
quilur oppositum Habe! den: exponentrs, . . . . .. sica! is!a ‚.Onmis homo pru
XIX. Occam (Urtheil). 391
hingegen wird die Suppositions-Fähigkeit der in solchen Urtheilen vor
kommenden Begrifl'e casuistisch erörtert, und hiedurch findet eine obige
(Anm. 888) Angabe über die Supposition ihre Ergänzung”“). Aussor
dem ist auch hier eine Anzahl Regeln hinzugefügt, deren Autorschaft mir
gleichfalls nicht sicher festzustehen scheint; dieselben betretl‘en Umeils
die. Lehre von (Jensequentia, theils sind sie selbstverstämlliche und über
flüssige Folgerungen aus dem Wesen der Exceptiv-Ur1heile"”).
Indem aber Occam hierauf die Worte „incipit, desim't“ anreiht, folgt
er doch wieder der älteren Tradition (s. Abschn. XVII, Anm. 263), 0b
gleich er dieselben theilweise schon zur Supposition be_igezogen hatte (ob.
Anm. 889), ja andrerseits sogar geneigt zu sein schien (ob. Anm. 918),
sie grundsätzlich zu vden connotativcn Begriffen zu rechnen; nach der
jüngeren Tradition hätte er sie jedenfalls bei der ampliatio erörtern
müssen (s. Abschn. XVll, Anm. 600), wenn er die letztere nicht über
haupt sehr wesentlich beschränkt hätte (s. ob. Anm. 912). Die Unter
scheidung, welche man früher bei jenen Begrill‘en angenommen hatte, je
nachdem die Veränderung allmälig oder sofort bleibend eintrete, lässt er
als eine gleichgültige fallen, wiederholt aber tb'e üblichen Regeln, nur
mit dem Zusatzc, dass „incipit“, wenn es in weiterem Sinne genommen
werde, ein bereits vorhergehendes Dasein des betrefl'enden Zustandes
nicht völlig ausschliessc 93 ). Was über die Supposition des Subjectcs
ter Socratem currit“ habet isla.s „Socrates nan ourrit“ et „Ornnis ltomo alias a So
nate ourrit“.
935) Ebend.: Praediratnm in ozceptiva a/firmativa habet suppositionem confu
sam tantum, ud subiutum Imbet suppositionem asnfusorn et distributivam; to
men dixtingaendum est u. s. f.; es folgt nemlich nun die schon oben, Anm. 888,
angeführte Stelle.
936) Ebend. v. A: Tales regulae, quad a superiori distributo ad suum inferias
est bona consequentia‚ et ab universale ad singulare est baue oansequentia, non sunt
generaliter vorae, sed operth addere, quod illud in/erius Si praeiacens ezceptioae sit rera, exzeptioa est [also nan Nsäutnqexutarma ecxdcpelpurtniva est
propria‚ nisi eins praeiaccns sit universolis Nun somper ob aniversali ad inde
finitom vel particulorem est bona consoquentia Non cuilibet propositiorqi univer
sali contradicit propositio indefinita nec particalaris ‚ . . . .. Saat aliquae propositiones
universales eontrariae, quae tarnen non haben! aliquas propositiones calegoricas sub
contrarias Semper illud, quod oxoipitur in ozceptiva‚ dcbot esse aliquid muten
lum sub sabiccto ‚ . . . .. Ouondo illud, super quod codit exceptio, est commune, ad
ocritatem talis ezccptivae nan requiritur, qaod praedicaturn insit universaliter illi,
super quod cadit exoeptio, si sit e:rceptioa negative, oel quod romoveotur anioersali
ter, si sit af/irmativa.
937) C. 19,1. 31 v. A: Omnis propnsitio, in qua ponitur atiquod istorum ver
borum „incipit, dosinit“, habe! diverses exponentes, quia quaelibet aequiualet ani
oopulatioae. Tanzen ab aliquibus (vgl. Abschn. XVII, Anm. 263) diversimode assi
gnantur exponentes respectu dieersorum, andre dicunt, quod atitcr exponitur respectu
sacccssivoram et purmanentium. Sed quamois sie posset esse ad voluntatem utentiarn,
nan tarnen vidctur multum rationabile; ideo dico, quod respectu cuiuslibel posxunt
habcro easdcm exponentes Propositio, in qua pont'tur hoc verbaut „incipit“, ha
be! dass exponentcs, quaram una est de pracsenti af/lmlativa et alia de praelcrilo
negative, sinnt cxponentes, istr'us „Senates incipit esse albus“ sunt istae „Socrates
est ulbus“ et „Sonate: ante immediate nan oral albus“ Hoc rerbum „inct'pit“
potest dupliciter aocipi‚ so. stricte et proprie, et ttmc exponitar, sicut dictum est;
aliter potest acoipi [arge et improprie, et tun: sie exponitur .‚Est et nan diu ante
fuit“, sinnt dioimus‚ quod huec orbor ineipit florore Illa propositio, in qua
ponitur hoc verbum „desinit“, duas habe! exponentes: una est propositio de prac
392 XIX. Oceam (Unheil).
und Prädicates solcher Urtheile gesagt wird, dient gleichfalls zur Er
gänzung dessen, was wir oben (Anm. 889) bezüglich der Supposition
sahen 93"‘). Endlich werden als völlig parallel mit incipit und desinit
laufend auch die Formen des Verbums „ eri“ besprochen “39), welchen
aus späterer Formation dieser Lehre (s. bei Scotus ob. Anm. 186) leicht
noch viele andere Verba hätten beigefügt werden können.
Der dritte Theil der Lehre vom Urtheile soll sonach über die Um
kehrung handeln (s. Anm. 892), und es werden dabei all die nemliehen
Arten der Urtheile wieder vorgeführt, für welche so eben die Gesichts
punkte der Wahrheit festgestellt werden waren. Bei sämmtlichen aber
wird es dem aufmerksamen Leser nicht entgehen, dass in den Beispiel
Sätzen dem umzukehrendcn Urtheile das umgekehrte stets mit „ergo“
oder „igitur“ angefügt wird, und somit Occam sich auf dem Standpunkte
Derjenigen befindet, welche schon früher die Umkehrung überhaupt zur
Consequentt'a gerechnet hatten (s. Absehn. XVll, Anm. 616, und Seotus
ob. Anm. 194). "Nach der üblichen Eintheilung der Umkehrung in sim
plexi per accidens und er contrapositianem, wobei zu bemerken ist,
dass Occam auch von einer Umkehrung „im weiteren Sinne“ spricht“‘°)‚
kommen zuerst die einfachen luhärenz-Urtheile an die Reihe, bei welchen
jedoch 0ecam trotz besonderer Berücksichtigung der singulären undun
bestimmten Urtheile dennoch von den scharfsinnigen Bemerkungen des
Scotus (ob. Anm. 196—199) keinen Gebrauch macht, sondern z. B. un
gestört der traditionellen Lehre folgt, dass das particular verneinende
Urtheil gar nicht umgekehrt werden könne 9t“). Hingegen mitSeotus
(Anm. 200) widmet er besondere Erörterungen jenen Urtheilen, in welchen
senti affirhtativa, et alia de fataro negative . . . . ‚. cum hat: additamento „imme
diate post“.
938) Ebend. f. 31 v. B: Circa snppositioncm Icrminnram in talilms propositioni
bar es! sciendum, quad sabicctum talium propositionum sappam't eodem matte, sind
in am]; praciacentibus. Sed di/ficuttus est de suppositione praediaati u. s. f. Diess
wurde schon oben. Anm. 889, angeführt.
939) C. 20. f. 32 r. B: Sie ctiam propasitia, in qua pom'tur hoc rertmm „fit“
uel et aequtvatens, quale est hoc verbaut ‚.[actus es!“ oet ..factum es!“ vet Indus
madi, habet daas erpouentes, quarum arte est de praesentt' et alia de praeterito vet
de futw'o.
940) C. 21, f. 32 v. A: Conversia ext triptex, so. simplex, per am'dens, et per
transpositi'onem seu cantrapositianem lerminamm Palast magis targe samt ran—
versio simplex, quando est mutaa conversio, . . . . „ sinnt quando singulan's
courertitur in partieutarem et e canaerso Podest aliter vocari convarsl'o per ar
u'dens, so. quando mm est comtersio mutua, sicat baue seqaitur „Onanie homo 0st
albus‚ igitur albam est homo“ Canaerst'o per cantrapositt'onem ext, quando ter—
mini fim'ti mutantur in terminos infinitos.
941) Ebend.: Universatis negatan de recto convcrtitur simpliciter targv accipiendo
ronoersionem simplicem . . . . .. Simititer singutaris afl'imtatt'na convertitur in particu
tarem et indefinitam et singularrm..... Similiter singulon's negative conaerll'tur in
|mirrrsalem negativem vcl sinqularcm negativem . . . . .. Simth'ter [am indefinite quam
singulari's sive particalarv's afl'irmatitta vonacrtitnr tam in partieularrm quam singu—
larem aal indefinitam . . . . .. Universatt's a/finnativa converlitur per arct'dens . . ‚ . . ..
Particultm': negatiua non convcrtitur nequa per accidenx nec simplicilcr . ‚ . . .‚ Enden
modo Indefinita non convertitur. Auch hier verschmäht Oceam die byzantinischen
Buchstaben und Memoriulverse; vgl. Anm. 901 u. 955.
XlX. Occam (Unheil). 393
ein Casus obliquus vorkommt M2). Sodann folgen jene Urtheile, deren
Copula oder Verbum im l’räteritum oder l“uturum steht, und es werden
auch hiet'ür eigene Regeln der Umkehrung aufgestellt, welche auf den
obigen Regeln der Amplialion (Anm. 912) beruhen 948). Indem hierauf
die Umkehrung der exponiblen Sätze erörtert werden soll, womit sich
gleichfalls schon Scotus beschäftigt hatte (s. Anm. 196), finden wir hier
zunächst eine ziemlit‘h nichtssagende allgemeine Bemerkung"“), und dann
die hetrell'euden Regeln für die reduplicativen Urtheile"“), hierauf für
die exclusiven"“) und für die exeepliven““) und zuletzt auch für die
Urtheile mit ineipit und desinit"”)‚
942) Ebend.: De propo.ritionibus in obliquo non es! eodem modo dicendum‚ sed
in iltis aparte! frequenter mutationem [aeere ex perle vocis praeter transmulatizmern
!erminorum, e! cum hoc additur frequenter ‘partieipium verbi, sinnt sie aryuendo
„Nullus homo es! in domo. ergo nutlum existens in domo es! homo“..... Ouando in
toti propositioue pnm'tur adoefhialis determinatio, .....illa in conversu nen debet esse
delerminatio verhi‚ sed potius partieipii einsde verhi, r! sie „Crcans strmper es!
deus. . . . . .. ergo atiquid‚ quod semper es! deus, es! oreans“. Vgl. Anm. 903.
913, 971.
943) C. 22, l‘. 32 v. B: Circa corwersionem de prae!erito et de futuro‚ ....quundo
suhieclum suppom'! personaliter, i. e. significalive‚ seimrlum es!‚ quad, quando sub—
ier‚lum sup;zonitpro eo, quod cst, tunc ilta propositio dehet cunocrti in aliquum pro
posilionem de proesr-nti accepto subiecto cum hoc verlm „fui!“ c! hoc pronomine „qui“,
e! mm in propositionem de proeterito. Unde ista couversio nur! vole! „Nullen! ollmm
fuit homo, ergo nultus homo fui! albus“‚ sed sie „ergo nulhts, qm' fuit homo,
es! ulbus“...‚.. Si autem subiectum propositionis aeripi!ur pro eo, quod feil, sie es!
simpliriter convertibilis in unam de pr'acteri10 . . ‚ . .. ls!a nulcm, quae dicta sun! de
propoaitione de praeten'to, applicandu 8ttfll proportionubilt'ler propositiuni de futuro.....
Si subiectum si! terminus cormmmis ve! ineludens terminum commmzem mm pronominc
demonstrative, c! praedicrttum si! pronomen demonstrativmn sine addito vel propriurn
„amen, !unc‚ .\'i subicctum aceipitur pro eo, quod cs!. oonverlilur in unam de prac
sen!i eine utia mutatiune‚ sich! sequitur „AI/mm erit Sorrules_ ergo Socrutes es!
utbus“; . . . . .. si entern accipilur subiectum pro eo, quod eri! ve! /uit, oonver!itur
abrotute de praeterito vel de futuro‚ et es! mutuo corwcrsio.
944) C. 23, l. 33 r.A: Propositt'o habens exponentes hohe! comirnitem corwcrsio—
nen! cum suis rxponen!ihus, et si ommrs exponenlos eodcm modo convcrtuntur, ita
exposila codvm modo eonrrrtetur: si entern mm vzpunens convertutnr MIO modo e!
aliu a!io modo, tunc habebit eonversioncm consimitem cum mmversione unius et non
cum onnversione alterius. Tanten mayis in spezial! videndum es! de istis.
945) Ebend.: Propou'tio reduplicativo mm conuertilur in reduplieativam, sed in
unam nen redupticatiuam‚ cuius subiectum eri! unum oggregatum ex pmedicato prioris
el illo‚ super quod cudi! rudupticatio, cum reduptiealione medianle hoc pronomine
.‚qund“, sieut ista ‚.Am'mal, inquuntum homo, es! risibilc" convnrlitur in istam „Ali
quid‚ quod, inquantum homo, es! risibile, es! onimal‘h.
946) Ebend.: Exclusiva nou corwertitur in ezclusivam; non enim sequitur
„Tamtam animu! es! homo, ergo tantum homo es! anima!“‚ sed ista convertitur in
universalem, sicu! sequilur ‚.Tantum animul es! humo. ergo omnis homo es! animal“.
Et sinnt diolum es! de couversione propositionum du proeterito e! futuro, i!!!
direndum es! de eonvrrsione ezclusivarum du praeterito et futuro.
947) Ebend. B: Exceptivo mm vorwertitur in ezceplivum. sed in unum
nun ezcepta'vam. cuius subieetum erit unum aggreguturn ex praedieato ezceptivae e!
parte extra cup!a medionte hoc tote „quod mm es!"‚ sind „Ornm's homo praeter So
orutem Mini!" cmwertitur in istom „Currens‚ quod nen es! Socrates‚ es! Immo“.
948) Ebend.: Propositiunes‚ in quibus pommtur haec verbu „ineipit‚ desinit“,
mm cbnvertuntur inv similes, sed donmr totes propositiones sie eonrerti „Aliqui:
homo incipi! esse alhus‚ ergo aliquid, quod incipi! esse allmm, es! homo“.
394 XIX. 0ecam (Unheil).
Mit besonderer Ausführlichkeit behandelt Oceam die Umkehrung der
modalen Urtheile, welcher wir auch schon bei der jüngeren Formation
der byzantinischen Logik und bei Scotus begegnet waren (s.Ahschn.ltVll,
Anm. 587 f. u. ob. Anm. 201). Dass dabei überall jener Unterschied
zwischen seasus composilus und 881t6u8 divisus (s. ob. Anm. 914) zu
Grunde gelegt wird, versteht sich von selbst; ausserdem aber kehrt auch
stets die Regel wieder, dass, was in Bezug auf Modalität von dem um
zukehrenden Urtheile gelte, in gleicher Weise von dem umgekehrten Ur
theile gelte. So seien die Nothwendigkeits-Urtheile im sensus compa
silus ebenso umkehrbar wie die Inhärenz-Urtheile (anderer Meinung war
Seotus), hingegen im sensus divisus könne die Umkehrung nur durch
eine Abänderung der Worte bewerkstelligt werden"‘“’). Ebenso verhalte
es sich bei den Möglichkeits-Urtheilen, insoferne man „possibilis“ im
Sinne von „non impossibilis“ nehme und bei Gemein-Begriffen die
Suppositions-Fähigkeit derselben beachte 9"’°). Die Umkehrung der Un
möglichkeits-Urtheile sei im sensus compositus die nemliehe wie bei den
lnhärenz-Urtheilen, aber im sensus divisus treffe sie mit jener der Noth
wendigkeits-Urtheile zusammen 951). Die Zul’älligkeits-Urtheile („contin
gena", welches somit hier nicht als synonym mit possibile genommen
wird, wie bei Petrus liispanus, s. Absclm. XVII, Anm. 165) seien zu
unterscheiden, je nachdem bei der Umkehrung die Qualität unverändert
bleibe oder geändert werde; im ersteren Falle trefl‘e die Umkehrung beim
sensus rompositus mit jener der Iuhärenz-Urtheile zusammen, während
949) C. 24, l. 33 r. B: Videndum es!, quomodo proposi!innes modulo: conrer
Iunmr‚ e! prima de conversiene propositionum de necessaria„... 0uando rundes po
nilur cum dich), proposilio es! dis!inguenda secuudum cumpusi!ionem e! divisionem
(s. ob. Anm. 914)..... In sensu composito !ales propositiones convefluntur sica!
suae de inesse, quia in couversiane !alium arguilur semper per is!am regulam „Si
unum eonver!ibilium es! 1trccssarium, e! reliquum eri! neoessarium“ v2! per islam .‚Si
an!ecedens es! necessarium‚ e! conscquens eri! neccssarium“...‚. Seienden: vs! eliam,
quod philosophus in prima l'riorum probe! !an!um‚ is!as de neeessan'o cunver!i in
sensu eomposi!o re! er's acqua'valen!es e! non alias (vgl. hingegen unten Anm. 985,
lind bei Seotus ob. Anm. 201)..‚.. Circa conversioaem proposi!ianum de nccessario
sumptaram in sensu divisa es! sciendum, quod non mit! nonver!ibiles nulla mu!a!ione
fac!a ex perle voeis praeler !ransposi!ionem lerminorum; non em'm sequi!ur per na
!uram eonversionis , alias homo de necessilale es! minus, ergo uullu.s asinus de
iteaessi!ale es! Immo‘ .
950) C. 25, f. 33 \'.A: Cirra conversionem proposiliomun de possibili es! prima
sciendam, quod in hoc oapi!ulo accipiendam es! scmper possibile, quod es! eommune
ad neceuan'um e! ad conlingens‚ quod non es! neressarium, u! possibile si! idcm
quod non impossibile..... Sie au!cm accipiendo possibile es! sciendum, quod eaedem
regulae, quae divtae ‚mal de conversione proposilionum de necessan'u, accipiendae
squ circa conversienem propositionum de pessibili; nam rumpla in seusu com
posi!o es! eodem modo eonver!enda sicu! sua de Messe, qaia si nimm vorwer
!ibile es! possibile, e! reliquum . . ‚ . .. Ouando subierlum proposiliom's de possibili es!
lerminus eommimis vel includens lerminum communem, praposilio es! distingaenda, eo
quad subiee!um pales! sapponere pro bis, quac sun!‚ vel pro eis‚ quer passen! esse
(vgl. Abschn. XVll‚ Anm. 225 HZ).
951) C. 26, f. 33 v. B: l‘ropositiones de impossibili arreplae in sensu camposito
nonvertantar siea! man de inessr, quando illac de inesse cmwerlunlur simpliciler.
quia . . . . .. si nimm couver!ibile es! impusmbile‚ e! reliquum . . . . .. Si aalen! propo
si!io de impossibih' suma!ur in sensu divisionis, !ima converlibilis es! sicd! üla
de necessario.
XIX. Occam (Unheil). 395
beim sensus dioims es auf die Suppositions-Fähigkeit der Begriffe an
komme"“); im letzteren Falle könne es sich nur um den sensus divisus
handeln 953). Endlich bei den übrigen Modalitäten (seilum, opinatum
u. s. f.) sei zu untersuchen, ob dieselben in dem umzukehrenden Urtheile
bedingt seien durch ihre Zulässigkeit im umgekehrten Urtheile, oder ob
das umzukehrende hierin vom umgekehrten unabhängig sei; beim sensus
compositus könne im ersteren Falle keine simplen: conversio, im letz
teren Falle aber gar keine Umkehrung stattfinden; hingegen beim sensus
divisus treffe die Umkehrung solcher Urtheile wieder mit jener der
luhärenz-Urtheile zusammen 954).
Da aber nun mit der Lehre von der Umkehrung eigentlich die Auf
gaben erledigt sind, welche von Anfang für die Lehre vom Urtheile vor
gesteckt waren (ob. Anm. 892), so macht es allerdings den Eindruck
eines misslichen Nachhinkens, wenn nun doch noch besondere Erörterun
gen über das hypothetische Urtheil und dessen Unterarten folgen. Warum
diese Gruppe nicht schon oben vor den modalen Urtheilen (d. h. nach
Anm. 913) ihre angemessene Stelle gefunden habe, ist schlechterdings
nicht einzusehen, und ich glaube, dass diese Verschiebung des richtigen
Zusammenhanges nur der arrangirenden Hand des Herausgebers zuzu
schreiben ist, welche ohnedicss hiebei deutlich genug hervortritt (s. so
gleich Anm. 961 f.). Das hypothetische Unheil wird vorerst in jene
nemlicheu fünf Unterarten wie schon oben eingetheilt (d. h. wieder mit
Weglassung der propositio locah's. s. Anm. 894), und die Bemerkung
hinzugefügt, dass scheinbare andere Arten sich auf jene zurückführen
952) C. 27, ebend.: Capiendum es! con!ingens ad u!rumlibcl, u! illa 80lß pro
positio dicalur cou!ingens‚ quoe nen es! neoessun'o neu impossibih's . . ‚ . .. Toli: pro
poxi!io habe! duas couversiones. unom in terminis e! aliam per oppositas qualiloles;
idco prima videndum es! de prima.... Propositione: de conlingmli sumplae in sensu
compasiliom's e! eius uequivolentes couver!unlur sicu! suoe de innse‚ quando suae de
inuse couverlunlur simpliciler; e! hoc ext, quia . . . . ‚. Si unum conver!ibilc esl cou
liugcns, e! reliquum..... Si oulem illa de con!ingeuti sumatur in sensu divim, !uno‚
xi illa proposilio haben! pro subieclo lerminum communem ve! oliquid includens ler—
nu'num communem vcl elium parlicipium vel aequirolem ei ‚ illo proposilio es!
distinguenda, eo quod subieclum pole:! suppouere pro bis, quer sun!, v2! pro his,
quuc con!ingent esse.
953) C. 28, f. 34 r. B: De convcrsione proposüionum de conlinyeuti per oppoxilos
qualilule: es! nimdum, quod quaelibel proposi!io de conlingen!i ad ulrumlibet, si
suma!ur in sensu divisionis. couver!itur per opposi!as qualitates, i. e. ofi‘irmativu m
negativem e! c converw‚ sicu! sequitur‚„„. „Onmis homo cunlingeuler cum't. ergo
omnis homo cun!ingen!er nen currit“.
954) C. 29, f. 34 v. A: fiesla! dicerc de oonversione proposin'onum modalium,
quan nen ab onmibus cunccduulur esse modales. quue tarnen vere saut modales, sicu!
diclum es! prius (s. Anm. 894); e! quio sunt quasi innumorabiles, ideo nen in!endo
divers de omm'bus in speciuli‚ sed volo dore aliquas regu!aa generales .... .. Ouando
aliquod nennen modale mm polc:! oerifican' du uno comwr!ibili sie: hoc, quod veri
fice!ur de reliquo‚ !alis propositio modalis sumpla in sensu composi!o mm oonverlifw‘
simpliciter, quamvi: sua de Messe comwr!olur simpliciter; si aulem possi! verifinm'
de un!eccdcnle sine hoc, quod vori/icelur de consequente‚ Iolis propusitio sumplo in
sonsu compusilo mm couvcr!ilur. .. .. quia is!a r:gula nen es! generaliter vom „Si
unum couver!ibilium es! scilum, ergo reliqmuu es! scilum“..... Propou'lione: modales
in scnsu diviso e! eis oequivalenles conver!untur sicu! illae de i1tcssc‚ ubi oliqua
odverbialis delenninalio uddi!ur werbe.
396 XIX. Occam (Urtheil).
lassen, wie z. B. die Prohibitiv-Sätzc auf causale“"’). Indem sodann die
genauere Erörterung der propesitio conditionalz's auf die Lehre von
(‚'ensequentia verschoben wird 956), unterliegen die übrigen vier Arten
einer ziemlich ungleichmässigen Behandlung, da die Casuistik der Moda
litäten in willkürlicher Unvollständigkeit durchgeführt und dort oder da
ein beliebiges Bruchstück aus den Consequentiae eingestrcut wird; in
solcher Weise folgen unter Angabe der Regeln der Wahrheit zuerst
die prepesitie capulaliea"“)‚ dann disiunctiva"“), hierauf causalifl’“)
und zuletzt lemperalis““). Wenn aber sodann dennoch, d. h. trotz der
ausdrücklichen Angabe in Anm. 894 u. 955, als sechste Unterart die
lecalis besprechen wird 9‘“), welche allerdings von Anderen noch beige
zogen werden war (s. Abschn. XVll, Anm. 583 f.), so muss ich diess eben
darum entschieden als eine lntcrpolation des Herausgebers bezeichnen.
Und das Gleiche gilt mir von einigen am Schlusse angehängten Bemer
kungen über Adverbien und Conjunctionen”“).
955) C. 30, f. 34 v. B: Postquem Iranscarrendo de prepesitionibus eateg0n'n‘s
rt de proprietalibu: eurem est treutelum. mma de prepesilionibus hypothelicis et
preprielele'bus eurem ‚um! aliqua pauca addenda..... Prepesilienum hypelhelicamm
quinque assignaatur specics: cenditionalis. cepulativa, disiuncliva, causah's, temporah'e
(hier wie oben, Anm. 894, ist, — abgesehen von der gleichlautcnden Aufzählung
der fünf Arten --‚ das Wert „quinque“ nicht als Ziffer, sondern mit Buchstaben
gedruckt, und sonach ein Druckfehler nicht wahrscheinlich) . . . . ‚ .. Sun! mahnt
prepexila'enes hypelhelicae praeter praedivlas‚ quae temen..... ad pracdiclas reduci
debenl, ende isla „Senates philosophatur‚ ne sil ignerens“ aequivalet iste' „(Juda
Secrelcs neu vull esse ignorans, Sacratcs philosophalur“.
956) C. 31, f. 35 r. A: Ouia nendilienalis aequivalel um' cansequmtiae, ita quod
laue cendilienalis est vera ‚ quando antecedens in/erl censrqucns et nan aliter, ideo
diyferatur usque ad tractatum de censequenliis (s. Anm. 1016 ff.) Es! aliquande
cendüienala's necusen'a, et quaelibet pars eine est impessibilis, sith „Si Senates c:l'
‘ asinus‚ Secrates est rudibilis".
957) C. 32, ebend.: Ad vm'tatem coputalivae reqm'n‘lur, quod utraque pars sit
vera, et ad neoessitalem cepalatieae reqm'ritur, quod ulraque pure sit wem
seria u. s. w. Ebenso bei passiln'lilas und impessibililas A repulalive ad utram
qua partem est baue censrquentia Quandoque ab altere perle cepulelivae ad
totem polest esse (man censequenlia gralia materiae.
958) C. 33. f. 35 r. B: Ad ecritatem dixiunctiua_e requirilur, quod allem pars
.<il vom; et hoc ext intelligendum, quanda prepesitienes saut de prassenti et neu de
[umre nec aequivalentes prapesilienibus da feiere Ad pessibililalem disiuncti
mm su/fin'l, qued altere per: sit pessibilie; sed ad hoc quod disiunctiva sit impos
sibilt's, reqm'n'lur, qued utraque pars sit impasn'bilu Opposila centradicleria
disiuuch'uae es! mm cepulatiee aempesilu ex contradicloriis partium ipsius disiuncli
vae Ab aliqua perle disiunclivae ad totem est Immun argumenlum„ et e sen
verse est [allacia cansequcntis . . . . .. A disiunoliva cum negatione allerius partis ad
alteram partem est Immun argumenlum.
959) C. 34, ebend.: Ad aeriletem ceusalia requin'tur, quod quaeh‘bel pars s‘il
eera, et .n'mul cum hoc, qued entecedens sit cause censequenlis Ad nccessita
Iem causalis reqm'rüur neuessilas uln'usque partis; :ed ad impossibilitelem causalis
nan rcqm'n'tur impessibili'tas nec falsitas alirm'us parlis, sed su/ficit, quod anleeedens
nan possil esse causa censequcnlis.
960) C. 35, f. 35 v. A: Ad earitalem temperalis requirilur veritas utriusque par
tis er! pro zudem lempere eel pro diverse Ad necessilalem temporalis requiritur
nccesaitas um‘uaque parlis Ad imposst'hilitalem lemporalir nan requiritur im—
possibilüaa alicuius partis‚ scd sufficil, qued perle; eint inaompasn‘biles.
961) C. 36. ebend.
962) C. 37, f. 35 v. B.
XIX. Uccam (Argumentation). 397
Den dritten Hauptthcil des Compendinms bildet die Lehre von der
Argumen tation‚welche in vier Unterabtheilnngen zunächst die eigentliche
Syllogistik, dann die aristotelische Lehre vom definitorischen Wissen,
hierauf die 'l‘opik mit Einschluss der (Jensequentiae und zuletzt die So
phistik enthält. 0ccam bleibt dabei seiner ganzen grundsätzlichen Stel
lung, welche er für die Logik überhaupt eingenommen hatte, nur getreu,
wenn er in der ersten und dritten dieser Unterabtheilungen wieder in
möglichst reichem Maasse das Material der byzantinischen Logik mit der
aristotelischen Lehre durchgängig verllicht. Nur drängt sich uns auch
hier abermals die Bemerkung auf, dass Solches sicher nicht individuelle
Erfindung des Uccam allein sei, sondern schon gar Manche vor ihm,
welche sich unserer Forschung entziehen, Bausteine zu dieser Gestaltung
der Lehre von der Argumentation geliefert haben müssen.
Oceam unterscheidet vom Syllogismus im engeren Sinne, wornach
derselbe der edelste und grundlegende Theil der Argumentation ist““),
den Syllogismus im weiteren Sinne, welchen er somit in einen eigent
lichen demonstrativen, einen tnpischen wahrscheinlichen, und einen nach
Form oder Inhalt verfehlten eintheilen kann; dabei aber macht er gele
gentlich dem wissenschaftlichen Betriebe das unübertrell'liche Zugeständ
niss, dass Glaubens-Artikel für diejenigen Philosophen, welche Weltkinder
sind (sapientes mundi), nicht nur nicht als Beweisgründe gelten, sondern
nicht einmal Anspruch auf Wahrscheinlichkeit haben“"‘). Er wendet sich
nun sofort zu den Formen des kategorischen Schlusses, wobei er an der
Dreizahl der Figuren festhält und die Berechtigung einer vierten Figur
aus dem nemlichcn Grunde wie Seotus (ob. Anm. 207) abweist"“). Die
Ableitung der Modi der einzelnen Figuren stützt er, wie schon Albert
nach arabischem Vorbilde gethan hatte (Abschn. XVlI‚ Anm. 463), auf
die mathematisch möglichen Combinationen zweier Urtheile°““).
963) lll, 1, C. l, f. 36 r. A: Nunc ad !ertium !ractatam de argamcnlis es! ac—
cedendam, e! quia in!er mnnes species argumen!alionis ayllogismus oblinc! pn'au'pn
lum, ideo de syllogismo es! prima diccmlum.
964) Ebend.: Syllogismas ucripilar aliquanda pro ano eommani omni syllo
yisma, i!a quod syllogismorum quidam sun! demonstralx'vi, quidam lopici. qui
dam neu !0pici neu demons!ra!ivi Demonslralivus es! ille, in quo ex prupoxi
tiombas neussan'is evidenler no!is potes! accipi prima noti!ia conclusiam's . . . . ..
Topicus es! syllogisma: ex probaln'libm, quac v:dcnlur amm'bus vel plan'bas ve! ma—
xime sapiea!ibas; e! sie articali /idci non ran! prinzipia demonstrationis ner
coaclusionis, nec um! prohabiles‚ quia omnilms vel plun'bus er! sapicn!ibus apparea!
/alsi‚ e! hoc accipiendo sapieu!es pro sap:enlibus mundi e! praecipue inm'!en!ibur ra
tiom' na!arali‚ quia illo modo accipi!ar sapiens in desrrip!ioae sciealiae ve! philoso
phiae (vgl. ob. Anm. 733) Syllagismus‚ qui ner es! demonstrizlivus aec !opicus,
poles! dividi, quia quidam es! ca: imprababilibus, qm'dam mm ex improbabilibw, sive
quidam pecca! in materia, quidam noa peccat in maleria.
965) C. 2, f. 36 r. B: Tan!um saut Ins figurae, et nun es! upponemla
quar!a fiyara‚ quia, si medias !erminas praedicatnr in prima proposi!ione e! subiirilur
in secuada, nun an"! nisi transposih'a propositionwn posi!arum in prima fig-ura, e!
ideo mm seqaitar aliqua eonclusio, quam il!a‚ quae sequi!ur ez praemissis dispositis
in prima figura.
966) C. 3, f. 36 v. A: Braut sexdccim combinaliones, quamm duodecim pum
lnml con!ra praedicla principia (d. h. gegen die bekannten Grundgesetze der ersten
Figur) l’ale!‚ quod lan!am sun! qualaor madi utile: sive ulilium combina!io
‚
398 XIX. Occam (Argumentation).
Nachdem er betreffs der ersten Figur hervorgehoben, dass die
Schlussfähigkeit ihrer Modi immer zuletzt auf dem sog. Dictum de amm'
et de nullo beruhe und dabei nur eine Zweideutigkeit des Ausdruckes
ein Hinderniss bereite, wofür man sogar Regeln aufstellen könne, welche
im Ganzen auf die bekannte spätere Formulirung „Tum re tum sensu
triplea: modo terminus esto“ hinauslaufen W“), zählt er die indirecten
Schlussweisen dieser Figur auf, fügt aber hiebei zu den fünf theophrasti
scheu, welche er auf Umkehrung und Umstellung der Prämissen zurück
führt, noch vier neue hinzu, welche auf vollständiger Ausnützung des
Schluss-Satzes beruhen und nach der üblichen Gestaltung der Nomenclatur
die Namen Barbari, Barbaris, Cela‘ront‚ Celantos (-—- wenn ich um der
Kürze willen mich so ausdrücken darf —) tragen müssten““); auch
weist er nach der Besprechung einiger Sophismen, welche kaum Erwäh
nam. Ebenso bei der zweiten Figur, C. 10, f. 39 r. A, sowie bei der dritten,
C. 14, f. 39 v. B.
967) C. 4, f. 36 v. B: Onando praemissac disponunlur semper ext banus sg/lloglsmus, niet acquivocalt'o impediat ivnelmodamopheitbofilgougriaa,. Als
Beispiele folgen dann Sitze der Theologie. besonders betreffs der Trinitäl‚ und
hierauf (C‚5‚ f. 37 v. B) mehrere Regeln der Vorsicht: Ad videndum, quanda discur
sus nun regulatur per dici de amnt' vel de nullo, intelligendae sunt hae regulae:
Qtttlftd0t‘hnqttt‘ minor habet aliquam exponentem negativam‚ talis dlscurrus nen
polest regulari per dici de omni vel de nullo... .. Onandoeunqur in minare denotalur‚
praediralum diei de suln'eelo, cum aliquo modo determinunle compasitianem nun e:
presse m maiorc, qui madu: positus vel nun posilus variat prapasitiauem quantum
ad verilalem w! [alsitatem‚ talis discursus nun regulalur...... (f. 38 r. A) Quando
rnnquc per nmiorem non denotatur, praedicalum verc alfirnum‘ vel vere ncgari de
pronamine demonstraere quodcunque, quod est realiler idem cum signtficato per sub
1'eclum, Inne arcip1end0 subieelnm aliqut'd lale non erit syllogismns regulatu: . . . . ..
(Munde in nu'narr ponilur aliqm's modus‚ qui denotalnr rnmpelere toll propan‘tioni,
si in maiore hoc nun dcnate!ur, nun semper [alle dtscttrsus regulabilur‚„... Alt“
regeln esl, quod nullus lerminus in praemissis vel in conrlusione sumalur aequrrore.
(B) Alia regeln est‚ quod nullum syncategareuma, nisi {orte signum univer
rale vel partieulare additum suln'cclo, addatur vel anferatur in minore vel conclusione
praeter illa‚ quae saut in maiore.
968) C. 6, f. 38 r. B: lslae conclusivnes (d. b. die vier aristotelischen ersten
Modi) saut prima sequenlex ex praemissis; mediale tanzen et sccundario sequulllur
aliae conclueianes. Nam in prima modo practer universalen: a0nelusionem sequitur
conclusio partt'vulari: et conversa nonclusiam': universalix; et ila lres canclusionex
sequuntur in prima modo, et ultima eanclusia ponitur sequi in illo modo, qm' dicitur
Baralipton. Ex prucnu'ssis aalen: dispost'lis in seeundo modo seqaunlur quatuar can
clusionee: prima aniversalis negative, .....secunda conversa illius universalt's, et tunc
habelur alle medus, qui diaitur Gelanles; lerlt'a ext particularis subalterna primae uni—
versalis; quarta ext particulart's et negativa de terminis trunsposilis, qaac es! sub
altema eeeaudae eanclaxionis universalis. Ex praemlssis vero in Icrtia modo sequentur
duae canclasiones, so. parlieulan's direrta, et secundario eanucrsa illiux, et tunc
habelur ille motlus, qui dicitar DflbtliX. Ex pracrnissis in quarto modo non seqmtur
niet una convlasio, quia partiealaris negativa non canverlilur; serl illa eadcm non
clust'a partiealaris negative seqm'tar ex aniuersali aflirrnativa de terminis transpositis
ipsius minoris et universell negaliua conversa maiaris ipsius, propost'lionibus trans
pnxitis concludenlibus tonclasioncm indireelam; simililer e:r ronversa malaris et mi
nari: transpasitis praemissis et indireale concludenlibur; et (am: habentur illi dltt)
modi Fapesmo et Frisesomantm. 0mm‘a autem pracdicla probantar per istas regulas,
quae semper :ant wenn „Ouidquid seqaitur ad canseqaens‚ :eqaitnr ad anlecedcnr“
et „Olu'dqut'd seqm'lur ad coneequens cum addila proposilione, seqm'lnr ad anlecrdenx
cum eadem propositiane“. Vgl. Pseudo-Thomas, ab. Anm. 342.
l
-XIX. Occam (Argumentation). 399
nnng verdienen W“), mit Recht darauf hin, dass der Obersat.z in der
ersten Figur unter Umständen auch ein singuläres Urtheil sein kann97“).
Ferner aber veranlasst ihn seine Fürsorge für jene Urtheile, in welchen
ein Cesus obliquus vorkommt (vgl. Anm. 903, 913, 942), nun auch zu
untersuchen, ob und wann in der ersten Figur mittelst solcher Urtheile
geschlossen werden könne, und er findet, dass diess der Fall sei, wenn
der Casus ob!iquus im tibersatze steht und in der nemliehen Stelle, in
welcher er dort ist, im Schlusssatze wiederkehrt, sowie ausserdem noch
bei vier anderweitigen besonderen Constellationen der Begritt'e 971). Bei
der zweiten Figur denkt er gleichfalls an die möglichste Ausbeutung des
negativen Schlusssatzes und fügt somit noch mehr neue Modi, als Pseudo
Thomas (ob. Anm.342), zu den aristotelischen hinzu, nemlich vier Schluss
weisen, welche Cesares, Camestros‚ Cesero, Cesaros heissen müssten"“),
während er bezüglich der Reduction der üblichen Modi auf die erste
Figur bei Baroco dem traditionellen Standpunkte folgt"“). Die Cäsars
ob!iqui ' liegen ihm aber auch hier wieder so sehr am Herzen, dass er
969) C. 7, ebend.: Per preedic!e passen! so!vi mul!e argumcnle .... .. (z. B.)
'„Omne enima!‚ si es! sensihiie, es! eorpes anime!mn; lapis es! enimel, si es! sen
sibile,‘ ergo Iepis es! corpus animalum“..... (die Lösung) Meier es! distingeemh
secundum compositt'onem e! divisionem (s. Anm. 914 u. 949) es! semmdum empiri
belogiem.
970) C. 8, f. 38 v. A: E!iam seqei!ur eviden!er‚ si'meior si! singelaris efl'ir
rne!ive ve! negativa; bene emm seqei!ur..... (z. B. beim vierten Modu5) „Socralrs
non currit, Aliquid albern es! Soere!es‚ ergo e!iquid e!bum non vom!“ (die Beispiele
für die ersten drei Modi sind ganz einfältig, wie beim ersten: „Socrales es! e!bus‚
Omnis homo es! Socra!es‚ ergo omflis homo es! a!bus“)..... [den le!is sgl!ogismus
es! boltl!8 sicu! die, qui regu!ater per dici de umni ve! da nu!!o‚ quia eliern
subiee!um singulere suppeni! pro onmi wo signi/icelo.
971) C. 9, ebend.: Circa syl!ogisrnum de obliquis es! sciendum, quod‚ quemio
rnaior es! de ob!iqao e! minor de rede, semper sequi!ur cenclusio de obliquo e! re
gule!ur per diei de omm' vel de hallo, demrnodo oh!iquites cede! a perle eiusdem
e:tlremi in eonclusione‚ e per!e wie: redi! in meiore, .... .. e. g. „Omnem hominem
eide! esines, Secre!es es! heran, ergo Soeretem vide! asirms“ .... .. „Nettes homo
es! asini, Seeretes es! homo, ergo Socra!es non es! usini“ Preeter praedirlos
rundes regeie!os in qua!uor easibus es! (Jones dummes: (ich will an
Stelle der langathmigeu Formulirnng für jeden der vier Falle nur Eines der Bei
spiele Occam’s auswählen) „Nullius hommi: es! asinus‚ Omne rixibile es! homiru's,
ergo nellum risibiie es! minus“ ‚ ‚ . . .. „Nu! es asinus vide! hominem, Omne risiln'le
vide! esinus, ergo nellen! risibile es! homo“ „Onmis hnmo es! enime!‚ Surre—
!em vide! homo, ergo Socra!em ride! anime!“ „Urnm's homo cum'!, Secre!es ei
de! Iiominem, ergo Secre!es vide! currentem“_
972) C. 10, f. 39 r. B: Sicu! ex preemissis in prima figara eliqeendo sequen
!ur plures eonclusiones, i!e es! e!iem in secunda figure. linde ex preerm'ssis
syllogismerum universaliem sequun!ur qae!uor cone!usiones, so. duee direc!ae univer—
selrs nepalivee e! suee sobal!ernee (die Ausgaben haben „universelis nege!ira e! sae
subo!!erna“, es geht jedoch aus der Parallele mit der ersten Figur unzweifelhaft
hervor, was Uccam wolle), e! duae indirectue, so. couvrrse primee conolasionis uni—
verse!is e! sube!!errte eiusdem. E: preerm'ssis edlem syllogismorum perlirularium
sequilnr arm seia conr!usio, so. partieularis nega!iva‚ quie i!!e non es! courer!thtlis
(s. Anm. 941). Sed ex preernissis !ranspositis !erminis non seqaitur alique conrlu
sie in seeende figere, qaie !imc preerniune essen! in !er!ie figere disposi!ae.
973) C. 11, f. 39 v. A: Uuer!us Modus reduci!ur per impossibile ad pri—
mum modern primee figurae arguendo ex con!redwioria cenclusionis e! maiore, infe
rendo cen!redic!oriern minoris.
400 XIX. Occam (Argumentation).
die sie betretl'endßn fünf Schlussweisen noch früher zu erwähnen sich
beeilt “'“)‚ ehe er den jedenfalls wichtigeren Grundsatz nachweist, dass
auch in der zweiten Figur aus hejahenden Prämissen ein Schluss möglich
sei, wobei er jedoch die Sache etwas ungeschickt angreift "75). Bei der
dritten Figur weist er wie Pseudo-Thomas (a. a. O.) auf die Umkehr
barkeit des Sehlusssatzes in Dar-ap!i‚ Disamis und Da!isi hin“"‘), und
fügt gleichfalls die beim Vorkommen eines Casus obliquus statthaften
Sehlussweisex'l heiß“). Gleichsam als Anhang zu den drei Figuren he
spricht er den sy!!ogisnws ewpositorius, aber in ganz anderer Weise
als Scotus' (ob. Anm. 206); denn Occam beschränkt denselben ausschliess
[ich auf die dritte Figur und stimmt nur darin theilweise mit der früheren
Tradition überein, dass er zugleich Singularilät beider Prämissen fordert
und negative Untersätze ausschliesst““). Ausserdem noch widmet er,
974) C. 12, ebend.: Syllogismus ex obliquis va!e! in secundu [iguro Bei
spiele der fünf Fälle sind: „Nullen: equum vide! asirms, Omnem homincm vidr!
asinus, ergo nu!lus homo es! equus“...‚.. „Nullur asinus es! homim's, 0mm': bes
es! horm'm's, ergo 1m!!us [ms es! osinus“..... „Ornm's homo es! anima!‚ Nullu: asinus
es! animalis, ergo nul!us asinus es! hominis“..... „Omnir osinus es! animol, Nut/los
homim's esi animal, ergo nu!lius homim's es! asinns“..... Nul!us homo‘ eide! asinum,
Omne risilu'le es! asinus, ergo nullum risibile ride! homo“.
975) C. l3, f. 39 v. B: 0uumvis dic!um xi! superius, qnod ex afl'irmalieis non
con!ingil arguere in secunda fignra, lauten ab illu I'l'g]tlld generell squ duo enrux
ezcipiendi. ,Primur‚ s|' medius !e_rminus si! !erminus discre!us‚ ricu! „0mm‘s
homo es! Socra!er‚ Plato es! Sopra!es, ergo Plato es! homo“ (abgesehen von der un
übeisteiglichen Dnmmhrit digrsgasheispieles ist Oceams Meinung überhaupt nur bei
singulären Urtheilen, welche sich dmkehren lassen, haltbar; gesetzt z. B. man
liesse folgende zwei Urtheile trotz der in ihnen liegenden Uebertreibnng als wahr
gelten „Alle moderne Kritik beruht ursprünglich auf Lessing“ und „Der grösste
Genius des vorigen Jahrhunderts ist Lessing“, so könnte mittelst der n0thigen Vor—
kehrungen ganz normal geschlossen werden „Auf dem grössten Genius des vorigen
Jahrhunderts beruht alle moderne Kritik“)..... Secundus easus ext, quando htedius
terminns sumi!ur cum signo universuli, ....bcne em'm sequi!ur „Omnis homo es! omne
risilnle, Sucrßl2s es! 0mm: n'aihile, ergo Soerates es! homo“ (wesentlich ebenso)......
In duobus praedie!is eaailms nun, sofern con!ingi! arguere er universalibus all'irma
liefe, sed eliam ex omm‘hus aflirmalivis parlieularibns. Ein Verdienst 0ccam's ist
jedenfalls der Hinweis auf die singulären Urtheile (vgl.Anm. 970); nur müsste eine
Logik, welche hierauf näher einginge, auch die Umkehrharkeit dieser, sowie der
partienlaren, Urtheile präciser ins Auge fassen.
976) (1.14, l. 40 r. A: Sieu! in prima figura aliqui modi concludun! indirerte,
i!a e!iam in !er!ia fiynra; num quilibe! modus ofl'irma!ivus concludi! duas (‘01!Clü5i0flt‘s,
so. wurm direr!am e! man: eonversavia; modi ou!em negativi concludun! !an!um unom.
977) C. 15, f. 40 r. B, woselbst unter mehreren Beispielen folgende vor
kommen: „0mm'r armus es! homim's, omm's asinus es! animal, ergo aliquod animal
es! hominis“„„„ „Omnis asinus es! um'mn!‚ 0mm's asinus es! hominis, ergo hominis
es! animal“...... „Nullus-asinus es! Socrulis, Omm's asinus es! I’la!onis‚ ergo Plß!u
nen es! Socm!es“ u. s. w.
978) C. 16, f. 40 v‚A: Syllogisvnus erposi!orius es!, quando argui!ur e: dua
bus singu!aribus in !er!ia figurtr, quarum singularium subiec!um suppom'! pro uliquo
mm numero, quod nun es! plures rcs‚ hoc oddi!o‚ quer! minor xi! afl’irmolieo,
quio, si niinor si! nega!iva‚ non wie! syllogismus Unde omnes lales syllogismi
saut bom' „Soerales nen es! oggregalum per accidens, Socrates es! homo u!bus‚ ergo
homo a!bus non es! aggregatum per aceidens. (An einer anderen Stelle, II, 27, f. 34
r. A, polemisirt Oceam gegen jene Theologen, welche den sy!!ogismus exposilnrius
überhaupt als solchen verneinen, indem sie in ihm stets irgend ein Sophisma er—
blicken: Syllogismns expositorius es! es: .ve evidens nec indige! ulteriori probatione‚
XlX. 0ccam (Argumentation). 401
entsprechend seinem Verfahren bei der Lehre vom Urtheile (s. Anm. 912
u. 943), denjenigen kategorischen Syllogismen eine besondere Erörterung,
in welchen Urtheile vorkommen, deren Verbum im Prätcritum oder im
Futurum steht, und er zeigt durch die drei Figuren hindurch, in welcher
Weise und mit welcherlei Supposition derartige Schlüsse möglich seien““).
In peinlichster Ausführlichkeit aber bespricht er die modalen Syllo
gismen, indem er auch hier sich bei der schlichten und doch umfassenden
Auseinandersetzung des Aristoteles (Abschn. IV, Anm. 558—578) nicht
begnügen zu können glaubt, sondern diese ganze Lehre durch seine be
liebte Unterscheidung zwischen sensus compos‘t'tus und sensus divisus
(s. ob. Anm. 914 u. 949 ff.) umformen will. Wenn wir auch im Ver
gleiche mit den übrigen Autoren des Mittelalters, welche aus der ihnen
wohlbekannten Analytik des Aristoteles diese ganze schwierige Gruppe
hinwegliessen oder in oberflächlicher Kürze abmachten, bei Occam den
hingebenden Fleiss und die Verschwendung eines einseitigen Scharfsinnes
anerkennen müssen, so hat derselbe dennoch gerade durch jenen byzan
tinischen Formalismus das Ganze derartig ertüdtel, dass für eine be
sonnene Wissenschaftslehre oder Logik hieraus keinerlei Frucht erwachsen
kann, während die phil0sophische Basis, welche bei Aristoteles diesem
Formen-Getriebe im Begriffe der Möglichkeit einwehnt, vielleicht noch
heutzutage einer Wiedercrweckung und Ausbeutung wert.h wäre (und
zwar in anderer Weise, als die „inductive Logik“ thut, wenn sie diese
Fragen berührt oder streift). Occam verfährt bei seiner unfruchtbaren
Casuistik in Trennung des sensus compest'tus und des sensus divisus
und nöthigeufalls in Bciziehung der Suppositionsfähigkeif der ampliativen
Worte (vgl. Anm. 950 u. 952) derartig, dass er nicht die drei Schluss
fignren zum obersten Eiutheilungsgrnnd macht, sondern sich nach den
Arten und Unterarten der modalen Schlüsse richtet und jede einzelne
derselben nach der Reihe der drei Figuren erörtert. So behandelt er
(—— die Einzeln-Darstellung dieser ganzen Lehre darf ich wohl füglich in
den Baum der Anmerkungen verlegen, da ich ausserdem im Texte nur
das Nemlichc in deutscher Uebersetzung wiederholen müsste ——) zuerst
et ideo mattem errant, qui begabt talem syllegismum in quacunquc mate11'a, nisi
possent ibi ostcndere falleciam; et quia syllogismi expositen'i, qui sunl ex :e
evidentes‚ frequentcr neganlur a modernis theologis, ideo contre totes neu est dispa—
tandum, cum negant per se note.)
979) (1.17, f. 40 v. A: Videndum est, quemede syllegizandum est ex propesitie
nil»us de praeten'to et [etwa . . . . .. (In der ersten Figur) Ouando medius terminus
est ler1ninus commum's, si subiectum maioris suppenit pro bis, quae sunt‚ minor debet
esse de praesenti . . . . .. sie arguende „Omnc album feil Senates, Plato est atbus‚
ergo Pluto [in't Socralcs“ . . . . .. Circa preposilt'ones de [atme st' subtestum maiert's
occipitur pro bis, qttac erunt, reiner debet esse de futuro; si accz'pitur pro bis, quae
sind, minor dcbct esse de praescnti . . . . .. C. 18, f. 40 v. B: Es: amltabus praemissis
du praclcrile in secunda figura sequitur conclasio de praesenli, quamle utrt'usque
subt'actum suppom't pro bis, quae eunt, sicut „Nullum albern [m't bomo, Omne
nigrum [alt bomo, ergo nultum m'grum est albern“ . . . . .. C. 19., f. 41 r. A: In tertia
figura, si subiertum utriusque praect'se2 accipitur unifonm'ler, semper seqm'tur can
clusie de praelcrite, subt'ecte conclusionis arccpto pro eo, quod fuit . . . . .. Si entern
maior sit de praeten'te et miner de pracsenti, si subiectum 1naioris suppent‘t pro bis,
quae saut, sequitur cenclusie de preeten'te, subt'ccte cenclusionis sumptu pro bis,
quer snnl.
Pan-u, Gesch. lll. 26
402 XlX. (Argumentation).
jene Syllogismen, _w;lehe aus zwei gleichartigen modalen Urllieilen gebildet
werden, d. h. entweder aus zwei Nothwendigkeits-Urtbeilen°”°) oder aus zwei
Möglichkeits-Urtheilen 9’“) oder‚zwei 'I.ni'älligkeits-(coatingit) Urtheilen 985')
980) C. 20, f. 41 r. B: Uaendo die!um propositiom's poni!ar cum modo, illa
propositio es! distiagueada secuadum compositwacra ve! divisionem rcl secaadam am
philwlogimn . . . ‚ .. Circa primam figaram es! sciendam, quod, quando praenussae de
aeressario samt accrplae in sensu composiio‚ semper es! bonas syllogisnias ia/erras
noasimilem eonclasionem quantam ad xensum eompositam Seil quando omnes
propositiones samaatar in seasa dieiso, !anc semper seqailar sed illi qainqae modi primae figarae roncladeates indireete noa ceoonaerllaasidoun!diricnctuun;iform!
cuntiusione de aecessitate‚ praemissis saniplis in sensa diciso..... Si aalen: maior
sunia!ur in seaxa camposito e! niiaor in semu diviso, sequitar conclasio in seasa
diriso . . . . .. Si aalen: maior samatar in seasa diviso e! minor in sensa composilo,
seqaitar coaetusio in sensu diviso et in xensa eompasi!0...... C. 21, f. 41v. A:
Ouaado omm:s proposilion6s de aeressario in secaada figara suman!ar in sensa com—
posito, semper seqailar eonclasio de aeressario sump!a in sensa eompositn ..
Si unten: oniaßs praemissue samaalar in sensa diviso, nun seniper vale! syliogisnms.
St aatem maior saam!ar in sensa composilo et minor in sensu divisu, wie!
disrursus respectu eoaclasionis samplae in sensa diviso...... Si aalen: maiur samatar
in sensa diuiso et minor in sensu coraposito, non sequitur coaclusio in unsa rom
positfl..... C.22, f. 41 v. B: In terlia figara, quando onmes praemissae snmun!ar
in senst! compusilo‚ lene! syllogismas sicat in sais de iaex.sc...... Si entern nnmes
saraanlur in scasa diniso, oamis discarsm wie! e! sy;ilrrgisnms, qaia iila de ae
eessurio seniper eoaver!itar in illum de inesse .. Si aatem maior sanmlur in
seasa eonipnsito e! minor in xeasa diviso, nun sequilur eom‘iusio in sensu diriso ner
in seasa composi!o..... Si aa!cm maior sama!ar m seasu diuiso et miaor in sensu
rumposiio, semper seqaitur cone!usio in seasa diviso.
981) C. 23, f. 42 r. A: Dieendam es! de ani/‘onni generalione syliogismOrara de
passibili, e! aceipio hie possibile pro possibili, qaod es! commune 0mm" propositioni‚
qaae nun est impossibilis (vgl. Anm. 950) In omm' /igura, si aeeipiantur 0mnrs
propositioaes de possila'li in seasa eomposito, ‚...aon wie! sytiogismas, qaia....noa
seqai!ur „Omne coioratarn esse allmm , es! possibile. Omae nigrum esse eoloratum.
es! possibile, Ergo omae aigrnm esse album, es! possibiie“.. Sed si illa de possi
bili samatar in sensu diaisn, !unc es! il!a proposilin distin_qaenda penes modam
aequivotatioais (vgl. Abschn. XVII, Anm. 225 HI), quod, si sala'eclam maioris
aceipitur pro la's, qaae possan! esse, quaiiil‘rnmquc samatur sabiectam minon‘s,
semper es! syllogismas unif'ormis lmaus; si aatem sula'eotam maioris sapponil
pro la's, qaae saut, !aac !alis syllogismus ani/ormis noa vale!...‚.. Si antun maior
si! de possibili in seasu eomposi!o et minor de possila‘li in sensa diviso, nalla se—
quitar enoelasio Si aalen: maior ureipitar in seasa diviso et miaor in sensa
composito, non seqaitur eoaclasio C. 24, f. 42 r.B: In seeanda figura, si sab
iec!a u!riasque supponanl praeeisc pro bis, qaae saut, sylioyismas aon rate! Si
aalen! sabieetam a!riasque areipilar pro bis, qaae possan! esse, sie noa tene! syllo
gCi.s12a5u,s, f...4.2..vq.uiAa: nIengatteirvteia dfiegaproass,ibsiiliutnroaaqureonporearlcirtnairssianrunmegsaatmiovteumr dien psosesaisbailid.ivisn
e! wütectum u!riusque sappona! pro bis, qaae saut, seqailur eonelasio de possibili.
sunipto sabiec!o pro eo, qaod potes! esse .... .. Similt!er si sabieetam u!riasqae sup
poni! pro la's, qaae possun! esse, seqaitur coaelasio de possiln‘li, sabieclo samplo pro
eo, qaod potest esse...... Si aatem sabier!am in maiore samatar pro eo, quod ext,
e! in miiiare pro eo, quod potes! esse, e! siniiliter e converso, !eae! syliugismus.
Si aalen: maior suma!ar in seasu diviso e! subt'eclura sappoaa! pro eo, quod
potes! esse, e! minor sü de possibili in seasa composito‚ seqaitur conelusio in sensu
diviso.
982) C. 26, f. 42 v. B: Circa umformen! generalionem syllogismorum de contin
gea!i non neonxsa'rio (vgl. Anm. 952) es! prima scieadam, quod in nulia [igura esl
la!is ani/onnis yeaera!io roaaeaieax‚ si omnes proposiliones suman!ar in scasa com
pon'to, qaia ex contingeatibas polest seqai tam neeessarium qmm! impossibile.
. . . . .. Staat ilia de porsibili habe! daplicern areepliaaem, ila e! illa de coniiayenti.
u .\*_‚
XIX. Oceam'ü (Argumeritatio'n). 403
oder aus .1.Wei .Unmöglid1keits-Urtheilen 083) oder aus zwei Ur
theilen‚. in welchem anderweitige Ausdrücke der. Modalität (z. B. sai
!um, opinabile und dergl.‚ s. Anmerkung 895 und 954) vorkom
men 984). Dann aber folgt die lange Reihe der verschiedenen Combi
n:gtioneu‚ nemlich: ein „l_nhürenz- und. ein Nothvyen_digkeits-Urtheil98“),
Si subieolum muiaris sumatnr pro Iris, quac continynnt, uniformis es! honus respeclu
COI!CIMNÄOHÄ\' de coulinymli, subieclo rodeln modo‘sumpto..... St aalen: niaior xuma!ur
in sonst! composito et miuor in scnsu divisu‚ sylloyisnms nen oale! . . . . .. Sirrziltter
si maior acripilur in sensu_divi.So et minor in .<ensu compasito, nun valet . . . . ..
(1.27. 1.43 r. A: In sammle /i_qura uniformis generalip de ron!ingenti nun vulel. e!
hau quotiternunque romln'nmtur propasiliones. quia uniwrsatis negative de can
!inyenli r_mn es! _oonvertibilis in aliquam universalem..... C. 28, ebend.: _ln tertt'a
fignrn, si ambac pracnn‘ssoe suman!ur in sen.m dloiso e! Sültlßflllt'll utrlttsqlte sapponul
pro Iris, quae .<unt‚ sequitur conclusio de contingenti‚ snbierta sun_ip!o pro ca, quod
eontinyi! Sinu'lih-r xi subiec!uni ulriusque praemiuuu supponat pro Iris, quav
nonttngunt‚_ sequitar eonclusio de contingenlt; subt'ecto sumpto pro bis, quoe contin
yunl..... Simililer xi «_ubil‘ctum in una suppona! pro bis, qaae saut, e! in alta pro
Iris. quae contingunt‚ scquilur cansimilis conclusio . . . . .. St 1noior accipitur in .wnsu
dioisa e! mlnor in genau cumpostlo. sylloyismus nen ratet. Sinaililer s! subt'ectum
propasitionis aceeplae in sensu diolso suppono! pro bis, qaaa coulingunt, non ratet
syllogisnms.
983) C. 29, f. 43 v. A: De uniformibus propostlionibus da imposstbili es!
st‘iemlum, quod, si‚omnas propositiones sumnntur in sen.m eamposilo, talis discursu:
nen valet...... Simillter sl omnes propasitioncs de impossiln'li surnantur in sensu
divisa. nen unle! lalis discursus. Ä _
984) C. 30, ebend.: Bes!al oidere, quando ex a_l«iis qualtbus aontingil argu8re.
Pro scnstbus composilis talium propasitionum es! ista regula generalis, quad
quando altquad !ale nome‚n modulo potest p_ori/iearl de praemissis absque hoc‚ quod
uert/icetw de conclusianc, imn potes! vere rentaven‘ a conclusione‚ uniformis ex talt'bus
in sensu composilo nun valct; ....quando autem de praemissis nen potest verifiean'
tolle modus, nisi etiam oert/lcetur de cooclus_iun_e, uniform"; ez talt'lms sempcr tenel,
sind „Omnem hominrm esse animol, es! apinahlle‚ Socratem esse Iraminem; ext
opinaln'le, Ergo Socratem esse animal, es! apinabile“....„ ‘Si aalen tale.y prqemisme
sunmntur ambo in sensu tliuiso, in prima [igara st’ntper est syllogismus regulalus... ..
St entern nlaiar lalis nm'/ormis in prima [igura suntalur in seusu campasilo e! minor
in 5('ßSlt diviso cum aliquo modo, tenc! respcctu canelust'onis in sensu diviso . . . . ..
Sed in sccunda figura paart tales diseurxus vulen!‚ st omues praemlssae suman!ur in
sensu diviso.. In tertla figura, quando ambae praemiasac nununtur in sen.m diuiso
e! motlalz'< ln/er! man: de inesse, seniper sequitur rouclusia in sensu dluiso.
985) C. 3l‚ f. 44 r. A; Dicendutn ex! de syllogismo milon er propostlione de
inesse e! madali du noc_es.vario..... Ex ntaiori du necessaria sumptu in xcnsu diviso
a! minqre de inesse semper sequilur conolusio de neoe.sxurio in sensu diviso
Sud si conclusio suflmtur in sensu eomposito, diuursus nen valrt...... (B) Si au!ent
maior in. toll nii:tiane sumatur in sensu vomposito, uon temper valel talis mixtio,
sed oporlot‚ quod n|inor subsumpta s’il de inesse simpliciter. qiu‘a si minor es! de
inessc ut nune, nen oolc! 1ni:rtio (die Unterscheidung zwischen incssa sintpliu'ler
und esse u! nunc fliesst aus der Lehre von Uonsequentia. s. Abschn. XVll, Anm.
618 f.)...... Si autem maior sumalur de inesse et minor .de neuessario in sensu
diri.m vel aequivalenli ei‚ discursus nen volet..‚.‚ Si autcm minar sunxatur in sen.ru
composito‚ etium nen rate! dlscursus; notandam es! antun, quod si niaior sil
de messe simpllciter‚ talt's mixtia valol...‚.- Philosophus aliquando quuitur de tllis
de nenrssorio in sensu diviso c! aliquando in sensu eamposita (vgl. hingegen ob.
Anm. 949 und bei Scotus Anm. 201) Sciendum es! igitur, quod, ai maior sil
de incsxc ‚simplicitcr, mixtio tenot, sive minor‚ .rumolur in scn.m divisa eive in sensu
COYIIPORÜO C. 32, f. 44 r. A: In sevundu Ilyurn, si illa de ner‘essa1i0 sumalur
in sen.m compasito. ad hoc quod mix!io sit.bona, requiritnr‚ quod lila s1'! de inesse
aimpliuler; s: enint esse! de inesse u! nunc, qualiscunque fucri! de nacessario, nen
.a--‘u-
..
26'
404 XIX. Occam (Argumenlation).
ein lnhärenz- und ein MoglidlkeiLs-Urtheilgg“), ein luhärenz- und
ein ZufälligkeiLs-Urüleil"37), ein lnhàrenz- und ein Unmöglichkeits
sequitur conclusio de neccssario...... Quando negativa est de necessario et in affir
mativa accipitur sub media aliquid inferius ad medium, semper discursus est
bonus...... Sed si affirmatan sit de necessaria in sensu composita et universalis
negativa de inessel non sequitur conclusio de necessario... In quarto modo secundae
figurae, sive propositio affirmation sit de necessario sive negativa, non sequitur con
clusio de necessario..... C. 33, f. 45 r. A: Quando autem debet fieri mixtio in terna
figura, ....si illa de necessario sumatur in sensu composito, miztio non valet gene
raliter, sive maior fuerit de necessaria sive minor..... Turnen si minor sit de inesse
simpliciter, tenet miztio..... Scd si illa de necessario sumatur in sensu diviso,
quando maior est de necessario et universalisl semper sequitur conclusio in sensu
divisa Si autem maior sit particularis affirmativa, valet mis-tio Si autem
maior sit particularis negativa, discursus valet.
986) C. 34, f. 45 r. B: De mizetiane de inesse et de possibili . .. in prima figura
sciendum est, quod, si illa de possibili sumatur in sensu composito, sive maior
fuerit de possibili sive minor, non valet talis miztio universaliter..... Tamen si
minor sit de inesse simpliciter sive maior, valet miztio; similiter si in syttogisnw
negativa sumatur aliquid inferius ad medium; ....scd in syllogismo affirmative non
sufficit accipcre inferius..... Si autem illa de possibili sumatur in sensu diviso,
aut maior est de possibili aut minor, aut subiectum stat pro his, quae sunty vel pro
his, quae possunt esse,- si primo modo, semper est miztia bono; . . . . .. si autem
subiectum supponit pro his, quae possunt esse, adhuc mizlio valet...... Si autem
minor sit de possibili et maior de inessi', non valet miztio C. 35, ebend.z In
sensu composite, sive fuerit negativa sive affirmation de possibili, nulla sequitur con
elusio in secunda figura.... Si autem illa de possibili in sensu divisa sumatur, nun
valet talis miztio.... . c. 36. l. 45 v. A: Si autem in tertia figura illa ile possibili
sumatur in sensu composite, sive fuerit affirmative sive negativa, non sequitur uni
versaliter aliqua conclusio de possibili...... Quando tamen utraque est oflînnatioo,
sequitur conclusio de possibiti sumptu in sensu divisa Si autem maior sit de
inesse et minor de possibili, si subiectum sumatur pro his, quae sunt, tunc valet
miztie, si utroque fuerit universalis Si autem minor de possibiti fuerit particu
lan's' et subiectum sumatur pro his, quae possunt esse, mm valet mixtio.
987) c. 37, f. 45 v. A: videndum est, quomodo valet mixtio est de inesse et
contingenti non necessario, et primo in prima figura..... Si illa de contingenti
sumatur in sensu composito, sive fuerit maior sive minor, non sequitur conclusio de
contingenti, neo sequitur in sensu divisa . Ouamvis maiore existente nega
tiva de possibili et sumpto in minore aliquo inferiori sub medio termina, sequitur
conclusio de possibili, non tamen illa regula cst vera, si maior sit de contingenti.
. . . . .. Si autem illa de contingenti sumatur in sensu diviso, si sit maiar, aut sub
iectum acoipitur praecise pro his, quae sunt, aut pro eis, quae contingunt.‘ si primo
modo, est syllogismus regulatus; si autem subiectum maioris praecise suppanit
pro his, quae contingunt, non valet mixtio; si autem supponit tam pro his,
quae smut, quam pro la's, quae contingunt, sic est mixtio bona Si autem minor
sit de contingenti, non sequitur universaliter conclusio Turnen si maior sit de
inesse simpliciter, sequitur conclusio de contingenti, et hoc, si minor sit sumptu in
sensu composita vel diviso; hoc tamen intelligendum est: si maior sit affirmation,
sequitur conclusio de contingenti; si autem maior sit negativa, sequitur conclusio
de possibili c. 38, f. 45 v. B: Si itla de contingenti fuerit negativa in secunda
figura et sumatur in sensu composito, quamvis illa de inesse sit de inesse simplici
ter, non sequitur conclusio de contingenti Similiter si affirmatan fuerit de con
tingenti, non sequitur conclusio de contingenti in sensu composite; similiter etiam,
quamvis affirmatiaa sit de inesse simpliciter Si autem negativa fuerit de inesse
et a/firmativa de contingenti, non sequitur conclusio de contingenti . Si autem illa
de contingenti sumatur in sensu diviso, si negativa fuerit de contingenti, non sequi
tur canclusio de contingenti; si autem affirmation fuerit de contingenti, sequi
tur conclusio de passibili c. 39, f. 46 r. A: Quando illa de contingenti in tertia
figura sumitur in sensu composito, non sequitur generaliter conclusio nec de contin
XIX. Oceam (Argumentation). 405
Urthei1989)‚ ein lnhärenz-Urlheil um] ein Urlheil anderweitiger Moda
lität 989), ein Nolhwemligkeits- und ein Möglichkeils-Urtheil“90), ein
genti nec de possibili in sensu composita Tamen si utraque sit universali: affir
motivo et subiectum illius de contingenti suppouit pro his, quae sunt in actul et ac
cipitur in sensu dioiso, sequitur conclusio de possibili in sensu diviso, si autem
subiectum illius de contingenti sumatur pro his, quae contingunt, non sequitur con
clusio.
988) C. 40, ebend.: videndum estl an ea: illa de inesse et de impossibili possit
fieri syllogismus mitius Semper illa de impossibili oequiealet alicui proposi
tiani de necessario, et ideo er praedictis circa miztionem necessarii et de inesse
potest paterr, quomodo potest argui ez propasitiane de inesse et de impossibili. Vgl.
Anm. 983.
989) C. 41, f. 46 r. B: Diccndum est de miztione propositianum de inesse et
de aliis propositionihus modalibus, et primo in prima figura Ouando ali
quis modus pasitieus occipitur, cuiusmadi sunt ,,scitum, notum, demonstraliile, per se
notum, oerum“, raro vel nunquain, si maior sumatur in sensu composita et minor
de inessel sequitur conclusio de tali modo in sensu composito, sive minor sit de in
esse simpliciter sive ut nunc Videndum est, an talis modus possit competere
propositioni universali, et si competat, an cuilibet conseguenti ad illam universaleml
vel non. Si non, nunquam talis discursus valet; huiusmodi autem sunt ,,scitum,
dubitatum, per se notum, creditum, opinatum, concessumu . . . . .. Si autem talis mo
dus non possit competere uni propositiani universali, nisi competat cuilibet conse
guenti, tunc tenet syllogismus; talis autem modus est littera „verum“ Si autem
talis modus sit negatieusl ut littera ,,falxum“, tunc non valet talis mixtio. Sed si
illa de modo sumatur in sensu diviso, semper talis mis-tio valet respectu propositio
nis de consimili modo in sensu diviso C. 42, I. 46 v, A: In secunda figura, si
talis de modo acoipitur in sensu composito, raro vel nunquam valet 'syllogiamus,
quando modus aliquid addit ultra istum modum noerum“, cuiusmodi sunt tales modi
,,scitum, demonslralum, per se nolum“ Si autem illa de modo accipitur in sensu
diviso, raro vel nunquam valet mirtio, sive affirrnativa sive negativa fuerit de modo.
Ouamvi: ez talibus propositionibus de modo sumptis in sensu divisa vel eis
aequivalentibus sit omnino idem modus arguendi in prima figura, sicut si omnes pra
pnsitiones essent de inesse, non tamen sic arguendum est ex eis in secunda figura,
et ratio est, quia tales propositiones non convertuntur isicut illae de inesse . . . ‚ ..
C. 43‚ I. 47 I. A: In tertia figura, si illa de modo sum/itur in sensu composito, non
valet millio respectu conclusioni: de modo consimili, addendo aliquid super hunc
modum „verum“ sumpturn in sensu composita Si autem illa de modo sumalur
in sensu diviso, si maior sit de inesse et minor de modo, non valet mizlio; si
autem maior fuerit de modo et minor de inesse, si maior fuerit universalisl est mi:
lio bono; similiter si maior fuerit articularis, valet miztio ldeo scien
dum est, quod in syllagismo ezpositoiio s. Anm. 978) semper, si maior sit de modo
et minor de incssc, valet inixlio; sed si maior fuerit de inesse et minor de modo,
non i'alet. -
990) C.44, f. 47 r.B: De nu'zfione necessarii et passibilis in prima figura, quando
utraque sumitur in sensu composito, . . . . .. si maior fuerit de necessario et minor de
possibili, sequitur conclusio de possibili in eodem sensu; et eodem modo, si
maior fuerit de passibili Quando illa de necessaria sumitur in sensu composita
et illa de possibili in sensu dioiso. si maior sit de necessario, sequitur con
clusio de passibiti sumptu in sensu diviso, similiter si illa de necessario sit
minor,- .....sed si subiectum maioris accipitur pro his, quoe sunt, praecise, et sub
iectum conclusioni: pro his, quae possunt esse, non valet talis mixtio Quando
illa de necessario sumitur in sensu divisa et illa de possibili si maior sit de posxiliili, non sequitur conclusio de necessario innecsendseu icnocmspsoes,itos,ed de
possibili sumpta in sensu composito; sed si maior sit de necessario. non valet
mixtio utraque praemissa sumptu in sensu diviso, si maior fuerit de ne
cCe.ss4a5r,io1,24n7onv.vaAl:et Inmixsteicou;nd.a..fi.g.usread, ssii mialilaordefuenreictesdsearipoosssiubimlait,urvailnetsemniszulicoampa
sito, si negativa fuerit de necessario, sequitur conclusio de possibili Similiter
406 XIX. Occam (Argumentation).
NothWendigkeiis- und I ein Zul'älligkvits-Urtl|cil9°‘)‘, rta-in Mnthwondiigkcilsi
und ein ITnmöglichkeils-Urlheil“92). ein Ptothwendigkeits- undrein Unheil
si utraque sumatur in sensu composilo Similiter si oflirnmtioo fnerit' de neces
sario Similiter si illa de passi/J" sumotnr in sensu composita Ouondo
illo de necessario sumitur in sensu diviso et illa de possibili in sensu rompoaito, et
tunc sequitur conclusio dc possibili Similitcr si utraque sumatur in sensu rom
posito . . . . .. C. 46, ebemLz ln tertia figura, si illa de necessario sumatur in sensu
composita et illa de possit/iii similitcr, sequitur conclusio de posxlbiti Si
autem utraque sumatur in sensu diris-ox si maior fuerit de nor-ossario, non sequitur
conclusio de possibili, nisi subiectum conclusionis sumatnr pro eo, quod potest esse;
si autem maior fuerit de possibilt‘, semper sequitur ‘conctu‘sio‘ de possibili,
sumptu subiecto conclusionis pro eo, quod est ..‚.. Si illa de necessario sumitur-in
sensu composita et sit minor, sequitur conclusio dè possibtli;‘..'._. si autem illa de
necessario iit maior, sequitur conclusio dc possibiti in sensu diviso,‘ subiecto sumptu
pro eo, quod potest esse.v Si autem illa de possibili sumotur in sensu diviso et illa
dc neceSsario in sensu composito, si illa de necessario fuerit moior, sequitur conclu
sio de ‘f/osxibili, subiecto sumpto pro eo, quati potest esso,- si autem illa de necessa
rio fuerit minor, sequitur conclusio de possibili. i
991) C. 47, ‘f: 47 v. A: De mia-tione necessarii el contingentis in prima
figura, si utroque sumatur in sensu compoxito, si maior fuerit de neces
sario a/firmotiva et minor de contingenti, non sequitur conclusio similiter si maior fuerit negativa de necessario; sed si in mdienocroentsiunmgeanttuir; sub
iectum inferius ad subiectum maioris, semper sequitur conclusio .. Si autem maior
fuerit de Contingenti, non sequitur Quando illa de necessario sumitur in sensu
composita et illa de contingenti in sensu diviso, si illa de. necessario sit maior,
in syllogismo affirmatioo non sequitur conclusio dc contingenti; si maior fuerit
de contingenti, si subiectum maioris sumatur praecise pro Iiis, quoc sunt, .....uolet
iniittio; si sumatur praerise pro his, quae contingunt, non valet..... Quando
illa de contingenti sumitur in sensu composito et illa de necessaria in sensu diviso,
si illa de necessario fuerit maior, non sequitur; si maior fuerit de ron
tingenti. non valet mia-tio Quando utraque sumitur in sensu diviso, st
maior fuerit de neuessan‘u, non oolet; si maior fuerit de contingenti, semper
sequitur conclusio de contingenti .. c. 48, f. ca r. A: In secunda figura, si utra
que sumutur in sensu composito, non valet mixtio . . . . ‚. Quando illa de necessitate
sumitur in sensu composita et illa du contingenti in sean diviso, semper talis mia-tio
non valet Quando illa dc i-ontinnenti sumitur in sensu composito et illa de nr
cessario in sensu diviso. talis mizlio non valet Quando utraque sumitur
siin osfefinmsiuotdiivvaisof.uerit desinenceegsastiavraiæfuesreiqtuitduer nceocnecslsuasriioo,denoinnessseequeittudre cpoonscsliubsiiloig, non
autem de contingenti C. 49, ebend.z ln tertia figura, quando utraque sumitur
in sensu compoxito, semper sequitur conclusio de possibili, sed non de con
tingenti Ounndo illo de necessario sumitur in sensu compositth illa de con
tingenti in sensu diviso, .. si illa de necessario fuerit mnior, si subiectum mino
ris supponat pro eo, quod est, non sequitur conclusio de contingenti, sedde possibili,
.. .. si sumalur pro co, quod colitingil, non sequitur; ..o.‘ si autem maior fuerit
de contingenti, si subiectum maioris supponat pro eo, quod est, sequitur conclusio
de. contingenti; si pro eo. quod contingit „mm sequitur Quando illa de
vcaolnettingreenstpiecstuumictounrcluisniosnein:su decompopsossiibtilai e.t..i.l.la Qdueanndecoesustarraiqoueinsumsietnusru diinvissoe,nsu di
viso, si maior fuerit de necessariæ non sequitur conclusio rie contingenti; _
si maior fuerit de contingenti et subiectum umioris sumatur pro ca, quodwst. se
qm'lm'; si. autem pro Iris, quae contingunt, non sequitur conclusio de con
tingenti. ‚
992) C. 50, f. 48 r. A: Ouod, sicut dictum est prius (vgl. Anm\ 983 u. 988),
quaelibet propositio de impossibili oequivalet alicui propositioni de necessario; ideo
ad sciendnm, quando mirtio neccssarii et impossibilis valeat et quando magnp-duet
scire aequivalenliam propositionis de impossibiliet propositioniszde necessario.
‚4——
xm oceam (Argumentation). 407
anderweitiger Modalität 993), ein Möglichkeits- und ei'u Zu'fàfligkeits
llrlheillmjl ein Möglicltkeiß- und ein Umnügliclikeits-Urtheil995), ein
Möglichkeit» und ein L'rthcil anderweitiger Modalitàt’mfi), ein Zul‘àlligkeiîs
993) C. 51, f. 48 1'. B: De miaztianc propositionum de necessario et de aliis
modis ab istis quatuor .. in prima figura, quando ambae praemissae sumuntur in
sensu divisa (zu lesen composita), raro vel nunquam valet miztio respeetu conclusio
nis de alio modoj quam de necessario Turnen, quando unus modus est inferior
ad necessariuml tunc semper sequitur conclusio de necessario .. .. Quando aliquis
modus non potest competere antecedenti, nisi competat consequentip tunc in tali mix
tiane sequitur conclusio de tali modo; huiusmodi autem sunt „cognoscibile, credibile,
apprehensibilc“ Si autem utraque sumatur in sensu diviso, semper valet syllo
yismus, quando illa de modo infert suam de inessel sicut in illis de inesse. respectu
eonclusionis eiusdem modi, de qua est maiori si autem illa de modo non in
ferat suam de inesse-1 tunc non valet niiztio c. 52, ebeud.: In secunda figura,
quando utraque propositio sumitur in sensu composito, raro nel nunquam valet misc
Iio, nisi modus sit inferior ad necessarium Similiter si illa de necessario suma
tur in sensu diviso, non valet miztia . Similtter utraque sumatur in sensu
divisa c. 53, ebend.: ln tertia figura, si utraque sumatur in sensu composito.
raro vel nunquam valet talis mixtio Si autem illa de necessario sumatur in
sensu diviso, non valet Si autem utraque sumatur in sensu diviso, si maior
sit de necessario et minor de alio, semper sequitur conclusio de necessario; si
autem maior fuerit de alio e! minor de necessario, sequitur conclusio de eodem modo,
de quo est maior.
994) C. 54, l. 48 v. A: De mia-tione de possibili et contingenti in prima
figura, si utraque sumatur in sensu composito. nulla nec etiam mzlet, si altera sumatur in sensu composita et altseerqauitinur secnosnculudsiiooilso.....
Quando utraque sumitur in sensu divzso, . si maior sit de possibili et minor de
contingenti, si subiectum maioris supponit pro bis, quae possunt essel et subiectum
minoris supponit tam pro bis, quae ‚mm, quam pro In}, quae eontingunt‚ sequitur
conclusio de possibili; si autem subiectum maioris supponat pro hisy quae
sunt, prueeise, non valet mixtia .. Si maior sit de contingenti et minor de possi
bili, si subiectum maioris suppanat tam pro bis, quae sunty quam pro bis, quae
eontingunty valet syllogismus respr-ctu conclusionis de contingenti; si autem supponat
pro bis, quae sunt. non valet C. 55, ebend.: ln secunda figura, si utraque
sumatur in sensu composito, non valet mirlio, . . . . .. nec valet, si altera praemissa
rum vel utraque sumatur in sensu divisa . c. 56, ebend.: In tertia figura, si
utraque propositianum sumatur in sensu composito, non valet mixlio, . nec oa
let ‚ si altera sumatur in sensu composita et altera in sensu divisa Si autem
utraque sumatur in sensu diviso, si subiectum illius de passibili supponat pro er,
quae possunt esse, e! sit maior, sequitur conclusio de possibili.
995) C. 57, f. 48 v. B: De mixtione passibilis et impossibilis potest pa
tere ea: illis, quae dieta sunt circa mixtionem necessarii et possibilis. Vgl. Anm.
988 u. 992.
996) C. 58, ebend.: De mitctiane propositionis de possibili et aliorum modo
rum . in prima figura . talis miztio non valet, si ambae praemissae suman
tur in sensu composita Tamen quandocunque aliquis modus sumptus est inferior
ad necessarium, cuiusvnodi sunt „demonstrubile, per se nolum“, semper ez tali maiore
de modo et minore de possibili sequitur conclusio de possibili, et si maior fuerit de
possibili .. Proportionabiliter dicendum est de illa mizliono, quando altera sumi
tur in sensu divisa et altera in sensu composito. Si autem utraque sumatur in sensu
composita (zu lesen diviso) et maior fuerit de possibili e! minor de alio modo ‚ qui
infert unum de incsse, sequitur conclusio de possibili; si autem illa de
possibili fuerit minor, raro oet nunquam valet mixtio . . . . .. C. 59, ebend.: Si utra
que illarum propositianum sumatur in sensu composito, non valet mixtim si ille
modus non sit inferior ad necessarium in secunda figura .. Similiter si altera
sumatur in sensu composita et altera in sensu diviso, si illa de modo non inferat
illam de necessario, non valet miztiog si inferat vom, valet respeetu conclusioni; de
possibili. Si autem utraque sumatur in sensu divisa et illa de modo non inferat
sos x1x. occam (Argumentation).
und ein Urtheil ‚anderweitiger Modalität997). Obwohl aber Occam mit
diesem letzteren die modalen Syllogismen ausdrücklich abschliessl9”),
fand der Herausgeber noch eine Bemerkung über die Combinationen
der anderweitigen Modalitäten für nöthig 999).
Sodann aber fügt Oecam noch die exponiblen Schlüsse hinzu, und
er ist in der Geschichte der Logik, soweit uns bis jetzt die Quellen zu
gänglich sind, der Erste, welcher die Exponibilia in solcher Weise mit
dem calegorischen Syllogismus verbindet. Nach einer allgemeinen maass
gebenden Bemerkungwm‘) führt er zuerst das Reduplicativ-Urtbeil durch
die drei Figuren bezüglich der Schlussfähigkeit hindurch und zeigt, dass
in der ersten ‘Figur bei reduplicativem Übersetze, dessen lleduplicativ
illam dc necessario. non valet...... C. 60, ebend.: In tertia figura ‚ si utroque
sumatur in sensu composite, si illa de modo non inferat illam de necessariov non
valet miztio; . . . . .. sed si inferat, miztio est bono Si autem illa de possibiti
sumatur in sensu composita et altera in sensu divisa, si illa de passibili fuerit maior,
non sequitur conclusio de passibilil si illa de modo non similiter non valet, si minor fuerit de possibili .. .. . Si aiuntfeermatillnaecdeespsaasrsiiobmigli suma
tur in sensu divisa et illa de alio modo in sensu composito, si illa de possibili fue
rSiit amuatieomr, utnroanqueseqsuuitmuartucroncilnussieonysu divisead. svialiel!la mdieztpioassirbeislpiecftuuerictancmliunsoironis de
passibili.
997) c. 61, f. 49 r. A: De mizttanc contingentis et aliarum modatium in
prima figura, si utroque sumatar in sensu compositoq si illa de modo non in
ferot illam de necessarioy miztio non vatet; .. si autem inferatl mixtio est bona.
Si autem illa de contingenti sumatur in sensu composita et alia in sensu di
visa, si illa de contingenti fuerit maior, non oalct miztio; si autem illa de
modo inferat illum de necessaria. mictio est bona,- similiter dicendum est, si. iila de
contingenti sit minor. Si autem illa de contingenti sumatur in sensu divisa, si sit
maior, semper sequitur conclusio de passibiti, quando minor infert suam de incsse.
Si autem utraque sumatur in sensu divisa, si maior fuerit de contingentiv se
quitur conclusio de possibili, quando minor infert suum de inesseg si autem
illa de contingenti fuerit minar, non volet c. 62. chend.: ln secunda figura,
si utraque sumatur in sensu compositas non valet minia, .. nisi illa de alio modo
inferat illam de nccessariog si autem infcrat, min-tia est bona Si autem
illa de contingenti sumotur in sensu composita et illa de alio modo in sensu divisa,
si illa de contingenti fuerit nr'aativa, non valet mixlio; similiter si affirmatiua
fuerit de contingenti . Si autem illa de contingenti sumatur in sensu divisa et alia
in sensu composite, non nolet miztio, et si utraque sumotnr in sensu divisa,
etiam mia-tio non nolet c. 63, ebend.: In tertia figuraqlsi utraque sumatur in
sensu compasita, non valet mixtio, nisi illa de alio modo inferot illam de nc
cessario Cansimilitcr est dicmdum, quando illa de contingenti sumitur in sensu
composita et alia in sensu divixo. Si autem illo de contingenti sumatur in sensu
divisa et subiectum suppanot pro his, quae sunt, et fuerit universdlis, et alia de
modo infcrat suam de inesse, sequitur conclusio de contingenti
998) C. 63, ehend_: EI ista de misctianibus ad praesens sufficiunty quamvis
multa causa brevitatis sunt amissa (jedenfalls seit Anm. 980 eine hübsche brcvitas).
999) C. 64, l'. 49 r. B: Si autem miztia fiat ez propositionibus modalibus alio
rum madarum, aut utroque propositio sumitur in sensu composita aut sub alia
et alia sensiL Si primo modoy rara vel nunquam valet mixtiog si autem prae
missae sumuntur in alio sensu, tunc, si minor inferat suam de inessel semper con
clusio sequitur de eodem modn, dc qua est maior.
1000) ’C. 65, ebend.: videndum est, quomodo syllogismus fit ez propositionibus
plures exponentes habentibus . . . . .. l/tendum est ista regula generalitert Ouandarun
que quaelibet exponen: conclusionis vel ipsa conclusio sequitur ut aliquibus expa—
m-nlíbus praemissarum vel ex una exponente unius praemissae et alia praemissay
semper est bonus syllogismus et aliter non.
XIX. 0ccam (Argumentation). 409
Partikel nicht mit einer Negation verbunden ist, stets ein reduplieativer
Schlusssatz erreicht wird, mag der Untersatz reduplicativ sein oder nicht;
dass hingegen in der zweiten Figur beide Prämissen Reduplicativ-Stttze
sein müssen, um einen reduplicativen Schlusssatz zu gewinnen, und dass
in der dritten Figur nur der Obersatz reduplicativ sein darf100 l). Dann
folgen die Exclusiv-Urtheile, welche nur in der ersten Figur bei paar
weiser Combination einen exclusiven Schlusssatz geben, hingegen weder
in der zweiten noch in der dritten 1002/. Was endlich die Exceptiv
Urtheile betritl‘l, so gilt ein exceptiver Schlusssatz nur dann als zulässig,
wenn in der ersten Figur der Untersatz allein exceptiv ist, während in
den beiden anderen Figuren überhaupt ein Exceptiv-Schluss nicht möglich
ist‘°°“). — Wenn aber dann trotz einer deutlichen Bezeichnung des
Abschlusses der Syllogistik‘“°‘) doch noch ein paar nichtssagende Zeilen
über die hypothetischen Schlüsse folgen 1005), so fällt diess natürlich
gleichfalls auf Rechnung des Herausgebers.
Ueber die zweite Unterabtheilung des dritten Hauyttheiles darf ich
mich sehr kurz fassen, denn Occam entwickelt dort100 ) nur den inhalt
der zweiten Analytik des Aristoteles in getreuer und verständiger Para
phrase, so dass auch die seit den Arabern und Albertus Magnus beson
ders hervortretenden Fragen über per se'°‘")‚ über causa‘°“), über
passiones und dignitates 1009), über demonstratz‘o quia und demon
1001) Ebend.: Ex isto pntet, quod sempcr in prima figura ex maiore rednpli
native et minore redupticativa vel nun redupticativa sequilar conclusio redupliaativa,
sicul sequitur „Omnis homo, inquantum rationalis, es! snxccplit‘us‘ disciplinne; Animal
ext harrte, inquantum rationale; Ergo unimal, inquanlum rationale, ext susceptivurn
disciplinae“..„. Onae entern dt'ota sunt, intelligenda samt, quando reduplicutio su
mitur proprie et man! non negata; si enim rednplicutio fuerit nageln in muiore et
a/Tirmata in conrtusionc, non ratet discursus..... In secnnda figura, quaecunque
praemissa :umatur cum redupticatiune et alia sinc, non :equitur convlusio redupti
vativu; aequitur tarnen conrtusio, in qua negatur reduplicatio; si entern
nmnes praemtsme sint redupticativae, ita quod in utraque reduplicatio enden: super
idem sit afl'irmativa, seqnitur conclusio reduplicaliva. In trrtia aulcm figm'a, si maior
universalis /uerit reduplicativa et elin nun, sequitur _conclusio reduplicatiua; scd
si minor /uerit rednpticativn, nun sequitur.
1002) C. 66, l. 49 v. A: Circa exclust'uas sciendurn est, quod in prima figura
ex omnibu: exclusivis contingit in/'erre exclusivam; aed ex maiore universati et
mznore exotasiva seqm'tur conclusio partieutaris, sed nun exrlust'va. In secunda figura
ex nmnibus exctusivis nun :'equitur exclust'va In tertia figura ex omnt'bus ex
clusims non sequitur exclusiva.
1003) C. 67, ebend.: Circa exceptivas ext sciendum, quod ex umnilms exccplivis
in prima figura man sequilur conclusio exceptiva . . . . .. Similiter ex maiore excepliva
et minore nun exceptiva eine de ine:se non sequitnr generalx'ter conctusio..... Sirni
Iiter in secunda figura et tertia non ratet.
1004) Ebend.: Et ista de sylloyismt's ad pracsens stifliciant.
1005) C. 68, ebend.: I)ictu de syllogismis catcgoricis diccndum es! de syllo
gisrm's hypothetivis n. s. f. (es folgt aber nur die Angabe des sog. modus ponens
und rundes tollrns beim conditionalen Urtheile). Dass die hypothetischen Syllo
gismen ihre Erledigung erst bei der Lehre von Consequentt'a finden sollen, sahen
wir schon oben Anm. 956.
1006) III, 2, C. 1—41, f. 49 v. B —— 56 v. B.
1007) C. 7, I. 50 v. A; vgl. Absdm. XVll, Anm. 473.
1008) C. 15, l'. 51 v. B.
1009) C. 12, f. 51 r. B, u. C. 35 lT„ i. 55 f.; vgl. ebend. Anm. 475.
‘4‘I 0 XIX. Oceam (Argumerftatibh).
slrutio propler quid mm), sowie über die Demonstrirbarkeit der Defini
tionen 1°“) hier nichts Demerkenswerlhes darbieten. Nur ist hervor
zuheben, dass 0mm bezüglich der Definition selbst, welche er schon
oben bei derLehre vom Begriffe erörtert hatte (s. Anm. 842111), nun
das dort Gesagte theils modificirt theils erweitert. Nemlieh hier unter
scheidet ernicht bloss die sachliche Definition (quid rei), welche für
Wort-Disputationen gleichgültig s‘ei, von der sprachlichen (quitt nominis),
welche heificonnotatiwn Begriffen (s. Anm. 917 ff.) ihre passende Ver
wendung finde, sondern er zerlegt auch die erstere in diejenige, welche
ausser dem innersten Wesen ihres Gegenstandes keinen weiteren Zusatz
enthält, und in jene, welche mittelst eines äusserlichcn Zusatzes (per
udditamentum) ausgesprochen wird“”); bei ersterer gibt er die be
kahnt'e Regel, dass Gattungslmgriff und nrtnmchender Unterschied die
wesentlichen Bestandtheile hilden’“‘“), bei letzterer weist er auf die
Verschiedenheit der Denkauffassung des ursprünglichen Begriffes und
jenes Zusalz‘es hin w“). Die Definition aber der eonnotativen Begriffe
daterscheidet er abermals, je nachdem derselben wirkliche Dinge ent
sprechen oder nicht, und, im ersteren Falle sei streng genommen über
haupt nur eine sprachliche Definition möglich, welche zuweilen von
Einigen als formalis bezeichnet werde, während eine sachliche Definition
derselben,::welche man dann materialis nenne, nur als eine uneigentliche
1010) C. 191., f. 52 r. B; vgl. ebend. Anm. 477.
1011) C. 30 f.‚ I'. 54 v. A u. B. '\ '
1012) (1.28. f'. 54 r. A: Di/Iim'lionum quacdam ext di/fim'lio erprimens quid
numim's, cf quurdum cst difliniliu quid rci. Di/finilio e.rprimeus quid rei nun
cal nrcessaria dispulanli sricnli significalum vocabuli, quia Ialis di/finilio mm
lautem exprimil, quid nomen xigni/ical, scd exprimil cliam, quid rcs esl. Talk
aulem di/finilio duplex esl; quaedam em'm Ialis ext, quer: m'hil impurlut exlrinsvrum
rei alio modo‚ quum imperial rem; c! talis di/finilio vomlur di/finilio propriissima
dicht, quue nun pnlest esse nixi subslanliarum..„. Alia es! di/finilio importuns quid
rei, quae simul mm hoc, quod importat rem, imperial vcl cxpn'mil aliquid aliud.
quod uon es! de essenlia ru', sicul es! diffihüi0 animae, quae es! isla „Anima esl
aclus corpon's physiei organici“ (Arisl. de an. II, 1. p. 4_12 a 27), quae imperial
animam et corpus, quad norr e‚.sl pur: um'mae; . . . . .. el isla vocalur difl‘milio per
addilameutum, cl lalcs difl'inilioncs imporlanles quid rei convrrlunfur cum nomim'bus
m2re absolulis uffirmutivis. Alias s1ml di/[inilioncs imporlunles' quid nominis, qime
nun tun! nisi uralione: exprimenles, quid naminu significunl; cl lulrs difl'inilionrs
propriissime sind nominum ncgulinorum cf vonnolalivorum et retpectivorum.
1013) C. 29, f. 54 r. B: Di/finilio exprimcns quid rri‚ mm dala per addita
mentum, scmpcr cnnlinel pro prima perle uliquod yenus difl'i-niti I’I pro ulia perle vel
uliis purlibus conlinel difl‘erenlium vnl diflerenlias essenliales vel afiquos obfiquos
significunles per se et prima parlcs rei.
1014) C. 32, f. 55 r‚ A: Dif/im'lio dalu per uddilamrnlum nun solum ezpfieul
essenliam rei, sed eliam simul cum. lmn erplical aliquid aliud a re, et hoc vcl ne—
yalive vef u/firmulive; vl ideo lalis dif/inilio mm solum componilur e:v d!iquo prae
dirabili per st', . . . . .‚ sed ntiam cmnpmn‘tur e:r afiquibus praedicabilibus‚ quer:
sunf pam'ones di/finili. EI hier) ad scizmdum, quomodo di/finilio lalis seilur de dif
fiuilo, videndmn esl‚ quomodo dirersue pm'fes diversimode sciunlur de codem . . . . ..
V. gr. .)'i Inne sil di/linifio nibe:fim's „colcr disgrcgalirus visus“ (Arisl. Top. III, ö,
p. 119 2129). prima parliculu, quae es! genus ulbrriinis, nuflo modo phlcsl dumm
sfrari de ulbcdinr, serl lanlum polc.tl fien‘ evidenler hole per notiliam intuitivem el
nun per syllogismum (s. ab. Anm. 748 1.), scrundu unter» parlicula polest flen' nolu
pur expvrienliam‚ si' cm‘m nullus experialur, ulfmdinern disgrcgare visum, Milqu sei
rel, an albedo'lesset'disgreyaliua vixusu ‘
XlX. Uccam (A’rgumentation7. 411
betrachtet werden dürfe; im letzterem Falle, d. h'. bei erdiehteten Be
griffen, könne natürlich ohnediess von einer sachlichen Definition keine
Rede sein‘““). . ‘ ‘ i ‚‘ ‘
Die dritte Unterabtheilung, in welcher jene Argumentation besprochen
werden soll, deren Form nicht eine streng syllogistische ist, beginnt so
fort mit der Lehre von Consequentide‚ Welche Uetiam, wie' wirsahen,
auch schon in dem Bisheri‘gen zuweilen berücksichtigt'hatte Qs:Anm»924‚
933, 936). Zweifellos aber ist' es, dass er auch diese Gmp;ae mn‘ Grund
la‘ge einer reicheren Lilteraturdarstellte, welche his- zu seiner Zeit aus
früheren Anfängen erwachsen war; denn Wenn schon dasjenige, was wir
oben (Absehn. XVll, Anm. 6t0—624) sahen, eine gewisse schuhnässige
Durchbildnng dickes Smll‘es verräth', »so zeigen sieh‘ hier Modifieatiouen
und Erweiterungen jener Lehre, welche von Occam offenbar als allgemein
bekannte benützt und verarbeitet werden. So befindet sich t)ccam schon
bezüglich der Eintheilung der conaequentia aufeiner vergleichsweise
nenenbasis; er stellt nemlicb die Unterscheidung der comequentiu sim
plew und omequenti'a 'ul nume- an die Spitze und 'lü5st hicdureh alle
übrigen Eintheilungen gekreuzt werden; diese letzteren beruhen zunächst
darauf, dass die co'mequentla entweder bereits durch das logische Verhält-‘
niss der in einem Urtheile enthaltenen Begrill'e gegeben ist, — co‘nsta‘quen
n'a per mpdium intrinsecum ——, oder dass",sie,sieh erst auf anderweitige
allgemein geltende Gesetze der Logik berufen muss, .—-consequentia per
medium eatlrz'nsecqm———; ferner wird \hieinit‘wieder die Eintheilung in cou
aqquenlü formalis und c_01isequ‘ehtizt materialis‘ derartig in Verbindung
gebracht, dass die erstere entweder nur ‘auf in'rdiüm ertrinsecum oder
auf einer Verflechtung der beiden -media beruhen} soll„_während letztere
gar keines Mediums, sondern nur der im Urtheile vorkommenden Begrifl'e
selbst bedürfe; ausserdem ‘n0ch seien die Unterschiede der' -Supposition
der ‘Begrill'e und der Quantität, Qualität u'nd Modalität ‚der Urth_eile, als
Eintheilungsmptive der Consequenzen, zu betrhphtenii“i"). Doch dass gerade
\ 7 <v—— > .4 (' -
1015) C. 33, f. 55 t‘. B: Nun solum nettem di/fim'lu absolute dif/ininnlur, xccl
eliam diffinita connotativa; et illu sunl in duplici- dlfi‘erentia;. quaedam em'm sunl
tulia, de quilms aignificalive sump'h's imposaibiliter praediealur esse, cuiusmodi samt
.‚ehiminra, hircocervux, vaeuum“ et luu'usmodi; alle Müll, ‚de quibus mm impossibi
liler pruodicalur esse, sind „allmm, nigrum, risiln'le, oalefanlivunz“..;„ Prima flü
lmnl praecise diflim'tinnes exprimtnlcs qnid nominis am aulc1n‚ (olmatoließ....
pnssufll haben duplicem di/finilianemnuflam, qnac equ1'mit quitt nominis lannän, e!
allem. quue ezpn'mit qnid rei; illa aalen», quac erpn'mit qm'd nominis lnnlum, esl
proyriisrimß difl'inilio talis difl'im‘li, propler quod vucalur a normullis di/finitio forma—
lis et di/finilio secundum spcciem; alia ezpn'mens quid m' nun es! propriirsimu‚..-.»
quia lule connolulivum non habe! nisi difflnilionem e:qnimenlem quid nominis lan
Lum, . . . . . . et propler hoc talis di/finilio vocalnr di/fim'lio materiah'a ab aliquibus.
1016) lll, 3, l, f. 57 r. A: Habilo de syllogismo drmonslmliuo agrndum
ext man: de aryumenli: et conquuenliis, qmm mm haben! [uman sgllngislicam . . . . ..
Et prima pmemiltmdae sunl quuedam distinclz'oncs de consequenliis Cunavquen
Mumm qaaedam est ul mmc et quardam es! simples: .... .. Aliquando consequenlia
tenel per medium inlrinseoum, ..... . quandelenet virlutc alicuius propositionis for
m-atae ex eisdcm lerminis, siqu isla comrquenlie „Senates r,urril‚ ergo homu curril“
lcrwl virtele islius mediae „Socrales esl- lwmo“;..... 8811 (um: tcnel vonsaquentiu per
medium extrinsecum, quando laue! per aliqulun regulam generalem,‘ quae mm plus
respz'cil illos Icrminos, quam alias Consequflnliamm quaedam estmateriulieel
quucdum formalls: vonsequrnlia fonnalis es! duplex, quitt quaedamtech per mcdium
41 2 XIX. Occam (Argumentation).
über diese Eintheilung eine bunte Manigfaltigkcit der Theorie in den
Schulen nmlaul'en mochte, bezeugt uns Occam selbst, indem er anderswo
eine ganz abweichende Unterscheidung der conseque-ntia formalis an
führt‘°"). Die zahlreichen Regeln aber, welche sodann Occam über die
verschiedenen consequenliae verführt, zeigen uns ebenso wie die ältere
Formation dieser Lehre (Abschn. XVll, Anm. 623) einen grundsätzlichen
Hinblick auf den Umkreis der Topik in Benützung der Begriffe der De
finition, Beschreibung, Interpretation u. dgl., sind aber zugleich für Jeden,
der die gewöhnliche Lehre vom Urtheile inne hat, so selbstverständlich,
dass man es als ein überflüssiges Unternehmen bezeichnen möchte, die
selben in solcher Ausführlichkeit zu registriren (ich verzichte daher auch
hier darauf, den Inhalt der Anmerkungen im Haupt-Texte zu wieder
holen).
Diese Regeln beziehen sich zuerst auf die eo‘nsequentiae per medium
intrinsecwm; diese aber können entweder aus einem allgemein hejahenden
auf ein allgemein bejahendes Urtheil schliessen, sei es dass sie von den
Prädicaten jeder Art gelten““)‚ oder dass sie nur bei gewissen relativen
ez!rinseaum, quae respiei! forma»: propositionum, c! quaedam tene! per medium
in!rinsecum immrdialc e! mediale per medium ex!rinsecum respiciens coudi!iones ge
aerales praposi!ionum Cansequenlia maleria!is dicitur‚ quando laue! praecise m
!ione terminarum e! nun ra!ione alicuius medii Aliquanda conoluditur' praecise
praedicalam de subica!o mm determinala, an praedicalum si! genus vc! specn'es eo!
difl'erenlia; aliquando roncludi!ur cum lalz' de!ermina!ione Aliqaando in
fer!ur cansequens, in qua sabieclum supponi! personalilcr e! significalive, e! aliquando
infer!ur conscquens‚ in qua subiec!um supponi! simpliciler vel malerialiter Ali
quando in/ertur consequens, quae es! proposi!ia universalis‚ e! aliquando propasitio
par!icularis Aliqaanda inferlur praposilio afl‘irmaliva e! aliquanda negative.....
Consequenliarum quaedam es! e.v aa!eeeden!e aflirmaliva e! cansaquen!e a/firmatira‚
quacdam es: u!raque negative, quaedam ex anlecedcn!e affirmalira e! umsequcn!e ne
gative, quaedam e corwersa Aliquando wascquens es! propositio de inesse, ali
quando es! propasi!io de necessario e! sie de aliis.
1017) Sen!. l, Dis!. 4, qu. 1 K: Cansequenlia formalis es! duplex: aliquando
Icne! ra!i0ne comple.tarum‚ e! Lalis consequenlia es! syllagismus‚ quia ubicunque n!
ez quibuseanque terminis fia! sylloyismus habens !alos praemissas sie disposi!as‚ ibi
er! bonussyllagismus. Simi!i!er ab ezclusiva ad universalen: de !erminis !ransposi—
!is es! bona conscqucnlia‚ simv‘liter a aopala!iva ad alteram par!em A!iquanda
canscqumls'a es! formalis praecise 'raliane !er_minorum‚ quia scilire! lenm'ni ipsi se
haben! ad invicem sie ae! sie, e! islo modo ab universah' ad singularem es! kann
cansequeu!ia quia !emu'nus anas ean!ine!ur ab alia.
1018) Summa t. l. a. a. O. c. 2, f. 57 r. B: l)icendum es!..... prima de re
gulis, per quas Ionen! consequentiae‚ quae !enrn! per medium in!riuseaum‚ e! circa
hoc prima .. de regulis, per quas !enen! cansaquentiae cancluden!es canclasionem
universalen: alfirma!ivam ex aflirma!iva‚ in qua lermim' suppomm! significa!iae e! per
sonaliter A superiari dis!rilmlo ad inferius dis!ributum es! baue consequenlia;
quando praedica!ia superioris de inferiori es! necessaria, !unc es! canseqa-cnlm
simples; quando aalen: praedicalio es! can!in_qcm‚ (um: es! cansequen!ia n! mmc;
verum!amen quando (am anlecedens quam cumsequens sanl de possibili ve!
con!ingenli‚ accepla subiecla u!riasque pro eo, quad es!‚ vcl pro eo, quod canlingi!‚
. . .. . es! genera!iter ransequenlia simplez ‚ . . .. A diflim'!o dis!rilmlo ad diffini!ianem
dislributam es! kann consequen!ia e! e canvcrso A desm'plione dis!ribula ad
descriplum disln'bulum es! bona cansequentia e! e canverso . 4 . . .. A namim's inter
prela!ione distribn!a ad nomen interprelalum disln'bulum es! baue colsequenlia e! e
aanaerso Ab um: couverlibilium dislribulo ad reliquum disln'bulum es! baue
consequentia et e conaersa.‚.... Prucdirlae regulae in!elligrndar saut in proposilio
m'bus de iness‘ e! de mada in sensu diaiso‚ mm in illix de modo sump!is
xlxy Occam (Argumentation). 413
Prädicalen statlfindenmm), oder sie enthalten einen Schluss aus einem
allgemein verneincnden [’rtheile auf ein allgemein verneinendes, und zwar
abermals entweder bei jedwedem Prädicatem'w) oder nur bei relativen
negationme oder endlich sie schliessen aus Bejahendem auf Ver
neinendes oder umgekehrt, welch beides einer näheren Aufzählung der
Regeln nicht bedürfe; hingegen ist noch die Abfolge parlicularer und
unbestimmter Urlheile durch besondere llegeln zu normiren‘o'n). Hierauf
in sensu compositug in talibus enim ..videndum eat, an modus possit competere
onteeedenti, nisi compelat consequenti; et tunc est bona conSequentia et cum modo
veritatis mm, non autem cum modo neccssitatis vel possibilitatis, quia in conse
quentia ut nunc m necessario potest sequi contingenti et ex possibiti impossibile
A differentia superiori distributa ad inferius distributum est bona conse
quentia . A convertibili cum superiori distributo ad A diffinitione super-iuris et descriptione et nominis interpretiantfieornieus ddiissttrriibbuutotnmad in
ferius distributum . Onando contingit inferre dif/initum vel descriptum vel in
teiprelatum cum distributione, contingit inferre diffinitionem et descriptionem et nominis
interpretationem cum distnbutione, .
1019) c. 3, f. 57 v. B: llicendum est de regulis, per quas infertur universalis
affirmatioa non respectu omnium praedicatorum sed respectu aliquorum . Ab uno
relativorumy quae sunt simul natura, distributo ad reliquum distributum respectu huius
verbi „es!“ est bona ‘onsequentia et non rcspeetu aliorum praedieatorum, unde bene
sequitur „Omnis pater est, ergo omnis fitius es!“ .. A toto distributo ad parti-m
distributam respectu huius verbi „es!“ es! bona consequential sicut sequitur „Omnis
domus est, ergo omnis paries es!“ Si" concretum praedicatur de concreta distri
buto, et abstractum praedicabitur de abstracto distributo, sicut „Omne iustum est bo
num, ergo omnis iustitia est bona (zu lesen bonitas)“.
1020) C. 4, ehend.z Regulae, per quas tenent consequentiae inferentos universa
lcm negativam ex negativa .. respeetu quorumth praedicatorum .. A mpe
riori distributo ad inferius distributum negative est consequentia simpler, .. „Nul
lus homo eurrit, ergo nullus homo albus currit“..... A diffinitione ad dif/initum
cAumdifd/iesrternitbiuatisounpsereitoiraism anedgaitnifveerieuts aet deascrdiipftfieorne:ntaida dseuspeerriioprtiusm, aedt ienfceornivuesrsneeg.ative
cum distributione tenet consequentia.
1021) C. 5, l'. 58 r. A: Nun respectu quorumcunque praedicatorum deserviunt
regulae tales: Ab uno relativorunn quae sunt simul natura, ad reliquum negative cum
distributione est bona consequentia A nomine partis distributo ad nomen totius
distributum..... Si concretum negatur universaliter de eonereto, el abstractum de
ubstracto..... A negatione prioris distributi ad negationem posteriaris, sicut „Nulla
substantia est, ergo nullum accidens es!“ .... .. A negatione subiecti seu denominati
ad negationem denominantisl sicut „Nullum corpus est, ergo nullum album est“.
1022) C. 6, ebend.: Hestat dicerev quomodo universalis a/firmativa inferlur ex
negativa et e conuerso; sed quia ista possunt patere ex praediclisl ideo dicendum
esl de consequentiis inter particulares ot indefinitas, quia particularis et inde
finita convertantur semper, quando termini supponunt personaliter et siyni/icative (vgl.
Anm. 901)...... A diffinitione ad di/finitum est bona consequentia a parte subiecti et
etiam a parte praedicati affirmativie et e convcrso A descriptione ad descriptum
et e converse A nominis interpretatione ad nomine interpretatum. Ab inferiore
ad superius est bona consequentia sine distributions et affirmative, et talis est sim
pleæ..... Ab inferioii ad superius postposila negatione est bona consequentia, sed non
simpler, nisi quando praedicatio superioris de inferiuri est necessaria..... Ab uno
converlibilium ad reliquum...... Ab aliquo sumpto cum determinatione ad ipsum
sumptam sine determinatione; tamen aliquando de toto aggregate ez determi
natione et determinabili praedicatur altero pars, aliquando utraque pars, aliquando
neutra, v. gr. de illa toto "homo olbus“ praedicatur utraque pars A proposi
tione sumptu cum udverbio determinante operationem ad ipsum sine determinatione
sumptam valet consequentia affirmative, sicut „SocraIes velociter curlit, ergo Socrates
cum/uuum A propositione universali a/finnativa ad quamlibet indefinitam, particu
414 XIX. Uccam (Argumentation);
folgen die aonaequentiae per medium extn'nsecum, und zwar sowohl
wenn Bejahendes aus Bejahendem‘°fl), als. auch wenn Verneinendes aus
Verneinendem‘=“”), als auch wenn Bejahendcs aus Verneinudom oder
nmgckßhrt geschlossen wird‘°“).. Sodann werden specielle Regeln der
oe-Mequenlia betrell's der modalen Urtheile formulirt, wobei natürlich
wieder, Wie. schon früher (s. Anm- 950 11'. 'u‚ 980 111), in der Unterschei
dung des sensus composttur und, des sensus divisus das hauptsächliche
Motiv liegt; zuerst wird der Fall ins Auge gefasst, dass die Modalität
des Urtbeiles‚im‚Sebliessen unverändert bleibt, d. h. dass z. B. von einem
Nothwendigkeits-Urtheilc nur wieder auf ein Nothwendigkeits-Urtheil ge
schlossen wird-‘"“); sodann folgen‘di‘e Schlüsse, welche von einem ino
tarcm aal stngularem afl'trntativam, de autus sitbicctu vcrc praedieatur sabtrctum unt
rcrsatis, cst bona conseqaentta respeetu eiusdem praedicati, nulla aan'atione existente
a parte determinaltonis A nomtne numeratt resperta huius.vcrbt „est“ ad nomen
partis, ....sicut „0aatnm saut, ergo dtm sant“..... . A nomine cotlecttvo ad nomea
partts..... (Munde saut duae contrartctatrs, st antun extremum untus contrarictata's
praedicatur de um; extreme ulterins eontrartetatts, rcltquum extremem praedieatn'tnr
du rettquu, staut „Ittstitia ext virtus, ergo tniustitta ext uttium“...„. St generetio
atirutux bona ext. tp.<nm qnoqae bunnm ext; ferner ebenso beim Pradiaam „malas“
und heim Subjectta „corruptta“. ‚
1023) C. 7, f. 59 r. A: Utecudum est mute drregulis tn/‘erentthur a/firmattuam
ex afltrmattva.per medtum extrinsccum...„ St prtnotpate de principati, et eantuyatum
du cuniugatu et casas de rasa et e eontiersa;. et vocutur roningatum concretum et
prtnrt'pale abstracturn, si eoncretam et abstractum styntficunt tdrm (s. Anm.
826111, 885, 918) . . . . . . St attqua consrqncntta stt buna, rudern addtta utrubique
adtme ertt bona...... (Matt dtcit saptcns, es! ueram; sed tsta‚regnla no'n ext
generell: trist de anlore, qui.errare nun putest St.stmpticttcr ad stmpticiler‚ et
ma_qt: admayis et maxime ‚ad maxime-..... St singutarc de singulart, et plante de
plurati..... St pturate de pluratt‚ et stngutare de singulari.
- 1024)‘C. S. t'. 59 v. B: De regults, per qaas tcntmt consequenttae in/erenter
negativem ex negatira, Et 081 una reyulu compleetens mutlos, quae est talts: A dif
fim'tione ad difi'tnitum, a dcsaripttone ad drsrriptum, a nomim's tnterprctata'onc ad in
terprclatnm, ab unu oanverttbttt ad rettquum, et a convcrsa tenet.ransaqucntia, sire
pracpunatur sive pustponatur negatto....... Ab in/en'ori ad saperius pnstporita ur
_qattune es! kann cunsequentia A negatiane tnfen'oris ad negattonem superiort:
sumptt cum styno universati a/firma'tivo aal. stanta tmntobtttter cst bona consequentiu.
staut „Sucrates nun est ist: homu‚ ergo Senates nun est omnts Iwntu“..... St „dif—
frrrr, esse attud‚ disttngut“ stgntficentidcm 'quud „nun esse tdcm“, tates canxeguen
ttae sunt bunae,‘ verumtamen putest distingut de _„esse nun tdem“, quta uno
modo potest esse termtnns relativus, alte modu terminus man: tnfinttus ....‚ A nega
tione altnuius ad negationem etusdem cum atiqua determtnattunc est bana vonsequen
tta, staut „Sucrates nun est Itomo, ergo Sacratrs nun est homuatbds“.
‘ 1025) C. 9, f. 60 r.B: De regutts descmtentibus cunsequcnttts tnferentilms m2
(‚0tiuatit ex aflirmativa et c conuerso Ex a/ftrmatione contrartt scqnitur negatio
attrrtns eonlrartt.... A negaliuac eantrarii ad posittunem allertus ext buna consequen—
tia A pustltune halntus scquttur negatia privattom's et e conrcrso (dann folgt
die schon oben, Anm. 900, angeführte Stelle) . ‚Ab aflirmativa de praediratu
infinita ad negativem de praedieatu fintto . . . . .. Ad u/firmatieam de pracdtrato [initu
sequitur negattva de praedtcatu infiutto..... Ad negattvam de praedtaatu finito seqnt
ttn' a/Yirmativa de praedtcato tn/intto Ad negattram de praedicalu infintto seqni
Inr u/finnattra de pracdteatu finito .... .. Ab affir1natiaa da specte speriattsstnta ad
negativem de atta spcaie speetaltsstma condtvtdente est bona zunsequcntta AI!
a/‘finnattva de mm generc ad negatiuam de alte genere nun subalterno est bona nun
sequentta.
1026) C. 10, f. 61 r. A: Nun: dicendtun est de qutbusdam reyntts deserrien—
litms aunsequentits ex prapnsittunttms de madu I)r aumeqaentits ex propositia—
XIX. 0ccam (Argumentation). 415
dalen Urthoile auf ein Inbärenz-Uriheil übergehen'°”)‚ und zuletzt die
jenigen, welche von Einer Modalith auf eine andere Modalth hinüber
schliessen‘°“).
.. Sowie aber ersichtlich ist, dass die bisher angeführten Regeln der
umsequentia nichts Anderes enthalten, als was die aristotelische Tra
dition in Bezug auf Umkehrung, Entgegenselzung und Aequipollenl der
Urtheile dargeboten. hutte‘°”)‚ so reiht nun auch Orcam betrell‘s der
modalen Unheile wirklich sofort die Aequipollenz und Entgegensetzung
derselben an, wie wenn Solches unbedingt nur zur Lehre von umse
quenlia gehören könnte. Nachdem er zu diesem llehul‘e eine Eintheilung
nibas de necessario esi una regula iaiis: _Ab in/eriori ad supen'ux sine di:iri
buiionlz‚ iam a perle subieeii quum a perle pracdicaii, a/firmaiiue es! band umw
qunnlia‚ sind ‚‘‚Socraies de ncccssiiaie esi haute, ergo Socraic.v de nut‘rssiiaie es! ani
mal“‚ quando aecessarium sumilar in sensu diviso .... .‚ Scmprr ab illa de
„Nessario in sensu I:omposiio vel ci uequivqlenli ad aliam de necessart'o in sensa di
viso nel ei aequivaleaiem es! haue comequcniia et e convcrso‚ . . . _ „ sind „Senates
de ncccssilaie esiltomo‚ cryoi/mcr esi neeessaria „„Socruirs es! lwmrr““ et c cunverso“.
Circa coosequcniias, qdoe final ex proposiiionilm; dq possiln'l: esi sciendum, quud
singltlare de subiecio, quod es! nomen proprium vel proecise pruuomen demonstrativmn,
smnpium in sensu diviso inferi illam de possibili sumpiam in sensu eomposiiu et c
eonvcrso;..... si subieclum..... [ucrii lenninus oommunis, si slai pro eo, quod
csl‚ consequenlia noa'valet, sicui nun sequiiur „Hoc album poiesi esse niyrum,
ergo lmcc esi poxstbilis „Hoc album es! nigrum“; .xi aulem siei pro eo, quod
poiesl esse, ab illa in sensu diviso ad aliam in ‚rennt composiio neu valei vonse—
quenlia Circa proposiiiunes de coniingenii sciendum esi‚ quod illa de annim—
ycnii .unnpia imsensu composiio ci secunda in sensu diviso converiuniur, si sabiccium
sii pronomen demonstrativum vei nomcn_proprium; si auiem suhienium mit ter—
minm communis, .. non oporicl Circa illam de impossibiii sciendum esl‚
quod, quando subiectum csi pronomeu demonstrait'vunt, illa in sensu ‘oomposiio e! lila
in sensu diviso convcrianiur; .‚ sed si sabiecium sii mm oequivaleni Circa alias modales n. s. l’., nemliicerh'mgineunsaucodmamssueml'bse, wie bei
malingens und impossibile. l
1027) C. 11, l'. 61 v. B: Circa couseqneniins ex und de inesse et alia de mod„.
lila de necessario‚ sitze sumiiur in sensu dioiso sive in sonst; composilo‚ sem
pcr in/cri illam de incsse, scd mm e conrerso .Q lila da possibüi‚ sive sunmiur
in svnsu diviso sitze in sensu composilo‚ noa in/eri suam de inessv .. lllu da
rsoinmiiilnigieernlis‚i ssiumsauimuariuirn isnenssuensduivicsoomposilo‚llla de mimmpossiinlfne'rlii siunasmendsuu cionmrpsosscii;o neu
in/‘eri suam de inesse, sed srmper coniradicioriam suae de invssa; similitcr si
sumainr in sensu diviso . Circa alias nwdales sciendum csi, qaod raro er! nun
quam illae de incsxe in/eruni illas de modo‚ . [amen ['requenier illac de modo
in/‘cruni ilias de inesse; .. si sii ich's modas, qui nun polesi compeicre nisi pro—
posiii0ni verac, ronsequcniia cxi bona ab illa de modo ad man: de inesse.
1028) C. 12, l. 62 r. A: Videndum es! de sonsequentiis ex proposilionib‘us di
versorum modorum . . lila de neecssario samper inferi i'llom de possihili lila
de nvccssario non in/‘eri ("am de coniingcnii‚ modo nonlingeniiae manenic a/firma
lll‘0, nec c converso.‚.. . lila de necessario in/cri conlmdiciorinm iliius de i77tpussi
liili. . . .. Muliae proposiiione: de aliis modis inferunl illas de ne?essario, sed non e
converso, sicui sequilur „Omnem Icondaem esst risiln'le, esi demonslrabile; ergo
onmrm homi'nem esse ri'sibik, es! neeessarium" lila de possibili non infvri
illum de eoaiingenii, scd e coaverso Omnis proposiiio, in qua pom'iur alias
modas, qui von poißsi rompcicrc nisi propou'iiani verae‚ in/cri iiiam de possib:li‚
Regula generaiis esi.‘ A proposilione de uno modn ad proposiiionem de alio
ßsi srmpcr beim cansequenlia, quando modus oonsrqucniis praedicalnr du mado anle—
cedeniis universaliicr sumpio.
1029) S. oben bei Anm. 892.
416 XIX. Occam (Argumentation).
der Modalitäten in widersprechende (repugnantes), subalternirende (se
cund-um superius et inferius) und disparate (impertinentes), sowie die
nüthige Berücksichtigung der Quantität und Qualität vorausgeschickt '03"),
bespricht er ziemlich lückenhaft und in \\illkürlicher Auswahl einige
Momente der Aequipollenz der Nothwendigkeits-Urtheilc103‘)‚ hierauf der
Zuliilligkeils-Urtheile1032) und zuletzt de'r Unmöglichkeits-Urtheile 103“’).
Diese Mängel der Darstellung ergänzen sich uns allerdings durch Das
jenige, was (lccnm über diesen Gegenstand in der Expositio aurea
entwickelt, woselhst er durch die Erklärung des aristotelischen Textes
1030) C. 13‚ f. 62 r. B: Circa propast'tionum modutium aequipoltentias et re
pugnantias samt uariae diflicultates .. Modorum qnidum sunt repugnanles. quidam
snnt supen'us et in/ert'us se habentes, quidam saut impertinenles. Repugnantes samt,
staut neeesmrium et impossibile, possibilc et impossihite, necessarium et contingens,
ad utrumtibet et impossibite, uecessurium et inopinabile, demonstrabtle et indemonstm
bite, et tales mutti; sccundum supen'us et infert'us se habentes saut, sicut neeesm
n'um et possibite, . necessarium et sm'bile, neressarium et dienenstmbt'te; imper—
tinentes sunt, sicut dubitabitc et possitn'te. et huiusmodi..„. Modorum repugnanlium
quidam sunt immediati, sicut se habent possilu'te et impossibilc, quia omnis
propost'tio vet es! possibilis an! impossiln'tis; quidam sind mediati‚ sind neuessun'nm
et impossibite Modorum quidam sunt simplt‘citcr u/ft'rmatt'vi. sicut neccssan'um,
.. . . . quidam simph'eiter negativi, sicut impossibile, . quidam mm simpticiter uf—
/irmativi nee simpticl'ler negatiei‚ staut eontingtns In modulitms quaedum samt
propositizmes simpticiter primue, quarnm aequipollenliae nun saut quacrendae‚ et sunt
omnes propositiones‚ in quibus pommtur modi simpliciter aflirmativt' vcl non simpli
riter afl'irmativi, tamen non negativi; de atiis prupositiunibus 1nodalt'bus quae
rendae saut aequipotlentiae...„. In propositiom'bus quandoque modus aflirmatur et
quandoque negutur.
1031) C. 14, ebend.: Prime autem dicendum cst de propositiane, in qua pom'tur
ilte modus „neeessarium“‚ de qua dicendum est, quod neeessarinm aut nun negut
modum aut „egal modum. Si prima modo, semper tutis propositr'o aequivatet aticui
propositiem' de neoexsario, sicu‘ ista „Neresse est, mm omne animut esse ho
minem“ acqm'vutet isti „Neresse esl‚ attquod animal mm esse huminem“ . 4 . . .. Si
au!em modus neerssitutis negalur et non signum (der gedruckte Text gibt ganz Ver—
kehrtes‚ sowie überhaupt gegen den Schluss des Buches sich die Druckfehler in
bedenklicher Weise vermehren), Inne modus necessitatis mutundus cst ;in modum,
quem in/ert, so. in possibitem afftrmativum, et residumn in cuntrrm‘um, sient ista
„Neu necesse est, omne animat esse hominem“ uequivatet isti „Possibite est, atiquod
aninmt nun esse honn'nem“. Si aalen: modus mm negclur‚ scd stgnum sotum‚ modus
1nutab1‘tur in posstbilem e/firmativum, unde iste „Nutte: homo de neressitate est uni
mal“ acquipottet istt' „Omnis homo potest nun esse animal“..... Sicut dictum est de
propositt'onibus de necessan'o respeetu 'propusitionum de possibiti, im dicendum 8.\1
proportionahititei de propositiom'bus de possiln'li respectü pi-opositionum de neoessario.
1032) C. 15. f. 62 v. A: Istarum proposittomtm „Coulingit, onmem hominem
esse animal“...‚. non cst aequipoltentia quarrenda, quia sunl primae; posstmt tarnen
mies proposiliones exponi, sicut ista acqm'ratet isli „Posstbile est‚ omnem ho
miuem esse animal, et possibite est, nultum hominem esse animat“ Idee :emprr
aflirmatiea et negative de contingrnti‚ modo contingenti rentanente afftnnatieo, cou
vertuntur Quando autem diotum propositiom's de rentingenti mutatur in cou—
tradiclortum, tun: particularis acquivulet um' disiuncts'vae.
1033) C. 16, f. 62 v. B: Propositionum de impossibt'li .. .. quarlibet acquiear
[et opposito atieuius de possibili;..... et cum dieitur, quod „impossibile“ aequiuulet
t'in „um: possibtte“, facilt'ter potest scirt' per pracdirta, em' aequtvalct propnsitiu de
impossiltili.. Quando nette negatio negat modnm impossibititulir, tun: itlu de im
possibili uequivalet uni de nrressario Si autem modus impossibilitatis sit ne—
gotus, Inne mutobt‘tur modua imposribititutis in mudum possibititatis.
XIX. Occam (Argumentation). 417
veranlasst war, die erforderliche Casuislik erschöpfender durchzuführen;
und somit darf ich wohl zur Vervollständigung auf seine dortigen An
gaben über die Aequipollenz der modalen Urtheilew‘“), sowie wenigstens
auf die eversinnlichende Darstellung der Entgegensetzung derselben hin
weisen may
Indem aber Occam als einen Gegenstand der consequentia auch noch
diejenigen Urtheile beizieht, bei deren Begriffen nicht eine suppositio
personalis. sondern eine suppositio simplex oder materialis obwallet
1034) Bxpos. aur. l’erieim. Il (gegen Ende): Circa proposiliones modales sunt
duo videnda: primum est de aequipollentiay secundum de repugnantia..... Acqui
pallentia habeturl quando per additionem negationis tota propositio negativa redditur
alterius quantitatis vel qualitatis vel modi, quum fuerit propositio praecedens . . . . ..
De possibili modus aliquando negalur, aliquando non negatur. Quando non ne
gelur, aequipallentia accipienda est sicut in illis de inesse Si autem modus
negaturl tunc aut negotio praecedit tam modum quam sigmun, aut unum eorum.....
Si primo modo, aut signum illud est universale aut particulare. Si sit universale
et modus negati", sic uequipallet uni particulari de necessario..... Si autem signum
sil particularc, tunc aequivalet uni universali negatione de necessaria et uni particu
lari de impossibili . . . . .. Si autem negotio tantum praecedit talem modum, sc. possi
bile, tunc si propositio sumaiur in sensu divisionis et sit universalia aequipol
let universali negativae de necessario; . si sumatur in sensu composital tunc ae
quipollet uni particulari negativae de necessario Si autem signum sit particu
lare, tunc in sensu divisa aequipolli-t uni particulari de necessario; . . . . .. sed in
sensu composita aequivalet uni universali negatioae de necessario Si autem ne
gatur modus necessitatis. tunc si negotio praecedit modum et sit signum parliculare,
in sensu divisa aequivalet uni particulari negativae de necessariog...... in sensu
composita aequipollet uni universali negatione de possibili Si autem signum sit
universale, tunc in sensu divisa aequipollet universali negatione in sensu composita aequivalet uni particulari negativae de possibidlei possibilSii; autem
negetur modus impossibilitatisl tunc si signum sit universale, in sensu divisa aequi
valet uni universali negativer de possibili, in sensu composita aequivalet uni
universali de possibili Si autem signum sit particularej consimititer aequivolet
particulari de possibili tam in sensu composita quam in diviso. Et ista ad praesens
sufficiunt de aequtpollentia propositionum modalium, quamvis multa alia dici pas
senL Die byzantinischen Memorial-Verse bleiben auch hier unberùcksichligl, vgl.
Anm. 901 u. 941.
1035) Ebend.: Circa repugnantiam propositionum modatium est sciendum, quod
v. s. f. Nemlich die weilschweifigen Regeln concentrirt omm in folgende drei
Figuren:
Neress. omne A est B __‘°_"f"“"';„_ Necess. nullum A eslB
\\> l
e I 75
si s
g x
Aliqu. A potest esse o subcautr. Aliqu. A pol. non esse e
Ferner ebenso: 4
lmposs. est, omne A e. B Imposs. e.‚ nullum A e. B
Pouib. est, aliqu. A non e. B Possib. e.‚ aliqu. A e. B
und desgleichen:
omne A Potest e. B omne A poi. non e. R
Aliqu. A Mcess. e. B Aliqu. A necess. non e. n
Pum, Gesch. lll. 27
418 XIX.' Occam (Argumentation).
(s. ob. Anm.ß77)‚ d.;h. Urtheile, in welchen die Universalien oder
sonstige 1n!enla'ones secundae ausgesagt werden 103“), s0- hat ‘er
hiemitwinen zwar sehr eigenthümlichen,abcr doch nichtmnmotivirten,
Uebergang zur Topik gewonnen, lnsoferne in'dieser in der Tth die
ursprüngliche Quelle der Quione voces liegt (s. Abschn. IV, Anm.
707 ll‘., Abschn. V, Anm..83„f.„ Abschn, Xll, Anm. 167). Und indem
er so von der Verbindung der, bansequen!ia‚ mit der.Topik einen.
umfassenderen Gebrauch macht, als die Früheren (Abschn. X_Vll,. ADIII‚A
618), bespricht er zunächst ‘völlig an der Hand der aristotelischen
Topik in grosser Ausführlichkeit die Begriffe genus, proprium, defi
nitio, species‚ di/I‘ercnt'ia, idem e! divemum 103.7), und wird dann
durch die gleiche Quelle auch auf induete'o geführt, bezüglich deren
wir ihm das ehrende Zeugniss‘ nicht versagen dürfen, dass er we
nigstens eine Ahnung-yon dem Werthe des Imluctions-Beweises in
sich trug, sowie er ja vauch grrmdsätzlich sich in ficht aristotelischem
Geiste über die Erkenntniss des Singulltren äusse_rte (s. oben Anm.
745) oder dem» singulären Urtheile selbst ’eine Stelle im kategoriSehen
Syllogismus vorbehalten Wissen wollte (ob.‘l\nm. 970). ‘Die Bemer-'
kung, welche er einmal anderswo macht, dass der Erfahrungs-Beweis
dem Syllogismus ebenbürtig sei 103v‘), efhllt somit bei ihm eine etwas
bestimmtere Form, insoferne er wenigstens im Stile der Regeln der von
sequenlia den Versuch macht, das-logische Verhältniss, welches zwischen
einem allgemeinen Urthe‘ile und den unter dasselbe fallenden singulären
Urtheilen besteht, in eine formulirte Fassung zu bringen; und indem er
diess zunächst bei den gewöhnlichen luhärenz-Urthtailen und denjenigen,
derenVerbuln im Präteritum oder Futurum steht, unternimmt, erheben
sich ihm nur theologische Schwierigkeiten bezüglich des zukünftig Mög
lichen m”); für die modalen Urtheile aber gilt ihm der Uebergang vom
1036) Summa t. l. a. a. 0. t). 17, f. 63 r. A: Nunc oidcndum es! de rausc
quentii: ex proposilionibus, in quilms aliquis terminns supponi! simpliciler rel mate—
riali!er‚ u! samt aonsequenliae infrrm!er totes conrlusiones „Album es! acciden: Sma
Iis‚ Homo es! species !alis generis, R1siln'le es! proprium hominis, Snbslanlio animotd
sensibilis es! dif[initio animalis, Cam's es! aequivocum“ e! Iminsmodi Es! igi!ur
regida .generalis lalis: [lind coulingenler verifieatnr de aliquo, ergo es! acdderu eins;
Alia regulu:‚ Hoc verifica!ur de hoc c! n0n es! proprium illiu: nec genau um
di/l'craplia_ uec species nec di/[im'n'o nec aliquid commuue omm'lms, ergo es! Meiden:
aus.
1037) C. 18—30, f. 63 r. A — 68 r. B.
1038) Ouvdl. V. qu. 22 Eadem conclusio mm solum specie sed numero poles!
rridcn!cr sciri per demonstrationem e! experiertliam e! per eundem habi!um numero.
Hoc probe, quia per experientiam acquirilur aliquis hobilus ecridicus canclusiouis e!
nulln: alias o scien!ia‚ e! per demonstralionem acquiritur scien!ia eiusdcm ren
clusitmis. .
1039) Summa I. l. a. a. U. C. 31, f. 68 r. B: lnduc!io es! a singularibus
ad universale progressiv; ad hoc antun, quod fia! imlwtia‚ requin'lur, quod mm in
singularibus quam in unipersali si! idem pracdicatnlt et colum si! variotio a perle
aubiec!orum Sun! igilur is!ac regulae: ..‚.;\ Ouuclibc! universale} afl’irmaliva
vera de prncsen!i‚ non aequivalens propositioni de futuro, e! de inessr habe! oliqunm
singularem veram Si omnes singulares alieuius propusilianis ein! 'veroe, univer
salis es! vom Si universalis afl‘imiali‘ua si! /'alsa, oparlel, qnod aliqun singuluris
xi! falsn..‚.. Circa universalen: de prae!erilo saut regeloe in!elliyrndue sind! de uni
ii .l» ‘
< -—9__ ——’—‚—_f‚r
XIX. Occam (Argumentatib'n). 419
Singulären zum Allgemeinen nur heim semus divisus als übdrhaupt
statthaft, während beim tensus compositus nur die Notlnvendigkeits
Urtheilc einen solchen Inductions-Sehluss zulassen 104"). Nachdem er
aber hierauf aus der aristotelischen 'Topik noch den Begriff des Homo
nymeu ‘erläutert hat w“), fasst er mm Absehlusise noch eine An
zahl allgemeiner Regeln üer“consequ'entia zusammenwn); welche uns
allerdings an die ältere Formation dieser Lehre (Abschn. XVll, Anm.
621) erinnern und in dieser, Fprm vielleichl@q‚ch nur‚eine„_Zugabe des
Herausgebers sind. ' ‘ ' ‘ ' "
Wenn aber hierauf in einer Weise, welche unverkennbar den Inter
polator verrälh (s. die schon oben, Anm. 740, angeführte Stelle), noch
als ergänzender Anhang die Lehre von Obligationes und Insolubilia bei
gefügt wird‘°“), so muss ich diese kleine Gruppe dem folgenden Ab
schnitte vorbehalten, in welchem wir überhaupt manigfache Erweiterungen
der byzantinischen Logik treffen werden, wenn ich auch nicht in Abrede
stellen will, dass Occam sich mit diesen fliegen, deren erste Keime ja
bereits vorlagen (s. Abschn. XVII, Anm. 625 f.), wirklich selbst beschäf
tigte. in der Form, in welcher sie in dem Compendium Occam’s gedruckt
erscheinen, sind sie jedenfalls späteren Ursprungs.
versah de praesenti. Sed circa induolionem proposiliom‘s universelle de fuluro es! prima
seiendum, quod dicendum es! eodem modo de induclione prnpositionis de fuluro neus
san'ae et imposn'bih's, sicul de i!h's de praescnti e! de praeleritn. Sed circa induch'onem
propositionis universalis de futuro in materia eonh'ngenli aliter diccndum es! sceundum
verilatcm et fidrm, et aliter srcundum inlentionem Aristolclis; „am Aristoteles
ponit, quod nulla proposilio conti‘ngens de fuluro es! vera nec aliqna conlingcns de
futaro es! falsa (s‚Abschn. lV‚ Anm. 239); . . . . .. srd verflas fidei pom'l, quod can
tingenlia fulura sunl .m'la a deo n. s. w. (auch in Expos. nur. Perierm. entwickelt
Occam gelegentlich der praposiliones futurae conlingcntcs einen langen Evcurs über
praedeslinalia und praescientia dei‚ welchen wir ebenfalls den Theologen uberlassen).
1040) C. 32, f. 68 v. B: Cirra inductienem proposiliommt universalr'um de
modo es! prima sciendum, quod si proposiliones universales arcipiunlur in semm di—
vis0 . ‚ . . .. eodem modo indueunlur, sicul universales de inesse, M ideo omnes tales
inducliones saut bonae C. 33, f. 69 r. A: Videndum est, quomodo omncs sin
gulares de modo sumplae in sensu composito se haben! ad universalrs de modo
sumplas in 801181! composilo . . . . .. Semper singulares de neoe:sario mies in/erunl uni
versales de neressario, nisi in singularibus subiicianlur pronomina demonslralira
sumpla cum subiecla propoxilionis universalis C. 34, f. 69 r. B: Circa induc
tionem universellen: de possibih' es! sciendum, quod ex singularibns non sequimr
universalis C. 35, f. 69 v. A: Singulares de eonlingcnh' non inferunl univer
saler» de conlingenli.
1041) C. 36, f. 69 v. A.
1042) C. 37, f. 70 r. A: Nunr ponendae samt regulae generales cousequenlüs
deservienles Ex vero mmquam :eqailur falsum..... Ex falsis potest sequi ve—
rum . Si aliqua oonsequmtia sit bena, es opposita comequrntis seqailur oppo
situm antecedenlis. .. . Ouidquid scquitar ad eonsequcns, sequitur ad antccedens;..„
non tarnen quidquid seqm'lur ad anlecedens, sequilur ad consequens . . Ouidquid
slat cum anlecedenle‚ ein! cum cansequenle .. .‚ . Ouidquid repugnat consequcnti, Tr
puynat anlccedeuli .. Ex necessan'o non sequitur coulingens Ex passibili non
sequilar impassibilr Et islae duae regulae mal intelligendac de oonsequentiq
simph'ct'; . . tarnen cansequentia ut 1mm: bene potent sequi Ad impossibile
seqm'tur quodlibel . . Neccssarium seqm'lur ad qnodlibet.
1043) C. 38—45, f. 70 v. A —— 71 v. B.
27'
420 XIX. Occam (Argumentation).
Endlich die letzte Unterabtheilung der Lehre von der Argumen
tation‘°“) enthält eine getreue Darstellung der aristotelischen Sophistt‘ci
Elenchi, welche nichts Bemerkenswerthes für uns darbietet.
Welch grossen Einfluss aber Occams Partcistellung und seine ganze
Entwicklung der Logik auf die nächsten Generationen ausgeübt habe,
werden die folgenden Abschnitte deutlich darthun können.
1044) III, 4, C. 1—18. f. 72 r A -- 81. v. B.
‚1':"t"
Abano Petrus de 243.
absolute Kategorien 252, 282.
absolutum 324, 364, 367. ‘
abstruatio 100, 212, 260, 268, 293, 346.
abstractum — couretum 215, 242, 265,
279, 293, 308, 321, 363, 386.
«weiden: s. Isagoge.
aceidens togicum 244.
actus apprehensivu: 332. -
inteüigendi 265, 307, 320, 335,
338, 347.
rationis 206, 292.
adminiculativa togiea 258, 274.
adunalie 101. «
ad utrumtibet 131.
Aegidius v. Leasinos 195 i.
Romanus 257 fl‘.
aequiparantia 153. 282, 310.
aequivocum 46, 282, 306, 365.
aggregatum 209, 234.
Albertus Magnus 89.
‘ ' ‘ de Saxonia 203.
Alexander Alesius ‘75.
v. Alessaudria240 i.
atietns 137, 310. ' 1
alias 53, 72, 377.
Amairio von Ben 6.
amptiatio 19, 31, 56, 89, 134, 186, 227,
382, 384, 393. /
an 24.
analogen 93, 103, 306.
Analytik erste 105 f., 230 i.
zweite 85 11'., 106 1., 118, 232,
234, 409.
Ancona Augudtinus von 274 11'.
Andly Heinrich von 180.
Andreas Antonius 276 fl'.
Angelöiogie 184, 189, 217, 240, 271,
281, 2951., 309, 312, 317, 360.
animo, in anima u. extra animar'n 260,
273, 279, 2841.. 334.
antepraedieamenta 103.
antiplatonische Richtung 125, 236, 240,
ägg, 292 I1'.,|i309,' 316, ‘|318, 325,
Antoli 4.
Antonius Andreas 276 lt.
apparens‚ apparitio 323 f.
appeltatio 19, 31, 57, 83, 106, 135, 373.
appeto 134.
applicarc 204.
aptitudo 100.
Armand von Beauvoir 306 0'.
Aseoli Job. Gratiadei von 313 IT.
Augustinus Triumphua v. Aucona 274 fl‘.
Aureolus Petrus v. Verbaria319 1T.
Auvergne Petrus von 238 fl.
Wilhelm von 75 ff.
Auxerre Lambert von 25 t't'.
Aveudaath Johannes 3.
Baconthorp Johannes 318.‘
Baco Roger 120 fl‘-. r '*
Balduin 8. - -
Barbara, Cetarent u. s. i. 151., 49, 84,
154, 230, 398.
Basingatokas Johannes: 5.
Beanvais Vincenz von 77 E.
Beauvoir Armand von 306 fl'-.
Ben Amalric von 0." ‘
Benevento Marcu5 da 3301 ‘-' "'I‘
Bernhard vonTrilia 196. "1
bis 133, 378. '- " ' '
Bologna Gerhard von 241. ‘
Bonaventnra 119 l.
Brabant Heinrich von 5.
Siger von 234 i.
Brite Herveus 264 fl‘.
Olivier 201.
Radulpb 241 f.
Burloigh Walter 297 11‘.
bytantiniache Logik 10 fl’., 129 tT., 224 tT.
379 tT. '
Capito Robert 85 17., 121.
caret 133.
easus abtiqui 230, 362, 382, 385, 393.
399 ' '
rausatis 129, 253, 396. '
eausandb -—ptmedieend0235‚ 240, 242, 273,
278, 299, 309.
causis de 8 1'.
422 B egister.
ceteri 225. diclio, loculio 324, 359.
Clapwel Richard 199. dlfi‘erentia s. Isagogo.
cognosco, scio 226. difl'erl 72, 133, 378.
colleclio 101, 110, 190, 210. diynitales 107, 119, 232, 257, 409.
Colonna Aegidius de 257 11. Dimm! David von 6.
communicaln'litas 100, 350 disjuncliv 24, 396.
communis natura 126. dispon'lio 100.
communilas 110, 213, 347. disputalio 143.
comparare 212. disqua'parantia 290.
Comparaliv 71. dislincle 356.
compiexum—incomplezum 78, 93„ 307, dislipall' 2901., 361.
310 r., 332. - * ' w 'a3mu m fonnaliler 220 r.
comprehcnsio 323. dish'ngm'tur 133.
conoepla res aliler et alilcr 199. dislribuh'o 20, 31, 60 11., 83. 136, 186,
com:eplio 324. 227, 229, 2311., 382, 384.
Conceplualismus 206, 237, 278, 299, diversimodcinlelligat 248. " 'l ‚ .
3441. " dim'sio 290, 369. 1 l .:.‚ .
conceplus 206, 240, 259, 261, 286, Docking Thomas 201.
' 11., 357. - ‘ Dominikaner u. Franziskaner‘233.
formalus 344. ‘ . Duns Scolus 202 6".
obieclivus 322 11.! Durand v. Pourc_:ain 292 fl’."t '
prima: e! secundan'uk 302. Elenchi sophislivi 19, 30, 50, 85, 107,
concamilanlia 388. ‘ " ' ‘ ‘I' 118, 155, 232, 235,420.
concretum s. abstraclum. .-! -l. ' I ens 101, 224, 252, 288, 306, 369 1.
von/omüas 326. ’ ‘ ' ‚‘ n -‘ rationis 259, 2651., 2741., 292, 298,
con/Me 212, 356. ‘ ' '= -'‚wl 3131., 31.7, 319, 321, 338.
Conjunclionen 23, 396. " - 1|-.' reale 338. ‘
connolalivuß364, 367, 386, 410. enlhymematicus 138.
connolatum 134. \ : enlilas nclualis 212. - .' w. ‘- i.
conseculiv 23. - ' "‘ ‚- .M determinalivu 2201 ‘ . ‚ \
vonsequenlia 13711., 1541., 186,’ 227 l'., positiva2181., 326.? _i m ' -I
254, 282, 351, 388, 390, 392, 396, quiddilativß 219 1. . '
411 fl‘.. ‚ ./ . “ cnunliabilitos.60.t ‘ _ _ ‘ - .
considerah'o 261 .1 \ ‚ ‘ emmliah'o 104, 252.‘ ‘! .-.
consigm'ficatio 581., 216. - 9-.1 Erfahrungs-Beweis_y418. 4 ; \ ‘
conlin_qens 14. 44,-105,132, 394. esse diminulum 197.: ‚ .II n‘u 7 I
conlingentcr_22,.44. .. “ essenliae n. existentiae r217, 261,
conlinue - Mru ‘|I_ Mumm“ 1., ‘ ‘ 1 '|If
souveui_entla 126, 250. = . 11‘11 |‚I ‚|1‚=1 formale u. materialer268.
Copula 12, 42,:2521282,.303.n ‘‚'-»u"1l intenh'onale 293, 323.
copulalio 18, 31,155, 227, 232.v '„'--.:l signalum 237. . '
copulativ 24, 226, 396. 1 ‘ essenlia—exislenlia 1-16, 193,217,26811.
Correcton'um ‚mm Thema 189, oorrumpi—gcnerari 226. 243. e‚s! 222.94, 360. 11'‚i’‚5r1'‘1.1 Sri.
credibile 131. 1i et 24, 232. .I‘.
Cnruaco Siger de 234 f. 1‘ excepliv 21, 69, 137, 228, ;990. 393.
David von Dinant 6. ' «.-H wir: Syllogismus 409. ‘ . * '
Defenson'um fralris Thomuv 12004 243. exclus«iv '21,68,'136, 226, .228, 389, 393.
Definition 89, 107,- 290, 3661., ‘410. Syllogismu‚s 409.
demonstralio polissirßw107,119,232,257. exercilumß:iynatum 136, 279.
‘ 1 I“ .quia e! propttr qm'd» 107, existenu'a s. essenlia. 1
153, 410. ' actualis 212. '
devwminatio 242; 292, 321. " . exponibilia 22, 67 11., 13511., 152. 226,
dcnominafivum 46. . > ‘ 256, 381 1., 386, 393. ‚T ‘
deuudare 212, 250. exponihler Syllogismus 408 fl‘- .
descriplio 290, 366 1. ‚ extraneum et intranzum pn‘0cs'pium 270.
desidero 133. -’ falsum, verum 14, 44, 380.
desim't und incipil 22, 70, 135, 226, fichones intelleclus 207.
377, 391, 393. ‘ {Summ 336 fl‘., 357, 359.
Dialektik 26. Fidanza Johann von 1191.
- ' Register. 423
fieri 135, 392.
figmento 275.
[lahm voois 327. -
Fontaines Gottfried von 196 0'.
Forlivio Jacobus de 305.
forma par!icularis 355.
specularis 323. i
[armer in!ensio et remissio 223, 263,
273 f., 281, 297. 304. 309,
312, 319, 327, 361.. ‘
um'las 96, 183, 188 f., 19-111.
1991.,221111.233241,243111,
251, 263, 271 f., 297, 304,
309, 312. 326, 361.
formalis logico 239.
Formalisten 181.
formalim!ew 2201., 241, 245, 272,28811‘.,
326, 360.
farmaliler 2165-248, 280, 353.
Franciscns Mayron'283 ll'.
Franziskaner u. Dominikaner 233.
Futurum 56, 135, 385, 393, 401, 41.8.
Galenische Schlussfignr 30, 106, 231,
264, 397.
generari — onrrumpi 135, 226.
Cent Heinrich von 190 11'.
genu: s. lsagoge.
naturale e! loyicum 267,274, 278,
318.
Gerhard von Bologna 2.41.
Gilbertus Portetahns 29, 81, 103, 252,
263, 317.
Güthals Heinrich 190 0'.
Gottfried von Fontaines 196 fl‘.
Gratiadei Job. von Ascoli 313 ff.
Grosseteste Robert 85 17., 121.
Gnndiselvi 3. . .
habi!udo 110, 308.
haln'lus 345. . ,
haecceitas 219, 269, 280 f., 286, 290,
296, 317.
Halberstadl. Konrad von 201.
Halesius Alexander 75.
Hammer der erste 264.
Heinrich von Andly 180.
von Brabant 5.
Getbals v. Cent 190 ff.
Herveus Natalis 264 fl‘. ‘
hie e! 1mm: 115, 262.
hoc 128.
horn‘onym s.» nequivecum.
hyportnsis 291.. -
hypothetist:b e. Syllogismus u. Urtheil.
Jacobue 'de Farlivio 305.
de Bavaan 201.
Jandmt'lollnnn von 273 f.
ideb 268. i 1 .
idem"53, 220 f.
iden!i!as 53, 361.
aduequuta 221.
idrn!i!as formalis 220, 291.
idolnm 335 fl‘.
ignoro 226. ‚ 1 ‚h : I '
ille 53. » t - ;.‘ ‚.|
imag‘a 336. . - .
immediate 133.
implica!io 58.
imposi!io prima e! secundo 149,151,299,
307, 341, 364 f.
impossilrüe——pouibüe 14, 44, 105, 132,
153, 235, 394. ‚
inverlitndinalis logica 249.
incipi! e. desinit.
incammnhicabile 115, 237.
incornplezum s. complexnm.
indifferens 100, 110.
indifl'erentia 235. . ,
indireete &chlußweimgn 255, 398 f.
lndividuatiou;s, primipium indiqiduationis.
individuum.365.
. regem 101, 253, 325.
indnrtio 418 f.
lullnitation 104.
infini!us 20, 66, 71.
inquan!um 70, 137, 388.
insolnln'lia 419. .
insli!utio volunlaria 340 fl.‚ 356 fl'.
in!ellevlio 324, 357.
in!elleclus agen: e! possibili: 294, 300. .
in!ensio e! rrmissio forma s. formale.
in!en!ia prima c! secunda 91, 100, 112,
149, 151, 199. 204, 208 f.,
214, 235, 242. 244 f., 248 f.
259, 261, 265 II, 273, 275.
279, 285 f., 293, 298 f., 302,
3071., 314 f., 319 ff., 331,
338 fl‘.,_355, 364 f., 370.
universalüatis 110 f., 247, 275,
316. .. ‚ .
in!en!ionalis 277, 308. ‚
intenlionalitas 265, 299. ‚
in!raneum e! ez!raneum prindpium 270.
inhinsecus modus 286, 289, 296.
in!uilivus 332, 336, 346.
iriven!ia —- indim‘nm 253 f.
medii 105, 119, 154, 256.
tenninorum 49. ‚ .
Johannes Avendeath 3. ‚.23:
Baconth0rp618. .
Basingstokefl 5. „' . ;| ‚. ..
Duns Scotus.202 11‘. ..
v. Fidanza 119f.t ,
Graliadei v. Ascoli 31341
v. Jandnn 273 f. .. i 21 ...‚| ‚'
v. Neapel 2744
Parisiensis 200.
Peccm 188.,
irradialio 87. ' ‚ ‘. . l
lsagoge 15, 28, 46, -80,:100’fl., 151.1”
223 f., 244, 250 f., 281, 28A, 305,355r
\
.
‚l! -»
i| l‚l. Int'
.
424 Register."
indicah'vus 3325 ‘,
indicium -—— inventio 253 f.
Juristisches 301, 352, 376.
Kabbnla 155 f. ‘
Kategorien 15, 29, 46, 81, 102, 116,
224, 252, 287, 302, 305,
310, 314, 321,331, 343,
‘ 309 11.
Dreizahl der 372.
h relativaund absolute 252,282.
Kilwurdhy Robert 185 11.
Konrad von Halberstadt 201.
Lamarre Wilhelm 1891.
Lambert von Auxerre 2511.
Lessines Aegidins Von 195 f.
über de causis 81. 1
Lincoln Robert von 8511., 121.
localis firoposs'tl'd 129, 253, 395.
Logik admiuiculah‘va 258, 274.
alte u. neue 4, 26, 206, 276.
byz‘antinischß 10 fl’., 129 11., 22411.,
379 11. »
docens et utcns 2041., 258, 277,
298, 320.‘ -
formalis 239. -
incertiludinalis 249.
natürliche 122.
praktische 122, 313, ‘320, 330.
Lutlns Raimundus 145 11.
Marcus v. Benevento 330.
Marsiliu's v. Padua 273.
materia parliculan's 355.
signala‘ll5. ‘
Mayron Franciscns 28311. »
medii inve’mio 195, 119, 154, 256.
Memorial-Verse 13 11., 27, 41, 43 f., 46,
48 f., 117, 252 11., 305.
menlalis 286,307, 315, 339, 362.
Middleton Richard von 23511.
modal, s. Syllogismus n.‘ Urtheil.
moderm' 255, 299, 302.
Modi indirecli 255, 398 f.
nwdus adverbiah': u. nominak's 14, 130.
intelligends' 215 1.“ ‘ '
inlrinseeun 286, 289, 296.
procedendi 109, 266.
scieadi 121, 204, 2591., 258 f.,
277, 313 2., 31911 ' e H-‚I‘Jl
significandi“ 2151., 284.
Moses Ben Nachmen 1756.‚|"'
motio intelledlub‘ ”2681 i“ 1'
multiplicabt'le 100.“ ' "' ‘-‘ 1 ‘
Mnrbeke5. " '
Nalalis Herveusfi6411. - L -'
natura {ormalis 1003- ‘ ""
ne 24. - -‘ " | 'i
Neapel Johannes von 274
necessarium 14, 22, 44, 132.
neressilas diminuta 2321
Negation 381. -"‘
I.l\
'i
.ru
neuter 21, 64, 384.
nihil 64.
m'u' 23, 390. -
Nominalismtxsm. Realismus 99, 3441.
mm 22.
notih'a obiecliva 323.
nullus 21, 631., 383.
numerou'tas essentiae 269.
obiectiue-—subieclive 208, 249. 251, 279,
285, 292, 295, 302, 3361., 357.
obligatoria- 143 f., 155, 306. 419.
Occam Wilhelm 327 11.
owacioneh'ler 211, 273.
Olivier Brito 201. .
omm's 20, 61 11., 136, 225, 252, 383.
opinabililer 59.
opinor, opinalum 131, 231, 380, 395,
407 f. .
opus ratiom': 313, 320, 331.
Padua Marsilius von 273.
Peludanus Petrus 311 f.
Paris Johannes von 200. ‘ .
passiv a1n0i7m,ae2323,35,2613,38.369- ‚. .
inlcnlionah's 211.
Peccam Johannes 188.
perfecliones diversae 272.
perseilas 232.
persona 291, 293.
Petrus v. Abano 243. .
Aureolus v. Verheri1 31911.
v. Auvergne 238 ff. .
Hispanus 33 11.
Paludanus 311 f. .
Platonismns .125, 191, 283.
plurah‘las fernarum 188 1,194, 1991.,
221 11., 238, 242, 245 f., 263.271,
281, 287, 326 f., 361.. I.
Porphyrius s. lsagoge.
Porteuuus s. Gilhertus.
possibz'le s. impossibt'le.
postpraedicamenta 103. . :
Pourqain Durand von 292 11.
praedicabs'le 46. e .- l
praedicabililas192.. . . ‚:t
praedicando s. cwmdo. -'
praedicalthn ' 368.
primum.10'l; ‚ .' ‘ ..2'
praemissa 48. i ‚
praeler 21, 69, 390.
Präteritum 56, 135, 385„393, 401.418.
principiam identilatis 287 1., 307, 315. ‘
"IV | indisiduah'dnie 97, 115, 119,
128, 184 f., 189, 194, 198,
200,217 11., 237, 240, 243 f.,
251,. 262, 269 (f., 280 f.,
2861., 295 f., 304, 309, 312,
317 f., 326, 353 11., 3591.
intraneum et sataneum 270.
Probibitiv-Satza 396. .
Register. 425
pr0millu 1331., 376.
propositiu s. enunliatia u. Urtheil.
causulix, temporalis, localis, ra
tionalis 129, 253, 395.
mentalis 339.
proprium s. lsagogti.
Psellus 10 11. ‘
Pseudo—Thomas 118 1., 244 fl'.
qualislilwt 20, 66, 72.
qualitas animee 334, 337 11.
substantialis 100.
quandeitas 371.
quantus 53.
quantuslibet 20, 66, 72.
qni 53, 226, 387.
quidam 253.
quiddilas 88, 95, 100, 289, 310.
quilibcl 383.
quitt 23.
quiqueliquique 180.
quoticsctmque 66.
Rndulph Brite 241 1.
Raimundus LiilluS 145 11.
ratio universalitatis 207.
ratiooinah's —rcalis 203, 331. 351.
propost'tio 129, 253.
Ravauis Jacobus de 201.
realis s. ratiocinalis.
—- semocinalis 79, 91, 122, 331.
Realismus s. Nominnlismus.
1cduplicatiV 70, 137, 226, 228, 256, 290,
388, 393.
Syllogismus 408 1.
referre 260.
re/lext'o 111,191, 213, 275, 280, 302,
346
relatio 32, 53 fl'.
Relative 53 11., 226, 379, 386.v
relative Kategorien 252, 282.
repraesentundo 235.
repraesentantia 308.
repraesentatt'o 315.
res de re mm praedt'catur 248, 298, 303,
340.
rationis 338. t
secundae intentionis248, 298, 303.
universalis 316, 338, 350 1.
-—voz 206. ‘
respectus 247, 285, 290.
restrictt'o 19, 31, 56, 58 1T., 83, 131, 136,
186, 227, 232, 382.
Richard Clapwel 199.
v. Middletou 235 11.
Robert Capito 85 11., 121.
Kilwardby 185 11'.
Roger Baco 120 fl‘.
scio‚ cognosco 226, 231, 395, 408.
Scotus Duns 202 11.
sccundo inlellecta 109.
secundum quod 70, 137.
P1mm„ Gesell. III.
senius compositu‚s et divisus 1301., 152,
226, 2301., 3851., 39411., 40111.,
414.
sermo 104, 149, 331, 339.
sermo'cindlis s. realis.
Shyreswood Wilhelm 10 11‘.
si 23, 138.
Siger von Brabant 234 1.
signabililas passive 324.
signatum s. exercitum.
significatio 17, 31, 51, 83, 124, 215, 234,
298, 315, 320, 341, 368.
significulum 374.
signum rei 338 fl'., 348.
Simeon Ben Jochai 156.
similitnd0 100, 237, 2601., 268, 276,
302, 335, 338 f.
simulacrum 336.
singulariß 348, 365.
singuh' 225. '
sive 24.
solus 21, 232.
Sophistici Elenchi s. Elenchi.
spccies s. Isagoge.
ucquisitu 211.
informans 210, 214, 260.
intelli_qibilis 111, 113, 210 11.,
237, 246, 248, 251, 261,
265 11., 276, 279 1., 285,294,
307, 312, 316, 3231., 3351.,
357.
repraesentaas 335.
smaibilix 294.
singularis et universulis 126.
speci/l'cative 137. ‘
spondeo 133. ‘ 3""
.Stdphan Tempier 1841.
Stipulatiou 301, 352,376.
‘subiectt've s. obiective.
subt'ectum 368. '
subsistenlia -—- substantia 291. 310.
sibstantiale 103.
substanlialitas sivlgularis 218.
substratum 325..
sei, sibi, se 53.
Smnmulac 25, 225.
Superlativ 71. ‘
suppositio 171., 31 t, 5111., 83,131 IT.,
186, 332, 334, 337 1., 342 1., 345,
351 fl'., 363, 370, 373 11., 380,
382 1.
supposilum 209, 241, 285, 291, 293, 365.
Syllogismus 15 1., 29 1., 48 1. , 84, 227,
2301., 253 11., 397 11‘.
conversivus 254.
convcrsus 106.
exceptiver 409.
exclusiver 409.
exponibler 4081.
expositorius 142, 231, 400.
27 **
426 Register.
Syllogismus Figuren Combination der 105,
397.
vierte 30, 106, 231,
264, 397.
hypothetischer 117,231‚256,
409.
modular 231, 401 11.
Modi theophraslische 48,
1051., 255.
reduplicaliver 408 1.
syncategoreumalu 12 , 19 11., 67 11.. 83,
89, 117, 224, 341, 3631.
synolon 97, 217.
synonym 93, 103, 365.
Iabulu rasa 261, 281.
talis 53.
tarnen 21.
tanlum 68.
Tempier Stephan 184 1.
temporalis plbposih'o 129, 253.
lendere 265, 321.
1er 133.
lerminalio 265.
Terministen 181, 344.
terminorum proprietates 17 11., 31 11.,501’1.,
82 1., 132 11., 153.
Icmu'nu: 150, 344, 347, 351 1., 362 11‘.
conccplus 362.
dicmlm 142, 229, 348.
mentalis 362.
1ranscendvns 106, 254.
universalis 332.
vvcah's 362.
lheophraslische Schlussmodi 48, 1051.,
255.
Thomas von Aqnino 107 11‘.
Funde-1181., 244111
Docking 201.
Topik 16, 30, 50, 84, 107, 155, 412,
418.
10111120, 65, 72, 369.
Iranuendenlz'u 245, 257, 286, 289, 310.
Trilia Bernhard von 196.
Trinmphus Augustinus 274 fl‘.
ubeilas 371.
Ueberselzungen aus d. Griechischen u.
Arabischen 3 17.
Umkehrung s. Unheil.
unilas communilalir 267.
/omme s. formae.
signala 218.
universale 46.
accl'rlil 110.
naturale 345.
Universalien 76, 79 1., 871.. 938., 109 11..
124 fl‘.‚ 182, 1921., 207 11., 23411., '
239 1.. 246 11.. 2501., 260 11., 268.
278 11., 284 fl‘., 293 11.. 311 , 316
318. 325 1., 343 11.. 3651.
universalilas 100, 110, 285, 293
univocum 46, 93, 103, 365.
unum 370.
Urlheil 12 11., 27 1., 42 11., 8111., 103 1..
117, 152, 224 fl’., 252, 282v
379 11‘.
Aequipollenz 13, 28, 43, 82, 104,
253, 4151.
conditionales 104.
copulatives 104.
disjnnctives 104.
hypotlxelisches 13, 27, 43, 82,
117, 1291., 152, 253, 380,
395 11'.
modales 131., 28, 44, 82, 104 1.,
117, 130 11., 152, 227, 230,
2531., 282. 306, 3801., 385 11.,
39411.,414. 416, 419.
singuläres 390, 418.
Umkehrung 15, 27, 43, 82, 152,
228 1., 254, 392 17.
u1 137.
uterque 21, 64, 3831.
vel 24.
Verberia Petrus Aureolus von 319 11".
verbum mentale 307, 315.
verilas 280, 318.
Verse s. Memorial.
verum, falsum 14. 44, 380.
Vincenz von Beauvais 77 11'.
von: expressivu conceptus 319.
--— res 206, 340.
Walter Burleigh 297 11'.
Wilhelm von Auvergne 75 11'.
Lamarre 1891. ,
0ccam 327 11'.
Shyreswood 10 IT.
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LEIPZIG
DRUCK VON C. P. MELZER.