GESCHICHTE
IDER
L O G I K
A B E N D LA N D E.
VON
Dr. CARL PRANTL,
PRO FEssoR AN DER UNIVERSITÄt UN D MiTGLIED DER AKADEMIE zU MÜNCHEN.
I) RITTER B ANI).
LEIPZIG,
V E R L A G V O N S. H I R Z E L.
1867.
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Seit dem Erscheinen des zweiten Bandes'ist wohl eine längere Zeit,
als mir selbst und vielleicht auch dem Publicum lieb war, verflossem, bis
nunmehr allerdings noch nicht der Schluss des Ganzen, sondern nur die
gegenwärtige Fortsetzung hervortreten konnte. Die Entschuldigung, auf
welche ich hiefür Anspruch machen möchte, wird der billig denkende
Leser darin findem,' dass ' eine derartige Arbeit bei der erdriickenden Masse
des Materiales unmöglich rasch fortschreiten kann, wenn sie nicht in sol
cher Weise gerathen soll, dass über kurz oder lang ein anderer Forscher
sich, wieder die nemliche Aufgabe stecken müsste. Nothwendig musste
ich das Zielim Auge haben , die ganze Untersuchung, deren Schwierig
keit hauptsächlich in der fast. unglaublichen Menge ihrer Gegenstände liegt,
möglichst zu einem wissenschaftlichen Abschlusse zu bringen, soweit
wenigstens unsere gegenwärtig erreichbare Kenntniss dieses ganzen Litte
raturzweiges diess verstattet.
Ohne dem Vorwurf der Unbescheidenheit befürchten zu müssen, darf
ich wohl sagen, dass ich eine Entdeckungsreise in bisher fast unbekannte
Gegenden der Litteratur untermommen habe; und dass keine dergleichen
Bedenken, wie sie bei manchen Reise-Berichten betreffs der Wahrheit des
Erzählten auftauchen können, etwa auch hier Platz greifen möchten, dafür
glaube ich mit ängstlicher Gewissenhaftigkeit durch den sicher nirgends
fehlenden Quellen-Nachweis gesorgt zu haben.
Aber sowie ich Grund zu der Meinung habe, dass mir aus dem
Umkreise des gedruckten Materiales wohl nichts Wesentliches entgangen
sein dürfte, ebensosehr kann durch dasjenige, was gegenwärtig noch in
Handschriften verborgen liegt, nicht nur manche wünschenswerthe Berei
IV Vorwort.
cherung oder Ergänzung meiner Forschung sich ergeben, sondern mög
licher Weise auch das eine oder andere Ergebniss derselben. umgestossen
werden. Dass ich die gelehrten Genossen meiner Studien. hiemit nur
bitten kann, nach diesem beidem Seiten sich zu bethätigen, verstelht sich
vom selbst. Herr S. B a ra c h hat aus Wiener Handschriften eine ergän
zende Bestätigung zu meinem zweiten Bande veröffentlicht; die Bibliotheken
Frankreichs und Englands würden ohne Zweifel noch viele Veranlassung zu
Demjenigen darbieten, was? mir im Interesse der geschichtlichen Wahrheit
als wünschenswerth und erforderlich erscheint. Blosse Behauptungen aber,
wie sie z. B. ein französischer Gelehrter gegen einen principiellen Punkt
meiner Untersuchungen gekehrt hat (s.- S. 18), diemen nicht dazu, die
Wissensehaft in solch schwierigen Fragen zu fördern. • , ,
Dass ich mit der Fortsetzung und | schliesslichem Erledigung des Ge
sammt-Umkreises meines Themas 'umablässig beschäftigt bim, bedarf keiner
weitern Betheuerung. fr. Ich habe mirieinmal diese Lebensaufgabe gestellt
umd kann nur hoffen, dass mich die Kraft zur Wollendung des Ganzen
nicht verlassen möge. ' -' - •,. • ' ' ' ' ' ' , , , , .; , in
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München, im December 1866.
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ÜBERSICHT DES INHALTES.
Seite
XVII. Abschnitt. Erstes Auftreten des byzantini.
schen, aristotelis chen und a r a b i s c h e n
St offes im latein is chen Ab endlam de . . . 1—144
Wiedererwachen des Alterthumes in Bezug auf Philosophie 1.
Uebersetzungem aristotelischer und arabischer Schriften 3. Alte
und neue Logik 4. Antoli, Johannes Basingstokes, Heinrich von , -^ . - *
Brabant 5. David von Dinant und Amalric von Ben, Balduin 6.
Das Buch De causis 8. Die Macht des neuen Stoffes 9.
Die byzantinisché Logik des Psellus; ihr ältester lateinischer
Bearbeiter Wilhelm Shyreswood 10. Die lateinischen Memorial
Werse 13. Die Lehre von proprietates terminorum 17. Die syn
categoreumata 19. Lambert von Auxerre als zweiter Wertreter
dieser Logik 25. Petrus Hispanus nur Uebersetzer 34. Druck
ausgaben seiner Summulae 35. Inhalt derselben 41. Proprietates
terminorum: suppositio 51, ampliatio, restrictio 56, appellatio 57,
restrictio 58, distributio 60. Eaeponibilia 67. Lücken in der Ge
schichte der Logik 74. - +
Die aristotelisch-arabische Logik 74. Alexander Alesius, Wil
helm von Auvergne 75. Wincenz v. Beauvais 77; die Universa
liem 79, die Kategorien und deren Ergänzung ans Gilbertus
Porretanus 81, beim Urtheile spätere Interpolationem 82, Syl
logistik 84. ' Robert Capito von Lincoln 85. -
Albertus Magnus, umfassender Stoff- Lieferant und unverstän
diger Compilator 89; Stellung der Logik 91; widerspruchsvolle
Aeusserungen über die Universalien 93; die Einheit der Wesens
form und das Princip der Individuation 97; die Isagoge 100;
die Kategoriem und Gilbertus Porretanus 102; das Urtheil 103;
die Analytiken 105; die. Topik und Sophistik 107. Thomas von
Aquino, abhängig von Albert 107; gleichfalls Widersprüche in
Auffassung der Universalien 109; Princip der Individuation 115;
De ente et essentia, Kategorien, Urtheil 116; zweite Analytik, .
Sophistik 118. Pseudo-Thomas 118. Bonaventura 119. Roger
Baco 120; seine angebliche Werthschätzung der Erfahrung 123;
Mystik in der Universaliemfrage 125. , !
VI Uebersicht des Inhaltes.
Seite
Allmälige Erweiterungen der byzantinischen Logik durch den
fortgesetzten Schulbetrieb (die Autorem nicht näher bekannt) 129;
zunächst beim hypothetischen und modalen Urtheile 130; so
dann bei den proprietates terminorum 132; hauptsächlich aber
Entstehung der Lehre von den Consequentiae 137; leise Spuren
der späteren 0bligatoria 143.
XVIII. Abschnitt. Raimundus Lullus . . . . . 145—177
Isolirte Stellung desselben 145. Seine zahlreichen Schriftem 146.
Geringschätzung der gewöhnlichen Logik 149; dennoch Bearbei
tungen derselben auf byzantinischer Grundlage 150. Seine Ars
magna 155; ob dieselhe auf kabbalistischer Quelle beruhe 155.
Das Alphabetum 157; die Figurae 158; die principia und regulae
162; die Tabula generalis 163; die weiterem Manipulationem 166; / ' ' ' '
die applicati0 169; die Technik der Anwendung der grossea , ,
Kunst 171; die Encyclopädie der Wissenschaftem 172. Die, .
Nova logica als Mittelding zwischen der gewöhnlichen Logik
und der Ars magna 175. Ein catalonisches Compendium 176. *'
- • • • ' , , - , • • * • , • * * * * *
XIX. Abschnitt. Allmälige Formulirung verschie- '
dener Partei- Ansichten . . . . . . . . 178—420
Wirkung ; der gesammten neuen , Stoff- Zufuhr, 178., Schul- ,,t;
Unterricht; Heinrich von, Andly, 180. ; Die bunte Parteispaltung,, , , ,fi
welche weder, durch ,,Nominalismus und Realismus“ noch , durch , , , ;
„Thomismus, mnd Scotismus“ ausgedrückt werden kann 181.
Die arabische Drei-Stellumg ;der, Universalien ante rem , in re, , . , i
post rem bei sämmtlichen Autorem 182. . Kein Platonismus, nur '
die Auctorität aristotelisch- arabischer Stellen , und des, byzan
tinischem terminus 183. , ; , - -
Der erste Anstoss der Streitigkeitem im principium individua- , , ; :
tionis, Stephan Tempier, 184, und gleichzeitig, in der, unitas iu*
formae, Robert Kilwardby 185. Johannes Peccam 188. Wilhelm -,
Lamarre, 189. Heinrich, Göthals yon Gent, ein Muster der. Un- , ,,,i,
klarheit. 190. - Wertheidiger., des Thomas: Aegidius, von Lessinas, , ;,'}
195, Bernhard von Trilia, , Gottfried , won. Fontaines 196; : das,; ; . .
Defensorium fratris Thomae des Johannes Parisiensis 200. Tho
mas Docking, 0livier Brito, Jacobus de Ravanis, Konrad von
Halberstadt 201. ,, i ' : '•! : * .
Duns Scotus; seine Schriften 202. Stellung und Aufgabe der
Logik 203. Conceptualismus 206. Die Universalien, in dem Dingem : .
und formell, im, Denken 207; intentio prima, und secunda, 208; , ,,;
die species, intelligibilis 210; modus significandi 215. Das Princip , , , .
der Individuation, haecceitas, entitas, positiva, 217. , Formalitates, ., , ,
Identität und Nicbt-ldentität 220., Pluralitas formarum 221; in- , , ,
tensio et, remissio, formae 223. Isagoge 223; Kategorien, Urtheil. , ,
224; Aufnahme byzantinischen Stoffes, 225; Kritik der, gewöhn- ..
lichen Lehre über die Umkehrung der Urtheile 228; Syllogis- ›, tr
Uebersicht des Inhaltes. vii
mus mit Beiziehung byzantinischer Tradition 230; zweite Ana
lytik, Sophistik 232. . - -
Steigerung ,, der Partei-Unterschiede 232. Dominikaner und
Franziskamer. 233. Zunächst Gradabstufungen eines Ueberge
wichtes der scotistischen Lehre. , Siger von Brabant im Anfamge
seines Auftretens Scotist 234; Richard won Middleton gegem ei
nige Annahmen des Scotus und jedenfalls gegen Uebertreibuugen
des Scotismus polemisirend 235; Petrus von Auvergne mit, sc0
tistischen : Ergänzungen zum Thomismus 238; Alexander won
Alessandria in engerem Anschlusse an Scotus 240, sowie in
gleicher Denkweise wahrscheinlich auch Gerhard von Bologna
und Radulph Brito 241. Dann hingegen manigfaltiges Ueber
wiegen .des Thomismus: Petrus von Abano 243; mehrere uns
unbekannte Autorem, deren Schriften- später für Erzeugnisse des
Thomas selbst gehalten wurden 244; ein solchér Pseudo-Thomas
auch der Werfasser einer Summa totius logicae, nicht unwichtig
betreffs , der Syllogistik 250; Aegidius Romanus manche scoti
stische Elemente beimischend 257, besonders in der species in- • i
telligibilis 260, im Princip der Individuation 262, undi in- der
unitas formae 263. - -
Fortsetzungen dieser Richtungen in abermaligen Variationem: *
Herveus Natalis, zwischen Thomas: und Scotus stehend im' der
Frage über intentio 264, sowie über die Universalien 267, hin
gegen etwas näher dem Thomismus im Princip der Individuation
und in der unilas formae 269. Johannes von Jandum in einiger '
Hinneigung zu Halb-Scotisten 273. Johannes von Neapel 274.
Augustinus Triumphus vou Ancona, betreffs der intentio Anhänger
des Thomismus 274. Antonius Andreas Workämpfer des Scotis
mus, jedoch mit, einigen thomistischen Modificationem 278.
Hierauf mehrere.Autorem, deren jeder einzelne für sich gleich
sam eine Partei repräsentirt: Franciscus Mayron, wohl scotistisch,
aber mit éiner nur durch die allgemeine Zeitströmüng gehemmten
Richtung zum Platomismus 283, zugleich der erste mittelalter
liche Wertreter des Princips der Identität undi des Widerspruches
287, und Bearbeiter der formalitates. 288. Durand von Pourgain,
polemisch gegen Scotus und gegen Thomas seine eigeaea Wege
gehend in Auffassung des ens rationis und des abstrahirenden
Denkens 292, sowie dem Scotus sich nähernd im Princip der
Individuation 295. Walter Burleigh, der Wertreter einer ganz
eigenthümlichen Gleichberechtigung des aristotelischen Conceptua
lismus und des realistischen Platonismus 297. Armand von
Beauvoir, einen ähnlichen Dualismus, besonders betreffs der in
tentio, auf thomistischer Grundlage durchführend 306. Petrus
Paludanus, in den Universalien Halbthomist, im Princip der In
dividuation Scotist, in der unitas formae Thomist 311. Johannes
Gratiadei von Ascoli, ein bis zur realistischen Uebertreibung des
Scotismus fortschreitender Halbthomist 313. Johannes Bacon
thorp, halbthomistischer 0bjectivismus 318. Petrus Aureolus,
t :
Wiii Uebersicht des Inhaltes.
durch Polemik gegem , Thomas und gegen Scotus auf einen ver
mittelnden Standpunkt geführt 319; seine Betonung der voa: eae
pressiva conceptus 319, sein Conceptualismus und doch Bekäm
pfung der species intelligibilis 320, scotistisches Princip der
Individuation und thomistische unitas formae 326.
Wilhelm 0ccam, bisher durch theologisirende Geschichtschrei
bung entstellt 327; seine Schriften 329. Die Logik eine prak- .
tische Disciplin 330; dabei aristotelischer Empirismus 332.
Letzter Grund der actus intelligendi 335; psychische Gebilde
(fictum, idolum, simulacrum) dem Objecten schlechthin adäquat
336. Eben hiedurcb aber ein Schwanken zwischen Subjegtivismus
und 0bjectivismus 337. Der actus intelligendi ein inmerés Urtheil
339; Verhältniss des Wortausdruckes zum inneren Worgange 340.
Imp0sitio prima und secunda, sowie intentio prima und secunda
341. Die Universalien 343; nicht „Nominalist“, sondern ,,Ter
minist“ 344. Abstrahirende Thätigkeit 346, ausgedrückt im ter
minus 347; hiemit Uebergewicht des Urtheiles 349. Kritik der
Ansichten Anderer über die Universalien 349, besonders des
Scotus 354. In der eigenem Auffassung betreffs der objectivem
Geltung der Universalien abermals ein Schwanken. 358. Das
Princip der Individuation 359. Die unitas formae 361.
Occam's Compendium der Logik 361. Die Lehre vom terminus
362. Die Universalien 365. Definition und Beschreibung 366;
anderweitige Zusätze, 368., Die Kategorien 369; ursprüngliche
Dreizahl derselben 372. , Die Lehre von der suppositio 373.
Das Urtheil auf byzantinischer Grundlage 379; Eintheilungen
desselben 380, die Negation 381; die Wahrheit der Urtheile 382;
fi
das modale Urtheil 385; die exponiblen Urtheile 386; die Um
kehrung der Urtheile 392, besonders, der modalen 394; das ,
hypothetische Urtheil 396. Die Argumentation 397; der ka
tegorische Syllogismus 397; die modalen Schlüsse 401; ' die
exponiblen Schlüsse 408. Die zweite Analytik 409; die Defi
nition 410. Die Lehre von Consequentiae 411, wobei die Aequi
pollenz und Entgegensetzung der Urtheile 415. Die Topik. 418,
die Induction 418. 0bligatoria und Insolubilia (spätere Interpolationen)
419. Die Sophistik 420.
XVII. ABsCHNITT.
ERSTES AUFTRETEN DES BYZANTINISCHEN, ARISTOTELISCHEN UND
ARABISCHEN STOFFES IM LATEINISCHEN ABENDLANDE.
Hatten die beidem vorhergehenden Abschnitte die Aufgabe, zwei
Gruppen der Litteratur zu schildern, welche vom 13. Jahrhunderte an
den Werlauf der Logik dauernd beeinflussten, — nemlich das byzanti
nische Compendium des Psellus und die das Organon betreffenden Lei
stungen der Araber —, so kann num der geschichtliche Fadem wieder
da anknüpfen , wo wir ihn am Schlusse des XIV. Abschnittes verliessem,
d. h. am der Gränzscheide des 12. und des 13. Jahrhunderts. Nur muss
selbstverständlicher Weise die allbekannte Thatsache hinzugenommen wer
dem, dass gleichzeitig mit den byzantinischen und arabischen Erzeugnissen
auch die sämmtlichem uns zugänglichen Schriftem des Aristoteles und ein
grosser Theil der Commentatorem desselben dem Mittelalter kund wurdem,
so dass hiemit für die Logik all dasjenige, was ich im IV. und im IX.
Abschnitte ausführlich darzustellen versuchte, nunmehr einem belangreichem
Theil der dreifachem neuen Stoff-Zufuhr ausmachte.
Aber eben bezüglich dieses letzterem Quellenkreises drängt sich eine
Bemerkung auf, welehe nicht bei Seite gelassen werden kamm, selbst auf
die Gefahr hin, dass es fast als lächerlich erscheimen mag, Dinge beson
ders hervorzuheben, welche ohmediess Jedermann weiss. Sowie jedoch
häufig gerade die bekanntestem Thatsachem nicht in ihrer ganzen Trag
weite erfasst werden, so kann auch wohl nicht oft genug hervorgehoben
werden, dass das sogenannte Wiedererwachen des Alterthums für Philo
sophie, Mathematik und Naturwissenschaften grösstentheils bereits im 13.
Jahrhunderte eben durch das Bekanntwerden des Aristoteles und der ara
bischem Litteratur stattfand. Und wenn auch die Geschichte der Logik
am betreffendem 0rte es wahrlich micht unterschätzen wird, dass von der
* Zeit der eigentlichen Renaissance am ein frischerer naturalistischer Hauch
weht umd allmälig gar viel scholastischer Phunder über Bord fällt, so ist
doch andrerseits zu bedenken, lass, — um hier von Mathematik, Chemie
und Medicin völlig abzuseliem —, schon seit dem letzten Drittel des 13.
Jahrhunderts die ganze damalige gebildete Welt durch aristotelische Denk
weise geschult wurde und hiedurch hundertfältige Keime wirklicher Phi
losophie einsog.
Welch ein Unterschied gegen die früheren Jahrhunderte liegt schon
darin, dass es mummehr nicht bloss ausschliesslich Logik gab, sondern
damebem mit gleichem Anspruche auf Beachtung jetzt auch Metaphysik,
Physik, Ethik und Politik hintraten! Allerdings war all dieses eben mur
PRANtl, Gesch. III. 1 -
2 - XVII. Die Zufuhr meuem Stoffes.
Aristotelismus, und zwar ein bloss äusserlich aufgedrumgener Aristotelis
mus, welcher daher auch nicht in seiner Tiefe verstandem , ja häufigst
missverstandem und corrumpirt wurde; aber die unwillkürliche Erweite
rung des speculativem Gesichtskreises, welche aus der Beschäftigung mit
dem aristotelischem Schriften floss, ist für die Geschichte der „Philosophie“
jedenfalls von höherem Werthe, als all jener augustinisch-christliche Pla
tonismus, welcher vorher cursirt hatte. Und sicher wäre beim Wieder
erwachen des Alterthumes in der wuchtigen Masse des durch Neuheit
reizendem Stoffes der speculative Sinn ertrunken oder hätte einer boden
losen platonisehen Mystik dem Platz geräumt, wenn nicht mit so grosser
Zähigkeit zwei Jahrhunderte hindurch die Disciplinirung des Denkens sich
durch aristotelisehe Lectiire festgewurzelt hätte.
So müssen wir es allerdings als einem Fortschritt begrüssem, dass aristo
telischer und aristotelisch-arabischer Stoff zugeführt wurde; aber es ist da
mit noch beileibe nicht gesagt, dass es in dieser zweiten Hälfte des Mittelalters
etwa irgend einen „Philosophen* gegehen habe. Demn eine gänzliche Abhän
gigkeit vom der äusserlichen Stoff-Zufuhr ist und bleibt noch auf Jahrhun
derte hin der eigentliche Grundtom, und zwischen den zahlreichen Autorem,
welche ja sämmtlich ohne Ausnahme nur vom fremdem Fette zehren, ist
einzig darim ein Unterschied bemerkbar, dass die Einem schwachköpfig,
wie z. B. Albertus Magnus und Thomas von Aquin , in gedankenloser
Auctoritäts-Sucht die verschielenartigsten Stücke des fremdem Gutes zu
sammenraffem, hingegen Andere, wie z. B. Duns Scotus, 0ceam und Mar
silius, wenigstens scharfsinniger dem dargebotenem Stoff beim Worte zu
mehmen und folgerichtig auszubeutem verstehen. Dass aber, abgesehen
von solchen Gradabstufungen, Alle mur am Gängelbande des zugeführten
Materiales wandeltem, erhellt schlagend schon aus dem Umstande, dass
es in dieser zweiten Hälfte des Mittelalters keinem einzigem reinem Plato
miker gibt (das Zeugniss eines Zeitgenossem hiefür s. untem Anm. 571),
während ums noch im 12. Jahrh. mamcher entschiedene Platonismus be
gegnet war. So mächtig, ja erdrückend, wirkte jetzt die Auctorität des
mit Einem Schlage eröffneten aristotelischem Stoffes, dass es erst der
Auctorität einer abermaligen Stoff. Zufuhr bedurfte, um zur Zeit der
Renaissance durch die florentinische Akademie den Platonismus neu an
zufachem.
Insofern aber neben dem aristotelischem und arabischem Quellenkreise
auch der byzantinische Stoff in seinen Wirkungen zu verfolgen ist, so
wird man wohl glauben, derselbe gehöre bloss der Litteratur der Schul
Bücher an und habe mit dem arabischen Aristotelismus und dem aus ihm
erwachsenden Controversen Nichts zu schaffen ; ja durch dasjenige, was
vorläufig im gegenwärtigen Abschmitte vorgeführt werden wird, könnte
diese Annahme sogar eine Bestärkung zu findem scheinem. Aber das
später Folgende wird zeigen, dass, — was bisher Niemand wusste oder
auch nur ahnte —, jener byzantinische Unsinn sich tief in die logische
Parteispaltumg und somit in die sogenannte Philosophie jener Zeit ver
zweigte, und dass (seit 0ccam und seinen Anhängern) die Kenntniss
des byzantinischen Materiales der einzige Schlüssel sei, durch welchen
die oft beklagte Unverständlichkeit mancher Schriften und einzelner Stellen
allein gelöst werden kann,
XVII. Die Uebersetzungen. 3
Doch ich will nicht weiter vorgreifen, sondern in Fortsetzung mei.
nes bisherigen Werfahrens sofort beginnem, Alles Einzelne dadurch ge
schichtlich darzustellen, dass ich es auf die Quellen zurückführe, aus
welchem es stammt.
Was nun hiemit zunächst jene äusserliche Seite der Wermittlung
betrifft, welche in blosser Uebertragung des dreifachem neuen Materiales
besteht, so wird bei dem Compendium des Psellus sich uns diese Frage
ummittelbar mit der Darstellung des Inhaltes verbinden müssen. Hingegen
bezüglich der arabischen Litteratur umd der aristotelischen Werke wird es
hier genügen, mur wenige unerlässliche Bemerkungen vorauszuschicken;
demn sowie die Thätigkeit, welche im 13. Jahrhunderte sich um das
arabisch- lateinische oder griechisch-lateinische 0rgamon des Aristoteles
drehte, überwiegend mur eine commentirende war, so besteht auch unsere
Aufgabe hauptsächlich darim, auf Grundlage der notorischen Thatsache,
dass die aristotelischen und die arabischen Schriften manigfach übersetzt
wurdem, dem inhaltlichen Folgen und Ergebnissen dieses erweiterten Ge
sichtskreises machzuspüren; auch erscheint es ausserdem als unthumlich,
die Untersuchungen, welche Jourdain in seinem bekannten Werke über
die einzelnen Uebersetzer angestellt hat '), hier etwa auszuschreiben. Somit
mag mur in Kürze daran erinnert werdem, dass die betreffenden Leistungen
der Araber für das Ende des 12. oder den Anfang des 13. Jahrhunderts
den Lateinern bereits durch G u m disalvi und seinem Gehülfem Johannes
Aven death (s. vorig. Abschn. Anm. 66) übermittelt warem, welche in
der Mitte des 12. Jahrh. Uebersetzungen angefertigt hatten *), sowie dass
der Gesammt-Complex der Werke des Aristoteles ongefähr seit 1220—1225
in lateinischer Uebertragung zugänglich war *), wobei, wie Jedermann weiss,
sich Friedrich II. durch einflussreichste Förderung der aristotelischen
Litteratur die grösstem Werdienste erwarb 4).
Allerdings jedoch bleibt gerade, was das 0rganon betrifft, noch mamche
Frage übrig; demm die Annahme, dass man ohnediess für diesen Theil
der aristotelischen Philosophie die Uebertragung des Boethius besessen
habe, und somit einerseits die Anfertigung neuer Uebersetzungen über
flüssig gewesen sei umd andrerseits die litterarische Untersuchung über
diesen Punkt kürzer hinweggehen könne, mussten wir schon längst obem,
Abschn. XIV, Anm. 2—34, auf eine sehr wesentliche Beschränkung zurück
führem, indem die boethianische Uebersetzung der Hauptsehriften des 0r
ganons, d. h. der beidem Analytikem und der Topik mebst Soph. El., vor
dem 12. Jahrhunderte gänzlich unbekannt gewesen war, hingegen seit
dem ersten Drittel jenes Jahrhunderts diese Bücher theils in dem Gewande
des Boethius und theils in manigfachen neuem Uebersetzungen zugänglich
wurden. Die memliche Sachlage, welche zur Zeit des Johannes v. Salesbury
1) Am. Jourdain, Recherches critiques sur l'âge et l'origine des traductions latines -
d'Aristote. 2. Aufl. (v. Charles Jourdain). Paris 1843.
2) Ebend. p. 107 ff. Wenn aber Jourdain meinte, Gundisalvi habe ein selbst
ständiges Werk über Logik verfasst, so scheint diess aus den won ihm angeführten
Worten (p. 113 u. p. 451) nicht mit Sicherheit geschlossen werden zu können.
Uebrigens vgl. auch die oben (Abschm. XVI, Anm. 2) angeführten Arbeiten Munck's.
3) Jourdain, p. 212.
4) Näheres über dem oft gedruckten Brief Friedrich's II. s. ebend. p. 152 ff. '
1*
4 XVII. Die. Uebersetzungem.
bestamd, kehrt auch im 13. Jahrh. wieder, d. h. wir treffem nebem Be
mützung des gesammten boethianischem Textes auch die Herstellung neuer
Uebertragungen des 0rganons, mur kömmt bezüglich der letzteren der
meue Umstand hinzu, dass num sowohl aus dem Griechischen als auch aus
dem Arabischen übersetzt wurde. Dass noch zu Anfang des 13. Jahrh.
in der memlichen Weise wie in der zweitem Hälfte des 12. zwei Theile
des aristotelischen 0rgamons unterschiedem wurdem, erhellt augenfällig aus
den Statutem der Pariser Universität v. J. 1215, welche der päpstliche
Legat Robert v. Courgon im Ermeuerung früherer Bestimmungen (v. J. 1209)
erliess; demm wenn daselbst ausdrücklich von einer „altem“ und einer
„neuem* Logik des Aristoteles die Rede ist *), so erscheint es für jenen
Zeitpunkt schlechterdings als unmöglich, an etwas Anderes zu denken, als
eimerseits an die von Alters her ununterbrochen cursirendem Bücher und
andrerseits an jene ongefähr seit Abälard allmälig bekannt gewordemen
übrigen Theile des 0rgamons, mochten dieselben num aus Handschriften
der Werke des Boethius hervorgezogen oder durch neue Uebersetzungen
dargeboten wordem sein, — kurz die beidem Analytiken nebst Topik und
Soph. El. waren ebem damals im Vergleiche mit der älteren Tradition
moch das neue Material, und die Ausscheidung ist die nemliche, welche
wir bereits obem, Abschn. XIV, Amm. 26 u. 56, trafen (vgl. untem Anm.
103 u. Abschn. XIX, Anm. 93 ff.). Somach wird meben dem allgemeinen
Einflusse, welchen die arabisch-lateinischem Uebersetzungen auf dem Gesammt
Complex der aristotelischen Logik ausübtem, moch eim besonderes Augen
merk auf die letztgenannten Bücher des 0rganoms zu richtem seim.
- In dieser Beziehung nun ist zu erwähnen, dass wir allerdings um
das Jahr 1232 eine neue Uebersetzung des 0rganons treffem, welche ein
gewisser An toli anfertigte und an Friedrich II. übersandte "). Doeh fand
hinwiederum auch die boethianische Uebersetzung ihre Werwendung, denn
wie wir schon oben (Abschn. XIV, Anm. 23 f.) sahen, dass dieselbe we
nigstens in Frankreich (micht aber in Italien) ans Licht gezogen wurde,
so ist sie auch in der That vom Albertus Magnus bei seiner Bearbeitung
des ganzen Organoms zu Grunde gelegt, wie der aufmerksame Leser dieser
Paraphrasen (— denn mur commentirende Paraphrasen simd es, was Al
bertus lieferte —) bei jedem Schritte erkennem muss, ohme hiezu
eines späterem ausdrücklichem Zeugnisses zu bedürfen "). Aber zugleich
spricht der nemliche Albertus in der zweitem Analytik nicht bloss wieder
holt won einer (auf Alfarabi beruhenden) ,,Arabica translatio“ *), sondern
er vergleicht auch ausdrücklich die boethianisehe Uebersetzung mit einer
5) Bulaeus, Hist. univ. Paris. III, p. 82: El quod legant libros Aristotelis de
dialectica tam veteri quam nova in scholis ordinarie et non ad cursum; legant etiam
in scholis ordinarie duos Priscianos vel alterum ad minus. Non legant in festivis
diebus nisi philosophos et rhetoricas et quadrivalia et barbarismum et ethicam, si
placet, et quartum topicorum. Non legantur libri Aristotelis de metaphysica et naturali
philosophia nec summa de eisdem aul de doctrina magistri David de Dinant aul Al
marici haeretici aut Mauritii Hispani (s. Amm. 17).
6) Jourdain, p. 164 f. -
7) S. dasselbe am Schlusse der Anm. 14.
8) Anal. p0st. I, 1, 3, p. 519 b (0pp. ed. Jammy, Lugd. 1651, Vol. I.). Ebend.
2, 13, p. 543 a. Ebend. 5, 8, p. 603 a. Ebend. II, 2, 3, p. 620 b u. 5, 624 b u.
7, p. 627 b.
XVII. Die Uebersetzungen. 5
griechisch-lateinischen, welche „Johannes“ angefertigt habe °); und wir
fürchten nicht zu irren , wenn wir in Letzterem , dem Johanne s Ba
sin gestoke s erblicken, welcher ein Zeitgenosse und Freund des Robert
Capito (s. über diesen letzteren untem Amm. 334 ff.) war und um d. J.
1240 blühte '"). Einen weiterem Beleg dafür, dass betreffs der Analytiken
die boethianische Uebersetzung in Umlauf kam 11), bietet neben dem so
eben genanntem Robert Capito selbst (s. hierüber Anm. 338 f.), ja auch
der Commentar des Thomas v. Aquin dar, denn auch dieser fusst auf
keiner anderen Uebertragung '*); aber daneben wiederholt sich der nem
liche Umstand wie bei Albertus, indem auch Thomas gelegentlich auf eine
anderweitige griechisch-lateinische Uebersetzung hinweist '°), wobei wir
jedoch keinenfalls am jene Uebersetzung der aristotelischen Werke denken
dürfen, welche allerdings auf den Wunsch des Thomas, aber erst in den
letzten Lebensjahren desselben , memlich i. J. 1271, vom Heinrich von
Brabant angefertigt wurde 14). Hingegen ist wohl anzumehmen, dass
seit der Anregung , welche Friedrich II. gegeben hatte, fortwährend an
verschiedenem 0rtem durch Manche, von welchen wir micht einmal die
Namen kennem, neue Uebertragungen zu Tage gefördert werden konntem '°).
Auch erstreckte sich, wie wir bestimmt wissem, dieses Bestreben in Bälde
sogar auf eimige Commentatoren des 0rganons, denn schon i. J. 1266
findem wir griechisch-lateinische Uebersetzungem des Simplicius ad Ar.
Categ. und des Ammonius ad libr. de interpr. mebem einer jedenfalls
noch früher in Umlauf gekommenem arabisch-lateinischem des Themistius
ad Anal. post. 1°). Jedenfalls jedoch werden wir untem, soweit es nöthig
9) Ebend. I, 4, 9, p. 519 b: Unde quidam libri habent sic: (es handelt sich
um die Stelle b. Arist. Am. post. I, 19, p. 82 a 10; bei Boeth. 0pp. p. 535)...... Et
haec littera melior est, et est translatio Joannis a Graeco facta sicut translatio Boetii.
Ebend. II, 2, 5, p. 624 b : Arabica translatio non habet ,,montis“ (s. Arist. An. post.
II, 7, p. 92 b 22; Boeth. p. 548), sed dicit...... Huius enim est eæpositio commenti
Arabici, et in hanc magis consentit Boetii translatio et etiam translatio Joannis.
10) Nähere Nachweise über denselben und insbesondere über seinen Aufenthalt
im Griechenland s. b. Jourdain p. 62 f.
11) Auch Jourdain berichtet (p. 166), er selbst habe in den Handschriften der
Pariser Bibliothek nur die Uehersetzung des Boethius gefunden. -
12) Einzelne Abweichungen in dem beigedruckten Texte der ,,vetus translatio“
könnem mur als handschriftliche Wariantem bezeichnet werdem.
13) Anal. post. I, lectio 6, § c (f. 20 v. ed. Rom.): Littera sic evponitur (d. h.
Arist. An. post. I, 2, p. 72 a 32; Boeth. p. 523)..... In graeco planius habetur sic
etc. Uebrigens hat Thomas v. Aqu. auch bei dem Buche De interpr. andere Texte
neben dem boethiamischen benützt, s. dortselbst I, lectio 13, § c (f. 11 r.), u.
II, lect. 2, § d (f. 16 r.).
14) Aventin. Ann. Boior. VII, 9 (Lips. 1710, p. 673); Anno Christi 1271 Haen
ricus Brabantinus dominicanus rogatu D. Thomae e graeco in latinam linguam de
verbo ad verbum transfert omnes libros Aristotelis. Usus est Albertus veteri trans
lutione, quam Boethianam vocant. Die Commentare des Thomas hingegen fallen
schon ongefähr um d. J. 1262 (s. Jourdain, p. 395).
15) Dass aber auch der bekannte Murbeka (um 1270) ausser den übrigen
Werken des Aristoteles das 0rganon übersetzt habe, scheint J. G. Schneider (Arist.
hist. an. Vol. I, p. CXLII. u. Arist. Polit. Vol. I, p. XXV f.) irrthümlich angenommen
zu haben. Eine anderweitige Werwechslung des Murbeka mit dem so eben genannten
Heinrich v. Brabant hat Jourdain (p. 66) beseitigt.
16) S. Jourdain, p. 73 f. u. p. 166. Was Iden Themistius betriffi, s. untem
Anm. 336.
6 XVII. David von Dinant. Amalric von Bem.
ist, zuweilem auf die Frage zurückkommen, ob die boethianische oder eine
anderweitige Uebersetzung benützt wordem sei.
Ein Ereigniss aber, welches bezüglich des Studiums und der Auf.
nahme aristotelischer Philosophie im Anfange des 13. Jahrh. von einiger
Wichtigkeit war, dürfen wir nicht ganz unerwähnt lassen, wenn auch
schliesslich nur zu dem Zwecke , um zu bemerken, dass die Geschichte
der Logik von demselben nicht berührt wurde. Wenn nemlich (nicht
ohne Zusammenhang mit der Bekämpfung der Albigenser) seit d. J. 1209
mehrmals die Kirche ein Werbot gegen gewisse Abzweigungen der aristo
telischen Litteratur ergehen liess, und sich hiemit jene fanatischen Maass
regeln verbanden, welche gegem David v om Dinant und gegem Amalric
von B en getroffen wurden, so hat sich durch genauere Forschungen zur
Genüge herausgestellt, nach welcher Seite hin jene Beschränkungen ge
richtet gewesen seien !"). Und sowie die pantheistischem Anschauungen
der beiden genanntem „Ketzer* an sich mit der Entwicklung der Logik
Nichts zu schaffen haben, sondern der Ontologie oder der sog. Metaphysik
angehören, so bleibt für unserem hiesigen Zweck nur jene Beziehung übrig,
in welcher mäher oder entfernter die Eins-Lehre des David und des Amalric
mit der Auffassung der Universalien stand. Indem aber der theologische
Hass die Wernichtung der Schriftem jemer beidem Männer in erwünschtester
Vollständigkeit zu bewerkstelligen verstand, sind wir über dieselben nur
auf wenige orthodox- polemische Berichte beschränkt, welche , überdiess
hauptsächlich bloss das theologische Gebiet betreffen; und selbst bei den
etlichen kargen Himdeutungen, welche uns zu Gebote stehem, bleibt die
Möglichkeit, dass wir von Albertus Magnus und Thomas v. Aquin ange
logen sind. Soweit es demnach als beglaubigt gelten mag, dass David
v. Dinant mit syncretistischer Benützung antiker Aussprüche einen durch
gängigen Pantheismus kundgab '°), und dass er zur Begründung dieses
17) Sowohl über die oben (Amm. 5) angeführte Stelle als auch über die übrigen
einschlägigeu Quellen-Berichte s. das Nähere b. Jourdain, p. 187 ff., sowie eine
richtige Darstellung der ganzen Angelegenheit b. Hauréau, De la phil. scolast. I,
p. 391 ff., woselbst auch (p. 405) in treffender Weise das gegen Scotus Erigena
gerichtete kirchliche Werdammungs- Urtheil beigezogen ist. Ausserdem vgl. auch
J. H. Kroenlein, De genuina Amalrici a Bena..... Davidis de Dinant0 doctrina. Giessen
1842. u. v. dems. in d. ,,Theol. Studien u. Kritiken** 1847.
18) Albert. M., Phys. I, tract. II, c. 10, p. 23 b (0pp. ed. Jammy, Vol. II): Has
autem opiniones sic eaeplanat Aleaeander in quodam libello, ubi omnia unum esse,
quod est materia, probare intendit, et David de Dinanto in libro Atomorum (zu lesen
Tomorum, s. d. folg. Anm.). Ebend. Summ. theol. Pars II, tract. I, quaest. 4, c. 3,
p. 62 f. (Vol. XVIII): Deinde quaeritur de erroribus Epicureorum et maæime de an
tiquo errore Anaæimenis, qui nuper per quendam David de Dinanto renovatus est, qui
diacit, deum et materiam primam esse idem, inducens super hoc antiquum Anaaeime
nem, qui diavit, omnia esse unum (bei der kopflosen Abschreiber-Thätigkeit des Al
bertus ist es micht zu werwumdern, wenn derselbe bald einem Alexander bald die
Epikureer und bald den Anaximenes als antike Gewährsmänner jener Ansicht be
zeichnet, während- natürlich ein Wiertes das Richtige ist, d. h. nur Parmenides ge
meint sein kann, s. d. folg. Anm.)...... Ad hoc etiam inducit versus quosdam, qui
scripti leguntur in templo Palladio..... ; dicit etiam, quod refert Plutarchus, quod
vetustissimi philosophorum interpretati fuerunt, illud fuisse dictum de deo, qui peplo
tectus est...... Tertio pro se inducit versus 0rphei, in quibus, ut dicit, deum uni
versum esse affirmat..... Quarto pro se inducit, quod longo tempore post Lucanus
eosdem versus operi suo inseruit...... Quinto inducit pro se Senecam sic dicentem etc.
XVII. David von Dinant. Amalric von Ben. - 7
Standpunktes die Allgemeinheit des Stoffes und die , Allgemeinheit des
Geistigen als das Form-fähige (formabile) bezeichmete, aus welchem das
Einzelne hervorgehe, und zugleich in diese Formfähigkeit mach beidem
Seiten den Begriff des potenziellen Stofflichem verlegte, so dass schliess
lich hierin jenes beiderseitige Allgemeinste zusammentreffe, da ja bei Am
nahme eines dualistischem Principes zuletzt ein (gemeinschaftlicher) poten
zieller Stoff des (beiderseitigen) potenziellen Stoffes sich ergebe '°), so
ist ersichtlich, dass David die äusserste metaphysische Consequenz des
logischen Realismus zog und somit nur Dasjemige rund und voll aussprach,
was bereits bei Wilhelm von Champeaux deutlich genug im Keime vorlag
(s. Abschn. XIV, Anm. 106 f. u. 283). Auch Amalric von Ben scheint
vom einem gleichen extravagantem Realismus ausgegangen zu sein, denn
wenn auch berichtet wird, er habe den pantheistischem Gottesbegriff nicht
wie David als materielles, sonderm als formales Princip verstandem *"), so
ging doch auch bei ihm die Motivirung darauf himaus, dass Gott jenes
oberste Universale sei, in welchem alles Einzelne zur Identität zusammen
laufe *'). Wielleicht auch hätte es dieser damalige Pantheismus zu einer
19) Ebend. Summ. theol. Pars I, Tract. IV, Quaest. 20, p. 76 (Vol. XVII): Alea
ander in qu0dam libello, quem fecit de principi0 inc0rp0reae et corporeae substantiae,
quem secutus est David de Dinanto in libro, quem scripsit de Tomis, h. e. de Divi
sionibus (hiernach wählte David: sogar fast die nemliche Ueberschrift wie Scotus
Erigena bei seinem Werke De divisione naturae; s. Hauréau a. a. 0. p. 414), dicit,
deum esse principium materiale omnium. Quod probat sic: quia noys, h. e. substantia
mentalis, primum formabile est in omnem substanliam incorpoream, primum autem
formabile in res alicuius generis primum materiale est ad illa, noys erg0 primum prin
cipium est ad omnes incorporeas substantias. Materia autem possibilis ad tres dimen
siones primum formabile est in omnes corporales substantias; ergo est primum materiale
ad illas. Quaero ergo, si noys et maleria prima differunt annon. Si differunt, sub aliquo
communi, a quo illa differentia egreditur, differunt; et illud commune per differentias
formabile est in utrumque; quod autem formabile est in plura, materia est vel ad minus
principium materiale..... Si ergo dicatur una materia esse materiae primae et noys, erit
primae materiae materia et hoc ibit in infinitum; relinquitur ergo, quod noys et materia
prima sunt idem. Similiter deus et materia prima et noys differunt aut non u. s. f.
Thomas Aqu., Summa c. gent. I, 17, f. 18 r a (0pp. ed. Rom. 1570. Vol. IX): In
hoc autem insania David de Dinanto confunditur, qui ausus est dicere, deum esse
idem quod prima materia, ea, hoc, quod si non essent idem, oporteret differre ea
aliquibus differentiis, et sic non essent simplicia, nam in eo quod per differentiam
ab alio differt, ipsa differenlia compositionem facit. Hoc aulem processit eae ignorantia,
qua nescivit, quid inter differentiam et diversitatem intersit. Ebend. Sentent. II, Dist. 17,
quaest. 1, art. 1, f. 53 a (Vol. VI, 2): Quorundam antiquorum philosophorum error
fuit, quod deus esset de essenlia omnium rerum,..... ut Parmenides diacit; et illos
eliam antiquos philosophos secuti sunt quidam moderni, ut David de Dinanto. Divisit
enim res in partes tres, in corpora, animas et substantias aeternas separatas; et
primum indivisibile, eae quo constiluuntur corpora, diacit ylen, primum autem indivi
sibile, eæ quo constituuntur animae, dizit noym vel mentem, primum autem indivisi
bile in substantiis aeternis divit deum; et haec tria esse unum et idem, ea, qu0 iterum
consequitur, esse omnia per essentiam unum.
20) Thom. Aqu., Summ. theol. Pars I, Tract. I, quaest. 3, art. 8, f. 16 r a
(Vol. X): Quidam enim posuerunt, quod deus esset anima mundi...... Alii autem
diverunt, deum esse principium formale omnium rerum, et haec dicitur fuisse opinio
Almarianorum (zu lesen Almaricianorum). Sed tertius error fuit David de Dinanto,
qui stultissime posuit, deum esse materiam primam.
21) Marlin. Polon., Chron. d. h. Supputationes (ed. Basil. 1559 fol.) p. 209 ff.:
Damnavit etiam (sc. Innocentius tertius) Almaricum quendam Carnotensem cum sua
doclrina, sicut habetur in decretali ,,Damnamus“. Qui Almaricus asserit, ideas, quae
8 XVII. Balduim. Liber de causis.
näheren logischen Formulirung, — gleichsam bereits zu einem Spinozis
mus —, gebracht, wenn nicht die 0rthodoxie unterdrückend entgegen
gestanden wäre. Wenigstens finden wir einen gewissen Balduin als
Schüler des David angeführt, welcher (soweit der unlautere Bericht über
ihn überhaupt einem Sinn haben kann) sich auf den Begriff des Ein
fachem gestützt zu haben und hiemit der ganz vernünftigen Ansicht ge
wesen zu sein scheint, dass es micht zwei oder drei Absolute, sondern
eben nur Eines geben könne **).
Insofern aber David von Dimant sich auf ältere griechische Aussprüche
berief (s. Anm. 18), welche grösstentheils mur durch Wermittlung der
Araber zu seiner Kenntniss gekommen sein konntem, so liegt ums hierim
die Brücke zu dem Buche ,, De c a u s i s “, welches wegen seiner ara
hischen Herkunft wohl schon obem in Kürze erwähnt wurde (vor. Abschn.,
Anm. 404), aber nun hier darum in Frage kommt, weil es als ein Be
standtheil der neuerwachenden Gesammt- Philosophie des Aristoteles galt
und wirkte *°). Das Einzige jedoch, was aus dem Inhalte dieses Buches
hieher gehört, ist gleichfalls die Anschauumg eines extremem Realismus,
denn die platonisch-arabische Mystik, welche dort bezüglich des Gottes
begriffes und der Welt-Intelligenz ausgesprochen wird, liegt auf einem
anderweitigen Gebiete. Insoweit nemlich der unbekannte Werfasser über
haupt ein logisches Motiv verfolgte, stand er lediglich auf der platonischen
Tabula logica des Porphyrius, wornach (lie Stufenfolge vom höchsten
Allgemeinstem bis zum niederstem Einzelnsten durch die Wirkung des art
machendem Unterschiedes (— diversificari —) hergestellt wird 24). So soll
dann der intelligible Gehalt des Einzelmen nicht an sich selbst schon als
ein Wielfältiges, sondern als Causalität der Wervielfältigung gedacht und
diese Causalität schliesslich auf die Eine höchste Intelligenz zurückgeführt
sunt in mente divina, creare et creari (auch diess erinnert an Scotus Erigena);
..... diacit etiam, qu0d ide0 finis omnium dicitur deus, qu0d omnia reversura sunt
in eum, ut in deo incommutabiliter quiescant, et unum individuum atque incommuta
bile in e0 permanebunt; et sicut alterius naturae non est Abraham, allerius Isaac,
sed unius ac eiusdem, sic diacit omnia esse unum et omnia esse deum; divit enim,
deum esse essentiam omnium creaturarum et esse omnium.
22) Albert. M., Summ. theol. a. a. 0. (Amm. 18): Discipulus autem eius (d. h.
des David) quidam Balduinus nomine, contra me ipsum disputans talem .... induvit
rationem, quod, quaecunque sunt et nullo modo differunt, sunt eadem ; deus et ma
teria prima et noys sunt et nullo differunt; ergo sunt eadem..... Quod autem nullo
modo differant, sic nitebatur probare: quaecunque nullam differentiam habent, nullo
modo differunt; ..... simplicia autem prima nullam differentiam habent, quia si dif
ferentiam haberent, c0mp0sita essenl; deus, hyle, noys, simplicia prima sunt; ergo
nullam habent differentiam ; ergo nullo modo differunt, et sic per consequens eadem
sunt; et hoc est pr0p0situm eius.
23) Näheres über das Buch De causis überhaupt (abgesehen won einigen Be
merkungen bei Jourdain, a. a. 0. p. 183 ff., 195, 445 ff.) s. bei Haneberg in d.
Sitzungsberichten d. Münchner Akad. 1863, Bd. I, p. 361 ff.
24) De Caus., Propos. 4 (Arist. 0pp. lat. Venet. 1552. Vol. VII, f. 115 r):
0mne qu0d sequilur causam primam, est intelligentia completa in ullima potentia et
reliquis bonilalibus, et formae. intelligibiles in ips0 sunt laliores et vehementius uni
versales ..... Et quia diversificatur intelligentia, fit in e0 forma intelligibilis diversa;
et sicut ea, forma una propter hoc, quod diversificatur in mundo inferiori; proveniunt
individua infinita in multitudine, similiter eae esse causato primo propterea, quod
diversificatur, apparent formae intelligibiles infinitae.
XVII. Liber de causis. Die Macht des neuem Stoffes. 9
werden; und die Gradabstufung, welehe zwischen den höherem und dem
niedrigerem Universalien besteht, muss zuletzt in einer pantheistischen
Einheit verschwindem, indem (— was einigermaassen an die Status-Lehre
erinnert, s. Abschn. XIV, Anm. 129 f. —) jenes Nemliche, was weiter
abwärts in particulärer Weise existirt, zugleich nach Oben in universeller
Weise bestehe *°). Die Frage aber, wie hiebei meben der Ewigkeit der
intelligiblen Universalien die Zeitlichkeit des concretem Seiendem sich er
kläre, wird nothwendiger Weise durch die mystische Annahme eines
Mitteldinges abgethan, welches seiner Substanz nach das Ewige enthalte,
in seiner Thätigkeit aber in die Zeit falle *°). Won selbst versteht es sich,
dass der Werfasser des Buches den Begriff der Intelligenz oder des In
telligiblen durchweg nur in objectivem, realistischem Sinne nehmen konnte
und daher die Universalien ausserhalb der Einzeln-Dinge in das reine gött
liche Denken verlegen musste (s. vor. Abschn. Anm. 404).
Gerade aber das Buch „De causis“, welches Thomas v. Aquin selbst
zum Gegenstande seiner commentirenden Thätigkeit machte, dient uns als
Beleg dafür, dass die erwähnten kirchlichen Verbote und Maassregeln mit
der Logik als solcher Nichts zu schaffem hattem. Jene Zeit war in sich
selbst so unklar und umreif, dass man gewisse Consequenzen, welche
innerlich längst nothwendig sich hätten ergebem müssem, erst dann be
merkte , wenn sie mit dürren Wortem deutlich ausgesprochen wurden.
Und der Kampf oder Wertilgungs-Fanatismus richtete sich damn glücklicher
Weise auch nur gegen solche bestimmt hervorgetretene Consequenzen,
während man die Basis derselben ruhig gewähren liess und selbst in
ungenialem Fleisse reichlichst einsog. Die Unfähigkeit, einen Gedankem
bis an sein Ende folgerichtig hinauszudenken, kann sicher nicht deut
licher hervortreten, als wenn man wie Albertus Magnus oder Thomas v.
Aquin und hundert Andere zugleich Aristoteliker und zugleich trimitäts
gläubig sein zu können vermeinte. Aber weil die Macht der Tradition,
— das alleinige geistige Motiv für das Mittelalter —, nach beidem Seitem
25) Ebend. Prop. 8 (f. 115 v): Bonitates, quae descendunt super intelligentiam
a causa prima, sunt intelligibiles in ea, et similiter res corporeae sensibiles sunt in
intelligentia intelligibiles ; quod est, quoniam res , quae sunt in intelligentia, non
sunt impressiones ipsae, imo sunt causae impressionum. Prop. 9 (f. 116 r): In
telligentia est princeps rerum, quae sunt sub ea, et relinens eas et regens eas,
sicut natura regit res, quae sunt sub ea, per virtutem intelligentiae, quia similiter
intelligentia regit naturam per virtutem divinam. Danm Prop. 10 (f. 116 r): 0mnis
intelligentia plena est formis; verumtamen eæ intelligentiis sunt, quae continent
formas plus universales, et ea, eis sunt, quae continent formas minus universales.
Quod est, quoniam formae, quae sunt in intelligentiis secundis inferioribus' per modum
particularem, sunt in intelligentiis primis per modum universalem, et formae, quae
sunt in intelligentiis primis per modum universalem , sunt in intelligentiis secundis
per modum particularem.
26) Ebend. Prop. 30 (f. 118 v): Et non est possibile, ut substantias sempi
ternas, quae sunt supra tempus, sequantur substantiae creatae in tempore nisi me
diantibus substantiis temporalibus sempiternis in tempore; et istae quidem substantiae
non sunt factae mediae, nisi quia ipsae communicant substantiis sublimioribus in
permanentia et communicant substantiis temporalibus abscissis in tempore per gene
rationem. Prop. 31 (f. 119 r): Inter rem, cuius substantia et actio sunt in momento
aeternitatis, et inter rem, cuius substantia et actio sunt in moment0 temporis, eaei
stens est medium, et est illud, cuius substantia est eæ momento aeternitatis et ope
rati0 eae moment0 temporis.
10 XVII. Die Macht des neuen Stoffes. Wilhelm Shyreswood.
vorlag und wirkte, so klebte man auch naiv genug die beiden Quellen
aufeinander, und sowie die an sich consequente 0pposition gegen die
antike Logik bei den christlichen Theologen von Anfang an nie völlig
hatte durchdringen können, so war num beim Beginne des 13. Jahrhun
derts die arabisch- und griechisch-lateinische Tradition des Aristotelismus
so überwältigend eingetreten, dass man weit eher das christliche Dogma
in aristotelische Formen goss, als dass mam sicli principiell dem antiken
Anschauungen verschlossen hätte. Und vor Allem musste hiebei gerade
die Logik, deren Zusammenhang mit der Philosophie man ja bereits seit
Boethius ausser Augen verlorem hatte, nicht mur nicht als gefährlich, son
dern vollends als umentbehrlich betrachtet werden. Nur mochten wohl
Anfangs strengere Zeloten darüber wachen, dass in den Worträgen über
Logik nichts Thcologisches beigemischt werde, noch auch umgekehrt*").
Indem somit für den Betrieb der Logik keinerlei Störung durch
jeme Verbote eintrat, sondern im Gegentheile aus dem neu zugeführten
Materiale mur eine Steigerung erwachsen konnte, wäre bezüglich der
geschichtlichen Darstellung noch immerhin die Frage offen, in welcher
Reihenfolge die Wirkungen des neuem Materiales hier vorzuführen seien,
insoferne dieselben ja sämmtlich in den memlichen Jahrzehnten sich gel
temd machten. Zweckdienlicher scheint in dieser Beziehung zu sein,
dass wir vorerst die Uebertragung der byzantinischen Logik näher be
trachten und erst hernach den gleichzeitigen Einfluss der aristotelischen
und der arabischen Studien erörtern; denm bei solcher Anordnung des
geschichtlichen Stoffes wird es möglich sein, einerseits eine allzugrosse
Zersplitterung zu vermeiden, und andrerseits es anschaulich zu machem,
wie die Parteispaltung sich auch durch die Logik des Petrus Hispanus
modificirte.
Den Einem Quellenkreis somit bildete für die Logik seit dem 13.
Jahrhunderte jener byzantinische Stoff, welchen Psellus darbot. Und
sowie es sehr zu beachten ist, dass auch von den Alchimistem jener
Zeit anderweitige Schriften des Psellus benützt wurden *°), so hatte
auch die Logik desselben schon viel früher umd in weit reicherem
Maasse, als man bis jetzt auch mur ahmen konnte, ihre Werbreitung im
Abendlande gefundem.
Die älteste lateinische Bearbeitung des Compendiums des Psellus,
welche mir bekannt ist, wurde durch Wilhelm Shyres w oo d (gest.
1249) veranstaltet *°). Aber sowie mir die Existenz seiner noch umge
27) D'Argentre, Coll. iudiciorum de nov. error. (Paris. 1728 fol.) I, p. 158 f.
theilt aus handschriftlicher Quelle das Werdict mit, welches i. J. 1247 gegen einen
gewissen Johannes de Brescain (?) gefällt wurde, ,,ne puritas studii, quae hactenus
Parisiis viguit, eae praesumptione quorundam, qui theologica logicis inserentes non
inlelligunt neque quae loquuntur neque de quibus affirmant, errorum sordibus macu
letur; ...... quandoquidem logici theologice et theologi philosophice in suis disputa
tionibus procedentes contra praeceplum legis sortes dominicae haereditatis miscere et
confundere non formidant.“
28) S. Kopp, Gesch. der Chemie, ll, S. 156. Man schrieb ja damals diesem
jüngeren Psellus auch die Schrift IIsQi %t9aov övvóustov zu, welche jetzt nicht
mit Unrecht für ein Werk des älteren (im 9. Jahrh.) gehalten wird.
29) Er war in Durham geborem, studirte in Oxford, lehrte hierauf in Paris
mnd starb als Kanzler in Lincoln. S. 0udin, De scriptt. eccl. III, p. 116 ff. Roger
XVII. Wilhelm Shyreswood. 11
druckten Schrift mur durch eine gelegentliche Notiz *°) kund wurde, muss
ich hier wie überall die Möglichkeit offen lassen, dass durch Ausbeutung
der Bibliotheken meine Forschung moch gar manehe Ergänzung oder Be
richtigung erfahren kanm und somit vielleieht dereimst eine noch ältere
Wirkung des Psellus , im lateinischen Abendlande nachgewiesen wird.
Wenigstens ist es eine eigenthümliche Thatsache, dass die in der Syllo
gistik üblichen Memorialworte (— ihr griechisches 0riginal s. oben Abschn.
XV, Anm. 46 ff. —), welche man bisher stets dem Petrus Hispanus zu
geschrieben hatte, und ebenso einige Memorial-Verse bereits hei Wilh.
Shyreswood sich finden; und da man ihn doch wieder unmöglich für
den Erfinder derselben halten kann (— denn dagegen streitet seine Aus
drucksweise bei Anführung derselben, s. untem z. B. Anm. 40 u. 44,
auch Anm. 112 —), so bleibt mur die Annahme übrig, dass sicher schon
ein paar Jahrzehente früher das Compendium des Psellus in den ahend
ländischen Schulen im Umlaufe gewesen sein muss, wobei danm jene
technischen Worte irgendwie ausgedacht wurden und in allgemeine Uebung
kamen (s. bes. untem Amm. 52 u. 91 ff.). Indem mir daher der bisher
noch nicht bekannte Wilhelm Shyreswood mur als der relativ älteste Re
präsentant einer verbreiteten Schul-Litteratur geltem kann, glaube ich aller
dings vom meinem Grundsatze, wornach ich mich auf Gedrucktes be
schränke, eine Ausnahme machen zu müssem; jedoch kanm es dabei nicht
meine Absicht sein, hier gleichsam eine Ausgabe der ganzen Schrift Wil
helm's aus der vom mir benützten Pariser Handschrift*') zu veranstaltem,
sondern ich beschränke mich, zumal da ja die folgemden Jahrhunderte
sich doch nur ausschliesslich an Petrus Hispanus hieltem, auf den wesent.
lichen Gang des Inhaltes und einige Haupt-Stellem, um dem Leser die
Einsicht in diesem wahrhaften Worläufer des Petrus Hispanus zu ermög
lichen (vgl. Abschn. XV, Anm. 5). Ebenso werde ich es bei Lambert
v. Auxerre und einigen anderen handschriftlichem Mittheilungen halten.
Wilhelm Shyreswood jedoch bietet nicht, wie Petrus Hispanus, eine
durchgängig wörtliche Uebersetzung des Psellus (lar, sondern folgt dem
selben nur im Ganzen den Sinn getreu wiedergebend. So ersetzt er
sogleich die Anfangszeilem des griechischen Originales (Abschn. XV, Amm. 6)
durch eine etwas längere Einleitung, in welcher er an die Doctrin der
Araber sich anlehnend die Syllogistik als die wesentliche Aufgabe der
Logik und die Einsicht in die einfachstem Bestandtheile des Schlusses als
Worbedingung bezeichnet, um somit bei der Erörterung über Wort (voae)
und Schall (sonus) anzulangen **). Und indem nun die Eintheilung dieser
Baco schätzte ihn sehr hoch; er sagt von ihm 0p. tertium (s. unten Anm. 556),
c. 2, p. 14: Guilielmus de Shyrwode longe sapientior Alberto, nam in philosophia
communi nullus maior est eo.
30) Bei Hauréau , De la phil. scolast. I, p. 466. (Was übrigens dortselbst
über Wilhelm Shyreswood gesägt ist, wird nunmehr durch die Einsicht, dass der
selho nur die Synopsis des Psellus verarbeitete, sehr modificirt.)
31) Cod. Sorbonn. 1797.
32) Die Einleitung lautet: Cum duo sunt tantum rerum principia, scilicet natura
et anima, duo erunt rerum genera. Quaedam enim sunt res, quarum principium est
nalura, et de his est universis scientia communiter dicta, et quaedam, quarum prin
cipium est anima (vgl. Abschn. XVI, Anm. 71); et hae sunt duplices. Cum enim
niiima sine virtutibüs et scientiis sit caeca, quasdam facit operationes, per quas de
12 XVII. Wilhelm Shyreswood.
Begriffe in gleichem Sinne wie bei Psellus (wenn auch in kürzerem oder
verschiedenem Wortlaute, vgl. Abschn. XV, Anm. 7 f.) auf die Lehre vom
Urtheile, d. h. zunächst auf nomen und verbum führt *°), und ebenso
der Begriff der syncategoreumata (ebend. Anm. 9) auftritt**), bietet die
Aufzählung der Artem des Satzes (der Infinitiv- umd der Frage-Satz kom
men hier neu hinzu, vgl. ebend. Anm. 10) die Gelegenheit, Bemerkungen
aus Boethius und Aristoteles hinzuzufügen *°). Nach einem eigenthüm
lichem Gesichtspunkte, welcher uns an Arabisches erinnern könnte, con
struirt Wilhelm die hierauf folgende Eintheilung des Urtheiles (ebend. A.
11 f.), wobei er sogar die Berechtigung der „Copula* als eines dritten
veniat ad virtutes, et de his est ethica; quasdam autem facit operationes, per quas
deveniat in scienliam, et de his est sermocinalis scienlia (vgl. ebend. Anm. 84); haec
autem tres habet partes : grammaticam, quae docet recte loqui, et rhetoricam, quae
docet ornate loqui, et logicam, quae docet vere loqui (vgl. ebend. Anm. 18). Haec
aulem est de syllogismo principaliter (ebend. Anm. 15, 79, 243 u. hier unten Anm.
41 u. 48; diese Betonung der Syllogistik hätte Wilhelm allerdings auch aus Boethius,
s. Abschn. XII, Anm. 84, entnehmen könnem, jedoch weist ja auch jenes Andere
auf die Araber hin), ad cuius cognitionem necesse est cognoscere propositionem, et
quia omnis propositio est eæ terminis, necessaria est termini cognitio. Quia ergo
propositio et enuntialio idem sunt secundum rem, licet differant in e0, quod enuntiatio
significat absolute, propositio autem significat aliquid in comparatione ad aliud, ideo
prius de enunlialione agendum; prius est enim aliquid cognoscere in se, quam in
comparatione ad aliud. Ea; nomine aulem propositionis patet, quod significat in
comparatione ad aliud; est enim propositio positio pro alio sive pro conclusione con
cludenda ; unde si in se consideratur, est enuntiatio ; si autem consideratur ut est
in syllogism0, sic est pr0p0sitio. Cum igitur agendum sit de enuntiatione, prius
agendum est de suis partibus, quae sunt nomen et verbum. Et dicuntur hae partes
enuntiationis, quia primum eae his fit enuntialio et eae nullis aliis; quamvis enim ea,
pronomine et verbo vel participio et verbo fiat enuntiatio, tamen haec est per naturam
nominis , quam pronomen et participium habent; unde inquantum naturam nominis
participant, sub nomine comprehenduntur. Prius aulem agendum est de nomine quam
de verbo, quia est principalior pars quam verbum. Ideo ab eo inchoandum est; et
quia omne nomen est voac et omnis v0v est sonus, ideo a sono tanquam a principio
inchoandum est. D. h. trotz der principiellen Werwandtschaft mit der arabischen
Gruppirung des Stoffes (noch ein paar anderweitige Hindeutungen auf Arabisches
s. unten Anm. 52 u. 65) wird num doch die Reihenfolge des Psellus eingehalten,
wornach das Urtheil vor der Isagoge und vor dem Kategoriem erörtert wird.
33) Est autem sonus proprium sensibile et dividendus sic: sonus alius vov alius
non v0æ...... Voae alia significativa alia non significativa...... V0æ significativa quae
dam significat naturaliter quaedam ad placitum..... Voae significativa ad placitum
aut est completu, ut oratio, aut incompleaea, ut dictio. Incompleara quaedam signi
ficat cum tempore..... quaedam sine tempore. Est autem nomen etc.
34) Verbum est etc..... Sciendum aulem est, quod logica duas tantum ponit
partes orationis, scilicel nomen et verbum ; celeras autem partes appellat sinca
tegoreumata. •
35) 0rationum alia perfecta alia imperfecta..... Perfecta vero ulterius dividenda;
quaedam enim est indicativa...... quaedam imperativa seu deprecativa...... quaedam
optativa, ut ulinam legerem, quaedam coniunctiva, ut cum legam, quaedam infinitiva,
ut Socratem legere, quaedam interrogativa...... Sed inter hos modos omnes sola in
dicativa significat verum et falsum, et ideo haec sola est enuntiatio. Dicit enim
Boethius (s. Abschn. XII, Anm. 111), quod propositio est oratio verum vel falsum
significans, et non facit ibi differentiam inter propositionem et enuntiationem ; Aristo
teles autem (s. Abschn. IV, Anm. 191) sic diffinit : ,,enuntiatio est oratio significans
aliquid de aliquo vel aliquid ab aliquo“, et intelligit per hoc quod dicit ,,de aliquo**
inhaerentiam praedicati in subiecto, et per hoc quod dicit „ab aliquo“ intelligit remo
tionem eiusdem a subieclo.
XVII. Wilhelm Shyreswood. 13
Bestandtheiles ausdrücklich bestreitet, im Uebrigen aber die Doctrin des
Psellus wiederholt *°), an welcher er sich hinwiederum betreffs der Ge
gensätze (ebend. A. 13) enge anschliesst*"), wobei jedoch das Capitel
über materia der Urtheile (ebd. A. 14) stark abgekürzt wird *°). Die
Lehre von der Umkehrung aber (ebd. A. 15) fehlt hier, indem sie in der
Syllogistik (s. untem Anm. 49) zum Worscheim kommt, wohingegen die An
gaben üher das hypothetische Urtheil (Abschn. XV, A. 16 f.) in getreuem
Auszuge vorgeführt werden *°). Die Aequipollenz sodann (ebd. A. 18)
wird selbst in grösserer Ausführlichkeit als bei Psellus dargelegt und am
Schlusse der Inhalt der Regeln in folgendem Memorial-Wersen ausgedrückt:
Aequivalent 0mnis, Nullus non, Non aliquis non;
Nullus, Non aliquis, 0mnis non, aequiparantur;
Quidam, Non nullus, Non omnis non, sociantur;
Quidam non, Non nullus non, Non omnis, adhaerent.
oder all dieses zusammen durch dem Wers („vel hoc versu“):
Prae conlradic, Post contrar, Prae Postque subalter 40).
Auch die hierauf folgende Lehre von dem modalen Urtheilem (s. ebend.
Anm. 19 ff.) leitet er zunächst durch eine selbstständige Bemerkung ein,
in welcher wieder als Hauptzweck die Syllogistik erscheint *'), und wäh
36) Cognita enunliatione per suam diffinitionem et secundum se restat cognoscere
eam per divisionem et in suis partibus. Partes autem dupliciter sunt, scilicet aut
integrales aul subiectivae (einige Aehnlichkeit hiemit hat die Eintheilung bei Algazeli,
s. Abschn. XVI, Anm. 259 ff.). Partes integrales sunt, ea, quibus constituitur totum
secundum integritalem et de his nunquam praedicatur totum; parles subiectivae sunt,
ea, quibus constituitur totum in sua communitate et de his praedicalur totum. Partes
ergo integrales enuntiationis sunt subiectum et praedicatum;..... et dicunt quidam,
qu0d est et tertia pars, quae scilicet est copula; sed non est ita ; cum enim sit ver
bum, significat id quod de ali0 dicitur et sic est praedicalum ...... Dividitur autem
enunlialio in partes subiectivas penes naturam subiecti vel praedicali sic : enuntiatio
alia una alia plures..... Ilem dividitur penes substantiam enuntiatonis sic: enun
tiatio alia categorica alia hypothelica..... et dicitur categorica a categorizo, zas,
quod est praedico, cas, eo quod talis perficilur per praedicatum ; hypothetica.....
dicitur ab hypo quod est sub et thesis positio ; quasi supp0sitiva..... Dividitur autem
enunliatio secundum qualitatem in affirmativum et negativam...... Dividitur autem
enuntiatio categorica secundum quantitatem sic : alia est universalis, aliu particularis,
alia indefinita, alia singularis. (Der Memorial-Wers aber, welcher bei Lambert v.
Auxerre sich findet, s. A. 108, ist hier nur am Rande der Handschrift eingetragen.)
37) Auch die übliche Figur entspricht gemau jener bei Psellus.
$ Notandum est, qu0d enunliati0num tripleæ est materia, scilicel naturalis, c0n
tingens, et remota u. s. f.
39) Quoniam autem, quae hucusque dicta sunt, ad categoricam pertinent enun
liationem, restat nunc agere de liypothelica, u. s. f. S0 wird die Unordnung des
Textes des Psellus (Abschn. XV, Anm. 16) hier gleichsam noch bekräftigt.
40) Eingeleitet wird dieses Cap. durch die Worte: Dictum est. superius, quod
dicitur iudicari enunliatio universalis vel particularis a nota signi additi suo sub
iecto.... Restat, quae app0silio negalionis qualem facit virtutem in sign0. Abge
schlossem wird das Ganze durch: Sciendum ergo, qu0d quodlibet signum aequipollet
suo contradict0ri0 cum negalione praep0sila, similiter quodlibet signum aequipollet
suo subaltern0 cum negatione praep0sita et p0stposita, simililer 0mne signum univer
sale aequipollet suo contrario cum negatione postposita. Et omnia iam dicla possunt
retineri in his versibus (folgen obige Werse, welche nun wohl keiner weiterem Er
klärung bedürfen).
41) Cum intentio sit de enuntialione propter syllogismum, consideranda est sub
differentiis, in quibus differentiam facit in syllogismo, quales sunt hae: affirmativum,
14 XVII. Wilhelm Shyreswood. -
remd er wie Psellus unter dem sechs modalen Bestimmungem (verum,
falsum, possibile, impossibile, contingens, necessarium) die ersten beiden
als gleichgültig ausscheidet **), mimmt er von der ebendaselbst (s. ebd. A.
20) aufgestelltem Unterscheidung zwischen substantivischer umd adverbialer
Sprachform Gelegemheit, das Ganze ausführlicher, als Psellus gethan (ebd.
A. 21 f.), zu entwickeln *°); zuletzt aber schliesst er die dortige Er
örterung über Gegensätzlichkeit oder Subalternation der modalen Urtheile
mit den Wersen ab **):
Sit tibi linea subcontraria prima secundae ;
Tertius est quarto semper contrarius ordo;
Tertius est primo contradictorius ordo;
Pugnat cum quarlo contradicendo secundus:
Prima subest quartae vice particulari habens se;
Hac habet ad seriem se lege secunda sequentem.
d. h. diese Werse beziehen sich auf die bei Psellus (ebd. A. 23 f.) ange
gebene versinnlichende Figur, welche hier an den Schluss dieses ganzen
Abschnittes gestellt ist, aber hei gleichem Inhalte eine abstractere Form
zeigt 4°).
negativum, universale, particulare, m0dale, de inesse, et aliae huiusmodi; differt enim
syllogismus a syllogismo per has differentias. Consideremus igitur enuntiationem per
hanc differentiam: alia de inesse, alia modalis. Est igitur de inesse, quae simpliciter
significat inhaerentiam praedicali cum subiect0, i. e. non determinando qualiter in
haereat; modalis autem est quae delerminat inhaerentiam praedicati cum subiecto, i. e.
quae dicit, qualiter praedicatum inhaereat subiecto. -
42) Modi autem sunt seae, sc. verum, falsum, possibile, impossibile, contingens,
necessarium; sed quia duo primi non faciunt propositionem m0dalem differentem ab
enuntiatione de inesse, ideo omittantur; idem enim est dicere ,,Socrates curri!“ et
,,Socratem currere est verum“, sicut ,,Socralem currere est falsum“ et „Socrates
mon currit“.
43) D. h. auch Wilhelm unterscheidet zwischen modus adverbialis und modus
nominalis, nemlich: modus adverbialis est ,,Socrates currit contingenter“.....; modi
autem nominales sic veniunt in sermonem, ut si dicam ,,S0cratem currere est contin
gens“, et dicit Aristoteles (s. Abschn. IV, Anm. 282), quod sicut in illis de inesse,
.... sic in his de modo esse vel non esse substantia. Aber er führt dann diese
beiden Artem anch wirklich für die Angaben über Qualität, Quantität und Aequi
pollenz der modalem Urtheile durch.
44) Et possunt haec relineri per hos versus.
45) Nemlich statt der concreten Beispiele ist hier folgende Form gewählt:
IV I
Non possibile est non esse Non possibile est esse
Non contingens est non esse c0ntrariae Non contingens est esse
Impossibile est non esse Impossibile est esse
Necessarium est esse Necessarium est non esse
i 22; i
I
Possibile est esse Possibile est mom esse
Contingens est esse Contingens est non esse
Non impossibile est esse Non impossibile est non esse
Non necessarium est non esse Non necessarium est esse
II
subcontrariae
XVII. Wilhelm Shyreswood. 15
Hierauf folgt der Inhalt der Isagoge, wobei sich Wilhelm sowohl
in der Begriffsbestimmung des praedicabile als ' auch in allem Uebrigem
völlig an Psellus (ebd. A. 26 f.) excerpirend anschliesst*") und zuletzt
die arbor Porphyriana vorführt.
Hingegen die Lehre von den Kategorie n (ebd. A. 29—41) ist hier
gänzlich übergangem, worin wir wohl nicht mit Unrecht gleichfalls wieder
(vgl. obige Anm. 32 u. 36) arabischen Einfluss erblicken dürften *").
Somit folgt num die Lehre vom Syllogismus **), wobei Wilhelm
zunächst aus Psellus (Abschn. XV, A. 43) die Definition des Schlusses an
gibt, hieran aber sogleich die aristotelische Unterscheidung zwischen voll
kommnem und umvollkommnem Syllogismem anknüpft und von letzteren in
einer merkwürdigen Wendung den Uebergang zur Lehre von der Um
kehrung der Urtheile findet, wobei er im Ganzen wieder dem Psellus
(ebend. A. 15) folgt, jedoch auch in einem einzelnem Punkte auf eine
Controverse hinweist *°). Sodann aber gibt er die einzelnen Schluss
figuren und Schlussweisen am, in jeder Beziehung den Text des Psellus
(ebd. A. 44 ff.) wiedergebend °"). Unmittelbar aber mach dem letzten
Modus der drittem Figur wird die Stellung des Mittelbegriffes in den drei
Figurem durch den Memorial-Wers
Sub Prae prima, bis Prae secunda, tertia bis Sub
ausgedrückt * !), sowie die sämmtlichen Modi der drei Schlussfigurem ums
hier in der lateinischen Logik zum ersten Male in folgemlen Memorial
Wortem und -Versen begegnem :
Barbara, Celarent, Darii, Ferio, Baralipton,
Celantes, Dabitis, Fapesmo, Frisesomorum,
46) Intendenles de praedicabili primo videamus, quid sit praedicabile, deinde
qu0m0d0 dividatur. Sicut erg0 praedicalum est, quod de alio dicilur, ita praedica
bile, quod est de alio dicibile. Praedicabile autem dicitur communiter et proprie.....
Proprie praedicabile solum est commune, ...... c0mmune autem et universale idem
sunt...... Universale autem sic diffinitur: universale est, quod est dicibile de pluri
bus, ad differentiam individui. Dividilur autem sic: universale aliud genus, aliud
species u. s. w. -
47) S. was oben bei Avicenna (Abschn. XVI, Anm. 189) und insbesondere was
bei Algazeli (ebend. Anm. 257) bemerkt wurde. -
48) Dicturi de syllogism0, de qu0 est principalis intenlio logicae (s. ob. Amm.
32 u. 41), primo dicamus eius diffinitionem, deinde quot modis possit fieri.
49) Syllogismus alius perfectus alius imperfectus (vgl. auch Boethius, Abschn.
XII, Anm. 135). Imperfectus indiget ul reducatur ad perfeclum; ..... hoc autem fit
per conversionem ; ideo necesse est cognoscere eam (allerdings hatte ja auch Arist0
teles, freilich in anderer Weise, die Umkehrung mit der Syllogistik verflochten, s.
Abschn. IV, Anm. 539 ff.)...... Conversi0 autem tripleæ : per se, per accidens, per
contrap0sitionem....... Item particularis affirmativa secundum aliquos non convertitur
per contrapositionem, ut si subiectum sit praedicabile de omni enle et de omni n0n
ente, ut, si tale sit haec diclio ,,intelligibile“, non sequilur ,,aliquod inlelligibile est
homo, ergo aliquis non homo est non intelligibilis.“
50) Redeamus ad principale et videamus, quot modis potest fieri syllogismus.
Figura est ..... Terminus est u. s. w. Nur verknüpft er die Angaben über Dictum
de omni und Dictum de nullo, welche bei Psellus früher stehem, erst mit der ersten
Schlussfigur
51) Diversitas autem figurarum relinetur hoc versu: Sul) Prae u. s. f. Dass
hiebei die Sylben Sub und Prae als Abkürzungen für subiectum und praedicatum
stehen, ist won selbst ersichtlich.
-
16 XVII. Wilhelm Shyreswood.
Cesare, Campestres, Festino, Baroco, Darapti,
Felapton, Disamis, Datisi, Bocardo, Ferison 83).
Zum Abschlusse der Syllogistik werden noch die gewöhnlichen auf
die drei Figuren bezüglichen Regeln (vgl. ebd. A. 44) vorgeführt **);
memlich die aus modalem Urtheilem bestehenden Syllogismen (ebd. A. 54)
sowie die hypothetischen Schlüsse (ebd. A. 55) sind hier wie auch bei
Lambert von Auxerre und Petrus Hispanus gänzlich übergangem °*).
Was sodann die T o p i k betrifft, so wendet sich Wilhelm mit
Uebergehung der bei Psellus vorfindlichen Einleitung (s. ebd. A. 57 f.)
mach einigen kurzen Bemerkungen über die verschiedemen Artem des
Schliessens, wodurch er einem eigenthümlichen Anschluss der Topik
an die Syllogistik gewinnt, sehr rasch zur Definition des Topus °°),
52) Modi autem et eorum reductiones retinentur his versibus : Barbara u. s. f.
JDer Schlüssel jedoch dieser Memorial-Worte wird mur umvollständig gegeben; nem
lich allerdings fügt Wilhelm hinzu: In his versibus A significat propositionem uni
versalem affirmativam, E universalem negativam, I particularem affirmativam, 0 par
ticularem negativam (dieses trafen wir auch schon bei Psellus, Abschn. XV, Amm.
46 ff.); S conversionem per se, P conversionem per accidens, M transpositionem prae
missarum (dass das Wort „praemissa* auf Uebersetzungem arabischer Schriften
hinweist, s. Abschn. XVI, Amm. 43); B et R cum sunt in eudem diclione, significant
reductionem per impossibile (Letzteres abweichend von den späteren Lateinern).
Aber es fehlt hiebei die Angabe, warum die vier Anfangsbuchstabem der Worte
Barbara, Celarent, Darii, Ferio je in den folgenden übrigen Worten wiederkehren
(dass diess mit der Reduction der übrigen Modi auf die vier ersten zusammenhängt,
ist erst bei Lambert v. Auxerre und Petrus Hispanus ausdrücklich bemerkt, s. untem
Amm. 120 u. 187), und ebenso ' fehlt die Hinweisung darauf, dass zur Bildung der
übrigen Kunstworte auch indifferente Buchstabem verwendet werden (vgl. hingegen
ebend.). Um so sicherer aber dürfen wir annehmen, dass all diese Kunstworte
schon vor Wilhelm in der Schule üblich warem, und eben nur die Motivirung der
selben hier in abgekürzter Form vorgebracht wird. Jedenfalls aber sind die vier
ersten Worte (Barbara, Celarent, Darii, Ferio) bei den Lateinern im Unterschiede
von den griechischen 0riginalem nur in dem Bestreben gewählt worden, einen Hexa
meter zu gewinnen, worauf danm lediglich um die Manipulation der Reduction
mnemotechnisch auszudrücken die übrigen fünfzehn Namen sich gleichsam von selbst
ergaben. Uebrigens steht nach dem Angeführten noch Folgendes: Duo primi versus
deserviunt primae figurae, quatuor aulem dictiones tertii versus secundae figurae,
et omnes aliae dictiones tertiae figurae. Eae praedictis patet, qu0d in quatuor
modos primae figurae reducuntur omnes alii , was sodann noch mit Beispielen be
legt wird.
53) Nota etiam, quod eæ duabus negativis non sequitur aliquid nec ea, duabus
particularibus ; in prima autem non sequitur directe maiore ezistenle particulari vel
minore negativ0 ; in secunda autem non sequitur aliquid eæ affirmalivis; in lertia
autem non sequitur aliquid minore eæistente negativo.
54) Unmittelbar nach dem so ebem Angeführtem steht: Et haec de syllogismo
sufficiant.
55) Ad plenam syllogismi cognitionem non solum eæigitur cognitio eius secundum
diffinitionem, sed etiam secundum divisionem; et sunt quaedam eius divisiones, quae
docendae sunt, ubi agilur de syllogism0 communiter, sicut hae: syllogismus alius
perfeclus alius imperfectus, alius affirmalivus, alius negativus, et aliae huiusmodi.
Quaedam vero separatim docendae sunt, sicut est ista: syllogismus alius demonstra
tivus, alius dialecticus, alius sophisticus. Et est demonstrativus, qui est eae neces
sariis et eæ causis conclusionis certissimis faciens scientiam; dialecticus vero est eae
probabilibus faciens opinionem; sophisticus autem eæ apparenter probabilibus ut eae
probabilibus apparenter syllogizans ad gloriam vel ad victoriam. De ceteris omittentes
de dialectico intendimus. Quia ergo dialecticus est eae probabilibus, probabilitatem
aulem habet eæ locis, propterea de his est determinandum ..... Locus est u. s. f.
XVII. Wilhelm Shyreswood. 17
und bespricht hierauf dem Texte des Psellus folgend die einzelnen
Topem °°).
Hierauf mum reiht Wilhelm eine ziemlich selbstständige Bearbeitung
jemes ausgedehntem Abschnittes am, welehem Psellus (ebd. A. 66—96) dem
„proprietates terminorum“ gewidmet hatte °"). Gleich zu Anfang wird
bemerkt, dass es sich hier um significatio, suppositio, copulatio, appellatio
handle, durch derem Kenntniss das nähere Werständniss des logischen
Urtheiles gefördert werde *°), und nachdem die Definition dieser Begriffe
in eigenthümlicher Unterscheidung eines actuellem und eines habituellen
Auftretens angegeben ist *"), werden dieselben beziehungsweise mit den
declinirbarem und conjugirbarem Redetheilem in Verbindung gebracht, wobei
deutlich hervorgeht, dass nur die significatio sich auch auf die undecli
mirbaren Worte erstrecke, daher auch vorläufig von derselben Umgang
genommem wird °°).
Indem somit die suppositio folgt, wird dieselbe in einer Weise ein
getheilt, welche von Psellus (vgl. ebd. A. 69—73) etwas abweicht, nemlich
was dort (nach der Uebersetzungs - Terminologie des Petrus Hispanus)
naturalis und accidentalis als Unterabtheilung der communis gewesen
war, wird hier als materialis und formalis zur Haupteintheilung gemacht,
meben welcher die Unterscheidung in communis und discreta coordinirt
herläuft; die formalis aber wird danm (wie bei Psellus die accidentalis)
56) Die Reihemfolge der Topen weicht mur bei den loci eaclrinseci von Psellus
ab, indem hier (vgl. Abschn. XV, Anm. 62) dieselben geordnet sind: ab auctoritate,
a simili, a maiore, a minore, a pr0p0rtione, ab oppositis (a disparatis ist hier weg
gelassen), a transsumptione. Vgl. unten bei Lambert, Anm. 123.
57) lnsofern jedoch der Inhalt der einzelnen Regeln im Ganzen der gleiche
ist und derselbe füglich am Bestem seine Darstellung bei dem geschichtlich einfluss
reichsten Autor, d. h. bei Petrus Hispanus, fimden wird, beschränke ich mich hier
hauptsächlich auf die Angabe der Reihenfolge und überlasse es dem Leser, die
folgenden Proben des Textes mit Petrus Hispanus im Einzelnen zu vergleichen.
58) Quatuor sunt proprietates termini, quas ad praesens intendimus diversificare ;
harum enim cognitio valebit ad cognitionem termini et sic ad cognitionem enuntia
tionis et pr0p0sitionis. Et sunt hae proprietates: significatio, supp0siti0, copulatio,
appellatio.
59) Est igitur significatio praesentatio alicuius formae ad intellectum, suppositio
aulem est ordinatio alicuius intellectus sub alio, et est copulatio ordinatio alicuius
intellectus supra alium. Et notandum, quod suppositio et copulatio dicuntur aut
secundum actum aut secundum habitum, et sunt istae diffinitiones earum secundum
quod sunt in actu. Secundum autem quod sunt in habitu, dicitur suppositio signi
ficatio alicuius ut subsistentis, quod enim tale est, malum est ordinari sub alio; et
dicitur copulatio significatio alicuius ut adiacentis, et quod tale est, natum est ordi
nari supra aliud; appellatio autem est praesens convenientia termini, i. e. proprietas,
secundum quam significatum termini potest dici de aliquo mediante hoc verbo „est“.
60) Ex his patet, quod significatio est in omni parte sine diclione orationis,
suppositio autem in nomine subslanlivo tantum vel pr0n0mine vel diclione substantiva
(haec enim significat rem ut subsistentem et ordinabilem sub alio), copulatio autem
in omnibus adiectivis et participiis et verbis, appellatio autem in omnibus substan
tivis et adiectivis et participiis et non in pronominibus (quia non significant formam
aliquam, sed solam substantiam) nec in verbis (quia verbum non significat aliquid,
quod apponitur per verbum substantivum, quia sic esset esse ipsum). . Nulla aulem
istarum trium est in parlil)us indeclinabilibus, quia nulla pars indeclinabilis signi
ficat substantiam vel aliquid in substantia. De significatione autem omittamus et de
tribus aliis consideremus.
PHANtl, Gesch. III. 2
18 XVII. Wilhelm Shyreswood.
in simpleæ und personalis u. s. w. eingetheilt, wobei jedoeh die Unter
abtheilung der confusa wieder einige Abweichungen zeigt "'). Die suppo
sitio relativorum fehlt hier "*).
Wöllig parallel hiemit wird sodamm die copulatio (vgl. ebd. A. 83 u. 85)
in Eintheilung und Beispielem erörtert "*), wobei zu beachten ist, dass
dieser Abschnitt bei Petrus Hispanus fehlt.
61) Et primo de suppositione ..... videamus eius divisionem. Est igitur supp0
sitio quaedam materialis, quaedam formalis. Et dicitur materialis, quae ipsa dictio
supponit vel pro ipsa voce absoluta vel pro ipsa dictione composita ev voce et signi
ficatione, ut cum dicam ,,homo est dissilabum“, „homo est n0men“. Formalis autem
est, quae dictio supponit significatum, et sic dividitur: alia simpleæ alia personalis.
Et est simpleæ, quae dictio supponit significatum pro significato, ut ,,h0m0 est species“;
personalis autem, quae supponit significatum pro re, quae subest, ut ,,homo currit“.....
Ilem et alia divisio suppositionis formalis, secundum quam quaedam est communis el
quaedam discreta; communis, quae fit per terminum communem, ut „homo currit“;
discreta, quae fit per terminum discretum, ut „Socrates currit vel isle“..... Item
personalis dividitur sic: quaedam est determinala et quaedam confusa ; c0nfusa sic:
quaedam confusa tantum, quaedam confusa et distributiva; confusa et distributiva
quaedam mobilis, quaedam immobilis u. s. f.; d. h. es folgt nun die Erörterung
ähnlicher Bedenken wie bei Psellus.
62) Dass die Suppositio relativorum den Anfang jener grossem Gruppe des
Textes bildet, welche wir vom Compendium des Psellus vermissen, s. Abschn. XV,
Amm. 84. Somit dient uns won hier an nur der Text des Petrus Hispanus zur
Vergleichung; denn wir müssem an der Ueberzeugung festhaltem (s. ebd. Anm. 5
u. 86 ff. u. 93), dass Petrus Hispanus eine wörtliche Uebersetzung des griechischen
Originales gab, wohingegen Andere (wie eben Wilhelm Shyreswood und Lambert
von Auxerre) dasselbe selbstständiger bearbeiteten. Wenn aber Herr M. Thurot in
der Revue Archeologique, 1864, p. 267—281 eben dieses Resultat meiner Forschung
umzustossem versucht, so hat er nach seiner Weise unleugbar die Sache sich recht
leicht gemacht (nur die Berufumg auf den Artikel ,,Pierre d'Espagne“ in der Hist.
litt. de la France, — s. unten Anm. 135 —, hätte er sich füglich ganz ersparem
können). Herr Thurot will nemlich die Ansicht wertheidigen, dass das Compendium
des Psellus eine Uebersetzung des von Petrus Hispanus selbstständig verfassten
Werkes sei. Aber wenn unter den von ihm vorgebrachten Gründen derjenige noch
der stichhaltigste ist, dass „suppositio* aus dem bei Priscianus vorkommenden Ge
brauche des Wortes „suppositum“ habe entstehen können, so steht es mit der ganzen
Beweisführung sehr sehlimm (denn z. B. damit, dass „confusus“ schon bei Cicero,
pro Sest., vorkommt, wird wohl Hr. Thurot selbst nicht glauben etwas gesagt zu
haben), indem Alles, was z. B. über „substantivum, adiectivum, modus significandi“
u. s. f. vorgebracht wird, eben lediglich für mich spricht. Oder ist Hrn. Thurot
der ziemlich reiche Schatz grammatischer Terminologie, welchen ich im XI. Ab
schnitte gelegentlich der Commentatoren anführen und benützen musste (z. B.
oόσιαδδης, ἐπονσιαδδης, τgόπος, σημαντιxóv u. s. f.) etwa ganz entgangen?
Alle diese Dinge ohne Ausnahme entstandem auf dem Boden der spät-griechischen
Cultur, und so lange nicht das Unmögliche geschieht, d. h. so lange mam mir nicht
nachweist, dass und wie die Begriffe relatio, appellatio, ampliatio, distributio, re
strictio, eæponibilia in ihrer technisch-logischen Bedeutung wirklich im lateinischen
Abendlande sich gestaltetem, bleibt das Resultat meiner Forschung unverrückt stehen
(von einzelnen Beweisen, wie z. B. unten Anm. 220, gar nicht zu reden). Hr. Thurot
hätte vielleicht besser gethan, vorerst dasjenige, was ich Abschn. XV, Anm. 86—104
gesagt habe, aufmerksam zu lesen; denn auf die Annahme eines Wunders, dass drei
fast gleichzeitige Autoren des lateinischen Abendlandes etwa durch göttliche Ein
gebung auf jenes nemliche Gebiet der proprietates terminorum geführt worden seiem,
wird sich hoffentlich anch Hr. Thurot nicht einlassen. Wer überhaupt die suppositio,
ampliati0 u. s. f. besprach, konnte schlechterdings mur aus eimer nicht-lateinischen
Quelle schöpfen. Wo aber diese letztere in ihrer eigentlichen Ursprünglichkeit zu
suchen sei, habe ich gleichfalls ebendort Anm. 106 f. gesagt.
63) De copulatione autem dicendum, quod haec diclio alia materialis aliu for
XVII. Wilhelm Shyreswood. 19
Der letzte jener Begriffe, nemlich die appellatio (vgl. ebd. A. 90), wird
hier in anderer (und zwar an sich besserer) Weise besprochen, als in
dem Compendium des Petrus Hispanus der Fall ist; nemlich wenn dort
die ampliatio und die restrictio als getrennte Capitel machfolgem, so sind
hier diese beiden Begriffe und die darauf bezüglichen Regeln sogleich in
die Darstellung der appellatio verflochten "*).
Unmittelbar hierauf folgt der Inhalt der Soph i s t. El e m ch i, welche
in dem uns erhaltenem Texte des Psellus fehlen (s. ebd. Anm. 65 u. 91),
und es scheint wenigstens, dass Wilhelm in einer gewissem principiellen
Auffassung all das Bisherige, was die Verhältnisse des Subjects- und des
Prädicats-Begriffes betrifft, als eine Vorbedingung oder Einleitung zur So
phistik betrachtete. Zu beachten aber ist, dass auch er ebenso wie Lam
hert v. Auxerre (Amm. 124) und Petrus Hispanus (Amm. 197) nur die
erste Hälfte des aristotelischen Buches (d. h. mur bis Cap. 15) berück
sichtigt "°).
In gleicher selbstständiger Behandlungsweise wird nun hermach all
Dasjenige vorgeführt, was bei Petrus Hispanus von der Distributio an folgt,
und zwar wird hier in einer Weise, welche gar nicht unrichtig ist (s. ebd.
A. 92), jemes Ganze durch die Titelüberschrift ,, Syn c a tego re u m at a“
malis; formalis (dieses Wort fehlt in d. Hdschrft) alia communis alia discreta, et
haec alia simpleæ alia personalis u. s. f. genau die nemliche Eintheilung wie bei
suppo$itio.
64) Restat inde de appellatione, cuius iam habetur diffinitio (s. ob. Anm. 59),
eae qua patet eius differentia ad supp0sitionem .... et ad copulationem..... Terminus
eae parte subiecti supponit et eæ parte praedicati appellat. Et sciendum, quod secundum
utramque diffinitionem ea, parte subiecti supponit, eæ parte autem praedicati supp0nil
secundum habitualem suam diffinitionem. Sciendum etiam, quod terminus eæ parte
subiecti appellat suas res, sed non secundum quod est subiectum; eæ parte autem
praedicati appellat etiam secundum quod est praedicatum; secundum autem quod prae
dicatum comparatur ad subiectum suum per aliquam suarum rerum, et secundum hoc
appellat...... Datur haec regula: Terminus communis non restrictus habens suffi
cientia appellatorum supponens verbo de praesenti non habenti vim ampliandi supponit
terminum pro his quae sunt ..... Hoc membrum „habens sufficientia appellatorum“
apponitur, quia si non habet, potest supponere pro non ente, et intellige, quod suffi
cientia appellatorum in tribus consistit ad minimum, unde si non sunt tot appellata,
potest terminus supponere pro non ente, ut si sunt tantum duo homines, hoc est
falsum ,,0mnis homo est“...... Regula: Terminus communis supponens verbo de prae
terito supponit tam pro praesentibus quam pro praeteritis, et supponens verbo de
futuro supponit tam pro praesentibus quam pro futuris ..... Hoc autem membrum
„non habenli vim ampliandi“ apponitur, quia si sit verbum ampliandi, potest sub
iectum supponere pro non ente, ut ,,homo laudatur“ hoc est verum pro Caesare, et
est verbum amplians, cuius res potest inesse non eæistenti. Sed verbum restringit
suppositionem termini; ergo aut per suam significationem aut per consignificationem ;
si per significalionem, ergo tribus hominibus currentibus hoc est verum „0mnis homo
currit“, quod falsum est; si per consignificationem, non erit per aliam quam per
consignificationem temporis; ergo omne verbum praesentis restringit ad praesentis
u. S. W.
65) Mit der Ueberschrift „De fallaciis* folgt: Ut dicit Aristoteles in primo
elenchorum (dass auch diese Abtheilung des aristotelischen Buches auf arabische
Litteratur zurückweise, s. Abschn. XVI, Anm. 64 u. 345), quatuor sunt genera
disputationum , sc. doctrinales sive demonstrativae , dyalecticae et templativae
et sophisticae ..... Methae autem sunt quinque: redargutio, falsum, inopinabile,
nugatio, soloecismus u. s. w. wie bei Petrns Hispanus, nur das Ganze sehr ab
gekürzt.
2*
20 XVII. Wilhelm Shyreswood.
bezeichnet °°). Somit tritt auch zumächst eine Einleitung voraus, welche
nicht ohne Zusammenhang mit 0bigem (Amm. 58—60) den Begriff und
die logische Bedeutung der Syncategoreumata entwickelt "'). Und es folgt
hierauf die specielle Besprechung der einzelmem hier beizuziehenden Worte,
wobei jedesmal (wiebei Petrus Hispanus)am die Angabe bestimmter Regeln sich
die Lösung betreffender Sophismen anknüpft. Auf solche Weise werdem in fol
gender Anordnung erörtert: zunächst diejenigem, welche im Urtheile auf Seite
des Subjectes stehen, und zwar vorerst die „distributiven“ Worte, sowohl die
bejahenden omnis"*), totus"*), infinitus""), qualislibet und quantuslibet"'),
66) Wo unmittelbar mach dem Schlusse der Soph. El. sich der nun folgende
Text anschliesst, steht am Rande der Handschrift: Sincategoreumata magistri Guilelmi
de Shireshode.
67) Quia ad cognitionem alicuius oportet cognoscere suas partes, ideo ut plene
cognoscatur enunliatio, oportet eius partes cognoscere. Partes autem eius sunt du
plices: principales et secundariae. Partes principales sunt nomen substantivum et
verbum; haec enim necessaria sunt ad hoc, ut cognoscatur enuntiati0. Partes secun
dariae sunt nomen adiectivum et adverbium et coniunctiones et praep0sitiones; haec
enim non sunt necessaria ad esse enuntiationis. Partium autem secundariarum quae
dam sunt delerminaliones partium principalium ratione suarum rerum, et haec non
sunt syncategoreumata, ut cum dico „homo albus“; hoc „albus“ enim significat, quod
aliqua res eius, quod est homo, sit alba. Quaedam autem sunt determinaliones
partium principalium, inquantum sunt subiecta vel praedicata, ut cum dic0 ,,0mnis
homo currit“; hoc „0mnis“ enim, quod est signum universale, non significat, qu0d
aliqua res eius, quod est homo, sit universalis, sed quod homo sit quoddam univer
sale subiectum. Haec dicuntur syncategoreumata, de quibus tractandum est, quia
faciunt plurimam difficultalem in sermone. Dicitur ergo hoc nomen syncateg0reuma
a syn, qu0d est c0m, et categoreuma, qu0d est significativum vel praedicalivum, quasi
„conpraedicativum“; seu per enim cum aliquo iungitur in sermone. Sed quaeritur,
cum quaedam sint determinationes subiecti, quare omnia determinentur a praedicato.
Dicendum, qu0d praedicatum est pars completiva enuntiationis, omne autem synca
tegoreuma attingit aliquo modo subiectum et praedicatum, et propterea a praedicato
tunquam a complemento et digniori denominantur syncategoreumata (die älteret,
Quellenstellen über den Begriff der Syncategoreumata s. Abschn. XV, Anm. 9, u.
Abschn. XIV, Anm. 174 u. 206).
68) Primo autem tractandum de his, quae sunt eæ parte subiecti, ut de signis
et de quibusdam aliis, et primo de hac dictione „omnis“... . . . Sciendum, quod
,,0mnis“ significat universalilalem; sed quandoque significat eam, ut ipsa est rei
dispositio, et non est syncategoreuma, et sic aequipollet ei, quod est totum vel per
fectum, ut cum dicitur ,,mundus est omne“; quandoque significat eam, ut est disp0
silio subiecti, inquantum subiectum est, et est syncateg0reuma, ut cum dic0 ,,0mnis
homo currit**, u. s. f. in grösster Ausführlichkeit. Zuletzt : Dictum est sufficienter
de hac dictione ,,omnis“, nec oportet aliquid dicere de his dictionibus ,,quilibet,
quisque“, quae eiusdem potestatis fere sunt cum hac dictione ,,omnis“, secundum
quod distribuunt pro parlibus secundum numerum, et de hac dictione ,,quicunque“
vel ,,quiscunque“, quae eiusdem potestatis sunt cum illis.
69) Sed nunc agendum de hac dictione „totum“, de qua sciendum, quod quando
que dicit totalitatem alicuius, secundum quod res est, et aequipollet ei, quod est
integrum, et est calegoreuma; quandoque dicit totalitatem ratione praedicati et est
syncalegoreuma u. s. f.
70) Eodem modo est haec dictio ,,infinita“ syncategoreuma et categoreuma
u. s. f.
71) Praeter signa praedicta sunt alia copulatorum distributiva..... et sunt huius
modi signa „qualislibet, quanlumlibet“ et similia...... wobei z. B. zur Vergleichung
mit Petrus Hispanus (s. unten Anm. 253) folgendes Sophisma angeführt werden
mag: Hic solvitur hoc sophisma: Sunt tres qualitales: albedo, grammatica, musica;
et Socrates habet primam et currit, Plato habet secundam et currit, Cicero tertiam
XVII. Wilhelm Shyreswood. 21
uterque"*), als auch die verneinenden nullus**) und neuter7*), sodann das
„exceptive* Wort praeter7°), und ausserdem noch die „exclusiven“ Worte
solus "") und tamen 7"). Hierauf folgen jene, welche zur Urtheilsver.
et currit, et Virgilius habet omnes et non currit ; inde sic: Qualelibet currit. Pro
batio: album currit, grammaticum currit, musicum currit, et non sunt plures ; ergo
qualelibet currit; sed quidquid est qualelibet, est Virgilius ; ergo Virgilius currit;
quod falsum est. Solutio u. s. w.
72) Est adhuc unum signum affirmativum suppositorum distributivum, scilicet
,,uterque“ u. s. f. (sehr kurz abgehandelt).
73) Sequitur de signis negativis, et primo de hac dicendum ,,nullus“, de qua
sciendum, quod quandoque dividit pro partibus secundum speciem, quandoque pro
partibus secundum numerum u. s. f. (eine Menge Sophismen).
74) Est adhuc quoddam signum negativum, quod terminum negat de duobus,
scilicet ,,neutrum“ u. s. f. -
75) Quia iam dictum est sufficienter de signis distributivis, dicendum de hac
dictione ,,praeter* eaeceptiva, tum quod eæceptio saepe vult cadere super aliquam
divisionem et ad eam continuari, tum quia oppositum habet ad ipsam, quod patet
quia haec dictio ,,omnis“ dicit totam multitudinem, et haec dictio „praeter** oppo
situm a totalitate subtrahendo aliquam partem. Possit tamen aliqua ratione prius
tractari de exclusivis, sed non annuendum. Sciendum, quod haec dictio „praeter“
quandoque tenetur additive, ut cum dicitur ,,seae viri sunt hic praeter magistrum
unum“, quandoque eæceptive, et hoc dupliciter, quandoque diminutive, quandoque
instantive; diminutive, quando ab aliquo toto siqnificat secundum rem fieri diminu
tionem, ut hic „Socrates habet undecim digitos praeter unum“; instantive, quando
eaecipit partem a toto ratione praedicati, ut hic „omnis homo praeter Socratem currit“;
significat enim, quod Socrates eæcipiatur ab h0c toto ,,omnis homo“ non secundum
rem, sed ratione praedicati, et sic propterea est syncategoreuma u. s. f. (mit einer
Menge Sophismen).
76) Postquam dictum est de signis et de dictionibus eæceptivis....., convenienter
dicendum est de hac dictione ,,solus“, tum quia proprie cadit circa subiectum sicut
etiam signa, tum etiam propter oppositionem, quam habet cum hac dictione „omnis“;
„omnis“ enim semper dicit unum cum alio, ,,solus“ unum non cum alio. Et quae
ritur primum, an haec dictio ,,solus“ sit syncategoreuma vel non, et videtur quod
non, quia si dicatur ,,Socrates incedit superbus“, hoc „superbus“ significat, qualiter
sit Socrates incedendo, et sic cum dicit qualitatem Socratis, quae est res praedica
bilis, non est syncategoreuma, sic si dicalur ,,Socrates comedit solus“, significat,
qualiter se habeat in comedendo, et sic cum dicat modum Socratis et relationem, quae
est res praedicabilis, non est syncategoreuma ..... Et hoc patet aliter, quia ,,solus“
significat „non cum alio“ et sic dicit separationem, et haec est. relatio et res prae
dicabilis. Et dicitur, quod, cum significat separationem ab aliis secundum rem, tunc
est categoreuma.....; cum autem significat separationem alicuius ab aliquo in parti
cipando praedicatum, tunc est syncategoreuma, ut hic „solus Socrates currit“; signi
ficat enim, quod alii non participant praedicatum. Potest adhuc quaeri, quare melius
additur termino singulari sive discreto, quam communi ....... Praeterea quaeritur, an
haec „solus Socrates currit“ sit una vel plures; et videtur, quod plures...... ; et
dicitur, quod non...... Praeterea quaeritur, an sit semper affirmativa..... Ad hoc
quaeritur, quare haec dictio „solus“ dicitur magis eaeclusiva, quam inclusiva ; cum
enim dicitur „solus Socrates currit“, includitur Socrates subiectum cursui, alii autem
ezcluduntur ; et dicitur, quod hoc est, quia inclusio non est eae virtute huius dictio
nis „solus**, sed eæ virtute suae praeiacentis, eaeclusio autem est aliorum et eae
virtute huius dictionis. Item videtur, quod haec dictio „solus“ quandoque eaecludit
generaliter quandoque specialiter, v. g. „solus Socrates currit“ primo modo sensus
est „nullum aliud a Socrate currit“, ut eaecludatur generaliter omne aliud a Socrate,
secundo modo significat specialiter, quod nullum aliud a Socrate currit in eodem ge
nere u. s. f. (wieder mehrere Sophismen).
77) Consequenter dicendum est de hac dictione „tamen“, de qua sciendum est,
quod secundum eius primam significationem non est syncategoreuma, sed dicit certam
mensuram alicuius actus, sicut hae „multum, parvum“ dicunt incertam mensuram, et
a*
22 XVII. Wilhelm Shyreswood.
knüpfung zwischen Subject und Prädicat gehören, nemlich est "*) und
non 7°). Hernach diejenigen, welche dem Prädicate näher stehen, nem
lich die „exponiblen“ Worte necessario und contingenter *"), incipit und
desinit **). Zuletzt komumen noch jene Worte in Betracht, welche ein
est adverbium quantitatis sicut illa; cum autem haec ratio mensurae contrahitur ad
rationem subiecti ratione praedicati vel ad rationem praedicati ratione subiecti, ......
sic est dictio eaeclusiva u. s. f. ebenso.
78) Cum iam dictum vel determinatum sit de dictionibus syncategoreuticis per
tinentibus ad subiectum, dupliciter possumus procedere, aut scilicet determinando de
his, quae pertinent ad compositionem, aut de his quae pertinent ad praedicatum. Et
primo modo procedentes determinemus de hoc verbo ,,est“, non quia sit syncatego
reuma, sed quia a multis putatur esse syncategoreuma. Et illi nituntur hinc dicto
Aristotelis (s. Abschn. IV, Anm. 201 f.), quod „est“ significat quandam compositionem,
quam sine compositis non est intelligere; credunt enim, quod hoc „consignificare“ sit
„simul significare“, et sic solum sit consignificativum et praedicativum sicut syncate
goreuma. Sed contra verbum est notatio eius, quod dicitur de alio, hoc autem est
praedicatum; ergo omne verbum est notatio vel signum praedicali; ergo hoc verbum
„est“ est signum praedicati et non solum compositionis praedicati cum subiesto. Sed
dicent forte, quod „est“ non est verbum, sed radiae omnium verborum. Sed contra
eae solo nomine et verbo fit propositio, ergo ipsum ,,est“ est verbum. Dicitur ergo
consignificare non quia cum alia dictione significet et ingrediatur orationem, sed quia
cum principali suo significalo compositionem significat, ob hoc autem non est synca
tegoreuma. Sed videtur adhuc, quod quando „est“ est tertiam adiacens, non sit illud
praedicatum, sed solum compositio...... Ubi „est“ non est tertium adiacens, dicitur
solum esse actuale; sed ubi est tertium adiacens et est praedicatio superioris de in
feriore, tenetur aequivoce u. s. f.
79) Sequitur de hac dictione „non* et videtur, quod debeat esse verbum, quia
significat divisionem, et hoc, ut videtur, opponitur compositioni denotatae per hoc
verbum ,,est“, et sic debet esse verbum sicut et ipsum, contraria enim eiusdem sunt
generis. Et dicitur, quod haec ratio peccat dupliciter..... Sciendum etiam, quod
quandoque sistit in uno termino et tunc facit infinitationem, quandoque fertur ad com
positionem unius cum alio et hoc dupliciter, aut faciendo negationem in genere aut
eaetra genus u. s. f. (folgen wieder mehrere Sophismen).
80) Sequitur de his dictionibus „necessario, contingenter“, et sciendum, quod
haec dictio „necessario“ potest esse categoreuma vel syncategoreuma; si categoreuma,
sic est determinatio praedicati; si syncategoreuma, tunc compositionis; et similiter
„contingens“ u. s. f. ebenso.
81) Sequitur de his dictionibus „incipit, desinit“, et sciendum, quod uno modo
sunt syncategoreumata, alio modo categoreumata, v. g. haec dictio ,,incipit“ significat
inceptionem alicuius actus in subiecto ...... aut ratione suae rei aut inquantum est
praedicabile, et primo modo habet vim categoreumatis, secundo modo syncategoreu
natis...... Sed videtur, quod nullo modo sit syncategoreuma, scilicet quod praedi
calur, est modus indicativus, sed..... non est alius indicativus quam hoc verbum
,,incipit“, ergo ipsum praedicatur, erg0 non est syncateg0reuma, quia nullum synca
tegoreuma est subiectum vel praedicatum, sed magis subiecti vel praedicati dispositio.
Ad quod dicendum, quod dupliciter est dicere aliquid praedicatum esse, aut secundum
formam sermonis et modum construendi aut secundum rem; primo modo praedicatur
solus indicativus, secundo m0d0 bene praedicatur infinilivus, ut...... si diceretur
,,Socrates videt hominem nunc primo“, et sic si ,,videre“ secundum rem praedicatur
et si ,,incipit* dicitur modo secundum quod praedicatur, sic habet vim syncategoreu
matis aliquo m0d0 ...... Consequenter quaerendum de eaepositionibus istarum dictionum.
Et dicunt quidam, quod quandoque dicunt eæistentiam in termino, quandoque viam
ad terminum, ut si diceretur „Socrates incipit esse albus“, primo modo significat,
Socratem esse in principio albedinis, secundo modo, quod sit in motu et via ad albe
dinem; et etiam quandoque coniunguntur cum permanentibus, quandoque cum succes
sivis; et sunt permanentia, quorum partes sunt simul, cuiusmodi est album; succes
siva, quorum partes non sunt simul, cuiusmodi est currere...... Sed contra sit, quod
,,Socrates incipit esse sanus et desinit esse aeger“, tunc instans inceptionis et instans
XVII. Wilhelm Shyreswood. 23
gewisses Verhältniss zwischen zwei Subjecten oder zwischen zwei Prä
dicatem oder zwischen zwei Urtheilen ausdrücken, d. h. die „Conjunctio.
nen***), und zwar die „consecutivem“ si *°), nisi **) und quin*°), hierauf
desitionis aut erunt idem, et tunc in illo et sanus et aeger, aut erunt diversa, et tunc
invenietur tempus, in quo non erit sanus nec aeger. Propterea dicendum, quod omnis
permutalio aut in rem successivam aut in permanentem u. s. f. ebenso.
82) Determinatis dictionibus, quarum officia perlinent ad subiectum et etiam ad
praedicalum ratione c0mp0sitionis, et etiam de his, quae licet uno modo sint deter
minationes praedicatorum, alio tamen modo sunt praedicata, sequitur de dictionibus
pertinentibus ad unum subiectum ratione alterius vel ad unum praedicatum respectu
alterius vel ad unam c0mp0sitionem ratione alterius. Huiusmodi autem sunt com
iunctiones. Est autem coniunctio pars orationis indeclinabilis coniunctiva aliarum
parlium Orationis; et dic0 ,,partium“, quia licet coniungat orationes, hoc tamen non
est nisi inquantum illae sunt partes orationis compositae. Cum ergo praepositio sit
etiam coniunctiva partium orationis, quaerenda est differentia inter haec. Ad quod
dicendum, quod....... praepositio habitudinem dicit unius ad aliud, ..... coniunctio
autem coniungit aliqua, quorum neutrum ad aliud habet habitudinem,
83) Cum autem multae sint species coniunclionum, solum de consecutivis et
copulativis et disiunctivis nunc intendimus, et primo de conseculiris et inter haec
primo de hac dictione „si**, de qua..... dicimus, quod consequentiam significat. Et
tunc quaeritur differentia inter haec ,,sequitur vel ordinatur“ et hanc dictionem „si**.
Ad hoc dicendum, quod haec dictio ,,si“ notat consequentiam, secundum quod eaeer
cetur ab anima proferentis. . . . . . . ,,Si“ dicit aliquam rem sub conditione ad aliam,
,,sequitur“ autem non. Item quaeritur, quare non additur consequenti, cum dicat
consequentiam. Dicendum, quod non dicit aliud sequi proprie, sed ad aliud, sc. ad
antecedens facit consequentiam et ideo antecedenti coniungitur...... Nunc quaerendum
est, quae sit compositio in conditionali, circa quam sit veritas et falsitas. Et dicunt
quidam, hanc esse circa compositionem eius, quod est, sc. ratione huius verbi ,,sequitur“
subintellecti. Sed contra v0æ est signum intellectus... ..., ergo..... ,,si Socrates
currit, Socrates movetur“ quantum ad principalem intellectum est propositio, ergo in
principali eius intellectu est veritas et falsitas..... . Sciendum tamen, quod haec
dictio ,,si** quandoque respicit totum consequens, quandoque verbum consequentis;
primo modo facit conditionalem, secundo modo categoricam de conditionali praedicato.
.... (nun folgen Sophismen)...... Item quandoque notat consequentiam simpliciter,
quandoqae ut nunc rebus se habentibus....., quandoque dicit aliquid sequi ad aliud
necessario....., quandoque notat consequentiam naturalem, quandoque non naturalem;
naturalem, ut quando notal consequens sequi ad antecedens ratione alicuius habitu
dinis unius ad aliud; non maturalem, quando notat consequens sequi ad antecedens
non ratione habitudinis unius ad aliud, sed solum propter impossibilitatem antece
dentis vel necessitatem consequentis; primo m0d0 notat ordinem rerum secundum rem,
secundo modo notat ordinem rerum secundum sermonem. Item quandoque in non
naturali ...... ratione cuiuslibet temporis ...... , quandoque ratione praesentis vel
futuri temporis u. s. f. wieder Sophismem. Uebrigens vgl. Anm. 617.
84) Sequitur de hac dictione ,,nisi“, de qua sciendum, quod notat consequen
tiam ad antecedens negatum, componitur enim eae si et non. Et quaeritur, quare
magis sit coniunctio quam adverbium. Ratio huius est, quod consecutio cadit super
negationem et est complementum suae significationis ... ... Est autem videre, quod
quandoque tenetur eæceptive, quandoque consecutive. Cum consecutive tenetur, tunc
hae eaedem possunt assignificari distinctiones de ea, quae de hac dictione ,,si** u. s. f.
wieder Sophismen. -
85) Sequitur de hac dictione ,,quin“, de qua sciendum, quod est dictio conse
cutiva notans consequentiam alicuius ad antecedens negatum ; habet enim negationem
in se, ut hic „non currit, quin moveatur“ est sensus „si non movetur, non currit“.
Et est sophisma: Tu non potes vere negare, te non esse asinum. Probatio. Tu non
potes negare vere necessarium; sed hoc est necessarium; ergo non p0tes vere negare
hoc; deinde ergo non potes vere negare, quod non sis asinus; erg0 n0n p0tes vere
negare, quin sis asinus ; ergo tu es asinus (folgt die Lösung).
24 XVII. Wilhelm Shyreswood.
das „copulative* et *°), und schliesslich die „disjunctiven* vel *"), an **),
ne *°) und sive ""). Zeigt nun dieses Arrangement der Syncategoreu
mata im Vergleiche mit dem Texte des Petrus Hispanus und somit auch
sicher mit jenem verlorenen. Texte des Psellus entschieden einen selbst
ständigen Charakter der hiebei gewähltem Gesichtspunkte, und finden wir
ausserdem hier in den Conjunctionem einen Bestandtheil dieser logischen
Theorie, welcher bei Petrus Hispanus ursprünglich nicht beigezogen war
(s. hingegen die späterem Interpolationem in Abschn. XX), so bietet sich
uns noch eine andere höchst bedeutsame Wahrnehmung dar. Nemlich
Wilhelm äussert sich wiederholt ausdrücklich derartig, dass wir einen
bereits damals verbreiteten Betrieb jenes Abschnittes der Logik, welcher
die Syncategoreumata betrifft, voraussetzen müssen. Es wurde ja zufolge
seimer Angaben nicht bloss die Reihenfolge der Capitel bald so bald an
ders eingerichtet *''), sondern auch an die einzelnen Syncategoreumata
selbst knüpftem sich Controversen, indem z. B. Einige das Wort „est“
wirklich als ein Syncategoreuma betrachteten 9°), oder bei „incipit“ die
Frage aufgeworfen wurde, ob dasselbe das bereits eingetretene erste
Stadium des begonnenen Zustandes oder mur den Uebergang in das erste
Stadium bedeute °°), sowie hinwiederum bei „si“ sich der Zweifel erhob,
ob es sich auf den dinglich objectiven oder nur auf den sprachlichen
Zusammenhang beziehe **).
Somit gewinnen wir num (vgl. ob. Anm. 52) die begründete Ein
sicht, dass auch Wilhelm Shyreswood nicht der Erste war, welcher das
Compendium des Psellus in das lateinische Abendland übertrug, sondern
dass er mur als ein uns zufällig zugänglicher Repräsentant einer verbrei
86) Sequitur de coniunctionibus copulativis, cuiusmodi est hoc ipsum „et“.....,
quod significat simul esse...... Dicendum, quod simul esse, quod dicitur per hoc
ipsum ,,et“, est duorum praedicatorum in uno subiecto vel duorum subiectorum in
uno praedicat0 u. s. f. Sophismen.
87) Sequitur de hac dictione „vel“, quae est disiunctiva coniunctio..... Et di
cendum, qu0d coniungit v0ces in unum sermonem, res autem disiungit...... qu0d ea,
inter quae disiungit, simul esse non possunt, cum dicit, alterum esse verum, alterum
esse falsum u. s. f. ebenso in grosser Ausführlichkeit.
88) Sequitur de hac dictione „an“, quae..... significat dubitationem, et intelli
gendum est sic, quod cum dubitamus de duobus, an sit consentiendum quaerimus,
et talia du0 c0niungi mediante „an“....... Quaeritur autem , quae sit differentia
inter „an“ et „vel“. Quae talis est, quod qui scit, an Socrates currat, scit deter
minate alteram partem; sed qui scit, Socratem currere vel non currere, non scit de
terminate alterum. Et propterea ,,an“ dicitur electiva coniunctio, quia dicit electionem
alterius partis determinate u. s. f. Sophismen. -
89) Sequitur de hac dictione ,,ne“, quae aliquando ponitur interrogative, ut
,,curritne Socrates“, et ponitur pro ,,an“, quandoque ponitur prohibitive; et hoc dicitur
quandoque sic, ut per ipsam ezerceatur prohibitio, quandoque autem, ut ipsum pr0
hibitum ordinetur cum aliqu0 praecedenti; eaeemplum primi „ne curras“, exemplum
secundi „volo, ne curras“. Et sic de ipso est dubitatio in hoc sophismate: Tu vis,
ne tibi concludatur, et caves, ne tibi concludatur ; ergo idem vis et caves u. s. f.
(die Lösung).
90) Sequitur de hac dictione „sive“, de qua sciendum, quod ipsa significat dis
iunctionem cum conditione u. s. w. Sophismen.
91) S. d. Stelle in Anm. 75 u. 78.
92) S. Amm. 78.
93) S. Anm. 81.
94) S. Anm. 83.
XVII. Wilhelm Shyreswood. Lambert von Auxerre. 25
teten Richtung gelten kann (vgl. sogleich unten Anm. 97), indem wir
mit Gewissheit schliessen, dass schon im zweiten umd dritten Jahrzehent
des 13. Jahrhunderts jemes byzantinische 0riginal bei den Lateinern eine
einflussreiche Aufnahme gefunden haben muss (vgl. Abschn. XV, Anm. 1 ff.).
Und wir fimden es, — um von Wincenz von Beauvais abzusehen, bei welchem
anderweitige begründete Bedenken eintreten (s. untem Amm. 319—326) —,
nun keinenfalls unerklärlich, wenn Albertus Magnus in einem Punkte,
welcher nur aus der byzantinischen Logik geschöpft werden konnte, eine
wörtliche Uebereinstimmung mit Wilh. Shyreswood zeigt (s. Anm. 470 f.).
Demnach kann es auch nicht mehr auffallend sein, wenn wir noch einem
zweitem Vertreter dieser Logik an Lambert v o m Auxerre (um die
Mitte des 13. Jahrh.) treffen, welcher als jüngerer Zeitgenosse des Wilhelm
Shyreswood, sowie als älterer des Petrus Hispanus zu bezeichnen ist 98).
Auch er hat in seinem uns mur handschriftlich erhaltenen Werke ,,Summa
logicae“°°) die Synopsis des Psellus zu Grunde gelegt, dieselbe aber mit
ziemlich reichlichem Studium des Boethius und theilweise selbst der Araber
selbstständig verarbeitet. Won der ausgedehnten Einleitung, welche Lambert
vorausschickt, ist uns sogleich die erste Zeile wichtig 97), in welcher auf
die den „neuen“ Zuhörern dargebotenen „Summulae“ hingewiesen wird;
denn wir werden micht irren, wenn wir hierin eben wieder jene That.
sache erblicken , dass durch die Verbreitung der Schrift des Psellus die
Anfertigung derartiger Summulae eime ganz allgemeine wurde. Die ein
zelnen Punkte der Einleitung bespricht Lambert in Form der arabischen
Quaesita, d. h. stets Fragem aufwerfend und dieselben beantwortend 98),
und in solcher Weise erledigt er zunächst in sichtlichem Anschlusse an
Alfarabi (Abschn. XVI, Anm. 13 u. 18) die Eintheilung der siebem freien
Künste *°), sowie die bevorzugte Stellung der „Logik* innerhalb des Tri
95) Die wenigen bekannten Notizen über ihm s. bei Lebeuf, Mémoires concern.
l'hist. eccl. et civ. d'Auæerre, II, p. 493 f. Quetif, Scriptt. 0rd. Praedic. I, p. 906.
96) Auch was dem Lambert betrifft, wurde ich (wie bei Wilh. Shyreswood)
mur durch Hauréau , De la phil. scol. II, p. 240 auf die Pariser Handschrift Cod.
Sorbonn. 1797 hingewiesen. Die zweite von Hauréau genannte Handschrift (nach
der Numerirung des gedruckten Cataloges Cod. Reg. 7392) habe ich nicht benützt;
und nur auf diese wohl kanm sich Hauréau's Angabe beziehen: „L'auteur commence
par une analyse raisonnée de l'Introduclion, puis il passe à l'Inlerprétation, auae
Analytiques, auae Arguments, auae Topiques, et finit par les Categories.“ Auffallend
jedoch bleibt mir dabei, dass Hauréau dennoch jenes nemliche Proömium anführt,
welches in Cod. Sorb. 1797 zu Anfang der Summa steht, welche eine hievon ganz
verschiedene Reihenfolge (nemlich eben jene des Psellus) zeigt.
97) Ut novi artium auditores plenius intelligant ea, quae in Summulis edocenlur,
valde utilis est cognitio dicendorum.
98) S. die nemliche Methode z. B. auch bei Avicenna, Abschn. XVI, Anm.
106 u. 113.
99) In primis quaeritur, quare artista dicitur audire de artibus et non de arte.
Ad hoc dicendum est, quod septem sunt artes liberales, quarum tres vocantur trivium,
quae sunt grammalica, logica, rhetorica. Et dicuntur trivium quasi tres viae ad
unum, sc. in sermonem. 0mnes enim triviales sunt de sermone, sed differenter; quia
grammatica circa sermonem considerat congruum et incongruum, ut congruum eligat
et incongruum fugiat; logica vero circa sermonem considerat verum et falsum, ut
verum eligat et falsum fugiat; sed rhetorica circa sermonem considerat ornatum et
inornatum, ut ornatum eligat et inornatum fugiat. Aliae quatuor vocantur quadri
vuum u. S. W.
26 XVII. Lambert von Auxerre.
*
viums 10"), wofür er noch ein verstärkendes Motiv in den Angaben des
Boethius (Abschn. XII, Anm. 76) findet !''!). Unmittelbar hieram reiht er
in fast wörtlicher Uebersetzung der ersten Zeilen des Psellus (Abschn. XV,
Anm. 6) die Definition und Etymologie der „Dialektik* '"*), springt jedoch
hievon bezüglich des Unterschiedes zwischen „Logik“ und „Dialektik*
wieder auf Boethius (Abschn. XII, Anm. 82) über, und giebt hiebei ge
legentlich die für uns wichtige Notiz, dass ,,vetus logica“ aus dem Buche
über die Kategoriem und jenem de interpr., hingegen „nova logica“ aus
den beiden Analytiken, der Topik und Soph. El. bestehe '"*), wodurch
wir sowohl einen Beleg für 0biges (Amm. 5) als auch einen festen An
haltspunkt für Späteres gewinnen. Ferner unterscheidet er an der
„Dialektik* eine wissenschaftliche (— scientia —) und eine practische
(— ars —) Seite 104), wobei er entschieden eine häufig angeführte Stelle
Isidor's (s. Abschn. XIII, Amm. 26) im Auge hat; schliesslich aber wird
100) Item quaeritur, quid sit logica. Logica est scientia discernendi verum a
falso per argumentationem. Dicitur autem logica a logos, qu0d est sermo, et yc0s,
quod est scientia, quasi scientia de sermone. Sed cum sint tres scientiae de sermone,
ut dictum est, et ita quaelibet potest dici logica, quaeritur, quare approprietur illud
unum logicae potius, quam grammaticae vel rhetoricae. Ad hoc dicendum est, quod
aliquoties, quod est commune multorum, uni appropriatur propter eæcellentiam vel
dignitatem, .... ut si dicatur „aposlolus dicit“, hoc intelligitur de Paulo, ...... quia
dignior est aliis et eæcellentior. Qu0d patet per eius diffinitionem talem: logicd est
ars artium , scientia scientiarum, qua aperta omnes aperiuntur et qua clausa omnes
aliae claudunlur, sine qua nulla, cum qua quaelibet.
101) Alia ratione dici potest, qu0d est dignior aliis, quia aliae modum proce
dendi, quem habent, sumunt a logica; modus enim scientificus, i. e. modus proce
dendi in scientiis, est diffinire, dividere et colligere sive conferre, i. e. probare et
improbare; ..... sola logica hoc facit ...... Huius signum est, quod Boethius dividit
logicam in principio Topicorum suorum in artem inveniendi et in artem iudi
candi.
102) Item quaeritur, quid sit dyalectica. Dyalectica est ars artium ad principia
omnium methodorum viam habens ; sola enim dyalectica probabiliter disputat de prin
cipiis omnium artium. Et sciendum, quod est methodus ars brevis et facilis et semitae
proportionatur ; nam sicut semita ducit ad eundem terminum, ad quem lata via, sed
brevius et eaepeditius, sic ad cognitionem eiusdem ducunt ars et methodus, sed facilius
methodus, quam ars. Dicitur autem dyalectica a dya, quod est du0, et levis, quod
est ratio, vel logos, quod est sermo, quasi ratio vel sermo duorum, sc. opponentis et
contradicentis in disputatione.
103) Tunc quaeritur, quae sit differentia inter logicam et dyalecticam. Ad hoc
dicendum, quod logica, secundum quod est ars et secundum quod est scientia, securior
est ad dyalecticam. Logica enim scientia est de omni syllogism0 docens, dyalectica
de syllogismo dyaleclico solum vel apparenti dyalectic0. ..... Unde logica traditur in
omnibus libris logicae, qui sunt seae, sc. liber Praedicamentorum, liber Peryermenias,
qui nunc dicuntur vetus logica, liber Priorum, Posteriorum, Thopicorum et Elencho
rum, qui quatuor dicuntur nova logica; dyalectica vero traditur in libro Thopicorum
et Elenchorum solum.
104) Et sciendum, quod scientia et ars differunt; scientia enim id, quod dicit,
nominat absolute, ars vero dicit relationem ad opus; unde dyalectica dicitur scientia,
secundum quod docet syllogismum dyalecticum constituere ea, suis principiis, dicitur
autem ars, secundum quod utitur syllogismo dyalectico ad aliquam controversiam ter
minandam...... Quod potest videri in simili: martellus potest esse subiectum in arte
fabrili et instrumentum; subiectum dicitur martellus, quando eum constituit faber eae
suis principiis, dicitur autem instrumentum, quando illo martello facto utitur ad alia
fabricanda u. s. w.
XVII. Lambert von Auxerre. 27
die wesentliche Aufgabe der gesammten „Logik* in die Lehre vom
Schlusse verlegt 1"°).
Hierauf aber geht Lambert sofort mit der Frage, warum die Logik
mit dem Begriffe des Schalles (sonus) beginne, auf die Synopsis des
Psellus über*''), und entwickelt so die Lehre vom Urtheile voilständig
an der Hand des Psellus, indem er den gleichen Sinn bald wörtlich, hald
mit verändertem Wortlaute, bald - mit kleineren oder grösseren Erwei.
terungen wiedergibt '"'). Indem in solcher Weise über nomen, verbum
und oratio gehandelt wird, treffen wir bei letzterer bezüglich ihrer Ein
theilung nach Substanz, Qualität und Quantität (s. Abschn. XV, Anm. 12)
hier zum ersten Male dem Memorial-Vers:
Quae ca vel hyp, Qualis ne vel aff, u Quanta par in sin 108).
Es folgt hierauf (s. ebend. Anm. 13 f.) die Lehre vom wechselseitigen
Verhältnisse der üblichen vier Urtheilsformen 109), sodann (ebend. A. 15)
in grosser Ausführlichkeit die Lehre von der Umkehrung 11") und hernach
mit Uebergehung des bei Psellus an eine falsche Stelle gekommenen
Capitels über das hypothetische Urtheil ' ' ') sogleich die Lehre von der
105) Notandum vero, quod...... tota intentio logici est, ut habeat syllogismum
perfectum, unde omnia, de quibus logicus determinat, ratione syllogismi delerminat.
Bei Lambert kann diess sowohl auf Boethius als auch auf den Arabern beruhen;
anders ist es bei Wilhelm Shyreswood, s. oben Anm. 32, woselbst die beidersei
tigem Quellen.
106) Item quaeritur, quare logicus incipit a sono et non ab aliquo, quod sit
ante sonum. Ad hoc dicendum, quod logicus est artifeae sermocinalis, et quia de
consideratione artificis sermocinalis nihil est, quod sit ante sonum, ideo a sono in
cipit tanquam ab altiori. Sonus sic diffinitur: Sonus est quidquid proprie et per se
et de se per auditum percipitur u. s. w.
107) Z. B. was voa, significativa (Abschn. XV, Anm. 7) betrifft, sagt Lambert:
Voces imponuntur ad significandas res secundum rerum proprietates et etiam secundum
rationem, ut homo dicitur, quia est factus de humo, et lapis quasi laedens pedem,
et sic de aliis. V0æ significativa ad placitum idem est quod sermo. Sermonum
alius compleaeus et alius incompleæus ; sermo incomplezus est, qui plura in se non
complectitur . . . . . ut dictio. Est autem dictio secundum Boethium (Abschn. XII,
Anm. 109) unius vocabuli nuncupatio, quae idem est, quod terminus, in quem resol
vitur propositio ..... . Grammaticus principaliter intendit de dictione, quantum ad
significatum generale, et ideo non supponit dictionemi logicus a grammatico, sed de
ea determinat; aliter autem erit de litteris et syllabis, quia aliter non considerat
logicus litteras et syllabas, quam grammaticus. Dictionum alia nomen alia verbum;
hic possis quaerere ......, quare solum determinat logicus de nomine et verbo.....
Quia secundum Boethium (s. ebend. Anm. 111) solae partes orationis sunt putandae.....
Prius dicendum est de nomine quam de verbo, eo quod subiecta ante actum, nomen
autem significat subiectum, verbum autem actum. Nomen est u. s. w.
108) D. h. auf die Frage „Quae?“ wird geantwortet mit ca[tegorica] oder
hyp[othetica], auf die Frage ,,Qualis?“ mit ne[gativa] oder aff[irmativa], auf die
Frage ,,Quanta?“ mit u[niversalis] oder par[ticularis] oder in[definita] oder sin[gularis].
S. Amm. 153.
109) Die gewöhnliche Figur jedoch fehlt hier.
110) Dicto de propositionibus participantibus utroque termino ad eundem ordinem
dicendum est de propositionibus participantibus utroque termino ad ordinis commu
tationem ; ordinis enim commutatio idem est quod conversio; est autem conversio prin
cipium reducendi syllogismos imperfectos ad perfectos. . . . . . Conversio autem est
tripleæ, sc. simpleæ, per accidens, et per contrapositionem u. s. w.
111) S. Abschn. XV, Anm. 16 ff.
28 XVII. Lamhert won Auxerre.
Aequipollenz (ebend. A. 18) mit Beiziehung der ersten vier bei Wilhelm
Shyreswood (oben Anm. 40) aufgeführten Memorial-Verse ''*); endlich
die Lehre von den modalen Urtheilen (Abschn. XV, A. 19 ff.) gleichfalls
mit obigen (Amm. 44) Versen geschmückt '!°).
Dem hierauf folgenden Imhalte der Isago g e schickt Lambert eine
eigenthümliche Einleitung voraus, in welcher aber die Parteifrage über
die Geltung der Universalien nicht mit einem Worte berührt ist ' 1*);
auch ist er in der Besprechung der einzelnen quinque voces weit aus
112) Dicto de propositionibus converlentibus dicendum est de aequipollenti
bus ...... Am Schlusse hievon: Sciendum, quod in aequipollentiis ponuntur quatuor
versus (so weist auch diese Ausdrucksweise auf eine allgemeine Reception der
Memorial-Werse hin , vgl. ob. Anm. 40 u. 44), quorum primus dicit aequipollentiam
huius signi „omnis“, secundus huius signi „nullus“, terlius huius signi „aliquis“, et
quartus huius signi „aliquis non“. Primus versus est iste:
Aequipollent 0mnis, Nullus non, Non aliquis non;
Secundus versus est iste: -
Non aliquis, Nullus, 0mnis non, se comitantur;
Tertius versus est iste:
Non nullus, Non omnis non, Aliquis, comitantur;
Quartus versus est iste:
Non omnis, Non nullus non, referunt Aliquis non.
Idem intelligendum est de istis signis „uterque, neuter, alter“ u. s. f. (Die kleine
Abweichung des Wortlautes der Werse von jemen bei Wilh, Shyreswood zeigt die
Vergleichung von selbst.)
113) Sciendum, quod propositionum quaedam sunt de inesse et quaedam modales
u. s. w. Die Werse stimmen wörtlichst mit obigen überein; die versinnlichende
Figur aber (ob. Amm. 45) fehlt hier.
114) Sequitur de praedicabilibus. Sciendum autem, quomodo diffiniuntur prae
dicabile et praedicatum et praedicamentum. Praedicamentum autem nihil aliud est,
quam ordinatio praedicabilium in linea praedicabili secundum sub et supra et a latere
et in linea recta, ...... unde illa tota ordinatio, quae est inter genus generalissimum
et speciem specialissimam et genera subalterna et differentias collaterales, vocatur
unum praedicamentum, sicut patet in arbore Porphyrii in tractatu Praedicabilium.
Sunt autem decem praedicamenta...... Dicitur aulem praedicatum id, quod refertur
ad subiectum in propositione, quae sunt quatuor: diffinitio, accidens, genus et pro
prium. Praedicabile idem est quod dicibile, et potest dividi praedicabile, nam aliud
est universale aliud est singulare..... Et est singulare, quod de uno solo praedicatur,
ut Socrates et Plato. Sed contra dicit Aristoteles in libro Praedicamentorum (s. Abschn.
IV, Anm. 476), quod per subiecta nulla est praedicatio, et vocat prima subiecta in
dividua, unde vult innuere, quod individuum de nullo praedicatur. Propter quod
dicendum est, quod „praedicari“ differenter dicitur, proprie et communiter. Et est
proprie praedicari de aliquo dici, qu0d est p0sterius , ..... et de tali praedicatione `
intelligit Aristoteles, et sic solum praedicatur universale. Praedicari vero communiter
idem est quod dici ita, quod non fiat vis in hac propositione, secundum quod dicit
Boethius (s. Abschn. XII, Anm. 124), quod nulla propositio est verior illa, in qua
idem de se praedicatur, i. e. sic potest praedicari individuum et sic intelligit hic.
Universale autem idem est quod aptum natum dici de pluribus (so Psellus, s. Abschn.
XV, Anm. 26) ...... Ad cuius evidentiam notandum est, quod est quidem universale,
quod mulliplicatur in plura supposita actu et simul, ut homo, quia actu et simul
plures homines sunt; aliud universale est, quod non multiplicatur in plura supposita
actu et simul, sed successive, ut phoenia;..... Aliud est universale, quod neque simul
neque successive multiplicatur in plura supposita, ut sol et luna, quia una est luna
et unus est sol, quae semper durabunt. (All dieses Letztere erinnert uns an Avi
cenna, s. Abschn. XVI, Anm. 88 f.) Et sic patet, quod non omne universale dicitur
de pluribus; tamen quoniam est de se, i. e. de natura formae universalis, aptum
natum est dici de pluribus. Praedicabilia vero sunt: genus, species u. s. f.
XVII. Lambert von Auxerre. , 29
führlicher als Psellus, jedoch ohne dass wir irgend Bemerkenswerthes
daraus hervorzuheben hättem. -
Auch bei der sich anschliessenden Erörterung über die Katego.
rie n ist der Text des Psellus häufig durch eingefügte Fragem und deren
Lösung erweitert '*°); zu beachten aber ist, dass bereits Lambert bei
den sechs letzten Kategoriem , welche Psellus (Abschn. XV, A. 35) theils
kärglich theils gar nicht besprochen hatte, und deren vier letzte daher
auch bei Petrus Hispanus ursprünglich fehlten (s. unten Anm. 173), die
nöthige Ergänzung aus Gilbertus Porretanus vornimmt 11°). Auch die
sog. Postprädicamente werden mit einer eigenthümlichen Bemerkung ein
geleitet 117).
Desgleichen werden sodann der Syllogis tik allgemeime Gesichts
punkte vorausgeschickt, welche theils aus Boethius entnommen sind 11°),
theils deutlich auf arabische Litteratur hinweisen 11°). Aber keinen dieser
115) Z. B. nach den Angaben über aequivoca u. dgl. fügt er hinzu: Ad evi
denliam praedictorum quaeritur, quare in principio praedicamentorum ponantur istae
diffinitiones et ad quid valeant. Ad hoc dicendum, quod . ... decem praedicamenta
possunt comparari ad suum superius, sc. ad hoc quod est ens, et sic in hoc quod
est ens, aequivocantur...... Secundo quaeritur, quare in plurali diffiniuntur......
Tertio quaeritur, quare diffiniuntur per „dici“ et non per „esse“ u. s. f
116) Nemlich bei actio, passio, quando, ubi, situs, habitus werden stets mit
den Wortem ,,quod sic diffinitur ab auctore seæ principiorum“ die Angaben Gilberts
(Abschn. XIV, Anm. 488 ff.) angeführt. Vgl. unten Anm. 308.
117) Post illa vero, quae dicta sunt, dicatur de postpraedicamentis. Sed primo
videtur, quod postpraedicamenta debeant dici anlepraedicamenta, quia dictum est supra,
qu0d antepraedicamenta ad c0gnitionem praedicamentorum valent et ideo praeponuntur
praedicamenlis; sed et postpraedicamenta valent ad praedicamenta; ergo qua ratione
illa dicuntur antepraedicamenta, eadem ralione, ut videtur, ista debent dici anteprae
dicamenta. Ad hoc dicendum, qu0d antepraedicamenta et postpraedicamenta valent
ad c0gnitionem praedicamentorum, sed diverse, quod antepraedicamenta valent ad
c0gnitionem praedicamenlorum in se, prout 0mnia ipsa ad aliquid superius compa
rantur, sc. ad id qu0d est ens...... ; sed postpraedicamenla valent ad cognitionem
quorundam, quae in praedicamentis sunt, sicul ad cognilionem contrarietatum et pro
prietatum ipsorum, qu0d patet de qu0libet praedicamento u. s. w. (Letzteres ist eben
die Behandlungsweise Gilbert's.)
118) Sequitur de syllogism0, et quia syllogismus est species argumentationis et
in diffinitione argumentationis ponitur argumentum, ideo videndum, quid sit argumen
tum et quid argumentali0 et quot argumentationis sint species et quae. Argumentum
autem secundum Boethium in Topicis suis (s. Abschn. XII, Anm. 165) est ratio rei
dubiae fidem faciens, ad cuius evidentiam notandum est, qu0d rati0 dicitur quatuor
nodis u. s. w., d. h. er wiederholt aus Boethius (s. ebend. Anm. 82) die Einthei
lung des argumentum in necessarium, probabile und sophisticum.
119) Sciendum est autem, quod syllogismi quaedam sunt principia generalia,
quaedam autem specialia. Magis autem generalia sunt, quae in omni syllogism0 re
periuntur, et horum quaedam sunt malerialia, quaedam formalia. Malerialia sunt
termini et pr0p0sitiones, sed termini sunt maleria remota, propositiones sunt materia
propinqua ...... Du0 autem sunt principia syllogismi formalia, sc. figura et modus,
et respondet figura materiae remotae syllogismi, m0dus ver0 respondet materiae pr0
pinquae (die ursprüngliche Quelle hievon s. hei Alfarabi, Abschn. XVI, Amm. 51 f.,
vgl. auch bei Algazali, ebend. Anm. 265, und bei Averroes, ebd. Anm. 317).......
Principia autem syllogismi magis specialia, quae specialiter in aliquibus syllogismis
reperiuntur, et horum quaedam sunt perficientia syllogismos perfectos, quaedam vero
perficientia syllogismos imperfectos. Principia perficientia syllogismos perfectos sunt
du0, sc. dictum de omni et dictum de nullo; principia perficientia syllogismos imper
fectos du0 sunt, sc. c0nversio et reductio per imp0ssibile.
30 XVII. Lambert von Auxerre.
beiderseitigen Grundsätze benützt Lambert irgend folgerichtig, sondern
springt hierauf sofort auf den Text des Psellus über, welchen er bezüg
lich der drei Schlussfiguren und ihrer Modi getreu wiedergibt, zuletzt
die memlichen Memorial-Verse anführend, welche wir bei Wilhelm Shyres
wood trafen '*"). Von Wichtigkeit aber ist uns, dass er eine ausdrück
liche und ausführliche Polemik gegen die Berechtigung einer viertem
(d. h. der sog. Galenischen) Sehlussfigur übt '*'), wenn es auch eigen
thümlich ist, dass er gerade mur in diesem Punkte dem Aristotelismus
des Averroes (Abschn. XVI, Anm. 322) folgt, während er durch andere
Bemerkungen desselben (s. z. B. ebend. Anm. 321 betreffs der letzten
fünf Modi der ersten Figur) sich gegenüber dem Psellus durchaus nicht
beirrem lässt. Die Syllogismen aus modalen Urtheilen sowie die hypo
thetischem fehlen auch hier 12*). - -
Hierauf folgt als „dialektische Argumentation“ die Topik mit Zu
grundlegung des Textes des Psellus '**), und unmittelbar hernach die
Sophistik 1**), welche er hiemit an einer anderen Stelle, als Wilhelm
Shyreswood (ob. Anm. 65), ergänzend einreiht; aber sowie diese Anord
120) Notandi sunt isti versus (s. dieselben oben Anm. 52)...., worauf in
gleichen Worten wie bei Shyreswood die Angabe folgt, wie die Werse sich auf die
drei Figurem vertheilem, sodann aber: Et sciendum, quod si in aliqua dictione in
veniantur plures syllabae quam tres , nihil designant, sed solum apponuntur propter
metrum. Item sciendum, quod per vocalem primae syllabae datur intelligi maior pro
positio, per vocalem secundae minor, per vocalem tertiae conclusio. Hierauf mit den
selben Wortem wie bei Petrus Hispanus (s. untem Anm. 187) die Bedeutung der
vier Wocale und der als Fingerzeig der Reduction dienenden Anfangsbuchstaben
B, C, D, F. Sodamm : Propositio illa, quae dicitur intelligi per vocalem , quam se
quitur S, convertitur simpliciter; si vero sequitur P, convertitur per accidens; si sit
M, est transpositio in praemissis (— somit auch hier das auf den Arabern beruhende
Wort ,,praemissa“, s. Anm. 52); in qua ponitur C, debet reduci per impossibile.
121) Item possit aliquis dicere, cum sit una figura, in qua medius praedicatur
in ulraque praemissarum, alia, in qua subiicitur in utraque, et alia, in qua subiici
tur in una et praedicatur in altera, ideo videtur, quod debeat esse quarta figura, in
qua medius praedicetur in maiori et subiiciatur in minori. Ad hoc dicendum, quod
tantum sunt tres figurae syllogismi; cuius ralio est, quia medium in syllogism0 aut
hal)et modum generalissimum vel primi in ordine praedicabilium, et sic est secunda
figura, in qua medium supraponitur eætremitatibus; aul habet modum specialissimum
vel ultimi in ordinalione praedicabilium, et sic est lerlia figura, in qua medium
subiicitur ertremis; aut habet modum medii in ordinatione praedicabilium, eo quod
supponitur alii eætremitati et alii supraponitur, et tunc est prima figura. Alia figura
esse non potest, in qua medium praedicatur de maiore eaelremitate et subiiciatur
minori eætremitati; nam secundum illam dispositionem medii oporterel sumere maio
rem falsam, si sumeretur universalis, vel oporteret sumere particularem, et tunc non
sequeretur conclusio, nam si dicatur ,,0mne animal est homo, omnis homo est risi
bile, ergo omne risibile est animal“, maior erit falsa, qua sumpta particulariter non
sequitur conclusio.
122) Vgl. oben Amm. 54 u. untem Anm. 190. -
123) Habito superius de argumentatione syllogistica, prout est dialectica et per
locum dialecticum comfirmatur, nunc de locis dialecticis dicendum est. In der Reihen
folge der Topen stimmt Lambert bei dem loci eætrinseci fast völlig mit jener Ab
weichung bei Wilhelm Shyreswood (Amm. 56) überein, nur ist hier der Topus a
simili nach jenem a minori gestellt.
124) Dicto de locis dialecticis ..... dicendum est de locis sophisticis u. s. w.
Der Inhalt aber erstreckt sich auch hier nur auf die erste Hälfte des aristotelischen
Buches (vgl. oben Anm. 65 und untem Anm. 197).
XVII. Lambert von Auxerre. 31
nung, ebenso stimmt auch der Text der Soph. El. fast wörtlich mit jenem
des Petrus Hispanus übereim.
Dem Schluss aber bildet auch hier die Erörterung über ter mi
n 0 r u m p r o p r i et a te s, wobei auch Lambert (wie Wilhelm Shyreswood)
sich gegenüber dem byzantinischem 0riginale eine Selbstständigkeit in An
ordnung der einzelnen Abschnitte bewahrt, jedoch in Behandlung des
Einzelnen dem Petrus Hispanus weit näher steht. Er bezeichnet als Ge
genstand dieses Theiles der Logik : suppositio, appellatio, restrictio,
distributio, relatio, und äussert sich dabei, was das Verhältniss der
significatio zur suppositio betrifft (s. Abschn. XV, Anm. 66) ziemlich aus
führlich und selbstständig'°°). Die suppositio, welche er (wie alle übri
gen derartigen Begriffe) vorerst nach versehiedemen Wortbedeutungem
zerlegt '*"), theilt er sodann (vgl. ebd. Anm. 67 f.) principiell in suppo
sitio proprie dicta und in copulatio, womit die grammatischen Formen
der Worte in Verbimdung kommen 137); die Eintheilung der Supposition
stimmt, abgesehen von kleinem Abweichungem, mit jener bei Psellus völlig
überein ***). Hernach aber lässt Lambert die appellatio folgen 1°°), und
erst hernach die restrictio und die ampliatio, welch beide er parallel
miteinander verflochten behandelt '*'); sodann reiht er die distributio
125) Quia logica consideral terminum, ideo conveniens est, ut determinet de
termin0 ipso...... Multae autem sunt proprietates termini, sc. suppositio, appellatio,
restrictio, distributio et relatio...... Sed quia significatio est sicut perfectio termini
et proprietates termini super significatione fundantur, ide0 in principio ad evidem
tiam sequentium videndum est, quid sit termini significatio...... Significatio est in
tellectus rei, ad quem v0ae imponitur...... Differt autem significatio a suppositione
in hoc, quod prior est significalio, ...... et quod significatio solum eaclenditur ad
rem, ad quam significandam imponitur terminus, sed suppositio non solum eaeten
ditur ad rem, quae per terminum significatur, sed potest eætendi ad supposita con
tenta sub illa re u. s. f
126) Suppositio quatuor modis dicitur: substantiva designatio..... , acceptio
* pr0p0sitionis....., 0rdinatio partium...... , acceptio termini pro se sive pro re sua
vel pro aliquo supposito contento sub re vel pro aliquibus suppositis contentis sub
re sua. Et ideo quarto modo est hic intentio u. s. f.
127) Suppositio communiter dicta dividitur in suppositionem proprie dictam et
copulationem...... Et est suppositio proprie dicta acceptio termini rem fiacam et per
se stantem repraesentantis ...... Copulatio est acceptio termini rem dependentem re
praesentantis...... Dictionum quaedam supponunt tantum ut nomina substantiva, quae
dam copulant tantum ut nomina adiectiva, quaedam vero supponunt et copulant ut
ea, quae sunt adiectiva re, substantiva vero voce, ut „armiger, duæ“ u. s. f
128) Suppositio potest sic dividi: alia est naturalis et alia accidentalis......
Accidentalium alia est simplev alia personalis..... Personalium alia discreta alia
communis..... Communium alia determinata alia confusa..... Confusarum alia ve
hemens mobilis alia evilis mobilis u. s. f.
129) Appellatio dicitur quatuor modis: .... propria nominatio......, proprietas
nominum ...... , acseptio termini pro supposito sub su0 significato..... , acceptio ter
mini pro supposito vel pro suppositis actu eæistentibus..... Quarto modo est prin
cipalis intentio u. s. f. (eine Menge von Quästionem und Sophismen).
130) Sequitur de restrictione et ampliatione..... Restrictio est minoratio ambitus
termini communis, secundum quam pro paucioribus suppositis tenetur terminus com
munis, quam eæigat sua actualis supp0sitio...... Ampliatio est evtensio aml)itus ter
mini communis, secundum quam pro pluribus suppositis tenetur terminus communis,
quam evigat actualis sua suppositio u. s. f. (Dass Wilh. Shyreswood die restrictio
und ampliatio nicht bloss unter sich, sondern auch mit der appellatio verflocht,
(s. oben Anm. 64.)
32 XVII. Lambert von Auxerre. Petrus Hispanus.
am 131) und zuletzt noch die relatio 18*). Aber trotzdem ist der Inhalt
dieser genanntem einzelnen Capitel dem Sinne mach (wenn aueh nicht dem
Wortlaute nach) enge an das für uns verlorne griechische Original ange
schlossem, d. h. Alles finden wir bei Petrus Hispanus wieder. Hingegen
was bei Letzterem zu dem Eaeponibilia gehört und was bei Wilhelm
Shyreswood den lnhalt der Syncategoreumata bildete (ob. Anm. 66 ff.),
hat Lambert sämmtlich hinweggelassem 1°°).
Das Bisherige wird num sicher den genügenden Nachweis enthaltem,
dass die byzantinische Logik des Psellus bereits vor und auch meben der
Thätigkeit des Petrus Hispanus bei dem abendländischen Lateinern einen
ausgedehntem Wirkungskreis gefunden habe. Und sowie die mitgetheiltem
Belegstellem beurkundem, dass man jenes neu eintretende Material (nament
lich dem Abschnitt über die proprietates terminorum) immerhim mit eimer
gewissen individuellen Freiheit verarbeitete'**), so ist nun auch die Frage
über den Petrus His pa n us selbst so ziemlich aufgeklärt; denn wir er
kennen, dass er unter mehrerem gleichartigen Schriftstellern, obwohl bei
weitem der einflussreichste, doch das wenigste individuelle Werdienst hat,
indem er eine neue Quelle, welche schon eimige Zeit vorher eröffnet
worden war und zu Werschiedemartigem angeregt hatte, lediglich ohjectiv
abschreibend reproducirte '°°). Kurz es hat sich uns nun quellenmässig
bewährt, was schon oben gelegentlich des Psellus (Abschn. XV, Anm. 87 ff.)
gesagt wurde. Aber sowie ich dieses ganze neue Resultat nur aus hand
schriftlichem Quellen gewinnem konnte, so stellt sich uns zur vollem Er
gänzung der geschichtlichen Forschung die Nothwendigkeit recht lebhaft
vor Augen, dass veröffentlicht werde, was irgend Wichtiges noch in Hand
schriften verborgem liegt. Bedemken wir, dass zwischen Petrus Hispanus
umd der Praxis der Buchdruckerkunst ein Zeitraum von zweihundert Jahrem
liegt, und dass zur Zeit der erstem zahlreichem Drucke logischer Compen
diem Petrus Hispanus bereits längst eine fast ausschliessliche Auctorität
errungen hatte, so bleibt walirlich noch ein weiter Spielraum für logische
Schriftsteller offen, welche im 13. Jahrhunderte oder zu Anfang des 14.
131) Distributio est unius in diversa divisio u. s. f.
132) Relatio est respectiva habitudo ..... vel ante latae rei recordatio ......
Relativorum sunt alia relativa substantiae alia relativa accidenlium...... Relativorum
substantiae aliud est relativum ydemptitatis, ut „qui“, aliud est relativum diversi
tatis, ut ,,alius“ u. s. w.
133) Möglich wäre wohl, dass dem Lambert nur eine unvollständige Ueber
setznng des Psellus zu Gebot stand; jedoch mach seiner ganzen Art und Weise
diirften wir eher annehmen, dass er absichtlich jene ganze Gruppe bei Seite liess.
134) lch habe in dieser Beziehung absichtlich im Worigen mehrfache Proben
des Quellem-Textes gegeben, denn derjenige Leser, welcher die Sache genau nimmt,
kann hiernach durch einlàssliche Vergleichung von selbst ersehen, wie manigfaltig
das gleiche Thema variirt wurde.
135) Es ist z. B. baarer Unsinn, wenn Hist. litt. de la France, XIX, p. 326,
gesagt wird, Petrus Hispanus habe bei der damaligen Unverständlichkeit des Ari
stoteles eben einen leicht zugänglichem Auszug aus dem 0rganon angefertigt (konnte
er denn etwa auch die fünf theophrastischen Schlussmodi aus Aristoteles excerpirem,
oder wo fand er denn bei Aristoteles die proprietates tem minorum oder die synca
tegoreumata?!). Doch die Verfasser der Hist. litt. de la France zeigen ja überhaupt
so häufig die löbliche Gewohnheit, über Dinge zu schreiben, welche sie höchst
flüchtig oder auch gar nicht gelesen haben.
XVII. Petrus Hispanus. 33
nicht völlig im Schlepptau des Petrus Hispanus sich bewegtem, sondern
eben nach Art eines Wilhelm Shyreswood oder eines Lambert von Auxerre
dem byzantinischen Stoff selbstständiger bearbeiteten oder auch, was nicht
sehr schwer war, selbst bereichertem. So ist es nicht bloss möglich, som
dern selbst sehr wahrscheinlich, dass, was dem verschiedenartig gestalteten
Inhalt der Syncategoreumata bildet oder was wir später untem bezüglich
der Obligatoria, Insolubilia und Consequentiae anführen können, wenig
stens im Keime ursprünglich schon damals, d. h. in den ersten Jahr
zehenten der Wirkung byzantinischer Logik, aus dem Compendium des
Psellus sich entwickelte 1°°).
Wendem wir uns hiemit zu demjenigen Autor, durch welchen die
Synopsis des Psellus eine dritthalbhundertjährige Herrschaft erlangte, nem
lich zu Petrus Hispanus (geb. um 1226, gest. als Papst Johann XXI.
i. J. 1277), so berühren uns hier seine biographischen Verhältnisse ebenso
wenig als seine medicinischen oder theologischen Schriften 1*7). lnsoferne
hingegen die Frage nicht ganz zu umgehen ist, ob jemer Petrus Hispanus,
vom welchem die berühmt gewordenen „Summulae“ herrühren, wirklich
der machmalige Papst Johann XXI. sei, so muss bemerkt werdem, dass
allerdings die Dominicamer für sich die Ehre in Anspruch mahmem, den
vielgepriesenen Autor zu ihren 0rdensmitgliedern zu zählen '°°); jedoch
abgesehen von den Bedenken, welche an sich jene häufig geübte littera
rische Eitelkeit und Rivalität der 0rdem darbietet, und selbst abgesehen
von einem kleinen chronologischen Zweifel 1°°), könnte sich vielleicht jene
Angabe der Dominicamer auf eine für dieselben unverfängliche Weise da
durch erklären , dass ein späterer Petrus Hispanus aus dem 14. Jahrh.,
falls derselbe wirklich Dominicaner war, die Veranlassung zur Werwechs
136) Sowie ich daher schon im 2. Bande wiederholt auf neue Eröffnung hand
schriftlicher Quellen hingewiesen habe, so kömmt es mir überhaupt nie in den Sinn,
meine wahrlich aufreibende Forschung irgend für eine abgeschlossene zu haltem.
Ich besorge allerdings nicht, aus demjenigen, was gedruckt worhanden ist und auch
mir in reichem Maasse zu Gebot steht, wesentliche Widerlegungen erfahren zu
müssem, aber ich wünsche aufrichtigst, dass meine Resultate durch handschriftliche
Publicationem ergänzt und berichtigt werden. Die fraglichen Punkte, um welche es
sich handeln kann, und vielleicht auch die Richtung der Beantwortung glaube ich
mehrfach hervorgehoben zu haben. In Paris, in London, in Oxford (vielleicht weniger
im Escurial) muss sich gewiss noch Manches finden.
137) Joh. Tob. Köhler, Vollständ. Nachrichi v. Pabst Johann XXI. u. s. w.
Göttingen 1760. 4. gibt eine reichhaltige Zusammenstellung, welche allerdings an
der geschmacklosen Darstellungsform jener Zeit leidet und zumal erklärlicher Weise
betreffs der Logik auf mangelhaftem Wissen beruht.
138) Autorem, welche diese Ansicht vertreten, sind angeführt bei Nic. Antonius,
Bibl. Hisp. vetus, Lib. VIII, Cap. 5, §. 162 (hrsggb. v. Perez Bayer, Madrid 1788.
fol. Vol. II, p. 76); vgl. auch Quetif, Scriptt. 0rd. Praedic. I, p. 485 f. Namentlich
warf mam sich auf eine Angabe des Joh. Marieta (De los santos de Espaiia, Lib. XXI,
Cap. 57) und des Joh. Lopez, Hist. gen. III, p. 297, wornach umser Petrns Hispanus
in dem navarresischen Dominicaner-Kloster Stella gelebt habem und begrabem sein
soll. Was übrigens die Summulae selbst betrifft, zeigem auch Antonius und Quetif
die gleiche Unwissenheit wie alle Anderen, und won solcher Beschaffenheit war damn,
was die Werfasser der Hist. litt. de la France abzuschreiben famden.
139) Da das genannte Kloster Stella nicht wor d. J. 1260 gegründet wurde.
S. Quetif a. a. 0.
PRANTL, Gesch. III. 3
34 XVII. Petrus Hispanus.
lung darbot **"). Erscheint uns daher, solange nicht irgendwie entschie
dene neue Gegenbeweise aufgefundem sind, die gewöhnliche Annahme 141)
immerhin als zulässig, so ist für den geschichtlichen Werlauf jedenfalls
das Wichtigste, dass auch selbst jener angebliche Dominicaner Petrus
Hispanus in den Amfang der zweiten Hälfte des 13. Jahrh. verlegt wird,
und andrerseits, dass der Werfasser der Summulae sicher in Bälde als
identisch mit einem Papste galt (— mag er nun wirklich die Tiara ge
tragem habem oder nicht —); demn aus letzterem Umstande ist es ent
schieden zu erklärem, dass in der Schultradition gerade sein Compendium
viele andere verdrängte und sich einer einmüthigen Auctorität erfreute.
Jedenfalls ist unter den ähnlichen Erzeugnissen jener Zeit das Com
pendium des Petrus Hispanus das geistloseste, insoferne es ohne irgend
einen einzigem eigenem Gedanken nur den Grundtext der neu eingeführten
byzantinischen Logik wiederholt. 0b der Werfasser selbst des Griechischen
mächtig war, um den Psellus zu übersetzen, oder ob er mur als Ab
schreiber einer bereits vorhandemen getreuem Uebersetzung sich seinen
„weltgeschichtlichen“ Einfluss errungen habe, lässt sich nicht entscheiden;
der „Schweiss des Angesichtes* kann in keinem der beidem Fälle gross
gewesen sein. Jedoch eben um des Einflusses willem, welchen Petrus
Hispanus auf sehr lange Zeit ausübte, müssen wir seine Summula aus
führlicher darstellen, könnem uns jedoch hiebei in jenem Theile, dessem
griechisches Original uns vorliegt, durch Werweisung auf das im XV. Ab
schnitte Gesagte kürzer fassen (den Anmerkungen es überlassend, zur
Vergleichung der Uebersetzung mit dem 0riginale zu dienem), und müssen
mur im zweitem Haupt-Theile dasjenige, was ausschliesslich in lateinischer
Form erhaltem ist, einlässlicher erörtern (s. Abschn. XV, Anm. 86).
Es findet sich eine ausserordentlich grosse Masse von gedruckten
Ausgaben des Petrus Hispanus aus jenem Jahrzehentem, in welchem der
selbe noch nach Erfindung der Buchdruckerkunst an allen 0rtem in um
getrübtem Ansehen stand. Sie enthaltem sämmtlich im Ganzen und Grossen
den nemlichen Text 1**), und wenn wir die unsägliche Mühe nicht scheuen,
aus dem Schätzen grösserer Bibliotheken die erreichbaren Exemplare sorg
140) Nemlich Nic. Antonius (a. a. 0. p. 76) führt aus Petrus Cirvelo's Com
mentar zum Petr. Hispanus (— In Summulas Petri Hispani a se denuo correctas ac
bonae solidaeque doctrinae documentis illustratas praeclarissimus commentarius. Sal
mantica. 1535, ein Buch, dessem ich nicht habhaft werden konnte —) mehrere
Notizen an, welche einen Petrus Hispanus iunior betreffem (namentlich habe derselbe
die Summulas des Aelterem in abgekürzter und gleichsam geläuterter Form bearbei
tet), und weist dabei auf einen Dominicaner Petrus Hispanus hin (p. 77), welcher
i. J. 1396 in kirchlicher Beziehung zu einer hervorragenden Stellung gelangte.
141) Vertreter derselben sind genannt bei Antonius a. a. 0. p. 75. Uebrigens
wird erklärlicher Weise in derartigen Fragen kaum irgend Gewissheit zu er
reichen sein.
142) Zur leichteren Orientirung des Lesers möge dienem, dass die Logik des
Petrus Hispanus in folgende Hauptabschnitte („tractatus“) zerfällt:
I. Lehre vom Urtheile
II. Die quinque voces
III. Die Kategorien
IV. Syllogistik
V. Topik
XVII. Petrus Hispanus. 35
fältig zu vergleichen***), so finden wir nicht mur, welch bodemloses Ge.
rede es sei, wenn man stets von „mehreren* oder „zahlreichen* die
VI. Sophist. Elenchi
VII. Terminorum proprietates, nemlicb
1. Supp0sitio, und zwar
$ an sich
b) relativorum
. Ampliatio
. Appellalio
. Restrictio
. Distributio
. Eæponibilia.
143) Mir standen, was den Text betrifft, folgende achtundvierzig Ausgaben
(theils mit theils ohne Commentar) zu Gebot:
I. fünf Leipziger Drucke:
A) Teactus summularum Petri Hispani per tractatus et capitula divisus cum
que singulorum traclaluum summariis figuraliter resolutis cuilibet studioso
multum profuturis etc. Am Schlusse : Lyptzk per Melchiorem Lotter.
1499. fol. - -
B) Teaetus septem tractatuum Petri Hispani per tractatus et capitula distinctus,
in quibus succincte breviterque inquiruntur, quae in libris logicalibus
Aristotelis diffusius tractantur. Am Schl.: Per virum Melchior Lotter opi
danum Liptzensis [sic]. 1506. 4.
c) Ebenso. Am Schl.: Liptzk per Melchiorem Lotter. 1509. 4.
D) Ebenso. 1510. 4.
E) Ebenso. Am Schl.: Ex officina Melchiaris [sic] Lottheri. 1516. 4.
Diese fünf sind sämmtlich unter sich identisch und weichen mur durch ver
einzelte Druckfehler von einander ab; sie geben den Text der genanmten (vor.
Anm.) Tractate, halten aber in den Kapitel-Ueberschriften stets die Parallele
mit dem aristotelischen Organon ein; nur A gibt mach dem einzelnen Tractaten
eintheilende Uebersichten.
II. Ein Incunabel-Druck ohne 0rt u. ohne Jahr:
F) Tractatus magistri Petri Hispani. Am Schl.: Finiunt summulae Petri Hispani
bene emendatae et correctae. 4.
Durchgängig identisch mit den Leipzigerm; nur fehlt der letzte Abschnitt, d. h.
Eæponibilia, und ausserdem sind die Unterabtheilungen des 7. tractatus in dem
Ueberschriften als selbstständige Tractate fortlaufend numerirt, nemlich 8 de
relativis, 9 de ampliatione u. s. f., wornach das Gamze aus 12 tractatus besteht.
(In beidem Eigenthümlichkeiten stimmen die unten anzuführenden Drucke £—©
mit diesem überein, bloss in der Art der Numerirung aber auch die Drucke
H-—IL, ©—£t, £).
III. fünf in Deutschland erschieneae Drucke mit dem Commentar des Wersor (die
Wemetiamer Drucke s. unten Y—§8), nemlich:
G) Dicla Versoris super septem tractatus Magistri Pelri Hispani cum teactu.
Am Schl.: Anno domini 1487 (wahrscheimlich in Köln). fol.
H) Ebenso. A. Schl.: A. domini 1488 (wahrschl. in Köln). fol.
I) Ebenso. A. Schl.: Coloniae per Henr. Quentell. 1489. 4.
IK) Ebenso. A. Schl.: Per Anthonium Koberger Nurnbergae. 1495. 4.
I.) Ebenso. A. Schl. mur: Finit feliciter (wahrschl. in Köln 1497). fol.
Sämmtliche fünf unter sich völlig identisch, geben den Text in gänzlicher Ueber
einstimmung mit den Leipziger Drucken. Nur fehlt hier, sowie auch in M— ©,
£—£, das letzte Capitel des 4. Tractates (De potest. syll.); auch sind in
PH I K L ebenso wie in F die Unterabtheilungen des 7. Tractates eigens
numerirt, wornach trotz der Angabe auf dem Titelblatte doch 13 tractatus
erscheinen.
IV. acht Kölner Drucke mit thomistischem Commentare des Lambertus de Monte:
M) Copulata omnium tractatuum Petri Hyspani, etiam Sincathegoreumatum et
parvorum logicalium cum teactu, secundum doctrinam divi Thomae Aqui
;
3*
36 XVII. Petrus Hispanus.
Dialektik betreffenden Schriften- des Petrus Hispanus sprach (so die in
Anm. 135 u. 137 f. genanntem •Autorem); demn Alles, was uns unter ver
N)
0
P)
Q)
)
R)
$)
natis iuacta processum magistrorum Coloniae in bursa montis regentium.
Impressa per Liiskyrchen. Am Schl.: Coloniae. 1480. 4. Worauf mit
neuer Paginirung, aber ohne neues Titelblatt, der 7. tractatus und das
an ihn sich Anreihende folgt, woselbst am Schlusse: Juacta processum
magistrorum Coloniae regentium in bursa magistri Lamberti de Monte,
artium ac s. theol. professoris eaeimii....... Coloniae ann0 nonagesimo
supra millesimum quaterque centesimum ; jedoch sind beide Theile mit
dem nemlichen äusserst alten Lettern gedruckt, und sonach ,,nonagesim0“
wahrscheinlich Druckfehler für octagesimo.
Ebenso; nur fehlt der Name des Druckers. In beiden Abtheilungen am
Schl.: Coloniae. 1489. fol.
Copulata omnium tractatuum Petri Hyspani, parvorum logicalium, etiam
syncathegoreumatum, cum teactu. denuo diligentissime correcta secundum
doctrinam u. s. w. wie so eben..... regenlium. A. Schl.: Coloniae. 1490. 4.
Hierauf mit nenem Titelblatte und meuer Paginirung: Copulata super omnes
tractatus parvorum logicalium Petri Hispani cum teactu eorundem pulcher
rime inserto. denuo diligentissime correcta. Am Schl. : Coloniae. 1490.
Danm abermals mit neuem Titel u. neuer Paginirung: Tractatus sincathe
goreumatum Petri Hyspani cum pulcherrimis sophismatibus, qui noviter
correctus cum diligentia volentibus in logicis subtiliter speculari est mul
tum utilis. (A. Schl. Nichts.)
Teactus et copulata omnium tractatuum Petri Hispani, etiam parvorum l0
gicalium et tractatus syncathegorematum, quem aliqui Octavum vocant, cum
quibusdam aliis sagaciter adiunctis. iterum atque iterum diligentissime
correcta secundum doctrinam irrefragabilem divi Thomae Aquinatis ac iuaeta
frequens eæercitium magistrorum Coloniae infra sedecim domos in bursa
Montis regentium, in hunc unum librum congesta. Am Schl.: Coloniae.
1493. 4. Hierauf mit neuem Titel u. neuer Pagina: Copulata super omnes
tractatus parvorum logicalium Petri Hispani ac super tres tractatus Mo
dernorum teactui pulcherrime annotata in argumentis et replicis denuo
diligentissime correcta iuaeta inviolatum processum magistrorum Coloniae
bursam Montis regentium. (A. Schl. Nichts.)
Wörtlich ebenso. Coloniae. 1494. 4.
Copulata commentaria teactui omnium tractatuum Petri Hyspani, etiam
parvorum logicalium et trium modernorum, perquam solerter inserta. itertim
atque iterum emendata et diligentissime correcta secundum irrefragabilem
et fundatissimam doctrinam divi Thomae Aquinatis peripateticorum inter
pretis veracissimi. ac iuaeta frequens exercitium magistrorum Coloniensis
gymnasii in bursa Montis regenlium, qui tanti doctoris sancti sectatores
eæistunt sincerissimi propagatoresque fidelissimi. Am Schl.: Coloniae per
Henricum Quentell. 1496. 4. Hierauf mit neuem Titelblatt: Copulata om
nium tractaluum parvorum logicalium Petri Hyspani tribus adiectis moder
norum tractatibus in suis commentariis teactui pulcherrime annotatis. in
argumentis et replicis denuo diligentissime correcta iuaeta inviolatum pro
cessum magistrorum Coloniae bursam Montis regentium ac invictissimam
doctrinam sancti Thomae uberrime propagantium. A. Schl.: (ohne Nennung
des Lambertus de Monte) Coloniae per Henricum Quentell. 1496. 4.
(Alles unpaginirt.) -
Copulata pro elucidatione seae tractatuum Petri Hyspani, etiam parvorum
logicalium eiusdem et trium modernorum, teaetui perquam solerter inserta
u. s. f. wie in R. A. Schl.: Coloniae per Henr. Quentell. 1503. 4. Hierauf
mit neuem Titel u. meuer Paginirung: Copulata tractatuum parvorum logi
calium u. s. f. wie in R. A. Schl.: Coloniae per Henr. Quenlell. 1503. .
T) Wörtlich ebenso. 1507. 4.
Diese acht Drucke, in welchen ausser den Syncategoreumata drei neue Tractate
(nemlich De obligatoriis, De insolubilibus, De consequentiis, s. über dieselben
XVII. Petrus Hispanus. - 37
schiedemem Titeln und mit verschiedenartigen Commentaren durchwoben
erhaltem ist, zeigt sich als Ein und das nemliche Werk. Aber ausserdem
W.
VI.
VII.
bei dem späterem Interpolationem in Abschn. XX) beigefügt sind, stimmen unter
sich im Wortlaute völlig überein; nur unterscheidem sie sich dadurch, dass
der Abschnitt über die Syncategoreumata in M und N vor jene drei neuen
Tractate, hingegen in 0, P, Q nach denselben gestellt ist, aber in R, §, T
gänzlich fehlt. Der Text des P. Hispanus ist mit Ausnahme umbedeutender
Abweichungen identisch mit jenem der Leipziger Ausgabem.
Drei Kölner Drucke mit albertistischem Commentare des Harderwyck:
U) Copulata Petri Hyspani secundum processum bursae Laurentii. Am Schl. :
Commentum ..... per magistrum Gerardum de Harderwyck s. theol. licent.
1488. Hierauf mit neuem Titelblatt: Copulata super omnes tractatus
parvorum logicalium Petri Hyspani et nonnullos Modernorum secundum
viam Albertistarum. A. Schl.: Commentum u. s. f. wie so ebem. 1488. fol.
v) Commentaria in summulas Petri Hispani albertocentonas continentia.....
secundum processum bursae laurentianae Colon. ad unguem castigata et e
mendis quibus scatebant erepta.... Impressum Coloniae apud Lijskirchen.
Am Schl.: per aculissimum in artibus liberalibus magistrum et s. theol.
licentiatum magistrum Gerardum Harderwicksensem. 1492. fol. Hierauf
mit neuem Titelblatt: Commentarii in omnes tractatus parvorum logicalium
Petri Hispani iunctis nonnullis Modernorum processum bursae laurentianae
in universitate Coloniensi continentes incipiunt feliciter. Am Schl.: per
acutissimum u. s. f. wie so ebem. 1493. fol.
W) Copulata summularum Petri Hispani secundum processum bursae Laurentii
iuacta mentem venerabilis domini Alberti Magni feliciter incipiunt. A. Schl.:
Commentarii in omnes tractatus Petri Hispani et nonnullos Modernorum.....
eae divi Alberti Magni commentariis per.... Gerardum Harderwiccensem.....
Impressum in officina.... Henrici Quentell. 1504. 4.
In sämmtlichen dreien ist noch ein Excerpt der zweiten Analytik eingefügt,
und zwar in U, woselbst die Soph. El. fehlen, mach der Topik, in V u. W
aber nach der Syllogistik, d. h. Inach dem 4. Tractate, wornach sich in W
sogar die Numerirung des 5. u. 6. Tractates um eine Ziffer erhöht. Was die
Parva logicalia, welche in selbstständige Abschnitte zertheilt sind, betrifft, so
sind auch hier (wie in M—T) nach der Distributio die drei neuen Tractate
0bligatoria, Insolubilia, Consequentiae eingereiht, in w aber fehlt der letzte
Tractat, d. h. Eæponibilia. Die Syncategoreumata sind nicht mit aufgenommen.
Der Text ist wohl im Ganzen jener der Leipziger Drucke, streift aber in ei
nigen wenigen Abweichungem bereits an den Reutlinger Druck (Jt u. ®).
Ein Venetianer Druck mit scotistischem Commentare des Dorbellus:
x) Logica magistri Nicolai de Orbellis una cum teaetu Petri Hyspani. Am Schl.:
Venetiis per Lazarum de Soardis. 1516. 4. -
Der Text zeigt im 1. Tractate einige Abweichungen von dem Leipziger, dürfte
aber vielleicht, insoferne mam von einer entschiedenen Interpolation bei den
modalen Urtheilen absehen würde, überhaupt auf die ursprünglich älteste Re
cension zurückweisen (s. d. folg. Anm.).
fünf Venetianer Drucke, wovon vier mit Commentar des Versor (vgl. oben G—L)
und einer mit jenem des Johannes de Monte:
Y) Teactus sive liber summularum logicae magistri Petri Hispani cum Versoris
Parisiensis doctoris perspicacissimi interposita eæpositione. in calce qu0
que harum eiusdem Petri Hispani Parvorum logicalium nuperrime inventus
libellus utili serie adnezus. Am Schl.: per artem Hermanni Lichtenstein
Coloniensis Venetiis. 1488. fol.
Z) Versoris eaepositio in summulas logicae Petri Hispani cum teactu eiusdem.
Eiusdem Petri Hispani libellus parvorum logicalium nuper inventus. A. Schl.:
Venetiis per Philippum Pincium Mantuanum. 1508. fol.
91) Petri Hispani summulae, logicales cum Versorii Parisiensis clarissima ea
positione. Parvorum item logicalium eidem Petro Hispano adscriptum opus
38 XVII. Petrus Hispanus.
entdecken wir auch, wie dieser einheitliche Text in Einzelnheitem die
manigfachsten handschriftlichen Wariationen darbietet, wie Auslassungen
VIII.
IX.
• - - - - - Quae omnia innumeris paene erroribus undique seatentia mazima
sunt diligentia castigata. Venetiis apud Juntas. 1550. fol.
$8) Petri Hispani summulae logicales oum Versorii u. s. w. wie in *i.....
Quae omnia a Martiano Rota infinitis fere erroribus maæima sunt dili
gentia castigata. Venetiis apud Sansovinum. 1572. 4.
&) Summulae Joannis de Monte super Petrum Hispanum. A. Schl.: Explicit
commentum valde notabile ad mentem doctoris subtilis super logicae sum
mulis.... Petri Hispani ab eaeimio artium et sacrarum litterarum doctore
Parisiensi eaccell. magistro Johanne de Monte Parisiis olym editum per....
magistrum Petrum de Cruce portum galicum mazima cum diligentia custi
gatum. Venetiis. 1500. 4.
In diesen fünf Drucken, unter welchen, was den Text betrifft, Y Z %i G fast
absolut identisch sind, und nur 8 in den Beispielsätzen und Memorialversen
kleine Abweichungen zeigt, ist der 7. Tractat in selbstständige, aber unter sich
eigens numerirte Tractate zertheilt, deren jeder als ein tractatus parvorum logi
calium bezeichnet ist, und ausserdem kömmt als ein Petro Hispano adscriptum
opus (nicht als 8. Tractat) der Abschnitt über die Syncategoreumata hinzu; nur
in € schliesst sich nach den Evponibilia an Stelle des Textes der Syncateg.
sofort der blosse Commentar derselben an. Der Text der sieben Tractate ist
in seiner ursprünglichen Grundlage identisch mit obigem x, enthält aber dabei
bereits manigfache Umstellungen und besonders Interpolationem, deren einzelne
selbst mit dem Reutlinger Drucke (£t (2) übereinstimmen.
zwei Lyoner und Ein Pariser Druck mit Commentar des Georgius Bruxellensis
und des Thomas Bricot und Ein Wenetianer mit Commentar des Johannes de
Magistris:
£) Eaepositio Georgii super summulis magistri Petri Hispani. Am Schlusse
des vorletzten Abschnittes ist in Wersen der Name des Druckers und
des Druckortes sowie die Jahreszahl ausgedrückt: Adam Treschel Lugduni.
1489. 4.
G) Interpretatio Georgii in summulas magistri Petri Hispani una cum mgstri
Thomae Bricot quaestionibus, teactu quoque impositionum [sic] de novo
readdito diligentissime in margine quotata, ut etiam incipientibus contenta
pateant ad primos intuitus. In vico Sancti Jacobi. Maistre Durand Serlier.
Am Schl.: Joannes Morand Parisiorum in academia. 1497. 4.
®) Interpretatio Georgii Bruzellensis in summulas magistri Petri Hyspani una
cum magistri Thomae Bricot quaestionibus de novo in cuiusvis fine tracta
tus additis. teactu quoque suppositionum de novo readdito... (wie so eben)
... inluitus, summa cura ac diligentia de novo emendata, nec non figura
rum rudimenta, quae nunquam prius fuerant inserta. Am Schl.: Lugduni
per Joannem de la place. 1515. 4.
Θ) Summulae magistri Johannis de magistris. A. Schl.: Venetiis. 1490. 4.
Im Texte des P. Hispanus stimmen ® und ® unter sich ebenso absolut überein,
wie G und 3; unter sich (nur ist § bei den modalen Urtheilen an versinn
lichenden Figurem reicher als ®); sämmtliche vier aber beruhen gleichfalls
ursprünglich auf obigem X, zeigen jedoch namentlich im 1. Tractate manig
fache Spuren einer Interpolatiom, und zwar ist diess bei ® u. © in geringerem
Grade der Fall als bei ® u. §, welch lelztere beide auch in den übrigen
Tractatem viele kleine Abweichungen darbietem. Der 7. Tractat ist wie bei
obigem F in selbstständige fortlaufend numerirte Tractate getheilt, so dass
demnach 12. de distributione gezählt wird ; der letzte jedoch, d. h. Exponibilia,
ist ohne Hinzufügung der Nummer angereiht.
drei Drucke mit scotistischem Commentare des Tartaretus:
&) Eaepositio magistri Petri Tartareti super summulas Petri Hispani cum alle
gationibus passuum Scoti doctoris subtilissimi. A. Schl. Nichts. fol. (sicher
ist diese Ausgabe in Freiburg i. Breisgau auf Kosten des Landgrafen Friedrich
v. Thüringen per baccal. Wolfgangum Stückl Monacensem i. J. 1504 gedruckt).
XVII. Petrus Hispanus. 39
und Interpolationen allmälig Platz griffem, und wie namentlich die Memo
rial-Werse in dem verschiedemen Schulen sich veränderten oder vermehrten.
XI.
XII.
3) Expositio mgstri Petri Tartareti in summulas Petri Hispani una cum pas
sibus Scoti..... emendata summaque accuratione Basileae impressa. Ad
ditus est tractatus Insolubilium eiusdem et 0bligatoriorum mgstri Martini
Molenfelt eae Livonia. Am Schl. Nichts. fol. (sicher i. J. 1514.)
£) Petri Tatareti Parisiensis, Jo. Duns Scoti doctoris subtilissimi sectatoris
fidelissimi, in Summulas Petri Hispani eacactae explicationes u. s. f. Ve
netiis 1591. 8.
. Alle drei unter sich schlechthim identisch stimmen im Wesentlichen im Texte
mit obigem ® überein (auch in Numerirung der Unterabtheilungen des 7. Trac
tates); nur sind am Schlusse des letzten Tractates, d. h. der Exponibilia, die
letzten Capitel umgestellt, und die Erklärung derselben verläuft sofort in den
Commentar (nicht in den Text) der Insolubilia und 0bligatoria (die Conse
quentiae hingegen fehlen hier, vgl. hingegen obige M—w).
. sechs Drucke unter der Bezeichuung „Duodecim tractatus“, und zwar
c.) ein Basler: -
£) Tractatus duodecim Petri Hyspani. A. Schl.: Basileae per Michaelem Furter.
1511. 4.
ρ) zwei Strassburger:
$*) Tractatus duodecim Petri Hyspani. A. Schl.: Impressae [sic] Argentinae.
1511. 4.
£t) Ebenso. A. Schl.: Argentinae per Joannem Knob. 1514. 4.
4) drei Kölner:
£S) Tractatus duodecim Petri Hispani. A. Schl.: Coloniae industria Henrici
Quentel. 1499. 4.
*•) Ebenso. A. Schl.: In officina honesti quondam Henrici Quentel. 1504. 4.
£S) Ebenso. A. Schl. nur 1513. 4.
Diese sechs Drucke, obwohl aus verschiedenen 0fficinen, sind unter sich ab
solut identisch. Sie lassen den letzten Abschnitt, d. h. Eaeponibilia, hinweg
und numeriren wie F (s. dortselbst) die Unterabtheilungen des 7. Tractates
fortlaufend, woraus die Zwölfzahl sich von selbst ergibt. Was den Text be
trifft, zeigen sie eine eigenthümliche Wermengung der bisher erwähnten Recen
sionem, nemlich in den erstem vier Tractaten weichem sie in Umstellungem und
Interpolationem manigfach von den Leipzigern ab, hierin zuweilen mit den
Druckem X—£, ja selbst mit $t @, übereinstimmend ; hingegen wom 5. Tractate
an sind sie mit dem Leipzigern völlig gleichlautend. Uebrigens erhellt aus
£S %, verglichen mit R § T, dass selbst Ein und der nemliche Drucker,
nemlich Quentel in Köln, gleichzeitig zweierlei Texte publicirte.
ein Rentlinger und ein Druck ohne 0rt u. Jahr :
£t) Teaetus omnium summularum Pe. Hy. [sic]. A. Schl.: Impressione Johannis
0tmar in Reutlingae [sic]. 1486. fol.
¢) Teaetus omnium summulárum Petri Hyspani. A. Schl. Nichts. 4. (ohne
Columnen-Titel.)
Beide unter sich ganz identisch zeigen in Aenderung einzelner Worte oder
besonders der Beispielsätze, sowie in Wermehrung der Memorialverse und
sonstigen Zusätzem die zahlreichsten Interpolationem; aber während diese Ab
weichungen noch am stärksten im 7. Tractate auftreten, ist der letzte Abschnitt
desselben, d. h. Exponibilia, wieder völlig identisch mit dem Leipziger Texte.
Hingegen ist hier wieder als tractatus octavus der Abschnitt über die Syncateg0
reumata beigefügt.
eim Incunabel-Druck ohne 0rt u. Jahr : -
£) Teaetus septem tractatuum summularum magistri Petri Hispani. A. Schl.:
Finis tredecim tractatuum magistri Petri Hyspani. 4. (mit Columnen
Titel).
Ein merkwürdiges Mittelding, indem der Text der ersten drei Tractate wört
lieh identisch mit dem Reutlinger Drucke ($. &) ist, vom 4. Tractate an aber
ebenso wörtlich mit den Leipzigern übereinstimmt. Der 7. Tractat ist, wenn
40 XVII., Petrus Hispanus.
Da aber für all dergleichen Einzeln-Aenderungen, welche sich bemerklich
machen, ein Zeitraum von zwei Jahrhunderten als Entstehungszeit vorliegt
(vgl. oben Amm. 136), so können wir unmöglich mehr nach einzelnen
chronologischen Gruppen eine Ausscheidung treffen, sondern müssen uns
dabei begnügen, nur in dem frappanteren Fällen auf eine relativ spätere
Entstehungszeit hinzudeuten. Kurz es verhält sich, — wenn • der Wer
gleich erlaubt ist —, mit der Summula des Petrus Hispanus wahrhaft
ähnlich wie mit dem homerischen Gesängen. Der Grundstock des Textes
bleibt der gleiche, aber im Munde oder in der Niederschreibung der Tra
dition ändert sich manches Einzelne. Und mamentlich fimden wir auch
hier die analoge Erscheinung, dass einzelne Städte ihre eigene Textes
Recension besassen, welche sie innerhalb ihrer Schulen mit grosser Rein
heit bewahrtem, so dass durch Aufmerksamkeit auf die Druckorte manche
tiefer liegende Fädem einer Werwandtschaft oder einer Unähnlichkeit des
Textes zu Tag treten 144).
auch ohne specielle Numerirung , in sieben selbstständige tractatuli getheilt,
daher sich die Zahl tredecim (am Schlusse) rechtfertigt.
XIII. drei Drucke, welche nur für die erstem sechs Tractate hieher gehören:
u) Compendiarius parvorum logicalium liber continens perutiles Petri Hispani
tractatus, priores sea, et clarissimi philosophi Marsilii dialectices documentu
cum utilissimis commentariis per virum praeclarum Chunradum Pschlacher
Viennae Pannoniae collegam gymnasii. A. Schl.: Viennae. 1512. 4.
Parvorum logicalium liber succincto epitomatis compendio continens per
utiles argutissimi dialectici Petri Hispani tractatus priores seæ u. s. f.
wie so eben .... Conradum Pschlacher. ...... Additae perutiles in Poster.
Anal. quaestiones ..... Additum quoque compendiarium ad 0bligationes
et Insolubilia introduct0rium. A. Schl.: Viennae. 1516. 4.
Joannis Eckii theologi in summulas Petri Hispani eætemporaria et suc
cincta, sed succosa eæplanatio pro superioris, Germaniae scholasticis. Am
Schl.: August. Vindel. 1516. fol.
Der Text der ersten sechs Tractate ist in allem dreien unter sich identisch
und stimmt mit einer kleinen Ausnahme (bei den modalem Urtheilen) mit obi
gem X völlig überein. An Stelle des 7. Tractates tritt in u u. gs der Text
des Marsilius ab Inghen, in $ aber eine abgekürzte jüngere Ueberarbeitung
desselben.
XIV. endlich mur für die ersten vier Tractate gehört hieher:
Σ) Acutissimi artium interpretis magistri Johannis maioris in Petri Hyspani
summulas commentaria. Lugduni. Am Schl.: 1505. fol. -
Der Text steht in Mitte zwischen dem Leipzigern umd obigen sechs Drucken
£— © , indem er zuweilen, besonders im 1. Tractat, mit letzteren wörtlich
übereinstimmt.
In dem bekanntem bibliographischen Werken Panzer's und Hain's finden sich , noch
viele andere Drucke der Summulae angeführt, und es ist zu erwähnen, dass dort
auch Neapel, Mailand, Rouen, Antwerpen, Zwoll, Deventer, und selbst Krakau als
Druckorte erscheinem. Doch habe ich mich überzeugt, dass ohne genaue Unter
suchung des Inhaltes der einzelnen Drucke alle bloss bibliographischen Angahen
nicht völlig verlässig sind. In einigen noch unten anzuführenden Drucken der ver
schiedemen Commentare fehlt der Text entweder gänzlich oder ist nur je durch
die ersten Zeilen der Capitel angedeutet.
144) Einen Beleg dafür, dass einzelne Städte eine ihnen eigenthümliche Re
cension des Textes besassen, gibt der schon oben (Abschn. XV, Anm. 89) aus
Psellus angeführte Beispielsatz. Denn während bei Uebersetzung dortiger Stelle nur
ii, den Ausgaben A—I., U, V, £ die Namen der streitenden Städte ,,Leodicenses,
Tongerenses, Mechelinenses, Lovanienses“ lautem, finden wir hingegen „Parisienses,
Rothomagenses, Turonenses, Pictavienses“ in den Ausgaben X, 3)—fi, 11—$, und
)
$$$)
- XVII. Petrus Hispanus. 41
Der einflussreiche Inhalt des Compendiums ist demnach folgender!*°).
Won der Definition der Dialektik (vgl. Abschn. XV, Anm. 6) wird sogleich
auf sonus und voae übergegangen '*"), wobei dann die Werkzeuge der
voae (ebd. A. 7) in £las Distichon
Instrumenta novem sunt: guttur, lingua, palatum,
Quatuor et dentes et duo labra simul 147)
oder in die zwei Hexameter
Instrumenta decem sunt : guttur, lingua, palatum,
Quatuor et dentes, pariter duo labia, pulmo 148)
gebracht werden. Nach den Angaben (ebd. A. 8 f.) über Nomen und
Verbum 1**) sowie über die Syncategoreumata 1°°) folgt die übliche Ein
insoferne der ganze Betrieb dieser Logik wohl sicher von Paris ausgieng, dürften
diese letzteren Drucke auf den ursprünglich ältesten Text zurückweisen ; aber be
reits wieder eine Wariante hievon ist es, wenn in den Drucken * u. @ sich „Pa
risienses, Rothomagenses, Livurienses, Quadomasenses“ findet; und ebenso variiren
jene belgischen Ortsnamen, indem in den Ausgaben £—© dieselben „Leodicenses,
Lovanienses, Traiectenses, Leydenses“ und hinwiederum hiefür „Leodicenses, Astori
zenses, Cemotenses“ in den Drucken Y—®, ja in w sogar ,,Burgundiones, Franci
genae, Leodicenses, Tungerenses“ steht; endlich die Drucke M—T haben ,,Colo
nienses, Bonnenses, Clivenses, Gelrenses“. Vgl. folg. Abschn., Anm. 69.
145) Da bei Weitem die meisten der erwähnten Ausgaben entweder ganz un
paginirt oder mit den unbehülflichen lateinischen Ziffern paginirt sind, citire ich
nach der Capitel-Eintheilung der Drucke A—E und füge zur allfallsigen Controlle
in Klammern die Pagina des jüngsten, allerdings interpolirten, Druckes 8 hinzu.
146) I, Prooem. (f. 2 A): Dyalectica est ars artium, scientia scientiarum, ad
omnium methodorum principia viam habens. Sola enim dyalectica probabiliter disputat
de principiis omnium aliarum scientiarum (dieser Satz fehlt in unserem Texte des
Psellus; er ist wohl aus der gewöhnlichen boethianischen Tradition aufgenommen,
s. Abschn. XII, Anm. 82). Et ideo in acquisitione scientiarum dyalectica debet esse
prior. Dicitur autem dyalectica a „dya“, quod est duo, et „logos“ sermo vel „leaeis“
ratio, quasi duorum sermo vel ratio, scilicet opponentis et respondentis in disputatione.
Sed quia disputatio non potest haberi nisi mediante sermone nec sermo nisi mediante
voce nec voac nisi mediante sono , omnis enim voac est sonus , ideo a sono tanquam
a priori inchoandum est.
147) I, 1, 1 (f. 4 B): Sonus est quidquid proprie et per se ab auditu perci
pitur; dico autem proprie et per se, quia licet homo vel campana audiatur, hoc non
est nisi per sonum eius. Sonorum alius v0æ alius non v0ae. Sonus v0æ idem est
quod ipsa voae. Unde voz est sonus ab ore animalis prolatus naturalibus instrumentis
formatus. Naturalia autem instrumenta, quibus v0æ formatur, sunt haec: guttur,
lingua, palatum, quatuor dentes et duo labia ($t @£ fügen hinzu: pulmo et similia);
unde ..... (folgt obiges Distichon). Sonus non voae est, qui generatur eæ collisione
duorum corporum inanimatorum, ut fragor arborum, strepitus pedum. Vocum alia
significativa alia non significativa...... Vocum significativarum alia ad placitum alia
naturaliter..... Voæ significativa ad placitum est, quae ad voluntatem primi insti
tuentis aliquid repraesentat, ut „homo“. Vocum significativarum ad placitum alia
compleaca, ut oratio, alia incompleva, ut nomen vel verbum.
148) So nur in 3, hingegem Y Z ΩΙ Gs haben:
Instrumenta novem [sic] sunt : guttur, lingua, palatum,
Quatuor et dentes, pulmo, et du0 labia simul.
149) I, 1, 2 (f. 9 A).
150) Ebend. (f. 10 B): Et sciendum, quod dialecticus (®) u. ©—£> geben
hiefür stets „logicus“) solum ponit duas partes orationis, scilicet nomen et verbum,
reliquas autem omnes appellat syncathegorematicas, i. e. consignificativas.
42 XVII. Petrus Hispanus.
• theilung der Arten des Satzes (ebd. A. 10), wobei hier die Gebet.Form
(deprecativa) neu hinzukömmt!°4).
Die Erörterung des logischen Urtheiles bietet zunächst (ebd. A. 11)
die für alle Folgezeit entscheidende Dreigliederung iu „Subject, Prädicat,
Copula* dar *°*) und entwickelt hierauf nach den drei Fragen „Quae,
qualis, quanta“ die übliche Eintheilung der Urtheile (ebd. A. 12), wobei
jener nemliche Memorial-Vers, welchen wir schon oben bei Lambert von
Auxerre trafen, hinzugefügt wird 1°°). Sodann folgen (vgl. ebd. A. 13) die
Begriffsbestimmungen des Conträren, Contradictorischen,. Subalternen, Sub
conträren 1°*) und nach der Notiz über den dreifachen Stoff (materia) der
Urtheile (— nemlich naturalis, contingens, remota, s. ebd. A. 14 —)
die nöthigen Regeln (leges) über jene vier Verhältnisse 1°°). Hierauf reiht
151) I, 1, 3 (f. 1 1 B): 0ratio est voa significativa ad placitum, cuius partes
separate aliquid significant ..... 0rationum alia perfecta alia imperfecta ..... 0ra
tionum perfectarum alia indicativa, ut ,,homo currit“, alia imperativa, ut „Petre fac
ignem“, alia optativa, ut „utinam bonus essem clericus“, alia coniunctiva, ut „cum
veneris ad me, dabo tibi equum“, alia deprecativa, ut „miserere mei deus“ (nur 9r€£
lassen diese Satzart hinweg). Harum autem orationum sola indicativa oratio dicitur
esse propositio.
152) I, 2, 1 (f. 14 A): Propositio est oratio verum vel falsum significans indi
cando, ut „homo currit“. Propositionum alia categorica alia hypothetica. Propositio
categorica est, quae habet subieclum, praedicatum et copulam tanquam principales
partes sui, ut „homo currit*; in hac enim propositione „homo“ est subiectum et
„currit“ praedicatum, et quod coniungit unum cum altero, dicitur esse copula, ut
patet in resolvendo, ut ,,homo currit** i. e. ,,homo est currens“; ibi hoc nomen ,,homo“
est subiectum et ,,currens“ praedicatum et hoc verbum ,,est“ dicitur esse copula, quia
coniungit unum cum altero.
153) I, 2, 2 (f. 15 A): Propositionum categoricarum alia universalis alia par
ticularis alia indefinita alia singularis. Proposilio universalis est, in qua subiicilur
terminus communis signo universali determinatus...... ; terminus communis est, qui
aptus natus est praedicari de pluribus......; signa universalia sunt haec: omnis,
nullus , nihil , quilibet, quicunque (A—T und W—® fügen noch alter oder
alteruter bei), neuter et similia. (f. 16 A) Propositio particularis est illa, in qua
subiicitur terminus communis signo particulari determinatus...... ; signa particularia
sunt haec: aliquis, quidam, alter (fehlt in A—w und in 9t— ®), reliquus, et
similia. Propositio indefinita est illa, in qua subiicitur terminus communis nullo
signo determinatus...... (f. 17 A) Propositio singularis est illa, in qua subiicitur
terminus singularis sive discretus, vel in qua subiicitur terminus communis cum pro
nomine demonstrativo primae speciei ...... ; terminus singularis vel discretus (A—IL,
U—w, 9t — $ haben nur singularis, sowie M—T mur discretus) est, qui aptus
natus est praedicari de uno solo...... (f. 18 A) Item propositionum categoricarum
alia affirmativa alia negativa...... (f. 19 A) Divisa propositione tripliciter sciendum
est, quod tripleæ est quaesitivum, per quod quaerimus de ipsa propositione, scilicet:
quae, qualis et quanta. ,,Quae“ quaerit de substantia propositionis, unde ad inter
rogationem factam per ,,quae“ respondendum est ,,categorica“ vel „hypothetica“.
,,Qualis“ quaerit de qualitate propositionis, unde ad interrogationem factam per
„qualis“ respondendum est „affirmativa“ vel ,,negativa“. ,,Quanta“ quaerit de quan
titate propositionis, unde ad interrogationem factam per ,,quanta“ respondendum est
,,universalis“ vel „particularis“ vel ,,indefinita“ vel ,,singularis“. Hierauf obiger
Wers, s. Anm. 108.
154) I, 2, 3 (f. 20 A): Item propositionum categoricarum aliae participant
utroque termino, ..... aliae vero altero termino, ..... aliae vero nullo termino......
(f. 21 A) Item propositionum participantium utroque termino secundum eundem ordinem
aliae sunt contrariae aliae subcontrariae aliae contradictoriae aliae subalternae. Auch
die übliche Figur (vgl. Abschn. XV, Anm. 13) fehlt nicht (f. 23 A).
155) Ebend. (f. 23 A): Proposilionum tripleæ est materia, scilicet naturalis,
XVII. Petrus Hispanus. 43
sich die Lehre von der dreifachem Umkehrung der Urtheile (conversio
simpleæ, per accidens, per contrapositionem; vgl. ehend. Anm. 15) an,
welche zuletzt in folgende Memorial-Verse zusammengetasst wird:
Feci simpliciter convertitur, Eva per accid,
Ast0 per contra, sic fit conversio tota.
Asserit A, negat E, sunt universaliter ambae ;
Asserit I, negat 0, sunt particulariter ambae 156).
Dass die nun folgenden zwei Capitel bei Psellus (und somit auch bei
Petrus Hispanus) in die umgekehrte Reihenfolge geriethem, wurde schon
oben (ebd. Anm. 16) bemerkt'°"). Indem somit vorerst das hypothetische
Urtheil an die Reihe kommt, werden die drei Artem desselben (condi
tionalis, copulativa, disiunctiva, s. ebd. A. 17) und die formalen Regeln
über deren Wahrheit und Falschheit vorgeführt 1°°). Die hierauf nach
hinkende Lehre von der Aequipollenz des kategorischen Urtheiles enthält
die vier schulmässigen Regeln (s. ebd. Anm. 18) und schliesst wie bei
contingens et remota. Naturalis est, in qua praedicatum est de esse subiecti vel
proprium eius, ut homo est animal, homo est risibilis. Contingens est, in qua prae
dicatum potest adesse vel abesse subiecto praeter eius corruptionem, ut homo est
albus, homo non est albus. Remota est, in qua praedicatum nullo modo potest con
venire cum subiecto (Jt Q* £ fügen hinzu respectu huius verbi ,,sum**), ut homo est
asinus, leo est vacca. Leæ et natura contrariarum talis est u. s. w.
156) I, 2, 4 (f. 27 B): Item propositionum participantium utroque termino or
dine e c0nverso tripleæ est conversio..... (f. 28 B) Conversio simpleae est, quando
u. s. f. .... et hoc modo convertitur universalis negativa in se et particularis affir
mativa in se...... (f. 29 B) Conversio per accidens est, quando u. s. f. .... et hoc
modo convertitur universalis affirmativa in particularem affirmativam et universalis
negativa in particularem negativam...... (f. 30 B) Conversio per contrapositionem
est, quando u. s. f..... et hoc modo convertitur universalis affirmativa in se et par
ticularis negativa in se. Hiernach erklären sich auch die Memorialworte in obigen
Wersen, denm da die conversio per accidens sogar auch auf das allgemein vernei
nende Urtheil und ebenso die conversio per contrapositionem auch auf das allgemein
bejahende ausgedehnt ist (vgl. Abschn. XII, Anm. 129 f.), so sind in den drei
Wortem ,,feci“, „Eva“, „Asto“ stets die beiden Wocale in ihrer mnemonischen
Bedeutung zu nehmen. Einem anderem Wers, welcher sicher späterem Ursprunges,
aber in dem Drucken A—W, Y—® dem obigen beigefügt ist, s. unten bei den
übrigen Interpolationem (Abschn. XX).
157) Auch unter sämmtlichen Commentatorem des Petrus Hisp. hat mur der
einzige Johannes Major das Richtige bemerkt, und somit ist nur in dem Drucke £
die AequipoIlenz vor dem hypothetischen Urtheile eingereiht. Dass Raimundus
Lullus trotz seinem Anschlusse an das byzantinische Material die richtige Reihen
folge herstellte, s. folg. Abschn., Anm. 46.
158) I, 3, 1 (f. 32 A): Proposilio hypolhetica est, quae habet duas proposi
tiones categoricas coniunctas tanquam principales partes sui. ...... Propositionum
hypotheticarum tres sunt species...... Conditionalis est, in qua coniunguntur duae
propositiones categoricae mediante hac coniunctione ,,si“....... Copulativa est illa,
in qua coniunguntur duae propositiones categoricae mediante coniunctione ,,et“......
Disiunctiva est illa, in qua coniunguntur duae propositiones categoricae per hanc
coniunctionem ,,vel''. ...... Ad veritatem conditionalis requiritur, quod antecedens
non potest esse verum sine consequente ...... ; ad falsitatem conditionalis sufficit,
quod antecedens potest esse verum sine consequente....... Ad veritatem copulativae
requiritur, utramque partem esse veram...... ; ad falsitatem eius sufficit, alteram
partem esse falsam....... Ad veritatem disiunctivae requiritur, unam partem esse
veram ......; ad falsitatem eius requiritur, utramque partem esse falsam. In den
Drucken w—T, Y—æ sind die letzteren drei Regeln sofort je an die einzelnen
drei Definitionem geknüpft; in it n. £s ist das disjunctive Urtheil ausgefallen. Eine
spätere Erweiterung s. untem Anm. 583.
44 XVII. Petrus Hispanus.
Wilhelm Shyreswood (obige Anm. 40) und bei Lambert v. Auxerre (ob.
Anm. 112) mit Memorial-Versen, von welchen der fünfte hier sich gleich
bleibt, die ersten. vier hingegen lauten:
Non omnis, Quidam non. 0mnis non quasi Nullus.
Non nullus, Quidam; sed Nullus non valet 0mnis.
Non aliquis, Nullus. Non quidam non valet 0mnis.
Non alter, Neuter. Neuter non praestat Uterque 159).
Die Lehre von der Modalität der Urtheile (— modus —, vgl. Abschn.
XV, Amm. 19) hebt unter den Adverbien, welche gleichsam als Adjectiva
des Verbums gelten sollen, zunächst folgende sechs als logisch wichtig
hervor: necessario, contingenter, possibiliter, impossibiliter, vero,
falso '""), scheidet aber (vgl. ebd. Amm. 20) nach einer grammatischen
Bemerkung und nach Feststellung des Grundsatzes, dass im modalem Ur
theile (propositio modalis) das Verbum das Subject und der Modus das
Prädicat sei, sofort wieder die beiden Adverbien vero und falso als
gleichgültig aus'"'). Die vier übrigbleibenden Formen werden nun (ebd.
Amm. 21) je nach Worhandensein oder Stellung der Negation, wobei sich
sechzehn Urtheile ergeben!°°), bezüglich der Verhältnisse des Conträren,
Contradictorischen, Subconträren, Subalternen (ebd. Anm. 22) näher be
sprochen *°°), und diess Letztere wird in einer Figur (ebd. Anm. 23
159) I, 3, 2 (f. 36 A): Sequitur de aequipollentiis, de quibus tales dantur
regulae. Prima regula est, qu0d si alicui signo universali vel particulari praeponatur
negatio, aequipollet su0 contradict0ri0...... Secunda regula talis est, quod si alicui
signo universali postponatur negatio, aequipollet suo contrario ...... Tertia regula
est, qu0d si alieui sign0 universali vel particulari praeponatur et postponatur negatio,
• aequipollet su0 subaltern0. ....... Eæ istis tribus regulis sequitur quarta regula,
quae talis est : quando duo signa universalia negativa ponantur in eadem locutione
ita, quod unum in subiecto et aliud in praedicato ponatur, tunc primum aequipollet
suo contrario per secundam regulam et secundum suo contradictorio per primam re
gulam. Hierauf folgen obige Werse, deren erste vier nur in U vw fehlen; jener
fünfte (oben Anm. 40) ist in X, ®—©, u— £ den übrigen wierem vorangestellt.
160) I, 4, 1 (f. 38 A): Modus est adiacens rei determinatio et habet fieri per
adiectivum. Sed dupleæ est adiectivum; est enim adiectivum quoddam nominis, ut
albus, niger; et quoddam est adiectivum verbi, ut adverbium, quia secundum Priscia
num (s. Abschn. XV, Amm. 19) adverbium est verbi adiectivum. Et ideo dupleæ est
m0dus...... Item adverbiorum, quaedam determinant verbum ratione compositionis, ut
haec seæ : necessario, contingenter, p0ssibiliter, imp0ssibiliter, vero et falso; alia
determinant verbum ratione rei verbi....... Sed omissis omnibus aliis solum de his,
quae compositionem determinant, est dicendum. -
161) Ebd. (f. 39 A): Et sciendum, quod isti seae modi quandoque sumuntur nomina
liter, ut possibile, impossibile..... et quandoque sumuntur adverbialiter, ut possibiliter,
imp0ssibiliter..... I, 4, 2 (f. 40 A): Propositio modalis est, quae modificatur aliquo
istorum seæ modorum...... Et sciendum, quod in propositionibus modalibus verbum debet
subiici, modus autem praedicari. 0mnes aliae propositiones dicuntur de inesse...., Illae
autem propositiones, quae modificantur his duobus modis, vero et falso, relinquuntur,
quia eodem modo sumitur 0pp0sitio et aequipollentia in eis sicut in illis de inesse.
162) I, 4, 3 (fol. 41 B): Et sciendum, quod unusquisque istorum quatuor mo
dorum facit quatuor pr0p0sitiones m0dales.... et sic sunt sedecim pr0p0sitiones.....
Si sumatur sine negatione, facit primam ..... Si sumatur cum negatione posita ad
verbum, facit secundam..... Si sumatur cum negatione posita ad modum, facit ter
tiam..... Si sumatur eum duplici negatione, una posita ad modum et alia posita ad
verbum, facit quartam.
163) Ebd. (f. 42 B): Harum autem propositionum aequipollentiae sive conse
quentiae quatuor regulis c0gn0scuntur: -
XVII. Petrus Hispanus. 45
u. 25) veranschaulicht, welche zu dem Kunstwortem Purpurea, Iliace,
Amabimus, Edentuli führt '°*). Sodanm noch folgt (mit Hinweglassung
Prima regula est talis: Cuicunque dicto affirmato attribuitur possibile, eidem
attribuitur contingens et ab eodem removetur impossibile, et ab eius eontradictorio
opposito removetur neeesse.
Secunda regula: Cuieunque dieto negato attribuitur possibile, eidem attribuitur
eontingens, et ab eodem removetur imp0ssibile, et ab eius contradictorio opposito
rem0vetur mecesse.
Tertia regula: A quoeunque dicto affirmato removetur possibile, ab eodem re
movetur contingens; eidem attribuitur impossibile et eius contradictorio opposito
attribuitur necesse.
Quarta regula: A quocunque dicto negato removetur possibile, ab eodem rem0
vetur contingens; eidem attribuilur imp0ssibile et eius contradictorio opposito at
tribuitur necesse.
Die Drucke ®, 3, 8—£, £ setzen die aus der Figur (s. folg. Anm.) zu entneh
menden vier Worte Amabimus, Edentuli, Iliace, Purpurea je vor die vier Regeln.
164) Ebend. (f. 42 B):
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Pur-pu-re- a A-ma-bi-mus
46 XVII. Petrus Hispamus.
des contingens, vgl. ebd. Amm. 24) die Aequipollenz der modalen Ur
theile 108), worauf die Modalität recapitulirend mit jemem nemlichen Wersen
wie bei Wilhelm Shyreswood (obige Amm. 44) und bei Lambert (ob.
Anm. 113) geschlossem wird 1°°).
Aus dem Inhalte der Isagoge, welcher ja auch bei Psellus (Abschn.
XV, Anm. 26 ff.) mur der gewöhnlich traditionelle ist, mag hervorgehoben
werden, dass zwischen praedicabile (— so heissen nemlich die quinque
voces —) und universale nur insoferne unterschiedem wird, als ersteres
im Sprachausdrucke und letzteres in der Objectivität liege 1°7). Bei Be
sprechung der einzelnen fünf Worte ist die Figur der arbor Porphyriana
zwischen species und differentia eingereiht'"*).
Als Einleitung zu den Kategorien diemem jene zusammenhangs
losen Erörterungen (vgl. ebend. Anm. 29 ff.) über die sog. Anteprä
dicamente, d. h. zuerst über die Begriffe univocum, aequivocum, de
nominativum 1°°), hierauf über die als höchst wichtig geltenden meum
(beziehungsweise acht) Arten des inesse, welche darum in die Verse
Insunt: pars, totum, species, genus, et calor igni,
Heæ in regno, res in fine, locoque locatum
Uebrigens ist diese Figur micht stets an dieser Stelle eingereiht. In $—£, £t - £
steht sie nach dem Inhalte der folg. Anm. 165, in U—X ganz am Schlusse (nach
Anm. 166), in $i ist ihr noch jene Figur, welche wir bei Wilhelm Shyreswood
(ob. Anm. 45) trafen, vorausgeschickt, in M—T ist sie bloss in den Commentar
verflochtem, endlich in ® u. ® fehlt sie gänzlich.
165) Ebend.: 0mnes autem illae propositiones, quae sunt in prima linea, aequi
pollent et convertuntur inter se per primam regulam; quae in secunda, per secundam;
quae in tertia, per terliam; quae in quarta, per quartam. (f. 43 B) Item aequipol
lentiae propositionum modalium possunt poni per has regulas. 0mnes pr0p0sitiones
de possibili et impossibili aequipollent verbo similiter se habente et modo dissimi
liter; ..... omnes propositiones de possibili et de necesse aequipollent verb0 et m0d0
dissimiliter se habentibus ; ...... omnes propositiones de impossibili et necesse aequi
pollent verbo dissimiliter se habente et modo similiter...... Et sciendum, qu0d prae
dicta regula non facit mentionem de contingenti, eo quod contingens convertitur cum
possibili.
166) I, 4, 4 (f. 45 A): Propositionum modalium aliae sunt contrariae aliae sub
contrariae aliae contradictoriae aliae subalternae. Hierauf folgen die Memorialverse,
welche nach Obigem (Anm. 44) in Anbetracht der vorstehenden Figur keine nähere
Erklärung bedürfen. Manigfache Erweiterungen der Lebre von den modalem Ur
theilem s. untem Anm. 585 ff.
167) II, 1 (f. 46 B): Praedicabile quandoque sumitur proprie et sic dicitur prae
dicabile, quod de pluribus praedicatur; quandoque sumitur communiter et sic dicitur
praedicabile, quod de uno solo praedicatur sive de pluribus. Unde praedicabile
proprie sumptum idem est quod universale ; sed differunt in hoc, quod praedicabile
diffinitur per dici de, universale vero per esse in. Est enim praedicabile, quod
aptum natum est dici de pluribus; universale autem, quod aptum natum est esse in
multis. Es versteht sich von selbst, dass diese plumpe Werquickung des Aristote
lismus und des Platonismus beim Universalien-Streite eine Rolle spielte.
168) In der Mehrzahl der Ausgaben, memlich in A—x, G, &, £—æ, æ, ist
die Figur durch den Wers eingeleitet:
Ista tibi plana facit arbor Porphyriana.
169) III, 1, 1 (f. 68 B): Ad cognoscendum praedicamenta quaedam sunt ne
cessaria praemittenda, sine quorum cognitione nequaquam potest haberi cognitio prae
dicamentorum. Et ideo distinguimus cum Aristotele triplicem modum praedicandi.
Eorum quae praedicantur, quaedam sunt univoca, quaedam aequivoca, quaedam de
nominativa u. s. w.
XVII. Petrus Hispanus. - 47
gebraeht wurden '""), sodann die Erklärung des de subiecto (mit
einseitiger Betonung der blossen Quantität) und in subiecto 171), und
Zuletzt die sog. regula de quocunque '"*). Won den Kategorien selbst
(vgl. ebend. Anm. 33 ff.) werden nur Substanz, Quantität, Relation,
Qualität ausführlich, Thun und Leiden aber sehr kurz erörtert, die
vier übrigem fehlen ursprünglich 17°). Den Schluss bildem die soge
nannten Postprädicamente (vgl. ebd. Amm. 36 ff.) d. h. die Lehre von
den vier Artem dér Gegensätze 17*), damn die verschiedenem Bedeu
tungen des Wortes prius 17°), des Wortes simul 17°), die sechs Artem
170) IlI, 1, 2 (f. 73 A): Eorum quae dicuntur, quaedam dicuntur cum com
pleacione ..... quaedam sine c0mpleacione. Sed priusquam alterum membrum huius
divisionis subdividatur, distinguendi sunt octo (dass es aber doch eigentlich neun sind,
zeigt sich sogleich; übrigens ist octo in M—T, x—G, &—as weggelassen) modi
„essendi in“, qui necessarii sunt ad sequentem divisionem cognoscendam et ad éa quae
postea dicuntur. Nun folgen die neum Arten: primus..... ut pars integralis in toto;
secundus.... ut totum integrale in suis partibus; tertius .... ut species in genere;
quartus.... ut genus in specie (diese letzteren beidem hatten bei Psellus gefehlt, s.
Abschn. XV, Anm. 30); quintus ..... ut forma in materia, wobei es aber heisst:
et iste quidem modus subdividitur, quia quaedam est forma substantialis, ..... quae
dam est forma accidentalis, ..... et prima harum dicitur proprie inesse sicut forma
in materia, ..... altera dicitur esse in alio sicut accidens in subiecto (somit ist die
sechste Art, nemlich accidens in subiecto, hier nur als Unterart der fünften be
trachtet); seactus.... in sua causa efficiente (ist in M—T ausgefallen); septimus....
in su0 fine; 0ctavus .... in suo conlinente. In dem hierauf folgenden Werse sind
allerdings, wie man sieht, nur die acht Hauptartem untergebracht. (Uebrigens fehlt
in $ diese ganze Erörterung des inesse).
171) Ebend. (f. 75 A) : Eorum quae sunt, quaedam dicuntur de subiecto, in
subiect0 ver0 nullo sunt...... Dici de subiecto, prout hic sumitur, est superius dici
de inferiore, ..... et esse in subiect0 sumitur hic, secundum quod accidens est in
subiecto...... Alia vero neque de subiecto dicuntur neque in subiecto sunt.... Alia
dicuntur de subiecto et in subiecto sunt ..... Alia vero in subiecto sunt et de sub
iecto nullo dicuntur. Die versinnlichende Figur (vgl. Abschn. XV, Anm. 31) hiezu
nahmen erst die Späteren in ihre Commentare zum Petrus Hispanus auf.
172) III, 1, 3 (f. 77 A): Quando alterum de altero praedicatur ut de sub
iecto, quaecumque de e0, quod praedicatur, dicuntur, omnia , de subiecto dicun
tur...... Diversorum generum et non subalternatim positorum diversae sunt species
et differentiae. Psellus hatte drei Regeln gegeben (s. ebd. Anm. 32); die dritte
fehlt hier.
173) III, 2, 1—10 (f. 78 A — 109 A). Betreffs der Ergänzung der letzten sechs
oder wier Kategorien s. oben Anm. 116 u. unten Anm. 308.
174) III, 3, 1 (f. 109 A): Dicitur autem alterum alteri opponi quadrupliciter.
0pp0sitorum enim quaedam sunt relativa, ..... quaedam sunt privativa, ...... alia
sunt contraria, ..... alia sunt contradictoria. Betreffs aber der näherem Erörterung
fällt der relative Gegensatz weg, imdem auf die Kategorie der Relation verwiesem
wird (Quae autem sint relative opposita, dictum est prius in capitulo de relatione).
Der contradictorische Gegensatz ist in Z—® etwas ausführlicher besprochen, hin
gegen in X Y, ®—-£, £ ganz ausgefallem. -
175) III, 3, 2 (f. 112 A): Prius dicitur quadrupliciter: .... secundum tempus
• • • • • • a quo non convertitur subsislendi consequentia, ut unum est prius duobus.....
secundum ordinem ..... qu0d melius est ..... Praeter hos quatuor modos iam dictos
est unus alter modus prioritatis; eorum enim, quae convertuntur secundum essendi
consequentiam, .... illud, quod est causa alterius, est prius natura.
176) III, 3, 3 (f. 113 B): Simul dicitur tribus modis: .... quorum generalio est
eodem tempore ...... quae convertuntur et neutrum est causa âlterius, sicut quaelibet
relativa ...... quae aequalitur condividunt genus.
48 XVII. Petrus Hispanus.
des motus 177), und endlich machhinkend die Bedeutungen des Wortes
habere 17°).
Die hierauf folgende Syllogistik enthält einleitungsweise zunächst
(vgl. ebd. Anm. 42 ff.) die Definitionem der propositio, des terminus, des
dictum de omni und dictum de nullo '7°), sowie jene des syllogismus,
wobei wir den auch im weiteren Werlaufe durchgeführten Gebrauch des
Wortes praemissa hemerken mögen, und hierauf die Erörterumg der drei
Termini!°°), sodann in die Definitionem der figura und des modus ver
flochten die Angabe der drei Figuren nebst (len zu ihrer Charakterisirung
diemenden Wersen -
Prima prius subiicit medium, post praedicat ipsum,
Altera bis dicit, tertia bis subiicit ipsum 181),
und ausserdem die bekanntem auf sämmtliche Schlussweisem sich er
streckenden Regeln (s. Abschn. XV, Anm. 44), welche hier ebenfalls in
kürzerer metrischer Form am Schlusse wiederholt werden, nemlich in
dem Versem
Partibus eae puris sequitur nil sive negatis;
Si qua praeit partis, sequitur conclusio parlis;
Si qua negata praeit, conclusio sitque negata;
Leae generalis erit: medium concludere nescit 183).
Sodamm folgt noch die Angabe, was directe und was indirecte schliessen
heisse!°°), und zudem jene Regeln, welche für die drei einzelnen Figurem
die Bedingung der Schlussfähigkeit enthalten 1°*). Hierauf aber werden
die sämmtlichen neunzehn Schlussmodi nebst Beispielem vorgeführt (wobei
demmach, — s. ebend. Amm. 45 —, die fünf theophrastischen Modi zur
177) III, 3, 4 (f. 114 B): Motus seae sunt species, scilicet generatio, corruptio,
augmentatio, diminutio, et secundum locum mutatio u. s. w.
178) III, 3, 5 (f. 115 B): Habere dicitur multis modis: ..... habere aliquam
qualitatem ..... habere quantitatem et magnitudinem ..... habere quae circa corpus
sunt adiacentia, ut vestimentum ..... habere membrum ...... habere sicut continens
contentum..... habere possessionem..... habere uacorem..... forte et alii modi appa
rebunt in eo quod haberi, sed qui consueverunt dici, paene omnes enumerati sunt.
179) IV, 1 (f. 117 A).
180) IV, 2 (f. 119 A). Dass aber „praemissa* auch schon bei Wilhelm Shy
reswood und Lambert v. Auxerre vorkömmt und auf Uebersetzungen arabischer
Producte zurückweist, s. oben Amm. 52 u. 120.
181) IV, 3 (f. 121 A). Die Drucke U—W, £— £>, & machen den zweitem
Wers durch Weglassung des ipsum zu einem Pentameter. Aber M—T fügen als
dritten noch jenen hinzu, welchen wir schom bei Wilhelm Shyreswood trafen
(Amm. 51); ja X, ®, ®—®, £t, @, u —$ geben ausschliesslich nur diesen letz
teren mit Weglassumg der beidem anderem.
182) Ebend. (f. 122 A). Uebrigens fehlen diese Werse in den so eben er
wähnten Ausgaben X, ®, ®—£, £t, @, 11—$.
183) IV, 4 (f. 123 B): Directe quidem concludere est maiorem eaetremitatem
praedicare de minore in conclusione; indirecle concludere est minorem eætremitatem
praedicare de maiore in conclusione.
184) Ebd.: Nota duas regulas, quarum prima tantum convenit primae figurae
quoad quatuor primos modos et tertiae (in M—T, X—®, ®—®, £s steht falsch
secundae) quoad omnes; secunda etiam convenit tantum primae figurae quoad quatuor
primos modos et secundae (ebendaselbst steht ebenso tertiae) figurae quoad omnes.
Prima regula est: minore eæistente negativa nihil sequitur. Secunda regulâ est: maiore
eaeistente particulari nihil sequitur.
XVII. Petrus Hispanus. 49
ersten Figur gehörem, die dritte Figur aber nur sechs Schlussweisen ent
hält) ; jene Kunstworte Barbara, Celarent u. s. f., welche ums schon bei
Wilhelm Shyreswood und Lambert von Auxerre (Amm. 52 u. 120) be
gegneten, sind schon vorläufig in den Text je vor den betreffenden ein
zelnen Modi eingereiht'°°). Sogleich aber dann folgen nach den üblichen
Bemerkungen (Abschn. XV, Anm. 53) über die syllogistische Tragweite
der drei Figuren 1°°) eben jene nemlichen Werse (ob. Anm. 52) nebst
ausführlicher Erklärung ihrer ganzen Nomenclatur 1°7), welch letzterer noch
mnemonisch nachgeholfen wird durch die Verse
Simpliciter verti vult S, P vero per acci,
M vult transponi, 0 per impossibile duci;
Servat maiorem variatque secunda minorem,
Tertia maiorem variat servatque minorem 188).
Endlich reihen sich noch Bemerkungen über die nicht schlussfähigen Com
hinationen von Urtheilen und beziehungsweise über inventio terminorum
an'°°). Was aber bei Psellus über die modalem sowie über die hypo
185) IV, 4—6. Die einzelnen Schlussweisen selbst s. im byzantinischen Ori
ginale Abschn. XV, Anm. 47 ff. Die Drucke A—vv, £ fügen am Schlusse der
ersten Figur die zwei ersten der untem (Anm. 188) folgenden Werse ein, und £r 2
die zwei letzten derselben am Schlusse der zweiten Figur.
186) IV, 7 (f. 136 A): Prima figura concludit omnia genera propositionum, sci
licet universalem, particularem, affirmativam et negatiram. Secunda figura concludit
particularem negativam et universalem negativam. Tertia concludit particularem affir
nativam et negativam.
187) Ebend.: In his quatuor versibus praedictis sunt novem decem dictiones
novem decem modis deservientes ita, quod per primam dictionem intelligitur primus
nodus primae figurae u. s. w. Unde primi duo versus deserviunt omnibus modis
primae figurae, tertius vero versus praeter ultimam eius dictionem deservit modis
secundae figurae, ... . . ultima vero dictio terlii versus cum aliis dictionibus quarti
versus deservit modis tertiae figurae. Sciendum, quod per has vocales, scilicet A E
I 0, inlelliguntur quatuor genera propositionum, u. s. w. .... Et in qualibet dictione
sunt tres syllabae, et aliud residuum est superfluum, nisi M, ut poslea palebit. Et
per primam illarum syllabarum intelligitur maior propositio, u. s. w. ..... Et scien
dum, quod quatuor dictiones primi versus incipiunt ab his consonantibus B C D F, et
omnes aliae dictiones sequentes, et per hoc intelligendum est, quod omnes, quae in
cipiunt per dictionem inchoalam a B, debent reduci ad primum modum primae figurae,
et omnes, quae incipiunt per dictionem inchoatam a C, ad secundum, et per D ad
tertium, et per F ad quartum. Item ubicunque ponitur S, in illa dictione significat,
quod propositio intellecta per vocalem immediate praecedentem debet converti simpli
citer; et propositio intellecta per vocalem immediale praecedentem istam litteram P
debet converti per accidens: et ubicunque ponitur M, debet fieri transpositio in prae
nissis; ..... et ubicunque ponitur C, significatur, quod modus intellectus per istam
dictionem, in qua poniiur, debet reduci per impossibile. Diese ganze Erörterung ist
in £— ©, wo sie schon am Anfange der erstem Figur steht, sehr abgekürzt; in £
aber fehlt dieses ganze Capitel.
188) In * @5 fehlen hier die letzten zwei Werse (s. Anm. 185); hingegen
Y—® fügen noch die zwei letzten der oben, Anm. 156, angeführten Werse hinzu.
189) IV, 8 (f. 136 B): Sed quia Aristoteles in Prioribus (An. pr. I, 28, s. Abschn.
IV, Anm. 591) ostendit, coniugationes, in quibus non sequitur conclusio eæ prae
missis, esse inutiles, per inventionem terminorum, in quibus non tenet huiusmodi
coniugatio, ideo utilis est inventio talium terminorum. Ubicunque fiat inutilis c0n
iugatio...., accipiendi sunt duo termini, scilicet duae species, cum suo genere....,
vel duo termini, quorum alter de altero praedicatur sive convertibiliter sive non cum
eactraneo utriusque, ...... vel accipiendi sunt duo termini, quorum alter de altero
PRANtl, Gesch. III. 4
50 XVII. Petrus Hispanus.
thetischen Syllogismen gesagt war (s. Abschn. XV, Amm. 54 f.), ist hier
hinweggelassen 4°°).
Die nun folgende Topik beginnt unter Weglassung der Einleitung
über inventio propositionum 1°1), sogleich mit dem verschiedenem Bedeu
tumgen des Wortes ratio 19*), um hierauf argumentum, argumentatio,
inductio, enthymema, eaeemplum zu erklären *°°) und von da auf dem
locus dialecticus und dessen Eintheilung überzugehen *°*). Die einzelnen
Topem sind, wie sieh von selbst versteht, in der oben (Abschn. XV, Amm.
60 ff.) angeführten Reihenfolge behandelt!°°).
Es schliesst sich hierauf die Sophis tik an , welche sicher gleich
falls aus dem für uns verlorenem byzantinischen 0riginale übertragen
ist !°°), mag in letzterem der Inhalt der Soph. Elenchi an dieser oder
an einer anderen Stelle gestanden haben (s. Abschn. XV, Anm. 65 u. bes.
Anm. 91). Auch muss dieser Abschnitt, wie Anderes bei Psellus, als
eine schulmässig commentirende Paraphrase des aristotelischen Buches be
zeichnet werden, von welchem jedoch nur die erste Hälfte benützt worden
zu sein scheint ; wenigstens enthält das Ganze auch hier ebenso, wie bei
Wilhelm Shyreswood (Amm. 65) und Lambert von Auxerre (Anm. 124),
mur die ersten fünfzehn Capitel der aristotelisehen Soph. Elenchi *°°).
Num aber folgt jeme ausgedehnte und einflussreiche Erörterung De
ter m i n o r u m p r o p r i et at i b u s, durch welche (hauptsächlich vermöge
der Auctorität des Petrus Hispanus) dem nächsten Jahrhunderten eine er
praedicalur sive convertibiliter sive non cum superiore ad utrumque...... Per , hanc
enim regulam, cuicunque generi applicetur, sive substantiae sive quantitati sive alicui
aliorum, inveniuntur, termini, per quos inutilis coniugalio demonstrabitur non tenere.
Uebrigens ist in ae auch dieses ganze Capitel (vgl. vorige Amm. 187) weggelassen.
190) Hingegen eine anderweitige Interpolation, memlich lezüglich der potestas
syllogismorum, s. Abschn. XX. -
191) Vgl. Abschn. XV, Anm. 57.
192) V, 1 (f. 138 B): Ratio dicitur multis modis. Primo modo idem est quod
definilio vel descriptio ..... Secundo modo est quaedam virlus animae. Tertio modo
idem est quod oratio ostendens aliquid ..... Alio modo idem est quod forma ma
teriae.... Alio modo idem est quod essentia communis praedicabilis de pluribus .....
Alio modo idem est quod medium inferens conclusionem. (Vgl. ebend. Anm. 58.)
193) V, 2 (f. 139 B). Aber mamentlich die Lehre vom enthymema ist aus Ari
stoteles beträchtlich ergänzt. -
194) V, 3 (f. 144 A).
195) V, 4—7.
196) Ein schlagender Beweis hiefür ist z. B., dass Alexanler Aphrodisiensis
citirt wird (VI, 2, f. 179 A : Sciendum autem, ut vult Aleacander in commento super
librum elenchorum u. s. w.).
197) Mehr nur um der Terminologie willen mögen die Haupt-Momente des
Inhaltes hiemit genannt werden. Zuerst (VI, 1) die vier Arten der disputatio, nem
lich doctrinalis, dialectica , tentativa, sophistica , und die fünf Ziele (metae) der
Sophistik: redargutio, falsum, inopinabile, soloecismus, nugatio. Danm (VI, 2) die
Eintheilung der fallacia, und, somit hierauf fallaciae in dictione, nemlich (VI, 3, 1)
aequivocatio; (VI, 3, 2) amphibologia; (VI, 3, 3) fallacia compositionis; (VI, 3, 4)
divisionis ; (VI, 3, 5) accenlus; (VI, 3, 6) figurae diclionis ; sodann eætra dictionem,
memlich (VI, 4, 1) accidentis; (VI, 4, 2) secundum quid ad simpliciter; (VI, 4, 3)
ignorantia elenchi; (VI, 4, 4) petitio principii; (VI, 4, 5) consequentis mit seinem
Unterartem ab insufficiente inductione und a communiter accidenlibus; (VI, 4, 6) se
cundum non causam ut causam; (VI, 4, 7) plurium interrogationum; zuletzt (VI, 5)
die Reduction der Trugschlüsse auf ignorantia elenchi.
XVII. Petrus Hispanus. 51
kleckliche Masse byzantinischen Unsinnes zugeführt wurde 19°). Es ham
delt sich vorerst um den Begriff der significatio 1°°), deren Gliederung
auf den Unterschied zwischen substantivatio und adiectivatio 399), und
hiemit auf suppositio (,,Annahme eines substantivischen Begriffes statt
eines anderen*) und auf copulatio führt*"').
Die supp 0 s it io nun wird eingetheilt in communis und discreta,
deren erstere in naturalis und accidentalis zerfällt *"*); die verwickelte
Eintheilung der accidentalis in simpleae und personalis *"*) setzt sich in
der Unterabtheilung der letzterem, nemlich der personalis, in determinata
und confusa fort*"*). Die abermalige Unterscheidung der confusa, je
198) Ich kann, wie schon gesagt, bei jener ersten Hälfte, welche uns auch
bei Psellus erhaltem ist, nicht die ganze bereits oben (Abschn. XV, Anm. 66—80)
gegebene Entwicklung hier wiederholen, sondern [beschränke mich auf eine kurze
Inhaltsangabe, und theile auch in dem Anmerkungen mur hervorragemde Stellen des
lateinischen Textes mit (denn zum Beweise, dass Petrus Hispanus nur wörtlich
übersetzte, wird diess genügem; der speciellere Inhalt der Doctrin selbst aber ist
aus dem in Abschm. XV Gesagten hinreichend ersichtlich). Anders muss ich aller
dings in der zweiten Hälfte verfahren.
199) VII, 1, 1, 1 (f. 207 A): Eorum quae dicuntur, quaedam dicunlur cum com
pleacione, .... quaedam sine complevione ..... Terminus, ut hic sumitur, est voæ
significans universale vel particulare, ut homo vel Socrates et sic de aliis (dieser
ganze Satz fehlt bei Psellus). Terminorum aulem incompleaeorum unusquisque aut
substantiam significat u. s. w. Significatio, ut ibi sumitur, est rei per vocem secun
dum placitum repraesentalio (vgl. Abschn. XV, Anm. 66).
200) Ebend. (f. 208 A): Et significare aliquid adiective vel substantive sunt
modi vocum, quia adiectivatio et substantipalio sunt compotes modi et differenliae
rerum, quae significantur, et non significationis (so richtig mur ® ®, die übrigen
Drucke haben bald significaliones, bald significant, bald sogar significantur). Nomina
vero subslantiva dicuntur supponere, sed nomina adiectiva et verba dicunlur copulare
(vgl. ebd. Anm. 67).
201) VII, 1, 1, 2 (f. 209 A): Suppositio est acceptio termini substantivi pro
aliquo..... Significalio prior est suppositione, et differunt in hoc, quia significatio
est vocis, suppositio vero est termini iam compositi ea voce et significatione.....
Item significalio est signi ad signalum, suppositio vero est supponentis ad supp0
situm, ergo suppositio non est significatio. Copulalio est acceptio termini , adiectivi
pro aliquo (ebd. Anm. 68).
202) VII, 1, 1, 3 (f. 210 A): Suppositionum alia communis alia discreta.
- - - - - Item suppositionum communium alia naturalis alia accidentalis. Suppositio
naluralis est acceptio termini communis pro omnibus his, pro quibus aptus natus est
participari, ut iste terminus „homo“ per se sumptus (zu diesem per se bildet sonach
die untem folgende suppositio relativorum den entsprechenden Gegensatz; s. untem
Anm. 212 ff.)..... Accidentalis suppositio est acceptio termini communis pr0 0mnibus,
pro quibus eæigit suum adiunctum (vgl. Abschn. XV, Anm. 69).
203) Ebend. (f. 211 A): Accidentalium suppositionum alia simpleæ alia per
sonalis. Suppositio accidentalis simpleae est acceptio termini communis pro re uni
versali significata per ipsum terminum...... Item suppositionum simplicium alia est
termini communis in subiecto posili, ..... alia positi in praedicato propositionis uni
versalis affirmativae, ut „omnis homo est animal“..... alia positi post dictionem
eacceptivam; ..... in omnibus istis (d. h. bei dieser drittem Art) et similibus fit pro
cessus a suppositione simplici ad suppositionem personalem. Quod autem terminus
in praedicaio positus simplicem habet supposilionem, patet, quia u. s. w. (vgl. ebend.
Anm. 70).
204) Ebend. (f. 211 B): Personalis suppositio est acceplio termini communis pro
suis inferioribus ..... Item personalium suppositionum alia est determinata alia com
fusa. Determinata suppositio est acceptio termini communis indefinite sumpti vel cum
signo parliculari (vgl. ebd. Anm. 71).
4*
52 XVII. Petrus Hispanus.
nachdem sie das Subject oder einen der beiden anderen Bestandtheile
des Urtheiles (Copula oder Prädicat) betrifft *°°), führt worläufig zu der
Angabe, dass im ersteren Falle entweder mobiliter oder distributive, im
letzterem Falle aber immobiliter supponirt werde, welch letzteres jedoch
seine Bedenken habe *""), deren Lösung hinwiederum dahin lautet, dass
ein allgemeiner Prädicatshegriff überhaupt keiner confusa suppositio un
terliege *"'), — eine Lösung , welche nun noch darauf gestützt wird,
dass beim Prädicatsbegriffe das totum stets als Gattungsbegriff zu ver
stehen sei, während es für die verworrene Supposition in quantitativem
Sinne genommen werden müsse *"*), wozu noch komme, dass beim Gat
tungsbegriffe stets die vom Niederen zum Höheren aufsteigende Betrach
tung obwalte *°°). Die richtige Erwägung aber, dass die Supposition
überhaupt nicht gleichmässig beim Subjecte und beim Prädicate gelte,
schliesse eben dem prädicativem Gattungsbegriff von der confusa suppositio
aus ?1°). Und indem das Gleiche auch von der Copula gelte, reducire
sich die verworrene Supposition num in Wahrheit lediglich auf das durch
die Quantitätsbestimmung („alle*) hiezu befähigte Subject*1!). Vgl. übri
gens auch unten Anm. 596 f.
205) Ebend. (f. 213 A): Confusa suppositio est acceptio termini communis pro
pluribus mediante signo universali..... Item confusarum suppositionum alia est
confusa necessitate signi vel modi et alia necessitate rei u. s. w. vgl. ebend.
Amm. 72 -
206) Ebend.: Unde iste terminus ,,homo“ (d. h. in dem Satze „omnis homo
est animal“) debet supponere confuse mobiliter et distributive (hierim liegt der An
knüpfungspunkt für die unten folgende Distribution, s. Anm. 238); sed confuse et
dislribulive tenetur, quando tenelur pro omni homine; mobiliter vero, quia licet fieri
descensum sub eo pro quolibet suo supposito..... Sed iste terminus ,,animal“ dicitur
confundi immobiliter, quia non licet fieri descensum sub e0 ..... sicut hic ,,homo est
dignissima creaturarum, ergo hic homo“..... Licet videatur oppositum esse, eo quod
superius dictum est (Amm. 203), quod in hac propositione ,,omnis homo est animal“
iste terminus in praedicato positus simplicem habet suppositionem, et hic dicitur, quod
habet confusam (vgl. Abschn. XV, Anm. 73).
207) Ebend. (f. 213 B): Sed ego credo (s. ebend. Amm. 74), impossibile esse,
terminum communem in praedicato positum habere suppositionem simplicem et con
fundi mobiliter vel immobiliter signo universali ezistente in subiecto affirmalive
u. S. W.
208) Ebend. (f. 214 A): Item totum universale, quod est genus, et totum in
quantitate eæ opposito se habent; sed totum in quanlitate est dupleæ ; quoddam enim
est tolum in quantitate completum, ut ubicunque confunditur terminus communis m0
biliter..... , aliud est totum in quantitate incompletum et diminutum, ut ubicunque
confunditur terminus communis immobiliter..... Erg0 si impossibile est, totum in
quantitate esse genus, .... erit impossibile, terminum communem in praedicato positum
confundi mobiliter vel immobiliter, ut dicebatur (vgl. ebd. Anm. 76).
209) Ebend.: Item comparatio illa, secundum quam inferiora reducuntur ad
superiora, opposita est comparationi, secundum quam superiora reducuntur ad infe
riora. Sed secundum primam sumitur commune in ratione communis, sed secundum
secundam sumitur commune multiplicatum sive confusum (vgl. ebd. Anm. 77).
210) Ebend.: Et haec quatuor argumenta sunt concedenda (s. ebend. Anm. 78 f.).
Causa autem, propter quam morebantur isti, qui fuerunt huiusmodi opinionis, facilis
est ad solvendum u. s. w. ..... hoc genus ,,animal“ nullo modo confundilur mobi
liter vel immobiliter.
211) Ebend. (f. 214 B): Similiter dico, quod hoc verbum „esl“ non confunditur
nobiliter vel immobiliter...... Et propter hoc destruimus quandam divisionem factam
(Amm. 205), scilicet: confusarum propositionum alia est confusa necessitate rei, alia
XVII. Petrus Hispanus. 53
Indem nun jener grössere Rest, welcher in unserem Texte des
Psellus verloren gegangen ist, sich anreiht, folgt zunächst die s uppo
s i t i o rel a t iv o r u m, welche, wie wir sahem, Wilhelm Shyreswood weg
gelassen (Anm. 62), und Lambert von Auxerre ans Ende gestellt hatte
(Anm. 132). Dass aber die Nothwendigkeit dieser Gruppe schon im
0bigen (Amm. 202) angedeutet war, wurde bereits auch früher ausge
sprochen (Abschn. XV, Amm. 82).
Die Relativa, welche hier nicht mach dem Standpunkte der Kate
gorienlehre, sondern im Sinne der Grammatik als Erinnerungszeichen
vorhergegangener Worte zu erörtern seien ?1*), werden vor Allem in
R elativa d e r Substanz (z. B. qui, ille) und Relativa der Accidenz
(z. B. talis, quantus) eingetheilt, deren erstere sogleich wieder unter
schieden werden, je nachdem sie eine Gleichheit (identitas, wie z. B.
qui oder idem) oder eine Werschiedenheit (wie z. B. alius) ausdrücken ?18).
Und was nun zunächst die Relativa der Identität betrifft, so werden als
eine eigene Classe derselben die Reciproca (sui, sibi, se und suus) aus
geschieden, welche die Modalität des Leidens mit der Activität des Sub
jectes verknüpfen *!*); sodann aber wird angegeben, in welcher Weise
die Relativa der Identität für ein vorhergegangenes Wort supponirt wer
den, und wie in ihnen ein Behelf der Deutlichkeit liege, was an einem
traditionellen Beispiele (von den beiden Ajax) sich zeige *1°); und indem
est confusa necessitate modi sive signi. Dicimus enim, quod omnis confusio fit ne
cessitate signi vel modi (Abschn. XV, Anm. 80).
212) VII, 1, 2, 1 (f. 215 B): Relativum est dupleæ: uno modo relativum est,
cuius esse est ad aliud se habere, et sic relativum est unum de decem praedica
mentis; aliud est relativum, quod est ante latae rei recordativum, quia, ut vult
Priseianus in maiore suo volumine, relatio est ante latae rei recordatio (Inst. gr.
XlI, 16, woselbst jedoch die entsprechenden Worte lauten: „relatio est cognitionis
ante latae repraesentatio“; diese Abweichung aber kamm dadurch ihre Erklärung
finden, dass das Citat vorerst durch mehrere griechische Hände gegangen war, ehe
es durch Petrus Hispamus wieder lateinisch übersetzt wurde; dass auch Psellus
selbst sich auf Priscianus berief, s. Abschn. XV, Anm. 19)..... 0missis autem re
lativis secundum primum modum de relativis secundo modo hic intendimus.
213) Ebend.: Relativorum autem quaedam sunt relativa substantiae, ut „qui“,
,,ille“ et similia; quaedam vero sunt relativa accidentis, ut ,,talis, ,,qualis“, „tantus“,
„quantus“. Relativum autem substantiae est, quod refert eandem rem in numero cum
suo antecedente. Item relativorum substantiae quaedam sunt relativa diversitatis, ut
,,alius“, et est illud, quod refert eandem rem in numero et supponit pro alia, ut
„Socrates currit et alius disputat“; quaedam vero identitatis, ut ,,qui“, „ille“,
„idem“, ..... quod refert et supponit pro eodem in numero, pro qu0 supponit suum
antecedens, ut ,,Socrates currit, qui disputat“..... Relativorum substantiae identitatis
quaedam sunt nomina, ut „quis“, „quidam“; quaedam sunt pronomina, ut ,,ille“,
„idem**. Das Wort „identitäs** als Uebersetzung von ταυτότης dürfte gleichfalls
auf eine Kenntniss arabisch-lateinischer Litteratur zurückweisen (vgl. Anm. 52 u. 65).
214) Ebend. (f. 217 A): Item relativorum pronominum identitatis quaedam sunt
reciproca, ut „sui, sibi, se“ cum su0 p0ssessiv0 „suus, sua, suum“; alia ver0 m0m
reciproca, ut „ille“, „idem“. Relativum autem reciprocum dicitur non quod sit pa
tiens, sed quia ponit modum patientis supra substantiam agentem..... Unde reci
procum sic potest definiri: ..,. quod significat substantiam agentem sub modo patientis;
vel sic: .... qu0d sui ipsius est passivum...... Item si quaeratur, quare hoc pr0
nomen „sui, sibi, se“ caret nominativo, dicendum est, quod solutio patet eae prae
missis, quia ..... nominativus dicit m0dum agentis.
215) Ebend.: Relativa identitatis referunt eandem rem sub eodem suo antece
dente et semper supponunt pro eadem re in numero; et ea, hoc patet, qu0d maior
54 XVII. Petrus Hispanus.
hiebei die Frage auftaucht, auf welche Form eines Sophisma's (s. Anm. 197)
eine durch ein Relativum eintretende Täusehung (z. B. ,,Jener Mensch ,
sieht einen Esel, welcher vernünftig ist“) zu reduciren sei, fällt der Ent
scheid dahin aus, dass es eine fallacia compositionis sei***). Hierauf
folgt mun zwar eine kurze Angabe über die Relativa der Werschiedenheit,
insoferne bei denselben der Umfang der Begriffe ejne Rolle spiele **"),
aber sofort springt die Erörterung in umordentlicher Reihenfolge wieder
auf die Relativa der Identität zurück, und es wird die „Regel“, dass die
mit einem solchen Relativum beginnenden Sätze kein contradictorisches
Gegentheil haben, gegen Einwürfe geschützt, da in denselben eine Nega
tion nur zum Werbum des Relativ-Satzes selbst gehöre und sich nicht auf
jenes Wort beziehe, welehes durch das Relativum wiederaufgenommen
ist 218). Auch noch eine zweite Regel betreffs der Tragweite der Rela
tiva der Identität hinkt nach, aus welcher abermals die abweichende Gel
tung der obigen (Anm. 214) Reciproca erhellt***).
est certitudo per relativum identitatis, quam per suum antecedens loco relativi posi
tum ; . .... hoc enim patet per Priscianum dicentem in maiore volumine (XVII, 56),
quod, cum dicitur „Aiaae venit ad Troiam, et Aiav fortiter pugnavit“, dubium est,
án de eodem Aiace dicatur an de diversis, sed cum dicitur ,,Aiaae venit ad Troiam
et idem fortiter pugnavit“, de eodem statim intelligitur.
216) Ebend.: Solet autem dubitari circa relativa identitatis, utrum deceptio facta
eae diversa relatione fiat secundum aequivocalionem vel secundum amphibologiam vel
secundum aliquam aliam fallaciam, ut dicendo „homo videt asinum, qui est ratio
nalis“..... Secundum aliquos solet ibi assignari aequivocatio; sed contrarium arguitur;
hoc enim nomen „qui* u. s. w. (sehr ausführlich)..... Concedimus, qu0d deceptio
facta eæ diversa relatione non est secundum aequivocationem..... Item quod ibi non
sit amphibologia, probalur..... Item ubicunque est deceptio eae eo, quod aliqua dictio
potest referri ad diversa, est compositio vel divisio, ..... et hoc idem concedimus.
217) VII, 1, 2, 2 (f. 219 A): Sequitur de relativis diversitatis. Relativum di
versilalis est, qu0d supponit pro alio ab eo, qu0d refert...... Talis datur regula:
Si relativum diversitatis addatur superiori, fit inferius, et si addatur inferiori, fit
superius, verbi gratia ...... in hac propositione „aliud ab animali“ hoc relativum
diversitatis ,,aliud“, cum additur animali, quod est superius ad hominem, facit ipsum
inferius, et in hac ,,aliud ab homine“ additur inferiori, scilicet homini, et ergo facit
ipsum superius, et ergo ,,aliud ab animali“ est inferius ad ,,aliud ab homine“.
218) Ebend.: De relativis identitatis datur regula ab antiquis (letzteres Wort
kann im 0riginale des Psellus sich natürlich nur auf Autorem ongefähr aus der
Zeit der Commentatorem bezogen haben; vielleicht, wenn wir richtig vermutheten,
auf Themistius, s. Abschn. XV, Amm. 105 ff., vgl. auch hier untem Amm. 241 u.
247): Nulla propositio inchoata a relativis identitatis habet contradictoriam. Et as
signant causam, quia, cum dicitur ,,omnis homo currit, et ille disputat“, hoc rela
tivum „ille“ habet respectum ad hoc antecedens „homo“ propter dependentiam suae
relationis; sed quando negatio advenit propositioni inch0alae a relativ0 sic ,,ille non
disputat“, tunc negatio negat verbum, qu0d sequitur, et non negat respectum rela
tionis..... Sed contra hoc obiicitur: Quidquid contingit affirmare, continget et negare
de quolibet supp0sito; ..... item quaelibet propositio sive enuntiatio, quae est una,
habet contradictorium; .... item dicit Aristoteles in primo Periermenias (s. Abschn. IV,
Anm. 191), quod uni affirmationi una negatio est opposita ..... Ad raliones eorum
respondemus, quod..... in pr0p0sitione inchoatu a relalivo tantummodo sumitur con
tradictorium per comparationem relativi ad verbum, cui subiicitur, et non per compa
rationem relalivi ad antecedens.
219) Ebend.: De relalivo identitatis non reciproco talis datur regula: 0mne
relativum identitatis non reciprocum habet eandem suppositionem, quam habet suum
antecedens, ut cum dicitur ,,0mnis homo currit, et ille est Socrates“, hoc rela
tivum ,,ille“ supponit pro omni homine ...... Dico autem ,, n0n reciprocum “,
\.
XVII. Petrus Hispanus. 55
Zuletzt folgt hiemit in Kürze die zweite Gattung, nemlich die Re
lativa der Accidenz, welche im Gegensatze gegen die vorigen als
attributive Worte sich nicht auf eine einzelne Substanz, sondern auf qua
litativ gleichartige Gruppen beziehen und daher nur in solchem Sinne
supponirt werden. Won denselben wird nur die Eintheilung angegeben,
indem auch sie zunächst in Relativa der Identität und Relativa der Wer.
schiedenheit zerfallem, erstere aber wieder in qualitative und quantitative
(diese abermals nach continuirlicher und discreter Quantität) getheilt
werdem, woran sich noch bezüglich aller der syntaktische Unterschied
anreiht, je nachdem sie demonstrativ oder antwortemd (redditiva) ge
braucht werden *39).
Sollten wir aber nun nach 0bigem (Anm. 201) erwarten, dass sich
jetzt die Erörterung der copulatio anreihen müsse, so finden wir uns
getäuscht, indem bei Petrus Hispanus dieser Gegenstand gänzlich fehlt,
während ihm Wilhelm Shyreswood ausführlich besprach und auch Lambert
von Auxerre nicht völlig ausser Acht liess ** ').
Hingegen folgen in eigenthümlicher Zerrissenheit oder Unordnung
die Abschnitte über ampliatio, appellatio, restrictio; wenn nemlich in
selbstständiger und weit besserer Weise (vgl. auch Abschn. XV, Anm. 90)
Wilhelm Shyreswood die ampliatio und die restrictio in die appellatio
verflochten (ob. Anm. 64), Lambert v. Auxerre aber die appellatio voraus
geschickt und dann die ampliatio und die restrictio in wechselseitig cor
respondirender Darstellung entwickelt hatte (Amm. 129 f.), so wird
hier völlig unmotivirt die appellatio in Mitte der beidem anderen hinein
geschoben ***).
quia cum dicitur ,,omnis homo videt se“, non est sensus ,,omnis homo videt om
nem hominem**.
220) VII, 1, 2, 3 (f. 220 B): Habito de relalivo substantiae dicendum est de
relativo accidentis. Relativum autem accidentis est, quod refert eandem rem per m0
dum denominationis, ut ,,tale“, ,,quale“...... Relativum substantiae refert idem in
numero, relativum vero accidenlis refert idem in specie , ut ,,Socrates est albus, et
talis est Plat0“..... Relativorum autem accidentis aliud est relativum identitatis, ut
„talis“, aliud vero diversitatis, ut „alter (hiedurch könnte zurechtgewiesen werden,
wer etwa noch zweifeln wollte, ob auch diese ganze zweite Gruppe wirklich aus
einem griechischen Originale übersetzt sei; denm sofort erhellt, dass hier §τεgos
in der stupidesten Weise mit „alter“ übersetzt ist)..... Item relativorum accidentis
identitatis aliud est qualitatis, ut ,,qualis“, aliud quantitalis, ut ,,quantus“ (dieser
Satz fehlt in allen Drucken mit Ausnahme won $t ®, und auch die zahlreichen
Commentatoren verspürten den Abgang desselben durchaus nicht). Item relalivorum
identitatis quantitatis aliud est relativum quantitatis continuae, ut ,,tantus“, aliud
vero quantitatis discretae, ut ,,tot'', ,,quot**. Item relativorum numerorum quaedam
sunt nomina, ut „totidem“ (diess wird also zu einem nomen gestempelt; natürlich
stand bei Psellus τοσούτοι), quaedam sunt adverbia, ut .,totiens“. Sciendum, quod
,,talis, tantus, totiens, totidem“ possunt dici redditiva et demonstrativa; ..... si ad
praesentes referantur, demonstrativa, ut cum dicimus demonstrando Herculem ,,talis
fuit Plato* .... si autem non referuntur ad praesentes, .... tunc sunt redditiva, quia
feddunt interrogatione praecedente, ut „qualis est Plato, talis est Socrates“.
221) S. oben Anm. 63 u. 127 ; vgl. Abschn. XV, Anm. 83 u. 85.
222) Da jedoch Petrus Hispanus nur mechanisch übersetzte (oder vielleicht
sogar bioss ais Abschreiber einer bereits vorliegendem Uebersetzung fungirte), so
dürfen wir sicher annehmen, dass diese unorganische Reihenfolge auch schon im
Texte des. Psellus sich fand.
56 - XVII. Petrus Hispanus.
Es werden memlich ampliatio und re stri ct i o zunächst kurzweg
als Unterartem der obigen (Anm. 204) persönlichen Supposition bezeichnet,
so dass sich hiemit in diesen Capitelm eigentlich noch immer der Faden
der Supposition fortspinnt, da hier nur eine zweite parallel-laufende Ein
theilung der persönlichen Supposition zu der obigen hinzutritt ***). Und
diese Auffassung spricht sich auch in den Definitionem der ampliatio
und der restrictio aus, indem erstere nur als eine erweiterte, und letz
tere nur als eine verengte Supposition eines Gemeinbegriffes (terminus
communis) bezeichnet wird, allerdings mit dem wesentlichen Zusatze,
dass Einzelnbegriffe weder zur Ampliation noch zur Restriction befähigt
sind ***). Aber in der weiter folgenden Erörterung ist kein Faden eines
inneren Zusammenhanges mehr fühlbar.
Denn es folgt nun in dürrster Form eine Eintheilung der ampli a t i o, :
da dieselbe im Werbum oder im Substantiv oder in einem Participium
oder in einem Adverbium liegen könne (— wobei barer Blödsinn vor
gebracht wird —), und ausserdem ein wichtiger Unterschied darin be
stehe, dass die Ampliation sich entweder auf die supponirten Begriffe
oder auf die durch das Verbum ausgedrückte Zeit beziehe **°). Da
aber bei den Beispielen, welche für diese Eintheilung gewählt sind, das
Verbum „potest“ eine grosse Rolle spielt, so knüpft sich hieram eine
wahrlich läppische Besprechung und Lösung des sophistisch gewonnenen
Satzes „Das Unmögliche ist möglich***°). Hierauf folgt noch für die
223) VII, 2 (f. 222 B): Personalis suppositio est acceptio termini communis pro
suis inferioribus, cuius alia est determinata alia confusa, ut prius patuit (ob. Anm.
204). Item personalis suppositionis alia est restricta alia ampliata, et ita ampliatio
et restrictio habent fieri circa suppositionem.
224) Ebend.: Restrictio est coarctatio termini communis a maiori suppositione
ad minorem, ut cum dicitur ,,homo albus currit**, hoc adiectivum ,,albus“ restringit
hominem ad supponendum tantum pro albis. Ampliatio est eaetensio termini communis
a minori suppositione ad maiorem, ut cum dicitur „homo potest esse antichristus“
(dass der Begriff des Antichrists auch bei den griechischen Kirchenwätern eine Rolle
spielte, ist bekannt), iste terminus .,homo“ non solum supponit pro his qui sunt,
sed etiam pro his qui erunt, unde ampliatur ad futuros. Dico autem ,,termini com
munis“, quia terminus singularis, ut Socrates, non ampliatur neque restringilur.
225) Ebend. (f. 223 B): Ampliationum alia fit per verbum, ut per hoc verbum
,.p0test“, ut ,,homo potest esse antichristus“; alia per nomen, ut ,,hominem esse an
tichristum, est possibile“; alia per participium, ut ,,homo potens est esse animal“;
alia per adverbium, ut ,,h0m0 necessario est animal“, „homo“ enim non solum am
pliatur pro praesenti tempore , sed etiam pro futuro. Et ideo sequitur alia divisio
ampliationis, scilicet alia fit respectu supposilorum, ut ,,homo potest esse antichristus“,
alia fit respectu temporum, ut „homo necessario est animal“.
226) Ebend. (f. 224 B): Circa praedicta quaeritur de hoc sophismate ,,Impossi
bile potest esse verum“. Quod sit verum, probatur, quia illud, quod est vel erit
imp0ssibile, potest esse verum, scilicet antichristum non fuisse, post tempus suum est
impossibile, et modo potest esse possibile et verum; ergo impossibile potest esse
verum (d. h. ,,Das Nichterschiemensein des Antichrists ist einerseits, — falls er einmal
wirklich erschiemen ist —, etwas Unmögliches, und andrerseits, — so lange er
noch nicht erschiemem ist —, etwas Mögliches; also ist Etwas, was einerseits un
möglich ist, zugleich andrerseits möglich; also ist Unmögliches möglich.* Mit solch
äusserstem Blödsinne aber miìssen wir uns zu des Lesers und unserem eigenen
Ueberdrusse leider noch öfters beschäftigen. Dass übrigens diese Caricatur eines
Sophisma's aus der stoischen Schul-Logik seinen Weg in die Synopsis des Psellus
gefundem habe, erhellt aus jener ursprünglicheren Form, in welcher wir es oben,
XVII. Petrus Hispanus. 57
erwähnten zwei Fälle je eine „Regel“, nemlich dass die Ampliation, welche
sich auf die supponirten Begriffe bezieht, für den ganzen Umfang der
selben gelte (gleichfalls mit ausschliesslicher Benützung des „potest“), und
dass die auf die Zeit (vgl. unten Anm. 598 ff.) bezügliche Ampliation
sämmtliche drei Zeiten umfasse **"). Dass übrigens mit dieser Theorie
der ampliatio die späteren sog. Obligatoria in einem Zusammenhange
stehen, s. untem Abschn. XX.
Und nun folgt plötzlich die appellat i 0, ohne dass irgend ersicht
lich wäre, wie dieselbe hieher komme. Sie wird als „Annahme eines Be
griffes für ein wirklich existirendes 0bject“ definirt und soll in dieser
ausschliesslichen Beziehung auf das concret Wirkliche sich von der signi
ficatio (Amm. 199) und auch von der suppositio unterscheidem, da letztere
beide sowohl bei Existirendem als auch bei Nichtexistirendem stattfindem
können ***). Blickt somit hierin wieder eine Spur eines allgemeineren
Zusammenhanges dieser- logischen Momente hindurch, so bietet auch die
Eintheilung der appellatio Aehnliches dar, indem dieselbe entweder bei
einem Gemeinbegriffe oder bei einem Einzelnbegriffe auftrete, und im
letzteren Falle mit der significatio und suppositio zusammentreffe, im
ersteren Falle aber der Gemeinbegriff entweder nach Art der simpleae
suppositio (Anm. 203) in ungetheilter Gemeinsamkeit oder nach Art der
personalis suppositio (Amm. 204) in Momenten seines Umfanges betrachtet
werden könne **°). Aber während diese Erörterung der appellatio leicht
Abschn. VI, Anm. 166, anzuführen hatten). Contra: Quidquid potest esse verum, est
possibile; sed impossibile potest esse verum (d. h. diess ist die obige sophistisch
erwiesene Thesis); ergo impossibile est possibile, in tertio modo primae figurae (diess
ist sogar formell falsch, weil in ,,Darii“ der Schlusssatz particular ist); sed con
clusio est falsa; ergo aliqua praemissarum; non maior; ergo minor; sed haec est
prima; ergo prima est falsa. Solulio: prima simpliciter est falsa, haec scilicet „im
possibile potest esse verum“, et sophisma peccat penes fallaciam accidentis u. s. w.
Vgl. auch unten Anm. 357.
227) Ebend.: De ampliatione, quae fit ratione suppositorum, talis datur regula :
Terminus communis supponens verbo habenti vim ampliandi a se vel ab alio am
pliatur ad ea, quae possunt esse sub forma termini supponentis, ut „homo potest
esse animal“, hic iste terminus ,,homo“ non solum supponit pro praesentibus, sed
etiam ampliatur ad omnes qui erunt; dic0 autem ,,a se**, quia hoc verbum ,,potest“
de se habet vim ampliandi; dico autem „ab alio“, quia hoc participium „potens“ et
hoc nomen ,,possibile“ dant virtutem ampliandi verbo, cui adiunguntur..... De am
pliatione autem, quae fit ratione lemporis, talis datur regula: Terminus communis
supponens vel apponens verbo habenti vim ampliandi quoad tempus supponit pro his,
qui sunt, qui erunt, vel qui fuerunt, ut „homo necessario est animal“.
228) VlI, 3 (f. 226 A): Appellatio est acceptio termini pro re ezistente; dico
autem pro re existente, quia terminus significans non ens non appellat, ut Caesar vel
chimaera. Differt autem appellatio a significatione et suppositione, quia appellatio
est tantum de re eæistente, sed supposilio et significatio sunt tam pro re ezistente
quam pro re non existente.
229) Ebend.: Appellationum autem alia est termini communis, ut „homo“, alia
est termini discreti vel singuluris, ut „Socrates“. Terminus singularis idem significat,
supponit et appellat. (f. 227 A) Item appellationum termini communis alia est ter
mini communis pro re in communi, ut quando terminus communis simplicem habet
suppositionem, ut cum dicitur ,,h0m0 est species“, ..... et tunc terminus idem sup
ponit, significat et appellat...... Alia autem est appellatio termini communis pro
suis inferioribus, ut quando terminus communis personalem habet suppositionem, ut
cum dicitur „homo currit“, tunc „homo“.... significat hominem in communi et supponit
pro particularibus hominibus et appellat particulares homines tantum ezistentes.
58 XVII. Petrus Hispanus. .^
-
in strenger Parallele mit der Supposition moch weit hätte fortgesponnen
werden könnem, bricht sie hiemit ebenso unerwartet ab, als sie ummoti
virt eingefügt worden war. Vgl. aber unten Amm. 601.
Somit wird nun zur r e s t r i c t i o zurückgekehrt, welche entweder
durch ein Nomen oder durch ein Werbum oder durch ein Participium
oder durch einen Relativsatz (implicatio) bewirkt werden soll *°°). Ueber
die erste derselben, an welcher wieder drei Fälle unterschieden werdem,
indem das Nomen entweder eine Unterart des restringirtem Begriffes oder
einem artmachemden Unterschied oder ein zufälliges Merkmal desselbem
enthalten kamm *°'), werden die „Regeln* gegeben, dass der restringirende
Begriff nicht eine Selbstaufhebung des restringirten (wie z. B. bei mor
tuus der Fall wäre) noch eine Ampliation (wie z. B. bei potens) enthaltem
darf, sowie dass das restringirende Wort selbst wieder durch das re
stringirte verengt wird, ferner dass die Hinzufügung des Wortes „Alle“
zum restringirten Begriffe an der Restriction Nichts ändert, endlich dass
eim restringirender Begriff, welcher im Prädicate steht, auf das Subject
keinen Einfluss hat, jedoch mit Ausnahme der sog. consignificatio, welche
bei Substantiven im grammatischen Genus liegt***). Hierauf wird be
züglich der durch einen Relativsatz entstehenden Restriction zunächst die
Tragweite derselben angegeben und dann die „Regel* aufgestellt, dass
bei Hinzufügung des Wortes ,,Alle* sehr genau zu unterscheidem sei, ob
dasselbe vor oder nach dem Relativsatze stehe *°°). Mit Uebergehung
230) VII, 4, 1 (f. 228 A): Restrictio est coarctatio termini communis a maiore
suppositione ad minorem, ut dictum est prius (ob. Anm. 224). Restrictionum autem
alia fit per nomen, ut „homo albus“, iste terminus ,,homo“ non supponit pro nigris
neque pro medio colore coloratis, sed restringitur ad albos; alia fit per verbum, ut
,,homo currit“, iste terminus ,,homo“ supponit pro praesentibus tantum; alia fit per
participium, ut cum dicitur ,,homo currens disputat“......; alia fit per implicatio
ìnem, ut cum dicitur ,,homo qui est albus currit“, haec implicatio ,,qui est albus“
restringit hominem ad albos.
231) Ebend.: Restrictionum factarum per nomen alia fit per inferius superiori
appositum, ut „animal homo currit“..... ; alia fit per differentiam advenientem generi,
quae est essentialis, cum sit constitutiva, ut ,,animal rationale currit“..... ; alia fit
per adiectivum accidentis, ut ,,h0m0 albus“.
232) Ebend. (f. 229 A): De restrictione facta per nomen communiter sumptum
tales duntur regulae: 0mne nomen non diminuens nec habens vim ampliandi ad
iunctum ea, eadem parte termino magis communi restringit ipsum ad supponendum
pro his, ad quae eæigit sua significatio...... Dico autem ,,non diminuens“ ad re
movendum nomina diminuentia rationem adiuncti, ut ,,morluus“....; dic0 autem ,,n0n
habens vim ampliandi“ ad removendas dictiones amplialivas, ut „potens“..... Et
sciendum, quod minus commune semper restringit magis commune, ut cum dicitur
,,homo albus currit“, ..... sic ,,homo“ coarctat album ad albedinem evistentem in
hominibus...... Item de termino restricto talis datur regula: Si signum universale
adveniat termino restricto, non distribuit ipsum nisi pro his, ad quae restringitur.....
Item de restrictione datur talis regula : Nihil positum a parte praedicati potest re
stringere terminum communem positum a parte subiecti quoad principalem significa
tionem, ut ,,homo est albus**...... , quia si restringeretur ad albos, ..... seros? As.
esset ,,homo albus est albus“..... Dico autem ,,quoad principalem significationem“,
quia praedicatum restringit subiectum quoad consignificationem, quae est genus, ut
cum dicitur ,,cygnus est albus“, iste terminus ,,cygnus“ restringitur ad mares et non
ad mulieres.
233) Ebend. (f. 230 A): Item de restrictione facta per implicationem talis datur
regula : 0mnis implicatio immediate coniuncta termino communi restringit ipsum sicut
suum adiectivum...... Item de eadem restrictione talis datur regula: Quotiescunque
XVII. Petrus Hispanus. 59
des eine Restriction bewirkenden Participiums wird danm noch sehr aus
führlich über die im Werbum liegende Restriction gehandelt. Nemlich es
tretem vorerst die „Regelm“ auf, dass das Verbum vor Allem keine Selbst
aufhebung der Behauptung (wie diess z. B. bei dem Zusatze ,,opinabiliter“
der Fall wäre) und auch keine ampliative Geltung (wie z. B. bei potest)
enthalten dürfe, sodann aber mit Worbehalt dieser Bedingung das Präseas
eines Werbums eine vollgültige Restriction bewirke, hingegen das Präteri
tum mur für Wergangenheit und Gegenwart, sowie das Futurum nur für
Gegenwart und Zukunft restringire, kurz dass beim Verbum die restrictive
Kraft in seiner eonsignificatio, d. h. im grammatischen Tempus, liege ***).
An letzteres aber knüpft sich die Besprechung des läppischen Sophismas
,,Alle lebendem Wesen warem in der Arche Noah's, Julius Gäsar aber
war ein lebendes Wesen und doch nicht in der Arche Noah's“, wobei
gegenüber den Ansichten Anderer, welche auf die Unterscheidung zwi
schen Individuum und Gattung sich warfen, im Hinblicke auf Obige Regeln
die Lösung dahin geht, dass es eben der Trugschluss einer sog. imper
fecta enumeratio sei 238). Ferner aber wird auch noch die Frage er
signum universale et implicatio ponuntur in eadem locutione, dupleæ est orati0, e0
quod signum potest praecedere implicationem et sic distribuit terminum communem
pro quolibet supposito.....; item implicatio potest prius advenire et restringere ter
ninum communem, et tunc signum postea adveniens non distribuit ipsum nisi pro
his, ad quae restringitur. -
234) Ebend. (f. 231 A): Sequitur de restrictione facta per verbum, de qua
plures dantur regulae, quarum prima talis est: Terminus communis supponens vel
apponens verbo praesentis temporis simpliciter sumpto non habenti vim ampliandi nec
eae se nec eae alio restringitur ad supponendum pro his, qui sunt sub forma termini
communis supponentis. Dico autem „terminus communis“, quia terminus discretus
neque restringitur neque ampliatur (s. Anm. 224); dico aulem „verbo praesentis tem
poris“ ad removendum alia verba aliorum temporum, quia, terminus communis aliam
habet supposilionem cum eis; dico autem „simpliciter sumpto“ ad rem0vendum verba
sumpta cum particulis diminuentibus, ut est „opinabile“; dic0 autem „non habenti
vim ampliandi“ ad removenda verba ampliativa, ut „potest“; dico autem „neque eae
se neque eae alio“ ad removendum verba habentia vim ampliandi, quia cum dicitur
„homo est potens“, licet hoc verbum „est“ non ampliat eae se, ampliat tamen per h0c
participium „potens“ (diesen letzteren Satz geben mnr die Drucke £t @ in der rich
tigen Form)..... Item alia datur regula: Terminus communis supponens vel apponens
verbo de praeterito simpliciter sumpto non habenti vim ampliandi nec ea, se nec ea,
alio restringilur ad supponendum pro his, quae sunt vel fuerunt sub forma termini
supponentis...... Item alia datur regula: Terminus communis supponens vel app0
nens verbo de futuro etiam supponit pro his, quae sunt vel erunt sub forma termini
supponenlis..... . Eae praedictis patet, quod verbum reslringitur qu0ad consignifica
tionem, quae est tempus, et non quoad significationem principalem.
235) VII, 4, 2 (f. 232 B): Circa praedicta quaeritur de hoc sophismate ,,0mne
animal fuit in arca Noae**. Probatur: homo fuit in arca Noae, equus fuit in arca
Noae, et sic de aliis, ergo omne animal fuit in arca Noae. Contra: 0mne animal
fuit in arca Noae, sed Caesar fuit animal, ergo Caesar fuit in arca Noae. Quod est
falsum, ergo aliqua praemissarum est falsa; non minor; ergo maior. Quod autem
prima sit falsa, patet per regulam.... (d. h. die vorletzte Regel der vorigem Amm.);
item alia est regula ..... (die vorletzte in Anm. 232)..... Solutio: Quidam dicunt,
quod haec „omne animal fuit in arca Noae“ est dupleæ, eo quod potest fieri distri
butio pro singulis generum vel pro generibus singulorum, et primo modo est falsa,
secundo modo est vera..... Sed huic solutioni non acquiesco, quia species animalis
non fuit per se in arca Noae, sed tantum individuum; ..... unde dico, quod pr0
positio est falsa, et concedo omnes rationes adductas ad hoc (d. h. die genanntem
60 XVII. Petrus Hispanus.
örtert, ob die Restriction in gleicher Weise beim bejahenden und beim
verneinenden Urtheile wirke, und während Einige der Ansicht seien, dass
sie ungleich wirke (weil, wenn man die Negation gleichfalls auf Existi
remdes restringire, der Satz „die Rose ist nicht* den widerspruchsvollem
Sinn „die Rose , welche ist, ist nicht* bekomme), wird die Annahme
einer Gleichmässigkeit aller Restriction hauptsächlich im Hinblicke auf die
erwähnte consignificatio des Werbums begründet, und auch darauf hin
gewiesem, dass die Gemein-Begriffe in den logischen Urtheilen (abgesehen
von ihrer objectiven Existenz) in die Form der Aussagbarkeit (enuntia
bilitas) eingehen *°°). Endlich folgt noch die Notiz, dass manche Re
striction lediglich usuell sich von selbst verstehe, wie man z. B. bei
„Nichts“ nicht an einen absolut luftleeren Raum denke, sowie dass transi
tive Verba von selbst eine restrictive Beziehung auf ein Object in sich
enthaltem, daher das Sophisma „Sokrates ernährt sich selbst, er selbst
aber ist ein Mensch, also ernährt er einen Menschen“ sich hiedurch
löse 237).
Hierauf reiht sich die d i stri b u t i o an , welche als „die durch ein
Zeichen der Allgemeinheit entstehende Wervielfältigung eines Gemein
Begriffes* definirt wird ; und wenn wir hiebei sowohl durch den Inhalt
dieser Definition als auch durch einen erklärenden Zusatz an die obige
confusa suppositio erinnert werden *°°), so hätte es auch wirklich eine
gewisse Berechtigung in sich, wenn wir sagen wollten, dass die ganze
zwei Regeln), et probatio peccat secundum consequens ab insufficienti induclione (s.
Anm. 197).
236) VII, 4, 3 (f. 234 A): Solet etiam quaeri, utrum similiter termini restrin
gantur in pr0p0sitione affirmativa et negaliva. Dicunt aliqui, quod non, quia esse
restringit ad eæistens et non esse ad non eæistens ; ..... item videtur, quod omnis
negativa, in qua esse negatur, simpliciter est falsa, si similiter restringantur termini
in propositione negativa et affirmativa, quia in hac propositione ,,rosa est“ iste ter- •
minus „rosa'* restringitur ad eacistens, et, si in hac „rosa non est“ similiter restrin
gatur ad ezistens, tunc sensus est ,,rosa, quae est, non est“; et haec est falsa.....
Sed probatur, quod similiter restringuntur: quia, si in hac propositione „homo est“
iste terminus „homo“ restringitur ad eæistens et in hac „nullus homo est“ ad non
evistens, ergo utraque est vera....... Item regula est... (s. den Schluss der Anm.
234). Et haec argumenta concedimus. Ad illud, quod primo obiicitur, est dicendum,
quod esse non restringit ad evistens et non esse non restringit ad non existens,
- - - - - sed quoad consignificationem, quae est tempus, unde non restringit ad supposita
eæistentia, sed praesentia. ...... Ad aliud dicendum est, quod dupleæ est forma ter
mini communis; quaedam est, quae salvatur in rebus ezistentibus tantum, ..... alia
est, quae salvatur tam in rebus ezistentibus quam non eæistentibus, ut enuntiabilitas,
quae est forma enuntiabilis, ...... unde istius propositionis „rosa non est“ non est
sensus „rosa, quae est, non est“, sed est sensus ,,rosa aliter sumpta, quam in prae
senti, non est“.
237) Ebend. (f. 234 B): Solet autem poni, quod quaedam restrictio fit ab usu,
ut cum dicitur „nihil est in arca“, quamvis plena sit aëre, quia iste terminus „nihil“
supponit ab usu pro rebus solidis ...... Solet etiam poni, quod quaedam restrictio
fit per transitionem verbi, ut cum dicitur „Socrates pascit hominem“, iste terminus
,,homo“ supponit pro alio a Socrate virtute transitionis verbi...... ; unde dicunt
quod non sequitur „Socrates pascit se ipsum et ipse est homo, ergo pascit hominem“,
qu0d est fallacia accidentis.
238) VII, 5, 1 (f. 236 A): Distributio est multiplicatio termini communis per
signum universale facta, ut cum dicitur „0mnis homo“, iste terminus „homo“ distri
buitur sive confunditur (vgl. oben Anm. 205 u. 211, sowie unten Anm. 246 u. 250)
pro quolibet suo inferiori ...... Terminus singularis non potest distribui.
XVII. Petrus Hispanus. 61
folgende Lehre von der Distribution mur eine nähere Ausführung der
verworrenem Supposition sei. Somit bleibt uns bei dem vielen Blödsinne,
welchen wir num sogleich im Einzelnen zu berichten haben, wenigstens
der kleine Trost, dass auch hier wieder irgend ein Fadem eines innerem
Zusammenhanges erscheint, wenn auch die Art und Weise, in welcher
Wilhelm Shyreswood bei dieser Gruppe den byzantinischen Stoff arrangirt
hatte (Anm. 66 ff.), an Klarheit und Präcision entschieden den Worzug
verdient. — Es werden die „Zeichen der Allgemeinheit* zunächst einge
theilt in solche, welche die Substanz, und in solche , welche die Acci
demtiem betreffen, wobei die ersteren sich abermals spalten, indem die
einen zu einer Distribution der Theile des Umfanges (partes subiectivae,
wie z. B. bei „alle“), und die anderen zu einer Distribution der Bestand
theile (partes integrales, wie z. B. bei „ganz“) führen können; bei den
jenigen aber, welche sich auf die Umfangs-Theile beziehen, sei wieder
zu unterscheiden, je machdem sie auf einem Pluralis (z. B. omnis) oder
auf einem Dualis (z. B. uterque) beruhem *°°).
Die Einzeln-Erörterung beginnt mit „omnis“, dessen collective Be
deutung („zusammen“ bei Zahlen) nicht in Betracht komme. Die distri
butive Bedeutung aber führt vor Allem zu der Frage, ob omnis überhaupt
Etwas bedeute, wobei die Gründe und Gegengründe darin ihre Lösung
findem , dass omnis zwar nicht ein Allgemeines , wohl aber eine allge
meine Weise, d. h. „universaliter“, bedeute, eine Entscheidung , welehe
gegen einen einfältigen vom kategorischen Syllogismus hergenommenen
Einwand wieder dadurch gestützt wird, dass omnis im Obersatze eines
Schlusses ja nicht dem factischen Bestand des Subjectes, sondern eben
dem Subjectsbegriff eines Urtheiles nach seinem Verhältnisse zum Prä
dicatsbegriffe betreffe?*°). Hieran aber reiht sich die noch wunderlichere
239) Ebend. (f. 237 A): Signorum universalium alia sunt distributiva substan
tiae, ut ,,0mnis, nullus“, alia sunt distributiva accidentium, ut „qualis, quantus“.
Signum autem distributivum substantiae distribuit res se habentes per modum eius
quod quid est; ...... signum distributivum accidentis est, quod distribuit res se ha
bentes per modum accidentis ...... Item signorum distributivorum substantiae alia
sunt distributiva partium integralium, ut „totus“, alia sunt distributiva partium sub
iectivarum, ut „omnis, nullus“. Item signorum distributivorum partium subiectivarum
alia sunt dislributiva duorum, ut „uter, neuter“, alia sunt distributiva plurium, ut
,,0mnis, nullus“ et similia.
240) Ebend. (f. 237 B): Horum autem signorum primo dicendum est..... de hoc
signo „omnis“. Sciendum, quod „omnis“ in plurali numero dupliciter sumitur; uno
nodo collective ut „omnes apostoli dei sunt duodecim*, unde non sequitur „ergo isti
(d. h. z. B. Petrus und Jacobus).... sunt duodecim“....; alio modo sumitur distri
butive, ut „omnes homines naluraliter scire desiderant“ (bekanntlich die Anfangs
worte der aristotelischen Metaphysik). Et tunc quaeritur, quid significet hoc signum
„omnis“. Et videlur, qu0d nihil significet, quia omnis res aut est universalis aut
particularis, sed „0mnis“ non significat rem universalem vel particularem ...... Item
„omnis“ neque est praedicabile de uno neque de pluribus, ergo...... nihil significat.
Sed contra : ..... si „omnis“ nihil significet, propter appositionem vel remotionem eius
non causaretur veritas vel falsitas in oratione, sed haec est vera „animal est homo“,
ergo et haec „omne animal est homo“, quod est falsum ...... Solutio: ad dubium
dicitur, quod ,,omnis“ non significat universale, sed universaliter, quia facit termi
*mum communem suum stare pro omnibus suis inferioribus, ..... et sic ,,omnis“ signi
ficat aliquam rem (hiezu Amm. 602). Sed dupleæ est res, quia quaedam res est
subiicibilis vel praedicabilis, ..... alia est, quae est dispositio rei subiicibilis vel prae
62 XVII. Petrus Hispanus.
Frage, ob (im Hinblicke auf eine aristotelische Stelle) omnis , sich stets
wenigstens auf drei 0bjecte bèziehen müsse, da wir doch auch über
Dinge, welche nur Ein Mal existiren (z. B. Sonne oder Phönix, vgl.
Abschn. XI, Amm. 67, u. Absehn. XII, Amm. 87) Urtheile aussprechen ;
und es wird zunächst der Entscheid dahin gegeben, dass in den Fällem
der letzteren Art omnis sich wirklich mur auf Eines beziehe ***); aber
auch die entgegenstehenden Einwände seien zu widerlegem, indem einer
seits omnis in der That die im Begriffe der Wollendung liegende Dreizahl
in sich enthalte, und andrerseits wohl zu unterscheidem sei, ob omnis im
Plural oder im Singular gebraucht werde, indem im letzteren Falle, z. B.
bei dem Satze ,,omnis phoeniae est“ durchaus nicht an micht-existiremde
andere Phönixe, sondern eben nur an den Einen gedacht werde ***).
dicabilis, et talem rem significat hoc signum ,,0mnis“..... 0biicitur aulem, qu0d
„omnis“ non significet dispositionem rei subiicil)ilis, quia in syllogismo medium debet
reiterari cum suis dispositionibus in minore propositione, ergo deberemus syllogizare
sic ,,0mnis homo est animal, Socrates est omnis homo, ergo Socrates est animal“.....
Solutio: ...... subiectum du0 dicit, scilicet illud, qu0d est subiectum, et subiectum,
inquantum est subiectum; et secundum hoc est dupleæ dispositio subiecli, quia quae
dam est dispositio illius rei, quae est subiectum, ut ,,albus, niger“, el istae debent
reiterari cum medio; alia est dispositio subiecti, inquantum subiectum, videlicet in
ordinatione ad praedicatum, ut „omnis, nullus“, et talis dispositio non debet reiterari
cum medio (dass jedoch in Letzterem die sog. syncategoreumatische Geltung
gewisser Satztheile liege, s. untem Anm. 264, 267. u. vgl. auch Abschn. XIX,
Anm. 120). -
241) VII, 5, 2 (f. 238 B): Consequenter quaeritur, utrum ,,omnis“ eæigat tria
appellata. Et videtur, quod sic, quia omnis perfeelio est in tribus, ut habetur in
primo Coeli (Arist. de coelo I, 1), et sic omne perfeclum est in tribus, sed „omne“
et „perfectum“ idem sunt, ut hahetur ibidem, ergo ,,0mne“ est in tribus, ergo ,,omnis“
vult habere tria appellata ; ad idem dicit Aristoteles in eodem loco, quod de duobus
viris non dicimus ,,0mnes“, sed de tribus viris, ergo „omnis“ vult habere tria ap
pellata. (So befinden wir uns mit dieser ganzen Erörterung vollständig in, dem ge
wöhnlichen Fahrwasser der griechischen Commentatorem, und wohl mag auch hier
— vgl. ob. Anm. 218 u. Abschn. XV, Anm. 105 ff. — die Wermuthung gerechtfer
tigt sein, dass ebem Themistius es war, auf welchem Psellus hauptsächlich fusste,
denn Themistius verweilt in seiner uns nur lateinisch erhaltenen Paraphrase zu
Arist. de Coelo, Venel. 1574, fol. 1 b, mit sichtlicher Worliebe bei jenen Worten des
Aristoteles). Sed contra: In qualibet demonstratione sunt propositiones universales,
sed demonstrationes fiunt de sole et de luna, ..... sed sol non habet nisi unicum
suppositum u. s. w. (d. h. es folgen noch mehrere Wendungen dieses nemlichen
Einwandes). Concedimus dicendo, praedictas propositiones esse veras, et quod „omnis“
non semper eæigit tria appellata, sed quando adiungitur termino communi habenti
plura supposita, tunc eæigit plura appellata, quando vero adiungitur termino habenti
solum unum supp0situm, lunc eæigit solum unum appellatum.
242) Ebend. (f. 239 A): Ad illud, quod primo obiiciebatur, quod omnis perfectio
esl in tribus, dicilur, qu0d verum est et haec tria sunt, scilicet substantia rei, virlus
eius, 0peratio eius; et haec tria tangit Aristoleles sub brevibus verbis, cum dicit
„natura apta nata sic facil“ (de Coelo I, 4 oder Il, 8 oder de part. an. I, 1).....
Similiter hoc signum ,,omnis“ habet substantiam signi universalis et virtutem, quae
est dislribuere, et operationem eius, quando distribuit ..... Ad secundum dicendum
est, quod ..... „omnis“ in plurali ratione multitudinis factae facit, distributionem per
diversas materias et vult habere tria appellata, sed „omnis“ in singulari numero,
eae quo recipit speciem secundum se et non materiam individuorum, eacigit essentiam
aptam malam in praedicari de pluribus, ..... et ideo eæigit tria appellata aut unum
solum...... Quidam tamen dicunt, quod ,,0mnis“ vult hal)ere tria appellata ad minus,
et dant talem rationem : Quotiescunque signum universale additur termino communi
XVII. Petrus Hispanus. 63
Hierauf nun folgt die Besprechung und Lösung dreier Sophismen, in
welchen „omnis“ eine Rolle spielt: nemlich erstens ,,Jeder Mensch ist
ein Mensch, und was etwas Anderes ist, ist kein Mensch ; also was etwas
Anderes als Sokrates ist, ist kein Mensch* ***); sodann „Alle Mensehen
und noch andere Menschen existiren*, woran sich eine allgemeine Regel
über die fallaeia accidentis anknüpft ***); endlich noch „Jeder Mensch
ist jeder Mensch****), — Sophismen, welche sämmtlich würdig sind,
ursprünglich der stoischem Logik angehört zu haben.
Nun kömmt „nullus“ an die Reihe, jedoch in sehr kurzer. Erör
terung, indem mur eine „Regel* angegeben wird, wornach nullus mit
der obigem confusa suppositio zusammenhängt, und hieran sich die
Lösung des Sophismas „ Kein , Mensch ist jeder Mensch* knüpft **").
non habenti sufficientiam appellatorum, recurrit ad non ens, ut cum dicitur ,,0mnis
phoeniae est“, ..... recurrit ad non existentes phoenices..... Hoc autem potest multi
pliciter improbari, quia ..... supponunt, quod ,,0mnis“ semper vult habere tria ap
pellala, quod superius 0stensum est esse falsum ..... Ilem ad idem alia regula talis
est : (d. h. es folgt die erste der drei Regeln in Anm. 234)..... Ergo cum dicitur
„omnis phoeniae*', si „phoenia* reslringilur ad supponendum pro phoenice tantum,
qui est, ..... non distribuit ipsum nisi pro unico supposito.
243) VII, 5, 3 (f. 240 B): Secundum praedicta quaeritur de hoc sophismate
,,0mnis homo est homo et quodlibet differens ab illo est non homo“. Probatio: Haec
est una copulativa, cuius ulraque pars est vera, ergo ipsa est vera (dass im byzan
tinischem 0riginale diese Regel mur der stoischen Schul-Logik entnommen war, s.
Abschn. VI, Anm. 155. u. Abschn. VIlI, Anm. 49). Improbatio: 0mnis homo est
homo et quodlibet differens ab eo est non homo ; Socrates est homo; ergo quodlibet
differens a Socrate est non h0m0. Quod est falsum, quia haec est una copulativa,
cuius altera pars est fulsa; erg0 ipsa est tota falsa (ebens0 ebend.). Solutio: Prima
simpliciter est vera, et improbatio peccat penes fallaciam consequenlis u. s. w. (Die
sloische Quelle dieses Sophismas s. Abschn. VI, Anm. 213.)
244) Ebend. (f. 241 A): Item quaeritur de hoc sophismate ,,0mnis homo et
alius h0m0 sunt“. Probatio: Socrales et alius h0m0 sunt, Plato et alius homo sunt,
et sic de aliis, ergo omnis homo et alius homo sunt. Improbalio: ,,Alius“ est rela
tivum diversitatis substantiae (vgl. ob. Anm. 213 u. 217), ergo supponit pro diverso
ab homine, sed non est alius h0m0 ab omni homine ; ergo prima est falsa. Solutio:
Prima est simpliciter falsa et probatio peccat secundum fallaciam figurae diclionis a
pluribus determinalis suppositionibus ad unam determinutam ..... Item probatio peccat
secundum fallaciam accidentis ...... Unde talis datur regula: Quotiescunque aliquid
sequitur, sive conversim sive non, si aliquid conveniat uni, quod non convenit alteri,
et per illud, cui convenit, inferatur de eo, cui non convenit, semper est fallacia ac
cidenlis, v, g..... homo est species, erg0 substanlia est species u. s. f.
245) Ebend.: Dicto de hoc sophismate restat dicere de isto ,,0mnis homo est
omnis homo“. Probatio: Socrates est Socrates, Plato est Plato, et sic de aliis, ergo
omnis homo est omnis homo; et, ul vult Boethius (s. Abschn. XII, Amm. 124 u. 129;
dass Psellus auch anderweitig den Boethius citirt, s. Abschn. XV, Anm. 15 u. 28),
nulla pr0p0sitio est verior illa, in qua idem praedicatur de se ipso, sed sic est hic.
- • • • • • Improbatio: Sua contradictoria est vera, scilicet illa „quidam homo non est
omnis h0m0“; erg0 ipsa est falsa...... Solulio: Prima est simpliciter falsa, et pro
balio peccat secundum consequens ab insufficienle enumeratione u. s. f
246) VII, 5, 4 (f. 242 A): Sequitur de hoc signo „nullus“, quod significat, qu0
niam universaliter negative, unde significat idem sicut hoc signum ,,0mnis“ cum me
gatione postposita, et ideo ,,omnis non“ et „nullus“ aequipollent. De hoc signo
„nullus“ datur talis regula: Quotiescunque hoc signum „nullus“ immediate adiungitur
termino communi, confundit ipsum mobiliter (s. ob. Anm. 206 u. 238) et distributive,
et similiter terminum communem sibi adiunctum mediate, ut ,,nullus homo est asi
nus“, unde, potest fieri descensus sub subiecto, .... Circa praedicta quaeritur de hoc
64 XVII. Petrus Hispanus.
Aehnlich ergeht es hierauf mit „nihil“, wobei zur Lösung des So
phismas „Wer Nichts sieht, sieht Etwas“ auch verschiedene (höchst
einfältige) Ansichten Anderer beigezogen werdem, und zuletzt eine „Regel“
für jene Fälle folgt, in welcher eine Negation mit der Distribution zu
sammentrifft?*7).
Hierauf sind von den distributiven Zeichen der Umfangs-Theile (s.
Amm. 239) noch diejenigen zu besprechen , welche auf eine Zweizahl
gehen. Und zwar wird zuerst, was „uterque“ betrifft, der sophistische
Fall erörtert: ,,A sagt die Wahrheit, B sagt die Wahrheit, zugleich
aher sagen A und B Unwahres; sagen also beide die Wahrheit oder
nicht?“*4*) In Bezug auf „neuter” sodann stellt sich das Sophisma ein:
„Wenn du keines der beiden Augen hast, kannst du sehen* ***).
sophismate ,,Nullus homo est omnis homo“. Probatur sic: Socrates non est omnis
homo, Plato non est omnis homo, et sic de aliis..... Contra: Ibi praedicatur oppo
situm de opposito, ergo est falsa. Solutio: Prima est vera, et ad improbationem
respondetur per interemptionem, quia ibi non praedicatur oppositum de opposito, sed
removetur ,,0mnis homo“ ab homine sumpto pro quolibet supp0sito, et hoc est verum.
(Es weist dieses Sophisma auf den sog. Oάτις zurück, s. Abschn. VI, Anm. 213.)
247) VII, 5, 5 (f. 243 A): Sequitur de hoc signo „nihil“, quod significat idem
quod „nullus“, sed includit in se terminum recipienlem suam distributionem, quia
nihil est signum universale cum negatione, et res est terminus recipiens eius distri
butionem. Circa praedicta quaeritur de hoc sophismate „Nihil videns est aliquid
videns“. Probatur sic: Non rem hanc videns est aliquid videns, quia non videns S0
cratem est videns Platonem ; non illam rem videns est aliquid videns, et sic de aliis ;
ergo nihil videns est aliquid videns..... Contra: Ibi praedicatur oppositum de oppo
sito, ergo locutio est falsa. Quidam distinguunt, .... quod haec dictio „nihil“ potest
esse accusativi casus ..... vel potest esse nominativi casus .....; sed hoc non solvit,
quia in utroque sensu est falsa. Sed alii distinguunt, .... . quod negatio in hoc
termino „nihil“ potest negare participium .... vel potest negare hoc verbum „est“..... 5
sed hoc non solvit, quia in utroque sensu est falsa ...... Solutio: Dicendum est,
quod prima est simpliciter falsa, et probatio peccat penes fallaciam figurae dictionis
a pluribus determinatis ad unum determinatum ..... vel peccat secundum fallaciam
accidentis ...... Antiqui (über dieses Wort s. oben Anm. 218) posuerunt, praemissas
esse duplices propter talem regulam, quam dabant: Quotiescunque negatio et distri
butio includuntur in uno termino, ad quodcunque refertur unum, et reliquum. (Die
ursprüngliche Quelle des Sophismas ist sicher der sog. 'Eyxsx«λvupuévoç, s. Abschn.
VI, Anm. 210.) -
248) VII, 5, 6 (f. 244 B): Sequitur de signis distributivis duorum, et talia sunt
„neuter** et „uterque“, et differunt a praedictis, quia ...... distribuunt solum pro
duobus per demonstrationem ..... Circa praedicla quaeritur de hoc sophismate ,,Ab
utroque istorum enuntiatum est verum, posito quod Socrates dicat, deum esse, Plato
vero dical, hominem esse animal, et ambo dicant simul, hominem esse asinum“. Pr0
batio : A Socrate enuntiatum est verum, a Platone enuntiatum est verum, ergo ab
utroque istorum enuntiatum est verum. Contra : Ab utroque enuntiatum est verum,
sed nihil enuntiatum est ab ulroque istorum, nisi hominem esse asinum, quod est
falsum. Solutio : Prima est vera et improbatio (alle Ausgabem haben probatio, und
auch die Commentatorem bemerken den Fehler nicht) peccat secundum fallaciam
accidentis ...... Quidam tamen dicunt, quod prima est simpliciter falsa , ...... et
probatio peccat secundum fallaciam figurae dictionis ...... Sed prima solulio melior
est et subtilior. (Auch hiefür liegt die erste Quelle im sog. 21Ân$eύων, s. Abschn.
VI, Anm. 205.)
249) Ebend. (f. 245 A): Sequitur de hoc signo „neuter“, quod significat idem
quod ,,uterque“ cum negatione sibi pr0p0sita ...... Quaeritur de hoc sophismate
,,Neutrum oculum habendo tu potes videre“. Probalio: Deaclrum oculum non habendo
tu potes videre, sinistrum oculum non habendo tu potes videre, ergo prima est vera.
Contra: Neutrum oculum habendo tu poles videre, ergo dum neutrum oculum habes,
XVII. Petrus Hispanus. 65
Num aber wird, obwohl das Verhältniss der Negation zur Distribution
schon vorher (Schluss der Anm. 247) berührt wordem war, noch speciell die
Frage besprochen, ob die Negation überhaupt die Fähigkeit habe, zu einer
verworremen Supposition, d. h. aber eben zu einer Distributiom, verwendet
zu werden, und eine zweiseitige Erwägung der Frage führt zur Wer
meinung derselben *°"). Ausserdem noch wird hier die Erwähnung einer
distributio aptitudinis und einer distributio accommoda eingeflickt 2°1).
Und nun erst folgt der noch übrige Rest der die Substanz be
treffenden Distributiv-Zeichen , nemlich das Wort „totus“, welches zur
Distribution der Bestandtheile dienlich ist (Anm. 239); jedoch auch hier
dreht sich die Erörterung lediglich um das Sophisma „Der ganze Sokrates
ist kleiner als Sokrates“, wobei übrigens sogar die völlig unrichtige Be
merkung hinzugefügt wird, dass bei qualitativen Bestimumungen kein der
artiger Fehlschluss betreffs des „Ganzen* entstehe ?°°).
tu potes videre, quod falsum est...... Solutio : Prima est falsa, et probatio peccat
secundum fallaciam accidentis u. s. w. (Dieses Sophisma geht durch die Stoa
hindurch bis auf die Megariker zurück, s. Abschn. VI, Anm. 210. u. Abschn. II,
Anm. 91.)
250) VII, 5, 7 (f. 246 A): Habito de signis distributivis partium subiectivarum
consequenter quaeritur, utrum negatio habeat vim distributionis sive confundendi (die
nemliche Gleichstellung wie obem Anm. 238). Et videtur, quod sic, quia Aristoteles ,
in primo Perihermenias dicit (Abschn. IV, Anm. 202), quod illae contradicunt „homo
est iustus“ et „non homo est iustus“; ergo altera est universalis, ..... ergo ille ter
minus „homo“ distribuitur, sed non est ibi aliquid, a quo distribuatur, nisi negatio.....
Contra: Si negatio habeat vim confundendi, ergo sicut ista est incongrua „omnis
Socrates currit“, similiter haee „non Socrates currit“, quod est falsum...... Item
ubicunque est distributio, ibi est terminus communis sumptus universaliter, ..... sed
signum universale significat ,,quoniam universaliter“ tantummodo (s. ob. Anm. 240),
negatio vero non; ergo negatio non habet vim distribuendi, quod concedimus dicentes,
quod negatio non confundit, sed negat hoc, quod post se invenit..... Solutio autem
patet ad hoc, quod obiicitur, quia, quod haec est universalis „non h0m0 est iustus“,
hoc non est propter naturam distributionis eæistentis in negatione, sed hoc est, quia
negatur homo in communi u. s. f.
251) Ebend. : Item solet poni quaedam distributio aptitudinis, ut „omnis homo
timet in mari“, i. e. aptus natus est timere in mari. Item solet poni distributi0
accommoda, ut „coelum tegit omnia praeter se ipsum“ et „deus ereavit omnia alia a
se.“ Sed ista duo genera distributionis non sunt ita propria sicut alia.
252) VII, 5, 8 (f. 247 A): Sequilur de hoc signo „totus“, quod est distributivum •
partium integralium, ut hic „totus Socrates est albus“; est enim sensus ,,Socrates
secundum quamlibel sui partem est albus“, ..... ad quam sequitur „quaelibet pars
Socratis est alba“...... Circa praedicta quaeritur de hoc sophismate ,,Totus Socrates
est minor Socrate“. Probatio: Quaelibet pars Socratis est minor Socrate ; ergo Socrates
secundum quamlibet sui partem est minor Socrate; ergo totus Socrates est minor
Socrate. Contra: Totus Socrates est minor Socrate; ergo Socrates est minor Socrate.
Solutio: Prima est vera, ..... et improbatio (auch hier haben alle Ausgaben probatio)
peccat seeundum fallaciam accidentis...... Etiam probatio peccat secundum quid ad
simpliciter...... Item in quibusdam sequitur „totus Socrates, ergo Socrates“, .... in
quibusdam non. Quaeritur, in quibus est et in quibus non. Dicendum est, quod
sunt quaedam accidentia, quae indifferenter conveniunt parti et toti, ut ,,albus“.....,
et in talibus bene sequitur..... ; alia sunt accidentia, quae conveniunt partibus et
non toti, et e converso toti et non partibus, ut „minoritas, parvitas“, et in talibus
non sequitur. (Die sophistische Anwendung des Theilbegriffes bereits bei den Me
garikern, s. Abschn. II, Anm. 98; das Richtige hingegem betreffs des Beispieles von
„albus“ s. ebend. Anm. 70).
PRANTl, Gesch. III. 5
66 XVII. Petrus Hispanus.
Indem somit noch diejenigen distributiven Zeichen ihre nähere Be
sprechung finden müssen, welche sich auf die Accidentien beziehen (Anm.
239), so tritt zunächst der Einwand entgegem, dass eine derartige Distri
bution überflüssig sei, weil ja die Accidentien nur durch Wervielfältigung
ihrer Träger, d. h. der Substanzem, distributiv vervielfältigt werden; hin
gegem aber wird bemerkt, dass es sich bei dieser accidentellem Werviel
fältigung nicht um die Substanz, sondern eben um Art-Formen derselben
handle. Und somit wird sofort das Distributivum „qualislibet“ in einem
einfältigen Sophisma erörtert, welches darauf himausläuft, dass die Be
schaffenheit des Wissendem zuweilem auch das Bewusstsein des Wissens
involviren könne *°°). Soll hiedurch das Accidens qualitativer Bestimmt
heit erledigt sein, so geräth die Distribution quantitativer Accidentien
noch kärglicher ; denn „quantuscumque“ wird wohl genannt, aber hievom
sogleich auf ,,quotiescunque“ übergesprungen und nur für dieses das
Sophisma „So oft du in Paris warst, warst du ein Mensch* näher be
sprochen *°*). Zuletzt aber folgt noch (wohl im Anschlusse an die quan
titativen Bestimmungen, jedoch ohne alle Andeutung eines solchen Zu
sammenhanges) eine Erörterung über „infinitum“, welche zuerst an der
Hand aristotelischer Stellen die verschiedenen Bedeutungen des Unbe
gränzten und die Definition desselben feststellt, hierauf aber die distri
butive Geltung des Wortes „infinitum“ an dem Satze nachweist: „Was
253) VII, 5, 9 (f. 248 B): Sequitur de distributivis accidentium, inter quae primo
dicendum est de signis dislribulivis qualitatis, ...... ut „qualelibet“, cuius particulare
est „aliqualibet“. Sed tunc obiicitur, quod, si accidens multiplicetur multiplicato
subiect0, ..... ergo signa distributiva accidentium superfluant. Ad hoc dicendum est,
quod dupleæ est multiplicatio accidentis, quia quaedam est secundum numerum, et
haec fit per signum distributivum substantiae, ..... alia est multiplicatio secundum
speciem, et haec fit per signa distributiva accidentis, ut „qualelibet currit“..... Circa
praedicta quaeritur de hoc sophismate „Quodlibet qualelibet de quolibet tali scit,
ipsum esse tale, quale ipsum est; p0sito, quod Socrates sciat grammaticam et logicam
et rhetoricam, et Plato et Cicero similiter, et sciant, se habere eas, et sint alii tres
homines, quorum unus sciat logicam, alter grammaticam, et alius rhetorieam, et isti
neseiant, se habere eas, et de aliis nihil sciant, et alii sciant de se et de istis, et
non sint plures homines neque plures qualitates“. Probati0...... Contra..... Solutio:
Prima est vera, et improbalio peccat secundum fallaciam consequentis, ...... quia
qualelibet supponit tantum pro tribus u. s. f. (Die stoische Schul-Logik konnte für
Sopbismen, welche das Wissen betreffen, bis auf die Sophisten zurückgreifen; s.
Abschn. I, Anm. 61 ff.)
254) VII, 5, 10 (f. 249 B): Sequitur de signis distributivis quantitatis; et sunt
illa, quae distribuunt res se habentes per modum quantitatis, ut „quotieseunque“,
„quantuscunque“. Et seeundum hoc quaeritur de hoc sophismate „Quotiescunque fuisti
Parisiis (statt Parisius, wie bekanntlich dieser 0rtscasus in allen Handschriftem
und älteren Drucken stets geschrieben ist, steht hier in einigen Ausgaben parasitus),
toties fuisti homo“. Probatio: Una vice fuisli Parisiis et illa vice fuisti homo, alia
vice fuisti Parisiis et illa vice fuisti homo, et sic de aliis ; ergo u. s. f. Improbatio:
• • • • • sed bis fuisti Parisiis, ergo bis fuisti h0m0, quod falsum est ...... Solutio:
Prima est falsa; ad probalionem autem respondendum est per interemptionem, quia
secunda pars copulativae est falsa, scilicet „illa vice fuisti homo“, quia adhuc nulla
vice fuisli h0m0, eo qu0d nondum vita fuit determinata ...... Et nota, quod „bis“
non importat interruptionem temporis, sed tantum actus illius, cui adiungitur......
Si autem formaretur sic paralogismus „Quandocunque fuisli Parisiis u. s. f.“, prima
est vera, et improbatio peccat secundum fallaciam figurae diclionis, .... quia „quando
cunque“ est in praedicamento „quando“, et „bis“ in praedicamento quantitatis.
XVII. Petrus Hispanus. 67
eine beliebige Quantität übersteigt, ist begränzt“; und wenn schon bei
dieser Distribution , welche als distributio interscalaris bezeichnet wird,
der Satz „Das Unbegränzte ist begränzt* das Hauptmotiv bildete, so unter
liegt nun letzterer als ein Sophisma dem üblichen Werfahren der Contro
verse und Lösung , wobei zu bemerken ist, dass nach den Ansichten
Einiger der Unterschied zwischen relativ Unbegränztem und absolut Unbe.
gränztem, nach Anderen aber die Werschiedenheit eines substantivischen
oder eines syncategoreumatischen Gebrauches des Wortes „infinitum“
beigezogen wurde *°°).
Endlich mit dem letzten Abschnitte, d. h. mit den Eæ p o n ib i l i a,
welche als das Einzige aus Petrus Hispanus sich auch in die spätere
Logik forterbten (die sog. exponiblen Schlüsse), treten wir bereits in das
Gebiet der „Syncategoreumata“ ein, welche, wie wir oben (Amm. 66 ff.)
sahen, bei Wilhelm Shyreswood allerdings auch den ganzen Abschnitt
über die Distribution in sich umfassten, hier hingegen auf die „exponi
blen* Worte beschränkt sind (was den Begriff ovyxctmyógnua bei Psellus
betrifft, s. Abschn. XV, Amm. 9 u. 106, noch ältere Stellen s. Abschn.
XIII, Anm. 174, 206, 348). Es wird nemlich das exponible Urtheil sofort
als dasjemige definirt, welches in Folge eines syncategoreumatischen Aus
druckes undeutlich ist umd einer Auseinandersetzung bedarf, woram sich
zugleich die aufzählende Eintheilung der Syncategoreumata anknüpft, in
dem dieselben entweder Exclusiv- oder Exceptiv- oder Reduplicativ-Zeichen
seien oder Anfang und Aufhören oder Endlosigkeit oder ein Ueberschreiten
oder eine Unterscheidung oder eine specielle Weise der Distribution be
zeichnen können *°°). Jedoch ist hiebei sehr wohl zu beachten, dass
255) VII, 5, 11 (f. 250 B): Sequitur de infinito, quod quinque modis dicitur.
Primo modo..... , quod non potest pertransiri, ut v0æ dicitur invisibilis..... Alio
modo...., qu0d habet transitum imperfectum, e0 quod nondum est determinatum....
Tertio m0d0 ... secundum appositionem, ut numerus augmentabilis est in infinitum .....
Quarto modo.... secundum divisionem, ut continuum..... Alio modo dicitur infinilum
utroque modo, scilicet per appositionem et divisionem, ut tempus..... Quoad has tres
vltimas significationes definitur sic infinilum: infinitum est, cuius quantitatem acci
pientibus semper est aliquid eætra sumere ..... (im byzantinischem 0riginale waren
matürlich alle diese Bestimmungen über das infinilum aus Arist. phys. ausc. III, 4—8
entnommen). Solet autem poni, quod infinitum quandoque sumitur pro termino com
muni, et tunc ista propositio „infinita sunt finita“ aequipollet huic „aliqua infinita
sunt finita“; quandoque sumitur pro signo distributivo, et tunc illa aequipollet huic
,,quoad distributionem quolibet plura sunt finita“. Et probatur sic: Uno plura sunt
finita, duobus plura sunt finita, tribus plura sunt finita, et sic de aliis, ergo qu0
libet plura sunt finita; et sic dicitur facere interscalarem distributionem vel inter
ruptam vel discontinuam...... Circa praedicta quaeritur de hoc sophismate ,,Infinita
sunt finita“. Probatio: Duo sunt finita, tria sunt finita, et sic in infinitum; erg0
infinita sunt finita. Improbatio: Ibi praedicatur oppositum de 0pp0sil0, erg0 locutio
est impossibilis. Solutio: Quidam distinguunt, eo quod infinitum est aequivocum ad
„infinitum quoad nos“ et ad „infinitum simpliciter“, unde si sumatur infinitum quoad
n0s, prima potest esse vera..... , si autem sumatur infinitum simpliciter, est sim
pliciter falsa..... Alii autem distinguunt, eo quod „infinitum“ potest esse terminus
communis, et sic prima est falsa, vel potest esse dictio syncategoreumatica (s. d.
folg. Anm. 257 und untem Anm. 264) importans in se distributionem, et sic ponunt
eam esse veram. Sed neutra istarum solutionum valet, quia.... adhuc remanet pro
batio et improbatio..... Unde dicendum est, quod prima simpliciter est falsa, et
probatio peccat secundum quid ad simpliciter.
256) VII, 6, 1 (f. 252 B): Propositio eæponibilis est propositio habens sensum
5 *
68 XVII. Petrus Hispanus.
micht bloss am Schlusse des Abschnittes über die Distribution (s. vorige
Amm. 255) schon eine Hindeutung auf die Syncategoreumata vorlag, son
dern auch hinwiederum hier in der Aufzählung der exponiblen Worte
einige mitbeigezogen sind , welche bereits in der Lehre von der Distri
bution ihre Besprechung gefunden hatten *°"). Und wenn es immerhin
möglich ist, dass auch schom in der Synopsis des Psellus mehrere Punkte
an zwei verschiedemen Stellen vorkamen, so kann andrerseits auch die
Möglichkeit nicht in Abrede gestellt werden, dass jene letzten Capitel der
Exponibilia, in welchen sich die Distribution mit der Exponibilität ver
schmilzt, bereits einer überarbeitendem Thätigkeit der Lateiner zuzuschrei
ben seien. Ja man könnte sogar darauf hinweisen, dass in einigen
Drucken der Summulae des Petrus Hispanus der ganze Abschnitt über
die Eaeponibilia fehlt *°°). Jedoch scheint mir jedenfalls der Hauptkern
(nemlich Cap. 1—5 u. 7) von Petrus Hispanus aus Psellus wörtlich ent
nommen zu sein, und somit schliesse ich hier — um die Sache nicht zu
sehr zu zerreissen — auch das Uebrige nicht aus. Um so entschiedener
aber weise ich dann jenen ganzen Abschnitt, welcher die Ueberschrift
,,Syncategoreumata“ trägt und auch die bereits bei Wilhelm Shyreswood
(Anm. 82 ff.) vorkommende Erörterung der Conjunctionem enthält, dem
späterem Interpolationem zu, zumal da seine Aechtheit selbst schon im 15.
Jahrh. bezweifelt wurde und er sonach auch in sehr wenigen Drucken
erscheint, wobei ausserdem die ganze Form der Darstellung deutlich genug
die Kennzeichen späterer Ueberarbeitung an sich trägt 259).
Der Inhalt nun der Eæponibilia ist folgender. Zuerst wird über
die „exclusiven“ Zeichen, wie z. B. tantum, gehandelt, deren Exposition
verschiedemen Zwecken diemen könne und auch durch das Worhandensein
9der Nichtvorhandensein einer Negation in Bezug auf die „praeiacens“
(d. h. dem ohne Exclusiv-Partikel gesprochenen Satz) bedingt werde. Aber
an Stelle einer näherem Untersuchung dieser Momente folgen nur fünf
„Regeln*, welche ich der Kürze halber (den weitschweifigen Wortlaut
den Anmerkungen überlassend) in folgender Form anführen kann: Nach
1) und 2) ist der Satz „Nur A ist B* eben gleichgeltend mit „A ist B,
und nichts Anderes als A ist B*; nach 3) kann aus „Nur A ist B* ge
folgert werden „Alles B ist A*; mach 4) gilt der Satz „Es ist nicht so,
obscurum eæpositione indigentem propter aliquod syncategorema in ea positum im
plicite vel explicite in aliqua dictione..... Quae faciunt propositionem eæponibilem,
sunt, in multiplici differentia, quia quaedam sunt signa eaeclusiva, ut „tantum, so
lum“...., quaedam eæceptiva, ut „nisi, praeter“, quaedam reduplicativa, ut „in
quantum, secundum quod“, quaedam important inceptionem vel desitiónem,' ut
„incipit“ et „desinit“, quaedam important privationem finis, ut „infinitum“, quaedam
important eæcessum, ut romparativi , et superlativi gradus, quaedam vero important
distinctionem, ut „differt, aliud ab*..... , quaedam important specialem modum
distributionis, ut „totus, qualelibet“.... Unde propter illa propositio `redditur obscura
sicque indiget eæpositione. Hiezu unten Anm. 604 f.
257) Nemlich infinitus trafen wir so eben vorher Anm. 255, ferner alius
schon oben bei den Relativen der Werschiedenheit, s. Anm. 213 u. 217, sodann
tolus und qualislibet in der Distribution, s. Anm. 252 f.
258) Er fehlt in F, W, £—£S; in ©—® ist er ausserhalb der üblichen fort
laufenden Numerirung hinzugefügt; s. Anm. 143.
259) S. untem Abschn. XX. bei den späteren Interpolationen.
XVII. Petrus Hispanus. 69
dass nur A B sei“ soviel als „Entweder ist kein A B, oder etwas An.
deres als A ist B*; nach 5) ist der Satz „Nur A ist nicht B* gleichgel.
tend.mit „A ist nicht B, und Alles, was etwas Anderes als A ist, Tist
B* 209). S. unten Anm. 606.
Ebenso liegt hierauf bei den „exceptiven“ Zeichen, z. B. ,,praeter“,
das Ganze in vier Regeln, deren 1) die quantitative Geltung, und 2) die
suppositorische Tragweite exceptiver Sätze betrifft; nach 3) wird der Satz
,,Alles A, mit Ausnahme von B, ist C* exponirt durch „Alles A, welches
etwas Anderes als B ist, ist C, und fermer B ist A, und fermer B ist
nicht C*; nach 4) ist die Exposition des Satzes „Kein A, mit Ausnahme
von B, ist C* gegeben durch „Kein A, welches etwas Anderes als B
ist, ist C, und ferner B ist A, und ferner alles B ist C* 261). S. untem
Anm. 607.
260) VII, 6, 2 (f. 253 B): Signa eaeclusiva sunt illa, quae eae significatione
sua ezclusionem important, ..... ut sunt istae dictiones „tantum, solum, dumtaacat*
et similia. Haec autem signa quandoque eaeponuntur gratia alietatis, quandoque vero
gratia pluralitatis (was unter Letzterem gemeint sei, erhellt auch^ aus dem Fol
gendem nicht), quandoque ponuntur in oratione sine negatione praecedente vel con
sequente, quandoque vero cum negatione. De istis autem tales dantur regulae. Prima
est: Propositio ezclusiva sine negatione eæponitur per copulativam affirmativam, cuius
prima pars est praeiacens (dieser Begriff bleibt später recipirt) ezclusivae et secunda
pars est negativa importans negationem praedicati de omnibus aliis a subiecto, ut
,,tantum homo est risibilis“, i. e. „homo est risibilis, et nihil aliud ab homine est
risibile“...... Secunda regula: Propositio eaeclusiva huius generis infert copulativam
compositam eae duabus eæponentibus et quamlibet earum seorsim, et non e converso,
ut „tantum homo currit“, ergo „homo currit, et nihil atiud ab homine currit“. Tertia
regula: Ab ezclusiva affirmativa ad universalem de terminis transpositis est bona
consequentia, si fiat evclusio gratia alietatis, et non contra, ut bene sequitur „tantum
animal est homo“, ergo ,,omnis homo est animal“ et non e contra. Quarta regula:
Exclusiva contradictoria prioris (d. h. wo die Negation den ganzen Satz verneint)
eæponitur per disiunctivam affirmativam de partibus contradicentibus priori eacclusivae
(dem in der zweiten Regel gegebenen copulativen Urtheile), ut „non tantum homo
currit* i. e. „nullus homo currit vel aliud ab homine currit“...... Quinta regula:
Ezclusiva, in qua ponitur sola negatio sequens exclusionem, eæponitur per copu
lativam affirmativam, cuius prima pars est negativa praeiacens, secunda est affir
mativa, in qua praedicatum affirmativae enuntiatur de quolibet alio a subiecto, ut
„tantum accidens non est substantia“ i. e. ,,accidens non est substantia, et omne
aliud ab accidente est substantia“. Et per hoc patet, qualiter eius contradictoria sit
eaeponenda.
261) VII, 6, 3 (f. 255 B): Sequitur de signis eæceptivis. Dicuntur autem ea
ceptiva, quae significant eæceptionem alicuius contenti sub aliquo distributo, ut „praeter,
praeterquam“..... De quibus tales dantur regulae. Prima : 0mnis eacceptio fit a toto
in quantitate, seu a termino sumpto sub signo universali..... , ut „omnis homo praeter
Socratem currit“. Secunda regula : Dictio eacceptiva non impedita facit, terminum
communem, supra quem cadit, immediate supponere simpliciter, ut „0mne animal
praeter hominem est irrationale“, ibi „homo“ supponit simpliciter. Tertia regula :
Universalis affirmativa eæceptiva eæponitur copulative per tres eæponentes categoricas,
quarum prima affirmat universale praedicatum de subiecto sumpto cum „aliud ab“,
secunda affirmat terminum, a quo fit eacceptio, tertia est negativa, in qua praedica
tum negatur de termino eæcepto, ut „omne animal praeter hominem est irrationale“
eæponitur sic ,,omne animal aliud ab homine est irrationale, et homo est animal, et
homo non est irrationalis“. Quarta regula: Universalis negativa eæceptiva eaeponitur
copulative per tres eaeponentes, in quarum prima praedicatum negatur de subiecto
sumpto cum „aliud ab", in secundo affirmatur subiectum de termino, qui eaecipitur,
in tertia affirmatur universale praedicatum de termino evcepto, ut „nullum animal
7() XVII. Petrus Hispanus.
In gleicher Weise erscheinen bei den „reduplicativen* Zeichen, z. B.
inquantum oder secundum quod, ebenfalls nur vier Regeln. Nach 1) spricht
ein Reduplicativ-Satz stets einen gewissen Causal-Zusammenhang aus; nach
2) bezieht sich das reduplicative Zeichen immer auf das Prädicat, legt
aber den Causalnexus nicht in das Prädicat, sondern in das Subject.
Nach 3) wird der Satz „A, sofern es B ist, ist C* exponirt durch ,,A
ist C, und A ist B, und alles B ist C, und weil Etwas B ist, ist es
auch C*; nach 4) wird der Satz „Kein A, insoweit es B ist, ist C* ex
ponirt durch „Kein A ist C, und alles A ist B, und kein B ist C, und
weil Etwas B ist, ist es micht C* *°°). Vgl. unten Anm. 608 f.
Sodann sind es die Worte „incipit“ und „desinit“, welche gleich
falls als exponible betrachtet werdem, und im Hinblicke auf die Unter
scheidung, dass Anfang und Ende eines Factums entweder plötzlich mit
Einem Male oder stufenweise allmälig eintreten kann, formuliren sich die
Regeln, dass 1) der Satz „A beginnt“ (im ersteren Falle) exponirt wird
durch „A ist jetzt, und vorher war es nicht*, sodann 2) der Satz ,,A
beginnt, B zu sein* (im letzteren Falle) seine Exposition in „A ist jetzt
nicht B, und hernach wird es B sein* findet; entsprechend wird 3) der
Satz „A hört auf, B zu sein* (im ersteren Falle) exponirt durch ,,A ist
jetzt B, und hernach wird es nicht B sein“, und 4) der Satz „A hört,
auf, B zu sein* (im letzteren Falle) durch „A ist jetzt nicht B, und vor
her war es B* 20*). Vgl. untem Amm. 600.
praeter hominem est risibile“ eæponitur sic ,,nullum animal aliud ab homine est risi
bile, et homo est animal, et omnis homo est risibilis“. -
262) VII, 6, 4 (f. 256 B): Sequitur de reduplicativis dictionibus. Dicuntur autem
reduplicativae, quae important rationem, secundum quam aliquid alteri attribuitur,
ut „inquantum, secundum quod, ea ralione qua“ et similia. De quibus lales dantur
regulae. Prima est, qu0d diclio reduplicativa praesupponit, aliquod praedicatum in
esse alicui subiecto, et denotat, illud, supra qu0d cadit, immediate esse causam illius
inhaerentiae. Secunda regula est, quod dictio reduplicativa semper referlur ad prae
dicatum et nunquam reduplicat ipsum. Tertia regula est, quod propositio reduplicativa
affirmativa eæponitur per quatuor eæponentes, quarum prima affirmat praedicatum
principale de subiecto, secunda affirmat reduplicativam de subiecto, tertia affirmat
praedicatum principale de reduplicalo universaliter, quarta est una causalis, in cuius
antecedente ponitur dictio, supra quam cadit reduplicati0 de aliqu0 transcendente, et
in consequente praedicatum principale affirmatur de relativ0 illius transcendenlis, ut
hic „homo, inquantum rationalis est, est flebilis“ i. e. „homo est flebilis, et homo est
rationalis, et omne rationale est flebile, et quia aliquid est rationale, ipsum est fle
bile“. Quarta regula est, quod propositio reduplicativa, in qua ponitur negatio post
diclionem reduplicativam, eæponitur copulative per qualuor eaeponentes, quarum prima
negat praedicatum de subiecto principali, secunda affirmat reduplicatum de eodem,
tertia negat universaliter praedicatum principale de reduplicato, quarla est una cau
salis, in cuius antecedente praedicatum reduplicatum de suo transcendente affirmatur,
et in consequente negatur praedicatum de relativo illius transcendentis, ut hic „nullus
homo, inquantum rationalis est, est rudibilis“ i. e. „nullus homo est rudibilis, et
0mnis h0m0 est rationalis, et nullum rationale est rudibile, et quia aliquid est rati0
nale, ipsum non est rudibile“. Ev isto patet per legem contradictoriarum, qualiter
sint eaeponendae contradictoriae ipsarum.
263) VII, 6, 5 (f. 258 A): Sequitur de „incipit“ et „desinit“....... Quatuor
dantur regulae. Prima est: Propositiones de „incipit“ in rebus, quarum esse totum
simul acquiritur, eæponuntur per unam copulativam, cuius prima pars est affirma
tiva de praesenti, secunda negativa de praeterito, ut „homo incipit“ i. e. ,,homo nunc
est, et immediate ante hoc non fuit“. Secunda regula: Propositiones de „incipit“ in
XVII. Petrus Hispanus. 71
Nun aber folgt, wie bemerkt, wieder „infinitum“, welches schon
oben bei der Distribution besprochen worden war; hier jedoch lenkt die
Erörterung auf den syncategoreumatischen Gebrauch dieses Wortes ein,
welcher dann vorliege, wenn es sich um das Verhältniss des Subjectes
zum Prädicate handle. Und für diesen Fall werden zwei Regeln gegebem,
deren erste dahin lautet, dass bei „infinitum“ eine suppositio confusa
immobilis (s. Anm. 206) stattfinde, die zweite aber die Exposition fest.
stellt, indem der Satz „Unbestimmt viele A sind B* exponirt werde durch
„Einige A sind B, jedoch sind ihrer wenigstens drei“. Eine dritte Regel
dagegen betrifft den nicht- syncategoreumatischem Gebrauch, bei welchem
der Satz ,,A ist unbestimmt gross* durch „A ist ein Quantum, und seine
Quantität ist umbestimmt* exponirt wird *"*).
Hierauf wird die Comparativ: und Superlativ-Form als ein exponibler
Ausdruck in vier Regeln besprochen ; nemlich nach 1) ist z. B. der Satz
„A ist grösser als B* zu exponiren durch „A ist gross, und B ist gross,
und A ist dem B an Grösse überlegen“. Der Superlativ hingegen, welcher
rebus, quarum esse acquiritur successive, eæponuntur per unam copulativam, cuius
prima pars est negativa de praesenti, secunda est affirmativa de futuro, ut ,,Socrates
incipit esse albus“ i. e. „Socrates nunc non est albus, et immediate post hoc erit
albus“. Tertia regula: Propositiones de „desinit“ rerum, quarum esse totum simul
deperditur, eæponuntur per unam copulativam, cuius prima pars est affirmativa de
praesenti, secunda est negativa de futuro, ut „Socrates desinit esse homo“ i. e.
„Socrates nunc est homo, et immediate post hoc non erit homo“. Quarta regula:
Propositiones de „desinit“ rerum, quarum esse deperditur successive, ea ponuntur copu
lative per unam negativam de praesenti et alteram affirmativam de praeterito, ut
„Socrates desinit esse albus“ i. e. ,,Socrates nunc non est albus, et immediate ante
hoc fuit albus“. Ex istis patet, quomodo contradictoriae istarum sint eæponendae.
264) VlI, 6, 6 (f. 259 B): Sequitur de infinito, cuius quaedam solent assignari
distinctiones. (Nun folgen zunächst, wenn auch in verändertem Wortlaute, jene
nemlichem fünf Bedeutungen des infinitum, welche wir schon oben Anm. 255
trafen.)..... Infinitum capitur uno m0d0 categ0rematice, pr0ut est terminus communis.
et sic significat quantitalem rei subiectae vel praedicatae....., alio modo sumitur
syncategorematice, non prout dicit quantitatem rei subiectae vel praedicatae, sed qua
liter se habet subiectum in ordine ad praedicatum, et sic non est terminus communis,
sed est dispositio subiecti et signum distributivum. Et de his tales dantur regulae.
Prima est: Infinitum syncateg0rematice sumptum p0situm in subiecto facit terminum
communem sequentem pro se stare confuse tantum, ut ,,infiniti homines currunt“, ibi
„homines“ supponit confuse, non tamen mobiliter. Secunda regula est : Propositio de
infinito syncateg0rematice capto eæponitur per unam copulativam, cuius prima pars
affirmat praedicatum de subiecto sumpto sub aliqua quantitate continua vel discreta,
et secunda negat praedicatum inesse tali subiecto secundum determinatam quantitatem,
ut „infiniti homines currunt“ sic eæponitur „aliqui homines currunt, et non tot, quin
plures duobus vel tribus“. Tertia regula : Propositio de infinito capto categorematice
sive significative eæponitur per unam copulativam, cuius prima pars affirmat quan
titatem de subiecto, et secunda negat terminum illius quantitatis, ut „linea est in
finita* i. e. „linea est quanta, et non habet terminum suae quantitatis“. Et hoc est,
si infinitum est in praedicato. Sed si sit in subiecto, prima affirmat praedicatum de
subiecto quanto, et secunda negat terminum illius quantitatis, ut „aliquod corpus
infinitum est album* i. e. „aliquod corpus quantum est album, et idem corpus n0n
habet terminum suae quantitatis“. Uebrigens unterschied ja auch schon Wilhelm
Shyreswood zwischen einem categoreumatischen und syncategoreumatischen Ge
brauche, und zwar nicht bloss bei infinitus (Anm. 70) und totus (Anm. 69), son
dern auch bei incipit und desinit (Anm. 81), sowie bei mehreren anderen Wortem
(Amm. 75 ff.).
72 XVII. Petrus Hispanus.
nach 2) eine Distribution enthält und nach 3) ein wirkliches Stattfinden
der Eigenschaft bei den verglichemen Dingen voraussetzt, soll nach 4) zu
der Exposition führen, dass z. B. der Satz „A ist das grösste aller B*
den Sinn habe „A ist gross, und alle B sind gross, und kein B ist
grösser als A* 20*). -
Sodann folgen die Begriffe „differt, aliud*, obwohl dieselben (we
nigstens der letztere) gleichfalls bereits oben (Anm. 213 u. 217) vorge
kommen waren. Die hier folgenden Regeln betreffen zuerst die thatsäch
liche Grundlage und die distributive Function jener Worte, und dann die
Exposition, da der Satz „A ist etwas Anderes als B* sich auflöse in „A
ist, und B ist, und A ist nicht B*, hingegen der Satz „A ist nichts An
deres als B* exponirt werde durch „Entweder ist A nicht, oder B ist
nicht, oder A ist B* 206).
Endlich kömmt noch ,,totus“ an die Reihe, an welehem , während
wir es ebenfalls schon oben (Anm. 252) trafen, hier die syncategoreu
matische Geltung erörtert wird ; und zwar handle es sich dabei sowohl
um eine Distribution als auch um die Exposition, bei welch letzterer hier
nun wieder obiges (a. a. 0.) Sophisma „der ganze Sokrates ist kleiner
als Sokrates* erscheint. Auch knüpfen sich hieram noch Bemerkungen
iìber „quantuslibet“ und „qualislibet“ (Anm. 253 f.), insoferne , bei
265) VII, 6, 7 (f. 261 A): Sequitur de comparativis et superlativis, de quibus
tales dantur regulae. Prima est: Propositio habens comparativum proprie captum,
et non abusive, eaeponitur affirmative per tres eaeponentes, quarum prima affirmat
positivum de re eaecedente, secunda affirmat eundem de re eaecessa, tertia affirmat
eaccessum de re eaccedente respectu rei eaccessae, ut „Socrates est albior asino“ i. e.
„Socrates est albus, et asinus est albus, et Socrates est magis albus quam asinus“
vel negando aequalitatem..... ,,asinus non est aeque albus sicut Socrates“. Secunda
regula : Superlativus distribuit communem terminum sequentem, qui significat rem
eaccessam, ut „leo est fortissimus animalium“, ibi „animalium“ distribuitur. Tertia
regula (in einigen Ausgaben Secunda regula de superlativo): Superlativus proprie
tentus denotat, rem eæcessam convenire rei eaecedenti, et patet, quia haec est im
propria „leo est fortissimus lyncum“, quia fortitudo de lynce non verificatur (natür
lich wäre die gleiche Regel auch für den Comparativ anzuführen). Quarta (in
jenen Ausgaben dann Tertia) regula : Propositio de superlativo proprie capto eaeponitur
copulative per tres eæponentes, quarum prima affirmat positivum de re eaccedente,
secunda affirmat idem de re eaecessa, tertia negat universaliter ezcessum de re eae
cessa respectu rei evcedentis, ut „rosa est pulcherrima florum“ i. e. „rosa est pulchra,
et omnis flos est pulcher, et nullus flos est pulchrior rosa“..... Sed si non ponatur
ibi genitivus, debet omitti secunda eaeponens, ut „Socrates est fortissimus“ i. e.
„Socrates est fortis, et nullus homo est fortior illo“. Et contradictoriae istarum
semper habent eaeponi per disiunctivas de partibus contradicentibus.
266) VII, 6, 8 (f. 262 A): Sequitur de „differt, aliud ab*, de quibus tales
dantur regulae. Primu est, quod .... conveniunt tantum enti, quia ut dicitur decimo
Metaphysicoram (c. 3, p. 1054 b 20), nec non ens enti nec ens non enti idem vel
diversum est. Secunda regula : Ablativus rectus ab istis dictionibus mediante „a“
vel „ab* distribuitur, si sit distribuibilis ...... Tertia regula : Propositio affirmativa
de ,,differt* eaeponitur copulative per tres eæponentes, in quarum prima affirmatur hoc
verbum „est“ de eo, quod differt, in secunda affirmatur idem de eo, a quo differt,
tertia negat unum illorum de alio, ut „homo differt ab asino“ i. e. „homo est , et
asinus est, et homo non est asinus“. Quarta regula : Propositio negativa de „differt*
debet eaeponi per unam disiunctivam de partibus contradicentibus, ut ,,Socrates
non differt ab asino“ i. e. ,,Socrates non est, vel asinus non est, vel Socrates est
asinus“. -
XVII. Petrus Hispanus. 73
denselben keine eigentliche Exposition, sondern nur eine Distribution
stattfinde 267).
Solcher Art also ist der Inhalt der einflussreichen Summulae des
Petrus Hispanus. Es ist, wie wir sahem, eine Logik, in welcher (wenn
auch nach einem zufälligen und wahrlich nicht philosophischen Motive)
das Urtheil als erster Abschnitt dem Begriffe vorangeht, in welcher der
kategorische Syllogismus in drei Figuren (mit dem theophrastischen Schluss
modis der ersten Figur) entwickelt wird, hingegen die hypothetischen und
die modalen Syllogismen fehlen, in welcher ferner eine erkleckliche An
zahl von Memorialversen auftritt, und endlich in welcher die peinlich
ausführliche Lehre von den proprietates terminorum eine erschreckende
Fülle byzantinischen Unsinnes enthält. Bedauernswerth erscheint uns der
Leser, welcher all dasjenige, was von Anm. 202 an vorzuführen war,
durchstudiren oder wenigstens durchblättern soll; aber es darf sich wohl
hieram die Bitte knüpfen, dass eimiges Mitleid von dem Leser auch wieder
auf den Geschichtschreiber der Logik zurückfliessen möge, welcher jenes
verstandlose und häufig láppische Treiben *°°) nicht bloss bei Petrus
Hispanus in seiner ganzen Ausdehnung geniessen, sondern auch in hun
dertfachen Wariationem verfolgen und bis in das 16. Jahrhundert hinab
nachweisen musste *°°). In jener sinnlosen Werquickung grammatischer
und logischer Momente, welche, durch die ganze Lehre von suppositio,
ampliatio, appellatio, restrictio, distributio, eaeponibilia sich hindurch
zieht, erblicken wir allerdings sogleich den verpestenden Einfluss des von
Anbeginn blödsinnigen Stoicismus *7°), welcher mittelst dieser byzantini
schen Logik drei Jahrhunderte hindurch das abendländische Mittelalter
267) VII, 6, 9 (f. 262 B): Sequitur de hoc signo „totus“...... Potest capi
tribus modis: uno modo communi pro omni eo, quod habet partes....; secundo modo
magis proprie pro illo, quod eæ omnibus suis partibus est perfectum...... ; et istis
duobus modis ,,totus“ tenetur categorematice. Tertio m0d0 capitur syncateg0rematice,
prout includit signum distributivum (s. den Schluss der Anm. 264), .... et sic non
dicit, quale subiectum sit, sed qualiter se habeat in ordine ad praedicatum. Et hoc
modo reddit propositionem eaeponibilem, de quo dantur tales regulae. Prima est, quod
,,totus“ distribuit -terminum, cui adiungitur, pro qualibet parte integrali..... Secunda
est, quod propositio affirmativa de toto eæponitur per unam categoricam transmutato
,,totus“ in ,,secundum quamlibet sui partem“, ut „totus Socrates est minor So
crate“....... Praeterea notandum, quod haec signa ,,quantumlibet, qualelibet“ non
faciunt proprie propositionem eæponibilem, sed faciunt distributionem, non absolutam,
sed contrahunt speciem ad aliquod determinatum genus praedicamentale, ut ,,quantum
libet* distribuit pro quantitate continua..... et sic dicuntur mentaliter compleaca. ...
Et de eæponibilibus dicta sufficiant.
268) Es muss mnumgänglich dem Leser überlassen bleiben, die zahlreichen
Halbheitem und Inconsequenzen, sowie die entsetzliche Werknöcherung dieser byzan
tinischen Doctrin sich aus dem Angeführten selbst zu entnehmen, denn auch falls
es an sich der Mühe werth gewesen wäre, konnte ich unmöglich den Umfang der
Darstellung dadurch noch mehr amschwellen lassem, dass ich bei jeder Zeile den
Unsinn als Unsinn aufgedeckt hätte.
269) Der weitere Verlauf wird ums ja noch lange genug an die Litteratur der
Summulae fesseln, welche, wie sich zeigen wird, als ,,usus modernorum“ neben die
aristotelische Logik tritt.
270) Ausser demjenigem, was schon oben, Abchn. VI, Anm. 110—116 und
123--131, bemerkt wurde, s. hierüber nun auch Steinthal, Gesch. d. Sprachwissensch.
b. d. Griechen u. Römern, Berl. 1862, S. 300 ff.
74 XVII. Petrus Hispanus.
beschäftigt. Aber die einzelnen Entwicklungsperioden der stoischen Logik,
welche schliesslich zu solchem Gipfelpunkt des Unsinnes führten, können
wir, wie schon Abschn. XV, Amm. 97 ff. gesagt wurde, nicht mehr nach
weisen. Denn wenn sich auch einzelne Sophismen auf eine ursprüngliche
stoische Quelle zurückführen lassen 371), oder wenn wir auch gramma
tische Anschauungen und Terminologiem, welche hier vorkommen, bei
Priscianus wiederkehren sehen *"*), so sind diess mur versprengte Bau
steine Eines grammatisch-logischen Gebäudes, welches in seiner ursprüng
lichen Gestalt sich bis jetzt unserer geschichtlichen Kenntniss entzieht.
Indem aber die schon oben (Abschn. XV, Anm. 106 f.) ausgesprochene
Wermuthung, dass wohl in verlornem Schriften des Themistius die Quelle
jener byzantinischen Logik liegem dürfte, nummehr auch bei dem bloss
lateinisch erhaltenem Reste der Synopsis sich zuweilem uns wieder auf.
drängte (Amm. 218, 241, 247, 255), so weise ich hiemit absichtlich
wiederholt auf diese wesentliche Lücke der Geschichte der Logik hin
und kann mur wünschem, dass aus irgend einer Bibliothek handschrift
liches Material zu Tag gefördert werde, durch welches dieser Punkt seine
Aufkläruug findem könnte.
Soll aber num jener Einfluss der aristotelisch-arabischen Litteratur,
welcher völlig gleichzeitig meben der Herübernahme des Psellus seine
Wirkung begann, in nähere Betrachtung gezogen werden, so begegnen
uns vorerst einige Erscheinungen von ziemlich untergeordneter Art. Denn
offenbar war man Anfangs von dem neuen zugeführten Stoffe förmlich
verblüfft, und sowie man daher gleichsam wieder von vorne anfing, so
hatte man weder Zeit und Musse, um etwa an die Controversen der Abä
lard'schen Periode anzuknüpfen und von da fortzubauen, noch auch war
man befähigt, im ersten Anlaufe die reiche Fülle der neuen Quellen zu
sichten und überhaupt zu verarbeiten. Erklärlich daher ist es, dass wir
bei dem ersten Autorem , welche den neu erwachten Aristoteles und die
Araber benützten, nur ummotivirte Ansichten treffen, welche auf dem Ge
biete der gewöhnlichen Parteifragen sich nicht einmal zu einer Polemik
erheben, sondern nur an den einen oder anderen aristotelischen oder
arabischen Ausspruch als Auctorität sich anlehnen. Selbstverständlicher
Weise aber war es auch hiebei wieder ein platonisch-christlicher Realismus,
welcher als der Grundton aller orthodoxen Logik (— was hingegen
„ketzerische“ Logik sei, s. schon oben Abschn. XIII, Anm. 319 —) sich
sogleich unmittelbar einstellem musste; nur konnte man sich jetzt zur
Unterstützung dieser Auffassung mit Worliebe auf jene Sätze der aristote
271) S. oben Anm. 226, 243, 246, 247, 248, 249, 252, 253.
272) So treffen wir erklärlicher Weise vor Allem die syncategoremata bei
Priscian. II, 15 (Vol. I, p. 54 ed. Hertz), ferner auch eine leise Spur der appel
latio II, 18 (p. 55), desgleichen Spuren bezüglich der relativa XII, 4 (Vol. 1,
p. 579) u. XVII, 73 (Vol. II, p. 150). Aber diess können nur versprengte Reste
einer âlteren Formation sein, in welcher sich Grammatik und Logik überhaupt
berührt hatten, und wir dürfen nicht übersehen, dass gerade von den Hauptbe
griffen der byzantinischen Logik, memlich von suppositio, ampliatio, restrictio,
distributio, exclusiva, eacceptiva, reduplicativa, ea ponibilia, sich auch bei Priscianus
keine Spur findet.
XVII. Alexander Alesius, Wilhelm v. Auvergne. 75
lischen Psychologie werfen, welche zur arabischen Lehre vom intellectus
agens verwendet oder missbraucht worden waren *"°).
So zeigt uns schon Alexa n d e r Alesius (gest. 1245), welchen
wir fast völlig der Geschichte der Theologie überlassen könnten *74),
einen nicht weiter durchgebildetem Realismus, welchen er unter An
knüpfung an dogmatische Autoritäten (besonders an Augustinus) auch auf
die dem Aristoteles entlehntem psychologischen Fragen überträgt. In sei
nem einzelnen realistischem Ausdrücken aber ist die Einwirkung arabischer
Lehre stets unverkennbar, sei es dass er z. B. die abstrahirende und
einigende Function des auf das Einfache gerichteten Denkens beschreibt *7°),
oder hervorhebt, welch verschiedene Stellung die Universalien im Denken
und in der 0bjectivität haben 37°), oder sei es dass er eine realistische
Wendung der Araber in das Rohere und Plumpere steigert 377).
Nicht besser verhält es sich mit Wilhelm von Au vergn e (gest.
1249), welcher in seinem grösseren Werke De universo *7°) durchaus
nicht ein logisches Interesse verfolgt 37°), sondern mur theologische Er
örterungen, und zwar hauptsächlich über das universum spirituale,
d. h. das Geisterreich, zum Zwecke hat*°°), sowie auch sein Buch De
anima *°!) einer ähnlichen Tendenz folgt. • So ist ihm auch die Frage
über die Existenz der Universalien keine logische, sondern sie hat für
273) S. oben Abschn. XVI, Anm. 3 f. Dass ich aber von der Geschichte der
Logik als solcher grundsätzlich die psychologischen und erkenntniss-theoretischen
Lehren ausschliesse, habe ich ebendaselbst unter Angabe meiner Gründe bereits
gesagt.
274) Den unter dem Namen des Alex. Alesius gedruckten (Venet. 1572) Com
mentar zur Metaphysik können wir hier nicht in Betracht ziehen, indem derselbe,
wie auch schon Andere richtig bemerkten (s. Hist. litt. de la France, XVIII, p.
323), nicht vor Duns Scotus geschrieben sein kann. S. hingegen unten Abschn.
XIX, Amm. 248 ff., den Werfasser dieses Commentares, nemlich den Alexander ab
Alexandria.
275) Summa univ. theolog. (Lugd. 1516 fol.), Pars II, Quaest. 69, membr. 2:
Unusquisque intellectus est circa formas intelligibiles sine compleacione consideratas
(den Begriff der incompleaea bei Alfarabi und Avicenna s. vor. Abschn., Anm. 16
u. 88)...... Cognitio illarum formarum intelligibilium, quae veniunt ad intelleclum
per abstractionem a phantasmate sensibili (s. Alfarabi, ebd. Anm. 22). Quaest. 69,
membr. 3, artic. 3: Intellectus abstrahens formas intelligibiles et uniens eas (s. Avi
cenna, ebend. Anm. 92).
276) Ebend. Quaest. 59, membr. 2, art. 2: Secundum intellectum fit abstractio
speciei a materia vel subiecto, secundum naturam vero non (s. Alfarabi, ebd.
Anm. 22).
277) Ebend. art. 1 : Forma, quae solum est esse materiae in perficiendo totum,
perficit omnes partes materiae et consimili ratione, ut est dicere „quaelibet pars
ignis est ignis“ (die Weranlassung hiezu s. bei Alfarabi, ebd. Amm. 33; Avicenna und
Averroes hattem anders gedacht, s. ebd. Anm. 166 u. 301).
278) Guilelmi Alverni episcopi Parisiensis 0pera omnia etc. Aureliae et Am
biani 1674. fol. Vol. I, p. 593—1074. Nähere Nachweise, dass Wilhelm den ganzen
Aristoleles und die Araber kannte und benützte, s. bei A. Jourdain, Recherches crit.
2. Aufl. (1843) S. 288 ff.
279) Von keiner Bedeutung ist es, dass er gelegentlich einmal (I, 3, c. 24,
p. 795) die Ansicht des Avicenna über die Wahrheit der Urtheile (s. vor. Abschn.
Anm. 39 f.) ausschreibt.
280) Wie in einem zoologischen Gartem kann man bei ihm das Leben und
Treiben der Engel, Erzengel, gefallenen Engel, Dämonen u. dgl. studirem,
281) Vol. II, Supplem. p. 65—228.
76 XVII. Wilhelm v. Auvergne.
ihm nur Werth im Hinblicke auf die Kundgebungen aus dem Jenseits.
Während es ihm aber hiernach als selbstverständlich gelten muss, dass
die Universalien ohjectiv reelle Wesen sind , zeigt er sich uns als einen
Dualisten der plumpesten Art; denn völlig parallel stellt er (nach dem
altem Satze „universale intelligitur, singulare sentitur“) die „Eindrücke“
der sinnlichen und der intelligiblen Welt nebeneinander, und gleichmässig
für die beiderlei Wesen beruhigt er sich bei dem Auctoritätsglauben,
dass sie eben objectiv so seien, wie sie subjectiv empfunden werden *°°).
Daher polemisirt er sogar, sich an Araber anlehnend, gegen Plato, welcher
die Sinnenwelt in ein bloss abbildliches und hiemit unwahres Sein auf
pflückte *°°), und schliesslich legt er sich den Platonismus, um zugleich
aueh dem Aristotelismus diemen zu können, dahin aus, dass die Ideen
lehre nicht die Artbegriffe (species) betreffe, welche ja vollständig in den
Einzelndingen (totaliter in individuis) existiren und in solcher Weise die
wesentlichen Prädicate der Individuen sind (de singularibus), sondern
dass die platonischen Ideen jene ausserhalb liegenden Formen (formae
eaeteriores) seien, welche im Geiste des Schöpfers sich befinden, — kurz
wir treffen hier zum ersten Male jene arabische Distinction aufgenommen,
wormach die Universalien ante rem (d. h. jene formae eaeteriores) und in
re (in individuis) und auch post rem (de singularibus) bestehen 28*),
282) De univ. II, 1, c. 14, p. 821: Non minus credendum est intellectui de
intelligibilibus, quam sensui de sensibilibus ; quia igitur testimonium seu testificatio
sensus cogit n0s ponere mundum sensibilium et ipsum sensibilem, .... cogere nos
debet intellectus multo forlius mundum intelligibilium, hic autem est mundus uni
versalium sive specierum ...... Intellectus igitur nostri, h. e. intellectiones, quibus
sumus intelligentes, non sunt in effectu, nisi passiones seu similitudines intelligibilium
impressae ab eisdem intellectui nostro; agere autem vel imprimere non potest, quod
non est; necesse igitur est, intelligibilia esse ..... Quare necesse est, formas com
munes, sc. genera et species et alia huiusmodi convenientia esse, et non solummodo
esse, sed etiam esse sicut intelligunlur; quemadmodum sensibilia et particularia ne
cesse est esse, non solum simpliciter, sed etiam esse ea sicut sentiuntur. Noch
maiwer, aber kürzer: De anima, Cap. 7, pars 4, p. 207: Cum virtus sensitiva non
indigeat nisi rebus sensibilibus propter illas apprehendendas, quomodo virtus in
tellectiva non erit contenta rebus intelligibilibus ad apprehensionem earum?
283) De univ. II, 1, c. 34, p. 835: Verum Plato ultra, quam oporteret et veritas
eæigeret, eaetendit huiusmodi similitudines, .... quoniam nominationes creaturarum
omnes per similitudinem fiant et nulla earum per veritatem; unde nec veram terram
nec verum ignem nec veram aquam aut verum aérem in mundo sensibili esse patenter
asseruit (Tim. p. 51 B) ..... Consequens igitur est, nihil esse omnino in mundo isto
sensibili secundum veritatem ipsumque mundum similiter nihil esse in veritate.
284) Ebend. c. 35, p. 836: Aut intelleacit Plato species (dum divit, mundum
specierum eaeemplar esse mundi istius sensibilis), quas dicimus praedicari de pluribus
differentibus numero in eo quod quid est (diess die allbekannte traditionelle Defi
nition), aut intelleaeit rerum similitudines sive ideas sive imagines rerum eaeemplares.
Quodsi iuaeta priorem intentionem, ...... huiusmodi species totum est esse individuo
Tum ; ...... quia igitur totum esse individuorum omnium in ipsis individuis est et
non eartra, manifestum est, huiusmodi species in individuis suis sive singularibus
totaliter esse et non eaetra ...... Manifestum igitur est per haec, Platonem non in
telleacisse hoc, quod diacit de mundo archetypo, de speciebus, quae de individuis vel
singularibus in eo quod quid praedicantur; illas enim esse necesse est et in singu
laribus suis et cum singularibus; ubi enim Socrates est, necesse est esse hominem,
et ubi homo est, necesse est esse aliquem hominem. De ideis igitur sive formis eae
terioribus, quae in mente creatoris aeternaliter sunt, intelleacit sermones suos (s. Al
XVII. Wilhelm v. Auvergne. Vincenz v. Beauvais. 77
und erklärlicher Weise können sich hieran auf gleicher Quelle fussend
noch andere gelegentliche Bemerkungen über den Artbegriff anschliessen*°°).
Das Komischste aber ist, dass Wilhelm, während er das Denken als einen
„Spiegel* des Intelligiblen bezeichnet *°°), doch wieder die Entstehung
der Allgemeinbegriffe aus einer Kurzsichtigkeit (brevitas) des Denkens
erklärt, vermöge deren dasselbe die Dinge nur wie von Weitem (wie
eine entfernte Statue) und daher nur „unbestimmt im Allgemeinen* be
trachten könne **"), — ein Widerspruch, zu welchem als ergötzliches
drittes Glied kömmt, dass er hinwiederum im Anschlusse an Araber die
menschlichen Worte als die wahrhaft adäquaten essentiellen Bezeichnungen
des Einzelnen betrachtet *°°).
Dass Vincenz von Beauvais (gest. 1264) nur Compilator war,
ist allbekannt, und irgemd Selbstständigkeit in principiellen Fragen wird
mam bei solchem Charakter seiner Schriftstellerei von vorneherein nicht
erwarten. Aber wenn er uns wenigstens als Zeuge des Zustandes diemen
soll, in welchem die Logik um d. J. 1250 sich befand, so kömmt noch
ein anderer Umstand in Betracht. Es ist nemlich, — was bis jetzt nicht
beachtet wurde —, das ganze Speculum maius vielfach interpolirt *°°),
und zwar wurden offenbar successive in den Handschriften Ergänzungen
farabi, vor. Abschn., Anm. 24, und Avicenna, Anm. 184, woselbst sogar gleichfalls
die Beiziehung dàmomischer Mächte, u. ebd. Anm. 188).
285) Ebend. II, 2, c. 12, p. 855: Species ut species nec est actu aliquod indi
viduorum, nec aliud ab aliquo eorum, immo potentia est unumquodque, et ratio eius
seu diffinitio totaliter est in unoquoque illorum (s. bei d. Arabern vor. Abschn.,
Anm. 23)..... Species non dicitur totaliter, i. e. non secundum omnem sui partem
de aliquo individuorum, licet dicatur totaliter de unoquoque secundum rationem suam;
et intelligo totalitatem istam, quae est ea, partibus rationis seu diffinitionis, et hae
partes sunt genus et differentiae; alio modo partes speciei individua sunt, quoniam
ipsam speciem, cum de eis praedicatur, sibi invicem quodammodo partiuntur (s. Avi
cenna, ebd. Anm. 127 f.).
286) Ebend. II, 1, c. 8, p. 816: Intellectus omnis natus est esse speculum in
telligibile, cum natus sit recipere in se descriptionem universitatis intelligibilium;
nmanifestum autem est, quod cum istam descriplionem receperit, erit velut evemplum
universi et velut liber totius descriptionis ipsius.
287) Ebend. c. 15, p. 822: Virtus intellectiva nostra nihil detrahit, nihil tollit
vel minuit omnino de signis sensibilibus, sed magis ei detrahitur, quoniam non attingit
ipsa signa huiusmodi totaliter..... Sed est, quemadmodum dicam tibi, si quis ima
ginem Socratis sculpat, ..... manifestum est, quod a longe eam intuenli non imago
Socratis eaepresse, sed imago hominis indelerminate sive indefinite, h. e. in universali,
appareret ...... Hoc modo scito se habere virtutem intellectivam ad signa particularia
sensibilium, ..... et hanc esse intenlionem spoliationis ac denudalionis, sc. brevita
tem intellectus, per quam attingere non potest conditiones particulares.
288) Ebend. c. 36, p. 837: Manifestum igitur est, mundum istum corporeum
verum mundum esse et verum habere esse, non similitudinarium tantum, quia .....
nomina partium mundi istius non sunt nomina similitudinum neque denominationes
aut agnominationes imp0sitae ab accidenlibus, sed sunt nomina veri nominis et verae
nominationis, nominantia, quae sunt vere et essentialiter; et propter hoc essentialia
nomina sunt imposita rebus ad nominandum eas, quod vere atque essentialiter sunt,
sicut sol, luna, terra, vel aliorum huiusmodi unumquodque (s. Avicenna, vor. Abschn.,
Anm. 94).
289) Nur bezüglich des Speculum morale hat man bisher die Beobachtung ge
macht, dass es spätere Einschiebsel enthält (s. z. B. auch Jourdain, Rech. crit.
p. 308). Uebrigens ist es, — abgesehen von deutlichen Nachweisen, wie wir solche
sogleich geben werden —, auch sehr erklärlich, dass bei einem im Gebrauche
78 XVlI. Vincenz von Beauvais.
eingetragen, so dass mam gleichsam chronologisch Schichten der Inter
polationem unterscheidem kann *°°). Nur mit einem gewissen Worbehalte
demnach können wir auf dem die Logik betreffenden Abschnitt, nemlich
auf das 4. (oder 3.) Buch des Speculum doctrinale*''), näher eingehen;
denn wenm, wie sich alsbald zeigen wird, Einzelnes unmöglich von
Vincenz geschrieben sein kanm , so bleibt auch bei manchen anderen
Stellem die Möglichkeit der Aechtheit nebem jener der Unächtheit bestehen.
Der Verfasser beginnt seine Darstellung mit einer Definition der
Logik, welche in Inhalt und Form ihren arabischen Ursprung deutlich
zeigt *°°), und knüpft hieram Excerpte aus Isidorus (s. Abschn. XIII,
Amm. 27), sowie aus Alfarabi (s. vor. Abschn., Amm. 13), worauf er in
arabischer Denkweise die Bücher des aristotelischem 0rganons mit Ein
schluss der Rhetorik und Poetik gruppirt*°°), um nach ein paar Citatem
aus Augustinus (s. Abschn. XII, Anm. 18) und abermals aus Isidorus (s.
a. a. 0.) wieder auf die arabische Theorie über incompleaeum und com
pleaeum und insbesondere über Form und Stoff der Argumentation ein
zugehen, insoferme hiernach die Araber das Verhältniss der ersten Ana
lytik zu den folgenden Theilem des 0rganons bestimmten *°*). Nachdem
verbleibenden encyclopädischen Werke die Abschreiber jeweilig ihre eigene Weis
heit werwertheten.
290) Ueberhaupt würde es sich sehr lohnen, für den Umkreis des ganzen
Speculum maius die Quellen, ans welchen es geschöpfi ist, genau zu erforschen
(Schlosser's bekanntes Buch über V. v. B. konnte hierin Nichts bieten; Aloys Vogel
in einem Festprogramme der Universität Freiburg, 1843, gibt ausser bibliographi
schen Notizen mur eine Inhalts-Uebersicht; Bourgeat, Etudes sur Vinc. de Beauvais,
Paris 1856, wollte wohl lediglich zur Erbauung frommer Seelen schreiben); ja
auch all jene Stellen, in welchen die Quelle nicht genannt ist und welche durch
die Bezeichnung ,,Auctor“ (oder, wie in den Druckausgaben steht, ,,Actor“) sich als
eigene Zuthaten des Compilators ankündigen, beruhen immer doch wieder auf irgend
einem traditionellen Materiale, und eine genaue Prüfung würde, wie ich mich über
zeugte, z. B. auch in dem naturwissenschaftlichen Abschmittem zu dem nemlichen
Resultate, d. h. zur Einsicht in eine successive Interpolation des Textes, führen.
291) Es ist nemlich in den zwei ältestem Ausgabem des Speculum doctrinale
(Argentor. 1473. fol. u. Nürnberg. 1486. fol.), welche mit Recht als die kritisch
brauchbareren gelten, der ,,Prologus* als 1. Buch numerirt, wodurch der die Logik
betreffende Abschnitt zum 4. Buche wird, während er in den späteren Ausgaben
als 3. Buch erscheint. Abgesehen won dieser Differenz genügt es, das Einzelne
nach den in allen Ausgaben gleichbleibenden Capitel-Nummern zu citiren.
292) Cap. 1: Logica scientia ordinandi proposiliones enuntiativas secundum figuras
logicas ad eliciendas conclusiones, quibus pervenitur ad cognitionem dictorum et ad
iudicandum de illis, utrum vera sint an falsa (wörtlich dasselbe steht auch Lib. II
[oder I], cap. 21). Vgl. Alfarabi, vor. Abschn., Anm. 15; Avicenna, ebd. Anm. 74;
Algazeli, ebd. Anm. 241.
293) C. 3: Elementa vero, quibus scienlia verificatur, quinque sunt, sc. demon
strativa, topica, sophistica, rhelorica, p0elica u. s. w. S. Wor. Abschn., Anm.
17 f., 51, 276.
294) C. 4: 0mne dicibile aliud est incomplearum aliud complerum (s. ebend.
Anm. 16)..... Compleacum aliud est inordinatum sive absolulum, et de hoc est liber
Perihermenias, aliud 0rdinalum; et hoc dupliciter, vel ad omnem materiam indifferens,
et hoc in libro Priorum, vel ad aliquam materiam determinatam contractum; et hoc
tripliciter, vel ad necessariam, et hoc in libro Posleriorum, vel ad probabilem, et hoc
in libro Topicorum, vel ad sophisticam, et hoc in libro Elenchorum (s. ebend. Anm.
52, u. besonders b. Algazeli, Anm. 276). Hingegen wieder eine andere Gliederung
des 0rganon s. Amm. 310.
XVII. Wincenz von Beauvais. 79
er hierauf noch die Eintheilung des 0rganons mach Boethius (s. Abschn.
XII, Anm. 82) vorgeführt, geht er an der Hand desselben auf den un
entbehrlichsten ersten Theil (s. ebend. Anm. 85), d. h. auf die Isagoge,
über und macht sich dann sogleich an die Frage über die Universalien.
Man könnte sagen, er ziehe sich dabei gut aus der Schlinge, indem er
gar bequem zwischen Metaphysik als der realem Disciplin und Logik als
der „sermocinalen“ distinguirt *°°); aber während dann eigentlich jede
weitere Discussion ohnediess überflüssig wäre, ist andrerseits dasjenige,
was er vorbringt, doch gar zu kläglich. Worerst setzt er die üblichen
drei Fragen betreffs der Universalien in Beziehung zu einer bei dem
Arabern geläufigen Dreitheilung der Wissenschaften *""); hierauf aber führt
er wirklich allen Ernstes als Beweis der objectivem Existenz der Univer
salien die subjective Auffassung derselben an, wozu ihm noch ein paar
Auctoritäts-Stellen sich darbietem , fügt aber zugleich auch Gegengründe
an, welche theils auf platonischem Spiritualismus, theils (— um mich
sogleich thomistisch auszudrücken —) auf dem Principe der Individuation,
theils auf Bedenken bezüglich der Causalität beruhen *°7). In Wider
legung aber dieser Einwände bewegt er sich grundsätzlich in den An
schauungen des Gilbertus Porretanus (z. B. ,,communis natura, similitudo
specialis“), auf welchen er sich auch bei Bekämpfung des dritten Gegen
grundes ausdrücklich beruft, während den Platonikern eine mit Wilhelm
von Auvergne wörtlich übereinstimmende Wendung und dem Vertretern
der Individuation eine arabisch gefärbte Auffassumg der Wesens-Einheit
295) C. 7: Diversimode tamen universale pertinet ad considerationem metaphy
sici et logici; metaphysici quidem gratia sui esse, huius enim est, considerare de
enle, quod dividitur in universale et particulare; logici vero, inquantum est dicibile
vel praedicabile. Hiezu C. 12: Universalia res sunt et apud metaphysicum sunt
altera differentia entis ; prout vero consideratur universale a logico, conditio est vocis
signatae rei ordinabilis in genere, quia logicus non accipit rem nisi prout significa
tivam, Dicendum ergo, quod oporlel, ipsa universalia, prout veniunt in usum logici,
esse per nomina praesentata, cum sit sermocinalis artifeae; et sic cum quaeritur, an
sint res an nomina, dicendum, quod res per nomina designatae res sunt rationis, et
talis res significala per nomen subiicitur vel praedicalur.
296) C. 7: Utrum universalia subsistentia sint, an in solis nudis ac puris in
tellectibus posita ...... Utrum corporea sint, an inc0rp0rea ...... Utrum separata
sint a sensibilibus, an in sensibilibus posita ...... His autem tribus quaestionibus
tangitur triplea; esse, quod habet universale secundum triplicem sui c0nsiderationem.
Per primam enim tangitur esse eius quoad metaphysicum , cuius est consideratio de
ente ; per secundam esse eius quoad mathematicum, cuius est corpus et quamlibet
quantitatem considerare; per terliam vero quoad physicum, cuius est sensibilia
cognoscere (s. Avicenna, vor. Abschn., Anm. 73 f.).
297) C. 8: Quod autem universalia sunt, mullipliciter probari p0test. Primum
quidem, quoniam aliter nulla esset eorum scientia, dicit enim Aristoteles in Posterio
ribus (I, 2, 71 b 25, s. Abschn. IV, Anm. 651), quod non entis non est scientia.
Praeterea, quoniam ens dividitur in universale et particulare. Item Aristoteles in
praefato libro (s. ebend. Anm. 672).... dicit, quod ens universale verius est, quam
particulare ...... Sunt igitur in rerum natura, quod concedimus. Sed conlra haec
obiicitur, quod idem videtur esse solum in intellectu, ..... nam dicit i})se Plato, quod
genus et species ideae erant in mente divina ...... Item quidquid est, ide0 est, quia
unum numero et singulare est ; universalia autem non sic, quia sic essent hoc ali
quid (diess kann ein späterer Zusatz eines Thomisten sein)..... Item nec eaeivit in
esse per creationem, quia tunc esset hoc aliquid, nec per generationem, quia tunc
esset corruptibile.
80 XVII. Wincenz von Beauvais.
gegenübergestellt wird *°°). Noch leichter wird auf Grundlage des ein
mal vorgefassten rohen Dualismus die Unkörperlichkeit der Universalien
erwiesen, wenn auch mit dem tröstlichen Zugeständnisse, dass dieselben
in den Individuen eben „eingekörpert* werdem *°°), so dass hiernach die
Differenz zwischen Plato und Aristoteles ihre wahrlich bequemste Lösung
dahin finden kann, dass kurzweg Beide Recht haben, indem die Univer
salien (wie bei Gilbert) zugleich einerseits in multis und andrerseits
praeter multa sind, jedenfalls aber, was den Wesensgehalt betrifft, die
Totalität des Einzelnen constituiren *""). Endlich die eigentliche Kern
frage über Zulässigkeit einer nominalistischen Auffassung ist ja bereits
durch obige Scheidung der Disciplinen erledigt oder vielmehr todtge
schlagen *"'), wenn auch an einer anderen Stelle (Anm. 311) eine fast
entschiedem nominalistische Aeusserung sich findet. Nach der Angabe
verschiedener Gründe für die Fünfzahl der Universalien 30*) werden so
298) C. 9: Ad primum respondeo, quod universalia non solum in intellectu sunt,
sed et in re; nam homines individuam quandam inter se naturam communem parti
cipant, quae est humunitas, per quam unumquodque dicilur, h0m0, et illa a quolibet
eorum participata dicitur universale et est similitudo specialis ipsorum (s. bei Gil
bertus Porretanus, Abschn. XIV, Anm. 474); ab ipso tamen intellectu accipitur praeter
individua, sicut in linea, quamvis n0n p0ssit esse praeter materiam, non lamen falsus
est inlellectus, qui capit eam sine materia...... Plato vero non loquebalur de uni
versali secundum id qu0d est, sed de similitudine universalis, quae erat in mente
divina (vgl. oben Anm. 284)....... Ad aliud dicitur, ..... quod universale est unum
numero, non numerositate materiae sicut singulare, sed numerositate essentiae, una
enim numero est essentia communis hominis (vgl. vor. Abschn., Anm. 92). ......
Ad aliud dicendum, quod universale egreditur in esse per generationem, non tamen
primo, sed eae consequenli, quia generato Socrate generatur eæ consequenti homo; et
hoc habetur in Seae principiis (s. Abschn. XIV, Anm. 487).
299) C. 10: Probatur, quod universalia non sunt corporea, quoniam omne cor
poreum est compositum et eorruptibile et sensibile, universale vero simpleae est et
incorruptibile et intelligibile...... 0biicitur, quia corpus est species quantitatis, .....
species autem universale est ...... Item incorporeum de corporeo praedicari non
p0tesl ..... Dicendum, quod universalia secundum se sunt incorporea, per sua tamen
inc0rp0ranlur individua, et corpus quidem, prout est species quantitatis, non est cor
poreum, sed incorporeum, quoniam est universale.
300) C. 11 : Dissensio erat inter Aristotelem et Platonem ..... Solutio: potest
dici, quod Plato considerabat similitudinem universalis, Aristoteles considerabat esse
eius ..... Dupleæ est causa, per quam universale contrahit suum esse ; habet enim
causam materialem ipsa singularia, unde dicitur in Sea- principiis (Abschn. XIV, a.
a. 0.), quod omnis communitas a singularitate proeedit; quantum ad istam causam
non est universale unum praeter mulla, sed unum in mullis; ..... habet eliam cau
sam efficientem, sc. intelleclum abstrahentem commune a particularibus (s. ebend.,
Anm. 464); ...... quantum igitur ad istam causam est unum eætra omnia..... Si
vero quaeritur, utrum hoe universale homo sit in quolibet homine secundum se totum
an secundum partem, dicendum est, quod secundum se totum, i. e. secundum quam
libet sui partem diffinitivam, ..... non autem secundum quamlibet sui partem sub
iectivam (vgl. Avicenna, vor. Abschn., Anm. 103 u. 116).
301) C. 12: Quod aulem sint res, iam dictum est superius (obem Anm. 297).....
llem universale idem est apud omnes, nomen aulem nou ...... 0biicitur: univer
sale dicibile est et praedicabile, res aulem non praedicatur...... Dicendum, quod
u. s. f., d. h. es folgen die oben, Anm. 295, angeführten Worte.
302) Ebend.: Quaeritur, quare quinque sunt universalia nec plura nec pau
tiora ...... Dicendum : uno modo sic iuaeta modos praedicandi ..... Aliter sic: in
naturali c0mp0sito eæigitur maleria et forma et unio istorum duorum ...... Aliler
quoque sic: universale est conditio rei ordinabilis in genere u. s. f. (Es kann diess
XVII. Vincenz von Beauvais. 81
damn die einzelnen quinque voces in einem ziemlich kurzen Excerpte be
sprochen; bemerkt mag dabei werden, dass der Werfasser in der Auf.
fassung des „ens“ (d. h. dass es nicht oberster Gattungsbegriff sei) sich
an die Araber anschliesst*"*), sowie dass er bei Erörterung der Differenz
sichtlich dem Avicenna folgt *"*). .
Zur Lehre von dem Kategorien entmimmt er zunächst den Anfang
aus Isidorus und Alcuin °"°), um damn die vier ersten Kategoriem, — und
zwar in der Reihemfolge: Substanz, Quantität, Relatiom, Qualität (!) —,
ganz nach Boethius zu besprechen *°°); mitten aber in die Erörterung
der Qualität schaltet er Angaben über die Wieldeutigkeit des Wortes
„forma“ ein, um wieder auf die Ansicht Gilbert's überzulenken *°7).
Aus diesem Letzteren folgt hierauf auch fast vollständig die Lehre von
dem sechs letztem Kategorien mit Einschluss. des Capitels über magis et
minus, d. h. eben beinahe das ganze Buch De seae principiis °''°); und
wenn auch bereits ein Wertreter der byzantinisch-lateinischen Logik, nem
lich Lambert v. Auxerre (ob. Anm. 116), das Gleiche that, so dürfte hier
doch nur eine spätere Interpolation vorliegem, da die Seae principia erst
seit Albertus Magnus allgemein in das 0rgamon recipirt waren. Am
Schlusse der Kategorien folgt noch ein Excerpt aus den sog. Postprä
dicamentem 809). -
Die Lehre vom Urtheile beginnt wieder mit den Angaben des Isi
dorus (Abschn. XIII, Anm. 33 ff.), welchem auch die Unterscheidung
zwischen ars und seientia entnommen ist; an diese aber knüpft sich
unter der eigenthümlichen Bemerkung, dass auch in dem Buche De interpr.
von sechs „principiis“ gehandelt werde , wieder eine neue Gliederung
des 0rganons (vgl. ob. Anm. 293 ff.), wornach in einer sehr ähnlichen
Weise, wie wir Solches schon bei Lambert von Auxerre (ob. Anm. 104)
trafen, ars nur in der Topik, scientia aber in den übrigen Büchern ent
halten sei *!"). Gelegentlich aber des Begriffes der interpretatio finden
sehr wohl ursprünglich auf einer Zusammenstellung desjenigen beruhen, was Avi
cenna bei den einzelnen fünf Worten erörtert hatte; s. vor. Abschn., Anm.
108—174.)
303) C. 13: Non est autem ens commune omnium genus (s. ebend. Anm. 32).
304) C. 14, woselbst die verschiedenen Definitionen der Differenz zusammen
gestellt sind; vgl. ebend. Anm. 135 ff. -
305) C. 15. S. Abschn. XIII, Anm. 32; aus Alcuin (ebend. Anm. 57) ist der
Beispiel-Satz entnommen.
306) C. 16 — 21.
307) C. 20: Forma est composilioni contingens u. s. f., s. Abschn. XIV,
Anm. 486.
308) C. 22—28. S. ebend. Anm. 489—510.
309) C. 29 über 0ppositum, C. 30 über Prius, Simul, Motus.
310) C. 31 : In his itaque Perihermeniis.... de seae principiis tractat, sc. de
nomine et de verbo, de oratione, de enuntiatione, de affirmatione, de negatione, de
contradictione ..... Dialeclica dupliciter consideratur: uno modo ut ars (s. Abschn.
XIII, Anm. 26, vgl. Abschn. XIV, Anm. 445), et sic de omnibus est, et sic non est
alicuius generis determinati et traditur sic in libro Topicorum; alio modo ut est
scientia et traditur in libro Priorum, et sic logica est de syllogismo. Igilur in libro
Praedicamentorum agit de materia remota syllogismi, sc. de terminis, in libr0 autem
Perihermenias de materia propinqua syllogismi, sc. de essentialibus; in libro autem
Priorum de syllogismo plenarie, in libro primo Topicorum et in libro Posteriorum et
PRANtl, Gesch. III. 6
82 XVII. Vincenz von Beauvais.
wir hinwiederum eine Uebereinstimmung mit jemen nominalistischen Ara
bern, welche sogar Avicenna bekämpfte 814), so dass hiebei allerdings die
metaphysische Betrachtung der Universalien ausser Ansatz bleibt und nur
die „sermocinale“ Logik (Anm. 295) auftritt, woferne nicht diese ganze
Stelle nur ein Zusatz eines späterem Nominalisten ist. Es beginnt ja hie
mit in unserem Texte des Speculum überhaupt eine Gruppe, bei welcher
wir den Boden unter den Füssen verlieren. Schon die Reihenfolge, in
welcher hier der Inhalt der Lehre vom Urtheile sich bewegt, ist aben
teuerlich genug, denn nach den üblichen Erörterungen über Nomen,
Verbum, über Eintheilung und Einheit der Urtheile folgt die Angabe, was
terminus sei und aus welchen Bestandtheilen die Urtheile gehildet seiem,
woram sich aber dann eine längere Episode aus der byzantinischen Logik
betreffs der proprietates terminorum anreiht, um erst hernach aus der
nemlichen Quelle die Lehre über Conträr, Contradictorisch u. s. f., über
Conversion und Aequipollenz und über die modalen Urtheile folgen zu
lassen 31*). Noch bedenklicher aber gestaltet sich die Sache, wenn wir
die einzelnen Stücke dieses eigenthümlichen Mosaiks näher besehen. Aller
dings völlig umverfänglich ist es, dass die Notizen über Nomen u. s. f.
dem Isidorus und dem Aristoteles, d. h. dem Boethius, entnommen sind ***),
sowie dass für die allgemeinen Bestimmungen über enuntiatio umd deren
Einheitlichkeit und insbesondere betreffs des hypothetischen Urtheiles gleich
falls Boethius als Quelle dient 314). Hingegen was sollen wir von jenen
Partien denken, welehe aus der byzantinischen Logik stammen? Nemlich
schom die Eintheilung der oratio stimmt wörtlich mit Demjenigen überein,
was wir oben (Anm. 35) bereits bei Wilhelm Shyreswood trafen 31°), und
ebenso die Gruppirung der Urtheile nach den drei Fragem (quae, qualis,
quanta) mit Petrus Hispanus (Anm. 153), noch dazu unter Anführung
eines zuerst bei Lambert v. Auxerre (Amm. 108) erscheinenden Werses ° 1°);
fermer sind gleichfalls aus Petrus Hispanus entnommen die Angaben über
Contrár, Contradictorisch u. s. f. (ob. Anm. 154 f.), über Umkehrung und
Aequipollenz des kategorischen Urtheiles (Amm. 156 u. 159), jedoch ohne
die sämmtlichen Memorialverse, sodann noch die ganze Lehre vom den
Elenchorum de partibus, i. e. de speciebus ipsius syllogismi. Doch diese ganze
Stelle hat wohl schwerlich den Wincenz selbst zum Autor.
311) C. 32: Voae autem significat et significatur, significat enim intellectum et
rem, significatur autem a litteris; res autem significatur et non significat; intellectus
ver0 significatur et non significat, proprie loquendo, significalur enim per vocem, non
autem proprie significat rem, sed est similitudo rei, unde dicit Aristoteles (s. Abschn.
IV, Anm. 108), ..... quod intellectus similitudo rei est (den Ausdruck ,,intellecta
significantur“ in solcher Auffassung s. vor. Abschn., Anm. 85). Auch knüpft sich
hieran eine bei den Arabern übliche Aufzählung der Stufen und Arten des in
tellectus (s. ebend. Anm. 4). -
312) So drängt sich schom hiedurch wohl die Wermuthung auf, dass durch
die Erwähnung des Begriffes „terminus“ das spätere grössere Einschiebsel über
suppositio u. s. f. veranlasst wurde.
313) C. 33. s. Abschn. XIII, Anm. 34. u. Abschn. XII, Anm. 109 ff.
314) C. 34. s. Abschn. XII, a. a. 0. u. bes. Anm. 112 u. 140.
315) C. 33: 0rationum alia indicaliva, alia imperativa, alia deprecativa, alia
optativa, alia coniunctiva, alia infinitiva.
316) C. 34: Per „quae“ quaeritur de propria qualitate sive de essentia pro
positionis u. s. f.
XVII. Vincenz von Beauvais. 83
modalen Urtheilen (Amm. 160—164), gleichfalls mit Weglassung der Figur
und der Kunstworte **"). Und ausserdem ist zwischen diese Capitel noch
anderweitiger byzantinischer Stoff eingeschobem, indem an den aristotelisch
boethianischem Begriff des terminus zunächst die Scheidung von Subject,
Prädicat und Copula mit Worten des Petrus Hispanus (Anm. 152) ange
knüpft wird und sogar die Erwähnung der Syncategoreumata auf Wilh.
Shyreswood (Anm. 34) und Petrus Hispanus (Anm. 150) hinweist 31°).
Auch folgt hierauf ummittelbar mit der Bemerkung, dass die „conditiones
terminorum“ (— sonst war üblich „proprietates terminorum“ —) in dem
drei Functionem des supponere, appellare, copulare als Unterartem des
significare liegen ***), ein Auszug aus der Lehre von der suppositio,
von der appellatio, und, mit dieser theilweise verflochten, von der re
strictio; ja auch Einzelnes aus der distributio ist in dieses ganze Excerpt
hier und da beigezogen; hingegen die zu erwartende copulatio fehlt auch
hier, so gut wie bei Petrus Hispanus, s. oben Anm. 221. Finden wir
somit, dass ein ansehnliches Stück jener neuen Logik hier in das ency
clopädische Werk aufgenommen sei, so möchte es nun wohl scheinem,
dass, nachdem ich eine reichere Werbreitung der byzantinischen Logik
bereits für die Mitte des 13. Jahrhunderts nachgewiesem habe, gerade
ich am meisten geneigt sein müsste, eine solche Reception dem Sammel
fleisse des Vincenz zuzuschreiben; und in der That steht chronologisch
auch gar. Nichts im Wege. Aber dennoeh finde ich dabei viele Bedenken.
Wenn es schom auffallen muss, dass das über suppositio, appellatio,
restrictio Gesagte auf eine Combination verschiedener Quellem und jeden
falls, was die Benützung des Petrus Hispanus betrifft, auf eine arrangi
rende Auswahl hinweist **"), so steigert sich dieses Verhältniss dahin,
dass wir stellenweise eine weit jüngere Formation der Lehre von suppo
sitio wiedererkennen **') ; fermer finden wir bei der aus P. Hispanus
entnommenen Aequipollenz eine Aenderung und Wermehrung der Memorial
verse, welche selbst in den interpolirten Texten des P. Hispanus nicht
317) C. 38 unter der Ueberschrift ,,communicantia propositionum“ (ùblich war
sonst ,,participantia“) die Verhältnisse des Contràren u. s. f.; C. 39 Umkehrung
u. Aequipollenz; C. 40 die Modalität d. Urtheile, u. C. 41 die Contrarietät u. s. f.
der modalen Urtheile.
318) C. 35: Praedicativa proposilio ...... Huius enim principales partes sunt
subiectum et praedicalum et copula, secundariae ver0 sunt syncateg0reumata, i. e.
dicliones c0nsignificalivae , ...... celera namque categoreumata sunt, ut nomen
et verbum.
319) C. 36: Conditiones autem terminorum sive parlium principalium cate
goricae propositionis sunt supponere, appellare, copulare, quorum genus est signi
ficare u. s. w.
320) Wer. C. 36 u. 37 (— es lohnt sich nicht der Mühe, dieselben hier ganz
abzuschreiben —) genau mit den Quellen vergleicht, wird findem, dass zunächst die
einleitenden Bemerkungen auf Wilhelm Shyreswood (Anm. 58) und im Wortlaute
noch mäher auf Lambert v. Auxerre (Anm. 125 u. 127) zurückweisen, dass sodann
die Eintheilung der suppositio dem Petrus Hispanus (Amm. 202 ff.) folgt, hieran
aber Regeln und Sophismen aus desselben Lehre von der distributio (Amm. 244,
dann 246, hierauf 245) angeschlossem werden, dass hierauf aus gleicher Quelle
kurz die appellatio (Anm. 228) und dann die restrictio erörtert wird, wobei der
Inhalt obiger Anm. 234 wieder durch wörtliche Aufnahme eines Absatzes aus der
distributio (Anm. 242) unterbrochen wird.
321) C. 36: Dicitur pro regula in suppositionibus u. s. f., s. untem Amm. 597.
6*
84 XVII. Vincenz von Beauvais.
erscheint 3**), ein Umstand, welcher weiter untem in der Syllogistik
wiederkehrt ***); ausserdem begegnem wir hier jener Notiz, dass es sechs
Artem des hypothetischen Urtheiles gebe, welche erst einer allmäligem
Erweiterung der byzantinischen Logik angehört ***), und endlich ebenso
einer späteren Unterscheidung der Wortbedeutung der modi **°). Steht
aber hiedureh fest, dass der Text des Speculum jedenfalls durch spätere
Einschiebsel erweitert wurde, so finden wir keine sichere Gränze, warum
nicht auch Dasjemige, was in chronologischer Beziehung allerdings auch
dem Wincenz selbst zugänglich gewesen wäre, von einem Späteren einge
schoben sein könne. Ja in der Erwägung, dass die Autoren der Logik
damals erst allmälig sich daran gewöhntem , zugleich auf den aristoteli
schen und auch auf den byzantinischen Stoff zu blicken (s. z. B. untem
Amm. 357, 470 f., 541 ff.), und dass eine Gleichstellung oder vollends
eine innige Verschmelzung der beiderseitigen Tradition erst durch Scotus
angebahnt und durch 0ccam vollendet wurde, möchte ich zu dem posi
tiven Resultate gelangen, dass auch bei Vincenz die mosaikartige Combi
nation beider Logiken nur eine scheimbare sein kann, indem Alles, was
dem Petrus Hispanus oder dem Wilhelm Shyreswood und dem Lambert
v. Auxerre entnommen ist, als Zuthat eines 'späteren Syncretisten zu be
trachten sein dürfte 326).
Höchst planlos ist auch die Amordmung Desjenigem, was hierauf nach
der Lehre vom Urtheile folgt. Es wird nemlich vorerst plötzlich auf des
Boethius Buch de diff. top. übergegangen und dasselbe kurz excerpirt***),
danm reiht sich aus Isidorus der Abschnitt über die Gegensätze an ***),
um sogleich hierauf aus derselben Quelle eine Notiz über die Syllogismen
folgen zu lassen, woran dann jene Memorialverse, welche wir bereits seit
Wilh. Shyreswood trafen (Barbara, Celarent u. s. f.), und ausserdem,
wie bemerkt (Anm. 323), auch noch zwei neue Werse geknüpft werden
konnten ***). Hierauf folgt noch ein ausgedehntes Excerpt, welches mit
dem Anfange der aristotelischen Topik beginnt, dann (nach der Ueber
setzung des Boethius) die ersten sieben Capitel des ersten Buches und
dem Anfang des zweiten Buches der zweitem , Analytik in abgekürzter
Form vorführt **") und in gleicher Weise sodann (obwohl die Topik
gerade vorher schon aus Boethius entnommen worden war) die ganze
322) C. 39 am Schlusse. Ich führe aber diese Werse als nicht hieher gehörig
erst unten bei den späteren Interpolationen in Abschn. XX an. -
323) C. 50. S. ebend.
324) C. 34: Sciendum, quod seæ sunt species hypotheticae: conditionalis, copu
laliva, disiunctiva, temporalis, localis, causalis. S. unten Anm. 583.
325) C. 42. S. gleichfalls bei den Interpolationem.
326) Wie sich von selbst versteht, gilt mir diess auch von jener Stelle, welche
in den hernach folgenden Capiteln workommt; s. sogleich Anm. 329.
327) C. 43—46 über quaestio, argumentum, argumentatio, maæima propositio
u. dgl. s. Abschn. XII, Anm. 82, 137, 165 f., 168; hierauf C. 47 die Topen des
Themistius, u. C. 48 die ciceronischen, s. ebd. Anm. 184. •
328) C. 49. S. Abschn. XIII, Anm. 40. -
333) C. 50. Auch die hypothetischen Schlüsse bot Isidorus dar, s. ebend.
Amm. 38. -
330) C. 51—55. Dass dabei die Uebersetzung des Boethius zu Grund gelegt
sei, bezeugt z. B., dass An. post. l, 7 (s. die Stelle Abschn. IV, Anm. 140) άιωματα
mit ,,dignitates“ übersetzt ist. -
XVII. Robert Capito. 85
Topik und Soph. El. behandelt 3°1), wobei jedoch sonderbarer Weise
zwischen das 7. und 8. Buch der Topik noch ein Auszug aus Boeth. de
divisione eingeschaltet ist 3°°).
Während wir hierauf den Humbert von Romans (gest. 1254) hier
gänzlich mit Stillschweigen übergehen können *°°), begegnet uns in
R ob ert Capito, auch Gross e te s te oder (vom seinem Bischofssitze)
Lincolnien si s genannt (gest. 1253), ein Autor von etwas grösserer
Bedeutsamkeit. Sein Commentar zur zweiten Analytik 384) zeigt ihn uns
als einen logisch gut geschulten Kenner des Aristoteles, unter dessen
Werken er auch die Physik commentirte, sowie er überhaupt mit grosser
Worliebe die mathematischen Disciplinen (besonders auch die euklidische
Optik) betriebem haben muss °°°). Die arabischem Erklärer haben für die
Logik nur ganz im Allgemeinen einem Einfluss auf ihn; hingegen hat er
den Commentar des Themistius, auf welchen er öfters ausführlich eingeht,
fleissig benützt *°°). Er selbst hält sich, mit Ausnahme einiger Digressio
nem, strenge an den aristotelischen Text, welchen er unter steter Her
vorhebung des Zusammenhanges Satz für Satz erläutert, wobei sein
Hauptbestreben dahin geht, die „conclusiones“ des Aristoteles, d. h. die
wissenschaftlichen Haupt-Sätze, hervorzuheben , ja sie zu numeriren und
insbesondere syllogistisch zu formuliren *°"). Zu beachten ist, dass Robert,
was dem Text betrifft, sich an die Uebersetzung des Boethius hält, wäh
rend er zugleich ausdrücklich einmal vom mehrerem verschiedenen Ueber
setzungen spricht *°°); auch finden sich zuweilen einzelne Worte, in deren
Wahl er von Boethius abweicht *°°); im Commentare selbst erscheinen
331) C. 56—61 enthalten so das I. Buch der Topik, C. 62 f. das II., C. 64
das III., C. 65 das IV., C. 66 f. das W., C. 68—74 das VI., C. 75—77 das VII.,
C. 83—89 das VIII.; endlich C. 90—98 enthaltem die Hauptsache der Soph. El.
332) C. 78—82. S. Abschn. XII, Amm. 96—102.
333) Die theologische Litteratur mag ihn immerhin als einen der bedeutendsten
Dominikaner bezeiehnen; für uns hingegen ist er werthlos, indem er in seiner
Schrift De eruditione praedicatorum (gedruckt in Bibl. Maac. Patr. Vol. XXV) nmr den
Standpunkt der frühesten Kirchenwäter (Abschn. XIII, Anm. 8—18) zeigt. Während
er bei „scientia praedicatoris“ (I, 8, p. 433) nicht mit einem Worte logische Bil
dung erwähnt, kömmt er wohl gelegentlich der artes liberales (II, 1, 65, p. 488)
darauf zu sprechen, verlangt aber von der Logik nur defensio fidei, intelligentia
scripturae und honos ecclesiae, die Warnung hinzufügend, dass der Logik nicht nimia
morositas, dilectio, curiositas zugewendet werde.
334) Commentaria Roberti Linconiensis in libros posteriorum Aristotelis cum teaetu
seriatim inserto. Scriptum Gualterii Burlei super eosdem libros posteriorum. Venetiis,
1497. fol. (Die Ausgabe ist nicht paginirt, die Capitel-Eintheilung des aristotelischen
Textes weicht won der sonst üblichen, welche auch in der boethianischen Ueber
setzung erscheint, ab.)
335) Er verweilt am liebsten bei Beispielen, welche der Geometrie angehören,
citirt mehrmals den Euklides, einmal auch (L. I, c. 17, d. h. c. 27) den Ptolemäus.
336) Den Themistius kennt er nicht etwa bloss mittelbar durch die Araber,
sondern er hatte sicher eine lateinische Uebersetzung desselben wor sich; vgl. oben
Anm. 16. -
337) So hebt er aus dem 1. Buche 32 conclusiones hervor.
338) I, 10 (d. h. c. 11, p. 77 a 10; die Worte des Aristoteles s. Abschn. IV,
Anm. 166): Littera autem aliarum translationum et sententia Themislii neutri prae
dictarum sententiarum videtur concordari.
339) So ist z. B. I, 14 (d. h. c. 15, p. 79 a 33, s. die Stelle Abschn. IV,
Anm. 668) άτόμως nicht wie bei Boethius " mit indivisibiliter, sondern mit indivi
86 XVII. Robert Capito.
einige Ausdrücke, welche vom den Arabern herstammen °*°), nie hingegen
wendet er die Kunstworte der byzantinischen Logik an, obwohl es an
Gelegenheit hiezu nicht gefehlt hätte **!).
Insoweit nun Robert's Thätigkeit bloss commentirend ist, können wir
nicht näher auf dieselbe im Einzelnen eingehen; wohl hingegen handelt
es sich für uns um seine principiellen Gesichtspunkte ***). Er folgt,
während er dem Aristoteles sich hingeben zu können glaubt, jenem ara
bischen Realismus, welcher sich auch mit augustinisch christlichen Am
schauungen vereinbarem liess. Wir begegnem bei ihm nicht bloss jener
ethischen Wendung , welche schon Alfarabi (vor. Abschn., Anm. 13) der
Logik gab 848), sonderm auch die Auffassung, dass der intellectuelle
Gehalt (forma) der Dinge theils der Physik, theils der Mathematik, theils
der Metaphysik anheimfalle, ist den Arabern entlehnt***). Aber mit
dualiter übersetzt, ebenso in der bekannten antiplatonischen Stelle (c. 15, d. h.
c. 22, s. Abschn. IIl, Anm. 66) τεg&tto uczrc. nicht mit monstra, sondern mit pro
digia; auch c. 17 (d. h. c. 24) ist toooxel£c, welches Boethius als isosceles stehen
liess, durch aequitibiae gegeben. Dass übrigens die Uebersetzung , des Boethius
nicht etwa bloss in den Druckausgaben eingefügt wurde, zeigt der Commentar Robert's
selbst, indem er eben den boethianischen Wortlaut interpretirt.
340) Z. B. ausser dem häufigen ,,quidditas“ (s. vor. Abschn. Anm. 93) auch
der Ausdruck „facultales“ (s. ebd. Anm. 278), welchen Robert (I, 11, d. h. c. 12,
zu p. 77 b 27) von den neben der Logik einhergehenden Disciplinen gebraucht.
Wenn â£vojudvc mit dignitates übersetzt ist, so kann bei ihm diess sowohl von
Boethius als auch von den Arabern (s. ebd. Anm. 60) entnommen sein.
341) In der Erklärung all jener Stellen, welche den wissenschaftlichem Werth
der Schlussfiguren betreffen (Abschn. IV, Anm. 667—678), hätte der Kürze halber
die byzantinische Terminologie ihre Anwendung finden können.
342) Es genügt in dieser Beziehung micht, wenn man, wie Hauréau (De la
phil. scol. I, p. 461 ff.) gethan, aus einzelnen Stellen mur dem extremen Realismus
Robert's nachweist; es muss auch gezeigt werden, wie derselbe trotzdem dem Ari
stoteles, welchen er ja interpretirt, folgen will.
343) In dem seltenen Drucke Ruberti [sic] Linconiensis bonarum artium optimi
interpretis opuscula dignissima nunc primum in lucem edita et aceuratissime emendata.
Venetiis 1514. fol. findem sich 19 kleine Tractate, an deren Aechtheit ich • eben
nicht zweifeln möchte. Währemd die Mehrzahl derselben der Physik angehört,
können für uns hier in Betracht kommen: De artibus liberalibus, De veritate pro
positionis, De unica forma omnium, De veritate. In dem erstem derselben mun sagt
Robert (f. 2 r A): 0pera nostrae potestatis aut mentis affectu et eiusdem adspectu
aut corporum motibus et eorundem affectibus omnia consistunt. Adspectus vero primo
adspicit, secundo adspecta sive incognita verificat , et cum verificata fuerint apud
mentem....., inhiat affectus ad amplezandum convenienlia..... Adspeclum gramma
tica recte informat; recte informatum quale sit, logica sine errore diiudicat; iudicatum
quale sit, ut moderate (ausgefallen appetat vel) fugiat affectus, rhetorica persuadet.
0fficium namque grammaticae est, recte intelligere et recte intellecta recte pronun
tiando apud alterum recte formare. 0fficium vero logicae est, quod formatum est
in intellectu, secundum tripartitam rationem sui quale sit iudicare et discutere. Rhe
t0rica vero ..... quod mazime intendit, est affectum movere. Hierauf geht er sogleich
auf corporum motus über und mündet vom den vier übrigen artes merkwürdiger
Weise in Alchymie aus.
344) Summa in octo physicorum Arist. (gedruckt in einigen Venetianer Ausgaben
des Commentares des Thomas zur Physik ; so z. B. in jener , v. 1586, p. 276 fr.),
woselbst gleich zu Anfang: Est autem forma tripleae. Una est, quae secundum esse
et considerationem est in materia, et est, de qua considerat philosophus naturalis.
Secunda est, de qua considerat mathematicus, quae abstrahitur a motu et a materia
non secundum esse , sed secundum considerationem...... Tertia est illa, de , qua
XVII. Robert Capito. 87
einer Anschauung, welche uns am einen David von Dinant oder Amalric
von Ben erinnern müsste, wenm sie sich nicht durch eine grosse dogma
tische Auctorität zu decken versuchte, fasst er das allgemein Ideelle so
äusserst realistisch, dass er Gott als die Form aller Dinge bezeichnet 34°),
und es darf uns nicht wundern, wenn Augustin's luae interior derartig
zum realistischen Motive gemacht wird °*°), dass die Erkenntniss der
Universalien auf einer Erleuchtung (irradiatio) beruhen soll 347). Die
ewigen platonischen Ideen sind ihm somit Principien des Seins und des
Erkennens als die bleibenden Formen im Gebiete des Zusammengesetzten,
in welchem die Kurzsichtigkeit (vgl. oben Anm. 287) des schwachen In
tellectus nur secundäre Folgen der Universalien als blosse Principien des
Erkennens (nicht auch des Seins) erfassen kann ***). Indem aber diess
Letztere eben in der körperlichen Werdunklung unseres Geistes be
ruht, vermöge deren wir auf Induction und Abstraction angewiesen
considerat metaphysicus, quae abstrahitur a materia et a motu secundum esse et se
cundum considerationem, cuiusmodi sunt intelligentiae et aliae substantiae separatae.
S. bei Avicenna, vor. Abschn., Amm. 72 f.
345) In dem Tractate De unica forma omnium (vor. Anm. 343), welcher jetzt
in weit besserem Texte vorliegt in: Roberti Grosseleste Epistolae ed. by H. R. Luard.
London 1861. 8. (d. h. Rerum Britann. medii aevi scriptores, Vol. XXV.), woselbst
p. JC u. p. 1: Respondeo, me sentire hoc verum esse, sc. quod deus est forma et
forma omnium ; et cum sit forma, necessario est forma prima , quia ante ipsum
nihil ..... Si autem quaeras, quid me moveat, .... respondeo : ,,magna magni Augu
stini auctoritas** u. s. w.
346) Im Tractate De veritate (f. 9 r A): Cum lucidioris essentiae est res, quam
sua similitudo vel ea emplar, clarior et apertior oculo mentis sano est rei in se ipsa
cognitio, quam in sua similitudine vel eaeemplari. Ac per hoc cum divina essentia
sit luae lucidissima, omnis cognitio per similitudines est per se ipsam obscurior; in
rationibus enim aeternis creaturarum in mente divina lucidissima, quae sunt crea
turarum ezemplar lucidissimum, omnis creaturarum cognitio certior et purior et
manifestior est. -
347) Comment. in Poster. Arist. I, 17 (d. h. zu c. 24, s. d. Stelle Abschn. IV,
Anm. 672: Est luae spiritualis, quae superfunditur rebus intelligibilibus, et oculus
mentis se habet ad res intelligibiles, sicut se habet sol corporalis ad res visibiles.
Res igitur intelligibiles..... magis receptibiles ab acie mentis, quae similiter est irra
diatio spiritualis, perfectius penetrantur. Ebend. 19 (d. h. zu c. 33, s. Abschn. IV,
Anm. 48): Est visus mentalis apprehensivus intelligibilium ..... et est lumen, qu0d
superfusum visui et visibili facit visionem in actu.
348) Ebend. I, 7 (d. h. zu c. 8, s. Abschn. IV, Anm. 660): Universalia sunt
principia cognoscendi et apud intellectum purum et separatum a phantasmatibus possi
bile est contemplari lucem primam, quae est causa prima, et sunt principia c0gn0
scendi rationes rerum increatas eæistentes ab aeterno in causa prima. Cognitiones
enim rerum causandarum, quae fuerunt in causa prima aeternaliter, sunt rationes
rerum causandarum et causae formales ezemplares et ipsae sunt creatrices, et hae
sunt, quas vocavit Plato ideas et mundum archetypum, et hae sunt secundum ipsum
genera et species et principia tam essendi quam cognoscendi ...... Hae igitur ideae
creatae sunt principia cognoscendi apud intellectum ab eis irradiatum, et apud talem
intellectum sunt genera et species, et manifestum est, quod haec universalia sint in
c0rruptibilia....... Ipsa forma non est genus vel species, sed secundum quod ipsa
forma est sicut totius compositi et secundum quod ipsa est principium c0gn0scendi
totum compositum, sic est genus vel species et principium essendi et praedicabile in
quid...... Intellectus autem debilis, qui non potest ascendere ad c0gnitionem horum
verorum generum, cognoscit res in accidentibus solis consequentibus essentias veras
rerum, et apud illum sunt accidentia consequentia genera et species et sunt principia
solum c0gn0scendi et n0n essendi.
88 XVII. Robert Capito.
sind 349), so kann man ja recht wohl für das irdische Jammerthal Aristo
teliker und zugleich für die himmlische Wonne Platoniker sein , und es
kömmt nur auf's Handumdrehen an, dass die Universalien ante rem und
sogleich auch in re oder post rem sind °°"). So spricht dann der
ekstatisch christliche Platoniker als Erklärer des Aristoteles von der
Macht der Sinneswahrnehmung 3°!) und von der logisch-nominalistischen
Bedeutung der Universalien 3°*), sowie er hinwiederum dem aristotelischen
Begriffe der quidditas seine platonische Kehrseite verleiht *°°). Etwa an
Klarheit in Principienfragen übertrifft er sonach den Wilhelm von Auvergne
(s. oben Anm. 284 ff.) wahrlich nicht; dass aber auch Andere hierim
micht besser waren, wird uns der weitere Werlauf zeigen. Robert's
Verdienst für seine Zeit liegt, wie bemerkt, in seiner fleissigen Exegese
des Einzelnen, wobei er jedoch weniger, als man erwartem sollte, arabi
sches Material verwendet; denn ausser einer Bemerkung über den art
349) Ebend. I, 14 (d. h. zu c. 18, s. Abschn. IV, Anm. 72): Deficiente in
duclione accepta a singularibus deficiet apud intellectum cognitio universalis eorundem
singularium ...... Dico tamen, quod possibile est, quamlibet scientiam esse absque
sensus adminiculo ; in mente enim divina sunt omnes scientiae ab aeterm0 ...... nos
namque non novimus singularitatem huius „humanitatis“ nisi per hoc, qu0d ad
miscemus eam accidenlibus, ipsa vero novit eius singularitatem in puritate essenliae.....
Similiter pars , suprema animae humanae, quae vocatur intelligentia, ...... si non
esset mole corporis obnubilata, ipsa per irradiationem acceptam a lumine superiori
haberet completam scienliam absque sensus adminiculo ....... Verumlamen non novit
ratio, esse actu universale, nisi postquam a multis singularibus hanc fecerit abs
tractionem, et occurrit ei unum et idem in multis singularibus repertum.
350) Ebend. I, 18 (d. h. zu c. 31, s. Abschn. IV, Anm. 81): Si autem in
telligamus universalia per modum Aristotelis formas repertas in quidditatibus parli
cularium, a quibus sunt res particulares id quod sunt, tunc universale esse ubique
nihil aliud est, quam , universale esse in quolibet suorum particularium, ...... nisi
forte dicamus, qu0d universale ubique est, quia intelleclus est locus universalium
et...... per modum spiritualem ibi est, ubi est illud, quod intelligitur...... Si autem
universalia sunt ideae in mente divina, tunc universalia ubique sunt per modum, quia
causa prima ubique est...... Qu0m0d0 autem causa prima ubique sit, ..... altio
ris est negotii et non est nostrae possibilitatis eæplanare ;. verumtamen quod ita
sit, scimus. -
351) Ebend. II, 6 (d. h. zu c. 19, Abschn. IV, Anm. 75) : Eae sensu igitur fit
memoria, eæ memoria multiplicata eæperimentum, et eæ eæperimento universale, quod
est praeter particularia non quasi separatum a parlicularibus, sed est idem in illis,
artis scilicet et scientiae principium. -
352) Nicht bloss, dass er die aristotelische Ansicht bezüglich des „unum de
multis“ (Abschn. IV, Anm. 137) mit völlig aristotelischen Worten umschreibt (I, 9),
sondern er glaubt sich sogar mit jener entschiedem antiplatonischem Stelle (s. oben
Anm. 339) zurechtfinden zu könnem, indem er (I, 15) sagt: Formae separatae a
subiectis, quas posuit Plato genera et species et praedicabilia, sunt prodigia, quae
format error intellectus, : .... quia licet sint ideae et rationes rerum increatae ab
aeterno in mente divina, ipsae ideae nihil pertinent ad ratiocinationem, in qua prae
dicatur aliquid de aliquo. Ipsae itaque ideae in se prodigia non sunt, sed cum
intellectus vult facere eas praedicabiles de rebus, a quibus sunt divisae et separatae
in hac ordinatione, prodigia sunt; demonstrationes enim et ratiocinationes fiunt de
simpliciter praedicabilibus.
353) Summa physic. (s. oben Anm. 344) p. 278: Quidditas in rebus compositis
est materia et forma, et est aliud a forma, quae est altera pars compositi, quia in
talibus quidditas includit totum, sc. materiam et formam; in rebus aulem simplicibus,
sicut in substantiis separatis, idem est forma et quidditas, quia in talibus non est
composilio materiae cum forma, sed esse cum essentia.
XVII. Robert Capito. Albertus Magnus. 89
machenden Unterschied 3°*) und ausser einer Erörterung über definitio
formalis und definitio materialis ist gerade bei manchen wesentlichen
Punkten kein arabischer Einfluss bemerklich *°°). Hingegen muss, wenn
auch als vereinzeltes Moment, doch erwähnt werden, dass er anderswo
gelegentlich eine Kenntniss der byzantinischen Logik zeigt, indem er einen
Punkt, welcher der dortigen Lehre von der ampliatio (s. ob. Anm. 226)
angehört, etwas ausführlicher bespricht°°°); und insoferne er einmal auf
dieses Gebiet sich eingelassem hat, dürfte es auch nicht auffallend sein,
wenn wir in ihm den Werfasser einer Schrift über die Syncategoreumata
tráfen 357).
Auch Albertus Magnus (geb. 1193, gest. 1280) war ein unklarer
Kopf und nicht befähigt, irgend eine grundsätzliche Auffassung hinaus
zudenken, soweit dieselbe reicht. Sein grosses Werdienst, welches ver
neinen zu wollem thöricht wäre, liegt in seiner unermesslichen Belesen
heit, durch welche er für seine Mitwelt und nächste Nachwelt der bedeu
tendste Stoff-Lieferant wurde; aber Werstand oder etwa gar philosophische
Begabung besass er wohl nicht in höherem Grade, als die ganze grosse
Masse aller Mittelmässigen, ja, wie sich alsbald zeigen soll, sogar in ge
ringerem Grade °°°). Er ist nur Compilator, und Alles, durchweg Alles,
was er schreibt, ist fremdes Gut; ja auch seine bisweilen ins Endlose
gehendem Distinctionem, welche man gerne an ihm rühmt, sind nicht sein
Erzeugniss; die Auswahl, welche er zwischen verschiedenen Ansichten
trifft, beruht nicht auf einheitlich festgehaltenen Grundsätzen, sondern
auf dem momentanen Drucke, welchen Auctoritäten auf ihn ausüben,
354) Comm. in Poster.. Arist. I, 4 (s. Abschn. IV, Amm. 132): Est differentia
causa formalis speciei et genus est causa speciei sicut forma materialis vel sicut
materia formalis. S. vor. Abschn., Anm. 166.
355) Ebend. II, 3 (d. h. zu c. 11, s. Abschn. IV, Anm. 693 f.): Ubi demon
stratur diffinitum de sua diffinitione, non demonstratur nisi de sua diffinitione mate
riali, et medium proacimum, qu0 ostenditur diffinitum de sua diffinitione materiali,
est causa et diffinitio formalis diffiniti, et si egeat ostendi illa diffinitio formalis de
diffinitione materiali, demonstrabitur per medium, quod est diffinitio materialis respectu
diffinitionis formalis, et idem medium est diffinitio formalis respectu diffinitionis ma
terialis. S. vor. Abschn. Anm. 52. Hingegen finden wir bei ihm weder die prin
cipielle Auffassung der Araber betreffs der materia syllogismorum (ebend. Anm. 51,
223, 275), noch die Ansichten über praedicatum primum (ebend. Anm. 54 ff., 224),
noch auch jeiie Unterscheidungen einer demonstratio quia und einer demonstratio
propter quid (ebend. Anm. 62, 226, 281, 342).
356) Im Tractate De veritate propositionis (s. Anm. 343) f. 5 v B: Rem, quae
partim est vel fuit et partim futura est, non necesse est ante complementum sui esse
totaliter vel fuisse ...... Est igitur veritas sermonis vel opinionis de futuro praesens
assertio evistentiae rei in futuro, ..... eæistentia vero rei futurae nondum est, sed
poterit non esse, et ita veritas de futuro secundum quid sui iam est et habet ne
cessitatem, secundum quid sui n0ndum est et habet contingentiam ...... JQuaelibet
talium pr0p0sitionum ,,Antichristus erit, Antichristus est futurus“ est vera non ne
cessaria, sed contingens u. s. w. Vgl. unten Anm. 470 f.
357) Es dürfte wenigstens gegen die hierauf bezügliche Wermuthung , welche
ich untem Anm. 558 aussprechen muss, nichts Erhebliches einzuwenden sein.
358) Wenn in Bezug auf bekannte Anekdoten über die erste Jugend und das
Greisemalter des Albertus seine Feinde, die Franziskaner, won ihm sagten ,,Eae asino
philosophus factus, et eae philosopho asinus“, so trafen sie hiemit, wenn auch in
derbstem Ausdrucke, doch etwas Richtiges.
90 XVII. Albertus Magnus.
daher mam sich auch. nicht wundern darf, wenn man ihm häufig , auf
Widersprüchen ertappt *°°).
Albert hat in seinem ausführlichen Commentare zum ganzen Organon,
sowie in den für uns hier einschlägigen Partien der Psychologie und der
Metaphysik im reichstem Maasse die Uebersetzungen arabischer Quellen benützt
und hiedurch das Material jener Controversen dargeboten, welche alsbald
nicht bloss über die Universalien, sondern insbesondere auch über das prin
cipium individuationis geführt wurden (dass durch letztere Frage der
Universalien-Streit eine Zeit lang fast in den Hintergrund gedrängt wurde,
wird der weitere Werlauf bald zeigen). Sowie aber von Selbstständigkeit
der Auffassung bei ihm überhaupt kaum eine Spur zu findem ist, so zeigt
sehon die erste Frage, die wir an ihn richten müssen, dass er nicht ein
mal über die Geltung und Stellung der Logik eine feste Ansicht hatte.
Die Philosophie überhaupt theilt er mit Avicenna, welchem er selbst
wörtlich folgt, in theoretische und praktische °°°), deren ersterer auch
er gleichfalls den wesentlichen Worzug vor letzterer zugesteht°°!). Indem
359) Es wird wohl dereinst in Folge geschichtlicher Studien die in den Wer
ken über Geschichte der Philosophie noch übliche Ausdrucksweise verschwinden,
dass Albertus Magnus (oder auch Thomas von Aquin) diess oder jenes ,,sage“,
oder es so oder so „auffasse“, oder diese oder jene ,,Begründung“ gebe ; denn er
selbst sagt Nichts, fasst Nichts auf, begründet Nichts, sondern immer sind es seine
Quellen, welche Solches thun, und die einzig richtige Ausdrucksweise ist ,,hier
schreibt er Diesen ab und dort excerpirt er Jenen“. Dieses Urtheil, welches Wielem
herb klingen mag, aber eben geschichtlich wahr ist, gilt auch von , den Natur
wissenschaften, und wenn z. B. Meyer's treffliche Geschichte der Botanik die grösste
Ueberschätzung des Albertus Magnus enthält, so läge das einzige Heilmittel hie
gegem in Erforschung der Quellen, denn schliesslich beruht alle Pflanzenkunde des
Albertus (und z. B. auch seine oft angeführten Bemerkungen über die Edelsteine)
auf griechisch-arabischer Litteratur. Die Geschichte der Logik kann hierin einen
über sie selbst hinausreichenden Fingerzeig geben, während sie eine wahrlich nicht
mühelose Probe der richtigen Behandlung darzubieten glaubt. Die Geschichte der
Naturwissenschaften wird bei Bormans (Bullet. de l'Acad. Belgique, Vol. XIX, 1852)
wenigstens einen dankenswerthen Anfang anerkennen (F. A. Pouchet, Hist. des sci
ences naturelles au moyen-äge ou Albert le Grand et son époque. Paris 1853. ist weit
davon entfermt, unsere Anforderung auch mur zu ahnen). — J. Sighart, Alb. M.,
sein Leben u. s. Wissenschaft (Regensburg 1857) ist wissenschaftlich ganz un
brauchbar.
360) De praedicab. I, 2 (0pp. ed. Jammy, Lugd. 1651. Vol. I) p. 2: Ea, quae
sunt, dicuntur esse aut ab opere nostro, sive a voluntate sive etiam ab intellectu
scientiam quaerente, aut a natura generaliter dicta, quae ab opere nostro causari
non potest (diese Zweitheilung des Avicenna s. vor. Abschn., Anm. 71). Et cum ea,
quae a natura sunt, nostrae sint causa scientiae et non nos sumus causa ipsorum,
- - - - - de talibus apud nos non est nisi scientia contemplativa, quae lumine intelli
gentiae perficitur. Eorum autem, quorum nos sumus causa per voluntatem, non potest
esse apud nos scientia speculativa, sed tantum practica. Eadem vero (der Text gibt
enim) sunt in quolibet scibili principia et causae et elementa cognoscendi, quae sunt
principia essendi ....... Similiter igitur alicuius philosophiae erit intentio, compre
hendere veritatem eius, quod in nobis est secundum rationem, ...... quod rationis
ductu via est in omnem cognitionem omnium ...... Erit igitur de intentione philoso
phiae etiam logica scientia, quae est rationalis. Die Stellung selbst, welche die
Logik im Gebiete der Wissenschaften einnehme, ist hier noch unbestimmt offen
gelassem.
361) De anima III; IV, 4, (Vol. III) p. 175 A: Contemplativus intellectus habens
in se finem perfectior et nobilior est practico. S. vor. Abschn. a. a. 0. Aber die
gegentheilige Auffassung s. unten Anm. 369.
XVII. Albertus Magnus. 91
er aber nach dem gleichen Worbilde die theoretische Philosophie (welche
in Mathematik, Physik und Metaphysik zerfällt) als „realis“ bezeichnet *"*),
so stellt er ebenso neben dieselbe, — abgesehen von der moralis —,
das Gebiet der „scientiae sermocinales“, welche als blosse Wegweisung,
vom Bekannten auf Unbekanntes zu gelangen, gar keine wirklichen
Wissenschaften (non verae scientiae) umd eigentlich auch kein Theil der
Philosophie, sondern, da in ihnen nur die „intentiones secundae“ der
Dinge, nicht aber die Dinge selbst, betrachtet werden, nur „modi scien
tiarum“ oder „modi philosophiae“ seien °°°), so dass dieser modus je
naeh dem Inhalte der drei Haupt-Zweige, — nemlich der realis, moralis,
sermocinalis —, selbst wieder sich verschieden modificire 3°*). Und
wenn wir nun noch aus wiederholten Versicherungen, dass die Logik
als blosses methodisches Werfahren kein selbstständiger Theil der Philo
sophie sei °°°), die Ansicht Al|)ert's erfasst zu haben glauben, so staunen
wir wohl billig, wenn wir gerade in seinen die Logik selbst einleitenden
Bemerkungen das directe Gegentheil hievon lesen. Aber allerdings hätten
wir bei einem Schriftsteller, wie Albert war , uns das Erstaunen füglich
362) Phys. I; I, 1, (Vol. Il) p. 1 B: Tres sunt partes essentiales philosophiae
realis, quae non causatur in nobis ab opere nostro, sicut causatur scientia moralis,
sed polius ipsa causatur ab opere naturae in nobis; quae partes sunt: naturalis, et
metaphysica, et mathematica...... Inter vero partes illas prima quidem..... est uni
versalis de ente secundum quod ens, quod non concipitur cum molu et materia sen
sibili u. s. f. ganz nach Avicenna, s. ebend. Anm. 72 f. (insbesondere den dortigen
Begriff ,,res“). Ebenso Metaph. VI; I, 2. Uebrigens wirkt dieser Gebrauch des
Wortes , realis“, zumal da er auch bei Duns Scotus erscheint (s. Abschn. XIX,
Amm. 87), und somit gleichmässig von Thomisten und Scotistem acceptirt wurde,
sehr weit hinab bis in die spätere Bedeutung des Ausdruckes ,,Realisten“.
363) Metaph. 1; I, 1, (Vol. III) p. 3 A: Istae igitur sunt tres scientiae specu
lativae (d. h. Physik, Mathematik, Metaphysik), et non sunt plures ..... Scientiae
logicae non considerant ens et partem entis aliquam, sed intentiones secundas (auch
dieser Ausdruck stammt aus Avicenna's Metaphysik, s. ehend. Anm. 74 a. Schl.)
cirea res per sermonem positas, per quas viae habentur veniendi de noto ad ignotum
(dass dieses die allgemeine arabische Ansicht war, s. ebend. Anm. 15 u. 75) secun
dum syllogismum referentem et probantem; et ideo..... potius sunt modi philosophiae
speculativae, quam aliqua pars essentialis philosophiae theoricae. Morales autem
omnes ..... non sunt contemplandi gratia, sed ut boni fiamus. Hiezu De anima I;
I, 2, p. 2 B: Sunt quaedam scientiae, quas non quaerimus propter se, sed ut nobis
adminiculentur ad alia, sicut scientiam topicorum problematum et scientiam de instru
mento scientiarum, qui est syllogismus, et universaliter scientias sermocinales; et
illae non sunt verae scientiae, sed modi scientiarum omnium, sicut in principio libro
rum logicae diacisse nos meminimus. Dass bei letzteren Worten der Compilator
selbst micht mehr wusste, was er anderwärts zusammengestoppelt habe, zeigt s0
gleich untem Amm. 366 f.
364) De praedicab. I, 7, p. 10 B: Partes logicae generaliter habent docere mo
dum accipiendi scientiam ..... Hic tamen modus .... variatur secundum diversitalem
materiae, in qua quaeritur scientia. Nam in sermocinalibus aliter est in grammatica,
- - - - - - aliter etiam est in poetica, ..... et aliter est in rhetoricis. ...... Aliter etiam
in laudabilibus et ethicis ..... In realibus scientiis aliter est in probabilibus et aliter
in necessariis ..... et aliter in coniectantibus.
365) Phys. I; I, 1, p. 3 A : Logicus ..... procedit ea communibus, quae inve
niuntur in multis et non sunt essentialia illis (s. Avicenna, a. a. 0. Anm. 74), et
ideo logica dicitur inquisitiva ad omnium methodorum principia viam habens. Ebend.
II, 1, p. 12 B: Logica est alia a parte philosophiae essentiali, quia logica potius
docet modum sciendi, quam scientiam, quae sit pars essentialis philosophiae. Metaph,
III; III, 6, p. 107 B: Dialectica non est aliqua pars essentialis philosophiae,
92 XVII. Albertus Magnus.
ersparen können ; denn wenn nun dort immerhin noch im Anschlusse an
Araber die Logik als specielle Wissenschaft, vergleichbar jener Kunst,
welche in der Schmiede den Hammer verfertigt, bezeichnet wird 366),
und ihr sogar ausdrücklich die Stellung eines selbstständigen Theiles der
Philosophie zukommt *"'), so münden ja diese Bemerkungen glücklich in
dem Hafen einer anderen Auctorität, nemlich des Boethius, ein, welchem
die Logik zugleich als Theil und als Werkzeug der Philosophie galt (s.
Abschn. Xll, Anm. 76), und an dessen Eintheilung in inventio und
iudicium wieder eine Stelle des Averroes angeknüpft werden konnte 368).
Ja bei solcher Schriftstellerei durfte Albert auch jener obigen (Anm. 361)
Bevorzugung des theoretischen Gebietes wieder das Gegentheil gegenüber.
stellen und (wie andere Araber, als Avicenna, gethan hatten) die Logik
dem praktischen Zwecken unterordnen *°°). Sogleich hierauf aber accep
tirt er die durchgängig arabische Ansicht, dass der Gegenstand der Logik
die argumentatio sei, deren Begriff jedoch nicht in allzu enger Fassumg
mit syllogismus identificirt werden dürfe , und natürlich ist bei soleher
Aufgabe die Logik, welche den Augenblick vorher als Theil der Philo
sophie geltem sollte, wieder zum instrumentum herabgesunken 370). Eine
366) De praedicab. I, 1, p. 1 A: Quidam enim antiquorum logicam nullam esse
scienliam contenderunt dicentes, non p0sse esse scientiam id, quod est omnis scientiae
sive doctrinae modus (s. Abschn. XI, Anm. 120)...... p. 1 B: Sed non satis con
sideraverunt, quod est...... quoddam commune, quod est in omni scientia; et hoc
est, quod per investigationem rationis eae cognito devenitur ad cognitionem incogniti.
- - - - - (damn folgt ein Citat aus Avicenna, s. vor. Abschn., Anm. 80)...... p. 2 A :
Patet igitur, quod logica una est specialium scientiarum, sicut in fabrili, in qua
specialis est ars fabricandi malleum; ..... invesligatio enim sive ralio investigans
ignolum per notum speciale quoddam est. Hiezu vor. Abschn., Anm. 15.
367) Ebend. c. 2, p. 2 B: Hanc autem scientiam, quae modus est omnis phi
losophiae, quidam nullam partem esse philosophiae contendunt dicentes, non nisi tres
esse partes philosophiae, sc. physicam, mathematicam sive disciplinabilem, et meta
physicam sive divinam (vgl. oben Anm. 362)...... Addunt etiam, ..... quod nullius
rei modus cum re, cuius modus est, venit in generis sui divisionem. ....... Hanc
autem opinionem alii quidam impugnantes dicunt, philosophiae generalis esse inten
tionem, omnem omnium enlium comprehendere veritatem ...... (Num folgt die oben,
Anm. 360, angeführte Stelle)...... (p. 3 A) Adhuc autem huius signum dicunt, quod
apud peripateticos philosophia in tres partes prima divisione divisa est, sc. in phy
sicam .... ethicam .... rationalem ...... (Es folgt nun die im vor. Abschn., Anm.
14, angeführte Stelle)...... Est igitur logica una partium philosophiae generaliter
diclae ....... Horum autem, quae dicta sunt, rationem posuit Avicenna dicens, res
omnes tripliciler esse accipiendas (s. ebend. Anm. 74).
368) Ebend. c. 3, p. 3 B: Necessaria et utilis est logica...... Est enim, ut dicit
Boethius (Abschn. XlI, Anm. 76), ralio disserendi, ..... quae in duas distribuitur
parles, sc. scientiam inveniendi ...... et scientiam iudicandi ....... (p. 4 A) Etiam
Aristoteles dicit, quod modus sciendi ante scientiam quamlibet discendus est (s. vor.
Abschn., Amm. 293).
369) Ebend. p. 4 B: Utilis est ad felicitatem haec scientia, sine qua non at
tingitur felicitatis actus u. s. f. (s. ebend. Anm. 13 u. bes. Anm. 242). -
370) Ebend. c. 4, p. 4 B: Quidam diverunt, quod logica tota est de syllogismo
et partibus syllogismi, determinantes commune subiectum logicae secundum id, quod
est subiectum principale. Non enim ...... (p. 5 A) solum docetur, quid syllogismus
et qualiter et ea, quibus sit, sed hic etiam docetur, quid argumentatio et quae partes
et species eius. Hierauf folgt betreffs der scientia sermocinalis die schon oben,
vor. Abschn., Anm. 84, angeführte Stelle, dann bezüglich der argumentatio die
Aeusserung ebend. Amm. 15, vgl. auch ebd. Anm. 78 f. Sodann p. 5 B: Utuntur
XVII. Albertus Magnus. 93
Blumenlese arabischer Lehren über die Eintheilung der Logik (nach
incompleacum und compleaeum), über voae significativa, über Universalität
und Particularität der Wortbedeutung (auch mit Einschluss der Denkbar
keit, dass es mehrere Sonnen geben könne), über die Werflechtung (collectio)
mehrerer Wesens-Bestimmtheiten in Einem Wesen, und über die Begriffe
des univocum, multivocum u. s. f. (mit Einschluss des „analogon*'),
bildet die weitere Fortsetzung dieser Einleitung in die Logik 371). Da
aber bezüglich jener Haupt-Eintheilung der Logik, woraach sie in Defi
mition (— incompleaca —) und Argumentation (— compleaca —) zerfalle,
die Araber geglaubt hatten, dass der erstere Zweig in der Ueberlieferung
micht vorliege (vor. Abschn., Anm. 16), so gibt num Albert zunächst eine,
offenbar aus Algazeli entnommene, Ergänzung dieser Lücke *7°), hierauf
aber schliesst er sich betreffs der Unterabtheilung des zweiten Haupt
Zweiges vollständig an Alfarabi an 37°).
Indem wir num allerdings von einem derartigen Autor auch bezüg
lich des Einzelnen keine grossen Erwartumgen hegen dürfen *7*), müssen
wir uns zunächst znr Isagoge wenden. Albert beginnt mit einer De
finition des Universalem (quod aptum est, esse in pluribus), welche er
bei Alfarabi vorfand, aber wendet zugleich dieselbe in die mehr nomina
listisch klingénde Auffassung (quod praedicatur de multis) des Avicenna
hinüber *7°), und nachdem ihm Boethius eine Bemerkung über den Nutzen
tamen sermone omnes sermocinales scientiae, sc. grammatica, poetica, rhetorica, et
quae vocatur logica (vgl. ebend. Anm. 18 f.)...... Solus autem logicus sermone uti
tur, prout est pars inslrumenti, per quod solum fides fit de incognito. Hiezu die
ebend. Anm. 399 angeführte Stelle. v.
371) Ebend. c. 5, p. 6 A vorerst die ebend. Anm. 16 u. 21 angeführten Stellen,
dann (p. 6 B): Compleacio aulem et incompleacio (über diese arabische Unterschei
dung s. auch Periherm. I; I, 1, p. 237) non accidunt rei secundum quod res est,
nec etiam voci secundum , quod est v0æ, sed accidunt voci secundum quod refertur ad
intelleclum simplicem vel compositum, vgl. ebend. Anm. 85. Danm (p. 7 A) mit wenig
veränderten Wortem ans Avicenna ebend. Anm. 86, 88 (woran der Spruch des Boe
thius „universale intelligitur, singulare sentilur“, s. Abschn. XIl, Anm. 91, geknüpft
wird), hierauf ebenso ebendoriher Anm. 89, 93 und dann 31.
372) Ebend. c. 6, p. 8 A: Si quis quaerit scire incompleaeum, .... non potest
invenire notitiam eius nisi per diffinitionem ...... Huius autem principia et regulae
sunt quinque et quinque corruptiones. Primum quidem, quod omnia posita in diffi
nitione sint substanlialia ...... Secundum est, .... qu0d ullima differentia sit cum
diffinito convertibilis...... Terlium, quod prius p0situm in diffinitione se habeat ad
sequens sicut potenlia propinqua ad actum ..... Quarlum est, quod diffiniens primum
sit per se notum..... Quintum autem, qu0d diffinitio dicat totum esse diffiniti.....
(p. 8 B) Peccata ipsius sunt quinque his opposita u. s. f. Vgl. vor. Abschn., Anm.
110 u. bes. 254.
373) S. die ganze bei Alfarabi, ebend. Anm. 17, angeführte Stelle.
374) Wenn Heinr. Ritter (Gesch. d. Phil. VIII, S. 187) dem Albert das Wer
dienst zuschreibt, dass „im 13. Jahrh. die aristotelische Philosophie besser erkannt
wurde, als noch in unserm Jahrhundert“ (— dass die Schleiermacheriamer den
Aristoleles nicht verstehem, ist freilich leider nur allzu wahr —), so wird sich
zeigen, wie solch oberflächliches Gerede durch gemauere Forschung zu Schanden
wird. Albert hat den Aristotelismus nicht mur nicht erkannt, sondern geradezu cor
rumpirt, und er ist hierin der Lehrer seines Schülers Thomas gewesen.
375) De praedicab. II, 1, p. 11 A: Universale autem est, quod, cum sit in uno,
aptum natum est esse in pluribus (s. vor. Abschn. Anm. 24), ..... et per hoc quod
in multis per aplitudinem est, praedicabile est de illis. Et sic universale, est, quod
de sua aptitudine est in multis et de multis (s. ebend. Anm. 89). +
94 XVII. Albertus Magnus.
der Isagoge an die Hand gegeben*7°), lässt er vorläufig durchblicken,
dass er keimenfalls Nominalist, aber auch (wie uns Solches in ähnlicher
Weise bei Wilhelm von Auvergme begegnete, s. obem Amm. 283) kein
eigentlicher Platoniker sei °77). Suchen wir aber von ihm zu erfahren,
welche Geltung den Universalien beizulegem sei, so finden wir natürlich
durchweg den Hauptkern der arabischen Doctrin, d. h. die Nebeneinander
stellung der Universalien ante rem, in re und post rem (s. vor. Abschn.
Amm. 24'f. u. bes. Anm. 179 ff.); aber im Einzelnen verfährt Albert so
gedankenlos, dass er micht bloss in den verschiedemen Stellen, an welchen
er auf diesen Punkt zu sprechen kommt, sondern sogar in Einem Athem
zuge sich widerspricht. So lesen wir, dass die Universalien 1) an sich
als die einfachen Naturen existiren, welche dem Dingen Begriff und Namen
verleihem, 2) in den Dingen selbst vervielfältigt und verkörpert vorliegem,
3) aber im Denken sich finden, und zwar a) in der obersten Intelligenz
Gottes und b) im abstrahirenden „intellectus, qui agit universalita
tem“°"*); unmittelbar hierauf aber heisst es: 'die Universalien sind
1) ante rem die substantiellen Principien, 2) in re verleihen sie als be
fähigt, in Wielem zu sein, aler ja nicht als vervielfältigt, den Dingem Be
griff und Namen, und 3) post rem sind sie als Erzeugnisse der Ab
straction blosse Accidentien in der denkenden Seele 37°). Und während
letztere Dreitheilung, — noch dazu als eine „platonische“ —, auch
anderwärts mit der Bemerkung erscheint, dass die Differenz zwischen
376) Ebend. p. 12 A: Est autem necessarium et utile ad diffinitionum assigna
tionem ...... etiam ad divisionum scientiam. S. Abschn. XII, Anm. 85.
377) Ebend. c. 2, p. 12 B: Sunt tamen ..... dicentes, qu0d in solis intellectibus
sunt illa quoad nos, quae utrum sint et quomodo esse habeant, solus scit intellectus.
Et tale esse in intellectu universalia habere, diacerunt illi, qui vocabantur nominales,
qui communitatem, ad quam particularia, de quibus dicuntur ipsa universalia, re
feruntur, tantum in intellectu esse dicebant (natürlich hat er hiebei der Tradition
zu Folge den Roscellinus im Auge)...... Sunt autem adhuc, ..... qui dicunt, uni
versalia nonnisi ideale habere esse, secundum quod universalia sunt, et non esse res
coniunctas materiae, sed implere omnem materiam suam imaginibus particularium.
378) Ebend. c. 3, p. 15 B: Universale triplicem habet considerationem, sc. se
cundum quod in se ips0 est natura simpleæ et invariabilis, et secundum quod refertur
ad intelligentiam, et secundum quod est in isto vel illo. Primo quidem modo simplea
est natura, quae dat esse et rationem et nomen (s. vor. Abschn. Anm. 182)......
Per hoc autem quod est in isto vel illo, multa accidunt ei, .... quod est particulatum
et individuatum, ..... multiplicabile vel multiplicatum, ..... inc0rp0ratum..... Per hoc
autem quod est in intellectu, dupliciter consideratur, sc. aut secundum relationem ad
intellectum intelligentiae primae cognoscentis et causantis ipsum, cuius radius quidam
est; aut secundum relationem ad intelleclum per abstractionem cognoscentem ipsum,
- - - - - qu0d talis intellectus, secundum quod abstrahit ipsum, agit in ipso universali
tatem (s. ebend. Anm. 181).
379) Ebend.: Ante rem sunt formae secundum se acceptae principia rerum
eæistentes (s. ebd. Anm. 95 u. 101). In re sive cum re ipsa sunt formae ezistentes
in ipsis dantes iis nomen et rationem per id, quod sunt aptae esse in multis et uni
versales, non tamen secundum quod sunt in illis ..... parlicularizatae et individuatae
et ad singularitatem ductae. Sunt etiam formae post rem, quae , sunt formae per
abstractionem inlellectus ab individuantibus separatae, in quibus intellectus agit uni
versalitatem. Et primae quidem substanlialia rerum principia sunt; secundae autem
rerum substanliae; tertiae autem accidentia et qualitates, quae notae rerum in anima
acceplae vocantur et dispositiones vel habitus (s. ebd. Anm. 22 u. 85).
xVII. Albertus Magnus. 95
Plato und Aristoteles in den Universalien „in re“ beruhe 889), eröffnet
sich hinwiederum durch Beiziehung der Individuem eine Wiergliederung,
indem die Universaliem 1) ante rem als Causalitäten wirkem, und 2) cum
re auftreten, wo sie a) als Formen das Denken und die Namengebung
bedingen, und b) in re bestehen, indem sie entweder α) als potenziell
vervielfältigbar die eigentlichen Universalien sind, oder ß) actuell zu sin
gulären Individuem werden ?°!). Die Werwirrung aber steigert sich noch,
indem ja wieder die Universalien 1) verschieden von der Materie sind,
und zwar a) als an sich seiend, und b) als mittheilbar, was entweder
c) potenziell in den Dingen oder ß) actuell im Denken der Fall ist;
sodann aber 2) immerhalb der Materie, und zwar a) als Zweck und
b) als Quiddität, in welch letzterer das Gemeinsame durch Abstraction
actuell in das Denken tritt***). Ferner kommt hiezu noch Folgendes:
Die Universalien sind 1) ante rem, und zwar a) der Zeit nach in Gottes
380) Phys. I; I, 6, p. 8 B: Est enim, ul Plato ait, tripleæ universale, sc. ante
rem acceptum, et in re ipsa acceptum, et post rem ab ipsa re abstractum. Ante rem
autem universale est causa universalis omuia causata praehabens potentia rerum in
se ipsa. Universale autem in re est natura communis secundum se accepta in par
ticulari. Sed universale a re acceptum per abslraclionem est intentio formae et sim
pleæ conceptus menlis, qui de re per abstrahentem intellectum habelur. De anima I;
I, 4, p. 5 B: Plato posuit in omni re tripleæ esse universale. Unum quidem ante
rem, quod erat causa rei formalis secundum esse praecedens, quia separatum ipsum
esse posuit. Secundum in re, quod erat forma adhaerens ei una in multis et de
multis, et hoc unum diacit Plat0 in essenlia esse unum et in esse naturae et formae
in omnibus, Aristoteles autem in ratione diacit unum, et in essentia et esse plura.
Tertium autem diacit esse post rem, quod est intentio (s. ebd. Anm. 74) universalis
in anima. S. auch Metaph. III; III, 10, p. 111 B.
381) Metaph. VII; W, 1, p. 286 A : Tripleæ est universale. Ante rem, et haec
est causa praehabens ...... Aliud autem est, quod est natura quidem prius re ipsa,
sed tempore est cum ipsa, et haec est natura rei formalis; ..... cum enim dico
,,homo“, duo importantur per nomen, sc. quo imponitur nomen, et cui. Et quo im
ponitur ipsum nomen, est, quod primo format et movet intellectum, ..... et per hoc
devenitur ad hoc, cuius est illa forma, et haec est substantia, cui nomen impo
nitur....... Si consideratur secundum esse, quo est in particulari, hoc est duobus
modis. Hoc enim potest considerari secundum potentiam et aptitudinem, qua secun
dum esse multiplicabile est in particularia, et sic est universale; aut consideratur,
secundum quod est actu in illis, et sic est singulare suppositum sub communi na
tura demonstratum; ..... et hoc modo est tertio modo dictum universale et sic prae
dicatur de omni eo, de quo praedicatur. Aehnlich De nat. et orig. an. I, 2, (Vol. W)
p. 186 B.
382) De intellectu et intellig. I, 2, (Vol. V) p. 247 B : Utrum universale sit in
solo intellectu, an etiam in re eaetra ...... Dicimus, essenliam uniuscuiusque rei
dupliciter esse considerandam. „Uno modo, prout est natura diversa a natura maleriae
sive eius in quo est.... Alio modo, pr0ut est in materia sive in eo, in qu0 est in
dividuata ..... Et primo quidem modo adhuc dupliciter consideralur. Uno quidem
modo, prout est essentia quaedam absoluta in se ipsa; ..... alio modo, ut ei con
venit communicabilitas secundum aptitudinem, ..... et sic proprie vocatur universale ;
omnis enim essentia communicabilis mullis universale est, etiamsi actu nunquam dat
esse nisi uni, ut sol ...... Per hanc igitur aptitudinem universale est in re eaetra,
sed secundum actum eæistendi in multis non est nisi in intellectu (also was in vor.
Anm. potenziell genannt war, heisst hier actuell, und umgekehrt)..... Prout autem
iam participatur ab eo, in quo est, adhuc duplicem habet considerationem. Unam
quidem, prout est finis generationis vel compositionis substantiae ..... Secundo autem
nmodo, prout ipsa est totum esse rei et sic vocatur quidditas ...... Hoc ergo ultimo
considerata forma praedicatur de re, cuius est forma, et sic separata per vntelleclum
96 XVII. Albertus Magnus.
Intelligenz, und b) dem Wesen nach als Formen, 2) in re als mittheil.
bar, 3) post rem durch Abstraction, und 4) ratione universalitatis, in
soferne die Gemeinsamkeit einigend (uniens) wirkt***).
Ist schon hieraus klar, dass der unverständige Compilator uns alles
Mögliche zugleich darbietet, was nur immer aus den Arabern aufzuraffen
war, so warten unser erst noch die ärgsten Widersprüche. Indem wir
nemlich in dem Bisherigen trotz aller Werwirrung immerhin im Ganzen
den Intellectualismus Avicennás erblicken dürfen *°°°), führt uns Albert
an dem Punkte, in welchem wir ihn am meisten als einen Copisten der
arabischen Aristoteliker beim Worte zu nehmen gedächten, direct in das
Fahrwasser arabisch-neuplatonischer Mystik. Indem er nemlich die Frage
erörtert, ob das Universale im sinnlich Einzelnen oder ausserhalb dessel
ben sei, benützt er zunächst die arabische Ansicht betreffs „im- multis“
und „de multis“, sowie insbesondere Avicenna's Unterscheidung zwischen
natürlicher Gattung und logischem Gattungsbegriff***), und hezeichnet
das Universale als die Wesensform, welche einerseits z. B. „humanitas“
und andrerseits z. B. „homo“ ist *°°). Und da num dieses Form-Wesen
(natura formalis) durch seine Fähigkeit in Wielem zu sein, zur substan
tiellem Eigenschaft (qualitas substantialis, — Alles mach arabischem
Vorbilde —) des Einzelnen werde, sei eben das Universale durchaus
est universale in intellectu, et ideo aplitudo suae communicabilitatis reducitur ad
actum in intellectu separante ipsum ab individuanlibus.
383 a) Metaph. V; VI, 5, p. 221 B: Ante rem autem dicitur universale dupliciter.
Cum enim omnia...... sint in intellectu primae causae sicut in formali et primo
lumine, ..... hoc igitur modo acceptum universale habet quoddam esse speciale, quod
est esse causae intellectualis ...... Alio autem modo dicunt universale ante rem non
tempore, sed substantia et ratione, et haec est; forma aut causa formalis accepta
constituens esse rei; ...... hoc autem cum indifferens sit in omnibus, quae sunt
eiusdem speciei, ..... . sic indivisum habet unam ad omnia vel multa relationem......
Universale autem qu0d dicunt esse in re, est eadem forma participata a mullis aclu
vel potenlia, et haec quidem dicitur universalis, eo quod de se semper est communi
cabilis et propagabilis in multa eae uno ..... Universale autem quod est post rem,
est forma in esse abstractionis ...... Esse autem universalis in ratione universali
tatis (s. vor. Abschn. Anm. 183) esl sic accipiendum: in universali quidem aliud est
id, quod est ipsum universale, et aliud est universalitas sive universitas ipsius, sicut
in hoc universali ,,homo“ aliud est ipsa natura, quae homo est, et aliud est com
munitas ipsius sive communio (s. ebend. Anm. 93), quia ..... universale nec est
unum nec est multa. Universalitas autem ipsius, quae magis proprie dicilur univer
sitas, est eæ respectu sui ad supposita, quae respicit illa sicut umiens....... Patet,
quod in ratione huius universitatis aliud habet esse, quam sit esse eius ante rem
vel in re vel post rem acceptum.
383 b) S. hierüber auch die so eben erschienene Schrift Haneberg's, Zur Er
kenntnisslehre von Ibn Sina und Albertus Magnus. (Abhdlgn. d. bay. Akad. d. Wiss.)
München. 1866.
384) De praedicab. II, 5, p. 19 A: Restat nunc de difficillima quaestione disserere,
..... utrum universalia sint separata a sensibilibus, an in sensibilibus et, singularibus
posita. Hierauf folgen die ebend. Anm. 24 u. 23 angeführten Stellen, sowie eine
Erklärung, welche dem Sinne nach mit dortiger Anm. 180 übereinstimmt.
385) Ebend. c. 8, p. 24 A: Universale est forma et est forma totius. Sed
forma tolius dupliciter designatur in nomine. , Designatur enim ut forma tantum,
sicut ,,humanitas“.... et ideo non praedicatur de eo, cuius est forma...... Designa
tur etiam ut forma totius totum esse dicens, cuius est forma, ..... sicut „homo“
dicit esse formale. S. ebd. Anm. 93. Uebrigens ist dieses die Quelle der alsbald
eintretenden Controverse über unitas formae oder pluralitas formarum.
XVII. Albertus Magnus. 97
micht eine für sich getrennte Substanz °°°), denn nur in der Mittheilbar
keit (communicabilitas) liege die Beziehung des Universale auf das Ein
zelne, so dass (wie z. B. bei der Sonne) von der actuellen Wielheit des
Einzelnen abgesehen werden müsse **"). Für die Werwirklichung aber
des Einzelnen selbst sei die Materie als Princip zu betrachten (— prin
cipium individuationis —, mach Avicenna), und die aristotelische Auf
fassung sei die richtige ***), während Plato einerseits durch die Los
trennung der Universalien vom ihrer materiellen Individualisirung sich im
Irrthume befinde *°°), und andrerseits doch wieder dieselben durch
mathematische Formen verkörpere, so dass er gerade in dem Principien
fragen jedenfalls dem Aristoteles nachstehe *°°). Ja die Auctorität des
aristotelischen Begriffes „αὐvolov* (s. Abschn. IV, Anm. 461 u. 471 ff.)
packt den Albert so heftig, dass er ausruft, es gebe abgesehen von dieser
innigen Verbindung des Stoffes und der Form gar kein Universale, als
nur das in der denkenden Seele erfasste **''), und er kann somit jene
386) Metaph. VII; W, 1, p. 286 B: Universale sic dictum (d. h. als multiplica
bile, s. ob. Amm. 381) est esse substantiale, quod semper est in alio, nec esse potest,
quando in alio non est; et hoc m0d0 n0n est substantia, sed substanliale quoddam
esse (s. vor. Abschn., Anm. 95 u. 101), quod accidit substantiae per hoc, quod uni
versale secundo modo diclum (d. h. als singulare suppositum) est qualitas substan
tialis et substantia eæistens...... C. 2: Quod autem impossibile sit, quorumlibet
substantiam esse de numero universaliter dictorum, videtur multis rationibus......
(p. 288B) Eae omnibus igitur inductis manifestum est, universale secundum esse uni
versalis substantiam distinctam et per se eæistentem non esse.
387) Ebend. V; VI, 6, p. 222 A: Communicabilitas igitur causa est, qu0d com
paratur (sc. universale) pluribus..... p. 222 B: Sufficit universali, ..... qu0d ipsum
de se ambiat multa, sive illa sint sive non sint, dummodo sint, de potentia sui am
bitus, sicut patet in forma solis. S. ebend. Anm. 89.
388) Ebend. III; III, 10, p. 110 B: Cum enim materia sola principium sit in
dividuationis (s. ebd. Anm. 22 u. bes. 184) et nihil sit singulare nisi materia vel per
materiam, si nihil est forma praeter materiam (nemlich nach der hier bekämpften
Ansicht der Atomiker), ..... nihil erit in re nisi singulare ..... c. 11, p. 112 B:
Secundum igitur inlellectum Aristotelis dicimus, omnes formas potentia esse in materia
et per motum educi de ipsa (s. Abschn. IV, Anm. 468—505). Hierin sodann liegt
die Quelle der zweiten einflussreichen Controverse (vgl. Anm. 385), nemlich der
jenigen, welche über die Individuation geführt wurde.
389) Ebend. VII; V, 5, p. 292 A : Si forma simpleæ sit singularis, ista nun
quam potest esse universalis; et hoc modo dicunt de ideis, quod quaelibet est sin
gularis separala, ..... non attendentes, quod omnis forma de se communicabilis est,
et quod etiam nomen individui a formis communicabilibus imponitur, sed principium
individuationis in ipso est materia. Ebend. XI; I, 7, p. 353 B: Notitia materiae est
illud, quod in re sentitur et subiicitur quantitati et situi et sensibilibus, et dicitur
secundum hoc materia, cum qua est hoc aliquid ens, eo quod ipsa est primum, prin
cipium individuationis. S. auch De seæ princ. I, 5, p. 199.
390) De praedicab. II, 4, p. 17 B: Plato . . . . universalia diacit esse corporalia
quaedam in malhematicis rationibus et formis constituta; quod autem quidam dicunt
de universalibus immaterialium, ut angeli et animae, nihil penitus valet ad pr0p0si
tum ; talia enim diacit Plato ab aeterno consistere et radios quosdam lucis primae
eSSe . . . . . . (p. 18 B) Nullo modo universale est corporale, quia est sicut natura cor
poris, cui per aptitudinem dicendi de multis accidit universale esse ...... (p. 19 A)
Aristoteles in omnibus, quae dizit, Platoni praeponatur in positione principiorum;
- - - - - nec est curandum de sophisticis quibusdam, qui ante nos quaedam scripserunt.
391) Metaph. III; II, 7, p. 91 B: Quaestio autem haec est, utrum aliquid sit
forma et universale praeter materiam et synolon (sive simul totum), quod est parti
culare ...... p. 92 B: Non ponemus rationabiliter formalem et separatam domum
PRANtl, Gesch. III. 7
98 XVII. Albertus Magnus.
arabischen Stellen abschreiben, in welchen alle logischen Momente der
Universalien als Accidentiem derselben und die Universalien selbst als
blosse Erzeugnisse des abstrahirenden Denkens bezeichnet werden, obwohl
er dabei seine Begeisterung für das aristotelische σύνολον insoferne wieder
vergisst, als er vorerst von dem Ansichsein der Universalien plaudert °°°).
Wenn er aber ferner den subjectiven nominalistischen Standpunkt so stark
betont, dass aus der Mamigfaltigkeit des Einzelnen die substantielle Aehn
lichkeit (similitudo) oder die Gemeinsamkeit (communitas) mur vom ab
strahirenden Denken als Universale erfasst werde, und somit das Denken
ausdrücklich als Causalität der Universaliem, welche hiemit nur post rem
sind, zu betrachten sei *°°), und wenn er dieses Universale post rem
entschiedem polemisch gegen Plato kehrt 394), so sollte man doch wohl
glauben, Albert habe eine bestimmte Ansicht. Mit nichten. Er belehrt
uns ja selbst, dass ihm all solcher aristotelischer Nominalismus bei Leibe
nicht Ernst sei; denn in einer längeren Stelle, in welcher er von einer
dreifachen Geltung der Universalien spricht, um schliesslich mit der Dar
legung einer vierfachen Geltung derselben aufzuhörem, hat er jemes so
entschieden bevorzugte Universale post rem ganz und gar beseitigt, und
aliquam, quae sit praeter domos materiales, nisi ponamus eam in anima tectonici.....
Non propter scientiam vel utilitatem oportet nos ponere, formam eaetra animam habere
esse praeter synolon.
392) Ebend. V; VI, 7, p. 223 A : Natura autem illa, quae est universale sim
pleæ, natura est secundum se ipsam eæistens eae suis constans diffinientibus ......
Sic enim non pendet esse suum eæ intellectu esse vel in supposito esse..... Accidit
(s. vor. Abschn., Anm. 85) enim ei, esse in hoc et in illo, et per hoc efficitur pro
prium ; accidit etiam eidem, referri ad multa, et per hoc efficitur universale sive
commune; accidit etiam eidem, esse separatum, et per hoc efficitur intelligibile;
accidit etiam ei, terminatum esse et indivisum, et per hoc efficitur unum; et accidit
eidem adhuc, dividi per materiae divisionem, et per hoc efficitur mullum. ......
(p. 223 B) Universale, licet ab hoc, quod est in intellectu, non sit universale, non
est tamen universale nisi ens in intellectu;..... hoc enim modo est universale, prout
accipitur unum de omnibus ; unum autem de omnibus non est in esse, quod habet in
rebus ; ..... igitur prout unum est separatum ab omnibus ; huiusmodi autem fit per
intellectum. S. ebend. Aam. 74.
393) VII; V, 3, p. 290 A: 0p0rtet igitur, quod universale esse universalis sit
dispositio particularis et sit substantialis particularium similitudo; et ideo non est
substantia eorum ...... Natura ipsa, quae forma est ut natura considerata, multipli
cabilis est in multa et tunc multa est et divisa et singularia; quia tamen est essen
tialis similitudo, intellectus agit eam eae mullis ad unum, quia unum est, qu0d
abstrahitur ab omnibus; et haec communitalis unitas procedit a singularitate sua in
materia, inquantum est causa similitudinis essentialis. Et hoc modo universale in
intellectu est et posterius et non causa rei particularis, sed causatur ab ips0 per
intellectum abstrahentem, et sic patet, quod est esse quoddam, sicut dispositio est
esse eius, quod disponitur per ipsam. Anal. post. I; I, 3, p. 518 B, woselbst nach
der im vor. Abschn., Anm. 22, angeführten Stelle folgt: Ex hoc quod universale
denudatur a materia et individuantibus, eo ipso est universale, ..... unde eo ipso,
quod est in intellectu, est universale. Ebend. II, 3, p. 529 A: Animal, quod est
universale, aut nihil est aut posterius est, et quod in ,,Seae principiis“ dicitur (s.
Abschn. XIV, Anm. 487), quod omnis communitas a singularitate procedit.
394) De anima I; I, 4, p. 5 A: Cum intellectus noster accipit intentiones essen
tialium principiorum ..... et abstrahit eas a materia et ab individuantibus aliis, tunc
agit in eis universalitatem. Sic universale posterius est, quando ut universale acei
pitur, et non sicut prius diacit Plato, quod praecederet secundum esse omnia sua
particularia.
XVII. Albertus Magnus. 99
indem er bemerkt, die Universalien seiem 1) an sich existente Naturen,
2) mit der Fähigkeit behaftet, in dem Wielen zu sein, 3) in „spiritualer“
und „speculativer* Geltung im Lichte der göttlichen Intelligenz, und
4) quantitativ individualisirt in der Materie, so knüpft er an das zweite
dieser vier Glieder noch die Unterscheidung, dass man jene Fähigkeit (des
Einwohnens im Wielem) entweder in die Dinge selbst oder in das mensch.
liche Denken verlegen könne, und sowie man im ersteren Falle Realist
und im Letzteren Nominalist sei, so könne er doch nicht die Bemerkung
unterdrücken, dass er seinerseits die realistische Ansicht aufrecht halte 39°).
Allerdings hätte er sich so all jene Plagiate aus Avicenna (und uns die
Mühe , dieselben zu registriren) ersparen können ; aber da er ja Realist
sein will, so darf er auch dem Geist des Augustinus heraufbeschwören,
indem er meint, das Universale an sich und in den Einzelndingen und
in der denkenden Seele sei doch all das Nemliche, d. h. es sei ebem
das „Licht* der göttlichem Intelligenz °°°). Und so bricht vielleicht seine
eigentliche Geistesrichtung, in Folge deren er freilich ein Talent zum
Missverstehen des Aristoteles besitzen musste, am meistem in seiner Schrift
„De causis et processu universitatis“ durch, in welcher er mit Wer
gnügen in der Mystik jenes gleichnamigen Buches (De causis, s. oben
Amm. 23 ff.) wühlt und natürlich nur die in Gottes Intelligenz befind
lichen Universalieivkennt *°7).
395) De praedicab. IX, 3, p. 93 A: 0mnia quinque tripliciter considerari possunt.
Si enim in se accipiantur, ..... sunt naturae quaedam...... Si autem accipiuntur,
seeundum quod naturae illi simplici additur aptitudo ad hoc, quod sint in pluribus
inferioribus, tunc illa iam efficiuntur universalia ...... Utrum autem haec aptitudo
sit in re, quae sua simplicitate apta sit ezistere in pluribus, ...... vel sit in solo
intellectu, ita qu0d ..... solus intellectus similitudinem naturae unius ad eandem
naturam in specie in alio accipiat, ..... quaestio fuit. Et primo quidem modo illi
diaeerunt, qui reales vocabantur, secundo autem modo hi, qui dicebantur nominales.
Et hoc ad praesens non disserendum; tamen in praecedentibus ..... hoc sustinuimus,
quod diacerunt reales ...... Haec autem eadem natura accepta in lumine intelli
gentiae ...... operatur ad esse spirituale ....... (p. 94 A) Per hoc autem, quod in
sensibilibus et in materia efficiuntur ad quantitatem, ..... efficiuntur multa ......
(p. 94 B) Et sic illa natura in quadruplici esse accipitur, sc. in esse naturae sim
plicis, in esse aptitudinis ad multa, in esse luminis intelligentiae, in esse individui
designati per individuantia. Et ideo habet rationem naturae per primum, et habet
rationem universalis per secundum, et rationem intellectus speculativi per tertium, et
rationem particularis et individui per quartum.
396) Ebend. II, 6, p. 21 B: Intellectus in formis agit universalitatem ......
(p. 22 A) Universale unum numero et essentia est in anima et in se ipso et in sin
gulari, nec differt nisi secundum esse determinans ipsum ad hoc vel illud.......
Similitudo de luce et colore bona est ...... Id unum, quod in tribus ipsum facit
esse, est vis intelligentiae primae, quae causa universi esse est in omnibus. C. 7,
p. 23 B: Universale naturae producitur in esse ab agente intelligentia, quae operalur
per suum intellectuale lumen in omni natura. Dieses erbauliche neuplatomisch
augustinische Gleichniss fimdet sich auch insbesondere De Praedicam. II, 3, p. 107 A:
Secundum veritatem sunt tres substantiae formales. Sunt enim formae, quae sunt
tantum formantes, et illae sunt primae formae procedentes a lumine agentis intellectus
...... Et sunt formae substantiales, quae sunt cum eo ingredientes in esse rei et
constituentes, quae sunt sicut lumen causa coloris...... Et similiter substantiae for
males, quae sunt sicut color est immutativus visus vel motivus secundum actum lucidi.
397) Z. B. I, 2, 5, (Vol. W) p. 544 A: Primum principium habet scientiam omnium
generum et specierum et individuorum tam substanliae quam accidentium) ..... quod
7 *
100 XVII. Albertus Magnus.
Wollen wir aber aus diesem Wirrwar uns wenigstens die Termino
logie vor Augen stellen, in welcher sich diese Lehre von den Universalien
bewegt, so treffen wir auf Grundlage der arabischen Quellen *°*) folgende
Begriffe: vor Allem aptitudo (Anm. 375, 379, 381 f., 390, 395) und
communitas oder communicabilitas (Amm. 377, 380—383, 387, 389,
392 f.), auch multiplicabile (Amm. 378, 381 f., 393); sodann forma
oder natura formalis (Anm. 379—381, 383, 385, 389, 391, 393), selbst
quidditas und finis (Amm. 382), richtiger qualitas substantialis (Anm.
379, 386) oder universalitas (Amm. 383); ferner betreffs der subjectiven
Seite intentio (Anm. 380, 394) oder dispositio (Anm. 379, 393), auch
referri (Anm. 377, 392), insbesondere aber abstractio (Anm. 378—380,
382 f., 393), und hiemit zusammenhängend wieder similitudo (Anm.
393, 395), ja selbst indifferens (Anm. 383). Wenn aber viele dieser
Begriffe auch in der logischen Parteispaltung des 12. Jahrhunderts (s.
Abschn. XIV) eine Rolle spielten, so besteht dennoeh hier keine geschicht
liche Continuität mit jenen damaligen Bewegungen (höchstens betreffs des
Gilbertus Porretanus, mit welchem Albert natürlich sympathisirt, ist durch
obiges Citat, Anm. 393, für jene vereinzelte Stelle ein Zusammenhang
machweisbar), sondern all die bunte Manigfaltigkeit der Ausdrücke beruht
auf den Arabern, deren Darstellungen durch Albert's blindes Zusammen
raffen mit Einem Schlage bekannt wurden. Darum gestaltet sich auch,
wie wir sehen werden , nach Albert und Thomas die Parteispaltung in
ganz anderer Weise, als in jenen früheren Jahrhunderten.
Hatte ich im Bisherigem die umerquickliche Aufgabe, den Albert in
der logischen Principienfrage geradezu als einem kopflosen Menschen dar
zustellen, so muss ich , nun sein Schreiber- Talent auch noch in Kürze
durch die einzelnen Gruppen und Theile des Inhaltes der Logik hindurch
begleiten 89°).
Nachdem er die Zahl und Reihenfolge der fünf Universalien be
gründet hat *"°), macht er sich an die Einzeln-Erörterung derselben. Was
zunächst genu8 betrifft, so handelt es sich unter dem verschiedemen Wort
bedeutungen desselben um die logisehe *''4), wobei auch an eine mögliche
Relativität des Gattungs-Begriffes 40?), sowie überhaupt an die accidentelle
und die substantielle Aussage zu denken ist *°°), indem ja das Haupt
gewicht auf der Quiddität liegt *°*). Bei Erläuterung des Acciden
ratio et species est constitutionis omnium, u. s. f. in diesem Tone durch das ganze
Buch hindurch.
398) Ich habe im II. Bd. S. 350 auch betreffs der Araber diesen Punkt ins
Auge gefasst.
399) Eine unnütze Raumverschwendung schiene es mir zu sein, wenn ich nun
für das folgende Detail des 0rganons all jene Stellen, in welchen Albert Arabisches
benützt und höchstens im weitschweifigen Wortlaute von diesen seinen Quellem ab
weicht, vollständig abschreiben wollte. Ich beschränke mich , daher , (unter Wer
weisung auf die betreffenden Anmerkungen des vorigen Abschnittes) auf blosse
Ziffer-Citate, durch welche mich ja, wer Lust hat, immerhin controlliren kann.
400) De praedicab. II, 9, p. 25 B. S. vor. Abschn. Anm. 107.
401) Ebend. III, 1 u. 2, p. 26 ff. S. ebend. Anm. 109.
33, Ebend. c. 3, p. 29 B. S. ebd. Anm. 112. -
403) Ebend. p. 30 A. S. ebd. Anm. 94.
404) Ebend. p. 30 B. S. ebd. Anm. 116.
XVII. Albertus Magnus. 101
* tellen *°°) erscheint dann hier zum ersten Male der auf gröblichstem
Missverständnisse einer aristotelischem Stelle beruhende Begriff des „indi
viduum vagum" *°°), bei dem Substantiellen hingegen kommt das Wer.
hältniss des quale und des quale quid zur Sprache 407).
Auf die Begründung, warum hierauf species sich anzureihem habe 408),
folgt num gleichfalls die Erörterung der verschiedenen Bedeutungen dieses
Wortes *°°), wobei die von Avicenna weiter oben geführte Controverse,
ob nicht Gattungs- und Art-Begriff sich wechselseitig im Kreise drehen,
nachgeholt wird *'"). Bei der Frage, welche der beiden üblichen Defini
tionen der Species die richtigere sei*!!), bringt Albert einmal eine
Verbesserung bei ***), gelangt aber zuletzt zum gleichem Resultate wie
Avicenna ***). Mit grösster Ausführlichkeit aber wirft er , sich sodann
auf die Tabula logica des Porphyrius 414), wobei er nicht bloss auf die
Geltung des „ens"*'°) und auf die beispielsweise Beiziehung des Be
griffes „Engel* kommt *'°), sondern auch zur Werdeutlichung einmal die
Ausdrücke ,,collectio“ und „adunatio“ gebraucht, in welchen er offenbar
durch Gilbertus Porretanus beeinflusst ist 417).
Auch bezüglich der differentia bahnt die Frage über den Sprach
gebrauch ***) den Weg zur Unterscheidung der alterirenden und der
artmachenden Differenz, deren qualitative Function (in quale quid) fest
zuhalten ist *'°), so dass sich hieran ebensosehr jene Erwägungen über
die Gradabstufung der Qualitäten knüpfen **"), wie die Frage über das
Entblösstsein an die Unterscheidung der theilendem und der constituirenden
Differenz ***). Das Werhältniss sodanm der Differenz zum Gattungs- und
405) Ebend. c. 4, p. 31 A. S. ebd. Anm. 157.
406) Ebend. p. 31 B: Individuum ...... ab Aristotele designatur in Praedica
mentis ut vagum, ut ,,aliquis homo, aliquis bos“, et de hoc potest esse dubium,
utrum de uno solo an de pluribus praedicetur (s. die Stelle Abschn. IV, Anm. 387.
Albert spricht noch öfter von diesem monströsen Begriffe, z. B. ebend. IV, 1, p. 35 A.
IV, 7, p. 49 A. De praedicam. II, 2, p. 107 A).
407) Ebend. p. 32 A u. B. S. vor. Abschn., Anm. 106 f.
408) Ebend. IV, 1, p. 34 A. S. ebd. Anm. 118.
409) Ebend. p. 35 A. S. ebd. Anm. 119.
410) Ebend. p. 35 B. S. ebd. Anm. 113. -
411) Ebend. p. 37 A u. c. 2, p. 37 B. S. ebd. Anm. 28 u. bes. 121 f. (auch
die geschichtliche Frage des Avicenna, ebd. Anm. 120, fehlt hier nicht).
412) p. 37 A: Haec quidem solutio est Avicennae (s. ebd. Amm. 121). Posset
tamen melius dici, quod ...... cum individui participatione non participet immediate
nisi species, de differentibus numero non praedicatur immediate nisi species u. s. w.
413) Ebend. 2, p. 38 A. S. ebd. Anm. 128.
414) Ebend. 3, p. 39 A. S. ebd. Anm. 132. Die Abstufung von genus gene
ralissimum zur species specialissima ist das Thema aller moch folgendem Capitel
dieses IV. Buches. -
415) Ebend. p. 41 A. S. ebd. Anm. 32.
416) Ebend. 4, p. 42 A. S. ebd. Anm. 117.
417) Ebend. 6, p. 46 B: Quod autem commune est et universale, semper est
collectivum et adunativum..... Colligere et adunare sunt idem in substantia, differunt
tamen secundum rationem m. s. f. Vgl. Abschn. XIV, Anm. 473 f.
418) Ebend. V, 1, p. 50 A. S. vor. Abschn. Anm. 135.
419) Ebend. p. 51 f. S. ebd. Anm. 138—140.
420) Ebend. 2, p. 54 A u. B. S. ebd. Anm. 148 f.
421) Ebend. 3, p. 55 f. S. ebd. Anm. 145 f. u. 198.
102 XVII. Albertus Magnus.
Art-Begriff führt zur Erörterung darüber, dass die Gattung nur Potenz, .
nicht aber Stoff sei ***), indem hiedurch die Aussagbarkeit der Differenz
als eines Universale bewahrt bleibe ***), und zugleich am der engeren
Definition der Differenz festgehalten werden könne 434).
Ebenso verfährt Albert an der Hand der Araber auch beim pro
prium **°) und beim accidens, bei welchem er aber die Einwendungen
Avicenna's gegen Porphyrius nicht gelten lässt, sondern instinctmässig mit
den Schwächen des Letzteren sympathisirt *°°). Hingegen was aus Avi
cenna über die Berührungspunkte und Unterschiede der fünf Universalien
entnommen werden konnte, bietet Albert in unerträglicher Weitschweifig
keit dar **"), um zuletzt noch aus gleicher Quelle auf dem substantiellen
Nexus aller Universalien hinzuweisen 4*°).
Die Kategorie n knüpft Albert (gleichfalls auf arabischer Grund
lage) dadurch an die Universalien am, dass es sich mur um jene „Gat
tungen* handle , welche unter die fünf Universalien subsumirt werden
können, wornach er das Wort „praedicamentum“ förmlich als synonym
mit „praedicabile“ behandelt *°°). Die Auctorität aber einer Stelle des
Boethius veranlasst ihn, die Kategorien ziemlich nominalistisch zu be
trachten *°°), und ebendorther wiederholt er die scharf dualistische
Scheidung zwischen Substanz und Accidens ***). Die Einzeln-Erörterung
aber bielet wenig Principielles dar; sie bewegt sich nur in einem höchst
422) Ebend. 4, p. 58 ff. S. ebd. Anm. 194, 140, 166, 301, 193.
423) Ebend. 5, p. 61 f. S. ebd. Anm. 141 f.
424) Ebend. 6, p. 63 f. S. ebd. Amm. 297 u. 144. Eine vereinzelte Pole
mik Albert's gegen Avicenna in diesen Discussionem hahe ich bereits ebend. Anm.
150 angeführt. Uebrigens füllem Erörterumgen über die engere Definition der
Differenz noch den ganzen Rest dieses W. Buches.
425) Ebend. VI, 1 u. 2, p. 70 ff. S. ebend. Anm. 152—155.
426) Ebend. VII, 1—3, p. 74 ff. S. ebd. Amm. 29 f. u. 156—159, woselbst
ich Avicenna's gerechte Bedenken erwähnte; Albert aber meint (p. 77 A): Arabes
phil0s0phi hanc Porphyrii accidentis descriptionem reprehenderunt...... Quod autem
subiungitur de divisione accidentis, ratio est, ut ostendatur assignatio vera de utroque
accidente u. s. w. .
427) Ebend. VIII, 1—13, p. 79—91. S. ebd. Anm. 162—170. Tadelnde Be
merkungen über Porphyrius werden aber von Albert auch hier ignorirt (z. B. jene
ebd. Anm. 171) oder ungeschickt widerlegt (z. B. jene ebd. Amm. 164 durch die
Worte p. 80 A: Tam genus autem quam differentia praedicatur de pluribus speciebus,
dicit Avicenna. Quod quamvis non sit necessarium, tamen non est impossibile, quia
in pluribus hoc invenitur). -
428) Ebend. IX, 1, p. 91 B. S. ebd. Anm. 172—174.
429) De praedicam. I, 1, p. 95 A: Sequitur igitur munc determinare de his,
quae . . . . . ad se invicem sunt Ordinanda secundum genera, species, differentias, pro
pria et accidentia..... Et ideo hic ordinabilia ad subiici et praedicari sunt ordinanda
et determinanda secundum omnem sui diversitatem, quae consistit in decem generibus
praedicabilium sive praedicamentorum. Vgl. ebd. Anm. 17 u. 91 u. ob. Anm. 114.
430) Ebend.: 0rdo praedicabilium non potest determinari nisi seeundum quod
sub voce habet praedicabile designari, rebus enim inquisitive incognitis non possumus.
..... Propter quod dicit Boethius (s. Abschn. XII, Anm. 84), quod haec scientia, sc.
libri praedicamentorum, est de decem primis vocibus prima genera rerum significan
tibus (die widersprechende, Kehrseite hievon s. unten Anm. 444).
431) Ebend.: Partes autem huius subiecti sunt ordinabilia secundum diversum
nm0dum praedicandi in substantia et accidente, et in accidentibus secundum omnia
novem genera accidentium; et sic multitudo infinita restringitur in decem genera, ut
dicit Boethius (s. ebend. Anm. 90). -
XVII. Albertus Magnus. 103
weitschweifigen Commentare, in welchem wir durch dem arabischem Stoff
hindurch noch die griechischen Commentatoren (namentlich den Simplicius)
durchblicken sehem. So begegnen wir als Gegenständen solcher £$££;e
zunächst den Begriffen des Synonymen, Homonymen, Analogen u. dgl.***),
dann der sog. regula de quocunque, welche auch hier in Verbindung
kommt mit dem Dictum de omni *°°), ferner den Angaben über den
quidditativen Charakter der Substanz ***), über den Unterschied der
substantia prima und secunda *°°), über das substantiale *°°), über die
bloss subjective Bedeutung der Relation **") u. s. f. Aber den tieferen
Fragen scheint Albert hier absichtlich aus dem Wege zu gehen, und so
benützt er auch jene Controverse nicht, welche Avicenna darüber geführt
hatte, ob Qualität und Quantität zu den Accidentien gehören *°°). Hin
gegen fand er es für nöthig, zur Erklärung der sechs letzten Kategorien
das pfuscherische Machwerk des Gilbertus Porretanus nicht bloss voll
ständig aufzunehmen, sondern auch in peinlichster Ausführlichkeit zu
commentiren *°°), wodurch er sich das traurige Werdienst erwarb , dass
die ,,Seae principia“ auf lange Zeit förmlich in das 0rganon recipirt
blieben 4*°). Ausserdem bürgerte sich durch Albert's Auctorität die
Nomenclatur „Antepraedicamenta“ (Synonym u. s. f) und ,,Postpraedi
camenta“ (die vier Gegensätze, prius, simul, motus, habere), welche wir
allerdings auch schon bei Abälard trafen (Abschn. XIV, Anm. 272), nun
ganz allgemein ein ***).
Bei Erklärung der Schrift De in te rp r et at i o n e, welche hier zum
ersten Male in zwei Bücher getheilt erscheint***), hatte Albert einen
reichen Stoff vor sich, indem er mit den Commentaren der Araber auch
jenen ausführlicheren des Boethius verbinden konnte; und indem er diess
S. vor. Abschm. Anm. 191 u. 31.
A. S. ebd. Anm. 192 u. Abschn. XI, Amm. 152.
A. S. vor. Abschn., Anm. 33.
f. S. Abschn. XI, Anm. 151.
17 B. S. vor. Abschn., Anm. 196.
41 A. S. ebd. Amm. 35. Ebend. c. 7, p. 149 A, vgl.
432) Ebend. I, 3,
433) Ebend. c. 6
434) Ebend. II, 1,
$ Ebend. c. 3
436) Ebend. c. 10, p.
437) Ebend. IV, 1, p.
ebd. Anm. 207.
438) S. vor. Abschn., Anm. 199.
439) Acht Tractate (p. 194—236) widmet Albert in stupider Hingabe jenem
Producte, dessem Armseligkeit ich oben, Abschn. XIV, Anm. 485 ff., zu schil
dern hatte.
440) Wenn nemlich allerdings auch schon Lambert v. Auxerre bei Uebertra
gung der byzantinischen Logik das Buch De sea, principiis eingereiht hatte (s. oben
Anm. 116, vgl. auch Amm. 173 u. 308), so wurde diese Ergänzung doch nur durch
Albert zu einer so allgemein üblichen, dass noch die Drucke der lateinischen
Uebersetzungen des 0rganons bis ins 16. Jahrh. hinab sämmtlich dieser Sitte
huldigten.
441) De praedicam. I, 6, p. 102 A und VII, 1, p. 173 A. Bei der Frage, zu
welcher Kategorie die Bewegung gehöre, schliesst sich Albert (VII, 14, p. 190 A)
an Avicenna an (s. vor. Abschn., Amm. 208).
442) Periherm. II; I, 1, p. 268 A: Nunc sub alterius libri principio de conse
quentiis enuntiationum u. s. w. Sicher beruht diese Trennung, gemäss welcher
(nach der jetzt üblichen Numerirung) mit dem 10. Capitel das zweite Buch begann,
ebensosehr auf arabischer Litteratur wie die Zertheilung des Buches Soph. Elench.;
s. ebend. Anm. 64. In den Drucken des 0rganons erscheint diese Abtheilung noch
bis in das 17. Jahrh. -
104 XVII. Albertus Magnus.
wirklich that, haben wir auch hier nicht von individuellen Werdiensten
desselben zu berichten, sondern nur einige Punkte bezüglich ihrer Quellen
hervorzuheben. Er knüpft das Buch, von welchem er auch erwähnt,
dass es Andronikus für unächt gehaltem habe ***), in boethianischer Auf.
fassung derartig an die Kategorien, dass in letzteren die in Worten
hezeichnete Sache, in ersterem aber die redende Bezeichnung (sermo)
der Sache die Hauptsache sei***), und in Bezug auf die nachfolgende
Syllogistik fixirt er den Sprachgebrauch der Worte „enuntiatio“ und
„propositio“ **°). Es folgen sodann unter Benützung der Araber die
üblichen Controversen über voae 4*°), momen **") und verbum 44°), sowie
die Eintheilung der Satzarten ***), und hierauf in grösster Ausführlichkeit
die Erörterung über die sog. Infinitation *°°). Bei Besprechung der Ein
heit des Urtheiles mimmt Albert die arabische Unterscheidung auf, wornach
das copulative Urtheil nur als zusammengesetztes, hingegen das conditio
nale und disjunctive als einheitlich verbumdeme (coniunctione unum) be
trachtet werden soll *°!), und ebenso folgl er arabischen Worbildern
bezüglich der Qualität *°*) und der Quantität *°°) der Urtheile, sowie bei
ein paar einzelnen Schul-Controversen *°*). Die Lehre aber von der Ent
gegensetzung und Aequipollenz entwickelt er vollständig nach Boethius *°°),
so dass natürlich auch hier jene wahren innerem Schwierigkeiten des
aristotelischen Buches (s. Abschn. IV, Anm. 203 f. u. 235) ungelöst
hleiben. Endlich bezüglich der modalen Urtheile wiederholt er den
443) Ebend. I; I, 1, p. 238 B. Die Quellenstelle des Boethius nebst jener
des Andronikus selbst s. Abschn. IX, Amm. 45.
444) Ebend. c. 2, p. 240 A: Est enim liber praedicamentorum de decem vocibus
prima principia significantibus et secundum rerum proprietates, non vocum (seinen
eigenem Selbstwiderspruch, — s. obem Anm. 430 —, brauchte natürlich Albert
nicht zu bemerken). Hic autem in scientia de interpretatione est inchoatio a sermone
sive voce et terminatur in rem. S. Abschm. XII, Anm. 84 u. 110.
445) Ebend. c. 1, p. 238 A: Propositio est enuntiatio stans sub forma syllo
gismi. S. Abschn. XI, Anm. 153, u. Abschn. XII, Anm. 111 f. u. 133.
446) Ebend. II, 1 u. 2, p. 242 ff. S. vor. Abschn., Anm. 210.
447) Ebend. c. 4, p. 246 f. S. ebd. Anm. 211.
448) Ebend. Ill, 1, p. 254 ff. S. ebd. Anm. 38.
449) Ebend. II, 2, p. 243 A: Nec deprecativa nec optativa nec coniunctiva nec
infinitiva cum vero vel falso significant, sed ..... quando est indicativa. Ebend. IV,
1, p. 258 A: 0ratio perfecta dividitur; non enim omnis oratio enuntiatio est, sed
illa sola, .... in qua indicative est significatum (der Herausgeber der Werke Albert's
hat ungeschickter Weise hierin eine Meinungswerschiedenheit zwischen Albert und
Thomas erblickt). S. bei Boethius Abschn. XIl, Anm. 111.
450) Ebend. c. 5, p. 248 ff. S. vor. Abschn., Anm. 212.
451) Ebend. IV, 2, p. 258 B: Composita (sc. est enuntiatio) sive plures, in qua
vel plura de un0 vel unum, de pluribus vel plura de pluribus dicuntur, ..... ut si
dicam ,,Socrates et Plato currunt“ u. s. f. ..... Coniunctione autem unae sunt, in
quibus consequentia, quam notal c0niunctio, facit unitatem, et hoc non est nisi in
conditionali et disiunctiva. S. ebd. Anm. 215.
452) Ebend. V, 1, p. 260 f. S. ebd. Anm. 213. -
453) Ebend. p. 261 A u. bes. II; l, 3, p. 272. B. S. ebd. Anm. 214.
454) Ebend. II; 1, 5, p. 276 A u. 277 A. S. ebd. Anm. 40 f.
455) Ebend. I; W, 1, p. 260 ff. u. II; I, 1 f., p. 269 ff. S. Abschn. XII, Anm.
113—118. Nur bedient sich Albert der nicht-boethianischen Terminologie „aequi
pollentia“,
XVII. Albertus Magnus. 105
Standpunkt, dass der Modus selbst Prädicat ist 4°°), ergänzt aber die
Verhältnisse der Entgegensetzung und Aequipollenz (wahrscheinlich aus
Alfarabi) vollständiger, als Boethius getham hatte *°"), wobei auch aus
Averroes die aristotelische Unterscheidung zwischen possibile und con
tingens eingehalten wird *°°).
In beiden Analytik en zeigt sich uns Albert als einen höchst red
seligen Exegetem des aristotelischen Textes, bleibt aber dabei ähnlich wie
Averroes der reinen Lehre des Aristoteles im Ganzen getreu. So mimmt
er betreffs des gegenseitigen Werhältnisses der zwei Analytiken in der
ersten wohl die arabische Unterscheidung zwischen Form und Stoff des
Schliessens auf *°°) und denkt auch mit Avicenna an populäre nicht
formulirte Schlüsse *°°), zieht aber bei Erklärung der Syllogistik selbst,
— insbesondere bezüglich der modalen Syllogismen *°*) —, die Araber
nur zur Werdeutlichung bei und eignet sich etwa höchstens die Ansicht
am, dass die Prämissen der Stoff und die Figur die Form des Schlusses
sei *°*), oder dass bei den drei Figuren die sechzehn möglichen Combi
nationem der Urtheile zu erwägen seien *°°), oder dass für Auffindung
des Mittelbegriffes die versinnlichende Darstellung des Averroes zweck
dienlich sei *°*). Hingegen ist er nicht bloss bezüglich der theophrasti
456) Ebend. II; II, 1, p. 279 A : Si autem quaeritur, quid sit praedicatum in
enuntiatione modali, dicimus cum Boethio et Alfarabio, qu0d modus est praedicatum.
S. ebend. Anm. 119.
457) Ebend. c. 4, p. 283 A u. B: Est autem haec dispositio in figura, ut faci
lius videatur, quod dictum est:
Prima linea : Secunda linea :
Possibile est esse. Possibile est non esse.
Non possibile est esse. Non possibile est non esse.
Contingit esse. Contingit non esse.
Non contingit esse. Non contingit non esse.
Tertia linea: Quarta linea :
Non impossibile est esse. Non impossibile est non esse.
Impossibile est esse. Impossibile est non esse.
Non necesse est esse. Non necesse est non esse.
Necesse est non esse. Necesse est esse.
In hac dispositione ..... prima linea sequitur tertiam et secunda quartam per omnes
modos, ..... et sic etiam correctus est error antiquorum et vera consequentia moda
lium est disposita. Die unvollständigere Angabe des Boethius s. ebend. Anm. 122.
Uebrigens s. auch b. Algazeli, vor. Abschn., Amm. 262. Dass das Ganze nicht aus
der byzantinischen Logik entnommen ist, zeigt die Vergleichung mit obigen Anm.
45 u. 164; anders verfuhr Thomas, s. unten Anm. 541 ff.
458) Ebend. c. 6, p. 286 A. S. vor. Abschm., Anm. 315.
459) Anal. pr. I; I, 1, p. 289 f. S. ebd. Anm. 51, 265, 317.
460) Ebend. c. 2, p. 290 B. S. ebd. Anm. 80.
461) Nachdem ihn c. 11 ff. p. 299 ff. schon die Umkehrung der modalen Ur
theile sehr beschäftigt hatte, — s. ebd. Anm. 46 u. 218 —, verbreitet er sich llI,
1—9 u. IV, 1 — 29, p. 325 — 383 in grösster Ausführlichkeit über die modalen
Schlüsse. S. ebd. Amm. 47.
462) Ebend. II, 2, p. 307 B. S. ebd. Anm. 216.
463) Ebend. c. 6, p. 312 B. S. ebd. Anm. 268.
464) Ebend. VI, 3, p. 401. S. ebd. Anm. 328. Auch hat sich von jener
Stelle des Avérroes her durch Albert für die Erörterungen „De invenlione medii“
die üblich gebliebene Terminologie ,,Consequentia, Antecedentia, Repugnantia* ein
gebürgert.
106 XVII. Albertus Magnus.
schen Modi der ersten Figur, welche bei ihm auch syllogismi conversi
heissen, zurückhaltend, indem er (Algazeli und Averroes hattem sie gänz
lich beseitigt) mur zwei derselben anerkennt *°°), sondern er bekämpft
auch mit Averroes ausdrücklich die Berechtigung einer vierten Figur *°°).
Ja, was die Hauptsache ist, er überbietet sogar den Averroes darin, dass
er die hypothetischen Syllogismen völlig abweist *"") und somit im Gegen
satze gegen die übrigen Araber den Begriff der Ürvö8eoug ganz aristo
telisch behandelt *°°). — Als beachtenswerthe Einzelnheiten habe ich zu
erwähnen, erstens dass Albert in der Syllogistik die übliche Buchstaben
Bezeichnung ebenso wie Boethius rechtfertigt und für dieselbe den Aus
druck „termini transcendentes“ wählt *°°), und zweitens ganz besonders
dass er gelegentlich einmal die byzantinische Lehre von der appellatio
verwerthet, und zwar merkwürdiger Weise in einer Form, welche nicht
bei Petrus Hispanus, sondern schon bei Wilhelm Shyreswood er
scheint *7°). Und es macht uns diese Stelle, sowie die obige des Robert
Capito (Amm. 357) so ziemlich den Eindruck, als wäre damals die
byzantinische Logik noch ganz unabhängig neben der aristotelisch-arabi
schen einhergegangen , denn später wenigstens gestaltet sich die Sache
ja ganz anders *74).
Auch in der zweite n Analytik ist Albert's Werfahrem überwiegend
nur exegetisch, doch lässt er sich dabei hier etwas mehr von den
465) Ebend. c. 2, p. 400 A: Ad syllogizandum indirecte ..... conversus erit
syllogismus concludens minorem de maiori eætremitate (vgl. Abschn. IX, Anm. 100).
Ebend. II, 13, p. 322 A: Est indirecte concludere.... in duobus modis, quorum unus habet
naiorem universalem affirmativam et minorem universalem negativam, et alter habet
naiorem particularem affirmativam et minorem universalem negativam (d. h. es sind
diess unter den fünf theophrastischen Modi, s. Abschn. W, Anm. 46, die zwei letzten,
welche in der byzantinisch - lateinischen Logik, — s. oben Anm. 52 —, Fapesm0
und Frisesomorum, bei den Späterem aber Fesapo und Fresison heissem) ......
Quamvis autem Boethius ponat quinque modos indirecte concludentium in prima figura
(Abschn. XII, Anm. 136), tamen hic non ponuntur nisi duo qui dicti sunt, quia illi
formantur iuaeta inutiles coniugationes. S. vor. Abschn., Aam. 268 u. 321.
466) Ebend. c. 5, p. 311 B u. c. 13, p. 325 A. S. vor. Abschn., Anm. 322.
467) Ebend. III, 1, p. 326 A. S. ebd. Anm. 327.
468) Ebend. V, 1, p. 385 A. S. ebd. Anm. 324.
469) Ebend. I, 9, p. 298 A: Quia de syllogismo loquimur simplici, qui tantum
formaliter syllogismus est et in omni materia habet poni et nullius materiae est pro
prius, ideo terminis utimur transcendentibus nihil et omnia significantibus. S. Abschn.
XII, Anm. 133.
470) Ebend. c. 10, p. 299 A: Ad haec autem solvenda et similia (d. h. Bedenken
über die Umkehrung der Urtheile) duo praenotanda sunt, sc. regulae appellationum
et consequentiarum (über letzteren Begriff s. unten Anm. 610 ff.). Regulae autem
appellationum sunt, quod nomen „homo“ supponens verbo praeteriti vel futuri tem
poris potest appellare pro homine, qui est vel qui fuit, si verbum est praeteriti
temporis, vel pro homine, qui est vel qui futurus est, si est verbum futuri tem
poris. S. bei Wilhelm Shyreswood oben Anm. 64 (bei Petrus Hispanus oben
Anm. 228 f.).
471) Indem nemlich keine Rede dawon sein kann, dass bei Albert die byzan
tinische Lehre von den Proprietates terminorum als solche in die Logik aufgenommen,
geschweige denn etwa (wie bei Occam) systematisch mit derselben verflochten wäre,
werde ich durch solch vereinzelte Stellen in meiner obigen Annahme über Vincenz
v. Beauvais (Anm. 319—326) durchaus nicht irre gemacht. An eine Unächtheit
aber der Stelle des Albert oder jener des Capito zu denken, liegt keinerlei Wer
anlassung wor. Vgl. auch unten Anm. 544.
XVII. Albertus Magnus. Thomas v. Aquino. 107
Arabern beeinflussen. So finden wir ausser den einleitenden Bemer
kungen 47*) die arabischen Anschauungen über das καδ' αὐτὸ ***), über
xc 8óìov und praedicatum primum ***), über die dignitates, d. h.
obersten Denkgesetze *7°), ja auch über demonstratio potissima *7°). In
den Erörterungen über demonstratio quia und demonstratio propter
quid neigt er sich im Gegensatze gegen Alfarabi näher dem Avicenna zu,
als dem Averroes *77); hingegen in Unterscheidung einer definitio for
malis und definitio materialis, worauf er auch anderwärts zu sprechen
kommt, folgt er wieder, wie schon Robert Capito (Amm. 355) gethan
hatte, dem Alfarabi*7°).
Was endlich die Topik und Sophistik betrifft, welche beide er
gleichfalls in ausführlichster Weise commentirte, so weist er der ersterem
im Gegensatze gegen Alfarabi und Avicenna jene Stelle an, welche sie
traditionell im aristotelischen Organon einnahm *"*), und sucht auch ge
legentlich eine arabische Ansicht bezüglich des ganzen Gebietes der Dia
lektik zu berichtigen *°°).
Durch Albert nun lässt sich Th omas von A quino (geb. 1225 oder
1227, gest. 1274) leiten und bestimmen, und es wäre ein grosser Irr
thum, denselben für einen selbstständigen Denker zu halten **'). Er ist
von zwei Auctoritäten zugleich gefesselt, von der christlich-dogmatischen
und von der (durch Albert's Belesenheit übermittelten) aristotelischen;
472) Die Stelle ist schon im vor. Abschn., Anm. 51. angeführt; vgl. ebend.
Amm. 276 f.
473) Anal. post. I; II, 8—11, p. 535—541. S. ebd. Anm. 56.
474) Ebend. c. 13, p. 543 u. IV, 11, p. 584. S. ebd. Anm. 57, 224, 283.
475) Ebend. I, 4, p. 520 u. III, 4, p. 559. S. ebd. Anm. 60 u. 225. Durch
die Uebersetzung der betreffenden Stelle des Aristoteles (Abschn. IV, Anm. 147)
blieb hiebei die Terminologie ,,subiectum, passio, dignitales“ üblich.
476) Ebend. III, 6, p. 563. S. vor. Abschn. Anm. 62.
477) Ebend. II; I, 1, p. 610 ff. S. ebd. Anm. 62, 226, 342.
478) Ebend. I; II, 17, p. 551, u. II; II, 10, p. 630, u. Metaph. VII; I, 12,
p. 259. S. ebd. Anm. 52.
479) Top. I, Prooem. p. 659. S. ebd. Anm. 17 u. 230.
480) Metaph. IV; I, 7, p. 127 B: Dialectici et sophistae ...... in usu eandem
subindunt figuram cum prim0 phil0s0ph0....... Sed differt philosophia a dialectica
quidem modo potestatis et virtutis medii, ..... a sophistica vero differt secundum
vitae proaeresin. Ebend. III; III, 6, p. 107 B: Dialectica et prima philosophia saepe
sunt circa eadem et de eisdem tractanles, sed dialeclica inquisitiva est, ...... mec
opinor vera esse, quae dicit Averroes, quod sc. dialecticus et primus philosophus com
municent in probabilibus rationibus. S. ebd. Anm. 231 u. 380.
481) Es ist z. B. geradezu lächerlich, wenn K. Werner (in seinem dreibändigen
Werke „Der heilige Thomas von Aquino“. Regensburg 1858 f.) der Logik und Er
Kenntnisstheorie des Thomas 175 Seiten in einer Weise widmet, wie wenn die ganze
aristotelische Logik die ,,Lehre** des ,,heiligen“ Tbomas wäre. Für den Geschichts
forscher zeigt sich ja auch Thomas als eine höchst secundâre Natur. Uebrigens
verwerthet Werner bei seiner Darstellung, welche überhaupt manche argen Irrthümer
enthält, fortwährend Stellen ans dem sachlich umächten Schriften des Thomas in
ungenirtester Gleichstellung mit den ächten. H. E. Plassmann, Die Schule d. h.
Thomas, v. Aqu. Erster HÜrsaal : D. Philos. d. h. Th. Erster Theil: Logik. Soest
1858. hat eigentlich mit Thomas durchaus Nichts zu schaffem, sondern entwickelt
jene abenteuerlichst zusammengestoppelte Logik, welche in den thomistischem Wor
Jesungen und Priester-Seminarien des vorigen und jetzigen Jahrhunderts in Spanien,
Italien und gewissen Landslrichen Deutschlamds üblich war oder ist,
108 XVII. Thomas vom Aquino.
und wer sich in religiöser Beziehung volle Unbefangenheit bewahrt oder
errumgen hat, wird in der ganzen sogenannten Philosophie des Thomas
Nichts weiter erblicken, als eine unverständige Verquickung zweier we
sentlich disparater Standpunkte; denm nur Sache eines unklaren Ver
standes kann es sein, wenn man (— wie ich schon wiederholt hervor
gehoben habe —) den aristotelischen Substanz-Begriff meben der christ
lichen Trinitätslehre festhalten zu können glaubt, oder wenn man die
aristotelische Ethik in christliche Moraltheologie verballhornt***).
Was wir über Thomas hier zu berichtem haben, kanm vor Allem nur
auf Ausscheidung der ächten und der unächten Schriftem desselben be
ruhen; und indem in dieser Beziehung nur die sog. Opuscula in Frage
kommen können, bemerke ich, dass mir in Uebereinstimmung mit älteren
und neueren Untersuchungen *°°) unter den zur Logik gehörigen (— denn
z. B. De unitate intellectus contra Averroem gehört nur zur Psycho
logie —) kleineren Schriften nur folgende als ächt gelten: vor Allem die
Erstlingsschrift des Thomas De ente et essentia (Opusc. 30), sodann De
principio individuationis (0p. 29), De quatuor oppositis (0p. 37), De
natura verbi intellectus (0p. 14), De propositionibus modalibus (Op. 40),
und De fallaciis (0p. 39). Die übrigen als unächt vorläufig bei Seite
lassend ***) muss ich, wie sich von selbst versteht, ausser den Commen
taren zu De interpr., zur zweitem Analytik und zur Metaphysik auch
die einzelnen entscheidenden Stellen aus den bekannten Hauptwerken
(Summa theologiae, Summa contra gentes, Quodlibetea, ad IV Sentent.
u. s. f.) beiziehen 4°°).
Indem Thomas betreffs der Eintheilung des Wissensgebietes Bemer
kungen aus Albert wiederholt 4°°), schliesst er sich auch an diejenigen
482) An diesem Urtheile kann mich matürlich auch die geschichtlich lange
dauernde Wirkung des Thomismus durchaus nicht beirren , denm dass die naive
Werstandes-Unschuld an einem christlichen Aristotelismus Wergnügem fand, und dass
auch heutzutage noch Wiele glaubem, auf zwei Sättelm reiten zu können, ist wohl
unleugbare Thatsache ; aber der Philosophie muss es unbenommem bleiben, diese
süsse Selbsttäuschung als das zu bezeichnen, was sie ist, — als eine Träumerei.
Eben darum bleibt es auch allen christlichen Theologen vollständig überlassem,
welcherlei Meinung sie ihrerseits über Thomas hegem. Uns berührt diess ebenso
wenig, als die Frage, ob nicht Thomas durch seine Werquickung mit Aristotelismus
etwa auch die theologische Auffassung alterirt habe.
483) Die Berichte der Zeitgenossen des Thomas und sonstige entscheidende
Punkte betreffs der Aechtheit einzelner Schriften finden sich schon bei 0udin,
Scriptt. eccles. Vol. III, p. 254—280. Ausserdem s. Montet, Mémoire sur S. Thomas
in den Mémoires de l'Acad. roy. de sciences mor. et polit, de l'inst. de France, tom. II,
Paris 1847, p. 525 ff. und insbesondere das vortreffliche Werk von Charl. Jourdain,
La philos. de St. Thomas d'Aquin. Paris 1858. (Vol. I, p. 130 ff.)
484) Nemlich: De demonstratione (0p. 38), De natura accidentis (Op. 41), De
natura generis (0p. 42), De pluralitale formarum (0p. 45), De natura syllogismi
(0p. 47), Summa totius logicae (Op. 48), De sensu resp. singul. et intell. resp. univ.
(Op. 49), De inventione medii (0p. 50), De intellectu et intelligibili (0p. 53), De
universalibus (0p. 55 und 56). Dieselben werdem geeigneten 0rtes weiter untem
besprochen werden. (S. Anm. 548 ff. u. Abschn. XIX, Anm. 265 ff.)
485) Ich citire nach der Römer Ausgabe v. 1570 (in 17 Bänden). Den Quellen
Rückweis für die einzelnen ,,Aussprüche“ (s. oben Anm. 359) des Thomas führe
ich, soweit thunlich, mur auf Albert zurück, woselbst ja dann der weitergehende
Rückweis auf Arabisches zu findem ist.
486) Ad Boeth. de trinit. (Vol. XVII, 2) f. 134. S. oben Anm. 360 ff.
XVII. Thomas von Aquino. 109
Stellen seines Meisters am, in welchen derselbe die Logik als blosses
Werkzeug und als Nicht-Theil der Philosophie bezeichnete *°7). Indem
die Logik nur formale Principien betrachte *°°), enthalte sie das „in
zweiter Linie Gedachte“ (secundo intellecta) und biete den modus pro
cedendi für die übrigen Wissenschaften dar *°°), daher sie auch als
Einleitung vorauszuschicken sei *°°). Auch die Eintheilung der Logik
(nach arabischer Weise mit Einschluss der Rhetorik und Poetik) ist nur
aus Albert, welcher hiezu auch den Standpunkt des Boethius beigezogem
hatte, entlehnt 4°1).
Was die Universalien betrifft, konnte Thomas ja alles Beliebige
(wie wir sahen) aus Albert sich heraussuchen, und so sehen wir ihn
denn auch jenen nemlichen widerspruchsvollen Weg wandeln, auf
welchem sein Lehrer schliesslich beim theologischen Realismus anlangte.
487) Ebend. f. 128 r. A: Res autem, de quibus est logica, non quaerunlur ad
c0gn0scendum propter se ipsas, sed ut adminiculum quoddam ad alias scientias; et
ideo logica non continetur sub philosophia speculativa quasi principalis pars, sed
quasi quoddam reductum ad eam, prout ministrat speculationi sua instrumenta, unde
- - - - - non tam est scientia, quam scientiae instrumentum. S. oben Anm. 363 u. 365.
488) De pot. dei, qu. 6, art. 1 (Vol. VIII) f. 59 v. A: Logicus et mathematicus
considerant tantum res secundum principia formalia.
489) Ad Boeth. de trin. f. 132 v. A: 0portet in addiscendo a logica incipere,
non quia sit facilior scientiis celeris, habet enim maæimam difficultatem, cum sit de
secundo intellectis, sed quia aliae scientiae ab ipsa dependent, inquantum ipsa docet
modum procedendi in omnibus scientiis. S. besonders den Begriff „secunda intentio“
ob. Anm. 363, sowie noch weitere Stellem des Thomas untem Amm. 506.
490) Metaph. I, 1 (Vol. IV) f. 3 v. A: Plures artes sunt repertae quantum ad
vtilitatem, quarum quaedam sunt ad vitae necessitatem, sicut mechanicae, quaedam
vero ad introductionem in aliis scientiis, sicut scientiae logicales u. s. f. S. oben
Anm. 368.
491) Anal. post. I, 1, (Vol. I) f. 16 v. A: Ars quaedam necessaria est, quae
sit directiva ipsius actus rationis, ..... et haec est ars logica, i. e. rationalis scientia,
- - - - - et ideo videtur esse ars artium ...... Una actio intellectus est intelligenlia in
divisibilium, ..... et haec operalio a quibusdam (d. h. Algazeli und Pseudo-Averroes,
s. vor. Abschn., Anm. 236 u. 346) dicitur informatio intellectus sive imaginatio per
intellectum; et ad hanc operationem ordinatur ..... liber Praedicamentorum. Secunda
vero operatio intellectus est compositio vel divisio..... in libro Perihermenias. Terlius
vero actus rationis est, ..... ut per id, quod est notum, deveniat in cognitionem
ignoti...... Est enim aliquis rationis processus necessitatem inducens; ..... alius,
in qu0 ut in pluribus verum concluditur, nec tamen necessitatem habens; terlius vero,
in quo ratio a vero deficit ..... Pars aulem logicae, quae primo deservit processui,
iudicativa dicitur (über iudicium und inventio s. obem Anm. 368)...... Certitudo
autem iudicii..... est vel eæ ipsa forma syllogismi tantum, et ad hoc ordinatur liber
Priorum Analyticorum, ..... vel etiam eæ materia, ...... et ad hoc ordinalur liber
Posteriorum Analyticorum ..... Secundo aulem rationis processui deservit alia pars
logicae, quae dicitur inventiva ...... et ad hoc ordinatur Topica sive Dialeclica,
- - • • • • Rhetorica, ...... Poetica (s. oben Anm. 364 u. 370)..... 0mnia aulem haec
ad rationalem philosophiam pertinent...... Tertio autem processui rationis deservit
pars logicae, quae dicitur sophistica..... in libro Elenchorum. Periherm. I, 1, (Vol. I)
f. 1 r. A: Dupleæ est operatio inlellectus. Una quidem, quae dicitur indivisibilium
- intelligentia ..... ; alia est operatio intellectus componentis et dividentis. Additur
autem et tertia operatio, sc. ratiocinandi, secundum quod ratio procedit a notis ad
inquisitionem ignotorum ...... Cum autem logica dicatur rationalis scientia, necesse
est, quod eius consideratio versetur circa ea, quae pertinent ad tres praedictas opera
tiones intellectus u. s. w., d. h. er begründet hiedurch die Reihenfolge des 0r
ganons: Categ., De interpr., Anal. pr. S. oben Anm. 370—373.
110 XVII. Thomas von Aquino.
Die bereits traditionell gewordeme Unterscheidung, d. h. ante rem, in
re, post rem *°°), bekommt auch hier vorläufig die Färbung des sog.
aristotelischen Empirismus, indem von der Simneswahrnehmung des Ein
zelnen aus der Denkaet hinterdreim (posterius) durch Abstraction das
gleichmässige Verhaltem (habitudo) des einheitlich Gleichen erfasse und so
zur intentio universalitatis (s. ob. Amm. 363) gelange, während in den
Dingem selbst das Universale als das prius vorliege, welches im Ent
stehungsprocesse sich verwirkliche *°°). Und so spricht Thomas wieder
holt von einem colligere *°*), idem eae pluribus accipere *°°), von
communitas und selbst von indifferens *°°), und er betont ausdrücklich,
dass das commune als solches nur im Demkacte liege 4°7), während die
Natur, welcher dieser Abstractionsprocess „widerfährt* (accidit), nur in
492) Sentent. II, Dist. III, qu. 2, art. 2 (Vol. VI, 2) f. 15 r. A: Est tripleae
universale: quoddam , quod est in re seu natura ipsa, qua est in particularibus,
quamvis in eis non sit secundum rationem universalitatis in actu; est etiam quoddam
universale, quod est a re acceptum per abstractionem, et hoc posterius est re; .... est
etiam quoddam universale ante rem, quod est prius re ipsa, sicut forma domus in
mente aedificatoris. De pot. dei, qu. 5, art. 9, f. 55 v. A: Universale tripliciter con
siderari potest, et secundum quemlibet modum considerationis ..... universale est semper.
Uno modo .... secundum qu0d abstrahit a quolibet esse ...... Alio m0d0 .... secun
dum esse, quod habet in singularibus .... Tertio modo .... secundum esse, quod habet
in intellectu. S. oh. Anm. 379 f.
493) S. theol. I, qu. 85, art. 3 (Vol. X) f. 285 v. A : Quia sensus est singu
larium, intellectus autem universalium, necesse est, quod cognitio singularium quoad
nos prior sit quam universalium cognitio ....... f. 286 r. B: Universale dupliciter
potest considerari: uno modo secundum quod natura universalis consideratur simul
cum intentione universalitatis ; et cum intentio universalitatis, ut scilicet unum et idem
habeat habitudinem ad multa, proveniat eae abstractione intellectus, oportet quod se
cundum hunc modum universale sit posterius (das Gegentheil hievon s. untem Anm.
511)..... Alio m0d0 potest considerari quantum ad ipsam naluram, prout invenitur
in particularibus; et sic dicendum est, qu0d dupleæ est ordo naturae; unus secundum
viam generationis et temporis, ..... alius est ordo perfectionis sive intentionis naturae,
sicut actus simpliciter est prius. Ebend. II, 1, qu. 29, art. 6 (Vol. XI, 1) f. 66 v. A:
De universali dupliciter contingit loqui: uno modo secundum quod subest intentioni
universalitatis; alio autem modo dicitur de natura, cui talis intentio atlribuitur.....
Si accipiatur primo modo, ...... universale fit per abstractionem a materia indivi
duali. Das Original hievon können wir uns aus obigem Stellen Albert's, Anm. 379,
383, 393, zusammenholem.
494) S. c. gent. I, 3, (Vol. IX) f. 3 r. A: Ea, quae in sensum non cadunt, non
possunt humano intellectu capi, nisi quatenus eæ sensibus earum cognitio colligitur.
0b. Anm. 387 u. 393. - -
495) Anal. post. I, 42, f. 51 r. A: Universale non cognoscitur sensu, sed eæ
pluribus singularibus visis, in quibus multoties consideratis invenitur idem accidere,
accipimus universalem cognitionem. S. ebend.
496) De ente et ess. 3, (Vol. IV, 2) f. 11 r. A : Non oportet, ut diversarum
specierum, quarum est idem genus, sit una essentia, quia unitas generis eae ipsa
indeterminatione vel indifferentia (ob. Anm. 383) procedit ..... Genus dicitur unum
per communitatem formae signatae; unde patet, quod per additionem differentiae re
mota illa indeterminatione, quae erat causa unitatis generis, remanent species ' diversae
per essentiam. -
497) S. c. gent. I, 26, f. 31 v. B: Quod est commune multis (ob. Anm. 380 ff.),
non est aliquid praeter multa nisi sola ratione, sicut animal non est aliud praeter
Socratem et Platonem et alia animalia nisi inlellectu, qui apprehendit formam ani
malis ea spoliatám ab omnibus individuantibus et specificantibus. Ob. Anm. 379 u.
382 f. u. 391. *« -
XVII. Thomas von Aquino. 111
den Einzeln-Individuen existire 49°). Wenn daher folgerichtig die Einzeln
Dinge erst durch diese abstrahirende und sammelnde Denkthätigkeit wirk
lich Gegenstände des ,, Erkennens“ werden oder sogar an sich dem
Erkemnen unzugänglich sind *°°), so kann völlig im Simne des Aristo
teles gesagt werden, dass die Sinneswahrnehmung der Boden und
der Ursprung des Erkennens sei, aber eben der Denkact vermöge
einer refleacio, durch welche er auch sich selbst ergreifen kann, sieh
durch die sinnfälligen Dinge auf das ihnen zu Grunde liegende Allge
meine zurückbeuge und so das Hinderniss der Materialität überwin
dend zur Quiddität des Einzelnen vordringe °°°). Indem Thomas auf
diese Weise einerseits die intentio universalitatis und andrerseits die
derselben umterworfene 0bjectivität unterscheidet, welch letztere wieder
einerseits in dem Einzeln-Dingen materialisirt und andrerseits im Denken
universalisirt sei, kann er und muss er diese Auffassung zu einer
Polemik gegen Plato formuliren 501), welche er ausdrücklich an mehreren
498) S. theol. I, qu. 85, art. 2, f. 285 r. B; Cum dicitur universale abstractum,
duo intelliguntur, sc. ipsa natura rei et abstractio seu universalitas. Ipsa igitur
natura, cui accidit (ob. Anm. 392) vel intelligi vel abstrahi vel intentio universali
tatis, non est nisi in singularibus; sed hoc ipsum, quod est intelligi vel abstrahi vel
intentio universalitatis, est in intellectu. Anm. 391.
499) Ebend. qu. 86, art. 1, f. 290 r. A: Principium singularitatis in rebus ma
terialibus est materia individualis ; intellectus autem noster..... intelligit abstrahendo
speciem intelligibilem ab huiusmodi materia; quod autem a materia individuali abs
trahitur, est universale. Unde intellectus noster directe non est cognoscitivus nisi
universalium ; indirecte autem et quasi per quandam refleacionem potest cognoscere
singulare. Ebenso De verit. qu. 2, art. 6, f. 303 r. A. Weit schärfer aber und
völlig übertrieben erscheint diese* Auffassung S. theol. I, qu. 14, art. 11, f. 63 v. B:
Intellectus noster speciem inlelligibilem abstrahit a principiis individuanlibus; unde
species intelligibilis nostri intellectus non potest esse similitudo principiorum indivi
dualium, et propter hoc intellectus nosler singularia non c0gn0scit (es ist diess eben
der Gegensatz gegen Gottes Erkennen, s. unten Anm. 517 f.).
500) De princ. individ. (Vol. XVII, 1) f. 206 v. A : In cognitione humana funda
mentum et origo est sensus ...... secundum philosophum in libro Perihermenias (s.
Abschm. IV, Anm. 108)...... Impossibile est intellectum ferri super illa accidentia
nisi ...... per modum cuiusdam refleacionis. Refleacio autem est dupleæ ...... Potest
igitur vel redire in se per actum et potentiam suam vel redire per obiectum in ipsam
originem obiecti, sc. per phantasmata in species sensibilium...... Cum enim in ips0
suo obiecto figitur acies, rationem universalis apprehendit, quod solum in istis in
ferioribus ab intellectu determinatur ut proprium obiectum, cum omnia singularia apud
nos materialia sint; materia enim impedit intellectum, singulare vero non ......
(f. 207 r. A) Ideo quidditas rei materialis in ipsa sua particularitate est obiectum
rationis particularis, cuius est conferre de intentionibus particularibus. Ob. Anm.
391, 393 u. 382.
501) De anima II, 12 (Vol. III) f. 26 r. B: Universale potest accipi dupliciter.
Uno modo potest dici universale ipsa natura communis, prout subiacet inlentioni uni
versalitatis (s. oben Anm. 489 und unten Anm. 506). Alio modo secundum se, sicut
et album potest accipi dupliciter........ Ista autem natura, cui advenit intentio
vniversalitatis, ..... habet dupleæ esse, unum quidem materiale, secundum quod est
in materia naturali, aliud autem immateriale, secundum quod est in intellectu. (Die
eklektisch benützte Quelle dieser Dreigliederung s. oben Anm. 379 u. 383.) Secundum
igitur quod habet esse in materia naturali, non potest ei advenire intentio universali
tatis, quia per materiam individuatur. Advenit igitur ei universalitatis intentio,
secundum quod abstrahitur a materia individuali. Non est autem possibile, qu0d
abstrahatur a materia individuali realiter, sicut Platonici posuerunt; non enim est
112 XVII. Thomas von Aquino.
Stellen übt °°°), um ganz entschiedem sich zum Aristotelismus zu be
kennen °"°). Ja Thomas spricht wie ein aristotelischer Nominalist, indem
er der platonischen Ideenlehre den begrifflichen Gehalt der Worte gegen
überstellt °"*), in welchen der vollständige Ausdruck des Intelligiblen als
ein vom Menschen erzeugter liege 808).
Aber schnell wendet sich das Blatt (wie hei Albert), und Thomas
ist trotz all dieser peripatetischen Plagiate, deren Tragweite er natürlich
gar nicht versteht, Nichts weniger als ein Aristoteliker. Denn während
sein ganzer scheinbarer Aristotelismus sich in den arabischen Begriff der
intentio secunda concentrirt °°°), so tritt bei ihm ja num dieser secun
homo naturalis, i. e. realis, nisi in his carnibus..... Relinquitur igitur, quod natura
humana non habet esse praeter principia individuantia nisi tantum in intellectu.
Ebend. I, 1, f. 2r. A: De animali universali possumus loqui dupliciter; aut secundum
quod est universale, quod scilicet est unum in multis aut de multis, aut secundum
quod est animal; et hoc vel secundum quod est in rerum natura vel secundum qu0d
est in intellectu.
502) De ente et ess. 4, f. 12 r. A: Non potest dici, quod ratio generis, speciei,
differentiae conveniat esse, secundum quod est quaedam res eæistens eaetra singularia,
ut Platonici ponebant; ..... non enim potest dici, quod Socrates sit hoc, quod ab
eo separatum est. Ansserdem Anal. post. I, 1, f. 17 r. A u. 41, f. 49 v. A, u. ins
besondere De anima I, 5, f. 17 r. A, woselbst er die Worte Alberts (ob. Anm. 394)
wiederholt; vgl. auch Anm. 377.
503) S. theol. I, qu. 6, art. 4, f. 23 r. B: Haec opinio (sc. Platonis) irrationa
bilis videtur quantum ad hoc, quod ponebat species rerum naturalium separatas per
se subsistentes, ut Aristoteles multipliciter improbat. Hiezu De substant. separ. s. de
angelis, c. 2, (Vol. XVII, 1) f. 86 v. B: Non necesse est, ut ea, quae intellectus
separatim intelligit, separatim esse habeant in rerum natura. Unde nec universalia
oportet separata ponere et subsistentia praeter singularia, neque etiam mathematica
praeter sensibilia, quia universalia sunt essentiae ipsorum particularium et mathe
malica sunt terminationes quaedam sensibilium corporum. Et ideo Aristoteles mani
festiori et cerliori via processit ad investigandum substantias a materia separatas,
sc. per viam motus. S. ob. Anm. 388.
504) Periherm. I, 2, (Vol. I.) f. 1 v. B: Significat hoc nomen „homo“ naturam
humanam in abstractione a singularibus, unde non potest esse, quod significet h0mi
nem immediate singularem, ut Platonici posuerunt, quod significet ipsam ideam hominis
separatam; sed quia hoc secundum suam abstractionem non subsistit realiter secundum
sentenliam Arislotelis, sed est in solo intellectu, ideo necesse fuit, Aristotelem dicere,
quod voces significant intellectus conceptiones immediate et eis mediantibus res. Letz
teres deutlicher ebend. 10, f. 7 v. B: nomina non significant res nisi mediante
intellectu.
505) Allerdings stehen die eben angeführten Worte im Commentare zu jener
aristotelischen Schrift, welche, wie wir sahen, schon längst wor den Arabern - den
Anhaltspunkt für nominalistische Auffassungen dargeboten hatte („universale est, quod
aptum natum est praedicari de pluribus“, s. z. B. bei Scotus Erigena, Abàlard u. A.),
und so kann auch ebend. 10, f. 8 r. B gesagt werden: Universale secundum quod
est in singularibus, cadit in apprehensionem hominum. Aber Thomas äussert sich
eben auch anderwärts in einer solch nominalislischen Betonung des Wortes, nem
lich: De natura verbi intellectus (Vol. XVII, 1) f. 85 r. A: Sicut in principio actionis
intellectus et species non sunt duo, sed unum est ipse intellectus et species illustrata,
ita unum in fine relinquitur, similitudo scilicet perfecta genita et ea pressa ab in
tellectu, et hoc totum ea pressum est verbum et est totum rei diclae eaepressivum et
totum, in qu0 res eæprimitur, et hoc intellectum principale, quia res non intelligitur
nisi in eo; est enim tanquam speculum, in quo res cernitur, sed non eaccedens id,
quod in eo cernitur.
506) Metaph. IV, 4, f. 43 v. A: Ens rationis dicitur proprie de illis intentioni
lus, quas ratio adinvenit in rebus c0nsideratis, sicut intentio generis, speciei et
XVII. Thomas von Aquino. 113
dären Geltung als das Primäre etwas „ausserhalb der Seele* Seiendes
gegenüber °°°), und zwar denkt er hiebei zunächst an den aristotelischen
Form.Begriff, welcher objectiv in dem Dingen als Seins-Princip wirke 80*);
aber während er diess in dem antiplatomischen Simne nimmt, dass nicht
etwa die allgemeinen Begriffe als Ideen eine getrennte Existenz haben,
versteht er es christlich-theologisch von den schöpferischen Formen in
Gott °"°). Denn sowie schon das Gleichniss vom Gesichts-Sinne zu einer
solchen Annahme einer species intelligibilis führt °10), so werden nun die
Universaliem, welche wir so eben (Amm. 493) als das posterius sahem,
hinwiederum im Hinblicke auf die formgebende Kunst Gottes als das prius
im begreifenden Erkennen bezeichnet °11). Und da nun der intellectus
aeternws der eigentliche Wohnsitz der Universalien ist ° 1°), und dieselben
similium, quae quidem non inveniuntur in rerum natura, sed considerationem rationis
consequuntur, et huiusm0di ens rationis est proprie subiectum logicae. So auch
„intentio praedicabilitatis“ De ente et ess. 4, f. 17 r. B und ebend. 6, f. 30 r. B.
Anal. post. I, 21, f. 31 r. A. Hiezu obige Anm. 489 u. 501. Die Quelle bei Albert
s. Anm. 363. Wer die arabische Herkunft dieses Begriffes „intentio* nicht kennt,
muss denselben misswerstehen (so z. B. Aloys Schmid, Die thomistische u. scoti
stische Gewissheitslehre. Dillingen 1859. S. 19).
507) De pot. dei, qu. 7, art. 9, f. 74 v. A: Prima intellecta sunt res eætra
animam, in quae primo intellectus intelligenda ferlur. Secunda autem intellecta
dicuntur intentiones consequentes modum intelligendi, ...... sicut intentio generis et
speciei et secundarum substantiarum ...... In nullo autem praedicamento ponitur
aliquid nisi res eætra animam eæistens, nam ens rationis dividitur contra ens divisum
per decem praedicamenta. (S. die aristotelische Stelle Abschn. IV, Amm. 302.)
508) S. theol. I, qu. 85, art. 3, f. 286 v. A: Universale secundum quod accipitur
cum intentione universalitatis, est quidem quodamm0d0 principium cognoscendi, prout
intentio universalitatis consequitur modum intelligendi, qui est per abstractionem.
Non autem est necesse, quod ..... sit principium essendi, ut Plato eæistimavit ......
Si autem consideremus ipsam naturam generis et speciei, prout est in singularibus,
sic quodammodo habet rationem principii formalis respeclu singularium; nam singu
lare est propter materiam, ratio autem speciei sumitur eae forma. Sed natura generis
comparatur ad naturam speciei magis per modum materialis principii, quia natura
generis sumitur ab eo, quod est materiale in re, speciei vero ab eo, quod est formale.
S. ob. Anm. 391 u. vgl. unten Anm. 526.
509) Metaph. XI, 2, f. 139 r. A: Nihil est in rerum natura praeter singularia
eæistens, sed tantum in consideratione intellectus abstrahentis communia a propriis ..... -
(B) Est aliqua substantia separata a sensibilibus, non quidem species rerum sensi
bilium, ut Platonici posuerunt, sed primi motoris. -
510) De unit. intell. (Vol. XVll, 1) f. 104 r. A: Natura prout est in singulari
bus, est intellecta in polentia, sed fit intellecta in actu per hoc, quod species a rebus
sensibilibus mediantibus sensibus usque ad phantasiam perveniunt et per virtutem
intellectus agentis species intelligibiles abstrahuntur, quae sunt in intellectu possibili;
hae aulem species non se habent ad intelleclum possibilem ut intellecta, sed sicut
species, quibus intellectus intelligit, sicut etiam species, quae sunt in visu, non sunt
ipsa visa, sed ea, quibus visus videt. S. ob. Amm. 396 u. 499.
511) De Veritate, qu. 8, art. 9 (Vol. VIII) f. 334 v. A: Universale secundum quod
est in comprehensione nostra, qua comprehendimus res naturales, est a rebus natura
libus acceptum. Sed universale in nostra comprehensione existens respectu arlifi
cialium non est poslerius, sed prius, quia per formas arlis universales apud n0s
eacistentes artificiata producimus et similiter per rationes aeternas deus producit crea
turas. S. ob. » Anm. 395.
512) S. theol. I, qu. 16, art. 7, f. 75 r. A : Universale dicitur esse ubique et
semper, inquantum universalia abstrahuntur ab hic et nunc; sed eæ hoc non sequitur,
ea esse aeterna, nisi in intellectu, si quis est aeternus.
PRANtl, Gesch. III. 8
1 14 XVII. Thomas von Aquino.
im Geiste Gottes als Musterbilder und als Principien des Erkennens vor
liegem °*°), so handle es sich nur um eine Modification der platonischen
Ansicht, denn eigentlich habe Plato auf das Nemliche hingestrebt, was
Aristoteles ausgesprochen, und nur die Art und Weise der Immateriali
tät, welche dem Ideen zukommen soll, sei falsch ° 1*). Dass sonach Thomas
auch nicht Platoniker sei, durften wir allerdings nach dem Vorgange
seines Lehrers (Anm. 377) erwartem, aber indem wir die Einsicht ge
winnen, dass er den Aristotelismus und den Platonismus durch die Mystik
des Buches De causis (vgl. Anm. 25), aus welchem er die Begriffe ens,
unum, verum, bonum zu einer theologischen Wendung benützt ° 1°), cor
rumpirt habe, entdecken wir auch bei ihm in der Universalienfrage als
den innersten Kern das nicht- logische Motiv der mystischen Causalität
Gottes ° 1°), woran sich nur in Folge des üblichen Auctoritäts-Schwindels
ein unwerdauter Aristotelismus als äusserliche Schale anschloss.
Aber eben jene höchste göttliche Instanz ist es, an welche sich bei
Thomas ein anderweitiges Moment knüpft, welches zwar überwiegend der
Ontologie angehört, jedoch hier nicht völlig übergangen werden darf,
insoferne es in den Universalien-Streit hinüberspielt und einige Zeit hin
durch sogar dem Haupt-Gegenstand der Controversen bildete, so dass die
513) Ebend. qu. 15, art. 1, f. 69 v. A: Necesse est ponere in mente divina
ideas ...... Per ideas intelliguntur formae uliarum rerum praeter ipsas res eæistentes.
Forma autem alicuius rei praeter ipsam eæistens ad duo esse polest; vel ut sit
ezemplar eius, cuius dicitur forma, vel ut sit principium cognitionis ipsius, secundum
quod formae cognoscibilium dicuntur esse in cognoscente ...... (B) Necesse est, quod
in menle divina sit forma, ad similitudinem cuius mundus est faclus, et in hoc con
sistit ratio ideae. Ebend. qu. 44, art. 3, f. 156 v. A. Ebenso De verit. qu. 3, art. 1,
f. 310 v. A. S. ob. Anm. 397.
514) Sentent. I, Dist. XXXVI, qu. 2, art. 1, f. 112 v. B: Plato et alii antiqui
philosophi quasi ab ipsa veritate coacti tendebant in illud, quod postmodum Aristo
teles eaepressit, ..... et ideo Plato ponens ideas ad hoc tendebat, secundum quod et
Aristoteles posuit, sc. eas esse in intelleclu divino; unde hoc improbare philosophus
non intendit, sed secundum modum, quo Plato posuit, formas naturales, per se eari
stentes sine materia esse. S. c. gent. III, 24, f. 259 r. B: Dicit Boethius in libro
de Trinitate (s. bei Gilbert Porretanus, Abschn. XIV, Anm. 463 ff.), quod formae,
quae sunt in materia, venerunt a formis, quae sunt sine materia. Et quantum ad
hoc verificatur dictum Platonis, quod formae separatae sint principia formarum, quae
sunt in materia, licet posuerit eas per se subsistentes et causantes immediate formas
sensibilium. Nos vero ponimus eas in intellectu eæistentes et causantes formas in
feriores per motum coeli.
515) Qu. de verit. I, 1 (Vol. VIII, 1) f. 289 r. B: Quaecunque se habent ut
prius et posterius, oportet esse diversa, sed verum et ens sunt huiusmodi, quia ut
dicitur in libro de Causis, prima rerum creatarum est esse, et ...... omnia alia
dicuntur per informationem de ente et sic sunt ente posteriora..... Ea, quae dicuntur
communiter de causa et causatis, magis sunt unum in causa, quam in causatis, et
praecipue in deo, quam in crealuris; sed in deo ista quatuor „ens, unum, verum,
bonum“ sic appropriantur, quod ens ad essentiam pertineat, unum ad personam patris,
verum ad personam filii, bonum ad personam spiritus sancti; personae autem divinae
non solum ratione, sed re distinguuntur, unde ad invicem non praedicantur; ergo
multo fortius in .creaturis debent amplius, quam ratione, differre. Vgl. Abschn. XIX,
Anm. 273.
516) S. c. gent. III, 25, f. 262 r. A: Intellectus autem humanus cognoscit ens
universale, desiderat igitur naturaliler cognoscere causam eius, quae solum deus est.
De ente et ess. 5, f. 17 v. B: Intelligentia (d. h. causae primae) est habens formam
et esse, et accipitur ibi forma pro ipsa quidditate vel essentia simplici.
XVII. Thomas von Aquino. 115
übrigen rein logischen Fragen in den Hintergrund traten. Was memlich
das primcipium individuationis betrifft, welches wir auf arabischer Grund
lage schon bei Albert trafen (Anm. 388), so erstreckt sich ja mach Thomas
die Causalität Gottes natürlich auch auf die Materie und hiemit für das
Erkennen auch auf die als Individuem auftretenden 0bjecte °17); denn
zwischen Gottes Erkennen und dem menschlichen Erkennen sei eben der
Unterschied, dass letzteres dem Befund der Materie und hiemit der In
dividualisirung bereits vorfindet, aus welcher es nur die allgemeinen
Formen machschaffend erzeugt, während ersteres die Form und den Stoff
schafft ***). Die Individuation selbst aber verlegt Thomas ebenso wie
Albert (ob. Anm. 388) nach arabischem Worbilde in den Begriff der
discreten Grösse, d. h. was er als materia sigmata bezeichnet, ist die
durch Raum-Dimensionen bestimmt abgegränzte Materie, welche den Art
begriff in der nemlichen Weise zu Individuen umgestaltet, in welcher der
artmachende Unterschied den Gattungs-Begriff zu Arten macht° 1°). D. h.
die individuelle Substanz (die aristotelische substantia prima) werde
allerdings als solche durch jenes quantitative Moment der Raum-Dimension
nicht „verursacht“, wohl aber von demselben stets „begleitet“, so dass
das in die Sinne fallende Individuum durch seine örtliche und zeitliche
Determination (hic et nunc) jene Mittheilbarkeit, welche dem allgemeineren
Substanzen eigen ist (Anm. 496 ff.), einbüsst und als incommunicabile
bezeichnet werden muss °*°).
517) Sentent. II, Dist. III, qu. 2, art. 3, f. 15 v. B: Deus est causa rei non
solum quantum ad formam, sed etiam quantum ad materiam, quae est principium
individuationis; unde idea in mente divina est similitudo rei quantum ad utrumque,
sc. materiam et formam; et ideo per eam cognoscuntur res non tantum in universali,
sed etiam in particulari. Ueber das principium individuationis überhaupt s. auch
Montet a. a. 0. (ob. Anm. 483) p. 591 ff.
518) Quodl. VIII, 2 (Vol. VIII, 2) f. 52 v. B: Cum in mente divina sint omnium
creaturarum formae eæemplares, quae ideae dicuntur, sicut in mente artificis, .... hoc
tamen interest inter formas eacemplares, quae sunt in mente divina et in mente arti
ficis creati, quod creatus arlifex agit eae praesupposita materia; unde formae evem
plares, quae sunt in eius mente, non sunt factivae materiae, quae est individuationis
principium, sed solius formae. De quat. oppos. (Vol. XVII, 1), f. 219 r. A. Jene
Eeschränkung des menschlichem Erkennens s. ob. Anm. 499.
519) De ente et ess. 2, f. 7 v. A: Materia non quomodolibet accepta est prin
cipium individuationis, sed solum materia signata; et dico materiam signatam, quae
süb certis dimensionibus consideratur (s. vor. Abschn., Anm. 184); haec autem ma
teria . . . . . . ponerelur in diffinitione Socratis, si Socrates diffinitionem haberet; in
diffinitione aütem hominis ponitur materia non signata. Ebend. 3, f. 9 r. B : De
signatio individui respectu speciei est per materiam determinatam dimensionibus;
designatio aulem speciei respectu generis est per differentiam constitutivam, quae eae
forma rei sequitur (s. ebend. Anm. 146).
520) S. c. geni. II, 49, f. 146 v. A: Principium diversitatis individuorum eiusdem
speciei est divisio materiae secundum quanlilalem, ...... sine qua subslantia est in
divisibilis. Vgl. S. theol. I, qu. 3, art. 2, f. 13 r. A. Insbesondere aber De princip.
individ. f. 207 r. A: Ipsa forma materialis diversificatur secundum multa esse in
communicabilia, manens una secundum rationem multis communicatam ...... quod
redditur incommunicabilis per receptionem suam in materia....... (B) Quantitas de
terminala dicitur principium individuationis, non quod aliquo modo causet subiectum
suum, quod est prima substantia, sed concomitatur eam inseparabiliter et determinat
eam ad hic et nunc. lllud ergo, quod cadit sub ratione particulari, est hoc aliquid
per naturam materiae; quod aulem cadit sub sensu eaeteriori, est per quanlitatem.
8*
116 XVII. Thomas von Aquino.
Auf solcher Grundlage bespricht dann Thomas (hauptsächlich in der
Schrift De ente et essentia) in völligem Anschlusse an Avicenna die Be
griffe „essentia“ und „eaeistentia“, sowie die einzelnen Universalien selbst.
Nur Wiederholungen ja des arabischen Worbildes lesem wir bei ihm über
den definitorischen Gehalt des Wesensbegriffes, welcher die Einheit der
Form (s. bei Albert ob. Anm. 385) in sich enthält °?'), über die Quid
dität der einfachen Substanzen ***), über Stoff und Form der zusammen
gesetzten Substanzem °°°), über Unabhängigkeit der Essenz von der
Existenz ***), über Singularität und Universalität °°°), über das Verhältniss
des Gattungsbegriffes zum Artbegriffe ***), über den quidditativem Cha
rakter des letzteren **"), über das Verhältniss des Gattungs-Begriffes zur
Differenz °?°), über die Wortform des Differenz-Begriffes 839), und endlich
auch über das Accidens °°°).
Aus dem Umkreise der Kategori e n besitzen wir von Thomas die
Monographie De quatuor oppositis °°'), in welcher er zur Erklärung
auch die übrigen aristotelischen Stellem aus der Metaphysik, der Physik
und De sensu beizieht, so dass er (wie Avicenna) an der ächt aristote
lischen Auffassung des Entblösstseins festhalten kann °°°), während er
andrerseits auch Weranlassung nimmt, seine christliche Creations-Theorie
zu entwickeln °33).
Den Unterschied zwischen den Kategorien und dem Urtheile findet
521) De ente et ess. 1, f. 3 v. A: Ens per se dicitur dupliciter: uno modo, quod
dividitur per decem genera (s. die aristotelische Stelle Abschn. IV, Anm. 341); alio
modo, quod significat propositionum veritatem ....., etiamsi in re nihil ponat .....
Ens primo modo dictum est, quod significat substantiam rei ..... (f. 4 v. A) Quia
illud, per quod res constiluitur in proprio genere et speeie, est, quod significamus
per diffinitionem indicantem quid est res, inde est, quod nomen essentiae a philo
sophis in nomen quidditatis mutatur ..... (f. 5 r. B) Essentia dicitur, quod per eam
et in ea res habet esse. Die Hauptstelle über unitas formae betreffs des üblichen
Beispieles ,,homo“ ist S. theol. I, qu. 76, art. 3, f. 245 v. A: Nihil est simpliciter
unum, nisi per formam unam, per quam habet res esse ..... (B) Ergo oportet eandem
formam esse, per quam aliquid est animal et per quam aliquid est homo ..... Ergo
dicendum, qu0d eadem numero est anima in homine sensitiva et intellecliva et nutri
tiva. Vgl. vor. Abschn. Anm. 92 f. u. 97.
522) De ente et ess. 5, f. 19 r. B. Vgl. ebd. Anm. 92.
523) Ebend. 2, f. 7 r. A. Vgl. ebd. Anm. 229.
524) S. theol. I, qu. 13, art. 9, f. 54 v. B (woselbst auch das übliche Beispiel
von der Sonne). De ente et ess. 5, f. 20 r. B. S. obige Anm. 387.
525) De ente et ess. 4, f. 12 v. — 15 v. auf wörtlicher Uebereinstimmung mit
Avicenna beruhend, s. vor. Abschn., Anm. 178.
526) Ebend. 3, f. 10 r. B: Patet ratio, quare genus et species et differentia se
habeant proportionaliter ad materiam, formam et compositum in natura, quamvis non
sint idem cum illis, quia neque genus est materia, sed sumitur a materia ut signi
ficans totum, nec differentia est forma, sed sumitur a forma ut significans totum.
Aehnlich ebend. 6, f. 29 r. A und Periherm. I, 8, f. 6 r. B. Vgl. obige Anm. 508
u. vor. Abschn. 166.
527) De ente et ess. 3, f. 11 v. A. Vgl. vor. Abschn. Anm. 127 f.
528) Ebend. f. 10 r. A. Vgl. ebd. Anm. 116.
529) Ebend. 4, f. 11 v. B. Vgl. ebd. Anm. 150.
530) Ebend. 7, f. 30 v. — 35 r. Vgl. ebd. Anm. 96 ff.
531) 0pusc. 37 (Vol. XVII, 1, f. 217 v. — 220 v.).
532) f. 217 v. B. Vgl. vor. Abschn., Anm. 145 u. 197 f.
533) f. 219 r. A. Vgl. ob. Anm. 518.
XVII. Thomas von Aquino. 117
er mit dem Arabern darim, dass bei letzterem es sich um eine von der
denkenden Seele gemachte Werknüpfung oder Zusammensetzung handle °°*).
Sein unvollendet gebliebener Commentar zum Buche De interpr. bietet
Nichts bemerkenswerthes dar; denn während er im Ganzen die Erläu
terungen Albert's wiederholt °°°), kann er immerhin gelegentlich aus Apu
lejus oder Augustinus die Bemerkung einschalten, dass die Partikeln nur
Bindemittel der Urtheile sind °°°), oder aus Averroes den Begriff der
Syncategoreumata entnehmen °°") oder von Avicenna die Ansicht ent
leihen, dass „omnis“ nur eine Modalität der Urtheile sei °°°) oder den
Algazeli betreffs der Einheit der Urtheile ausschreiben °°°), ohne dass
wir hierin etwa grosse Werdienste erblicken. Wenn wir aber germe her
vorheben, dass er in ächt aristotelischem Simne sogar mit grösserer Schärfe
als Averroes die hypothetischen Urtheile und Schlüsse abweist **"), so
muss es uns hinwiederum als eine Inconsequenz erscheinen, dass Thomas
in seiner als ächt beglaubigten (s. ob. Anm. 483) Monographie De pro
positionibus modalibus °*!) diesen speciellen Gegenstand in vollständigem
Anschlusse an die byzantinische Logik behandelt. Während er nemlich
hierüber allerdings auch bei Albert Erörterungen vorfinden konnte (s. ob.
Anm. 456 f.), verschmäht er offenbar diese Quelle, um dem Wilhelm
Shyreswood (— denn mit diesem, nicht aber mit Lambert von Auxerre,
noch auch mit Petrus Hispanus, stimmen seine Angaben fast wörtlich
überein —) abzuschreiben 843). Die üblichen Werse aber sind in dem
gedruckten Texte des Thomas theils ungehörig umgestellt, theils sichtlich
aus späterer Zeit interpolirt***). Uebrigens gehört auch diese Benützung
534) Sentent. l, dist. XIX, qu. 5, art. 1, (Vol. VI, 1) f. 65 v. A: Esse dicitur
dupliciter: uno modo secundum quod ens significat essentiam rerum, prout dividitur
per decem genera ; alio modo secundum quod esse significat compositionem, quam
anima facit, et istud ens philosophus appellat verum. Vgl. vor. Abschn., Anm.
17, 74, 82.
535) So z. B. f. 1 v. B auch die Bemerkung über Andronikus (s. ob. Anm. 443)
und f. 5 v. B über die Eintheilung der Satzartem (s. ob. Anm. 449).
536) f. 1 r. B: Aliae vero sunt magis colligationes partium orationis, quam ora
tionis partes, sicut clavi. S. Abschn. X, Anm. 7. u. Abschn. XII, Anm. 43.
537) f. 5 r. A: Syncategoremata, quae secundum se non significant aliquid abs0
lutum, sed solam habitudinem unius ad alterum. S. vor. Abschm., Anm. 309.
538) f. 8 v. B. S. ebd. Anm. 214.
539) f. 6 y. B. S. ebd. Anm. 259.
540) f. 1 r. B: Hypothetica enuntiatio non continet absolutam veritatem, cuius
cognitio requirilur in demonstratione, ...... sed significat, aliquid verum esse eae
suppositione, quod non sufficit in scienliis demonstrativis, ..... et ideo Aristoteles
praetermisit fractatum de hypothelicis enuntialionibus et syllogismis. Vgl. ebd.
Amm. 327.
541) 0pusc. 40 (Vol. XVII, 1), f. 226 r. B.
542) f. 226 r. B: Modi autem, qui compositionem determinant, sunt seae, sc.
verum, falsum, necessarium, impossibile, possibile, contingens. Verum autem et falsum
nihil addunt supra significationes, propositionum de inesse u. s. f., s. ob. Anm. 42 ff.;
namentlich stimmt auch die Figur (f. 226v. A) genau mit jener des Wilhelm überein,
s. Anm. 45. -
543) Es finden sich memlich (f. 226 v. A) zunächst jene obigen Werse (Anm. 44)
in der Reihenfolge 2, 4, 1, 3, 5, 6; `hieranf folgt jener Wers, welcher untem, Abschn.
XX, unter den späteren Erzeugnissen vorkommen wird, und dann noch die ersten
vier der ebendaselbst anzuführenden Werse.
118 XVII. Thomas von Aquino. . Pseudo-Thomas.
byzantinischen Stoffes ebenso wie jene bei Robert Capito oder bei Albert
immer noch zu den vereinzelten Erscheinungen ***).
Der Commentar des Thomas zur zweiten Analytik °*°) enthält
ausser dem wenigen Stellen, welche schon oben benützt wurdem, durchaus
Nichts erwähnenswerthes ; er bewegt sich lediglich in einer erklärenden
Umschreibung des Originales und vermeidet jedem gelehrten Apparat ebenso
wie alle Controversen. -
Endlich dem Umkreise der Sophistik, über welche er gelegentlich
eine Bemerkung Albert's wörtlich wiederholt °*°), gehört seine Schrift
De fallaciis an. Dieselbe ist eine breite Paraphrase der ersten fünf Ca
pitel des aristotelischen Buches, von welcher höchstens hervorgehoben
werden mag, dass Thomas zuweilen Sophismen anführt, welche um
des erforderlichen Wortwitzes willen dem lateinischen Idiom angepasst
sind 547).
Insoferne aber unter dem oben (Anm. 484) genannten unächten
Schriften des Thomas sich einige befinden, welche demselben nur wegen
des entscheidemden Mangels an positiven Zeugnissen abgesprochen werdem
müssen, hingegen ihrem ganzen Inhalte nach ebensowohl von Thomas
selbst verfasst sein könnten und namentlich nicht die geringste Spur.einer
späteren Entstehung zeigen, so mögen dieselben gleich hier ihre Stelle
findem. Jedenfalls sind sie von ächten Thomisten oder All)ertisten ge
sehrieben, und zwar sichtlich ohne Berücksichtigung der alsbald eintre
tenden Controversen und Bereicherungen der Logik, und sowie sie eben
darum wenig Bemerkenswerthes enthalten, kann ich mich über sie sehr
kurz fassem.
So finden wir in der äusserst kurzen Schrift De sensu respectu
singularium et intellectu respectu universalium wörtlich des Thomas
Ansicht über die Individuation (ob. Anm. 519), sowie über das Auftreten
der Universalien in den Dingen und im Denken (Anm. 501, auch die
dortige Polemik gegen Plato fehlt hier nicht). Höchstens könnte man
sagen, dass des Thomas Auffassung der menschlichen Worte (Anm. 504 f.)
etwas präciser ausgedrückt sei, wenn der Werfasser bemerkt, Prädikate
der Individuen seien nicht die Bezeichnungen der intentio (Anm. 493),
sondern die Bezeichnungen der objectiven Wesen selbst ***).
Auch die Schrift De natura syllogismorum bietet ausser einer von
Avicenna (vor. Abschn. Anm. 216) abweichenden Bemerkung, dass die
vier aristotelischen Ursachen im Syllogismus machweisbar seien, durchaus
544) S. Amm. 357 u. bes. 471.
545) Vol. I, f. 16 v. — 73 v.
546) S. theol. II, 1, qu. 57, art. 6, f. 117 v. A. Ebend. 2, qu. 51, art. 4,
f. 124 r. A. Metaph. IV, 4, f. 43 r. A. Vgl. ob. Anm. 480.
547) 0pusc. 39. Vol. XVII, 1, f. 221 r. — 226 r. S. dort z. B. f. 223 r. B:
Omnis populus est arbor, sed aliqua gens est populus. 0der (f. 223 v. A): Tu es
qui es, sed quies est idem quod requies, ergo tu es requies. Oder (ebend.): Quid
quid deus fecit invite, fecit invilus; sed racemos fecit in vite ; igitur racemos fecit
invitus u. s. f.
548) Vol. XVlI, 2, f. 35 v. A. Dort lesen wir (B): Nomina communia signi
ficantia naturas ipsas praedicantur de individuis, non autem nomina significantia
intentiones. Vgl. Abschn. XIX, Anm. 127.
XVII. Pseudo-Thomas. Bonaventura. 119
Nichts eigenthümliches dar, denn ihr Inhalt bewegt sich in der allerge
wöhnlichsten Angabe der „Regeln* der aristotelischen Syllogistik 549).
Ebenso ist die Abhandlung De inventione medii °°0) Nichts als
ein schulmässiges Excerpt der ausführlichen Erklärung , welche Albert
(ob. Anm. 464) der versinnlichenden Figur des Averroes gewidmet hatte;
dass dabei Beispiele für die vierzehn aristotelischen Modi (d. h. natürlich
bei der ersten Figur mit Ausschluss der fünf theophrastischen Modi)
gegeben werden, versteht sich von selbst.
Desgleichen zeigt die Schrift De demonstratione 551) nur eine Wieder.
holung desjenigen, was Albert in seinem Commentare zur zweiten Ana
lytik über demonstratio potissima (Amm. 476) und über subiectum, passio
und dignitates (Anm. 475) unter Beiziehung der aristotelischen Beispiele
gesagt hatte.
Wenn aber num der gleichzeitige Franziskamer B o n a v e n t u r a
(d. h. Johann von Fidanza, geb. 1221, gest. 1274) gewissermassen
ein Gegenstück oder wenigstens ein Correlatum zu Albert und Thomas
bildet, und an seinen Schriften die machmalige Fehde zwischen Domini
kanern und Franziskanern sich nährte, so kann die Geschichte der Logik
es mit Vergnügen den Mystikern oder andrerseits den gelehrten Theologen
anheimgeben, über die Werdienste desjenigen Autors, welcher ein Itine
rarium mentis ad deum schrieb, zu entscheidem. Denm sowie in dem
„deo frui“ überhaupt nicht das Reiseziel der Logik liegt, könnten wir
den Bonaventura gänzlich der homiletischen Litteratur überlassen, wenn
er nicht gelegentlich Einen Punkt berührte , welcher uns hier interessirt.
Dass er als Mystiker die Universalien realistisch in extremem Platomismus
nimmt und dieselben sogar als wesensgleichartig direct in den Schöpfer
verlegt °°°), ist bei ihm wohl selbstverständlich, entzieht sich aber in
dieser Fassung jedem logischen Motive. Hingegen bezeugt er uns, dass
schon damals über das principium individuationis gestritten wurde,
indem die Einen die oben (Anm. 519) erwähnte Ansicht betreffs der
Materie vertraten, während Andere von einer eigenen „forma individua
lis“ sprachen ; aber wenn Bonaventura selbst eine dritte Ansicht als die
richtige bezeichnet, nemlich dass die Individuation durch eine Verbimdung
vom Materie und Form entstehe, so scheint er nicht zu wissem, was er
549) Ebend. f. 13 v. B: Causa efficiens syllogismi est anima rationalis .....
Materia vero sunt tres termini et duae propositiones..... Forma vero eius est potestas
inferendi conclusionem ...... Finis autem eius est facere fidem. Sodann werden
über den kategorischen Schluss die bekanntem Regeln (ea- mere particularibus u. s. f.)
vorausgeschickt, hierauf die drei Figuren und derem Schlussfähigkeit erklärt und
begründet, und zuletzt folgt eine äusserst magere Zusammenstellung der modalen
Schlüsse.
550) Ebend. f. 35 v. B. (mit Beibehaltung der bei Albert recipirtem Ter
minologie.
551) Wol. XVII, 1, f. 220 v. B.
552) Compend. theol. verit. I, 25 (Editio Lugdun. Vol. VII, p. 698): Ideae
rerum et exemplar et rationes sic in deo sunt, quod idea importat causam efficientem
conformem effectui, sed ezemplar causam formalem, ratio vero causam finalem ......
(p. 699) Sicut in mente artificis prius est forma rei, quam opus eaeeat, sic ideae
rerum ante mundi constitutionem in mente creatoris erant...... 0mnis creatura prius
in deo eæistit, . . . . . et hoc per ideas, quae non *aliud,. quam ipse deus, sunt
et erunt.
120 XVII. Bonaventura. Roger Baco.
redet; denn nach seinen eigenen Worten fällt das Hauptgewicht doch
wieder nur auf die Materie, und was er von dem quidditativen Charakter
der Form sagt, wurde sicher von Jedermann zugegeben, trifft aber dem
Fragepunkt nicht °°°). Ja am einer anderen Stelle spricht er sich so aus,
als ob auch die forma specifica ein Resultat aus Materie und Form wäre
und dabei die concrete Existenz des Individuums sich ganz in dem Art
• begriff verflüchtigte °°*). Und um das Maass der Unklarheit voll zu
machem, bezeichnet er wieder anderwärts das „numerari“, d. h. also die
Quantität (vgl. Abschn. XIX, Anm. 66 u. 141), als die Ursache der Ent
stehung des Singulären °°°).
Neben Albert, Thomas und Bonaventura steht chronologisch als ihr
Zeitgenosse der Franziskaner Roger Baco (geb. 1214, gest. 1292 oder
1294), dessen schriftstellerische Thätigkeit grösstentheils nur wenige Jahre
nach jener des Thomas fällt °°°); und wir sind auch aus innerem Gründen
553) In II Senlent., Dist. III, Pars 1, art. 2, qu. 3 (Vol. IV, p. 49): Quaestio
de individuatione ...... De ipsa fuit contentio inter philosophicos viros. Quidam
enim ..... diacerunt, quod individuatio venit a materia, quia individuum supra speciem
non addit nisi materiam ..... Aliis vero aliter visum est, sc. quod individuatio esset
a forma, et diacerunt, quod ultra formam speciei specialissimae est forma indivi
dualis ...... Est tertia positio satis plana, quod individuatio consurgit eae actuali
coniunctione materiae cum forma, ..... sicut patet, cum impressio vel eaepressio sit
multorum sigillorum in cera ...... Individuum est hoc aliquid. Quod sit hoc, prin
cipalius habet a materia, ratione cuius forma habet positionem in loco et tempore.
Quod sit aliquid, habet a forma; individuum enim habet esse, habet etiam eæistere;
eæistere dat materia formae, sed essendi actum dat forma materiae. Individuatio
igitur in creaturis consurgit eæ duplici principio.
554) In III Sentent., Dist. X, art. 1, qu. 3 (Vol. V, p. 116): Individuatio est ea,
communicatione materiae cum forma, et innotescere habet per accidentium collectio
ºmem . . . . . . Circumscriptis accidentibus et proprietatibus, quae individuationem non
faciunt, sed ostendunt, individuatio est a principiis intrinsecis, secundum quod unum
constituunt suppositum, in quo totum esse rei stabilitur. Et quia eæ concursu illorum
principiorum constituitur individuum et resultat forma totius, quae est forma specifica,
hinc est, quemadmodum dicit Boethius, quod species est totum esse individui (s. Abschn.
XII, Anm. 97 f.)..... In individu0 proprie dicto est principiorum substantialium unio
et primi suppositi constitutio in se, ipso, non in altero.
555) In I Sentent., Dist. V, art. 2, qu. 1 (Vol. IV, p. 51): Quoniam in crea
turis forma communis numeratur in suppositis, ide0 in illis forma communis pro
ducitur et corrumpitur, ..... et ideo universale in singulari generatur, quia numeratur.
556) Erst seit neuester Zeit sind wir über Roger Baco etwas näher unter
richtet. Nachdem nemlich früher nur sein 0pus maius ad Clementem IV. (hrsggbm.
von Jebb, London 1733. fol.) bekannt gewesem war, erwarb sich J. S. Brewer durch
sein Werk „Fr. Rogeri Bacon opera quaedam hactenus inedita“, Vol. 1. London 1859.
8. (als 15. Band der Rerum Britannic. medii aevi scriptores) das Werdienst neuer
Publicationem, in welchen wir nun nicht bloss das 0pus minus (d. h. einen Auszug
aus dem 0pus maius), sondern auch das Compendium studii philosophiae und das
umfangreiche 0pus tertium in Textabdrücken kennen lernten. Indem aber gleich
zeitig, und zwar ohne Brewer's Leistung zu kennen, Emil Charles eine Monographie,
betitelt ,,Roger Bacon, sa vie, ses ouvrages, ses doctrines d'après des teates inedits“
(Paris 1861. 8), bearbeitete, zeigte sich in überraschender Weise, dass jeder Wer
snch , den Roger Baco vollständig darzustellen, als ein verfrühter scheitern mnss,
so lange micht das ganze reichhaltige Material gedruckt ist; nemlich E. Charles fand
in den Bibliotheken Frankreichs und Englands sehr viel Neues und insbesondere
einen äusserst ausführlichen Text des 0pus tertium, von welchem Ein Abschnitt in
einer Handschrift der Biblioth?jue Mazarine unter dem Titel „De communibus natura
lium“ einen nnerwarteten Reichthum philosophischer Erörterungen darbietet. Ein
XVII. Roger Baco. 121
um so mehr berechtigt, ihn hier einzureihen, als seine Ansichten mit
jenen Controversen, deren Entstehung und weiteren Werlauf der XIX. Ab
schnitt darlegen soll, höchstens den einen oder anderen ähnlichen Ge
sichtspunkt gemein haben, keinenfalls aber selbst wirksam in jenen Kampf
eingriffen. Allerdings beruhen Baco's Werdienste, — insoferne man über
haupt sich veramlasst sehen will, solche zu preisen °°") —, sicher am
wenigsten in dem Gebiete der Logik, wenn er auch ein paar logische
Schriften, welche übrigens noch ungedruckt sind, verfasste °°°); aber
dennoch müssen wir selbstverständlicher Weise Dasjenige anführen, was
von seinen Kundgebungen hieher gehört.
Während er einmal bei Eintheilung der Wissenschaften (in theore
tische und praktische) die Logik neben der Grammatik unter den theo
retischen Zweigen aufzählt, daneben aber doch noch vom „modus sciendi“
zelne Proben seiner neuen Funde hat E.0harles im Anhange seiner Schrift (p. 334—416)
abdrucken lassen. (Was bei Jebl, und Brewer sich findet, hat H. Siebert zu einer
Dissertation, Marburg 1861, verarbeitet.)
557) Dass Roger Baco ein vielseitig begabter Mensch war, wird und kann
Niemand werneinem. Aber man hüte sich vor Uebertreibungen, wie z. B. wohl
' deren grösste war, dass man förmlich eine Secularfeier des grossen Mannes in
Vorschlag brachte. Hebt man hervor, dass er auf Sprachstudium, auf Physik und
insbesondere auf Mathematik hinwies, so soll man bedenken, dass vor ihm der
Grammatiker Helias lebte, aus welchem schon Wincenz v. Beauvais schöpfte, und
dass Albert mit reichen Händen Naturkunde spendete, sowie dass Robert Capito
die gleiche mathematische Neigung besass (s. ob. Anm. 335 u. 343). Glaubt man,
Baco rage aus seiner ganzen Zeit-Umgebung einzig hervor, so irrt man schon darum
gänzlich, weil er wie Alle im theologischen Auctoritätsglauben befangen ist und
bleibt (s. unten Anm. 562), und was won seiner angeblichen Betonung der ,,Erfah
rung“ zu halten sei, werden wir sogleich, Anm. 568, sehen. Schon in Folge seiner
ungezügelten Phantasie steht er dem eigentlich philosophischen Impulse etwas ferner,
und nicht bloss durch die Eilfertigkeit der Composition seiner Werke (die drei
bedeutendsten der obem genanntem schrieb er in anderthalb Jahren zusammen), son
dern auch durch seine Grosssprecherei (er verheisst, in drei Tagen das Hebräische
zu lehren, ebenso in drei Tagen das Griechische und in sieben Tagen die ganze
Geometrie, 0p. tert. p. 65 f.) macht er genau ebenso wie sein berühmter Namens
vetter den Eindruck eines Charlatans oder eines Schwindlers. Endlich aber die
Hauptsache ist, dass wir hoffentlich auch ihn nicht won der Frage dispensiren,
welche wir ja an Alle richten, nemlich von der Frage, woher denn all seine Kund
gebung genommen sei. Und da zeigt sich für den besonnenen Forscher, dass Baco
auch all Dasjenige, was man in übertriebener Weise z. B. als Kenntniss oder Er
findung des Fernrohres, des Schiess-Pulvers, ja sogar der Dampfkraft, hat bezeichnen
wollem, sämmtlich den arabischen Naturforschern entlehnt hat.
558) Pitseus (De illustr. Angl. scriptt.), der bekannte Lügner (s. Abschn. XIV,
Anm. 524), sagt, Baco habe geschrieben: Logica, De intellectu et intelligibili, De
universalibus, In posteriora Aristotelis. Lassen wir uns aber hiedurch matürlich
nicht in die lrre führen, so fand hingegen Brewer (a. a. 0., Praef. p. LXIX) in der
Bodleiana noch handschriftlich vorhanden: „Summula dialectices Rogeri Bacon* und
ein Bruchstück : „Mag. Rogeri Bacon de sophismatibus et distinctionibus“. Wenn
jedoch Brewer diesen beiden aus der gleichen Bibliothek noch als dritte Schrift
anreiht ,,Syncategorematica fratris Roberti“, und unter der Bemerkung, dass Rogerus
und Robertus in den Handschriften häufig werwechselt werdem, sofort auch hier dem
Namen „Bacon“ substituirt, so muss ich diess jedenfalls als eine arge Voreiligkeit
hezeichnen. Auch liegt ja ein „Robert** aus jener Zeit, wahrlich nicht in ràthsel
hafter Ferne, sondern wir werden vielleicht nicht fehlgreifen, wenn wir sogleich an
den R ob ert Capito denken (s. ob. Anm. 356 f.).
122 XVIl. Roger Baco.
als einem dritten Gliede spricht °°°), hellt sich diese Unklarheit nach
einer anderen Stelle dahin auf, dass die beidem genannten Disciplinen als
„sermocinales“ eben doch nur jenen „modus“ enthalten °°°). Aber bei
dem unendlichen Worzuge, welchen für Baco das praktische Gebiet vor
dem theoretischen voraus hat, kann natürlich die Logik schliesslich nur
einen ethisch-religiösen Zweck haben °" *), sowie ja überhaupt die Philo
sophie, sobald sie mur auf sich selbst vertraut und nicht der Orthodoxie
dient, in „infernalische* Blindheit geräth, und die ungläubigen Philosophen
ohne Bedenken der Teufel holt °"*). Baco führt auch in einseitigster
Uebertreibung einer arabischen Auctorität lang und breit aus, dass es eine
natürliche Logik (sowie eine natürliche Grammatik) gebe, nach welcher
auch die Laien sämmtlich richtig schliessen und disputiren, und in welcher
das ganze Werfahren, Unbekanntes aus Bekannterem zu erweisen, seine
letzte Stütze habe, und dass somit die sog. eigentliche Logik nur in der
Anwendung gewisser technischer Worte beruhe °°°), — kurz Baco ver
559) Comp. philos. c. 1, p. 396: Studium sapientiae habet duas partes, unam
sc. speculativam et aliam practicam ...... Grammatica enim, logica, naturalis philo
sophia, vulgata metaphysica, quinque scientiae mathematicae, et plures aliae sunt
speculativae veritatum, quae non consistunt in operibus. Quatuor vero scientiae
mathematicae (quae novem sunt in universo) et alkimia, medicina, moralis philo
sophia, sub qua comprehendo ius civile, theologia cum iure canonico, et multae aliae
a parte philosophiae sunt practicae (vgl. Albert ob. Anm. 360 und Avicenna vor.
Abschn., Anm. 71)...... Sed ad omnia scienda modus optimus requiritur, Aristo
teles vero in secundo Metaphysicae vult u. s. w., d. h. es folgt die Stelle Abschn.
IV, Amm. 177.
560) 0p. maius, p. 59: Modi autem (s. ob. Anm. 363) philosophiae accidentales
(über diese Bezeichnung s. Anm. 564) sunt grammatica et logica. 0p. tert. c. 28,
p. 104: Cum logica comprehendo grammaticam, quia communi nomine utraque logica
dicitur, i. e. sermocinalis scientia, nam λόγος idem est quod sermo in una signi
ficatione.
561) 0p. maius, p. 47 : Sed cum voluntas seu intellectus practicus sit nobilior,
quam speculativus, et virtus cum felicitate ezcellat in infinitum scientiam nudam et
nobis sit magis necessaria sine comparatione, necesse est, ut habeamus argumenta
ad ezercitandum per intellectum practicum...... Logica speculativis scientiis per
(wohl zu lesen praebet) argumenta duo, quae sunt dialecticum et demonstrativum,
moralibus autem ministrat practica argumenta, et quia theologia et ius canonicum
mores et leges et iura determinant, ideo haec du0 argumenta sunt eis necessaria.
Ebend. p. 59: Finis logicae est compositio argumentorum, quae movent intellectum
practicum ad fidem et amorem virtutis et felicitatis fulurae. Vgl. ob. Anm. 361. u.
Abschn. XI, Anm. 125.
562) Ebend. p. 42: Philosophia infidelium est penitus nociva et nihil videtur
secundum se considerata, nam philosophia secundum se ducit ad caecitatem inferna
lem, et ideo 0p0rtet, quod secundum se sit tenebrae et caligo. Ebend. p. 37: Philo
sophia secundum se c0nsiderata nullius utilitatis est, philosophi vero infideles
damnati sunt.
563) 0p. tert. c. 28, p. 102: De logica non est vis tanta, quia scimus eam per
naturam, licet vocabula logicae in lingua, qua utimur, quaerimus per doctrinam ; sed
ipsam scientiam habent omnes homines eæ natura (s. vor. Abschn., Amm. 80).....
p. 103: 0mnis homo reddit causas et rationes dictorum et factorum suorum ..... et
omnes homines respondent ad falsa per negationem..... Unde licet laici non habeant
vocabula logicae, quibus clerici utuntur, tamen habent suos modos solvendi omne
argumentum falsum, et ide0 vocabula sola logicorum deficiunt laicis, non ipsa scientia
l0gicae ...... Cum omne, quod fit de novo notum, fit notum per notius (s. ebend.
Anm. 15), ibitur in infinitum, si logicam non sciamus naturaliter...... p. 104: Et
Avicenna dicit (s. ebend. Anm. 13 u. 81), quod rusticus arabicus scit grammaticam
XVII. Roger Baco. 123
abschiedet im Hinblicke auf die Jedem angeborne Logik den Aristoteles
und bezeichnet die wissenschaftliche Theorie desselben als etwas Un
wesentliches 804).
Dafür substituirt er den Gegenstand seiner Lieblings-Neigung, nem
lich die Mathematik, und behauptet, die Logik hänge von der Mathematik
ab, was er komischer Weise damit begründet, dass in letzterer allein es
ein wirkliches Beweisen gebe °°°). Hiemit aber hängt nun wieder sehr
eigenthümlich seine Auffassung der „Erfahrung“ zusammen. Wenn nem
lich die Aussprüche einer Auctorität durch Beweise gestützt werden
sollen, Beweise aber schliesslich auf thatsächlicher Erfahrung beruhen °°°),
so denkt Baco bezüglich dieser letzteren ummittelbarem Anschauung , bei
welcher allein die Seele sich beruhige, vor Allem an jene Autopsie,
welche bei geometrischen Beweisen oder bei mechanischen Worrichtungen
(z. B. einem Astrolabium) erforderlich ist, und indem er alle Wissen
schaften auf Mathematik begründen will, erblickt er in jenem unmittel
baren Schauen den dominirenden Ausgangspunkt für alles Wissen °°").
Aber sowie natürlich hiebei nicht etwa von einer „Methode der Erfah
rung* die Rede ist, so findet Baco diese sensuale Unmittelbarkeit doch
per naturam ...... Vocabula enim grammaticae et logicae discimus, sed naturaliter
scimus componere orationes eæ dictionibus et argumenta eae propositionibus; et hoc
docet grammatica et logica.
564) Ebend. p. 104: Ergo aliud regimen arguendi habemus, quam per artem
Aristotelis datum; sed non est aliud, quam innatum; relinquitur igitur, qu0d a natura
scimus arguere et similiter dissolvere argumenta..... (p. 105) Quapropter de logica
et grammatica non est necessaria instructio humana, nisi propter vocabula linguarum,
- - - - - et ideo patet, quod logica et grammatica sunt accidentales scientiae et non
principales.
565) 0p. maius, p. 60: Non solum dependet cognitio logicae a mathematica
propter suum finem, sed propter medium et cor eius, quod est liber Posteriorum; nam
ille liber docet artem demonstrandi; sed nec principia demonstrationis nec conclu
siones nec ipsa tota potest cognosci nec manifestari nisi in mathematicis rebus, quia
ibi solum est demonstratio vera et potens ...... Quapropter necesse est, logicam a
mathematicis dependere.
566) Comp. philos. c. 1, p. 397: Licet per tria sciamus, videlicet per auctori
tatem et rationem et eaeperientiam, tamen auctoritas non sapit, nisi detur eius rati0,
... nec ratio potest scire, an sophisma vel demonstratio, nisi conclusionem sciamus
eæperiri per opera.
567) 0p. maius, p. 445: Volo revolvere radices a parte scientiae eaeperimen
talis, quia sine eæperientia nihil sufficienter sciri potest. Duo enim sunt modi
cognoscendi, sc. per argumentum et experimentum. Argumentum concludit et facit
nos concludere quaestionem, sed non certificat neque removet dubitationem, ut quiescat
animus in intuitu veritatis, nisi eam inveniat via eæperientiae ...... Et hoc patet in
mathematicis, ubi potissima est demonstratio; qui enim habet demonstrationem p0
tissimam de triangulo aequilatero sine eæperientia, nunquam adhaerebit animus quae
stioni nec curabit, sed negliget, usque detur ei eæperientia per intersectionem duorum
circulorum. Ebend. p. 448: Mathematica habet eaeperientias utiles circa quaestiones
suas in figurando et numerando, quae etiam applicantur ad omnes scientias et ad
hanc eæperientiam, quia nulla scientia potest sciri sine mathematica. Ebend. p. 465:
Veritates magnificas in terminis aliarum scientiarum, in quas per nullam viam p0ssunt
illae scientiae (ausgefallem pervenire oder dgl.), haec sola scientiarum domina specu
lativarum potest dare....... Mathematica bene producere potest astrolabium sphae
ricum, ...... sed quod hoc eorpus sic factum moveatur naturaliter motu diurno, non
est in potestate mathematicae, ezperimentator autem perfectus potest considerare vias
huius motus.
124 XVII. Roger Baco.
selbst wieder unzureichend sogar für die Erklärung der Körperwelt,
geschweige denn dass sie Aufschlüsse über das Geistige gebe, und so
mündet seine gepriesene „Erfahrung“ vollständig in eine verzückte, in
sieben Stufen fortschreitende innere Erleuchtung aus °°°); und diese
augustinische luae interior kann danm freilich denjenigen Wissens-Kreis
darbietem, welcher in mathematisirenden Beweisformen zu einem ortho
doxen Dogmen-Systeme umgewandelt werden soll.
Gelegentlich einmal deutet Baco an, dass er sich um die Fragen,
welche den „modus significandi“ betreffen, interessire; und wir müssten
ihm sonach fast für einen Worläufer des Duns Scotus halten , wenn nicht
seine Angaben über die in der objectiven Natur liegenden und die von
der subjectiven Seele ausgehenden „Zeichen“ allzu kärglich wären, um
aus ihnen seinen Standpunkt sicher zu erkennen °°°).
Auch betreffs der Universalienfrage blickt bei ihm eine Ansicht durch,
welche wenigstens in Einer Beziehung dem Grundgedanken des Duns
Scotus nicht sehr unähnlich ist; aber eine phantastische Ueberschwäng
lichkeit lässt dem Baco weit über das Ziel klarer Werständigkeit hinaus
schiessen. Mit dem Vorbehalte allerdings, dass vielleicht spätere Wer
öffentlichungen handschriftlichen Materiales reicheren Aufschluss geben
könnem °"°), lässt sich bis jetzt so Wiel berichten, dass Baco vor Allem
für die Bedeutung umd den Werth des lndividuums förmlich schwärmt.
568) Ebend. p. 446: Sed dupleæ est eæperientia. Una est per sensus eæteriores,
- - - - - et haec eaeperientia est humana et philosophica, quantum homo potest facere
secundum graliam ei datam. Sed haec eæperientia non sufficit homini, quia non
plene certificat de corporalibus propter sui difficultatem et de spiritualibus nihil
attingit. Erg0 0p0rtet, quod intellectus hominis aliter iuvetur, et ideo sancti patriarchae
et prophetae, qui primo dederunt scientias mundo, receperunt illuminationes interiores
et non solum stabant in sensu ..... Et sunt septem gradus huius scientiae interioris.
Unus per illuminationes puras scientiales; alius ...... in virlulibus; ..... tertius in
septem donis spiritus sancti; ..... 4uartus in beatitudinibus; .... quintus in sensibus
spiritualibus; ..... seactus in fructibus; .... septimus in captibus. Kurz wir stehen
somit bei dem gepriesenem Baco auf dem alten „Qui non expertus est, non credit,
non intelligit“, und wir können es Jedem überlassem, einen solchen Standpunkt
etwa für einen Fortschritt gegenüber dem 13. Jahrh. zu halten. Schon Augustinus
ja hatte gesagt „credo, quia absurdum“ und „credo, ut intelligam“.
569) 0p. tert. c. 27, p. 100: Addidi intentionem alterius partis grammaticae,
quae . . . . . est utilissima in scientialibus quantum ad inquirendum et sciendum omnes
veritates speculativas philosophiae et theologiae. Et est de composilione linguarum et
de impositionibus vocum ad significandum et quomodo significent per impositionem.....
Et quia haec non possunt sciri, nisi homo sciat rationes et modos significandi, ideo
aggressus sum, illos modos ostendere ..... Signa quaedam sunt naturalia et quaedam
data ab anima. Et illa, quae sunt naturalia, sunt dupliciter; quaedam sunt per
concomitantiam signatorum, ut habere magnas eaetremitates est signum fortitudinis;
quaedam per c0nfigurationem, ut imago sancti Nicolai ..... Et sic omnes species
rerum (s. Anm. 575 ff.) sunt signa ..... Signum autem datum ab anima vel est na
turaliter, ut gemitus infirmorum, ..... vel est ad placitum ..... (p. 101) Et tunc
considero, quomodo voa, imponitur univoce, quomodo aequivoce, et quot modis quan
tumcunque (zu lesen utrumque), et quomodo analogice el quot modis (letzteres s. ob.
Amm. 432 u. vor. Abschn., Anm. 31).
570) Brewer, Praef. p. LXIX: In his Compendium theologiae (welches bis jetzt
noch ungedruckt ist) he professed his intention to enter on the consideration of
those verbal disputes which divided the nominalists and the realists of his days ; and
in the same work he has devoted several pages .... to the consideration of the nature
of words. But in none of these instances has he entered on the subject of logic
XVII. Roger Baco. 125
Er sucht nemlich zunächst in einer merkwürdig einseitigen Polemik, bei
welcher er uns auch bezeugt, wie sehr die ganze damalige Zeit sich vom
Platonismus weggewendet habe, bezüglich der Universalien alle und jede
subjective Thätigkeit gänzlich auszuschliessen, weil ja das Einzeln-Sein
und hinwiederum das gleichartige Zusammentreffen der Einzeln - Dinge
objectiv auch dann bestünde , wenn es keine denkende Menschen - Seele
gäbe, und es erscheint ihm sonach die ganze Frage über die Aussagbar
keit der Universalien als eine grosse Thorheit °71). Sodann aber hat er
auch in objectiver Beziehung für die Universalien nur Worte des Hohnes,
denn , meint er, die gepriesene Allgemeinheit und ewige Dauer der
Universalien habe überhaupt nur einen Sinn bezüglich der beständigen
Succession der Einzeln-Dinge °7*). Erscheint ihm somit das Individuum
twith the same amount of care and inlerest as on grammar, mathematics or eæperi
nmental sciences.
571) Bei E. Charles, p. 386: Sed maior stultitia est (d. h. als die „stulta“
quaeslio de individuatione, s. Anm. 581) de nalura universalis praedicabilis de sin
gularibus, quum quaerunt, quid faciat universale. Et est quintupleæ positio praeter
positionem Platonis. Plato vero diavit, quod universalia fuerunt ideae ...... et quia
stulta est positio et nullus nunc dicit sicut Plato (vgl. Anm. 283, 352, 389 f., 394,
501, 514 u. Abschn. XIX, Anm. 42 u. 121), ideo ad positiones modernorum de
currendum. Et est una solemnis, quod universale non est nisi in anima. Alia est,
quod universale sit in rebus per animam. Tertia est, quod universale sub ralione
universalis est in anima, licet secundum id quod est sit in singularibus. (Aber in
der That sind diess nicht drei verschiedeme Ansichten, sondern nur wechselnde
Hedewendungen der aus den Arabern bei Albert und Thomas aufgenommenen An
nahme.) Quarta est, quod universale sit solum in singularibus et non dependeat ab
anima aliquo modo (diess ist Baco's eigene Meinung). Sed quod prima est falsa,
patet, quia, etsi non esset anima rationalis, duo lapides convenirent ad invicem; sed
haec convenientia facit universale; ergo universale remanet, elsi anima non esset.
-Item nihil, quod est eaetra rem, potest de ea praedicari per inhaerentiam; sed uni
versale praedicatur de singularibus; erg0 non potest separari ab eis. Item ..... species
non praedicatur de singularibus nec est commune eis; imo quaelibet singularis facit
speciem a se propriam, universale autem est commune pluribus et praedicatur de eis;
ergo universale non est in anima. Dein dato, quod universale non est in anima,
patet, quod secunda positio est falsa; nam ostendo, quod anima nihil facit ad uni
versalitatem, quia duo esse habet individuum, unum absolutum, aliud comparatum
(s. Anm. 573), sed utrumque esse habet, etsi anima non sit..... Ex quibus sequi
tur, quod tertia positio sit falsa; nam quum in anima non sit universale nec anima
operatur aliquid ad universalitatem, tunc universale secundum rationem universalis
non est in anima...... Vanissimum est dicere, quod anima facit universale, sed ista
sunt.... quaedam sophismata, quae apud aliquos inducunt quintam opinionem de
universalibus (jedoch auch diess, was wir immer unter der Wortform „intellectus
agit universalitatem“ trafen, ist ja keine ,,fünfte“ Ansicht, sondern trifft mit obigen
dreien zusammen; so gehört Baco zu jenen Menschen, mit welchen eine Discussion
unmöglich ist, weil sie in ihrer Phantasterei uns das Wort im Munde umdrehen;
auch dass er an einer anderen Stelle der nemlichen Schrift selbst won einer ,,ver
schiedenen“, und zwar nominalistischen Ansicht gesprochen hatte, — s. Anm. 580 —,
scheint er hier schon wieder vergessen zu haben).
572) Ebend. p. 384: Homines imperiti adorant universalia propter hoc, quod
dicit Aristoteles primo Posteriorum, quod universale est semper et ubique, singulare
est hic et nunc, et secundo de anima dicit, quod esse universalis est esse perpeluum
et divinum, singulare est corruptibile et non manet semper. Sed hoc et huiusmodi
solvuntur breviter, quod perpetuitas universalis et quod sit ubique, non est propter
eius dignitatem, sed propter successionem singularium multiplicatorum in omni tem
pore et loco.
126 XVII. Roger Baco.
als das allein Preiswürdige, welches, wie die „Erfahrung“ (vgl. Anm. 568)
zeige, weitaus den Worrang vor dem Allgemeinen habe, — da ja auch
Gott die Welt nur um der Einzeln-Menschen, nicht um des allgemeinem
Menschen, willem erlöst habe —, so muss nun wohl das Universale dem
Einzelnen ganz unversöhnt gegenübertreten, indem das Individuum die
alleinige wahrhafte und feste Position sein soll, und das Allgemeine zum
blossen relativen Zusammentreffen (convenientia respectu alterius) herab
sinken muss °7°).
Während num Baco in diesem Begriffe der Gemeinsamkeit (communis
natura), welchen er in einer Stelle bei Avicenna fand, eine wichtige
Entdeckung gemacht zu haben glaubt °"*), steht die Sache freilich sehlimm
genug. Denn einerseits kann er, da ja die Einzeln-Dinge selbst es sind,
welche in gewissem Gemeinsamen zusammentreffen, allerdings triumphirend
ausrufen, dass das Universale lediglich im Einzelnen ohne alle Beihilfe
der subjectiven Seele vorliege, aber andrerseits bleibt ihm für die Frage,
wie denn dann jenes in den Dingen steckende Universale dennoch in die
Seele komme, keine andere Antwort übrig, als die mystische, dass bei
der Einzeln-Wahrnehmung zugleich mit der kräftigen species singularis
auch eine species universalis herbeikomme, welche an sich mit der
„Schwäche“ des Intellectus verwandt sei, aber durch die Vervielfältigung,
mit welcher sie auf die Dinge angewendet werde, zuletzt an Macht und
Stärke den Worrang gewinne °"°). Bei solchem Gerede nun muss sich
573) Ebend. p. 383: Unum individuum excellit omnia universalia de mundo,
nam universale non est nisi convenientia plurium individuorum. Duo enim sunt
necessaria individuo: unum absolute, quod constituit ipsum et ingreditur eius essen
tiam, ut anima et corpus faciunt hunc hominem; aliud est, in quo conveniat cum
aliquo homine et non cum asino nec porco, et hoc est suum universale. Sed abso
luta natura individui longe maior et melior est quam relata, quia habet esse fiaeum
per se et absolutum; et ideo singulare est nobilius quam suum universale, et nos
scimus hoc per eæperientiam rerum ...... Et quia omnia, quae tracto, sunt propter
theologiam, palet per raliones theologicas, quod universale non habet comparationem
ad singularia ; non enim deus fecit hunc mundum propter universalem hominem, sed
propter personas singulares, .... nec redemit propter hominem universalem, sed propter
personas singulares ...... Manifestum est igitur, quod singulare sine comparalione
est melius quam universale ..... Et quum natura semper intendit quod est optimum,
duae naturae, sc. universalis et virtus regitiva individui, intendent et operabuntur
individuum ..... , sed hae duae praevalent virluti regitivae speciei seu universalis.
Ergo simpliciter loquendo et absolute debemus dicere, quod individuum est prius se
cundum naturam, tam secundum operationem quam secundum intentionem, ..... qu0d
individuum est natura absoluta et fiaca habens esse per se, et universale non est
nisi convenientia individui respectu alterius.
574) Ebend. p. 389: Dicendum est, quod primus modus universalium est, se
cundum quod natura aliqua est communis solis individuis, et hoc universale non est
nominatum adhuc et reperitur in omnibus universalibus Porphyrianis et est commune
ad omnia ..... et quod universale dictum sit aliud praeter quinque, patet per
Avicennam in libro primo logicae, ubi hanc sententiam affirmat. S. vor. Abschn.
Amm. 179 f. (freilich schloss dann ebendort Avicenna hieraus jenen Grumdsatz
„Intellectus agit universalitatem“, aber Baco lässt sich durch solche Kleinigkeitem
nicht beirren).
575) Ebend. p. 387: Si autem de speciebus universalibus loquitur (sc. Arislo
teles), h. e. quod universale facilius intelligitur et ideo universalia vocantur obiecta
intellectus, hoc est per ant0n0masiam; ..... ab uno enim singulari non venit nisi sua
species singularis, per quam intelligilur; sed a quolibet singulari venit una species
XVII. Roger Baco. 127
jede weitere Frage, die wir an Baco richten möchten, in immer diehteres
Dunkel hüllen ; und so finden wir denm auch, dass ihm das Wort „species“
unter einem Duzend synonymer Ausdrücke alles Andere eher bezeichnet,
als was die Logik so nennt °"°). Nemlich eine gewisse mystische actuelle
Kraft soll sowohl auf die Sinneswahrnehmung als auch auf das Denken
wirken, und dabei zugleich sowohl universelle Species des Universellen
als auch singuläre Species des Singulären sein °77); ja dieselbe soll auch
nicht, wie man gewöhnlich annehme, in der Form, noch aber auch im
Stoffe liegen, sondern von vorneherein die Species des aus Stoff und
Form zusammengesetzten Wesens sein °7*).
Darum muss dem Baco die Annahme einer Einheit der Materie als
der grösste Irrthum erscheinen, welchem er dadurch zu entgehen sucht,
dass er die Materie selbst je nach den sämmtlichen Einzeln-Wesen unter
schiedlich getheilt und vervielfältigt werden lässt 579). Und daher kommt
universalis cum specie singulari, et ide0 multiplicatur species universalis in anima,
et ideo fit fortior et potentior ...... Insuper intellectus est debilis (vgl. Anm. 287
u. 348); propter eam debilitatem magis conformatur rei debili, quae est universale,
quam rei, quae habet multum de esse, ut singulare. Sic igitur inlelligenda est auct0
ritas Aristotelis (!!), et non accidit aliquid contra veritatem rerum universalium, quas
ponimus in singularibus sine anima.
576) 0p. maius, p. 358: Essentia, substantia, natura, potestas, potentia, virtus,
vis significant eandem rem, sed differunt sola comparatione ...... Virtus habet multa
nomina, voealur enim similitudo agentis et imago et species et idolum et simulacrum
et phantasma et forma et intentio et passio et impressio et umbra philosophorum.....
Species autem non sumitur hic pro quarto universali apud Porphyrium, sed trans
sumitur hoc nomen ad designandum primum effectum cuiuslibet agentis naturaliter.
577) Ebend. p. 66: Haec virtus vocatur similitudo et imago et species et multis
nominibus, et hanc facit tam substantia quam accidens et tam spiritualis quam cor
poralis ...... Et haec species facit omnem operationem huius mundi, nam operatur
in sensum, in intellectum, et in totam mundi materiam. Ebend. p. 372: Cum uni
versale non sit nisi in singularibus, ..... nec polest singulare carere suo universali,
erit proportio speciei universalis ad speciem singularem, sicut rei universalis ad rem
singularem...... Sive in medio sive in sensu sive in intellectu sunt species univer
sales, oportet, quod ibidem sint species singulares ei respondentes.
578) 0p. tert. c. 31, p. 109: Species substantiae agentis est composita et non
est solius formae, ut aestimatur, et species rei universalis est universalis et species
rei singularis est singularis. 0p. maius, p. 367: Species substantiae non est tantum
ipsius formae seu materiae, sed totius compositi. Ebend. p. 66: 0mnis res natu
ralis producitur in esse per efficiens et maleriam. Bei E. Charles, p. 377: Non est
tripleæ praedicamentum nec tripleæ genus generalissimum in praedicamento substantiae,
quia unum eorum est principale praedicabile, cum quo duo non ponunt in numero;
propter quod unum est genus generalissimum substantiae, scilicet compositum, per
quod attenditur unitas praedicamenti ..... Insuper compositum habet rationem per se
ezistendi in ordine entium; non sic materia et forma.
579) 0p. maius, p. 88: Multitudo vero philosophantium non solum in forma
propria philosophiae, sed in usu theologiae dicit et asserit, quod una est materia
numero in omnibus rebus et quod solum est diversitas a parte formarum ; sed hic
est error infinitus. 0p. tert. c. 38, p. 121: Cum omnes ponant, quod materia sit
vna numero in omnibus rebus, ..... et cum hic sit pessimus error, qui unquam fuit
in philosophia positus, ideo aggredior hanc positionem. ..... p. 122: Sicut forma
prima, quae praedicatur de omnibus formis et est communis iis et dividitur.... usque
ad specialissimam, habet unitatem generis et non est una numero, ..... ergo similiter,
cum materia praedicetur de omnibus materiis rerum et sit eis communis et dividatur,
.... materiu alia est spiritualis, alia est corporalis et paribus passibus descendit sicut
compositum et forma. Ebenso bei E. Charles, p. 378.
128 XVII. Roger Baco.
es, dass er gegen die bei Albert und Thomas von den Arabern entlehnte
Ansicht polemisirt, dass die Materie dem Process der Individualisirung
erst bewirke (s. Anm. 388 u. 519); denm indem Baco, wie wir sahem,
dem Einzeln-Ding eine grundsätzliche Priorität zuweist und in dem Fort
schritte zu dieser Wollkommenheit nur das „Dieses“ (hoc) als maassgebend
erblickt, kann er weder in dem Artbegriffe, welcher nach seiner Ansicht
auf einer blossen Vergleichung beruht, noch auch in irgemd einem Zusatze,
der zu demselben hinzukäme, die Ursache der Individualisirung fimden,
sondern nur in der Eigenthümlichkeit (proprium) des individuellen Seins
selbst °°°). Aber während diese Ansicht einem Vorspiele der haecceitas
des Duns Scotus gleicht (s. Abschn. XIX, Anm. 144 ff.), fällt Baco auch
hierin wieder in seinen plumpen mystischen Dualismus zurück, da , er
sowohl für das absolute Sein der Individuen als auch für dem relativen
Bestand der Artbegriffe kurzweg die Causalität Gottes verantwortlich macht
und somit in andächtiger Herzens-Einfalt folgerichtig die ganze Frage über
das Princip der Individuation ebenso wie jene über die Universalien als
eine grosse Thorheit bezeichnet °°1).
Als eine specielle logische Eigenthümlichkeit Baco's kann ich noch
580) Bei E. Charles, p. 384: Dicunt aliqui, quod species est tota essenlia in
dividuorum et habet esse solum diversa in eis; et alii dicunt, qu0d materia addila
formae universali facit individuum; et alii, quod potentiae aliquid significatum ad
ditur et sic significalur species significanda in diversis (diese Ansicht kann wohl nur
von nominalistischen Anhängern der byzantinischen Logik aufgestellt worden sein).
Sed omnia haec convincuntur falsa esse, quia postquam linea singularium vadit de
incompleto ad completum sicut linea universalium, patet, quod tum sicut se habet
animal ad hominem sic hoc animal ad hunc hominem, et ideo sicut „rationale“ addi
tum huic animali facit hunc hominem, et ila nec homo nec aliquid additum homini
faciet hunc hominem, licet hoc ponunt. Item patet eae dictis, quod hic homo est prius
homine secundum operationem et intentionem naturae, et homo advenit , eaetra essenliam
eius similis accidenti et tanquam illud, in quo debet comparari ad aliud quoddam
individuum; ergo individuum habet prius esse individuum, inquantum est individuum,
et essentiam suam naturalem, antequam oriatur universale suum. Ergo tunc nec
universale nec aliquid additum ad ipsum facit individuum, et ideo principia propria
ingredientia essentiam individui faciunt ipsum.
581) Ebend. p. 385: Dicendum, quod esse individuum dupleæ est; unum est ab
solutum secundum sua principia, quae ingrediuntur suam essentiam, et sic species
mon sunt esse individui; aliud est secundum c0mparationem eius ad aliud individuum,
cum quo convenit naturaliler, et illud esse facit species. Et cum quaerunt, quid
erit causa individuationis, si nec species nec aliquid additum speciei causat eam,
quaerendum est primo ab eis, quid est causa universalitatis, si nec individuum nec
aliquid additum ad ipsum faciat universale. Ista quaestio est stulta, quum supponit,
nihil aliud posse reperiri, quod causat individuum, nisi species et aliquid cum specie.
Nam habet sua principia singularia ingredientia essentiam suam, sicut universale habet
universalia. Et cum quaeritur de principiis illis, ut materia et forma, quid est causa
individuationis, ..... quaerendum est ab illis, quid facit universalia eorum esse uni
versalia. Et non possunt dicere, nisi quod creator facit quodlibet, secundum quod
proprietas eius eæigit, et ideo naturam, in qua multa debent convenire, facit univer
salem, et materiam diversam ab alia facit singularem. Verum creator hanc materiam
primam fecit singularem, quia sua proprietas hoc requirit, et similiter formam, in
qua duae formae conveniunt, fecit universalem, et materiam, in qua duae materiae
participant, fecit communem, quia earum proprietas hoc eaeposcit, sicut fecit asinum
secundum eius proprietatem et hominem secundum suam et omnia. Et ideo stultitia
nagna est in huiusmodi quaestione, quam faciunt de individuatione.
XVII. Erweiterung der byzant. Logik. 129
erwähnen, dass er getreu seiner Ueberschätzung der Mathematik alle
Kategoriem auf die Quantität zurückführen will °°°).
Endlich aber fällt noch gleichfalls in diese.nemliche Zeit eine manig
fache Erweiterung der byzanti mischen Logik, welche sich nur
dadurch erklären lässt, dass dieses ganze Material bereits in den ersten
drei Jahrzehnten, welche seit seiner Aufnahme in die Litteratur des latei
mischen Abendlandes vertlossem, an allen 0rten die eifrigste Pflege ge
fundem haben muss. Während es uns aber schlechterdings unmöglich ist,
irgend bestimmte Autoren-Namen zu nennen, ist dieses Mittelglied doch
geeignet, Eine jener vielem Lücken der Tradition, auf welche wir immer
hin noch stossem, einigermaassen zu ergänzen. Denn wir können nach
weisen, dass gegen das Ende des 13. Jahrhunderts fast der ganze Umkreis
der byzantinischen Logik allmälig eine erweiterte Umbildung, insbeson
dere durch Wermehrung der „Regeln*, erlangt hatte, sowie dass hiebei
die Grundlagen der Lehre von den „Consequentiae“, welche später zahl
reiche Wertreter fand, bereits ihre Formulirung gefunden hatten. Wohl
zu beachten aber ist, dass (abgesehen von einer einzigen noch späteren
Quellenstelle, s. Anm. 626) es nur zwei jüngere Zeitgenossem, nemlich
mur Duns Scotus und Raimundus Lullus, sind, welche uns das Material
für diese Episode liefern, indem dieselben ziemlich häufig Einzelnes in
derartiger Form anführen, dass es unmöglich ihr eigenes Erzeugniss sein
kann, sondern einer zu ihrer Zeit allgemein umlaufenden Lehre entnommen
sein muss (ja es ist dabei selbst von „verschiedenem Meinungen“ oder
sogar von „Wielen“, welche Etwas so oder so angeben, die Rede, s. Anm.
589, 595, 624). Wenn solche Quellen aus jener Zeit reichlicher flössen,
oder erst wollends, wenn die handschriftlichen Schätze aller Bibliotheken
ausgebeutet wären, liesse sich gewiss ein richtigeres Bild entwerfen,
welches dann auch die Namen der bis jetzt entschwundenem Autorem ent
halten könnte. Jedemfalls aber muss ich bei der einmal bestehendem
Beschränktheit der Quellen die Möglichkeit offen lassen, dass noch gar
Manches, was für uns erst bei Späteren zu Tag tritt, dennoch bereits
damals in reichem Schulbetriebe seine Entstehung gefundem haben kann.
Was machweisbar in jene Zeit fällt, ist Folgendes.
Schon die Lehre vom Urtheile bot manche Gelegenheit zu Fortbildungs
Wersuchen dar ; und zwar ist es zunächst das hypothetische Urtheil, bei
welchem man zu den drei früher recipirten Arten desselbem (Anm. 39
u. 158) noch weitere vier Artem, nemlich causalis, temporalis, localis,
rationalis, hinzufügte und analog der älteren Tradition nun auch für
diese Satzarten die „Regeln* der Wahrheit formulirte, wobei namentlich .
hetreffs der adverbia temporis et loci die Unterschiede der Bedeutumg
(ob Ruhe oder Fortschreiten) als maassgebend betrachtet wurden °°°).
582) 0p. maius, p. 60: Constat, praedicamentum quantitatis cognosci non posse
sine mathematica..... Quantilati vero anneaca sunt praedicamenta „quando“ et ,,ubi“;
...... praedicamentum „habitus“ non potest cognosci sine praedicamento „ubi“; .....
naior vero pars praedicamenti qualitatis continet passiones et proprietates quantita
tum; ..... quidquid autem dignum est consideralione in praedicamento relationis, est
proprietas quantitatis.
583) Raim. Lullus, Dialect. introd. (s. folg. Abschn., Anm. 2), f. 3 v. B: Sea,
(zu lesen septem) modi sunt hypotheticae propositionis, sc. copulativa, disiunctiva,
PRAntl, Gesch. III. 9
130 XVII. Erweiterung der byzant. Logik.
Sowie aber hiebei zwischem causalis und rationalis der Leser kaum
einen greifbarem Unterschied erblicken kann, so lässt eine andere Notiz
die Erörterung über causalis ganz hinweg, wornach dann nur drei neue
Artem des hypothetischen Urtheiles verbleiben ***), wobei man sich auch
später unter Beseitigung der Terminologie „rationalis“ begnügte; s.
Abschm. XX, Anm. 322.
Ferner ein sehr beliebter Tummelplatz der Logiker muss die Lehre
von den modalen Urtheilen gewesen sein (s. ob. Anm. 41 ff., 160 ff.,
456 f. und besonders bei Thomas Anm. 542). Vor Allem war die schom
bei Wilhelm Shyreswood (Amm. 43) auftretende Unterscheidung eines
modus adverbialis und eines modus nominalis in die meue Terminologie
potenzirt worden, dass ersterer nun sensus compositus heisst und jene
Urtheile betrifft, in welchen der modale Ausdruck zum Subjecte oder zum
Prädicate gehört, während letzterer jetzt als sensus divisus denjenigen
Urtheilem anheimfällt, in welchen die Copula Trägerim des Modus ist;
und mam konnte bei dieser Unterscheidung, welcher sämmtliche modalem
Urtheile unterworfen sein sollten, sowohl wieder allgemeine Regeln der
formalen Wahrheit aufstellen °°°), als aueh im Interesse der Syllogistik
conditionalis, causalis, temporalis, localis, rationalis, quanquam omnes possunt reduci
ad tres primos modos ...... f. 4 r. A: Ca u s a lis est hypothetica habens in se duas
categoricas unitas per aliquam causalem coniunctionem. Ad veritalem eius requirilur,
quod sic esse, ut significatur per antecedens, sit causa sic essendi, ut per conse
quens significatur...... In negativa, in qua negatio ponitur immediate ante con
iunctionem, requiritur ad eius veritatem, qu0d categorica praecedens negationem sit
vera, et requiritur, qu0d sic esse, ut secunda significat, non sit causa sic essendi,
ut prima significat ........ Te m p 0 ra l i s est hypothetica habens in se duas categ0
ricas unitas per adverbium temporale. Ad eius veritatem, si sit de praeterito vel
futuro nec habeat aliquam partem universalem nec adverbium denotans successionem
vel simultatem temporis, requiritur, quod ita fuerit vel futurum sit in eodem tem
p0re ..... Sed si habet in se adverbium denotans ordinem temporalem, sufficit tunc,
quod ita fuerit vel futurum sit pro diversis saltem temporibus ..... Si vero aliqua
pars est universalis, requiritur, quod tot propositiones singulares fuerint vel futurae
sint verae successive, quot fuerunt vel erunt supposita ...... (B) Si vero quaelibet
categorica sit de praesenti, tunc requiritur, quod ita sit in tempore praesenti.....
Ad falsitatem sufficit oppositum illius, qu0d requiritur ad veritatem eius..... L 0 c a lis
est hypothetica habens in se duas categoricas unitas per adverbium locale. Ad veri
tatem localis affirmativae non habentis adverbium denotans motum requiritur, quod
ita sit vel fiat in eodem loco..... Sed ad veritatem negativae sufficit, quod res non
sit vel fiat in eodem loco ...... Sed ad veritalem localis habentis in se adverbium
denotans motum, aliquando requiritur, quod sit idem terminus ad quem, ..... ali
quando, quod sit idem terminus a quo ...... R at i o n a lis est hypothelica, in quâ
coniunguntur plures categoricue mediante coniunclione causali. Ad eius veritatem re
quiritur et suffieit, quod, qualitercunque significatur esse per antecedens, ita sit, ut
significatur per consequens. ` . -
584) Ebend. Dialect. s. nov. log. (s. folg. Abschn., Anm. 3), p. 151: Propositio
hypothetica est septupleæ (hier hinwiederum ist doch seaetupleæ zu lesen), sc. copu
lativa, disiunctiva, conditionalis, ralionalis, temporalis et localis ...... Rationalis est
illa, in qua sunt duae categoricae coniunctae per has coniunctiones „igitur“ vel
„ergo“..... Temporalis est, in qua sunt duae categoricae coniunctae cùm adverbio
temporali, ut ,,bonitas est magna, quundo magnitudo est bona“. Localis est illa, in
qua sunt duae categoricae coniunctae cum aliquo adverbio locali, ut „virtus est, ubi
iustitia est“. Die Regeln über die Wahrheit dieser Urtheile sind dabei nicht
angeführt. Vgl. Abschn. XIX, Amm. 328.
585) Ebend. Dialect. introd. f. 5 r. B: Propositio modalis est illa, in qua ponitur
XVII. Erweiterung der byzant. Logik. 131
darauf hinweisen, dass ja eigentlich doch nur der sensus divisus ein
wahrhaft modales Urtheil constituire, hingegen der sensus compositus den
Urtheilen des Stattfindens beizuzählen sei °°°), während mam hinwiederum
dennoch für beide Artem die üblichen Momente der Quantität, der Qua
lität, des Gegensatzes und der Umkehrung durchführte °°7). Ferner ver
mehrte man innerhalb dieser neuen Zweigliederung der Modalität auch
die Zahl jener Begriffe selbst, durch welche ein Urtheil ein modales
wird; nemlich man fügte die Begriffe per se, dubium, ad utrumlibet,
scitum, opinatum, apparens, credibile, motum, volitum, dilectum hinzu,
so dass schon hier (vgl. untem Anm. 598, 600 f.) so ziemlich der ganze
Umkreis derjenigen Verba, welche einen sog. Accusativ. c. infinit. re
gierem, beigezogen ist *°°). Zudem hatten sich an jene modalen Urtheils
Formen, welche schon längst recipirt waren , gar manche Neuerungen
geknüpft. So wird bei den Möglichkeits-Urtheilen bezüglich ihrer Trag
weite, d. h. suppositio, merkwürdiger Weise aus Shyreswood's Syncate
goreumata (s. ob. Anm. 86 f., vgl. auch Anm. 63) der Unterschied zwischen
disjunetiver , und copulativer Supposition formulirt, wodurch wieder Be
rührungspunkte mit der restrictio (Amm. 234) entstehen °°°), und auf
lerminus modificalivus cum infinitivo ..... . Si termini praedicti seu modi ponuntur
in medio dicti, sc. inter actum et infinitivum ipsos dividendo, dicitur propositio divisa
seu in sensu diviso; aliter dicitur propositio composita seu in sensu composito. Ad
veritatem divisae sufficit, quod modus verificetur de propositione constituta ea, pro
nomine demonstrante ,,id“, ..... ut dicendo „calidum possibile est esse frigidum“....
ad eius veritatem sufficit, quod haec propositio „hoc esse frigidum, est possibile“
sit vera...... Ad veritatem c0mp0silae requiritur, quod terminus seu m0dus verificetur
de pr0p0sitione indicativa correspondente illi dicto.
586) Duns Scotus, Qu. sup. Anal. pr. I, 25, (Vol. I der 0pp., s. Abschn. XIX,
Anm. 82) p. 309 B: Modum contingit dupliciter poni in propositione, sc. ..... in sensu
diviso, quando modus ponitur, ut sit determinatio copulae; vel in. sensu composito,
quando modus ponitur a parte subiecti vel a parte praedicali. Et istae propositiones
fmulfum differunt et quantum ad syllogizandum et quantum ad convertendum; item
differunt, quia illa de sensu c0mp0sito est proposilio de inesse, et illa de sensu diviso
est modalis, quia semper propositio est denominanda a copula.
587) Ebend. p. 310 A : Propositiones de modo in sensu composito sunt inde
finitae, v. g. .... „Possibile est, Socratem currere“, quia sua universalis est ista
,,Nullum possibile est, Socratem currere“...... Ita conformiter dicitur de illis, in
quibus m0dus praedicatur. Vgl. obige Anm. 43.
588) Ebend. : 0mnes propositiones... in sensu composito de istis modis ,,neces
sarium, per se, verum, possibile, contingens“, — loquendo de contingenti pro possi
bili communi — (vgl. ob. Anm. 42 u. 162), consimiliter convertunlur illis de inesse
• • • • • • De istis modis „impossibile, falsum, dubium“ non convertuntur sicut illae de
inesse, quia tunc istae regulae essent verae „Si antecedens est imp0ssibile, consequens
est imp0ssibile“....... De istis modis „scitum, opinatum, apparens, notum, volitum,
dilectum“ non convertuntur similiter sicut illae de inesse. Ebd. 26, p. 311 B: Pro
positiones de sensu diviso in illis modis ,,impossibile, falsum, contingens, ad utrum
libet“ non convertunlur similiter illis de inesse...... Modales de sensu diviso in istis
modis „cognosco, apparel“ et huiusmodi non convertuntur proprie. Auch 36, p. 328 A
werden als modi die Begriffe „scio, opinor, credo, dubito, apparet“ angeführt. Ueber
„opinabiliter“ s. schon bei Petr. Hispanus ob. Anm. 234.
589) Ebend. 26, p. 310 B: De propositionibus de possibili dupleæ est opinio.
Una ponit, quod subiectum respectu verbi de possibili (d. h. bei einem Urtheile de
sensu diviso) in propositione indefinita vel particulari supponit disiunctive pro his,
quae sunt, et pro his, quae possunt esse, et in universali sive affirmativa sive nega
tiva supponit copulative ..... Sed alia est opinio, quae ponit, qu0d illa de possibili
9 *
132 XVII. Erweiterung der byzant. Logik.
solcher Grundlage ergeben sich neue Regeln betreffs der Umkehrung
dieser Urtheile °°"), wobei mam auch das contingens neben dem possibile
gesondert betrachtete °*''). Betreffs der Nothwendigkeits-Urtheile finden
wir die spitzfindige Unterscheidung zwischen necessarium conditionale,
necessarium quando, necessarium simpliciter, welch letzteres wieder
entweder ut nunc oder pro semper sein könne °°°), und sowie für diese
Unterartem die Regeln der Umkehrung untersucht werden °°°), so spielt
dabei auch das Wechselverhältniss zwischen Unmöglich und Nothwendig
sowie zwischen Un- nothwendig und Möglich herein °°°). Ausserdem
endlich werden noch sehr eigenthümliche Regeln über das Verfahrem
aufgestellt, durch welches Möglichkeits-Urtheile in Urtheile des Stattfindens
umgesetzt werden können ; nemlich singuläre oder unbestimmte Möglich
keits-Urtheile sollem eimfach in das Präsens des Stattfindens übergehen
können, und bei Möglichkeits-Urtheilen der Wergangenheit oder Zukunft
brauche nur das Prädicat, nicht aber auch das Subject, entsprechend
umgesetzt zu werden 59°).
Andrerseits war es natürlich der ganze Abschnitt De terminorum
proprietatibus, welcher reichen Anlass zu fortbildenden Erweiterumgem
darbieten konnte. Und so findem wir denn auch die Lehre von der
suppositio in einer eigenthümlichen Gestaltung , welche in ihrem Grund
zügen wohl mehr an Shyreswood (Amm. 61), als an Lambert v. Auxerre
est distinguenda, quia vel eius subiectum supponit pr0 his, quae sunt, vel pro his,
quae possunt esse.
590) Ebend. p. 312 A: Affirmativae de possibili pro his, quae sunt, non con
vertunlur proprie ...... Negativae de possibili non convertuntur proprie, in quibus
subiectum supponit pro his, quae sunt ....... Affirmativae de possibili, in quibus
subiectum supponit pro his, quae possunt esse, similiter convertuntur illis de inesse.
- - - • • • Negativa de possibili pro his, quae possunt esse, non convertitur.
591) Ebend. 30, p. 319 A: Propositio de contingenti (s. Anm. 588) potest con
verli dupliciter. Uno modo in oppositam qualitatem.... manente eodem subiecto et
praedicato. Alio modo possunt converti ad utrumlibet transponendo terminos sicut
illae de inesse.
592) Ebend. 26, p. 311 A : Tripleæ est propositio de necessario. Quaedam de
necessario conditionali, ut „Vacuum, si est, de necessitate est locus“; alia de ne
cessario quando, ut ,,Grammaticus, quando est, de necessario est homo“; sed tertia
est de necessario simpliciter, et talis est dupleæ, quia quaedam est de necessario ut
nunc solum, ..... sed alia est de necessario simpliciler pro semper.
593) Ebend.: Propositiones de necessario conditionali aut etiam de neeessario
quando non convertuntur......, de necessario simpliciter pro nunc non convertuntur
proprie, ..... quod tales proposiliones possunt converli improprie per resolutionem ad
quandam de inesse ...... De necessario simpliciter pro semper similiter convertuntur
illis de inesse.
594) Ebend. p. 312 A: Illa de necessario de modo negato non dicitur proprie
de necessario, sed de p0ssibili, ...... et e contra illa de possibili de modo negato
non dicitur proprie de p0ssibili, sed de necessario.
595) Duns Scotus, Qu. in Phys. VI, 2, 6, (Vol. II) p. 356 B: Loquendo in pro
p0sitionibus de p0ssibili aut de praeterito aut de fuluro oportet uti duabus regulis,
quas multi p0nunt universales. Prima regula est isla : 0mnis propositio singularis
vel indefinita de possibili debet poni in esse per unam propositionem de praesenti, ut
ista ,,Socrates polest currere“..... in „Socrates currit“. Secunda regula, quod in
omni pr0p0sitione de p0ssibili vel de praeterilo vel de fuluro praedicatum appellat
suam formam, et non subiectum (vgl. Anm. 601), h. e. quod talis propositio debet
poni in esse per unam de consimili praedicato, et non oportet, quod per unam de
consimili subiecto ; et potest eæemplificari de isla „Album potest esse nigrum“.
XVII. Erweiterung der byzant. Logik. 133
und Petrus Hispanus (Amm. 126 f. u. 202 ff.) erinnert, aber namentlich
in der Eintheilung sehr von der älteren Tradition in einer Weise ab
weicht, welche umleugbar dem Vorzug der Klarheit für sich hat; nemlich
nach Ausscheidung der blossen Metapher (impropria) soll die propria
suppositio zerfallen in simpleae, materialis, personalis, letztere in discreta
und communis, letztere wieder in determinata und comfusa, diese letztere
in disiunctiva, copulativa (vgl. Anm. 589) und distributiva, und endlich
diese letztere erst in mobilis und immobilis °°°). Auch hatte mam be
treffs der suppositio acht Regeln formulirt, welche theils an die Qualität
und Quantität der Urtheile anknüpfem, theils die Lehre von der distributio
sowie einige Syncategoreumata in ihr Bereich ziehen, und auch ihrerseits
einem Beleg dafür geben, wie sehr überhaupt die Zahl der termini, wo
mur Gelegenheit dazu war, vermehrt wurde ; nemlich an die Comparativ
und Superlativ-Formen (s. Anm. 265) und die hier ihnen gleichgestellten
Worte „differt* u. dgl. (Anm. 266) reihen sich nun noch „caret, distin
guitur“ an, und mit „bis, ter“ (Amm. 254) werden „immediate, continue“
verbundem, während eine Reihe von Verbis, wie appeto, desidero, cupio,
opto, teneor, debeo, promitto, requiro, indigeo, spondeo, völlig neu hin
zukommem °°7).
596) Raim. Lull. Dial. introd. f. 5 v. A: Suppositio primo dividitur in propriam
et impropriam. Impropria est, ..... ut ,,Anglia pugnat“...... Propria est, quando
terminus supponit pro intentione vel pro se vel sibi simili vel pro illo, ad quod
signandum est impositus. Propria dividitur in simplicem, materialem et personalem.
Simpleæ est, ..... ut „homo est species“..... Materialis est, quando terminus supponit
pro se aut sibi simili, ut „homo est v0a*.... vel „homo est terminus mentalis“......
Personalis est, quando terminus supponit pro illo, ad quod significandum est im
positus ...... Personalis diuiditur in discretam et communem. Discreta est, quando
terminus singularis supponit, ..... communis est, quando terminus communis .....
Communis dividitur in determinatam et confusam...... Determinata est, quando ter
minus communis supponit pro aliquo, sub qu0 non copulative, sed disiunctive seu
per propositionem disiunctivam potest fieri descensus ad sua singularia..... Confusa
est, quando terminus communis supponit et non debet fieri talis descensus, sed vel
disiunctus per pr0p0sitionem de disiunct0 eætrem0 vel copulatus per pr0p0sitionem de
copulato eætremo (vgl. folg. Abschn., Anm. 47) vel copulativus per propositionem
copulativam. Et ideo suppositio confusa est tripleæ, sc. vel est confusa tantum dis
iunctim vel confusa tantum copulatim vel confusa et distributiva. Confusa tantum
disiunctim est, quando non potest fieri descensus per propositionem disiunctivam, sed
per propositionem de disiuncto eaetremo ..... Confusa tantum copulatim est, quando
non licet fieri alium descensum nisi per propositionem de copulato evtremo..... Con
fusa et distributiva est, quando potest fieri descensus per propositionem copulativam
uniformiter vel difformiter ad sua singularia ..... Confusa et distributiva est dupleæ,
sc. mobilis et immobilis ...... Mobilis est, quando potest fieri descensus uniformiter
vel affirmative vel negative ...... Immobilis est, quando n0n p0test fieri descensus
uniformiter, sed difformiter, i. e. quando aliquae singulares sunt affirmativae et ali
quae negativae. Nur der Amfang dieser ganzen Eintheilung findet sich auch in des
Lullus Dialect. s. nov. log. p. 152.
597) Ebend. f. 6 r. A: De regulis suppositionum. Prima: 0mnis terminus sin
gularis supponit discrete. 2. Cuiuslibet propositionis particularis vel indefinitae sub
iectum supponit determinate ; etiam praedicatum affirmativae, si sit terminus communis
et non impediat syncategoreuma ..... 3. Cuiuslibet propositionis universalis subiectum
supponit confuse et distributive, et etiam praedicatum propositionis eaeclusivae ......
4. Cuiuslibet propositionis universalis negativae subiectum supponit confuse et distri
butive, et etiam praedicatum ...... 5. Signum universale affirmativum confundit et
distribuit suum terminum communem sequentem se, et confundit tantum terminum
134 XVII. Erweiterung der byzant. Logik.
Ebenso verhält es sich mit (ler ampliatio (s. Anm. 225 ff.). Mam
hielt nun die verschiedemen Artem des terminus ampliativus (im Gegen
satze gegen terminus ampliatus) auseinander, welche im Futurum oder
Präteritum eines Werbums oder Participiums, in den Verbis potest oder
contingit, oder in den auf verschiedene Zeiten erstreckbaren Verbis signi
fico, intelligo, memoro, promitto, appeto u. dgl. (vgl. Anm. 588) liegen,
wobei natürlich grundsätzlich die erweiternde Function der ampliatio nur
dem Prädicate, sowohl nach seiner primären Bedeutung als auch nach
seimem connotatum (d. h. dem abgeleitetem secundären Wortformen), zu
kommt, und der Subjectsbegriff der hiedurch erweiterte ist °°°). So
mussten dann wohl erklärlicher Weise für die drei grammatischen Zeit
formen der ampliativen Sätze mit Einschluss der Participien und sogar
der abgeleiteten auf „bilis“ endigendem Adjectiva jene Regeln, welche
schon bei Petrus Hispanus vorlagen, vermehrt und specieller formulirt
werden , und man unterliess es hiebei selbst nicht, auch wieder die
Modalität der Urtheile hereinzuziehem °°°). In Bezug aber auf diesen
communem remotum; omnis autem negatio et omnis dictio habens vim negationis con
fundit et distribuit terminos omnes sequentes se; est autem talis dictio omnis com
parativus, superlativus et „differt, aliud , caret, distinguitur“...... 6. Praedicatum
cuiuslibet propositionis universalis affirmativae et subiectum cuiuslibet eaeclusivae af
firmativae, si sunt termini communes, supponunt confuse tantum. 7. 0mnia adverbia
numeralia, ut „bis, ter, quater“, et isti termini „immediate, continue“ (vgl. Abschn.
XIX, Anm. 183) semper ubique confundunt terminos communes immediale sequentes
se confuse lantum, ..... et ista verba „appeto, desidero, cupio, opt0, teneor, debeo,
promitto, requiro, indigeo, sponde0“ et universaliter omnia verba significanlia actum
interiorem cum suis activis participiis et gerundiis et priore supino confundunt ter
minum communem sequentem se confuse tantum ...... 8. Quilibet terminus habens
vim dislribuendi terminum sequentem, quem invenit non distributum, est talis naturae,
quod, si invenit ipsum distribulum, facit ipsum non esse distributum. 9. 0mnis ter
minus communis supponit determinate, si non praecedat aliqua dictio habens vim
negationis vel vim confundendi.
598) Duns Scotus, Qu. sup. Anal. pr. I, 16, (Vol. I) p. 296 B: Terminus am
pliatus dicitur ille, qui ampliatur passive, ita qu0d pro pluribus supponat, quam
ante; sed terminus ampliativus est iste, qui ampliat, v. g. praedicatum vel copula,
si fuerit praeterili vel futuri temporis aut de possibili ...... (p. 297 A) Quidam
sunt, ut verba praeleriti vel futuri temporis, alii sunt, ut participia..... ; alii sunt,
ut isla verba „potest, contingit“ et nomina derivata ab istis; item ista verba „signi
fico, inlelligo, promitto“ et huiusmodi, et universaliter omne verbum, cuius aclus potest
transire in rem praeterilam et futuram sicut in rem praesentem...... Praedicatum
dicitur appellare (zu lesen ampliare) suam formam et restringere ad supposita verbi
tam secundum significatum quam secundum connotatum (dieser Begriff begegnet uns
hier zum ersten Male, vgl. Abschn. XX, Anm. 273 u. 291)..... Subiectum ampliatur
per praedicalum, ...... quia aliter multae propositiones essent falsae, quae tamen
sunt concedendae, ut ...... „Nulla rosa eæistente rosa intelligitur“ (vgl. bei Petrus
Hispanus, ob. Amm. 236).
599) Raim. Lull. a. a. 0. f. 6 r. B: Ampliatio est stalio termini ealegorematici
pr0 aliquo vel aliquibus ultra hoc, pr0 qu0 aclualiter eæisteret in propositione sim
pliciter prima. De ampliatione dantur hae regulae. Prima: Cuiuslibet propositionis,
cuius copula est de praeterito, subiectum ampliatur ad supponendum pro eo, quod est
vel fuit ...... 2. Cuiuslibet propositionis, cuius copula est de futuro, subiectum am
pliatur ad supponendum pro eo, quod est vel erit ...... 3. Cuiuslibet propositionis,
in qua ponilur hoc verbum „potest“ pro verbo principali, subiectum , ampliatur ad
supp0nendum pro e0, qu0d est vel erit vel polest esse ..... Idem dicendum de sub
iecto propositionis, cuius copula est de praesenti et praedicalum est hoc participium
„potens“. (Diese ersten drei Regeln finden sich ziemlich gleichlautend auch in des
XVII. Erweiterung der byzant. Logik. 135
logischen Werth der Zeitformen des Werbums (vgl. ob. Anm. 227) wurde
ausser dem Participien und dem Zeiten der Copula auch auf die eine Be
wegung oder Veränderung bedeutendem Verba (fieri, generari, corrumpi,
incipere, desinere) und wieder auf die eben erwähnten ampliativen Verba
(intelligo, promitto u. s. f.) selbst mit Beiziehung von causa, causatum,
calefactivum hingewiesem, so dass mamentlich die Verba incipit umd desinit,
welche wir bei Petrus Hispanus unter den Eaeponibilia trafen (Anm. 263),
hier eine Anknüpfung an die ampliatio zeigen, welche ihrerseits sogar
durch die Umkehrung all dieser verschiedenem Urtheile klar gemacht
werden soll 600). -
Auch die appellatio (s. ob. Anm. 228 f.) wurde in ähnlicher Weise
näher an grammatische Momente gerückt, indem schon in der Definition
derselben das Präsens des Verbums und das Auftretem eines demonstra
tiven Pronomens betont wird, und sodann bei Formulirung der Regeln
wieder die Rücksicht auf die Werschiedenheit der drei Zeiten, auf die
Modalität der Urtheile, und abermals auf jene Verba (intelligo etc.) ent
scheidend hervortritt 001).
Lullus Dialect. s. nov. log. p. 152, woselbst die ampliatio definirt wird als statio
termini communis pro diversis temporibus)...... 4. Cuiuslibet propositionis, cuius
praedicatum est participium praeteriti temporis, sive copula sit de praesenti sive de
praeterito, subiectum supponit pro eo, quod est vel fuit ...... 5. Cuiuslibet pro
positionis, cuius praedicatum est nomen verbale terminatum in „bilis“, subiectum
ampliatur ad supponendum pro eo, quod est vel potest esse ...... 6. Haec verba
„intelligo, c0gn0sco, scio, concipio, memoro, opinor, arbitror“ et cetera verba, quae
habent vim transeundi ita bene in rem praeteritam vel futuram vel p0ssibilem sicut
in rem praesentem, ampliant casum, quem regunt, ad supponendum pr0 eius signi
ficatis respectu cuiuslibet temporis et possibilitatis ...... 7. Cuiuslibet propositionis
de necessario in sensu diviso (s. Anm. 585) subiectum ampliatur ad supponendum
pro e0, quod est vel p0test esse ...... 8. 0mnis prop0sitio, cuius subiectum am
pliatur ad supponendum pro eo, quod est vel erit, vel pro eo, quod est vel fuit vel
potest esse, debet eaeponi per propositionem categoricam de subiect0 disiuncto.
600) Duns Scotus a. a. 0. 17, p. 298 A: Quatuor modis aliqua propositio
potest pertinere ad praeteritum vel futurum. Uno modo, si eius praedicatum aut
subiectum sit participium praeteriti vel futuri. Secundo, si copula verbalis sit prae
teriti aut futuri. Tertio, si copula verbalis significet vel connotet motum vel muta
tionem, ut ista verba ,,fieri, generari, corrumpere, incipere, desinere“..... Quarto,
quando in propositione ponitur nomen vel verbum ampliatum (zu lesen ampliativum),
- - - - - ut ista verba „significo, intelligo, appeto, promitto“ et ista nomina „causatum,
causa, calefactivum“ et huiusmodi ...... (p. 298 B) Verba „incipit, desinit, fit, ge
nerari“ habent eæponi per duas eaeponentes, quarum altera est de praeterito et alia
de futuro...... (p. 299 A) Verba „significo, inlelligo, memoro, cognosco, opinor* et
huiusmodi ...... ampliant terminos, quos regunt, ad supponendum non solum pro
praesentibus, immo etiam pro praeteritis vel futuris ...... In conversione huiusmodi
propositionum ista ampliatio debet eaeplicari.
601) Raim. Lullus , a. a. 0. f. 6 v. B : Appellatio est verificatio praedicati sub
eadem forma, i. e. dictione in propositione de praesente de pronomine dem0nstranle
illud, pro quo supponit subiectum proposilionis, cuius ipsum praedicatum est pars ....
Dantur hae regulae. Prima: Ad veritatem propositionis de praesenti requiritur, quod
eius praedicatum in propria forma, i. e. sub eadem dictione, verificetur de pronomine
demonstrante illam rem, pro qua supponit subiectum illius propositionis ...... 2. Ad
veritatem cuiuslibet proposilionis de praeterito requiritur, quod eius praedicatum sequens
verbum fuerit aliquando sub eadem ratione verificabile de pronomine demonstrante
illud, pro quo supponit subiectum ..... 3. Ad veritatem cuiuslibet propositionis de
futuro requiritur, quod eius praedicatum in propria forma aliquando futurum sit
verificabile in propositione de praesenti de pronomine demonstrante illud, pr0 qu0
-
136 XVII. Erweiterung der byzant. Logik.
In der Lehre von der distributio, welche zwar damals, wie es
scheint, mehr mit der suppositio verfloehten wurde (Anm. 597), ersehen
wir aus einer vereinzelten Notiz, dass man eine Schwierigkeit, welche
sich an die Tragweite des Wortes „omnis“ knüpfte (ob. Anm. 240), nun
durch genauere Formulirung einer Regel zu erledigen suchte ""*). Wie
weit man einer Definition der restrictio, welche dem Lambert v. Auxerre
näher steht als dem Petrus Hispanus °°°), etwa in Regeln eine ausge
dehntere Folge gegeben habe, wissen wir nicht.
Was das Gebiet der Erponibilia betrifft (ob. Anm. 256 ff.), finden
wir nicht bloss die eigenthümliche Wendung, dass man alle Artem der
exponiblen Urtheile als eine Aequipollenz hypothetischer Urtheile betrach
tete 604), sondern auch die Neuerung, dass man grundsätzlich bezüglich
aller exponiblen Ausdrücke einen Unterschied statuirte, welcher zwischen
der blossen „Bezeichnung“ (signatum, z. B. durch das Verbum eaecipio)
und der wirklichen „Ausübung“ (eaeercitum , z. B. durch die Präposition
praeter) bestehe °°°). Und auch bei den einzelnen Theilem dieser ganzen
Gruppe fehlte es nicht an fortbildender Erweiterung. So wurden obige
(Anm. 260) Regeln über die Exclusiv-Sätze dadurch vermehrt, dass man
neben der Qualität des Urtheiles auch die Stellung der Exclusiv-Partikel
berücksichtigte, je nachdem dieselbe beim Subjecte oder beim Prädicate
oder bei der Copula (!) oder beim Subjecte und beim Prädicate stehe °°°).
supponit subiectum...... 4. Ad veritatem cuiuslibet propositionis divisae (s. Anm. 585)
de isto verbo „potest“ vel „contingit“ vel de his modis „possibile, contingens, necesse“
requiritur, quod iste modus sit verificabilis in propria forma de pronomine demonstrante
illud, pro quo supponit subiectum talis propositionis ...... 5. Ista verba „cognosco,
intelligo, scio“ et similia, quae habent naturam transeundi in dictionem substantivam
et adiectivam et etiam in compleacionem ipsarum, appellant suam formam et etiam
complevionem ipsius dictionis sequentis verbum et rectae ab eo; sed si talis dictio
praecedat verbum, non appellat compleacionem, sed solum suam formam.
602) Duns Scotus, Qu. sup. Anal. post. I, 38, p. 404 B: Signum universale
distribuit terminum non sub propria ratione suppositorum, sed sub ratione termini
communis, ...... quia, si fieret distributio pro suppositis sub propria ratione, quae
libet propositio universalis esset plures, et per consequens tunc periret syllogismus et
etiam contradictio in universalibus.
603) Raim. Lullus, Dialect. s. nov. log. p. 152: Restrictio est statio termini
in propositione pro paucioribus significatis, quam eius requirat natura, ut „omnis
homo albus currit“. Vgl. ob. Amm. 130 mit 224.
604) Raim. Lullus, Dialect. introd. f. 4 v. A: Propositio aequivalens hypotheticae
est propositio, in qua ponitur dictio, ratione cuius ipsa est eæponibilis per propo
sitionem hypotheticam, ut sunt eaeclusiva, eæceptiva, reduplicativa. Hiezu Abschn.
XIX, Anm. 186.
605) Duns Scotus, Qu. sup. Porph. 14, p. 97 B: Differentia inter actum signatum
et ezercitum patet in multis; per „non* enim evercetur negatio, per „nego* vero
signatur, per „tantum“ similiter eaeercetur eaeclusio, per „ezcludo“ signatur, et ita de
„praeter“ et „eaecipi“ et aliis. Die mehrseitige Durchführung dieses Grundsatzes
s. Abschn. XX, Anm. 288, 346, 365.
606) Raim. Lullus a. a. 0. f. 4 v. A: Quando dictio evclusiva additur subiecto,
ut „lantum h0m0 currit“, eaeponitur sic „homo currit et nihil aliud ab homine currit“
- • - • • Sed e contra est in negativa, quia tunc praedicatum removetur a subiecto et
attribuitur cuilibet alii. Quando autem dictio eacclusiva additur praedicato, ut „So
crates est tantum animal“, eæponitur sic „Socrates est animal et Socrates non est
aliud ab animali“. Quando additur copulae, eæponitur eo modo, quo quando additur
subiecto ...... Quando additur tam subiecto quam praedicato, ut „tantum Socrates
XVII. Erweiterung der byzant. Logik. 137
Desgleichen wurden bei den Exceptiv-Partikeln (Amm. 261) nun die logi
schen Bedingungen, unter welchen ein Urtheil exceptiv sein kann, sowie
die Erfordernisse der Wahrheit für bejahende und verneinende Urtheile
formulirt °°"). Bei der reduplicatio (Amm. 262) unterschied man nun
von der eigentlich reduplicativen Function der einschlägigen Worte (in
quantum, secundum quod, ut) jenes Auftreten derselben, in welchem sie
„specificative", d. h. durch einen Rückweis auf den Art- oder Gattungs
Begriff wirken, und man brachte auch die alietas (vgl. Amm. 260 u. 266)
mit der Reduplication in eine Verbindung, hielt aber daram fest, dass in
dem reduplicativen Urtheilen das Prädicat das Entscheidemde sei °''°); auch
unterschied man in Berücksichtigung der Stellung der reduplicativen Par
tikel zwischen bejahenden und verneinenden Urtheilen und formulirte die
Regel der Wahrheit für diese Urtheils-Form, welche sich in der Expo
sition derselben von selbst erprobt °"°).
Wohl der wichtigste Theil aber unter diesen Bereicherungen der
byzantinischen Logik betrifft dem Ursprung der Lehre von dem ,, Com
se qu e nti a e**, über welchem uns hiemit eine etwas nähere Einsicht
est tantum, animal“, tunc exponenda est sic „Socrates est animal, et nihil aliud a
Socrate est nihil aliud ab animali*.
607) Ebend.: Ad propositionem eaeceptivam requiruntur quatuor termini tanquam
quatuor conditiones: Subiectum principale, a quo fiat eacceptio, ..... dictio eæceptiva,
per quam denotetur actus eæcipiendi, ...... pars eacceptiva, ..... praedicatum, respectu
cuius fiat eaeceptio...... Requiruntur duae conditiones: prima est, quod subiectum sit
terminus communis cum signo universali sumptus habens plura imposita vel parti
cularia sub se ..... ; secunda est, quod subiectum praedicari possit de eaccepto et de
omnibus eiusdem speciei in pr0p0sitione affirmativa vera, et quod eaeceptum sit minus
commttme .... . Ad veritatem affirmativae requiritur, quod praedicatum non insit eaecepto
et insit omni alii contento sub subiecto illo, a quo fit eacceptio..... Sed ad veritatem
negativae requiritur e contra, sc. quod praedicatum insit eaccepto et nulli alii contento
sub subiecto principali.
608) Duns Scotus, Qu. sup. An. pr. I, 35, p. 327 A: Reduplicatio significat
immediationem praedicati ad subiectum...... Istae dicliones sunt reduplicativae „in
quantum, secundum quod, in e0 quod“ et aliquando haec dictio „ut“ et consimiles.
..... Tales dictiones reduplicativae aliquando accipiuntur specificative et aliquando
reduplicative. Quando reduplicatio sumitur specificative, tunc designat aliquam cop
ditionem vel aliquem modum vel aliquem sensum, secundum quem propositio est vera,
quae aliter non esset vera ...... Dictio reduplicativa reduplicative sumpta, et non
specificative, designat primo immediationem praedicati principalis ad illud, super quod
cadit reduplicatio, et quandoque denotat convertibilitatem; exemplum primi ,,Homo,
inquantum animal, est corpus“..... ezemplum secundi ,,Homo, inquantum animal, est
sensibile*...... Reduplicatio designat alietatem sive diversitatem principalis praedicati
ab illo, super quod cadit reduplicatio....... Propositio, in qua reduplicatio additur
praedicato principali, est falsa, supposito quod fiat ea- terminis, qui pro pluribus
rebus supponunt...... Illud, super quod cadit reduplicatio, se debet tenere a parte
praedicati, et non subiecti.
609) Raim. Lullus a. a. 0. f. 4 v. B: Reduplicativa quandoque est affirmativa,
- - - - - quandoque est negativa negatione praecedente reduplicationem et verbum princi
pale, ..... aliquando vero est negativa negatione posita inter reduplicationem et ver
bum principale....... In reduplicativa propositione quandoque ponuntur tres termini
dissimiles, quandoque duo similes et unus dissimilis, quandoque sunt omnes tres
similes. Ad veritatem reduplicativae requiritur veritas unius copulativae corhpositae
quandoque eae tribus quandoque eae quatuor propositionibus categoricis, in qua pro
positione copulativa oportet, quod remota dietione reduplicativa praedicetur secundus
terminus praedictorum trium de primo et tertius universaliter de secundo.
138 XVII. Erweiterung der byzant. Logik.
vergönnt ist. Was memlich in diesem Zweige später, wie wir sehen wer
dem (Abschn., XX, Amm. 161, 279), üblicher Weise an die Forthildungen
der Summula des Petrus Hispanus angeknüpft wird, fanden schon Duns
Seotus und Raimundus Lullus in ziemlicher Ausführlichkeit fertig vor,
und zwar als einem Gegenstand, mit welchem sich bereits Mehrere (s.
Anm. 624) beschäftigt hatten "4"). Die erste und ursprüngliche Quelle
der Consequentiae dürfen wir allerdings in der arabischen Logik suchen,
denn dort trafen wir schon dem Begriff der „consequentia“, selbst (vor.
Abschn., Amm. 367 ff. u. bes. Anm. 65), und zwar, was hauptsächlich zu
beachten ist, in einer Werflechtung mit der Topik (ebd. Anm. 372); dazu
kommt, dass bei den Arabern die hypothetischen und disjunctiven Syllo
gisumen eine Aufnahme gefumden hatten (ebd. Amm. 48, 219, 269, 326);
und ein drittes Ingrediens liegt darim, dass die Araber am der Argumen
tation überhaupt eine formelle und eine materielle. Seite unterschieden
(ebd. Anm. 51 f., 333). Aber diese dreifache Anregung ist offenbar sofort
nur im Dienste der byzantinischen Logik , verstandem : worden; denn für
diese konnte man in der consequentia ein verbindendes Mittelglied er
blicken, durch welches von dem hypothetischen Urtheile und von dem
Ea ponibilia, welche man ja mit demselben verknüpfte (Amm. 604), ein
Uebergang zur Topik gewonnen werde °14), so dass man nun dieser letz
teren jenes nemliche Gepräge aufdrücken konnte, durch welches das ganze
Gebiet der Terminorum proprietates und was sich daran amschloss, ge
kennzeichnet ist. Ja dass sehon von Anfang an die byzantinische Logik
es war, in welche man jenen Zweig arabischer Doctrin verwob, zeigt
uns am deutlichstem Wilhelm Shyreswood, welcher in der Lehre von den
Syncategoreumata bei Besprechung der Conjunction „si* bereits einige
Grundzüge der consequentia entwickelte (s. ob. Anm. 83), wobei uns
sogar schon die Unterscheidung der consequentia simpliciter und der
consequentia ut nunc begegnet (s. Anm. 617). Und auf solcher Grund
lage konntem nun sicher mehpere Bearbeiter des byzantinischem Stoffes,
deren Namen und Thätigkeit sich jetzt unserer Forschung entziehen , in
der Zwischenzeit derartig fortbauem, dass zu Anfang des 14. Jahrh. diese
ganze Gruppe der Logik in einer gewissem Abrundung für den Schul
betrieb fertig vorlag. Auch Ton und Haltung der Lehre von den con
sequentiae und vor Allem die Bezugnahme auf Sophismen zeigen deut
lich, dass man durch dieses neue Element jedenfalls mur die byzantinische
Summula-Litteratur bereichern wollte.
Der Begriff der consequentia im weitesten Sinne umfasst sowohl die
eigentliche Syllogistik als auch die rhetorische Argumentation der Topik,
welch letztere als „enthymematica* bezeichnet wird (vgl. ob. Anm. 193),
610) Wenn uns das Wort „consequentia“ — abgesehen von den Arabern —
zum ersten Male bei Albertus Magnus (Anm. 470) begegnete, so nehmen wir ja eben
ongefahr jenes Jahrzehnt, in welches die letzten Lebensjahre und Schriften des
Albert und des Thomas fallem, für die Entstehung dieser Lehre in Anspruch. Vgl.
auch Abschn. XIX, Amm. 21.
611) Ja dass es Manche gab, welche sogar meintem, in der aristotelischen
Definition des Syllogismus seien , auch die Evponibilia mitinbegriffen, s. Abschn.
XIX, Anm. 194.
XVII. Erweiterung der byzant. Logik. 139
und während danm eben diese als consequentia im engerem Sinne Gegen
stand jener weiteren Eintheilung und Erörterung ist, welche wir sogleich
kennen lernen werden *!*), bleibt es immerhin dameben noch vorbehaltem,
dass man bei consequentia auch an die aristotelischen Syllogismen zu
denken habe, wie wir diess alsbald hier (Anm. 624) und auch bei an
deren Formationem (Abschn. XIX, Anm. 194, u. Abschn. XX, Amm. 283)
sehen werden; ja sogar die Begriffe antecedens und consequens, welche
hauptsächlich der Doctrin der speciellerem consequentia angehören, werden
auch wieder in dem weiterem Sinne gebraucht, dass man darunter Prä
missen und Schlusssatz versteht "1*). Das Wesem nemlich der consequentia
im engeren Sinne wird vor Allem in die hypothetische Satzform gelegt,
insoferne ein antecedens und ein consequens mittelst einer Conditional
oder Causal - Conjunction derartig verbundem sind, dass, wenn ersteres
wahr ist, letzteres unmöglich unwahr sein kann , und dieses Verhältniss
constituirt zugleich den Begriff der bona consequentia "1*). Wenn aber
somit hier die hypothetischem Syllogismen, welche bisher in der lateini
schen Tradition der byzantinischen Logik stets gefehlt hatten (s. Anm. 54,
122, 190), plötzlich eine Rolle zu spielem beginnen, so wäre allerdings
denkbar, dass etwa num ein vollständigerer Text des Psellus (s. Abschn.
XV, Anm. 55) zu Grunde gelegt worden sei; hingegen weit wahrschein
licher dürfte es sein, dass, wie bemerkt, arabische Doctrin den erstem
Anlass gab, denn man verband mit dem Hereinziehen der hypothetischen
Schlussformen auch jene anderen beidem erwähntem Momente, welche auf
Arabisches zurückweisen.
Nemlich diese consequentia im engeren Simne wird nun in eine
formalis und eine materialis eingetheilt ; die erstere erstreckt sich auf
alle in den verbundemen Urtheilem enthaltemen Begriffe, vorausgesetzt lass
die Form und Anordnung derselben sich gleich bleibt und auch sämmt
liche Syncategoreumata, sowie die Modalität, die Qualität, die Quantität
der Urtheile berücksichtigt werden "1°); sie selbst kanm wieder entweder
612) Duns Scotus, Qu. sup. Anal. pr. I, 20, p. 302 B: Quaedam est consequentia
enthymematica, et quaedam syllogistica. Consequentiarum enthymematicarum quaedam
sunt formales, quaedam materiales; materialium quaedam sunt simplices, quaedam
tut mumc.
613) Raim. Lullus, Dialect. introd. f. 7 v. A: Argumentatio est totalis oratio eae
praemissis et conclusione sive eæ antecedente et consequente composita. Aehnlich
Dialect. s. nov. log. p. 154: Argumentum est sermonum aggregatio, eae quibus alii
sermones sequuntur, ..... oratio eæ antecedente et consequente composita.
614) Duns Scotus a. a. 0. 10, p. 287 B: Consequentia est propositio liypothe
tica composita eae antecedente et consequente mediante coniunctione conditionali vel
rationali, quae denotat, quod impossibile est ipsis, sc. antecedente et consequente,
simul formatis, quod antecedens sit verum et consequens falsum. Et tunc, si ita est,
sicut ista coniunclio denotat, consequentia est bona, et si non, tunc consequentia n0n
valet. Raim. Lullus a. a. 0.: Antecedens est id, quod ponit in necessitate id, quod
per ipsum sequitur; consequens est, quod necessitatem ante se ostendit. Hiezu
Anm. 623 u. Abschn. XIX, Amm. 331. -
615) Duns Scotus a. a. 0.: Consequentia sic dividitur : quaedam est materialis, quae
dam formalis. Consequentia formalis est illa, quae tenet in omnibus terminis stante con
simili dispositione et forma terminorum; et vocanlur termini in proposito subiecta et prae
dicata propositionum vel partes subiecti et praedicati. Sed ad formam consequentiae
perlinent omnia syncategoreumata posita in consequentia, ut coniunctiones, signa uni
140 XVII. Erweiterung der byzant. Logik.
einen hypothetischen oder einen kategorischen Wordersatz haben, und im
letzterem Falle besteht die consequentia in einer Umkehrung oder in
Aequipollemz °'°), so dass hiemit einerseits der Begriff der logischen
Folgerung eine ziemlich weite Fassung erhält, und andrerseits uns eine
allererste Spur desjenigem Verfahrens begegnet, mit welehem man noch
später die Umkehrung u. dgl. als erste unvollkommnere Stufe der Syllo
gistik einreihte. Die materialis consequentia hingegen kann mur durch
eine mit den Begriffen vorgenommene Veränderung erschlossen werden,
und zwar ist sie entweder bona simpliciter oder nur bona ut nune,
d. h. wenn sie sich durch die Hinzunahme eines Nothwendigkeits
Urtheiles ergibt, ist sie bona simpliciter, was je mach den verschie
denem loci dialectici der Topik in sehr manigfacher Weise der Fall sein
kann "'"), daher hier Weranlassung dazu gegeben war, dass man sogar
die gesammte consequentia überhaupt von der Topik abhängig machte ***);
hingegen bona ut nunc ist sie, wenn sie mittelst eines Urtheiles ge
stützt wird, welehes nur einen zufälligen Thatbestand ausspricht "1°).
Uebrigens erscheint diese Eintheilung und Unter-Eintheilung der logischen
Folgerung an einer anderen Stelle etwas modificirt, indem dort formalis,
simpleae, materialis, ut nunc als vier unter sich coordinirte Artem be
zeichnet werden 620).
versalia, particularia, negationes et huiusmodi. Secundo ad formam consequentiae
pertinet copula propositionis, et ideo non est eadem forma consequentiae eæ prop0
sitionibus, quarum copula est de inesse et quarum copula est de modo. Terti0 ad
formam perlinet multitudo praemissarum, affirmalio et negatio propositionum et
huiusmodi, et ideo non est eadem forma arguendi eae affirmativis et negativis, et
ita de aliis.
616) Ebend.: Consequentia formalis subdividitur, quia quaedam est, cuius ante
cedens est una propositio categorica, ut conversio, aequipollentia et huiusmodi; alia
est, cuius antecedens est propositio hypothetica; et quilibet istorum modorum potest
subdividi in plures alios modos.
617) Ebend.: Consequentia materialis est illa, quae non tenet in omnibus ter
minis retenta consimili dispositione et forma ita, quod non fiat varialio nisi termi
norum. Et talis est dupleæ, quia quaedam est vera simpliciter, et alia est vera ut
nunc. Consequenlia vera simpliciter est illa, quae potest reduci ad formalem per
assumptionem unius propositionis necessariae ; et sic est ista consequentia materialis
bona simpliciter „Homo currit, igitur animal currit“, et reducitur ad formalem per
istam necessariam ,,0mnis homo est animal“. Et ista subdividitur in multa membra
secundum diversitatem locorum dialecticorum. Ein Beispiel einer solchen topischen
Unterart ist Qu. in Praedicam. 13, p. 146 A: Consequentia tenet per hanc regulam:
Nihil inest alicui supponenli disiunctive pro multis, nisi alicui illorum indeterminate
sumpto insit, und ebend. p. 147 B: tenet per hanc regulam: Quod inest alicui stanti
disiunclive pro mullis, inest alicui illorum indeterminale, was übrigens bis auf Shy
reswood zurückweist, s. ob. Anm. 83 u. 87.
• 618) Raim. Lullus, Dial. introd. f. 8 r. B: Locus est progressus ab uno com
pleaeo ad alterum vel ad se ipsum sub alia conditione sumptum ..... Ea, locis tamen
modo educuntur consequentiae affirmativae, modo negativae, modo utraeque diversis
modis. Hiezu Anm. 623. •
619) Duns Scotus, Qu. sup. Anal. pr. I, 10, p. 288 A: Consequentia materialis
bona ut nunc est illa, quae potest reduci ad formalem per assumptionem alicuius
propositionis contingentis verae. Et sic posito, quod Socrates est albus, illa conse
quentia est bona ut nunc „Socrates currit, igitur album currit“, quia reducitur ad
formalem per istam contingentem ,,Socrates est albus“.
620) Ders. Qu. in Phys. I, 2, (Vol. ll) p. 5 A: Quadrupleæ est consequentia.
XVII. Erweiterung der byzant. Logik. 141
Aber auch einzelne Regeln der consequentia im Stile des Petrus
Hispanus wurden formulirt, memlich: dass aus dem Gegentheile des Nach
satzes das Gegentheil des Wordersatzes folgt; dass aus jedem formell
widerspruchsvollem Satze jede mögliche Behauptung folgt; dass aus einem
unmöglichen Urtheile materiell jeder beliebige Satz folgt; dass aus jedem
beliebigen Satze ein Nothwendigkeits-Urtheil folgt; dass aus jedem falschen
Urtheile wenigstens ut nunc jedes beliebige Urtheil folgt, und ebenso
jedes wahre Urtheil jeden beliebigen Wordersatz haben kann "*'), welch
letztere drei Regeln anderwärts wieder mit kleinen Abänderungen auf
treten "**), — sämmtlich Dinge, welche an Blödsinn des Formalismus
Anderem , was die byzantinische Logik darbietet, wenigstens nicht nach
stehem. Andrerseits finden wir, — gleichfalls zum Beweise, dass die
ganze Lehre gleichzeitig von Mehreren bearbeitet wurde —, dass man
neben Wiederholumg einiger dieser Regeln auch noch die sog. regula de
quocunque auf das Verhältniss des Vorder- und Nach-Satzes anwendete
und auch die Subalternation der Begriffe zur consequentia rechnete und
sogar moch die specifische Differenz beizog, dass man die Qualität und
Modalität der Urtheile zu eigenen Regeln der Abfolge verwerthete, sowie
insbesondere, dass man sich auf die Topik warf, indem man aus der
selben die Begriffe der Definition, Beschreibung, Interpretation, des Ganzen
und des Theiles, der Ursache und der Wirkung , des Aehnlichen, des
Grösseren und Kleineren u. dgl. aufnahm "**). Ausserdem noch erfahren
Quaedam formalis, quae tenet in omnibus terminis stante consimili forma pr0p0
sitionis et terminorum ...... Secunda est consequentia simpleae, quae tenet virtute
inclusionis terminorum in significando, ..... ut ,,homo est, ergo animal est“......
Tertia vocatur materialis, quae tenet ..... virtute alicuius propositionis necessario
intellectae ..... . Quarta est consequentia ut nunc, quae tenet virtute medii con
tingentis.
621) Ders. Qu. sup. Anal. pr. I, 10, p. 288 A : In omni bona consequentia ad
0pp0situm contradictorium consequentis sequitur oppositum contradictorium antece
dentis. . . . . . Quando ad antecedens sequitur consequens, oppositum consequentis
repugnat antecedenti ..... Ad quamlibet proposilionem implicantem contradictionem de
forma sequitur quaelibet alia propositio in consequentia formali, v. gr. ad istam
„Socrates est et Soerates non est“ sequitur ,,Baculus stat in angulo“..... (p. 288 B)
Ad quamlibet propositionem impossibilem sequitur quaelibet alia propositio, non con
sequentia formali, sed bona consequentia materiali simpliciter, ...... ut sequitur
„Homo est asinus, igitur tu es Romae“....... Ad quamlibet propositionem sequitur
propositio necessaria bona consequentia simplici....... Ad quamlibet prop0sitionem
falsam sequilur quaelibet alia propositio in consequentia bona materiali ut nunc.....
0mnis propositio vera sequitur ad quamcunque aliam propositionem in bona conse
quentia materiali ut nunc.
622) Ebend. II, 3, p. 334 B: Sequitur illa regula, quod necessarium sequitur
ad quodlibet, quia quaelibet propositio sequitur ad impossibile, igitur ad cuiuslibet
pr0p0sitionis oppositum sequitur opposita impossibilis, quae est necessaria..... Quod
libet verum sequitur ad quamlibet pr0p0sitionem; ..... si illud verum sit necessarium,
tunc est consequentia simpleae; sed si sit contingens, tunc est consequentia ut nunc.
Als eine vereinzelte hieher gehörige Notiz ist auch zu betrachten, was Abschn. XIX,
Anm. 21 (Nro. 11) angeführt werden wird.
623) Raim. Lullus, Dial. introd. f. 8 r. B: Ponuntur sequentes regulae conse
quenliarum et locorum: Eae veris non sequitur nisi verum ...... In omni consequentia
bona formali quidquid sequitur ad consequens, sequilur ad antecedens ..... (v. A)
0mnis consequentia, cuius antecedens cum opposito contradictorio consequentis in
*
142 XVII. Erweiterung der byzant. Logik.
wir, dass man auch dem aristotelischen Syllogismus „öi' ἐκθέσεως* mit
dem byzantinischen Begriffe des terminus discretus und hiedurch mit
der consequentia in Verbindung brachte. Imdem man nemlich beim ter
minus discretus, welcher an sich gegen jede Manigfaltigkeit spröd ist,
nicht allein um der Trinität willen gewisse Concessionem machte, sondern
auch z. B. an die Fluss-Namen dachte, dureh welche das unaufhörlich
verschiedene Wasser durch Ein gleichbleibendes Wort bezeichnet werde,
stritt man darüber, ob Syllogismen, welche aus solchen Begriffem aufge
baut werden, überhaupt zur formalis oder nur zur materialis consequentia
zu rechnen seien, und gegen die letztere Annahme berief man sich ebem
auf jemen syllogismus eæpositorius des Aristoteles und hielt daran fest,
dass derselbe bei richtiger Behandlung des materiellen Gehaltes der Be
griffe als formalis consequentia zu betrachten sei "**). Hieraus aber
veritate non concordat, est bona ..... Eae 0pp0sit0 conlradiclorio consequenlis se
quitur oppositum contradictorium antecedentis ..... A particulari ad suam indefinitam
est bona consequentia. ..... Ab universali ad suam particularem, indefinitam et sin
gularem...... A veritate unius contradictoriae ad falsitalem alterius...... A tota
copulaliva ad alteram eius partem ...... (B) A lota disiunctiva ad alteram eius
partem cum destructione alterius ...... Ab eaeclusiva ad suam praeiacentem...... Ab
eacclusiva affirmativa ad eaeceptivam negativam..... A conversa ad convertentem.....
A diffinitione ad diffinitum (vgl. Abschn. XIX, Anm. 150), a descriptione ad descrip
tum, ab interpretatione ad interpretatum ...... A differentia constitutiva speciei ad
speciem ..... A proprietate ad proprium ..... Ab uno synonymo ad aliud......
(f. 9 r. A) De quocunque affirmatur pars subiectiva, de eo affirmatur suum totum.....
A quocunque removetur totum, ab eo removetur pars subiectiva.... Negative a parte
subiectiva ad suum totum ...... A toto integrali ad partes, sine quibus esse non
potest...... A tot0 in m0d0 negalive ad parlem..... . (B) Cuicunque convenit totum
in l0c0, et pars in l0c0 ..... Negative a partibus in l0c0 ad totum in loco..... A
t0t0 in tempore ad partem in tempore..... Ab omnibus partibus in tempore ad tolum
in tempore...... (v. A) A toto numerali ad partem ..... Negative a parte numerali
ad totum ..... Ab esse causae ad esse effectus..... A posteriori ad suum prius.....
Negative ab accidenti priori ad posterius ...... (B) Si unum contrarium verificatur
de inferiori, eliam reliquum conlrarium ...... Si unum disparatum affirmatur, reli
quum negatur...... Si magis non inest, nec minus..... Si minus inest, et magis.....
De similibus simile est iudicium ...... (f. 10 r. A) A propositione affirmativa de prae
senti de praedicato infinito ad negativam de praedicato finito ...... A propositione
affirmativa de praesenti de praedicato finito ad negativam de praedicato infinito.....
(B) Ab uno relativo ad alterum. Nur die ersten dieser Regeln finden sich auch
in Dialect. s. nov. log. p. 159, woselbst mur noch die Definition der nota conse
quentiae hinzukommt: Nota consequenliae dicitur illa coniunctio, mediante qua pro
positio, quae est antecedens, et illa, quae est consequens, coniunguntur, ut „igitur,
ergo“ et similia.
624) Duns Scotus, Quaest. sup. Anal. pr. I, 11, p. 289 B: Syllogismus eaepo
sitorius (s. Abschn. IV, Anm. 554) est ille, cuius medium est terminus discretus.
Sed est notandum, quod terminus discretus (vgl. bei Shyreswood ob. Anm. 61 und
bei Petrus Hispanus Anm. 229) est tripleae. Unus, qui significat unam solam rem
ita, quod suae significationi repugnat significare quamlibet diversarum rerum sine
nova impositione vel demonstratione. Alio modo dicitur terminus discretus, qui
supponit vel significat unam rem singularem, cum hoc tamen significat quamlibet
diversarum rerum, quibus illa res singularis est eadem, v. g. „haec essentia divina“
..... Terlio m0d0 dicilur terminus discretus, ut iste terminus „Sequana“, ..... quia
nunc significal aquam, quae nunc est, et postea significabit aquam, quae postea erit,
..... tamen istae aquae habenl vel habuerunt vel habebunt aliquam unionem ad in
vicem propter continuam successionem (vgl. Abschn. XIX, Anm. 206)...... Aliqui
supponunt, quod terminus primo modo dictus est proprie discretus, et alii minus
XVII. Erweiterung der byzant. Logik. 143
ersehén wir jedenfalls, dass der damalige Begriff der consequentia that
sächlich eine dem eigentlichen Syllogismus umfassende Bedeutung hatte
(s. Anm. 612 f.). -
Sind nun alle diese Dinge, welche ich als Erweiterung der byzan
tinischen Logik darzustellen hatte, unzweifelhafte und nachweisbare Wor
arbeiten der Gestaltung , welche die Summula-Litteratur später annahm,
so darf ich zum Schlusse denselben noch ein Glied beizählen , welches
zwar nur in leisen und unscheinbaren Anfängen auftritt, aber eben hie
durch im Zusammenhalte mit den übrigen gleichzeitigen Erscheinungen
eine grössere geschichtliche Bedeutsamkeit erhält. Es müssen memlich
auch die später so genamntem „Obligatoria“ (s. Abschn. XX, Anm. 298)
schon damals in ihren ersten Grundlagen entstanden sein, denn wir
finden unwerkennbare Spuren einer sichtlichen Bezugnahme auf eine der
artige Doctrin. Allerdings würde Jeder, der die spätere Gestaltung der
Obligatoria nicht kennt, völlig unbefangen darüber hinweggehen , wenn
in dem uns zugänglichen Quellen-Materiale einmal auch gewisse Erforder
misse der „disputatio“ aufgezählt werden , nemlich dass beim Disputiren
das Streben nach Wahrheit obwalten solle, ferner dass die beidem gegne
rischen Behauptungen gleich möglich sein müssen, und dass die Beweis
führung die Formen des Beweises einzuhalten habe °°°). Aber so un
wichtig und gleichgültig diese Notiz auch erscheinen mag, so wird doch
die Ammahme, dass damals meben dem vielem Anderem auch dieser Punkt
in der üblichen Schul-Litteratur seine besondere Berücksichtigung gefunden
habe, dadurch bestärkt, dass wir (— ongefähr zwei Jahrzehnte später —)
einer Formulirung begegnen, welche bereits die später übliche Termino
logie zeigt. Mit den Ausdrücken nemlich, dass in einer Disputation der
„0pponent* und der „Respondent“ wechselseitig in Bezug auf ihre Zu
geständnisse „obligati*' sind, wird jene Schwierigkeit, welche auch in
der späteren Theorie der Obligatoria erscheint, erwähnt, dass die bei
dem Disputirenden eigentlich im nemlichen Augenblicke Behauptung und
Acceptation aussprechen sollten, diess aber thatsächlich nicht möglich
proprie. Tunc dicunt, quod syllogismi facti eæ terminis discretis primo modo sint
syllogismi boni gratia formae; sed si fiant eæ aliis terminis, non vere ..... Contra
istud arguitur, quia tunc sequeretur, qu0d syllogismus eæpositorius non esset conse
quentia formalis. Consequens est falsum, ..... quia per syllogismum eaepositorium
probatur conversio universalis negalivae, ..... secundo, quia per ipsum probantur
syllogismi tertiae figurae, qui sunt consequentiae formales ..... Syllogismus eæposi
torius non tenet gratiu dispositionis vel formae propositionum et terminorum, sed
praecise gratia terminorum, qui sic vel sic significant, et hoc est tenere gralia ma
teriae ...... Ideo dicendum est aliter, quod syllogismus eæpositorius tenet gratia
formae in omnibus terminis, dum tamen praemissae regulentur debite per „dici de
omni* vel „dici de nullo“, ita quod terminus discretus distribuatur mediantibus istis
dictionibus „quod est“, ut ista ,,Socrates currit“ debet resolvi in istam ,,0mne quod
est Socrates, currit“, et tunc syllogismus eæposilorius est consequentia formalis.
625) Raim. Lullus, Dialect. s. nov. log. p. 161 : Disputatio est contrarietas
spirilualis, quae per verbum manifestat conceptionem, quam habet unus intellectus
c0ntra alium...... Disputans primo debet habere intentionem cognoscendi et amandi
veritatem..... Secundo, quod supp0natur in principio, quod utraque pars quaestionis
sit possibilis..... Tertio quod arguens probet vel improbet per aliquam speciem pr0
bationis ...... Quarlo, qu0d inter disputantes sit communis amicitia.
144 XVII. Erweiterung der byzant. Logik.
sei °?°). Umd konnte num dieser vereinzelte Punkt in solcher Weise
gelegentlich angeführt werden, so dürfen wir wohl schliessen, dass
wenigstens zu Anfang des 14. Jahrhunderts die Grundzüge der mach
maligen Obligatoria im Ganzen bereits zum Schulbetriebe der Summula
Litteratur gehörten.
626) Burleigh, sup. artem veterem (s. Abschn. XIX, Anm. 574), f. 59 r. A:
In disputatione opponens si proponat istam „deus est“, respondens habet istam con
cedere, si non obligetur ad oppositum; sed non concedil istam, quando profertur,
quia sic opponens et respondens simul habent loqui, quod non est verum, et quando
non profertur, tunc non est; ergo habet concedere illam, quando non est, et non
habet concedere non obligatus nisi verum; ergo haec est vera, quando non est u. s. w.
S. Abschn. XX, Anm. 401.
XVIII. ABSC H N ITT.
RAIMUNDUS LULLUS.
Wohl Niemand wird an der kleinem chronologischem Abweichung
ernstlich Anstoss nehmen, welche äusserlich darin liegt, dass ich über
R a i m u n d u s L u l l u s (geb. 1234, gest. 1315) in einem beson
derem Abschnitte schom hier, d. h. noch vor jenem litterarischen Er
scheinungen handle, welche am Anfange des folgenden Abschnittes zur
Sprache kommen werden; denn strenge mach dem Fadem der Chrono
logie hätte ich dem Lullus erst nach Duns Scotus vornehmen dürfem.
Jedoch einerseits handelt es sich bei diesem Werstosse kaum um ein
Jahrzehent, da jene Dinge, welche ich später vorführen werde, un
gefähr zwischen 1277 und 1308 liegem, während die schriftstellerische
Thätigkeit des Lullus im Ganzen in die Jahre zwischem 1285 und
1314 fällt. Und andrerseits, — was das Wichtigere ist —, lag mir
für die Reihenfolge, welche ich einschlage, das Entscheidende in dem
Umstande, dass Lullus in dem Schriften, welchen er seinen zwei
felhaften Ruhm verdankt, sowohl dem damals allgemeim recipirtem
Quellenkreise völlig fern steht, als aueh in seinem vereinzelten und
vereinsamten Auftreten nicht den geringsten Einfluss auf die manig
faltigen Controversen, welche seit Anfang des 14. Jahrhunderts die
Zeit bewegten, ausüben konnte. Sowie ich demnach den Lullus weder
dem vorigen Abschnitte beifügen konnte, noch auch durch ihn im
folgendem Abschnitte eine ganz unorganische Unterbrechumg eines all
mäligen Ganges der Controversen hervorrufen durfte, so möge hiemit
der Mann auch hier für uns ebenso isolirt (lastehen, wie er thatsäch
lich es war. -
Eine andere Frage wäre allerdings, ob denn Raimundus Lullus wirk
lich in einer Geschichte der Logik seine Stelle finden durfte. Und in der
That liegt in der Aufnahme desselben mur ein Zugeständniss, welches ich
den Erwartungen des Lesers mache; denn Logik ist die Ars magna
wahrlich nicht. Ich bin nemlich nicht berechtigt, irgend einen Gegen
stand etwa durch den Machtspruch, dass derselbe lediglich „dummes
Zeug* sei oder dgl., gleichsam zu escamotiren, sondern ich habe die
leidige Pflicht, aüch üem Unsinn, welcher im Laufe der Geschiehte auf
tauchte, darzustellen; und die Erfüllung dieser Pflicht zu erwartem, hat
der Leser ein Recht. Vielleicht kann ich hiemit die Mitwelt (oder etwa
auch die Nachwell) der Mühe überheben, in dem üppig wucherndem Wust
des Lullus zu blätterm. * ,
PRANtl, Gesch. lll. 10
146 XVIII. Raimundus Lullus.
Was die zahlreichen hieher gehörigen Schriften des Lullus, welche
wahrscheinlich nicht sämmtlich ächt sind , betrifft !), so müssen wir die
selben vor Allem nach gewissen Gruppen unterscheidem, welche sodann
auch für unsere Darstellung maassgebend sind. Nemlich zunächst ist es
das Gebiet der gewöhnlichen Schul- Logik, welches Lullus zwar miss
achtete, aber doch bearbeitete; dahin gehören die unter dem ungeschickten
Titel ,, Logicalia parva" gedruckten Dialecticae introductiones *) und
Dialectica seu logica nova *), sowie De venatione medii *) und De de
monstratione per aequiparantiam *); auch kann beigezogen werden De
prima et secunda intentione °) und um der Universalien und Kategorien
willen Liber Chaos "). Manches andere, z. B. ein Auszug der Logik
1) Won der Gesammtausgabe der Werke des Lullus, welche Salzinger (er
nennt sich erst in der Worrede zum 6. 'Bande als Herausgeber) in zehn Bänden
besorgte oder vielmehr besorgen wollte (Beati Raymundi Lulli opera omnia. Mogunt.
1721—42. fol.), findem sich der 7. und 8. Band in keiner, einzigen Bibliothek,
und die Wermuthung ist höchst begründet, dass diese beiden Bände überhaupt nie
gedruckt wurden (wahrscheinlich in Folge einer 0pposition der Jesuiten, s. Ad.
Helfferich, Raymund Lull m. d. Anfänge d. catalonischen Literatur. Berl. 1858.
S. 72 f. u. 161 f.). Ergänzend kommem uns. einige ältere Einzeln-Drucke , und
ausserdem Dasjenige zu Hilfe, was der Strassburger Buchhändler Zetzmer unter
dem Titel Raymundi Lullii 0pera ea, quae ad adinvenlam ab ipso artem universalem
scientiarum artiumque omnium ..... perlinent etc. Argent. 1609. 8. veröffentlichte.
Jedoch hat sich mir immer wieder das gewichtige Bedenken aufgedrängt, ob denn
wirklich Alles, was unter dem Namen des Lullus gedruckt oder ungedruckt vorliegt,
aus der Feder, desselben geflossen sei, und ich kam zu der Ansicht, dass hier die
litterarische Kritik erst noch von worne beginnen müsse (s. z. B. Anm. 15 u. bes.
74 f.), während ich selbst für den hiesigen Zweck mich auf den Hauptinhalt, soweit
derselbe als ächt gelten muss, beschränken durfte. Falls aber Jemand Lust hätte,
deri hegabtem Querkopf Lullus zum Gegenstande einer umfassenden Monographie
zu machen, müsste vor Allem. jene Forderung, der Kritik erfüllt werden. Uebrigens
würde zu einer wahrhaften Gesammtausgabe, welche einem solchen Unternehmen
erst noch vorhergehen müsste, das vollständigste Material nur in der Münchner
Staatsbibliothek zu finden sein, welche in Folge der philosophischen Liebhaberei
eines pfalzbaierischen Herzoges eine staunenswerthe Menge lateinischer und cata
lonischer (s. Anm. 23) Schriftem des Lullus handschriftlich besitzt. - Nach den dori
vorhandemen AufzeichnungeIi,dürfte die Mainzer Seminar-Bibliothek nur Weniges, zur
Ergänzung darbietem.
2) Das in Alcala (in Acad. Complutensi per A. G. Brocarium) i. J. 1518. 4. ge
druckte Buch trägt das Titelblatt „Logicalia parva illuminati doctoris Raymundi
Lullii“, aber die erste Seite beginnt mit der Ueberschrift: „Dyalectice introductiones
Illuminati docloris et marlyris Raymundi Lulli*. Die Aufschrift am Titelblatte ist
Unsinm,, denn einerseits existirte, zur Zeit des Lullus der Ausdruck „Parva logicalia“
noch gar nicht, und andrerseits bedeutete derselbe, als er üblich wurde, etwas
gänz Anderes. Im 16. Jahrh. kam allerdings die Kenntniss dieser Dinge abhandem.
3) 0hne Titelblatt amfangend: „Deus cum tua summa perfectione. Incipit logica
brevis nova“. S. l. e. a. (wahrscheimlich Venetiis 1480). 4. Sodann Dialectica seu
logica , nova venerabilis eremitae Raymundi Lullii ..... per M. Bern. Lavinhetam. Paris.
1516. 4. Hermach bei Zetzner p. 147—161.
4) Bei Lavinheta (vor. Anm.) und bei Zetzner p. 162—165.
δ) Bei Salzinger in, Wol. IV. Salzinger's Ausgabe hat das Eigenthümliche, dass
in allen Bänden derselben (— gewiss nicht ohne Absicht —) stets jede auch nocl,
so kurze Schrift eigens für sich paginirt und somit die Reihénfolge der Zusammen
stellung nur durch die Hampt-Titelblätter der Bände festgestellt ist.
6) Ebend. in Vol. VI.
7) Ebend. in Wol. III.
XVIII. Raimundus Lullus. 147
Algazeli's (vgl. Anm. 24), ist noch ungedruckt *). Sodann aber konnte
ja Lullus bekanntlichst sich rühmen, selbstständig eine neue Technik er
funden zu haben, welche gemeiniglich als Ars magna bezeichnet wird;
die grosse Masse der Schriften jedoch, welche sich auf dieselbe beziehen,
ist folgendermaassen zu gruppiren: Worerst ist es die Technik selbst,
welche mehr oder weniger ausführlich, sei es ganz oder theilweise, dar
gelegt wird. in: Ars magna et ultima "), Ars brevis 1"), De auditu cab
balistico 1!), Tabula generalis **), Brevis practica tabulae generalis und
Lectura compendiosa tabulae generalis 1°), De conversione subiecti et
praedicati !*), Introductio magnae artis generalis 1°). Sodann aber
wird auch speciell die praktische Anwendung dieser Technik gelehrt in :
Ars inventiva veritatis seu intellectiva veri und Lectura super artem
inventivam et tabulam generalem 4°). Aber die auf die einzelnen Wissen
schaften, und vor Allem auf die Theologie, bereits angewendete Technik,
d. h. somit die schliessliche reale Durchführung derselben, welche Lullus
beabsichtigte , erscheint in : Ars demonstrativa, Introductoria artis de
monstrativae, Lectura super figuras artis demonstrativae, Compendium
artis demonstrativae, Ars inveniendi particularia in universalibus,
Propositiones secundum artem demonstrativam *"), Ars compendiosa
inveniendi veritatem seu ars magna et maior, Ars universalis seu
lectura artis compendiosae '°), Libellus correlativorum innatorum 1°),
8) Nemlich: Compendium logicae Algazeli (s. Salzinger, Vol. I, Catal. libr.
p. 9 B), wie aus Cod. lat. Mon. 10538, f. 103—126, sich zeigt, nur eine excerpi
rende Uebersetzung des arabischen Originales; fermer De quinque praedicabilibus et
decem praedicamentis (p. 27 B), De loco minori ad maiorem (p. 15 B), gleichfalls
beide in München handschriftlich vorhanden ; hiezu noch De significationibus (s.
ebd. p. 26, vielleicht beruhte auch diese Schrift auf Algazeli, s. Abschn. XVI,
Anm. 244). -
9) Gedruckt ohne Titelblatt : Deus cum tua summa perfectione. Incipit ars ge
neralis ultima. Venetiis per magistrum Johannem Cordubensem. 1480. 4. Dann Illu
minati sacrae paginae professoris Raymundi Lulli ars magna generalis et ultima etc.
per magistrum Bern. la Winheta. Lugd. 1517. 4. Ferner bei Zetzner p. 218—663.
10) Approbatio artis illuminati doctoris magistri Raym. Lulli una cum arte brevi.
Romae 1513. -8. Ars brevis ill. doct. R. L. per Bern. de Lavinheta. Lugd. 1514. 8.
Bei Zetzner p. 1—42.
11) Bei Zetzner p. 43—110. Dass aber Titel, Einleitung und einzelne Stellen
dieser Schrift kritische Bedenken erregen, s. unten Anm. 74 ff.
12) Bei Salzinger in Vol. V. (auch in der unten, Anm. 16, anzuführendem
Ausgabe).
13) Beide bei Salzinger ebend.
14) ln Lavinheta's Ausgabe der Dialectica (ob. Anm. 3), und bei Zetzner
. 166—177. p 15) Gedruckt s. l. (wahrscheinlich in Lyon) 1515. 4. Jedoch diese Schrift
muss ich wegen der späteren Zusätze, welche sie enthält, entschieden als unächt
bezeichmen; im Uebrigem ist sie mur ein karger Auszug der Ars magna et ultima,
und es lohnt sich auch darum keiner weiteren Berücksichtigung.
16) Beide in Divi Raymundi Lulli doctoris illuminati Ars inventiva veritatis,
Tabula generalis, Commentum in easdem ipsius Raymundi (hrsggben won Alphonsus
a Proaza), Valentiae apud Didacum . de Gumiel, 1515. fol., sowie bei Salzinger
in Vol. V.
17) Sämmtlich bei Salzinger in Vol. III.
18) Beide ebend. in Vol. I.
19) Gedruckt bei der sogleich, Anm. 22, anzuführenden Logica nova.
10 *
148 XVIII. Raimundus Lullus.
Arbor scientiae *"). Auch aus dem Gesammt-Umkreise der vielgestaltigem
Ars magna ist Wieles noeh ungedruckt 31). Ferner ein Mittelding zwi
schen der eigenen Ars des Lullus umd demjenigen, was man gewöhnlich
Logik nannte und noch nennt, bietet er als „neue Logik* an , wie wir
aus der Darstellung seiner Schrift De nova logica **) ersehen werdem.
Endlich aber war Lullus (— abgesehen von der Schule Notker's in
St. Gallen , s. Abschn. XIII, Anm. 244 ff. —) zu seiner Zeit der erste
Autor, welcher die Philosophie und auch die Logik von der Schulsprache
des Mittelalters zu emancipiren versuchte, indem er Wieles (zuweilen meben
einer lateinischen Bearbeitung des gleichen Gegenstandes) in seiner Mutter
sprache, d. h. im catalonischen Dialekte, und zwar häufig in gereimtem
Versen, schrieb. Hievon gehört hieher eine Episode über Logik, welche
sich an die so eben erwähnte Nova logica anschliesst**), und eine ge
reimte Bearbeitung der Logik Algazeli's **).
Wenden wir uns hiemit behufs unserer Darstellung *°) zuerst zu
dem Gebiete der gewöhnlichen Schul- Logik, so müssen wir vor Allem
beachten, dass Lullus sehr gering über dieselbe denkt. Denn schon die
aus Avicenna entnommene Bemerkung, dass es auch eine ummittelbare • und
natürliche Logik gehe *"), erhält bei ihm den Sinn, dass die technische
20) Häufig gedruckt; bei Salzinger nicht.
21) Sämmtliches aber ist in München oder in Mainz handschriftlich vorhanden;
nemlich: Ars intellectiva (s. Salzinger, Catal. p. 21 B), Ars compendiosa seu Vade
mecum (ebend., — jedoch schwerlich ächt —), Ars generalis ad , omnes scientias
(ebend. p. 7 B), Applicatio arlis generalis ad varias scientias (p. 6 B), De eaeperientia
realilatis artis generalis (p. 13 A), Investigalio generalium miaetionum (ebd.), Regulae
introductoriae ad praclicam artis demonstrativae (p. 19 A), De modo applicandi novam
logicam ad ius et medicinam (p. 16 A), De penatione substantiae et accidentis (p. 20 A),
De syllogismis contradictionis (p. 19 B; aus Cod. lat. Mon. 10588, f. 149—171, geht
hervor, dass diese Schrift nicht logischem Inhaltes ist, sondern Beweise und Gegen
beweise aus dem Gebiete der Theologie erörtert), De affirmatione et negatione (ebd.
p. 6 A, s., unten Anm. 109).
22) Raymundi Lullii Doctoris illuminati de nova logica etc. (der Herausgeber
ist wieder Alphons a Proaza, vgl. Anm. 16), Valentiae ap. Georgium Coslilla. 1512. 4,
23) Ueber die catalonischen Handschriften von Werken des Lullus in der
Münchner Bibliothek s. Catalogus codd. mscrplt. bibl. reg. Monac. VII, p. 65. f., 88 ff.,
288. Die Linguistik könnte hier bei schwierigeren Wortformen durch die be
Ireffenden lateinischen Bearbeilungem die frefflichste Nachhilfe finden (so findet sich
z. B. im Cod. hisp. 56 ein catalonischer Text der eben erwähnten Nova logica).
In der interessantem neuen Publication ,,0l)ras rimadas de Ramon Lull.... por Ge
rónimo Rosselló. Palma 1859. 4“, welche aus Balearischen Handschriften geschöpft
ist, finden wir eine gereimte catalonische Darstellung der „Aplicació de l'art general“
(p. 384 ff.), woselbst speeiell 'die Logik (p. 400 ff.) behandelt ist. Näheres untem
Anm. 171 ff.
24) Cod. lat. Monac. 10538, f. 127—138, zeigt sich als Wersification eines
abermaligen Excerptes aus obigem (Anm. 8) Compendium log. Algazelis. Ich will
daraus nur die Anfangs-Zeilem mittheilen , welclje beurkundem, dass Lullus auch
Diejenigen zur Logik iind Philosophie führen will, welche Wêie; Lateinisch noch
Arabisch verstehen ; sie lauten : De logica tractam breument, Loqual es, compendi
novell En mon enteniment apell, Que translat de lati en romans, En rimes, en mots
qui som plans, Per tal que hom pusca mostrar Logica e philosofar A cells qui non
saben lati Ni arabich etc. etc.
25) Jene Schriften, welche ihren Abdruck bei Zetzner oder bei Salzinger ge
fundem haben, citire ich nach eben diesen Ausgaben.
26) Introd. art. demonstr. p. 2 B : Aliqui per habitum acquisitum habent scien
XVIII. Raimundus Lullus. 149
Logik, welche an „sermo“ gebundem sei (vgl. Vincenz v. Beauvais, vor.
Abschn., Anm. 295), eben nur diese logische „intentio“ der Dinge er
fassen könne, während die Ars magna ummittelbar die natürliche Realität
und deren praktische Werwirklichung zum Gegenstande habe und daher
an Fülle des Wahrheits-Gehaltes weit über der Logik stehe *7). Kurz es
ist die traditionell gewordene Auffassung der secunda intentio **), welche
jedoch hier, — ein Zerrbild arabischer Doctrinen —, zur Geringschätzung
der Logik führt, denn mur die intentio prima soll der wahren Werk
thätigkeit des Intelleetus, d. h. dem Gebiete der Tugend, angehören und
sonach allein wahre Causalität sein und höchsten Werth besitzen 3°). Ja
selbst in eigentlich logischer Beziehung erblickt Lullus in sehr ähnlicher
Weise wie Roger Baco (vor. Abschn., Anm. 571 ff.) die prima intentio
nur in dem Erfassen des Individuellen und Particularem , während alles
Generelle in Auffassung und Sprachschatz auf blosser Gemeinsamkeit
(commune) beruhe und so zur intentio secunda gehöre *"). Mag (laher
immerhin Lullus sagem , das Denken sei in Grammatik, Logik und Geo
metrie activ, hingegen in den übrigen Wissenschaften passiv, und als
Drittes komme die Tugendübung hinzu *'), so hat er bei jener Activität
tiam arguendi, alii habent, qu0d naluraliter arguant, nam et rustici quandoque
subtiliter arguunt. S. Abschn. XVI, Anm. 80. Vgl. Roger Baco, vor. Abschn.,
Amm. 563 f.
27) Brev. pract. tab. gener. p. 24 A: Cum veritas sit unum de principiis huius
artis, et logica consideret rerum in sermone, ...... potest fieri applicatio ad specialia
principia logicae et speciales regulas in logica applicatas ; logicus enim potest con
siderare logicalem bonitutem secundum definitionem generalis bonitatis etc. ......
(B) Quaeritur, utrum haec scientia et logica habeant idem subiectum ; et dicimus,
quod non ...... Per istam scientiam naturalis considerat agere naturale reale bonum,
sed logicus intentionale, ..... et per hanc scientiam intellectus attingit plus de veri
tate, quam logicus. Die gleiche Bevorzugung des Praktischen ebenfalls bei Roger
Baco, Anm. 561.
28) Ars magna et ult. p. 243: Logica est de secundis intentionibus iunctis
primis. Ebenso ebend. p. 538. Hiezu Anm. 142.
29) De prima et sec. intent. p. 2 A: Intentio dividitur in duos modos, sc. in
primam et secundam; prima est melior et nobilior quam secunda, quia est magis
utilis et magis necessaria, et prima est principium secundae, et secunda movetur per
primam ..... (B) Intellectus, quem habes, est per secundam intentionem, et operatio
intellectus, sc. intelligere, est per primam; nam operatio virtutis est melior quam
virtus, cum virtus sit ad hoc, ut sit operatio. Diese ethische Auffassung (vgl.
Abschn. XVI, Anm. 13 u. 242) wird auch durch folgendes Gleichniss ausgedrückt
(ebend.): Si tu facis scribi quendam librum ab aliquo scriba, tu habes primam in
tentionem in faeiendo libro et habes secundam ad dandum denarios illi scribae, ..... et
scriba facit contrarium huius, quia ipse magis amat denarios, quos illi solvisti pro
suo labore, quam librum. Vgl. Ars demonstr. p. 43 A. Ars compend. inv. verit.
p. 11 B.
30) Dialect. Introd. f. 1 v. A : Intentio est similitudo in anima alicuius vel ali
quorum naturaliler repraesentativa; est autem dupleae, sc. prima et secunda. Prima
est similitudo particularis vel singularis in anima correspondens termino primae im
positionis ..... Secunda est similitudo in anima correspondens termino secundae im
positionis vel primae in communi sumptae. Unde similitudines seu conceptus generales
sunt secundae intentiones, et particulares seu singulares sunt primae; ad modum
rerum realium, in quibus genera et speeies sunt per secundam intentionem et sua
particularia per primam.
31) Ars magna et ult. p. 242: Habet intellectus actionem et passionem, et habet
actionem in grammatica, logica et geometria, et passionem in scientiis positivis, et
habet bonitales per morales virtutes.
150 XVIll. Raimundus Lullus.
der Logik dennoch nur seine Ars magna im Sinne; denn mur diese gilt
ihm als bleibend und beständig, während die Logik unbeständig und
schwankend (instabilis, labilis) sei und kein wahres, Gesetz auffindem
könne, wozu auch noch die grosse Schwierigkeit der Logik komme , da
man in der Ars magna in Einem Monate mehr profitiren könne, als in
der Logik in einem Jahre **). -
Insoferne aber Lullus dennoch dieses vom ihm gering geachtete Ge
biet bearbeitete, zeigt sich, dass er dal)ei durchgängig der Tradition der
byzantinischem Logik folgte **), — ein Umstand, durch welchen er uns
ja schon am Schlusse des vorigen Abschnittes mehrfach als Quelle diente.
Nach einer Definition der Logik, welche aus der boethianischen und der
arabischen Doctrin gemischt ist **), theilt er den Umkreis der Logik sofort
nach terminus, propositio, argumentatio *°). . Der erste Theil, welchen
er nach der Terminologie seiner Schrift ,,Arbor scientiae“ (s. Anm. 143)
als „Radices arboris“ bezeichnet, knüpft an die Definition des terminus
eine Eintheilung desselben in einen categoreumatischen und syncategoreu
matischen, wobei an die Unterabtheilung des ersteren *°) zugleich die
32) Ebend. p. 538: Unde intellectus c0gn0scit, per quem modum logica est
applicabilis. .., et etiam cognoscit, per quem modum logicus non potest stare coram
artista huius artis. Quae sunt stabilia et immutabilia, confundit petendo ab eo, quod
intendit concludere, et intellecta conclusione concludit cum stabilitate et immutabili
tate principiorum et regularum, et statim nesciet, quomodo evadet, Item logicus tractat
de diffinitione considerata per primam speciem regulae C tantum, generalis aulem
artista huius artis per omnes species regulae 0. (s. Anm. 97). Logicus tractat de
secundariis intentionibus adiunctis primis, sed generalis artista tractat de primis per
secundam speciem regulae 0...... Et in ist0 passu c0gn0scit intellectus, quod logica
est scientia instabilis sive labilis, haec autem ars permanens et stabilis. Item logicus
facit conclusionem cum duabus praemissis, generalis autem artista cum mixtione
principiorum et regularum. Adhuc logicus non potesl invenire veram legem cum
logica, generalis autem arlista cum ista arte invenit; nam illa leae est, vera, quam
principia et regulae huius artis intrare possunt. , Amplius logica est, ars difficilis ad
addiscendum, haec autem ars est multum facilis ratione miactionis et concatenationis
principiorum et regularum (s. Anm. 119); et ideo plus potest addiscere artista de
hac arte un0 mense, quam logicus de logica un0 ann0. Hiezu Anm. 65.
33) Wenn die Eine Bearbeitung dieser Schul-Logik sich in der Titel-Ueber
schrift als „nova logica“ bezeichnet (Amm. 3), so lege ich hierauf kein Gewicht;
denn einerseits stammt diess wahrscheinlich von späteren Werebrern lullianischer
Weisheit her, da Lullus selbst eine ,,neue“ Logik wohl nur in jenem Mitteldinge,
welches zwischen alter Logik und Ars magna steht (Anm. 22), darbieten wollte; an
drerseits allerdings nennt Lullus in seiner marktschreierischen Manier zuletzt Alles,
was er schreibt, eine grosse ,,Neuigkeit“, selbst wenn es nur eine Wiederholung
Algazeli's ist (Anm. 24).
34) Dialect. introd. (s. Anm. 2) f. 1 r. A: Logica est ars et scientia, qua verum
et falsum ratiocinando cognoscuntur et unum ab alter0 discernitur verum eligendo et
falsum dimittendo. Fast ebenso Dialect. (b. Zetzner, s. Anm. 3) p, 147. S. Abschn.
XII, Anm. 76. u. Abschn. XVI, Anm. 15 ff.
35) Dial. introd. ebd. : Cuius principia specifica sunt tria, sc. terminus, pro
positio et argumentati0. Dialecl. ebd.: In l0gica consideranlur tria , inter alia,
sc. u. s. f.
36) Dial. inlrod. ebd.: De radicibus arboris, Terminus est dictio significativa,
eae qua pr0p0sitio constituitur (s. vor. Abschn., Amm. 199).... Dividitur, in terminum
categoreumalicum et syncalegoreumaticum (s. ebd, Anm. 34, 256 ff.). Categoreuma
ticus ..... dividitur in communem et singularem (ebd. Anm. 61, 229, 610)., Communis
dividitur in univocum, aequivocum et denominativum (diese Werwendung dieser Ein
XVllI. Raimundus Lullus. 151
Gliederung in Subject, Prädicat und Copula *"), sowie die Gradabstufumg
vom generalissimum bis zum specialissimum angereiht wird 3°), dem
letzteren aber alle ,,signa“ der Universalität, Particularität und Negativität
beigezählt werden *°). Indem hierauf die schon oben, Anm. 30, erwähnte
Stelle über intentio und impositio folgt *"), kann Lullus daran die Be.
sprechumg der , quinque voces und der Kategorien anreihen **), wird aber
eben durch seine Auffassumg der intentio veranlasst, die Universalien und
die Kategorien, bei welch letzteren er die arbor Porphyriana durch
sämmtliche zehn hindurchgeführt wissem will **), etwas näher an die
Mystik der Ars magna hinzurücken, d. h. er behandelt dieselben in Kürze
mach jenem Schablomen, welche wir untem (Amm. 94 ff.) treffen werden 48).
Ja anderwärts sehen wir, wie er in Uebereinstimmung mit den Grund
sätzen der Ars magna die Realität der Universalien auf eine wahrhaft unver
ständige Weise zu begründem versuchte und dieselben überhaupt in einem
zügellosen theologischen Realismus nur als Schöpfungsacte Gottes nahm 44),
theilung ist neu)..... Singularis vel discretus ..... dividitur in abstractum (z. B.
humanitas) et concretum (z. B. homo). Hingegen in Dialect. p. 147 ist nur die
Eintheilung des terminus in communis und discrelus angegeben.
37) Dial. introd. f. 1 r. B: Terminus categoreumaticus in propositione modo est
subiectum modo praedicatum ..... Copula est persona.... verbi „sum“. Vgl. Dialect.
p. 147. S. vor. Abschn. Anm. 152.
38) Dial. introd. ebd.: Terminus categoreumaticus alia divisione dividitur in
generalissimum, subalternum, specialissimum, individualem. In Dialect. fehlt dieses.
39) Dial. introd. ebd.: Syncategoreumaticus terminus .... dividitur in universale
signum, particulare signum et partes orationis indeclinabiles. Hingegen Dialect. p. 147:
Quidam termini dicuntur signa universalia et quidam parlicularia, .... negativa, und
als dergleichen signa kommen im Vergleiche mit Shyreswood (vor. Abschn., Anm.
68 ff.) und mit Petrus Hispanus (ebd. Anm. 238 ff.) hier neu hinzu: ubicunque,
quocumque, semper, nunquam, nusquam, aliquando, alicubi.
40) In Dialect. fehlt diese kurze Erörterung.
41) Dial. introd. f. 1 v. B. Hingegen in Dialecl. hält er sich an die Reihenfolge
der byzanlinischen Logik, indem er dort die Praedicabilia und Praedicamenta erst
nach der Lehre vom Urtheile folgen lässt; auch fimden wir dort nur einen dürren
nichtssagenden Auszug der gewöhnlichsten Lehre.
42) Dialect. p. 153: Praedicamentum est ordinalio terminorum secundum sub et
supra (vgl. Dial. Introd. f. 1 v. B), ut patet in sequenti figura..... Sicut est facta
isla arbor in praedicamento substantiae, ita p0test fieri in aliis praedicamentis, ut
.... per talem cognitionem melius possit homo rerum varietates inquirere.
43) Dial. introd. f. 2 r. Dass er das Gleiche auch in seiner Schrift De quinque
praedicabilibus et decem praedicamentis that, ersehen wir aus Cod. lat. Mon. 10517,
f. 49—52.
44) Nova logica, f. 8 r: Quaeritur, utrum genus sit ens reale ; et dicimus, quod
sit; quod probamus quinque rationibus: ..... Necesse est, quod corpus sit genus
reale ; alioquin corpus non esset divisibile naturaliter in corpus animatum et inani
matum ....... Natura universi non patitur vacuilatem, quod faceret, si genus non
esset ens reale ...... Constitutio mundi foret impossibilis, si genus non esset ens
reale ...... Si genus non esset ens reale, inferiora individua non susciperent in
fluentiam a corporibus supracoelestibus ...... Subiectum habitus animalitatis dicimus
esse ens reale, quod genus vocamus. Mit ganz analogen Gründen wird danm, ebend.
f. 9 r, die Realität der Species erwiesem. Liber Chaos, p. 19 A: Primus gradus
chaos est genus omnia entia in se continens ..... p. 20 B: Cum creator omnium de
primo gradu chaos species in secundum produceret...... p. 21 B: Differentia est in
primo gradu chaos .... inter agens et patiens essentiae ipsius chaos ...... p. 23. B:
In primo gradu chaos deus fuit propriificativus..... . p, 24 B: Quoniam in primo
152 XVIII. Raimundus Lullus.
und analog im Naturgebiete den Kategorien eine physikalisch-realistische
Geltung zuwies *°).
Als „truncus arboris“ folgt sodann die Lehre vom Urtheile. Die
Erörterung über das kategorisehe Urtheil schliesst sich ganz an Petrus
Hispanus an *"); neu kommt nur hinzu, dass Lullus auf dem Gebrauch
der Worte „et“ und „vel" im Subject und Prädicate hinweist**), und
dass er im Hinblicke auf die Ars magna noch von einer anderweitigem
nicht-logischen Umkehrung der Urtheile *°) und ebenso von einer solchen
Entgegensetzung spricht *°). Beim hypothetischem Urtheile nimmt er obige
Erweiterumgen auf, für welche er selbst uns als Quelle diente °°); des
gleichen, was die Werknüpfung der Eaeponibilia mit dem hypothetischen
Urtheile betrifft **). Die Modalität behandelt er, abgesehen von der Auf.
nahme jener neuem Lehre über sensus divisus und compositus (vor.
gradu chaos est igneitas habens in se ignificativum et ignificabile, sequuntur acci
denlia, sc. quantitas, qualitas, relatio et celera.
45) Liber Chaos, p. 26 A: Substantiatum est primum chaos, quia omnia quatuor
elementa una cum omnibus suis elementalibus sunt una substantia ...... p. 27 B :
Eae intensa quantitate igneitalis tam activa quam passiva composita est quantitas
primi chaos ..... p. 28 B: Primum et secundum chaos relative se habuerunt per mo
dum generationis et creationis..... p. 30 A: Una qualitas eaetensa per totum primum
chaos producitur de qualitate igneitatis ..... p. 31 A: Actio dividitur in substantialem
et accidentalem ..... p. 32 A : Sicut de actione dictum est, potest intelligi relalivo
modo dictum esse de passione ...... p. 33 B: Si intelligere volumus, tempus esse
aliquod ens reale, considerare debemus motum in octava sphaera firmamenti ......
p. 35 B: Convenit locus omnibus, quae sunt sub suprema superficie octavae sphaerae
• • • • • • p. 37 B: Situatus* est primus gradus chaos de igneitate ..... p. 40 A: Duplex.
est habitus et, assituatio chaos, sc. substantialis et accidentalis.
46) Dial. introd. f. 2 v. A u. B die Eintheilung mach Quantität und Qualität
nebst den drei Fragen und ihrem Memorialverse (vgl. Dialect. p. 148, woselbst
jedoch der Wers fehlt; s. vor. Abschn. Anm. 153). Dann in verbesserter Reihen
folge vorerst f. 3 r. A die Umkehrung (vgl. Dialect. p. 149; s. ebend. Anm. 156),
hierauf f. 3 r. B die Entgegensetzung mit der üblichen Figur (vgl. Dialect. p.149 f.;
s. ebend. Anm. 154), sodann f. 3 v. B die Aequipollenz mit dem fünften der dor
tigen Memorialverse (s. ebend. Anm. 159; in Dialect. fehlt die Aequipollenz); hin
gegen die Notiz über die dreifache Materie (s. ebend. Anm. 155) ist erst nach dem
modalen Urtheilen f. 5 v. A eingereiht (in Dialect. ist sie p. 150 an der üblichen
Stelle).
47) Dial. introd. f. 3 r. A: Propositio categorica est dupleæ, sc. de disiuncto
eaetremo et de copulato eaetremo. De disiuncto eætremo est illa, in cuius subiecto vel
praedicato vel in utroque ponitur coniunctio disiunctiva. Ebenso entsprechend das
Urtheil de copulato. Vgl. Dialect. p. 150. (Die Veranlassung hiezu bei Shyreswood,
s. vor. Abschn., Anm. 86 f.)
48) Dial. introd. f. 3 r. B: Extra animam est alius modus conversionis, qui
spectat ad altiorem artistam, quam logicus sit etc., d. h. er meint die 0peration,
welche wir untem, Anm. 86, treffen werden (in Dialecl. fehlt diess).
49. Ebend. f. 3 v. A: Propositiones possunt esse contradictoriae duobus modi s,
sc. de modo vel de lege. Contradictoriae de m0d0 sind sie nach den gewöhnlichen
Regeln. Contradictoriae de lege sunt, quae, licet non participent in subiecto et prae
dicato et licet non sibi repugnent in quantitate et qualitate, servant tamen legem
contradi^toriarum, d. h. er denkt an ein Wer fahren in der Ars magna, s. untem Anm.
87 {fehlt gleichfal!s in Diale t..
50) Ebend. f. 3 v. B u. Dialect. p. 151. S. vor. Abschn., Anm. 583 f.
51) Dial. introd. f. 4 v. A (in Dialect. nic'it). S. eben 1. Avm. 604, 606 f.
u. 609 Was f. 5 r. A lber Incipit und Desini: gesagt ist, beraht niir auf Petrus
Hisp inus, s. ebend. Ann. 263. • • • - -
XVIII. Raimundus Lullus. 153
Abschn., Anm. 585 f.), äusserst kurz durch blosse Wiederholung der bei
Petrus Hispanus vorfindlichen Figur **); nur fügt er den Begriffen des
possibile und impossibile eine theologische Modification bei °°). -
Hieran wird als „branchae arboris“ nicht bloss jene Episode aus
dem proprietates terminorum angereiht, bei welcher wir den Lullus schon
oben als Quelle benützen mussten **), sondern es folgt auch noch eine
sehr eigenthümliche Erörterung über demonstratio. Diese nemlich wird
wohl mach der üblichen arabischen Doctrin als Ableitung eines Unbe
kannten aus, Bekanntem definirt °°), aber, wenn dann zur arabischen
Zweitheilung in demonstratio quid .und demonstratio quia als neues
Drittes die demonstratio per aequiparantiam hinzukommt *"), so werden
alle diese drei Arten völlig in das Gebiet der Topik hinübergezogen ;
denn nicht bloss in den ersten beiden können wir nur eine Durchführung
der Topem „a causa et effectu“ wiedererkennen *"), sondern auch die
aequiparantia enthält nur , das aequale als ein ideales (göttliches)
Mittelding zwischen den Topen „a minore et maiore“ °°), daher auch
Lullus dieses Beweis-Werfahren, welches ihm als das höchste gilt, ander
wärts unter Berufung auf seine Ars magna vor Allem zur Stütze der
Trinitätslehre verwenden zu müssen glaubt °°). Uebrigens wenn er an
einer anderen Stelle die „probatio“ derartig als die umfassendere Gattung
52) Dial. introd. f. 5 r. A. Dialect. p. 152.
53) Dial. introd. ebend.:, Possibile est duplex ; unum est per causam, alterum
est per infinitam potestatem ...... Impossibile est dupleae ; quoddam est per contra
diclionem, .... aliud per defeclum causae; ..... alius modus impossibilitatis est, qui
consistit per perfeclionem maæimam, et haec solum convenit deo.
54) Ebend. f. 5 v. A — 7 r. A u, Dialect. p. 152. S. vor. Abschn., Anm.
596—603. -
55) Dial. introd. f. 7 r. A : Demonstratio est alicuius ignoti per aliquod notum
vel minus noti per aliqu0d magis notum cognitio seu intellectui manifestatio. Vgl.
Dialect. p. 154. S. Abschn. XVI, Anm. 15.
*56) Dial. introd. ebend. : Demonstrationis tres sunt species, sc. per quid, per
quia et per aequiparantiam.
57) Ebend.: Demonstratio per quid est, quando effectus demonstratur per cau
sam vel inferius seu posterius per superius sive prius; et potest fieri trilus modis.
Primus est, quando causa simpliciter demonstrat effectum suum ...... Secundus, quando
causa demonstrans effectum demonstrat, ipsum esse causam alterius effectus ......
Tertius, quando causa demonstrat de suo effectu, quod ipse est effectus alterius
c0tts0ei... . . . Demonstratio per quia est, quando per effectum causa demonstratur vel
per inferius seu posterius demonstratur superius sive prius; et potest fieri tribus
modis. Primo simpliciter de effeclu ad causam..... Secundus, quando effectus probat,
causam suam esse effectum alterius causae ...... Terlius, quando effectus demonstrat,
causam suam esse causam alterius effeclus. (Vgl. Dialect. p. 154.)
58) Ebend. f. 7 r. B: Demonstratio per aequiparantiam est, quando per aliquid
aequale notum aliud aequale ignotum demonstratur vel aequale minus notum per
aequale magis notum ..... Et fit tribus modis. Primus, quando potentia demonstratur
per potentiam vel actus per actum ...... Secundus, quando per aequalitatem princi
piorum probatur aequalitas actuum ..... Tertius, quando per aequalitatem actuum
demonstratur aequalitas dignitalum ...... Et haec demonstratio potior est, quam illa
de quid et illa de quia ; ..... haec enim mazime et propriissime fit in deo, in quo
maius et minus sunt impossibilia.
59) De demonstr. per aequip., p. 1 A : Intendimus probare distinctionem , in
divinis per aequiparantiam et aequivalentiam actuum divinarum rationum..... p. 2 A :
cum faciamus hanc investigationem per principia nostrae artis generalis, quod sunt
tria principia consecutiva, sc. concordantia, differentia, aequalitas (s. Anm. 87), quibus
154 XVIII. Raimundus Lullus.
betrachtet, dass dieselbe im auctoritas, necessaria ratio umd demonstratio
zerfallem soll, so waltet hiebei die gleiche Riicksicht auf die Topik, da
auch auctoritas ein Topus ist, und ausserdem die probatio überhaupt
als „apparens“ bezeichnet wird °°).
Als „ flores arboris, e quibus nascitur fructus“ folgt hierauf die
Lehre von der Argumentation in jener weiterem Bedeutung, mach welcher
sie auch die consequentia umfasst “!). Indem Lullus schon in der Ein
theilung der argumentatio sich dem Petrus Hispanus anschliesst"*), folgt
er demselbem auch wörtlich in Aufzählung der neunzehn Schlussweisen
des kategorischen Syllogismus unter Benützung der Kunstworte Barbara
etc."*). Die hypothetischem und modalen Schlüsse fehlen auch hier04).
Himgegen hat Lullus jenem speciellen Zweig der Syllogistik, welcher seit
Averroes schon den Albert und den Thomas beschäftigt hatte (s. vor.
Abschn., Amm. 464 u. 554), memlich die inventio medii, in einer eigenem
kleinen Monographie besprochen, wobei er vorerst zwei Arten des Mittel
begriffes, einen „natürlichen* für die wahrhaft wissenschaftlichen Syllo
gismen und einen bloss „logischen* für die dialektischen Wahrschein
lichkeits-Schlüsse, unterscheidet °°); von dem ersteren gibt er dann (wie
Thomas die fünf indirecten Schlussmodi bei Seite lassend) vierzehn Bei.
spiele, welche sich in den Begriffen der Ars magna bewegen °°), und
hierauf lässt er noch sechs Beispiele folgen, in welchen der Mittelbegriff
in Folge seiner Unbestimmtheit nur einen dialektischem Schluss zulässt °7).
Es hatte übrigens dieser Gegenstand für Lullus ein specielles Interesse,
da, wie wir sehen werden, seine ganze Ars magna schliesslich als ein
zigen logischen Kern mur die inventio medii in sich birgt, s. Anm. 86,
89 f., 110, 113. In den beiden Compendien der Logik aber folgem, nun
nach dem kategorischen Schlusse einige Angaben über inductio, welche
mediantibus demonstrabimus per aequiparantiam supradictam distinctionem. Vgl. Brev.
pract. tab. gen. p. 36.
60) Dialect. p. 154: Probatio est argumentum, in quo veritas est apparens (s.
Abschn. XVI, Anm. 51 ff. u. 276 ff.), et potest fieri tribus modis, sc. auctoritate,
necessaria ratione et demonstratione.
61) S. vor. Abschn., Anm. 613.
62) Dial. introd. f. 7 v. A: Argumentationis quatuor sunt species, sc. syllogis
*mus, inductio, enthymema, eaeemplum. Ebenso Dialect. p. 154. S. vor. Abschn.,
Amm. 193.
63) Dial. introd. a. a. 0. u. Dialect. p. 154 ff. S. vor. Abschn., Anm. 185;
von Memorial-Wersen erscheinen hier nur die letzten zwei der ebend. Anm. 156
angeführten und derjenige, welchen wir bei Shyreswood, ebend. Anm. 51, trafen.
Betreffs der Kunstworte vgl. auch folg. Abschn., Amm. 204. •.••
64) S. vor. Abschn., Amm. 122 u. 190.
65) De venatione medii, p. 162: Medium eæistens inter subiectum et praedicatum
intendimus venari duobus modis. Primo modo medium naturale et « secundo modo
medium logicale; et hoc facimus, ut cognoscamus verum medium reale et etiam na
turale, et per consequens necessarium syllogismum, ac etiam ut per medium proba
tivum et opinativum cognoscamus syllogismum dialecticum sive logicalem et intentio
nalem. Es stimmt dieser Dualismus völlig mit der oben erwähntem Geringschätzung
der Logik zusammen, s. Anm. 27 ff.
66) Ebend. p. 162 ff. Bonitas, potestas, voluntas u. dgl. sind die Lieblings
Beispiele.
67) Ebend. p. 164.
XVIll. Raimundus Lullus. 155
er nach seiner beliebten Dreigliederung unterseheidet °°), über enthymema
und eaeemplum "*), sodann in dem Einen aus der Topik nur jene drei
Topem, welche für die demonstratio per aequiparantiam eine Bedeutung
haben (s. Anm. 58), nemlich a maiore, ab aequali, a minore '"), hingegen
in dem anderen jene Stelle, welche unter der Ueberschrift De antecedente
et consequente uns schon oben als Quelle für die üblich gewordene
Lehre von der consequentia diente und eine durchgängige Werflechtung
mit der Topik zeigt 7!).
Hierauf noch reiht sich als „folia arboris custodientia fructum a
macula“ die Sophistik an, welche im Ganzen dem betreffenden Abschmitte
des Petrus Hispanus folgt 7°). Endlich die Schlussbemerkung über dispu
tatio habe ich schon oben als muthmaasslichen Anfang der späteren Obli
gatoria angeführt 7°).
Soll ich es aber num versuchen , die A r s m ag m a darzustellen, so
möchte ich vorerst jener Frage, welche ich an alle Autoren des Mittek
alters richten musste und grossentheils beantworten konnte, auch bei
Lullus nicht aus dem Wege gehen, der Frage nemlich, woher das Ganze
und seine Theile entnommen seiem. Denn dass Lullus die einzige Aus
nahme von jener Regel sei, welcher alle Schriftsteller des Mitlelalters
unbedingt unterworfem sind, d. h. dass er lediglich von sich selbst aus
seine mystische Technik ersonnen habe, möchte ich eben für völlig un
glaubhaft halten. Allerdings nun wird Jeder, der in der oben (Anm. 1)
erwähntem Zetzner'schen Ausgabe nur einmal flüchtig geblättert hat, sofort
sagen, Lullus gebe ja selbst seine Quelle am, und diese sei Nichts anderes,
als die Kabbala. Aber wenn wir die Schrift De auditu cabbalistico
sowohl mach ihrem Titel als auch in dem einzelnem Stellem, welche eine
directe Hinweisung auf die Kabbala enthalten "*), näher erwägen, so muss
68) Dial. introd. f. 7 v. B: Inductio est argumentatio, in qua proceditur ab in
ferioribus sufficienler numeratis ad illorum immediatam universalem. Et fit tribus
modis. Primo procedendo a singularibus ad suam universalem ..... Secundo proce
dendo ab indefinitis ad suam universalem genericam ..... Tertio ab universalibus in
ferioribus ad universalem superiorem. . Vgl. Dialecl. p. 157.
69) Dialect. ebend. In Dial. introd. f. 8 r. A erscheinen bei Besprechung des
eaeemplum in dem oben, vor. Abschn., Anm. 144, angeführten Beispielsatze hier die
Städte-Bewohner Florentini, Pisani, Panormitae, Drepanenses.
70) Dialect. p. 158.
71) Dial. introd. f. 8 r. A ff. u. Dialect. p. 159. S. vor. Abschn., Anm. 618
u. 623.
72) Ebend. f. 10 r. B ff. Dialect. p. 159—161.
73) Dialect. p. 161; s. vor. Abschn., Anm. 625.
74) De aud. cabbal. p. 43: Esse sive verbum sub ratione inseparabilitatis a rebus
est subiectum adaequatum huius sapientiae Kabbalisticae..... 0mnis doctrina disci
plinaque tria in se essentialiter comprehendit, sc. scire partes sui subiecti, scire finem
quaesitum, et scire medium ad ipsum finem, et propterea haec sapientia Kabbalistica
dividilur in tres partes...... (p. 44) Et dicitur haec doctrina Kabbala, quod idem
est secundum Hebraeos ut receptio veritatis cuiuslibet rei divinitus revelatae animae
rationali, et secundum modernos Kabbalistas . Kabbala cum sit nomen compositum ea:
duabus dictionibus, sc. „abba“ et „ala“, „abba enim arabice idem est quod „pater“
latine, et „ala* arabice idem est quod „deus meus“, ,.... propterea dicimus, quod hoc
vocabulum „Kabbala“, quod scribitur per litteram K, nihil aliud est arabice impor
tans latine praeter „superabundans sapientia“. Est igitur Kabba habitus animae
rationalis eae recta ratione divinarum rerum cognitivus. Auch wird im weiteren Wer
156 XVIII. Raimundus Lullus.
uns vor Allem auffallem, dass Lullus, von welchem wir doch so viele
Schriftem besitzen, und welcher in steter Wiederholung das nemliehe Thema
dutzendmal bearbeitete, in seinen sämmtlichen übrigen Schriften nicht mit
einer Sylbe die Kabbala erwähnt 7°); dazu kommt, — abgesehen von
einer wunderlichen Etymologie —, dass in der genannten Schrifl einmal
auch von „moderni Kabbalistae“ die Rede ist und den Kabbalisten das
Studium jener Darstellung der Ars magna empfohlen wird. Kurz ich
halte dieses Buch für eine (übrigens ganz geschickt gemachte) Bearbeitung
der Ars magna durch einen späteren Kabbalisten, welcher hiedurch s0
wohl dem Lullus als auch der Kabbala förderlich sein wollte. Aber
während ich auf solche Weise dieses äussere Zeugniss als solches unbe
dingt zurückweise, möchte ich doch vermuthen, dass der Manm, welcher
De auditu cabbalistico schrieb, nach Lage der Sache inhaltlich nicht Un
recht hatte. Freilich nur schüchtern darf ich einem solchen Ausspruch
wagem, denn eine genügende Geschichte der kabbalistischen Litteratur
muss wohl erst in Zukunft noch geschrieben werden '°), und ausserdem
liebe ieh es nicht, in fremde Gebiete einzupfuschen 77). Wenn es nemlich
richtig ist, dass das von Simeon Bem Jochai verfasste Buch Sochar gegen
Ende des 13. Jahrhunderts durch Moses Ben Nachmam nach Catalonien
gebracht wurde 7°), so wäre der äussere Anknüpfumgspunkt mach Zeit
und 0rt festgestellt. Inhaltlich aber darf vielleicht schon im Allgemeinen
auf jenes Combinations-Spiel hingewiesen werden, welches in der Kabbala
mit dem Buchstaben und dem Zahlen-Werthe derselben 79) oder mit einem
„himmlischen Alphabete**') getrieben wurde. Noch specieller aber läge
möglicher Weise eine Anknüpfung an die Kabbala in jenem Begriffen,
welche ich sogleich in dem „Alphabetum“ des Lullus anzuführen habe;
demn dieselben haben doch eine frappante Aehnlichkeit mit dem letzten
sechs unter dem zehn Sephirot **), und auch jene vorwiegende Berück
laufe noch öfters der Ausdruck „sapientia Kabbalistica“ gebraucht, so p. 55, 67,
101, 106, oder auch „haec Kabbala* (p. 67), ja sogar „schola Kabbalistica“ (p. 93),
und am Schlusse (p. 110) lesen wir: ad quae quilibet Kabbalista recurrere debet ad
perfectam intellectionem etc.
75) Hatte Lullus als Kabbalist auftreten wollen, so wiirde er dieses ebensosehr
hundertma] bei jeder Gelegenheit sagen, wie er überhaupt glaubt, Alles, nicht oft
genug sagen zu können. - -
76) Schwerlich dürfte ich bei den Fachmännern auf Widerspruch stossen,
wenn ich das Buch von L. Frank, La Kabbale, Paris 1844 (deutsch von Jellineck,
Lpzg. 1846) nicht für genügend halten kann.
77) Niemand, der litterarisch arbeiten gelernt hat, wird es mir zumuthen, dass
ich bei dem kaum zu bewältigemden Umfange meiner eigenen Aufgabe um des
Halb-Narren Lullus willen ein Quellenstudium über kabbalistische Litteratur hätte
unternehmen sollen, welches allein ein gelehrtes Menschen-Leben in Anspruch
nähme.
78) Frank a. a. 0. p. 67 u. 95 (nach Jellineck's Bearbeitung).
79) Ebend. p. 46, 105, 112 f., 121.
80) Ebend. p. 158.
81) Nemlich magnitudo, gloria und bonitas erscheinen dort, — s. ebend. p.
127 u. 143 —, wohl unzweifelhaft, und ohne viele Interpretations-Künste dürfen
wir vielleicht auch sapientia (ebend. p. 134), veritas (p. 137), potestas (p. 142)
wiedererkennen.
XVIII. Raimundus Lullus. 157
sichtigung der parallel eimander gegenübergestellten Tugenden und Laster
könnte dort ihr Worbild gehabt haben **).
Doch sei dem, wie es wolle, — denm gerne nehme ich von den
Fachmännern eine Widerlegung dieser meiner Wermuthung an —, Lullus
beabsichtigte jedenfalls eine allumfassende Technik, scientia generalis, ars
generalis, zu entwickeln, in welcher die Principien aller Einzeln-Wissen
schaften enthalten sein und alle nur erdenklichen Fragen ihre Erledigung
findem sollen *°). Um aber dieses vielverspreehende Unternehmen des
balearischen Projectemmachers darzustellen , müssen wir die oben (Anm.
9 ff.) angegebene Unterscheidung verschiedener Gruppen von Schriften ein
haltem und somit zunächst die Technik selbst als solche (abgesehen von
ihrer Anwendung) betrachten **).
Lullus fällt mit der Thüre ins Haus, indem er uns sofort als Prima
pars folgende Tabelle unter dem Titel „Alphabetum“ aufdringt:
B. II c. | D. | E. | F. || G. | H. I I. | K.
Bonitas. | Magni- | Aeterni- [Potestas. | Sapien- |Voluntas.] Virtus. | Veritas. [Gloria.
ludo. | tas seu lia.
Duratio.
Differen- | Concor- | Contra- | Principi- |Medium. [Finis. Maiori- | Aequali- | Minori
lia. danlia. | rietas. tum._]_ tas. tas. tas.
Utrum ? jQuid? [De quo ? [Quare? Quam- |Quale? [Quando?] Ubi? Qu0
tum? modo ?
Cum quo?
Deus. Angelus. [Coelum. [Homo. ] Imagina-|Sensitiva, | Vegeta- | Elemen- | Instru
tio. tiva. taliva. | menta
tiva.
Iustitia. ] Pruden- | Forlitu- | Tempe- [Fides. Spes. Charitas. [Patientia.|Pietas.
tia. do. rantia. | -
Avaritia. [Gula. |Luzuria. Superbia.[Acidia. [Invidia. [Ira. Mendaci-| Incon
| Φιη. stantia.
82) Ebend. p. 163.
83) Ars magna et ult. p. 218: Quia quaelibet scientia habet sua principia propria
et diversa a principiis aliarum scientiarum, idcirco requirit et appelit intellectus, quod
sit una scientia generalis ad omnes scientias, el hoc cum suis principiis generalibus,
in quibus principia aliarum scientiarum particularium sint implicita et contenta,
sicut particulare in universali...... Amplius quidem haec scienlia generalis potest
nuncupari, quia quaesliones generales habet ad omnes alias quaestiones, quaecunque
sint, applicabiles (s. Anm. 127)...... Ilem ars ista est generalis ratione miactionis
principiorum et regularum, quam habet (s. Anm. 119). Ars brev. p. 1 : Subiectum
huius artis est, respondere de omnibus quaestionibus, supposito quod scialur, quid
dicitur per nomen.
84) Ich versuche, jede der drei Hauptgruppen aus den sämmtlichen zu ihr
gehörigen Schriften collectiv darzustellen, denn ausserdem wäre der Wiederholungen
kein Ende; und so lege ich bei der ersten für die Stellen-Citate im Ganzen die
Ars magna et ultima zu Grunde, welche Lullus selbst gewissermaassen als einen
Abschluss bezeichnet (p, 218 : Quoniam multas artes fecimus generales, ipsas volu
mus clarius eæplanare per istam, quam vocamus, ullimam; quia de cetero non pr0
p0nimus aliam facere, ipsam quidem ea, aliis compilamus et aliqua nova eæplicite
addimus); betreffs der parallel-laufenden Schriften begnüge ich mich mit Ziffern
Citatem. Der aufmerksame Leser kann hieraus sowohl den Plan und Inhalt der
letzteren Schriften entnehmen als auch mich bei jedem Schritte controlliren.
158 XVIII. Raimundus Lullus.
Die oberste Reihe enthält meum „praedicata absoluta“, die mächste
meum „praedicata relata“, dann folgen meun „quaestiones“, hierauf neun
„subiecta“, und zuletzt ebensoviele ,,virtutes“ und ,,vitia“. Die Haupt
sache aber dabei liegt in den Buchstabem, welche oberhalb der einzelnen
Columnem stehem; denn jeder derselben soll alle jene Worte zugleich
bedeuten, welche in seiner ganzen Columme enthaltem sind, und es wird
auch ausdrücklich eingeschärft, dass man nicht eher in die Ars magna
eintreten dürfe, als man dieses Alphabetum vollständig „auswendig*
wisse *°). Der Leser sieht jetzt gewiss, dass wir hiemit das Gebiet eines
sinmlosen Treibens betretem haben; denn um selbst vom der Buchstaben
Spielerei abzusehem, was soll denn materiell die läppische Auswahl jener
neum Prädicate oder meum Subjecte u. s. f. bedeuten ? warum denn nicht
andere meum, oder warum denn nicht zehm u. s. w. ? Doch wir müssen
das Ganze geniessem.
Unmittelbar hierauf nemlich beginnt im zweiten Theile das Combi
nations-Spiel, welches auf der willkürlichsten Grundlage gewisser Momente,
welehe verschiedentlich combinirt werden sollen, den Hauptcharakter der
ganzen Technik ausmacht. Worerst folgt als „Figura A" die:
Figura praedicatorum absolutorum
d. h. die Verbindungslinien, welche von jedem der neun Begriffe zu den
je übrigen acht führen, zeigen am, dass im Ganzen 72 Urtheile (z. B.
bonitas est magna, magnitudo est durans u. s. f. u. s. f) gebildet
85) Ars magna et ult. p. 219: Hoc vero alphabetum cordetenus oportet scire;
quodsi non, artista minime poterit -uti ista arte sive ipsam practicare. Et est posi
ium hoc alphabetum in hac arte, ut per ipsum significentur principia et quaestiones
huius artis et ea quae in ipsis conlinentur. Ars brev. p. 1: Per unam litteram ha
bentem multa significala intellectus est magis generalis ad respiciendum. Vgl. De
aud. cabbal. p. 44.
XVIII. Raimundus Lullus. 159
werden sollem, worin Lullus eine Förderung. der Einsicht in die Um
kehrbarkeit der Urtheile und selbst ein Mittel zur inventio medii er
blickt *°).
Sogleich hierauf erscheint als „Figura T** die:
Figura praedicatorum relativorum
u--T-~_
`~_
inter
$. suale et sensu, se suale et intelleci, p. <£»
άellect. et intelle, p.
N s -
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3 3 §.
7. £ $. 3.
$- § §
§ § §.
Q.
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§* ^y § § §
«»* ^ § § §
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p. < § §
•» fm >. S* § S. »% …um? §§ J* §
'aer, -? § § § §
.§ §
.\.§
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*appad, „um? p4ws*',
*o/sqns suu0 in „w*
42, *vysqns Åuo*
^ ú
L
Durch dieselbe sollen die neum relativen Prädicate, und zwar je drei
derselben in einem Dreiecke unter sich verbunden, auf die ihnen zuge
86) Ars magna et ult. p. 220: Prima figura .... dicitur circularis, quia sub
iectum mutatur in praedicalum et e converso, ut cum dicitur ,,Bonitas magna, Magni
tudo bona“..... Per talem circulationem quidem poterit arlista cognoscere ea, quae
convertuntur, et ea, quae non convertunlur. Ars brev. p. 3: In ipsa figura inquirit
artista naturalem coniunclionem inter subiectum et praedicatum, dispositionem et pro
portionem, ut ad faciendum conclusionem p0ssit medium invenire ...... In principiis
istius figurae est, implicatum, quidquid est, nam quidquid est, aut est bonum aut
magnum etc. Vgl. De aud. cabbal. p. 45 ff. Ars invent. verit. p. 3 ff. Tab. gener.
p. 2. Brev. pract. tab. gener. p. 1. Lect. art. inv. p. 12.
160 XVIII. Raimundus Lullus.
hörigem Gebiete bezogen werden; nemlich differentia, concordantia, con
trarietas (in dem Ecken eines grünen Dreieckes untergebracht) sollem den
Dualismus zwischen sensus und intellectus zum Gegenstande haben, sowie
maioritas, aequalitas, minoritas (in den Ecken eines gelben Dreieckes)
dem Dualismus zwischen Substanz und accidens, hingegen principium,
medium, finis (in den Ecken eines rothen Dreieckes) vertheilen sich
einzeln auf ihre verschiedemen Modalitäten , welche in den betreffenden
Feldern des Kreises eingetragen sind *"). Ausserdem wird darauf
hingewiesen, dass man auch mit dieser zweiten Figur in der erstem
„agiren“, d. h. diese relativen Prädicate mit den absolutem verbinden
solle 88). -
Letzteres aber führt zur drittem Figur:
BC CD DE EF FG GH HI | IK ;
BD ICE DF EGFHIGI HK|
BETCFDGEHTFIGK|
BF [CG IDHIEI FK|
BG CHI DI EK|
BHICI DK|
BICK|
BK]
Dieselbe ist nemlich mur eine Schablone, welche zeigt, wie die absoluten
Prädicate und die relativen Prädicate paarweise zu Urtheilen verbundem
werden sollen, wobei man, wie Lullus meint, allmälig vom Allgemeinem
zum Speeiellem herabsteige und so auf die Frage geführt werde, durch
87) Ars magna et ult. p. 222: Secunda figura est de tribus triangulis..... Super
angulum differentiae scribuntur „Sensuale et Sensuale etc.“, et sic super angulis con
cordantiae et contrarietatis, ad significandum differentiam, quae est inter sensuale et
sensuale u. s. f...... Super angulum principii scripta sunt ,,Causa etc.“; per causam
principia substanlialia significantur; ..... per quantitatem et tempus significantur
principia accidentalia, sicut sunt novem praedicamenta. Super angulum medii scripta
sunt „Coniunctio etc.“ ad significandum tres species medii ..... Supra angulum finis
scripta sunt ,,Perfectionis etc.“ ad denotandum, quod sunt tres species finis ......
Supra angulum maioritatis et sic de angulis aequalitalis et minoritatis scripta sunt
„Substantia et subst. etc.“ ad significandum, quod una substantia est maior alia
u. s. f...... (p. 223) Triangulus viridis (in Salzinger's Ausgabe erscheinen diese
Figuren auch immer in sehr schönem farbigem Drucke), qui est de differentia, con
cordantia et contrarietate, est generalis ad omnia, nam quidquid est, aut est in
differentia aut concordantia aut contrarietate ..... Triangulus rubeus, qui est de prin
cipio, medio et fine, est generalis ad omnia, cum, quidquid sit, vel est in principio
vel medio vel fine ..... (p. 224) Per triangulum croceum intelligitur una maioritas
universalis, cui omnes aliae maioritates sunl subalternatae, ..... et hoc idem est de
aequalitate et etiam minorilale. Vgl. Ars brev. p. 4 ff. De aud. cabbal. p. 48 ff.
Ars invent. verit. p. 7 ff. Tab. gener. p. 3. Brev. pract. tab. gener. p. 2 A. Lect.
art. i
8np8.) pA.rs23fiagna et ult. p. 224: Secunda figura instrumentum est intellectus, cu'*
qu£ agit in prima figura, quoniam per differentiam #*, i',;gt;t,i.*;
fudi 3 Ἄ; . . . . et sic de aliis suo modo. 11enl J? -
nem et huiusm0di . . . ;. - - rè u. s. t. Vgl.
renl;a in essentia bonilatis per bonificantem, bonificalum et bonificare u
Ars brev. p. 6.
XVIII. Raimundus Lullus. - 161
welchem Mittelbegriff die Prädicate jener Urtheile mit ihren Subjecten zu
vermitteln seien *°).
Diess aber soll dann die vierte Figur leisten:
n*.\*
subrum
Denn es handelt sich dabei nur um eine Mechanisirung der Combination
der meum absolutem und der meum relativem Prädicate , indem bei der
Drehbarkeit der beidem immeren Kreise an jedem der neum Felder des
äusseren Kreises meum Felder des mittleren und wieder an jedem von
diesen die neum Felder des innerem Kreises vorbeispazieren können,
aber die Felder des mittleren Kreises als Mittelbegriffe von Schlüssen
fungiren sollen °°).
89) Ars magna et ult. p. 225: Tertia figura est composita ea, prima et secunda,
quae habet in se triginta seæ cameras.... Intentio, quare haec figura in hac arte
est posita, est ad significandum, ut cum un0 principio homo applicet vel associet
aliud principium..... Haec figura docet descendere de universali ad particulare gra
dalim. Ars brev. p. 7: In qualibet camera sunt duae litterae in ea contentae; ipsae
significant subiectum et praedicatum, in quibus artista inquirit medium, cum quo
subiectum et praedicatum coniunguntur. Vgl. De uud. cabbal. p. 53 f. Ars intent.
verit. p. 12 A. Tab. gener. p. 5 A. Brev. pract. tab. gen. p. 2 B. Lect. art.
inv. p. 43.
90) Ars brev. p. 9: Quarta figura habet tres circulos, quorum superior est im
mobilis, duo autem inferiores sunt mobiles, ut in figura patet (in Handschriften und
den oben erwähnten älteren Drucken ist meistens diese Beweglichkeit auch wirklich
hergestellt, indem die Mittelpunkte der aus anderem Papiere ausgeschnittenen
inneren Kreisflächen mit dem Mittelpunkte des äusseren Kreises durch einen Fadem
verbumden sind). Circulus medius volvitur sub circulo superiori immobili....., cir
culus autem inferior volvitur sub circulo medio..... Sic per media camerarum homo
PRANtl, Gesch. III. 11
' 162 XVIII. Raimundus Lullus.
Als dritter Theil folgen hierauf die Definitionem der achtzehn „prin
cipia“, d. h. eben der absolutem umd der relativem Prädicate ; dieselben
aber sind so überaus einfältig *''), dass sogar dem Lullus selbst eine
Ahnung hierüber aufgestiegen sein muss ; denn er findet sich zu der
Bemerkung veranlasst, dass mur Hunde-Zähne und Schlangen-Zungen seine
Definitionem tadeln könntem "*). Auch eine beigefügte Angabe über ver
schiedeme Artem des Definirens ist werthlos °°).
Nachdem so im Bisherigen die ersten zwei Quer-Reihen des obigen
Alphabetums ihre fruchtbare Berücksichtigung gefundem habem, kommt
mum vorläufig einmal die dritte zur Erörterumg, imdem die dortigen neum
(oder eigentlich zehn) Fragen unter dem eigenthümlichen Titel „Regulae“
den vierten Theil der lullischen Technik bilden *'*). Dass diese Fragen
als allumfassende und adäquate Gefässe uns über jedes erdenkliche Sein
und somit über das 0bject aller möglichen übrigen Fragen Aufschluss
ertheilen, wird mit marktschreierischer Emphase von Lullus verheissen°°).
Aber — „professus grandia turget“ — wir findem eine gar dürftige
Weisheit in der Behandlung jener (mit den Buchstaben des „Alphabe
tums“ bezeichneten) Fragen oder Regeln. Nemlich „utrum“ ist eigentlich
venatur necessarias conclusiones ..... Erunt CCLII camerae. Diese Zahl aber ist
falsch (s. unton Anm. 106 n. 112); denn es ergeben sich 9><9><9=729 Com
binationem. Gleichlautend mit Ars brev. erscheint dieses Capitel De aud. cabbul.
p. 54 f., hingegen in A s magna et ult. p. 226 f. ist die Erklärung der Figur sehr
nachlässig. Vgl. Ars invent. verit. p. 12 B. Tab. gener. p. 5 B. Brev. pract. tab.
gen. p. 3 A. Lect. art. inv. p. 109.
91) Ars magna et ult. p. 227: Ista tertia pars est de diffinitionibus principio
rum, ut est diffinitio bonitalis, quae est haec: Bonitas est ens, ratione cuius bonum
agit bonum. Et magnitudo est ens, ratione cuius : bonitas, duratio et reliqua sunt
magna .... Duratio est id, ratione cuius durant bonitas, magnitudo et cetera, und
so fort in diesem Stile auch bei den übrigen. Wörtlich ebenso Ars brev. p. 10,
u. De aud. cabbal. p. 57. - Vgl. Ars invent. verit. p. 3—12. Tab. gener. p. 6—14.
Brev. pract. tab. gen. p. 3 ff. In Lect. art. inv. erscheinen die ersten neum Defini
tionen hei der ersten Figur (p. 12—23) und die letzten neum bei der zweiten
Figur (p. 26—43).
92) Ars magna et ult. p. 229: Amplius aliquis forte habens dentem caminum et
linguam serpentinam principia nostra et eorum diffinitiones spernet et calumniabitur.
Ars autem vult, quod unum principium adiuvet aliud.
93) Ebend. p. 228: Diffinitio pluribus modis fieri potest, et omnes ad duos
modos reducuntur, et quilibet modus habet quatuor species. Primus quidem modus
est, quando fit per efficientem, potentiam, materiam et finem (s. Abschn. IV, Anm.
676)..... Secundus modus est, ut in regula 0 dicemus (s. Anm. 97)..... Sed ultra
artem est alius modus confusus, quando diffinitiones fiunt ad placitum sive per con
tingentiam ..... Amplius autem diffinitiones fiunt per compositionem, sc. quando unum
principium diffinitur cum alio, ut cum dicitur bonitas magna.
94) Diese ganze Partie findet sich ziemlich gleichlautemd in Ars brev. p. 11—14,
De aud. cabbal. p. 58—63, Tab. gener. p. 15—22, Brev. pract. tab. gen. p. 7 ff.,
Comp. lect. tab. gen. p. 9 ff., Lect. art. inv. p. 2—9, u. Ars magn. et ult. p. 229—251.
Ich führe nach letzterem Texte das Nöthigste in Kürze an.
95) Ars magna et ult. p. 229: Regulae sunt decem, sc. „utrum, quid etc.“, ut
in alphabeto iam signatum est (Anm. 85). Istae regulae sunt decem quaestiones gene
rales, per quas Omnes esse 0mne quaesitum, et qu0m0d0 id, de qu0 quaeritur, ponitur,
in ipsis est lucefactum. p. 250: Regulae sunt vasa ad omnia intelligibilia et propor
tionabiles intellectui humano. .
XVIII. Raimundus Lullus. 163
mur grammatisch gefasst**), „quid“ bezieht sich auf die Kategorie der
Substanz und soll die Lehre von der Definition in sich schliessen °?),
„de quo“ enthält die Causalität, welche in einem Stofflichen liegt *°),
,, quare“ soll sich auf Dasein und Thätigkeit beziehen *"), „ quan
tum“ 10°) und „quale“ 101) enthalten natürlich die betreffenden Kate
gorien, „quando“ soll die Modificationem der Substanz, des Stofflichen
s««
und des cum quo umfassen 1"*), sowie „ubi“ alle diese drei und
ausserdem noch das quomodo 10*); in „quomodo“ selbst werden die
Artem der Modalität 10*) und in „cum quo“ jeme der Instrumentalität zu
sammengefasst 10°).
Unmittelbar hierauf aber kehrt der fünfte Theil doch wieder zu dem
so eben verlassemen ersten zwei Quer- Reihen des Alphabetums und zu
den Figuren , welche denselben bis dahin gedient hatten , zurück. Es
wird memlich unter dem Titel ,, Tabula gemeralis“ ein Combinations
Spiel in 84 Columnen angereiht, deren erste zwei sich folgendermaassen
gestaltem :
96) Ebend. p. 240 (die Paginirung übersprimgt durch Druckfehler zehn Zahlen):
Regula de B est „utrum“ et est de possibilitate, utrum hoc, de quo quaeritur, sit
vel non sit ...... Ista quidem regula de B habet tres species, quae sunt: dubitatio,
affirmatio et negatio.
97) Ebend.: Regula de C est de quidditate, eo quod est subiectum et fons diffi
nitionum...... (p. 241) Ipsa quidem regula habet quatuor species. Prima est de
diffinitione et diffinito, quod cum ipsa diffinitione convertitur (vgl. folg. Abschn.,
Anm. 150).... Secunda species est, quando quaeritur de eo, quod habet in se essen
tialiter et naturaliter, sine qu0 ipsa res n0n p0test esse...... Tertia species est,
quando quaeritur, quid est res in alio ..... Quarta..., quando quaerilur, quid habet
res in alio.
98) Ebend. p. 242: Regula de D. Tertia quaestio est de materialitale et habet
tres species. Prima est, de qu0 res est .... Secunda species est, quando quaeritur,
de quo est aliquid factum sive constitutum..... Tertia species est, quando quaeritur
de aliquo, cuius est, sicut „cuius est regnum“.
99) Ebend. p. 244: Regula E. Quarta quaestio est de quare; quae duas habet
species. Una est per eæistentiam, alia vero est per agenliam.
100) Ebend.: De regula F. Quinta quaestio quaerit de quantitate; quae duas
habet species, sc. simplicem et compositam; ..... secundum compositionem quaeruntur
mensurationes entium et numerus eorum.
101) Ebend. p. 245: De regula G. Seacta quaestio quaerit de qualitate; quae
duas habet species, sc. propriam et appropriatam..... Propriae qualitates sunt causae
superiores, et appropriatae sunt inferiores.
102) Ebend. p. 246: De regula H. Septima regula quaerit de tempore et tot
habet species, quot habet secunda regula et tertia et nona et decima.
103) Ebend. p. 247: De regula I. 0ctava quaestio quaerit de l0c0 ..... et
ista regula quindecim habet species, quae sunt de secunda, tertia, n0ma et de
cima regula.
104) Ebend. p. 248: De regula modalitatis signata per K. Nona quaestio est
de modo, sc. quaerere, quomodo sunt res. Et habet quatuor species. Prima quaestio
est....., qu0m0d0 res est in se ..... Secunda, .... qu0m0d0 est in alio ..... Tertia,
..... qu0m0d0 est in partibus suis ..... Quarta, .... quomodo transmittit suam simili
tudinem eætra se.
105) Ebend. p. 249: De regula K, quae est de instrumentalitate (nemlich nach
obigem „Alphabet* gehören zum Buchstaben K zwei Fragewörter). Decima regula
est de instrumentalitate, h. e. quaerere, cum quo res sunt sive cum qu0 agunt. Et
habet quatuor species similes illis, quae sunt de regula modalitatis.
11*
164 XVIlI. Raimundus Lullus.
BCI) B0E
BCTB BCTB
BCTC BCTC
BCTI) BCTE
BDTB BETB Diesen beidem genau analog folgen noch 82
BDTC BETC Columnen für: BCF, BCG, BCH, BCI, BCK, BDE,
BDTD BETE BDF, BDG, BDH, BDI, BDK, BEF, BEG, BEH, BEI,
BTBC , BTBC BEK, BFG, BFH, BFI, BFK, BGH, BGI, BGK, BHI,
BTBD BTBE BHK, BIK, CDE, CDF, CDG, CDH, CDI, CDK, CEF,
BTCD BTCE CEG, CEH, CEI, CEK, CFG, CFH, CFI, CFK, CGH,
CDTB CETB CGI, CGK, CHI, CHK, CIK, DEF, DEG, DEH, DEI,
CDTC CETC DEK, DFG, DFH, DFI, DFK, DGH, DGI, DGK, DHI,
CDTD CETE DHK, DIK, EFG, EFH, EFI, EFK, EGH, EGI, EGK,
CTB0 CTB0 EHI, EHK, EIK, FGH, FGI, FGK, FHI, FHK, FIK,
CTBD CTBE GHI, GHK, GIK, HIK.
CTCD CTCE
DTB0 ETBC
DTBD ETBE
DTCD ETCE
TBCD TBCE
Sehem wir davon ab, dass die Combination mathematisch nicht er
schöpft ist !""), so erkennen wir sogleich, dass diese ganze Tabula gene
ralis, wie Lullus auch ausdrücklich bemerkt, nur durch. die vollzogene
Drehung der Kreise in obiger vierter Figur. (Anm. 90) entstandem ist,
und dabei der Buchstabe T (das Symbol der zweiten Figur) bloss die
Functiom hat, anzuzeigen, dass die in den Combinationem vor ihm stehen
dem Buchstaben mach der Bedeutung der ersten Figur und somit als ab
solute Prädicate zu verstehen sind, während die dem T machfolgemdem
Buchstaben in der Bedeutung der zweitem Figur, d. h. als relative Prä
dicate, genommen werden sollen 4""). Und wenn Lullus hierauf am der
106) Denn wenn z. B. bei BCD, welche drei Buchstabem sich ternarisch 27 mal
combiniren lassen, wohl die Combinationen BBC, BBD, BCC, BDD, DBD, CCD, CDC,
CDD ohne Rücksicht auf die Wiederholungen aufgenommen sind, wersteht sich wom
selbst, dass auch. DBB, DCC, DDB, DDC, CBB, CCB nicht fehlen durften. Hingegen
wieder ist es eine planlose Wervielfältigung, wenn BCB und BCC in sämmtlichen
ersten fünf Columnem wiederkehren. Kurz es fehlt an einem mathematischen Prin
cipe des Combinations-Werfahrens. Das Richtige wäre, dass es 9 X 9 X 9 = 729
ternarische Combinationem der neun Buchstabem gibt (s. ob. Anm. 90), und da bei
jeder derselben das hier eingeschobene T eine vierfache Stellung haben kann, so
ergäben sich nicht 20 X 84 = 1680, sondern 4X 729 = 2916 Combinationem für
das in der Tabula generalis eingeschlagene Werfahren.
107) Ars magna et ult. p. 258: Tabula ista composita est eæ LXXXIV columnis,
et est subiectum sive instrumentum, in quo investigantur soluliones quaestionum re
cipiendo ad pr0p0silum, affirmando vel negando, concordando principia et regulas et
evitando eorum contrarietatem. Significat autem T in tabula, quod litterae, quae sunt
ante ipsum, principia sunt de prima figura, et litterae, quae sunt post ipsum, sunt
de secunda; sicut in camera BCTB, in qua B praecedens T dicit bonitatem et C
magnitudinem et B post T dicit differentiam. Investigalio autem, quae fit in tabula,
est in altiore gradu significationis veritatum, quam illa, quae fit in figuris. Tabula
ver0 a quarta figura derivata est volvendo circulum secundum et tertium, ut in ipsa
tabula apparet (s. ob. Anm. 90) usque ad LXXXIV columnas, in qua revolutione con
XVIII. Raimumdus Lullus. 165
ersten Columne beispielsweise zeigt, wie in Folge der Combination in
jeder der 84 Columnen zwanzig „Fragen“ sich ergeben, welche den
manigfaltigen Nexus der absolutem und der relativem Prädicate betreffen 108),
so dürfte hiedurch zur Genüge ersichtlich sein, welch zweckloses und
läppisches Treiben uns die Ars magna Zumuthe, denn wir müssen doch
immer im Auge behaltem, dass sowohl die ursprüngliche Auswahl der
neum absolutem Prädicate und nicht weniger die der relativen schlechter.
dings blind und willkürlich ist, als auch dass das mechanische Combi
nations-Verfahren dem logischen Werstand noch lange nicht der Priifung
überhebt, ob denn jede der einzelnen Combinationen überhaupt einen
denkbaren Sinn enthalten könne. Lullus hingegen, welcher auch ander.
wärts die wechselseitigen Beziehungen der absolutem und relativen Prä
dicate als „conditiones principiorum“ erörterte und hiedurch der „in
ventio“ diemen wollte 1"°), war der sicheren Ueberzeugung, dass durch
sislit ligamen columnarum...... Et sic in qualibet columna sunt omnes columnae
implicatae, ratione cuius implicationis quaelibet columna est coadiuvativa alterius.
Ad quamlibet solutionem unius quaestionis possunt applicari , omnes significationes
omnium , quaeslionum abstractarum et manuductarum ad ipsam quaestionem. In der
Ars brev. p. 14 und ebenso De aud. cabbal. p. 63 werden nnr die erstem sieben
Columnen zum Muster angeführt. Aber sämmtliche 84 sind am deutlichstem ge
druckt bei Salzinger (Vol. V) als Einleitung zur Tabula generis; vgl. ebend. p. 22.
108) Ars magna et ult. p. 258: In qualibet columna sunt viginti quaestiones
per ordinem. Et de hoc dabimus eaeemplum in prima columna, quae est BCD, prae
dicando primo de bonitate, deinde de magnitudine, postmodum de aeternitate, et hoc
sic: Prima est, utrum bonitas sit intantum magna, quod sit aeterna? Secunda, utrum
sit aliqua bonitas intantum magna, quod continet in se res differentes? Tertia, utrum
bonitas sit intantum magna, quod continet in se res concordantes? Quarta, utrum bo
nitas continens in se res contrarias sit magna ? Quinta, utrum bonitas aeterna sit
differens? 6) utrum bonitas aeterna, sit concordans ? 7) utrum bonitas aeterna habeat
in se contrarietalem? 8) utrum bonitas in se contineat differentiam et concordantiam?
9) utrum bonitus contineat in se differentiam et contrarietatem? 10) utrum bonitas
in se contineal concordantiam et contrarietatem? 11) quid est magna differentia aeter
nitatis? 12) quid est magna et aeterna concordantia? 13) quid est magna et aeterna
contrarietas? 14) quid est magna differentia et concordantia? 15) quid est magna
differentia et contrarietas ? 16) quid est magna concordantia et contrarietas? 17) diffe
rentia concordantiae aeternitatis de quo est? 18) differenlia aeternitatis de quo est?
19) concordantia contrarietatis et aeternitatis de quo est? 20) differentia concordantiae
et contrarietatis de quo est? Hierauf num folgt (p. 259—267) allen Ernstes die Er
δrterung dieser zwanzig Fragen. Hat vielleicht der Leser Lust, sämmtliche 1680
Fragen zu stellen ? Auch damit aber wäre die „ars“ des Lullus noch nicht befrie
digt; denn er fährt hierauf p. 267 fort: Et quaestiones, quas fecimus de columna,
sunt generales, et possunt applicari ad quaestiones parliculares descendendo per scalas
trianguli viridis (s. ob. Anm. 87), per quas intellectus est discursivus faciendo scien
tias differentes. Et ad hoc damus eaeemplum in eadem columna ad solvendum quae
stiones per viginti rationes differentes ratione dictarum camerarum, a quibus eaetra
huntur: „Utrum mundus sit aeternus“, — eine Frage, zu deren Werneinung nun
(p. 267—278) die zwanzig „Kammern** der ersten Columne aufgeboten werden.
Vgl. Comp. lect. tab. gen. p. 4 ff.
109) Ars invent. verit. p. 13—36, woselbst unter dem Titel ,,Conditiones prin
cipiorum“ die achtzehn Principien derartig ternarisch in fallender Progression com
binirt werden, dass sich im Ganzen 833 Urtheile ergeben. Hingegen in Lect. art.
inp. p. 59—109 wird eine paarweise Combination der achtzehn Begriffe nnter dem
Titel „Inventio* höchst ausführlich erörtert. Eben duhin gehört auch die noch un
gedruckte Schrift De affirmatione et negatione (Cod. lat. Mon. 10517, f. 11 B— 16 A),
166 XVIIl. Raimundus Lullus.
diese Combinationem und das damit verbundene Auf- und Absteigen der
Begriffe wesentlich die inventio medii gefördert werde 11°).
Als sechster Theil folgt hierauf Evacuatio tertiae figurae, d. h.
Lullus fordert, dass für jede der 36 „Kammern* der drittem Figur (Amm.
89) vorerst durch ein Combinations- und Umkehrungs-Spiel 12 Urtheile
formirt und diese dann durch einen erkünstelten allgemeinem Mittel
begriff gestützt werdem sollen, worauf dann 24 Fragen zu beantworten
seien, da bei jedem jener Urtheile sowohl utrum als auch quid gefragt
werden müsse, sowie ausserdem die obigen Definitionem und aus der
zweiten Figur die Momente der differentia und concordantia und obige
Modalitäten des utrum und des quid berücksichtigt werden sollen. So,
meint Lullus, werde die dritte Figur nach ihrem vollem Inhalte ausge
beulet (— evacuare —) und der Intellectus in Bezug auf applicatio,
inventio, disputatio, solutio quaestionum gefördert 44').
Den siebenten Theil bildet Multiplicatio quartae figurae, welche
wieder nur auf die Tabula generalis zurückgreift, insoferne die einzige
welche mit der Lehre vom Urtheile Nichts zu schaffen hat, sondern die Werbin
dungen jener nemlichen achtzehn Principien bejahend und verneinend erörtert.
110) Ars magna et ult. p. 278: Apparet, per quem modum intellectus habet ge
nerale subiectum, sc. tabulam huius artis ad inveniendum media, de quacunque materia
sint (posito, quod sciatur, quod dicitur per nomen), de quibus et cum quibus mediis
sit conclusio, quae quidem media sunt subiectum huius artis. De aud. cabb. p. 63:
Intellectus efficitur assertivus et ascensivus et descensivus in illis figuris et per illas
figuras, sc. A et T; procedit namque intellectus in eis a generalissimo ad specia
lissimum. Vgl. Ars brev. p. 14. Ars invent. verit. p. 2 B.
111) Ars magna et ult. p. 278 ff.: Tertia figura est divisa in XXXVI cameras,
ut in ipsa patet, et in qualibet camera sunt implicatae XII propositiones et XXIV
quaestiones et solutiones earum. Et vocamus evacuare, quando- eaetrahimus propo
sitiones et quaestiones et solutiones earum et de implicatione ad eaplicationem ipsam
deducimus doctrinam ...... In camera faciemus propositiones mutando subiectum in
praedicatum, deinde faciemus quaestiones ..... et postmodum solutiones faciemus pro
bando ..... Intellectus evacuat cameras e0, quia abstrahit ab ipsis tantum quantum
p0test ...... Et sic ipse intellectus facit se applicalivum, investigativum et inventi
t/u? . . . . . De camera B0 intellectus haurit XII propositiones dicendo sic: Bonitas est
magna. Bonitas est differens. Bonitas est concordans. Magnitudo est bona. Magni
tudo est differens. Magnitudo est concordans. Differentia est bona. Differentia est
magna. Differentia est concordans. Concordantia est bona. Concordantia est magna.
Concordantia est differens..... Deinde evacuet eam duodecim mediis eo, quod con
sistit inter subiectum et praedicatum, cum quibus conveniunt genere aut specie. Et
cum illis mediis intellectus faciet se disputativum et determinativum. Et ista media
eaetrahuntur, ut cum dicitur: „0mne id, quod magnificatur a magnitudine, est magnum;
sed bonitas est id, quod magnificatur a magnitudine; ergo bonitas est magnum“.....
Facta ista evacuatione intellectus evacuet ipsam cameram XXIV quaestionibus, quia in
qualibet propositione sunt duae quaestiones implicatae; et hoc sic: ,,Bonitas est magna.
Utrum bonitas sit magna? Quid est bonitas magna?“...... Deinde intellectus evacuet
cameram cum diffinitionibus bonitatis etc. (Anm. 91) et cum tribus speciebus diffe
rentiae et concordantiae, ut patet in secunda figura (Amm. 87). Deinceps evacuet ca
meram cum tribus speciebus regulae B (Anm. 96) et cum quatuor speciebus regulae 0
(Anm. 97). Et eæpedita ista evacuatione intellectus postmodum solvat quaestiones
praedictas ...... sequendo conditiones camerae affirmando aut negando. Et sic in
tellectus eaepellit a camera dubitationes et consistit in illa quietatus et etiam cognoscit
se valde generalem et artificiatum et de magna scientia habituulum. So werdem
dann (p. 280—300) in grösster Ausführlichkeit sämmtliche 36 Kammern discutirt.
Vgl. Ars brev. p. 15. De aud. cabb. p. 64. Brev. praet. tab. gen. p. 38.
XVIII. Raimundus Lullus. 167
neue Erwägung darin besteht, dass in dem ternarischen Combinationen
(z. B. BCD) jeder der drei Buchstaben je zu den zwei übrigen in irgend
einem Verhältnisse (conditio) stehe, so dass sich bei jeder Combination
zunächst sechs conditiones ergeben, deren Zahl sich aber verdoppelt,
sobald in der vierten Figur der immere Kreis um ein Feld gedreht wird;
und wenn dann je an die drei combinirtem Begriffe sich eine Frage an
knüpft, so erblickt Lullus in dieser ganzen Procedur abermals ein för
derliches Mittel für inventio und aber auch für jedes Beweisverfahren 11°).
Nemlich da die inventio medii immer sich durch dem mittleren Kreis
der vierten Figur (s. Anm. 90) ergebe 11°), meint er, dass nun hiemit
die probatio in all ihren Arten bewerkstelligt werde ''*), und der Kenner
der Ars magna weit über alle Sophistik triumphirend erhaben sei ''°),
deren Wernichtung sich nun von selbst ergebe ''"). Kurz diese Erwei
terung der vierten Figur gilt dem Lullus als der umfassendste Schlüssel
aller Wissenschaften ''') und als eine Ausgleichung, welche der Intellectus
112) Ars brev. p. 16: Multiplicatio quartae figurae consistit in hoc videlicet,
quod prima camera BCD in quarta figura significat, quod B unam conditionem habet
cum 0 et aliam cum D, et C unam conditionem habet cum B et aliam cum I), et D
unam conditionem habet cum B et aliam cum C. Et sic sunt in ipsa camera sea
conditiones, cum quibus intellectus se conditionat et disponit ad investigandum et
inveniendum et obiiciendum et probandum et determinandum. Post istas seae con
ditiones intellectus acquirit alias seæ conditiones volvendo circulum minorem, p0nendo
suum E sub C circuli mediocris, sub quo erat suum D. Et quia mutata est camera,
ideo mutantur eius conditiones, et sic intellectus habituat se XV (s. sogleich) con
ditionibus. Et sie per alias cameras multiplicando columnas et volvendo illas. Con
ditiones, quas intellectus multiplicat per istum modum, sunt difficiles ad enumerandum,
nam de qualibet camera potest intelleclus sic evacuare XXX prop0sitiones et X0
quaestiones. Jedoch alle diese Zahlen sind unrichtig; theilweise besser lesen wir
de aud. cabb. p. 67: volvendo rotulam min0rem ..... faclae sunt aliae seae conditio
n€8, . . . . . . et hoc modo volvendo intellectus multiplicat de un0 quoque spatiolo XII
propositiones , et XXIV quaestiones. Wenn aber hinwiederum ebend. p. 66 gesagt
ist „multiplicantur enlia per spatiola quartae figurae ad numerum CCLII“, so stimmt
allerdings dieser Calcul mit der Erwägung überein, dass in der Tabula generalis
(Anm. 106 f.) je in dem ersten Kammern der ersten sieben Columnen BC sieben
Combinationem eingeht, und sonach für BC 7 X 12 = 84 ,,conditiones“ entstehen,
bei deren jeder im Hinblicke auf die drei combinirtem Buchstaben drei Fragen, also
im Ganzen 3 X 84 = 252 Fragem erwachsen. Aber nach der Drehungs-0peration,
welche in der wierten Figur vorgenommen werden soll, ist überhaupt dieser ganze
Calcul unrichtig (s. Anm. 90 u. 106). In Wahrheit sind es ja 729 Combinationem,
und insoferne derem jede sechs conditiones erhalten mag und zu jeder conditio drei*
Fragen gehören, gewinnen wir 18)X 729 = 13122 Fragen.
113) Ars magna et ult. p. 301: Cum arlista vult medium, semper investigat in
medio circulo. Nam sicut animali competit, stare mensurative et coniunctive inter
substantiam et hominem, quando concluditur, quod homo est substantia, sic littera,
quae est in medio circulo, debet stare inter litteram eæistentem in superiori circulo
et litteram, quae est in inferiori.
114) Ebend. p. 304: Probatio est genus, et suae species sunt per „demonstra
tionem propter quid“ et per „demonstrationem aequiparantiae“ et per ,,qu0d* divisae.
S. ob. Anm. 56 ff.
115) Ars brev. p. 16 f.: In illo passu c0gn0scit se intellectus valde generalem
et artificiatum supra alium intellectum ignorantem istam artem ..... et sic sophista
coram tali intellectu n0n p0test stare. Ebens0 De aud. cabb. p. 67,
116) Ars magna et ult. p. 305—313. (Ein Excerpt aus den Soph. Elenchi).
117) Ebend. p. 313: Per quartam figuram verius, quam per alius datur modus,
qu0 aliae scientiae possunt faciliter et breviter acquiri, sicut theologia, philosophia
168 * XVIII. Raimundus Lullus.
mittelst seiner ihm „angeborenen“ Principien mit dem gesammten ob
jectiven Gegenstande des Wissens überhaupt finde 14°).
Trotzdem aber sind wir mit dieser Technik noch nicht zu Ende,
sondern es folgt als achter Theil die Miaetio principiorum et regularum,
wobei noch einmal die „Principien* (d. h. die absolutem und die relativem
Prädicate), um welche sich schon alles Bisherige gedreht hatte, den Ge
genstand bilden; dieselben sollen nemlich nun sowohl wieder unter sich
derartig zu Urtheilen verbunden werden, dass jedes durch die übrigen
siebzelin eine nähere Bestimmung findet, als auch sollem nun an die ein
zelnen achtzehn Begriffe sämmtliche obige Fragem (d. h. „Regeln*, s. Anm.
94 ff.) angelegt werden 11°).
Und nun erst kommt noch der übrige Theil des Alphabetums (Anm.
85), welcher bisher noch keine Rolle gespielt hatte, zur Betrachtung,
indem der neunte Theil die dortigen „novem subiecta“ erörtert, bei
welchen als allgemeine Gesichtspunkte ihre Definition , ihre Unterschiede
und ihr Uebereinstimmen, sowie ihre Gradabstufung bezeichnet werden 1°°).
Sämmtliche neum Subjecte , ausserhalb derem, wie sich Lullus einbildet,
es überhaupt Nichts gibt, sollen ihrerseits num wieder durch die achtzehn
Principien und die zehn Fragen hindurchgeführt werden'?'). Won dem
meunten derselben aber, d. h. von instrumentum, gewinnt Lullus einen
etc., et hoc inveniendo medium non eæistens generalissimum neque specialissimum.
Ratio huius est, quod ista scienlia habet principia generalissima et etiam regulas gene
ralissimas , aliae vero scientiae habent subalternata principia, et sic medium earum
est imperfectum sine ista scientia.
118) De aud. cabb. p. 64: Finis quaesitus in hac methodo non est nisi docere
modum, cum quo adaequatur intellectus humanus cum re inlellecta de unoquoque
scibili ; ..... et hoc fit per evacuationem tertiae figurae et cum multiplicatione quartae
figurae. Lib. correl. innat. f. 50 A: Subiectum huius artis est innata pluralitas pri
mitiva vera et necessaria, d. h. eben die achtzehn ,,Principien“.
119) Ars magna et ult. p. 315: De miaetione principiorum et regularum. Pars
ista in duas partes dividitur, sc. in miaclionem principiorum deductorum uno deducto
cum alio, secunda pars est de principiis deductis per regulas. Datur doctrina, quo
modo unum principium cognoscatur per alia deducendo ipsum per ipsa principia et
per omnes species regularum ..... Et ista miactio est centrum et subieclum huius artis.
Hierauf werden in der That vorerst (p. 316—340) die achtzehn ,,Principien* je
einzeln in Beziehung zu den übrigen siebzehn gebracht, und sodann (p. 340—375)
wieder jedes derselben am den zehn obigen Fragen gemessen. Vgl. Ars brev. p. 17.
De aud. cabb. p. 67 ff. Brev. pract. tab. gener. p. 37 ff. Comp. lect. tab. gen.
p. 1 B.
120) Ars brev. p. 17: Ponuntur novem subiecta in alphabeto significata, in
quibus cadit, quidquid est, et eaetra ipsa nihil est ...... (p. 18) Tractatus istorum
subiectorum consideramus cum quatuor conditionibus ..... Prima conditio haec est,
ut quodlibet subiectum habeat suam diffinitionem..... Secunda conditio est, quod in
iudicio sive in practica conservetur differentia subiectorum ..... Tertia conditio est,
quod concordantia, quae est inter unum subiectum et aliud subiectum, non destruatur
- - - - - - Quarta est, quod, secundum quod unum subiectum est nobilius et altius, ei
attribuantur alliora et nobiliora principia. Ebenso De aud. cabb. p. 70 fr.
121) Ars magn. et ult. p. 375: Quoniam in novem subiectis omne, quod est,
implicatur et eaetra nihil est, idcirco volumus ponere ipsa in hac arte, ut cum ipsis
ars sit generalis, eo quod sunt generalia ad omnia. Et ideo discurrendo praedicta
subiecta per principia huius artis et regulas de ipsis subiectis notitiam habere po
terimus u. s. f. Diess geschieht nnn mit den ersten acht unter jenen neum Subjecten
(p. 376—443), indem jedesmal zuerst die „principia“ und dann die „regulae* zur
Erörterung verwendet werden. -
XVIII. Raimundus Lullus. 169
etwas halsbrecherischen Uebergang zu den Ietzten zwei Quer-Reihen des
Alphabetums, nemlich zu den meun Tugenden und neun Lastern, deren
Erörterung ich ohne Neid der Geschichte der Ethik überlasse 123). Uebri.
gens glaubt Lullus auch hiedurch wieder Erspriessliches für die inventio
nmedii geleistet zu habem 128).
Was hierauf noch folgt, gehört eigentlich schon mehr der Praxis
dieser Technik an. Nemlich den Zehnten Theil bildet unter dem Titel
„Applicatio“ die ausführliche Hinweisung darauf, dass zur Werdeutlichung
die Subjecte auf ihre Prädicate und die abstracten Substantiv-Formen auf
ihre Adjectiva angewendet werden sollen, sowie dass überall stets der
gesammte Inhalt der vorhergegangenen neum Theile der Ars magna zur
Ausübung kommen soll, wozu jedoch nun noch zwei neue Bestandtheile
hinzutreten '**). Zunächst nemlich reihen sich „Centum formae“ an,
d. h. hundert Begriffe, welche aus sehr versehiedemen Disciplinen (auch
122) Ebend. p. 443: De nono subiecto, quod est de instrumentalitate. Nonum
subiectum est de artificio et habet tres species. Prima est de moralibus, secunda de
arlibus liberalibus, tertia de mechanicis. De prima, sc. de moralibus hic tractabimus
n. s. f., und es folgem hiemit (p. 443—487) in gleicher Durchführung durch die
Principien und durch die Regeln vorerst die neun Tugenden und damn die neun
Laster. Hingegem Ars brev. p. 23: Istud subiectum est de inslrumenlalitate et con
sideratur duobus modis, sc. naturaliler..... et moraliter ..... Instrumenlum quidem
naturale potest cognosci deducendo ipsum per principia et regulas ..... Similiter et
instrumentum morale ... ... ; talem autem deductionem dimittimus intellectui bene in
tuenti, et si intellectus artistae deficit in tali deductione, recurrat ad artem magnam,
in qua largius tractamus de moralibus. Somit besteht hier ein anderes Eintheilungs
Motiv der inslrumenta, als in der Ars magna; aber das rasche Umspringen zu den
moralia ist beiden Redactionen gemeinsam.
123) Die Erörterung dieser novem subiecta bildet nemlich auch den ausschliess
lichem Inha!t. der kleinen Schrift De conversione subiecti et praedicati, und dort
lesen wir p. 166: Subiectum huius libri est medium, per quod investigamus conver
sionem subiecti et praedicati. p. 167: Si intellectus invenit medium substantiale inter
subiectum et praedicatum, c0gn0scit, quod eae tali medio fiat demonstralio; et sic non
fiet syllogismus opinativus. -
124) Ars brev. p. 24 f.: Applicatio dividitur in tres parles. Prima est, quando
applicatur implicitum ad eaeplicitum ; secunda est, quando applicatur abstractum ad
coneretum; tertia est, quando applicatur quaestio ad loca huius artis. De prima
parte sic dicemus : Si termini quaestionis sunt impliciti, applicentur ad terminos huius
artis eæplicitos, sicut, quando quaeritur, utrum deus sit, aut utrum angeli sint,
applicentur ad bonitatem, magnitudinem etc. ..... De secunda parte sic dicendum est :
Si termini quaestionis sunt abstracti, applicentur ad suos terminos concretos, sicut
bonitas ad bonum etc., et videatur, quomodo se habent terminus abstractus et com
cretus discurrendo per principia et regulas. Tertia pars, quue est de applicatione ad
loca, dividitur in XIII partes, quae sunt hae : Prima figura, Secunda figura, Tertia
figura, Quarta figura, Diffinitiones, Regulae, Tabula, Evacuatio tertiae figurae, Multi
plicatio quartae figurae, Miaetio principiorum et regularum, Novem subiecta, Centum
formae, Quaestiones. Diese terlia pars ist in De aud. cabb. p. 79 folgendermaassem
in novem species eingetheilt: Prima fig., Sec. fig., Tert. fig., Qu. fig., Miaetio princ.
et reg., Regulae, Novem subiecta, Quidditas centum formarum, Quaestiones. Hingegen
Ars magn. et ult. p. 488 stimmt mit Ars brev. überein, nur werden dort ohne
Ober- und Unter-Abtheilung sofort fünfzehn partes der applicatio gezählt (d. h.
1. implic. ad eaeplic., 2. abstr. ad concr., 3. Prima figura, 4. See. fig. u. s. f.).
Die ersten dreizehn derselben enthalten nun dort (p. 488—496) nur eine ,,practische*
Recapitulation desjenigen, was über die einzelnen Theile schon im 0bigen ent
wickelt worden war. Vgl. Comp. lect. tab. gen. p. 2 B. In Lect. art. inv. p. 109—133
wird nur über implicite und eæplicite gehandelt.
170 XVIII. Raimundus Lullus.
aus der Logik selbst, z. B. die Kategorien) entnommen und in möglichst
dummer Weise definirt und hierauf näher erläutert werden 1°°). Uebri
gens sind dabei auch diejenigen , welche der Logik angehören, durch
aus nicht im Sinne der Logik, sondern nur im Stile der Ars magna
besprochen 139).
Sodann aber sind es (als elfter Theil) Quaestiones, welche einer
seits abermals den vorhergegangenem Inhalt recapituliren und andrerseits
materiell auf das Gebiet der Theologie hinüberweisen 1*").
125) Ars magna et ult. p. 496: Vocamus quidem centum formas, nam in abs
tracto ipsas quidem si consideramus, aliquae erunt generalissimae, aliquae erunt
subalternae; et cuilibet formae assignamus suum concretum, ut quaelibet forma in
tellectui magis elucescat, u. s. f. Und nun werden (p. 496—562) in ziemlich plan
loser 0rdnung folgende hundert Begriffe definirt und erörtert: Entitas, Essenlia,
Unitas, Pluralilas, Natura, Genus, Species, Individuitas, Proprielas, Simplicitas, 00m
positio, Forma, Materia, Substantia, Accidens, Quantitas, Qualitas, Relatio, Actio,
Passio, Habitus, Situs, Tempus, Locus, Motus, Immobilitas, Instinctus, Appetitus,
Attractio, Receptio, Phantasma, Plenitudo, Diffusio, Digestio, Expulsio, Significatio,
Pulchritudo, Novitas, Idea, Mathematica, Ens in potentia, Punctuitas, Linea, Trian
gulus, Quadrangulus, Circulus, Corpus, Figura, Generales rectitudines, Monstruitas,
Derivatio, Umbra, Speculum, Color, Proportio, Dispositio, Creatio, Praedestinati0,
Misericordia, Necessitas, Fortuna, 0rdinatio, Consilium, Gratia, Perfectio, Declaratio,
Transsubstantiatio, Alteratio, Infinitas, Deceptio, Honor, Capacitas, Existentia, Com
prehensio, Inventio, Similitudo, Antecedens, Potentia, Generatio, Theologia, Philosophia,
Geometria, Astronomia, Arithmetica, Musica, Rhetorica, Logica, Grammatica, Moralitas,
Polilica, Jus, Medicina, Regimen, Militia, Mercatura, Navigatio, Conscientia, Praedi
catio, 0ratio, Memoria. Vgl. Ars brev. p. 25 ff. Hingegen De aud. cabb. p. 80 ff.
fehlen hievon: Proprietas bis Materia, dann Immobilitas, Phantasma, Ens in potentia,
Derivatio, und sämmtliche von Speculum an bis Memoria, mur Necessitas und Potentia
ausgenommen; neu aber kommen dort hinzu: Initium, lndivisum, Elementivum,
Idem, Simile, Primum, Perfectum, Finitum, Totum, Deminutum, Persona, Hoc, Aliud,
Sustentans, Agens, Aclu praeditum, Vacuum, Alteratio, Antiquitas, so dass dort es
nur 64 Definitionem sind. Vgl. Brev. pract. tab. gener. p. 14—35. Hingegen eine
sehr abweichende Zusammenstellung s. untem Anm. 163.
126) Z. B. Ars m. et ult. p. 500: Individuitas est diffinibilis per primam speciem
regulae 0, nam sicut bonitas est ratio bono, qu0d agat bonum, sic individuitas est
ratio individuo, quod producat individuum, et sicut individuitas est bona per boni
tatem, sic bonitas individuata est per individuitatem.
127) Ars brev. p. 29: De quaestionibus. Haec pars dividitur in XII partes seu
loca disposita et proportionata ad quaestiones secundum materiae diversitatem, eæ
qua sunt ...... Videlicet : Prima figura, Secunda figura, Tertia figura, Quarta figura,
Diffinitiones, Regulae, Tabula, Evacuatio tertiae figurae, Multiplicatio quartae figurae,
Miaetio principiorum et regularum, Novem subiecta, Centum formae. Die ersten sechs
Gegenstände sind nur in Ars brevis (p. 30—33) bebandelt. Die Ars magna et ult.
beginnt erst mit den Fragen über Tabula generalis und erörtert (p. 563—582) zur
Probe die ersten acht ,,Kammern“ der ersten Columme, lässt dann in Kürze (p.
582—584) die nächsten drei Gruppen folgen, um hierauf in grosser Ausführlichkeit
(p. 584—599) die Fragen über die novem subiecta folgen zu lassen, wobei wieder
wie oben (Amm. 122) von „Instrumentum“ auf die Tugenden und Laster überge
gangen wird, deren Erörterung (p. 599—625) gleichfalls sehr gedehnt ist. Dann
folgen die Fragen über applicatio (p. 626—630) ganz im Anschlusse an obige
Theorie derselben (Amm. 124), so dass schliesslich die Fragen über die centum
formae sich anreihen, in welchen (p. 630—661) der ganze obige lnhalt in Frage
Form recapitulirt wird. In De aud. cabb. beginnt dieser Abschnitt (p. 101) erst
mit den novem subiecta, auf welche damn (p. 107 — 110) noch in Kürze die ersten
14 der centum formae folgem. In Tab. gener. p. 23—75 werden die Fragen von
„Prima figura* bis „Tabula* durchgeführt, und der Rest (p. 55—75) als „Quaestiones
per alias quaestiones“ erledigt. In Ars inv. ver. p. 66—204 u. Lect. art. inv. p.
XVIII. Raimundus Lullus. 171
Endlich den Schluss bildem zwei kurze Abschmitte, deren einer die
habituatio, d. h. die Angewöhnung der Technik 1**), der andere aber
das Werhalten des Lehrers betrifft 1*°), woran etwa auch noch die
Disputirkunst geknüpft werden konnte '*"). Ergötzlich aber ist es, wie
Lullus betreffs der Lernenden drei Gradabstufungen des Talentes mach
der Geschwindigkeit abmisst, mit welcher man sich die ganze Technik
aneigne 131).
Jene beiden Schriftem des Lullus, welche die specielle Aufgabe haben,
zu lehren, in welcher Weise die Technik praktisch angewendet werden
soll (s. Anm. 16), musste ich allerdings schon im 0bigen mehrfach durch
Bezeichnung betreffender Parallelstellen berücksichtigen; denn nicht bloss
die vier Figuren und die Definitionen und Erklärungen der absoluten und
der relativen Prädicate schliessem sich dort der übrigen Behandlung der
Ars magna fast gleichlautend an (s. Anm. 86, 87, 89—91, 94, auch
bes. 109), sondern auch da, wo uns schon im Bisherigen die Praxis der
Technik begegnete, finden wir im Wesentlichen Uebereinstimmung (s. Anm.
124 u. 127 f.). Aber das Eine, was hier neu hinzukommt und zugleich
durchaus ein Mittelglied zwischen der Technik selbst und der bereits (auf
Theologie) angewendeten Technik repräsentirt, darf ich eben darum nicht
unerwähnt lassem.
Nemlich nach den vier Figuren folgt hier 1**) ein „Alphabetum“,
welches im Vergleiche mit dem obigen (Amm. 85) sehr modificirt ist.
Wohl sind die ersten beidem Columnen (mit dem neum Buchstabem B—K
bezeichnet) identisch mit den ersten beidem Quer- Reihen des obigen
Alphabetes, aber die dritte Columme besteht aus neun „Regulae“ und die
vierte aus neun theologischen oder naturphilosophischen Quaestiones. Und
was nun jeme „Regulae" betrifft, so enthalten dieselben etwas ganz An
deres als dasjenige, was oben (Anm. 94 ff.) so genannt worden war.
Denn wenn auch allenfalls die Regel über suppositio uns an das dortige
134—311 sind es neum Fragen, welche lediglich der Theologie angehören, aber in
peinlichster Ausführlichkeit auftreten, und in letzterer Schrift folgen dort noch (p.
311—358) Mille minutae quaestiones aus dem Gebiete der Theologie (es sind jedoch
in Folge des Zustandes der Handschrift mur 912).
128) Ars magna et ult. p. 662: Habituatio dividitur in tres parles. Quarum
prima est de tribus partibus, in quas haec ars dividitur, et illas arlista habituare
debet..... Secunda pars est, quod habituet modum et processum huius artis .....
Tertia pars est, quod ipse habeat modum multiplicandi quaestiones et solutiones.
Ebenso Ars brev. p. 42. Vgl. Tab. gener. p. 75. Ars inv. ver. p. 204 ff.
129) Ars m. et ult. p. 662: Doctrina dividitur in quatuor parles. Quarum prima
est, ut artista bene sciat ...... cordetenus. Secunda, quod ipse declaret bene teactum
scholaribus..... Tertia, quod ipse faciat quaestiones coram scholaribus et solvat eas.
- - - - - - Quarta, quod faciat scholaribus quaestiones, ut ipsi de illis respondeant.
Ebenso Ars brev. a. a. 0. Wgl. Brev. pract. tab. gen. p. 11 ff.
130) Brev. pract. tab. gen. p. 39 f. werden Regeln über disputatio und p. 40 ff.
über declaratio teactus gegeben.
131) Ars m. et ult. p. 663: Homo habens optimum intellectum et fundatum in
logica et in naturalibus et diligentiam poterit istam scientiam scire duobus mensibus,
uno mense pro theorica et altero mense pro practica. Homo habens intellectum me
liorem ..... poterit ipsam scire quatuor mensibus ..... Homo habens inlellectum bonum
• - - - - poterit ipsam scire in medio anno,
132) Ars inv. verit. p. 13.
172 XVIII. Raimundus Lullus.
utrum erinnern könnte '°°), so reihen sich noch Regeln über folgende
verschiedene Gesichtspunkte an : de modo essendi et intelligendi 184), de
modo investigandi 1°°), de specificatione generalis 18°), de contra
dictione 1°7), de necessario et contingenti 18°), de demonstratione 189), de
punctis transcendentibus 140), de maioritate finis 141).
Diejenigen Schriften mun, welche mach der Absicht des Lullus das
Resultat der auf Alles angewendeten Technik und somit gleichsam eine
Encyclopädie der Wissenschaftem enthalten, gehen eben darum über die
logische (?) Manipulation der Technik selbst hinaus, ja Lullus meint, diese
seine Mystik stehe als höheres Drittes über Logik und Metaphysik 1**). Und
133) Ebend. p. 37: Prima regula est, in principio investigationis supponere,
utramque partem contradictionis possibile esse veram sive falsam.
134) Ebend. p. 38: Cum sit differenlia inter modum essendi rei et modum eam
intelligendi, considerandum est, qua ratione procedit medium conclusionis, an per
concordantiam ulriusque modi, an per contrarietatem. -
135) Ebend. : Duobus modis est in hac arte investigatio facienda. Primus con
sistit in speculatione figurarum ...... (p. 39) Secundus consistit solum in intellectu,
et iste in quinque modos est divisus, sc. quod intellectus simpliciter, dupliciter,
triangulariter, quadrangulariter et circulariter per terminos discurrat (die Ausdrücke
„triangulariter“ u. ,,quadr.“ bedeuten hier mur eine dreifache und eine vierfache
Combination, ,,circulariter“ aber das Durchlaufen all jener Combinationen).
136) Ebend. p. 41 : Er generali omnino generali et speciali omnino speciali
tertium constituitur sapiens naturam utriusque ; est enim illud tertium membrum magni
ambitus tanquam medium eætremitatum...... Specificando ipsa universalia per con
tractionem eorum ad ipsas proprietates.
137) Ebend. p. 43: Fallitur intellectus ignorantis aliquoties in his, quae contra
dicere videntur nec tamen contradicunt, vel in his, quae non videntur esse in contra
dictione et sunt.
138) Ebend. p. 44: Omne, quod est, aut est necessarium aut contingens, quare
inter ea discurrere est multum ulile, nam esse sive agere uniuscuiusque rei in aliquo
istorum duorum versatur.
139) Ebend. p. 45: Demonstrationum alia est similitudinaria, quae per eaeempla
et metaphoras habetur..... Demonstratio vero propria in tres species est divisa (d. h.
quid, quia u. per aequiparantiam, s. ob. Anm. 56 ff.).
140) Ebend. p. 47: In omni materia punctum transcendentem dicimus inreniri
posse (die Wortform „punctus“ ist damals allgemein üblich, nur im Plural sagte
mam häufig auch „puncta“); causatur enim punctus transcendens ea, evcessu, quem
alia potentiarum hominis habet supra aliam aut aliquando supra se ipsam ......
Quaedam ergo punclorum transcendentium causantur ea, hoc, ..... quod inlellectus,
qui est superior potentia, imaginationi et sensui naturaliter ' est unitus..... Quidam
vero punctorum transcendentium causantur eæ hoc, quod intellectus transcendit per
rationem obiecti rationem sui ipsius. Als solche transscendente Punkte der ersterem
Art werden danm (p. 47—51) hesprochen: Elementativa, Vegetativa, Sensitiva, Ima
ginativa; die letztere Art wird (p. 51—61) aufgezeigt in : Rationativa, Moralitas,
Coelesle, Angelus, Divina quidditas.
141) Ebend. p. 61 : Est maioritas finis id, quod est melius et melius et quod
op0rtet esse necessario melius; et consistit duobus modis, sc. secundum proportionem
et secundum comparalionem.
142) Introd. art. demonstr. p. 1 A: Metaphysica considerat res, quae sunt eætra
animam, prout conveniunt in ratione entis; logica autem considerat res secundum
esse, quod habent in anima, quia tractat de quibusdam intentionibus, quae conse
quuntur esse rerum intelligibilium ..... (B) Sed haec ars tanquam suprema omnium
humanarum scientiarum indifferenter respicit ens secundum istum modum et secundum
illum ...... Solum docet viam inveniendi communia et propria principia in quacun
que scientia, ..... solum ponit aliquos termjnos principiorum, quibus mediantibus
possunt formari infinitae propositiones. - .
XVIII. Raimundus Lullus. 173
wenn icb schon zur Besprechung der Technik mich fast widerwillig ent
schloss, so könnte ich wohl diese ganze Gruppe in Ambetracht ihres In
haltes völlig bei Seite lassen. Doch will ich Folgendes erwähnen.
Am nächsten noch schliesst sich an 0biges die Schrift „Arbor
scientiae“ an, insoweit in derselben wenigstens jene nemlichen ,,achtzehn
Principien* beibehaltem sind, welche num als achtzehm Wurzeln des Baumes
erscheinen: den Stamm desselben bildet das Chaos, die Aeste und Zweige
die vier Elemente und deren Zusammensetzungen, die Blätter die Acci
dentiem, die Blüthen die Werkzeuge, und die Früchte die individuellem
Wesen '**). In den übrigen Schriften aber, welche zu dieser Gruppe
gehören, werden auf die abenteuerlichste Weise die „Principien* und die
obigen Kreis- Figuren vermehrt und bereichert. So erscheint die erste
Figur (Amm. 86) num als „figura dei “ mit 16 Feldern, indem perfectio,
iustitia, largitas, misericordia, humilitas, dominium, patientia neu hin
zukommen4**). Auch obige figura T (Amm. 87) ist erweitert, indem zu
den dortigen drei Dreiecken noch zwei neue, eines mit dem Ecken deus,
creatura, operatio, das andere mit den Ecken affirmatio, negatio, dubi
tatio, hinzugefügt werden !*°). Ferner wird eine secunda figura T vor
geführt, welche einen in 15 Felder (modus, species, ordo, alteritas,
identitas, communitas, prioritas, simultas, posterioritas, superioritas,
convertibilitas, inferioritas, universale, indefinitum, singulare) getheilten
Kreis zeigt '*"). Desgleichen neu ist figura S oder „veritatis“ oder
„animae“, welche in 16 Feldern eines Kreises verschiedene Modificationem
der Begriffe memoria, actus, voluntas, intellectus, compositio unter
bringt 147). . Auch die Tugenden und Laster (s. im Alphabetum, Anm. 85)
werdem, jedoch unter Weglassung von sapientia, pietas, mendacium, in
constantia, in einen Kreis von 14 Feldern gebracht, welcher „figura W“
heisst 1**). Die figura theologiae und figura iuris überlasse ich gerne
diesen beidem Facultäten '*°), sowie die figura elementalis den Natur.
143) Diese ganze Gruppirung, welche durch einem (in mehreren âlteren Drucken
bunt bemalten) Baum versinnlicht ist, wird dann behufs einer Encyclopâdie auf eine
ganze Menge von Bäumen angewendet, nemlich: arbor elementalis, vegetalis, sen
sualis, imaginalis, humanalis, moralis, imperialis, apostolicalis, c0eleslialis, angeli
calis, aeternalis, maternalis (d. h. Maria, welche Lullus ja auch in Gedichten ver
herrlichte), divinalis-humanalis (d. h. Christus), divinalis, eaeemplificatio, quaestionalis,
an welch letzteren sich Fragen über die obigen (Anm. 125) „centum formae“ an
schliessen. -
144) Ars demonstr. p. 2, Lect. art. dem. p. 2, Comp. art. dem. p. 20, Propos.
sec. art. dem. p. 18 u. 45, Ars inv. part. in univ. p. 2, Ars magna et maior p. 5
u. 43, Lect. arl. comp. inv. ver. p. 9 u. 50.
145) Lect. art. dem. p. 12, Comp. art. dem. p. 7, Propos. sec. art. dem. p. 2,
13 u. 41, Ars int'. part. p. 2, Ars magna et maior p. 42, Lect. art. comp. inv. ver.
p. 4 u. 25.
146) Ars demonstr. p. 2 f. u. die so eben angeführten übrigen Stellen.
147) Lect. art. dem. p. 7, Comp. art. dem. p. 14, Propos. s. art. dem. p. 3,
20 u. 46, Ars inv. part. p. 2, Ars magna et maior p. 41, Lect. art. comp. inv.
ver. p. 2.
148) Lect. art. dem. p. 17, Comp. art. dem. p. 28, Propos. s. art. dem. p. 4,
23 u. 49, Ars magna et maior p. 6 u. 43, Lect. art. comp. inv. ver. p. 12 u. 84.
149) Ars demonstr. p. 52 ff., Lect. art. dem. p. 42 ff., Comp. art. dem. p. 35
u. 49, Propos. s. art. dem. p. 5, 27, 30, 52, 55. S. auch Savigny, Gesch. d. röm.
Rechtes im Mittelalt. W (2. Aufl.), p. 616 ff.
174 XVIII. Raimundus Lullus.
forschern 180). Ein Höhepunkt der Tändelei aber ist die figura deriva
tionum, welche in 13 Feldern eines Kreises die Sylben re, ri, ans, us,
le, tus, nus, do, ne, er, in, prae, de vorführt!°°). Ausserdem noch
werden sämmtliche Figuren in Eine figura universalis zusammengefasst,
welehe aus 13 concentrischen Kreisen mit je 16 Feldern besteht 1°*), und
überdiess für alle einzelnen Figuren die möglichen paarweisen Combina
tionem (nach dem Muster der obigen dritten Figur, Anm. 89) vor Augem
gestellt 158). Das Ziel aber liegt hiebei überall in einer Unzahl theolo
gischer quaestiones 1°*); denn, wie Lullus selbst sagt, diese ganze Be
handlungsweise der Ars magna soll mur der Werherrlichung Gottes und
der Zerknirschung der Seele dienen 1°°). Darum endlich befindet sich
auch die figura philosophiae, welche in 16 Feldern die Begriffe „prima
causa, motus, intelligentia, orbis, forma, materia, matura, elementa,
appetitus, potentia, habitus, actus, miactio, digestio, compositio, alteratio“
enthält, auf einem Gebiete, welches uns für die Logik durchaus nicht
interessirt 1°°).
Während aber Lullus in dem Gesammtumkreise seiner Ars magna
das einzige Heil der Wissenschaft erblickte (vgl. Anm. 117 f. u. 142) und
dagegem die gewöhnliche Schul-Logik für etwas Schwaches und Unter
geordnetes hielt (Amm. 32), scheint hinwiederum die traditionelle Auctorität
der letzteren ihm das Zugeständniss abgenöthigt zu haben, dass seine
Ars magna dem üblichen Betriebe der Logik sich doch nicht ganz ver
schliesse, sondern dass man in seiner obigen multiplicatio quartae figurae
(Amm. 112 ff.) und auch in den „centum formae“ (Anm. 125) all Das
jenige, — natürlich in viel besserer Weise —, finde, was in der ge
wöhnlichen Logik gelehrt werde !°"). So konnte er sich auch herbei
150) Lect. art. dem. p. 23, Comp. art. dem. p. 58, Propos. s. art. dem. p. 6,
33 u. 56. Dass Lullus zu dem hervorragenden Alchimisten gehörte, ist bekannt;
s. Kopp, Gesch. d. Chemie, I, p. 67 ff. II, 178 ff.
151) Ars demonstr. p. 91. Introd. art. demonstr. p. 25 B: „Re* significat verba
activa ...., „Ri“ significat verba passiva ..... , „Ans“ vel „us“ significat participia
aut potentialitatem, ut bonificativus..... , ,,Le, Tus“ significant passiva..... , „Nus*
concreta, ut bonus...., ,,D0“ abstracta, ut magnitudo... ., ,,Ne, Er* adverbia..... »
,,ln, Prae, De* significant compositiones, ut iniustitia. Auch beruht hierauf die
kleine Schrift Correlata innata (s. bes. dort f. 50 B).
152) Comp. art. dem. p. 71, Propos. s. art. dem. p. 7, 37 u. 58, Lect. art.
comp. inv. ver. p. 19.
153) Ars demonstr. p. 8, Pr0p0s. s. art. dem. p. 10, Lect. art. comp. inv.
ver. p. 25.
154) Ars demonstr. p. 52 ff., Comp. art. dem. p. 89 ff., Propos. s. art. dem.
p. 40 ff., Ars magna et maior p. 31 ff.
155) Lect. art. demonstr. p. 1 A: Quoniam deus multum est recolibilis, intelligi
bilis el amabilis, est ideo multum nobis necesse, ut eo fruamur speculanles eum
recolendo, intelligendo et amando in tota anima nostra et viribus eius, quod est
ultimus finis eius; ad hoc siquidem hanc artem duaeimus deelarandam, quae instru
mentum est actibus animae...... Ad dei magnificentiam haec ars facta est. Comp.
art. demonstr. p. 1 A: Haec ars instruit nos, intelligere et diligere deum, adhaerere
virtutibus, odire vitia et confundere infidelium erroneas opiniones. Ars magna et
maior p. 1 B: Potest homo invenire veritatem sub compendio et contemplari et
cognoscere deum et vivificare virtutes et mortificare vitia.
156) Ars demonstr. p. 99 ff., Lect. art. dem. p. 46, Comp. art. dem. p. 45,
Propos. s. art. dem. p. 5, 28 u. 53.
157) Ars magna et ult. p. 537: Logica est ars, qua logicus invenit coniunctio
XVIII. Raimundus Lullus. 175
lassem, Schriften zu verfassen, welche als ein Mittelding zwischen der
Ars magna und der traditionellem Logik auftretem. Solcher Art nemlich
ist zunächst die Nova logica, durch welche die Weitschweifigkeit und
Himfälligkeit der alten (aristotelisch-byzantinischen) Logik vermieden und
das Auswendiglernen der logischen Lehren erleichtert werden soll 138).
Dieselbe hat sieben distinctiones. Die erste beginnt mit ens, welches im
Sinne der Schrift ,,Arbor scientiae“ eingetheilt wird und so zu corpus,
animal, homo führt'°°), worauf ummittelbar die obige Erörterung der
zehm Fragen oder „regulae“ folgt '""). Die zweite enthält die fünf Uni
versalien, welche natürlich als reale Wesen geltem und sämmtlich num
eben jenen zehn Fragem unterworfen werden '"'); die dritte entwickelt
die Kategorien gleichfalls mittelst dieser memlichen Fragen 1"*). Den Ge
gemstand der vierten Distinction bilden wieder „centum formae“, welche
jedoch von den obigen (Amm. 125) stark abweichen, und derem erste
beide, — zur Probe davon, was mit den übrigen 98 geschehen solle —,
jenen nemlichen zehn , Fragen unterstellt werden 1"*). In der fünften
folgt num in Kürze die Lehre vom Urtheile !"*), von der Definition 1°°) und
nem inter subiectum et praedicatum, quae est medium, cum quo necessarias conclu
siones scit facere. Logicus per diffinitionem medii invenit medium contiguum, .... et
de hoc datur eæemplum in multiplicatione quartae figurae. Adhuc logicus tractat de
V praedicabilibus et de X praedicamentis, et de hoc evemplum in tractatu centum
formarum. (p. 538) Item logicus tractat de syllogismo et de figuris et de fallaciis,
et de omnibus istis eacemplificatum est in multiplicalione quartae figurae..... I.0gicus
facit praedicutum superioris de inferiori ..... Item ponit multiplicitatem generis, ponit
genus generalissimum ...... et similiter speciei multiplicitatem...... Logicus tractat
de differentia differentiando et de concordantia concordando et de contrarietate con
trariando.
158) Nova logica, f. 3 r.: Consideranles, veterem et antiquam logicam ab eam
inquirentibus propter sui prolivitatem cum labore maæimo plenius acquiri et acqui
sitam propter sui labililalem cum nimia difficultate in memoria retineri diutius, idcirco
ad prolivitatem et labililalem huiusmodi evitandam cogitavimus, divino auæilio me
diante novam et compendiosam logicam invenire, quae ab ipsam inquirentibus citra
nimiam difficultatem acquiratur et acquisita in memoria plenarie conservetur.
159) f. 3 w.— 6 r. S. Anm. 143.
160) f. 6 r. — 8 r. S. Anm. 94—105.
161) f. 8 r. — 13 r. Jene Stelle, welche das offene Bekenntniss des Realismus
enthält, wnrde schon obem, Anm. 44, angeführt.
162) f. 13 v.— 20 v.
163) f. 20 v. — 25 r. Die hundert Begriffe sind hier: Individuum, Bonitas,
Magnitudo, Duralio, Potestas, Sapientia, Volunlas, Virtus, Veritas, Gloria, Concordantia,
Contrarietas, Principium, Medium, Finis, Maioritas, Aequalitas, Minoritas, Essenlia,
Natura, Forma, Materia, Immobilitas, Mobilitas, Motus, Dubitatio, Affirmatio, Negatio,
Memoria, Intentio, Generatio, Corruptio, Privatio, 0pinio, Suspicio, Conditio, Anle
cedens, Consequens, Derivatio, Influentia, Refluenlia, Abstractum, Concretum, Causa,
Effectus, 0ccasio, Simpleae, Compositum, Intensitas, Eaeistentia, Agentia, Figura, Ne
cessitas, Contingentia, Fortuna, Dispositio, Subtilitas, Plenum, Vacuum, Potentia, 0b
ieclum, Actus, Umbra, Subiectum, Praedicatum, Significatio, Attractio, Impressio,
Similitudo, Numerus, Elementativa, Vegetativa, Sensitiva, Imaginaliva, Rationaliva,
0bstinatio, Contradictio, Capacitas , Proportio, Circumstantia, Suppositio, Punctus,
Linea, Humidum radicale, Humidum nutrimentale, Alleralio, Confusio, Augmentalio,
Consummalio, Successio, Mors, Secretum, 0rdo, Continuitas, Divisio, Cogitalio, Audaciu,
Artificium, Scientia, Applicalio.
164) f. 25 v.
165) f. 26 v. s. Anm. 93.
176 XVIII. Raimundus Lullus.
vom Beweisverfahren, bei welch letzterem ein kleines Stück der Topik*°°)
vor dem Syllogismus!"") vorhergeht und dann die Sophistik folgt*°°).
Die sechste Distinction enthält eine Anwendung der zelin Fragen auf
Natur, Theologie, Philosophie, Moral, Recht und Arzneiwissenschaft'°°),
die siebente aber gibt Fragen über den sämmtlichen Inhalt der vorher
gegangenem sechs Abschnitte '7°).
Endlich ein anderes derartiges Mittelding ist, was Lullus über Logik
in gereimten catalonischen Wersen schrieb. Dort knüpft er an die Defi
nition der Logik, welche die Kenntniss der wahren und falschen Beweise
sei, sofort die fünf Universalien und die Kategoriem der Substanz und
des Accidens, welche sämmtlich in den Figurem der Ars magna ihre
Mischumg finden sollen 171). Sodann werde durch die Anwendung der
obigen regulae (d. h. der zehn Fragen) die Werknüpfung der Begriffe
bewerkstelligt und so die Einsicht in das Urtheil nach Quantität, Qualität
und Modalität gewonnen 17*). Die hiedurch vorgenommene Vergleichung
führe dann zur Lehre von der Definition 17°), und hierauf komme man
durch die Mischung der obigen „conditiones“ (Anm. 112), d. h. durch
die multiplicatio quartae figurae, zum Werständnisse der Particularität
und Universalität 47*), und hiedurch sei man befähigt, in den verschie
166) f. 27 r., woselbst an die drei Arten der demonstratio (s. Anm. 56 ff.)
die Topen a minori, a maiori, ab aequali (vgl. Anm. 70) und einige Bemerkungen
über possibile und impossibile geknüpft werden.
167) f. 28 v. — 30 v. Wor der Angabe der drei Schlussfiguren wird sogar der
Begriff „syllogismus“ jenen zehn Fragen unterworfen.
168) f. 30 v. — 36 r. s. Anm. 72.
169) f. 37 r. — 40 v.
{} f. 41 r. — 49 v. -
171) Bei Rosselló (Anm. 23) p. 400: De la primera distinccid. Lógica es
sciencia Per la qual home sapia Parlar assufismadment E fer ver e fals argument.
E lógica 's d'universals, ' E ab las figuras höm sab quals Estdn en lo lur mescla
ment Las res d'hon höm fá l'argument (folgt als Beispiel bonea) ...... Vel donchs,
los sinch universals Qui 'n lógica son principals Comengaments, que son trobat En
las figuras et mesclat. Con d'ellas en fäs mesclaments Per tots los lurs comenga
ments, Substancia et accident D'hon son li deu predicament, Pots en las figuras trobar
Si 'ls comengaments sabs me sclar.
^ 172) Ebend.: De la segona distinccid. Los sinch universals sercats Ab las
reglas los vas quirent, Car um no t'en pòt escapar; E ab las reglas pords dar
Coneacenga del predicat Ab lo sobjet; e si 's girat L0 s0ljet, coneiacer portis Ab lo
predicat; et si fäs Ab las reglas comparament Substantial 6 d'accident, La com
paració saubrús Ab las reglas per tots los pas. Ago maleiv d'affirmativa Universal
ó negaliva, E autre si particular Ab las reglas porús trobar, Si fäs ver ò fals ar
gument E 'ls individus eacament...... Ab las reglas pöts imp0ssibol Coneiacer et g0
qui 's possibol ; E autre si necessitút E contingent serdn mostrat; E autre si falaciú
Ab las reglas se trobard ...... Preposició conjuntiva E autre si de disjuncliva, Ab
las reglas la póts trobar, Si ab totas las vóls sercar. E ayg0 mateiae tant con dura
Lógica, porâs per mesura En las reglas tota lrobar, Si ab ellas sabs ensercar.
173) p. 402: De la terga distincció. Ab aquesta distincció Saubrás far diffi
nició De luyt li sinch universals, D'els predicamenls aulre tal, ...... Vet donchs,
per qual ensenyaments Saubrüs far diffinicions, Siguent las comparacions Que per
l'art general se fan.
174) Ebend.: De la quarta distincció. Si mesclas las condicions De lógica et
s0s sermons Ab condicions qui estan En esta art, coneiacer s'han; Car luyt li con
dicionar Qui son en li particular, Cové que sian derivat Universal et atrobat, Pöls
XVIII. Raimundus Lullus. 177
denem Bedeutungen der Begriffe den combinatorischen Faden des Denkens
festzuhaltem und so über jeden Stoff genügende Syllogismen an der Hand
der Figuren zu bilden 17°). I)em Schluss machen auch hier Fragen, welche
das Worhergehende recapituliren '7°).
Dass die ganze „Kunst“ des Lullus schlechthin werthlos ist, bedarf
mum wohl keines besonderen Nachweises mehr. Eher möchte ich einem
Tadel darüber befürchten, dass ich diesem Unsinne überhaupt einen so
grossem Raum in meiner Darstellung schemkte. Doch würde mich wohl
ein stärkerer Tadel treffen, wenn ich die Ars magna mit Stillschweigen
übergangen hätte; und wenn ich mich einmal auf dieselbe einliess, konnte
ich Dasjenige, was angeführt werdem musste, kaum kürzer fassen, als ich
getham habe.
donchs en lógica formar Condició particular Ab condiciô general, Hon particulars han
hostal (d. h. ihre Wohnung in den betreffenden Feldern der Kreise) E per ella
est dn reglades.
175) p. 403: De la sinquena dislincció. En la taula atrobarás Los significats
que volvrds A lógica atribuir; Car si d B, C, D venir Vóls, et als altres coronells
(d. h. Kreise), No fö hanc en null capdells (d. h. Richtung) Negú fil tant fort en
plegat, Com estdn li significat En la laula per demostrar Q0 que t'em portis aplicar
A lògica argumentant. Vet donques, qu'es et per qual semblant Pöts de la taula
derivar A lógica mant consirar, Manle materia venir A go que volrûs concluir Per l0
molt grand abundament Vengut per significament De las cambras, si 'l sabs trovar
E a lógica aplicar.
176) Ebend.: De la sisena distincció. Per sisena dislinccio Respondrás a la
questio Que per lógica hòm te pót far, Ab que sapias pendr' ezemplar De las que
stions qui están En esta art, et qu'el semblan Prengas en ta responsió. -
PtANtl, Gesch. lll. 12
XIX. ABSCHINITT.
ALLMÄLIGE FORMULIRUNG VERSCHIEDENER PARTEI-ANSICHTEN.
Müssen wir hiemit den geschichtlichen Fadem wieder an dem Schluss
des XVII. Abschnittes anknüpfem, so treten wir in jene Periode der Scho
lastik ein, welche in einem bunt und üppig verschlungemen Werlaufe bis
im das erste Drittel des 16. Jahrhunderts fortwuehert und durch die
Renaissance des 15. Jahrhunderts in dem inneren Principe ihres Betriebes
nicht nur sich nicht stören lässt, sondern auch ausdrücklich dem Kampf
gegem die humanistischen „Neuerer“ aufmimmt, bis sie zuletzt doch in
diesem Kampfe (um das Jahr 1520) unterliegt. Es ist demnach zunächst
immerlich Ein einheitlicher Werlauf, meloen welchem äusserlich als neue
Stoff-Zufuhr das wiedererwachende Alterthum hinzutritt. Die blosse Stoff.
Zufuhr war ja seit den ersten Jahrhunderten der christlichem Aera allein
das Entscheidemde und blieb es fortwährend, bis der gesunde natura
listische Hauch der Antike durch eine länger dauernde Wirkung seines
Wiedererwachens es endlich zur Folge hatte, dass der philosophische
Impuls sich der Auctorität der Tradition entwand und allmälig mit
inmerer Selbstständigkeit von sich aus die Lösung seiner Aufgabe zu
unternehmen begann.
Jede Eintheilung des scholastischen Zeitalters, welche nicht auf die
sem Motive der Stoff-Zufuhr beruht, ist ein aprioristisches Treiben, welches
der Geschichte Gewalt anthut; und wenn man z. B. bei 0ccam von einer
Selbstauflösung der Scholastik oder dgl. gesprochen hat, so kann ich
Solehes nur als eine theologische oder eine philosophische Grille be
zeichnen ; denn bei richtiger geschichtlicher Einsicht zeigt sich, dass jene
angebliche Selbstauflösung gar äusserlich durch ein paar Stellen aus Ari
stoteles und ein paar Capiteln aus der als aristotelisch angebeteten byzan
tinischen Logik veranlasst wurde.
Indem ich daran festhalten muss, dass die ganze Scholastik nur von
der Masse und dem Inhalte des zugeführten Stoffes bedingt wird, und
ich auch den Nachweis hievon wahrlich nicht schuldig gebliebem bin,
konnte mich mur ein äusserlich praktisches Motiv dazu veranlassem, jemen
eimheitlichen Faden der Scholastik, welcher sich vom Ende des 13. bis
zum Anfange des 16. Jahrhunderts fortspinnt, in einzelne Stücke zu zer
legen. Nemlich nur um die Ziffern der Anmerkungem nicht in die Tau
sende anschwellen zu lassem und dem Leser gleichsam einmal eimen
Ruhepunkt zu gönnen, scheide ich die „allmälige Formulirung der Partei
Ansichten“, soweit dieselbe bis 0ceam (einschliesslich) zu Tage tritt,
XIX. Die Stoff-Zufuhr. 179
vorläufig als eigenem Abschnitt ab, um sodann das „üppigste Wuchern
der scholastischen Logik“, welches sofort am 0ccam's Auftreten sich
knüpfte, bis zu den „ersten Erscheinungen der Renaissance* zu be
gleiten und hierauf nach diesem die „reiche Nachblüthe* der Scholastik
darzustellem.
Jene Stoff.Zufuhr mun, welche (wie Abschn. XVII zeigte) im 13.
Jahrh. von byzantinischer, aristotelischer und arabischer Seite her statt
gefunden hatte, musste nothwendig gleichsam einem Werdauungs-Processe
unterliegem, bei welehem wir allerdings Gelegenheit haben, in ähnlicher
Weise, wie Walther von der Vogelweide in anderem Sinne gethan, die
Grösse des Magens der Kirche zu bewundern; denn es ist staunenswerth,
wie viel heidnische Litteratur seit Albertus Magnus all jene frommen
Männer verschluckten, ohne hierüber die geringsten Beschwerden zu ver
spüren. Mam bedenke mur, dass neben der reichen Saat byzantinischen
Unsinnes die sämmtlichen Bücher des Aristoteles, d. h. aueh die physika
lischem und maturwissenschaftlichen Schriftem nebst der Ethik und Politik,
sowie die Metaphysik mit ihrem astronomischen Gottesbegriffe, und ausser
dem neben einzelnen griechischen Commentatorem die ganze Litteratur
der arabischen Erklärer, welche ihrerseits zugleich auch auf Ptolemäus,
Euklides, Geber, Galenus und Hippokrates hinübergriffen, binnen etlicher
Jahrzehnte eingedrungen waren und ihrer weiterem Pflege an den tradi
tionell bestehenden Schulem harrtem.
Diese massenhafte Wucht eines neuen Lehrstoffes musste sowohl im
Allgemeinem in pädagogischer Beziehung als auch insbesondere für dem
Betrieb der Logik eine weitgreifende Wirkung ausüben. Nemlich auch
der übliche Schul- Unterricht überhaupt musste nun im Vergleiche mit
dem früherem Jalirhumdertem nothwendig eine völlige Umänderung er
fahren; denn unter den sieben freien Künsten war es einerseits gerade
die „Dialectica“, welche jetzt zu einer ausgedehntem aristotelischen,
byzantinischen und arabischen Schul- Litteratur anschwoll. Und andrer
seits, musste, sich an dem höheren Lehranstaltem seit dem Ende des 13.
Jahrhunderts allmälig jener Uebergang vermitteln, welcher von der facultas
„artium“ zur facultas „philosophorum“, sowie zur Selbstständigkeit der
medicinischen Facultäten führte. Alle Lehrgegenstände aber, — auch die
Theologie nicht ausgenommen, welche ja bekanntlich an der Pariser Uni
versität das Maassgebende war —, besassen eine Woraussetzung und eine
umerlässliche Worbedingung an der Logik, welche hiemit neben ihrer neuen
quantitativen Fülle auch qualitativ eine bevorzugte Stelle einnahm, wie
keime andere der sieben Künste sich einer solchem rühmen konnte. Nur
die „Grammatica“ erhielt sich selbstständiger und wurde nicht (wie die
übrigen Disciplinen) in dem neu sich gestaltenden philosophischen Cursus
absorbirt. So kam es, dass die „logische“ und (— wenn für das 13. Jahrh.
der Ausdruck zulässig sein soll —), die „philologische* Schulbildung wie
gleichberechtigt nebeneinander stehen, ja zuweilen sich gegenseitig be
kämpfen konnten (ein Worspiel der Zustände nach dem Wiedererwachen des
Alterthumes), zumal da die „Logiker“ in der unausgesetzten Uebung ihrer
abstrusen Schulweisheit leicht verknöchern und, was sonstige Lectüre be
triffi, förmlich verwildern mussten, so dass sie mit Recht zum Gespötte
ihrer philologischen Gegner wurden.
12*
180 XIX. Pädagogisches.
Doch um nicht weiter in die Geschichte der Pädagogik hinüberzu
gleiten'), beschränke ich mich darauf, Ein Document zu erwähnen, welches
einen solchen Thatbestand für jene Zeit constatirt. Es ist diess des
Heinrich von A n dly (um d. J. 1270) Gedicht „Die Schlacht der sieben
freiem Künste* *), in welchem die Pariser Logiker einerseits und die
grammatische Schule zu Orleans andrerseits als die kämpfenden Parteien
auftretem. Den orleanistischen Philologen, in deren Schlachtreihen mehrere
klassische Autorem kämpfen *), war von den Parisern der Spitzname
„Autoriauae“ gegeben worden, hingegem die Logiker wurden von ihren
Gegnern ,,Quiquelique“ oder wohl richtiger ,,Quiqueliquique", d. h. zu
deutsch „Kikeriki*, genannt*). Der Kampf selbst, in welchem als Führer
der Logiker einige uns nicht näher bekannte Personem erscheinen °), aber
auch der „Barbarismus“ sich denselbem als Bundesgenosse beigesellt *),
führt zuletzt dazu, dass die Philosophen auf dem Mont l'Héri von den
Grammatikern belagert werdem und in grosser Bedrängniss einen Parla
mentär zu den Feindem schicken, welcher jedoch als gänzlich unver
ständlich von diesen zurückgeschickt wird "). Imdem aber endlich die
1) Ich muss hier die gleiche Resignation üben wie Abschn. XIlI, Anm. 1.
Welcherlei Schul-Logik aber pädagogischer Stoff gewesen sei, fällt natürlich der
Geschichte der Logik anheim.
- 2) Es ist dieses der provengalischem Litteratur angehörende Gedicht selbst
noch ungedruckt, und wir sind , auf eine französische Inhaltsangabe, desselben in
Notices et Eaclraits des Manuscripts etc. Vol. V, p. 496 ff. angewiesen. (Uebrigens
hat der nemliche Henri d'Andly auch eine Liebesklage des Aristoteles — Lai d'Aristote
— im Troubadour-Stile verfasst; s. Legrand d'Aussy, Fabliauv et Contes, 3. Aufl.
Paris 1829, Vol. I, p. 273 ff.) -
3) Not. et Evtr. a. a. 0. p. 503 u. 508 f. Neben Donatus, Priscianus und
Marcianus Capella erscheinem: Virgilius, Horatius, Propertius, Terentius, Aratus,
Seneca, Persius, Juvenalis, Statius, Lucanus, Claudianus, Avienus, Cato, auch Se
dulius und Prudentius. Wenn auch Homer genannt wird, so ist schwerlich an
Lectüre desselben zu denken. -
4) Ebend. p. 503. Die richtigere Form „Quiqueliquique“ treffen wir merk
würdiger Weise in dem gleichzeitigen Roman du Renuri, (ed. Méon, Vol. III, p. 53)
v. 21205 ff., d. h. in jener Branche, in welcher Renart und der Kater Tybert die
Wesper singen. Dort lesen wir: Sez-tu (Sais-tu) rien de dialectique? 0il (0ui); tote
Quiqueliquique. Repondras moi se ge t'opos. 0il; par derere mon dos. 0r entent
dont à l'argument, Ge di pain d'orge est de froment, Ge di pain de froment est
d'orge. Male avenlure ait ainz tu gorge, Que pain d'orge soit de froment u., s. f.
5) Not. et Evtr. p. 503 f.: 'A celle nouvelle , Logique fut effrayée. . Helas,
s'écria-t-elle, j'avais dans R a 0 ul de B u illi un défenseur redoutable, et la mort
me l'a enlevé. Cependant elle ne perdit point courage....., elle s'occupa du soin
d'assembler-des troupes, et menda celles qu'elle avait á Tournai (vgl. Abschn. XIII,
Anm. 326). Lú étaient Je an le P age, Poil a n e d e Gam a c h es, Nicol e- a uac
h a ut e s-fe s s e s. Elle dépécha vers euae Pierre de 00 urten a i, et les fit inviter
par lui, de se rendre au plutôt à Paris. lls placérent sur une cuve dans un char
Trive et Quadruve, et se mirent en marche. Le char était traine par les bedeauae et
conduit par R o b e rt-le- Nain (diesen trafen wir schon früher , s. Abschn. XIV,
Anm. 447 ff.) et Ch é ron- le - Vieua, qui l'aiguillon en main piquaient l'attelage.
6) Ebend. p. 508: Dom Barbarisme, quoique homme-lige de Grammaire, avait
pris les armes contre elle, parce qu'il possédait des terres dans le pays de Logique.
7) Ebend. p. 511: Dans cette detresse Logique envoya proposer la paiae â
sa rivale ; mais le député qu'elle choisit pour ce message connaissait si peu les
régles du langage et il s'ea prima si mal, qu'on ne voulut pas l'écouter, et qu'il
fut renvoye. -
XIX. Die Parteispaltung. 181
Astronomie ihre Blitze gegen das Heer der grammatischen Philologie
schleudert, zieht sich dasselbe mach 0rleans und Blois zurück und meidet
auch in Zukunft Paris *). Der Dichter des Ganzen aber schliesst mit
einer Prophezeiung und zugleich einer Warnung vor grammatischer Wer
wilderung *).
Was aber hingegen die inmere Entwicklung der logischen Theorie
selbst, und was vor Allem die zahlreichen Controversen und verschiedemen
Partei-Stellungen betrifft, so muss ich mit grösster Entschiedenheit den
allgemeinem Grundsatz, welcher seinen reichen Detail- Nachweis finden
wird, vorausschicken, dass auch für diese ganze Periode der Scholastik
die Abhängigkeit vom vorhandemen Stoffe das allein Maassgebende ist. Das
zugängliche Material war nun weit reichhaltiger geworden, als es im
12. Jahrh. gewesen war, und darum haben jetzt die Logiker mehr An
knüpfungs-Punkte und mehr Auctoritäts-Aussprüche bei ihren Disputationem
zur Werfügung, als damals. Aus diesem Grunde, und aus keinem amderen,
entsteht nun eine weit manigfaltigere Controversen-Litteratur. Wenn schon
im 12. Jahrh. auf Grundlage eines ungleich beschränkteren Materiales
dreizehn verschiedene logische Parteien entstanden waren, so ist es nicht
zu wundern, wenn jetzt seit dem Ende des 13. Jahrh., wo mam auf eine
grosse Zahl neuer Quellen- Stellen sich berufen und Jeder irgend eine
einzelne derselben für sich in Anspruch nehmen konnte, die Partei
Stellung sich fast ins Endlose zersplittert und dabei zugleich in manig
faltigster Kreuzung und Mischung wieder verwandtschaftliche Berührungs
punkte entgegengesetzter Meinungen aufzeigt.
Mam glaube nur ja nicht, dass man mit den zwei Schlagworten
„Realismus“ und „Nominalismus“ die logische Parteistellung irgendwie
erfassen, geschweige denn geschichtlich entwickeln könne. Jene beiden
Worte existirten in derjenigem Periode, mit welcher wir uns vorerst zu
nächst beschäftigen müssen, gar nicht; und es wird erst der spätere
Werlauf zeigem, wann diese zwei Partei-Worte von den Theologen in
Umlauf gesetzt wurden, wobei jedoch zugleich zu Tag treten wird, dass
man dann auch von „Terministen“ und von „Formalisten“ sprach.
Ebenso verfehlt ist es, wenn mam mur den Gegensatz zwischen
„Thomisten“ und „Scotisten“ ins Auge fasst und hiedurch die Parteiung
erledigen zu können glaubt. Allerdings zwar hat jenes polemische Wer
haltem zwischen Dominikanern und Minoriten für die Geschichte der Theo
logie und der priesterlichen Hierarchie eine wesentliche Bedeutung; aber
sowie die Geschichte der Logik einerseits in der glücklichem Lage ist,
alles theologische Gezänke ignoriren zu dürfen, so findet sie andrerseits
auch den thatsächlichen Stand der Dinge, dass in der Darlegung der
8) Ebend.: Astronomie, réduite au desespoir, langa la foudre sur euae, elle
brûla leur tentes, dissipa leur armée...... Depuis ce jour Poésie-la-courtoise s'est
retirée entre 0rléans et Blois, mais elle n'ose plus se présenter en France, où sa
rivale domine.
9) Ebend.: Messieurs, les choses dureront encore aimsi une trentaine d'années.
Mais lorsqu' une génération nouvelle naitra, celle-ci fera de la Grammaire le cas
qu'on en faisait au temps de Henri d'Andly. En attendant je vous déclare que tout
clerc qui ne connait point les régles du langage et qui n'y conforme point ses
discours, est un homme à conspuer.
182 XIX. Die Parteispaltung.
logischen Theorie Dominikaner Manehes aus der Lehre des Scotus auf.
nehmen und umgekehrt Franziskaner sich in einigen Ansichten an Thomas
anlehnen. Kurz gerade in der Logik erscheinen damals wohl : Einige
als blosse Nachtreter einer stricten Partei-0bservanz, aber viele Andere
verfolgen ihre eigenem Wege, indem aus dem vorliegenden Materiale der
Eine diese umd der Andere jene Quellen- Stellen zu seinem Stützpunkte
wählte, so dass hiedurch fast alle mur möglichen Schattirungen, auch
mit Einschluss vom Extremen, zu Tag tratem. Erst am Ende des 15.
und im 16. Jahrhundert fanden es die Theologen bequemer, die ein
schlägige Litteratur nur in zwei Lager zu theilen , wobei dann Tho
misten und Scotisten sich wie Welfen und Ghibellinen gegenseitig in dem
Haaren lagen.
Ueberhaupt ja ersehen wir auch, dass jenem Autoren des Mittelalters,
welche bisher in der Geschichte der Philosophie (sei es in grösseren Werken
oder in kleineren Compendien) stets regelmässig als weit hervorragende
besprochen wurden und werdem, noch eine erkleckliche Anzahl Anderer
beizufügen ist, welchem man die Ebenbürtigkeit schwerlich bestreiten
kann. D. h. in speculativer Beziehung gelten mir überhaupt alle Schrift
steller des Mittelalters als werthlos; aber in demjenigen, was sie einmal
als Schriftsteller zu Tage gefördert habem, finde ich es nicht gerecht.
fertigt, wenn man mit so ungleichem Maassstabe misst, dass man gegen
über einigen traditionell gebliebenen Hauptfiguren über Andere gänzlich
mit Stillschweigen hinweggeht oder sie höchstens mit etlichen schablonen
artigem Bemerkungen abfertigt.
Die reiche Fülle verschiedener Meinungen, welehe aus dem aufge
speicherten Materiale hervorwuchsen, beruhte nun ursprünglich nicht in
einem Streite über die Universalien, sondern wurde vorerst durch theo
logische Bedenken hervorgerufen, welche in Bezug auf ein paar ander
weitige Lehren des von Albert und Thomas vertretenen arabischen Aristo
telismus auftauchten. Den ersten Anstoss nemlich gaben, wie sich zeigen
wird, die Fragen über das principium individuationis und über unitas
formae oder beziehungsweise pluralitas formarum, wobei, je naeh
dem man diese Fragen beantwortete, die 0rthodoxie gefährdet zu
sein schien. -
Aber eben mittelbar hingen diese Gesichtspunkte mit der Auffassung
der sog. „Universalien in re* zusammen, und so wurde wohl auch der
Universalien-Streit in Mitleidenschaft gezogen. Aber dieser letztere tritt
nun in ganz anderer Weise auf als im' 12. Jahrhunderte. . Denn jene
arabische von Albert und Thomas acceptirte Theorie, dass die Universalien
zugleich ante rem und in re und post rem seien, war doch gar zu be
quem, um nicht von Allen zugegeben zu werden. Keiner verneint, dass
die allgemeinen Ideen der Dinge ursprünglicb im göttlichen Schöpfer he
gründet sind , Keiner verneint, dass sie in der erscheinenden Welt in
das Einzeln-Sein hinaustreten , und Keiner verneint, dass sie aus diesem
Gebiete des Singulären wieder vom menschlichen Denken erfasst werden.
Ein Streit ist nur darüber möglich, was Gegenstand der Logik sei, ob
sämmtliche drei Universalien, oder ob zwei derselben, oder ob mur Eines;
und je nachdem diese Frage entschieden ist, kann damn noch darüber
gestritten werden, wie die Universalität mit der Singularität sowohl in
XIX. Die Parteispaltung. 183
den objectiven Dingen als auch in der subjectiven Demk-Werkstätte zu
vereinbaren sei. -
Zur Erörterung aber der hierüber entstehendem Controversen war
man auf Auctoritäts-Stellen des vorhandenen Materiales angewiesem. Und
da musste der Platonismus dem Kürzeren ziehen ; denn den Plato kannte
man mur aus dem Timaeus (d. h. Chalcidius), aus Augustinus und aus
einzelnen Stellem der Araber, indem die 0riginalschriften Plato's bekannt
liehst erst zur Zeit der Renaissance kund wurdem. Darum gibt es vor der
florentinischen Academie der Mediceer keinen eigentlichen Platoniker.
Und der augustinisch-kirchliche Platonismus tritt im 14. Jahrh. nur ent
weder schüchtern (Heinrich von Göthals) oder roh polemisch (Franciscus
Mairon) oder in unklarem Selbstwiderspruche (Walter Burleigh) auf, wobei
wir zugleich das Schauspiel haben, dass auch solche platonisch Gesimnte
sich dennoeh der übermächtigen Auctorität der aristotelischen Logik nicht
entwinden könnem.
Hingegen ebem ein reiches Material lag in dem Schriften des Aristo
teles und der Araber, sowie Einzelnes in der byzantinischen Logik vor.
Und sowie im 12. Jahrh. jede der versehiedenem Parteien sich auf irgend
eine vereinzelte Stelle des Boethius gestützt hatte, so waren es nun, wie
sich von selbst versteht, vor Allem einzelne Stellen aus Aristoteles, an
welche man anknüpfte, wobei ja jetzt auch die Metaphysik, De anima,
die Physik und die Ethik zu Gebot standem. Sowie aber von einem
wirklichen. Werständnisse der Gesammt-Philosophie des Aristoteles in jener
Zeit matürlich keine , Rede sein kann, so sind es mur die wechselndem
Bilder eines halbwerdautem Aristotelismus, welche aus herausgerissemen
Stellen formulirt uns als Partei-Ansichten begegnen. Was man in solcher
zerbröckelter Weise sich aus den genanntem Schriften des Aristoteles
(— um selbst vom 0rganon abzusehem —) herauslas, war bald ein Dua
lismus zwischen Idealität und Empirie (s. Abschn. IV, Amm. 16, 25, 76),
bald ein Psychologismus (ebend. Amm. 54, 56—61), bald ein Empirismus
(ebd. Anm. 50, 52), bald ein Sensualismus (ebd. Amm. 62, 69 f.), bald
eim Intellectualismus (ebd. Anm. 65, 86), welcher die in der Seele auf
tretenden Universalien (ebd. Anm. 64, 176) aus den bleibenden Sinnes
Eindrücken (ebd. Amm. 63, 87) lurch eine schaffende Thätigkeit zur
Werwirklichung bringt. (ebd. Anm. 68, 85, 97) und so durch Erkenntniss
des Singulären (ebd. Amm. 82) in dem uns Kenntlicheren das Ideelle
erfasst (ebd. Anm. 74), bald hinwiederum die species intelligibilis (ebd.
Anm. 63), bald die für das Denken entscheidende Function der mensch
lichen Sprache (ebd. Anm. 23, 101, 109—113) oder die Modalität der
Bezeichnung (ebd. Anm. 147), bald auch das principium identitatis (ebd.
Anm. 163 ff., 171, 178). Hiezu aber kam aus der arabischen Litteratur
der schon bei Albert und Thomas recipirte Begriff der intentio secunda
in allen möglichen Wendungen und Avicenna's Bemerkungen zum Por
phyrius. Und die byzantinische Logik spendete als einflussreiche Beisteuer
ihren Begriff des terminus nebst all seinem Zubehör.
So kam es bei jedem einzelnen Autor`jener Periode nur darauf an,
welche und wie viele der erwähnten Ingredienzien und in wie starker
Dosis er dieselben mischte (Duns Scotus ist hierin wohl der uimfassendste);
seine Parteistellung wurde hiedurch erzeugt. Und in solcher Art erwuchs
184 XIX. Die Parteispaltung. Stepham Tempier.
jenes bunte. Wielerlei von Ansichten , welches ich mum in seiner wech
selnden Gestaltung einzeln darzustellen habe. Jene Momente aber, welche
bei Aristoteles selbst das schwerer Wiegende waren, bedingten zuletzt
durch ihre eigene Wucht auch das Zünglein der Wage im geschicht
lichen Werlaufe.
Paris und Oxford waren die hervorragendsten örtlichen Sitze der
logischem Litteratur, und dort auch wurden die ersten Fädem gesponnen,
welche, wenn auch ursprünglich rein theologischen Inhaltes, für die spätere
Parteistellung der Logiker maassgebend wirkten ; und zwar war es Paris,
in welchem man hauptsächlich die Frage über das principium indivi
duationis anregte, sowie andrerseits in 0xford die Controverse über unitas
formae überwiegend in den Wordergrund trat.
Nemlich in Paris' hatte der Bischof Stephan Tempier schon i. J.
1270 mehrere philosophische und theologische Sätze als irrthümliche be
zeichnet und wiederholte i. J. 1276 diese Censur in sehr wermehrter Auf.
lage '°). Diese oberhirtliche Fürsorge für das Seelenheil der Gläubigen
würde uns jedoch nicht im Geringsten interessiren, wenn nicht Ein Punkt
in die Geschichte der Logik eingriffe; und zwar müssen wir zugestehen,
dass, wenn man einmal auf dem Standpunkte der Orthodoxie steht, hier
mit schärferem Denken, als bei Albert und seinem Nachtreter Thomas,
die Consequenzen des arabischen Aristotelismus erfasst werden. Tempier
nemlich verneint zunächst kurzweg, dass (— wie jene Beiden dem Avi
cenna nachgebetet hatten —) der Grund der Individualisirung in der
Materie liege ''); sodann aber führt ihn eine der Creations-Theorie ent
nommene Wendung **) zu der präcisen Formulirung seines Einwandes,
dass, wenn die Materie das principium individuationis wäre, sowohl
die Einzeln-Persönlichkeit der Engel als aueh die Individualität der Seele
preisgegeben werden müsste 1°), wohingegen ja bekanntlichst in diesen
beiden Beziehungen die Orthodoxie von immateriellen Individuen spricht.
Dass aber mit diesen Censuren, welche auch hei anderen Autoren jener
Zeit stets mit diesen nemlichen Worten angeführt werden!*), wirklich
10) Gedruckt sind diese Censuren Tempier's fast in allen Ansgaben des Petrus
Lombardus (als Anhang zum IV. Buche), auch bei Joh. Chrysost., de non cond. eccl.
Ed. Paris 1560, fermer in Bibl. Patr. Maae. Vol. III, sodann bei Bulaeus, Hist. un.
Paris., Vol. III, p. 434 ff., zuletzt unter Vergleichung mehrerer Handschriften hei
Car. Du Plessis d'Argentré, Coll. iudic. de nov. error. (Par. 1728. fol.), Vol. I, p.
175 ff. u. p. 188 ff. (Hiernach citire ich).
11) p. 198, Nro. 1: Quod formae non recipiunt divisionem nisi secundum divi
sionem materiae (fast ebenso p. 183, Nro. 191). p. 198, Nro. 4: Quod individua
eiusdem speciei, ut Socrates et Plato, differunt sola positione materiae (ebenso
p. 180, Nro. 97). Vgl. Thomas, Abschn. XVII, Anm. 519, nnd Albert, ebend.
Anm. 388.
12) p. 180, Nro. 96: Quod deus non potest multiplicare individua sub una
specie sine materia (ebenso p. 190, Nro. 41). -
13) p. 179, Nro. 81 : Quod, quia, intelligentiae non habent materiam, deus non
posset facere plures eiusdem speciei (ebenso p. 192, Nro. 17). ' p. 188, Nro. 6:
Quod deus n0n p0sset facere plures animas in numero. Arabische Meinnngen , an
welchen man in dieser Beziehung Anstoss nehmen musste, s. Abschn. XWI, Anm.
117 u. 134. -
14) Z. B. Henr. Goethals, Quodlib. (ed. Venet. 1613. fol.) II, 8, f. 55 v. Aegid.
Rom., Quodlib. (ed. Bonon. 1481. fol.) II, 7. -
XIX. Stephan Tempier. Robert Kilwardby. 185
Thomas gemeint sei, indem Tempier nur eine volle Consequenz desselben
aufdeckt, steht sowohl an sich für jeden Kenner dieser Litteratur als
auch durch bestimmte gleichzeitige Zeugnisse fest 1°). Jener zweite con
troverse Punkt, nemlich die Frage über unitas formae, erseheint
bei Tempier noch nicht vollständig formulirt, sondern erst mur im
Κeime 1°). -
Hingegen in 0xford treffen wir in eben dieser letzteren Beziehung
eine ganz entschiedene Parteistellung. Dort war in jenem nemlichen
Jahre 1276 der Erzbischof von Canterbury Robert Kilwar db y (gest.
1279) mit einer Censur mehrerer Lehrsätze aufgetreten 17), wobei unter
Anderem die Annahme, dass die Form eine einheitliche sei, an dem
üblichen Beispiele von homo oder humanitas mit klaren und einschnei
denden Worten als eine irrthümliche bezeichnet wird 1°). Dass aber auch
bei diesem Werdammungs-Urtheile nicht logische, sondern nur theologische
Motive (betreffs des Körpers Christi und der Heiligen) obwalteten, ist
uns ausdrücklich bezeugt'°); ja, was das logische Motiv der Universalien
betrifft, müssem wir gleich bei diesen erstem Regungen einer Partei
Polemik entschieden darauf hinweisem , dass auch Kilwardby mit der
15) Der nach den so eben angeführten Worten „deus non posset facere plures
eiusdem speciei“ in den Druckausgaben erscheinende Zusatz „et quod materia non
est in angelis; contra fratrem Thomam* fehlt allerdings in den von D'Argentré be
nützten Handschriften. Aber in der Sache ändert diess Nichts. Denm schon Gott
fried von Fontaines, der Zeitgenosse und Mitkämpfer jener Controversen (s. untem
Anm. 58 ff.), war sich dessem genau bewusst, dass jenes Pariser Werdammungs
Urtheil hierin gegen Thomas gerichtet war. Derselbe sagt nemlich in einer von
D'Argentré, p. 215 A, aus Handschriften mitgetheilten Stelle : Isti autem articuli
• • • • • • sunt etiam in detrimentum non modicum doctrinae studentibus perutilis recen
tissimi et excellentissimi doctoris, scilicet fratris Thomae, quae eae praedictis articulis
minus iuste aliqualiter diffamatur. Hiezu das ausdrückliche Zengniss des Duns
Scotus, untem Anm. 124. Was über diese Angelegenheit die modernen Anbeter des
„heiligen** Thomas denken, ist gleichgültig, und die Unkritik, welche durch
Werner's Werk (Abschn. XVII, Anm. 481) sich hindurchzieht, bleibt erfolglos.
16) D'Argentre a. a. 0. p. 180, Nr. 104: Quod humanitas non est forma rei,
sed rationis (ebenso p. 196, Nro. 2); und p. 196, Nro. 5: Quod homo est homo
praeter animam rationalem.
17) Gedruckt in Hist. et antiqu. univ. 0aconiensis (0æf. 1674, fol.), Vol. I, p.
125 f., und hierauf gleichfalls bei D'Argentre.
18) D'Argentré, p. 186, Nro. 12: Quod vegetativa, sensitiva et intellectiva sunt
vna forma simpliciter. Vgl. Thomas Abschn. XVII, Anm. 521.
19) Aus einem Schreiben des Johannes Peccam (s. über ihn unten Anm. 25)
theilt Wood in Hist. et ant. un. 0æon., I, p. 130, Folgendes mit: Unum vero illorum
expresse notavimus articulum quorundam dicentium, in homine esse tantummodo
formam unam, ..... quod eae ipso sequitur, ut putamus, nec corpus Christi fuisse
unum numero vivum et morluum, nec aliqua sanctorum corpora tota vel secundum
partes aliquas in orbe existere vel in urbe, ..... quoniam sine substantialis formae
wnitate nulla potest numeraliter substantia esse una. Ebenso berichtet etwas später
anch 0ccam, Dialog. (ed. Lugdun. 1494, fol.), Pars I, Lib. II, c. 24, f. XIV r. B:
Saepe audivi a multis Anglicis et Britonibus enarrare, quod de opinione Thomae de
unitate formae, quando conclusiones, quae eæ ipsa sequuntur, eæplicabantur, scan
dalum fuit in Anglia prope infinitum...... Quod corpus Christi non fuit idem numero
vivum et mortuum, et quod corpus Christi, quod iacuit in sepulcro, in ips0 triduo
nunquam fuit corpus Christi, dum viveret; quod corpus et reliquiae, quae a fidelibus
pro corporibus sanctorum venerantur, nunquam fuerunt corpora, ...... quia caro
mortua nunquam fuit viva.
186 XIX. Robert Kilwardby.
allgemein recipirten arabisch-aristotelischen Auffassung , einverstanden war,
wornach die Universalien auf Grund vorausgegangener Sinneswahrnehmung
erst in der denkenden Seele entstehen*°).
Aber neben jenem Einen folgenreichen Punkte erstreckte Kilwardby
seine Kritik auch auf das eigentliche Gebiet der Logik, und zwar sind
es merkwürdiger Weise mehrere der byzantinischen Logik angehörende
Sätze, welche er als irrthümliche verurtheilt, so dass wir hier neuerdings
einen Beleg (lafür findem, dass im 13. Jahrh. sich sehr Wiele und sehr
einlässlich mit diesem Zweige der Logik beschäftigt haben müssen. Nem
lich neben zwei selbstverständlichen logischen Ketzereien werden hier
meum einzelne herausgerissene Sätze verdammt, welche theils die suppo
sitio und distributio, theils die ampliatio, theils die restrictio, ja sogar
bereits die consequentia betreffen 2!).
Es gehört jedoch Kilwardby überhaupt zu den fruchtbarsten logi
schen Schriftstellern seiner Zeit, und nur durch eigenthümliche Verhält
nisse kann es gekommen sein, dass man am Ende des 15. Jahrh., wo
doch eine überreiche Litteratur der Logik gedruckt wurde, diesen Autor
völlig bei Seite setzte. Wahrscheinlich ignorirten ihn die Thomisten ab
sichtlich, während er bei den Franziskanern durch Duns Scotus und
20) Aus Kilwardby's ungedruckter Schrift De ortu scienliarum theilt Hauréau,
De la Philos. scol. II, p. 244 nach einer Pariser Handschrift eine längere Stelle
mit, in welcher wir lesen : 0mnis doctrina et disciplina intellectiva eae praeezistenti
fit cognitione, scilicet sensitiva ...... , Haurit igitur anima rationalis a rebus eactra
scientiam per sensum, .... per quoddam haustorium, qu0 deferuntur species sensibiles
ab eætra usque ad animam rationalem, in qua fit universale, quod est principium
scientiae. S. bei Thomas, Abschn. XVlI, 493 ff.
21) D'Argentre a. a. 0. p. 185: De erroribus in logica. 1. Quod contraria
possunt simul esse vera in aliqua materia. 2. Quod syllogismus peccans in materia
non est syllogismus. 3. Quod non est suppositio in propositione magis pro suppo
sito, quam pro significato (d. h. eine Gleichstellung des suppositum umd des signi
ficatum verstiesse gegen die ersten Grundlagen der Supposition, s. bei Petrus Hisp.
Abschn. XVII, Anm. 201, u. bei Shyreswood ebend. Anm. 59 f.). 4. Et ideo idem
est dicere ' „cuiuslibet hominis usinus currit“ et „asinus cuiuslibet hominis currit*
(diess wäre eine Consequenz einer solchem falschen Gleichstellung, weil im ersteren
Satze das Gewicht auf dem suppositum, und in letzterem auf dem significatum läge).
5. Item quod animal (so in Hist. un. 0æon., D'Argentre gibt nach Einer Handschrift
omnis [sic] animal) est omnis homo (s. das Sophisma bei Petrus Hispanus ebend.
Anm. 240). 6. Quod signum non distribuit subiectum in comparalione ad praedi
catum (diess verstiesse , gegen die bei Petrus Hisp. ebend. Amm. 240 gegebene
Distinction). 7. Quod veritas de necessitate praedicati tamen est ea istentia subiecti
(so richtiger in Hist. un. 0æon., als bei D'Argentré ; inhaltlich konnte, dieser Satz
an die ampliatio des Petr. Hisp., ebd. Anm. 225, angeknüpft werden, zumal da
schon Shyreswood die necessitas in einer Weise besprochen hatte, — s. ebend.
Anm. 80 —, welche uns bei Späteren wieder begegnen wird, s. folg. Abschn.,
Amm. 382). 8. Quod non esl ponere demonstrationem sine rebus entibus (diess be
zieht sich auf die Lehre betreffs der restrictio, s. Abschn. XVII, Amm. 236). 9. Quod
omnis prop0sitio de futuro vera est etiam necessaria (wir trafen diese Controverse
bezüglich der ampliatio, — ebd. Anm. 226 —, schon bei Robert Capito, s. ebd.
Anm. 357). 10. Quod terminus cum verbo de praesenti distribuitur pro omnibus
differentiis temporum (wie bei Albertus Magnus, ebd. Anm. 470, so weist auch hier
dieser streitige Punkt mehr auf Shyreswood, ebd. Anm. 64, als auf Petrus Hispanus
zurück). 11. Quod ev negativa de praedicato finito sequitur , affirmativa de praedicato
infinito sine constanlia subiecti (dass dieses die Lehre von der consequentia betrifft,
ist ersichtlich; s. Abschn. XVII, Anm. 610.ff., bes. 621 ff.).
XIX. Robert Kilwardby. 187
0ccam verdunkelt war. Ausser Commentaren zu den naturphilosophischen
Bücherm und zur Metaphysik des Aristoteles verfasste er gegen zwanzig
Sehriften, welche sich auf Logik beziehen und das ganze Organon um
fassen; aber all Dieses ist nur noch in Handschriften vorhanden **). Er
zeigt sich uns dabei als einem höchst einlässlich breitem und scrupulösen
Commentator, welcher Wort für Wort dem aristotelischen Texte folgt, un
aufhörlich auf dem Fadem des Zusammenhanges hinweist, jede Zeile zu
klarstem Werständnisse zu bringen sucht, und hiebei nach Art der Araber
immer Schwierigkeiten erhebt, nur um dieselben zu widerlegen und so
einer vollständigen Erklärung zu dienen **). -
22) Nach Quetif, Scriptt. ord. Praedic. I, p. 374, und Balaeus, Scriptt. ill. Mai.
Brit. IV, c. 46, schrieb er: In Isagogen Porphyrii, De rebus praedicabilibus, In Prae
dicamenta Aristotelis, De divisione entis, De unitate formarum, De relativis, De
natura relationis, De relationis praedicamento, In seae principia Gilberti, Periherme
nias, In Priora et Posteriora Analytica, In Topica Arist., In Elenchos, In divisiones
Boethii, De modo significandi, Quaestiones dialecticae, Sophistria grammaticalis, So
phistria logicalis. Die beidem letzteren Schriften jedoch scheinen mir etwas ver
dächtig zu sein, da Solches unter solchem Titel schwerlich vor Duns Scotus ver
fasst wurde.
23) Wenn nemlich Hauréau a. a. 0. p. 246 von ihm sagt: „Si nous n'avions
pas négligé les mystéres de Baroco et de Baralipton, pour circonscrire nos recherches
dans la limite des questions recommandées par Porphyrius, nous aurions à faire con
naître ici les ingénieuses eæplications données par Robert Kilwardby sur les formes
variées du syllogisme; nous diront simplement que ce fut un des plus habiles logi
ciens du XIII. siècle“, so mnss ich nach genauer Einsichtnalime des von Hauréau
erwähnten Codeae Sorbonn. 1791 allerdings mir erlauhen, dieses Urtheil etwas ein
zuschränken. Denn dass Kilwardby un habile logiciem war, gebe ich gerne zu;
aber ingénieuses sind seine Erklärungem der Syllogistik wahrlich nicht, indem er
auch dort nur mit ängstlichem Fleisse bemüht ist, sämmtliche Schlussweisen einem
eifrigen, wenn auch stupiden, Schüler verständlich zu machen. Ich könnte aus
genannter Handschrift z. B. berichten, wie er in der Einleitung zur ersten Analytik
mehrere Seiten den Discussionem widmet, inwieferne die Logik modum inquirendi
lehre (s. Albert und Thomas, Abschn. XVII, Anm. 363 u. 489), und hierin des
Boethius inventio et iudicium (Abschn. XII, Anm. 76) liege, aber dabei das Wer
hältniss zu den übrigen Wissenschaften zweifelhaft sei, ob ferner, wenn die Logik
das allen Gemeinsame enthält und so modum sciendi und zugleich scientiam lehrt,
ihr nicht abermals zu ihrer Rectificirnmg eine Wissenschaft voransgehen müsse, oder
wie sie sich zur Metaphysik, welche gleichfalls Gemeinsames lehrt, verhalte, u. s. f.
Nur zur Probe aber will ich eine beliebige Stelle aus der Syllogistik (in welcher
er nirgends die byzantinischen Kanstworte oder Memorialverse anwendet) über die
zweite Schlussfigur anführen: Dubitatur de hoc, quod dicit, secundam figuram esse,
quando medium de utroque evtremo dicitur omni vel nullo ; hoc enim non videtur,
cum nunquam sit syllogismus eæ negativis. Dubitatur de his, quae contrarie dicit
in littera (bekanntlich heisst ,,littera“ immer der zu erklärende Text); medium enim •
esse, per quod unum eætremum distat ab alio; sed per id, quod praedicatur de
utroque eætremo, non distat unum ab altero; ergo id quod praedicatur de utroque,
non erit ipsorum medium, cuius oppositum dicit in littera. Adhuc medium est, quod
aequaliter distat ab utroque eætremorum ; ergo eaetrema aequaliter distant a medio;
ergo unum eaetrernum non est propinquius medio, cuius oppositum dicit. Adhuc me
dium, cum sit id, per quod eætremum distat ab eætremo, est inter eaetrema; ergo
non est primum in positione, cuius tamen oppositum dicit. Haec omnia soluta sunt
aequivocatione medii; obiecta enim procedunt accipiendo medium proprie, quod est
medium in continuis; ita enim est inter eaetrema secundum positionem et aeque distans
ab eis; hic autem accipitur medium metaphysice pro eo, quod est medium uniendi
intellectus eaetremorum. Et notandum, quod medium syllogisticum aliquando est utro
que modo medium, ..... et tale medium est in prima figura; aliquando autem sicut
188 XIX. Robert Kilwardby. Johannes Peccam.
Der geschichtliche Faden aber der sich steigernden Controversem
Litteratur knüpft nicht an die Commentare Kilwardby's, sonderm an jenes
Verdict an, welches er gegen die unitas formae gefällt hatte. Und jeden
falls stand er hierim nicht allein, somdern es hatte schon i. J. 1278 eine
geschlossene Fraction den Kampf gegen Thomas nach dieser Seite hin
aufgenommen. Wenigstens berichtet in jenem Jahre ein Werlheidiger des
Thomas, Aegidius von Lessines (s. untem Anm. 52 ff.), dass seine Gegner
die unitas formae nur als die additive Einheit einer Zusammensetzung
(„aggregatum“) verstehen wollen. Diese Ansicht nemlich, welche eben
sosehr als jene des Thomas auf Avicenna beruhte, stützte sich darauf,
dass sowohl im Körper als auch in der Seele die vielen einzelnen Glieder
und Bestandtheile eine selbstständige Wesensform an sich haben, und
somit im Menschen nur die letzte zusammenfassende (compleaeiva) Form
eine Werbindungs-Einheit herbeiführe, während, wenn man (wie Thomas)
in die intellectuelle Seele die ausschliesslich einzige Form des Menschen
Wesens verlege, alle übrigen Einzeln-Formen der Bestandtheile erdrückt
und vernichtet werden müssten 34).
Hatte somit diese Polemik gegen Thomas einen Rückhalt an einer
compacteren, wenn auch vielleicht noch kleinen , Partei gewonnen, so ist
es erklärlich, dass Kilwardby's Nachfolger im erzbischöflichen Stuhle,
Johan ne s P ec ca m, i. J. 1284 die Censuren seines Vorgängers in wenig
geänderter Form erneuerte *°) und hiedurch jedenfalls verhinderte, dass
der Streit etwa eingeschlafen wäre. Uebrigens ist um der folgenden Ent
wicklung willem der Umstand sehr beachtenswerth, dass, während Kil
in aliis figuris solum dicitur medium, quia est unitivum eztremorum, unde in secunda
figura dicitur medium primum positione, quia obtinet in syllogismo situm , et condi
tionem eius, quod est primum in ordine praedicabili; maior' vero extremitas , dicitur
esse propinquius positione medio, quia magis habet conditionem et situm medii in
ordine praedicabili, subiicitur enim et praedicatur; minor vero extremitas dicitur esse
longius posita medio, quia privatur conditione medii in ordine praedicabili, subiicitur
enim tantum. Patet igitur u. s. f. Solcher Art aber ist der ganze Commentar! '
24) Aus einer Pariser Handschrift mitgetheilt bei Hauréau a. a. 0. p. 248:
Dicunt enim, quod homo unam habet formam, quae non est una simpliciter, sed ea,
multis composita, ..... quarum ultima et compleaciva totius aggregati est intellectus.
Sicut enim ea, multis diffinitis ad invicem naturaliter ordinatis una diffiniti est forma,
sic est in rebus compositis per naturam de formis constituentibus eas. Et sicut eae
parte corporis multa sunt membra proprias formas et propriam materiam habentia,
quorum nullum est alterum , tamen constituunt unum corpus per ordinem et colliga
tionem naturalem, quam habent ad invicem, sed non constituunt : unum corpus sim
pliciter: sic eae parte animae multae sunt partes essentialiter differentes, quae tamen
per ordinem et colligationem naturalem unam animam efficiunt, non tamen ita, quod
anima sit simpleae ..... Et eae formis rorporalibus iam memoratis et hac spirituali,
quae constat ea, multis, humanitas una resultat. Aliam unitatem formarum dicunt
non esse secundum philosophiam ...... qu0d positio de unitate formarum secundum
istum modum est veritate subniara ...... Secundum vero alium modum, quando (Hau
réau gibt „quidem“) dieitur ultima forma compositi omnium aliarum actiones supplere
et in eius adventu omnes alias corrumpi, dicunt, quod nulla veritate fulta est. Dass
aber auch für diese unitas compositi, welche in Wahrheit eine pluralitas ist, die
Quelle bei Avicenna vorliege, s. Abschn. XVI, Anm. 92.
25) Hist. univ. 0æon. I, p. 129 f. Aus der byzantinischen Logik erscheinen
hier (in sehr fehlerhaftem Drucke) von obigen Sätzen (Amm. 21) nur die Nummern
3, 5, 6 u. 10. Der Thesis betreffs der unitas formae ist nur die Wendung ge
geben : Corpus vivum et mortuum est aequivoce dictum; vgl. Anm. 19.
XIX. Johannes Peccam. - Wilhelm Lamarre. 189
wardby noch dem Dominikaner-0rden (— Albertus und Thomas —) ange
hörte, Peccam schon Franziskaner war *°). Wir werdem nemlich sehen,
wie der Gegensatz dieser beidem 0rden sich auch für die Logik prin
cipieller ausbildet. S. Amm. 221.
An Peccam nun schliesst sich der Franziskaner Wilh e I m Lama r r e
am, welcher in ebem jenem Jahre 1284 sein ,,Correctorium fratris Thomae“
(die Thomisten nanntem es immer ,,Corruptorium“) ausgehen liess. Diese
Schrift selbst zwar ist verloren , wir kennen jedoch ihren Inhalt hin
reichend genau aus den langen wörtlichen Anführungen in jenem „De
fensorium“, welches fälschlich (— s. unten Anm. 71 —) für ein Werk
des Aegidius Romanus gehalten wurde *"). Lamarre gab. nicht bloss dem
bisherigem Einwänden gegen Thomas eine präeisere und reichere Begrün
dumg, sondern vermehrte dieselben auch um einem sehr wichtigen Punkt.
Einen wahrlich komischen Eindruck bei seiner Polemik macht allerdings
die Art und Weise, wie er dogmatische Momente als ganz ebenbürtig
mebem arabisch-aristotelischen Auctoritäten verwendet; aber es ist diess nur
die natürliche Folge der von Thomas angebahnten Verquickung. Was
das principium individuationis betrifft, so kehrt hier nicht bloss das
obige (Anm. 13) Motiv aus der Angelologie wieder *°), sondern es wird
auch ausdrücklich die Gefahr hervorgehoben, welche , der persönlichen
Unsterblichkeit durch einen averroistischen Monopsychismus droht *°). Be
züglich der unitas formae, bei welcher Lamarre gleichfalls (vgl. Anm. 19)
an dem Körper Christi und auch an die Transsubstantiation denkt, formu
lirt er jene so eben (Amm. 24) angeführte gegnerische Ansicht nur etwas
präciser dahin, dass in dem Beispiele von homo oder humanitas die
vegetative und die sensitive und die intellectuelle Seele eine pluralitas
formarum begründen, bei welchen eine Gradabstufung der Wervóllkomm
nung zur additiven Einheit des „zusammengesetzten“ Wesens führe, und
auch er erinnert daram, dass, falls die intellectuelle Seele die alleinige
Wesens-Form wäre, beim Ausscheiden derselben das Sein des Körpérs
untergehen müsste *°). Neu aber und für den weiteren Werlauf der Par
26) Ebend. p. 131.
27) Unter den mehreren Drucken desselben citire ich nach ,,Defensorium seu
Correctorium fundamentarii doctoris domini Egidii Romani..... in Corruptorium libro
rum Angelici docloris sancli Th0mae..... a quodam emulo depravatorum“. Venet.
1516. fol.
28) Ebend. f. 9 v. B: Quod impossibile est duos angelos esse eiusdem speciei .....
Dicimus, quod habent materiam spiritualem, et tunc materiae eorum distinguuntur
non per divisionem quantitatis, ..... sed per multiplicationem numerabilitatis, sicut
cum unus punctus fit du0 puncta (über die Wortform „punclus — puncta“ s. vor.
Abschn., Anm. 140). Das nemliche Thema f. 17 r. B u. f. 47 r. A.
29) Ebend. f. 54 v. B: Individuationem animae fieri per corpus, videtur esse
falsum, ..... quia sequilur ea, hoc, quod vel anima post separationem a corpore
desinat esse, vel sallem qu0d post mortem hominum erit unus intellectus tantum vel
anima, ..... quod erat error Averrois.
30) Ebend. f. 18 r. A: Haec positio de unitale formae substantialis reprobatur
a magistris primo, quod eæ ipsa sequuntur plura contraria fidei catholieae, secundo
quia contradicit philosophiae, tertio quia repugnat sacrae scripturae ..... (B) Contra
fidem de corpore Christi morlu0..... Fides ponit, qu0d in sacrament0 altaris etc......
Si sola anima intellecliva immediate esset perfeclio materiae primae, tunc in homine
non esset forma animulis, nec miati ..,... Forma una , et eadem numero dabit esse
190 XIX. Wilhelm Lamarre. Heinrich Goethals v. Gent.
teiung höchst beachtenswerth ist, dass er auch gegen jene übertriebene
Formulirung kämpft, mit welcher Thomas gesagt hatte, dass es kein Er
kennem des Singulären gebe (Abschn. XVII, Amm. 499). Nemlich meben
gesehmacklosen theologischen Gründen bemerkt Lamarre ganz richtig, dass
damn auch keine singulären Urtheile möglich seien und über Einzelnes
Nichts syllogistisch erschlossen werden könne, ja überhaupt es, unbegreif
lich bleibe, wie damn jenes „colligere“ der Universalien (ebd., Anm. 494)
von Statten gehe *'). Was aber die dreifache Geltung der Universalien
betrifft, so schliesst auch er sich unter ausdrücklicher Anführung des
Avicenna an die allgemein recipirte Auffassung an **).
Indem aber auch Heinrich Goetha I s v o n G e n t (geb. 1217, gest.
1293), welcher in der Sorbonne als Lehrer auftrat und bekanntlich dem
Beinamen Doctor solemmis erhielt, sich selbst als einem Theilnehmer der
Pariser Censuren bekennt *°), so liegt hierin jedenfalls , schon eine äussere
Anknüpfung an die so eben erwähnte Richtung; dass aber auch inmere
Gründe uns veranlassem, ihm gerade hier zu erwähnen, wird die folgende
Darstellung seiner Ansichten von selbst zeigen. Bei dem Werluste seiner
,, Logica“, welchen wir beklagen, vielleicht aber auch verschmerzen können,
sind wir auf seine um d. J. 1278 verfasstem Quodlibeta und auf die etwas
später geschriebene Summa quaestionum theologiae angewiesem **), und
wenn es den Versuch gelten soll, diesen so verschieden aufgefassten
Autor *°), insoweit er die Geschichte der Logik berührt, in möglichster
corporale et spirituale ...... (f. 18 v. A) Ponimus, formam animae intellectivae primo
perficere materiam suam spiritualem et mediante hac materiam suam c0rp0ralem .....
Sunt duae, quae sunt incompletae, quae dant esse incompletum corpori human0, qu0d
perficitur et completur adveniente anima rationali ..... Vegetativa, sensitiva et in
tellectiva sunt tres formae, quae se habent secundum esse complelum et incompletum,
secundum potentiam et actum convenientes quoad essentialem unitalem ...., Pluralitas
erg0 formarum non est contra unitatem c0mp0siti essentialem, nisi sint tales, quae
non se habent secundum esse incompletum et completum. f. 50 v. B: Res, in qua est
multitudo et gradus formarum, est una per formam ultimam. Hiezu f. 29 v. A: Si
maleria hominis nullum aliud habet esse, quam animae intelleclivae, materia hominis
in instanti separationis animae perdit omne esse, cuius contrarium videmus.
31) Ebend. f. 4 v. A: Secundum hoc animae separatae et angeli Christum non
c0gn0scerent...... Peccalum aclio singularis est, ..... et de hoc, quod h0m0 non
cognoscit, non p0enitet mec se corrigit ..... Si intellectus mon cognoscit singularia,
tunc non polerit facere pr0p0sitionem aliquam, in qua esset singularis res, et ila nec
syllogizare. Tunc non posset ea, multis singularibus colligere unum universale ; eac
incognitis enim non potest intenlionem c0gn0scibilem abslrahere.
32) Ebend. f. 48 r. B. S. Abschn. XVI, Anm. 184. Vgl. vor. Anm. 20.
33) Henrici Goethals a Gandavo aurea Quodlileta ed. Zuccolius, Venet. 1613.
fol., II, 9, f. 59 v. A: Error est, substantiam sine operatione non esse in loco, ut
dicit unus articulus inter damnatos nuper per senlentiam episcopi (d. h. des Stephan
Tempier). f. 60 v. B : In hoc enim concordabant omnes magistri theologiae congre
gati super hoc, quorum eg0 eram unus, unanimiter concedenles.
34) Erstere citire ich nach der so eben genanntem Ausgabe, letztere nach :
Summae quaestionum ordinariarum theologi recepto praeconio Solemnis Henrici a
Gandavo. Paris 1520. fol. 2 Woll.
35) So lesen wir z. B. in dem somst vortrefrlichen Werke Hauréau's, II, p. 276:
Duns-Scol vint reprendre, commenter l'une après l'aulre les thèses du Docteur So
lennel, et lui emprunter ses principaua, arguments eontre le péripatetisne ontologique
de Suint Thomas (diese Auffassung hat K. Werner gedankenlos, wie immer, in sein
Buch über Thomas, I, p. 866, aufgenommen). Wohl weit richtiger urtheilt über
XIX. Heinrich Goethals v. Gent. 191
Kürze zu , charakterisirén, so dürfte mach meiner Ansicht das Richtige
vielleicht in Folgendem liegen. Der äusserst redselige Goethals, welcher
am Liebsten aus Augustin, Bernhard v. Clairvaux, Hugo v. St. Victor u. dgl.
schöpft *°), wäre nach seiner ganzen Anlage der ausgesprochenste Pla
toniker gewesen (s. Abschn. XVII, Anm. 571 z. Anf.), wenn ihn micht
hieram die allgewaltige Auctorität des damaligem arabischen Aristotelismus
gehimdert hätte. Und so gestaltet sich bei ihm einerseits der unklare
Mischmasch des Thomas zur lächerlichen Monstrosität, während er andrer
seits die erwähnten dogmatischen Bedenken, welche man gegem den Tho
mismus erhob, theilte. Darum hatte ein scharfsinniger Kopf wie Duns Scotus
ebensosehr ein leichtes Spiel gegen ihm, als die Thomisten mit Vergnügen
ihn angriffem.
Indem Goethals aus Thomas das Verhältniss der Universalien zur
Sinneswahrnehmung selbst mit Einschluss der sog. „refleacio“ adoptirt*"),
betont er schon bezüglich der Musterbilder, in welchen die Wahrheit der
Dinge liege, sehr stark dem helfenden allgemeinen Einfluss der höchsten :
Intelligenz, welcher auch bei dem blossem matürlichem Erkennen nicht
ausgeschlossen sei**), umd da er sodann diese Musterbilder (im Unter
schiede gegen Thomas) ganz entschiedem platonisch als selbstständige
Wesem fasst und dieselben so den künstlichen Gebilden der intentio
Goethals Ch. Jourdain, La philos. de St. Thomas, II, p. 46: Bien qu'il soit toujours
cilé avec honneur, et que son adversaire habituel, Duns Scot, respecte en lui, tout en
le combaltant, une des lumiéres de la scholastique, il est un peu resté dans l'isole
ment. In der Monographie von Frangois Huet (Recherches hist. et crit. sur la vie,
les ouvrages et la doctrine de Henri de Gand. 1838) gebricht es in sehr fühlbarer
Weise an der nöthigen Kenntmiss der damaligen Sachlage der philosophischen
Controversen überhaupt.
36) Daher aueh seine gänzliche Intoleranz gegen jedweden Betrieb einer Wissen
schaft, insoferne derselbe nicht der Theologie dient; z. B. S. theol. VII, 10, f. LX r.:
De scientiis igitur philosophicis pure speculativis absolute dicendum, quod non licet
eas addiscere nisi in usum theologiae, nisi forte quis aliquam illarum scientiarum
discat, ut melior disponatur ad discendum quaedam alia, veluti logicam.
37) Ebend. I, 1, f. I v.: Homo autem nihil percipit de re nisi solum idolum
eius, ut speciem receptam per sensus, quae idolum rei est, non ipsa res (bei Thomas
hiess es phantasma, Abschn. XVII, Anm. 500). Ebend. XIII, 6, f. XCIV v.: Intel
lectus sub speciebus sensibilium investigando, quasi subtus fodiendo, penetrat ad
cognoscendum ea, quae latent intelligibilia sub speciebus sensibilium. Ebend. XL,
2, f. CCLVII r.: Proprium obiectum intellectus creati universale est, quod est ei ratio
cognoscendi omnia singularia sub ipso. Quodlib. IV, 21, f. 201 r. A : Directe ergo
et per se intellectus noster non cognoscit nisi universale abstractum a singulari; in
directe autem et quasi quadam refleacione convertendo se ad phantasmata, in quibus
sunt formae sub ratione singularis (die genaue, ja wörtliche Uehereinstimmung mit
Thomas s. ebd. Amm. 499).
38) S. theol. I, 2, f. IV v.: Homo per suam animam absque omni speciali divina
illustratione potest aliqua scire aut cognoscere, et hoc ea, puris naturalibus; .... dico
aulem „eae puris naturalibus“ non eaecludendo generalem influentiam primi intelligen
tis, quod est primum agens in omni actione intellectuali et cognitiva ..... In prima
cognitione intellectus noster omnino sequitur sensum ...... Eae parte autem intelligi
bilis ratio est. ..... Quia igitur verum dicit intenlionem rei in respectu ad suum
eaeemplar, ..... intentio veritatis in re apprehendi non potest nisi apprehendendo
conformitatem eius ad suum eaeemplar. Ebend. II, 2, f. XXIII v.: Adspiciendo ad
ezemplar increatum, quod est causa rei; ..... cognitio enim, quae acquiritur per
phantasmata, non potest esse, quin sit obscurata. (Vgl. bei Thomas, Anm. 513.)
192 XIX. Heinrich Goethals v. Gent.
secunda gegenüberstellt *°), so muss mun das Gebiet der letzteren, d. h.
die Universalien post rem, in eine mirakulöse Verbindung mit der gött
lichen Region tretem, indem das „0rgan* des Gottesbewusstseins im Men
schen dem Schlüssel zur Erkenntniss der wahren Wesenheiten enthält *°).
Ja die Erkenntniss der im ewigen Lichte liegenden Universalien ist zu
letzt ein Geschenk der Gnade Gottes, welcher ganz nach Beliebem sie dem
Einen verleiht und dem Anderen entzieht *'). Mit dieser augustinischen
Weisheit könnten wir nun den Goethals füglich seinem Schicksale über
lassen , wenn nicht der Umstand hinzukäme, dass er trotzdem sagt, es
sei eigentlich doch das Gescheideste, wenn man den Plato und den Ari
stoteles miteinander verbinde **), was ihm jedoch abermals unmöglich
Ernst sein kanm , da er anderwärts mehrmals die Ansicht Plato's jener
des Aristoteles principiell vorzieht 4°). Was Wunder, wenn den Ge
schichtschreiber der Philosophie bei solchen Autorem nur das Gefühl des
Ekels überkommt.
Wenn sodann Goethals sich der allgemein geltenden Tradition. be
treffs der mehrfachen Geltung der Universalien anschliesst, so lässt er
allerdings einmal gelegentlich durchblicken, dass ihm die praedicabilitas
derselben gerade nicht besonders am Herzen liege **); und überhaupt ja
39) Quodlib. VII, 1, f. 386 v. A : Sunt ideae principales quaedam formae vel
rationes aelernae , quae divina inlelligenlia continentur, secundum quas formatur
omne, quod oritur, et quarum participalione fit, ut sit, quidquid est, qu0m0d0 est.....
Eorum quae sunt in crealuris, quaedam sunt res aliqua nalurales, quaedam ver0 n0n
sunt res, sed tantum intentiones secundae intellectus sive rationis circa res, .... formae
artificiales tantum, quae per violentiam habent esse (vgl. bei Thomas, Anm. 506 u.
bes. 511) ...... De istis ullimis generibus entium dico, quod non habent proprias
ideas in deo, sed solum dico ideas rerum naturalium, circa quas inlellectus concipit
intentiones secundas. -
40) S. theol. XXIV, 9, f. CXLVI r.: Deus ut luae est et veritas prima et ralio
cognoscendi alia in eo, quod per ipsum alia cognoscuntur et discernuntur. Ebend.
1, f. CXXXVII v.: Debet igitur homo habere in se organum, per qu0d potest in spe
culationem essentiae et quidditalis dei per intellectualem operationem procedere.
41) Ebend. I, 2, f. VII v.: Homo eae puris naluralibus attingere non potest ad
regulas lucis aelernae, ut in eis videat rerum sinceram veritatem ; licet enim pura
naturalia atlingant ad ipsas, non lamen ipsa naturalia ea, se agere p0ssunt, ut
altingant illas; sed illas deus offert, quibus vult, el quibus vult, sublrahit. Hiezu
Quodl. IX, 15, f. 111, wo er sich fast wörtlich wie Albert (Abschn. XVII, Anm.
396) äussert.
42) S. theol. I, 4, f. XII v.: Modus Aristotelis, si non sensit id, quod diaeit
Plato, erat diminutus, quia nimium attribuebat, imm0 lotum, causis particularibus.....
Modus Plalonis, si non sensit, quod Aristoteles, similiter erat diminutus, quia nimis
parum attribuebat causis parlicularibus...... Dictum ergo ulriusque, et Aristotelis et
Platonis, coniungendum est in omnibus et in istis generationibus istarum formarum.
Vgl. bei Thomas, ebd. Anm. 515.
43) Ebend. XXV, 3, f. CLIV v.: Plato multo melius sentiebat et fidei magis con
gruentia, quam Aristoteles ...... Plato verius, quam Aristoteles sentiebat. Quodlib.
IX, 15, f. 111 v.: Nihil omnin0 concludunt rationes Aristotelis contra Platonem, ut
palet inspicienti eas. Ebenso, jedoch mit jener Mental-Reservation des Thomas (a. a. 0.),
lesen wir S. theol. I, 2, f. VII v.: Iste ergo est verior modus acquirendi scientiam et
noliliam veritatis, quam ille, quem p0suit Aristoteles eae sola sensuum eæperientia,
si tamen sic intellevit Aristoteles et in idem cum Platone non consensit, immo, quod
verius creditur, etsi Platoni in modo dicendi obviavit occultando divinam doctrinam
fmagistri sui, eandem tamen cum Platone de notitia veritatis habuit sentenliam.
44) S. theol. I, 3, f. X V.: Est considerare tres veritates sibi correspondentes;
XIX. Heinrich Goethals v. Gent. 193
waren bei, ihm, wie gesagt, die Universalien, post rem in eine so glück
liche mystische Nähe an die Universalien ante rem hinamgerückt worden,
dass es ihm zuletzt sogar gleichgültig ist, ob jene „Wesenheiten“, welche
die Gattungsbegriffe sind, in der menschlichen Seele schon angeborem liegem
oder erst durch Erfahrung „gesammelt* werden *°). -
Hingegen sind es die Universalien in re, an welche sich seine anti
thomistischen Ansichten knüpfen. Nemlich indem es. sich hiebei um die
eæistentia im Gegensatze gegen die essentia, welche`in den Universalien
ante rem liegt, handelt *°), muss die Materialität in Betracht kommen,
welche jedoch Goethals durchaus nicht als ein bloss potenzielles Seim an
erkennem will; sondern er hält daran fest, dass die von Gott erschaffeme
Materie als selbstständiges Wesen zunächst das absolute Substrat aller
Entwicklung sei, hernach aber erst als formungsfähig in das Stadium der
Potenzialität trete, um hierauf mach Actualisirung der Form als Stütze
des Ganzen zu verbleiben, so dass in jenem zweiten Stadium auch die
formgehenden Universalien gleichfalls in einem Mittel-Zustande der Poten
zialität und der Actualität sich befinden *"). Sowie aber bei einem der
primo veritatem eaeemplaris, divini, secundo veritatem rei productae ab illa, tertio
veritalem in conceplu mentis al) utraque eaepressam. Quodlib. VII, 1, f. 388 r. B:
Sciendum, quod quidditas et essentia rei, licet solum dupleæ esse habet, sc. unum in
singularibus eætra intellectum, aliud in ipso intellectu, quadruplicem tamen habet
considerationem: unam, ut est in ipsis singularibus eætra; aliam, ut habet esse in
inlellectu ; aliam, ut abstrahitur a singularibus et iterum applicabile est eisdem per
praedicationem; quartam vero habet secundum se et absolute, quae secundum istam
considerationem, ut dicit Avicenna (Abschn. XVI, Anm. 93), non est nisi id quod
est, ut „humanitas“ non est nisi humanitas tantum, cui omnia alia accidunt. (Auch
Alhert hatte ein wierfaches Sein der Universalien aufgezählt, während er von einem
dreifachen hatte reden wollen, s. Abschn. XVII, Anm. 395). S. theol. XLIII, 2,
f. IX r.:. Est sciendum, quod ratio universalis consistit non tam in modo praedicandi
idem de pluribus, quam in natura et proprietate praedicatae rei, quae debet esse
nalura et essentia aliqua ...... Secundum rationem triplicis esse consideratur, sc.
esse quidditativi et esse naturalis et esse rationis. Et secundum primum esse prae
cedit esse maturale et esse rationis, sicut simpleæ comp0situm (also die objective
Wesenheit hat den Worgang vor der Erscheinung und wor dem Begriffe).
45) Quodlib. IV, 7, f. 148 r. A: Quorundam erat opinio (nemlich des Albert
und des Thomas, s. Abschn. XVII, Anm. 382 u. 500) de intellectu quocunque creato,
quod eæ se solum in potentia est ad actum intelligendi quaecunque, propter quod
oportet ipsum determinari per aliquid ad illud ..... (B) Tale autem determinans, ut
diacit illa opinio, non est nisi species intelligibilis informans intellectum et impressa
ipsi ut subiecto...... f. 150 r. B: Falsum est ergo, qu0d dicit dicla opinio, quod
illa omnia non habent fieri in intelligente nisi per speciem impressivam. Immo sunt
per essenliam intelligibilis informantem actum intelligendi et per hoc ipsum intelli
gentem, ut est forma eaepressiva ezemplaris ...... (v. A) Habemus quasi regulariter
infiacam naturae humanae notitiam, secundum quam, quidquid tale aspicimus, statim
hominem esse c0gn0scimus ...... Secundum hanc notitiam cognitio nostra informatur
et secundum species et secundum genera rerum, vel nalura insita vel eæperientia
collecta.
46) Ebend. V, 4, f. 234 v. A: Ea, quae alia sunt a deo, dupliciter possunt
considerari: uno modo quoad esse essentiae eorum, quod est esse eorum quidditati
vum; alio m0d0 quoad esse eæistentiae.
47) Ebend. l, 10, f. 13 r. A: 0p0rtet excludere falsam imaginationem, quam
habent quidam (d. h. jedenfalls Aristoteliker, s. bei Albert ebend. Anm. 388) de
materia, videlicet quod nihil sit nisi potenlia quaedam et ita, quanlum de se est,
n0n est ...... (v. A) Materia non ita est prope nihil nec ita in potentia, quin sit
PRANTl, Gesch. III. 13
194 XIX. Heinrich Goethals. v. Gent.
artigen Realismus das principium individuationis überhaupt nicht in die
Materie verlegt werden kann, so schliesst auch Goethals sich jenen obigen
theologischen Bedenken gegen Thomas (Amm. 13 u. 28) an, durchschneidet
aber , die Schwierigkeit in ebenso überraschender als kindlicher Weise,
indem er (wie Roger Baco, s. Abschn. XVII, Anm. 581) kurzweg den
lieben Gott für die Individuation verantwortlich macht und somit sich
auch dabei beruhigt, dass der liebe Gott schon wissen werde, wie das
Ding wohl zugehe **).
Eine adäquate Erledigung findet auch die Frage über unitas formae,
an welche er einmal ausführlich den aristotelischem Standpunkt als Maass
stab anzulegem versucht*°). Aber wo er sie zu lösen untermimmt, kömmt
er unter Erwähnung der verschiedemen Ansichten und Hinweisung auf
die theologischen Momente zu dem Resultate, dass, da eine Unterschei
dung mehrerer Wesemsformen in Einem Wesen immer nur auf einer be
grifflichen oder einer reellem Werschiedenheit beruhen könne, im Menschen
jedenfalls zwei Formen, eine matürliche und eine übernatürliche, anzu
aliqua natura et substantia, .... nec habet esse suum, qu0 est quid capa£ formarum,
a forma, sed a deo (so anch schon Thomas, ebd. Anm. 517) ..... f. 14 r. A: Est
igitur in materia considerare tripleæ esse, sc. esse simpliciter, et esse aliquid dupleæ,
unum, quo est formarum quaedam capacitas, aliud, qu0 , est compositi fulcimentum.
Esse primum .... habet participatione quadam a deo ..... Esse secundum, quo ma
teria est capacitas quaedam, habet a sua natura, qua est id, quod est differens a
forma..... Esse tertium non habet materia nisi per hoc, qu0d iam capil in se illud,
cuius de se capaa, est. Ebend. IV, 14, f. 174 v. A: Materia dicitur subiectum secundum
triplicem statum. Uno priusquam actu transmutatur ad formam, et dicitur subiectum
absolute. Alio, inquantum iam actu transmutatur ad formam, et tunc dicitur, quod
est subiectum generationis et ens in potentia medium inter non ens purum et ens
simpliciter..... Tertio modo, inquantum actu est sub forma, et tunc habet in actu
esse illius formae ...... f. 175 r. B.: Materia id, quod est, in polentia est, et sin
gulare compositum id, quod est, in actu est; universale autem quasi medium quo
dammodo est aliquid in actu, quia est forma, et quodammodo in polentia, quia est
incompleta; et ideo debet materia educi de potenlia in actum pr0cedendo a formis
universalibus ad singulares.
48) S. theol. XXV, 3, f. CLV r.: Necesse esse accidentibus dividi non potest;
per materias etiam dividi non potest, quia necesse esse non potest habere materiam,
quia materia est in potentia ..... Proprietatem enim esse alterius, non removet, eam
esse proprietatem huius, ..... puta, si ponantur duo angeli eiusdem esse speciei sine
omni materia et accidentibus, quibus distinguantur. Quodlib. lI, 8, f. 54 v. A.:
Quaestio ista (d. h. über die zwei Engel) tangit difficultatem de causa individua
tionis (vgl. ob. Amm. 14)...... f. 56 r. A: Sancti nostri, qui vere sciunt, eas esse
creaturas, sentiunt, hoc in eis factum esse a de0, qui est natura naturans omnia,
quia scilicet sunt multa individua in qualibet specie...... Patet igitur clarissime,
quod materia et quantitas non possunt dici praecisa ratio et causa individuationis.....
f. 56 v. B: Solum quod increatum est, id est deus; omne enim creatum ab eo, qui
creavit, i. e. deo, terminatur. Sed quales secundum substantiam sint differentes,
nescimus; solus aulem deus, qui fecit eos, novit. Die nemliche Frage ebend. XI, 1,
f. 180 ff. Was hingegen die Individualisirung der Species betrifft, so äussert sich
Goethals ebend. V, 8, f. 244 ff. mit Berufung auf Gilbert (Abschn. XIV, Anm. 479)
ganz übereinstimmend mit Thomas, s. Abschn. XVII, Anm. 520.
49) Quodlib. IX, 14, f. 108 ff. Er kommt dort unter Beiziehung vieler Stellen
des Aristoteles zu dem Resultate, dass aus demselben streng genommen weder die
unitas formae noch die pluralitas formarum erwiesen werden könne, d. h. er spricht
die Incommensurabilität aus, welche zwischen dem Aristotelismus und den dama
ligen theologischem Bekümmermissen besteht.
XIX. Heinrich Goethals v. Gent. Aegidius v. Lessines. . . 195
nehmen seien*°). Freilich konnten wir schon aus seinen Erklärungem
über die Materie entnehmen, dass er zu jenem gewöhnlichen christlichen
Dualisten gehöre , welche das Sein so scharf als möglich in zwei Theile
zerreissen, um die Kluft zuletzt durch ein göttliches Wunder zu über
brücken. In soleher Weise hat er ja auch betreffs der Erkenntniss des
Einzelnen, welche Lamarre schärfer ins Auge fasste (ob. Anm. 31), ledig
lich ein- der Moraltheologie entnommenes Bedenken ° '). :!
War somit im 8. und 9. Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts der Tho
mismus vom verschiedenem Seitem her zum Gegenstande bestimmter immer
wiederkehrender Angriffe gemacht worden, so verhielten sich erklärlicher
Weise die Schüler und strengen Anhänger des Thomas nicht als ruhige
Zuschauer, sondern vertheidigten nach Kräften ihrem Lehrer. .
So suchte schon Aegidius von Les sines in einer i. J. 1278
verfassten Schrift „De unitate formae“°°) den Thomas gegen den Wer
dacht der Anorthodoxie zu schützem **); in philosophischer Beziehung
aber' wiederholt er dabei auf dem Standpunkte des thomistischen Aristo
50) Ebend. III, 14, f. 108 r. A: In formis substantialihus, quae sunt actus tan
tum non nati per se eaeistere nec agere separatim, nullum est inconveniens, qu0d ipsa
essentia earum est ipsa potentia, qua comp0silum agit suam propriam et per se
actionem debitam ei ratione formae substantialis. Ebend. IV, 13, f. 162 v. B: Est
aulem positio ponenlium gradus formarum in omnibus talis, sc. quod in qualibet re
nalurali et individuali sunt plures formae substantiales ordinem et colliganliam natu
ralem ad invicem habentes et simul per suam substantiam eæistentes in eodem, qua
rum illa, quae est ultimo adveniens, completiva est entis illius (s. ob. Anm. 24 u.
30)...... f. 164 v. A: Quia aliquibus apparet, qu0d non sit alia ratio, quare in
eodem plures formas secundum gradus ponere oporlebat, quam diversitas operationum,
negant pluralitalem formarum de qualibet re...... f. 166 r. A: Quandoque in scriptis
aliquorum philosophorum vel aliorum doctorum inveniatur gradus et ordo formarum
substantialium in eadem re a solo agente nalurali producta in esse, semper debet
eæponi quoad diversas rationes intentionum in intelligendo vel quoad diversas vir
tutes et principia agendi. Hierauf folgen f. 168 die obigen theologischen Einwände
betreffs des Körpers Christi und des Abendmahles (s. Anm. 19 u. 30), sodann aber
die Entscheidung f. 170 v. B: Dicimus igitur negando pluralitatem formarum re et
natura differentium in rebus naturalibus a solo unico agente naturali productarum,
quod necesse est ponere pluralitatem et gradum formarum in homine propter duplex
agens, unum naturale et alterum supernaturale ..... Agens supernaturale producit de
nihilo formam, quae est anima, perficientem hominem completive in esse specific0, ad
quam suscipiendam disponit materiam agens naturale. Hiezu ebend. 14, f. 181 v. B:
H0m0 secundum duas formas est tantum unum in actu.
51) Ebend. IV, 21, f. 201 r. A : Si intellectus rationalis singularia non cogn0
sceret, nec voluntas ralionalis ad singularia amorem habere posset; ..... vanum enim
esset praeceptum de dilectione proæimi. Hierauf aber folgt die oben, Anm. 37, an
geführte Stélle, welche von Uebertreibungen des Thomismus absehend demselben
zustimmt.
52) Die Wissenschaft verdankt eine nähere Kenntniss dieses Autors dem Fleisse
Hauréau's, welcher (De la phil. scol. II, p. 247 ff.) aus einer Sorbonner Handschrift
Einiges mittheilt.
53) Ebend. p. 247: Quoniam in quaestione de unitate formae in uno ente,
circa quam doctores tam in theologia quam in philosophia authentici et famosi diversi
mode sentiunt et diversa tenent ac tradunt, nonnulli eorum sic suam positionem c0
nantur adstruere, ut reliquam damnent et reprobent ac eam asserant nec veritate
subniæam et non solum inopinabilem esse sed etiam haereticam et contra fidem cath0
licam, ideo sequens opus attentavimus u. 8. w.
13*
196 XIX. Aegid. v. Lessines. Bernh. v. Trilia. Gottfr. v. Fontaines.
telismus **) mur in verstärkter Betheuerung die Ansicht seines Lehrers,
indem er an der Hand Avicenna's die Einheit der Wesensform, im welcher
das totale Sein des Dinges mach all seinem Theilen liegt, behauptet und
die Mamigfaltigkeit der verschiedenen wesentlichen Bestandtheile als eine
bloss accidentelle dem Momentem der Gestaltumg und der äusseren Thätig
keit zuweist °°).
Auch von Bernhard von Trilia (gest. 1292), welcher ongefähr
zur selben Zeit mit seinen „Quaestiones de cognitione animae“ zur
Wertheidigung des Thomismus auftrat, können wir, soweit unsere Kunde
reicht, betreffs der logischen Streitpunkte nichts Anderes berichten, als
dass er die Universalien sowohl in objectiver Beziehung *°) als auch
hinsichtlich des subjectiven Erkennens ganz im Anschlusse an Thomas
besprach °").
Wenn sodann der Sorbonnist Gottfrie d von F o n taines (oder
de Fontibus) jene Werdammungs-Urtheile, welche Tempier gegen ein
zelne Artikel gerichtet hatte, missbilligte, da jene Dinge durchaus nicht
so spruchreif, sondern erst noch eines näheren Studiums bedürftig
seien °°), so werden wir ihn schon darum den Anhängern des Thomas
54) Ebend. p. 250: Dicimus cum Aristotele summo philosopho, omnes formas
materiales produci de potentia materiae, quae naturaliter et per viam naturae
producuntur.
55) Ebend.: Primo sciendum, in unoquoque ente uno singulari unam tantum
esse formam subslantialem, dantem esse subiecto et omnibus, quae subiecto (zu lesen
de subiecto) et quae in subiecto dicuntur ante adventum huius formae. Concedimus
et ponimus ita, quod totum esse subiecti et omnium partium eius essentialium sit
ab ipsa forma, quae dat esse ipsi subiect0 specificum..... Corpus tale, qu0d est
subiectum animae, rationem, qua est corpus huius animalis, habet a forma, quae est
anima; et rationem, qua est physicum corpus huius animalis, similiter habet ab
anima; et rationem, qua dicitur esse corpus physicum organicum huius animalis,
habet ab eadem anima..... (p. 251) Quia totum esse individui est ipsum esse speciei,
ideo, quia ab anima inest huius esse speciei , per consequens ipsa erit esse totum
quod est individuo; unde dat esse et corpori et partibus eius et omnibus, quae di
cuntur esse in ipso individu0 ...... Illud esse, a qu0 denominantur partes ipsius
subiecti in quantum differunt in esse, v. g. quod caro dicitur earo et non os ..... et
sic de singulis, non est aliud ab esse, quod habent ab anima, nisi per accidens tan
tum, inquantum istae partes considerantur dislinctae per figuram animalis et per
officia diversa. Vgl. Abschn. XVI, Anm. 93 u. 98.
56) Gleichfalls von Hauréau aus Handschriften veröffentlicht, ebend. p. 255:
Alii .... posuerunt, omnes formas naturales esse totaliter ab eactrinseco, et hoc vel
per participationem idearum, ut Plato posuit, vel eae influenlia intelligentiae sepa
ratae ...... Sed neutra istarum opinionum videtur conveniens esse...... Ideo alii
mediam viam tenentes posuerunt, omnes formas naturales praeexistere in materia in
potentia, non in actu, ..... et haec est p0sitio philosophi et omnium Peripateticorum.
Vgl. Abschn. XWII, Anm. 508.
57) Ebend. p. 256: Circa adquisitionem formarum intelligibilium in anima.....
quidam posuerunt, originem humanae scientiae totaliter ab interiori esse, ponentes,
formas omnium rerum cognoscibilium indilas animae naluraliter eae sua crealione.....
Requiritur, quod animae rationales ..... n0n habeant potentiam intellectivam natura
liter per species intellectuales a principi0 completam, sed compleatur in eis successive
accipiendo eas a rebus per actionem alicuius agentis naturalis ...... Intelligere est
propria operatio et perfectio animae rationalis. Vgl. ebd., Anm. 493.
58) Aus Sorbonner Handschriften der Quodlibeta Gottfried's mitgetheilt bei
D'Argentré (s. ob. Anm. 10), I, p. 214: Cum aliqua materia est sic indeterminata
in certitudine veritatis, qu0d absque pericul0 fidei et morum licet circa hoc diversi
XIX. Gottfried v. Fontaines. 197
beizählen dürfen. Und es bestärkt uns hierin Dasjenige, was wir von
seinen um d. J. 1283 verfassten Quodlibeta wissen *°), wenn auch in den
kirchlichem Fragen, durch welche damals die Pariser Universität in Be
wegung gesetzt war, die Stellung Gottfrieds als eines Lehrers an der
Sorbonne einem bestimmenden Einfluss ausüben musste. Für uns hier
ist ja nur die logische Parteistellung maassgebend. Vor Allem steht auch
Gottfried wie alle Uebrigen auf der arabisehen Doctrin vom dreifachen
Sein der Universalien, und es hat dabei (im Hinblicke auf Albert und
Thomas) selbst nichts Auffallendes, wenn er die Universalien post rem
als ein „esse diminutum“ bezeichnet""). Auch finden wir ihm in wört
licher Uebereinstimmung mit Thomas, was das Verhältniss des abstrahi
renden Denkens zur Sinneswahrnehmung **), und was die Singularität
der existirendem Dinge betrifft "*), so dass auch hier in antiplatonischem
Sinne die Realität der Universalien heschränkt wird °°), indem nach
thomistisch-aristotelischer Weise auch bei der Schöpfung die ewigen
Formen im Denken Gottes mur als Potenzen des göttlichen Willens-Actes
der Werwirklichung vorliegen sollen **).
mode opinari absque temeraria cuiuscunque partis assertione, ponere vinculum vel
ligamen, quo homines ad unam opinionem detinentur, est impedire nolitiam veri
tatis ...... Quantum ad articulos autem ..... plures sunt, de quibus diversimode
opinari licet, .... worauf er namentlich die zwei oben, Anm. 12 u. 13, angeführten
Artikel nennt und wieder hinzufügt: videntur posse pro opinabilibus reputari ......
(p. 215) Patet ergo per dictos articulos, quod studentes condemnatione ipsorum in
profectu studii plurimum impediuntur. Hiezu ob. Anm. 15.
59) Wir sind auf dasjemige angewiesen, was Hauréau a. a. 0. p. 291 ff. aus
Handschriften veröffentlicht. Ich möchte jedoch nicht behaupten, durch jene frag
mentarischen Mittheilungen zu einer vollständig klaren Einsicht gelangt zu sein,
zumal da der Text der dabei benützten Handschriften jedenfalls in einem argen
Zustande sich befindet.
60) Hauréau, p. 303: Il commence par établir qu'il y a trois manières d'étre
pour les choses : dans la nature „esse reale“, dans l'intellect humain ,,esse diminu
tum“, dans l'intellect divin avant la création „esse in causis, esse in potentia“. Die
Bezeichnung „esse diminutum“ ist nur ein verschärfter Ausdruck desjenigen, was
wir bei Albert und Thomas (Abschn. XVII, Anm. 393 u. 505) als „similitudo“ und
besonders in des Letzteren (ebd. Anm. 500) Redeweise „materia impedit intel
lectum“ trafen.
61) Ebend. p. 294: Universalia in suo esse universali et abstracto non habent
esse in rerum natura, sed tantum in intellectu. p. 296: Intellectus agens aliquid
facit circa rem sive circa phantasma, quod est repraesentativum rei intelligibilis,
quia .... intellectus facit universalitatem in rebus. S. ebend. Anm. 378, 493, 500.
62) Ebend. p. 297: Nulla res materialis eæistit eætra in rerum natura, nisi
singulariter sit, sc. per conditiones individuantes designata. p. 302: Res non eæistunt
nisi singulariter, prout nomine proprio significantur; communiter autem sive secun
dum suam communitatem non ea istunt, sed solum intelliguntur, et sic etiam nomine
communi generis et speciei significantur. S. ebend. Anm. 497 f., 509.
63) Ebend. p. 297: Rei eætra non dat intellectus universalitatem realem et for
malem, sed hoc dat ei, quod, quia attingitur secundum hunc modum quo sic attin
gitur, fit obiectum intellectus abstracti et causat abstractum conceptum, qui est uni
versale formaliter; et hoc est, quod dicitur, quod, licet res eæistant singulariter,
tamen universaliter intelliguntur. S. ebend. Anm. 497, 501, 505.
64) Ebend. p. 303 : Res antequam eæistant, non habent aliquod esse reale, nec
quantum ad esse essentiae sicut nec eæistentiae (vgl. ob. Anm. 46), nisi esse intel
lectum et in potentia sive potentiale ..... Nihil ponitur in deo habere rationem tem
poralis eacemplaris ad constituendum aliquid, nisi ratio idealis, quae est etiam ratio
198 XIX. Gottfried. v. Fontaines.
Auch das principium individuationis scheint Gottfried : doch nur.im
der Absicht ausführlichst erörtert zu haben, um Zuletzt den Standpunkt
des Thomas zu wertheidigen , und zu begründen. Nemlich davon aus
gehend, lass ja das totale Wesen der Species im Individuum zur Er
scheinung komme, bestreitet er, dass die Individualisirung auf einem
accidentellen Momente beruhen könne, da ein solches gleichsam die Un
wesentlichkeit selbst sei, und man dann nicht bloss. das Wesem und den
Träger desselben umgehörig zerreissen müsse, sondern auch die substan
tielle Werschiedenheit , der lndividuen gänzlich tilge °°). Während aber
alle Wervielfältigung und Manigfaltigkeit sicher ein Quantitatives zu sein
scheine, und - mam daher geneigt- sein müsse, die Individuation , wenn je
überhaupt in ein Nicht-Substantielles, vor Allem gerade in die Quantität
zu verlegen, so kehre sich jemer principielle Einwand von selbst auch
gegen diese Annahme, weil eben die Quantität (als eine der übrigem meum
Kategoriem, welehe der Substanz gegenüberstehen) zu dem Accidentellen
gehöre ""). So bleibt zur Lösung der Frage nur der aristotelische Be
griff der individuellen Substanz übrig, welche freilich nie ohne die , quan
titativ auftretende Materie ein Sein haben kann ; eben aber die concrete
Determination, welche somit von materiellem Bestande begleitet ist, sei im
effectiva accedente voluntate, sicut in nobis ars medicinae et domus in mente ......
In divina scientia, vel intelligentia nihil ponitur nisi istae ideae, per quas intelli
gimus cognitiones, quas deus habet de rebus quantum ad totum id, quod sunt vel
natae sunt esse ; et sic de rebus, antequam in se ipsis eæistant, non ponitur nisi esse
cognitum eorum. S. Abschn. XVII, Anm. 501, 511, 513.
65) Ebend. p. 298: Cum individua plura sub eadem specie in aliqu0 conve
niant, ...... per illud autem, per qu0d conveniunt, differre non possunt, videtur, qu0d
supra naturam, quam importat species, addat individuum , aliquid, per quod natura
communis in illo individuetur...... Sed non videtur posse intelligi, addi aliquid per
tinens ad essentiam et naturam individui, quia illam totam dicit species, quae est
totum esse individuorum (vgl. ob. Anm. 55); ergo si aliquid additur, videtur esse
aliquod pertinens ad naturam accidentalem ..... Videtur ergo, quod individuatio fiat
per accidentia ..... Secundum hoc esset dicendum, quod quidditas et habens quiddi
tatem differrent realiter ..... Sed illud, non videtur posse stare, quid individuum non
addit supra speciem id, quod non plus includitur in significato individui quam
speciei...... Ilem quod p0sterius est alter0, non potest esse eausa illius secundum
quod posterius. Sed omnia accidentia individua (diess letztere Wort ist, als sinnlos
zu streichen) videntur esse posteriora et adventicia substantiae ..... Item non videtur
posse dici, qu0d accidentia faciant individua vel numero divisa, quia nec secundum
se habent esse simpliciter...... Item si per accidentia solum fieret individuatio et
formalis divisio vel distinctio singularium sub una specie, non differrent ..... sub
stantialiler ad invicem, sed solo accidente, nec esset unus homo alius ab altero in
substantia ..... .. Erg0 individuatio in genere substantiae non videtur causari, eae
accidentibus.
66) Ebend. p. 300: Sed quia inter omnia entia quantitati soli per se videtur
c0nvenire divisibilitas in plura eiusdem rationis, ...... videtur ergo, quod haec indi
viduatio vel divisio vel distinctio secundum numerum , et individuum habet esse .....
per ipsam solam quantitatem ; et ideo tota difficultas praesentis inquisitionis quantum
ad entia materialia videtur versari circa quantitatem; nam , si aliquod accidens sit
causa individuationis, hoc videlur quantitati tribuendum.... (p. 301) 0p0rtet dicere,
quod, si quantitas divisa sit praecisa ratio formalis huius diversitatis, et non ipsa
forma substantialis, unum individuum differret ab alio solum accidentaliter sive
secundum formam accidentalem, et essent plura secundum quantitatem , sive plura
quanta, et non secundum substantiam, sive non essent plures substantiae, quod est
manifestum inconveniens. -
XIX. Gottfried v. Fontaines. 199
Vergleiche gegen das undeterminirte Wesen der Species der Grund der
Individuation °7).
Ebenso verbleibt Gottfried, was die unitas formae betrifft, bei der
gleichen thomistischen Auffassung. Sowie er nemlich die dogmatischen
Bedenken des Tempier durch eine Distinction zwischen Individuum und
Form beseitigt "*), so betont er auch die Einheitlichkeit jenes Worganges,
durch welchen ein scheinbar zusammengesetztes Wesen aus dem poten
ziellem Sein zum actuellen hinübergeführt wird "*); und dasjenige, was
als eine Manigfaltigkeit mehrerer Formen in Einem Wesen erscheinem
könnte, setzt er eigentlich auf Rechmung der intentio secunda, indem er
es als verschiedene „significata“, oder als verschiedene Begriffsbildung
(res aliter et aliter concepta), welche an Einer und der nemlichen Sache
wirkt, bezeichnet 7°).
Sowie es aber eine besondere Aufgabe der Anhänger des Thomas
sein musste, dem oben (Amm. 27 ff.) erwähnten Angriffen Lamarre's ent
gegenzutreten, so unterzogen sich derselben auch wirklich mehrere Tho
misten, nemlich Richard Clapwel, Johannes Parisiensis, Aegidius Romanus,
und etwas später Herveus Natalis und Wilhelm Durand. Jedoch es sind
diese Wertheidigungsschriften entweder verloren gegangen oder mur hand
67) Ebend. p. 301 : Cum suppositum dicat individuum in genere substantiae,
est ens per se eæistens et in se subsistens; tale quid autem est substantia prima,
quae..... proprie et principaliter et maæime dicitur substantia. Ergo in sua ratione
non includit nisi quae ad rationem substantiae pertinent, ..... et sic, quamvis non
habeat esse sine quantitate, inquantum est substanlia materialis, tamen illam per se
in sua ratione non includit..... Quidquid imp0rtat natura significata nomine e0m
nuni sub ratione communi et indeterminata......, cum hoc non sit nisi id quod ad
substantiam pertinet, hoc totum est naturale, quod (Hauréau gibt totum et natura
aliquid) importat sub ratione propria et determinata suppositum significatum nomine
individui ...... Dicendum est de hoc homine, puta Socrate, comparato ad hominem,
quod huiusmodi accidentia determinata non magis sunt de significato vel ralione in
dividui, puta Socratis, quam accidentia indeterminata de ratione speciei, puta homi
nis, cum species tamquam substantia secunda de individuo tamquam de substantia
prima per se et essentialiter praedicetur. Vgl. bei Thomas, Abschn. XVII, Anm. 520.
Wielleicht träte die Uebereinstimmung noch deutlicher hervor, wenn unsere Quelle
reichlicher flösse.
68) Bei D'Argentré a. a. 0. p. 216: Alia autem opinio, quae ponit plures
formas, ..... ponit, quod eodem modo oportet ponere idem corpus numero ..... in
aliis hominibus, sicut in Christo (s. ob. Anm. 19 u. 30)...... Etiam nec Parisiis
habetur pro errore, quod corpus Christi vel alterius hominis, quantum ad formam,
sit aliud vivum et mortuum vel divisum, licet esset error ponere de corpore Christi,
quod non sit idem, quantum ad suppositum, vivum et m0rtuum.
69) Bei Hauréau a. a. 0. p. 291: Non alia productione producitur potentia et
accidens, sed eo ipso, qu0 producitur unica productione totum c0mp0situm per se ea,
potentia et actu, producuntur partes in illo composito eae consequenti, quia product0
toto producuntur partes. Vgl. Abschn. XVII, Anm. 521. Auch hier jedoch wäre
eine reichere Mittheilumg wünschenswerth gewesen.
70) Ebend. p. 294: Nec entia specialia se habent ad ens sicut species deter
minantes ipsum, sed magis sunt significata eius etiam usque ad specialissima descen
dendo. p. 302: Patet quomodo suppositum est idem, vel non idem cum natura, quia
non differt sicut conceptus communis et indeterminatus ....., qualis est c0nceptus ge
neris, et conceptus specialis et determinatus, qualis est conceptus speciei, nec differt
natura speciei, quae significant unam et eandem rem aliter et aliter conceptam et
intellectam, quantum ad id, quod ad ipsam essentiam rei pertinet. Vgl. bei Thomas,
ebd. Anm. 506, uild untem Anm. 74.
200 XIX. Johannes von Paris.
schriftlich vorhanden mit Ausnahme jener einem, welche unter dem Namen
des Aegidius Romanus gedruckt wurde, aber mit grosser Wahrscheimlich
keit dem Johannes Parisiensis dem J ü n geren (um d. J. 1290)
zugeschrieben werden muss 71). Die Widerlegung selbst ist hier, was
den ersten Angriffspunkt, d. h. das principium individuationis (s. ob.
Anm. 28 f.), betrifft, unendlich schwach, denn sowohl bei der Individua
lität der Engel 7*) als auch bei jener der menschlichen Seele '°) appellirt
der Werfasser einfach an die göttliche Allmacht und kann so seinem
Gegner Goethals (s. Anm. 48) brüderlichst die Hand reichen. Besser
ist die Frage über unitas formae erörtert, indem vorerst die Bedenken
hervorgehoben werden, welche aus der Annahme einer Wielheit der Formen
(auch bei jener Gradabstufung der Wervollkommnung, s. ob. Anm. 30) sich
ergeben, sodann aber gleichsam ein Wermittlungsversuch folgt, welcher
die grösste Aehnlichkeit mit der so eben erwähnten Ansicht des Gottfried
von Fontaines hat; nemlich auch hier wird daran festgehaltem, dass sach
lich nur Eine Form wirke und bestehe, aber andrerseits knüpft sich das
Zugeständniss daram, dass die Denkauffassung am Einem Wesen verschie
denes bald höher bald niedriger liegendes Allgemeines festhalten und in
gleicher Weise mehrere Formen des Einen Wesens unterscheiden könne 7*).
71) Die Gründe, warum Aegidius Romanus nicht der Werfasser des Defen
sorium's sein könne, hat schon 0udin, Comm. de scriptt. eccles. III, p. 635 ff.
schlagend dargelegt, und die Motive, aus welchen er dasselbe dem Johannes Pari
siensis zuweist, halte ich, soweit in solchen Dingen überhaupt sichere Resultate
erreichbar sind, für nahezu hinreichend. Dass von den beidem Johannes Parisienses,
welche dem 13. Jahrh. angehören, nur der Jüngere, welcher den Beinamen „Pungens
asinum“ trug, in Frage kommen kann (— der Aeltere blühte um 1230 —), versteht
sich won selbst. Was über beide in Hist. lilt. de la France, XIX, p. 422, gesagt
ist, lohnt sich kaum der Mühe des Lesens.
72) In der oben (Anm. 27) angeführten Ausgabe f. 9 v. B: Cum eo ipso, quod
sunt formae simplices sine materia subsistentes, manifestum sit, eos differre sola
differentia formali, quae facit diversitatem in specie, dicere, eos non esse posse
eiusdem speciei, non plus derogat divinae potentiae, quam dicere, quaecunque differunt
specie, non posse esse eiusdem speciei. (Als Beispiele dieses göttlichen Wunders
folgen danm canis und lupus !)
73) Ebend. f. 54 v. B: Multa sunt impossibilia naturae, quae non sunt impos
sibilia deo .... (f. 55 r. A) Deus ipse est principium effectivum animae tam quoad
esse, quam etiam quoad numeralionem.
74) Ebend. f. 18 v. B: Multifarie multisque, modis magistri et multi circa uni
tatem formae substantialis laboraverunt. ..... (f. 19 r. B) 0portebit istos secundum
modum, qu0 loquuntur, fingere, qu0d forma animae rationalis primo perficiet suam
nmateriam pure spiritualem, et mediante hac materiam sensitivae minus spiritualem,
et mediantibus illis ulterius materiam vegetativae minime spiritualem, et tandem ul
timo materiam corporalem; et erunt quatuor...... (f. 19 v. A) 0portet, illam formam
perfectiorem includere in se totam imperfectionem, quae est in forma imperfectiori .....
(B) Ev quo sequitur, quod in illa una re, cuius sunt istae formae, sunt duae eæisten
tiae vel duo actus essendi vel subsistendi, quod est impossibile. Esse enim est ipsa
actualitas quidditatis vel naturae, cuius est...... Impossibile est omnino per modum,
qu0 isti ponunt, pluralitatem formarum substantialium in eodem sustinere. Ergo
modus alius, siquidem possibile est, inveniatur..... et hoc eae dicendis , in articulo
proæimo domino adiuvante patebit. Diese Lösung mun ist folgende: (f. 20 v. B)
0mnes formae substantiales in hac proprietate conveniunt, quod quaelibet dat esse
substantiae et constituit ens subsistens, et ideo intellectus noster habet unum com
nunem conceptum et abstrahit unam formam communem, secundum quam quodlibet
constitutum dicitur substantia ..... (f. 21 r. A) Et sic intelligendum est de generibus
XIX. Joh.v. Paris. Th. Docking. 01. Brito. Jac.v. Rav. K. v. Halberst. 201
Der Vorwurf endlich betreffs der Erkenntniss des Singulärem (Amm. 31)
wird hier im Anschlusse an jene Stellen, in welchen sich Thomas weniger
einseitig geäussert hatte, glücklich beseitigt 7°).
Möglicher Weise mun könnte auch die eine oder andere jener klei
neren Schriften, welche mit Unrecht dem Thomas von Aquin zugewiesen
wurdem (s. Abschn. XVIl, Anm. 484), bereits in diesen ersten Stadien
der Parteikämpfe ihre Entstehung gehabt haben, nemlich allenfalls „De
natura generis“ und „De intellectu et intelligibili“; da jedoch andere
derselben entschiedem schon auf scotistische Ansichten Bezug nehmen, so
halte ich es für besser, die Darstellung des Pseudo-Thomas nicht allzusehr
zu zerreissem, und somit auch die zwei genannten kleinen Schriften neben
anderen erst umten mach Scotus zu besprechen 7°), indem ja zwingende
chronologische Gründe betreffs einer früheren Abfassungszeit jener beiden
nicht vorliegen. -
Hingegen soll um der Vollständigkeit willem nicht unerwähnt bleiben,
dass noch jener Zeit sowohl Thomas D o ck in g (Cancellarius in 0xford),
welcher die zweite Analytik commentirte 77), als auch 0 livier Brito,
welcher eine Erläuterung zu Sophist. Elenchi schrieb 7°), angehörten.
Diese Schriften Beider aber besitzen wir nicht mehr. Auch Jacobus de
Ravanis (gest. 1296) möge nicht gänzlich ungenannt bleiben, wenn auch
die frühere Annahme, dass er als der erste die Logik auf die Jurispru
denz angewendet und hiedurch einen gänzlichen Umschwung des Rechts
studiums hervorgerufen habe, in neuerer Zeit auf ein höchst bescheidenes
Maass geschichtlicher Wahrheit reducirt wurde 7*). Ob Konra d von
Halbersta dt (um 1295) wirklich „De logica“ geschrieben habe, muss
dahingestellt bleiben *°).
Num aber traten alle jene Controversen, welche durch die Logik
des Albert und des Thomas hervorgerufen worden waren und theils
für theils gegen den Letzteren Partei genommen hatten, durch dem Fran
et speciebus sibi invicem subordinatis .... Cum enim species sit id ipsum quod genus,
puta „homo“ est illud ipsum quod „animal“, prout animal de homine praedicatur
nec est pars hominis secundum rem, sed solum secundum rationem, ..... similiter
oportet dicere, formam speciei esse formam ipsius generis ...... Una igitur forma
secundum rem est plures secundum rationem, sc. magis universalis et minus univer
salis. Et sic materiam recipere formam magis universalem ante aliam, non est aliud,
quam materiam recipere formam conceplam secundum rationem unam ante semetipsam
ronceptam secundum rationem aliam. S. Anm. 70, woselbst „aliter et aliter concepta“.
So stehen wir hier jenen älteren Ansichten über „status“ (Abschn. XIV, Anm. 129)
oder über „maneries“ (ebend. Anm. 85) so ziemlich mahe.
75) Ebend. f. 4 v. A : Per species intelligibiles universales, quas abstrahit in
tellectus, non potest actu intelligere nisi convertendo se ad phantasmata singula
rium ..... Thomas intendebat ..... solum, quod non cognoscit singularia rerum mate
rialium prim0 et directe u. s. f., kurz mit den memlichen Worten, wie wir bei
Thomas, vor. Abschn., Anm. 499 f. „refleaeio* oder „materia impedit“ u. dgl.
trafen.
76) S. unten Anm. 265 ff.
77) 0udin a. a. 0. III, p. 525.
78) Hist. litt. de la France, XXI, p. 303.
79) Savigny, Gesch. d. röm. Rechts im Mittelalt., W (2. Aufl.), p. 605 ff.
80) Denn die Glaubwürdigkeit des Trithemius (Ann. Hirsaug. ad ann. 1295) ist
bekanntlich sehr gering. Was aber die angebliche „Mensa philosophica* Konrad's
betrifft, s. unten bei Auguilbertus in Abschn. XXII.
202 , * XIX. Duns Scotus.
ziskamer Johann e s Duns Scotus (gest. 1308 — bekanntlich „Doctor
subtilis“ genamnt —) insoferne in ein höheres Stadium, als derselbe sie
strenge und präcis formulirte und hiemit in fester Parteistellung folge
richtig durchführte. Es ist leicht gesagt, Duns Scotus sei der abstruseste
aller Scholastiker, während doch ein genaueres (allerdings mühevolles)
Studium seiner Schriften ihn uns als einen scharfsinnigen Denker zeigt,
welcher das damals zugängliche Material vollständig kannte und zugleich
mit distinctivem Werstande durchdrang. Anziehende Reize als Schriftsteller
besitzt er wahrlich nicht, denn seine Methode besteht bis zur Ermüdung
des Lesers darim, dass er unablässig bei jeder Frage oder jeder Thesis
zunächst mit ,, Videtur, quod non“ die möglichen Gegengründe (zuweilen
wirklich mit haarsträubender Spitzfindigkeit) aufstöbert, sodann unter „In
oppositum“ die Gegengründe der Gegengründe und die positiven Gründe
vorführt, und hierauf zuletzt die ,,Solutio** darbietet, und zwar meist mit
detaillirter Rückbeziehung auf die Gründe und Gegengründe. Aber hinter
dieser struppigem Form steckt ein Denken, welches, soweit diess im Mittel
alter überhaupt möglich war, wenigstens weiss, was es will, und auf
Grundlage der damaligen allgemeinen Anschauungen die Tragweite der
Begriffe durchmisst, und diess ist im Vergleiche mit der Bornirtheit eines
Albert und eines Thomas jedenfalls für den Leser wohlthuend. Auch
besitzt Scotus darin unsere Sympathie, dass er (— um mit modernen
Worten zu sprechen —) auf der Unerkennbarkeit des Absolutem steht,
dass er als Indeterminist die thomistische Unterordnung des Praktischen
unter das Theoretische entschieden bekämpft, und dass er der Theologie
nur eine praktische Wirksamkeit im Gebiete des praktischen Glaubens zu
weist, wobei sich in dem Werzichte auf theoretische Begründung. des
Dogmas wieder einmal die Richtigkeit des augustinischen ,,Credo, quia
absurdum“ zeigt. Doch diese Gesichtspunkte überschreiten die Gränzen
der Geschichte der „Logik* °1).
Um aber dasjemige darzustellen , was von Scotus hieher gehört, ist
es vor Allem nothwendig, unter seinen Schriften **) die zweifelhaften oder
unächten von dem umbestreitbar ächten auszuscheidem. Somit müssen hier
in Betracht kommen vor Allem seine Quaestiones im universam logicam
(d. h. zum Porphyrius und zum ganzen 0rganon mit Ausschluss der
Topik), sodann abgesehen von einzelnen Stellen der Commentare zu De
anima und zur Physik auch die Quaestiones in metaphys. (die Conclu
siones eae libr. metaph. sind eigentlich eine blosse Inhaltsangabe), ferner,
wie sich von selbst versteht, der ausführliche Commentar zum Petrus
Lombardus, d. h. das sogenannte Opus Oaeoniense, sowie die Reportata
Parisiensia (eine Art Auszug des ebem genanntem grösseren Werkes),
auch der Tractatus de modis significandi seu grammatica speculativa **),
81) Mit einigem Wortem jedoch müssen wir unten (Anm. 221) wieder , darauf
zurückkommem. -
82) Es gibt nur Eine Gesammt -Ausgabe der Werke des Scotus, welche der
überaus gelehrte Wadding (Lugdun. 1639, 12 Bände fol.) besorgte und durch zahl
reiche Commentare bereicherte.
83) Letzterer Zusatz in der Titel-Ueberschrift dürfte wohl erst von der, sco
tistischen Schule ausgegangen sein ; wenn aber als Werfasser dieses Buches auch
XIX. Duns Scotus. 203
und der : Tractatus de primo principio und die Theoremata; in dem
Quaestiones quodlibetales aber lehnt Scotus die Detail-Erörterung der
logischen Haupt-Controversen meistens ab, insoferne dieselben schon bei
Erklärung des Sententiarius besprochen sind. Hingegen muss ich als un
ächte Schriften bei Seite lassen sowohl den Commentarius teaetualis in libr.
metaph.**) als auch die Quaestiones miscellaneae de formalitatibus *°).
Die Logik des Duns Scotus, welche, wie sich zeigen wird, einen
reichhaltigen Kreis scotistischer Litteratur zur Folge hatte, beruht nicht
etwa auf völlig neuem Pfaden, welche er von sich aus geschaffen und er
öffnet hätte, sondern derselbe ist, was das traditionelle Material betrifft,
ehenso abhängig und bedingt wie alle Autorem des Mittelalters. Aber er
unterscheidet sich von Anderen zunächst durch eine überaus reichliche
Beiziehung der byzantinischen Logik, bei welcher er häufig auch bis zu
Wilhelm Shyreswood Zurückgreift *°), und sodann vor Allem durch eine
begriffsmässige Präcision und Consequenz, mit welcher er das aristote
lische, arabische und byzantinische Material ausnützt, so dass hiedurch
wirklich manche neuen Wendungen aus dem alten Stoffe heraustreten und
sich trotz aller Gegnerschaft der Uebergang zu Occam vermittelt.
Was zunächst die Stellung der Logik überhaupt betrifft, so tritt die
selbe bei Scotus ebenso wie bei Albertus Magnus grundsätzlich innerhalb
der „speculativem“ Begabung des Menschen dualistisch neben die „realen*
Disciplinen (Physik, Mathematik, Metaphysik), indem die „rationale“ Wissen
schaft (Grammatik, Rhetorik und Logik enthaltend) dem subjectiven Er
fassen des 0bjectiven angehört *7). Das Werhältniss der Grammatik zur
der Augustiner Albertus de Saxonia genannt wurde, so scheint Wadding (Vol. I,
p. 41 f.) diesen Werdacht der Unächtheit genügend beseitigt zu haben.
84) Derselbe ist entweder gamz von Antonius Andreas (s. untem Anm. 443 ff.)
verfasst oder wenigstens vom ihm revidirt und vermehrt, eine Annahme, welche
auch durch den von Wadding (Vol. IV, Prooem.) zu Hilfe gerufenen Cavelli nicht
widerlegt ist. -
85) Der Bericht selbst, welchen Wadding (Vol. III, p. 441) dieser unvollendeten
Sehrift vorausschickt, enthält eigentlich mehr Gründe der Unächtheit, als der Aecht
heit. Es versteht sich von selbst, dass das Buch der scotistischem Schule angehört.
Wir werdem unten die Keime desselben beim ächten Scotus (Anm. 147 ff.) und
später die scotistische Lehre betreffs der Formalitates selbst sehen (Anm. 529 ff.).
86) An Einer Stelle Quaest. in metaph. V, 7, (Vol. IV) p. 618 B nennt er ge
legentlich des „infinitum“ den Shyreswood mit Namen; andere stillschweigende
Rückbeziehungen werden wir untem mehrere treffen.
87) Sent. Lib. III, Dist. 34, (Vol. VII) p. 728 f., woselbst Scotus in folgender
tabellarischer Form den habitus des Menschen eintheilt :
metaphysicus
realis mathematicus
speculativus ;hysicus
0gmcus
rationalis £;
grammaticus
circa agibile: prudentia
circa factibile : medicina und sämmtliche Gewerbe
ad alterum: iustitia
/ fortitudo
\ temperantia.
Qu. sup. An. post. I, 47, p. 415 A (die logischen Commentare stehen sämmtlich in
Vol. I): Ens rationis est subiectum logicae, ens inquantum mobile est subieetum na
intellectualis
praclicus {
appetitivus { pp. ad se ipsum
204 XIX. Duns Scotus.
Logik wird dabei allerdings in der üblichen Weise abgegränzt; aber in
Bezug auf Wahrheit und Falschheit der Urtheile, worin natürlich der Um
kreis der Logik liegt, hält sich Scotus nicht bloss an die aristotelischen
Bestandtheile des Urtheiles, sondern zieht principiell auch den Inhalt der
byzantinischen Logik bei, indem er an significatio und suppositio termi
norum, sowie an consequentia und copulatio u. dgl. denkt *°).
Auch den Unterschied, welcher zwischen Logik und Metaphysik neben
manchen Berührungspunkten doch als ein wesentlicher besteht, erblickt
Scotus ebenso wie all seine älteren und jüngeren Zeitgenossen in jener
intentio secunda, welcher wir nun seit den Arabern stets schon begeg
neten, und er spricht in manigfaltigen Wendungen wiederholt es aus,
dass die Logik jene Momente, welche von ratio oder von intellectus oder
von conceptus ausgehen, kurz also der subjectiven Werkstätte angehören,
auf das objective Wesen der Dinge „anwende“ — applicare —89).
Eben hiedurch entscheidet er auch jene Frage, ob die Logik als
modus sciendi selbst eine Wissenschaft sei (s. bei Albert und Thomas
Abschn. XVII, Amm. 363 ff. u. 489), im Anschlusse an Alfarabi dahin,
dass die Logik einerseits als docems wirklich eine Wissenschaft ist und
turalis scientiae, ens sub absoluta ratione est subiectum metaphysicae. Vgl. Abschn.
XVII, Anm. 362, und selbst Hugo v. St. Victor, Abschn. XIV, Anm. 45.
88) Qu. sup. An. pr. I, 19, p. 301 B: De partibus orationis .... grammaticus
considerat.... in ordine ad congruitatem..... Sed logicus considerat de istis in ordine
ad veritatem et falsitatem, sc. prout possunt esse partes principales enuntiationis verae
vel falsae, sc. subiectum, praedicatum, vel copula, et tales partes sunt praecise nomina
et verba. Nam aliae partes orationis non sunt nisi determinationes vel dispositiones
designantes significationem vel suppositionem terminorum, sc. nominis et verbi; aut
nodum significandi vel supponendi, aut diversum modum sequendi , unius ea, -altero,
vel diversum modum copulandi diversa ab invicem, et sic de aliis.
89) Qu. sup. Elench. 1, p. 224 A: Logica est de communibus et philosophia
prima (s. Abschn. XVII, Anm. 480 u. 546), sed diversimode ; nam philosophia prima
considerat ens, inquantum ens est, unde considerat rem secundum suam quidditatem,
et quia quidditas rei est entitas per se rei, considerat rem secundum suam entita
tem...... Similiter logica est de ente communi, ..... sed ens est dupleæ, sc. naturae
et rationis; ens autem naturae inquantum tale est, cuius esse non dependet ab anima ;
sed ens rationis dicitur de quibusdam intentionibus, quas adinvenit ratio in ipsis
rebus........ Quia ergo logica est de huiusmodi intentionibus, quae applicabiles sunt
omnibus rebus, ideo dicitur ea communibus procedere. Qu. sup. An. post. I, 43, p. 412 B:
Scientia dicitur communis dupliciter: uno modo eommunitate subiecti, alio modo com
munitate applicationis. Primo m0d0 metaphysica est scientia communis; ..... secundo
modo dialectica est communis. Sent. Lib. II, Dist. 3, Qu. 1, (Vol. IV) p. 357 : Non
solum ipsa natura est de se indifferens ad esse in intellectu et in particulari ac per
hoc ad esse universale et singulare, sed et ipsa habens esse in intellectu non habet
prim0 eae se universalitatem; licet enim ipsa intelligatur sub universalitate ut sub
m0d0 intelligendi ipsam, tamen universalitas non est pars conceptus eius primi, quia
non conceptus metaphysici, sed logici; logicus enim considerat secundas intentiones
applicatas primis secundum ipsum Avicennam (s. Abschn. XVI, Anm. 74). Qu. in
Praedicam. 2, p. 126 A: Praedicamenta dupliciter possunt considerari: uno modo, in
quantum considerantur a ratione, sive aliqua proprietas ab intellectu causata eis attri
buitur. Primo modo de eis considerat metaphysicus, ..... secundo modo hic de eis
consideratur. Qu. sup. An. post. I, 27, p. 387 B: Aristoteles in tota logica concludit
passiones de intentionibus secundis, ut de enuntiatione et syllogismo, quia intentiones
secundae sunt subiectum logicae, de quibus logica considerat passiones. Vgl. Abschn.
XVlI, Anm. 363, 380, 394, 489, 506.
XIX. Duns Scotus. 205
andrerseits als utens den modus für alle'übrigen enthält °°), so dass wir
hier wieder in anderer Weise als bei Lambert v. Auxerre (ebend. Anm.
104) den Begriff einer „angewandten Logik* treffen.
Was aber den eigentlichen Gegenstand und Zweck der Logik be
triffi, so erwähnt Scotus jene Ansicht, nach welcher der Begriff als das
wesentliche 0bject betrachtet und in den Thätigkeiten des einfachen Er
fassens, des Zusammensetzens und des Erörterns (— Kategoriem, Urtheil,
Syllogistik —) die Begriffsbildung in den Wordergrund gestellt wurde *''),
und er schliesst sich auch ausdrücklich am eben diese traditionelle Drei
theilung des Gebietes der Logik an "*); aber er stellt sich dabei grund
sätzlich auf jene Seite der arabischen Auffassung (Abschn. XVI, Anm. 15,
78 f., 240), mach welcher zum Behufe des Fortschreitens von Bekanntem
zu Unbekanntem der Syllogismus als der ursprüngliche und eigenthüm
liche Gegenstand der Logik zu bezeichnen ist, so dass die einfachen Be
griffe und deren Zusammensetzung in den Urtheilen nur als Bestandtheile
90) Qu. sup. Porph. 1, p. 87 A: Quaero, utrum logica sit scientia. Videtur,
quod non. Modus sciendi non est scientia; logica est modus sciendi; ergo etc......
Dicendum, quod logica est scientia; quae enim in ea docenlur, demonstrative conclu
duntur sicut in aliis scientiis; erg0 sciuntur.... Inlelligendum est tamen, quod logica
dupliciter consideratur. Uno modo inquantum est docens, et sic eae necessariis et pro
priis principiis procedit ad necessarias conclusiones, et sic est scientia. Alio modo
inquantum ulimur ea applicando eam ad illa, in quibus est usus, et sic non est ev
propriis, sed eae communibus, nec sic est scientia...... p. 88 A: Materialiter haec
praedicati0 ,,Modus sciendi est scientia“ est vera, quia logica docet m0dum sciendi
pro tanl0, quia est de syllogism0 vel de argument0, per qu0d tantum habetur scientia.
Qu. sup. An. p0st. I, Prooem. p. 343 A: Scientia demonstrativa dupliciter potest eon
siderari. Uno modo, inquantum utitur demonstratione, per illam sc. demonstrans
effectus in aliis scientiis, et isto modo dicitur quaelibet scientiu demonslraliva. Alio
modo, ...... quae docet, eae quibus et ea, qualibus debet esse demonstralio. Das
arabische Original s. Abschn. XVI, Anm. 15. Natürlich hat diese Unterscheidung
Nichts damit zu schaffen, wenn Scotus anderwärts (Qu. sup. Elench. 3, p. 225 B)
mit Aristoteles sagt: Scientia dialectica traditur per demonstrationem, usus tamen
eius in probabilibus consistit; denn Letzteres bezieht sich auf die rhetorische Praxis
des Dialektikers.
91) Qu. sup. Porph. 3, p. 88 B: Dicitur, quod subiectum logicae est conceptus
formalus ab actu ralionis, quia ille communis est omnibus in logica consideralis.
Nam cum actus rationis sit tripleæ, primus sc. indivisibilium intelligenlia, secundus
compositio vel divisio istorum simplicium, tertius discursus formalus a noto ad ign0
tum, de conceplu formato a primo aclu est liber Praedicamentorum, qui est de in
compleaco (Qu. sup. An. pr. I, 7, p. 282 B: Definitio et descriptio dantur de terminis
incompleacis), de conceptu formato a secundo actu est liber Perihermexías, ..... de
conceptu formato a terlio actu est lota nova logica, quae est de syllogismo et de
eius partibus subiectivis. Die Grundlage dieser Ansicht s. bei Thomas, Abschn.
XVII, Anm. 491.
92) 0p. II sup. Periherm., Prooem. p. 211: Dupleæ est operalio intellectus.
Una, quae dicitur indivisibilium inlelligentia, secundum quam dicitur intellectus for
fmare conceptus simplices; alia est, secundum quam componit et dividit ...... Istis
duabus operationibus additur terlia, quae est discurrere ab uno ad aliud, ut a nolis
ad ignola ...... Est universaliter liber Praedicamentorum de simplicibus conceplibus,
quos format, vel quae sunt inlelligibilia secundum quod sunt dicibilia et ordinabilia
in genere per se (vgl. ebend. Anm. 429)..... De secunda est liber Perihermenias,
- - - - - intellectus enim componens et dividens format enuntiationem, ..... et non est
enuntiatio ipse actus inlellectus, sed magis agitur ab inlellectu. De istis autem,
quae cadunt sub tertia operatione inlellectus, sunt libri novae logicae, in qua docetur,
qu0m0d0 est pr0cedendum a n0l0 ad c0gniti0nem incognili.
206 XIX. Duns Scotus.
der Schlüsse eine logische Geltung besitzen "*); d. h. er erkennt an, dass
die durchgeführte Wissenschaft als solche doch nur durch die 0peration
des Schliessens zu Stande komme, während die erstem Principien aller
dings ummittelbar durch einen einheitlichen • Aet des Intelleetus erfasst
werden müssen *'*). Von besonderer Wichtigkeit aber ist uns dabei, dass
Scotus in jenen drei so eben angeführten Stellen die Syllogistik (d. h.
die beidem Analytiken und die Topik) als „nova logica“ und die Kate
gorien nebst der Lehre vom Urtheile als „vetus logica“ bezeichnet, und
somit diese litterarische Unterscheidung, welche wir sehon früher in ihrer
Entstehung betrachten konnten, hier bereits als reeipirt erseheint °°).
Aber im Dienste dieser syllogistischen Aufgabe der Logik ist es ebem
jene Denk-0peration als solche (ob. Anm. 89), welche dem entscheidemden
Partei-Standpunkt des Scotus in Auffassung der Logik überhaupt und ims
besondere der Universalien mit sich bringt; nemlich wenn derselbe sich
präcis und deutlich dahin ausdrückt, dass die Logik weder eine scientia
realis noch eine scientia sermocinalis sei, sondern conceptus und actus
rationis gerade als Drittes in Mitte zwischen res und voae stehen, so
befinden wir uns hier, wenn je irgendwo, bei einem Conceptualismus,
welcher allerdings das Verhältniss des Denkens zur Sprachbezeichnung
nicht ausser Acht lassen kann °°), aber auch die Beziehung zu den Denk
0bjectem feststellen muss, so dass Sein und Denken gleichsam parallel
laufem und der Grundgedanke einer gewissen Wechselwirkung zu einer
Auffassung führt, welche zugleich metaphysisch realistisch auftritt und
logisch nominalistische Handhaben darbietet.
Während nemlich alle Theile der Logik (d. h. Alles, was eine innere
Beziehung zum Syllogismus hat) in der subjectiven Werksiätte des Geistes
93) Qu. sup. Porph. 3, p. 89 A: Dicendum ergo, quod subiectum primum et
proprium logicae est syllogismus, ..... quia statim post determinationem de eius par
tibus in veteri logica praemitlit eius definilionem in primo Priorum. ..... Propter
ipsum enim in veteri logica determinatur de eius partibus integralibus, sc. de incom
pleaeo et de enuntiatione, et de partibus subiectivis in libris Topicorum, Priorum et
Posleriorum, et de aliis speciebus argumentalionis, quia illae reducunlur ad ipsum.....
Ergo penes eius divisionem et attributa illi patet divisio logicae ..... Syllogismus
quoad proprietates formaliter ipsum consequentes est subiectum libri Priorum; est
autem subiectum totius logicae quoad omnes passiones in se vel in suis partibus inte
gralibus et subiectivis vel reducibilibus ad ipsum. Schon Albert (s. ebend. Anm. 370)
hatte gegen eine solche Auffassung, welche den Syllogismus allzu einseitig betont,
polemisirt.
94) Qu. sup. An. post. I, 1, p. 344 B: Principia proprie non sunt: scita, sed
intellecta; intellectus enim est principiorum , scientia conelusionum. Hiezu untem
Amm. 108. -
95) S. Abschn. XVII, Anm. 5 u. 103.
96) Qu. in Praedicam. 1, p. 125 A: Logica non est scientia realis nec sermo
cinalis, quia nec sermonem nec sermonis passiones considerat; .... immo quod ista
divisio sit insufficiens, sic ostenditur: medium inter rem et sermonem vel vocem est
conceptus. Ergo sicut est aliqua seientia per se de rebus, aliqua per se de vocibus
significativis, ..... ita potest aliqua scienlia esse per se de conceptu, et haec est
logica, unde per se habet dici scientia rationalis, ..... quod est de conceptibus for
matis ab actu rationis ..... Multum convenit cum sermone propter duo : primo, quia
conceptus est immediatum significatum per vocem, de quo conceptu est logica; secundo,
quia passiones conceptus insunt voci significativae, sicut incompleaeum et complearum,
significare verum vel falsum, ut signo per naturam significati. S. Abschn. IV,
Anm. 111 ff.
XIX. Duns Scotus. 207
— mens — ein selbstständiges Sein besitzen, welches an sich vom Wort
ausdrucke, unabhängig ist und seine innere Priorität auch in dieser äusserem
Werflechtung bewahrt °7), sind die Universalien bei Leibe nicht fictiones
intellectus, denn damn wäre ja die Metaphysik und jede andere reale
Wissenschaft für sich gegenstandslos oder mit der Logik identisch 9°),
sowie umgekehrt die Universalien nur- dann als blosse Figmente betrachtet
werden könnten, wenn es in der objectiven Welt keine reale Wesens
Einheit, sondern nur numeräre Einzelnheit gäbe °°). Kurz Scotus erweist,
wie schon Albert gethan hatte, die objective Existenz der Universalien, in
der That aus der subjectiven Auffassung , weil es ja von dem Nicht
Seienden keine Erkenntniss. geben könne und somit dem Universale Etwas
ausserhalb „entsprechen* (correspondere) müsse, was eben bei bloss Fin
girtem nicht der Fall sei, d. h. das Universale komme ursprünglich und
dem Stoffe mach durch gelegentliche Weranlassung von der objectiven
Eigenthümlichkeit der Dinge her, formell aber in seinem wirklichen Auf
treten als Universale liege es im Intellectus 1''''). Hierin nun liegt der
Schlüssel zu allem Folgenden; denn Scotus kann so in dem traditionellen
arabischen. Spruche ,,Intellectus agit universalitatem in rebus“ zugleich
den Accent auf die Worte „in rebus“ in realistischem Sinne legen 1''!)
und , dabei die ratio universalitatis als eine das Wesem , der Dinge an
sich nicht , berührende Modalität, welche auf Rechnung des subjectiven
Denkens fällt, bezeichnen 19°); er kann das Denken an dem Maassstabe
der , objectiven Realität und zugleich die mit, künstlerischem Wirken er
zeugten Gedanken am dem Maassstabe des subjectiven. Denkens messen,
so dass schliesslich für die Dinge und für das Denken der höchste
97), Ebend. p. 124 B: Iste liber (d. h. Categoriae) non est de decem vocibus
ut de primo subiecto, nec aliqua pars logicae est de voce, quia omnes passiones
syllogismi et omnes partes eius p0ssunt sibi inesse secundum esse, quod habent in
mente, etiamsi non proferantur; sed est de aliquo priore, quod respectu vocis signi
ficativae tantum habet rationem significati. Ebenso Qu. sup. Periherm. I, 1, p. 186 A.
98) Theorem. 4, (Vol. III) p. 269 A: Universalia non sunt fictiones intellectus;
tunc enim nunquam in quid praedicarentur de re eaetra nec ad definilionem pertinerent,
nec metaphysica differret a logica, immo omnis scientia esset logica, quia de univer
sali. Vgl. untem Amm. 154.
99) Sent. Lib. II, Dist. 3, Qu. 1, (Vol. VI) p. 336: Si omnis unitas realis est
numeralis, ergo omnis diversitas realis est numeralis, ..... et ita omnia essent aeque
distincta, et tunc sequitur, quod non plus potest intellectus abstrahere a Socrate et
linea, et esset quodlibet universale pure figmentum.
100) Qu. sup. Porph. 4, p. 90 A: Universale, est ens, quia sub ratione n0n entis
nihil intelligitur, quia inlelligibile movet intellectum..... (B) Universale est ab in
tellectu, et cum dicilur ,,ergo est figmentum“, dico, quod non sequitur, quia figmento
nihil correspondet in re eaetra, universali autem aliquid eætra correspondet, a quo
movetur intellectus ad causandum talem intentionem ...... Effeclive est ab intelleclu,
sed materialiter sive originaliter sive occasionaliter est a proprietate in re, figmentum
vero minime est. S. Abschn. XVIl, Anm. 297.
101) Ebend. 9, p. 93 B: Intellectus facit universalitatem in rebus (s. Abschn.
XVI, Anm. 181, vgl. Abschn. XVII, Anm. 378); ergo illa est in re, non in intellectu.
102) Ebend., 5, p. 90 B: Universale est per se intelligibile, quod patet sic :
Primum obiectum intellectus, sc. quod quid est, intelligitur sub ratione universali
tatis ; illa vero ratio non est idem essenlialiter cum illo quod quid est, sed modus
eius accidentalis; ergo intellectus potest cognoscere differentiam inter suum obiectum
primum et illum modum. S. bei Albert ebend. Anm. 392.
208 XIX. Duns Scotus.
Maassstab in Gott liegt'"°); und er kann in einer an Abälard erinnernden
Weise in dem Universalien das esse im multis und das praedicari de
multis vereinigen'"*).
Natürlich liegt in dieser Unklarheit über das Wesen eines logischen
Subjectivismus und eines metaphysischem 0bjectivismus auch bei Scotus
eine höchst bedenkliche Schwäche speculativer Auffassung vor; aber für
einen „Philosophen* wird ja hoffentlich ohnediess Niemand irgend einen
Autor des Mittelalters halten. Hingegen hat Scotus von einem solchen
durch die allgemeine Tradition damals besiegelten Standpunkte aus als
ein verstandesmässig sehr geschulter Denker die Consequenzen durch alle
einzelnen Fragem hindurch festgehaltem und durchgeführt. So nimmt auch
Scotus vor Allem die allgemein recipirte arabische Unterscheidung , einer
doppelten intentio in dem Sinne auf, dass die secunda intentio, d. h.
die eigentlich logische, ein machfolgendes Erzeugniss der Denk-0peration
sei und so als Universale bezeichnet werde, während die prima intentio
als ursprünglich unbedingtes Erfassen auf die objective Quiddität gehe,
welche wohl gleichfalls Universale genannt werde, aber an sich gleich
gültig gegen Allgemeinheit oder Einzelnheit sei und daher auch im Denken
nicht mit concreter Gegenständlichkeit (subiective), sondern eben nur un
mittelbar vorstellungsweise (obiective) auftrete!"°). Und hierin liegt bei
ihm auch die Auffassung der üblichen arabischen Dreigliederung in uni
versalia ante rem, in re, post rem; denn er findet das Universale zu
nächst eben in der secunda intentio, und dann auch in dem vom derselbem
bemannten Gegenstande der prima intentio, indem der letztere entweder
103) 0p. II sup. Periherm., 3, p. 215 B: Dupleæ est intellectus. Quidam est
mensuratus a rebus, quidam est mensura rerum. Intellectus noster per comparationem
ad res naturales est mensuratus et dicitur verus ea, hoc, quod est conformis rei, quae
est sua mensura. Artificialia aulem comparantur ad intellectum nostrum sicut men
surata ad suam mensuram ; igitur dicuntur vera eæ hoc, quod attingunt per suam
formam perfectionem formae artificis...... Quaelibet res naturalis secundum suam
formam imitatur quodammodo speciem eius in menle divina, unde vera dicitur, se
cundum quod ad rationem illius speciei attingit ...... Intellectus nosler similiter
dicitur verus, quia est conformis suae mensurae.
104) Qu. sup. Porph. 6, p. 91 B: lnest aliquid universali, quia si definitio
ipsius universalis vera sit, quae est „praedicabile de pluribus“ (s. Abschn. IV, Anm.
197), ...... tunc convertibile praeter essentiam universalis erit illud, quod ponit
primo Posteriorum, sc. „esse unum in multis et de multis“ (ebend. Anm. 137). Et
e converso, si illud sit definitio bona et vera, illud erit proprium. Vgl. Abschn.
XVII, Anm. 167. u. Abschn. XIV, Anm. 291 ff.
105) Qu. de anima, 17, 14 (Vol. II) p. 546 A: Universale accipitur aliquando
pro intentione secunda, quae sequitur operalionem primam intellectus, qua intelligitur
quidditas absolule, ..... et isto modo est in intellectu tanquam aliquid factum per
operationem intellectus ...... Aliquando aulem universale accipitur pro re subiecta
intentioni secundae, i. e. pro quiddilale rei absoluta, quae, quantum est de se, nec
est universalis nec singularis, sed de se est indifferens (s. Abschn. XVI, Anm. 74);
et tale est obiectum intelleclus directum, non autem est in inlellectu subiective, sed
tantum obiective. An unzähligen Stellen treffen wir fortan bis in das 18. Jahrhum
dert (d. h. bis Alex. Baumgarten) diesen Gebrauch der Worte „subiective* und
„obiective“, welcher zu dem jetzigen sich genau umgekehrt verhält: nemlich damals
hiess subiectivum dasjenige, was sich auf das Subject der Urtheile, also auf die
concreten Gegenstände des Denkens, bezieht; hingegen obiectivum jenes, was im
blossen obiicere, d. h. im Worstelligmachen, liegt und hiemit auf Rechnung des
Worstellenden fällt.
XIX. Duns Scotus. 209
das entferntere 0bject, nemlich die ursprüngliche quidditative Natur (d. h.
ante rem), oder das nähere 0bject, nemlich das individualisirte Wesen
(d. h. in re) sein kann, in welch letzterem Falle die Universalität nur in
der indeterminirten Allgemeimheit der Aussagbarkeit liegt '""). Auch be
zeichnet er das Universale ante rem ausdrücklich als das ursprünglich
erste Vorgeslellte des Deukens, sowie die secunda intentio (d. h. post
rem) als „forma“, und das Universale in re als ein „Aggregat aus Ge
genständlichkeit und Form* '""). Ja er ist geneigt, für die Erkenntniss
der einfachem Begriffe (kategoriem) und für die Zusammensetzung der
selben (Urtheil) demjenigen, was Sache der prima intentio ist, eiue
Priorität zuzuschreibem und die secunda intentio principiell (vgl. ob.
Anm. 93 f.) dem syllogistischem Verfahren zuzuweisen, durch welehes so
damn die wissenschaftliche Entwicklung der prima intentio erfolge 1"°).
Beachtenswerth aber ist (— um 0ccam's und seiner Vorläufer willem —),
dass bei Scotus zum ersten Male jene Dreistellung der Universalien auch
im Gewande byzantinischer Logik auftritt, indem das Universale dasjenige
heisst, was von einem Gemeinbegrifle bezeichnet wird, welcher eine wirk
liche 0bjectivität bedeutet, und somit das Universale in re zum „esse in
suppositis“ wird, während die anderen beiden Stellungen des Universale
als Quiddität und als Denkform wiederkehren !"°).
Schon aus dem Bisherigen aber ist ersichtlich, dass bei Scotus die
hauptsächliche Schwierigkeit sowohl logisch als auch ontologisch in den Uni
106) Qu. in metaph. VII, 18, (Vol. IV) p. 723 A: Universale sum potest tri
pliciter : Pro inlenlione secunda, quae est quaedum relatio rationis in praedicabili ad
illud, de qu0 est praedicabile ..... Alio m0d0 accipitur pro illo, quod denominatur
ab illa intentione, quod est uliqua res primae intentionis, num secundae intcntiones
applicuntur primis. Et sic accipi potest dupliciter : Uno modo pro illo, quod quasi
ut subiectum remotum denominalur isla intenlione ; alio modo pro subiecto propinquo;
primo m0d0 dicilur nalura absolute sumpta universale, quia non est de se haec;
secundo modo non est unirersale, nisi sit actu indeterminatum ita, quod unum in
lelligibile numero sit dicibile de omni supposito. Vgl. Anm. 109.
107) Qu. sup. Porph. 3, p. 89 B: Universale sicut cetera concreta tripliciter
sumilur. Quandoque enim sumitur pro subiecto, i. e. pro re primae intenlionis, cui
applicatur inlentio universalis, et hoc modo universale est primum obiectum intel
leclus; quandoque sumilur pro forma, sc. pr0 re secundae inlenlionis causatu ab
intellectu et applicabili reius primae intentionis, et sic loquitur logicus proprie de
universali; terlio m0d0 pro aggregalo ea, subiect0 et forma, et illud est ens per ac
cidens, quia aggregat diversus naturas, eæ quibus non fit unum per se. Vgl. unten
Anm. 147.
108) Qu. sup. An. post. I, 46, p. 414 B: Tripleæ est operatio inlellectus. Una
est intelligentia simplicium; alia est c0mp0silio vel divisio. Ei quoad illas duas
operuliones res primae inlenlionis sunt notae prius intelleclui, quam secundae. Tertia
est operalio discursiva a praemissis ad conclusiones, el ille discursus est intenti0
secunda el est actus rationis, per quem ducimur in cognitionem primarum intentionum
et aliarum scienliarum; et ideo quoad hunc aclum logica est prior et ita prior in
quanlum ad doctrinam, quia per discursum doctrinamur.
109) Qu. sup. Porph. 11, p. 94 A: Significalum lermini communis significunlis
veram naturam tripliciter potest considerari. Uno quidem modo secundum esse in
supposilis, quod dicitur esse materiale eius;..... secundo modo consideratur absolute
secundum esse quidditativum; ..... tertio m0d0 ut per formam inlelligibilem ab in
telleclu apprehenditur, quod est esse cognitum, et sic insunt ei intentiones. Inlelleclus
enim considerans naluram hominis unam in multis et de multis ab uliqua proprietate
reperla in nulura sic considerala movetur ad causandum inlenlionein el illam causalam
ultribuit vlli nalurae, cuius est proprietas et a qua accipitur.
Phantl, Gesch. Ill. 14
210 XIX. Duns Scotus.
versalien in re auftrete, und dass durch die Art und Weise der Lösung
derselben auch die Auffassung der Universalien ante rem und post rem
modificirt werdem müsse. Der Kern der ganzen Frage liegt bei Scotus
in dem Begriffe der „species intelligibilis“ (s. I)ei Aristoteles, Abschn.
IV, Anm. 63, und aus diesem bei Thomas, Abschn. XVII, Anm. 499 u. 510),
welche einerseits in den Realismus der ursprünglichen Wesens-Quiddität
(ante rem) zurückgreift und andrerseits doch zu einem anti-platomischen
Conceptualismus verarbeitet wird. Dasjenige nemlich, durch welehes die
Thätigkeit des Demkens veranlasst wird (s. ob. Anm. 100), könne unmög
lich das blosse sinmliche Bild der Gegenstände sein, denn dieses sei von
vorneherein ungleichartig, sondern sowohl hei Particularem als auch bei
Universellem wirke auf den Intellectus eine gestaltende Form (species
informans), durch welche derselbe als thätiger mittelst eines Sammelns
(colligere) oder gleichsam mittelst eines Vermehrens die Form eines uni
versalem 0bjectes erfasse 11"). Eben diese species intelligibilis stehe dem
mach in Mitte zwischen der reinen Spiritualität des Denkens und der
Materialität des Simnes-Eindruckes, sowie ja auch bei letzterem selbst
wieder eine dreifache Abstufung in 0bject, Medium und 0rgam vorliege ! ! !).
Und somit sei hiebei nieht in platonischer Weise von Einfiüssen der Ideal
Welt, sondern von Formen die Itede, welche in den Dingen unter indi
vidualisirenden Umständem auf die Sinnes-Wahrnehmung wirken, aber vom
der Denkthätigkeit in andere Formen umgesetzt werden ! '*); denn mach
Plato's Ansicht müsse der intellectus agens hinwegfallem, hingegen gerade
wemm das Universale als solches nicht in concreter Existenz sich findet,
110) Qu. de rer. princ. 14, 3, (Vol. III) p. 129 A : Species intelligibilis requi
ritur in intellectu propter duo. Unum est, si res intellecta sit corporalis, quia species
sens? tS . . . . . propter suam materialitatem et improportionem non possent movere in
tellectum ; et ideo est necesse, ut fiat ab ea abstractio seu, ut melius dicam, mulli
plicatio speciei intelligibilis virtute luminis intellectus agentis .... Secundo requirilur
species propter obiecli absenliam ...... (B) Intellectus per speciem informantem in
telligit tam universalia quam particularia et alia specie particularia et alia univer
salia ........ Ab omnibus istis speciebus, puta sensationis a specie rei sensibilis, ut
est in sensu et ut est in im;iginatione, colligit speciem rei universalis intellectus
communis. Ebend. 15, p. 137 A: 0biecta bene agunl in intellectum immittendo
speciem, ma.vime cum hoc fiat in virlule intellectus agentis. Dass ich grundsätzlich
darauf verzichte, in die Geschichte der Psychologie (intellectus passivus u. activus
u. dgl.) überzugreifen, habe ich schon längst oben, Abschn. XVI, Amm. 4 f. aus
gesprochen.
111) Ebend. 14, p. 124 B: Habet species sensi!)ilis esse tripliciter, sc. in ob
iecto eætra, quod est materiale; in medio, et hoc esse est quodammodo spirituale
et immateriale; habet esse in organo et hoc adhuc magis spirjtualiter..... (p. 125 A)
Ev his patet, qualiter phantasma habet esse quoddam materiale respectu eorum, quae
sunt in sensu ..... Sic in intellectu non polest deveniri ab eztremo, sc. a phantas
mate, ad eaetremum, sc. ad intellectum seu ad actum intelligendi, qui est pure spiri
tualis, nisi per medium inter spirituale et c0rp0rale; huiusmodi autem medium est
species intelligibilis, quae non habet ade0 esse maleriale sicut phantasma, nec adeo
spirituale ut inlellectus.
112) Qu. sup. An. post. I, 3, p. 347 B: Dicitur secundum Platonicos, quod nos
intelligimus per species influaeas ab ideis ...... (p. 348 A) Res multiplicat suam
speciem per sensus eaeteriores ..... usque ad phuntasiam, et ista species eæistit sub
modo materiali et concipitur sub conditionibus individuanlibus ; sed ista, ut sic, non
potest perficere intellectum. Ideo intellectus agens ea, illa specie in phantasmate posita
gignit aliam speciem in inlelleclu p0ssibili.
XIX. Duns Scotus. 21 1
sei es Sache des Intellectus, das existireude Ding als Darsteller eines
Universale zu fassen, so dass dabei der auf die Singularität gerichtete
Sinnes-Eindruck mitspielt und doch zugleich die Quiddität der species in
telligibilis aus dem Einzelnen „hervorleuchtet* ''*). Ja es folge aus dieser
provocirenden Wirkung der species intelligibilis eine passive Empfäng
lichkeit, welche mit dem Denken wesentlich verbundem sei umd eime
passio intentionalis genannt werden könne ''*), jedoch nur in dem Sinne,
dass diese Passivität des ummittelbar natürlichen Empfangens dem activen
Wirken der Denkthätigkeit vorhergeht4'°), und die objectiven Dinge nur
die gelegentlichen Veranlasser der universalen Auffassung sind 11°). So
seien die Universaliem, welche der Intellectus trotz aller Abhängigkeit von
dem Sinnlichen doch in höherer Weise erfasse, in der That „erworbene“
Formen — species acquisitae — 117), und wenn man z. B. von Artbe
griffen spreche, so sei diess nicht so zu verstehen , dass dieselben als
solche wirklich existiren, sondern nur dass sie mittelst der aus dem
Einzelndingen geschöpftem species intelligibilis vom Intellectus actuell
erfasst werden ''*). Eben die Einzelndinge aber seien es demnach,
welche der Intellectus zunächst früher erkenne, denn gerade weil das
Universale als wirkliches Universale nicht in dem Einzelndinge selbst
sein, sondern mur durch das Denken aus demselben gemacht werden
könne, müsse doch dasjenige, an welchem die abstrahirende Thätigkeit
113) Sent. Lib. I, Dist. 3, Qu. 6, (Vol. W) p. 521 : Si essentiae rerum essent
universales, sicut posuit Plato, non indigeremus secundum ipsum inlellectu agenle.
Cum autem universale inquantum universale nihil sit in eacislenlia, sed tantum sit in
aliquo ut repraesentante ipsum obiectum sub tali ralione, ..... intellectus agens facit
aliquid repraesentativum universalis de eo, quod fuit repraesentativum singularis.
Ebend. p. 538: Nihil intelligimus in universali nisi cuius singulare phantasiamur,
nec est alia conversio ad phantasma, nisi quod inlelligens universale imaginalur sin
gulare eius, nec intellectus videt quod quid est in phantasmatibus sicut in ralione
videndi, sed inlelligens quod quid est relucens in specie inlelligibili videt illud in suo
singulari viso. Vgl. Report. Paris. I, Dist. 3, Qu. 4, (Vol. XI) p. 47 A.
114) Sent. Lib. I, a. a. 0. p. 529: Non tantum intelleclus patilur ab obiecto
reali imprimente lalem speciem realem, sed ab illo obiecto ul in specie intelligibili
palitur passione intentionali, et illa passio est receptio intelleclionis, quae est ab
intelligibili, inquantum intelligibile est relucens in specie intelligibili, et istud pati
est inlelligere.
115) Ebend. p. 517: Intellectus potest habere obiectum actu universale perfecte
sibi praesens in ratione obiecti prius naturaliter, quam aclu intelligat; ..... in illo
priori habet obiectum sibi praesens in specie intelligibili, et ita habet speciem in
telligibilem priorem actu.
116) Qu. in Praedicam. 3, p. 127 B : Res non est tota causa inlenlionis, sed
tantum occasio, inquuntum scilicet movel inlellectum, ut actu consideret, et intellectus
est principalis causa. , S. Anm. 100.
117) Qu. sup. An. post. I, 46, p. 414 A: 0mnes virlules sensitivae ordinatae
sunt ad intellectum ; prius enim apprehenditur species a sensibus eaterioribus, et
postea a sensu communi, tertio a phantasia, quarto ab intelleclu, et ita intelleclus
in cognoscendo aliqu0 m0d0 dependet a potentiis sensitivis ..... et loquor de intellectu,
secundum quod c0gn0scilur per species acquisitas.
118) Qu. sup. Porph. 18, p. 104 B: Ad rationem generis requiritur, quod mullas
habeat actu species, non quae eæistant aclu vel potentia, sed quod tantum actu con
cipiantur per speciem intelligibilem ab individuis acceptam quandoque earistenlibus,
et quod actu habeant aptitudinem participandi genus, quia talis aclualitas est illorum,
inquantum dicuntur species generis.
14*
212 XIX. Duns Scotus.
geübt werden soll, zuerst berührt werdem, und wenn man wohl sagen
könne, dass in solcher Erkenntniss des Einzelmen ein umbestimmt (com
fuse) Allgemeines erfasst werde, so sei eben hier die Allgemeinheit noch
in die örtliche Individualisirung verfloehtem , während das logisch Allge
meine gerade diese Werflechtung ausschliesse; kurz bei dem Erkennen
des concret Existirenden (entitas actualis oder eaeistentia actualis, s. untem
Amm. 139 ff.) seiem drei Stufen, deren erste das concrete Sein simnfällig
betrachte, während die zweite das reflexive Bewusstsein (vgl. unlem Anm.
124) dieser Betrachtung enthalte, und die dritte das 0bject mit dem
Universale vergleiche (comparare) und so als Intellectus auftrete ''"). Jene
abstrahirende Thätigkeit aber, welche Scotus wieder unterscheidet, je
machdem entweder bloss von dem Einzelndingem oder zugleich auch von
materiellen Modalitäten abgesehen werden soll, und welche er so mit der
byzantinischen Lehre von der distributio in Verbindung bringt '*"), will
er in entschiedenem Gegensatze gegen Platonismus ausdrücklichst micht
als ein „Entblössen** (denudare) vom allem sinnlichen Eindrucke betrachtet
wissen, denn das Universale müsse wesentlich von den sinnfälligen Ein
zelndingen ausgesagt werden können, und ehen mur darin liege die Er
hebung des Actes der Intelligenz über jene unbestimmte Allgemeinheit
119) Qu. de rer. princ. 13, 3, (Vol. III) p. 117 B : Prius cognoscit intellectus
singulare, quam universale; imp0ssibile est enim, quod rationem universalis ab ali
quo abstrahut, nisi id, a quo abstrahit, praecognoscat...... (p. 118 A) Si cognitio
refertur ad modum, quo intellectus perficitur, cum universale inquantum tale omnino
non sit in re, sed fiat actione animae per abstractionem a singularibus, necesse est,
ut actio intelleclus prius attingat singulare, ea, quo per actionem quasi de quadam
materia faciat universale, et posterius universale attingat, et sic materialiter loquendo
prius cognoscat particulare ....... In hoc homine particulari existente actu haec
humanilas et haec animalitas, quae actu eacistunt, primo supponunt hanc entitatem
actualem..... Unde cum dicitur, qu0d cognitio nostra incipit a magis confusis et
magis universalibus, talis confusio et universalitas non ezcludit singularitatem el
signalionem actualis eæistenliae in re eaetra, nec tale confusum et universale est illud,
a cuius ratione ezcluditur „hic et nunc“, immo in eo includunlur. ..... Universale
autem, de quo quaeris, alterius generis est, quia de ratione sua earcludit „hic et
nunc“ et signationem et actualitatem eæistentiae. (Vgl. Abschn. XVIl, Anm. 500.).....
(B) Naturali ordine intelleclus primo apprehendit actualilutem eæistentis rei sensi
bilis ......, secundo actum imaginalionis et rem imaginatam, et ab isto potest abs
trahere universale per consideralionem, et sic est rerum, quod apprehensio universalis
semper est poslerior apprehensione particularis ..... Prior est notitia singularis et a
sensu et ab intelleclu, quam nolitia universalis. Ebend. p. 112 A : Intellectus tri
pliciter versatur circa cognitionem actualis eatislentiue rei: uno modo speculando
ipsum aclu esse in ipsa sensatione......, alio modo refleaeive (vgl. ebend. Anm. 520
u. untem Anm. 124) intelligendo, se inlelligere, illud esse actu, ..... tertio modo
comparando illud ad universale inlelligendo, quiu haec albedo non solum esl actu,
sed etiam est color.
120) Qu. sup. An. post. I, 37, p. 403 A: Dupleæ est abstractio. Una est a
materia et suppositis, sicut homo abstrahitur ab illo homine et ab islo et a materia,
ut ab homine albo et nigro...... Alia est abstractio a suppositis, sed non a materia,
sicut homo albus abslrahitur ab illo homine et ab isto, sed non a materia, quia
album consequitur passiones materiales. Duplici isti abstractioni correspondet dujileae
signum distribulivum, quia termino eommuni abstraclo a supposilis el a materia
correspondet hoc signum ,,omnis“...... Sed hoc signum „unusquisque“ correspondet
termino communi , abslracto a suppositis, sed non a materia. Was wir bei Petrus
Hispanus (Abschn. XVIl, Anm. 240 ff.) über „omnis“ sahen, erhält somit hier eine
spitzfindige Bereicherung. -
XIX. Duns Scotus. 213
(commune), welche in der noch sinmlichen Stufe des Wahrnehmens
walte '*'). So kann Scotus nicht bloss der aristotelischen Auffassung
betreffs desjenigen, was uns und was an sich kenntlich ist, sich an
schliessen '**), sondern auch zugestehen, dass es Allgemein-Begriffe gibt,
welche mit dem Beisatze (circumstantia) der Particularität behaftet und
in dieser Werflechtung mit sinmlichem Eindriicken selbst den Thieren zu
gänglich sind, wohingegen die eigentlichen Universaliem dem Intellectus
anheimfallem'**). Jedenfalls aber muss Scotus mit jener oben (Amm. 31)
erwähntem Polemik übereinstimmen, welche schon Lamarre gegen Thomas
betreffs der angeblichen Unerkennbarkeit des Singulären geführt hatte,
und Scotus hält daran fest, dass mit dem Universale zugleich das Ein
zelne erkannt werde, indem ja Letzteres von Ersterem nicht ausgeschlossen
werde, sondern eben nur die Individualisirung des Allgemeinen sei, so
dass auch der thomistische Begriff der reflerio nicht völlig genügen
könne '**); kurz an dem sinmfälligen Veränderlichen seien seine Verän
derlichkeit und seine Unveränderlichkeit nicht schroffe Gegensätze, sondern
mur verschiedene Beziehungen, welche ebem auf Einzelnheit und Allge
meinheit beruhen 12°).
121) Sent. Lib. II, Dist. 3, Qu. 1, (Vol. VI) p. 360: Universale in actu est
illud, quod habet unitatem indifferentem, secundum quam ipsum idem est in potentia
proxima, ut dicatur de quolibet supposito ..... Apparet improbatio illius dicti, quod
intellectus agens facit universalitatem in rebus per hoc, quod denudat ipsum quod
quid est in phantasmale eæistens. Nam ubicunque est, antequam in intellectu possi
bili habeat esse obiective, ...... non tamen est tale, cui potentia proæima convenit
dici de quolibet, sed tantum est in potentia proæima, ut sit in intellectu possibili;
est ergo in re commune, quod non est de se hoc, et per consequens ei de se non
repugnat esse non hoc; sed tale commune non est universale in actu, quia deficit ei
illa differentia, ..... secundum quam ipsum idem aliqua identitate est praedicabile
de quolibet individuo. Ebenso Report. Paris. II, Dist. 12, Qu. 5, (Vol. XI) p. 328 B.
Vgl. auch Qu. in metaph. VII, 18 (Vol. IV) p. 721 f.
122) Qu. de anima, 16, 1, (Vol. II) p. 539 A: Minus universale est, quod prius
notum est nobis prioritate temporis et cognitione confusa ...... Illud cognoscitur
posterius, cuius abstractio est difficilior...... Prius cognoscitur magis universale a
nobis cognitione distincta.
123) Qu. in Phys. I, 5, (Vol. II) p. 16 A: Dupleæ est conceptus universalis;
quidam cum circumstantia particulari sibi appropriata, ut ,,h0c corpus“...., alius est
sine tali circumstantia ...... Cum intellectus habet actualiter conceptum universalem
cum circumstantiis, .. ... oportet, quod actualiter respiciat et intendat ad phan
tasmata ...... (p. 17 B) Brutis insunt conceptus universales cum circumstantiis
singularibus.
124) Qu. de anima, 22, 3, (Vol. II) p. 574 A: Dicit . . . . Thomas...., quod
intelleclus noster pro statu viae non potest cognoscere singulare, quia secundum ipsum
materia est principium singularitatis ...... Contra hoc procedendum est destruendo
suum principium individuationis, unde ezcommunicatus est Parisiis iste articulus, quod
non possint esse plura individua eiusdem speciei (s. ob. Anm. 15)..... Impossibile
est, abstrahere universalia a singulari non cognito singulari ..... Intellectus non potest
intelligere universale, nisi simul intelligat singulare, non ergo tantum per reflezionem
(vgl. Anm. 119)..... Singulare est a nobis intelligibile secundum se, quia intelligi
bilitas sequitur entitatem...... Singulare nihil addit ultra universale nisi gradum
singularitátis, sed non excluditur ratione universalitatis in eo contentae. S. Abschn.
IV, Anm. 82.
125) Qu. sup. An. post. I, 10, p. 357 A: De mutabili, secundum quod mu
tabile, est scientia, et etiam secundum quod immutabile. lstae rationes non sunt
oppositae, quia relatae sunt ad diversa. Scienlia enim est de mutabili, secun
214 XIX. Duns Scotus.
Aus all diesem geht hervor, dass nach des Scotus Auffassung die
Universalien als reime Quiddität der Dinge ante rem die metaphysische
Grundlage sind (bis zurück zu Gottes Denken, Anm. 103), aber zugleich
in re mit Individualisirung beliaftet nicht wirkliche Universalien genannt
werden können, sonderm nur als Sache der prima intentio (Ann. 107)
hei jener gelegentlichen Reizung des Intellectus durch die wahrnehmbarem
Einzelndinge die Wirkung einer species informans äussern (Amm. 100
u. 110), um sodann in der secunda intentio durch die Thätigkeit des
Intellectus zu eigentlichen Universalien post rem erst gemacht zu werden.
Durch diese Grundlage aber ist hiemit bei Scotus sowohl in logisch sub
jeetiver Beziehung die Auffassung der significatio, als auch ontologisch
objectiv die Begründung des Principes der Individuation und der plura
litas formarum folgerichtig bedingt.
Wor Allem nemlich sei es gerade jene species intelligibilis, nicht
aber die concrete Sache selbst, welche durch den mensehlichen Sprach
ausdruck (voae) bezeichnet werde (vgl. Avicenna, Abschn. XVI, Anm. 85),
und zwar heziehe sich diese Bezeichnung auf die objective Seite der
species intelligibilis, d. h. insoferne dieselbe den Wesensgehalt eimer
Sache vorstelle, nicht hingegen insoferne sie subjectiv den Intellectus
reize; die Sache selbst daher könne vom Worte nur mittelbar, d. h. ebem
mittelst der species intelligibilis (s. auch Anm. 118), bezeichnet werden,
denn insoferne die Dinge als concrete existiren, werden sie auch nicht
an sich unmittelbar erkannt, sondern nur insoferne sie Gegenstand der
Demk-Auffassung sind 1*"). Also jene aristotelischem passiones animae
(vgl. ob. Anm. 114), welche der Intellectus durch die das Wesen ent
haltende species intelligibilis empfängt, sind Gegenstand der Wortbe
veichnung, nicht hingegen der reine Uract der Quiddität noch auch der
individualisirte Bestand der concretem Sache, denn nur demjenigen, was
def Intellectus erfasst, wird, sobald er es thut, ein Name aufgeprägt,
welcher nach seiner psychologisehen Geltung , ein Gleichniss der Sache
und nach seiner Geltung für die Wissenschaft das ursprüngliche Medium
ist, mittelst dessen die species intelligibilis als ein Zeichen der Sache
vom Intellectus festgehalten wird 1*7).
dum qaod est immutabile non in se, sed respeelu passionis immntabilis. Vgl. unten
Anm. 145. -
126) Qü. swp. Periherm. I, 2, p. 187 A: Potest quaeri, utrum nomen significet
rem vel speciem in anima, et intelligitur quaestio non de nominibus impositis ad
significandum similitudines vel species, sed de quocuhque alio nomine cuicunque
imposito ..... Dico autem speciem intelligibilium similitudinem inlelligibilem, quae
est in intelleetu ut in subiecto, sieut species sensibilis est similitudo rei sensibilis,
quae est in sensu ut in subieeto....... (B) Species intelligibilis immediate signi
fieatur per vocem, sed illa dupliciter consideratur; aut inquantum est quid accidens
(zu lesen evcilans), sc. informans animam, awt inquantum repraesentat rem (vgl. ob.
Anm. 113). Primo modo non significatwr per vocem. ..... sed secundo modo; cum
enim omne signum, inquantum signum, sit signum signati, sequitur, quod tov signi
ficuns similitudinem, ihquanlum signum rei, significal ipsam rem, sed mediate, quia
se. imhediate significat id, quod est signum ei, inquantum et signum ..... p. 188 B
Res significatur, non tamen secundum quod eæistit, quia nec sic per sè intelligitur,
sed secundum q? per se percipitur ab ihtellectu. S. Amm. 124.
127) Op. II sup. Periherm. 1, p. 212 B: Nomen primo significat passiones animae
(s. Abschh. IV, Anm. 108) i. e. concepliones inlellectus...... Tria se habenl secun
XIX. Duns Scotus. 215
Insoweit nun auf diese Weise Denkact und Bezeichnung innig mit
einander verbunden sind , unterscheidet Scotus zunächst für beide ge
meinschaftlich ein „abstractes* Auftreten von einem „concreten“ (— ein
Sprachgebrauch, welcher sich durch die Scotistem vollends einbürgerte —),
insoferne ersteres auf die Wesenheit in ihrer reinen Eigenthümlichkeit,
letzteres auf ihre in den Einzelndingen geäusserte gestaltende Kraft ge
richtet ist '**). Sodann aber bemüht er sich, Denkact und Bezeichnung
selbst wieder zu unterscheiden, und da weist er dem eigentlichen „modus
intelligendi “ das Gebiet der secunda intentio zu, d. h. jene Momente,
welche dem bezeichneten Dingen nur durch eine bestimmte Auffassungs
weise zukommen (wie z. B. „Mensch* nicht nothwendig als „Art* zu
denken ist, sondern auch als „dieser Mensch* gedacht werden kann) und
daher nur in äusserlicher Werknüpfumg durch „est“ mit dem Bezeichnetem
verbunden werden, wohingegen der „modus significandi“ von der Namen
gebung her dem Bezeichnetem einwohne und stets untrennbar mit ihm
verbunden bleibe, daher in diesem Modus das „principium formale“ der
Einheit des Bezeichneten liege '**). Und diese Betrachtung führt er num
in jener oben (Anm. 83) erwähnten Schrift, welche in ihrem grössten
Theile der Grammatik angehört, weitläufiger aus. Nemlich der modus
significandi sei entweder activus, insoferne er in der Eigenthümlichkeit
des Wortausdruckes selbst, oder aber passivus, insoferne er in der
dum ordinem. Primum est species intelligibilis, secundum quam est in actu, sicut
actus primus in sua propria matura ...... Secundum est, quod ratio rei est quod
quid erat esse rei (d. h. das τὸ τι ην είναι), quod obiicitur virtuti intelleclivae,
inquanlum est actus, qui est species intelligibilis, secundum quem actum fertur virtus
cognoscens in ipsum quod quid erat esse.... (p. 213 A) Tertium est res particulariter
eæistens sub conditionibus individuantibus. Primum non significatur primo per vocem,
quia quod quid est primo inlelligitur, quam species rei intelligitur, ..... quia intel
leclus species intelligibiles non intelligit nisi per refleacionem, sicut actum suum.
Terlium vero, sc. res eæistentes individualiter per suam rationem propriam, non
possunt primo significare, quia intellectus est in actu primo per suum obiectum pro
prium, quod est quod quid est rei; intellectus non intelligit primo singulare, sed
quod quid est sine conditionibus materialibus, ...... et sicut intelligitur, imponitur
ei nomen ...... Similitudinem convenit ostendere dupliciter: vel secundum esse, qu0d
habet in anima, vel secundum quod est ductivum in cognitionem rei. Si primo modo
consideretur, sic nomen significat similitudinem rei..... ; si autem consideretur, prout
ducit in cognitionem rei, tunc non primo signifieatur, sed est, quo primo intelligibile
intelligitur ...... Nomen mediante specie in anima, quam primo significat, signi
ficat posterius rem . . . . ... (p. 213 B) Voces significant species, inquantum sunt
signa rerum.
128) Qu. in Praedicam. 8, p. 136 B: Quamlibet essentiam contingit sub ratione
propria intelligere et etiam significare, et tali modo intelligendi correspondet modus
significandi abstractus; alio modo contingit intelligere istam essentiam, inquantum
informat subiectum, et huic modo intelligendi correspondet modus significandi concretus.
S. Abschn. IV, Anm. 147. -
129) Qu. sup. Porph. 16, p. 102 A : Quidam sunt modi, qui proprie dicuntur
modi significandi, qui conveniunt dictioni eæ impositione, et illi sunt a significato
inseparabiles ...... Alii vero sunt modi magis proprie dicti modi intelligendi, quia
tantum insunt significato, secundum quod sub aliquo certo modo concipitur, qui qui
dem sunt separabiles; .... potest enim „homo“ intelligi sub opposito huius intentionis
„species“ sine repugnantia, ut „iste homo“..... Modi, qui sunt inseparabiles a signi
ficalo, .... sunt formalia principia seu rationes, sub quibus significata uniuntur.....
Secundi modi eætranei sunt significatis et uniuntur per hoc verbum „est“. Esse enim
est rei per se, istae autem intentiones non insunt rebus per se, sed ut comparanlur
216 XIX. Duns Scotus.
Eigenthümlichkeit der bezeichneten Sache liege, und (—- wobei wieder
byzantinische Logik, und zwar namentlich Shyreswood beigezogen ist —)
das Wort bekomme durch den Intellectus die doppelte Function, dass es
sowohl als dictio etwas bezeichnet (significat), als auch gemeinschaftlich
mit anderem diess thut (consignificat) und somit zum Redetheile wird '*").
Dabei aber sei daran festzuhaltem, dass jeder modus significandi activus
dennoch ursprünglich von einer Eigenthümlichkeit einer Sache herkomme,
denn mur durch 0bjecte ja könne der Intellectus determinirt werden (s.
ob. Anm. 114), und auch die erdichteten oder privativen Ausdrücke seien
hiegegen kein Einwand, indem dieselben jedenfalls auf einem positiv realen
Worgange in der Seele beruhen 1°!). Ja ebem darum müsse auch der
modus intelligendi als ein activus und ein passivus unterschieden wer
dem, indem letzterer in der Eigenthümlichkeit der aufgefassten Sache und
ersterer in der Eigenthümlichkeit der Auffassung selbst liege, so dass
hiemit der modus significandi activus unmittelbar von einem modus in
telligendi activus herrühre 1**). Auch knüpft sich die folgerichtige Be
merkung daram, dass soimit das Sein und die passivem Modalitäten des
Denkens und des Bezeichnens sachlich das Nemliche sind, aber der Form
mach (formaliter) sich unterscheiden, wohingegen Passivität und Activität
des Denkens und Bezeichnens formell zusammentreffen und materiell
divergiren 18°); auch liege die passive Modalität des Bezeichnens stofflich
ad intellectum; ideo isti modi non sunt uniti per se nec sunt principia formalia,
sub quibus significata formalia uniuntur.
130) Gramm. spec. 1, (Vol. I) p. 45 A: Modus significandi activus est modus
sive proprietas vocis ab intelleclu sibi concessa, qua mediante vov proprietatem rei
significat. Modus significandi passinus est modus sive proprietas rei, prout est per
vocem significata ..... Intellectus duplicem voci rationem tribuit, sc. rationem signi
ficandi, per quam efficitur signum vel significans, et sic formaliter est dictio, et ratio
nem consignificandi, per quam vox significans fit consignum vel consignificans, et sic
formaliter est pars orationis. Vgl. Abschn. XVII, Anm. 32, 67, 125, 199.
131) Ebend. c. 2, p. 46 A: 0p0rtet, omnem modum significandi activum ab ali
qua rei proprietate radicaliter oriri,. quia intellectus ..... ad ipsam rei proprietatem
aspicit, ..... quia intellectus, cum sit virtus passiva de se indeterminata, ad aclum
determinatum non vadit , nisi aliunde determinetur..... Sed si contra hoc obiiciatur,
quia ..... privationes et figmenta sub nullis proprielalibus cadunt, ..... dicendum,
quod non oportet, quod semper modus significandi activus dictionis trahatur a pro
prietate rei illius dictionis, cuius est modus significandi, sed potest accipi a proprie
tate rei alterius diclionis..... Privationes intelligimus eae suis habilibus ..... Licet
prirationes non sint emtia positiva exlra animam, sunt tamen entia positiva in anima,
.... quia eorum intelligi est eorum esse (s. Abschn. IV, Anm. 422).
132) Ebend. c. 3, p. 46 B: Modi significandi aclivi immediate a modis intelli
gendi passivis sumuntur...... Modus intelligendi activus est ratio concipiendi, qua
mediante intellectus rei proprietates significat, concipit vel apprehendit; modus autem
intelligendi passivus est proprietas rei , prout ab intellectu apprehensa ...... Modi
significandi aclivi non sumunlur a modis essendi, nisi ut hi modi essendi ab intellectu
apprehendunlur.
133) Ebend. c. 4, p. 46 B: Modus essendi et modus intelligendi passivus et
modus significandi passivus sunt idem materialiter et realiter, sed differunt forma
liler; ..... (p. 47 A) nam modus essendi dicit absolute proprietatem rei, et modus
intelligendi passivus dicit proprietatem rei sub modo intelligendi et modus signifi
candi passivus ...... Modus intelligendi actinus et passivus differunt materialiter et
conveniunt formaliter..... Modus significandi activus et passivus differunt malerialiter
et sunt idem formaliter.
XIX. Duns Scotus. 217
in den Dingen und formell im Worte, hingegen die active stofflich im
Worte und mur nach emtfernterer oder näherer Causalität in dem Dingen
oder im Denken 184). a.
Was aber mum hingegen die objective Seite der Universalien in re
betrifft, so tritt zunächst die Frage über das principium individuationis
in den Vordergrund, welche bei Scotus ganz folgerichtig wieder auf
seinen Conceptualismus zurückweist. Vor Allem muss bezüglich der In
dividualisirung die eonerete Existenz, d. h. wie es Scotus nemnt, das esse
eæistere, so seharf als möglich von der Wesenheit, d. h. von dem esse
essentiae, sowohl bei Substanzen als auch bei Merkmalem getrennt wer
den *°°), was sich auch bis in dem Sprachgebrauch des Wortes „ens“
erstreckt '*"). Die Wesenheit selbst nemlich ist mur die substantielle
Form überhaupt, und aus ihr folgt in erster Linie nur das „Sein** des
wirklich Seienden (esse actualiter entis), hingegen Existenz ist nur eine
Folge der Individualisirung, so dass das Existiren für Wesenheiten etwas
Accidentelles, für Individuem aber das Wesentliche ist 137). Und wenn
somit der aristotelische BegrifT des σύνολον erfasst wird !°°), so sucht
Scotus den sich hieran knüpfendem Folgerungen zu entgehen , um nicht
jenen Bedenken Raum zu geben, welche seitens der Orthodoxie gegen
die Lehre des Albert und des Thomas erhoben worden warem. Nemlich
auch bei ihm bietet die Angelologie die Veranlassung dar (vgl. oben Anm.
13 ff., 28, 48), iiber das Princip der Individuation eine feste Ansicht zu
gewinnen und auszusprechen. In einer Weise, welche fast an Gilbertus
134) Ebend. c. 5, p. 47 A: Modus significandi passivus materialiter est in re ut
in subiecto, ..... formaliter autem est in e0 subiecto, in qu0 est modus significandi
activus..... Modus autem significandi activus, cum sit proprietas vocis significativae,
malerialiter est in voce significalira ut in subieclo, in proprietate autem rei sicut
causatum in causa remota, in intellectu sicut causatum in causa proæima, in con
structione sicut efficiens in suo effectu proprio. .
135) Qu. sup. An. post. I, 30, p. 392 B: Substantiae dupleæ est esse, sc. esse
essentiae et eacistentiae. Esse essentiae est de essentia, esse eaeistere nom. Eodem
modo inesse accidentis est dupleæ, sc. inesse eacislere et inesse essenliae ......
(p. 393 A) Inhaerentia accidentis actualis non est de essentia accidentis; ..... im
haerenlia tamen secundum aptitudinem est de eius essentia.
136) Ebend. II, 4, p. 420 B: „Ens“ nomen et „ens“ participium non significant
puram entitatem rei sive quidditatem, sed „ens“ participium significat rei evislentiam,
quae est eaetra essentiam el illi essentiuliter accidit.
137) Ebend. 6, p. 422 A : Esse, quod est actualiter entis, non est de essenlia.
Huius polest esse dupleae ratio. Prima, quia esse est modus essenliae, modus autem
rei non est de essentia. Item, si esse esset aetus intrinsecus essentiae, et etiam
ipsius essenliae est unus aclus essentialis, ut forma subslantialis, tunc unius com
positi essent duo actus substantiales completi; sed duo actus substantiales completi
fuciunl duo composita; ergo unum compositum esset duo composita. Palet ergo, quod
esse, quod est actualiter entis, non est de essentia, sicut nec esse eæistere. Ista
tamen duo esse sunt distincta, quia esse, quod est actualiter enlis, primo conse
quitur essentiam et est proprium esse ipsius essentiae, sed esse existere primo con
sequitur ipsum individuum. Ebend. 4, p. 420 A : Esse eæistere non consequitur
essentiam primo, sed primo consequilur individuum ; individuum enim per se et primo
eæistit, essentia nonnisi per arcidens.
138) Ebend. I, 39, p. 406 B: ,,Hoc aliquid“ et „simul totum“ in re sunt
necessario coniuncta, quia non est ponere,. naturam speciei e.ristere, sicut ponit Plato,
praeter singularia, igitur corruplo ,,synolon* necessario corrumpitur „hoc aliquid“.
Vgl. Ahschn. XVII, Anm. 391.
218 XIX. Duns Scotus.
Porretanus erimnert, mimmt er lndividuation als eine Untheilbarkeit, welche
einen inmeren Gegensatz gegen Manigfaltigkeit in sich trage, und indem
er als Grund dieser Sprödigkeit des Individuums die concrete Position
selbst, d. h. die entitas positiva, bezeichnet'*"), polemisirt er ausführlieh
gegem Thomas; denn gegen die Annahme einer Bestimmtheit dureh Raum
himensiomen (Abschn. XVII, Anm. 519) spreche jedenfalls schon der Um
stand, dass es immaterielle Individuem gebe, und somit von der matür
lichen Materie abzusehen sei, wohingegem der Begriff einer substantialitas
singularis allseitig genüge '*"); auch könne die zum „Dieses-Sein* be
stimmte Einheit (unitas signata ut haec) überhaupt unmöglich in der
Quantität liegen, denm diese sei jedenfalls keine Substanz, sondern nur
ein Accidens (vgl. Gottfried v. Fontaines, ob. Anm. 65 f.), und enthalte
auch nicht den Unterschied singulärer Individualitäten in sieh, da ja die
Zahlen sich gegemseitig als Art-Unterschiede verhaltem, wozu noch komme,
dass die Theile eines Quantums nie dem Begriff des Ganzen als ihr Prä
dicat annehmen, während von den Individuen stets die Species als Prädicat
ausgesagt wird '**); ebensowenig aber könne auch die Materie der Grumd
der Individuation sein, denm, — wie schon Lamarre bemerkt hatte, s. ob.
Amm. 30 —, die Materie verbleibe auch noch beim Tode des Indivi
duums '**). Das Einzige hingegen, wodurch das Individuum eben zum
Individuum werde, könne nur dasjenige sein, was in seinem Begriffe
gegenüber allem höherliegenden Begriffen als Eigenthümliches liege, und
139) Sent. Lib. II, Dist. 3, Qu. 2, (Vol. VI) p. 375: Necesse est, per aliquod
positivum inlrinsecum huic lapidi tanquam per rationem propriam repugnare sibi,
dividi in partes subiectivas; et illud positivum erit, quod dieitur esse per se causa
individuationis, et per individuationem intelligo istam indivisibilitatem ...... Cum in
qualibet unitate sit dare entilalem positivam, quae sit ratio per se illius unitatis et
illius repugnantiae ad multitudinem oppositam, maæime vel aequaliter erit hoc dare
in unitate perfeclissima. Vgl. Abschn. XIV, Anm. 479.
140) Qu. in metaph. V, 4, (Vol. IV) p. 605 B: Dicit Thomas, quod unitas nu
meralis causatur eae materia una, secundum quod substat dimensionibus delerminatis.
• • • • • Contra : In immaterialibus est unum, et tamen non est ibi talis materia ......
Manifestior est nobis unitas in malerialibus, quam in immaterialibus, non tamen
eaecludit, quin sit in immaterialibus ..... Singulare simpliciter subslantiale habet
rationem fmaterialem, et substantialitas appropriatur simpliciter singulari, unde .....
unum numero est, cuius materia est una numero, i. e. cuius substantialitas est
singularis simpliciter, et tunc nihil est ad materiam realem.
141) Sent. Lib. II, Dist. 3, Qu. 4, (Vol. VI) p. 383: Intelligo per individua
tionem sive unitatem numeralem sive per singularitatem non quidem unitatem inde
terminatam, secundum quam quodlibet in specie dicitur unum numero, sed unitatem
signalam ut „hanc“...... p. 384: Substantia est prior naturaliter omni accidente .....
Ergo convenit substantiae primae eæ ratione sua, quod sit „haec“, prius naturaliter,
quam determinetur aliquo accidente ...... p. 389: Si quantitas sit primo individuans
substantiam, oporteret, quod ipsa in se primo sit haec et de se dislincla numeraliter
ab alia ; sed tunc lua propositio non est vera, sc. quod omnis differentia formalis
est specifica; quantitas enim haec et illa sunt formae, ergo different specifice ......
p. 391: Totum universale, quod dividitur in individua et in partes subiectivas, prae
dicatur de qualibet illarum partium subiectivarum ita, quod quaelibet pars subiectiva
est ipsum ; partes aulem quanlitativae, in quas fit divisio totius continui, nunquam
recipiunt praedicationem totius divisi in ipsas.
142) Ehend. 5, p. 402: Materia est eadem in generato et corrupto; ergo habet
eandem singularitatem in genito et corrupto. Vgl. überhaupt Report. Par. II, Dist. 12,
Qu. 5 ff., (Vol. XI) p. 326 ff.
XIX. Duns Scotus. 219
diess sei nun die entitas positiva 14*), wofür Scotus als Ausdruck des
aristotelischen τόδε τι είναι aueh das Wort „haecceitas“ gebraucht'**).
Und wenn auch die Entstehung der Individuen eine quantitative umd
materielle Wervielfältigung des Artbegriffes mit sich bringe, so sei doch
nur die haecceitas die wahre und umerlässliche Ursache (causa, sine qua
non), und darum folge alle Entstehung und Zeugung diesem Impulse der
Individuation; daher auch walte in der objectiven Welt eben mur diese
Duplicität von Allgemeinheit und Einzelnheit (vgl. ob. Anm. 125), demm
erstere werde iu letzterer individualisirt, hingegen für dem subjectiven
Begriff, also für den Standpunkt eines Conceptualismus, liege allerdings
die abstract gefasste haecceitas selbst in Mitte zwischen dem Universale
umd dem singulären Dinge 14°). So werde das Sein der ursprünglichem
Quiddität (d. h. das Universale ante rem) im Denken scharf geschieden
von dem Sein des Individuums, denn in der Quiddität selbst kann kein
Grumd der Individuation erbliekt werdem, und die entitas quidditativa
liege jedenfalls dem Formalem und hiemit im Urtheile dem Prädicate
näher, während die entitas individui dem Materiellen und somit (wie
die arislotelische 7tQtjtn oόσία) dem Subjecte der Urtheile zugewen
det sei 140).
143) Sent. a. a. 0. Qu. 6, p. 403: Omne inferius includit in se aliquid, quod
non includitur in intellectu superioris; ..... ergo aliquid per se includilur in ratione
naturae; illud autem inclusum est entitas positiva.
144) Report. Paris. II, Dist. 12, Qu. 5, (Vol. XI) p. 327 B: Non potest intelligi
haecceilas ut universale , ..... cum ipsa haecceitus de se sit „haec“...... p. 329 A:
Haecceitas est numero haec essentialiter.
145) Qu. sup. An. post. I, 36, p. 401 B: Naturae speciei accidit multiplicari
per multa eius diversa individua; individua enim per quantitatem multiplicanlur et
alias conditiones materiales; sed nalurae speciei accidunt conditiones maleriales, ide0
multitudo individuorum accidit naturae speciei...... (p. 402 A) Haeeceitas est causa,
sine qua non, et non causa positiva, et isto modo generatio primo consequilur nalu
ram in hoc ...... Generalio primo potest inesse diversis individuis, non tamen in
quantum dislincta sunt hypostatice, sed pro eo, quod generalio consequitur primo
naturam, quae est in hoc et quae est in illo. Et ita generatio quodammodo est
universalis, non simpliciter, quia non ut universale est abstractum, quia universale
abstractum sic non concipitur, inquantum hoc positive, nec sub hoc, sed ita quod
haecceitas sit causa, sine qua non. Sed naturae tamen inest primo generatio con
tingenler, ..... non tamen contingit sine haecceitate (somit vollständig das aristo
telische „άν8Q07τος άνθρωπον γεννά“, s. Abschn. IV, Anm. 463). ..... Tu dices:
ergo est ponere medium inter universale et singulare. Dicitur, quod non sequitur.
Sed tanlum, quod sit ponere medium inter universale et singulare, seeundum quod
concipitur inquanlum hoc; sed inter simpliciter universale et simpliciter singulare non
est medium. Natura enim, quae in hoc primo generatur, non est simpliciter univer
salis, sed est simpliciter singularis; est tamen universalis secundum quid, quia n0n
concipitur inquantum hoc positive.
146) Sent. Lib. II, Dist. 3, Qu. 6, p. 408: Entitas individui est diversa ab omni
entitate quidditativa, ..... quia intelligendo quamcunque entitatem quidditativam non
habetur in quiddilate intellecta, unde ipsa sit haee ; ergo illa entitas, quae de se est
haec, est alia entitas a quidditate...... 0mnis realitas specifica constituit in esse
formali, quia in esse quidditativo; realitas individui constituit praecise in esse ma
teriali, h. e. in esse contracto. Et eæ hoc sequitur illa distinctio logicalis, quod ista
entilas essentialiter est formalis et illa materialis, quia illa constituit in ratione
subiicibilis et ista in ratione praedicabilis, praedicatum autem formale habet rationem
formue, et subiicibile habet rationem materiae. Ebenso ebend. p. 419.
22() XIX. Duns Scotus.
Hieram aber knüpfen sich bei Scotus moch Erwägungem, welche in
Bälde von seinen Schülern so sehr ausgebeutet wurdem (insbesondere
hetreffs der Trinität), dass sich allmälig fast eine eigene kleine Litteratur,
nemlich die der ,, Formalitates“, abzweigte. Schom im Bisherigen auch
(s. Amm. 129 u. 133) waren uns Stellen begegnet, im welchen das Wort
„formaliter“ zur Bezeichnung der subjectiv logischen Auffassung diente,
tind diese letztere kommt nun bezüglich der Individuation noch näher in
Betracht. Vorerst Demlich ist die so eben erwähnte entitas quidditativa
sowohl im Stoffe als auch in der Form und in der Zusammensetzung des
Stoffes und der Form (s. ob. Anm. 107) der eigentliche Prioritäts-Stand
punkt, zu welchem behufs der Individuatiom, d. h. der „entitas ut haec“,
erst noch eine ultima realitas hinzutretem muss, und während dann im
Individuum jene drei Momente sachlich coincidiren , müssem sie doch
logisch als formaliter distincta betrachtet werden 1*7). Sodamm gilt, inner
halb der emtitas determinativa des Individuums das Gleiche auch in Bezug
auf die in ihm individualisirtem Gattungs- und Art-Begriffe, demn sachlich
treffen diese im Einzelm-Dinge zusammen, aber formell sinl sie sicher
,,nom idem“, so dass in einer Gradabstufung sowohl die Gattung als
auch die Art als auch das Individuum je für sich eine eigene „forma
litas“ besitzt, und insbesondere die Formalitas des Individuums einem
iìber die Quiddität hinausgehenden Zusatz in der Häcceität enthält '**).
Auf diese Weise kann dann zwischem einer identitas formalis und einer
identitas realis derartig unterschieden werden, dass in letzterer die erstere
durchaus nicht involvirt ist, denn formell identisch ist nur, was ursprüng
lich und begrifflich ein „idem“ ist; und jener Unterschied selbst soll
wieder nicht so fast durch das positive Wort „distinctum“, sondern
besser durch den negativem Ausdruck „formaliter non idem“ ausge
sprochen werden 14°). Natürlich liegt hiemit der Höhepunkt der formellen
147) Ebend. p. 413: Entitas quidditativa est naturaliter prior ista entitate, ut
est haec ..... Sicut compositum non includit suam entitatem, qua est hoc, inquantum
natura, ita nec materia, inquantum natura, includit suam entitatem, qua est haec,
nec forma, inquantum nalura, includil suam. Ergo isla entitas non est materia vel
forma nec compositum, inquantum quodlibet istorum est matura, sed est ultima rea
litas entis, quod est materia vel forma vel compositum, ita quod quodlibet commune
et tamen determinabile adhuc potest distingui, quantumcunque sit una res, in plures
realitates formaliter distinctas, quarum haec formaliter non est illa.
148) Report. Paris. II, Dist. 12, Qu. 8, (Vol. XI) p. 331 B: Cum singularia
sunt differentia, ipsa reducunlur ad prima diversa; illa non sunt nihila, non acci
dentia, non natura, igitur aliqua entitas determinativa naturae, ut proprietates indi
viduales ...... Igitur non mecesse est, rem, a qua accipitur differenlia specifica, esse
aliud re ab illa, a quo est genus acceplum; semper tamen est non idem formaliter.
Et ista proprietas individui nunquam est res alia a forma specifica, tamen semper
est non idem formaliler...... Dissimile tamen est in hoc, quod formalitas specifica
semper est simpliciter perfectior gradu vel formalilale generis; sed non oportet pr0
prietatem individui esse simpliciter perfecliorem formalitate specifica. Secunda dis
similitudo : formalitas specifica contrahit ad esse quidditatinum simpliciter perfectum,
sed formalitas individui conlrahit quidditatem ad aliquid eætra quidditatem, quia
omnino alterius rationis.
149) Sent. Lib. I, Dist. 2, Qu. 7, (Vol. V) p. 355 (gelegentlich der Trinitäts
Lehre): Voco autem identitatem formalem, ubi illud, quod sic dicitur idem, includit
illud, cui sic est idem, im ratione sua formali et per consequens per se primo modo
. .... Essenlia non includit in ratione sua formali proprietatem supp0siti nec e c0n
XIX. Duns Scotus. 221
Idemtität in jener identitas adaequata, welche zwischen der Auffassung
einer Definition und der Auffassung des Definirten besteht'°"), während
im Uebrigen sogar bei dem Unendlichen (— Trinität —) immer noch
eine formelle Nicht-Identitit möglich bleibt 1° !). Sowie aber bezüglich
der Frage, ob Etwas idem oder distinctum sei, die Probe im contra
dictorischem Urtheile liegt 1°*), und überhaupt dabei logische Momente in
die grammatischen Formen einwirken, da z. B. albus nur materiell iden
tisch mit color, hingegen albedo formell identisch ist '**), so weisen
andrerseits gerade sämmtliche formalitates quidditativae auf das onto
logische Gebiet ler metaphysischen Grundlagem des Seienden hinüber 1°*).
lu eheim diesem letzteren Momente aber findem wir wieder die
Brücke zu lenjenigen, was bezüglich der ontologischen Seite der Uni
versalien in re uns noch zu besprechen übrig ist, nemlich zur pluralitas
formarum. In dieser Frage kann Scotus, wie sich erwartem lässt, nicht
dem Standpunkt eines Gottfried v. Fontaines oder eines Johannes Pari
sieiisis theilem , welch beide die in Einem Wesem enthalteme Vielheit der
Formen dem subjectivem Denk-Verfahren zuwiesen (s. ob. Anm, 70 u. 74),
sondern er stellt sich grundsätzlich auf die objective Auffassung des
Lamarre (Amm. 30) und gelangt bezüglich des Menschen-Wesens zum Dua
lismus des Goethals (Amm. 50). Dass die Wesem aus einer wesentlichem
verso, el ide0 polest concedi, quod ante omnem actum inlellectus est realitas essentiae,
quae ..... formaliter non est illa vel non est eadem formaliter illi. Numquid igitur
debet concedi aliqua distinctio? Respondeo: Melius est uti ista negativa ,,Hoc non est
formaliter idem“, quam „Hoc est sic et sic distinctum“. Sed nonne sequitur: „A et
B non sunt idem formaliter, ergo sunt formaliter distincta“? Respondeo, quod non
0p0rtet sequi, quia formalitus in antecedente negalur et in consequente affirmatur......
Manifeslatur per eacemplu...... Si ponalur albedo species simpleae, est tamen in albe
dine aliquid realiter, unde habet rationem coloris, et aliquid, unde habel rationem
differentiae, et haec realitas formaliter non est illa realitas; imo una est ertra rea
litatem alterius, formaliter loquendo, sicut si essent duae res, licet modo per iden
titulem istae duae realilutes sint una res. Hoc evemplum....., quod identitas realis
non necessario concludit idenlitalem formalem.
150) Quodlib. Qu. 1, (Vol. XII) p. 11: Aliquid est idem essentialiter, ..... sive
sit idem essentialiter identilale adaequata, sicut in crealuris illud est idem, quod
intelligitur per definitionem, ei, quod intelligitur per definitum, sive sil idem tanquam
inclusum essentialiter in illo, quomodo illud, quod intelligitur per partem definitionis,
posset dici idem ei, quod intelligitur per definitum. Diess dürfte wohl auf die Lehre
von der Consequenlia zurückweisen, s. Abschn. XVII, Anm. 623.
151) Sent. Lib. I, Dist. 5, Qu. 2. (Vol. V) p. 663: Perfectio identitatis eaecludit
omnem compositionem et quasicompositionem, quae identitas est propler infinitatem,
et tamen infinitas non lollit formaliter raliones, quin haec formaliter non sit illa.
152) Sent. lib. IV, Dist. 49, Qu. 2, (Vol. X) p. 338: Distinctorum in entitate
absolutu allerum potest esse absque contradiclione sine altero. Quodlib. Qu. 3,
(Vol. XII) p. 82: Universaliter enim quod convenit alicui sic, quod omnimoda contra
dictio sit, illud esse sine hoc, hoc est idem realiler illi.
153) Qu. de anima, 21, 12, (Vol. II) p. 567 B: Licet genus et differentia non
sint idem formaliter, quia ratio differentiae non includit rationem formalem generis,
tamen sunt idem realiter vel idenlice ; quandocumque enim aliquu sunt idem formaliter,
si iungantur sine medio, est nugatio, ut „color albedo“, non tamen si sunt idem
identice solum, et non formaliter, ut „color albus“.
154) Sent. Lib. II, Dist. 16, Qu. 1, (Vol. VI) p. 772: Ens romtinet multas pas
siones, quae non sunt res aliae ab ipso ente, ..... distinguuntur tamen ab invicem
formaliter et quidditative et eliam ab ente, formalitate dico reali et quidditutivu ;
aliter metaphysica non esset scientia reglis. Vgl. ob. Anm. 98.
222 XIX. Duns Scotus.
Mehrheit zusammengesetzt sind, steht ihm von vormeherein fest, und nur
wenn man sich an den Wortausdruck anklammern wolle, gestehe er zu,
dass die letzte alyschliessend hinzukommende Form des Zusammengesetzten,
wodurch es ist, was es ist, allerdings Eine sei, aber ebem hiemit sei die
Wielheit der hiedurch verbundenen Formen nicht verneint 1°°). Eine zeit
liche Stufenfolge aber der versèhiedemen Formen, deren die je frühere
auf die je spätere mitwirke, verhindere es, dass das zusammengesetzte
Wesen etwa bloss ein Aggregat wäre '°"); und selbst bei der Annahme
einer gleichzeitigen Wirkung hestehe eine natürliche Rangfolge der For
men, welche bei Substanzen zu grösserer Wollkommenheit und bei Acci
dentien abwärts zur allmäligen Unvollkommenheit führe 1°7). So sei auch
beim Menschen-Wesen in der Form der „Mischung* die ganze Vielheit
vorausgehender Formen enthalten, und es trete hiezu als zweite Haupt
form das Intellectuelle hinzu4°°). Abgesehen aber von der fortschreitendem
wirksamen Kraft der Wesens-Bildung könne allerdings eine Vielheit von
Formen als eine gleichzeitig existirende nur z. B. in den Körpertheilen
bestehem, deren jeder seine eigene Wesensform hat, hingegen für das
Zustandekommen des schliesslich einheitlichen Wesens wirke eben eine
Gradabstufung (gradus) mehrerer Formen '°°); und insoweit beim Ent
155) Sent. Lib. IV, Dist. 11, Qu. 3, (Vol. VIII) p. 649: Esse totius compositi
includit esse omnium parlium et includit mulla esse pantialia multarum parlium vel
formarum, sicut totum ens eae multis formis includit illas actualitales parliales. Si
tamen omnino fiat vis in verb0, concedo, quod formale esse tolius compositi est
principalitem per unam formgm, et illa forma est, qua totum c0mp0situm est hoc
ens ; ista autem est ullima tadveniens omnibus praecedenlibus. Et hoc modo totum
eompositum dividitur in duas parles essenliales, in actum proprium, sc. ullimam for
mam, qua est illud, quod est, et in propriam polenliam illius aclus, quae includit
maleriam primam cum omnibus formis praecedentibus. Et islo modo concedo, quod
esse illud totale est completive ab una forma, quae dat toti illud, quod est; sed
ev hoc non sequitur, qu0d in l0t0 includatur praecise una forma, vel quin in toto
includantur plures formae ...... p. 653: Frustra enim ponerelur corporeilus alia ab
inlellecliva, si ipsa includat vegelativam et sensilivam et sensitiva et vegetativa in
cludant corporeitalem; sed secundum aliam viam est facilis responsio; hic enim est
necessitas ponendi plura ...... p. 654: Licet inlellecliva non habeat propriam re
pugnanliam ad aliquam formam naturalem, tamen informando maleriam requirit qua
litales aliquas; .... illae aulem sunt qualilates consequenles formam priorem.
156) Theorem. 21, (Vol. III) p. 319 A: Forma prior adveniens posterioris dat
perfectionem non tantum sibi propriam, sed eliam posleriori propriam; aliter non
fieret unum eae maleria el forma, nisi aggregatione. Ehend. 22, p. 327 A: Si
formae sunt plures in esse perfecto, et actiones; quia forma est principium suffi
ciens actionis.
157) Sent. a. a. 0. p. 645 : Plures sunt mutationes partiales terminatae ad
plures formas partiales praecedentes vel ordine durationis, si ponatur una forma prius
tempore induci quam alia, vel ordine naturae, si ponamus omnes illas simul tempore
induci....... p. 648: Quamdiu proceditur in subslanlialibus, semper posterior est
perfectior prioribus; quando autem venitur ad accidentales, sequens est imperfectior
ultima praecedenle. -
158) Ebend. p. 640: Forma mistionis continet virtualiter omnes formas, quae
possunt esse seorsim in aliis formis c0rp0ris. Ideo autem intellectiva non continet
istam formam misti0nis, ...... forma autem mistionis conlinet omnes alius eactensas
vel eaelensibiles; el ide0 illae duae sufficiunt in homine.
159) Qu. de anima, 15, 12, (Vol. II) p. 533 A: Secundum diversos gradus in
formis plures formae possunt unam materiam iam informare per hoc, quod forma
praecedens tenet se eæ parte maleriae, et hoc terminat potentialitatem eius disponendo
XIX. Duns Scotus. 223
stehungs-Processe eines Wesens zwei Formen in ihrem Zusammentreffen
eine neue (lritte bewirken, sei diese letztere eloen hiedurch eine intensivere
(intensior), als die vorausgehenden, während bei demjenigen Formem,
welche nicht zum Worgange der Wesensbildung selbst gehören (z. B. den
Formen der Körpertheile) sehr wohl mehrere Formen gleicher Art neben
einamder bestehen können 1""). — Uebrigens bot Scotus, indem er auf
physikalischem Gebiele diese Gradualität der Formen, d. h. die Steigerung
und das Nachlassen derselben, näher erörterte '"'), auch hierin die Ver
anlassung dazu dar, dass bald von verschiedemen Seitem mehrere Schriften
,,De intensione et remissione formarum“ verfasst wurden.
Mag somit dasjeuige seine Erledigung gefundem haben, was bei Scotus
die Auffassumg der Universalien und die Entscheidung der mit denselben
zusammenhängenden Controversen betrifft, so bleibt uns num noch übrig,
ihm auch durch die einzelnen Theile der Logik hindurch zu begleiten.
IIiebei aber wird sich uns als seine wichtigste Eigenthümlichkeit zeigen,
dass er häufig und in reichem Maasse die Lehren der byzantinischen
Logik einflicht, für derem allmälige Fortbildung er uns ohnediess schon
oben (vor. Abschn., Anm. 586 ff.) als geschichtlicher Zeuge gedient hatte ;
und während es allerdings auch möglich wäre, die sämmtlichem byzan
tinischem Gruppen des Scotus abgesondert für sich darzustellen, will ich
dieselben doch lieber, um einen sachgemässeren Eindruck hervorzubringen,
einzeln dort einreihen, wo sie Scotus selbst gleichsam als Ergänzungeu
betrachtet zu haben scheint (in ähnlicher Weise musste ich ja bereits
oben an zwei Stellen, Anm. 88 u. 109, verfahren).
Im Commentare zur Isago ge benützt Scotus das von Albert auf
gespeicherte Material und erörtert so die Fünfzahl der Universalien '"*),
die verschiedemen Definitionen des gemus '"*), wobei er daran festhält,
dass die Gattung nicht Stoff ist'"*), die Definitionen der species '"°) und
der differentia unter Beiziehung der arabischen Unterscheidung zwischen
ipsam ad formam sequentem, sicut e convers0 una forma potest plures malerias in
formare per hoc, quod altera se tenel eae parte formae. Qu. in Phys. I, 24, 4, (Vol. II)
p. 97 B: Quod impossibile est, simul plures formas substantiales esse in eodem sul)
iecto, esl verum, nisi secundum diversas portiones maleriae, in quibus sunt diversae
purles formae, et eae quibus constituitur una forma; secundo istud est verum de
formis eductis de p0tentia materiae.
160) Qu. in metaph. V, 7, (Vol. IV) p. 618 B: Quaecumque formae eiusdem
speciei in eodem faciunt unum, illud unum lerlium est intensius utroque; si tunc
duae species sint simul in medio et faciunt unum, causabunt speciem unam inten
siorem ...... p. 619 B: 0mnes formue habenles differentiam in eodem subiecto, si
inducantur per motum, necessario differunt specie; tamen de aliis non inductis per
motum non est necessarium, imo possibile est, quod duae tales eiusdem speciei sunt
in eodem subiecto. Ebend. VII, 20, p. 733 B, wo jedoch nur die Mehrheit der
Theile eines lebenden Wesens gemeint ist, deren jeder seine ihm eigenthümiiche
Wesensform haben muss.
161) Qu. in phys. III, 4, 14, (Vo!. II) p. 180 B.
162) Qu. sup. Porph. 12, p. 95 f. Vgl. Abschn. XVII, Anm. 400. u. Abschn.
XVI, Anm. 107.
163) Ehend. 15, p. 98 f. u. 17, p. 103. Vgl. Abschn. XVII, Anm. 401. und
Abschn. XVI, Anm. 109.
164) Ebd. 16, p. 100. Vgl. Abschn. XVII, Anm. 422.
165) Ebd. 20 f., p. 106 ff. Vgl. Abschn. XVII, Anm. 411. u. Abschn. XVI,
Anm. 121.
224 XIX. Duns Scotus.
substantiale uud essentiale '"") und Fixirung der richtigen Wortform'"'),
sodann noch proprium und accidens im Anschlusse an Avicenna (jedoch
ohne ilhn zu nemmen) polemisch gegen Porphyrius '"*); was aber bei
Albert über die Tabula logica und (las wechselseitige Verhältniss der
fünf Universalien sich fimdet'""), ist hier nicht berücksichtigt.
Bei Erörterumg der Kategorien verwirft Scotus Albert's Auffassung
des Begriffes „praedicabile" '""), bespricht aber im Anschlusse an Albert
(las „ens" äusserst ausführlich '''), desgleichen die sog. Anteprädica
mente '**) und die regula de quocunque''*); die Begründung der Zehn
zahl der Kategorien weist er der Metaphysik zu 17*) und lässt in der
weitschweifigen Detail-Erklärung auf die Substanz die Quantität, dann die
Relation und erst hierauf die Qualität folgen '7°). Als ein Werdienst muss
hervorgehoben werdem, dass er im Vergleiche mit Albert verständig genug
ist, behufs einer Ergänzung der Kategorien das stümperhafte Machwerk
des Gilbertus Porretanus zu verschmähen '7°).
In der Lehre vom U rth e il e nimmt Scotus von vorneherein in
Shyreswood's Weise den byzantinischen Begriff der Syncategoreumata auf,
welche micht, wie das Sul)ject und das Prädicat, auf ein von ihnen be
zeichnetes und ihnen entsprechendes Ding hinweisen, sondern nur den
Sinn der Auffassung modificirem'"') und daher auch nie als selbstständige
Redetheile auftretem '7°); denn wenn sie beim Prädicate stehen, sind sie
mur ein Theil desselben, ohne es in seinem Verhältnisse zum Subjecte zu
determiniren, und wenn sie beim Subjecte stehem, bestimmen sie dasselbe
166) Ebd. 23—27, p. 109—114. Vgl. Abschn. XVIl, Anm. 418 ff. u. Abschn.
XVI, Anm. 94, 135 ff., 158.
167) Ebd. 29, p. 114 f. Vgl. Abschn. XVI, Anm. 150 (das übliche Beispiel
ist auch hier „ralionale“).
168) Ebd. 30 ff., p. 116 ff. Vgl. Abschn. XVII, Anm. 425 ff. u. Abschn. XVI,
Anm. 152 ff.
169) S. Abschn. XVII, Anm. 414 u. 427.
170) Qu. sup. Praedicam. 2, p. 126; s. Abschn. XVII, Anm. 429.
171) Ebeiid. 4, p. 128 ff. Qu. sup. Elench. 15, p. 237 A: Quod quaedam res
ad invicem habent hubitudinem, ideo dicit primus philosophus (d. h. der Metaphy
siker), quod „ens“ dicilur de substantia et accidenlibus analogice; sed quia logicus
considerat res, ut sub ralione cadunt, ideo dicil, quod ,,ens“ aequivoce dicitur de
substantiu el accidente. Vgl. ebd. Anm. 415. u. Abschn. XVI, Anm. 32.
172) Qu. sup. Praed. 5—8, p. 131 — 137.
173) Ebd. 9, p. 138.
174) Ebd. 11, p. 142 B. Doch findet sich eine solche metaphysische Erörte
rung bei ihm nicht.
175) Ebd. 12—30. Die gleiche Reihenfolge trafen wir auch bei Wincenz v.
Beauvais, Abschn. XVII, Anm. 309.
176) Vgl. Abschn. XVII, Anm. 439 f.
177) Qu. sup. Am. pr. I, 8, p. 284 B: In propositione inveniuntur duplices ter
mini: quidam, qui sunt ul subiectum et praedicalum, et sunt termini categorematici;
alui sunt termini syncategorematici, ut sigma universalia, particularia, copula univer
salis, coniuncliones et huiusmodi, et islis terminis non correspondet aliquod signifi
catum aliud a significalis terminorum categorematicorum, sed per ipsos intellectus
aliter intelligit et apprehendit eandem rem. (Auch Shyreswood hatte ja die Copula
„est“ zu den Syncategoreumata gerechnet, s. Abschn. XVII, Anm. 78.) -
178) 0p. II sup. Periherm., Prooem. p. 212 : Nominu et verba sunt magis partes
inlerprelalionis, quam inlerpretaliones, et dictiones syncategoremalicae non lial)ent
ralionem inlerpretationis, quia non sunt dicliones per se significanles.
v
XIX. Duns Scotus. 225
nur im Vergleiche zum Prädicate, ohne selbst ein Theil des Subjectes zu
sein '"°), d. h. sie heben damn nur die Unentschiedenheit des Subjects
begriffes auf, um ihn in ein bestimmtes Verhältniss der Supposition zu
bringen **"). Hingegen ehendarum verbleibt dem Verbum als solchem
seine sachliche Geltung, indem es nicht, wie die Syncategoreumata, eine
blosse Modalität, sondern einen Thatbestand ausdrückt, neben welchem die
satzbildende Function als zweites hergeht1*!).
Diese grundsätzliche Bezugnahme auf byzantinischen Stoff tritt bei
Scotus num überall hervor, wo Gelegenheit dazu ist. In Bezug auf die
Quantität der Urtheile polemisirt er ausdrücklich gegen eine Erörterung,
welche über das Wort „omnis“ sich bei Petrus Hispanus findet, da bei
dem Zeichen der Universalität es genüge, die Function, aufzufassen, welche
es für die Supposition überhaupt ausübe 1**). Dann auch fasst er die
Frage als eine ganz allgemeine auf, ob die quantitativen Momente für
sämmtliche Arten der Urtheile Geltung haben, und hiebei führt er aus
dem „Auctor Summularum“ (d. h. aus Petrus Hispanus) eine Menge von
Beispielen am, denkt auch an die hypothetischem, exclusivem, exceptiven
Urtheile, und erwähnt gelegentlich die Worte „continue, ab aetermo,
omnino“, auch „ceteri, singuli“, neben vielem anderem längst traditio
mellen Syncategoreumata 1°°). Und während betreffs der Qualität etwa
179) Qu. in Praedicam. 12, p. 144 B: 0mne syncategorematicum in praedicat0
est pars praedicati; ... aliter eae veris sequeretur falsum sic „Nullus homo est omnis
homo“, (s. bei Petrus Hispanus, Abschm. XVII, Anm. 246)...... p. 145 A: Synca
tegorematicum addilum praedicato non delerminat ipsum in comparatione ad subieclum,
..... el ila est syncategorematicum respeclu partis praedicali, sed non respectu prae
dicati, quia ipsum esl alia pars praedicati. Sed syncategoremalicum addilum sub
ieclo non est pars subiecti, quia determinat illud, cui additur, in comparatione ad
praedicatum. Somit steht Scotus auch hierin auf dem Eintheilungs-Motive des
Shyreswood (s. ebend. Anm. 66 f. u. 80), micht aber auf dem engeren Begriffe des
Syncategoreuma, wie er bei Petrus Hispanus (Abschn. XVII, Anm. 256) erscheint;
und auch die Späteren folgen dem Scotus.
180) Ebend. p. 144 A: „Homo“ de se indifferens est ad multas acceptiones, sc.
pro voce, pro intenlione, pro suppositis ; signa vero, ut „omnis, aliquis“, sibi addita
indifferenliam ad intentiones et ad voces tollunt et determinant ipsum ad acceptionem
lanlum pro supposilis.
181) 0p. II sup. Periherm. 4, p. 217 B: Verbum non tantum est unio sive modus
uniendi extrema, sed et est res quaedam unita, cui apponitur praedicatum; quia in
verbo sunt duo, sc. compositio et res.
182) Qu. sup. An. pr. I, 7, p. 282 B: Signum universale non requirit aliquem
certum numerum suppositorum termini communis, cui additur, sicut aliqui dicunt
(s. Abschn. XVIl, Anm. 241), quod hoc signum „omnis“ ad minus requirit tria
supposila; quia signum universale affirmativum non denotat aliud, quam praedi
catum dici de omni supposito subiecli, non connolando multitudinem vel paucitatem
supposilorum.
183) Ebend. 4, p. 278 A: An omnis propositio sit universalis, particularis, inde
finita, vel singularis. Arguitur, quod non, de istis propositionibus „0mnis h0m0 est
tolum in quantitate“ (s. bei Petrus Hispanus, Abschn. XVII, Anm. 208), ,,0mnis
homo est terminus communis signo universali determinatus“ (ebd. Anm. 202), ... de
quibus non videtur, quod sint universales, quia tunc essent falsae, et tamen ponit
ipsas auclor Summularum ...... Ista ,,0mnis^ Phoeniae est“ (ebd. Anm. 242) non est
universalis, quia subiectum non distribuitur pro pluribus, et tamen hoc signum
„omnis“ ad minus requirit tria supposita (ebd. Anm. 241)..... Dubitatur de prop0
sitionibus hypolheticis, quantae sint ...... Tria quaesita „Quae, Qualis, Quanta*
(ebd. Anm. 153) non solum quaerunt de categorica, immo tam de categorica quam
PRANTL, Gesch. III. 15
226 XIX. Duns Scotus.
erwähnt werden mag, dass im Anschlusse an arabische Lehre bei Urtheilen
jeder Art das Hauptgewicht auf die Stellung der Negation gelegt wird '**),
und daher die Zusammensetzung des Werbums mit einer Negation das
Urtheil zu einem negativem macht 1°°), so ist es hinwiederum die Moda
lität, welche Anknüpfungen an Byzantinisches darbietet. Sgotus nemlich
zieht das ganze Gebiet der Erponibilia bei und betrachtet (wie auch
schon Andere gethan hatten, s. Abschn. XVII, Anm. 604) als versteckt
hypothetische Urtheile alle Exclusiv-, Copulativ-, Reduplicativ- Sätze und
aueh diejenigen Sätze, welche auf incipit und desinit oder auf den jün
geren Syncategoreumata generari, corrumpi beruhen '°°), sowie er gleich
falls aus den späteren Erweiterungen jener Logik bei den Worten ,,scio,
cognosco, ignoro“ u. dgl. die Unterscheidumg eines sensus compositus
und eines sensus divisus aufnimmt 1*7), während die Berücksichtigung
der Relativa auf die ältere Formation zurückweist***). Auch benützt er
hypolhelica, ut patet in Summulis ...... ; propositiones hypotheticae sunt quanlae
secundum quanlitalem culeg0 icurum, eae quibus componuntur, ..... ul isla „Si omnis
homo curril, omnis homo movelur* (hier jedoch täuscht den Scotus sein. Gedacht
niss, denn in den „Summulae“ findet sich Solches nirgends, wohl hingegen bei
Algazeli, s. Abschn. XVI, Anm. 261)...... Dubitatur de propositionibus exclusivis,
eacceplivis et huiusmodi, ..... ut isla ,,Tantum animal est homo“ aequipollet isli copu
latinae „Animul est homo, el nihil ab animali est homo“ (s. Petr. Hispanus, Abschn.
XVII, Anm. 260)...... Dubitatur de isla ,,0mnes apostoli sunt duodecim“ (ebd.
Anm. 240), quod hoc signum „omnis“ tenetur collective..... . Dubitatur de ista
,,Totus Socrates est minor Socrate“ (ebd. Anm. 252), et dicitur, quod est universalis
capiendo hoc signum „totus“ distributive (ebd. Anm. 267)...... Dubitatur de pro
positionibus, in quibus ponitur aliquis istorum terminorum „continue , (vgl. ebend.
Aum. 597), ab aeterno, omnino“ et huiusmodi (abermals eine Wermehrung der Syn
categoreumata)...... Dubitalur de ista „Infinita puncta sunt in continu0*; respon
delur, quod accipiendo hoc signum „infinita“ syncategoremalice tunc ipsa est univer
salis affirmativa (s. ebend. Anm. 264)..... Dubitatur de proposilionibus, in quibus
ponuntur relativa diversitatis, ut ista nomina „ceteri, singuli“ et huiusmodi (ebd. Anm.
217, woselbst jedoch ausser „alius“ kein anderes Beispiel erwähnt ist).
184) Ebend. I, 3, p. 277 A: Propositio categorica, in qua ponitur terminus in
finitus sive a parte subiecti sive a parte praedicali, est affirmaliva, dum tamen
copulam, non praecedat negalio aliqua ...... Propositiones hypotheticae non sunt
affirmativae vel negativae ralione categoricarum, eae quibus componuntur, sed ratione
coniunctionis. * S. bei Algazeli, Abschn. XVI, Anm. 260. -
185) Qu. sup. Periherm. II, 1, p. 204 B: Verbum infinitum in oratione positum
non differt a verbo pure negativo ...... (p. 205 A) Negatio non tantum refertur ad
rem verbi, sed ad compositionem; ideo ubi ponitur verbum infinitum in oratione, illa
est propositio negativa simpliciter.
186) Qu. sup. An. pr. I, 3, p. 276 B: Quaedam est propositio mere categorica
et aliqua hypothelica et aliqua, quae non est hypothetica per coniunctionem eae
pressam, aequipollet tamen hypotheticae, ut propositio eacclusiva (s. Abschn. XVII,
Anm. 76 f. u. 260), copulativa (ebd. Anm. 86 u. 589), reduplicativa (ebd. Anm. 262)
et propositiones, in quibus ponuntur ista verba „incipit, desinit (ebd. Anm.81 u. 263),
generari, corrumpi“ vel consimilia (ebd. Anm. 600)....... p. 277 B : Propositiones,
in quibus ponunlur huiusmodi dictiones, possunt dici affirmative vel negative cum
additione.
187) Qu. in phys. III, 1, 3, (Vol. II) p. 170 A: Ista verba „scio, cognosco,
ignoro“ faciunt propositionem in sensu composito, sc. quando praecedunt vel sequun
tur totam propositionem, sed in sensu diviso, quando ponuntur inter partes propo
sitionis. S. ebend. Anm. 585. f. u. 598.
188) Qu. sup. Periherm. II, 10, p. 208 A: Relativum substanliae refert idem cum
su0 antecedente, „qui* vero est relalivum substantiae etc. s. ebend. Anm. 213.
XIX. Duns Scotus. 227
hiebei erklärlicher Weise die ampliatio 1°°) und greift mit der copulatio
bis , zu Shyreswood zurück 1°°). Und diese letzterem Momente verwerthet
er auch bei Erörterung eines aristotelischen Beispieles, welches schon im
früheren Mittelalter die Erklärer beschäftigt hatte („Homerus est poeta“,
s. Abschn. XIV, Anm. 211), imdem die Tragweite eines im Präsens stelien
den Verbums durch die distributio '*'') und beziehungsweise auch durch
die restrictio bedingt ist 1°*). Auch modificirt er jene von Späteren (s.
Abschn. XVII, Anm. 595) über die Umsetzung modaler Urtheile in Ur
theile des Stattfindens aufgestellten Regeln in spitzfindigster Weise, je
nachdem in dem ursprünglichen Urtheile ein Pluralis oder eine copu
lative Conjunction oder ein Zahlwort oder ein Syncategoreuma ent
haltem ist 19°).
Was die Lehre vom S ch lus se betrifft, so begegnen wir sofort
einer Berücksichtigung des Begriffes der consequentia (s. ebend. Anm.
610. ff.), indem Scotus Demjenigen gegenüber, welche bei der aristoteli
schen Definition • des Syllogismus an die Eaeponibilia dachten, auf dem
Unterschied hinweist, welcher zwischen Syllogismus und consequentia
189) Qu. sup. Anal. pr. I, 12, p. 291 A: Propositionum de inesse quaedam
sunt, in quibus ponitur aliquis terminus ampliativus (ebd. Anm. 225 f. u. 598) sub
iecli vel praedicati ad supponendum ..... pro supp0sitis p0ssibilibus praeleriti vel
fuluri aut cuiuslibet temporis indifferenter; aliquae sunt, in quibus non ponitur huius
modi terminus.
190) 0p. II sup. Periherm. 6, p. 218 A: Utrum verbum de praesenti copulet
„nunc“, quod instat, vel indifferenler quodlibet praesens...... ,,Hic homo est homo“
copulal pro islo nunc, et crus cum dico „homo est“, copulabit pro ist0 nunc, qu0d
est tunc, sub ratione praesentialitatis et non pro hoc singulari nunc. Unde sic copulat
verbum de praesenli pro quolibet praesenti, quousque habeat ralionem praesenlis, et
non pro instanti significato. S. bei Shyreswood, Abschn. XVII, Anm. 63, vgl. ebend.
Anm. 127.
191) Qu. sup. Periherm. I, 9, p. 196 B: Utrum terminus communis suppositus
verbo de praesenli supponat tantum pro praesentilius. 10, p. 197 B : Utrum in pr0
positione de praeterito stet subiectum lanlum pro illis, quae fuerunt, et de fuluro
tantum pro illis, qui erunt. Vgl. ebend. Anm. 470. Auch gebraucht Scotus in all
diesen Capiteln (qu. 6 ff.) häufig das Beispiel „Antichristus“, vgl. ebend. Anm. 224.
11, p. 198 A: Terminus communis in quacunque propo$itione ..... supponit pr0 qui
buscunque suppositis sive eæistentibus sive non evistentibus ...... Terminus pro
omnibus distribuitur in quacunque propositione, in qua absolule sumitur. Vgl. ebend.
Anm. 238 ff.
192) Ebend. 13, p. 202 A: Utrum terminus communis possit restringi ......
(B) Terminus supponens verbo de praesenli restringitur, et causa restrictionis est
actualis inhaerenlia praedicati ad subiectum...... p. 203 B: Sed cum per propositio
nem de praesenti non plus significatur, nisi eætremum inesse eaetremo, potest dubitari,
per quid significetur actualis inhaerentia, quae est causa restrietionis (die Lösung
aber dieses Zweifels fehlt). S. ebend. Anm. 230 ff.
193) Qu. in phys. VI, 2, 6, (Vol. II) p. 356 B: Istae regulae sunt modificandae.
Primo si alterum ea:tremum sit pluralis numeri, non oportet, qu0d illa pr0p0silio
ponatur in esse per unam de praesenti ...... Secundo si alterum eaetremum sit copu
latum, non oportet, quod per unam propositionem ponatur in esse, sed per plures.....
Tertio quando ab vino extremo propositionis ponitur terminus numeralis, lunc illa
ponenda est in esse per plures pr0p0siliones ..... Quarto quando a parte praedicali
propositionis ponitur syncategorema vel aliquod includens syncategorema, tunc non
òpórtet, quando illa propositio ponitur in esse, quod illud syncategorema maneat sub
propria forma a parte praedicati ....... Istis quatuor conditionibus observatis illae
regulae sunt universaliter concedendae.
15*
228 XIX. Duns Scotus.
bestehe, indem zur letzterem auch schon die Umkehrung, die Aequipollenz,
das Enthymema u. dgl. (s. ebend. Anm. 611 u. 616) gehöre, wobei nur
aus Einem Satze ein anderer gefolgert werde 1°*). Doch hängt eben
damit wieder die äusserst ausführliche Erörterung über die Umkehrung
der U r th eile zusammen, indem dabei die consequentia in ihrer engeren
Bedeutung mitspielt und überhaupt trotz allem Anschlusse an Aristoteles,
bei welchem natürlich die Lehre von der Umkehrung nur im Dienste der
Syllogistik steht, doch jener Standpunkt durchblickt, nach welchem die
Umkehrung eine niedrere Stufe des Syllogismus selbst sein soll (s. ebend.
Anm. 616). Scotus zeigt bei dieser Gelegenheit die ganze Schärfe seines
logischen Denkens, und wenn wir auch für den byzantinischen Wust
grammatischer Dinge uns wahrlich nicht erwärmen könnem und gerne
zugestehen, dass Scotus da, wo gebotene Gelegenheit gewesen wäre*"°),
die principiellen Schwierigkeiten des aristotelischen Buches De interpr.
ebensowenig als Albert (ebd. Anm. 455) gründlich gelöst habe, so trifft
er doch bezüglich der Umkehrung der Urtheile vielfaah das Richtige,
indem er auf Fälle hinweist, in welchen die bloss den Umfang der Be
griffe berücksichtigende traditionelle Lehre nicht zureicht.
So weist er an der Hand byzantinischer Logik betreffs des allgemein
bejahenden Urtheiles nicht bloss darauf hin, dass die übliche Regel der
Umkehrung desselben für das exceptive, exclusive und reduplicative Urtheil
(s. Abschn. XVII, Anm. 260 ff.) nicht gelten könne, sondern hebt auch
ausdrücklich hervor, dass ein allgemein bejahendes Urtheil, dessen Prädicat
ein nicht vereinzelter Gemeinbegriff ist, rein umgekehrt werden kann,
wenn Subjects- und Prädicats-Begriff vertauschbar sind, wenn ein Unter
begriff von einem 0berbegriffe ausgesagt wird, und wenn (mach den
Regeln der consequentia) der Wordersatz eine Unmöglichkeit enthält 1°°).
194) Qu. sup. An. pr. I, 5, p. 280 A : Illa definitio (d. h. des Syllogismus bei
Aristoteles) ..... competit consequentiae, in qua arguitur ab eæponibilibus ad ea p0
silam, ul dicendo ,,animal est homo, et nihil aliud ab animali est homo; igitur
tantum animal est homo“ (s. Abschn. XVII, Anm. 260). Und die Lösung dieses
Einwandes lautet p. 280 B: Ponuntur ista „in qua quibusdam positis“ (d. h. eben
diese in der aristotelischen Definition des Syllogismus vorkommenden Worte) ad
differentiam consequentiae, in qua eae una propositione infertur alia, cuiusmodi est
conversio, aequipollentia, enthymema et huiusmodi, quarum aliquae sunt consequenliae
formales et aliquae materiales.
195) Qu. sup. Periherm. II, 3 ff., p. 205 ff.
196) Qu. sup. An. pr. I, 14, p. 293 B: Propositio eaeclusiva est universalis
affirmativa, et tamen convertitur simpliciter in universalem affirmativam..... Pr0
positio evceptiva est universalis affirmativa ...., et tamen non convertitur in parti
cularem affirmativam. Propositio reduplicativa est universalis affirmativa ....., et
tamen n0n converlilur in parlicularem affirmativam. Hierauf werden ausführlichst
sämmtliche Fälle unterschieden, je nachdem im allgemein bejahenden Urtheile das
Prädicat ein terminus discretus (s. Abschn. XVII, Anm. 624) oder communis und in
letzterem Falle entweder non distributus oder distributus ist (s. ebend. Anm. 238 ff.),
welch letzteres wieder entweder affirmative oder negatire eintreten kann. Und da
wird z. B. hetreffs der gewöhnlichen aristotelischen Urtheilsform bemerkt (p. 294 A):
Universalis affirmativa, cuius praedicatum est terminus communis non distributus.....»
in tribus casibus potest converti simpliciter gratia maleriae: Quando antecedens est
impossibile, et ideo sequitur ,,0mnis homo est asinus, igitur omnis asinus est homo“,
quia ad impossibile sequitur quodlibet (s. ebend. Anm. 621 ff.)...... Quando sub
ieclum et praedicatum sunt termini convertibiles (es ist diess vollständig richtig,
XIX. Duns Scotus. 229
Auch beim allgemein verneinenden Urtheile fällt ihm für die Umkehrung
das Hauptgewicht auf die distributio, denn wenn dieselbe durch die
Satzform ausgeschlossen ist, lässt sich das Urtheil nur particular umkeh.
ren, und wenn sie negativ auftritt, muss die Umkehrung mittelst eines
Relativsatzes vorgenommen werden '""). Desgleichen wird das particular
bejahende Urtheil, falls sein Prädicat eine Distribution zulässt, in ein all
gemein bejahendes umgekehrt werden müssen; wenn aber das Prädicat
ein terminus discretus ist, tritt auch hier das Mittel eines Relativsatzes
ein '°°). Und auch die Frage über das particular verneinende Urtheil
(dieselbe blieb bekanntlichst noch später ein Gegenstand verschiedemer
Ansichten) erledigt er in gleicher Weise, indem ihm die Umkehrung des
selben in ein particular verneimendes Urtheil jedenfalls statthaft erscheint,
insoferne nur , im umgekehrten Urtheile die Distribution ausgeschlossen
bleibt (d. h. die Negation dem Prädicate vorangeht); denn nach conse
quentia formalis muss die im ursprünglichen Urtheile stattfindende
Distribution bei der Umkehrung wegfallen, während nach consequentia
materialis sie in jenen nemlichen Fällen möglich bleibt, in welchen
das allgemein bejahende Urtheil rein umgekehrt werden kann 199). Aber
man denke nur an Urtheile, wie z. B. „Alle Körper sind schwer** oder „Alle Wirbel
thiere haben Blutgefasse“ u. dgl.)..... Quando inferius praedicatur de suo supe
riori..... ,,0mne animal est homo, igitur omnis homo est animal“. Sodann noch:
0mnis universalis affirmativa, cuius subiectum est terminus communis distributus,
convertitur gralia formae in particularem affirmativam ...... 0mnis propositio uni
versalis affirmativa de terminis reclis infert exclusivam de terminis transpositis.
197) Ebend. 12, p. 291 B: Dupleæ est universalis negativo ; quaedam cuius
praedicatum distribuitur, ut „nullus homo est asinus“; aliqua, in qua praedicatum
Inon distribuitur, ul ,,0mnis homo animal non est“...... 0mnis propositio universalis
negativa, cuius praedicatum distribuitur, potest conperti simpliciler...... . Universalis
negativa, cuius praedicatum non distribuitur, non potest converti simpliciter, ..... tut
ista „0mnis phoeniae animal non est“ convertenda est in istam „Quoddam animal
non est phoeniae“....... 0mne signum p0situm a parte subiecti in conversa debet
manere a parte praedicali in convertente, sc. quando subiectum est terminus com
munis restrictus, ....: ut „Nullus homo est mulier*, igitur „Nulla mulier est nullus
homo“....... 0portet mutare signum secundum declinationem grammaticalem, ut.....
„Nullus homo est capra“, .... ,,Nulla capra est aliquis homo“...... (p. 292 A)
Quando praedicatum distribuitur negative, ut ista ,,Nullus homo est nullum animal“
convertitur in istam „Nihil, quod est nullum animal, est homo“.
198) Ebend. 13, p. 292 B: Dupleæ invenitur propositio particularis affirmativa;
quaedam, cuius praedicatum est terminus discretus, ut ,,Quidam homo est Socrates“,
et talis sine aliquo addit0 n0n p0test converli simpliciter, sed per accidens in singu
larem; ..... si addantur istae dictiones „quod est“, bene convertitur simpliciter....
„Aliquid, quod est Socrates, est homo“...... Alia est propositio particularis, cuius
praedicatum distribuitur, ut ,,Quaedam luna est omnis luna“, et infert quandam uni
versalem de terminis transpositis, ut istam „Igilur omnis luna est luna“.
199) Ebend. 15, p. 295 B: Quaedam est particularis negativa, cuius praedicatum
est distributum, sc. quando praedicatum sequitur negationem, ut „Quidam homo non
est asinus“; alia est, cuius praedicatum non distribuitur e0 quod praecedit nega
tionem, ut ,,Quidam homo animal non est“..... . 0mnis particularis negativa, sive
sit de praedicato distributo sive non distributo, convertitur in particularem negativam,
cuius praedicatum non est distributum...... (p. 296 A) Nulla propositio particularis
negativa de praedicato distributo convertitur in particularem negativam de praedicato
distributo gratia formae..... Et dico notabiliter „consequentia formali“, quia in ali
quibus terminis sequitur gratia materiae ..... Quando uterque terminus est conver
tibilis ...... Quando superius negatur de inferiori ...... . Quando antecedens est
impossibile ..... Quando consequens est necessarium. S. Abschn. XVII, Anm. 623.
230 XIX. Duns Scotus.
höchst umnütz verschwendet ist der Scharfsinn, wenn Scotus sich auch
um die Umkehrung von Urtheilen bemüht, in welchen ein sog. Casus
obliquus vorkommt, und hiefür sogar Regeln aufstellt*°"). Was endlich
die Umkehrung der modalen Urtheile betrifft, macht es sich Scotus mit
der aristotelischen Lehre ziemlich leicht, indem er die Schwierigkeiten
dadurch beseitigen zu können glaubt, dass Aristoteles die Modalität eben
nur nach dem sog. sensus divisus (s. Abschn. XVII, Anm. 585) verstandem
wissen wolle 201).
In jenem Abschnitte der ersten Analytik, welcher den Syllogis m e n
selbst und ihren Formen gewidmet ist, begegnen wir dem gleichen Ein
flusse byzantinischer Logik. Um nemlich eine anderweitige Stelle nur
der Wollständigkeit willen zu erwähnen, woselbst Scotus auch die logi
schen Censuren Kilwardby's in der Frage über Stoff und Form des
Syllogismus berücksichtigt*"*), sehen wir, wie er die Giltigkeit der Regel,
dass aus bloss negativem Prämissen ein Schlusssatz nicht erreicht werden
könne , mit Gründen bestreitet, welche der Lehre von der consequentia
entmommen sind , da mach consequentia formalis aus einem negativen
Satze nicht bloss stets ein hypothetisches Urtheil, sondern auch jedenfalls
irgend Etwas durch Umkehrung, Aequipollenz und Subalternation gefolgert
werden könne *'°). Dass er im Commentare überall häufig sich der seit
Shyreswood auftretenden Kunstworte (Barbara, Celarent u. s. f., s. Abschn.
XVII, Anm. 52) bedient, hat für uns durehaus Nichts auffallendes, aber
er ist hierin unter den Erklärern des 0rganons der Erste *"*). Bei der
200) Ebend. 18, p. 300 A: Propositiones, in quibus termini obliqui sunt sub
iecta, exsolvendae sunt in quasdam alias de subiecto recto per istud pronomen ,,quod“,
..... v. g. „Hominis asinus currit“ resolvenda est in istam ,,Homo est, cuius asinus
currit“...... Sunt aliquae regulae in conversionibus propositionum de obliqu0 obser
vandae, ..... v. g. ,,Cuiuslibet conlradictionis altera pars est vera“ primo resolvenda
est in istam „Quaelibet contradictio est aliquid, cuius altera pars est vera“ et tunc
convertenda est in istam ,,Aliquid, cuius altera pars est vera, est conlradictio“......
,,Asinus est hominis“ convertitur in istam „Ens hominis est asinus“.
201) Ebend. 26, p. 310 B: Aristoteles .... dicit, quod propositiones m0dales
similiter convertuntur illis de inesse (s. hingegen Abschn. IV, Anm. 545 ff.), et in
telligit de illis in sensu diviso. Ehend. 28, p. 316 B: Aristoteles non intelligit de
modalibus propositionibus in sensu composito, quia sic pauca eius dicta essent vera.
202) Qu. sup. Elench. 4, p. 226 B: Utrum syllogismus ..... peccans in materia
sit syllogismus (s. ob. Anm. 21, woselbst Nro. 2) ...... (p. 227 A) Syllogismus sic
se habet, ..... sicut circulus nullam materiam sibi determinat, unde in quacunque
nateria reperiatur sive forti sive debili, dumm0d0 forma circuli ibi salvetur, circulus
dicitur; similiter syllogismus.
203) Qu. sup. An. pr. I, 21, p. 304 A: Ad unam categoricam de inesse negativam
sequitur formaliter una hypolhelica, ..... quia quaelibet proposilio infert se ipsam
formuliter cum quacunque alia subdisiunclione, sicut sequitur formaliter „Nullus homo
curril“, igilur „Nullus homo currit vel deus non est“........ Eae una negativa bene
polest sequi alia negativa gratia formae . . . . . . per conversionem, ..... per aequi
pollentiam, ..... per suballernationem. Vgl. ob. Anm. 194.
204) Ebend. 7, p. 283 A; 22 ff., p. 305 ff.; 25, p. 309 A; 27 ff., p. 313 ff.;
II, 3, p. 333 A; 6, p. 337 A. u. s. f. Mam sagte bisher zuweilen, diese Kunstaus
drücke habe schon Thomas aufgenommen; dass aber dieses nur Pseudo-Thomas
sei, s. untem Anm. 344. Hingegen wenn wir dieselben auch bei Raimundus Lnllus
trafen (vor. Abschn., Anm. 63), so fällt allerdings, wie ich schon oben hervorhob,
die schriftstellerische Thätigkeit des I.ullus im Ganzen um einige Jahre später, als
jene des Scotus.
XIX. Duns Scotus. 231
ersten Schlussfigur erwähnt und löst er ein Bedenken, welches auf den
ampliativen Worten und dem Sophisma „Nichts Lebendiges ist todt, Alle
Menschen sind lebendig, Kein Mensch ist todt“ (vgl. ob. Anm. 191) be
ruht*"*). Auch dem syllogismus eaepositorius (s. Abschn. XVII, Anm. 624)
erörtert er und gibt unter Benützung jenes nemlichen Beispieles betreffs
der Flussnamen einige auf distributio beruhende Regeln über die formale
Geltung dieses Schlusses *""). Wo er die Frage über die Zulänglichkeit
der drei Schlussfiguren bespricht, sagt er nicht bloss, dass die hypothe
tischen Schlüsse damit überhaupt Nichts zu schaffen haben (s. sogleich
Anm. 209), sondern weist auch ausdrücklich (wie Albert, s. Abschn. XVII,
Anm. 466) die vierte Figur als umberechtigt ab, da aus einer Umstellung
der Prämissen keine Werschiedenheit der Figur folge, sondern die Anord
nung des 0ber- und des Unter-Begriffes das Maassgebende sei*"'). Bei
dem modalen Schlüssen vergisst er nicht, auch jene Modalitäten in Er
wägung zu ziehem, welche durch die Begriffe „scio, opinor“ u. dgl. hin
zugekommen waren (Anm. 187), und stellt im Hinblieke auf sensus
compositus oder divisus (vgl. Anm. 201) Regeln auf 20°). Den hypo
thetischen Schluss aber bespricht er in ächt aristotelischem Sinne *"°).
205) Ebend. 22, p. 305 B : Dicunt aliqui, quod isti modi (d. h. die ersten
vier Modi der ersten Figur) tenent gratia formae eaeceptis duobus casibus. Primus
est, quando arguitur in terminis divinis. Secundus, quando arguitur eæ terminis,
qui ampliantur (vgl. ob. Anm. 189), . . ... et ideo non sequitur „Nullum vivum est
morluum, 0mnis h0m0 est vivus, Igitur nullus homo est mortuus“. Die Lösung
dieses Zweifels folgt c. 23, p. 307 A: Debet concludi additis istis dictionibus „qui
est“ ad subiectum conclusionis arguendo sic: „Nullum mortuum est vivum, 0mnis
homo est vivus, Igitur nullus h0m0 est, qui est mortuus“. Vgl. Anm. 197 f.
206) Ebend. 11, p. 290 A : De syllogismo eæpositorio affirmativo dico, quod in
qualibet trium figurarum potest fieri bonus...... „Socrates est musicus, album est
Socrates, igitur album est musicum“...... „Haec essentia divina est pater, filius est
haec essentia divina, igitur filius est pater“...... „Sequana fuit a centum annis,
haec aqua est Sequuna, igitur haec aqua fuit a centum annis“...... (B) De syllo
gismo eæpositorio negativo dico, quod valet in prima figura gratia formae maiore
eæistente negativa..... Non valet in prima figura, si minor fuerit negaliva; et causa
est, quia si minor fuerit negaliva et maior affirmativa, tunc maior eætremitas non
est distribula in praemissis, immo stat determinate, et tamen stat confuse et distri
butive in conclusione , m0d0 eae non distributo nunquam sequitur distributum
gratia formae.
207) Ebend. 34, p. 325 A: Utrum omnis syllogismus fiat in aliqua trium figu
rarum. Arguitur prim0, qu0d n0n ...... Quot modis potest fieri ordinati0, tot erunt
figurae; sed quatuor modis diversis potest fieri huiusmodi ordinalio; igitur quatuor
erunt figurae ...... Secundo, .... qu0d syllogismi eæ hypothesi non reducuntur in
praedictas figuras. ...... Non oportet, fieri syllogismum hypotheticum in aliqua trium
figurarum, ..... et h0c dic0, quantum ad totalem processum ..... (p. 326 A) Vocatur
syllogismus ostensivus, qui immediate infert conclusionem intentam; sed vocatur syl
logismus eæ hypothesi, qui immediate non infert conclusionem intentam...... Solum
tribus modis potest fieri debita ordinatio respectu eætremorum secundum subiectionem
et praedicationem; igitur tres erunt figurae et non plures...... Propter solam trans
positionem non provenit diversitas alicuius praemissae nec conclusionis, per conse
quens nec diversitas figurae.
208) Ebend. 36, p. 329 A: Ex maiore de hoc modo „scire“ in sensu composito
et minore de inesse non fit syllogismus ad concludendum de hoc modo „scire“, licet
bene ad concludendum de inesse , ..... De hoc modo „opinor* fit bonus syllogismus
sumendo maiorem in sensu diviso et minorem de inesse.
209) Ebend. II, 1, p. 332 A: Istum syllogismum vocat Aristoteles syllogismum
232 XIX. Duns Scotus. Manigfaltigkeit der Parteien.
Im Commentare zur Zweite n A nalytik schliesst sich Scotus viel
fach an Robert Capito an, welchen er häufig selbst citirt, emtnimmt aber.
auch Manches aus Albert, wie z. B. die Angaben über dignitas, subiectum
und passio *'") und die Grundlagen der höchst ausführlichen Erörterungen
iiber per se („perseitas“), primo und necessarium *1!), wobei übrigens
selbst hier noch aus Petrus Hispanus die restrictio im Begriffe der „ne
cessitas diminuta* hereinspielt*'*). Auch die üblichen Bemerkungen über
demonstratio potissima fehlen nicht*1*). -
Was endlich den Commentar zu Soph. Elench i betrifft, welchen
der scotistische Herausgeber der Gesammtwerke des Scotus unmittelbar
nach der Lehi e vom Urtheile einreihte *4*), so behandelt derselbe über
haupt nur die ersten fünf Capitel der Schrift*1°), aber Einzelnes in
wahrhaft peinlicher Ausführlichkeit, so z. B. die aequivocatio und die
amphibologia *'"), wobei auch Wieles aus des Boethius Erklärung der
ciceronischen Topik entnommen ist. Natürlich fand Scotus hier gleich
falls manigfache Gelegenheit, auf byzantinischen Stoff einzugehen, und
so begegnen wir wieder der distributio* 47) und der copulatio* 1°), sowie
im Anschlusse an ältere Formationem den Syncategoreumata „et**!*)
und „solus“ **").
, Jene manigfaltigen Folgen nun, in welchen das Auftreten des Scotus
bis zu Occam hinab und auch über diesen hinaus eine nachhaltige Wir
kung äusserte, werden wohl nur dadurch ihre angemessene Darstellung
finden können, dass wir in der Hauptsache uns vom chronologischen
Fadem leiten lassen; denm vorerst in jenen fünfzig Jahren, welche im
Ganzen zwischen der Thätigkeit des Scotus und jener 0ccam's liegen,
zeigt es sich als unthumlich, eine Gruppirung nach Parteien für die Dar
stellung zu Grunde zu legen, da, wie ich schon bemerkte, erstens die
ad transsumptionem (s. Abschn. IV, Anm. 583 u. 592), quia quando debemus probare
unum, transferimus nos ad probandum aliud, eæ quo virtute alicuius suppositionis
inferimus intentum. Vgl. Anm. 207.
210) Qu. sup. An. post. I, 4, p. 349 A. S. Abschn. XVII, Anm. 475.
211) Ebend. 15—40, p. 365—407. S. ebend. Anm. 473 f.
212) Ebend. 39, p. 406 A. S. ebend. Anm. 234.
213) Ebend. 44, p. 413 A. S. ebend. Anm. 476.
214) p. 224 ff.
215) D. h. nur bis zur Rückführung aller Sophismen auf ignoratio elenchi.
Schom die Vertreter der byzantinischen Logik behandelten nicht das ganze Buch,
schritten aber doch bis Cap. 15 vor; s. ebend. Anm. 197.
• 216) Qu. sup. Elench. 9—22, p. 231 — 244.
217) Ebend. 14, p. 234 B : Utrum signum universale adveniens termino aequivoco
possit ipsum distribuere pro omnibus suppositis cuiuslibet sui significati. Die Frage
wird bejaht, denn (p. 235 A) distributio est acceptio alicuius communis pro quolibet
eius supposito, quorum quodlibet est ipsum. S. Abschn. XVII, Anm. 66 u. bes. 238.
218) Ebend. 10, p. 230 B: Utrum terminus aequivocus contineat sua significata
per m0dum copulationis ...... Illa significantur copulative per terminum, quae actu
concipiuntur sermone prolato. Vgl. ob. Anm. 190
219) Ebend. 30, p. 251 A: Utrum haec dictio „et* operetur potentialem multi
plicationem...... Coniunctio per se copulat inter terminos, per accidens autem inter
propositiones. Vgl. bei Shyreswood, Abschn. XVII, Anm. 86.
220) Ebend. 32, p. 252 B: „Solum“ potest teneri categorematice vel syncatego
rematice ...... Si syncategorematice, tunc significat praecisam acceptionem illius, cui
adiungitur. S. gleichfalls bei Shyreswood ebd. Anm. 76.
XIX. Manigfaltigkeit d. Parteien. Dominikaner u. Franziskaner. 233
beliebte bequemere Scheidung in Thomisten und Seotisten als zwei aus
schliesslich bestehende Parteiem dem thatsächlichen Verhältnisse nicht ent
spricht, und zweitens, wenn mam auch behufs einer leichteren Uebersicht
lichkeit diese Zweitheilung mit Gewalt in die Geschichte hineineonstruiren
wollte, dennoch die beständige Rücksicht, welche jeder einzelne Autor
auf seine jeweiligen Zeitgenossen und nächstem Vorgänger nimmt, den
monotomen Charakter eines angeblichen Thomismus und eines angeblichen
Scotismus sehr fühlbar unterbrechen würde. Das Richtige ja ist, dass
neben etlichen Autoren, welche in bornirter Treue die Ansicht des Einen
der beidem Meister nur der 0peration des Wiederkäuens unterwerfen, in
den einzelnen Fragen die bunteste Kreuzung verschiedener Ansichten auf
Grund gewisser Auctoritäts-Stellen zu Tag tritt; dieses Verhältniss aber
spinnt sich während eines halben Jahrhunderts gleichsam von Jahr zu Jahr
von Autor zu Autor fort bis zu Occam. -
Allerdings zieht sich Ein bestimmtes Motiv durch diese Werschieden
heit der logischem Ansichten hindurch, welches mit dem Geiste der reli
giösen Orden, denen Thomas und Scotus angehörten, in theologischer
Hinsicht zusammenhängt. Nemlich die Dominikaner oder Prädicatoren,
aus welchen die meisten Thomisten hervorgingen, vertratem die gelehrte
Theologie in einer speculativen Conslruetion des Dogmas, welche auch die
obersten Principien desselben demonstrirbar zu fassen versuchte; hingegen
die Franziskaner oder Minoriten, welche den Scotus zu den ihrigen
zählten, standen in Bethätigung der Seelsorge den Interessen des sog.
niederen Wolkes näher und betontem so grundsätzlich das Bedürfniss einer
praktischen Theologie als einer Seelen-Arznei, während sie auf eine theo
retische Construction der obersten Fragen verzichteten oder sogar auf
zeigten, dass dieselbe eben durch die logische Formulirung sich leicht in
dialektische Widersprüche verwickeln lasse. So mussten die Franziskamier
allerdings sich dahin neigen, dass sie auch für die Logik einer prakti
schen Tendenz zusteuerten , wobei das hierin waltende rhetorische Motiv
eine Werthschätzung der menschlichen Sprache nahe legte; und Jedermann
weiss, dass der sog. Nominalismus 0ccam's eben aus dem Franziskaner
0rden hervorging. Aber gewiss ist auch einerseits, dass ohne die byzan
tinische Logik jene Richtung, welche man später als Nominalismus stigma
tisirte, micht entstanden wäre, und andrerseits dass darum durchaus noch
nicht die Dominikaner als ledigliche Realisten den Franziskanern gegen
überzustellen seien, denm Realist (— wenn man überhaupt diese Stich
worte so anwendem dürfte —) war vor Allem auch der Franziskaner
Scotus selhst. Kurz also, wenn auch zugegeben wird, dass in den
0rdens-Principien gewisse Momente lagen, welche (analog dem Conflicte
zwischen den Bettelorden und der päpstlichem Hierarchie) ihrerseits in
die Logik herüberspielem konnten, so ist doch nicht zu vergessen, dass
gerade die Logik als solche ein etwas neutraleres Gebiet war, auf welchem
weit speciellere Controversen mach Maassgabe eines neu anwachsenden
Materiales durchgekämpft werden mussten. Und so besteht auch hierin
wieder eine vielfach sich durchkreuzende Manigfaltigkeit, indem durchaus
nicht sämmtliche Dominikaner kurzweg Thomisten oder alle Franziskaner
lediglich Scotisten sind, sondern innerhalb beider 0rden die verschiedensten
234 XIX. Dominikaner u. Franziskaner. Siger v. Brabant.
Nüamcirungen heraustreten ??1). Was eine fortschrittliche Tendenz betrifft,
ist es nach dem Gesagten allerdings nicht zu wundern, dass im ge
schichtlichen Faden das relative Uebergewicht unleugbar auf Seite der
Franziskaner liegt.
Der erste, welcher uns in der langen Reihe der vorzuführenden
Autoren begegnet, ist Siger v o n Brabant (oder d e Cur t r a c o, ge
storben noch vor d. J. 1300), welcher anfänglich an der Sorbonne mit
den übrigen dortigen Lehrern die scotistische Auffassung der Theologie
vertrat, hernach aber zu den Thomisten überging***), wodurch er sich
auch die beifällige Erwähnung erwarb, welche er in Dante's Divina com
media fand 228). Was uns über seine noch ungedruckten Schriften be
kannt ist, lässt darauf schliessem, dass dieselben noch in der Zeit der
scotistischen Richtung des Verfassers entstandem sind. Schon der Umstand,
dass er sich mit den „Modi significandi“ beschäftigte, gibt einen Finger
zeig ***). Auch eine uns einzeln überlieferte Aeusserung Siger's über
die Universalien, welche er zum Gegenstande einer Monographie gemacht
zu haben scheint, enthält nicht bloss gleichfalls eine Betonung der signi
ficatio, sondern auch den durchaus scotistischen (s. ob. Anm. 107) Aus
druck „aggregatum“ *°°). Er bearbeitete die zweite Analytik in einem,
wie es scheint, höchst ausführlichen Commentare, in welchem er bereits
ein besonderes Gewicht auf die verschiedemen Arten der Fehlschlüsse
gelegt haben muss **), so dass er wohl einer Lieblings-Neigung folgte,
221) Ich werde daher häufig ausdrücklich darauf hinweisen, welchem Orden
ein Autor angehört habe.
222) Was sein Leben betrifft, findet sich eine (ausnahmsweise) vortreffliche
Abhandlung über ihn in Histoire littér. de la France, Vol. XXI, p. 96—127; bezüg
lich seiner Schriften hätte ich allerdings eine reichere Detai}-Mittheilung aus dem
handschriftlich in Paris vorhandenen Materiale gewünscht.
223) Paradiso, X, v. 136: Essa è la luce eterna di Sigieri, Che leggendo mel
vico degli strami (d. h. in Paris in der rue du fouarre) sillogizzò invidiosi veri.
Dass Dante überhaupt der thomistischen Richtung angehörte, ist bekannt, s. Ch.
Jourdain, La philos. de St. Thomas d'Aquin, II, p. 128 ff. u. Wegele, Dante Ali
ghieri's Leben u. Werke, 2. Aufl. (Jena 1865), p. 387, 409, 457 ff., 490. Speciell
für die Gesch. d. Logik bietem Dante's Schriften keinem Anlass dar, näher auf ihn
einzugehen.
224) Hist. litt. de Fr. a. a. 0. p. 117, wornach der Anfang einer Schrift
Siger's „Summa modorum significandi“ lautete : Quoniam grammatica est sermocinalis
scientia, sermonem et passiones eius in communi ad eaeprimendum principaliter
mentis conceptus per sermonem coniugatum considerans, conceptus autem mentis
duplex, etc.
225) Ebend. p. 120 lesen wir, dass Siger's „Quaestiones logicales“ folgender
maassen beginnen: Varia discutienda per ordinem proponimus. Primum est, utrum
terminus conceptionis significet universaliter conceptum mentis, sicut quidam volunt.
Secundum est, utrum universaliler significet formam, sicut Plat0 voluit, vel et aggre
gatum. Tertium est, utrum anima per terminum conceptionis sit ' significabilis. Auch
diese Werwendung des byzantinischen Begriffes „terminus“ würde uns eine Wer
öffentlichung der Schrift Siger's wünschenswerth machen. Eine andere Stelle aus
derselben lautet (ebend.): Et si universalia, inquantum universalia, esse conceptus
mentis quis dubitet, requirat in rescripto a nobis, quod sic incipit ,,Significatum est
nobis, nonnullos doctores“ (diese letztere Schrift fand sich in den Pariser Hand
schriften nicht mehr).
226) Ebend. p. 119, woselbst als Gegenstände der Erörterung, welche in 215
Fragen gepflogen wird, beispielsweise angeführt werden: Quid est syllogismus con
XIX. Siger von Brabant, Richard von Middleton. 235
indem er specielle Schriften über „fallaciae“ **") und auch über „Im
possibilia“ verfasste***). -
Hingegem trat schon zur memlichen Zeit der Franziskaner Richard
von M i d d leton (oder de media villa, gest. i. J. 1300) gewissen mög
lichen Uebertreihungen der Lehre des Scotus gegenüber und sympathisirte
sommit mit dem Dominikanern, wobei die Art und Weise seines Thomismus
uns mehrfach an Gottfried von Fontaines erimmert. Allerdings ist Richard,
von welchem wir Quodlibeta und einem Commentar zum Petrus Lom
bardus besitzen ***), ein Autor, an welchem die Theologie ein grösseres
Interesse haben wird, als die Logik; was jedoch von seinem Ansichten
hieher gehört, dürfte Folgendes sein. — In der Universalien-Frage be
gegnen wir auch bei Richard der üblichen arabischen Dreigliederung, nur
modificirt er dieselbe betreffs der Universalien post rem; denn er spricht
von einer Wiergliederung, indem das Universale zunächst als Causalität
(in causando, d. h. somit. ante rem) bis zurück zur Schöpferkraft Gottes
zu fassen sei, sodann aber (in re) eine Gleichartigkeit (indifferentia in
informando) der Formbildung in der Vielheit bestimmter concreter Wesen
enthalte, und hiedurch (post rem) einerseits eine Gleichartigkeit der Wor
stellung in der Seele (indifferentia in repraesentando) und andererseits
eine Gleichartigkeit der Aussage (indifferentia in praedicando) bedeute;
und während nun das Universale in den ersten drei Beziehungen, d. h.
ante rem und in re und in repraesentando, in Wahrheit doch nur ein
Singuläres sei, komme ihm nur in der viertem Bedeutung eine eigentliche
Universalität zu, demn mur da enthalte es die von numerärer Einzelnheit
absehende Denkauffassung der Wesenheit und zugleich die Aussagbarkeit,
so dass, es mach keiner dieser 'beidem Seiten als Universale ol)jectiv exi
stire, sondern eben nur auf secunda intentio beruhe **"). Erinnert uns
trariae deceplionis. Quid est syllogismus infirmus. Quid est syllogismus fatuus. Quid
est syllogismus medicus (?). Quid est , syllogismus diversivus. Ferner sei auch die
Rede von einem syllogismus lingiosus (doch wohl litigiosus?), falsigraphicus, osten
sivus etc. Als Proben der Beantwortungen werden ebend. folgende Regeln mitge
theilt: Syllogismus conlrariae deceptionis est syllogismus ignoranliae, sodann Syllo
gismus fatuus est, qui est ea, diversis pr0p0silionibus diversimode sumptis, dicendo
„In nova fert animus (bekanntlich der Anfang der Metamorphosen 0vid's); ergo tu
es asinus“. Ferner Bene syllogizare est eae probabilioribus et notioribus propositum
demonstrare. -
227) Ebend. p. 117, wo wir aus den „Fallaciae“ nach einem unverständlich
abgedruckten Sophisma folgende zwei Beispiele findem : Qu0d ambulat, calcat; am
bulat autem totam diem; ergo calcat tolam diem. Quidquid bibisti, habes in corpore ;
cyphum vero bibisti; ergo habes cyphum in corpore.
228) Ebend. p. 120 f. aus den „lmpossibilia“ ein Beispiel: Deus non est. Non
omnia habenl causam unam; ergo deus non est.
229) Authorati theologi Ricardi de media villa, minoritane familie ornamenti,
tria recognita reconcinnataque Quodlibeta etc.. Venetiis 1509. fol. und Sacralissimi
Iheologi Ricardi de Mediavilla ordinis seraphici minorum convenlualium In libros sen
tentiarum quaestiones. 4 Bände. Venet. 1507 — 9. fol.
230) In Senlent. II, dist. 3, qu. 1, f. 17 r. A: Universale quadrupliciter potest
accipi. Uuo modo in causando, secundum quem m0dum dicimus, quod deus est
universalis causa omnium. Alio m0d0 , per indifferenliam aplitudinis ad informandum
plura, secundum quem modum forma, quanlum eae se nata est informare plures
partes materiae unigeneas, dicerelur universalis, si esset actu eæistens a maleria
separata. Tertio modo per indifferentiam in repraesenlando, secundum quem modum
236 XIX. Richard won Middleton.
nun dieses theilweise an den naiven Wirrwarr eines Albert und eines
Thomas (s. Abschn. XVII, Anm. 383 u. 496), sowie an die Indifferenz
Lehre des 12. Jahrh. mit Einschluss des Gilbertus Porretanus (Abschn.
XIV, Amm. 132 ff. u. 473 ff.), so kann Richard allerdings antiplatonisch
mit Gottfried v. Fontaines sagen, dass die Universalien in Gottes Denken
ebem nur als gedachte, nicht aber als reale Wesen existiren ***), und
folgerichtig muss er auch betreffs der Universalien in re jeder scotistischen
Ausschreitung entgegentreten, da ja die Annahme, dass das im Singulärem
enthaltene Universale der ursprüngliche und erste Gegenstand des Er
kennens sei , und dass das Universale als ein der Art nach identisches
sehr wohl in mehreren Individuen ungetheilt bestehen könne, nicht bloss
im Widerspruche mit Aristoteles (bezüglich der Undefinirbarkeit des Sin
gulärem) stehe, sondern auch zu der Alternative führe, dass entweder
das Universale, welches doch ein erschaffenes Ding ist, ebenso wie Gott
Einheit und Mehrheit in seinem ungetheilten Wesen enthalte, oder dass
es ganz überflüssig sei, neben den Einzeln-Dingen überhaupt noch von
einer Existenz eines Universale als solchen zu sprechen ***).
Ist sonach durch diese Auffassung der Universalien bei Richard nur
species in intellectu eaeistens dicitur universalis sub ratione, qua non repraesentat
hominem hunc vel illum, sed hominem inquantum homo est; de qua dicit Avicenna
quinto metaph. (s. Abschn. XVI, Anm. 184), quod quamvis respectu individuorum sit
universalis, tamen respectu animae, in qua imprimitur, est singularis. Quarto modo
per indifferentiam in praedicando, secundum quem modum dicit Porphyrius; ..... et
hoc est proprie universale, nam universale dictum tribus modis primis secundum rei
veritatem singulare est. Dico ergo, quod ipsum universale duo complectitur, sc. id
quod est universale, ut ipsam hominis vel angeli essentiam ut intellectam praeter
unitatem et multitudinem numeralem, et ipsam universalitatem, quae est praedicabilis
de pluribus. Sed neulro modo est in reali evistentia angelus universalis nec quae
cunque res alia, quia ipsa universalitas est res conslitula a ratione et dicitur
secunda intemtio.
231) In Sentent. I, dist. 19, qu. 3, f. 68 v. B: Sicut essentiae omnium naturarum
ab aeterno fuerunt intellectae a divino intelleclu, quamvis ab aetern0 non fuerunt,
ita veritates, quamvis ab aeterno non fuerunt, tamen ab aeterno fuerunt intellectae.
S. ob. Anm. 64.
232) In sentent. I, a. a. 0.: Diverunt aliqui, quod universale quorumcunque
singularium est in reali evistentia non separatum a singularibus in quolibet singulari ,
(s. bei Scotus Anm. 141, 145, 148 u. bes. 138), quod sub ipso continetur existens
indivisum (s. Anm. 139). Unde universale hominum, cum unus homo corrumpitur,
non corrumpitur, quia in aliis remanet totum, ..... et cum aliquis homo generatur,
vniversale hominis non generutur, sed ille homo universale, quod in aliis erat sal
valum, in se suscipit. Et hoc dicebant illud esse, quod est proprium obiectum
intellectus et primum et illud, quo intelligitur singulare per reflevionem; quia
enim est in singularibus, ide0 per cognitionem ipsius reflectitur intellectus ad singu
larium cognitionem (s. Anm. 124). Et cum dicebatur, quod idem creatum non potest
esse in pluribus suppositis indivisum, dicebant, hoc esse verum de identitate in
numero, non de identitate in specie (s. Anm. 148 f.). Sed haec opinio falsa est et
improbabilis; ..... satis patet per ea, quae philosophus septimo metaph. probat (s.
Abschn. IV, Anm. 484 ff.)...... Praeterea aut ipsum universale esset de ratione
cuiuslibet singularis sui aut n0m. Si sic, tunc res creata simpleæ indivisa esset de
ratione plurium suppositorum; quod est impossibile, solius enim divinae essentiae
proprium est, quod sine multiplicatione sui sit tota de ratione plurium suppositorum.
Si non, tunc ipsum universale realiter eæistere, ut dicunt, esset inutile, quia non
esset utile ad singularium eæistentiam, cum esset aliquid eætra essenliam eorum, nec
ad eorum cognitionem, cum non esset de ratione eorum.
XIX. Richard von Middleton. 237
dasjenige mit Protest zurückgewiesen, was man dem Realismus der Sco
tisten nennen könnte, so verbleibt immerhin der Conceptualismus des
Scotus mit Einschluss seiner spraehlichen Seite (ob. Anm. 96) als positive
Ansicht Richard's. Indem aber dabei ebenso, wie bei Scotus, die grösseren
Schwierigkeiten in den Universalien in re liegen, lenkt Richard nach dieser
Seite hin mit seinem sprachlichen Conceptualismus mehr in einen geläu
terten Thomismus ein. Nemlich im Anschlusse an Thomas nimmt er am,
dass in Gottes Denken um der Werwirklichung des Einzelnen willen auch
die Idee der Individuen (nicht bloss der Art-Begriffe) liegen müsse ***),
und ebenso nimmt er betreffs des Einzeln-Seins aus Thomas die Begriffe
„esse signatum“ und „incommunicabile“ beifällig auf 384). Aber wenn
es sich um die Frage über das principium individuationis handelt, folgt
er schon darin der Ansicht des Gottfried v. Fontaines, dass das Sein der
Individuen keinenfalls ein accidentelles sein könne 23°), und auch an den
nemlichen Autor erinnert uns die Erklärung, dass das concrete Seiende
stets durch anderweitige Wesenheiten •bedingt sei und die bestimmt de
terminirte Modification der Form im lndividuum auf eine Verbindung eines
Materiellen und eines Formellen hinweise *°"). Eben darum kann sich
Richard durchaus nicht mit der „species intelligibilis“ des Scotus (s. Anm.
110) befreunden, denn dieselbe habe höchstens einen Sinn, wenn man
unter ihr das begriffsmässig entstandene „Wort* verstehe, denn die Idee
eines Dinges als ewige könne nicht ein Werkzeug für unser mit Ver
gänglichkeit behaftetes Denken sein, und letzteres habe seinen Ausgangs
punkt, auf welchen es sich stütze, nur in den Sinnen, vermöge deren
wir die Eigenthümlichkeiten der Dinge erfassen , um dann aus dem vor
findlichen Aehnlichkeiten („similitudo“, s. Abschn. XVII, Anm. 393 u. 395,
u. Abschn. XIV, Anm. 474) auf syllogistischem Wege auf ein für sich
bestehendes Substrat zu gelangen **"). So erhält Richard's Conceptualismus
233) Quodl. f. 1 r. B: In mente divina sunt ideae specierum et singularium
contentorum sub speciebus...... Cum ipsa idea sit ipsa divina essentia, inquantum
apprehensa a divino intellectu ut imitabilis ab aliis a se, et ideo cum non tantum
sit imilabilis a speciebus, sed eliam ab individuis specierum, dico, qu0d est idea
non tantum specierum, sed etiam singularium. In Sentent. I, Dist. 36, art. 3, qu. 4,
f. 111 v. B: Idea in deo non tantummodo dicit rationem cognilionis, sed etiam ra
lionem factionis rerum. Vgl. Abschn. XVII, Anm. 518. -
234) Quodl. a. a. 0.: Magis differt Petrus a Paulo, quam Petrus ab homine;
Petrus enim non est Paulus, sed Petrus est homo; aliqu0 tamen m0d0 differt Petrus
ab homine, inquantum id, quod dicit „homo“ sub esse non signato, dicit „Petrus“
sub esse signato, et ideo, quod dicit ,,homo“ sub ratione communicabili, dicit „Petrus“
sub ratione incommunicabili. Igitur dico, quod maior est differentia secundum ra
tionem inter ideas duorum singularium, quam inter ideam speciei et individui. Vgl.
Abschn. XVII, Anm. 520.
235) Ebend. f. 4 v. A: Esse actualis evistentiae, quo creatura est in prim0
actu, non est accidens essentiae ipsius creaturae. S. ob. Anm. 65 u. hingegen bei
Scotus Anm. 137.
- 236) Ebend. f. 5 r. A: 0mni essentiae creatae ad suam eæistentiam necessarium
est aliquid aliud a se, quia omnem essentiam creatam oportet ab alia essentia esse
et ab alia essentia conservari ..... Si intelligatur esse per essentiam sicut per quod
dam principium formale essendi vel per modum formae significatum, haec propler
hoc in compositis essentiae comprehendit materiam et formam; sic dic0, qu0d ens
creatum est per suam essenliam. S. ob. Anm. 67.
237) In Sentent. II, Dist. 24, art. 3, qu. 3, f. 100 v. A: In statu corruptibili
238 XIX. Richard v. Middleton. Petrus v. Auvergne.
eine sehr entschieden empiristische Färbung, welche nicht bloss über
Thomas (Abschn. XVII, Anm. 500), sondern auch über Scotus (ob. Anm. 114)
weit hinausgeht, wenn das Erkennen überhaupt principiell als etwas
Passives bezeichnet wird *8°). In jener Frage hingegen, welehe die unitas
formae betraf, entfernt sich Richard wieder von den Thomisten, imdem
er eine Mehrheit von Formen, welehe in Einem Wesen sich vereinigen,
zulässt, aber für diejenige, welche bei Entstehung der Wesenheit zuletzt
abschliessend gewirkt hat, die Function einer artmachenden Einheit be
amsprucht, so dass er hierin auf Seite des Scotus, nicht aber des
Lamarre tritt 339).
Ein umgekehrtes Verhältniss zeigt sich bei einem anderen Zeitge
nossen; nemlich der Dominikaner Petrus von A u vergn e (seine Blüthe
zeit fällt um d. J. 1300), welcher als äusserst fruchtbarer Schriftsteller
in zahlreichen (bis jetzt ungedrucktem) Commentaren zu dem physikalischen
und naturgeschichtlichen Werken des Aristoteles, sowie auch zur Politik,
zur Metaphysik und zur Logik, sieh im Ganzen an Thomas anschloss **"),
glaubte demnoch zugleich die Gründlichkeit der Exegese durch Aufnahme
mancher Erläuterungen des Scotus steigern zu können. In dem Commen
tare zur Isagoge folgt Petrus allerdings darin dem Thomas, dass die Logik
non cognoscimus per naturam de lege communi substantiam per propriam eius spe
ciem, nisi accipiatur species pro verbo, quod inlelleclus concipit de ea per suas pro
prietates. Non enim cognoscimus eam immediate per suam speciem increatam, quae
est idea, ..... (B) cum divina idea non possit habere rationem instrumentalis agenlis
respectu nostri actus intelligendi, ...... quia divinam essentiam non c0gn0scimus im
mediate per naturam ..... . Praeterea non cognoscimus subslantiam per propriam eius
speciem acquisitam, nisi accipiendo speciem pro verbo...... Intelleclus noster nullam
potest recipere speciem intelligibilem ab inferiori nisi per ministerium sensuum .....
Non cognoscimus substanliam per propriam eius speciem, sed per suas proprietates
argumenlando, e0 qu0d in illis est aliqua simililudo substanliae ...... (f. 101 r. A)
Inlelleclus concludit, quod illi enti natum est aliquod ens subsistere, et tandem con
cludit, illud ens esse per se subsistens, et sic devenit in cognitionem substanliae.
238) Ebend. qu. 2, f. 100 r. A: Nostrum intelligere consistens in simplici ap
prehensione, in qua non est compositio nec divisio, est pati...... Motio enim intel
lectualis est ab intelligente per activum intellectus, et est in intellectu per passivum
intellectus, ...... et cum ipsa motio intellectualis, inquantum est in intelligente, sit
passio, sequitur, quod inlelligere sit pati.
239) Quodl. f. 6 v. A: Anima intellectiva est humani corporis forma ita, quod
est forma prineipalissima ipsius hominis, h. e. forma hominis completiva, per quam
h0m0 reponitur in specie hominis ...... (B) Anima intellectiva est forma ultima,
quia in homine nulla est nobilior ea ; sed forma ultima est, per quam compositum
reponitur in specie. Ebenso In Senlent. II, Dist. 17, art. 1, qu. 3, f. 70 r. A. Vgl.
ob. Anm. 30 u. 155. -
240) Handschriftlich sind von Petrus de Alvernia in Paris noch vorhandem :
Supplementum commentarii S. Thomae in librum tertium de coelo, Quaestiones super
quatuor libros de coelo et mundo, Super quatuor libros meteororum, Super Arist. de
iuventute et senectute, De somno et vigilia, In quosdam parvorum naturalium libros
a S. Thoma eæpositos, In Arist. de planlis, In Arist. de motu animalium, Super libros
Politicorum, Super duodecim libros metaphysicorum, Super totam logicam veterem,
Super Porphyrium, Sophisma determinatum. S. Hauréau, De la phil. scol. II, p. 260 ff.
Eben durch Hauréau wurde ich anch auf die Pariser Handschrift, welche „Cod.
Sorbonm. Nro. 955“ signirt ist, hingewiesen, aus welcher ich Einiges zur Probe mit
theile. Die genauere Einsicht derselben zeigte mir auch , dass die Schrift Super
Porphyrium eben doch nur der erste Theil des grösseren Ganzen Super totam logicam
veterem sei. - -
XIX. Petrus von Auvergne. 239
modus sciendi sei*4!), und auf gleicher Quelle und einer Stelle Albert's
beruht es, wenn die Logik ausdrücklich als „formalis“ der Metaphysik
gegenübergestellt wird ***). Aber imdem Petrus sodann eine neuere
Formulirung der Ansicht erwähnt, dass der Syllogismus micht der primäre
und wesentliche Gegenstande- der Logik sei ?4°), benützt er zur Wider
legung dieser Meinung und zur Begründung der gegentheiligen fast
wörtlich die betreffende Auseinandersetzung des Scotus 344). Was die
Universalien betrifft, bei welchen er auch von Avicenna beeinflusst
wird **°), greift er zum Nachweise einer objectiven Existenz derselben
gleichfalls nach Gründem, welche Scotus (sowie auch Wincenz v. Beauvais)
angeführt hatte **°); aber natürlich gilt ihm die objective Seite der Uni
241) Cod. Sorbonn. 955 (f. 83 ff.): Circa librum Porphyrii quaeruntur quaedam
in generali ...... Primo de subieclo ipsius logicae, ..... . utrum logica sit de mo lo
sciendi tanquam de subiecto. Et arguitur quidem sic: Id est subiectum in scientia,
de qu0 et de cuius partibus terminatur in lota scienlia; sed de modo sciendi et de
parlibus eius terminalur in tota logica; ergo etc...... Praeterea illud est subiectum
in scientia, penes cuius divisiones dividitur illa scientia; sed secundum divisionem
nodorum sciendi dividitur tota logica ...... in arlem dividendi, di/finiendi el colli
gendi etc. S. Abschn. XVII, Anm. 489.
242) Secundo quaeritur, utrum sit de ente tanquam subiecto. Et argumentatur,
quod non. Duarum diversarum scientiarum non debet esse subiectum idem, el causa
huius est, quod diversitas subiecti causat diversitatem scienliarum; sed metaphysica
est de ente tanquam de subiecto ; ergo logica non est de ente tanquam de subieclo,
cum sit diversa a metaphysica. Praeterea scienlia, quae est de ente, est realis, sed
logica non est realis, sed formalis. S. ebend. Anm. 362 u. 488.
243) Tertio quaerilur, ulrum sit de syllogismo tanquam de subiecto (vgl. ob.
Anm. 93 u. Abschn. XVII, Anm. 370). Et videtur, quod non, quia, si totum est
subiectum in loto, et pars in parte, ergo, si syllogismus est subiectum in tola logica,
erg0 et partes syllogismi in partibus logicae; sed scientia libri elenchorum pars est
logicae; eo syllogismus non est subiectum, ..... quia syllogismus sophislicus non est
syllogismus..... Praeterea omnis scientia, quae est de syllogismo tanquam de sub
iecto, est alicuius generis determinali, nam syllogismus genus determinatum est; sed
logica non est alicuius generis determinati. Vgl. ebend. Anm. 370.
244) Ad id dicendum, quod logica est de syllogismo tanquam de subiecto; de
syllogismo enim secundum verba et non secundum rem....... Et sic est lota nova
logica, quae distinguitur secundum divisionem ipsius syllogismi, quae statim appa
rebit ...... Dicendum est enim, quod tota logica est de syllogismo tanquam de sub
ieclo, et hoc potest esse dupliciter, aut de ipso syllogismo in se et absolute aut de
his, quae attribuuntur syllogismo. Si primo modo, sic est liber Priorum. Si vero
secundo modo, sic est dupliciter, quia alia attribuuntur syllogismo aut tanquam partes
integrales aut tanquam partes subiectivae; si primo modo, hoc est dupliciter, quia
attribuuntur ei tanquam partes integrales remotae, et sic est liber Praedicamentorum,
aut sicut partes integrales propinquae, et sic est liber Periermenias. Si autem sit
de his, quae attribuuntur tanquam partes subiectivae, sic est tota nova logica, quæ
dividitur sic: aut syllogismus contrahitur per medium, quod est necessarium, et sic
est liber Posteriorum, aut per medium, quod est probabile, et sic est liber Topicorum,
aut per medium, quod est privatio eius, et sic est liber Elenchorum. Alii autem veleris
logicae sunt de bene esse, ut liber Porphyrii, qui sc. ad cognitionem praedicamentorum.
S. bei Scotus, ob. Anm. 93, das 0riginal dieser Erörterung.
245) Liber Porphyrii ....., cuius subieclum sunt universalia, non inquantum
sunt quinque, sed inquantum uniuntur sub hac forma, quae est universale. Vgl.
Abschn. XWI, Anm. 171 f.
246) Quaeritur, utrum universalia habeant esse. Et videtur, quod non, quia.....
omne, quod est, ideo est, quod unum numero est, sed universale non est unum
numero ..... Ad hoc dicendum, quod universalia possunt probari esse per hoc, .....
quod dant esse intellectui; haec enim est eorum operatio; quia id, quod dat esse,
240 XIX. Petrus v. Auvergne. Alexander v. Alessandria.
versalien nicht als die ausschliessliche, sondern er ist dabei wieder Thomist
genug, um in jenen bequemen Dualismus einzumünden, welcher durch die
aristotelische Unterscheidung des Potenziellen und des Actuellen einiger
maassen übertüncht ist**'). '
Hingegen viel enger, wenn auch nicht ausschliesslich, hängt mit der
Lehre des Scotus Dasjenige zusammen, was Alexa n d e r v on A l essa n
dria (gest. i. J. 1314) in seinem Commentare zur Metaphysik kundgab,
welchem man früher für eine Arbeit des Alexander Alesius (s. Abschn.
XVII, Anm. 274) hielt. Allerdings wenn ein zweifaches Auftreten der
Universalien, nemlich sowohl in causamdo als auch im praedicando, unter
schieden wird (wobei der Wortausdruck uns , an Richard v. Middleton
erinnert, s. Anm. 230), kann man immerhin sagen, es sei diess nur der
gewöhnliche thomistische Dualismus ***), und auch die gegen Plato geübte
Polemik liesse sich trotz ihrer schärferen Formulirung auf die nemliche
Quelle zurückführen **"). Aber Alexander spricht sich hinwiederum sehr
entschieden dahin aus, dass die Universalien überhaupt sachlich nicht ge
trennt von dem Einzelnen existirem, hingegen wohl logisch als ein „modus“
mittelst des „conceptus“ losgetrennt werden können *°°). Und diesem
scotistischen Standpunkte bleibt er auch bei der Frage über das Princip
der Individuation getreu, indem er im Hinblicke auf die Controverse be
treffs der Angelologie daran festhält, dass auch ausserhalb der Materie
eine Individualisirung dadurch stattfinden könne, dass die Wesenheit sich
habet esse necessario; absurde est enim dicere, quod id, quod non habet esse, daret
esse alicui. S. ob. Anm. 100 u. Abschn. XVII, Anm. 297.
247) Secundo quaeritur, utrum sint separala a singularibus. Et, videtur, quod
sint, quoniam omnis scientia est incorruptibilium ..... Ad id dicendum, qu0d opinio
Platonis fuit, quod universalia essent separata a singularibus (vgl. Abschn. XVII,
Anm. 501)..... Et Aristoteles conlra ipsum argumentalur, .... quoniam id, quod faciat
cognitionem de parlicularibus, ipsis debet esse in eis ..... Polest esse scientia de
universalibus, quia etsi non de corruptibilibus secundum se, de corruptibilibus tamen
per accidens bene potest esse scienlia..... . Universale quantum ad rem subieclam
intuilioni est universale polentia et hoc modo est coniunctum ipsis parlicularibus,
.... sed universale quantum ad ipsam intuitionem est universale in actu et est in
ipso intellectu et apprehenditur ab eo et hoc modo separatum est ab ipsis sensibi
libus..... Intelligendum ergo secundum intentionem Aristolelis, quod universalia uno
modo separata ab ipsis singularibus et alio modo non, et un0 m0d0 corruptibilia et
alio modo non. Vgl. ebend. Anm. 493, 508.
248) Aleaeandri de Ales, doctoris irrefragabilis, in XII Aristot. Metaphysicae
libros etc. Veneliis 1571. fol. Fol. 7 v. A: Notandum est, qu0d universale dicitur
duobus modis, sc. in praedicand0 et in causando...... Possumus loqui de universali
in causando vel de universali in praedicando. Ebenso f. 283 v. A. S. Abschn.
XVII, Anm. 507 f.
249) Ebend. f. 28 v. A: Plato in sua positione incurrebat duo opposita; ponebat
enim speciem separatam et ..... quod haberet esse independens; ponebat autem se
cundo, quod haec species esset universale ; ...... cum autem universale habeal esse
dependens ad illud, cuius est universale, ..... sequitur, quod ista species debuit esse
dependens; et ita erit independens et dependens. S. ebend. Anm. 501.
250) Ebend. f. 66 r. B: Si loquamur de separatione secundum rem, impossibile
est, quod universale sit separatum a singulari, ..... eandem enim rem, quam dicit
haec humanitas, dicit humanitas ; ..... si aulem loquamur de separatione secundum
rationem, sic universale separatum est a singularibus; licet enim unam et eandem
naturam dicant universale et singulare, tamen illam dicunt secundum differentem
modum et differentem conceptum; „hie homo“ enim dicit naturam humanitatis cum
inlellectu et conceptu principiorum individuantium. S. ob. Anm. 129.
XIX. Alexander v. Alessandria. Gerhard v. Bologna. Radulph Brito. 241
mit , jenem Auftreten verbinde, welches dem „suppositum“ als solchem
zukommt***), wobei wir beachten müssen, dass hiemit bereits damals
im Anschlusse an Scotus selbst (ob. Anm. 109) die Häcceität durch jenen
byzantinischen Begriff ausgedrückt wurde. Auch die Annahme, dass die
Individuation für die Wesenheit selbst etwas Accidentelles sei, wiederholt
Alexander aus Scotus *°*). Und so dürfen wir uns nicht wundern, wenn
hei ihm auch die Lehre betreffs der formalitates (ob. Anm. 147 ff.) eine
Anwendung findet *°°). Eigenthümlich aber ist es, dass er dann dennoch
die Frage über unitas formae ganz in der memlichen Weise wie Gott
fried von Fontaines und Johannes Parisiensis beantwortet *°*).
Vielleicht irren wir auch micht, wenn wir den G e r h a r d v o n
Bologna (gest. 1317) den Wertretern einer scotistischen Richtung bei
zählen, wenn auch bis jetzt noch nicht hinreichendes Material vorliegt,
um die ihn betreffenden Fragen genügend zu entscheidem *°°).
Zuversichtlicher möchte ich mich über R a dulph Brito (um 1317
thätig) äussern, obwohl ich hiebei in Widerspruch mit Hauréau's Forschung
gerathe. Wir sind nemlich bezüglich Radulph's nur auf Dasjenige ange
wiesem, was der genamnte Gelehrte aus Pariser Handschriften mittheilte;
251) Ebend. f. 118 v. B: Posito, quod diversitas numeralis sub una specie non
potest esse nisi per materiam, in separatis a materia non potest esse nisi unum
numero sub una specie..... Hanc positionem non reputo veram; credo enim, quod
nulliplicatio individualis sub una specie p0ssit esse in separalis a materia ita, quod
haec du0 fierent simul, qu0d ipsa forma sit separata a maleria et etiam multiplicari
possit individualiter et numeraliler..... lmaginabimur enim, quod ..... agens super
nalurale formas separatas mulliplicare potest infra unam speciem per diversa supp0
sita ita, quod ..... c0mp0sitio eæ supposito et essentia facit multiplicationem indi
vidualem, ..... sicut est composilio eæ maleria et forma in formis materialibus. Vgl.
ob. Anm. 13, 28 u. bes. 109, 139, 145.
252) Ebend. f. 203 v. B: Principia individuantia accidunt ipsi essentiae. S.
Anm. 137.
253) Ebend. f. 103 v. B: Non solum formalitas propinqua dicilur formalitas rei,
sed etiam formalitas remota, quae est de essentia formalitalis propinquae; e0 modo,
qu0 dicimus, quod humanitas non solum est formalitas Socratis, sed eliam anima
litas. Vgl. f. 201 v. B, 231 r. B.
254) Ebend. f. 44 r. A : Quaelibet forma specifica componitur eæ conceptibus
formalibus, ..... et explicatio horum conceptuum est definitio rerum; et in his con
ceptibus est prius et posterius, et unus conceptus per se facit aliam rationem, quam
secundus, et omnes simul faciunt unum c0nceptum, v. g. in specie hominis est con
ceptus rationalitatis et animalitatis et substantiae et entitatis ..... et hi omnes faciunt
conceptum hominis. S. ob. Anm. 70 u. 74.
255) Hauréau, welcher Handschriften zweier Werke des Gerhard in Händen
hatte, beruft sich (II, p. 384) auf einige Stellen derselben, in welchen Gerhard
betreffs der Universalien und der unitas formae mit Thomas übereinstimme. Jene
Stelle aber, welche Hauréau im Wortlaute mittheilt, ist eher geeignet, unsere
Zweifel über Gerhard's Stellung zu erregem. I)enn wenn wir dort lesen „Formae
communes, in quibus inveniuntur universalia, sunt entia in potenlia; et ideo scire
aliquid, secundum quod est universale, est scire in potentia ; communicatio ergo, quae
intelligitur in formis communibus, habet esse eaetra animam in potentia; ista autem
communicatio, quae intelligitur in materia, est pura privatio, cum non intelligitur
nisi secundum ablationem formarum individualium ab ea“, — so weiss ich nicht,
ob Solches micht vielmehr eine Uebertreibung scotistischer Anschauungen sei (s.
Amm. 112—121 u. 142). Allerdings ist es misslich , sich aus etlichen herausge
rissenem Zeilen eine Ansicht bilden zu sollem, und Gerhard wird eine zweifelhafte
Gestalt bleiben, bis Mehreres aus Handschriften veröffentlicht ist.
PRANtl, Gesch. III. 16
242 XIX. Radulph Brito.
aber ich glaube, mir aus jenem Materiale eine andere , Auffassung ent.
nehmen zu müssen. Wemm nemlich Radulph schon die intentio secunda,
wie er ausdrücklich sagt, nur „in concreto“, nicht aber „in abstracto“
verstanden wissen will, wornach Gattungs- und Art-Begriffe eben nur
nach ihrem „esse in pluribus“ zu betrachten seien, so streift dieses
offenbar an die Auffassung des Scotus *°°), und ebendahin dürfte sicher
auch die entschiedene Betonung der denominatio zurückführen *°°). Ferner
unterscheidet Radulph ebenso, wie der vorhin genannte Alexander, eim
doppeltes, Auftreten der Universalien in causando und in praedicando,
womit er Erklärungen über Priorität und Posteriorität des Singulärem
verbindet, welche auf bekanntem aristotelischen Stellem beruhen und darum
allerdings sowohl bei Thomas (Abschn. XVII, Anm. 511) als auch bei
Scotus (ob. Anm. 122) eine Rolle spielten *°°). Aber völlig unzweideutig
tritt der seotistische Standpumkt darin hervor, dass Radulph gleichfalls
(vgl. ob. Anm. 147 u. 155 ff.) an der pluralitas formarum, und zwar
gerade im Interesse der Aussagbarkeit der Universalien, . festhaltem zu
müssen glaubt 259).
256) Bei Hauréau II, p. 389 (aus Pariser Handschriften mitgetheilt) : Intentio
nihil aliud est, quam quaedam ratio intelligendi rem, ut est in pluribus, seu quae
dam cogitatio rei, sicut universale nihil aliud est, quam quaedam ratio intelligendi,
ut est in pluribus ..... Logica igitur est de secundis intentionibus non in abstracto,
sed in concreto, ut concernunt rem primo intellectam ; unde logicus non considerat
de generalitate et specialitate in abstracto, sed considerat de genere et specie in con
creto modo. Istae intentiones sunt triplices secundum triplicem operationem intellectus.
• • • • • Una enim est operatio intellectus, quae apprehendit simplicia; alia est, quae
simplicia apprehensa componit et dividit ; tertia est, discurrere a praemissis ad con
sequentiam. Vgl. ob. Anm. 100 ff.
257) Ebend.: Unde genus et species dicuntur quaedam incompleaca, ut denomi
fmata sunt intentionibus...... Licet aliqui dicant, quod ista sint per se, quia genus
et species dicunt rem, tamen istae intentiones non dicunt res, nisi ut denominatae
sunt intentionibus, ut „homo est species“. S. ob. Amm. 127.
258) Ebend. p. 390: Quaedam sunt universalia causalitate, alia propositione
(dass jedoch statt propositione sicher praedicatione gelesen werdem muss, zeigen die
sogleich folgenden Worte; s. auch Anm. 248). Modo si quaeratur de universalibus
causalitate, dico, qu0d illa sunt notiora secundum naturam, quam singularia, tamen
non sunt notiora quoad nos ...... Si autem loquimur de universali praedicatione,.
dicó per distinctionem, quia aut accipitur pro intentione universalis aut pro re sub
iecta intentioni. Si pro intentione universali, sic dico duo: primo quod universale
illo modo est posterius singularibus, accipiendo singulare pro re ; secundo dico, si
accipiatur singulare pro intentione, ...... quod universale prius est singulari ......
Accipiendo singulare pro intentione et universale pro intentione singulare posterius est
quam universale...... Si autem accipiatur universale et singulare pro re subiecta
intentioni, adhuc dupliciter possunt considerari, quia vel pro re abstracte sumpta vel
ut consideratur sub aliquibus proprietalibus ...... Si considerentur pro re abstracte,
sic unum non est prius nec posterius altero..... Si autem accipialur pro re ut stat
sub aliqua proprietate, ..... primo in eodem genere cognitionis universalia sunt
prius..... ; secundo non facta relatione ad unam cognitionem ..... universalia sunt
priora singularibus secundum naturam, non .... quoad nos.
259) Ebend. p. 388: Si genus esset aliquid unum in re per unam formam,
illa forma esset unius speciei tantum et tunc non posset genus praedicari de alia
specie nisi de illa sola, cuius est forma. Si illa forma sit communis omnibus spe
ciebus, tunc arguo: illa forma communis aut est eadem cum forma cuiuslibet speciei
aut diversa. Si est eadem essentialiter cum formis specierum, tunc, cum formae
specierum sint multae et non una, sic etiam ista forma generis non erit una, sed
multae. Si sit diversa a formis specierum, aut est diversa numero aut specie aut
XIX. Petrus v. Abano. 243
Treffen wir somit unmittelbar nach dem Auftreten des Scotus ein
relatives Ueberwiegen der von ihm verfochtenen Anschauungen, so dass
dieselben sogar auf thomistischer Seite eine gewisse Aufnahme fandem
und dabei zugleich ihrerseits nicht in schroffer Ausschliesslichkeit festge
halten wurden, so musste es als eine geboteme Nothwendigkeit erscheinen,
dass num auch die Thomisten (wie schon früher , s. Anm. 71 ff.) sich
behufs der Reinheit ihrer Lehre zusammenschaartem. Und so treffen wir
den Thomismus im Kampfe nicht bloss gegen Scotisten, sondern auch
gegem Halbthomisten, — ein Kampf, an welchem uns. hier natürlich nur
die logischen Controversen interessiren.
Absehend von allem Theologischen darf ich somit hier mit ein paar
Worten auch den berühmten Mediciner Petrus v on Abano (gest. 1320)
erwähnen, welcher , als Averroist dem Werdammungsurtheile der Kirche
verfiel *°°). Denn auf dem Gebiete der Logik zeigt sich derselbe als
reiner und strenger Anhänger des Thomas, dessen Ansichten er lediglich
wiederholt, sei es dass es sich um die Universalien 301), oder um das
principium individuationis *"*), oder um unitas formae handelt*°°).
Theologische Thomistem hingegen knüpften vielfach an jene früheren
Controversen bezüglich der Schrift „ Correetorium fratris Thomae“ (s.
bei Lamarre ob. Anm. 27. ff.) an; da jedoch von dieser polemischen
Litteratur, welche in die ersten zwei Jahrzehnte des 14. Jahrh. fällt,
häufig mur die Namen der Autoren und die Titel der Schriften über
liefert sind, können wir, so lange nicht alle einschlägigen Handschriften
gedruekt sind, nicht beurtheilen, in welcher Weise sich etwa die logische
Parteistellung gestaltet habe *°°). Aber Einiges, was zu unserem Zwecke
genere; si sit diversa numero ab islis, vere non poterit praedicari de istis, sicut non
vere dicitur, quod Socrates sit Plato, qui differunt numero; nec si sit diversa specie
vel genere, eliam non praedicabitur vere de istis speciebus ...... Erg0 genus non
potest esse idem essentialiter in diversis speciebus. Hier scheint mir das Missver
ständniss Hauréau's deutlich vor Augen zu liegen, denn derselbe erklärt die von
ihm mitgetheilte Stelle so, als ob es sich , dabei um die Frage handle „si le genre
peut étre pris comme une chose*; aber davon ist ja gar nicht die Rede, sonderm
nur , von der unitas formae und den ihr entgegenstehenden Bedenken.
260) Da Petrus v. Abano noch starb, ehe der für ihn bestimmte Scheiter
haufen errichtet war, konnte sich die Kirche das , Vergnügen nicht versagen,
wenigstens nachträglich die Gebeine desselben zu werbrennen. ,,Ecclesia non sitit
sanguinem“.
261) Conciliator controversiarum, quae inter, philosophos et medicos versantur,
Petro Abano Patavino, philosopho ac medico clarissimo, auctore etc. Venet. 1565. fol.,
f. 7 v. B:. Universale habet dupleæ esse : unum quidem in intellectu iam possibili in
actum aliquando deduclo; aliud secundum se, prout a multis particularibus est quae
dam forma communis per intelleclum abstracta; hic enim species et similitudines
rerum abstrahit a particularibus et signatis ..... congregans, unam quandum naluram
communem natam inesse vel dici de pluribus.
262) Ebend. f. 36 r. B: Individuum est, quod de uno solo praedicatur parti
culari..... Numero sunt idem, quorum materia est una, quod ipsa eæistens sub certis
dimensionibus signatis principium est individuationis et formae susceptionis.
263) Ebend. f. 24 r. A: Ea, pluribus entibus actu non fit unum actu per essen
tiam..... Si formae permaneant elementorum in misto actu, ipsum iam plurium eæistet
formarum ; quod est falsum, cum unius rei sit unicum esse perfectivum.
264) So finden wir einen Ramb ert v o n B o l og na (gest. 1308), welcher
,,Apologeticum contra corruptorium Thomae pro illius doctrinae defensione“ schrieb (s.
Quetif, Scriptt. ord. Praedicatorum, I, p. 504), einen Bernhard v om Auvergn e
16*
244 XIX. Pseudo-Thomas.
hieher gehört, Jiegt uns in mehrerem jener sog. Opuscula vor, welche
mam später für Arbeitem des Thomas selbst hielt und so in die Ausgaben
der Werke des Thomas aufnahm (vgl. ob. Anm. 76 u. Abschm. XVII, Anm.
484 u. 548 ff.). Es sind dieses Schriften, welche grösstentheils erst
nach Scotus entstandem sein können , aber eben dem Zwecke dienem,
die thomistische Auffassumg gegen verschiedeme Angriffe zu schützen.
In diesem Sinne stelle ich hier diese Litteratur eines P se u d o-Thomas
ZuSaminem. -
Ziemlich unbedeutend an Inhalt sowie an Umfang ist die Schrift De
natura accidentis, welche in der Erörterung des accidens naturale und
seines Verhältnisses zum substantiale sich ganz an Avicenna anschliesst*"*),
aber daneben als eine zweite Art das accidens logicum bezeichnet, welches
(ähnlieh wie einmal bei Albert) die Universalien in sich enthalten soll *°°).
Was das principium individuationis betrifft, so wird hier gelegentlich
unter Berufung auf die schöpferische Kraft der Universalien der Standpunkt
des Thomas wortgetreu wiederholt*"). Hingegen die. Lehre von der
unitas formae erscheint mit der neuen Wendung, dass in den concreten
Wesen die Eine entscheidende Form verschiedene anderweitige Formen
je nach bestimmtem Verhältnissen (proportiones), in welchen sie zur Ma
terie stehen, zur Wesens-Einheit vereinigt ?°°).
Auch die ausführlichere Monographie „De natura generis“ hält sich
in Erörterung des Gattungsbegriffes durchgängig an Avicenna *°°), dessen
Angaben- auch bei anderweitigem Punkten, z. B. in Bezug auf esse und
quidditas, ausdrücklich citirt werden*7°). Bemerkungen über das Wer
hältniss der Logik zur Metaphysik und über die Eintheilung des ens sind
unmittelbar aus Aristoteles entnommen *"*). Was über prima und se
(oder de Gannato), welcher von dem angesehenen Thomisten des 15. Jahrh. Johannes
Capreolus öfters beifällig erwähnt wird und mehrere Schriften betreffs jener Contro
versen verfasste, nemlich Contra dicta Henrici de Gandavo, quibus impugnat Tho
mam, Contra Godefridum eadem de causa, Contra Jacobum Neapolitanum eadem de
causa (Quelif, a. a. 0. p. 493); letzterer Jacobus v. Neapel ist identisch mit
Jacobus de Viterbo (oder Capoccius), und gegen ihn schrieb auch R ob ert 0r
p h or diu s, welcher ausserdem unter gleichem Titel wie Bernhard gegen Heinrich
Göthals polemisirte (ebd. p. 431). Auch Wilhelm Mackefiel d schrieb ebenso
gegen Heinrich und. ausserdem Contra corruptorem Thomae und De unitate formarum
(ebd. p. 493).
265) In der oben (Abschn. XVII, Anm. 485) erwähnten Ausgabe als 0pusc. 41
gedruckt, Vol. XVII, 2, f. 1. Vgl. Abschn. XVI, Anm. 157 ff.
266) Ebend. f. 1 V. A: De accidente logico...... 0mnia universalia accidentia
quaedam sunt sequentia res secundum esse, quod habent in anima. Vgl. Abschn.
XVII, Anm. 379.
267) f. 1 r. A: In materia natae sunt inesse quaedam formae generales et quae
dam speciales, quarum natura est, in materia facere, quidquid formae generales
natae sunt facere ..... (B) Maleria est principium individuationis sub dimensionibus
certis. Vgl. a. a. 0. Anm. 508 u. 519.
268) f. 1 r. B: Ipsum constitulum eae maleria et forma, cuius est esse actu, in
quo cum non possint esse plura esse substantialia sub una forma, quam sub aliqua
alia forma, per unam formam sequunlur omnia, quae in diversis per diversas formas
c0ntingunt; pr0p0rtiones vero, quae pertinent ad istam materiam, ordinant eam ad
diversas essentias formarum - determinate.
269) 0pusc. 42 ebd. f. 1 v. A—7 r. A. Vgl. Abschn. XVI, Anm. 106—117.
£) f. 1 w. B u. 2 v. A; vgl. ebend. Anm. 103 u. 93.
\\ 271) f. 2 r. B. Vgl. Abschn. IV, Anm. 231, 298, 380.
XIX. Pseudo-Thomas. 245
cunda intentio gesagt wird, enthält Nichts neues, wenn auch vielleicht
ein leiser Einfluss des Scotus dabei bemerkbar ist*7*). Hingegen zum ,
ersten Male begegnet uns hier die Aufzählung von sechs transcendentia, |
nemlich ens, res, aliquid, unum, bonum, verum, wobei nicht bloss jene !
vier Begriffe, welche uns schon beim ächten Thomas begegneten (Abschn.
XVII, Anm. 515) hier um zwei neue (res und aliquid, sicher nach ara
bischem Worbilde) vermehrt simd, sondern auch die Bezeichnung „transcen
dentia“ als neu erscheint; und schwerlich irren wir, wenn wir auch
darin eine Einwirkung der scotistischen formalitates erblicken, dass ge
sagt wird, jene sechs Begriffe seien sachlich identisch und nur logisch
vom einander verschieden *"*). Eigenthümlich ist auch, dass der Schluss
der ganzen Schrift in Mathematik und Naturwissenschaft ausmündet 274).
In der Schrift „De pluralitate formarum“ ist bereits von Schmähum
gen die Rede, welchen die wichtige Lehre von unitas formae ausgesetzt
sei; um aber dieselbe zu befestigen, könne man theils eae distinctione
formarum, theils eae entitate, theils eae unitate Beweisgründe schöpfen*7°).
hmdem aber die Abhandlung entweder von ihrem Verfasser unvollendet
gelassen oder fragmentarisch überliefert wurde, finden wir nur die beiden
ersten Motive ausgeführt, und zwar in ziemlich wumderlicher Weise.
Wenn nemlich die Formem sich dadurch von einander unterscheidem, dass
die eine vollkommener ist und höher steht, als die andere , und wenn
hiebei wie bei dem Zahlen die niedrere in der höherem enthalten ist, so
werde die Natur, welche Nichts überflüssiges thue, doch wohl nicht den
unwollkommnerem Grad der Form moch neben dem vollkommneren zur
besonderem Existenz bringen *"°); ja eine Form müsse gerade um so
einfacher sein, je vollkommner sie sei, denn indem die sämmtlichen mach
272) f. 4 r. B: Nomina primae intentionis sunt, quae rebus sunt imposita ab
solule mediante conceptione, qua fertur intellectus super ipsam rem in se; ..... nomina
autem secundae intentionis sunt illa, quae imponuntur rebus n0n secundum quod in
se sunt, sed secundum quod subsunt intenlioni, quam intellectus facit de eis. Vgl.
ob. Amm. 105.
273) f. 1 v. B: Sunt autem seae transcendentia, videlicet ens, res, aliquid, unum,
verum, bonum, quae re idem sunt, sed ratione distinguuntur. Vgl. Abschn. XVI,
Amm. 32, u. ob. Anm. 149 (mit den puncta transcendentia des Raimundus Lullus,
vor. Abschn. Anm. 140, hat diess keinemfalls Etwas zu schaffen); s. untem Anm. 355.
274) f. 4 v. B: De metaphysica autem et logica et earum consideratione, quae
ad omnia se eactendunt, actum est; nunc vero de naturali et mathematica restat
agendum.
275) Opusc. 45, ebd. f. 11 r. B: Inter veritates siquidem de principiis naturae
de unitate formae in uno individuo ad plurimas se eaetendit veritates, ..... sufficiat
ad praesens, quasdam rationes communes in scriptis adductas contra cavillationes
fortificare..... 0stenditur autem propositum tribus viis ad praesens : prima sumitur
ea distinctione formarum a se inuicem, secunda eae ratione entitatis, tertia eæ ra
tione unitalis.
276) Ebend.: Formae rerum sunt sicut numeri et figurae, quantum ad hoc, quod
vna forma addit perfectionem super aliam, sicut unus numerus addit super alium
et sicut una figura super aliam et virlute continet ipsam ; forma erg0 perfectior vir
tute continet formam imperfectiorem ; posita ergo forma perfectiori superfluit ponere
imperfectiorem ; cum ergo in natura nihil sit superfluum, non permittit natura, quod
in eodem composito sint duae formae, quarum una sit perfectior alia. Ad huius
rationis evidentiam considerandum est, quod ..... omnes formae substantiales sunt
eiusdem generis.
246 XIX. Pseudo-Thomas.
verschiedenen Graden abgestuften Formen zu Ein und der nemlichem
Gattumg gehören, sei ein gleichzeitiges Zusammenbestehen derselben um
möglich *77). Auf dieses erste Motiv könne man dann auch sofort das
zweite stützen, oder letzteres durch den Hinweis auf die reale Wirkung
der in sich einheitlichen Form erledigen *7°).
Die kurze Abhandlung „De intellectu et intelligibili“ zeigt uns neben
dem gewöhnlichen thomistischen Dualismus zwischen Singulärem und
Allgemeinem*"*) eine entschiedene Bezugnahme auf Scotus, indem als
Gegenstand der Wortbedeutung nur die subjectiv begriffliche Auffassung,
nicht aber die species intelligibilis, bezeichnet wird **"). Uebrigens
knüpft sich hieram eine etwas mystische Dreitheilung der Sprache , je
machdem dieselbe vom Herzem oder von der Einbildungskraft oder vom
Munde ausgeht ***).
Unter dem Titel ,,De universalibus“ sind uns zwei Tractatus er
haltem, derem zweiter jedoch durchaus nicht eine Fortsetzung des ersten
ist, sondern jeder derselben behandelt das Thema derartig in seiner
eigemen Weise, dass wir zweifellos zwei ganz verschiedene Werfasser vor
uns habem ***). Der erstere heginnt sofort mit einer Aufzählung und
Kritik der verschiedemen Meinungen über die Universalien, wobei die
Epikureer, die Platomiker, die einseitig übertreibenden Scotistem, und die
Anhänger Bonaventura's sämmtlich durch aristotelische Stellem widerlegt
werden *°°). Und dasjenige, was sich Thomas aus Aristoteles und Avi
277) f. 12 v. A: 0mnis forma est simpleæ, et nulla est composita eae formis, et
tanto forma est simplicior, quanto maior est et perfectior...... (B) Unde impossibile
est, quod compatiatur secum aliam in eodem subiecto, cum sit eiusdem generis cum
unaquaque, sicut et omnes formae aliae sunt inc0mp0ssibiles propter hoc, quod sunt
eiusdem generis.
278) f. 12 v. B: Secunda via ostendendi propositum sumitur eae potestate essen
tiali formae substantialis, eæ hoc sc. quod quaelibet forma substantialis constituit
ens simpliciter; ..... quod posset probari eæ prima via supposita incompossibilitate
formarum; ex hoc enim statim sequitur, qu0d omne subsistens materiale, cum sit
unum subieclum unam tantum habens materiam, tantum sit una forma cuiuslibet,
quae faciat esse subsistens. Sed tamen ..... eae propriis huius viae est procedendum;
pro principio autem huius viae sumendum est, quod omnis forma naturalis est prin
cipium alicuius motus naluralis et quietis.
279) 0pusc. 53, ebd. f. 37 v. B: Ipsa natura, cui accidit (vgl. ob. Anm. 266)
intelligi, non est nisi in singularibus ; sed hoc ipsum, quod est intelligi , est in
intellectu.
280) f. 37 v. A: Voae eaeterior neque significat ipsum intellectum neque speciem
intelligibilem neque actum intellectus, sed conceptionem, qua mediante refertur ad rem.
Vgl. ob. Anm. 126 f.
281) Ebend.: Tripleæ est verbum: verbum cordis sive intellectuale, verbum ima
ginalionis sive imaginabile, verbum oris sive vocale; primum est manans, secundum
disponens, terlium operans.
282) 0pusc. 55, ebd. f. 38 r. A, und 0pusc. 56, f. 39 r. B.
283) f. 38 r. A: Circa universalia multipleæ fuit et diversorum philosophorum
opinio. Quidam enim, sicut Epicurei, non ponentes dislinctionem esse nisi secundum
Sem Sunl . . . . . dicebant, quod nihil est universale ...... Quidam posuerunt, ea esse et
subsistere praeter singularia et praeler intellectum, et isti fuerunt Platonici; .... phi
losophus dicit conlra Platonem deridendo eum ,,gaudeant genera et species, monstra
enim sunt“ (s. Abschn. III, Anm. 66). Sumamus autem necessarium argumentum,
quod format Avicenna contra eum (folgt die Stelle Abschn. XVI, Anm. 188)......
Quidam posuerunt universalia nobis innata et coneretu ..... per dictum philosophi,
quod intelligimus, cum volumus (Abschn. IV, Anm. 107), ..... quod non esset dictum,
XIX. Pseudo-Thomas. 247
cenna behufs eines bequemen Dualismus herausgelesen hatte, bildet nun
die positive Ansicht des Verfassers, welcher in seinem Wortgebrauche
fast das ganze I{egister der Terminologie des Albert umd des Thomas
(s. Abschm. XVII, Anm. 398) erschöpft und hiezu noch dem älteren Aus
druck ,,diversi respectus“ (s. Abschn. XIV, Amm. 137) hinzufügt und
auch seine Uebereinstimmung mit dem thomistischen Princip der Indivi
duation kundgiebt***). Daram schliessen sich Erörterumgen über intentio
universalitatis und über universalia accidentium an , welche wörtlich
theils dem Thomas theils dem Avicenna entnommen sind *°°); hierauf
aber folgt eine förmliche Casuistik über Priorität oder Posteriorität der
Universalien (vgl. ob. Anm. 258), indem hiebei vorerst der Unterschied
zwischen realem Sein und Erkennbarkeit derselben festzuhalten sei, und
ersteres entweder als Abstractum oder als Form gefasst werden könne,
wovon wiederum die Form sowohl nach ihrer Thätigkeit als auch nach
ihrer Absicht (intentio) betrachtet werden müsse, für welch beide Ge
sichtspunkte abermals zu unterscheiden sei zwischem höher liegendem und
tiefer stehendem Universalien, derem erstere wieder entweder auf ihre
eigene oder auf eine mittelbar entferntere Individuation bezogen werden
können *°°). Der Rest aber enthält Bemerkungen über den artmachenden
nisi ipsa nobis universalia innata essent et semper actu praesentarentur ipsi animae
(diese Ansicht konnte nur von extremen Scotisten ausgehen, welche den Begriff der
species intelligibilis in augustinischem Sinne forcirten, vgl. ob. Anm. 100 u. 114—125).
Contra quod est etiam philosophus (folgt die empiristische Stelle Abschn. IV, Anm.
53)..... . Alii vero posuerunt, quod formae intellecluales effluunt in mentem nostram
ab intellectu agente, ponebant autem, intellectum agentem non esse in nobis, sed
eaetra nos, et dicebant, istum esse deum (s. Bonaventura, Abschn, XVII, Anm. 552)
..... Contra istos est philosophus in tertio de anima (s. Abschn. IV, Anm. 63 ff.)
284) f. 38 r. B: Sententia tamen Aristotelis vera est, ..... et tangitur in hoc
duplex esse universalis, unum, secundum quod est in rebus, aliud, secundum quod
est in anima ...... Natura, quae individuatur per materiam in singularibus, efficitur
postea universalis per actionem intellectus depurantis ipsam a conditionibus, quae
sunt hic et nunc....... Lapis non est in anima, sed species lapidis (Abschn. IV,
Anm. 176)...... Diversis respeclibus potest aliquid esse genus et species et univer
sale et particulare ...... Est universalis, inquantum habet rationem uniformem ad
omnia individua, ..... prout aequaliter est similitudo omnium...... Habet rationem
communitatis, secundum quod est communis per repraesentationem plurium..... Unitas
generis ea, ipsa indeterminatione procedit vel indifferentia.
285) f. 38 v. A. Vgl. Abschn. XVII, Anm. 493. u. Abschn. XVI, Anm. 103.
286) Ebend.: Utrum autem universale sit prius, quam singulare, dicendum,
quod universale esse prius contingit dupliciter, sc. universale in essendo et universale
in cognoscendo. Si in essendo, tunc universale accipitur pro specie, quae est abs
tracta a conditi0nibus materialibus, ..... et isto m0d0 patet, qu0d prius est singu
lare, a qu0 abstrahitur talis forma...... Alio modo consideratur universale, prout
est forma realiter evistens in rebus, et hoc dupliciter; aut enim refertur ad opera
lignem naturae aut ad intentionem. Si primo m0d0, aut loquimur de universali speciei
specialissimae aut de superiori ad ipsam. Si de superiori, aut comparatur ad suum
proprium singulare aut ad id, quod mediate continetur ab ipso. - Si ad proprium,
• • • • • tunc prius est in operatione naturae hoc animal, quam animal, ..... quod omnis
operali0 est singularium ...... Si formamus universale superius ad singulare n0n
proprium, ut animal ad hunc hominem, sic in operatione naturae universale praecedit
singulare ..... Si autem loquamur de universali inferiori, ut de specie specialissima,
sic quantum ad operationem naturae singulare praecedit universale...... Si autem
referamus universále quanlum ad intentionem naturae, sic adhuc distinguendum est,
quia loquimur aut de universali superiori, ut de genere, aut de inferiori ..... Si
248 XIX. Pseudo-Thomas.
Unterschied, über Einheit, und über das Werhältniss zur 0bjectivität, welche
sieh wörtlieh an Avicenna anschliessen *°7).
Der Verfasser der zweitem Abhandlung, welcher aueh auf andere
von ihm verfasste Schriften hinweist ***), vertritt eine mehr realistische
Auffassung des Thomismus. Indem er am den aristotelischen Begriff des
παδόλον amknüpft, nimmt er das Universale als eine „Sache”, welehe in
mehrerem Gleichartigen „ist“ und so von der secunda intentio erfasst
wird , und er verstösst somit ausdrücklich und absichtlich gegen dem
älteren Spruch „res de re non praedicatur“ *°°). Dabei aber hält er
einerseits mit Thomas in einer unverkennbar polemischen Wendung gegen
Scotus daram fest, dass das Singuläre nur durch ein Entblössen vom seiner
Particularität Gegenstand des Erkennens werden könne *""); und andrer
seits gebraucht er für jenes aus dem Einzelnen herausgeschälte Universale
den scotistischen Ausdruck „species intelligibilis“, woram sich aber be
züglich der unitas formae ähnlich wie bei Gottfried v. Fontaines und
Johannes Parisiensis die Annahme knüpft, dass Gattungs- und Art-Begriffe
nur auf einem „diversimode intelligere“ beruhen **''). Freilich liegt
hiebei immer nur der unklare Dualismus des Thomas zu Grunde, denn
es wird hinwiederum gesagt, dass das Universale einerseits in seiner
eigentlichen Bedeutung formaliter nur in der denkenden Seele als ein
loquamur de superiori, .... dico, quod universale non intenditur a natura ..... Si
autem de universali inferiori, ut de specie specialissima loquimur, ..... dicendum,
quod intentione naturae prius est universale ...... Et sic patet, quid sit dicendum
de universali quantum ad esse suum. Si autem loquamur de universali quantum ad
cognitionem suam, hoc potest esse dupliciter, quia est aliquid notius quoad nos, et
est aliquid notius simpliciter sive quoad naturam.
287) f. 38 v. B z. B. rationalitas, s. Abschn. XVI, Anm. 150, und Abschn. XVII,
Anm. 529; über unitas, s. Abschn. XVI, Anm. 102; sodann f. 39 r. A: Animal, in
quantum est animal, nec est genus nec species nec individuum nec unum u. s. f.,
s. ebend. Anm. 74.
288) 0pusc. 56 f. 40 r. A, woselbst wir einmal finden „ut alibi declarabitur“,
dann wieder „sicut patebit in Topicis“ und hierauf „patebit capitulo de proprio“.
289) f. 39 r. B: Quoniam dicit Aristoteles primo Posteriorum (s. Abschn. IV,
Anm. 132)...... , dico, quod universale, secundum qu0d universale, comprehendit
primam rem, quae de se nata est, in pluribus esse secundum intentionem secundam.
f. 39 v. A : Quando dicitur „universale praedicatur de pluribus“, sensus est, quod
res subiecta universalitati praedicatur de pluribus. Vgl. Abschn. XIV, Anm. 287.
• 290) f. 39 r. B : Res, secundum quod est in materia particulari, intelligi non
potest, nisi abstrahatur ab omnibus conditionibus individuantibus; lapis enim non
potest intelligi, nisi per intellectum abstrahatur ab hic et nunc. f. 39 v. B: Singu
laritas eæ hoc, quod est singularitas, non impedit actionem intellectus ; aliter in
telligentiae, cum sint singulares, non possent intelligi, quod falsum est...... Sin
gularilas n0n 0pp0nitur actioni intelligibilis, nisi cum sit cum materia; sed cum
denudatur a materia, erit intelligibilis. Vgl. Abschn. XVII, Anm. 499. u. ob. Amm.
31, 75 u. 121.
291) f. 39 r. B: Prima intentio, quae de lapide est, in intellectu est species
lapidis, quae competit lapidi, secundum quod lapis, et ab ista prima intentione haec
v0æ „lapis“ imposita est ad significandum naturam lapidis..... Intellectus intelligit
naturam lapidis mediante specie intelligibili (s. ob. Anm. 110 ff.), quia sibi non
repugnat esse in pluribus ; secundo intelligit eam, ut est participabilis a pluribus, et
secundum diversum participationis modum sic diversimode intelligit; nam inquantum
est participabilis a pluribus differentibus specie, inlelligit eam sub intellectu generis;
et si solum participabilis est a pluribus differentibus numero, intelligit eam sub in
tellectu speciei. Vgl. ob. Anm. 70 u. 74.
*
XIX. Pseudo-Thomas. 249
Accidens des objectiven Wesens vorliege und amdrerseits zugleich der
Gegenstand selbst sei, welcher vorstellungsweise (obiective) dieser Auf.
fassung unterworfen werde **'*), — eine Annahme, welche auch hier
an jene Stellen Avicenna's geknüpft wird, denen wir schon so oft be
gegnetem *°°). Auch eine Polemik, welehe gegen eine platonisirende An
sicht, dass die Universalien individuelle Wesens-Einheiten seien, gerichtet
ist, beruht auf den nemlichem Grundlagen **'*). Aber Eine eigenthümliche
Annahme hat diese Schrift vor allen übrigen damaligen Erzeugnissen zum
Voraus: es wird nemlich aus dem Umstande, dass die secundae intemtiones
nur in der Seele, und zwar als ein Accidentelles, sich findem , hier der
Schluss gezogen, dass die Logik mur in ungewisser Weise (incertitudina
liter) eine Wissenschaft sei, (la ihr Gegenstand im Vergleiche mit anderen
(realen) Disciplinen und insbesondere im Vergleiche mit der Metaphysik
der schwächste (debilissimum) und ungewisseste sei, denn dasjenige, was
mur psychologisch existire, habe am Wenigsten am Sein Theil *°°). Noch
wunderlicher aber gestaltet sich die Sache, wenn der Werfasser wohl
hieraus folgert, dass ein eigentliches Wissen (scire) der Logik nur auf
Grundlage einer Kenntniss der realem Wissenschaftem erfolgen könne*°°),
aber dann doch zugleich behauptet, die Logik müsse vor den übrigen
Disciplinem gelernt werden, weil jene secundae intentiones allem Seien
dem gemeinsam seien, und somit auch die Logik selbst gemeinschaftlich
allen Wissenschaften einwohne und für alle das Beweisverfahren ent
halte 297).
292) f. 39 v. A: Quaeritur autem, utrum universale sit substantia vel accidens.
Et per hoc solvitur ista quaestio, quoniam loquendo- -de universali, secundum quod
universale, est solum in anima et est accidens (Abschn. XVII, Anm. 379); sed lo
quendo de re subiecta dicitur, quod quandoque est substantia et quandoque accidens
seeundum diversitatem universalium ..... Secunda intenlio, quam universale includit,
formaliter (diess ist scotistische Terminologie, §. 9b. Anm. 129 u. 133) solum est
in anima. .... . Res subiecta illi intentioni non"dicitur proprie subiecta, sed obiecta.
293) Ebend.: Logica principaliter est de segundis intentionibus; sed quia secundae
intentiones principaliter accipiuntur a proprietatibus rerum mediantibus primis, ideo
dicit Avicenna, . . . . . . quod logica est de secundis intentionibus adiunctis primis
(Abschn. XVI, Anm. 74). ...... Avicenna dicit, quod tribus modis dicitur universale
(s. die Stelle ebend. Anm. 184).
294) f. 39 v. B: Aliqui diverunt, quod universale esset unum numero numerositate
essentiae ; hoc autem falsum est. Nam non requiritur ad unitatem universalis unitas
essentiae, quoniam genus non dicit essentiam unam, sed plures; ...... sed ideo
dicitur universale unum numero, quia intentio illa, quae est in anima, ..... est una
im numero.
295) f. 40 r. A: Species respectu animae accidens est, et similiter de aliis in
tentionibus secundis..... Solum habent esse in anima ..... Et eæ hoc patet, qualiter
incertitudinaliter logica est scienlia, quia ipsa inter omnes alias scientias incertior
est; quod est, quia certitudo scientiae dependet a certitudine subiecti. Dicitur enim
metaphysica certissima, eo quod habet subiectum certissimum ...... Sed inter omnia
subiecta scientiarum debilissimum et incertissimum est subiectum logicae, quia unum
quodque, quantum habet de entitate, tantum habet de veritate; ..... nunc autem se
cundae inlentiones solum habent esse in anima et ab anima, eae qu0 sequitur, qu0d
habent debilissimum esse; nam inter omnia genera entium entia, quae sunt in anima,
minus participant de entitate. Vgl. bei Albert, Abschn. XVII, Anm. 363.
296) Ebend.: Ideo impossibile est, logicam scire, nisi fuerit sciens et eaepertus
in aliis scientiis et specialiter in metaphysica.
297) Ebend.: Verumtamen, quia huiusmodi secundae intentiones communes sunt
250 XIX. Pseudo-Thomas.
Das eigenthümlichste Product aber innerhalb dieser ganzem pseudo
thomistischen Litteratur ist die ,,Summa totius logicae Aristotelis“ *°°),
welche auch geschichtlich Mamches interessante darbietet (sei es selbst
mur um Leibnitz's willen). Es ist unmöglich, dieses Buch dem Thomas
zuzuschreibem, demm der Verfasser desselben behandelt nicht mur ausführ
lich die hypothetischen Syllogismem, sondern verweist auch auf eine von
ihm selbst geschriebene Monographie über dieselben*°°), während Thomas
gerade für das demonstrative Wissen die hypothetischen Urtheile und
Schlüsse abwies (s. Abschn. XVII, Anm. 540). Aueh ersehen wir aus
einer einzelnen Stelle, dass der Werfasser nicht blos in Spanien lebte,
somdern selbst ein Spanier war 39"). Wie er hiess, wird ohne neue
Hülfsmittel nimmer zu ergründen sein. Ein thomistischer Standpunkt im
Allgemeinen liegt dem Buche wohl zu Grunde, aber um so auffallender
ist manches Einzelne und insbesondere die häufige Einflechtung byzan
timischer Logik.
Die wesentliche Aufgabe der Logik erblickt der Werfasser (— hierim
von Albert abweichend —) in dem syllogistischen Beweisverfahren, und
so folgt er dem arabischen Motive (Abschn. XVI, Anm. 16 f.) der Ein
theilung der Logik nach den Bestandtheilen des Syllogismus 394), will
aber für seine ganze Darstellung auf das Gebiet der Topik und Sophistik
verzichten *"*). Was zunächst den Inhalt der Isagoge betrifft, schliesst
er sich in der Universalienfrage an Albert und Thomas am, deren Ter
minologie er durch das antiscotistische Wort ,,denudare“ umd durch den
J)ei Roger Baco vorkommenden Ausdruck „convenientia“ bereichert 30°),
in omnibus entibus, ide0 logica est communis omnibus scientiis et potest , arguere in
qualibet scientia, nam secundae intentiones ducunt in cognitionem primarum, in
quantum fundalae sunt in eis ........ Ideo logica debet addisci prius omnibus
aliis scientiis. -
298) 0pusc. 48, ebend. f. 14 v. B — 35 v. A. Unter die Werke des Thomas
konnte dieses Buch wahrlich nur durch jenem principiellem Mangel an aller Kritik
gerathen, durch welchem sich das Mittelalter in gleicher Weise auszeichnete, wie
heutzutage die modernen Thomisten in St. Pölten und in Rheimpreussen (s, Abschn.
XVII, Anm. 481).
299) f. 32 r. B: De quibus omnibus c0mp0sitis propositionibus et earum varie
tate et syllogismis, qui ea, eis fiunt, diffuse divi in libro, quem feci de hypotheticis
syllogismis ; ideo diffuse de eis nunc tractare praetermitto, sed videamus solum modos
syllogizandi.
300) f. 24 v. B: Verba infinitivi modi aliquando ponuntur eæ parte subiecti, ut
cum dicimus „currere est moveri“, et hoc est, quia habent vim nominis; unde Graeci
addunt eis articulos sicut nominibus; hoc idem facimus nos in logica vulgari, nam
dicimus ,,el corere mio“, ubi littera „el“ est articulus.
301) f. 14 v. B: 0mnes homines natura scire desiderant (bekanntlich die An
fangsworte der aristotelischen Metaphysik); scire autem est effectus demonstrationis ;
• • • • • • • quia demonstrati0 est syllogismus, ad c0gn0scendum eam necesse est prae
e0gn0scere syllogismum; syllogismus aulem..... c0gn0sci n0n p0terit partibus ignoratis.
Vgl. hingegem Albert, Abschn. XVII, Anm. 370.
302) f. 15 r. A: De syllogism0 ver0 applicato ad materiam probabilem, qui per
tinet ad partem logicae, quae dialectica dicitur, de qu0 tractatur in libro Topicorum,
et de syllogism0 applical0 ad materiam sophisticam, de qu0 tractatur in libro Elen
chorum, non intendo me ad praesens intromittere.
303) Wir findem nemlich (f. 15 r. A) micht bloss die Begriffe secunda intentio,
materia signata, hic et nunc (s. Abschn. XVII, Anm. 519), conformitas (s. Abschn.
XIV, Amm. 474), sondern ummittelbar neben letzterem auch convenientia (s. Abschn.
XIX. Pseudo-Thomas. 251
währemd er dabei zugleich den thomistischen Dualismus mit der byzan
tinischem Wendung ausspricht, dass das praedicabile in dem „dici de“
und das universale in dem „esse in“ liege, was natürlich mit der Unter
scheidumg eines intellectuellem und eines sachlichen Auftretens der Uni
versalien zusammentrifft *''*). Wenn aber in Folge der abstrahirenden
Thätigkeit, welche im Intellectus vor sich geht, die Universalien vorstellungs
weise (obiective, s. ob. Amm. 105) im Denken sich vorfindem °''°), so wird
zur Ueberbrückung der Kluft zwischem Subject und 0bject die species
intelligibilis des Scotus als jene Anschauung herbeigeholt, in welcher die
Universalien gegenständlich (subiective) im Intellectus sind 80"); nur ver
bleibt dabei dem subjectiven Demkacte immer noch jede Werknüpfung und
wechselseitige Beziehung der Gedankendinge, und so kann in aller Schärfe
gesagt werden, dass die Wahrheit überhaupt mur vorstellungsweise be
steht *"'). Die Frage aber, wie die Universalien in den Dingen zur Indi
vidualisirung gelangen, wird ganz im Sinne des Thomas beantwortet,
wobei jedoch, um der Schwierigkeit betreffs der Angelologie zu entgehen,
jeder Engel sich gefallen lassen muss, zu einer eigemen Species ernannt
zu werden *°°). Auch die Controverse über unitas formae wird nach
thomistischer Anschauung erledigt, indem die Aeusserungen Avicenna's,
welche sich auf die Form beziehen, zur Werwendung kommen *°°).
Ueberhaupt ja ist es Avicenna, von welchem der Werfasser auch in der
Einzeln-Erörterung der fünf Universalien innerhalb seines Thomismus sich
leiten lässt 310).
XVII, Anm. 573) und als Ausdruck der abstrahirenden Thätigkeit denudare (vgl.
hingegem Scotus ob. Anm. 121 u. 290).
304) Ebend. : Universalia dicuntur, prout intellectus attribuit eis esse in pluri
bus; praedicabilia vero dicuntur, prout intellectus attribuit eis dici de pluribus (s. bei
Petrus Hispanus, Abschn. XVIl, Anm. 167). Ziemlich plump spricht sich dieser
Dualismus in den Wortem aus, f. 15 r. B: Licet intenliones fiunt ab intellectu, tamen
oportet, quod aliquod fundamentum habeant in re eaetra, oder ebenso wenn gesagt
wird, f. 25 v. B: Universale autem potest dupliciter considerari: uno modo quasi
separatum a singularibus, sc. secundum esse, quod habet in intellectu obiective; alio
modo secundum esse, quod habet in singularibus.
305) f. 15 v. B: Forma substantialis habet dupleæ esse. Unum est obiective in
intellectu (hiezu vor. Anm. am Schluss), et secundum hoc esse intellectus attribuit
sibi nomen abslractum, considerat enim eam intellectus non considerando materiam,
in qua est, et propterea dat sibi nomen abstractum, ut „humanitas“. Aliud esse
habet in materia. -
306) f. 25 r. A : Dico, quod in intellectu quaedam sunt subiective, ut species
intelligibiles (s. ob. Anm. 118 u. 126 ff.) et actus intelligendi et huiusmodi; quaedam
sunt obiective, ut ea, quae intellectus intelligit.
307) Ebend.: Quando ergo res, quae est in intellectu obiective, est conformis
sibi ipsi, ut est in rerum natura, tunc talis conformitas dieitur veritas..... (B) Ve
ritas est relatio rationis, entia autem rationis nusquam sunt subiective, nisi larg0
modo intelligatur, secundum illud, cui ratio attribuit talem respectum rationis ; habet
ergo veritas solum esse obiective ; et similiter dico de falsitate. Die Folgerung je
doch, welche wir aus diesem Standpunkte in einer anderen Schrift (ob. Amm. 295)
fliessem sahem, wird hier nicht gezogen.
308) f. 15 v. A: Principium individuationis proprium est a materia signata .....
Angeli non differunt inter se numero, sed quilibet angelus facit speciem per se.
309) f. 15 r. B u. f. 17 v. A ; vgl. Abschn. XVI, Amm. 93. u. Abschn. XVII,
Anm. 523 f.
310) f. 15 v. B über dem artmachenden Unterschied (vgl. Abschn. XVI, Anm.
252 XIX. Pseudo-Thomas.
An die Lehre vom dem Kategorien, welche in der memlichen Weise,
wie bei Albert, mit den Universalien in Verbindung gebracht werden *11),
knüpft sich vorerst an der Hand aristotelischer Stellen eine Besprechung
des Begriffes „ens" *1*), welcher jedoch nicht als Gattungsbegriff gefasst
werden soll *'*). Eigenthümlich aber ist dem Verfasser micht nur, dass
er die ersten drei Kategoriem als „absolute“ den übrigem siebem als „re
lativen* gegenüberstellt *'*), sondern auch dass er erst hier bei der Ka
tegorie der Substanz die arbor Porphyriana verwerthet, mit welcher er
jedoch ebensowenig wie Avicenna durchgängig einverstandem ist* 1°). In
ungleichmässiger Ausführlichkeit behandelt er die Kategorie der Quantität,
Qualität und Relation , in deren Erörterung er auch viele theologische
Fragen verflicht*!"), und betreffs der sechs letzten Kategorien liefert aueh
er einen Commentar zum Gilbertus Porretanus * 17). .
In der Lehre vom Urtheile entlehnt er dem Albert die Unterschei
dung zwischen enuntiatio und propositio *'*), folgt aber hinwiederum
bezüglich der fünf Arten des Satzes lieber der Auctorität des Boethius319),
und nimmt dann aus der byzantinischen Logik den Begriff der copula
sowie den Memorial-Vers ,,Quae ca vel hyp* u. s. f. auf*?°). Auch da,
wo er bezüglich der allgemeinen Urtheile Gelegenheit findet, seinen tho
mistischen Dualismus kundzugeben, und sowohl für die logische Auffassung
als auch für das reale Auftreten der Universalien die möglichen Fälle
einer allgemeinen Aussage formulirt, bewegt er sich in byzantinischen
Beispielen und in der byzantinischen Ansicht, dass z. B. omnis eben doch
nur ein Syncategoreuma und ein blosses „Zeichen* sei***), daher er auch
144 ff. u. Abschn. XVII, Anm. 529); f. 16 r. A über Accidens (vgl. Abschn. XVI,
Anm. 156 ff.).
311) f. 15 r. A: Praedicamentum nihil aliud est, quam ordinatio praedicabilium
in ordine praedicamentali. S. Abschn. XVII, Anm. 429. Auch die Erörterung über
die Synonyma und insbesondere über die Analoga (f. 17 r. A) schliesst sich an Al
bert an ; s. ebend. Amm. 432. -
312) f. 17 r. B; vgl. Abschn. IV, Anm. 298 u. 301.
313) f. 16 r. A; s. Abschn. XVI, Anm. 32. u. Abschn. XVII, Anm. 415.
314) f. 17 r. B: Contrahitur ens per duos modos, quorum unus est esse ad esse,
et iste modus comprehendit tria praedicamenta absoluta, sc. substantiam, quamlitatem
et qualitatem; secundus est esse ad aliud, et iste modus comprehendit septem prae
dicamenta respectiva.
315) f. 17 v. B: Qualiter autem praedicamentum substantiae sit ordinatum, patet
in arbore Porphyrii, quam gratia eaeempli ponimus, licet non in toto reperiam eam
veram. Vgl. Abschn. XWI, Anm. 134,
316) f. 18 W. B — 21 v. A.
317) f. 21 v. B — 24 r. B. Vgl. Abschn. XVII, Anm. 439.
318) f. 24 v. A ; vgl. ebend. Anm. 445. Gelegentlich der Definition von voae
wird eine aristotelische Stelle (Abschn. IV, Anm. 701) mit Benützung des byzanti
nischen Begriffes „suppositum“ (vgl. ob. Anm. 109 u. 251) verwendet: Est differentia
inter diffinitionem suppositorum et diffinitionem formarum etc.
319) f. 25 r. A; vgl. Abschn. XII, Anm. 111. u. Abschn. XVII, Anm. 449.
320) f. 25 v. A; s. Abschn. XVII, Anm. 152 u. 108.
321) Auf die obem, Anm. 304, angeführte Stelle, f. 25 v. B, folgt unmittelbar:
Primo modo considerato universali aliquid de eo potest dupliciter enuntiari. Uno modo,
quando ei attribuitur aliquid, quod pertinet ad solam actionem intellectus, ut cum
dicimus ..... „homo est species“...... Alio m0d0, ..... quando illud, quod ei attri
buitur, non pertinet ad actum intellectus, sed ad esse, quod habet ipsa natura in
tellecta in rebus, quae sunt eætra animam, ut si dicatur „homo est dignissima crea
XIX. Pseudo-Thomas. 253
Albert's „individuum vagum“ mit einem anderen derartigem Zeichen,
nemlich mit quidam, in Verbindung bringt ***). Wenn aber dann bei
Erörterung der Entgegensetzung der Urtheile sieben Erfordernisse des
contradictorischen Gegentheiles aufgezählt werden ***), so fühlen wir es
merklich, dass wir uns allmälig dem üppigsten Dickicht der Scholastik
nähern. Bei der Aequipollenz wird der Memorial-Vers „Prae contradic
u. s. f.“ angeführt ***), auch folgt hierauf eine längere Erklärung der
byzantinischen tripleae materia der Urtheile °*°). Desgleichen wird die
Modalität der Urtheile ausführlich nach älterer und neuerer Tradition der
byzantinischen Logik behandelt, denn auf letztere weist die Unterscheidung
der „modales de dicto“ und „modales de re“ hin **"), und ersterer
gehört die Auffassung des Begriffes modus selbst, sowie die Memorial
Worte „Purpurea u. s. f.“ an **"). Ebenso schliesst sich die Erörterung
über die hypothetischen Urtheile dem nemlichen Worbilde an, und zwar
ist es die jüngere Formation, aus welcher die Eintheilung des condi
tionellen Urtheiles in rationalis, causalis, temporalis entnommen ist***).
Die Syllogistik knüpft der Werfasser an den traditionellen arabischem
Begriff der Argumentation ***), verbindet aber hiemit den Standpunkt des
Boethius, wormach inventio und iudicium die Aufgabe der Logik sind,
turarum“ (wörtlich dasselbe Beispiel s. Abschn. XVII, Anm. 206)..... Secundo modo
enunliatur aliquid de universali ..... dupliciter. Uno modo cum attribuitur sibi ali
quid ratione ipsius universalis; ..... alio modo, quando attribuitur ei aliquid ratione
singularis ..... Et quia iste modus enuntiandi aliquid de universali cadit in communi
apprehensione hominum, ideo inventae sunt quaedam dictiones ad designandum modum,
• • • • • ut hoc signum „0mnis“ (s. ebend. Anm. 238 f.).
322) f. 26 r. A: Haec dictio „quidam“ vel „aliquis“...... indelerminate formam
alicuius singularis significat, ..... unde et dicitur individuum vagum ; s. ebend.
Anm. 406.
323) Ebend.: Quod sit contradictio inler aliqua, requiruntur septem. Primo,
quod opponanlur duae pr0p0sitiones, quarum una sit affirmaliva et altera negaliva,
quod tales enuntiationes sint eiusdem subiecti. Tertio, quod sint eiusdem praedicati.
Quarto, quod non fiat praedicatio secundum diversas partes subiecti ...... Quinto,
quod non sit diversus m0dus eæ parle praedicati...... Seaet0, qu0d non sit diversitas
eae parte mensurae, loci et temporis ..... Septimo, quod non sit diversitas eæ habi
tudine ad aliquid eaclrinsecum.
324) f. 26 v. A, s. Abschm. XVII, Anm. 40.
325) Ebend., s. ebd. Anm. 155.
326) f. 26 v. B: Quaedam sunt propositiones modales de dicto, ut „Socratem
currere est necesse“, in quibus scilicet dictum subiicitur et modus praedicatur (vgl.
ebd. Anm. 161), et istae sunt vere modales ...... Quaedam autem sunt m0dales de
re, in quibus videlicet modus interponitur dicto, ut „Socratem necesse est currere“,
• • • • • • quod in Socrate sit necessitas ad currendum. Im Wesen nemlich ist diese
Eintheilung verwandt mit jener, welche wir oben (ebend. Anm. 585) trafen.
327) f. 27 r. A, s. ebd. Anm. 161 u. bes. 164. Die übliche Figur ist hier sehr
vereinfacht, indem in den wier Ecken derselben nur die Satzformen auftreten:
Necesse est esse, Possibile est esse, Impossibile est esse, Possibile est n0n esse.
328) f. 27 v. A, vgl. ebend. Anm. 584. Wenn dort gesagt wird ,,Harmonius
ponit duplicem hypothesim*, so ist natürlich Ammonius zu lesen, und es ist damit
eine Stelle gemeifit, welche Boethius (Abschn. XII, Anm. 156) aus Ammonius (Abschn.
XI, Anm. 167 f.) entnommen hatte.
329) f. 27 v. B: Est autem argumentalio oratio significativa discursus rationis
ab uno cognito ad aliud incognitum vel a magis cognito ad minus cognitum. . Vgl.
Abschn. XVI, Anm. 15. Hierauf folgt , abermals obige (Anm. 318) Unterscheidung
zwischen proposilio und enuntiatio.
254 XIX. Pseudo-Thomas.
und erblickt in letzterem das Wesen der aristotelischen Analytik, so dass
wir hier fast ein Worspiel der späteren Bedeutung des Wortes „iudicium“
finden könntem °°"). Als „Principien* des Syllogismus bezeichnet er das
Dictum de omni und Dictum de mullo, wozu als Drittes der syllogismus
conversivus komme, welcher (in deutlicher Anknüpfung am die Lehre von
Consequentia, s. Abschn. XVII, Anm. 613) bei Erhärtung der Schlusskraft
einiger Syllogismen seine Anwendung finde *°'). Die Erörterung des
Einzelnen , bei welcher er, wie Albert, sich der termimi transcendentes,
d. h. der Buchstabem, bedienen will ***), beginnt er, —- uns hierim an
Scotus erimnernd, s. ob. Anm. 194 —, mit der Lehre vom der Umkehrung
der Urtheile °°°), wobei er die Annahme, dass das allgemein verneinende
Urtheil auch particular umgekehrt werden könne, als unnöthig abweist***)
und an der Nicht- Umkehrbarkeit des particular verneimenden Urtheiles
festhält°°°), daher er auch nur den Einem Memorial-Wers „Feci simpli
citer u. s. f.* anführt*°°). Auch die Umkehrung der modalen Urtheile
bespricht er ausführlich im Anschlusse an die spätere Formation der
byzantinischen Logik°°"). -
Nachdem er hierauf die Dreizahl der kategorischen Schlussfiguren
ohne polemische Beziehung auf eine vierte Figur ziemlich. schwach durch
Blosse Berufung auf einen Memorial-Vers motivirt hat*°°), erörtert er die
330) Ebend. : Logica, ut Boethius in sua Topica dicit (s. Abschn. XII, Anm. 76),
duas habet purtes, sc. inventivam et iudicativam..... Judicium autem, ut hic sumitur,
est recta determinatio rationis in his, quorum est iudicium...... Et ide0 scientia,
quae est recta determinalio scibilium, est per causas, sc. cum rati0 resolvit causata
in causas, et propterea haec pars logicae, sc. iudicativa, dicitur analytica seu res0
lutoria, quia resolvit principiata in principia.
331) f. 28 r. A: Dico autem principia primas pr0p0sitiones per se notas; haec
aulem principia sunt dici de omni et dici de nullo .... Aliqui syllogismi non p0ssunt
immediate probari per dicla duo principia et propterea ..... indigent un0 alio prin
cipio ..... Hoc autem principium est : Quando eæ opposito consequentis infertur op
p0silum antecedenlis primae conclusionis, tunc prima consequentia fuit bona..... Et
haec reductio vocatur ab aliquibus „per impossibile“, a philosopho vero „per syllo
gismum conversivum“. Letzteres ist natürlich falsch, denn gerade „per impossibile“
ist aristotelischer Ausdruck (s. Abschn. IV,.. Anm. 623), hingegem ,,conversivus“,
welches allerdings bei Albert vorkommt (Abschn. XVII, Anm. 465), weist durch den
Boethius hindurch (Abschn. XII, Anm. 136) nur bis zu den älteren Peripatetikern
zurück (Abschn. V, Anm. 46).
332) Ebend.: In talibus syllogismis et eorum propositionibus non curatur, in
qua maleria sint; ideo utemur terminis transcendentibus. S. Abschn. XVII, Anm. 469.
333) Auch die logische Begründung der Umkehrbarkeit bewegt sich, wie bei
Scotus, in den Ausdrücken der Lehre von den Consequentiae.
334) f. 28 r. A : Per accidens ...... converluntur universalis affirmativa et, ut
αliqui dicunt, universalis negativa; tamen non est necessarium hoc ponere, ..... -
ea istenlibus enim universalibus veris semper particulares sunt verae. Hiernach kann
es zweifelhalt sein, ob mit jenen „aliqui“ etwa Scotus gemeint sei ; s. ob. Anm. 196.
335) f. 28 r. B: Particularis vero negaliva non convertitur, quia eae opposito
consequentis non inferlur oppositum anlecedentis. Vgl. hingegen ob. Anm. 199.
336) Nemlich der zweite der vier Werse, welche bei Petrus Hispanus vor
kommen (Abschn. XVII, Anm. 156), musste bei solcher Ansicht des Werfassers
wegfallen. -
337) f. 28 r. B u. v. A. S. Abschn. XVII, Anm. 587 u. 594.
338) f. 29 r. A: Plures figurae non possunl esse, quia tres termini in duabus
pr0p0sitionibus n0n p0ssunt pluries variari. Unde versus : Sub prae u. s. f. s. Abschn.
XVII, Anm. 51 (vgl. ebd. Anm. 181).
XIX. Pseudo-Thomas. 255
inutiles coniugationes, wobei er die bekannten Regeln, dass nicht beide
Prämissem negativ, noch auch beide particular sein dürfen, durch den
Zusatz vermehrt, dass das Gleiche auch von der Singularität und von der
Unbestimmtheit der Urtheile gelte ***), worauf er die unzulässigen Com
binationem betreffs der einzelnen Figuren zusammenfasst34"). Hierauf gibt
er für die drei Figurem vorerst nur die vierzehn aristotelischen Modi
an ***), fügt aber dann für alle drei Figuren noch „indirecte* Schluss
weisen hinzu, welche er darauf begründet, dass jeder umkehrbare Schluss
satz eines Syllogismus in seiner bewerkstelligten Umkehrung gleichfalls
als Schluss-Resultat zu betrachten sei; hieraus ergeben sich für die erste
Figur die ersten drei theophrastischen Modi (d. h. nach damaliger Ter
minologie Baralipton, Celantes, Dabitis, oder mach jetziger Bamalip,
Calemes, Dimatis), ferner für die zweite Figur zwei neue Modi (l. h.
Caesaro und Camestros), und ebenso drei neue für die dritte Figur
(nemlieh Umkehrung des Schlusssatzes in Darapti, Disamis und Datisi);
betreffs der zwei letzten theophrastischen Modi der ersten Figur (d. h.
nach damaliger Bezeichnung Fapesmo und Frisesomorum, nach jetziger
Fesapo und Fresison) wird die völlig richtige Bemerkung gemacht, dass
dieselben äuf dem Versuche beruhen, unzulässige Combinationen der ersten
Figur dennoch schlussfähig zu machen ***). Indem aber der Werfasser
hiebei den Boethius tadelt, weil er die indirectem Modi der zweiten und
dritten Figur vernachlässigt habe, müssen wir beachten, dass hier Boethius
den doctores moderni beigezählt wird 348). Jedoch trotz dieser Be
reicherung der Syllogistik zählt er zuletzt doch nicht 24, sondern nur
die üblichen 19 Schlussmodi mittelst jener nemlichen Memorial-Werse auf,
welche wir schon seit Shyreswood trafen ***). Hierauf reiht er eine Er
339) Ebend.: Inutilium coniugationum quaedam possunt fieri in omnibus figuris.
• • • • • • Sunt quatu0r: prima est, si ambae praemissae sunt negativae; secunda, si
ambae praemissae sunt particulares; tertia, si ambae sunt indefinitae ; quarta, si
ambae sunt singulares ..... Eae puris negativis, particularibus, indefinitis et singu
laribus nihil sequitur.
340) Ebend.: Inutiles vero coniugationes, quae non sunt in omnibus figuris, sunt
duae. Una convenit primae et tertiae figurae, sc. quando minor propositio est nega
tiva; secunda convenit primae et secundae figurae, sc. quando maior pr0p0sitio est
particularis. Vgl. bei Cassiodorus, Abschn. XII, Anm. 182.
341) f. 29 r. B u. v. A.
342) f. 29 v. B: Restat nunc dicere de syllogismis indirecte concludentibus ......
Tales autem syllogismi sunt numero decem; quinque enim sunt in prima figura, duo
in secunda, et tres in tertia figura. Sciendum, quod omnis syllogismus concludens
aliquam conclusionem, quae converli potest, eliam potest concludere illam, in quam
convertitur. Cum ergo omnes conclusiones dictorum syllogismorum possunt converti
eaeceptis particularibus negativis, omnes tales syllogismi poterunt concludere indirecte.
Tales autem in prima figura sunt tres, sc. primus modus, secundus et tertius; in
secunda sunt duo, sc. primus et secundus; in tertia sunt tres, sc. primus et terlius
et quarlus. Adducantur autem in prima figura duo modi, qui sunt contra du0 prin
cipia sive regulas datas in prima figura ; nam ambo habent minorem negativam,
- - - - - et alter eorum habet maiorem particularem. S. Abschn. IX, Amm. 100.
343) Ebend. : Doctores autem moderni, sc. Boethius, praetermissis quinque, sc.
secundae et tertiae figurae, de solis quinque primae figurae fecerunt mentionem (diess
ist nicht durchaus richtig, s. Abschn. XII, Anm. 136 f.). Quorum primus c0nstat
u. s. f., d. h. es folgen nun die fünf theophrastischen Modi der ersten Figur.
344) f. 30 r. A: Ad memoriter tenendum praedictos syllogismos inventi sunt qui
dam versus, qui taliter designantur: Barbara u. s. f. s. Abschn. XVII, Anm. 52 (nur
256 XIX. Pseudo-Thomas.
örterung de inventione medii an, welche er dem Albert entmimmt ***),
und auf gleicher Quelle beruht, was er in ziemlicher Breite über die
modalen Syllogismen angibt **").
Hingegen glaubte er offenbar, die an Albert und Thomas sich an
schliessende Logik dadurch ergänzen und verbessern zu können, dass er
in reichlicher Ausdehnung die Lehre von den hypothetischen Schlüssen
aufnahm (vgl. Abschn. XVII, Anm. 467 u. 540). Hatte er sich bezüglich
des hypothetischen Urtheiles an die byzantinische Logik angeschlossen (ob.
Amm. 328), so lässt er nun die dort übliche Dreitheilung fallen **"), um
in dieser Gruppe der Logik vollständig dem Boethius zu folgen ***).
Sehen wir hierauf von einer ganz augenscheinlichen Interpolation
ab, welehe aus der späteren Formation der byzantinischen Logik eine
Episode über die Reduplicativ- Sätze als Exponibilia enthält***), so
bildet den Schluss des Ganzen die Lehre de demonstratione, bezüg
lich derem der Werfasser sich wieder an Albert anlehnt, welcher seiner
seits den arabischen Standpunkt recipirt hatte, dass es sich hier um
finden wir hier Brocardo statt Bocardo). Hierauf wird ausführlich und deutlich die
Bedeutung der Buchstabem, welche in jenen Kunstworten workommen, erklärt (vgl.
ebend. Anm. 187), wobei es den Anschein hat, als wolle das Siglum ,,0“ in Bro
cardo und Baroco auf den Ausdruck ,,conversivus syllogismus“ (s. ob. Anm. 331)
zurückgeführt werden; wenigstens lesen wir dort: aliquando invenitur C et significat,
quod iste syllogismus ... potest reduci .... solum per syllogismum conversivum.
345) f. 30 r. A. Vgl. Abschn. XVII, Anm. 464 (es werden dabei hier nur die
14 directen Schlussmodi in Betracht gezogen).
346) f. 31 r. A. Vgl. ebend. Anm. 461.
347) f. 32 r. A: Tres sunt species propositionum hypotheticarum, sc. conditionalis,
copulaliva et disiuncliva (s. ebend. Anm. 158). Syllogismi aulem, qui sunt eæ pr0
positionibus copulativis, eodem modo se habent sicut et syllogismi categ0rici, et ideo
de eis praetermittamus. Sed quia eæ propositionibus conditionalibus et disiunctivis
aliler fiunt syllogismi, quam in propositionibus categoricis, ideo de eis dicendum est.
348) Vorerst nemlich werden (f. 32 r. A) die conditionalem Urtheile nach Boe
thius eingetheilt (s. Abschn. XII, Anm. 146 u. 142), dann folgen von den condi
tionalem Schlüssen nur die ersten vier Modi (s. ebend. Anm. 155), d. h. nur der
sog. modus ponens, während der modus tollens wohl erwähnt, aber nicht näher
entwickelt wird; hingegen findet aus Avicenna (Abschn. XVI, Anm. 219) die relative
Satzform (mit „qui*) ihre Werwendung. Hierauf reihen sich (unter Werweisung auf
eine ausführlichere Monographie des Werfassers, s. ob. Anm. 299) die ersten 16
zusammengesetzten hypothetischen Schlüsse des Boethius an (s. Abschn. XII, Anm.
157), auf welche in kürzerer Zusammenfassung jene 48 Modi des zusammengesetzten
hypothetischen Syllogismus folgen, welche Boethius (s. ebend. Anm. 159—161)
nach den drei Figuren des kategorischen Schlusses geordnet hatte. Auch das dis
junctive Urtheil wird (f. 32 v. A) grundsätzlich in der nemlichen Weise aufgefasst
wie bei Boethius (s. ebend. Anm. 141 u. 148), woraus sich ebenso eine Reduction
der werschiedemen disjunctiven Urtheilsformen auf entsprechende hypothetische Ur
theile ergibt (s. ebend. Anm. 163).
349) f. 32 v. A, woselbst auf den Abschluss der Syllogistik (Dictum ergo sit
de syllogismis hoc modo; de aliis aulem speciebus argumentalionis non me intro
mitto; s. ob. Anm. 302) nun unmittelbar folgt: Notandum ad hoc: quod propositio
reduplicativa sit vera, requiritur, quod quatuor pr0p0sitiones eæp0nentes ipsam, sc.
tres categoricae et una hypothetica, sint verae u. s. w., d. h. es folgen num Regeln
über die Wahrheit der Reduplicativ-Sätze, wie wir sie früher, Abschn. XVII, Anm.
262 u. bes. 608 f. trafen. Und um dem Charakter einer lnterpolation zweifellos
festzustellen, folgem hierauf noch einige Bemerkungen über die Umkehrung der
kategorischen Urtheile.
XIX. Pseudo-Thomas. Aegidius Romanus. 257
die „Materie* der Syllogismen handle *°°). Mit Ausschluss jener Erör
terungen, welche in der zweiten Analytik des Aristoteles, sowie natürlich
auch im Commentare Albert's, der Definition gewidmet waren, wird
hier in ausführlicher Breite über per se u. dgl.°°'), über demonstratio
potissima *°°), über die sog. dignitates 8°°), und zuletzt über die Ein
heitlichkeit einer Wissenschaft gesprochen *°*), ohne dass wir irgend
Bemerkenswerthes hieraus hervorheben könntem. Nur das Eine dürfte
zu erwähnen sein, dass wir auch hier, wie bereits in einer anderen
Schrift (s. ob. Anm. 273), den sechs transcendenten Begriffen be
gegnen *°°).
Gleichfalls den Thomisten wurde Aegidius Romanus (oder de
Colonna, gest. i. J. 1316) beigezählt, von dessen ausgedehnter schrift
stellerischer Thätigkeit hieher gehören: ein Commentar zur sog. vetus
logica*°°), desgleichen zur ersten Analytik*°7), zur zweiten Analytik*°°),
zu Soph. Elenchi 3°°), ferner eine Schrift De ente et essentia °°"), so
dann der Commentar zu Petrus Lombardus 3"'), sowie Quodlibeta *°*),
und ausserdem unter drei kleineren Tractatem die Schriften De partibus
philosophiae und De gradibus formarum *°°). Die Commentare des
Aegidius zum Organon gehören zu denjenigen, welche man ,,ad litteram“
nannte, d. h. sie geben, abgesehen von den allgemeineren Einleitungen,
nur eine erklärende Umschreibung des Originales Satz für Satz oder, wo
nöthig, Wort für Wort, wobei, was wohl zu beachten ist, nirgends das
350) f. 32 v. B: Quaedam sunt, quae perlinent ad materiam demonslrationis.
Auch war schon in der Einleitung des ganzen Buches, f. 15 r. A, dieser letzte Theil
bezeichnet als: de syllogismo applicato ad materiam demonstrativam seu de demon
stratione. Vgl. Abschn. XWII, Anm. 459.
351) f. 33 r. A u. B; vgl. ebend. Anm. 473.
352) Ebend. vgl. ebd. Anm. 476.
353) f. 33 v. A u. f. 34 v. B; vgl. ebd. Anm. 475. u. Abschn. IV, Anm. 147.
354) f. 35 r. B; vgl. Abschn. IV, Anm. 675.
355) f. 33 v. B: Aliquarum propositionum termini sunt in communi omnium
notitia, ut sunt „ens, verum, bonum, unum, aliquid, res“ et huiusmodi, quae per
tinent ad primas conceptiones intellectus.
356) Eaepositio in artem veterem, videlicet in universalibus, praedicamentis, post
praedicamentis, seae principiis et Periermenias. Venet. 1507. fol. (auch später wieder
gedruckt Bergomi 1591. 4). Der Umkreis der „Ars vetus“ war ja schon längst
abgegränzt ; s. ob. Anm. 95. u. Abschn. XVII, Anm. 5 u. 103.
357) Evpositio super libros Priorum. Venet. 1516. fol.
358) Evpositio super libros Posteriorum Aristotelis cum teactu eiusdem. Venet.
1500. fol.
359) Eaepositio super libros Elenchorum Aristotelis. Venet. 1500. fol.
360) Egidius Romanus de esse et essentia. Venet. 1503. fol.
361) In primum Sententiarum. Venet. 1492. fol. u. 1521. fol. u. ed. Aguilar.
Corduba 1699. fol. (nach letzterer Ausgabe citire ich). In secundum Sentenliarum.
Venel. 1482. fol. u. 1581. fol. In tertium Sententiarum, ed. Gallucci. Romae
1623. fol.
362) Ohne Titelblatt: Incipiunt quodlibet celeberrimi ac excellentissimi docloris
domini Egidii de Roma. Bonon. 1481. fol. und Fertilissimi Aegidii Romani Quodli
betta [sic] .... ed. Rhodiginus. Venet. 1504. fol. und ed. Coninck. Lovan. 1646. fol.
(nach letzterer citire ich).
363) Tres tractatus domini Egidii de Roma . . . ... De partibus philosophiae
essentialibus ...... De differentia rhetoricae et politicae ...... De gradibus formarum.
S. l. e. a. 4.
PRANtl, Gesch. III. 17
258 XIX. Aegidius Romanus.
Material der byzantinischen Logik beigezogen wird. Es sind daher nur
einige Einzelnheiten, welche in dieser Beziehung unten zur Erwähnung
kommen müssem. Hingegen, was die Kernfragen betrifft, welehe damals
in der Logik umliefen, so äussert sich Aegidius gelegentlich hinreichend
ausführlich, um seinen Standpunkt völlig erkennen zu lassen. Wenn zu
weilen gesagt wurde, durch ihn habe sich die Schule der Thomisten erst
förmlich consolidirt, so ist diess bezüglich der Logik nicht durehaus
richtig. Bei den Theologen galt er wohl als der hervorragendste Tho
mist *"*); aber in der Logik ist es keineswegs ein reiner und strieter
Thomismus, welchem wir hier begegnen, sondern auch Aegidius hat in
ähnlicher Weise, wie wir es auch schon bei Anderen sahem, in die Doctrin
des Thomas manche scotistische Elemente aufgenommen.
Die bei Albert und bei Scotus recipirte Eintheilung der Wissenschaft
in eine reale und eine sermocinale wiederholt Aegidius, jedoch mit der
Wendung, dass die letztere ,,adminiculativa“ sei, und indem er dann
der Logik den Syllogismus als wesentlichen Gegenstand und als Motiv
ihrer näheren Eintheilung zuweist, folgt er völlig dem Petrus v. Auvergne
und dem Scotus °"°). Aber da er zugleich daran festhält, dass die Logik
eben doch nur modus sciendi und somit nicht eigentlieh selbst eine
Wissenschaft sei, da es auch ein Wissen ohne Logik (nemlich bei Glaubens
gegenständen, wie z. B. betreffs der Engel) gebe 8°°), so betrachtet er
den Unterschied zwischen logica docens und logica utens in einer von
Scotus sehr abweichenden Weise *"'). Ja er bringt den Begriff des
364) Z. B. Coninck theilt in der Worrede seiner Ausgabe der Quodlibela aus
dem ,,Conslilutiones s. ordinis Augustiniani* folgende Vorschrift mit: Volumus, ut
magistri regentes in lectionibus et determinationibus disputationum in omnibus sequi
et tueri debeant sanam et catholicam doctrinam fundatissimi doctoris nostri B. Aegidii
Romani, quondam noslri s. ordinis generalis; ubi vero eius scripta non reperiuntur,
eae D. Thomae Aquinatis doctrina suppleantur. Oder z. B. Aguilar (in der Ausgabe
des Commentares zu Sentent. I) nennt den Aegidius kurzweg „defensor operum
divi Thomae“.
365) Evpos. in art. vet. f. 2 v. B: Scientia speculativa dividitur in principalem
et adminiculativam: principalis est illa, quae est de rebus; adminiculativa dicitur
quasi adiuvans illam realem scientiam, sicut sermocinales (s. Abschn. XVII, Anm.
362 f. u. obige Anm. 87). Ista autem principalis, quae est de rebus, dividitur in
tres, sc. in naturalem, metaphysicam et malhematicam ...... f. 3 r. A : Adminicula
tiva autem dividilur in tres partes, sc. in grammaticam, logicam et rhetoricam.
Logica, in qua subiectum est syllogismus, sic dividitur : aut est de syllogismo aut
de partibus eius; si de partibus, aut propinquis aut remotis. Si de remotis, sic est
liber Praedicamentorum .....; si de parte propinqua, sic est liber Periermenias .....
Si autem de syllogismo, hoc erit aut de syllogismo in communi non contracto ad
aliquam materiam, et sic est liber Priorum ; aut contracto ad aliquam materiam, et
hoc dupliciter, quia aut contrahitur ad materiam necessariam, et sic est liber Poste
riorum, aut ad materiam probabilem; et hoc dupliciter, quia aut ad probabilem
simpliciter, et sic est liber Topicorum, aut ad probabilem apparenter, et sic est liber
Elench9rum. 0mnes alii libri sunt de bene esse (ebensó Eaepos. s. libr. Elench.
f. 2 r. B). S. ob. Anm. 244.
366) Evpos. s. libr. Poster. f. 2 r. A: Logica est , quaedam via ad ceteras sci
enlias, quare ..... est magis modus sciendi, quam scientia; num non est necessaria
logica propter res scitas, sed propter nostrum modum sciendi. Possunt enim res sciri
absque logica ; nam substantiae separatae, quia non intelliguntur cum discursu, ut
sciantur, non indigent logica. Ebenso Ea pos. s. libr. Elench. f. 2 v. B.
367) Eaepos. s. libr. Poster. f. 5 v. A: Logicus, ut est docens, docet logicam,
XIX. Aegidius Romanus. 259
modus, sciendi in ähnlicher Weise , wie wir es bei einem Thomisten
sahen (ob. Anm. 330), in Verbimdung mit der boethianischen Zweitheilung
des logischem Gebietes *"*), und findet so in der Erörterung der Syllo
gismen und ihrer Bestandtheile das wesentliche Mittel zur Wermeidung
vou Irrthümern *""). Dass aber eben der Syllogismus der eigentliche
Gegenstand der gesammten Logik sei, erweist er dadurch, dass er ver
schiedenem Gegengründen, welche auch schon Petrus v. Auvergne ange
führt hatte, anderweitige Beweisgründe entgegenstellt, und auch die An
nahme Anderer, dass ens rationis oder dass actus rationis oder dass
modus sciendi als solcher der Gegenstand der Logik sei, heseitigt er in
überraschender Geschwindigkeit durch die Behauptung, dass ja gerade der
Syllogismus all diese verschiedenen Momente schon in sich enthalte 879).
Nur schwankt er mit diesem seinem Standpunkte eim anderes Mal doch
wieder in den Begriff der traditionellen intentio secunda und hiemit in
conceptus, jedoch in einer von Scotus (ob. Anm. 92) abweichenden Weise,
hinüber, indem er die Erzeugnisse des Erkenntniss-Actes (— formatum
per actum intelligendi —), unter welchen freilich der Syllogismus das
höchste ist, als Gegenstand der Logik bezeichnet *7 !).
quae non est scienlia, sed modus sciendi, .... ut est utens, aggenerat opinionem ....
Demonstratio proprie sumpta non aggenerat modum sciendi nec opinionem, sed scien
tiam. Vgl. Ea pos. s. libr. Elench. f. 2 v. B. S. bingegen bei Scotus ob. Anm. 90.
368) Eaepos. s. libr. Prior. f. 2 r. A : Logica modum et rationem discernendi
debet determinare ; sed ratio discernendi secundum Boethium duas habet partes, sc.
inventionem et iudicium (Abschn. XII, Anm. 76)..... Logica simul determinat sci
enliam et m0dum sciendi; et n0n est inconveniens, est enim logica de m0d0 sciendi,
unde p0test illa se ipsam reclificare ...... (B) Ars inveniendi in Topicis et Elenchis,
ars autem iudicandi in Prioribus et Posterioribus traditur.
369) Evpos. s. libr. Poster. f. 2 r. B: Ne in conceptionibus erretur, necesse fuit
tradere scientiam libri Praedicamentorum ...... Ne in formando enuntialionem erretur,
necesse fuit invenire scientiam libri Periermenias . . . . . Ne in syllogizando et indu
cendo conclusiones eæ principiis error accideret, necesse fuit invenire illam partem
logicae traditam in arte nova, ubi de omni syllogismo traditur nolitia. Ebenso Evpos.
s. libr. Elench. f. 2 r. B.
370) Eaepos. s. art. vet. f. 3 v. B: Quaeritur, utrum syllogismus sit subieclum
in logica. El arguitur, quod non. Nam sicut se habet subiectum ad scienliam, ita
pars subiecli ad partem scientiae ; sed in aliqua parte logicae, ut in libro Elench0
rum, non est subieclum aliqua pars syllogismi (vgl. ob. Anm. 243)..... Nihil est
subiectum , totius el partis; sed syllogismus est subiectum in parte logicae, ergo non
erit subiectum in tota logica ...... In oppositum arguitur: Illud est subiectum in
aliqua scienlia, cui attribuunlur omnia determinata in illa scienlia; sed omnia deter
minata in logica allribuuntur syllogism0; ergo..... Ad hanc quaestionem contradicunt
quidam, quod ens (muss heissen ens rationis, s. sogleich) est subiectum in tota
logica, quia de- omnibus ibi praedicatur determinatis. Alii dicunt, quod hic sit sub
ieclum actus ralionis, qui est tripleæ, sc. simplicium apprehensio, c0mp0sit0rum in
telligentia, intellectorum collalio. - Alii dicunt, quod modus sciendi, qui est similiter
tripleæ, sc. diffinitivus, divisivus, collectivus. Sed dicendum, qu0d syllogismus n0n
differt ab istis, prout etiam ponitur subiectum; nam idem est, quod aclus rationis et
quod ens rationis, et una pars modus sciendi, sub quo alii ad minus comprehenduntur
materialiter; nam in syllogismo ponuntur termini, qui diffiniuntur et etiam dividuntur.
Et ila dic0, quod syllogismus est subieclum.
371) Eaepos. s. libr. Elench. f. 2 v. A: Etsi aliquo modo de actibus rationis sit
logica, proprie tamen non est de actibus, sed est de intentionibus et conceptibus, qui
formanlur per huiusmodi actus ...... • Dialectica ergo, quae proprie rationalis est,
magis erit de huiusmodi conceptibus, quam de ipsis actibus ..... (B) In intelligendo
1 7 *
260 XIX. Aegidius Romanus.
Schon dieses eklektische Herumtappen zeigt uns den Aegidius als
einem Geistesverwandten des Albert, und so wird nun auch die Univer
salienfrage von ihm in einer Weise erledigt, dass der ursprüngliche
Thomismus manche Erweiterung oder Abschwächung erfährt. Er gibt
einmal eine kurze Charakteristik der Ansicht Plato's und jener des Ari
stoteles, in welch letztere er einen sowohl dem Thomas als auch dem
Scotus mundgerechten Dualismus hineininterpretirt, und fügt ausserdem
noch eine dritte Annahme hinzu, welche nach ihrem Wortlaute die meiste
Aehnlichkeit mit Aussprüchen des Roger Baco hat*"*). Auch eine andere
Stelle ist ohne grossem Belang, insoferne nur gesagt wird, dass die Uni
versalien aussagbar und vervielfältigbar sein müssen, sowie dass sie nicht
selbstständig für sich, sondern nur in anderen Wesen existiren und dort
dann ihre verschiedene singuläre Determination finden *"*). Hingegen da,
wo er die Frage erörtert, ob die Universalien in der Seele oder in den
äusseren Dingen seien, gelangt er nach Anführung der beiderseitigen
Gründe zu dem merkwürdigen Ausspruche, dass, obwohl es neben dem
„in anima“ und dem „eaetra“ kein anderweiliges Drittes gebe, demnoch
die Sache an sich (res de se), welche nur als erkannte ein Universale
sein kann, weder in der Seele noch im äusseren Dinge sei, d. h. doch
wohl, dass man von der „Sache an sich* überhaupt nicht reden könne,
hingegen als Universale sei der Gegenstand des Erkennens nicht ausser
halb der Seele , denn es komme ihm da Gemeinsamkeit zu, welche in
den äusserem Dingen nicht sei; kurz er umschreibt den Dualismus des
Thomas mit Ausdrücken des Scotus, wie z. B. species informans und
referre, mit welchen er wieder die Terminologie des Ersterem, z. B.
abstrahere und similitudo, verbindet, und so kommt er zuletzt mit sco
tistischer Wemdung zu dem Resultate, dass das Universale in seinem for
mellen Sein in der Seele und nach dem materiellem Sein in den äusserem
conclusiones in principiis formamus syllogismum; libri ergo artis novae non erunt de
actu intelligendi, qu0 inlelligimus conclusiones in principiis, sed de syllogismo, qui
formatur per talem actum. Patet ergo, de quo sit logica universaliter, quia est de
huiusmodi conceptibus et intentionibus formatis per actum intelligendi, Ebenso De
part. philos. essent. p. 1 f.
372) In I Sentent., Dist. XIX, Qu. 1, art. 1, p. 389 A : De universali sunt
diversi modi dicendi. Nam Plulo posuit, universalia esse abslracla; volebat enim,
de omnibus rebus esse multa per participationem et unum per essenliam...... (B)
Alia positio universalis fuit Aristotelis, qui voluit, quod universale est id, quod prae
dicatur de rebus nec proprie est substantia, eo quod est commune mullis nec habens
proprium esse nec per se esse ; hoc autem universale nec est quid reale solum nec
quid rationis solum, sed quantum ad esse materiale est quid reale et est in parti
cularibus, esse tamen formale recipit ab anima ...... Isti autem • duplici modo uni
versalis superadditur modus tertius, sc. quod species, quae est in intellectu abstracta,
dicilur universale, eo quod habet respectum ad plura, non quia de pluribus prae
dicatur, sed quia pluribus est similis. S. Abschn. XVII, Anm. 571, 573, 577.
373) Ebend. Dist. XXV, Qu. 1, art. 2, p. 480 B: Ad esse , universalis quatuor
concurrunt: Prim0, qu0d praedicelur de pluribus ..... , secundo, qu0d plurificetur in
illis....., tertio, quod non significet per modum hypostusis sive per modum per se
subsistentis, sed quod significet per modum existentis in alio......, quarto, quod in
his, in quibus eæistit, habeat aliud et aliud esse, nam homo non secundum idem
esse est in Socrate et Plalone. Das einzig Entscheidende in dieser Aufzählung ist
eine antiplatonische Tendenz, welche sich aber, wie wir nun schon so oft sahen,
fast won selbst verstand.
XIX. Aegidius Romanus. 261
Dingen sei *"*). Jenes räthselhafte Dritte aber, nemlich die „Sache an
sich* entpuppt sich so als die „species intelligibilis“ des Scotus, welehe
als potenzielle intentio das Mittlere zwischen Sinneswahrnehmung und
Denken sei*7°). So kanm Aegidius mit der Passivität, welche Scotus dem
Denken zuwies, eimverstandem seim, da „passio , similitudo, intellectus,
conceptus“ all das Nemliche seien*7°), und er kann zugleich mit dem
sog. Empirismus des Aristoteles, welchem ja auch Thomas eine Berech
tigung zugestand, sympathisirem, da nach einer aristotelischen Stelle die
Seele an sich eine tabula rasa sei 377). Und wiederum kann er das
„esse essentiae“ des Scotus beiziehen, welches eben der Denkbetrachtung
(consideratio apud intellectum) unterliege und in seinem Ansichsein Sache
der prima intentio, aber als Universale Gegenstand der secunda intentio
sei*'°); ja mit diesem Begriffe der consideratio gelangt er zu einer
374) Eaepos. in art. vet. f. 3 v. B: Quaeritur, utrum universalia habeant esse
in anima vel in re eaclra. Et arguitur, quod in re eætra ; nam universale est in illa
natura, quae praedicatur de pluribus, sed res eætra est huiusmodi. Secundo sic:
Universale est in eo, cui accidit (s. Abschn. XVlI, Anm. 392) intentio universalis,
sc. genus et species; sed istae intentiones accidunt rebus eaelra. In oppositum ar
guitur: 0mne, quod est in re eaetra, est particulare signatum per materiam (s. ebend.
Anm. 519); sed universale non est particulare, ergo non est in re eaetra. Secundo
sic: Si universale esset in re eætra, sic bene praedicaretur, ut diceretur „Socrates
est universale“; sed hoc est falsum ; ergo universale non est in re eaetra. Dicendum
ad hanc quaestionem, quod res de se non est universalis nisi in eo, quod intelligi
tur; nam res de se non habet esse in anima nec in re eaetra. Licet non sit dare
tertium esse, quin sit in anima vel in re eætra, tamen de se in nullo horum est.....
f. 4 r. A: Secundum esse universale non est eactra animam , nam de ratione univer
salis est, ut silii praesint duo, sc. civitas (natürlich zu lesen unitas) et communitas;
in re autem eætra nihil est commune (vgl. bei Scotus, ob. Anm. 100 u. 121). Prout
autem illa res et illa natura est in anima per suam speciem, adhuc potest considerari
duplieiler. Uno modo, prout informat animam, et sic est res singularis (die „species
informans“ des Scotus, ob. Anm. 110); alio modo, prout habet esse in anima et
ulterius refertur ad res eætra, et sic est universalis (das „referre* s. Abschn. XVII,
Anm. 377 u. 392 und bei Scotus Amm. 125)..... Res intellecta significata (ebenso,
ob. Anm. 129 ff.) per ista nomina ,,homo, animal“ potest dici universale, prout est
intellectus abstractus, i. e. secundum quod similitudo (s. Abschn. XVII, Anm. 393
u. 395) apprehensa ab anima refertur ad rem, cuius est similitudo; et illa talis res
non est in anima nisi sicut obieclum in potentia, quam perficit, sed est in re eaetra.
Et sic patet solatio, ..... quod universale secundum esse formale est in anima (also
die scotistische „formalitas“, ob. Anm. 129, 133, 147 ff.), secundum esse materiale
est eactra animam, ut dicatur universale illud, cuius est intellectus abstractus et simi
litudo eius est apprehensa ab anima.
375) Quodlib. III, 11, p. 170 B: A sensibili ergo in medio, quod est intentio
in potentia, causatur species intelligibilis in medio, quae est intentio in actu; .....
ab huiusmodi autem intentione in actu eæistente in medio causatur intentio in sensu.
...... p. 171 A: Ab hoc ergo eaetremo, quod est solum potentia intelligibile, ad hoc
aliud eaetremum, ut ad intellectum, per quem sumus inlelligentes actu, non est transi
tus nisi per medium, ut per speciem intelligibilem. S. ob. Anm. 111.
376) Eaepos. in art. vet. f. 47 v. B: Illa quatuor nomina, sc. passio, similitudo,
intellectus et conceptus, idem penitus significant. S. bei Scotus, Anm. 114 u. 127.
377) Ebend. f. 2 r. A: Intellectus est in potentia passiva ad intelligendum quod
libet intelligibile, quod patet per ipsum philosophum dicentem , quod anima in prima
sui creatione est tanquam tabula rasa, in qua nihil est depictum (s. Abschn. IV,
Anm. 97). Ebenso in II Sentent., Dist. XXVIII, Qu. 1, art. 1, p. 360 A.
378) Quodlib. II, qu. 6, p. 62 B: Res considerata secundum esse essentiae habet
esse rationis, et intellectus est ille, qui fertur in ipsam essentiam secundum se ; et
ipsa essentia creata secundum se non habet esse, sed solum habet considerationem
262 XIX. Aegidius Romanus.
blossem Relativität des Universellen umd des Particularem, welche uns nicht
mur an Gottfried von Fontaines und Johannes Parisiensis, sondern fast
noch treffender an diè Status- und Indifferenz - Lehre des 12. Jahrh.
erinnert 879).
Auch bei der Frage über das Princip der Individuation zeigt uns
Aegidius den gleichen Halb-Thomismus, denm allerdings hält er sich an
das „hic et nunc“, durch welches die Einzelndinge von den ewigem Uni
versalien unterschiedem seien*°°), und er verlegt so die Individualisirung
in die quantitativ auftretende Materie **'); aber indem er diesen Thomis
mus gegen die Pariser Censur Tempier's, welche er als voreilig und
unüberlegt bezeichnet, vertheidigen will, hegründet er die Möglichkeit
immaterieller Individuem ebenso, wie Alexander v. Alessandria, in sco
tistischer Weise auf das esse selbst, durch welches ja auch allein die
Form der Existenz bestimmt sein könne ***), — eine Erklärung, welche
freilich zuletzt, wie bei Göthals und bei Johannes Parisiensis, an Gottes
Allmacht appellirt***).
apud intellectum (vgl. Scotus, ob. Anm. 135 ff.). Unde esse essentiae, prout est
aliud ab esse naturae, est esse secundum intellectum, et esse essentiae non differt ab
esse universalitatis, quasi unum sit esse rationis et non aliud, ut isti videntur. dicere,
dum volunt, quod res, ut habet esse particulare, habeat esse naturae, ut vero habet
esse universale, habeat esse rationis, ut autem habet esse essentiae, habeat esse, quod
nec sit esse naturae nec esse rationis. Ulrumque enim, tam esse universalitatis quam
esse essentiae, est esse rationis; sed esse essentiae est rationis tanquam inlenlionis
primae, esse universalitatis est rationis tanquam intenlionis secundae. Vgl. ln I
Sentent., Dist. XXX, Qu. 1, art. 3, p. 571 A.
379) In III Sentent., Dist. XXIII, Qu. 1, art. 1, p. 584 B: Eadem res considerata
cum conditionibus materiae est particularis, sine conditionibus est universalis, et ut est
particularis, est corruplibilis, ut universalis incorruptibilis ..... Aliter et aliter con
siderata potest esse universalis et particularis. Vgl. ebend. Dist. XII, Qu. 2, art. 3,
p. 475 B. In II Senlent., Dist. III, 2, Qu. 2, arl. 4, p. 255 A, S. ob. Anm. 70 u. 74.
u. Abschn. XIV, Anm. 85, 129, 137, 141.
380) In I Sentent. Dist. XV, 2, Qu. 1, art. 3, p. 292 B: Universalia sunt
aeterna, non quod non inceperint esse, sed quia sunt , abstracta a conditionibus ma
teriae, quae sunt hic et nunc, ratione quarum variabilitas temporum habet esse. S.
Abschn. XVII, Anm. 520.
381) Quodlib. I, 11, p. 24 B: Hoc ergo modo fit individuatio, quia materia
habet esse eaetensum per quantitatem, et in diversis partibus materiae recipiuntur
diversae formae ; forma dividitur et divisa individuatur per materiam eaclensam; sed
cum extensio per quantitatem fiat, ad quanlitalem est recurrendum, cum loqui volu
mus de individuatione corporum. Ebenso In Il Sentent., Dist. III, 1, Qu. 1, art. 1,
p. 163 A.
382) Ebend. II, 7, p. 65 A: Dicendum, quod de hoc sit articulus Parisiensis
(s. ob. Anm. 13)...... 0ptandum ver0 foret, quod maturiori consilio tales articuli
fuissent ordinali, et adhuc sperandum, quod forte de iis in poslerum sit habendum
consilium sanius...... (B) Forma sub duplici respectu considerari potest; primo enim
potest comparari ad materiam, secundo ad esse ...... p. 66 A: Dicere possumus,
quod ..... , quando forma determinatur per esse, non sit inconveniens, esse, plura in
eadem specie, quia tunc illa plura per se et primo differunt per esse...... p. 67 B:
Sicut materia aliquando unitur propter formam, aliquando forma diversificatur propter
materiam, sic aliquando esse unitur propter formam, aliquando forma plurificatur
propler esse ...... p. 68 A: Imaginandum est enim, quod secundum naturae cursum
deus det tantum de esse ipsis substantiis separalis, quantum possunt ipsae recipere.
S. ob. Anm. 251.
383) Ebend. 18, p. 96 B: Consuevit communiter dici, quod , secundum naturae
cursum animae individuentur in suis c0rp0ribus, ..... et, p0slquam separatae sunt a
XIX. Aegidius Romanus. 263
An die gleichen Vorgänger, nemlich an Gottfried v. Fontaines und
Johann v. Paris, schliesst er sich auch betreffs der unitas formae am,
nur verbindet er mit der Ansicht derselben, dass die Mehrheit der Formen
nur in der subjectiven Denkauffassung liege, das Motiv des Scotus, wor
mach die Wesens-Einheit jedenfalls auf Eimer letzten abschliessenden Form
beruht ***), so dass neben und trotz dieser Einheit durch die denkende
Betrachtung in Einem Wesen immerhin mehrere wirkende Principien er
fasst werden können *°°). Und sowie er darauf hinweist, dass bei Sub
stanzen die reelle pluralitas formarum in Conflict mit dem christlichen
- Dogma komme, so hält er auch für die Accidentien die Einheit der Form
aufrecht, da dieselben nur mach dem Grade der Intemsität ihrer einheitlichen
Form eine Manigfaltigkeit an sich tragen*°°), weleh letztere, d. h. intensio
et remissio, er gelegentlich an dem schon bei Scotus vorkommenden Bei
spiele des Warmem und Kalten darlegt ***). -
Was die Einzeln-Exegese des 0rgamons betrifft, so treten aus der
selben, wie schon oben bemerkt wurde, mur etliche Punkte als erwäh
menswerth hervor; nemlich dass Aegidius bezüglich der Schrift De seae
principiis, welche er in umerträglicher Weitschweifigkeit commentirt, nicht
einmal gewiss weiss, ob dieselbe wirklich von Gilbert, oder nicht viel
corporibus, suam distinctionem retinent secundum esse, quod acquisiverunt in cor
p0ribus ..... Posset tamen deus, si vellet, sine corporibus individuare animas; posset
enim dare animabus tale esse signatum sine corpore, qu0d est aequale illi esse,
quod habent, quando infunduntur corporibus (d. h. der liebe Gott kann vermöge
seiner AIImacht auch Unsimn treiben). Ebenso In I Sentent., Dist. IV, Qu. 1, art.
3, p. 108 A. Vgl. ob. Anm. 48 u. 73.
384) De esse et essentia, qu. 10, f. 24 r. A: In corporibus animatis ...... m01,
sunt plures formae nec plures naturae nisi secundum rationem (vgl. Anm. 70 u. 74)
- • • • • • Quod anima sentit et intelligit, eae hoc non arguitur, quod sint diversa esse,
sed solum concluditur, quod in ea sint diversae qualitales et diversae potentiae.....
Esse non numeratur secundum formas partis, sed solum secundum formas totius, vel
si numeratur secundum formas partis, hoc erit solum secundum formam ultimam et
completivam, et quod quantumcunque in re ponantur plures formae partis, tamen
semper est ibi una forma totius et una forma compleliva; ideo semper est ibi unum
esse (vgl. ob. Anm. 156 ff.). In III Sentent., Dist. XXI, 2, Qu. 1, art. 3, p. 565 A:
Una igitur forma secundum rem et plures formae secundum rationem.
385) In I Sentent., Dist. VI, Qu. 1, art. 1, p. 134 B: A diversis rationibus sunt
imposita, ..... nam licet sit eadem forma substantialis, per quam homo est subslanlia
et animal et homo, tamen ut per eam est substantia, est principium essendi, ut est
animal, est principium vitae, ut est homo, est principium eius, quod est intelligere.
386) De gradibus formarum, p. 1 (der Druck selbst hat übrigens keine Pagi
nirung): Videtur sufficienter ostendi eae diffinitione accidentium, quod genus in talibus
non conlrahatur per additionem alicuius formae, sed .... solum eæ additione subiecli.
Non ergo in talibus est dare realiter gradus formarum, sed si in eis est dare tales
gradus, hoc erit solum secundum quandam intentionem et rationem; nam de ipsis
accidentibus non diffinitiones reales vel physicae, sed solum intentionales et logicae
dari possunt ..... (p. 2) In ipsa generatione substantiarum forte videretur alicui,
quod ` innolescerent nobis formarum gradus, cum embryo prius vivat vita plantae,
postea vita animalis, ultimo vita hominis ...... Non est generatio enlis, nisi sit ge
meratio unius ..... (p. 3) Quaestio tamen est, utrum ponere plures formas in comp0
sito repugnat his, qüae tenere debemus secundum fidem catholicam..... Gradus enim
formarum primo répugnat morti et passioni Christi, secundo repugnat eius unioni
ll. S. W. -
387) Quodlib. III, 11, p. 153 f. u. VI, 9 f., p. 386 ff. S. oben Anm. 160 f.
264 XIX. Aegidius Romanus. Herveus Natalis.
leicht von Alfarabi oder gar von Aristoteles. selbst (!) verfasst sei *°°);
fermer dass er sieh der Polemik anschliesst, welche Albert und Scotus
gegen die Berechtigung einer vierten Schlussfigur geübt hatten ***), dass
er ebenso, wie wir es bei einem anderen Thomisten sahem (ob. Anm. 331),
das Dictum de omni und de nullo als letzte Principien der Syllogistik
betrachtet, dabei aber dieselben als den ersten „Hammer* bezeichnet,
mittelst dessen die übrigen Hämmer geschmiedet werdem °°°); endlich
dass er betreffs der Definition des Mittelbegriffes (wahrscheinlich anderen
Logikern gegenüber) die ächt aristotelische Ansicht vertrat°°!).
Auch Herve u s Natalis (oder Brito, gest. i. J. 1322) gehört zu
dieser Gruppe der Halb-Thomisten, unterscheidet sich aber durch schär
feres Denken sehr zu seinem Wortheile von Aegidius und Anderen. Wir
besitzen von ihm einen Commentar zum Sententiarius °°°), Quodlibeta
nebst acht anderweitigen Tractatem, unter welchen De unitate - formae
hieher gehört °°°), und eine Monographie De intentionibus 394). Was die
Aufgabe der Logik betrifft, so bestreitet Herveus die Ansicht, dass sie
388) Eaepos. in art. vet. f. 31 v. B: Causa efficiens huius libri ignoratur (es
war nemlich durch Albertus Magnus üblich gewordem, nach Art der Commentatorem,
s. Abschn. XI, Anm. 141 , in der Einleitung zum Commentare einer jeden Schrift
verschiedene Fragen zu beantworten); quidam dicunt, quod fuit Aristoteles, alii
dicunt, quod fuit Alpharabius, alii dicunt, quod fuit Gilbertus Porretanus ...... Hic
liber dividitur in partes tres, sc. in anteprincipia, principia et postprincipia.
389) Evpos. s. libr. Prior. f. 10 r. B: Videtur, quod quarta deberet esse figura,
ubi medium praedicaretur de primo et subiiceretur postremo ..... Et dicendum, quod
medium syllogisticum aut habet conditionem primi in Ordine praedicabili, et tunc est
figura secunda, aut conditionem ultimi, et tunc est figura tertia, aut conditionem
medii in ordine praedicabili, et tunc est figura prima ...... Patet igitur, cum non
sint nisi tres dictae conditiones medii, non potest esse figura alia. S. Abschn. XVIl,
Anm. 466 u. ob. Amm. 207.
390) Eaepos. s. libr. Poster. f. 3 v. A: Si aliquis faber fabricaret omnem mar
tellum, non posset per martellum aliquem omnem martellum fabricare, quia tunc ille
martellus fabricaret se ipsum ..... Est tamen aliquis syllogismus, qui probat et roborat
omnem syllogismum..... In quibuscunque syllogismis est principium ,,dici de omni“
vel „dici de nullo“, illi sunt perfecti syllogismi ...... Reducuntur ad propositionem
hanc, quod non contingit simul esse et non esse. Um Spinoza's willem mag das
Gleichniss (s. Abschn. XVII, Anm. 104 u. 366) beachtenswerth sein.
391) Eaepos. s. libr. Elench. f. 67 v.— 70 v. findet sich unter dem Titel Quaestio
defensiva opinionis de medio demonstrationis Aegidii eine kleine Abhandlung eines
Anhängers des Aegidius über diese Frage. Letzterer nemlich hatte auch schon in
seiner Erpos. s. libr. Poster. f. 122 ff. die Ansicht vertreten, dass bei der demon
stratio potissima es sich behufs des Mittelbegriffes um die Definition der „passiones
subiecti“ handle (s. Abschn. IV, Anm. 699); und da nun Andere die Definition des
Snbjectes selbst für das Haupterforderniss hielten, so polemisirt gegen diese der
Schüler des Aegidius.
392) Hervei Britonis ..... in quattuor Petri Lombardi sententiarum volumina.
Venet. 1505. fol.
393) Die älteste Ausgabe (ohne Titelhlatt: Herwei Britonis .... quattuor quo
libeta feliciter incipiunt. Venet. 1486. fol.) ist unvollständig. Das Gänze ist 7 nur
gedruckt in: Subtilissima Hervei Natalis Britonis ..... quolibeta undecim cum octo
ipsius profundissimis tractatibus ..... De beatitudine, De verbo, De aeternitate mundi,
De materia coeli, De relatione, De pluralitate (im Titel des Tractates selbst, f. 71 r. A,
steht hingegen richtiger De unitate) formarum, De virtutibus, De motu angeli. Venet.
1513. fol.
394) Herwei Britonis theologi eaecellentissimi ..... liber de intentionibus feliciter
incipit. S. l. e. a. 4. -
XIX. Herweus Natalis. 265
actus intelligendi zum eigentlichen Gegenstande habe (vgl. ob. Anm. 370),
da hieraus folgen würde, dass sie eine praktische Disciplin sei, und selbst
wenn man diese Consequenz nicht ziehen wolle, jedenfalls jener actus
intelligendi nicht ein Erzeugniss der Logik selbst sei, sondern auf natür.
lichem Wege von den vorgestellten Dingen hervorgerufen werde; und da
eben das Wie dieser Entstehung vom Logiker untersucht werde, seien
sonach die entia rationis, welche vorstellungsweise (obiective, s. sogleich
unten Anm. 399) im Denken sind, der Gegenstand der Logik, und der
nominalistische Einwand, dass die Logik die Wortbezeichnungen zu Syllo
gismen ordnend verbinde, falle darum hinweg, weil die syllogistische
Anordnung schliesslich doch gleichfalls von der Natur der Dinge provocirt
werde°°°). So bespricht Herveus den Begriff der intentio; er unter.
scheidet nemlich eine subjective Bedeutung, welche die Modalität des
Vorgestelltwerdens (als species intelligibilis oder als actus intelligendi
oder als conceptus) enthält, und andrerseits eine sachliche Bedeutung, in
welcher die Bestimmtheit (terminatio) des Verhältnisses zwischen Ding
und Worstellung, folglich auch das Ding selbst als vorgestelltes liegt; und
insoferne bei letzterer Bedeutung wieder die übliche Unterscheidumg einer
prima und secunda intentio gemacht wird, sucht er den schwierigeren
Begriff der prima intentio genau festzustellen; nemlich die sachlich ge
nommene intentio könne entweder „abstract“ (s. bei Scotus ob. Anm. 128)
als ledigliche intentionalitas selbst, d. h. als das Aufgefasstsein über
haupt, oder „concret* als der Gegenstand der Auffassung verstanden
werden, und im letzteren Falle wieder könne man den Gegenstand ent.
weder gleichsam als Gefäss der begrifflichen Auffassung oder gleichsam
als Zielscheibe der begriffsmässigen Namenbezeichnung nehmen; und nun
von diesen drei Bedeutungen enthalte weder die erste (als blosse Ab
straction) noch die zweite (als concrete Werflechtung), sondern nur die
dritte (als Quelle der Wortbezeichnung) den wahren Begriff der intentio
prima°°°). Stimmt nun letzteres völlig mit Scotus überein (s. ob. Anm.
395) Quodlib. I, 3, f. 8 r. B: Cum logica sit de actu intelligendi, qui est quod
dam operabile a nobis, ut videtur, ergo logica erit practica ..... (v. A) Dicendum,
qu0d videtur quibusdam, qu0d logica non sit de actu intelligendi ut de obiecto, sed
de entibus rationis consequenlibus res, ut sunt obiective in intellectu, quae non fiunt
α nobis per habitum logicae, sed fiunt in nobis ab ipsis rebus sic eae natura sua
ordinate moventibus intellectum nostrum. Secundo dico, quod dato, quod actus in
telligendi obiectum esset ipsius logicae, non tamen ipsa logica esset practica, quia
actus intelligendi, qui consideratur in logica, non fit in nobis per logicam, sed fit in
nobis naturaliter ab obiectis, unde homo per logicam non considerat, qualiter faciat
actum intelligendi, ..... sed qualiter actus intelligendi fit ab obiectis naturaliter in
nobis. Et si arguatur conlra, quia docet facere syllogismum, respondeo: Si intelligas
per „facere syllogismum“ sic ordinare voces significativas, sic potest fieri per logicam
syllogismus ; si autem intelligas talem ordinem motionis intelligendo res, sic logicus
non facit talem ordinem, sed natura rei sic movens.
396) De intent., f. 1 v: Uno modo dicitur intentio eæ parte ipsius intelligenlis,
sc. omne illud, quod per modum alicuius repraesentationis ducit intellectum in cogni
tionem alicuius rei, sive sit species intelligibilis sive actus intellectus sive conceptus
fmentis ...... Alio modo dicitur intentio, quod se tenet eae parte rei inlellectae, et
h0c modo dieitur inlentio res ipsa, quae intelligitur, inquantum in ipsam tenditur
sicut in quoddam cognitum per actum intelligendi, et intenlio sic dicta formaliter et
in abstracto dicit ..... terminationem, quae est quaedam habitudo rei intellectae ad
actum intelligendi....... Prima intentio concretive et materialiter dicit illud, quod
266 XIX. Herveus Natalis.
127), so gilt das Gleiche auch von dem hiemit verwandten Grundsatze,
dass die entia rationis überhaupt nicht mit realer Gegenständlichkeit im
Denken auftreten, sondern mur Dasjenige enthaltem, was aus dem realem
Dingen in der Werkstätte der Worstellung erfolgt *''); und wenn hier
nach die Wahrheit als „Uebereinstimmung des Dinges mit jenen seimen
in der Worstellung erfassten Folgen* definirt wird und die verschiedenen
Modalitäten dieser „Folgen* das Motiv der Eintheilung der Logik dar
bietem, so wird eben diese in Ausdrücken dargelegt, welche gleichfalls
bei Scotus sich findem °°°). Indem aber dabei die Wortbezeichmung, d. h.
obige intentio prima, für alle logische Thätigkeit als Woraussetzung gilt,
kann num die Frage über dem eigentlichen Gegenstand der Logik. völlig
präcis dahin beantwortet werden, dass ens rationis und intentio secunda
und jene „Folgen des Dinges in der Vorstellung* all das Nemliche sind
und so dem Inhalt der Logik ausmachen, welche ehen hiedurch dem ge
meinschaftlichen modus des wissenschaftlichen Verfahrens darbiete *°°).
Bei solcher Auffassung der intentio secunda und des Begriffes der
Wahrheit versteht es sich von selbst, dass mun auch die Universalien nur
intelligitur...... Quae conveniunt rebus secundum quod sunt obiective in intelleclu,
sicut est „abslractum“ et ,,universale“ et similia, ista pertinent ad secundam inten
tionem. Ebend. f. 7 v.: Intenlio, prout se tenet eae parte rei intellectae, dupliciter
potest accipi, sc. in abstracto ipsa intenlionalitas et in concreto pro eo, cui ista in
tentionalilas convenit; et hoc dupliciter adhuc, quia illud, cui talis intenlionalitas
convenit, sc. res intellecta, potest accipi, ut includit inlentionem istam, ..... vel potest
accipi absolute pro eo, cui illa intentionalitas convenit, non ut includit, ipsam de
nominantem (dass jedoch denominans zu lesen ist, zeigen die sogleich folgenden
Worte). Isla tria se habent quantum ad accidens rationis sicut in accidente reali
se habent albedo, album et corpus ...... f. 8 r.: Si accipiatur intentio in abstracto,
sc. ipsa intentionalitas, sic nec „homo“ nec „Socrates“ dicit primam intenlionem; si
autem accipiatur in concrelo includendo ipsam intentionem denotunlem, sic adhuc
„homo“ vel „Socrates“ non signant primam intentionem, sicut nec corpus signat esse
album; si autem accipiatur prima intentio pro eo, quod ab illa intentionalitate de
nominatur, sic tam „homo“ quam „Socrates“ dicunt primam intentionem. Ebenso
Quodlib. I, 9, f. 20 r. B.
397) Quodlil). III, 1, f. 68 r. B: Entia rationis non dicunt aliquid eæistens rea
liter subiective in intellectu vel in aliqua natura reali, sed dicunt ea, quae c0nse
quuntur rem, prout est obiective in intellectu. S. ob. Anm. 105.
398) Ebend. f. 69 r. B: Veritas est quaedam conformitas rei ad id, quod de
ea intelligitur consequens rem, ut est obiective in intellectu enunliativo ...... (y. B)
Quaedam entia rationis sine secundae intentiones consequuntur intellectum simplicem,
sicut universale, singulare sive consimilia ; quaedam consequuntur rem, ut est 0bieclive
in intellectu enuntialivo, sicut est oppositio, contradictio, contrarietas, veritas et fal
sitas; quaedam consequuntur rem, prout est in intellectu discursivo, sicut antecedens
et consequens et similia. Et sic patet, ..... quod veritas dicit habitudinem rationis
sive ens rationis. S. ob. Anm. 91.
399) De intent. f. 64 v.: Logica est de secundis intentionibus ut de primo et
per se subiecto, non sic intelligendo, quod omnes secundae , intentiones sint primum
et per se subiectum ipsius logicae vel sunt partes subiectivae ipsius primo et per se
sul)iecti, sed sic intelligendo, quod ipsa est de aliqua secunda intenlione sive de
aliquo ente rationis ut de primo et per se subiecto, quo continentur aliquae partes
subieclivae ..... Illa scientia, quae considerat principaliter res quantum ad ea, quae
consequuntur eas, prout sunt obiective in intellectu, est de secunda intentione sive
de ente rationis ut de primo et per se subiecto; sed logica est huiusmodi. Ebend.
f. 73 v.: Consideralio talium enlium rationis quantum ad ea, quae eis secundum se
et in suo esse rationis competunt, valet ad habendum modum communem procedendi.
XIX. Herveus Natalis. 267
vorstellungsweise im Denken liegen 400), und Herveus sagt ausdrücklich,
dass die Gattungs- und Art-Begriffe als solche nicht sachliche Einheiten,
sondern mur denkmässige Unterscheidungen seien*'''), d. h. er spitzt eine
Ausdrucksweise des Thomas (s. Abschm. XVII, Amm. 497) nach der Seite
hin zu, dass das Zusammentreffen der 0bjecte in einem höheren Begriffe
und ihre Gemeinsamkeit erst im Demken vorstellungsweise zu einer Ein
heit (unitas communitatis) sich gestalte 403); und hiemit tritt wie bei
Albert (Abschn. XVII, Amm. 384) der natürliche Bestand dem logischem
Demken dualistiseh gegenüber, indem das genus naturale als solches micht
aussagbar, sondern nur Gegenstand einer matürlichen Veränderung (trans
mutatio) sei , hingegen das genus logicum die Einheitlichkeit des Seins
und zugleich die Bestimmbarkeit der Specialisirung enthalte und so Gegen
stand der Wissenschaft sei 408). So erblicken wir dennoeh schliesslich
auch hier jemen gewöhnlichen Dualismus, in welchem sich Thomas und
Scotus die Hand reichen konnten 404), wenn auch die Terminologie der
400) In I Sentent., Dist. 19, Qu. 3, f. 40 v. B: Primum et per se obiectum in
tellectus non est verum, sed ens ...... f. 41 r. B: Veritas est ens rationis pertinens
ad intentiones secundas; talia aulem non ponunt aliquid secundum rem in aliquo
sicut in subiecto, sed secundum rationem intelligendi tantum ... . secundum quod est
obiective in intellectu ...... Et sic ista conformitas, quae veritas dicitur, contingit
rei et est in re secundum rationem intelligendi ...... Et ide0 talia dicuntur esse in
intellectu, sicut veritas et universale et similia, ..... quia non conveniunt rebus nisi
prout sunt obiective in intellectu.
401) In II Sentent., Dist. 3, Qu. 2, f. 8 v. A: Divisio generis in species vel
speciei in individua non est divisio secundum rem, sed seeundum rationem, quia ibi
illud, quod dividitur, non est unum secundum rem, sed secundum rationem intelli
gendi; quum enim unum lignum scinditur seeundum rem, unum lignum dividitur in
duo ligna, quae erant antea partes integrales, .... et quando lignum in communi
dividitur in hoc lignum et illud, .... non est unum re, sed unum ratione, quia
indistincte intellectum dividitur in ligna particularia sicut in partes subiectivas.
402) Quodlib. I, 9, f. 20 r. B: Convenientia hominis et equi in animali potest
attendi quantum ad duo, sc. quantum ad hoc, quod animal convenit homini et equo,
et ..... hoc est eae natura rei et est quid reale, quia eæ natura rei homo habet, quod
sit animal; et quantum ad unitatem ipsius communis, et .... hoc est secundum ra
tionem tantum, quia unitas et indeterminatio, qua obiicitur animal ut unum obiectum
indeterminatum ipsi intellectui, consequitur animal, ut est obiective in intellectu, licet
habeat fundamentum a re.
403) In II Sentent.,, Dist. 3, Qu. 3, f. 9 r. A: Dupleæ est genus, sc. naturale
et logicum. Genus naturale non videlur mihi esse aliquid commune praedicabile,
communitas enim cuiuscunque praedicabilis, quodcunque sit illud, est communitas
rationis tantum, et ideo non est ibi unitas nisi logica, quae facit genus logicum.
Unde non videtur mihi, quod communitas, qua conveniunt homo et equus in animali,
sit eommunitus in genere naturali, immo in genere logico, sc. ut mihi videtur, per
genus naturale debet intelligi aliquod commune subieclum transmutationis, ...... et
non vocatur genus subiectum scientiae, sed genus subiectum transmutalionis...... De
ratione autem eius, quod est in genere logico, videntur mihi esse tria. Primum, quod
habeat unum modum essendi communem et similem cum aliis, eæ quo sumatur aliquo
modo unitas rationis generis logici. Secundo debet habere quandam potentialita
tem......, ut sit limitatum ad genus et speciem. Tertio, quod sic includat aliquem
actum specialem, per quam determinetur ad speciem. Vgl. Quodlib. I, 9, f. 20 r. A.
Uebrigens beruht die ganze Unterscheidung auf eimer aristotelischem Stelle; s.
Abschn. lV, Anm. 334 u. 392.
404) Quodlib. I, 9, f. 20 v. A: Praedicamenta vel genus generalissimum dupliciter
potest accipi: uno modo pro ipsis intentionibus praedicabilitatis et generalitatis, alio
modo pro rebus, in quibus tales intentiones fundanlur. Ebend. f. 22 v. B: Distinctio
268 XIX. Herveus Natalis.
Gegensätze zwischen esse formale und esse materiale*°°) oder besonders
zwischen esse und eæistere mit Beiziehung der significatio entschiedem
dem Scotismus näher liegt*°°), welchem ja auch die Ausdrücke natura
und suppositum angehören *""). Darum nimmt bei Herveus aueh die
Beantwortung der Frage, wie die allgemeinen Begriffe aus der Singu
larität der Erfahrung hervorgehen können, d. h. die Erörterung der tho
mistischen abstractio, einen Charakter an, welcher zwischen den Ansichten
des Thomas und des Scotus in Mitte steht und doch zu beiden hinüber
schwankt (vgl. ob. Anm. 121—125); nemlich das abstrahere sei weder
ein removere noch ein imprimere, sondern nur motio intellectus, welche
in aristotelischem Sinne von den Einzelndingen provocirt aus einem po
tenziellen Zustande zur Actualität führe *°°); und auf einem solchen
Rückhalte fussend kann Herveus in Einem Athemzuge die Begriffe
idea, similitudo und des Scotus species intelligibilis zugleich ver
werthen 409).
entis in substantiam, quantitatem etc. est distinctio vel in diversas res vel in ea,
quae aliquam diversam realitatem important, et quantum ad hoc nihil facit operatio
inlellectus; quantum autem ad dislinctionem entis in ista, prout praedicamenta sunt,
sc. prout praedicamentum accipitur pro secunda intentione, ..... sic facit operatio
intellectus.
405) In I Sentent., Dist. 35, Qu. 1, f. 52 v. B: Acceptio absoluta formae est
eius acceptio secundum esse formale, et acceptio eius secundum esse contractum est
eius acceplio secundum esse materiale.
406) Ebend. Dist. 8, Qu. 1, f. 23 r. B: Esse dicit actum essentiae et essentia
dicit eius subiectum in abslracto, ens vero dicit et ipsam essentiam et ipsum esse in
concreto; .... ita „ens“ participium importat formaliter aclum eæistendi et eae modo
significandi imporlat subiectum eius. Vgl. Anm. 135 f.
407) In Ill Sentent., Dist. 1, Qu. 1, f. 2 r. B: Differentia naturae et suppositi
potest atlendi vel secundum differentiam universalis et particularis ...... vel secundum
differentiam, quam habent in singulari ut „haec humanitas“ et „hic homo“...... Si
accipiamus in singulari, ....... differunt quantum ad modum essendi et quantum ad
nodum significandi, cui et correspondet aliquis modus essendi eae parte rei (vgl. Anm.
109, 129 u. 251).
408) ln II Sentent., Dist. 17, Qu. 2, f. 23 v. A: llla abstractio speciei a phan
tasmate est realis actio, qua fit species in intellectu possibili, quae non praedicatur
de phanlasmate, a quo abstrahitur, sicut homo praedicatur de Socrate, a quo abs
trahitur; ergo qua dicitur inlellectus abstrahere a phantasmatibus, non est aliud,
quam quaedam realis motio, qua movetur intellectus a phantasmate vel ad speciem
intelligibilem vel ad actum intelligendi ...... 0pinio est, quod intellectus agens agit
in phantasma non aliquid imprimendo phanlasmali, sed removendo, unde re materiali
et singulari proposita intellectus agens separat a natura universali conditiones indi
ivduantes, quibus impediebatur illa natura...... Alia opinio est, quae ponit, quod
intellectus agens aliquid imprimit phantasmati, in cuius virtute agit, et illud im
pressum est aliqua motio sive immutatio spiritualis ...... Est tertius modus ponendi,
qui videtur mihi magis probabilis, sc. qu0d phantasma dicitur movere intellectum
polentialem in rirtutem intellectus agentis, non quia eæ parte sua aliquid recipiat ab
intellectu agente, sed magis eae parte effeclus.
409) ln I Sentent., Dist. 36, Qu. 1, f. 53 v. A: Idea formaliter dicit formam,
quae repraesenlat, quae quidem forma n0n est formaliter respectus, sed est illud, ad
quod sicut ad per se fundamentum sequitur respectus ...... Unde nec idea nec forma
eæemplaris nec similitudo intelligibilis eæistens apud intelleclum, quam vocamus spe
ciem intelligibilem, est formaliter respectus..... (B) Idea est principium cognoscendi,
prout elicitur aut cognoscitur a cognoscente; nam: quando res- cognoseitur per aliam
prius notam, illud prius notum supponendo speciem mediante specie movet ad cogni
tionem sui et aliorum.
XIX. Herveus Natalis. 269
Hauptsächlich aber interessirt er sich um die zwei brennenden Par
teifragen, nemlich um principium individuationis und um unitas formae,
und in diesen beidem Punkten zeigt er allerdings einen überwiegenden
Thomismus. Was den ersteren betrifft, spricht er vorerst von dem Wor
handensein dreier verschiedemer Ansichten 410), deren erste wir schon
bisher einige Male durchblicken sahem, vielleicht am deutlichstem bei
Aegidius (ob. Anm. 382 f.), aber theilweise auch bei Gottfried von Fon
taines (ob. Anm. 66, vgl. übrigens auch Anm. 308); dieselbe geht dahin,
dass die Individuen einer Gattnng schon in sich selbst durch ihre eigene
essentia in das Einzeln-Dasein treten, indem durch die Wesens-Einheit
selbst eine numerositas essentiae begründet sei, in welcher eben der
Unterschied der Einzeln-Individuem und hiemit das negative Moment der
Individualität liege, so dass die Substanz zu ihrer Individualisirung durch
aus , nicht einer ausser ihr liegenden Beihilfe bedürfe *'*). Wenn man
aber bei Formulirung dieser Ansicht den Begriff „esse“ statt „essentia“
anwende (— womit wohl sicher Aegidius gemeint ist —), so sei diess
von vorneherein unzulässig *'*). Als zweite führt dann Herveus jene der
Thomistem an, welche jedoch den Gesichtspunkten der ersteren nicht ge
nügen könne *!*). Gegen die dritte Annahme aber, nemlich gegen die
des Scotus, polemisirt er ausführlich; nemlich wenn man in der haecceitas
den Gegensatz der Gemeinsamkeit erfasst zu haben glaube, so sei doch
zu bedenken, dass eine sachliche Gemeinsamkeit auch im Stoffe und in
der Form nicht vorliege (d. h. jedes Einzelnding habe seinen eigenem
Stoff und seine eigene Form), hingegen eine logische Gemeinsamkeit ebenso
gut auch der Häcceität zukomme, weil eben die Häcceität selbst in ver
schiedenen Häcceitäten individualisirt werde; und wenn eben die Häcceität
selbst erst noch einer besomderen Determination bedürfe, so gelte das
410) Quodlib. IlI, 9, f. 81 r. A: Utrum materia sit principium individuationis,
- - - - - - sunt lres opiniones.... . Prima est, quod unumquodque se ipso solo est forma
liter distinctum ab omni alio. Secunda est, quod talis distinctio in rebus materia
libus fit per quantitalem. Tertia est, quod nec sic nec sic, sed unumquodque est
distinctum per suam haecceitatem.
411) Ebend.: Prima opinio probatur : ...... Unumquodque genus habet propria
individua nihil includentia nisi rem sui generis, sed hoc non esset, nisi unaquaeque
res cuiuslibet generis se ipsa per essentiam suam individuaretur in se ipsa et dislin
gueretur ab omni alio.... (B) Ab eodem habet unaquaeque res entitatem et unitatem
essentialem ...... Unaquaeque res est diversa numero per essentiam numerositate
essenliae ab alia ...... Illud, quod non addit supra naturam nisi negationem, non
habet aliam causam suae unitatis, quam naturam ...... Individua habent unitatem et
distinctionem numeralem per essentiam suam, non per aliquid additum, .... quia, si
substanlia habet unitatem per aliud a se, aut hoc est, quia materia habet talem uni
talem per formam, aut forma per materiam, aut ambo per quantitatem; sed nullo
illorum modorum natura substantialis potest individuari per aliquid diversum a se.
412) Ebend. VIII, 12, f. 152 v. A : Dicunt multi, quod individuatio est per esse,
quia in esse reali non convenit rei universalilas. Sed hoc non est bene dictum, quia,
licel ipsa universalitas non sit eætra animam, et unaquaeque res sit individua in
suo esse reali, non tamen oportet propter hoc, quod ipsa individuatio sit per esse;
immo essentia magis erit principium individuationis, quam esse.
413) Ebend. III, 9, f. 81 v. A: Quidam tenent, quod divisio numeralis est vel
per divisionem subiectorum sicut in accidentibus vel per quantitatem sicut in sub
stantiis materialibus generalibus et corruptibilibus; sed isti, licet habeant probabiles
raliones, tamen non satisfaciunt rationibus alterius opinionis.
270 XIX. Herveus Natalis.
Gleiche auch von Materie und Form, und es, sei hiemit kein Grund vor
handem, warum die Häcceität in höherem Grade Princip der Individuali
sirung sei, als jene beiden ; wolle man aber die Häcceität völlig von
Materie und Form distinguiren, so könne sie jedenfalls mur entweder eine
Substanz oder eim Aecidens sein ; im ersteren Falle aber komme man
zuletzt doch wieder bei der Materie an, sowie im letzterem bei der
Quantität *!*). Ausserdem auch sei jenes negative Element, welches der
Häcceität einwohne, als Erklärungsgrund der Positivität des Unterschiedes
der Individuen untauglich *'°). Die eigeme Ansicht endlich des Herveus,
hei deren Darlegung er hauptsächlich an die theologische Frage betrefís
der Engel demkt, nähert sich sehr der ersteren , unter dem drei ange
führtem ; nur modificirt er dieselbe dahin, dass die essemtia nur inneres
Princip (intraneum) der Individuation sei, was nicht hindere, dass da
neben zuweilem aueh noch ein äusseres Princip (ea traneum) wirke, d. h.
die vervielfältigende Function der Materie solle nicht geleugnet werden,
wohl aber die Möglichkeit einer Individualisirung ohne Materie offen
bleiben *'°); und in den materiellen gleichzeitig existirenden Dingen sei
414) Ebend. f. 81 v. B: Quod autem haecceitas sit illud, per quod individuum,
est individuum, ...... contra arguo sic : Quando dicitur „illud, quod est commune
multis, non est principium individuandi ipsorum“, aut intelligitur de eo, quod est
commune secundum rem, aut secundum rationem. Si de eo, quod est commune se
cundum rem, .. . . . sic nec materia nec forma est communis, saltem simul entibus
actu ...... Si autem intelligatur de e0, quod est et habet unitatem secundum ratio
nem , tunc haecceitas est ita communis sicut materia et forma isto modo, quia haec
haecceitas est haecceitas, ergo et illa ......, et ideo non plus individuabit haecceitas,
quam materia et forma. Dices, quod haecceitas in communi non est principium in
dividuationis, sed haecceitas signata ...... Conlra: Sicut haecceitas signata non est
communis, sed propria, ita maleria et forma signatae ; et per consequens non plus
individuabit haecceitas signata..... Dices, quod haecceitas dicit signationem formae....
Conlra: Cum haecceitas p0ssit accipi ut communis et ut signata, sicut forma, non
datur ratio, quare dicit signationem formae plus, quam e converso...... Item quaero,
utrum ista haecceitas sit aliquid diversum a materia et forma signatis per ipsam aut
non. Si non, ergo ponis idem principium individuationis, quod etiam materia. Si
sic, quaero, aut est substantia aut accidens aut nihil. Si substanlia, ...... adhuc
incidis in idem cum aliis, sc. quod materia est principium individualionis ...... Si
accidens, ..... relinquitur, quod, si aliquid accidens sit, hoc sit quantitas, et hoc est,
quod ponunt alii (über Letzteres vgl. ob. Anm. 66).
415) In II Senlent., Dist. 3, Qu. 2, f. 8 v. A: Quidam dicunt, quod in omni
specie cuiuscunque naturae ereatae possunt esse plura differentia numero; illud autem,
per quod distinguitur, est, ut dicunt, non ipsa forma secundum se, sed hoc, quod
est esse, indistinctum in se, quod importat negationem divisionis in se ipso, et esse
distinctum ab alio, quod importat negationem, secundum quam hoc non est illud
(vgl. Scotus, ob. Anm. 139)..... Sed istud nihil est dictum, quia negatio pura non
potest distinguere positivum a posilivo.
416) Quodl. III, 9, f. 82 r. B: Animae rationales ...... non plurificantur per
aclualem susceptionem in materia, ..... sed per suas essentias, in quanlum in tali
gradu entilalis sic potenliales sunt...... Rationes inductae , ad primam, opinionem
bene concludunt, quod unumquodque distinguatur numeraliter ab alio per suam essen
tiam sicut per principium intraneum, sed quod praeler hoc non requiratur aliquod
aliud, principium eætraneum..... (v. A) Sufficit, quod illa individua, quantum ad hoc,
quod sunt, et quantum ad hoc, quod distinguunlur numeraliter, intranee distinguantur
per essenliam suam; ...... nihilominus tamen p0ssunt eaetrinsece habere et entitatem
et pluralitatem ab alio a se ...... Ratio non concludit, quod forma nunquam pluri
ficetur per materiam, sed quod quandoque non plurificatur per materiam, sicut in
formis, quae plurificantur in eadem materia successive, vel etiam si qua forma est,
XlX. Herweus Natalis. 271
eben ein Quantitatives der Grund der Individuation, aber selbstverständ.
licher Weise nur die räumliche (d. h. geometrisehe, nicht die arithme
tische) Quantität*''). Sollen somit nur die scotistischen Einwände, welche
gegen Quantität und Materie gerichtet waren, abgewiesen sein 41°), so
muss Herveus dem Thomismus mur noch in der Angelologie auf die Beine
helfen, was er dadurch thut, dass er eine immaterielle Individuation auf
eine Potenzialität, welche der Form in Bezug auf Wervielfältigung ein
wohne, begründet und so ganz hübsch auf den Begriff einer immateriellem
Materie gelangt *!*), welche er recht deutlich als eine quantitätslose be
zeichnet 430).
Auch betreffs der unitas formae unterwirft er die Meinungen An
derer einer Kritik ; nehme man nemlich (wie Lamarre gethan hatte, s. ob.
Anm. 30) von vorneherein eine pluralitas formarum an, so könne man
dieselben entweder für gleichartig haltem, danm aber unmöglich die ein
zelnem selbst wieder als vielheitliche ins Unendliche fort betrachten
(— dieser Einwand ist dumm —), oder andrerseits, wenn man sie als
ungleichartig nehme, sei es umerklärlich, wie damn aus ilhnen Ein Wesen
quae virtute divina possit esse successive in diversis materiis; quin autem formae
simul eæistentes in materia et maæime, prout secundum cursum naturae dependent a
materiis in sua pluralitate, dependeant a materia, non concludit.
417) Ebend. VIII, 12, f. 152 v. B: Quod quodlibet individuum divisum sive
distinctum sit ab alio eiusdem speciei, principium individuationis substantiarum ma
terialium est quantitas, quantum ad ea, quae sunt simul, quia ...... materia non
potest dividi in partes similes nisi per quantitatem...... Notandum autem, qu0d di
versitas in quantitate potest esse dupliciter, una secundum situm, quantum ad partes
simul exislentes, alia secundum successionem unius quantitalis p0st aliam......
Diversitas quantitatis est principium individuationis rerum materialium simul ezisten
tium primo m0d0, non secundo; immo dico, quod diversitas numeralis quantitalis
permanentis et aliorum accidentium sibi in eodem, subiecto succedentium provenit eae
diversitate quantilalis successivae, quae est tempus.
418) In II Senlent., Dist. 3, Qu. 2, f. 8 v. A : Cum in quolibet individuo eius
dem speciei inveniatur illud, quod est principium distinctivum aliorum, ..... oportet,
quod individua conveniant secundum unitatem ralionis in e0, quod est distinctivum
individu9rum. Cum ergo individua non conveniant in forma nisi secundum unitatem
rationis, non videlur necessarium, qu0d individua eiusdem speciei non possint distingui
per formam circumscripta quanlitate et quacunque materia..... Sic oporlet ponere in
Socrate aliquid reale, per quod realiter differt a Platone, quidquid sit illud, sive
illud sit sua forma, sive aliquid aliud.
419) Ebend. f. 8 v. B: Cum omnis forma sub se habens multa habeat quandam
latitudinem, forma autem dupliciter latitudinem possit habere, unam secundum diver
sos gradus formales, quorum unus secundum se est mobilior et perfectior altero (et
hoc est latiludo generis, sub quo sunt diversi gradus formales specifice differentes),
aliam vero secundum plurificationem numeralem in eodem gradu, prima convenit for
mis secundum suam rationem specificam absolute acceptam, secunda autem lalitudo
non potest convenire formis secundum suam rationem absolutam, ..... quia sic pluri
ficari videtur importare quandam potentialitalem et imperfectionem ..... Ad hoc, qu0d
tales formae plurificenlur sub specie, oportet, quod habeant illam potentialitatem, quae
facit partem realem...... Dicere, quod propter hanc causam deus non posset facere
plures angelos, quia non est in eis materia, esset error, quia sequeretur, quod non
possent esse plures animae separatae, cum in eis non sit materia. Ebend. Dist. 12,
Qu. 1, f. 17 v. B: Ratio materiae potest accipi vel secundum qu0d est subieclum
formae, vel secundum quod est subiectum transmutationis.
420) Quodl. VIII, 12, f. 152 v. B: Carentia materiae non est causa, quare
non sint plura individua eiusdem speciei in angelis, sed carentia materiae quanli
latem habentis.
272 XIX. Herveus Natalis. a.
zusammengesetzt werden soll; und spreche man, um diesem zu entgehen,
von einem Aggregate, welches zu Einer abschliessenden Form sich selbst
ergänze (s. Scotus ob. Anm. 155 f.), so würde jene letzte Form nur eine
accidentelle, nie aber eine substantielle sein. Somit bleibe nur übrig, an
der Einheit der Wesensform festzuhaltem und dasjenige, was mam an ihr
für vielheitlich halten könnte, als eine Manigfaltigkeit von Wervollkomm
nungs-Stufen (diversae perfectiones) zu betrachten, welche dann durch
verschiedene Namen ausgedrückt und bezeichnet werden, d. h. Herveus
ist wieder bei Gottfried v. Fontaines (ob. Amm. 70) und Johannes Pari
siensis (Anm. 74, vgl. auch Anm. 291) angekommen **'). Erklärlicher
Weise aber verwirft er von diesem Standpunkte aus entschiedem die for
malitates des Scotus***); ja er will die Einheit der Form auch für die
accidentellen Qualitäten gerettet wissen, bei welchen (vgl. Anm. 160 u. 387)
421) De unit. form. 5, f. 73 v. A: Quidam diaeerunt, quod omnium rerum natu
ralium formae erant compositae eae pluribus et diversis lanquam eæ partibus essen
lialibus, sicut humanitas eæ anima et corpore .... . (B) Si autem forma sit c0mp0
sita eae forma et forma ita, quod una sit composita ea, duabus, tunc aut erunt ambae
eiusdem speciei aut diversarum; si eiusdem, sequerelur......, qu0d ad minus illae
duae sint simplices, alias oporteret abire in infinitum; ..... si autem sint diversarum
specierum, tunc impossibile erit, ipsas essenliali compositione componi ad invicem,
..... (f. 74 r. A) cum nullus modus essentialis compositionis inveniatur in ipsa .....
Ideo alii uliter diacerunt; posuerunt enim, quod formae nalurales ..... erant compo
sitae illo m0d0, qui est per aggregationem plurium formarum ad efficiendam et com
plendam unam formam resultantem eae eis, sicut ea, pluribus membris ...... resultat
unitas c0rp0ris humani ...... Sed haec positio magis irrationabilis est, quam prima.
..... Sequitur, quod illo forma erit accidens et non substantiu, et per consequens
non erit forma completiva ...... Sequitur, quod omnes res naturales sint in genere
accidentis ...... (B) Et ideo aliter dicendum, sc. quod forma naturalis est simpleae
...... (v. A) et quod in nullo composito sunt diversae formae substanliales, sed sunt
ibi diversae perfectiones. Ebend. 12, f. 77 r. B: 0p0rlet dicere, quod una sit forma
seu essentia generis et speciei et individui differens solum penes determinatum sive
signatum et non signatum, ..... nam designatio individui respeclu speciei est per
nateriam individualem, designatio autem speciei respectu generis est per differentiam
eonstitutivam, quae sumitur eæ principali perfectione, quam dat forma rei..... (v. A)
Cum species rerum sint ad modum numerorum, in quibus unus addit perfectionem
super alium, oportet necessario dicere, quod perfectiones inferiorum sint in superio
ribus, ac per hoc in una et eadem re sint diversae perfectiones essendi, sicut videmus,
quod in homine est perfectio esse et vitae et sensus et intellectus. Et ide0, cum ratio
rei sumatur ab ipsa re, secundum qu0d stat sub “aliqua perfectione vel actu, ratio
autem rei sit, quam significat nomen, conlingit, ipsam rem diversis nominibus nominari
vel significari, secundum quod diversae sunt essentiales perfecliones ipsius. Vgl.
ebend. 18, f. 86 r. B.
422) Quodlib. I, 9, f. 18 v. B: Dicunt quidam, quod genus et differentia dicunt
diversas formalitates realiter differenles, species autem differt a genere et differentia
sicut complectens duas formalitales reales; unde species se habent ad genus per ad
dilionem realis formalitatis, species autem realiter differunt non se tolis, quia in
genere conveniunt, sed differentiis differunl; differenliae autem se tolis differunt.
Dicunt autem isti, quod distinctio formalitatis maior est in creaturis, quam in divinis.
(Vgl. bei Scotus, ob. Anm. 148 u. 151) ...... f. 19 r. A: Si natura generis differt
realiter a natura differentiae, sequitur, qu0d quodlibel individuum sit compositum ea,
tot rebus, quot sunt inter generalissimum et specialissimum; sed hoc est falsum ....
(B) Restat ponere opinionem, quam credo esse veram : ..... In uno et eodem indi
viduo genus generalissimum et omnes differenliae intermediae dicunt unam et eandem
rem et sumuntur ab una et eadem re, ..... quia si in Socrate substantia, corporeum,
vivum, sensibile, rationale dicerent diversas res, sequeretur, quod in uno el eodem
esset aliqua differentia re differens a nalura generis.
XIX. Johammes vom Jandum. - 273
in Folge physikalischer Vorgänge nur eine intensio oder remissio der
Eimen Form eintreten könne 428).
Der Averroist Johannes von Jandum (um 1320) zeigt, was die
logischen Fragen hetrifm, gleichfalls einen halb-thomistischen Standpunkt4**)
und erimmert uns in dieser Hinsicht an Petrus von Abano (ob. Anm. 260 ff.).
In seinem Commentare zur aristotelischen Metaphysik **°) nimmt er be
züglich der Universaliem jene Unterscheidung in causando und praedi
cando auf, welcher wir schon bei Alexander v. Alessandria (Amm. 248)
und bei Radulph Brito (Amm. 258) begegnetem 4*°), knüpft aber an die
Aussagbarkeit auch die weitere Distinction , dass dabei entweder der Ge
genstand der Auffassung als sachliche Grundlage der Einzeln-Dinge oder
die intentio selbst gemeint sein könne, welch letztere damn wieder in
prima und secunda zerfalle, wobei man jedoch nicht so fast auf den
modus essendi, als vielmehr auf die quidditativen Momente des Erkennens
blicken solle **"). Jedenfalls kann so mit antiplatonischer Wendung das
esse in anima und das esse eaetra animam dualistisch verbumden wer
den ***), da die Universalien post rem vorstellungsweise im Intellectus
423) In I Sentent., Dist. 17, Qu. 4, f. 36 r. A: Dicunt quidam, quod nulla
forma secundum suam absolutam et specificam acceptionem potest habere variationem
aliqupm vel secundum magis vel secundum minus. ...... Et ideo, ut dicunt, illa ac
cidentia, quae vel inveniuntur in subiectis diversarum specierum vel quae sunt sepa
rabilia, suscipiunt magis vel minus ...... Ista opinio non videtur mihi vera ......
(B) Si sic intelligatur, sc. quod in essentia talium formarum non sit realiter loquendo
aliqua latitudo graduum sic, quod albedo intensa essentialiter non sit perfectior, quam
remissa, credo esse falsum ...... (v. A) Ratio, quare aliquod accidens dicitur suscipere
nagis et minus, est, quod secundum formam natus est fieri motus ...... Secundum
awtem formam substantialem non est natus esse motus, ..... ideo nulla forma sub
stantialis habel talem lalitudinem. Quodlib. II, 13, f. 61 r. A: Sicut in alteratione
non est nisi unum mutalum esse in actu, ita non est ibi nisi una forma.
424) Betreffs anderweitiger Anschauungen desselben, welche nicht die Logik
betreffen, s. Näheres bei E. Renan, Averroes et l'Averroisme, p. 269 ff. Uebrigens
verfasste Johann v. Jandum gemeinschaftlich mit seinem Freunde Marsilius v. Padua
auch die bekannte publicistische Schrift ,,Defensor pacis“, welche sich im Sinne
0ccam's über das Verhältniss zwischen Staat und Kirche äussert.
425) Perspicacissimi speculatoris ac summi peripathetici Johannis de Janduno
quaestiones in XII libros metaphysicae (mit Zimara's Commentar). Venel. 1505 fol.
und wiederholt Venet. 1560. fol. (nach letzterem Drucke citire ich).
426) I, 20, p. 82: Dupleæ est universale, unum in praedicando, aliud in cau
sando. Universale in causando est deus et substantiae abstractae; ..... 4universalia
in praedicando capiuntur dupliciter; uno modo quoad simplicem apprehensionem, ....
alio modo quoad inhaerentiam passionis ad subieclum.
427) VII, 24, p. 523: Quoddam est universale per causalitatem, quoddam per
praedicationem ...... Universale secundum praedicationem est dupleæ : uno modo ca
pitur pro re intentionata et denominata ab intentione; ..... alio modo capitur pro
intentione, et hoc iterum dupliciter, vel pro prima intenlione, vel pro secunda .....
(p. 524) Illi, qui accipiunt conceptus generis et speciei a modis essendi, dicunt,
quod prima intentio est conceptus rei vel intellectio secundum suum modum essendi
proprium; ..... sed secunda intentio esl conceptus rei secundum modum essendi
c0mmunem . . . . . . Sed secundum dicentes, conceptus generis et speciei capi a quiddi
tate generali vel specifica, dicitur, quod intentio prima rei est intellectio secundum
quidditatem generalem et potentialem, sed secunda intentio est intellectio rei communis
in pluribus ..... Sed universale pro re subiecta est res, quae est apta nata esse in
pluribus vel multiplicari in plura.
428) I, 16, p. 57 : Universale potest intelligi dupliciter. Uno modo pro esse
reali eætra animam, quod esse habet subiective in suis suppositis, et pro isto esse
PRANtl, Gesch. III. 18
274 XIX. Joh. -v. Jandum. Joh. v. Neapel. Augustinus v. Ancona.
sind, währemd sie in re die objective Bedingung des Wissens enthaltem***),
da ja in der concretem Subsistenz das Allgemeime und das Einzelne trotz
aller Wesens-Werschiedenheit vereinigt seien **"). Und sowie hiemit für
die subjective Auffassung sich der Begriff des ens rationis (vgl. Anm. 395)
einstellt**'), so können num aueh ebenso, wie bei Herveus (Anm. 405)
genus naturale und genus logicum dualistisch nebeneinandertreten *°*).
Desgleichen wird die intentio et remissio formarum, was die substan
tiellen Formem betrifft (vgl. Anm. 423), aueh hier verneint*°°).
Hingegen einen etwas strengeren Thomismus scheint J oha m n e s
v o n N ea p el (gest. i. J. 1330) in diesen Controversen vertreten zu
haben, insoferne wir erfahrem, dass er gegem des Herveus Auffassung der
veritas (s. Amm. 398) im Sinne des Thomas polemisirte***).
Auch A u gustinus von A n co ma (mit dem Beinamen Trium ph us,
gest. i. J. 1328) lenkt mehr zu Thomas zurück, welchem er besonders
durch reichliche Benützung Avicenna's zu ergänzen sucht; mur streift er
zuweilen auch an Auffassungen hin, welche erst später (bei Aegidius und
Herveus) in die Controversen eingetreten warem. Seine Schrift De cogmi
tione animae *°°) liegt zwar einer Geschichte der Psychologie näher,
jedoch können wir aus ihr etwa Folgendes hervorheben. Als Gegenstand
der Logik, welche er mit Aegidius adminiculativa nennt *°°), gilt ihm
universale actu habet esse e.rtra animam ..... Alio modo pro esse intentionali, quod
subiective est in anima, causative eætra animam, et illud solum non habet esse p0
tentiale eætra animam ..... Platonici posuerunt universalia secundum esse eæistentiae
separata a singularibus, ...... Aristoteles, quod universalia subiective essent in sin
gularibus, abstracta tamen secundum intelleclum intelligentem ea non intelligendo sin
gularia...... Sed quod universale non generatur seorsim eæistens a singularibus, ul
Platonici posuerunt, patet solutio etc.
429) VII, 24, p. 524: Universale pro prima el secunda intentione est realiter
separatum a singularibus ...... in intellectu subieclive. ...... Universale pro re 0b
iecta, quae denominalur ab inlenlione, non est separatum a singularibus sensibilibus
et corporibus secundum esse eætra animam...... Si quidditas rerum esset separata a
rebus naturalibus, tunc de rebus naturalibus non esset scientia.
430) Ebend. p. 525: Universalia et singularia non sunt coniuncla totaliter, quia
sumt separata secundum essenliam, sed tamen sunt coniuncta secundum subsistentiam.
431) V, 12, p. 312: Si loquamur de specie pro prima vel secunda intentione,
tunc non est eaetra intellectum, sicut nec conceptus, cum sint enlia rationis.
v, 432) X, 22, p. 636: Dupler est genus : quoddam est naturale, quoddam logicum.
Genus naturale dicitur, quod est commune multis, quae conveniunt in materia......
Sed genus logicum est, quod habet unum modum praedicandi communem univocum
de mullis speciebus.
433) VIII, 6, p. 549: Si formae substantiales elementorum intenderentur et re
mitterentur, tunc generalio non esset terminus alterationis; sed hoc est falsum .....
Si forma substantialis intenderetur et remitteretur, tunc generalio formae substantialis
esset simul cum alteratione.
434) Da mir des Johannes Neapolitanus Quaesliones variae quadraginta duae
Parisiis disputatae. Neapoli 1618. fol. nicht zu Gebot standen, müss ich auf Das
jenige verweisen, was Hauréau (II, p. 403) in französischer Paraphrase aus Einem
einzelnen Capitel jener Schrift anführt.
435) 0pusculum perutile de cognitione animae et eius potentiis Augustini de
Anchona. Bononiae 1503. 4.
436) IV, 2 (das Buch ist nicht paginirt): Finis scientiae speculativae est veri
tas ..... Circa huiusmodi adaequationem rerum ad inlellectum scientiae tripliciter se
habere possunt. Primo directive et adminiculative (s. Amm. 365), secundo principa
liter et obieclive, tertio ea consequenli el subalternalive. In primo gradu sünt scien
XIX. Augustinus v. Ancona. 275
im Anschlusse an Avicenna die Verbimdung der secunda intentio mit der
prima, und da mur hiedurch die Gefahr vermiedem werde, dass der Im
halt der Logik zuletzt aus Erdichtetem (figmenta) bestehe, so solle man
auch nur von solchen entia rationis sprechem, welchen etwas Sachliches
entspricht (correspondet), und in diesem Simne liege damn der haupt
sächliche Gegenstand der Logik immerhim um der Wermeidung des Irr
thumes willen in der syllogistischen Werknüpfung der secundae intentio
nes '*"). Nemlich in die prima intentio verlegt er sowohl dasjenige,
was Thomas intentio universalitatis genannt hatte, als auch, was bei
demselben refleacio und conversio ad phantasmata hiess ***), sowie er
der secunda intentio gleichfalls im Anschlusse an Thomas die ver
gleichende und verbindende Function des Denkens zuweist '°°). So fasst
er auch dem Uebergang, welcher von der Sinnes-Wahrnehmung zur Allge
meinheit des Denkens stattfindet, völlig in thomistischer Weise**'), bedient
tiae sermocinales, ut grammatica et logica, in secundo physica, mathematica et meta
physica, in terti0 ...... medicina, musica, astronomia.
437) III, 6: Secundum Avicennam logica est de secundis intentionibus adiunclis
primis (s. Abschn. XVI, Anm. 74)..... Nam si secundae intentiones non adiunge
rentur primis, non corresponderent eis res medianlibus primis intentionibus, et sic
essent pure figmenta, sicut chimaera (vgl. ob. Anm. 98)...... Et eæ hoc patet,
falsam esse positionem illorum, qui dicunt, ens rationis esse subiectum in logica
(vgl. Anm. 370)...... L0gica n0n p0terit esse de enlibus rationis lanquam de sub
ieclo, eum enlia rationis, secundum qu0d huiusmodi, solum sint enlia apud animam.
0p0rtel ergo, quod sit de talibus entibus rationis, quibus aliqua res correspondeat;
et talia entia rationis sunt secundae intentiones (s. bei Herveus, Anm. 395)......
Nec etiam oportet, secundas intentiones universaliter sumptas esse subiectum in logica,
saltem ut docens est, quia lunc non magis esset logica de syllogismò vel ad reclifi
candum actus syllogislicos, si non essetT plus necessaria, quam ad reclificandum con
ceplus generis vel speeiei; quod falsum est, cum in aclibus simplicibus intellectus
per se non errel, in actibus aulem syllogisticis etiam per se errare habeut (s. bei
Aegidius, Anm. 369). -
438) lll, 4: Inlellectus .... dupliciter in cognitione rei fieri potest. Primo direclo
adspeclu, ul quando intelligit rem sul) esse universali; secundo per -quandam reflevi0
nem el conversionem ad phantasmala , ..... Direct0 adspectu inlelleclus inlelligit
naturam cuiuscunque rei sub esse universali, qu0d quidem universale est primum et
directum obiectum inlelleclus, ut inlelligit naturam hominis inquanlum h0m0 ......
Per reflevionem .... inlelleclus uniendo se sensibus et phantasmalibus apprehendentibus
ipsa singularia speculatur naluram hominis ...... Erg0 intelligendo rem secundum
suum esse singulare et maleriale prima inlenlio formari habet...... Illae inlentiones,
quibus inlellectus intelligit vel directo adspectu vel per refle,cionem, primae inlenliones
dicuntur, et ..... tam sub esse universali quam sub esse singulari primae intenliones
formari habent (s. Abschn. XWII, Anm. 500 f.). -
439) Ebend. 5: Videre volumus, quae sunt secundae intentiones, quae genus et
species et individuum et syllogismus appellanlur..... Post informalionem, qua infor
matur intelleclus conceptione uniuscuiusque rei secundum se consideratue quasi secun
dario modo intelleclus circa huiusm0di concepliones negotiatur considerando conve
nientiam conceptionum vel primarum intentionum ad invicem, secundum qu0d possunt
pluril)us vel paucioribus convenire...... Genus ergo et species et similia n0mina
secundarum intentionum sunt, e0 quod sunt hae conceptiones, quas inlellectus sibi
format de rebus mediantibus primis intenlionibus (s. Abschn. XVII, Anm. 499 u. 506).
440) I, 11 : Cum species rerum informantes ipsos sensus repraesentant ipsus
res sub tali esse signato et sub esse particulari ipsarum, ut in rerum nalura sub
sistunt, oportet, huiusmodi species, ut sunt in sensibus, parliculares et materiales
esse .,,..,.. Si similitudines rerum sub esse universali eæisterent in aliqua potentia
sensitiva, non indigerent huiusmodi similitudines depurari per intellectum agentem ad
18 *
276 XIX. Augustinus v. Ancona. Antonius Andreas.
sich aber dabei ebenso, wie Aegidius, aueh des scotistischen Begriffes
der species intelligibilis **'), welchen er jedoch wieder mit Ausdrückem
des Albert (z. B. similitudo) und mit einem Gleichnisse des Thomas er
läutert 442).
Hatte somit die thomistische Richtung (wenn auch unter kleinen
Zugeständnissen an die Gegner oder wenigstens mit einigem Schwanken)
bis dahin entschieden das quantitative Uebergewicht behauptet, so gewann
num auch der Scotismus, welcher bereits, wie wir sahem , bei Richard v.
Middleton, Radulph Brito und besonders bei Alexander v. Alessandria
sich sehr merklich geregt hatte, einen hervorragenden Workämpfer an dem
Franziskaner Antonius An dreas (oder A m dr eâ, gest. i. J. 1320),
einem ummittelbaren Schüler des Scotus, welcher im Ganzen getreu dem
Ansichten dieses seines Lehrers folgte, wenn er auch eimige Male dem
thomistischen Dualismus näher tritt, als die stricte 0bservanz seiner Schule
vielleicht billigen konnte. Ausser einem Commentare zum Sententiarius,
in welchem Antonius lediglich den Scotus excerpirt (daher es für mich
unnöthig ist, weiteren Bezug darauf zu nehmen), besitzen wir von ihm
eine Expositio super artem veterem ***), wobei hier zum gewöhnlichen
Umkreise der Ars vetus (s. ob. Amm. 356) auch noch Boethius de divi
sione beigezogen ist, während in üblicher Weise die Syllogistik zur nova
logica gerechnet wird 444); ferner einen Commentar zur Metaphysik ***)
und eine Monographie De tribus principiis **"). Die Exegese der logi
schen und metaphysischen Schriften zeigt ums, was die Form betrifft,
hoc, quod possent informare inlelleclum possibilem; nam tota causa, quare oportet
ponere intellectum agentem, videtur esse materialitas et particularitas specierum evi
stentium in sensu, ...... quod ipsa universalia sunt intelligibilia actu, eo quod actu
possunt movere intellectum possibilem (s. ebend. Anm. 493 ff.).
441) II, 4: Ponitur inlellectus agens, in cuius virtute phantasmata, quae sunt
particularia, inlelligibilia solum in polentia fiunt et p0stea actu universalia et actu
inlelligibilia et per consequens actu possunt intellectum possibilem movere et species
intelligibiles in ips0 causare (s. ob. Anm. 375).
442) Ebend. 1 : Ea, lumine inlellectus agentis species intelligibilis recipit actua
litatem, per quam intelleclum possibilem potest movere. Ebend. 2: Non est possibile,
res secundum se esse praesenles ipsi intellectui, propter quod 0p0rtet, eas in ipso
intellectu eæistere per suas similitudines (s. Abschn. XVII, Anm. 393 u. 395), quibus
intellectus informatus possit ipsas res intelligere...... Res eæteriores sunt principalia
obiectu ipsius intellectus, species vero intelligibiles praedictarum rerum sunt sicut
ralio intelligendi et c0gn0scendi ipsas; ide0 res ipsae cognoscuntur et intelliguntur
ab intelleclu, non autem species intelligibiles. Ebeud. 3: Sicut sol est quoddam
universale lumem respectu corporalium et sensibilium, ita lumen intellectus agentis
est quoddam universale lumen respectu intelligibilium (s. ebend. Anm. 510).
443) Scripta seu eæpositiones Antonii Andreae super artem veterem et super
Boelium de divisionibus. Venetiis 1492 u. 1508 u. 1517. fol. (aach letzterem Drucke
citire ich).
444) S. art. vet. f. 63 r. A : Consideratur in libro Priorum el aliis libris novae
logicae syllogismus ...... (v. A) Liber Periermenias ordinalur ad libros logicae novae,
sed principaliter ad libros Priorum et mediante illo ad alios, quia syllogismus est
ea, propositionibus.
445) Quaestiones Antonii Andreae super XII libros metaphysicae. Venetiis 1481
u. 1514 u. 1523. fol. (nach der letzteren Ausgabe citire ich).
446) De tribus principiis rerum naturalium. Venet. 1489. fol. und wieder ab
gedruckt bei Nuciarelli (s. Anm. 497) f. 36—57.
XIX. Antonius Andreas. 277
den Schüler des Scotus und ausserdem einem Mann von wirklich grosser
Belesenheit 447).
Antonius liebt es, den Detail-Erörterungen in philosophischem Prediger
Ton schwülstig rhetorische Einleitungen vorauszuschicken, in welchen er
alttestamentliche Sprüche scheffelweis ausgiesst, und indem er in solcher
Form auch den Werth der einzelnen Theile der Logik preist, führt er
zum Ruhme dieser Wissenschaft auch einem Memorial-Vers an44°). Mit
Scotus stellt er die Logik als intentionalis den realem Disciplinen gegen
über ***) und erblickt die wesentliche Aufgabe der ersteren im Syllo
gismus *°°), daher dieselbe allerdings modus scièndi sei, hiedurch aber
nicht gehindert werde, als selbstständige Wissenschaft auf eigenem Prin
cipien zu beruhen*°'); und hieram reiht er, wie Scotus, den Unterschied
zwischen logica docens und utens *°°). Desgleichen stimmt fast wörtlich
mit Scotus die Angabe überein, dass die Logik trotz der Wortform der
Begriffe nicht nominalistisch aufgefasst werden solle, sondern der Be
447) Antonius hebt in seinen Commentaren stets das Fortschreiten der Argu
mentation präcis hervor, erörtert die verschiedenen Wortbedeutungen, führt überall
Gründe (mit „Videtur, quod sic“) und Gegengründe (,,Videtur, quod non“) an, um
hierauf jeden derselben zu erledigen (,,Ad evidentiam dictorum respondetur“), und
dabei benützt er in reichlichstem Maasse Belegstellen aus den übrigen Schriften des
Aristoteles sowie das bei Albert aufgespeicherte Material, womit er, besonders in
der Exegese des Porphyrius, die vollste Ausbeutung des Avicenna verbindet.
448) Sup. art. vet. f. 2 r. A: „Girum coeli circuivi sola“, Eccl. 24...... Haec
autem scientia, sc. logicalis, coelum dicitur circuire pro e0, qu0d eius considerationi
subditur, quidquid coeli ambitu continetur, ..... per eam enim poterimus syllogizare
de omni problemale ..... Ambitus huius scientiae circa subiectum suum inter alias
scientias habet inquisitionis rectitudinem latiorem, speculationis claritudinem altiorem,
permansionis valetudinem firmiorem ..... De ipsa polest intelligi, quod dicitur Eccl. 8:
„Circumduaeit me per ea in giro, erant enim multa valde super faciem campi“......
(B) De ipsa potest intelligi, quod dicitur Proverb. 8: ,,Certa lege et giro vallabat
abyssos et aethera firmabat sursum“...... Ipsa in sui laudem prorumpens cantat
alta voce
„Frustra doctores sine me coluere sorores“,
unde de ipsa dicit Salomon Sap. 4: ,,Circuibam quaerens, ut mihi illam assumerem
quasi sponsam*. Aehnlich beginnt der Commentar zu den Kategoriem mit dem Citate
(ebd. f. 17 v. B): „Scripsit in tabulis verba decem, quae locutus est ad vos“, Deuteron.
4, sowie jener zu De interpr. mit (f. 63 r. A) ,,Tu ergo Balthasar interpretationem
narra festivus“, Daniel 4, und jener zu Boeth. de divis. mit (f. 89 r. B) „Qui divisit
mare rubrum in divisiones“, Psalm. 135.
449) Ebend. f. 5 r. A: Logicus non considerat res per se, nisi pro quanto fun
dant secundas inlentiones et terminanl respectum, ipsas autem intentiones considerat
per se, et ideo non est artifeae realis, sed intentionalis. Vgl. ob. Anm. 87.
, 450) Ebend. f. 2 r. B: Motus huius scientiae principaliter syllogismum considerat
simul, et postmodum secundum gradus participationis considerut partes eius, reducens
ad ipsum singula, quae in ipsa logica pertractantur, tanquam ad finem ultimum, ad
quem omnia ordinantur. Vgl. ob. Anm. 93.
451) Ebend. f. 1Ö3 r. A : Dicitur, quod modus sciendi non est scientia specialis,
polest tamen esse communis, et sic est de logica...... Aliter dicilur, quod falsum
est, quod logica sit modus sciendi ...... Logica docet modum sciendi pro tanto, quia
est de syllogismo vel de argumento, per quod tantum habetur scientia..... In logica
per propria , principia ostenduntur propriae conclusiones, licet eius usus sit circa
communia.
452) Ebend. : Logica dupliciter consideratur: uno modo inquantum est docens,
et sic procedit eae propriis principiis et necessariis; ..... alio modo inquantum uti
278 XIX. Antonius Andreas.
griff eben in Mitte zwischen dem Realen und dem Sprachlichem stehe***),
— ein Conceptualismus, welchem Antonius sowohl polemisch gegen
Plato richtet *°*) als auch insbesondere durch die Bedeutung des Ur
theiles stützt 4°°).
So kann er in einer theils scotistischen theils byzantinischen Ter
minologie den Universalien ein dreifaches Sein zuweisen, nemlich in dem
Dingen, in der Quiddität (d. h. ante rem), und in der logischen in
tentio*°°), oder ebenso kann er die ersten beidem Seiten zusammenfassen
und mit Alexander v. Alessandria (oder mit Johannes v. Jandun) nur die
Doppelstellung des „causando“ und „praedicando“ betonem*°"), womit sich
von selbst Bemerkungen über Priorität und Posteriorität verknüpfen *°°).
Er stellt memlich überhaupt ziemlich dualistisch die objective Wesens
Einheit dem Denk-Impulse gegenüber '°°), so dass er fast bei genus logi
cum und genus maturale amkommt*"'); aber er lenkt diess wieder (selbst
im Wortausdrucke) in die Auffassung des Scotus hinüber, wornach ein
gelegentlicher Causalnexus (occasionaliter) zwischen dem objectiven Uni
versale und der Denkoperation besteht *"!), daher er auch die Ansicht
mur logica applicando ad illa, in quibus est usus, et sic non est eae propriis, sed
eae communibus. Vgl. ob. Anm. 90.
453) Ebend. f. 18 r. B: Liber Praedicamentorum non est de decem vocibus ut de
subiecto primo, nec aliqua pars logicae est de voce, quia omnes passiones syllogism
et enuntiationis et termini possunt sibi inesse secundum esse, quod habent in mente,
esto, quod non proferantur; sed est de aliquo priore, qu0d respectu vocis significa
tivae habet tantum rationem significati ... . . (v. A) Logica nec est scientia realis nec
sermocinalis, ..... est de conceptu per se ...... Multum convenit cum sermone propter
duo; quia conceptus est immediatum significatum per vocem, ..... et quia passiones
conceptus insunt voci significativae, sicut incompleacio et complevio. Ebenso f. 63 r. A.
S. Anm. 96.
454) Ebend. f. 68 r. B: Ponere, aliquid eæistere, secundum quod ei attribuitur
ratio communis, hoc est ponere ideas, secundum quod Plato posuit; igitur commune,
secundum quod habet rationem communis, est natura, prout concipitur sub ratione
dicibilis de pluribus.
455) Ebend. f. 66 v. A : Compositio (im Urtheile) est illarum rerum, non tamen
wt eæistunt, sed ut intelliguntur, et ide0 veritas et falsitas dicitur circa compositio
nem intellectus, quia illa compositio ab intellectu causatur et est in intellectu. Vgl.
Anm. 181.
456) Ebend. f. 3 v. B: Significatum termini communis significantis veram natu
ram potest tripliciter considerari. Uno modo secundum esse in suppositis, quod
dicitur esse fmateriale eius; ..... secundo modo absolute secundum esse quidditali
vum ; . . ... . tertio modo, ut per formam intelligibilem ab intellectu apprehenditur,
quod est esse cognitum, et sic ei insunt intentiones. Vgl. Anm. 119 u. 129 f.
457) Qu. s. metaph. I, 10, f.9 v. A: Dupleæ est universale, sc. in causando et
in praedicando ..... Magis universale secundum causalitatem est nobis minus notum
- - - - - Si autem quaeratur de universali secundum praedicationem, ...... singulare
simpliciter est nobis notius, quam universale. Vgl. Anm. 248 u. 426.
458) S. art. vet., f. 92 v. A: Genus et quodlibet universale, ut dicit mihi prae
cise intentionem, est posterius; ..... genus, ut dicit rem sive primam intenliónem,
est prius. Vgl. Qu. s. metaph. VII, 16, f. 40 v. A. S. Anm. 108 u. 286.
459) Qii. s. metaph. V, 6, f. 23 r. A: 0mnis unitas causata ab intellectu habet
unitatem in re, qua originalur, sicut ignis generat ignem sibi similem in specie,
nullo etiam intellectu eacistente.
460) S. art. vet. f. 92 r. A: Voae dividitur in proprias significationes; genus
vero non, sed in quasdam quodammodo a se procreationes. Vgl. bei Herveus ob.
Anm. 403. -
461) Ebend. f. 3 r. B:. Universale est ab intellectu, nec sequitur: ergo est fig
XIX. Antonius Andreas. 279
seines Lehrers wiederholt, dass das Universale als Quelle der Bezeichnung
ein Erzeugniss des Intellectus sei*"*), und hiemit die gegenständliche
Auffassung (subiective) auf das materielle Dasein hinweise, währemd die
Vorstellung (obiective) das formelle Denk- Element enthalte468). Erklär.
licher Weise beruht hierauf eine durchgängig wörtliche Uebereinstimmung
des Antonius mit Scotus in der Auffassung der prima und secunda in
tentio *"*), sowie in Behandlung der Begriffe abstractum und concre
tum*°°), womit eine dualistische Parallelstellung des „in anima“ und des
„in rebus eætra“ sehr wohl sich verträgt *°°). Neu kommt mur hinzu,
dass Antonius mit der intentio auch die byzantinischen Begriffe sigmatum
und eaeercitum in Verbindung bringt *"). Die Begründung aber jenes
Causal-Verhältnisses, welches zwischen dem objectiven und subjectiven
Auftreten der Universalien besteht (Amm. 461), führt auch hier zur species
intelligibilis des Seotus *°°); was jedoch das Verhältniss derselben zur
Wortbezeichnung und zu dem Einzeln-0bjecten betrifft, modifieirt Antonius
mentum, quia figmento nihil correspondet in re eaetra, universali autem respondet ali
quid, a quo movetur intellectus ad causandam talem intentionem ..... Universale
effective est ab intellectu, sed materialiter sive originaliter aut occasionaliter est a
proprietate in re comperta, quod non est verum de figmento (s. Anm. 99 f. u. 116).
462) Ebend. f. 3 W. B: lntellectus est, qui facit universalitatem in rebus, .....
universale aulem denominat rem, non intellectum, ergo est in re subiective, mn in
tellectu autem ut in efficiente (vgl. Anm. 127 u. 123). Hiezu aber unten Anm. 469.
463) Ebend. f. 87 r. B: Distinguitur in genere dupleæ potentia, sc. subiectiva
et obiectiva : potentia subiectiva sumitur in re per eomparationem ad materiam, de
qua fit; materia enim est subiectum omnium formarum et in potentia ad eas; sed
potentia obiectiva attenditur in re per eomparationem ad agens, quod potest ipsam
producere ad esse. Vgl. Anm. 105.
464) Ebend. f. 3 r. A: Universale est nomen concretum (s. Anm. 128), sumitur
ergo tripliciter sicut alia concreta. Uno modo pro subiecto, i. e. pro re primae in
tentionis, cui applicatur intentio universalis, et hoc modo universale est obiectum
primum intellectus, et omnis scientia est universalium; ...... secundo modo sumitur
pro forma, se. pro re secundae intentionis; tertio modo sumitur pro aggregato ea,
subiecto et forma (s. Anm. 107), et illud est ens per accidens ..... Universale autem
secundo modo sumptum est de consideratione logici (s. Anm. 89 u. 106). f. 4 r. A:
Scientia realis est de universali primo modo, quod se. est res, sed logica est de
universali secundo modo, quod est intentio, ideo scientia rationalis vocatur (s. Anm.
87). Vgl. f. 4 v. B, f. 46 v. A, u. Qu. s. metaph. VII, 16. f. 40 r. B.
465) S. art. vet. f. 9 r. A: Sicut est dupleæ abstractum, unum, quod abstrahit
a subiecto, aliud, quod abstrahit a forma, ut est in supposito, ita est dupleæ con
cretum per oppositum, unum, quod concernit suppositum, aliud, quod concernit
subiectum; evemplum primi humanitas et homo, eaeemplum secundi albedo et album
(vgl. Anm. 128).
466) Ebend. f. 4 y. B: Voco primam intentionem ipsam rem cognitam vel positam
in esse intellecto et cognito, ..... voco autem intentionem secundum quandam rela
tionem sive comparationem intellectus, qui cómparat unam primam , intentionem ad
aliam primam intentionem, et sic secundum diversas comparationes format diversas
secundas intentiones ..... Universale sumptum pro intentione nihil est in rebus eætra,
...... sumptum pro subiecto intentionis est vere aliquid in rebus. Ebenso Qu. s.
metaph. VII, 16, f. 40 r. B.
467) S. art. vet. f. 5 v. B: Esse in rebus primae intenlionis id everret, quod
praedicari signat in secundis intentionibus; differentia autem est inter actum signatum
et ea:ercitum in multis u. s. f., s. Abschn. XVII, Anm. 605.
468) Ebend. f. 8 v. A: Ad rationem generis requiritur, quod habeat plures
species actu, non quae eæistant actu vel potentia, sed tantum actu concipiantur per
speciem intelligibilem acceptam ab individuis quandoque ezistentibus (s. Anm. 110 ff.).
280 XIX. Antonius Andreas. -
die Ansicht seines Lehrers dahin, dass der eigentliche Gegenstand der
Bezeichnung die Sache selbst schlechthin, d. h. abgesehen von Existenz
oder Nicht-Existenz und abgesehen vom Gedachtwerden, sei, und hiemit
die species intelligibilis erst durch ein Zurückbeugen des Intellectus
(refleacio), also nicht unmittelbar, erfasst werde*°°). Uebrigens nimmt er
auch den Begriff der veritas (vielleicht auf gleichzeitige Controversen
blickend, s. Anm. 398 u. 434) dualistisch mach einer objectiven und einer
subjectiven Seite, deren letztere gleichfalls ein Zurückbeugen in der Wor
stellung enthalte und in den Urtheilen conform mit dem sachlichen Be
stande auftreten müsse *7°), dabei aber jedenfalls nur dem formellen
Momente der Worstellung (non subiective, formaliter) angehöre 471).
Bezüglich des Princips der Individuation folgt Antonius, wie sich
nicht-anders erwartem lässt, gleichfalls dem Scotus. Er nimmt nicht bloss
dem Begriff der haecceitas beifällig auf 47*), sondern schneidet auch noch
entschiedemer als Scotus die thomistische Ansicht dadurch ab, dass er
die Materie als ein lediglich Potenzielles von der reinen Actualität der
Form auf's schärfste trennt und zwischen beidem eine begriffliche und
reelie Verschiedenheit statuirt *7°). Indem aber hiebei die räumlich aus
gedehnte Materie gemeint ist, erblickt er andrerseits eben jenen nemlichen
Gegensatz gegen die quidditative Form, welche als solche allgemein ist,
auch in der individuellen Werschiedenheit umd Eigenthümlichkeit der
Einzeln-Wesem, und so kommt er dazu, dem Begriff der Materie in nicht
physikalischem, vielmehr ontologischem Sinne in einen Causal-Zusammen
469) Ebend. f. 66 r. A: Quaeritur, utrum nomen significet rem vel speciem.....
Est una opinio, qu0d species intelligibilis immediate significatur per vocem..... (v. A)
Secunda opinio est, quod res primo significatur, non tamen secundum quod evistit,
quia nec sic per se intelligitur, sed secundum quod per se concipitur ab intellectu .....
Dico, quod res intelligitur primo, species autem per refleacionem ..... Illud, quod
proprie significatur per vocem, est res, non res ut inlelligitur, nec res ut ea istens nec
ut non eæistens, sed res absolute, ut abstrahit ab istis et est eætraneum illi quod
libet illorum. Ebenso f. 68 r. A. S. Amm. 126 f.
470) Ebend. f. 64 v. B: Est veritas in rebus, et est veritas in intellectu .......
Verum in intellectu est secundum intellectus operationem, secundum quam natus est
intellectus conformari obiecto ut mensuratum mensurae..... Non est veritas in in
tellectu obiective nisi reflectenle se super actum suum ...... (f. 65 r. A) Veritas in
compleaea est formaliter habitudo conformitatis .... ad obiectum simpliciter intelligibile.
Veritas autem compleaca ad obiectum complearum ...... Composilio est, quando in
tellectus ..... apprehendit rerum identitatem, divisio vero, quando ..... apprehendit
rerum diversitatem. Fast wörtlich ebenso Qu. s. metaph. VI, 6, f. 30 v. A.
. 471) S. art. vet. f. 45 r. A: Verum et falsum sunt in oratione sicut in signo
non subiective et dicunt formaliter respectum conformitatis et difformitatis ad rem.
Vgl. Anm. 129, 133, 147.
472) Qu. s. metaph. I, 8, f. 8 v. A: In singulari est duo considerare, sc. ipsam
singularitatem, quae potest vocari haecceitas, et naturam subiectam singularitati, quae
de se est indifferens ad esse h0c.
473) De tribus princ. f. 41 r. A: Licet materia sit ens in actu entitativo, quia
esl aliquid eætra suam causam distinctum, tamen distinguitur contra actum formalem
completum et specificum ...... Materia est purum actuabile et potentiale, forma est
purum actualivum, et nihil unius includitur in ratione alterius, quia aliter nec illud
esset purum acluativum, nec illud purum actuabile ..... Materia distinguitur realiter
a forma realitate p0sitiva receptiva omnino alterius rationis a forma (d. h. welche
einen in jeder Beziehung von der Form verschiedemen Wesensgrund enthält), et est
quid primo diversum al) ea.
XIX. Antonius Andreas. 281
hang mit der Häcceität zu bringen *7*). Hingegen die physikalische
Materie, welche nie als eimheitliche Urmaterie existire, finde eben nur
durch specifisch verschiedene Formen ihre bestimmte Qualificirung *7°);
und was die unkörperlichen Individuem (d. h. die Engel) betrifft, so ge
nüge die ihnen anklebende Passivität zur Erklärung ihrer Individuation*7°).
Ebenso zeigt sich Antonius als treuer Scotist in der Annahme einer plu
ralitas formarum *77), sowie in demjenigen , was er über intensio et
remissio formarum bemerkt, wobei er die Gradabstufung in die Be
fähigung des Einzeln-Dinges, nicht aber in die Form selbst, verlegt***).
Ausser diesen allgemeineren Parteifragem muss aber auch noch eini
ges Einzelne, was in des Antonius Exegese (s. Anm. 447) vorkommt,
berührt werden. Bei Erklärung des Porphyrius *7°) erwähnt er einmal
den aristotelischen Begriff der tabula rasa 4°''), wiederholt auch betreffs
der einzelnen fünf Universalien fast den ganzen Commentar des Avicenna
und des Albert, sowie des Scotus Begründung der Fünfzahl ***), und
474) Qu. s. metaph. V, 5, f. 22 v. B: Quaedam est materia, quae opponitur
formae totius et ipsi quidditati et per consequens est eaetra rationem quidditatis for
maliter; et haec est materia, quae est differentia seu proprietas individualis, quae
est causa propria haecceitatis et individuationis.
475) De tribus princ. f. 45 v. A: Non est una materia numero omnium genera
bilium et corruptibilium, .... quia impossibile est, eandem materiam numero informari
simul formis substantialibus contrarie et specifice distinctis.
476) S. art. vet. f. 55 r. A: Angelus ..... posset fieri sine creatione creaturae
corporalis, ..... tamen in angelo est potentia passiva, qua posset esse in loco.
477) Qu. s. metaph. VII, 17, f. 41 r. A: Est una opinio, .... quod est aliqua
formu miati una realiter, sed plures virtualiter continens multas perfectiones ......
Est alia opinio, quam reputo veram, ...... (B) quod in quolibet vivo praeter formam
animati est alia forma communis corporis et miacli, et praeter has, quae sunt com
munes toli animali vel vivo, sunt aliae partiales specificae distinctae tot, qu0t organa
distincta sunt. De tribus princ. f. 51 v. B: ln quocunque animato necesse est ponere
aliquam formam, quae est forma corporis miaeti alia ab illa, qua est animatum ....
f. 52 r. B: In quolibet vivo praeter formam animati est alia forma corporis et miati,
et praeter has, quae sunt communes toti animali vel vivo, sunt aliae parliales speci
ficae distinctae tot, quot organa distincta. Vgl. Anm. 156.
478) De tribus princ. f. 53 r. A: Qualitas secundum se non suscipit magis et
minus, sed subiectum secundum illam..... (B) Forma specifica est indivisibilis quan
tum ad gradum specificum, divisibilis vero quantum ad gradum perfectionalem. S.
art. vet. f. 10 v. A: Quamvis esse specificum in se sit unum et quasi indivisibile,
secundum quod abstrahit in suo conceptu ab omni gradu individuali, non obstat,
quin possit, participari magis et minus secundum tales gradus. Ebend. f. 25 r. A :
Aliqua forma substantialis, ut puta forma ignis, non secundum esse specificum, sed
individuale, sc. secundum esse, quod habet in suppositis, habet aliquos gradus et
portiones, secundum quos magis et minus in diversis individuis participatur. Vgl.
f. 36 v. B, f. 44 v. A, f. 62 r. A. S. Anm. 160.
479) Nach einer drei enggedruckte Columnem füllenden Lobpreisung der Logik
überhaupt kommt Andreas mit rhetorischem Schwulst (s. Anm. 448) auf die Isagoge,
von welcher er sagt (f. 2 y. B): De auctore huius libri potest dici illud Matth. 7
,,Bene omnia fecit, et surdos faeit audire et mutos loqui“ m. s. w.
480) S. art. vet. f. 4 v. A: Quidam eæponunt (s. die Stelle Abschn. XII, Anm.
86) „intellectum solum“, cui nihil correspondet in re eaelra, ut est intellectus fig
menli, ..... „intellectum nudum“, qui est sine omni specie vel habitu, ut est tan
quam tabula rasa, in qua nihil est depictum (s. Abschn. IV, Anm. 97), „intellectum
purum“ vocant intellectum angelicum vel divinum ...... Per intellectum solum, nudum
et purum idem intelligitur, et verba ista aequipollent. Vgl. Amm. 377.
481) Ebend. f. 17 r. B, s. Anm. 162.
282 XIX. Antonius Andreas.
ausserdem erwähnt er eimen neuem Memorialvers ***). Bezüglich der
Kategorien führt er eine spitzfindige Distinction des aequivocum an ***),
bezeichnet in ähnlicher Weise , wie wir es bei Pseudo-Thomas sahem
(Amm. 314), Quantität und Qualität als absolute Accidenzien***), verwer
thet bei der Relation einem Begriff, dem wir bei Raimundus Lullus
begegneten (vor. Abschn., Amm. 58 u. 70), nemlich den der aequi
parantia *°°), und zeigt uns bei Besprechung der Gegensätze wieder
(vgl. Anm. 459 ff. u. 466) seine Himneigung zum Dualismus*°°). In der
!.ehre vom Urtheile findem wir Bemerkungen über das Verhältniss des
Urtheiles zum Syllogismus***), über Copula***), über eine Lückenhaftig
keit der aristotelischen Lehre ***) und insbesondere über die modalen
Urtheile, bei welchen er an der älteren Eintheilung in modus mominalis
und adverbialis '°"), sowie am der byzantinischen Regel der modalen
Aussage festhält **'!), und auch die ältere einfache Figur aufnimmt ***).
Und sowie er schon hierin byzantinische Lehre beizog, so begegnen wir
auch überhaupt häufigen Erwähnungen jener logischen Theorie*°°), wor
unter besonders die Lehre vom den consequentiae hervorragt *°*), bei
welcher er die mathematische Form der Proportionem förmlich als eine
Schluss-Weise erwähnt 498). ` ,
482) Ebend. f. 9 r. B. Es ist jedoch mur der erste von zwei zusammengehörigen
Wersen, welche ich untem (Amm. 615) bei Burleigh anzuführen habe. Einen Prioritäts
Streit über den Urheber solcher Werse wird wohl Niemand erhebem, znmal da Wieles
auf Rechriumg späterer Abschreiber fallem kanm.
483) Ebd. f. 18 v. A: Aequivocum includit duplicem relationem, ..... sc. habi
tudinem ad aequivocans ..... et ad aequivocalum.
484) Ebd. f. 43 v. B: Praedicamentorum quaedam sunt substantia, quaedam
accidentia: substantia autem est unum praedicamentum tantum ; accidentium autem
quaedam sunt absoluta, ut quantitas et qualitas, quaedam sunt respectiva, ut reli
qua septem.
485) Ebd. f. 30 r. B: Relativum aequiparuntiae est aequivocum, quia proprie
sumptum est aliquid relatum ad aliud secundum eandem formam, ...... cuiusmodi
sunt „simile“ et „aequale“. Vgl. f. 10 r. A.
486) Ebd. f. 37 v. B: 0pp0sitio in uno sensu sumpta dicitur univoce de con
trarietate et oppositione relativa, in alio sensu dicilur univoce de conlradictione et
privativa oppositione. Primo modo est ens reale, ..... secundo modo est intentio.
487) Ebd. f. 63 v. B; s. Anm. 93.
488) Ebd. f. 67 v. A u. B.
489) Ebd. f. 79 r. B: Aristoteles hic praetermisit multiplices oppositiones, ubi
subiicitur momen infinitum universaliter sumptum. Vgl. Abschn. XVII, Anm. 450.
490) Ebd. f. 86 r. A: Dupleæ est modus, nominalis et adverbialis u. s. f. S.
ebend. Anm. 43. *
491) Ebd. f. 84 r. A: In propositionibus modalibus modus ponitur a parte prae
dicati, et ei addenda est negalio ...... (v. A) In propositionibus de modo ipsum
dictum subiicitur, ita quod etiam verbum est pars subiecti. S. ebend. Anm. 161.
492) Ebd. f. 87 r. A: Propter hoc aliqui habent hic figuram u. s. f., d. h. es
folgt die auch von Thomas (s. ebend. Anm. 541) aufgenommene Figur, welche uns
zuersi bei Wilhelm Shyreswood (s. ebend. Anm. 45) begegnet war.
493) So finden wir suppositio personalis f. 22 v. A u. f. 69 r. A, ampliatio f. 70
r. B, 73 v. A, 80 v. B, distributio f. 83 r. B, appellatio f. 73 v. B, categoreumatice et
syncategoreumatice f. 8 r. B, 63 r. A, 80 v. B, sensus compositus et divisus (s. ebend.
Amm. 585) f. 76 r. A.
494) Ebd. f. 22 v. A, 39 r. A, 41 v. A, 86 r. A.
495) Ebd. f. 89 r. A: Tenet argumentum a commutata proportione, quantum ad
contradicere el converli; ..... sed nunquam tenet, quantum ad contradicere et sequi,
XIX. Franciseus Mayron. 283
In einer sehr eigenthiimlichen Weise vertritt Jer Franziskater
F ram cis c u s Mayr o n (gest. 1325) den Scotismus, indem er in der
Universalien-Frage (— aber aueh nur in dieser —) sich völlig auf einem
platomischen Standpunkt stellt, so dass uns hier ein ähnliches Verhältniss
wie bei Heinrich Göthals (ob. Anm. 36) begegnet, d. h. Mayron wäre
gleichfalls unter anderen Zeitumständem sieher der exclusivste Platoniker
gewordem, und auch ihm himderte hieram nur die Auctorität des üblich
gewordemen Stoffes und andrerseits der Umstand, dass mam damals Plato's
Schriftem noch nicht besass. Allerdings macht es einem fast komischen
Eindruck, wenn Mayrom mit seinem platonischen Realismus zugleich eine
reichliche Durchführung der Ansichten des Scotus verbinden zu könnem
glaubt ; aber daneben könnte es uns selbst freuen, dass einmal Jemand
Selbstständigkeit genug besass, um gegen den allgemeinen Strom zu
schwimmen und auf eigene Faust sich für Plato zu erklären. Wir he
sitzen von ihm einen (`ommentar zum Petrus Lombardus und Quod
libeta 496), ferner eine Erklärung der Isagoge und der Kategoriem, eine
Schrift De primo principio, Formalitates (s. jedoch unten Anm. 529),
sowie De univocatione entis 497).
Wenden wir uns zu den Hauptfragen*°°), so begegnen wir vorerst
einer ausschliesslich religiös-dogmatischen Tendenz, welehe der Darstellung
der Logik hei Mayron zu Grunde liegt, da es sicb dabei nur um die
Mittel zum Siege über die Anorthodoxie handle 4"*). Sodann aber über
sed fit semper fallacia consequentis, v. gr. ...... Sicut se habet h0m0 ad non homi
nem secundum consequenliam, sic animal ad non animal secundum consequentiam;
ergo permutatis : Sicut homo ad animal, sic non homo ad non animal; sed omnis
homo est animal; ergo omne non homo est non animul; falsum est u. s. w.
496) Illuminati doctoris fratris Francisci de Mayronis in primum sententiarum.
Venetiis 1504. fol. ln secundum ebenso. In tertium ebend. 1506. In quartum
ehend. 1507. Quodlibettales [sic] questiones fertilissimae illuminati doctoris Franc.
`de Mayronis. Venetiis 1507. TfoI. – In einem anderen Venetianer Drucke v. 1520,
welcher mir nicht zugänglich war, sind auch einige der kleineren Schriften, welche
Nuciarelli herausgab (s. folg. Anm.) enthaltem.
497) Contenta in volumine per erimium artium et medicinae oratorem dom.
Hieronymum de Nuciarellis Romanum correcta et emendata, lector, invenies: Passus
super universalia et praedicamenta illuminati Francisci Maironis (ein älterer Druck
dieser Schrift ist Bononiae 1479. 4). Formalitates eiusdem. De primo principio com
pleæo eiusdem Francisci. De terminis theologicis eiusdem. Formalilales Petri Thomae
(s. Abschn. XX). De secundis intentionibus Hieronymi (d. h. des Nuciarelli selbst).
De ente et essentia divi Thomae. Tria principia rerum naturalium Antonii Andreae
(s. Anm. 446). Eaepositio Francisci Maironis s. VIII libr. phys. De cuiuscunque
scienliae subiecto Comelii Hispani. Super libros de anima Joannis Scoti. De uni
vocatione entis Francisci Maironis. Venetiis 1517. fol.
498) Nemlich die Exegese als solche biotet in dem Passus super universalia
nichts Erhebliches dar, indem nur zum Werständnisse des Wortlautes stets ,,dubia“
oder „difficultates“ (meistens vier oder acht) aufgetischt und glücklich oder un
glücklich gelöst werden. Jedes einzelne Glied der logischen Lehre heisst dabei
ein passus, und die Isagoge enthält deren 40, die Kategoriem 65, und der un
vollendet gebliebene Commentar zu De interpr. nur 7.
499) Passus s. univ. f. 2 r. A : Ad ostendendum, quod veritas philosophiae non
contradicit auctoritati divinae sapienliae, decrevi, passus communes philosophiae
discurrere resecando superflua, quae in hac urte contineri videntur; praestituto fine
quadruplici, ... . ut munitiones rationum philosophicarum contra veram philosophiam
garrienlium deslruantur, ..... ut consilia argumentationum infidelium adversus theo
284 XIX. Franciscus Mayron.
rascht er uns mit der litterarischen Entdeckung, dass die Isagoge des
Porphyrius eigentlich nur eine zweite Auflage des platonischen „Sophistes“
sei, und da von Plato, auf welchen stets die christlichen Heiligen so
grosse Stücke gehaltem, natürlich nur Kundgebungen einer Ur-Wahrheit
zu erwartem seien, so ergebe sich hieraus von selbst der hohe Werth der
Isagoge °""). Aristoteles hingegem gilt dem Mayron als unfähig zu allen
metaphysischen Fragem und als der neidvolle Werderber der platonischen
Ideemlehre°'''), welcher jedoch nur das Wort „Idee* durch schlechte Er
klärung im Misskredit gebracht habe, während die Sache selbst unzweifel
haft klar sei °"*); denn die Ideen seien eben die unveränderlichen Muster
bilder der Dinge in der Weisheit Gottes °''°). -
Darum findet Mayron, dass, wenn man die Universalienfrage bloss
auf den Gegensatz des esse in anima und des esse in re eaetra stelle,
jede der vier möglichen Annahmen umhaltbar sei: nemlich die Univer
salien könnem weder ausschliesslich in der Seele seim, da dann alle
Wissenschaften die Qbjective Realität verlören, noch auch ausschliesslich
in den Dingem, da immerhim der Priorität der 0bjecte ein Posteriorisches
im Subjecte entsprechen müsse; fermer könne das Universale nicht zu
gleich theils in der Seele und theils in dem Dingen sein, da diess der
Untheilbarkeit der Quiddität widerspreche; moch auch endlich könne man
sagem, dass das Universale in verschiedemer Modalität in der Seele und
in den Dingen sei, denn das Gleiche gelte auch von der singulärem
logiam insurgentium dissipentur, ...... ut superbiae ingeniorum subtilium adversus
doctrinam catholicam se erigentium comprimantur, ...... ut eaccellentiae intellectuum
sublilium ad vel italis notitiam venire cupientium ad Christi domini nostri servitium
adducantur. Ebend. f. 9 r. B: Cum in tertio Sententiarum volumus tractare de unitate
naturae humanae Christi, ut eactollamus suae incarnationis mysterium, 0p0rtet, nos
scire, quid genus, quid species et differentia, ..... ut sciamus dissolvere versutias
philosophorum, prout se erigunt infideles ad incarnalionis mysterium impugnandum.
500) Passus s. un. f. 2 r. A: 0ccurrit primo inconsueta apud Latinos philosophia,
liber Platonis, qui dicitur Sophistes, qui, licet fuerit, sicut Boethius refert, editus a
Platone, fuit tamen a Porphyrio repetitus, et ideo vulgo allegatur ibi Porphyrius; quia
tamen auctorilas Platonis est praestantissima inter auctoritates omnium philosophorum
apud sanctos nostros, ideo magis convenit in hoc libro allegare Platonem, qui fuit
repulatus olim inter philosophos sicut Jupiter inter deos; et secundum quod iste liber
fuit traditus a Platone, prima veritas in eo contenta est. S0 nennt er gelegentlich
noch öfters dem Plato als den Urheber des lnhaltes der Isagoge.
501) Sent. I, Dist. 47, qu. 3, f. 145 r. B: Aristoteles attribuit ideis quatuor
conditiones, quas videtur negasse Plato: prima 'est singularitas, ..... secunda, quod
esset ens aclu eæistens, terlia, quod esset separata localiler, quarta, quod mensura
retur tempore ...... (v. A) Sed quare Aristoteles voluit sic facere, una assignatur
voluntas, quia habuit invidiam contra eum ...... Aristoteles fuit optimus physicus,
sed pessimus metaphysicus, quia nescivit abstrahere, et ideo pessimam metaphysi
cam fecit.
502) Ebend. f. 145 v. A: ldeae non sunt imponendae Platoni, sicut eas imponit
sibi Aristoteles, quod se, essent quaedam monstra in aëre subsistentia singularia.....
(B) Ratio, quare non ponuntur communiter ideae, non est nisi propter infamiam vo
cabuli, quam sortitum est eae intellectu malo, quem Aristoteles imponit Platoni; sed
dummodo res sit manifesta, de vocabulo non est curandum.
503) Ebend. qu. 1, f. 144 v. A: Deus est sapiens per ideas; ..... sunt rationes
incommutabiles et aeternae, quia ad ipsas reducitur omnis incommutabilis veritas;
..... non dicunt aliquid absolutum formaliter, sed respectivum, ..... quia idea, in
quantum idea, formaliter est eaeemplar, sed eaeemplar formaliter est ad aliud.
XIX. Franciscus Mayron. 285
Sinmeswahrnehmung ; -— kurz Mayron trifft merkwürdiger Weise mit
Aegidius Romanus (Amm. 374) darin zusammen, dass die Universalien an
sich weder in der Seele noch in den Dingen seiem, aber als positiver
Rest bleibt ihm dabei die platonische Idee, welche weder ein Fabricat
der Seele noch ein Ding, sondern eben die Potenzialität des reellen Seins
sei °''*); und so hahe auch der traditionell gewordene (arabische) Aus
spruch „intellectus agit universalitatem“ nur den Sinn, dass die immer
hin relative Worstellungs - Weise (obiectivum), nicht aber das gegenständ
liche Sein, durch die Demkthätigkeit erzeugt werde °"°). Wenn er aber
in der objectivem Welt die substanzielle Allgemeinheit, welcher die ratio
melle Priorität zukommt, dualistisch neben das Einzelnseim (suppositum,
s. Anm. 109, 251, 407) und die empirische Priorität desselben hin
stellt °""), entscheidet er sich bezüglich der Erkennbarkeit des Singulärem
dahin, dass in Folge einer gleichförmigem Wermittlung der Vorstellung
(uniformiter repraesentativum, d. h. der species intelligibilis des Scotus)
der Intellectus überhaupt das Einzelne eigentlich in allgemeiner Weise
erfasst°"7). Hiedurch streift er abermals an Aegidius (Anm. 379), indem
die secunda intentio sich zur Relativität der Beziehung (respectus) zwi
504) Ebend. qu. 4, f. 146 r. A: Fuerunt quatuor opiniones. Prima, quod uni
rersalia sunt tanlum in anima et nullatenus in re eaetra, quia, quidquid est in rerum
natura, est singulare ..... Secunda, quod universalia habent esse in rerum natura
et non in anima, quia non sunt eætra sua particularia ..... Tertia, qu0d universalia
partim habent esse in re eaetra et partim in anima. Quarta, quod habent esse uno
modo in anima, sc. obiective, et alio modo in rerum natura, sc. subiective, quia in
veniuntur in suis particularibus essentialiter et obiectivaliter in intellectu. Prima via
non potest stare, quia de entibus creatis in anima nulla est scientia realis, et tamen
omnis scientia est de universali ..... Nec secunda, quia priori repugnat, esse sine
posteriori, sed universalia sunt priora ..... Nec tertia, quia eadem simpleae quidditas
non potest esse ens rationis et ens reale ..... Nec quarta, quia eodem modo dicitur
de hac albedine singulari, quod habet esse obiective in anima et subiective in rerum
natura ...... Ideo videtur dicendum, quod universalia secundum se non habent esse
in anima nec in rerum natura, quia tota coordinatio praedicamentalis videtur esse
incommulabilis omni consideratione nostra ...... (B) Universale est non fabricatum
ab anima, eo quod abstrahit ab omni productione; nec tamen per hoc est ens reale,
sed solum natum esse ens reale, et sic conceditur esse reale in potentia et n0n
in actu.
505) Ebend. f. 146 r. B: lnfinitae auctoritates auctorum sonant et dicunt, quod
intellectus fueit universalitatem in rebus, et universalia sunt ab anima fabricata.
Dici polest, ut vitetur scandalum sequentium eos, quod intellectus noster producit
universalia in esse cognito, quod est esse obiectivum et secundum quid, et dat eis
esse cognitum, non esse simpliciter, el sic secundum tale esse potest dici eorum causa.
506) Passus s. un. f. 10 v. B: Substantia potest dupliciter accipi ; aut prout
dicitur a substando, et sic superiora prius subslant, sicut prius sunt et prius eis
diffinitio convenit enlis per se; aut prout dicitur a subsistendo per modum suppositi,
et sic individua prius subsistunt, quia ratio suppositi primo convenit individuo, et
communia nonnisi per individua supp0sitantur.
507) Sent. I, Dist. 3, qu. 8, f. 27 r. A: Dicunt aliqui, quod solum singularia
intelligimus, quia illa praecise intelligimus, quae movent ad intellectionem sui ......
Contra istud arguo ..... (B) Illud, quod intelligit per repraesentativum uniformiter
repraesentans, non intelligit aliquid de his, quae insunt sibi per aecidens .... 0mne,
quod intelligit aliqua distincta, ut distincta, non decipitur circa distinctionem eorum;
sed intellectus decipitur circa distinctionem singularium, ergo non c0gn0scit ea ut
distincta..... Necessario oportet dicere, quod rationem particularis cognoscimus saltem
in generali, et talis cognitio particularis sufficit ad c0gnitionem universalis.
286 XIX, Franciscus Mayron.
schen Allgemeinem und Einzelnem gestaltet °"°); ja er erblickt darim
sogar mur gemeinsame höhere Merkmale, welche micht das Wesem selbst
siiid (non est essentiale), während die ummittelbare bejahemde oder ver
meinende Aussage Sache der prima intentio sei °"°). Nur verwahrt er
sich ausdrücklich gegem nominalistische Einseitigkeit und schliesst sich
vollständig dem Intellectualismus (— mentalis —-) des Scotus an °'"), so
dass er auch das Gebiet des „conceptus“ überhaupt erst von der secunda
ίntentio an beginnem und in aufsteigender Limie zum Allgemeinstem und
auch zu transscendentia (s. Anm. 273, 355) sich erheben lässt *'').
Dabei aber blickt freilich wieder der Dualismus in der Annahme durch,
dass die Wahrheit einerseits ein Zustand der objectiven Dinge sei und
andrerseits in der Werknüpfung der Begriffe liege ° 1°).
Was das Princip der Individuation betrifft, schliesst sich Mayron s0
wohl in der Unterscheidung zwischen esse und eæistere° 1°) als auch im
Begriffe der haecceitas völlig an Scotus an ° '*), wenn er auch mit dem
Wortausdrucke ,,modus intrinsecus“ uns an Herveus (Anm. 416) erinnern
könnte° 1°). Possierlich ist es allerdings, wenn er die Häcceität für pla
tonisch und zugleich für aristotelisch hält und dem Porphyrius darüber
508) Passus s. un. f. 10 r. B: Communicari et commune esse pertinent ad se
cundas intentiones, sicut esse universale, ..... quae sunt respectus consequentes et
convenientes inferioribus et superioribus, ut ab invicem distinguuntur.
509) Sent. I, Dist. 23, qu. 1, f. 82 v. A: Quandocumque aliquid est cqmmune
et superius assignatur multis el non est eis essentiale, illud est secunda inlenti0 ....
Quidquid praedicalur de superiori et inferiori affirmalive et e contra negalive, illud
est prima intenlio...... Ista pr0p0sitio habet solum instantiam in secundis inlen
tionibus, quia dat0, quod h0m0 sit species, et hic h0m0 sit h0m0, non tamen hic
homo est species. -
510) Passus s. un. f. 2 r. B: Cum dicilur, qu0d praedicabile est, qu0d est ap
tum natum, de pluribus praedicari vel dici, non accipilur hic solum dictio v0calis,
imo principaliter menlalis, cum actus praedicationis sit principaliler in intellectu,
sieut actus compositionis.
511) Sent. I, Prol., qu. 8, f. 5 v. B: Utrum a conceplibus simpliciter simplicibus
et primo diversis polest abstrahi aliquis conceptus communis. Sine argumenlis resp0n
deo, quod non; quod tamen est intelligendum de conceptu quidditativo ..... Conceptus
sunt in quadruplici genere; primi sunt secundarum inlenlionum, alii c0mmunissimarum
passionum, alii habitudinum transcendenlium, alii privationum. Exemplum primi,
sicut a Petro et Marlin0 abstrahitur species, ..... eaeemplum secundi verilas et bonitas,
..... tertii idenlitas, diversitas, dislinclio, ..... quarli unitus et simplicilas.
512) Passus s. un. f. 10 r. A: Veritas dupliciler accipi potest : uno m0d0, prout
dicit 0rdinem rerum ad intellectum, secundum quod ipsae sunt intelligibiles, et sic
veritas est passio enlis; alio modo, prout dicit habitudinem unius termini ad alium
in compleaeione, et sic termini secundum se sumpti veritalem non habent, quia talis
veritus non est ad se, sed ad aliud.
513) Quodlib. 8, 1, f. 18 v. A: Illud est esse essentiae, quod pertinet ad cuius
libet enlis quidditatem, quia in rebus habentibus essenliam quidditas et essentia idem
sunt, ..... et in hoc differt illud esse ab esse evistentiae, quia illud n0n pertinet
communiter ad quidditatem. S. Anm. 135.
514) Passus s. un. f. 9 r. B: Species dicit totam essentiam individuorum, quia
individua non addunt ad speciem nisi haecceitatem, quae nullam dicit quidditatem
nec per consequens diffinitivam rationem.
515) Sent. II, Dist. 34, qu. 4, f. 25 v. A: Proprietas individui non est quidditas
nec pars eius, sed est modus inlrinsecus et est idem realiler cum natura, quam
individuat, quia nullam naturam potest deus producere sine singularitale.
XIX. Franciscus Mayrom. 2S7
tadelt, dass er hierin vom seinem Originale abgewichen sei°'"). Die An
gelologie macht ihm mit Gottes Hilfe keine Beschwerde ° '"). Gleichfalls
dem Scotus folgt er bezüglich der pluralitas formarum°'°).
Während aus (lem Umkreise vereinzelter Bemerkungen (s. ob. Anm.
498) höchstens etwa erwähnt werdem mag, dass Mayron nebem aller Füg
samkeit unter die Auctorität der Tradition doch an eine Motivirumg der
Zehnzahl der Kategorien denkt *'*'), oder dass er für die Kategorie der
Qualität und ihre verschiedenem Unterarten eine eigene arbor Porphyriana
entwirft **"), oder dass er bei der Relation eine spraeliliche und eine
sachliche Seite sunterscheidet **1), treten mit grösserer Wichtigkeit seine
Drörterumgen über das sog. principium identitatis und seine Beliandlung
der formalitates hervor.
In ersterer Beziehung nemlich ist Mayron unter deu Autorem des
Mittelallers (— betreffs der antiken Logik s. Abschn. VI, Anm. 136, Abschn.
XI, Anm. 22, 81 u. 161, Abschn. XII, Anm. 138 —) in der That der Erste,
welcher den Inhalt einer vielbesprochenem aristotelischem Stelle als einen
allerobersten Gruudsatz unter dem Titel „primum principium compleaeum“
hezeichnet und unter Hinzufügung einiger byzantimisch-grammatischer Be
merkungen genau formulirt: ,,De quolibet dicitur affirmatio vel negatio,
et de nullo ambo simul“ °**). Sofort aber wendet er auch auf dieses
Princip dasjenige an, was er von dem Universalien sagt (Amm. 504), d. h.
jener höchste Grundsatz sei an sich weder in der Seele noch in den
516) Passus s. un. f. 4 r. A: 0pinio fuit Porphyrii, quod istae proprietates
individuorum accidenlales essent causa et ratio individualiomis ipsius substantiae .....
Hic non est admiltendus dominus Porphyrius, quia illud diacit a se, non ul habuit a
Platone vel Arislolele, nisi forte intelligat per istas proprietates haecceitates (in dem
ganzen Drucke steht überall „echeitas“ für haecceilas).
517) Sent. II, Dist. 3, qu. 2, f. 9 v. A: 0mnis angelus est in nalura specifica,
cui non repugnat, esse in pluribus; et si n0n repugnal, deus p0lerit facere.
518) Ebend. Dist. 16, f. 19 v. A: Utrum in corpore hominis sunt plures formae
substantiales ...... Dico, qu0d omnes parles helerogeneae differunt specie ..... Sunt
plura individua parlialia el unum individuum totale essenliale.
519) Passus s. un. f. 10 v. B: Cum omnes hodie supponant, decem praedicamentu
esse, ipsa non sunt neganda, et tunc habetur sola fides per auctoritalem, et istud
redigilur in ol)sequium Christi, quia, si intellectui Aristulelis se gratis subiugaverunt
tot sollerles, ..... multo magis est subiiciendus intellectus iugo Chrisli ..... Tamen
sequendo dicta communia numerus isle praedicamentorum potest sic deduci u. s. w.,
s. Anm. 174.
520) Ebend. f. 16 r. B.
521) Sent. I, Dist. 29, qu. 1, f. 94 r. B: Dividitur relatio in relulionem secun
dum esse et in relationem secundum dici ..... Relativa secundum dici illa sunt, quue
sunt aliorum praedicamentorum et secundum se sunt absolula ...... Relativa aulem
secundum esse sunl in praedicament0 relalionis ..... qu. 2, f. 95 v. B: Universaliter
omnis relatio formaliler differt a suo fundamento (d. h. im Interesse der Trinität).
522) De primo princ. f. 27 v. A: Quid est primum principium compleacum? Et
dicilur ab omnibus, quod est illud, de quo philosophus tractat (s. Abschn. IV, Anm.
163 ff.), sc. „de quolibet dicitur affirmatio vel negatio, et de mullo ambo simul“.....
Istud principium non est unum unitale simplicitatis, sed unitate integritatis, quia ista
propositio est hypothetica copulativa, cum coniungat duas propositiones categ0ricus
per hanc diclionem „et**..... ; primu pars est universalis affirmaliva de praedicato
disiunct0, ..... secunda pars est universalis negativa de praedicato copulalo...... 5
inter duas partes est talis ordo in essendo, qualis in proferendo, ita quod in ordine
naturae universalis affirmativa praecedit universalem negalivum. Vgl. Sentent. l,
Dist. 1, qu. 1, f. 1 r. B.
288 • XIX. Franciscus Mayron.
objectiven I)ingen, sondern als ewige Wahrheit dem Creatürlichen ent
rückt könne er mur accidentell in Seelem oder Dingen auftreten ***); er
sei memlich formell und vorstellungsweise und musterbildlich (nicht aber
essentiell) im Geiste Gottes***), keinenfalls jedoch eine That der emdlichem
menschlichen Wernunft °*°), sondern nur eine habituelle Eigenschaft der
selben **"), und ebenso gelte er auch in den die vielheitlichen Dinge be
treffenden Urtheilen nur in jener obigen einfachen Form, denn durch
modificirende Zusätze verliere er sofort seine Geltung °*"); insoferne er
aber vom allem Seiendem, und somit auch von Gott selbst gelten müsse,
werde hiebei „ens“ als univocum für Jedwedes gebraucht°*°).
Das zweite wichtige Moment aber ist, dass uns bei Mayron zum
erstem Male eine greifbare Probe davon begegnet, dass in der Schule des
Scotus sich in Bälde aus der Lehre desselben (s. Amm. 147 ff.) die Litle
ratur der Form a lit a te s entwickelte. Allerdings ist die unter Mayrom's
Namen gedruckte Schrift ein Erzeugniss zweiter Hand °*°'), und es ist
uns völlig ummöglich, auszuscheiden, was etwa von ihm selbst und was
von dem späteren Bearbeiter herrühre, zumal da, wie öfters deutlich ge
sagt wird, sich bereits Mehrere mit diesem Thema beschäftigt hatten ;
und auch eine vereinzelte Stelle des ächten Mayron, wo derselbe gele
gentlich auf diesen Gegenstand kommt, scheint sicher auf eine primitivere
523) Ebend. f. 27 v. B: Istud primum principium, sicut regula, habet esse ob
ieclive in intellectu ; ..... habet esse subiective in rerum natura, quia, ubicunque
inveniuntur termini propositionis, per se note invenilur; ..... secundum se non habet
esse in anima nec in rerum natura, quia eius veritas, cum sit aeterna, praevenit
eaetra naturam animae et eaetra naturam cuiuslibet creaturae, ..... per accidens habet
esse in anima et per accidens habet esse in rerum natura.
524) Ebend.: Primum principium habet esse in mente divina formaliter, quia
termini includuntur formaliter in inlellectu divino, ..... habet esse in mente divina
obiectivaliter, quia .... dicitur esse obiective in intellectu, quod ab intellectu perci
pilur, ..... habet esse in menle divina evemplariter..... Non habet esse in mente
divina essentialiter, quia ..... tunc non inveniretur nisi in intellectu divin0.
525) Ebd. f. 28 r. A: Num istud primum principium est actus rationis. Dicunt
aliqui, quod sic..... Sed contra istud arguo, .... quia actus intelligendi est causatus
et temporalis et corruplibilis ..... et quaedam qualitas, quae ad unum genus deter
minatur..... et est in potentia nostrae voluntatis, .... istud autem principium summe
mecessarium non subiacet voluntali u. s. f.
526) Ebd. f. 28 v. B: Primum principium compleaeum est illud, de quo est
primus habitus intellectus, quia, cum intellectus sit habitus principiorum, oportet ergo,
quod primus habitus sit de primo principio ...... Primum principium ingreditur pri
mam demonstrationem.
527) Ebend.: Dicebant aliqui, quod primum principium tenet quantumcunque
modificatum ..... Sed si accipiatur modificatio quidditative, ut dicatur ,,De quolibet
quidditative dicitur affirmatio vel negatio“, ista est falsa, quia homo non est quid
ditative all)us nec non albus ..... Licet de quolibet sit simpliciter necessarium dieere
iustum vel non iustum, non tamen cum modificalione adaequalionis.
528) De univoc. entis, f. 82 r. A : Quaeritur, utrum subiectum primi principii
compleaci dictum de deo et creatura habeat eundem conceptum..... Non accipitur hic
conceptus pro actu intelligendi, ..... secundum quod non accipitur pro ente rationis,
..... quaerimus autem hic conceptum quiddilativum..... Igilur subiectum primi prin
cipii, quod est ens, habet conceptum univocum de de0 et creatura.
529) Schon der Titel lautet (f. 21 v. B): Incipit tractatus formalitatum secun
dum doctrinam Francisci Maironis, und ausserdem lesen wir einmal im Texte selhst
(f. 22 r. A): Quamquam multi eæplicuerunt divisionem entis, breviter tamen secundum
mentem Francisci de Maironis haec est.
XIX. Franciscus Mayron. 289
Form der Lehre hinzuweisen *°°). Aber trotzdem ist jene Schrift nach
Inhalt und Gestalt das älteste Document dieser Art, welches uns zu Gebot
steht, und so müssen wir ein wenig dabei verweilen.
Als üblich gewordener Gegenstand der formalitates wird von vorne
herein das Verhältniss zwischen formeller und realer Distinction (s. Anm.
149) bezeichnet°°'), und die Erörterung über den Begriff der formalitas
ist bereits polemisch gegen Diejenigen gewendet, welche ihn in Anbetracht
der Materie direct auf forma bezogen und daher bei Einer Form un
möglich von mehrerem formalitates sprechen konnten, wohingegen das
Richtige der Hinblick auf essentia sei, welche ja gleichfalls mehrere
essentialia enthalte, so dass ebenso eine Wielheit von formalitates sich
sehr wohl mit der Einheit der Form vertrage 58*). Eine Unterscheidung
mehrerer Bedeutungen des Wortes forma, unter welchen die einem Ab
schluss (perfectio) ausdrückenden als sachlich- reale abgewiesen werden,
führt damn dazu, formalitas sofort imit quidditas zu identificiren*°°), so
dass auch hier (vgl. Anm. 511) eine aufsteigemde Linie vom Specielleren
bis zu transcendentia fortschreitet °°*). Nun aber können ferner zur
Form noch neun verschiedene modi intrinseci derartig hinzutreten, dass
durch sie die formalitas selbst nicht geändert wird °°°), und unter diesen
530) Sent. I, Dist. 8, qu. 1, f. 44 v. A: Sunt quatuor gradus dislinctionum non
fabricati ab intellectu sive ab anima. Prima est essenlialis, ..... quando quidditas
cum sua existentia est distincta ab alia quidditate cum sua eæistentia. Secunda est
realis, ..... ut inter patrem et filium, .... est inter rem et rem. Tertia est formalis
et ista est inter quidditatem et quidditatem...... Quarta est quidditatis et modi
intrinseci, sicut inter quidditatem hominis et eius finitatem. Vgl. Anm. 537 u. 539.
531) Formalit. f. 21 v. A: Solent doctores communiter invesligare, utrum illa,
quae distinguuntur formaliter, distinguantur realiter.
532) Ebend. f. 21 v. B: Primo videndum est, quid sit formalitas ..... Forma
litas non est ratio consequens conditionem formae adaequatae. Haec conclusio posita
est contra quorundam opinionem, qui diverunt, quod sicut materialitas dicitur a
materia, sic formalitas dicitur a forma, et per consequens, sicut est una forma vel
plures formae, ita est una formalitas vel plures formalitates, unde apud istos ponere
plures formalitates sine pluribus formis erat contradictio; et ideo apud eos forma
litates consequebantur conditionem formae adaequatae. Cuius 0pp0situm.... probalur
sic: Sicut se habet essentiale ad essentiam, ita se habet formale ad formam ; sed cum
unitate essentiae stat pluralitas rationum essentialium ; igitur cum unitate formae stat
formalitalum pluralitas.
533) Ebend.: Forma accipitur quadrupliciter: uno modo pro perfectione, quae
est pars rei substantialis, ..... secundo modo pro perfectione, quae non est pars rei
substantialis, sed accidentalis, ..... tertio m0d0 pro perfectione, quae consequitur
totam naturam, ..... et sic risibilitas potest dici forma hominis, ...... quart0 m0d0
pro ratione diffiniliva seu quidditativa..... Et istis tribus modis (d. h. in den ersten
drei Bedeutungem) accipiendo „formaliter* tantum valet, quantum „realiter“, .... tamen
?0f? e c0nve?'S0 . . . . . . Formalitas non est ratio diffinitiva rei adaequate..... Forma
lilas est quidditas uniuscuiusque rei, sive ipsum sit diffinibile sive n0m.
534) Ebd. f. 22 r. A: Formalitates sunt in quadruplici differentia, quia quaedam
specialissima, ut humanitas et asineitas, secundae sunt subalternae, ut animalitas,
.... tertiae sunt generalissimae, ut formalilas qualitatis et quantitalis, quartae sunt
transcendenles, ut entitas, unitas, veritas, bonitas.
535) f. 22 r. B: Modus intrinsecus est ille, qui adveniens alicui formae seu
quidditati non variat eius formalem rationem ...... Sciendum, quod novem sunt
genera modorum intrinsecorum, videlicet finitum et infinitum, actus et p0lentia, ne
cessarium et conlingens, eæistentia, realitas et haecceitas.
PRANtl, Gesch. lII. 19
290 XIX. Franciscus Mayron.
nehmen haecceitas, eaeistentia, realitas, welche hierauf in ziemlich michts
sagender Weise definirt werden, eine hervorragende Stelle ein °°"). In
soferme aber hiebei der Modus vom der Quiddität selbst oder ein Modus
von einem anderen oder an Einem Ding zwei entgegengesetzte Modi oder
Ein Modus an zwei Dingen unterschiedem werden kann, findet schon hier
die „distinctio“ eine vierfache Werwendung°°7). Und so beginnt nun die
Erörterung über distinctio selbst, bei welcher stets ihr Gegensatz, d. h.
idemtitas, in Sicht bleibt. Als das Wesentliche der Distinction wird eine
gewisse Bezugsetzung (respectus) bezeichnet, welche stets auf ein Wer
hältniss der Ungleichheit — disquiparantia — gerichtet sei °°°), und
indem mun sieben Arten einer solchen Distinction, welcher ebensoviele
Identitäten entsprechen, zu unterscheidem seien ***), werden dieselbem
hierauf einzeln besprochen, nemlich: ratione°49), eae matura rei °*!), for
maliter, wobei definitio, divisio, descriptio, demonstratio, und selbst die
byzantinische reduplicatio (s. Abschn. XVII, Anm. 262) als Mittel dienen***),
536) f. 22 v. B: Haecceitas nihil aliud est, nisi quidam modus intrinsecus, qui
immediate contrahit et primo quidditatem ad esse, ..... et nominatur differentia in
diridualis ..... (f. 23 r. A) Haecceitas adveniens naturae specificae facit eam hoc vel
individuum ...... Evislenlia nihil aliud est, nisi illud esse, mediante quo quidditas
eæistit..... Realitas est quidam modus intrinsecus, mediante qu0 realitantur omnia,
quae sunt in aliquo.
537) f. 23 r. A: Quadrupleæ est distinctio in istis modis intrinsecis. Prima
est, qua modus distinguitur a quidditate, cuius est modus ...... Secunda est, quod
unus modus disparatus distinguitur ab alio modo disparato ..... Tertia distinctio est
Im0dorum oppositorum, ut finiti el infiniti..... Quarta est duorum modorum eiusdem
ordinis, sicut haecceitas Socratis et haecceilas Platonis.
538) f. 23 r. B: Distinctio non est quid absolutum, sed quid respectivum......
(v. A) Respectus, quem dicit distinctio, est intrinsecus adveniens. . . ... Respectus
distinclionis est respectus disquiparantiae, quia respectus aequiparantiae (vgl. Anm.
485) nunquam habet eaetrema nisi unius rationis.
539) f. 23 v. B: Modi dislinctionum sunt septem, quoniam, quae distinguuntur,
aut dislinguuntur ratione, aut eae natura rei, aut distinctione formali, aut reali, aut
essentiali, aut distinctione se tolis subiective, aut distinctione se tolis obiective .....
Sunt septem modi identitatum, d. h. die memlichen sieben Artem, wie jene der
distinctio.
540) Ebend.: Distinguunlur ratione, quae distinguuntur per actum collativum
vel comparativum intellectus, ..... „Socrates est Socrates“, Socrates positus in sub
iecto dislinguitur a Socrate posito in praedicato sola ratione.
541) f. 24 r. A: Distinguuntur eæ natura rei .....illa, quae habent esse praeter
opus intellectus; et sic distinguuntur totum et partes, effectus et causa, superius
et inferius.
542) f. 24 r. B: Distinguuntur formaliter illa, quorum praedicata non ponunlur
in eadem diffinitione, sed in diversis, ut homo et asinus ..... Illa sunt idem for
maliter, quae de se invicem praedicanlur...... Investigatur distinctio formalis qua
tuor modis, sc. diffinitione, divisione, descriptione, demonstratione ..... Diffinitione,
quia illa, quae sic se habent, quod unum non ponilur in diffinitione alterius nec
est sua diffinitio, formaliter distinguuntur....... Divisione, quando aliquid commune
dividilur per differenlias oppositas, omne contentum sub uno membro distinguitur
formaliter ab omni contenlo sub alio..... Descriptio constat ea, genere et differentia `
et propria passione, sed quae habent dislinctas proprias passiones, habent distinctas
descripliones ..... Demonstratione, quandocunque aliquid est demonstrabile de uno,
quod non de reliquo, talia distinguuntur formaliler, cum demonstrationes varientur
per media ...... Alio modo potest investigari per reduplicationem, nam reduplicatio
dicit causam formalem, arguendo sic: h0m0, inquantum homo, est animal.
XIX. Franciscus Mayron. 291
dann realiter °*°), essentialiter °**), se totis subiective 548), und se
totis obiective °*°). Nachdem sodann mehrere Zweitheilungen der Dinge
in bunter Werwirrung mit einigen Bestandtheilen des Organons in Ver.
bindung gebracht werden **"), und namentlich die für das Particuläre
diemenden synonymen Ausdrücke ,,particulare, singulare, matura, sub
sistentia, substantia, hypostasis, res naturae, suppositum, persona“ ihre
specielle Besprechung finden***), wird als Resultat des Ganzen zusammen
gefasst, wie es zwei Artem der distinctio formalis, desgleichen zwei
Artem der idemtitas formalis, und ebenso zwei Artem der distinctio realis
gebe, sowie dass bei reeller und essentieller Identität eben eine formelle
Distinction stattfinde und hierin die formalitas ihre eigentliche Auf.
gabe habe °*°).
543) f. 24 v. B: Illa distinguuntur realiter, quorum eætrema distincta sunt res
positivae, ita quod unum de altero non praedicatur abstractive, quorum eæistenlia
unius potest esse sine eæistentia alterius..... Notanter dico „cuius eætrema distincta
sunt res positivae“ ad removendum entia rationis, inter quae non ponitur distinctio
realis. -
544) f. 25 r. B: llla distinguuntur essentialiter, quae per aliquam potentiam
possunt esse separata, ut materia et forma, accidens et subiectum, vel quando unum
non dependet ab alio, et quando unum est natura prius alio.
545) f. 25 v. B: Illa distinguuntur se totis subieelive, quae in nulla realitate
quidditative conveniunt quoad unum modum dicendi. Et illa dicuntur esse idem se
totis subiective, quae quidditative conveniunt in aliqua realitate potentiali et contrahi
bili per realitatem differentiae.
546) Ebend. : Illa distinguunlur se totis obiective, de quibus non potest prae
dicari aliquod praedicalum quidditative, sive illud dicat realitatem potentialem sive
non. llla vero sunt idem obiective, de quibus p0test praedicari tale praedicatum
quidditative.
547) f. 26 r. B: De numero rerum quaedam dicuntur universales, quaedam par
ticulares, et ista divisio habetur primo Perihermenias ...... Quaedam dicuntur sim
pliciter et quaedam secundum quid...... Quaedam sunt primae intentionis et quaedam
secundae, et ista divisio habetur in Praedicamentis ..... et coincidit cum duabus
primis ...... Quaedam sunt hoc aliquid, et quaedam quale quid, et coincidit cum
duabus primis, quia hoc aliquid idem est qu0d singulare.
548) Ebend.: Quaedam notanda sunt, quibus datur intelligi, quod particularia
earcludunt de se universale, si sumatur proprie ; sed differenter, sc. individuum, hoc
aliquid, particulare, singulare, natura, subsistentia, substantia, hyposlasis, res naturae,
suppositum, persona ..... Individuum sumitur ab indivisibilitate..... Aliquid sumitur
a determinatione ...... Particulare dicitur parlibile, unde dicit aliquam partem na
turae ..... Singulare dicitur a solitudine ..... (v. A) Existentia dicit actum essendi.
- - - - - Substantia dicitur quasi sub aliis stans, sicut accidenlibus ..... Hypostasis idem
est quod substantia ...... Res naturae dicitur participans naturam ..... Suppositum
idem omnino signifieat, quod res naturae ...... Persona est idem, qu0d individuum
subsistens.
549) f. 26 v. B: Aliqua esse distincta formaliter, contingit dupliciler. Uno modo,
..... quod unum non est diffinitio nec pars diffinitionis alterius; ..... secundo modo,
..... quod non habent eandem realitatem, sunt tamen aliquo modo idem aliqua idem
titate singulari ..... Aliqua possunt esse idem formaliter duobus modis: un0 m0d0
eae eo, quod aliquam realitatem universalem habent, secundum quid et aliquam secun
dum qùale quid; ..... alio modo eae eo, quod unum ponitur in diffinitione alterius.
- - - - - Aliqua possunt esse dupliciter distincta realiter, sc. uno modo, sicut res et res,
et sic distinguuntur proprie realiter; alio modo..... eae natura rei, et sic est distinctio
realis improprie ...... Illa, quae distinguuntur formaliter, distinguuntur realiter
distinctione improprie dicta ...... Illa, quae sunt eadem formaliter, sunt distincta
realiter, et intélligo de identitate formali proprie dicta ..... Cum distinctione formali
stat identitas reaiis et essentialis, et sic sumitur formalitas proprie loquendo. Diese
19 *
292 XIX. Durand v. Pourgain.
Wie wenig aber es dem wahren Thatbestande entspreche, die Autorem
jener Zeit kurzweg in Thomisten und Scotisten zu gruppiren, zeigt sich
deutlich schon an dem Dominikaner D ura n d v o n Pour gain (gest. i. J.
1332), welcher in seinem Commentare zum Sententiarius°°°) so ziemlich
seine eigenen Wege geht und bald sich weit von Thomas entfernt, bald
den Scotus entschiedem bekämpft, und demnoch in anderen Beziehungem
an beide Richtungen anknüpft. Als Gegenstand der Logik gilt ihm ens
rationis (vgl. bei Herveus, Anm. 395), insofern dasselbe aus dem actus
rationis unter einer Namensbezeichnung hervorgeht und so zum Ausdrucke
der Vorstellung (obiective) wird, denn gegenständlich (subiective) sei das
ens rationis ebensowenig in der Seele, als man es etwa für ein Nichts
halten dürfe ; und was damn in solchem ems rationis dem objectiven
Dingen durch die Thätigkeit des Intellectus, sei es in einfachem Erfassen
oder im Zusammensetzen oder im discursiven Vergleichen (s. ebenfalls bei
Herveus, Anm. 398) zukommt, bilde die Hauptgruppen der Logik °°4).
Der menschliche Intellectus aber sei (im Vergleiche mit der nur auf Sin
guläres gerichteten Sinneswahrnehmung) das 0rgan zur Erkenntniss sowohl
des Einzelnen als auch des Allgemeinen, und hierin gleichsam mur graduell
verschieden vom Denken Gottes °°°). Indem aber so Durand (mit Augu
stinus) die höchste Stufe des Intelligiblen in den „Ideen“ Gottes er
kennt °°°), folgt er dennoch dem allgemeinen antiplatonischen Zuge
letzteren Grundsätze sind es auch, welche in der oben (Anm. 85) erwähnten Schrift
eines Scotisten ,,Quaestiones miscellaneae de formalitatibus* lediglich als allgemein
gültig worausgesetzt werdem und in solcher Weise ihre unablässige Anwendung auf
das Trinitäts-Gezänke und andere theologische Fragen finden.
550) Dn. Durandi a Sancto Portiano in Sententias theol. P. Lombardi commen
tariorum libri quatuor. Antverpiae 1576. fol.
551) I, Dist. 19, qu. 5, 7, f. 66 r. A: Ens rationis non est aliud, quam deno
minatio obiecti ab actu rationis secundum ea, quae attribuuntur rei solum, ut cognita
est, v. g. ,,esse universale, esse genus“ dicuntur esse enlia rationis, quia talia dicuntur
de re tantum, ut est obiective cognita; ita quod ens rationis non est penitus nihil,
nec dicitur ens rationis, quia sit in anima subiective. Ebend. 6, 11, f. 66 v. B :
Sicut distinguimus triplicem actum intelligendi, sc. simplicem, componentem et discur
sivum, sic sunt entia rationis in triplici differentia, quia quaedam conveniunt rei,
prout est cognita per intellectum simplicem, sicut universale, genus et species. Quae
dam conveniunt rei, ut est intellecta per intellectum enuntiativum componentem et
dividentem ..... Alia vero consequuntur res, prout sunt obieelive in intellectu discur
sivo, sicut antecedens et consequens, syllogismus, enthymema et similia. De quibus
omnibus tanquam de entibus rationis considerat logicus. Man hüte sich, auf obiges
Wort „denominatio“ ein allzu einseitiges Gewicht zu legen; denn Nominalist ist
Durand, wie sich zeigen wird, durchaus nicht, wenn er auch einem entschiedemen
Intellectualismus vertritt; dass die Begriffe nicht ausserhalb der Wortform existiren,
hatte ja z. B. auch Scotus anerkannt.
552) I, Dist. 35, qu. 3, 16, f. 96 r. B : In nobis cognitio sensitiva est solum
singularium et nullo modo universalium, cognitio autem intellectiva : tanquam per
feclior est tam singularium quam universalium; et multo magis cognitio intellectiva
dei propter suam perfeclionem est non solum universalium, sed etiam singularium,
quia cognitio dei includit perfectionem omnium. S. Abschn. XVII, Anm. 517.
553) I, Dist. 36, qu. 3, 7, f. 98 r. A: Ideae sunt in deo, et propriissime sunt
in e0, quod ..... omne agens per intellectum habet penes se rationem rei fiendae,
quam cognoscit et iuaeta quam exemplariter rem producit, .... sed deus producit res
per intellectum et artem, .... ergo deus habet penes se rationes rerum, quas cognoscit
et iuaeta quas res producit, has autem vocamus ideas. ' Die hierauf folgende längere
Erörterung schliesst sich hauptsächlich an Augustin an.
XIX. Durand v. Pourgain. 293
seiner Zeit und bezeichnet die Ideenlehre als verfehlt 584); hingegen
will er auch nicht unbedingt von Aristoteles sich ins Schlepptau nehmen
lassen 558).
Das esse intentionale als Erzeugniss der subjectiven Denkthätigkeit
bildet einen Gegensatz gegen das esse reale°°°), welch letzteres bald als
individuum bald als suppositum hald als persona (vgl. Amm. 548) auf.
tritt °°"). Aber insoweit Bezeichnung waltet, ist es nach beidem Seiten
hin stets Ein und das nemliche Object, welches bezeichnet wird, und nur
die Art und Weise der Bezeichnung ist verschiedem, indem sie den (seit
Scotus eingebürgertem, s. Anm. 128) Gegensatz des Concretem und des
Abstracten zu Tag treten lässt *°°). Und so wird nun in der That der
thomistische Begriff des abstrahere (Abschn. XVII, Anm. 493) für Durand
der entscheidende. Nemlich das Universale sei bei Leibe nicht der erste
vorgestellte Gegenstand des Demkens, noch gehe es ihm vorher, sondern
indem die denkende Betrachtung von den individuellen Momenten abs
trahiren muss, sei der Ausgangspunkt das Singuläre und erst der Ziel
punkt des Weges das Universale °°°). Das Erzeugniss dieses Worganges
erhalte dann seine Namensbezeichnung als Universale, und diese Thätigkeit
des intellectus abstrahens genüge überhaupt zur Erklärung (s. Herveus,
Anm. 408); denm, sowie es spasshaft (frivolum) sei, vom einer „univer
. salitas“ in den Dingen zu redem, da dieselben mur als singuläre existiren
554) II, Dist. 3, qu. 2, 19, f. 137 r. B: Plato erravit, si intelleacit, formas
separalas esse universales praedicatione, praeter errorem, qui est in ponendo, eas
separatas esse a rebus.
555) I, Dist. 3, qu. 5, 29, f. 28 r. A: De intentione Aristotelis dicendum, quod,
quidquid ipse intenderit, de hoc non est tantum curandum, sicut de veritate.
556) II, Dist. 13, qu. 2, 6, f. 155 r. B: Esse intentionale potest dupliciter accipi.
Un0 m0d0 prout distinguilur contra esse reale, et sic dicuntur habere esse intentio
nale illa, quae non sunt nisi per operationem intellectus, sicut genus et species et
logicae intentiones, et iste est proprius modus accipiendi intentionem ..... Alio modo
dicitur aliquid habere esse intentionale large, quia habet esse debile.
557) II, Dist. 3, qu. 2, 5, f. 136 v. A: lndividuum, suppositum et persona
aliquo modo sunt idem et aliquo m0d0 differunt. Quaelibet enim natura singularis,
in quocunque genere sit, p0test dici individua; suppositum autem non dicitur nisi
natura singularis in praedicament0 substantiae, nec quaecunque talis, sed solum
completa; persona dicitur illud idem in natura intellectuali solum. Ergo omnis per
sona est suppositum, et omne supp0situm est individuum, sed non vice versa. Vgl.
IlI, Dist. 1, qu. 1, 17, f. 211 r. A.
558) I, Dist. 34, qu. 1, 15, f. 92 r. B: Suppositum et natura, h. e. concretum
el abstractum, sive accepta in universali ut homo et humanitas, sive in singulari ut
hic homo vel haec humanitas, non imporlant aliud de principali significato, sed idem
penitus, eæ modo tamen significandi suppositum seu concretum aliquid connotat, quod
fmom commotat matura ... ... Abstractum enim significat naturam secundum se absque
habitudine ad aliquid et ideo eae suo m0d0 significandi nihil connotat praeter na
turam, concrelum autem significat per modum habentis naturam ut „homo habens
humanitatem“.
559) I, Dist. 3, qu. 5, 28, f. 28 r. A: Universale, i. e. ratio vel intentio uni
versalitatis aut res sub intentione universalitalis non est primum obiectum intellectus
nec praeexistit inlellectioni, sed est aliquid formatum per operationem intelligendi,
per quam res secundum considerationem abstrahitur a conditionibus individuantibus,
in qua operatione intellectus abstrahens habet pro termino a quo singularia, a quibus
abstrahit, et pro termino ad quem ipsum universale abstractum; et quia terminus a
quo praecedit terminum ad quem, ideo consideratio singularium praecedit universale
abstractum ab ipsis.
294 XIX. Durand v. Pourgain.
(s. Anm. 400 f.), so bedürfe man auch weder einer species intelligibilis
moch eines besonderen intellectus agens °°°); die erstere nemlich sei
ebenso überflüssig (— hiemit entfernt er sich von Herveus —), als eine
eigene species sensibilis für die Sinneswahrnehmung, und der Intellectus
empfange eben seine Vorstellungs - Gegenstände von der vorausgehenden
niedrigeren Potenz, d. h. von den Sinnen °"'); und desgleichen sei ein
intellectus agens nicht nothwendiger als ein sensus agens, welcher noch
von Niemandem statuirt worden sei, ja im Gegentheile die abstrahirende
Betrachtung empfange ja passiv die 0bjecte ihres Thuns, und in solchem
Sinne müsse man eher von einem intellectus possibilis sprechen *°*).
Indem aber die Denkoperation bis zur Erkenntniss des Wesens (esse
essentiae im Gegensatze gegen esse eaeistentiae, s. Anm. 135) vordringt,
kann Durand auch darauf hinweisen, dass hiemit die Stufe einer Umab
hängigkeit des begrifflichen Denkens von der empirischen Existenz der
0bjecte erreicht sei°°°). Aber dass im Intellectus Alles nur vorstellungs
560) II, Dist. 3, qu. 7, 6, f. 140 r. B: Primum cognitum ab intellectu non est
universale, sed singulare..... Potentia enim per suum actum non facit suum obiectum,
sed supponit, sicut visus quoad actum videndi praesupponit colorem. Sed universale
vel conditi0 universalis non praecedit actum intelligendi, im0 fit per actum intelligendi
eo modo, quo potest sibi competere fieri; esse enim universale non est aliud, quam
esse intellectum absque conditionibus singularilatis et individualionis ita, quod esse
universale est sola denominatio obiecli ab actu sic intelligendi ...... Si dicatur, quod
..... inlellectus agens facit universalitatem in rebus, ...... non valet, quia fictilium
est, intellectum agentem ponere, et frivolum est, dicere, quod universalitas (man be
achte, dass „universalitas“, nicht aber „universale“ gesagt ist, denn dass eine gött
liche Idee im Singulären verwirklicht werde, verneinte Durand wahrlich nicht) fiat
in rebus, quia universalitas non potest esse in rebus, sed solum singularitas..... Et
si dicalur, quod intellectus agens non facit universale misi quia cum phantasmate
causat speciem in intellectu, ..... non valet, quia ..... nulla species est in intellectu,
quae repraesentat ei suum obiectum ....... 12, f. 140 v. A: Universale est unum per
abstractionem a mullis et de multis, de quibus dicitur, et in hac abstractione singu
laria, a quibus fit abstractio, habent rationem quasi termini a qu0 et universale
rationem termini ad quem; sed lerminus a qu0 praecedit terminum ad quem; ergo
inlellectus abstrahens prius intelligit singularia, quam universale.
561), II, Dist. 3, qu. 6, 10, f. 139 v. A: Non est ponere speciem in sensu ......
Species enim coloris eæistens in oculo nullo modo videtur nec videri potest ab ipso,
sicut quilibet eæperilur. Item talis species si duceret in cognitionem alterius, hoc
faceret ratione similitudinis, unde communiter vocatur similitudo, et sic haberet ratio
nem imaginis; imago aulem ducens in cognitionem illius, cuius est imago, est primo
c0gnitum, quod non potest dici de lali specie ...... Qu0d autem in intellectu nostro
n0n sit ponere speciem talem, patet per eandem rationem ..... Sed sensus et intel
lectus in nobis sunt polentiae ordinatae; ergo per solum actum prioris potentiae,
i. e. sensus, praesentatur sufficienter intellectui suum obiectum, nee oportet ponere
aliquam speciem.
562) I, Dist. 3, qu. 5, 26, f. 27 r. B: Sicut non ponitur sensus agens, qui cum
obiect0 causet actum sentiendi, sic non oportet ponere intellectum agentem ad hoc,
ut cum phantasmate moveat inlellectum possibilem ad actum intelligendi ..... Cum
intellectus agens non agat in plantasmata aliquid imprimendo vel aliquid abstrahendo
neque secundum rem neque secundum rationem, nec agat in intellectum possibilem
nec sine phantasmate nec cum phantasmate, videtur, quod non debeat ipsum ponere,
nec Augustinus .... unquam posuit ipsum ...... Abstrahere universale a singularibus
non est operatio intellectus agenlis, ..... quia talis abstractio est solum secundum
considerationem ; et ideo opus illius potentiae est, cuius est considerare, quod non
c0nvenit intellectui agenli, sed possibili.
563) I, Dist. 35, qu. 3, 11, f. 95 v. B: Sicut res potest intelligi quantum ad
XIX. Durand v. Pourgain. 295
weise (obiective) vor sich gehe, wiederholt er auf das deutlichste in
seinem Bemerkungen über die Wahrheit (vgl. bei Herveus, Anm. 397),
wobei er gegen Jene polemisirt, welche von einer gegenständlichen (sub
iective) Richtung im Intellectus sprechen *"*).
Mit besonderer Worliebe aber erörtert er die Frage über das Princip
der Individuation. Wolle man dasselbe in der Materie fimden, so weist
Durand in ähnlicher Weise wie Herveus (Amm. 414) darauf hin , dass
ebensosehr es auch der Form zukomme, in Einem Imdividuum zu seim,
und es ihr in gleichem Grade wie der Materie widerspreche, in mehreren
zu sein, und umgekehrt auch die Materie mehrerem einwohne und von
mehreren ausgesagt werde °"°), ja dass — ausser dem die Angelologie
betreffenden Bedenken — die Materie sogar in höherem Grade etwas
Gemeinsames sei, als die Form, indem Ein und dieselbe Materie selbst
zeitlich macheinander in mehreren Individuem auftrete °°"). Ferner die
Annahme, dass die Quantität Princip der Individualisirung sei; zeige sich
darum als unhaltbar, weil das quantitative Auftretem der Dinge nur die
Folge einer bereits stattgehabten Individuation sei °"7). Und da num
esse eæistentiae, ita potest intelligi quantum ad esse essentiae; sed ad hoc, quod
res intelligatur quantum ad esse essentiae, non requiritur, quod res habeat actu illud
esse ; possum enim formare conceptum de rosa, quae nullum esse essentiae habet actu.
564) I, Dist. 19, qu. 5, 8, f. 66 r. A: Sicut communiter dicitur, veritas est con
formitas ' vel adaequatio intellectus ad rem. Qualiter autem hoc sit intelligendum,
advertendum est, quod non est intelligendum de conformatione intellectus et rei se
cundum illud , quod sunt essentialiter, ..... cum res eætra sit corpus, intellectus
autem n0m ...... Restat ergo, quod talis conformitas attendatur secundum aliquid,
quod est in intellectu subiective vel obiective. Et dicunt aliqui, quod..... attenditur
secundum id, quod est subiective in intellectu, quod est species rei, quae est simi
litudo. eius, vel secundum negantes species ipse est actus intelligendi, qui est etiam
similitudo rei. Sed istud non videtur verum..... (B) Ita conformitas, in qua con
sistit veritas, attenditur secundum id, quod habet se ad intellectum obiective, et non
subiective. Est enim veritas conformitas eiusdem ad se ipsum secundum aliud et
aliud esse, sc. esse intellectum et esse' reale; ...... relatio eiusdem ad se ipsum
secundum esse apprehensum et secundum esse reale ..... (v. A) Veritas est conformi
tas rerum, ut intellectae sunt, ad se ipsas, ut evistunt ...... (6, f. 66 v. B) Veritas
est in intellectu obiective, non quidem sicut obiectum cognitum principaliter, sed
ut quidam modus conveniens rei solum, ut est cognita. Vgl. II, Dist. 37, qu. 1, 7,
f. 139 v. A.
565) II, Dist. 3, qu. 2, 6, f. 136 v. A: Prima est (sc. opinio), quod materia
est primum et per se principium individuationis in habentibus materiam ...... Esse
autem in pluribus per realem identitatem et dici de pluribus per praedicationem essen
tialem est de ratione universalis, sic enim universale est unum in multis; et per
oppositum individuum vel singulare est in uno solo et dicitur de uno solo. Isto
autem modo non plus convenit materiae esse in uno solo, nec plus repugnat ei esse
in pluribus et dici de pluribus, quam formae; ...... etiam materia dicitur de hac et
de illa et est in illis per modum, quo universale est in singularibus.
566) 1, Dist. 35, qu. 3, 5, f. 95 v. A: Quod materia est principium individua
tionis, a forma autem sumitur ratio universalitatis, valde dubium est, quia maior
communitas videtur esse in materia, quam in forma...... Item eadem materia est
successive in diversis individuis, forma autem non, propter quod minus videntur in
dividua distingui per materiam, quam per formam, et per consequens minus con
stitui in esse individuo, quia per idem videtur unumquodque constitui in se et ab
alio distingui..... Item non omnia singularia habent materiam, sicut angeli, ergo eae
materia vel eius productione non potest assignari generalis ratio.
567) II, Dist. 3, qu. 2, 8, f. 136 v. B: Alia est opinio, quod in materialibus
quantitas est principium individuationis, substantiae vero separatae se ipsis indivi
296 XIX. Durand v. Pourçain.
weder die Materie als ein bloss potenzielles Wesen der erschöpfende
Grund des Quantitativen seim könne, moch aber auch die Form, so werde
wohl die ergänzende Wereinigung von Materie und Form als Grund der
Quantität zu betrachten sein (— ein Gedanke, welcher uns sehr an Bona
ventura erinnert, s. Abschn. XVII, Anm. 553 —), wenn auch mit dem
Worbehalte, dass einige Wesen nur durch die ihnen anklebende Passivität
(s. bei Ant. Andreas, ob. Anm. 476) bereits ihre Individualisirung finden°°°).
Jedenfalls nemlich handle es sich um das Princip, in welchem zugleich
Quiddität und individuelles Auftreten begründet sei, und da nun zwischen
diesen beidem mur ein Unterschied im Denken bestehe, während sie sach
lich identisch simd (vgl. Anm. 560), sei es durchaus unnöthig, noch ein
anderweitiges Princip der Individuation zu suchen, denn es genüge als
inmerer Grund (intrinsece, vgl. bei Herveus Anm. 416) ein Dieses-Sein
der Materie und ein Dieses-Sein der Form, wozu wohl ein äusserliches
Agens (z. B. in der Zeugung) hinzukommen könne, jedoch derartig, dass
dann das materielle Auftreten nur begleitweise (concomitative, vgl. ob.
Anm. 62) wirke °°°). So genüge dann auch bezüglich der Engel, welche
sämmtlich unter Eine Species fallen (vgl. hingegen ob. Anm. 308), die
numeräre Wiederholbarkeit der Éí ôïí
duantur...... Haec autem p0sitio deficit, ...... quia subiectum naturaliter prius est
accidente, sed compositum eæ materia et forma subiectum est quantitatis; .......
quantitas sequitur substantiam iam individuam eæistentem secundum ordinem naturae.
568) I, Dist. 8, qu. 4, 16, f. 40 r. A: Materia non est causa totalis seu ratio
receptiva quantitatis, ..... quia materia est pura potentia in genere substantiae .....
Relinquitur ergo, quod, cum materia non sit totalis ratio recipiendi quantitatem,
..... nec forma similiter, de qua ..... notum est, ..... quaelibet harum est partialis
causa, quae sui unione ad c0nstitutionem suppositi supplent vicem unius totalis
C071S08 . . . . . . Nihilominus tamen nihil prohibet, materiam et aliquas formas substan
tiales ea, alia causa esse quantas in c0mp0sito, ..... eae illa sc. causa, ..... quod
omnis forma substantialis sub anima est capaa, passionis.
569) II, Dist. 3, qu. 3, 14, f. 137 r. A: Dicendum ergo, quod nihil est princi
pium individuationis, nisi quod est principium naturae et quidditatis ...... Natura
universalis et individua sunt idem secundum rem, differunt autem secundum rationem,
quia, quod dicit species indeterminate, individuum dicit determinate; quae determi
natio et indeterminatio sunt secundum esse et intelligi; universale enim est unum
solum secundum conceptum, singulare vero est unum secundum esse reale, nam sicut
actio intellectus facit universale, sic actio agentis naturalis terminatur ad singulare.
Ergo eadem principia secundum rem et differentia solum secundum rationem sunt
quidditatis et individui ..... Nihil enim evistit in re eaetra nisi individuum vel sin
gulare, ergo esse individuum non convenit alicui per aliquid sibi additum, sed per
illud, quod est. Per quid ergo est Socrates individuum ? Per illud, per quod est
ezistens, et haec ..... intrinsecae sunt haec materia et haec forma. Quod si quaeras,
per quid forma est haec, dico, quod per illud, per quod est in re eaetra, et hoc est
eaetrinsece agens, materia autem concomitative ..... Idem dico de materia, nisi quod
sua individualio plus dependet a forma, quam e converso. Substantiae autem separatae
nullo modo intrinsece individuantur nisi se ipsis..... Cum natura communis diversis
individuis sit solum una secundum rationem et diversa secundum rem, non oportet
praeter naturam et principia naturae quaerere alia principia individui, sed eadem, ut
sunt eæistentia, sicut natura communis et individuum solum differunt ut concepta et
eæistens..... Convenienlia est solum secundum rationem, sicut et unitas naturae se
cundum speciem est solum unitas rationis ...... Forma per se ipsam intrinsece est
haec, et n0n per hoc, qu0d recipitur in materia, nisi concomitative.
570) Ebend. qu. 3, 7, f. 137 v. B: ' Differentia secundum absolutam rationem
formae est specifica; differentia autem formae a forma, secundum, quod haec et una
XIX. Durand v. Pourgain. Walter Burleigh. 297
Steht hiemit Durand in dieser Frage ganz nahe an Scotus, so, folgt
er hingegen völlig der thomistischen Lehre der unitas formae °7!), da
die Eine Form zugleich Princip einer untergeordneten Mehrheit sein
könne °"*). Aber die intentio et remissio verlegt er wie Antonius An
dreas (Anm. 478) nur in die qualitativen Formen, und auch dort nur
auf Grundlage der Befähigung des Substrates °7*).
Desgleichen begegnen wir in Walter Burleigh (gest. i. J. 1337),
über welchem his jetzt in der Geschichtè ein missliches Dunkel schwebte,
einem sehr eigenthümlichen Autor, indem derselbe, wie kein Anderer,
einen aristotelischen Conceptualismus und einem realistischen Platonismus
gleichsam als zwei Theile der Philosophie dualistisch nebeneinander ver
tritt. Won seinen Schriften gehören hieher Expositio super artem vete
rem °7*), ein Commentar zur zweiten Analytik °7°) und De intensione et
remissione formarum °"°); eine Monographie De novem generibus acci
sive singularis, est numeralis solum....... Quod in substantiis separatis non potest
esse differentia nisi secundum absolutam rationem formae negandum est...... 14, f.
138 r. A: Non repugnat naturae angelicae, plurificari secundum numerum in eadem
specie, qu0d ...... omnis natura, quae producitur ab agente actione iterabili, potest
plurificari secundum numerum; sed omnis creata natura est huiusmodi, etiam sub
stanliae separatae.
571) II, Dist. 17, qu. 1, 3, f. 159 v. B: Anima intellectiva unitur corpori sicut
forma..... Anima est, quo vivimus, sentimus, movemur et intelligimus. IV, Dist. 43,
qu. 2, 15, f. 392 v. B : Unitas super entitatem addit indivisionem. Vgl. ebend. Dist.
44, qu. 1, 10, f. 396 r. A.
572) I, Dist. 2, qu. 2, 18, f. 24 r. B: Forma substantialis ..... est immedia
tum principium generationis seu introductionis formae in maleriam ...... Potentia
animae nutritiva et generativa sunt idem, quod essentia animae, nec obstat, quod
nutrire et generare sunt plures actus, quia, cum sint subordinati, possunt esse ab
eodem principio.
573) I, Dist. 17, qu. 6, 8, f. 58 v. A: Gradus secundum magis et minus non
conveniunt formis substantialibus, sed tantum accidenlalibus, non quantitalibus, sed
qualitatibus, non omnibus, sed istis, quae concernunt diversam habitudinem sub
iectorum et agentium. Ebend. qu. 7, 39, f. 60 r. B: Forma intensa et remissa ac
quisitae per motum possunt esse partes unius formae numero, et quae non est una
indivisibilitate, sed continuitate suarum partium, quae non sunt simul, sed successive
et una superveniente alia desinit esse, et hoc modo signari possunt.
574) (Ohne Titelblatt) Praeclarissimi viri Gualterii Burlei anglici ..... super
artem veterem Porphyrii et Aristotelis eæpositio sive scriptum feliciter incipit. Venetiis
1485. fol. Da diéser äusserst seltene Druck bisher keinem Geschichtschreiber der
Philosophie zugänglich gewesen zu sein scheint, erklärt es sich, dass man den
Burleigh entweder ganz überging oder schiefe und widersprechende Urtheile (Tiede
mann und Tennemann) über ihn fällte. Der 118 Blätter enthaltende Druck ist
zwar ursprünglich nicht paginirt, ich will jedoch zu etwaiger Controlle im Fol
gendem die Foliatur einschalten. Der Commentar super Porphyrium füllt f. 1—15,
jener super praedicamenta f. 16—61, super seae principia f. 62—80, super periher
menias f. 80—118. Vgl. Anm. 356.
575) Zusammen gedruckt mit der obigen gleichnamigen Schrift des Robert
Capito, s. Abschn. XVII, Anm. 334. Es ist jedoch für uns hier unnöthig, näher
auf diesen Commentar einzugehen, da derselbe schlechterdings nur ein paraphra
sirendes Excerpt des aristotelischen Originales ist, dessen einzelne Hauptsätze (d. h.
„conclusiones*) Burleigh in derselben Weise wie Robert Capito (ebend. Amm. 337)
sorgfältigst formulirt und auch numerirt.
576) Venetiis 1496. fol.
298 XIX. Walter Burleigh.
dentium scheint wenigstens nie gedruckt worden zu sein°77), und ob er
den Worsatz, De universalibus zu schreiben, wirklich ausgeführt habe,
wissen wir nicht 878).
Was die Aufgabe der Logik betrifft, schliesst auch er sich an eine
oft erwähnte Stelle Avicenna's am, und indem der dortige Conceptualismus
auf die Begriffe der prima und secunda intentio führt, äussert er sich
hierüber in einer Weise, welche völlig mit Herveus (Anm. 396 ff.) und
somit theilweise auch mit Durand (Amm. 551) übereinstimmt, ja es gilt
ihm ebenso wie dem Herveus (Amm. 399) ens rationis als identisch
mit intentio secunda; aber, während er mit Ausdrücken des Scotus
(Amm. 96) diese begriffliche Sphäre in die Mitte zwischen 0bjectivität und
Sprachausdruck stellt, so dass die Logik weder de rebus noch de vocibus
sei, entschlüpft ihm doch wiederholt die Redewendung, welche uns ähn
lich schon einmal bei Pseudo-Thomas begegnet war (Amm. 289), dass die
„res secundae intentionis“, d. h. „res“ intentional genommen , der Ge
genstand der Logik seiem °7°). Auch demkt er ähnlich wie Roger Baco
(Abschn. XVII, Anm. 563) an eine natiirlich angeborene Logik °°°) und
spricht mit den Scotistem von einer logica docens und utens °*'), sowie
er dem Scotus darin folgt, dass der Syllogismus die Hauptsache sei *°°).
Indem er ferner mach dem , nemlichen Worbilde eiu entschiedenes Gewicht
auf die significatio legt (vgl. Anm. 129 ff.) und in derselben die formelle
577) Evpos. in libr. phys. Arist. (s. Anm. 589): Alias rationes multas feci ad
hanc conclusionem in tractatu de novem generibus accidentium.
578) Evp. s. art. vet. (f. 24 r. A): De ista tamen materia (d. h. das Verhältniss
won prima und secunda substantia) plenius apparebit in traclatu de universalibus deo
concedente.
579) Ebd. (f. 1 v. A): Videndum est, de quibus est logica, utrum de rebus aut
de conceptibus aut de vocibus, et quid debet esse subiectum in logica. Et dicendum
secundum Avicennam, ..... quod logica est de intentionibus secundis adiunctis primis
(Abschn. XVI, Anm, 74)..... Sciendum est, quod intentio, secundum quod nunc lo
quimur, est idem quod conceptus rei, et conceptus rei dupleæ est, sc. primus et
secundus, v. g. possum habere de homine unum conceptum, quo concipio humanam
naturam absolute, ...... et conceptum, quo concipio naturam humanam in ordine ad
illa, quae participant eandem naturam..... Conceptus primus dicitur prima intentio,
conceptus secundus secunda intentio. Unde prima intentio est conceptus immediate
abstractus a rebus, sed secunda intenlio est conceptus abstractus a conceptu primo
vel a conceptibus primis. Nomina enim rerum eæistentium eætra animam sunt primae
intenlionis, ut „homo“....., sed conceptus abstracti ab istis significantur per nomina
secundae intentionis, ut „genus, species, subiectum, praedicatum“ et huiusmodi......
Logica est de rebus secundae intentionis, ut sunt secundae intentionis, quia in logica
non determinatur de rebus nec de vocibus nisi per habitudinem ad intentiones secun
das...... Non delerminatur de vocibus in logica nisi inquantum significant res, ut
eis insunt intentiones secundae ...... sive ens rationis, et non est aliud intelligendum
per ens rationis, quam res secundae intentionis. S. Anm. 586 u. 597 ff.
580) (f. 2 r. A) Si dicitur, quod ille, qui primo invenit logicam, acquisivit
hanc scientiam sine logica, ...... sciendum, quod logica potest haberi dupliciter,
sc. usualiter vel arlificialiter...... Nulla scientia potest haberi artificialiter absque
logica, quia quicumque scit artificialiter aliquam conclusionem, scit, se scire illam.
581) (f. 107 r. B) vgl. Anm. 90 u. 452.
582) (f. 1 v. B) Si autem loquimur de primo subiecto in logica primitate prin
cipalitatis, sic dico, quod subiectum primum in logica est syllogismus demonstrativus,
quia eius notitia principaliter inquiritur in logica, S. Anm. 93.
XIX. Walter Burleigh. 299
Seite der menschlichen Rede erblickt °°°), unterscheidet er micht bloss
eine prima und secunda impositio (unter letzterer die grammatischen
Namen der Worte verstehend), sondern theilt auch sehr eigenthümlich
das Gebiet der „alten“ Logik ein, indem es gewisse gemeimsame Worte
seien, unter welche in der Isagoge Begriffe, in den Kategorien Sachen,
und in der Lehre vom Urtheile Worte selbst subsumirt werden *°*).
So sehr jedoch hiebei ein unwerkennbarer Conceptualismus festge
halten wird, welcher sogar vom nominalistischen Logikern beifällig aufge
nommen werden könnte, so will Burleigh dennoch hierüber die realistische
Geltung der Universalien nicht bei Seite schiebem. Ja er polemisirt un
ablässig gegen die „Modernen“, welche dem objectiven Bestand der Uni
versalien vernachlässigt hätten, d. h. wenn wir uns an die bei Thomisten
(s. Abschm. XVII, Anm. 362) und bei Scotisten (ob. Anm. 87) recipirte
Unterscheidung der realen und der sermocinalem Wissenschaften erinnern
und dabei bedenken, dass die Logik mit Einschluss der Universalienfrage
dem sermocinalem Gebiete zugewiesen wurde, so erblickte eben hierin
Burleigh eine Einseitigkeit, und während er bezüglich der Logik selbst
sich in Uebereinstimmung mit den Wertretern der intentionalitas, also
mit Thomistem, Scotistem, auch mit Herveus n. s. f., befindet, bekämpft er
die Ausschliesslichkeit einer bloss logischen Geltung der Universalien und
theilt im Hinblicke auf Physik und Metaphysik mehr den Standpunkt jener
Scotisten und Halbscotisten (Richard Middleton, Alexander v. Alessandria,
Wilhelm Brito, Antonius Andreas, auch Johanm v. Jandum, s. Anm. 230,
248, 258, 457, 426), welche das „causando“ und das „praedicando“
mebeneinanderstellten. Von Wichtigkeit aber ist dabei für uns insbeson
dere der Umstand, dass Burleigh in solcher Polemik stets den Ausdruck
„moderni“ gebraucht, denm es sind dieses die ältesten Stellen, in welchen
die Vertreter der sermocinalem oder rationalen Disciplinem (im Gegen
satze gegen die realem Wissenschaftem) mit diesem Namen bezeichnet
werden 585).
In solchem Sinne also ist es zu verstehen, wenn Burleigh den Mo
dernen, gerade wie wenn dieselben die Realität der Universalien wirklich
Dereits verneint hätten, die Behauptung entgegenstellt, dass die Univer
salien nicht ausschliesslich in der Form von Begriffen und Worten in der
Seele seien, sondern auch ausserhalb der Seele bestehen und nur so ein
selbstständiges Dasein (d. h. nicht in subiecto) haben, sowie dass eben
derartige umabhängig von der Seele existirende Dinge („res“, vgl. Anm.
583) (f. 59 r. A) Voae est materiale in propositione prolata et respectus ad signi
ficatum per vocem est formale in propositione, et ideo, si significata sunt et fiunt
diversa, respectus ad significata erunt diversi, et sic non manebit propositio eadem,
quantum ad suum formale, quamvis maneat eadem, quantum ad suam materiale.
584) (f. 2 r. A) In libro Porphyrii determinatur de vocibus communibus solis
conceptibus ponendo, quod universalia non habent esse eaetra animam; et in libro
Praedicamentorum determinatur de vocibus communibus rebus solis (hiezu Anm. 593)
- - - - - - et in libro Perihermenias de vocibus communibus solis vocibus, ut de nomine
et verbo...... Nomina rerum sunt nomina primae impositionis et nomina vocum sunt
nomina secundae impositionis. Nomen primae impositionis dividitur in nomen primae
intentionis et nomen secundae intentionis; nomen primae intentionis est commune
rebus, nomen secundae intentionis est commune conceptibus.
585) S. Abschn. XX.
300 XIX. Walter Burleigh.
579) die Prädicate in den Urtheilem seien °°°). D. h. indem er an die
objective Werkstätte der Natur denkt und so die traditionelle Drei
gliederung der Universalien stärker als Andere betont°°"), weist er darauf
hin, dass die artmachenden Unterschiede jedenfalls in einem objectiven
Thatbestande vorliegen, da im entgegengesetzten Falle die Dinge objectiv
sämmtlich eimander gleich wärem, ferner dass, wenn der Unterschied
zwischen Allgemeinem und Einzelnem mur in der subjectiven Auffassung
läge (s. bei Durand, Anm. 558), der artmachende Unterschied und die
Form identisch wären, während man das reale Moment der Gestaltung der
Dinge und dem subjecliven Begriff von einander unterscheiden müsse°°°).
So ist es erklärlich, dass Burleigh gerade im Commentar zur Physik, d. h.
in einer realem Disciplin, seine Polemik gegen jene Modernen übt, da,
wenn die Universalien lediglich Begriffe wären, selbst die obersten Gat
tungsbegriffe einerseits unter die noch höhere Gatuung der begrifflichen
Auffassung fielem, und andrerseits in ihrer Zahl von der Zahl der auf
fassenden Menschem abhingen, wohingegen die platomische Annahme richtig
sei, dass die von den Einzelndingen getrennt existirenden Universalien
durch den intellectus agens getrennt vom aller Singularität erfasst werden
586) (f. 19 v. B) Apparent duo contraria dictis modernorum. Primum est, quod
universalia de genere substantiae sunt eætra animam, quia illud, quod dicitur de
subiecto et non est in subiecto, est universale de genere substantiae, sed omne ens
non eæistens in subiecto est eætra animam, quia si esset in anima, essel in subiecto;
cum ergo substantia secunda non sit in subiecto, sequitur, quod non est in anima;
• • • • • unde si nihil esset universale nisi v0æ vel conceptus, sequeretur, quod omne
universale esset in subiecto et per consequens nihil esset illud, quod dicitur de sub
iecto et non est in subiecto. Secundum contrarium modernis est, quod propositio
componitur eae rebus eaetra animam, nam id, quod dicitur de subiecto et non est in
subiecto, praedicatur in propositione, et illud est res eætra animam. Ebenso f. 93 r. A.
Hiezu Anm. 599 ff.
587) (f. 65 r. B) Quaedam sunt universalia, quae solummodo praedicantur de
singularibus factis a natura, ..... et talia universalia solum fiunt a nalura, et quae
dam ..... fiunt à natur'a et ab arte..... 0mnis communitas est naturalis (s. Gilbert,
Abschn. XIV, Anm. 461 ff.)...... Universale est tripleæ secundum dominum Albertum
u. s. w. (s. Abschn. XVII, Anm. 379).
588) (f. 9 v. B) Dicunt moderni, quod differentiae non sunt nisi conceptus in
anima, quia si essent res eaetra animam, universalia haberent esse eaetra animam,
quod habent pro inconvenienti. Sed quid de hoc sit dicendum, deliberare non in
tendo; dico tamen, quod res eaetra animam distinguuntur per differentias suas et
non per solos conceptus, quia, si nullus conceptus esset, adhuc homo differret ab
asino per differentias suas. Item conceptus in anima sunt accidentia (vgl. ob. Anm.
102 u. Abschn. XVII, Anm. 392), sed substantiae non distinguuntur ab invicem per
sola accidentia, imo essentialiter. Si quis velit ponere, quod differentiae non sunt
nisi conceptus, ipse habet ponere, quod quaelibet res eætra animam habet distingui
per se ipsam a qualibet re eaetra animam, et non per aliquam differentiam super
additam, et sic habet ponere, quod res eaetra animam non distinguuntur ab invicem
realiter per differentias, sed solum conceptualiter per differentias seu ' per conceptus.
Ponenles vero, quod universalia non sunt eaetra animam alia a rebus singularibus, et
ponentes, quod res eætra animam non distinguuntur per differentias suas, habent
ponere, quod differentiae non sunt realiter nisi formae rerum; unde rationalitas
hominis est idem realiter, quod anima hominis, et, haec rationalitas est idem, quod
haec anima. Et sic potest dici, quod res eætra animam distinguuntur realiter per
formas suas et dislinguuntur conceptualiter per conceplus suarum differentiarum.
f. 93 r. B: Universale realiter est differens a singularibus conceptibus, a quibus
abstrahitur. Vgl. Anm. 591.
XIX. Walter Burleigh. 301
a.
und so die ganze Quiddität des Individuums repräsentirem °°°); denn der
Behauptung, dass überhaupt nur Individuen existiren (s. Anm. 400 f.,
560), stehe entgegen, dass die Absicht der von dem demkenden Seelen
umabhängigen Werkstätte der Natur auf die Erhaltung der Species ge
richtet sei, welch letztere hiemit ausserhalb der Seele bestehe, und ein
Beweis hiefür liege auch im privatrechtlichen Werkehre, z. B. in der Sti
pulation , wo häufig nicht ein bestimmtes Einzeln-Individuum Gegenstand
des Wersprechens sei °°°). Bezeichnend aber ist es, dass Burleigh aus
jener Annahme, dass lediglich Einzelnes existire, nur eine Wernichtung
der „Metaphysik* folgert, weil die substanzielle Realität der Gattungen
und Artem, welche im Wesen (esse) allerdings nicht vom Singulären ge
tremnt sind, eben völlig verschiedem sei von der subjectivem Auffassung
des Begriffes, welcher gerade im Wesen vom Singulären getrennt ist, —
kurz weil Begriffe nicht Substanzen sind °*'*). Und der schlagendste
589) Eaepos. in lil)r. phys. Arist. (Venet. 1482. fol., der Druck ist nicht pagi
mirl; was ich anzuführen habe, findet sich f. 5 u. 6): Si nihil sit universale nisi
conceptus, tunc genus generalissimum de genere substantiae erit conceptus in anima,
sed omnis conceptus in anima est in genere et habet genus supra se; ergo genus
generalissimum haberet genus superveniens ..... Item sequitur, qu0d tot erunt genera
generalissima in genere substantiae, quot sunt homines habentes notitiam illius ge
neris ..... Genera et species dantur in responsione ad quaestionem quaerentem quid
est...... Species est composita eae causis, sc. eae genere et differentia, quae sunt
causae inlrinsecae speciei....... Quando dicitur, quod intellectus facit universalita
tem in rebus, debet intelligi, sicut Plato posuit universalitatem in re eaetra animam,
quum Plat0 posuit universale eæistere per se seorsim a singularibus, intellectus vero
agens facit, universale intelligi per se seorsim absque h0c, qu0d eius singulare in
telligatur...... Quamvis universale sit eætra animam, tamen non est pars individui,
quia effectus parlicularis sunt causae particulares...... Universale est de quidditate
individui.
590) Ebend.: Dicunt isti, quod species nihil aliud est, quam quidam conceptus
simpleæ eæistens in anima, quia eætra intellectum non est nisi singulare..... Ipsis
obviando arguo..... lllud, quod natura prim0 intendit, non est singulare, sed illud
est aliquid eætra animam, ergo aliquid est eaetra animam, quod non est singulure....
Dicunt isli, quod natura inlendit primo rem singularem, ..... alii vero dicunt, qu0d
natura non intendit hoc singulare, puta Socratem, inquantum huiusmodi, sed inquan
tum h0m0. Sed illud non valet..... Illud, quod appetilur appetitu naturali ad con
servandum individuum in esse, est res eætra animam....... Illud est eætra animam,
circa quod fiunt promissiones et contractus reales, ut emptio venditio, donatio, stipu
latio; sed contractus non semper fiunt circa individua, ergo eætra animam est aliqua
res alia a nalura individuali...... Istae tamen rationes non essent hic ponendae,
nisi quia quidam asserentes, se scire logicam supra omnes mortales, respondent
dicenies, quod sie dicendo „promitto tibi bovem“ promitto tibi unam rem singularem
eaetra animam. Vgl. untem Anm. 798, 879, 885.
591) Evp. s. art. vet. (f. 23 r. B) Moderni dicunt, quod nihil est substanlia nisi
singulare, et probant, ..... quod genera et species, quae dicunlur esse in prae
dicamento substantiae, dicuntur substantiae secundae, tamen non substantiae in rei
veritate, sed solum nominantur vel dicuntur substantiae secundae ...... (v. A) Quaero,
an haec species homo sit eadem res omnino in Socrate et Platone, an alia et alia;
non est dare, quod alia, quia tunc essent tot species, quot sunt individua, quod
esset inconveniens...... Universalia non sunt secundum esse separata a singularibus,
sed conceptus in anima sunt secundum esse separati a singularibus ezistentibus eætra
animam, ergo secundae substantiae, quae sunt universalia respectu primarum sub
stantiarum, non sunt conceptus in anima; ..... nullus conceptus in anima est sub
stantia...... (B) Si nihil sit substantia nisi substantia singularis, sequitur, qu0d
nulla est scientia de substantia, et sic destrueretur metaphysica.
302 XIX. Walter Burleigh.
*,
Beleg dafür, dass nach seiner Ansicht die Realität der Universalien einem
ganz anderen wissenschaftlichen Gebiete angehöre, liegt darin, dass er
gerade in der Logik es ausdrücklich ablehnt, auf diesen Punkt einzu
gehen °°°), sowie hinwiederum es sehr erklärlich ist, wenn er die Kate
goriem gleichsam näher an die Metaphysik rückt, weil ja in derselben
(vgl. Anm. 584) von den realen Dingen als Trägern der intentionalem
Worte die Rede sei 398).
Das Kunststück, zugleich in der Metaphysik augustinischer Platoniker
und in der Logik arabiseh-aristotelischer Coneeptualist zu sein , ist uns
allerdings in dem philosophisch kurzsichtigem Mittelalter längst nichts
Neues mehr ; hingegen dass Burleigh in so crasser Weise einem solchen
unversöhntem Dualismus huldigte, hat man bisher noch nicht gewusst.
Auf Grundlage aber dieser Einsicht müssem wir num bezüglich der Logik
in Kürze noch Einiges erwähnen, worin er wieder mit den so eben ge
tadeltem „Modermen“ brüderlichst übereinstimmem muss, zumal da die
selben doch sämmtlich die 0bjectivität des Seienden zugestandem. Vor
Allem memlich findet er, dass die Universalien, selbst wenn sie nur in
der Seele existiren, jedenfalls bloss vorstellungsweise (obiective) be
stehen *°*), und mit einer überraschenden Wendung, welche uns an
Aegidius (Amm. 374) und an Mayron (Amm. 504) erinnert, sagt er, die
vorstellungsweise Existenz komme eben demjenigen zu, was weder in der
Seele noch ausser der Seele sei °°°). Auch die üblichen Begriffe simili
tudo und refleaeio wendet er an °°°), womit zusammenhängt, dass er für
den Fall der objectiven Realität der Universalien den Unterschied zwischen
prima und secunda intentio durch die Ausdrücke „primus conceptus“
und ,,secundarius conceptus“ formulirt, jedoch immer wieder mit der
realistischen Wendung (vgl. Anm. 579 u. 586), wornach „res“ begriff
592) (f. 3 r. B) Dort formulirt er nur die sich ergebenden Fragem sowohl für
den Fall, dass die Universalien in intellectu, als auch für jenem, dass sie eaetra .
animam seien, aber nicht mit einem Worte deutet er dabei seine eigene Ansicht
am. Und amderwärts sagt er (f. 9 v. B): Sed quia ista quaestio non pertinet ad
logicam, circa eam non insisto hic.
593) (f. 16 r. A) Dicit Boethius, quod in hoc libro intentio est philosophi, de
primis rerum nominibus et de vocibus significantibus res disputare (s. Abschn. XII,
Anm. 84)...... Alia est opinio Avicennae et Averrois, quam credo veriorem, quod
in hoc libro determinatur de rebus principaliter et eae consequenti et secundario de
vocibus ; dicit enim Avicenna etc. (folgt die Stelle Abschn. XVI, Anm. 83)......
(B) Dico ergo, quod liber praedicamentorum est de rebus, secundum quod eis insunt
intentiones secundae, sc. intentio generis generalissimi et subalterni et intenlio speciei
et sic de aliis. Ebenso f. 19 r. B, u. 21 r. A.
594) (f. 59 r. B) Licet universale non haberet esse eaeislere extra animam, sicut
dicunt moderni, tamen non est dubium, quin secundum omnes universale habeat esse
obiective in intellectu, potest enim intellectus intelligere leonem in universali non in
telligendo istum leonem. -
595) (f. 52 v. A) Quae neque evistunt in anima neque eaetra animam et intelli
guntur ab anima, dicunlur habere esse obieclivum in anima et nullum aliud esse.
596) (f. 81 r. A) Passio animae ..... accipitur pro dispositione intellectus, sc.
pro similitudine rei in intellectu repraesentante rem eætra animam; ..... nam res
eætra per prius intelligitur, quam passio, quae est in anima, quia res eætra in
£r £a. et passio animae indirecte per refleacionem. S. Abschn. XVII, Anm.
u. 500.
XIX. Walter Burleigh. 303
lich erfasst und „res“ durch Species bezeichnet wird °°"). Ja mit einer
gewissen Heftigkeit erinnert er an die alte aristotelische Lehre, welche
wahrlich Niemand verleugnet hatte, dass die menschlichen Urtheile schliess
lich auf einen objectiven Thatbestand (res) angewiesem sind °°°); und
wenn vielleicht Einige mittelst läppischer Sophistereien darauf hinwiesem,
dass in den Urtheilen nicht mehr die Dinge selbst, sondern ebem die
subjective Auffassung der Dinge auftrete, lässt er sich hingegen zu der
extremen Ausdrucksweise hinreissen, dass wenigstens in einigen Urtheilen
res de re praedicatur (vgl. Abschn. XIV, Anm. 287), während in anderen
Begriffe von Begriffen und wieder in anderem (grammatischen) Worte von
Wortem ausgesagt werden°°°); aber fast in demselben Athemzuge gesteht
er den Modernen zu, dass in allem Urtheilen das Formelle der Satzver
bindung eben doch im Intellectus liege und nur das Materielle, über
welches geredet werde, eine äussere 0bjectivität sei °°°), und dass, wie
bereits bei Aristoteles zu lesen ist, der vom Intellectus herrührenden
„Copula“ eine objectiv vorliegende Verbindung oder beziehungsweise
597) (f. 80 v. B) Nomen primae intentionis est nomen rei, quae non est nata
esse signum, pro qu0 supponit....... Nomina secundae intentionis sunt nomina ad
placilum significantia conceptum vel intentionem animae..... Et illud dico supposito,
quod universalia sint solae intentiones animae, ut plures dicunt; supposito tamen,
quod universalia sint res eaetra animam, qu0d verius est, dicendum, quod nomen
primae intentionis est momen rei, ut cadit sub primo conceptu intellectus, et nomen
secundae intentionis est nomen rei, ut cadit sub secundario conceptu inlellectus,
v. g. nomen „homo“ significat rem eaetra, ut concipitur absolute, ...... et nomen
,,species“ significat rem, ut comparatur ad intellectum per individua, quibus est quid
c0mm0ume.
598) (f. 16 v. A) Quod autem pr0p0sitio possit componi ex rebus, probatur......
Conceptus animae significant res; ...... ita est datum ultimum significatum, ..... et
illud non potest esse conceptus, ergo est res, distinguendo rem contra vocem et con
ceptum ...... (B) Si nihil eae parte rei correspondet, tunc est quid fietitium ......
Eae eisdem componunlur pr0p0sitiones, de quibus fiunt quaestiones, sed quaestiones
fiunt de rebus eætra animam..... Demonstrationes in scientiis realibus sunt ea rebus.
- - - - - - Ergo aliqua propositio est, quae nec est composita ea vocibus nec ea con
ceplil)us, et per consequens c0mp0sita est ea rebus.
599) (f. 16 r. B) Si propositio componeretur eae rebus, sequeretur, quod inter
subiectum et praedicatum posset avis volare, et inter subiectum et praedicatum istius
propositionis ,,Parisiis est Roma“ essent centum miliaria, item quod subiectum posset
comedere praedicatum ...... Ad illud dubium recolo me divisse et in scriptis reli
quisse, quod intellectus potest facere propositionem eæ quibuscunque, ..... quia pr0
positio non est aliud, quam compositio aliquorum per intellectum ad invicem .... aut
divisio aliquorum ab invicem; ..... sed intellectus potest ad invicem componere res,
.... et potest etiam componere voces et conceptus..... Et ide0 aliqua proposilio com
ponitur eae rebus eaetra animam, aliqua eae vocibus, aliqua eae conceplibus..... (f. 17
r. A) Credo, quod illud indubitanter sit verum, quod in aliqua propositione praedicatur
res de re, et in aliqua conceptus de conceptu, et in aliqua v0æ de voce.
600) (f. 17 r. A) In omni propositione est aliquid materiale et aliquid formale:
formale in propositione est copula ..... et illa copula est in intellectu, quia est com
positio vel divisio intellectus ; materialia vero in propositione sunt subiectum et prae
dicatum. Dico ergo, quod nulla propositio est composita ea rebus totaliter eaelra
animam, quia formale est in mente vel in intellectu, materialia autem sunt eætra
animam...... Propositio c0mp0sita eae vocibus habet esse eaetra animam, pr0p0sitio
vero composita eae conceptibus est totaliter in inlellectu, et propositio composita eae
rebus partim est in intellectu et partim eaetra intellectum; quantum ad suum formale
est in intellectu, sed quantum ad materialia est totaliter eætra intellectum.
304 XIX. Walter Burleigh.
Nicht-Verbimdung (identitas oder diversitas eaetremorum, d. h. des Sub
jectes und Prädicates) „entspreche“, indem die Urtheilsbildung einer
seits von der 0bjectivität und andrerseits vom Willen des Menschen '
provocirt werde "" '). Nur verbleibt hierin bei Burleigh immer jener
dualistische Zwiespalt, welcher ihn aucli dazu führt, Wahrheit in
doppeltem Sinne zu nehmen, nemlich als Uebereinstimmung der Dinge
mit dem Denken und als Uebereinstimmung des Denkens mit den
Dingen 60*).
Bezüglich des Princips der Individuation stimmt er völlig mit Durand
(s. Anm. 569) überein , indem auch er eine Häcceität der Materie und
der Form anmimmt °°°), sowie ihm gleichfalls (vgl. Anm. 567) die
Quantität als eine abgeleitete Folge der Materie gilt °"*). Ebenso ver
hält es sich betreffs der unitas formae (Anm. 571 f.), welche er als
untrennbare Umschliessung mehrerer Formen fasst °"°), und desgleichen
betreffs der intensio et remissio formarum, welche auch hier wie
hei Durand (Anm. 573) von den Substanzen ausgeschlossen bleibt °"°)
und nur bei den qualitativen Formen je mach Fähigkeit des Substrates
601) (f. 17 r. B) Dubium est, an ipsi copulae existenti in intellectu correspon
deat aliquid in re aut non. Dicendum, quod copulae copulanti eætrema propositionis
vere adinvicem correspondet aliquid in re, sc. identitas eætrem0rum vel identilas
eorum, pro quibus eactrema supponunt, ..... et divisioni vel negationi copulae .....
correspondet diversitas eaetremorum ..... Sed copulae copulanli eætrema propositionis
false adinvicem nihil correspondet in re nisi ipsa eætrema ...... Et si quaeratur, a
quo ergo movetur intellectus ad fabricandum huiusm0di copulam vel divisionem,
dicendum, quod non movetur nisi ab eætremis ipsis in pr0p0sitione et a voluntate
imperante intelleclui ad copulandum eætrema. Vgl. f. 82 r. B.
602) (f. 82 r. A) Veritas primo modo est idem, quod conformitas rei ad vir
tutem cognoscentem, per quam manifestat se intellectui talem, qualis est, ...... et
talis veritas est dupleæ, sc. creata et increata; ..... (B) veritas, quae est adaequatio
rei ad virtutem cognitivam creatam, sc. ad intellectum nostrum , est illud, per quod
res est nata de se facere veram earistimationem ...... Veritas autem secundo m0d0,
quae est adaequalio virtutis cognoscentis ad rem cognitam, est in virtute c0gn0
scente sicut in subiecto, et talis est dupleæ, sc. quaedam compleaea et quaedam in
compleaca.
603) (f. 24 r. A) Species de genere substantiae componitur eae genere et diffe
rentia et eae omnibus superioribus ad ipsum, et huius ratio est, quod effeclus parti
cularis sunt causae particulares et effectus universalis sunt causae universales, .....
sed individuum est effectus particularis et species est effectus universalis, et ideo
individuum non componitur nisi eae hac materia et hac forma, quae sunt causae
parliculares...... Quamvis substantiae secundae sint vere res eætra animam, eæ hoc
non sequilur, quod substantia singularis sit c0mp0sita eae substanlia universali et
substanlia particulari...... (v. A) Non oportet, quod annihilando individuum an
nihiletur species hominis, quia species hominis n0n est pars Socratis, ..... quia
Socrales non componitur nisi ea, hac materia et hac forma.
604) (f. 32 r. A) Quantitas est quoddam compositum ex materia et forma in
haerens substantiae ratione materiae, sub ralione cuius substantia eætenditur et habet
partem eætra partem. (Vgl. f. 34 r. A.)
605) (f. 24 v. A) ln genere infimo speciei specialissimae includuntur omnia
genera superiora nec separantur ab e0, ..... sed hoc non est iterum constituere. Vgl.
f. 70 r. B
606) (f. 8 r. A) De differentiis substantiae verum est, quod non suscipiunt
fmagis et minus, differentiae tamen per se accidentium bene suscipiunt magis et
fminus.
. ' , XIX. Walter Burleigh. 305
zugelassem wird """), welch letzteres dann Gegenstand physikalischer Er
δrterungem ist %"*).
Was endlich moch einige einzelne Punkte der Exegese des 0rganoms
betrifft ""*), so denkt vorerst auch Burleigh betreffs der Isagoge an die
Möglichkeit, dass das Universale als solches mebem dem übrigen fünf eigent.
lich ein sechstes sei "*"), begnügt sich aber doch bei Avicenna's Begrün
dung der Fünfzahl"''); ferner , schliesst er sich Denjenigen an, welche,
wie Antonius Andreas berichtet (s. Anm. 480), bei Erklärumg einer viel
besprochenem Stelle zwischen intellectus , solus und nudus und purus
unterschiedem "'*); auch folgt er dem Avicenna in der Erörterung, ob
Gattungs- und Art-Begriff relativ seien "1*), sowie dem Albert in der An
nahme, dass die Gattung nicht Stoff, sondern -Potenz sei "'*); die Eigen
thümlichkeitem, des Individuums erscheinem bei ihm durch die zwei Werse
ausgedrückt:
Forma, figura, locus, tempus, cum nomine sanguis,
Patria sunt septem, quae non habet unus et alter 61°).
Die, Kategoriem knüpft er trotz obiger realistischer Wendung (Anm. 593)
demnoch mit Albert an die Isagoge an *4°), entnimmt dann die Er
607) (f. 29 r. A) Substantia suscipit magis et minus materialiter et subiective,
quia est subiectum formae habentis gradus distinctos secundum magis et minus; sed
nulla substantia suscipit magis et minus formaliler, quia nulla substantialis forma
neque individualis neque specifica habet gradus distinctos secundum magis et minus;
...... unde non debet sustineri, formas elemenlorum suscipere magis et minus.
(f. 49 v. A) Nulla forma suscipit magis aut minus, sed forma suscipitur in subiecto
secundum magis et minus, secundum esse magis perfectum et minus perfectum. Ebenso
f. 63 v. B. - * . -
608) In dieser Beziehung, trifft mit Burleigh der Zeitgenosse desselben Jacobus
de F o r livio, welcher auch mehrere medicinische Commentare zu Avicenna schrieb,
in einer oft wörtlichen Uebereinstimmung zusammen. Die Schrift Jacob's De in
tensione et remissione formarum istº mit der gleichnamigen Burleigh's gedruckt (s.
Anm. 576). Beide Werfasser besprechen nur die physikalischen Qualitäten, und
zwar insbesondere Warm und Kalt, wobei sie die Gradabstufungen weder aus thei]
weiser Addition noch aus Mischung mit dem Gegensatze, sondern durchgängig nach
den aristotelischen Principien erklärt wissen wollem. -
609) Burleigh's Commentar zur Vetus logica ist mit grossem Fleisse und reicher
Belesenheit geschrieben;, er verfahrt überall architektonisch eintheilend, numerirt
stets übersichtlich. die conclusiones , (àhmlich wie Antonius Andreas, s. Anm. 447),
schliesst sich bei der. Isagoge an Avicenna und Albert, an, verflicht in die Kate
gorien zahlreiche Belegstellen aus der Metaphysik, folgt bei den seae principia Gil
bert's wieder völlig dem Albert, und benützt De interpr. hauptsächlich dem Boethius.
(Im Commentare zur Physik ist Robert Capito sein Führer).
610) (f. 2 r. B) Universale est hic subiectum accipiendo universale, secundum
quod est commune ad illa quinque ..... et sic loquendo de universali large concedo,
quod est dare seactum universale (s. Abschn. XVI, Anm. 172 ff., vgl. Abschn., XI,
Anm. 134). - - - i.
611) (f. 2 v. A), s. Abschn. XVI, Anm. 94.
612) (f. 3 v. B).
613) (f. 5 r. A), s. Abschn. XVI, Anm. 113 ff.
614) (f. 22 v. B), s. Abschn. XVII, Anm. 422. -
615) (f. 7 r. A) Quodlibet individuum constat eae mullis accidentibus, quorum
collectio non potest simul reperiri in alio individuo (s. Abschn. XI, Anm. 43).....
Septem sunt proprietates, ..... unde versus: ,,Forma, figura etc.“ Nur der erste
der zwei Werse findet sich auch bei Antonius Andreas (s. ob. Anm. 482).
616) (f. 16 r. A) Subieclum contentivum totius scientiae traditae in libro Praedi
PRANTl, Gesch. III. 20
306 XIX. Walter. Burleigh. ' Armamd von Beauvoir.
δrterung über aequivocum , und analogon aus Albert und die doppelte
Bedeutung des ersteren aus Antonius Andreas °'"), sowie die Entschei
dung einer Controverse über ens wieder aus Albert ***), bekämpft aber
offenbar die Unterscheidung , welche von Einigen (Pseudo-Thomas und
Antonius Andreas, s. Amm. 314 u. 484) zwischem absoluten und relativen
Kategoriem gemacht worden war"4°). Sowie er aber in der Lehre vom
Urtheile betreffs der modalen Worte bereits die spätere Formation der
byzantinischen Logik aufgreift **") und auch bei der Umkehrung der mo
dalen Urtheile die dortigen Memorial-Werse verwendet °*1), so fimden wir
überhaupt bei ihm, —- ähnlich wie bei Antonius Andreas, s. Anm. 490 ff. —,
eine sehr reichliche Benützung der byzantinischen Logik, sowohl der ur
sprünglichen als auch der jüngerem Gestaltung derselben "**); ja in Bezug
auf Entstehung der Obligatoria musste uns Burleigh sehon oben selbst
als Quelle diemem °**).
Auch die Thomisten, derem Thätigkeit in diese Jahrzehnte fällt, be
flissem sich durchaus nicht einer so strengen Schul-0bservanz, als mam
mach der oberflächlichen Gegenüberstellung des Thomismus und Scotismus
glauben sollte. So finden wir, dass der Dominikaner 'Arma n d von
Beauvoir (oder de bello v i s u, gest. i. J. 1334), von welchem wir
eine Schrift De declaratione difficilium terminorum "**) und einen Com
mentar zu Thomas De ente et essentia "*°) besitzen, auf das Unzwei
camentorum est ens dicibile incomplevum ordinabile in genere intelligendo per genus
coordinationem praedicamentalem (vgl. Abschn. XVII, Anm. 429).
617) (f. 17 v. B), s. ebd. Anm. 432 u. ob. Anm. 483. , •
618) (f. 6 v. A), s. Abschn. XVII, Anm. 415.
619) (f. 21 r. B) Quidam modernorum dicunt, quod de istis decem praedicamentis
non sunt nisi duo realiter distincta, sc. substantia et qualitas, sed hoc est contra
Arislotelem et omnes alios philosophos, qui dicunt, decem esse res primas.
620) (f. 112 r. B) Modi facientes propositionem modalem videntur esse dictiones
denominantes propositionem, cuiusmodi sunt „necesse, impossibile, contingens, possi
bile, verum, scitum, dubitatum, conclusum, demonstratum“ et huiusmodi. S. Abschn.
XVII, Anm. 588. , , ,•• •
621) (f. 117 r. A), es sind die, ebd. Anm. 40 u. 44, angeführten Verse.
622) So begegnet uns supposilio personalis u. simplea' u. materialis f. 23 r. B,
29 v. B, 37 v. A, 42 v. B, 49 r. A, 59. v. B, 84 v. B, 95 r. A, 103 v. A ;• appellatio
f. 27 v. A; ampliatio f. 87 r. A, 97. v. B, 100. r. B; distributio f. 94 r. A, 95 r. A;
categoreumatice und syncategoreumatice · f. 87 v. A, 109 v. B, 111 v. A, 112 v. B;
beim bypothetischem Urtheile- die Hinzufügung von temporalis, causalis, localis (s.
Abschn. XVII, Anm. 583) f. 89 r. B; sensus compositus et divisus. (s. ebd. Anm. 585)
f. 99 r. A, 111 r. B, 117 v. B; Aequipollenz der modalen Urtheile mit kategorischen
(s. ebd. Anm. 595 u. ob. Anm. 193) f. 91 v. B; consequenlia fórmalis u. bona
(s. Abschn. XVII, Anm. 615) f. 54 v. B, 58 r. A, 83 r. A, 91 r. A, 92 r. A,
103 r. B. , * i -*
623) S. Abschn. XVIl, Anm. 626. -
624) Sacrarum litterarum professor evimius Armandus ..... ordinis , praedicatorii
frater..... De declaratione difficilium terminorum, tam theologicalium quam philo
sophiae ac logicae. Coloniae 1502. 4. (nicht paginirt). Das Ganze zerfällt in drei
„tractatus“, derem erster in 6 Capp. als Einleitung dient, während der zweite in
302 Capp. den Umkreis der Logik im Ganzen an die Lehre won , der intentio an
bindet; der dritte „de cognitione dei* berührt uns hier nicht mehr.
625) (0hne Titelblatt) Incipit scriptum , sive eæpositio fratris Armandi ordinis
praedicatorum super libellum de ente et essentia compositum per sanctum Thomam
de Aquino doctorem angelicum. Paduae 1482. 4.
XIX. Armand von Beauvoir. 307
deutigste , sich, selbst als Thomistem bezeichmet °°°), aber trotzdem in
manchen wesentlichen Punkten. andere Bahnem einschlägt. Indem er. die
arabische Unterscheidung zwischen incompleaca und compleaa aufnimmt***),
gilt ihm für letztere das sog. principium identitatis (vgl. hei Mayron,
ob., Anm. 522) als oberster Grundsatz, , und entsprechend für erstere
ebenso der Begriff des ens ***). Diesem aber nun theilt er sofort dua
listisch, indem das real Seiende, welches nicht von der denkenden Seele
entsprimge, wohl aber in der Seele, und ausserhalb der Seele sein könne,
Sache der prima intentio und der realem Disciplinen sei, während das
rationell. Seiende als Erzeugniss der Seele nur inmerhalb der Seele vor
stellungsweise bestehe und als secunda intentio Gegenstand , der Logik
sei, eine Zweitheilung, welche, mit dem grammatischem Unterschiede zwi
schem prima und secunda impositio (vgl. bei Burleigh, ob. Anm. 584)
sachlich völlig eoincidire"*°). So wird der Begriff der intentio bei
Armand das ausschliesslich entscheidende Moment, welches als einheit
licher Grundton sich durch das ganze Gebiet der Logik hindurchzieht.
Worerst nemlich hält er, die subjective und die objective Bedeutung der
intentio auseinander, deren erstere darin beruhe, dass, irgend ein Dar
stellendes (repraesentans), d. h. eine (scotistische) species intelligibilis
oder ein actus intelligendi oder, ein formirter Begriff, welcher, verbum
mentale heisse, den Weg zum Erkennen bahne °°°), während die letztere,
626) De declar. diff. term., Prooem.: In hoc tractatu in propriis viribus velut in
arundineo baculo non confidens vestigiis doctorum inhaereo meliorum et praecipue
doctoris communis reverendissimi et praeclarissimi sancti Thomae, cuius scriptura sal
condiens est doctrinam alium qualemcunque; hanc qui sequitur, non ambulat in
tenebris u. s. w.
627) Tr. I, c. 1: Incompleacis respondet conceptio intellectus, quae est secundum
primam operationem intellectus, sc. simplicium intelligentia; complearis vero respondet
conceptio intellectus secundum secundam operationem, quae est simplicium apprehen
sorum compositio vel divisio ..... in propositione. -
628) Tr. I, c. 2: Primum autem principium demonstrabilium et enuntiabilium,
ad quod omnia alia resolvuntur, fundatur super esse et est de quolibet „esse vel
non esse*. Ergo modo consimili terminus incompleacus, ad cuius conceptionem omnes
conceptiones incompleaeorum reducuntur, est ens, quod ab actu essendi sumitur. C. 4:
0mnes conceptiones simplicium et incompleaeorum resolvuntur in ens secundum Avi
cennam (s. Abschn. XVI, Anm. 32 u. 193).
629) Tr. I, c. 3: 0mne ens vel est rationis tantum, quod est solum in anima
et ab anima, ..... et hoc ens nihil dicit positive et subiective in anima, sed obiective
solum..... Vel est ens reale, et hoc est, quod non est ab anima, sed potest esse in
anima et eaetra animam, nec dependet ab operalione intellectus praecise ...... Ad
primum ergo genus vel modum enlis pertinent omnes secundae intentiones, ut genus,
species, et nomina, quae designantur nominibus secundae impositionis apud gramma
ticos et secundae intentionis apud logicos, et de talibus proprie est logica. Ad secun
dum autem modum pertinent omnes res, quae significantur nominibus primae impo
sitionis et in logica vocantur primae intenliones; et de omnibus talibus entibus sunt
omnes scientiae reales. Ebend. c. 6: Secundum grammaticos omne nomen est primae
impositionis vel secundae, et secundum logicos primae intentionis vel secundae ; et hoc
realiter idem est, licet voces sint diversae.
630) Tr. II, c. 268: Si intentio accipiatur eae parte intelligentis, sic dicitur in
tentio omne illud, quod per modum repraesentantis ducit intellectum in cognitionem
vniuscuiusque rei; et quia species intelligibiles et actus intelligendi, conceptus mentis
formalus, quem nos verbum mentale dicimus, repraesentative ducunt in cognitionem
rerum, ideo quodlibet eorum hoc modo intentio vocatur et..... quaecunque similitudo
sive quodcunque ezemplar realiter repraesentando ducens in cognitionem rerum.
20*
308 XlX. Armand von Beauvoir.
welche er , hauptsächlich , erörtern wolle, auf die erkannte Sache selbst
sich beziehe und hier damn entweder , bloss : formal abstract r. oderaber
materiell concretº bezeichmet werden könne "°'). Denke man aber in
letzterem Falle lediglich (absolute) an die Sache als objective , selbst, so
sei allerdings von keiner intentio mehr die: Rede, sondern nura damn,
wenn man das Werhältniss (habitudo) der Sache zum Erkenntnissacte ins
Auge fasse "**). Jedoch eben das Motiv einer Unterscheidung zwischen
prima und secunda intentio könne nicht aus' der subjeétiven , Bedeutung
der intentio entmommen werdem, da diess auf eine zeitliche, Reihenfolge
entweder in der denkenden Seele : oder in deni auf successive 0bjecte
angewiesemen Denkacten führen würde, sondern mur in der objectiven
Bedeutung finde sich der Unterschied, dass einerseits : (prima intentio)
den realen Dingen am sieh Etwas zukommt, was nicht selbst wieder em
Erzeugniss. des. Denkens ' Ist, und andrerseits ihnen Etwas vorstellungs
weise (secunda intentio) zukommt, so dass hiemit innerhalb der erwähntem
habitudo der Dualismus zwischen res und ratio das Entscheidemde ist"**).
Was hingegen dem Begriff des intentionale betreffe, so seiem jene obigem
Momente, „welche in der subjectivem Seele als , repraesentantia wirken,
das wesentlich Intentionale, während- das objective Ding am sich erstº von
jenem , her seinen Namen, bekomme und somit nur rein » denominatives
Intentionale sei °**). · · · · u*. * ', . * ai *. • . • • , , :
Bei solcher Auffassung, welcher man übrigens eine gewisse Schärfe
- v * • , , * - * •, -
- - *a
631), C. 269: Secundo accipitur intentio .... ea, parte rei intellectae, .... et sic
loquimur hic de intenlione in proposito. Haec aulem intentio, dupliciter accipitur et
invenilur. Uno modo formaliter et tunc significatur in abstracto, ut hoc nomen
„intentionalitas“, ..... et haec habitudo in, abstracto praecise ;significat purum ens
rationis. Alio modo accipitur materialiter et tunc significalur in concret0;..... ipsa
ergo res intellecta materialiter , in concrelo dicitur intentio sive res intellecta, sive
ens reale, ut h0m0, lapis et huiusm0di. - - .** -
- 632) C. 270: Haec autem res, intellecta, quando est verum ens reale, .... du
pliciter considerari , potest. Uno modo absolute, ut est, res praecise non habendo
respectum ad intellectum, et sic nulla res dicitur intentio.... Alio modo potest con
siderari cum habitudine ad actum intelligendi, inquantum est intellecta, et sic quae
dam habitudo ipsam consequitur, quae formaliter intentio dicitur.
633) C. 271 : 0rdo iste, unde aliquae ' dicunlur primae. intentiones. et aliquae
secundae, non potest sumi eæ parte intelligentis, quia sic species intelligibilis, quae
est primum repraesentativum intelligendi, esset prima intentio, et actus intelligendi,
qui est , secundum, esset secundu intentio, et verbum mentale esset tertia; quae sunt
falsa. Nec potest sumi eæ parte actus intelligendi, quia sic Socrates esset primus
intellectus et Plato secundus ...... 0p0rtet, quod, iste ordo , accipialur, eæ parte rei
intellectae, inquuntum est intellecta; ..... nam quaedam sunt intelligibilia, quia sunt
vera entia realia, quae conveniunt rebus non ea, opere intellectus, ..... et haec omnia,
quae sic rebus conveniunt, dicuntur primae , intentiones et nomina , talium dicunlur
etiam nomina primae impositionis secundum grammalicos ...... Alia sunt, quae c0n
veniunt rebus, secundum qu0d sunt obieclive in intelleclu et non aliter, ..... et islu
dicuntur secundae intentiones ...... Et sic sunt, duo modi essendi generales, sc. se
cundum rem, et iste est primus, et secundum rationem, et iste est secundus ; ila
etiam ab istis duobus generibus ..... sumitur divisio intenlionum. -
634) C. 273: Inlenlionale potest accipi dupliciter,, sc. essentialiter et denomi
native ........ Intentiones, quae sunt eæ parte intelligentis, sunt species, intelligibiles,
actus inlelligendi, conceptus, formalus, et dicuntur inlentionalia , vel, intenlionala essen
tialiter, quia sunt intentiones rerum. , llla autem, quorum sunt intentiones et quorum
sunt repraesentativa, dicuntur esse intentionalia denominative,
XIX. Armand von Beauvoir. 309
der Distinction nicht absprechen kann, versteht es sich von , selbst, dass
Armand (ebenso wie alle Uebrigen mit Ausnahme Mayrons) grundsätzlich
gegen den Platonismus polemisirt "°°) und das Verhältniss zwischen
Sinneswahrnehmung und Universalien nach aristotelischer Tradition auf.
fasst °°°). Auch zieht er sich betreffs der Universalien eigentlich auf die
Unterscheidung zwischen causando und. praedicando (s. Anm. 248, 258,
426, 457) zurück, nur stellt er der causalitas die abstractio gegenüber,
welch letztere er (abgesehen von objectiver Immaterialität) neben der
praedicatio der Logik auch in der Physik und in der Mathematik aner
kennt "*"). In Bezug auf das Princip der Individuation folgt er dem
Thomas °°°), welchem er betreffs der Angelologie durch die Ansicht des
Aegidius (ob. Anm. 382 f.) auf; die Beine hilft "°°), während bei unitas
formae, ein einfacher Anschluss an Thomas genügt °*°); aber ; die intensio
et remissio formarum erinnert uns ' an Durand"4!). . -
Die Durchführung aber des Begriffes der intentio durch das Gebiet
der Logik gestaltet sich bei Armand in folgender eigenthümlicher Weise.
Zunächst erörtert er jene Worte, durch welche eine generelle Modalität
des objectivem Seienden ausgedrückt: sein* soll, d. h. die thomistischen
2*
635) Evpos. s. lib. de ente et ess. f. 16 A: Necessitas ponendi ideas a Platone
est dupleæ, una eae parte cognitionis, alia eæ párte actionis exterioris..... Sed ista
necessitas nulla est, quia, licet ponamus, quod scientia sit de necessariis et sempi
ternis, non oportet , tamen propter hoc, quod , ponantur, separata secundum rem; sed
sufficit, quod ponantur separala secundum rationem et considerationem rationis., Alia
causa necessitatis est eæ parte actionis, ..... sed nec ista valet, quia ad istas, opera
liones faciendas sufficit agens universale, quod est coelum cum dispositione materiae.
Decl. diff.; term., Tr. II, c. 276: Secundum Platonicos, qui, ponunt universalia sub
sistentia, ...... universale esset prius quam particularia, unde secundum eos par
ticularia non sunt nisi participatione universalium subsistentium, quae dicuntur ideae.
636) Tr. II, c. 235: De prioritate cognitionis diversa in intellectu et in sensu
respectu universalis et parlicularis ..... naluraliter quoad nos ;et : in sensu priora
sunt cognitione , singularia, universalia autem , posteriora; in intellectu , autem e
comtperso. - - -
637) Tr. II, c. 275: Universale sumitur tripliciter. Est enim quoddam, univer
sale causalitate; ..... alio m0d0 dicitur : universale : abstractione, abstraclio autem est
duplex ...... : Quaedam sunt abstracta a materia secundum esse;..... alio modo
secundum intellectus considerationem. .... Hoc autem potest fieri tripliciter: uno modo
.... absque hac materia sensibili,.... et talis abslraclio vocatur physica ...... • Alio
nmodo .... intellectus considerat non solum sine : hac materia. sensibili, , sed etiam sine
consideratione sensibilis materiae, .... sed non sine materia intelligibili, et talis abs
tractio vocatur mathematica ...... Tertio modo ....... est , abstractum communitate
praedicationis, .... et sic universale sumptum dicitur, quod est aptum nalum de plu
ribus praedicari. Vgl. Robert Capito, Abschn. XVII, Anm. 344. * . ,
638) Eaepos. s. lib. de ente et ess., f. 11 A, u. B. - -
639) Ebend. f. 18 A: Similiter de qualibet specie angelica, quae de se est com
municabilis pluribus, quia si essent plures angeli in eadem specie, cuilibet eorum
esset communicabilis. Sed quia, tota talis perfectio specificata in uno individuo con
tinetur, ideo alteri non communicalur nec communicari potest etiam virtute divina, et
sic patet solutio ad obiectionem. • i .
640) Ebend. f. 13 A: Secundum ponentes pluralitatem formarum in uno suppo
sito alia forma est illa, per quam corpus est corpus, et alia, per quam animal est
animal. Sed secundum ponentes unam formam est eadem forma realiter, et quia
istius opinionis fuit sanctus Thomas, ideo dicit, quod anima non est alia forma ab
illa, per quam corpus est corpus. , - - • a* •
641) Decl. diff. term. Tr. II, c. 261; s. ob. Anm, 573. - , ^w .:' •
31() XIX. Armamd von Beauvoir.
sechs transcendentia ***). Dann folgen die Worte der prima intentio,
welche eine specielle Modalität der geschaffenem Dinge bezeichmen, d. h.
die Kategorien, wobei sich uns allerdings das Bedenken erhebt, ob die
selben wirklich zur Logik gehören können, denn sie sind nicht bloss (wie
bei Burleigh, Anm. 593) näher an die Metaphysik gerückt, sondern sollen
mach 0bigem (Anm. 629) ja wesentlich den realem Disciplinem anheim
fallen "**). Aber erklärlich ist es dann, dass Armand in der Einzeln
Erörterung, welche ihn auch (wie Mayron) auf die Synonyma substantia,
subsistentia, quidditas, matura führt "**), in reichem Maasse über den
Umkreis der Logik hinausgreift und Fragen aus der Physik, Ethik, Meta
physik und Theologie discutirt °*°). In logischer Beziehung ist zu er
wähnen, dass er bei der Kategorie der Relation den scotistischen Begriff
der aequiparantia verwerthet °*°) und bei den sog. Postprädicamenten,
für welche er dem Gilbertus Porretanus reichlichst benützt, auch die
byzantinischen Worte „alietas“ und „diversitas“ beizieht°*7).
Indem nun der Umkreis der secunda intentio folgt, ist vorerst von
denjenigen Begriffen die Rede, welche sich auf incompleaca (Amm. 627f.)
beziehen. Dieselben aber werden nach einem eigenthümlichem Gesichtspunkte
eingelheilt °*°), so dass zuerst jene zur Erörterung kommen, welche den
obigen transcendentia und den Kategorien gemeinsam sind; als solehe wer
den vierzehn (unter ihnen z. B. auch ünivocum, aequivocum) aufgezählt °*°)
642) Tr. II, c. 1: Nomina, quae exprimunt modum entis consequentem genera
liter omne ens et addunt hunc modum eaeprimendo ipsum varie super ens, sunt quinque
transscendentia, et ens, ad quod addunt hunc modum, est seactum transscendens;
horum autem sufficientiam, significationem et differentiam ab invicem ponit sanctus
Thomas (s. Abschn. XVII, Anm. 515), d. h. ausser ens sind es die fünf Begriffe
res, unum, aliquid, verum, bonum (s. ob. Amm. 273 u. 355, vgl. 511), welche
Armand num c. 2—28 in metaphysischer und theologischer Beziehung ausführlich
erörtert. -
643) C. 29: Nunc dicendum est de nominibus primae intentionis, quibus eae
primuntur speciales modi essendi entium realium, quae nomina dicuntur de illis,
quae conveniunt omni enti creato; et vocantur a logicis decem rerum genera sive
decem praedicamenta. -
644) C. 32 u. 42. Vgl. ob. Anm. 548.
645) Bei Besprechung der Substanz zieht er (c. 50 ff.) nicht bloss generatio
und corruptio bei, sondern auch vita, und zwar insbesondere vita contemplativa, bei
der Quantität (c. 53) aeternitas und infinitum, bei der Qualität (c. 73 ff.) mittelst
des Begriffes der virtus nicht bloss die drei theologischen Tugenden, sondern über
haupt das ganze Gebiet der Moraltheologie, bei passio (c. 150) die ganze Psycho
logie, bei relatio (c. 175 ff.) die Trinitätslehre, bei motus (c. 238) die vier aristo
telischen Principien, u. s. f.
646) C. 174; vgl. ob. Anm. 583.
647) C. 205 f. 7 S. Abschn. XVII, Anm. 213, 217, 266.
648) C. 264: Postquam eæpediti sumus de nominibus primae intentionis, acce
dendum est ad declarationem nominum sine vocabulorum secundae intentionis ......
In secundis intentionibus quaedam sunt communes omnibus transcendentibus et om
nibus decem rerum generibus, sicut hoc, quod dico praedicabile et multa alia; quae
dam sunt solum communes decem generibus rerum, sicut hoc, quod ' dico genus et
species et multa alia; quaedam sunt specialiter pertinentes' ad unicum genus, ut hoc,
quod dico suppositum, quod in genere substantiae solum invenitur.
649) C. 265: Quae sunt communes transcendentibus et decem generibus, occur
runt.... quatuordecim, et sunt haec: intentio, transcendens, universale, abstractum,
concretum, praedicamentum, praedicabile, praedicatum, subiectum, subiicibile, univo
cum, aequivocum, analogum, denominativum.
XIX. Armand von Beauvoir. Petrus Paludanus. 311
und einzeln erklärt °°"). Sodann reihen sich diejenigen an, welche
nur , den zehn Kategoriem gemeinsam sind , und als solche treten die
Universalien auf, deren Zahl jedoch hier durch Hinzufügung von par
ticularis, singularis, individuum, auf acht steigt "°'). Und zuletzt folgen
jene, welche nur einer einzelnen Kategorie zukommen, nemlich entweder
der Substanz °°°) oder (bei theologischen Fragen) der Qualität oder
der Relation °°°). Indem aber nun auch noch jene secunda intentio,
welche sich auf compleaea bezieht, an die Reihe kommen soll, wird hiebei
zunächst die Lehre vom Urtheile, die Syllogistik und die Topik beige
steckt"°*), und dem Schluss machen in Bezug auf „conditiones compleaeo
rum“ in merkwürdigem Wirrwarr das sog. dictum de omni und die
byzantinische Reduplicatio "°°). -
Auch der Dominikamer Petrus Palu da n u s (oder d e p a l u d e,
gest. i. J. 1342), welcher bei dem Theologen als hervorragender Werthei
diger des Thomismus gegen. Durand gilt, entfernt sich theilweise von den
Ansichtem des Thomas. In seinem Commentare zum 3. u. 4. Buche des
Petrus Lombardus "°") begegnen wir wohl dem auch von Thomas aufge
nommenem Aristotelismus betreffs der universalia in re "°") und des
650) Ueber intentio wird gehandelt c. 266—273, über , transcendens c. 274,
über universale c. 275—277, über abstractum u. concretum c. 278 f., über praedi
catum, praedicabile, praedicamentum, subiectum, subiicibile c. 280, über die übrigen
vier c. 281. - -
651) C. 282: Nunc dicendum restat de nominibus secundae intentionis, quae
conveniunt incompleacis et .... sunt communes omnibus praedicamentis ..... Istorum
nominum est tripleæ differentia, cum res in praedicamento eæistens possit sumi in
universali, quod dicitur respectu particularis, et in particulari, quod dicitur respectu
universalis, item quaedam possunt convenire rei, prout sic vel sic consideratur. Zur
ersten dieser drei Arten werden nun gerechnet genus, species, differentia (c. 283—285),
zur zweiten particularis, singularis, individuum (c. 286), zur dritten accidens, pr0
prium (c. 287).
652) C. 288: Modo restat dicendum de nominibus secundae intentionis, quae
solum cónveniunt his, quae sunt de praedicamento substantiae. Als solche folgen
nun suppositum, hoc aliquid, res naturae, hypostasis (c. 289-291).
653) C. 292: Nune dicendum est de nominibus secundae intentionis, quae con
veniunt rebus de genere qualitatis ...... De illo solo hic determino, cuius usus est
apud theologos, secundum quod dicunt, in deo “esse multa attributa. C. 293: De
nominibus secundae intentionis, quae conveniunt relationibus ...... Unum tale n0men
habet usum ... . . apud theologos ...., sc. hoc nomen „notio“ (bis c. 296).
654) C. 297 : Restat dicendum de ' nominibus secundarum intentionum, quae com
plezis cónveniunt. Als solche folgen mun in äusserster Kürze (bis c. 299) oratio,
enuntiatio, propositio, praemissa, conclusio, definitio, descriptio, argumentum, syllo
gismus (nur die Dreitheilung desselben in demonstrativus, dialecticus, sophisticus),
enthymema, inductio, ezemplum.
655) C. 300: Dicendum de nominibus secundarum intentionum, quae conveniunt
quibusdam conditionibus complevorum, wobei (bis c. 302) erörtert werden dici per
$e, dici de omni, dici de nullo, und reduplicatio (s. Abschn. XVII, Anm. 262 u. 608 f.),
welch letztere beispielsweise auf die vier aristotelischen Principien und auf Urtheile
über Accidentelles bezogen wird.
656) Praeclarissimi doctoris domini Petri de Palude ..... scriptum super tertium
sententiarum. Paris. 1518. fol. und Evactissimi et quam maawime probati ac clarissimi
doctoris Petri de Palude ...... quartus sententiarum , liber. Paris. 1514. fol.
657) III, Dist. 22, qu. 1, f. 108 r. A: Homo nomen est speciei in genere sub
stantiae, sed in materialibus sola substantia composita est per se in genere sub
312 , XIX. Petrus Paludanus.
Verhältnisses zwischem Denkeimheit und materieller Einzelnheit °°°); aber
zugleich verwendet auch er (wie so viele Andere, s. Anm. 291, 375, 409,
469) die scotistische species intelligibilis als Darstellung der 0bjecte
und Weramlassung (les Denkens, jedoch mit dem sonderbaren Zusatze,
dass dieselbe in ihrem gegenständlichen (subiective) Vorhamdemsein im
Denken von anderer Art und Natur sei, als der äussere Gegenstand
selbst °°°). Bei der Frage aber über das Princip der Individuation wendet
er sich am Weitesten von Thomas ab, indem er den auch von Gottfried
v. Fontaines eingewendeten Gegengrund gegen die Quantität (s. ob. Anm. 66)
anführt und dem positiven Gehalte mach so ziemlich die Ansicht des
Scotus (Amm. 142) und jene des Antonius Andreas (Amm. 473) miteinander
verbindet, d. h. er verlegt die Individuation überwiegend in die Form
als das Actuelle """), wenn auch die Potentialität der Materie als zweites
Moment hinzutrete ""'), während bei den Engeln Gottes Schöpferkraft sich
an der blossen Form genügen lasse ""*). Hingegen. was unitas formae
betrifft, stimmt Paludanus wieder , völlig. mit Thomas, überein °'°), und
stantiae, ...... (B) Homo et equus in singularibus universaliter non sunt substantia,
i. e. forma, sed simul totum quoddam eae hac materia" el hac ratione.
658) III, Dist. 5, qu. 2, f. 34 v. B: Illud animal, quod est homo, non est
commune omni animali, sed proprium huic, et licet significat in communi*' aliquid
unum ratione, non tamen unum re, nec verificatur de una re pro multis. - -
* 659)* IV, Dist. 49, qu. 1, f. 227 r. B: Dupleæ obiectum cognitivae potentiae:
unum quidem commune, inquantum est potentia, aliud autem proprium, inquantum
est talis potentia ...... 0biectum intellectus, ut intellectus, est ens, ut autem con
iunctus, ens, materiale ...... (v. A) Hanc autem speeiem, quae dicitur facere cogni
tionem, sive sit actus ipse sive principium eius in eodem subiecto ezistens, non
possumus dicere esse eiusdem speciei cum obiecto, prout ipsa est in intellectu, quia
nihil subiective eæistens in intellectu, sive sit species sive actus sive habitus, potest
esse eiusdem speciei vel naturae cum re eaeteriori, quae per eam intelligitur......
f. 228 r. A: Nec tamen inter obiectum et actum est similitudo formalis, sed tantum
virtualis ...... Species est necessaria ad repraesentandum obiectum et ad eliciendum
actum et determinandum. ` .
660) III, Dist. 6, qu. 2, f. 36 v. A : Dicunt, quod suppositum habet esse for
maliter suppositum per quantitatem ...... Contra hoc tamen a quibusdam arguitur,
- - - - - - (B) quia quantitas aut quodcunque accidens non potest esse- ratio individua
tionis substantiae ...... Socrates non est homo , vel substantia nisi per suam sub
stantiam, et similiter Plato...... (f. 37 r. B) Tenent alii, quod suppositum non differt
realiter a natura, cuius est suppositum, ut Socrates ab humanitate ...... (v. A) Sic
igitur, licet ad esse individui substantiae habentis materiam et formam concurrat tam
materia quam forma, principalior tamen est forma, per quam principalius substantia
est substantia et hoc aliquid..... Et si quaeratur, per quid haec forma est, dicitur,
quod ab agente efficienter dispositive, subiective a materia, formaliter autem et com
plelive a se ipsa. ' - -
661) III, Dist. 30, qu. 3, f. 175 r. A: In rebus materialibus substantialibus sunt
duo principia rei intrinseca, quorum unum dicitur potentia simpliciter, ..... sc. ma
teria, aliud autem dicitur actus simpliciter sive id, secundum quod aliquid dicitur
actu esse simpliciter, sc. forma. - . -
662): IV, Dist. 12, qu. 2, f. 50 r. A : Deus potest facere formam sine materia et
non e converso, quia materia non est esse formae nec est causa formalis ipsius,
forma autem vel est ipsum esse vel est causa formalis ipsius, et deus non potest
facere ..... esse sine forma absolute nec esse substantiale sine forma substantiali.
663) IlI, Dist. 24, qu. 3, f. 131 v. A: Esse vel est idem eæistentiae cum esse
essentiae vel est ei proportionabile, ...... unde mirum est, quod in uno ente aliqui
ponunt plures formas substantiales.
XIX. Gratiadei' von Ascoli. 313
folgt auch dem Aegidius (ob. Anm. 387) bezüglich der intensio et re
missio formarum ""*).
Wieder ein anderes ganz eigenthümliches Bild eines Halb-Thomismus
zeigt ums der Dominikaner J oha n n es Gratia d ei vo n A s coli (gest.
1341), indem derselbe der thomistischen Lehre gleichsam ihre realistische
Seite abzugewinnen sucht und hiedurch zu Anklängem an gegnerische
Richtungen geführt wird. Wir besitzen von ihm einen ziemlich ausführ
lichen Commentar zur Vetus logica °°°); einer selbstständig von ihm ver
fassten „Logica“, welche er dort einmal citirt"°°), müsste erst in den
handschriftlichen Schätzen der Bibliotheken machgespürt werden. — Schon
was die, principielle Stellung der Logik betriffi, theilt Gratiadei dem
Standpunkt des Franziskaners Roger Baco (Abschn. XVII, Anm. 561),
lass dieselhe zu den praktischem Wissenschaften gehöre, weil sämmtliche
rationelle Disciplinen abgesehen von ihrer Unter-Eintheilung sich jedenfalls
um ein „opus“ rationis drehen °°7), und auch wenn man nicht mit Un
recht sage, dass die Logik nur modus sciendi sei und daher weder zu
dem speculativen noch zu dem praktischen Zweigen gehöre, sondern alle
umfasse,; so müsse mam demnoch, insoferne einmal , jene. Alternative be
stehe, sie in höherem Grade dem praktischen Gehiete zuweisen ""*). So
liegt ihm auch für ens rationis das Eintheilungsmotiv mur in ,,operatio“
rationis, und indem er diese (wie Herveus und Durand, s. Anm. 398
u. 551) dreigliederig als einfaches Erfassen, Zusammensetzen, discursives
Vergleichen eintheilt, ergiebt sich ihm natürlich die Reihenfolge der
664) III, Dist. 27, qu. 1, f. 147 v. A: Licet subiectum dicatur de minus tali fieri
nagis tale, non tamen subiectum dicitur intendi et remitli, sed forma ipsa, secundum
quam subiectum dicitur fieri de minus tali magis tale; sed forma non posset dici
intendi proprie, nisi eadem forma, quae fuit remissa, postea esset intensa, .... cum
est habitus in gradu.
665) Commentaria Gratiadei Esculani ordinis praedicatorum in totam artem
veterem Arislotilem [sic]. Venet. 1493. fol. Das Buch ist nicht paginirt, daher ich
mur nach den „Lectiones“, in welche die Commentare der einzelnen Bücher (Prae
dicabilia, Praedicamenta, Seae principia Gilbert's, Periermenias in zwei Büchern, vgl.
Absehn. XVII, Anm. 442. u. ob. Anm. 574) eingetheilt sind, citiren kann. Uebrigens
ist der Druck durch eine Menge der nachlässigsten Druckfehler entstellt, ein Miss
stand, welcher hekanntlich bei den Venetianer Incunabeldrucken nur äusserst selten
vorkömmt; bei Anführung der Quellenstellen corrigire ich Solches stillschweigend.
666) Praedicab. Lect. 7. S. die Stelle unten Anm. 680.
667) Prooem., woselbst nach Eintheilung der Wissenschaft in speculativa und
practica und nach Unterabtheilnmg der ersterem in Melaphysik, Physik, Mathematik
gesagt wird: Scientiarum vero practicarum distinctio oportet quod sumatur secundum
distinctionem operum; opus autem tripleæ potest assignari, sc. mechanicum, morale,
et opus rationis ...... Circa opus rationis versantur scientiae rationales. . Ulrum
autem ars rationalis sit dividenda in grammaticam, rhetoricam et logicam, sicut qui
dam dividunt (s. ob. Anm. 87 u. Abschn. XVII, Anm. 363), vel potius sit dividenda
in logicam, rhetoricam et poeticam, sicut dividunt alii (s. ebend. Anm. 293), an magis
comprehendat omnes quatuor, non pertinet ad praesentem locum, ..... quia de sola
illa parte agimus, quae proprie logica vocatur.
668) Prooem. qu. 1: Logica videtur proprie dicenda esse non quidem scientia
practica nec speculativa, sed modus et regula generalis omnis scientiae tam practicae
quam speculativae, inquantum earum quaelibet est considerans veritatem..... Quamvis
autem proprie loquendo ipsa logica sit modus et regula scientiarum, si tamen velimus
ipsam trahere ad denominationem scientiae speculativae aut practicae, magis est dicenda
scientia practica, quaum speculativa.
314 XIX. Gratiadei von Ascoli.
Bücher des 0rganons (Kategorien, De interpr., und „nova logica“, für
welch letztere er die arabische Unterabtheilung aufnimmt); aber insoweit
es sich dabei um die Isagoge handelt, spricht er mit möglichster Schärfe
die Unterscheidung aus, dass die prima operatio rationis, d. h. das ein
fache Erfassem, einerseits als prima intentio zu den Kategorien und
andrerseits als secunda intentio zu dem Universalien führe, und so die
traditionelle arabische Auffassung des Gegenstandes der Logik sich be
währe, wenn auch das principiellere Uebergewicht (principalius) auf die
secunda intentio falle "°°). Scheint aber hiedurch die Stellung der Kate
gorien innerhalb der Logik immerhin wieder bedenklich zu werden (vgl.
bei Burleigh und Armand, ob. Anm. 593 u. 643), so hilft sich Gratiadei
mit der Distinction, dass das ens rationis entweder wirkliches Erzeugniss
des Denkens oder nur behufs denkmässiger Amordnung in die geistige
Werkstätte (operatio) beigezogen sein könne, und somit in letzterem wei
teren Sinne die Kategoriem sicher zum ens rationis gehören"""); nemlich
nur das ens schlechthim an sich genommen sei Gegenstand der Metaphysik,
die Logik aber als modus sciendi bringe es ebem unter die dem Denken
angemessene Anordnung"7!). ln solchem Sinne hält er daram fest, dass
ens rationis Gegenstand der Logik sei, und polemisirt ausdrücklich gegen
die scotistische Ansicht, welche dem Syllogismus in den Wordergrund
669) Prooem.: Logica autem cum circa ens rationis versetur, oportet quod se
cundum eius distinctionem dividatur; ens vero rationis distinguitur secundum diversam
rationis operationem; est autem tripleæ operatio rationis: ..... simplicium intelligentia,
...... composilio et divisio simplicium apprehensorum, ..... discursus rationis a noto
ad ignotum. Et de ente, qu0d pertinet ad tertiam operationem, agitur, in tota arte
nova; de ente, quod pertinet ad secundam operationem, agitur in libro Periermenias;
sed de ente, qu0d perlinet ad primam, .... in libro Praedicamentorum. Ars autem
nova, quae tota versatur circa ratiocinationem, oportet quod dislinguatur secundum
diversam consideralionem eius; potest autem ratiocinatio dupliciter considerari, uno
quidem m0d0 simpliciter sine applicatione ad materiam aliquam, et alio modo.....
cum applicatione ad materiam specialem u. s. f., d. h. Ersteres enthalte die erste
Analytik, Letzteres die zweite Analytik, Topik und Sophistik (nach arabischem
Worbilde wie bei Albert, s. Abschn. XVII, Anm. 459)...... Quia vero liber Porphyrii
...... n0n videtur esse inclusus in tota , divisione logicae, ..... sciendum est, qu0d
simplicia apprehensa, quae pertinent ad primam operalionem rationis, sunt duplicia,
quia quaedam sunt, quae vocantur primae intentionis, ut substantia, quantitas , et
similia, quaedam vero, quae vocantur secundae intentionis, ut genus, species et similia.
De utrisque his logicus considerat, quamvis consideret principalius de his, quam de
primis; unde et pro tanto dici consuevit, quod logica est de secundis intentionibus
iunctis primis; de primis ergo agitur in libro Praedicamentorum, sed de secundis in
Porphyrio, non, quidem omni modo, sed cum reduclione ad certum numerum, praedica
bilium. Die Haupteintheilung des ens rationis ebenso Periherm. Lect. 1.
670) Praedicam. Lect. 1: Ens rationis sumi potest dupliciter: uno quidem modo
ita, quod ens rationis appelletur id solum, quod est a ratione institutum aut factum;
...... alio autem modo sumi potest magis large, ut ens rationis dicatur omne id,
quod potest esse sub ordine rationis ipsum trahentis ad suam operationem, et se
cundum hunc m0dum ...... et decem praedicamenta continentur sub ente rationis.
671) Ebend.: De ente dupliciter est loqui: uno quidem modo simpliciter et se
cundum se, et alio modo secundum quod habet ordinem ad ipsam rationem. Et primo
modo considerat de ente primus physicus (d. h. die Metaphysik), secundo autem modo
de ente habet considerare logicus, unde et logica pro tanto vocatur scientia rationalis
...... Non est inconveniens, sed valde necessarium, esse tales secundas scientias com
munes, quales sunt metaphysica et logica, quarum una, est vere et simpliciter scientia,
alia vero, ut puta logica, est sciendi regula et m0dus.
XIX. Gratiadei von Ascoli. 315
stellte; denn nicht der Syllogismus, sondern mur ens rationis sei es, auf
welches die oberstem Principiem der Logik, nemlich das sog. principium
identitatis (vgl. bei Mayron und Armand, ob. Anm. 522 u. 628) und die
sog. regula de quocunque (vgl. bei Albert, Abschn. XVII, Anm. 433), sich
beziehen, und ausserdem behandle die Logik auch die dem Syllogismus
vorangehenden Zweige um ihrer selbst willen, insoferne sie (— dieses
Motiv ist dem Aegidius entnommen, s. ob. Anm. 369 —) als modus
sciendi überall da eintrete, wo die menschliche Wernunft dem Irrthume
verfallen könne °7*); und ehen diese Irrthumsfähigkeit bestehe auch be
züglich des objectiv sachlichem Gehaltes der prima intentio, d. h. der Ka
tegorien, so dass es unmöglich sei, diese aus der Logik auszuschliessem"*).
Den Spraehausdruck, welcher in der scotistisehen significatio liegt, will
Gratiadei hiebei principiel] nicht sehr hoch anschlagen, denn das Moment
der Bedeutsamkeit der Worte sei eben eine Darstellumg (repraesentatio),
auf welche sich die forma dictionis mittelbar beziehe °7*), und wohl nicht
ohne Absicht betont er somit, wie Armand (Anm. 630), die innere Sprache,
d. h. das verbum mentale °7°).
Nun aber fasst er aueh die secumda intentio, welche doch ein Er
zeugniss der denkenden Seele sein soll (Anm. 670), zuletzt völlig gegen
ständlich; nemlieh mit einer Distinction, welche trotz wesentlicher Ab
weichung uns dennoch an Armand (Anm. 630 ff.) erinnert, sagt er, das
672) Prooem. qu. 2: Quaeritur, utrum subiectum logicae sit ens rationis aut
tantum syllogismus ...... Subiectum logicae est ens rationis ..... Constat satis evi
denter, quod syllogismus non est subiectum principiorum maxime universalium logicae,
710fr. . . . . . ista sunt maæime universalia : „De quolibet est affirmatio vel negatio vera*
et „Quando alterum de altero praedicatur, quaecunque de praedicato dicuntur, eadem
et de subiecto dicuntur“, quorum principiorum non est syllogismus subiectum, sed ens
rationis...... De praedicamentis et enuntiatione considerat logicus non solum in ordine
ad syllogismum, quod facit in arte nova, sed etiam secundum se, quia logica..... de
illis omnibus etiam secundum se determinare debet, in quibus ipsa ratio errare potest
- - - - - Si ens rationis est subieetum totius trivii, oportet etiam quod sit subiectum
supremae partis eius, quae pro tanto retinet sibi soli nomen logicae..... . Unde syllo
gismus non est principale intentum in logica tota, sed est principale intentum respectu
aliorum contentorum sub ente rationis. Praedicam. Lect. 1 : Communiter consuevit dici,
quod omnia considerata in logica praeter syllogismum considerantur solum in ordine
ad syllogismum ...... Constat autem, quod sine ullo respectu et ulla habitudine ad
syllogismum potest ratio errare in ordine, rerum praedicamentalium.
673) Praedicam. Lect. 1: Quaeritur, utrum logicus consideret de- decem praedica
mentis solum ratione secundarum intentionum ...... Dicitur enim, quod logica est
scientia intentionum et non scientia rerum..... Sed ista opinio non placet mihi; mani
festum est enim, quod ratio potest errare non solum in rebus praedicamentalibus quoad
intentiones secundas, sed etiam quoad ipsarum proprietatem..... Secundae intentiones
dicuntur ab Avicenna pro tanto esse subiectum logicae, quia in eis reservatur ratio
entis rationis, quod est subiectum in logica, et non quia a subiecto logicae eaeclu
dantur intentiones primae.
674) Periherm. Lect. 2: Non debet poni, quod significatio sit essentialis forma
vocis, quantumcunque detur, quod aliqua significatio naturaliter et inseparabiliter con
comitetur vocem ..... Dicendum est, quod forma dictionis magis convenienter ponitur
esse ratio significandi, quam significatio, ..... quia significatio non est aliud, quam
quaedam repraesentatio.
675) Ebend.: Dupleæ est dictio et dupleæ verbum, quia est verbum vocale, quod
profertur sensibili voce, et est verbum mentale, - quod profertur non voce, sed mente
intelligente ipsam rem.
316 XIX. Gratiadei von Ascoli.
Universale könne einerseits an sich umabhängig von der intentio univer
salitatis genommen werden, habe aber dann wieder ein doppeltes : Sein,
nemlich entweder ein reales, welches ausserhalb der Seele ist, oder ein
esse intentionale (s. ebend. Anm. 634), welches in Folge- einere species
intelligibilis in die Seele verlegt werde ; oder , andrerseits werde das
Universale mit der intentio universalitatis verbunden aufgefasst und - man
sage dann, es sei so in der Seele ; aber da man ja die Universalität
nicht der species intelligibilis zuschreibe, sondern dem durch sie vorge
stellten Gegenstande und dieser letztere in den Urtheilen das allgemeine
Prädicat werde (s. bei Burleigh, ob. Anm. 579, 586, 599), so seiidas
Universale, auch, in diesem , Sinne ausserhalb der Seele, sowie die inten
tio universalitatis nur causal in die Seele verlegt werden dürfe, indem
auch sie gegenständlich ausserhalb sei und somit , in einem traditionell
gewordenen arabischem Ausspruche mit Recht : der Accent auf die Worte
„in rebus“ (vgl. bei Scotus, ob. Anm. 101) zu legem sei °7°). Wenn
sonach Gratiadei die Universalien so sehr realistisch mimmt, dass er- sogar
je nach den Gegenständen von körperlichen oder von. spirituellen Univer
saliem spricht""*), so dürfen wir uns nicht wundern, wenn auch hier
der Ausdruck ,,res universalis“ erseheint "7°). Aher platonisch ist die
ser Realismus wahrlich nicht, demn es knüpft sich an denselben die üb
liche Polemik gegen Plato°7°), sondern er ist vielmehr eine scotistische
676) Praedicab. Lect. 1 : Quaeramus, utrum universalia sint eætra intellectum
vel sint solum in intellectu ..... De universali loqui possumus dupliciter: uno quidem
modo simpliciter quantum ad naturam suam non considerando ipsam, ut est coniuncta
intentioni universalitatis, et alio modo loqui possumus quantum ad naturam coniunctam
intentioni universalitatis ..... Primo modo..... secundum diversum esse potest inreniri
in intellectu et eaetra intellectum; ..... secundum esse : intentionale est in intellectu
informato specie vel similitudine, sed secundum esse reale non est in intellectu .....
Secundo modo.... dici consuevit, quod nniversale est in intellectu;..... sed si de hoc
velimus subtiliter indagare veritatem, videbimus manifeste, quod etiam universale sic
sumptum est realiter eaetra intellectum ...... Cum intellectus attribuit homini univer
salitatem, oportet quod intelligat ipsum hominem; cum autem intelligit, oportet quod
informetur specie vel similitudine hominis; universalitatem autem non attribuit huic
similitudini vel speciei hominis, sed , homini repraesentato per ipsam , quia similitudo
hominis non praedicatur de hominibus singularibus, sed de eis praedicatur ipse homo
- - - - - Patet, quod universale quantum ad suam naturam coniunctam universalitati est
eætra intellectum ..... Intentio universalitatis non est in intellectu sicut in subiecto,
sed sicut in causa; sicut awtem in subiecto est in re habente esse eaetra intellectum,
inquantum apprehenditur ab intellectu. • Auctoritas autem commentatoris (d. h. des
Averroes, s. Abschn. XVI, Anm. 181), non enim dicit „intellectus facit universalitatem
in speciebus rerum“, sed in ipsis „rebus“. -
677) Ebend.: Quia intellectus est pure virtus spiritualis nulli organo corporeo
affiaea, ideo, quamvis omnia, quae sensu cognoscuntur, sint corporea, non tamen omnia,
quae intellectu cognoscuntur, sunt corporea, sed quaedam sunt spiritualia, sicut an
geli, et quaedam sunt corporalia, sicut ista sensibilia. Secundum hoc dicendum est,
quod non omnia universalia sunt corporalia nec omnia incorporalia, sed universalia
rerum sensibilium sunt corporea, et universalia rerum spiritualium sunt incorporea.
678) Ebend.: De rebus universalibus agitur a logico, a secundum , quod in ipsis
attenditur praedicamentalis ordo, ordo autem praedicamenti inter genera, species et
differentias versatur.
679) Ebend.: Plato, prout ei imponitur ab Aristotele (vgl. ob. Anm. 502), posuit,
universalia ita esse eaetra intellectum, quod voluit etiam ea esse per se evistentia a
singularibus separata ...... Sed ista opinio sic intellecta, sicut sonat, est omnino im
possibilis.
: XIX. Gratiadei von Ascoli. ' ' r. • • .' 317
Uebertreibung, welche allerdings bei- einem Halb-Thomistem sieh sonderbar
ausnimmt. -
Trotzdem aber hehauplet er mit den Thomistem, dass das Princip der
Individuation , in der Materie liege, motivirt jedoch diesen Standpunkt
dadurch, dass, während vom Gattungsbegriffe zum Artbegriffe ein Fort
sehritt der Werwollkommnung führe, der Uebergang vom letzteren zum
Individuum auf einer Werengung und Begränzung beruhe, welche Schranke
bei den Naturdingen nur in der Materie ihren Grund habe, sowie man
im Allgemeinen von sämmtlichen Individuen (also auch von den immate
riellem, d. h. von den Engeln) sagen könne, dass eine Bestimmtheit (de
terminatio) des Wesens das Princip - der Individuation sei 080). • Sowie
aber letztere Wendung bereits nicht mehr weit von der haecceitas des
Seotus entfernt ist, so drückt er auch die reale Auffassung des Indivi
duums, — abgesehen vom der logischen , welehe im Einzelnen stets den
Artbegriff erfasst, — wieder in scotistischem Spraehgebrauche aus"*!).
Aus der Einzeln-Exegese, bei welcher Gratiadei in ziemlieh breitspu
riger Diction das traditionelle Material (besonders Avicenna) benutzt, mag
erwähnt werden, dass er getreu seinem Standpunkte das ens rationis
als höheres Allgemeines über den fünf Universalien "**) und ebenso , über
den zehn Kategoriem betrachtet ***), • dass er gelegenttich init Burleigh
(Anm. 612) die Begriffe intellectus purus, nudus, solus erörtert"**), fer
ner ebenso- wie Armand (Anm. 653) die theologische Wichtigkeit der
kategorie der Relation hervorhebt "°°), sodann den Seae principia Gil
hert's eine principielle Stelle meben den Kategorien zuzuweisen sucht "*"),
680) Praedical). Lect. 7: … Potest , dubitari, quid sit principium individuationis;
videtur enim, quod forma, quia per idem habet res esse et esse unum, sed unum
quodque habet esse per formam..... Est dicendum, quod in rebus materialibus princi
pium individuationis, non est forma, sed maleria, ...... quia per contractionem generis
ad speciem ipsum genus, dedueitur, ad certum perfectionis gradum, sed per contractio
nem speciei ad individuum..... potius ille gradus perfectionis, qui, ponitur in specie,
limitatur, et, constringitur, ..... sed perfectionis, limitatio et constrictio suae latitudinis
est proprie, eae e0, eae qu0 et per quod arctatur et, conslringitur latitudo formae, hoc
autem, non est nisi materia, unde ..... individuatio speciei in rebus materialibus attri
buitur, materiae. ln logica autem nostra diacimus, quod communiter in omnibus prin
cipium, individuationis est determinatio essentiae ad, esse. ;
681) Ebend.:, Logice loquendo non addit individuum aliquid supra speciem rea
liter, sed, solum secundum rationem; si autem non logice, sed realiter loquamur, dicere
possumus, quod individuum illa addit supra speciem, sine quibus individuum esse non
potest in re. Vgl. ob. , Anm. 137 u. 252. -
682) Prooem. qu. 3: Quia unius scientiae debet poni unum subiectum et non
quinque, non quinque erg0 universalia, sed aliquid unum comprehendens quinque uni
versalia del)et poni subiectum in hoc libro ..... Unde, 0p0rtet dicere, quod ens rationis
tractum ad rationem praedical)ilis de pluribus sit subiectum in Porphyrio.
683) Praedicam. Lect. 1: „Ens, rationis, sub ratione ordinabilis in praedicamento
est subiectum huius libri. - -
684) Praedicab. Lect. 1. ,,
685) Praedicam. Lect. 12: Ratio huius praedicamenli (d. h. relationis) habet
quoddam singulare inter , rationes aliorum praedicamentorum accidentium, quia ipsa
nanet in deo, alia vero praedicamenta ad divina translata non manent secundum
rationes suas, sed transeunt in substantiam. - **. -
686) Seae princ. Lect. 1 : Dislinguitur autem ita liber hic ab alio, quia subiectum
libri praedicamentorum est ens rationis indeterminati generis, sed in hoc libro, est sub
iectum ens rationis , generis extrinsecus advenientis. -
318 XIX. Gratiadei von Ascoli. ; Johannes Baconthorp.
mmd der Lehre vom Urtheile ihre Selbstständigkeit (vgl. Anm. 672). ge
genüber der Syllogistik gewahrt wissen will "*").
Nur Weniges ist über den Karmeliter, J oh an n e s Baco nth o rp
(gest. i. J. 1346) zu berichten, welcher in seinem dickleibigen Commen
tare zum Sententiarius °°°) die logischem Fragen , nur ganz gelegentlich
in Kürze, berührt. - Wenn , er von theologischer, Seite als Averroist, be
kämpft wurde, so liegem diese. Streitigkeitem, bekanntlich im Gebiete, der
Psychologie (unitas intelleclus) und haben- am, sich mit, der Logik Nichts
zu, schaffen. , Die Universalien verlegt Baconthorp mit ausgesprochener
Polemik gegen Plato in die objectivem Dinge derartig, dass. der univer
selle Gehalt gleichsam als Potentialität vor aller Activität des Denkens den
Realgrumd der Worstellung , bilde und dann von der Denkthätigkeit, durch
Abstreifen der materiellen. Bedingnisse erst zum eigentlichem. Universale
erhoben werde °°°), so dass in Bezug auf diesen Worgang auch hier (vgl.
Amm. 403, 432) zwischen , genus, naturale uud, genus. logicum unter
schieden wird °°"). Auch der Begrif der Wahrheit fällt danm folgerichtig
in die 0bjecte, insoferne dieselben als erkannte, mit ihrem eigenen Wesem
übereinstimmen °°!)., Das Princip aber, der Individuation erblickt, er in
jener., Form, durch welche die Materie, substantielles, Dasein , bekomme,
wonebem begleitweise , das quantitative Daseim, der Materie., hergehe und
den Grund der Wervielfältigung , enthalte, und -, er glaubt bei dieser
Auffassung sich in Uebereinstimmung mit Thomas zu findem °°*). In
687) Periherm. Lect. 1: Consuevit, dici, quod scientia huius libri pro tanto ordi
natur ad scientiam libri Posteriorum, quia enuntiatio, de qua agitur in libro hoc, est
naterialis pars demonstrationis...... Sed ista positio fundatur super inconvenienti
motivo, nam enuntiatio non est pars demonstrationis nec ullius syllogismi, nisi ut
subinduit rationem propositionis; in hoc autem libro non agitur de enuntiatione sub
rati0ne pr0p0sitionis, sed sub ratione propria enuntiationis.
688) Doctoris resoluti Joannis Bacconis Anglici Carmelitae radiantissimi , opus
super quattuor sententiarum libris. Mediolani 1510. fol. 4- Bände.
689) I, Prol. qu. 2, • f. XI v. B: Universale praecedit omnem aetum intellectus
possibilis et omnem speciem impressam ...... Facit enim intellectus agens de univer
sali. in potentia universale in actu....... f. XII r. A: Universale non oportet quod
habeat aliquid, in quo sustentetur subiective, aut aliquid, quos mediante formaliter
inhaereat, sed sufficit, quod habeat aliquid, cui innitatur, ne suum esse obiectivum
sit ficticium ..... f. XII v. B: Si universalia haberent esse eætra animam, sicut posuit
Plato, non indigeret Aristoteles ponere intelleetum agentem; ..... sed eertum est, qu0d
vniversalitas, praecedit motionem intellectus et omnem eius , actum eacereitum......
f. XllI r. A: Quidditas rei materialis formaliter de se est intelligibilis, sed quam diu
est sub conditionibus materialibus, non potest movere intellectum, sed solum est in
potentia ad movendum.
690) II, Dist. 3, qu. 1, f. XXXIII ff.
691) I, Dist. 19, qu. 1, f. CXXVII r. B: Ego autem dico, quod.... potest accipi
veritas non pro illa adaequatione aut conformitate , quam importat actus intelligendi
ad rem in esse cognito vel cognoscibili ibi praeeise sistendo, sed pro illa adaequatione,
quam ipsa res in suo esse cognito importat ad se ipsam in sua reali ea istentia eætra,
..... sic intelligendo, quod veritas formaliter est ipsa rectitudo aut eonformitas, quam
ipsa res ut inlellecta imp0rtat ad se ipsam in rerum natura eaetra.
692) III, Dist. 11, qu. 1, f. XXXIX r. B: Dico, quod forma est prineipium indi
viduationis nec de hoc debet esse opinio alia ... .. T(v. A)- Cum materiae sit duplex
subsistentia, sc. substantialis et quantitativa, sicut per subsistentiam quantitativam est
individuum de genere quantitatis, ita per substantialem subsistentiam, quae est per
formam, erit aliquod individuum de genere substantiae , et ita esse individuum sub
stantiae est per se et primo per formam, sicut neeessario et eoncomitanter per quan
XIX. Johannes Baconthorp. Petrus Aureolus. 319
tensio et remissio formarum bespricht er in der gewöhnlich üblichen
Weise 698). -
Hingegen ein hervorragender Autor, welcher wahrlich nieht in der
bequemen Schablone ,,Thomisten und Scotisten“ untergebracht werden
kamm, ist P e t r u s von Verb e r i a, genannt A u r eo lus (gest. nicht
vor d. J. 1345), von welchem wir einem Commentar zum Petrus Lom
bardus und Quodlibeta besitzen *°*). Derselbe bekämpft mach einigen
Richtungen den Scotismus sowie mach anderen dem Thomismus und liebt
es überhaupt, der Kritik der Standpunkte Anderer seinen eigenem naeh
folgen zu lassem, welcher im Ganzen ein vermittelnder genannt werdem
kann.
Sehr eigenthümlich ist schon seine Ansicht über die Aufgabe der
Logik : nemlich der eigentliche Gegenstand derselben könne weder in dem
secundae intentiones liegen, da mit diesen sich auch Grammatik und
Rhetorik und in gewissem Sinne selbst die Metaphysik sich beschäftige,
noch im Syllogismus, da dieser nur einer der mehrerem Theile der L0
gik sei, noch aus dem gleichen Grunde im modus sciendi, noch auch
in ens rationis, da auch hierüber andere Disciplinen mitsprechen °°°).
Allerdings sei jedes Schlussverfahren in Theorie und Praxis ein logi
sches °°°), aber natürlich sei darum noch nicht die ganze Logik nur
eine Syllogistik, sondern Gegenstand der Logik sei das Wort als Aus
druck der begrifflichen Gedanken (voa, eaepressiva conceptus), denn die
Betrachtung des Logikers erstrecke sich genau so weit, als der Wortaus
druck, insoferne derselbe einfache Begriffe oder deren Zusammensetzung
oder discursive Vergleichung derselben betreffe, und was über diesen
begrifflichen Gehalt der Worte hinausgehe, falle bereits anderen Discipli
titatem ..... (B) Item hoc voluit Thomas; non enim voluit, quod quantitas esset prin
cipium individuationis, sed multitudinis.
$ I, Dist. 14, qu. 1, f. CIX r. A. und III, Dist. 15, qu. 1, f. XLVIII r.
694) Petri Aureoli Verberii Commentaria in primum librum Sententiarum. Romae
1596. Desgleichem in secundum ebend. 1605, ebenso in tertium und in quartum.
Ferner Quodlibeta seacdecim. Romae 1605. fol.
695) Sent. I, Prol., p. 65 B: Communiter consuetum est dici de logica, subiectum
esse in ea modum sciendi vel intentiones secundas vel syllogismum ... , . Illud non
est subiectum in logica, quod est commune logicae et aliis quibusdam scientiis; sed
consideratio secundarum intentionum competit etiam grammatico et rhetorico, modi
namque significandi sunt secunda intentio ..... Praeterea ens in anima est secunda
intentio, secundae namque intentiones non habent esse nisi in anima obiective, sed ens
in anima est proprie de consideratione primi philosophi..... Nec in ea subiectum est
syllogismus; illud enim non est subiectum logices, quod non aequat totam considera
tionem , ipsius, sed ..... syllogismo destructo duae partes principales (d. h. Categ. u.
De interpr.) logicae remanerent..... Nec modus sciendi potest esse subiectum; modus
enim sciendi non est aliud, quam modus demonstrandi conclusiones et demonstrati0num
principia assumendi; sed haec est una pars logicae tradita in libro Posteriorum, erg0
non est subiectum in t0ta ..... . (p. 66 A) Nec ens rationis potest poni subiectum ;
nullum enim subiectum eæcedit considerationem logici, cum modus significandi et partes
orationis et congruum et incongruum, quae considerat grammaticus, sint entia rationis,
et similiter, quae considerat rhetor.
696) Ebend. p. 9 A: Forma consequentiarum et bonitas est de consideratione
logici..,.. Docens aliquem modum concludendi utitur illo in quacunque materia .....
Quia consequentia et illatio est. wna de secundis intentionibus, ergo non pertinet ad
realem artificem....... Consequentiarum scientia in omni materia logica est.
320 / • XIX. Petrus Aureolus.
men anheim, nemlich , der Grammatik die significatio (— gegen Scotus,
s. ob. Anm. 129ft. —) oder der Rhetorik die psychologische Wirkung ; auch
spreche nicht bloss die Etymologie des Wortes „Logik“, sondern auch
die Auetorität des Aristoteles für eine solche Auffassung "°7). Dürfen
wir somit diese Ansicht als eimen nominalistischen Aristotelismus bezeich
mem, so ist dabei sehr zu beaehten, dass Aureolus die Logik als eine
praktische Geschicklichkeit betrachtet, deren ordnende Fumetion ihren
Zweck in der Werwirklichung der , übrigen- Wissenschaftem besitze, was
sieh nicht bloss in der Doppelstellung des docere und uti (vgl. Anm.
90, 452, 581), sondern insbesondere darin zeige, dass die Logik die
einzige Disciplin sei, welche ihrem Gegenstand mach seinen- drei genamm
tem wesentlichen Theilen selbst verfertigt (operatur), so dass es sich da
bei mur um eben diesem, nicht aber um modus sciendi oder um : intem
tio secunda handelt "°°). -
Ebem aber jener begriffliche Gehalt der Worte führt ihn auf einge
hende Erörterungen über die intentio, betreffs derem er vorerst drei ver
schiedene Meinungen Anderer. erwähnt, um sie zu kritisirem und danm
seine eigene auszusprechen. Allerdings haben wir im Bisherigen eine
weit grössere , Anzahl von Ansichten über jenen vielbestrittenem Begriff
gesehen , und andrerseits könnte selbst ein leiser Zweifel übrig bleiben,
ob- jede der drei Auffassuugen gerade in dem Wortausdrucke, in welchem
sie Aureolus anführt, bei Einem der uns zugänglichen Autorem wiederer
kannt werden müsse ; doch als Document jener Zeit, in welcher Aureolus
schrieb, sind uns seine Angabem nicht unwichtig, denn gröbliche Irrthü
mer scheinen bei ihm nicht mitunterzulaufem. Die erste Ansicht, • dass
die intentio nur actus intelligendi sei, welcher sich auf die Dinge richte
697) Ebend. p. 66 A: Dicendum est ergo, quod vov ut eaepressiva conceptus est
subiectum in ea. Illud enim, qu0d adaequat considerationem logici, et e converso
cuius species in partibus logicalis scientiae sunt subiecta, illud, inquam, est subiectum
totius logicae; sed vov evpressiva conceptus est huiusmodi. Nam vocum quaedam est
incompleaca conceptus simplicis ea pressiva, ..... quaedam vero compleæa expressiva
conceptus componentis et dividentis, ..... quaedam discursiva, sc. syllogismus, et haec
suhiicitur in logica nova. Et secundum hoc consideratio logici non eæcedit vocem
eæpressivam conceptus, nec adhuc eacceditur, quia grammaticus non considerat vocem
ut ea pressivam conceptus, sed modos concipiendi, quos eaeprimunt modi significandi;
- - - - - similiter rhetor non considerat orationem ut eaepressivam conceptus, sed ut im
pressivam delectationis et assensus..... Logica dicitur a logos, quod est sermo, ergo
est subiectum in ea..... 0ratio ut eaepressiva conceptus, et non aliter, est subiectum
veri et falsi...... Praeterea . Aristoteles ubique in logica sua considerationem hanc
inclusit, ac si consideraret de vocibus conceptuum eaepressivis.
698) Ebend. p. 37 A: Logica est habitus practicus, ...... habet enim respectum
regulantis in ordine ad actus intellectus aliarum scientiarum et dirigit alias scientias.
..... Logica et similes non habent pro fine actum proprium mediantibus ipsis elici
tum, sed actum aliarum scientiarum ..... Nullus artifeae dividitur in docentem el
utentem, nisi sit practicus ..... . Nullus speculativus habitus operatur suum obiectum,
astrologia enim non facit coelos, ..... sed logicus per habitum logicae facit orationes
veri eaepressivas ...... Subiectum enim logicae non est modus sciendi nec intentio
secunda, ut aliqui dicere voluerunt, sed oratio veri et conceptuum ea pressiva. Cuius
species sunt tres, sc. dictio conceptus simplicis eæpressiva, ...... et propositio com
pleæorum conceptuum eaepressiva, ..... et syllogismus discursivorum conceptuum eæ
pressivus.... Constat autem, qu0d non solum ista speculatur logica, imo et operatur;
ergo est habitus practicus, non speculativus. -
XIX. Petrus Aureolus. 321
(tendit) und so entweder concret das äussere Seim derselben betreffe
oder abstract in der innerem Sphäre des Denkens die Aehnlichkeiten der
Dinge und deren Namensbezeichnung enthalte, gehört offenbar der scoti
stischem Richtung am (s. Scotus Anm. 106 u. 128, Antonius Andreas Anm.
456, 462, 465), obwohl „tendere“ aueh bei Herveus (Amm. 396), ,,con
cret und abstract“ auch bei Armand (Amm. 631), und „denominatio“
auch bei Durand und Armand (Amm. 551 u. 634) sich findet °°°). Hie
bei aber tadelt* Aureolus vor Allem eben das denominative Verhältniss,
da danm die Begriffe kein anderes inneres Sein hätten, als etwa auch ge
malte Dinge durch das Gemaltwerden bekommen """), und so werden wir
uns wohl wieder hüten müssem, dem Aureolus als reinen Nominalisten zu
bezeichmen. Die zweite Meinung ist unverkennbar jene des Herveus (s.
Anm. 395 bis 399, 403), nemlich dass die intentio eine relative Bezie
hung der 0bjecte auf das Denken sei, wobei die Realität am sich einen
Gegensatz gegen die Denkauffassung bilde , aber zugleich mittelbar als
ens rationis das Substrat der vorstellungsweisen intentio secunda sei '"');
und auch das Bedenken des Aureolus, dass damm überhaupt noch ein be
sonderes Verhältniss (habitudo) nothwendig sei und insbesondere die Uni
versalien nur comcretive bestehen, stimmt wörtlich mit Herveus überein
(Amm. 396), wenn auch der Einwand, dass die secunda intentio vom den
Kategorien ausgeschlossen sei, eher den mit Herveus verwandten Bur
leigh (s. Anm. 593), als den Herveus selbst (vgl. aber Anm. 399) trifft ""*).
699) Senf. I, Dist. 23, art. 1, p. 527 A: Dixerunt aliqui, quod intentio .....
est actus intellectus, qui pro tanto intentio appellatur, quia in aliud tendit et obiec
tive procedit, intellectiones autem quaedam sunt de rebus secundum esse, quod habent
eaclra, ...... quaedam aulem sunt de rebus ...... praesupposita prima intellectione,
sicut intellectio universalitatis ..... Dixerunt ergo isti, quod intentio accipi potest in
abstracto vel in concreto, et in abslracto nil aliud est, quam quaedam rei cognitio,
quam habet intellectus penes se, in concret0 vero res ipsa sit cognita..... (B) Se
cundum sic ponentes logica, quae considerat secundas intentiones, tractat de intellec
Ttionibus non ut sunt verae res, sed ut sunt rerum similitudines res ipsas denomi
mamtes.
700) Ebend. art. 2, p. 530 A: Evidenler deficit,.... quod ait, accidentia intel
lectus esse formaliler et in abstracto intentionem primam et secundam, et obiectum
tantum denominative dici;..... (p. 531 A) quod imaginatur, quod res concepta de
nominelur tantummodo ab actu intellectus et n0n capiat esse intentionale plus, quam
Caesar, qui pingitur, capit a piclura.
701) Art. 1, p. 528 A: Diverunt alii, quod intentionalitas in abstructo est qui
dam respectus rationis ..... tenens se eae parte rei intellectae in ordine ad intellec
tum ipsum..... (B) Dicunt enim, quod habitudo rei cognitae ad actum inlellectus sit
intenlionalitas in abstraclo, et ista plurificabitur secundum distinctionem et ordinem
inlelligibilium obiect0rum, ...... quod secundae intenliones non habeant esse reale, imo
dividanlur contra totum esse reale ..... p. 529 A: Diverunt quoque, quod secundae
inlentiones non habent esse alicubi subiective, nec in intellectu , cum non sint actus
nec species, nec in rerum natura, sed tantummodo in intellectu obiective, ...... qu0d
homo el animal non sunt formaliter primae intentiones , sed sunt immediata funda
menta primarum intentionum, et similiter nec universale aut particulare sunt secun
dae intentiones , sed sunt fundamentum immediatum secundarum intentionum, .....
(B) quod secunda intentio, si aceipitur in abstracto, nullo modo potest fundari super
rem eætra immediate eæistentem, sed super secundum genus intelligibilium, quae sunt
entia rationis.
702) Art. 2, p. 532 A: Animal aut homo, secundum quod huiusmodi, non sunt
primae intentiones, nisi ultra addatur eis relatio aut habitus intellecti ad actum im
PRANtl, Gesch. III. 21
322 XIX. Petrus Aureolus.
Endlich für die dritte Ansicht, dass die prima intentio sowohl in der
Seele als auch ausserhalb derselben , und mur die secunda als Act des
Denkens in der Seele sei 70°), wobei Aureolus tadelt, dass mit der se
cunda intentio der Gegenstand der Logik erschöpft sein solle 7"*), kön
nen wir aus der uns zugänglichen Litteratur nur auf Armand (Amm. 629,
632). oder etwa auf Gratiadei (Anm. 669) hinweisen. Seine eigene Mei.
nung aber knüpft Aureolus an die bei dieser Controverse jedesmal wie
derkehrende Stelle des Avicenna , welche er vom einem ausschliesslichen
Conceptualismus aus interpretirt 7°°); nemlich sowie die intentio weder
der Denk-Act selbst, noch eine blosse Beziehung sein könne , 'so sei sie
sicher Nichts anderes, als der vorstellungsweise Begriff (conceptus obiee
tivus), welcher Denkauffassung und Gegenstand derselben untrennbar
verbunden in sich enthalte und nur in einer Werschiedenheit der Rang.
folge einerseits nicht reflectirt prima intentio und andrerseits reflectirt
secunda intentio heisse; und erst die Vergleichung dieser beiderlei Arten
der Begriffe unter sich führe innerhalb des ausgesprochenen Wortschatzes
zu einer gegenseitigem Relativität, welche aber ehen darum sich auch bis
in den Syllogismus hinein erstrecke 7"°). -
Die nähere Erklärung aber dieses ,,Begriffes“, welcher gleichsam an
Stelle der intentio treten soll, knüpft sich an eine Bekämpfung der sc0
tellectus..... (p. 533 A). Haec opinio dicit de universali et genere et specie et diffe
rentia, ..... quod ista nec in abstracto, utpote universalitas, nec in concreto dicendo
universales sunt secundae inlenliones formaliter et in abstracto, sed tantummodo per
modum substrati et quasi concretive, ...... (B) quod homo et animal per hoc fiant
intentiones in concreto, quia subiiciuntur, universale vero similiter secundae intentiones
concretive per hoc, quod subiiciuntur tali habitudini, quae est intentionalitas in al)s
tracto ..... (p. 534 B) Ait, secundas intentiones non esse in praedicamento.
703) Art. 1, p. 530 A: Alii diverunt, quod..... prima intentio est ipsa vera res
vel eæistens eaetra vel etiam in intellectu subiective, secunda vero intentio est ipsemel
actus, inquantum est quodammodo obiectum.
704) Art. 2, p. 538 A: Ait, logicam esse de secundis intentionibus tanquam de
subiecto adaequato; hoc enim stare non potest.
705) Ebend. p. 530 B: Avicenna dicit, .... quod logica est de secundis intentio
nibus adiunctis primis; sed manifestum est, quod logica non coniungit actum intelleclus
actui intellectus, sed conceptus secundarios conceptibus primis; ..... ergo manifeslum
est, , quod secunda et prima intentio non sunt actus intelligendi, sed obiectivus
conceptus.
706) Ebend. p. 539 A: Patet, quod intentiones non sunt ipse actus intelligendi,
ut fingit opinio prima et tertia, nec etiam obiectum cognitum, ut fundat relationem
ad actum intelligendi sic, et huiusmodi relatio sit intentionalitas abstractu, ut posuit
opinio secunda; sed est ipsemet conceptus obiectivus per intellectum formatus claudens
indistinguibiliter conceptionem passivam et rem, quae concipitur per ipsam. Et idem
est dicta intentio, quod conceptus, et intentio prima idem, quod conceptus primi or
dinis, quos intellectus format circa res non reflectendo se super suos conceptus; in
tentiones vero secundae conceptus secundi ordinis, quos intellectus fabricat reflectendo
et redeundo super primos conceptus..... Sunt autem omnes istae intentiones huiusm0di
in praedicamento relationis, sicut patet, quod universalitas est relatio universalis ad
particulare et similiter particularitas relatio , ad universale, et affirmatio et negalio
sunt quaedam relationes, connevio etiam eaetremorum in medio ..... Considerat erg0
logicus de istis non, ut sunt quaedam entia rationis, ..... sed prout reducuntur ad
orationem enuntiativam vel syllogisticam vel dicibilem incomplea:am. Ebend. p. 541 A:
Syllogismus , quomodocunque accipiatur, semper importat respectum, et potest dici,
quod syllogismus relative dicitur ad conclusionem. Vgl. ebend. Dist. 36, art. 2,
p. 836 B. -
XIX. Petrus Aureolus. 323
tistischen species intelligibilis, wobei Aureolus schärfer. zu Werke geht,
als Durand (s. Anm. 560 ff.). Nemlich allerdings sei zum Erkennen ein
esse intentiomale erforderlich, aber man irre sehr, wenn man von einer
forma specularis als einer im Denken oder in der Sinneswahrnehmung
gegenständlichen Realität , spreche, sondern die objectiven Dinge selbst
seien es, welche ein erscheinendes Dasein (esse apparens) haben und
vom geistigen Blicke erfasst als begriffliche Worstellungen (notitia obiec
tiva) auftreten '""); nicht bloss in den Irrthum des Platonismus verfalle
man, wenn man gegenständliche Formen als reale Eindrücke, auf welche
der Intellectus blicken müsse, annehme 7"°), sondern auch die. Richtig
keit aller Urtheile, welche ja auf unmittelbarem Anblicke beruhen, müsse
man verneinen, weil die species intelligibilis des Subjectes nie jene des
Prädicates ist7'"). Das Erfassen überhaupt (comprehensio) könne aller.
dings ein sinnliches oder ein denkgemässes sein, der Unterschied beider
aber liege nicht in den Gegenständen, sondern nur in einer Modalität
des Erscheinens, insoferne die Simnesobjecte quantitativ materiell erschei
nem und das Denken hievom abstrahirt "*"); letzteres aber bestehe nicht
darin, dass die Worstellung selbst sich sachlich von den materiellen Be
dingungen wegwende, denn dieselben seien ja sämmtlich Erkenntnissob
jecte, sondern die Abstraction sei nur eine Modalität des Erkenmens be
hufs der Universalisirung 74!); und in diesem Sinne sei das Erkennen
an sich unmittelbar wohl auf das Allgemeine gerichtet, aber bei dem
Singulären verbinde sich hiemit die auf einer Empfänglichkeit beruhende
707) Sent. I, Dist. 9, art. 1, p. 320 A: 0mnis intellectio eæigit rem positam in
esse intentionali, et illa est forma specularis, de qua isti loquuntur, sed deficiunt a
veritate, ..... quod habeat esse reale, ..... quod sit subiective in intellectu vel phan
tasmate, .... quod per illam procedat. intellectus ad res, cum illa sit vera res, quam
intellectus speculatur..... (B) Res ipsae conspiciuntur mente, et illud, quod intuemur,
non est forma alia specularis, sed ipsamet res habens esse apparens, et hoc est mentis
conceptus sive notitia obiectiva. -
708) Ebend. p. 319 A: Nulla forma realis existens subiective in intellectu vel
in phantasmate est ponenda, ad quam aspiciat intellectus, cuius productio dictio ap
pelletur. Forma illa, quam nos adspicere eæperimur, dum intelligimus rosam simpli
citer aut florem, illa non est aliquid reale impressum intellectui subiective aut, phan
tasmati, sed nec aliquid reale subsistens, sed est ipsamet res habens esse intentionale
conspicuum ..... (B) Rediret, quantum ad hoc, error Plutonis dicentis, quod intellectus
adspicit ad exemplar, non ad ipsas res; ergo impossibile est, quod talis forma realis
ponatur. Vgl. Anm. 721.
709) Sent. I, Dist. 35, p. 2, art. 4, p. 784 A : Si species est id, ad quod primo
intellectio determinatur, sequitur, quod omnis propositio et omnis enuntiatio erit falsa;
species namque praedicati non est species subiecti in aliqua pr0p0sitione, intellectus
autem enuntiat de hoc, quod adspicit, cum dicit „hom0 est animal“.
710) Ebend. p. 1, art. 1, p. 752 B: Comprehensio est quid commune ad intelli
gere, imaginari et sentire; differunt autem ista non propter alia et alia apprehensa,
.... sed differunt in modo apparendi. Sensui namque et imaginationi apparent res
sub conditionibus quantitatis, ..... intelligere vero abstrahit ab isto modo quantita
tivo et materiali. - -
711) Ebd. p. 4, art. 1, p. 808 A: Patet, quod est dictum, intellectum abstrahere
a conditionibus materialibus; abstrahit quidem non obiective, cum nulla sit materialis
conditio, quam intelligere non possit, ..... sed abstrahit modaliter quantum ad modum
c0gn0scendi. -
21 *
324 XIX. Petrus Aureolus.
Signatur des Individuellen (signabilitas passiva), welche keineswegs Saehe
des Denkens selbst sei 71*). -
Indem also erscheinendes Wesen (apparens) und Erkennem in ihrer
wahren Bedeutung sich wechselseitig einschliessen 7 '°), treffe die Be
stimmlheit der 0bjecte mit einem gewissem umabhängigen Elemente (ab
solutum) im Menschen zusammen (coincidit), welches keineswegs eine
blosse nackte Möglichkeit sein könne , die in lediglicher Passivität zum
Behufe ihrer Bethätigung auf eine species intelligibilis warten müsste,
denn durch eine solche würden ihr nie die 0bjecte selbst gegenwärtig,
deren sie doch nothwendig eben deswegen bedarf, weil nur von ihnen
dem Erkennen Etwas eingeprägt werden kann, was danm in demselben
unabhängig auftritt " '*). Nemlich zum wirklichen Erkennem gehöre erstens
als Worbedingung ein erscheinendes 0bject, zweitens als Fundament eine
gewisse Gestaltung des Intellectus, in welcher das 0hject sich abbildlich
ausprägt, und drittens als Wollendung die Auffassung der Erscheinung
selbst (apparitio); und das Begreifen (concipere) bestehe eben in jener
Gestaltung des realen Abbildes in seinem erscheinenden Wesen 7'°). S0
ergibt sich folgende präcise Unterscheidung: Begriffliche Auffassung (con
ceptio) ist jener Denkact, welcher das (abbildlich) gestaltete 0bject in Be
zug auf den schaffenden Denkact selbst und in Bezug auf das Endziel,
d. h. auf die wahre Einsicht, betrachtet; Begriff aber (conceptus) ist das
in solcher Weise gesetzte 0bject ; Wort oder Kundgebung (dictio, locu
tio) ist der Denkact, insoferne er das 0bject in Bezug auf den schaffen
den Denkact selbst betrachtet; Einsicht (intellectio) ist das Endziel, für
welches das Ganze vor sich geht 710).
712) Ebd. art. 4, p. 826 B: Intellectus est per se et immediate universalium,
singularium vero non sine sensutione vel imaginatione passiva, quia signatum indivi
duum, inquantum signatum, convertitur in talem signationem vel signabilitatem passi
vam, quam facit imaginatio vel sensus et nullatenus intellectus. Ebenso Sent. II,
Dist. 11, art. 2, p. 144.
713) Ebend. p. 1, art. 1, p. 753 A : Apparens connotat intelligere tanquam illud,
cui apparet, ' sed e converso intelligere connotat ipsum tanquam id, quod apparet
(den von Aureolus hier oft gebrauchten Ausdruck connotare s. Abschn. XVII,
Amm. 598). - -
714) Ebend.: Ista formalis ratio, quae ...... connotat determinatum aliquid,
oportet, quod fundetur vel potius quod coincidat et determinetur per aliquod absolu
tum in creatura, quod quidem non potest esse nuda potentia intellectus respectu in
telligibilium omnium...... (p. 753 B) Praesentia obiectorum est necessaria ad omnem
comprehensionem, ..... sed non esset necessaria, nisi imprimeretur aliquid absolutum
ab obiecto in intellectum et ceteras comprehensivas potentias .. ... (p. 754 B) Quam
vis ergo per speciem vel per absolutum forte possint res esse praesentes, nihilominus
per agere aut recipere speciem non possunt res esse praesentes, cum haec sint quidam
respectus. Ergo, non est possibile, quod intelligere formaliter sit pati vel recipere
speciem, aut agere per eam. - -
715) Ebend. p. 756 B: Ad intelligere actuale tria concurrunt: unum quidem
quasi praevium, sc. potentia obiecti in esse apparenti ; aliud vero ut fundamentum,
sc. intellectus informatus similitudine, sequitur enim intellectum sic informatum ap
paritio obiecti; tertium vero ut complementum, sc. apparitio. Unde non est aliud concipere
aliquid, nisi formare illud per similitudinem realem , eaeistentem in intellectu,
formare — inquam — in esse apparenti intellectui ipsi. Sic intellectio formationem
exigit per modum praevii, formaliter vero consistit in reali similitudine, connotative
ver0 in ipsa apparitione.
716) Sent. I, Dist. 9, art. 1, p. 323 A: Actus intellectus appellatur conceptio,
XIX. Petrus Aureolus. 325
Was aber die Frage über die Erkenntniss des Singulären betrifft,
theilt Aureolus folgerichtig weder dem Standpunkt des Thomas, noch je
nem des Scotus "'"), sondern indem er zwischen individuum vagum (s.
Abschn. XVII, Anm. 406) und substratum unterscheidet und ersteres nä
her an die Universalien rückt 11°), gilt ihm bei letzterem die Individuali
tät selbst als ein eigener Begriff, welcher getremnt neben dem Wesens
begriffe des Individuums hergeht 7'*); denn die Quiddität sei immerhin
gewissermaassen ein Qualitatives, welches als das Wesem eines concreten
Trägers (huius) ausgesagt werde, während beim Individuum der Begriff
als ein Dieses-Sein (hoc) selbst aufgefasst werde und die individuelle To
talität enthalte 720).
Während dem Aureolus bei solcher Auffassung des Begriffes und
des individuellen Wesens der Platonismus so sehr als unhaltbar erscheint,
lass er ihn sogar eine Windbeutelei (vaniloquium) nennt 7*1), kann er
in der Universalienfrage die übliche Dreigliederung annehmen, indem die
Aussage das post rem, die ratio universalis das ante rem und die con
crete Existenz das in re repräsentirt "**); und sowie ihm ontologisch als
inquantum adspicit rem formatam sub habitudine producentis et sub habitudine eius,
cui producitur in esse apparenti. Concipere enim est 'producere intra se...... Quia
per actum intellectus res producitur in esse apparenti intra ipsum intelligentem, merito
totum hoc appellatur conceptio, et res sic posita appellatur conceptus; ..... actus
autem intellectus, inquantum adspicit in ratione producentis rem huiusmodi apparen
tem, intantum appellatur formatio vel dictio vel locutio; actus vero intellectus, in
quantum est illud , cui res illa formatur et cui producitur in esse apparenti et re
lucenti, intantum dicitur intellectio vel intuitio.
717) Sent. I, Dist. 35, p. 4, art. 1, p. 805 A: Aliqui dicere voluerunt, singulare
materiale ab intellectu nostro primo et directe c0gn0sci n0n p0sse, indirecte autem et
per quandam refleacionem (s. Abschn. XVII, Amm. 500)..... (B) Diacerunt vero alii,
quod intellectus noster singulare intelligit directe, imo primo, quam universale (s. ob.
Anm. 119).
, 718) Ebend. p. 812 B: Patet, quomodo intellectus noster intelligit singulare ;
vagum enim intelligit per se, sicut et universale, non est enim communicabile nec
cognoscibile demonstrando aut designando;...... singulare ver0 substratum non in
telligit nisi ponendo differentiam inter actum imaginationis designativum..... et illud,
ad quod talis actus demonstrativus determinatur.
719) Sent. II, Dist. 9, qu. 3, art. 3, p. 114 B: Concipiendo hunc hominem nihil
addo in conceptu ad hominem, sed sunt du0 c0nceptus omnin0 separati, nec unus
alterum includit, nec unus se habet ad alterum per additionem. Ebend. Dist. 12, art.
3, p. 164 A.
720) Sent. III, Dist. 1, art. 1, p. 336 A : Differt autem a conceptu suppositi
(d. h. des Singulärem, vgl. ob. Anm. 109. u. 251) conceptus naturae , quia conceptus
suppositi ab omni abstrahit qualitate et concipitur ut hoc et ut totum; quidditas autem
de se qualitas est quaedam et c0ncipitur non ut h0c, sed ut huius, qu0d in su0 c0n
ceptu completo habitudinem quandam importat.
721) Sent. I, Dist. 35, p. 2, art. 2, p. 777 A: Noster intellectus non solum
novit universalia, imo et singularia, in quae sub propriis rationibus non poterat de
ducere notitia idearum, quas Plato ponebat. Ebend. Dist. 36, p. 2, art. 3, p. 855
B: Ideae, sicut intelleaeit Plato, sunt aliquid monstruosum et vaniloquium. Vgl.
Amm. 708.
722) Sent. II, Dist. 11, qu. 3, art. 2, p. 138 A: Universale potest tripliciter
accipi: vel universale in praedicando, quod est posterius et abstrahitur a rebus; ....
vel species universalis in intellectu, quae sit species repraesentans universalem ratio
nem ; ..... tertio modo potest accipi in ea istendo, quia ad plura se eaetendit unum
ezislens etiam eæistendo particulariter.
326 XIX. Petrus Aureolus.
letzte Basis der Universalien ante rem die Ideen der göttlichen Intelli
genz gelten "*°), so weist er für die Logik darauf hin, dass die blosse
conformitas der 0bjecte wohl ein Mittel, nicht aber das Endziel des uni
versellen Begriffes sei 724).
Nach dem so eben (Anm. 720) Bemerkten kann es uns nicht uner
wartet sein, somdern nur als folgeriehtig erscheinem, dass sich Aureolus
bezüglich des Principes der Individuation völlig an den Scotismus an
schliesst 7*°) und bei der entitas positiva des Scotus sowohl für die
materiellem als auch für die immateriellen Individuem begnügt 7*°). Hin
gegen hält er in Folge seines Conceptualismus mit dem Thomisten die
unitas formae aufrecht "*7), allerdings mit dem vermittelnden Zugeständ
nisse, welches bereits Aegidius (ob. Anm. 384 f.) gemacht hatte, dass zu
einer einheitlich abschliessenden Form mehrere andere als unentbehrliche
integrirende Theile sich vereinigen können "**). Aber weil eben (wie bei
Aegidius) eine solche Mehrheit nur Sache der I)enkauffassung sei, ver
wahrt er sich mit grösster Entschiedenheit gegen die formalitates des
Scotus, deren realistische Seite den Begriff unfähig mache, der Ausdruck
der Quiddität zu sein 7*°), da man dabei nothwendiger Weise die ein
723). Sent. I, Dist. 36, art. 2, p. 848 A: Individua, species et genera de prae
dicamento subslantiae habent distinctas ideas, cetera vero non, quamvis habeant ali
qualiter coideas cum illis, a quibus separari non possunt..... in divina inlelligentia.
Ebend. art. 3, p. 854 A: Illud, quod omnia imitantur, et ipsum nihil imitatur, ha
bet proprie rationem ideae et principaliter, sed omnia imitantur essentiam deitatis
u. s. f. ' , ,
724) Sent. II, Dist. 3, qu. 2, art. 2, p. 63 B: Licet conformitas sit medium,
quo devenimus ad conceplum universalis, tamen inlellectus fion sistit ultimate in illa
conformitate, sed in conceptu universalis, quod non includit intrinsece illam confor
mitalem. * • . . . - -
725) Sent. II, Dist. 9, qu. 3, art. 3, p. 114 A: Quaero ergo, quid sit principium
individuationis...... Realiter loquendo quaestio nulla est, cum quaeritur, quid addit
individuum ad rationem speciei, quoniam omnis res e0, qu0d est, singulariter ' est, et
eo ipso, qu0d est indifferens et communis ratio, est concepta. Ide0 quaerere aliquid,
per quid res, quae eætra intellectum est, est singularis, nihil est quaerere..... (B)
Tunc cum quaeritur, per quid est res singularis, dico, qu0d omnis res est se ipsa
singularis et per nihil aliud, sed per illam.
726) Ebend. p. 114 B: lndividuum in quantis habet, quod possit cohabere se
cum aliud individuum et quod sit divisum ab omni alio' individuo in specie ista per
ratiohem quantitatis ...... In non quantis, puta in angelis et huiusmodi, individuum
habet per propriam entitatem, quod sit distinctum ab omni individuo.
727) Quodl. 3, art. 1, p. 19 B: Forma est unitas fundamentaliter, nam est , causa
indivisionis compositi et fundamentum ..... Si forma est unitas, forma autem n0n
aliquid positivum, nisi enlitas, sequitur, quod nulla ratio positiva importetur per uni
tatem, nisi ratio, entitatis formalis, et per consequens in forma ratio entitatis et uni
tatis non dicunt duas rationes positivas, sed unam.
728) Sent. II, Dist. 15, qu. 2, art. 2, p. 217 A: Simplicitas formae potest intelligi
dupliciter: vel quia non resolvitur in formas , h. e. in partes, quarum quaelibet sit
forma; et hoc niodo concedo ...... vel forma dicitur simpleæ, quia excludit realitates,
quárum una exclusa prima possit remanere. De tali simplicitate loquendo non reputo
inconveniens, quod forma aliqua, quantumcunque simpleae, habeat in se tales realitates,
vt habeant in se' aliquid, quod cum alio in eodem integret rationem indivisibilis for
mae, quod quidem sit ultimata realitas, per quam forma capiat propriam terminati0
nem ab alia forma, qua amota remaneat forma truncata non retinens rationem el
distinctionem formae. Hoc non est impossibile nec repugnat simplicitati formae ipsius.
729) Sent. II, Dist. 3, qu. 2, art. 3, p. 64 B: Genus et differentia eæprimunt
XIX. Petrus, Aureolus.. Wilhelm 0ccam. 327
heitliche Wesenheit in eine reale Wervielfältigung zerreissen müsse 780).
Und da eben diese Wesens-Einheit in der Form liege, welche wohl einer
Gradabstufung ihrer Spannkraft fähig sei, aber nicht zerbrochen werden
dürfe 7°'), so könne vom einer intensio et remissio formarum nur rela
tiv im Hinblicke auf die Fähigkeit der concreten Träger der Formen die
Rede sein 78*).
Haben wir somit den Aureolus als einen Autor kemnem lernem , ge
gen welchen ein Albert und ein Thomas, sowie mamche Andere, unver
gleichlich weit zurückstehen, und hat sich uns bisher überhaupt zur Ge
nüge gezeigt, dass die bis jetzt bestehende Behandlung der Geschichte
der Scholastik dem wahren geschichtlichen Sachverhalte nicht entspricht,
indem man den üblichen Anschauungen der Theologen folgend etliche
Autoren als Hauptfiguren ausschliesslich darstellte und die mannigfach ver
schlungene Parteistellung vieler anderer schlechthin ebenbürtiger Autorem
ignorirem zu dürfen , glaubte, so führt uns num der geschichtliche Fadem
zu Wilhelm 0 c c a m (gest. i. J. 1347), bei welchem jene Missstände
der bisherigen Geschichtschreibung sich in erhöhtem Maasse fühlbar ma
chen ; denn was durch den Hass der Theologen über ihn in Umlauf ge
setzt wurde, dass er nemlich die Universalien als flatus vocis bezeichnet
habe, findet sich in seinen Schriften gar nicht, und was er in der Uni
versalienfrage wirklich behauptete, haben vor ihm und gleichzeitig meh
rere Andere gleichfalls ausgesprochen, und emdlich was ihm in der That
omnino eandem realitatem, ut nulla distinctio sit apud illa in esse, sed tantum apud
intellectum ..... p. 65 A: Si ponerentur plures realitates in una re vel plures gradus
sive plures formalitates, ut dicunt alii, aut essent aliquid eaetrinsecum respicientes
realitatem, aut essent aliquid intrinsecum. Si primo modo, tunc conceptus generis
et differentiae non eæprimerent quidditatem rei , sed aliqu0s m0d0s adiacentes rei;
oportet ergo, quod dicant aliquid intrinsecum, et tunc erit alterum ut actus, alterum
ut potentia. Vgl. Sent. IV, Dist. 11, qu. 4, art. 1, p. 107 B.
730) Quodlib. 1, p. 2 B: Fuit quorundam opinio (s. bei Scotus, Anm. 154), quod
in eadem re simplici possunt esse plures formalitates distinctae eae natura rei, et ali
qui vocaverunt eas modos reales, aliqui rationes reales, aliqui intentiones, aliqui
quidditativas rationes, et omnes idem ea primere intendunt...... p. 3 B: • Impossibile
est et contradictio, quod in eadem re omnino simplici sint plures modi aut, rationes
reales, intentiones, formalitates, quidditates, sive quocunque nomine censeantur, quin
proporlionaliter sint plures res et essentiae. Ebend. p. 8 A: 0mnis formalitas eaclra
intellectum est aliqua realitas et aliqua essentia, et ita non differunt in aliqua re
formalitas et realitas...... „Nunquam multiplicatur eætra intellectum formalitas, quin
multiplicetur realitas.
731) Sent. II, Dist. 15, art. 1, p. 203 B: Forma non est aliud, quam actuatio
et terminatio ac distinctio materiae. Non est enim imaginandum, quod forma sit res
aliqua praecise acceptabilis, et quod adveniat materia mediante, unione, quae est re
lalio, sed unione, quae est indivisio in aliqu0 tertio; unde forma individitur materiae,
et eae ipsis sic indivisis ac indistinctis resultat unitas ipsius compositi ipsis ezistenti
bus in composito..... Aliud est formam intendere et remittere et diminuere, et aliud
est ipsam frangere, ut sic fracta amittat posse dare effectum formalem subiecto et
materiue ; et hoc, quia, ut sic est fundamentata, non salvatur in ea ratio formae.
732) Sent. I, Dist. 17, p. 3, arl. 2, p. 452 A: Formae in abstracto possunt dici
maiores seu perfecliores, ..... sed magis et minus adverbialiter non dicuntur.....
Realitates, secundum quas sit formae intensio, non distinguuntur specifice nec nume
raliter nec aliquo m0d0 in actu...... Forma non est subiectum motus intensionis,
quia non suscipit gradum...... Formae non suscipiunt magis et minus in se, sc. in
0rdine ad essentialia praedicata, ..... respectu vero subiecti dicuntur magis et minus.
328 XIX. Wilhelm 0eeam.
allein eigenthümlich ist, hat bis jetzt überhaupt Niemand gewusst, nemlich
dass bei ihm die byzantinische Logik zur grundsätzlichen Basis geworden
ist. Auch die Ansicht, dass mit 0ccam die Periode einer Auflösung der
Scholastik beginne, dürfte als schief bezeichnet werden , insoferne sie
gleichfalls schliesslich auf einem theologisirenden Standpunkte beruht.
Denn in jenem einzigen Gebiete, welches innerhalb der zwitterhaften mit
telalterlichen Bestrehungen dem philosophischen Impulse am nächstem liegt,
nemlich in der Logik, begimnt gerade durch und mach 0ccam erst vollends
das üppigste Dickicht scholastischer Litteratur; und wenn andrerseits
0ccam die Incommensurabilität des philosophischen Denkens und der dog
matischen Theologie förmlich zum Grundsatze erhebt und somit eine Schei
dung der Gebiete auch gegenüber dem oben (Anm. 10 ff. u. 25) er
wähntem Censuren vertritt 7°°), so dass er für alle Gegenstände religiöser
Auffassung jeden Versuch einer syllogistischen Begründung und Formuli
rung als unzureichend oder als widerspruchsvoll abweist 78*) und folglich
hiefür nur die ummittelbare Mystik des Glaubens übrig lässt, so ist er in
dieser Beziehung allerdings ein Gegner des Thomismus und jener selbst
genügsamen theologischen Katheder-Weisheit, welche das logisch Unge
reimte logisch zusammenreimen will; aber der Thomismus ist ja nicht die
ganze Scholastik, und die Unmittelbarkeit der Mystik tritt nicht erst durch
0ccam als etwas Neues ein , sonderm nachdem bekanntlich schon Hugo
von St. Vietor "°°) und seine Anhänger lediglich das innere Motiv des
praktischen Glaubens betont hatten, waren es ja seit Bonaventura "°°) vor
Allem die 0rdensgenossen Occam's, nemlich die Franziskaner, welche
überhaupt der hierarchischen gelehrtem Theologie den Rücken kehrten
und in der Religion eine praktische Seelen-Arznei erhlickten. Hiemit
hängt auch die 0pposition der Franziskaner gegen die Päpste zusammen,
an welcher sich bekanntlichst 0ccam in derartiger Weise betheiligte, dass
ihm die Sympathien aller Unbefangenem zugewendet sein müssen ; aber
sowie jene Tendenzen mit real-politischen Zeitverhältnissen untrennbar ver
733) Dialogus (gedruckt s. l. et s. a. fol.) P. I, L. II, c. 22: Assertiones prae
cipue philosophicae, quae ad theologiam non pertinent, non sunt ab aliquo solemniter
condemnandae seu interdicendae, quia in talibus quilibet debet esse liber, ut libere
dicat, quod sibi placet. Et ideo, quia dictus archiepiscopus damnavit et interdirit
opiniones grammaticales, logicales, et pure philosophicas, sua sententia fuit temeraria
reputanda. Ebend.: 0pinionem Thomae de unitate formae in homine inter alias con
demnavit, et tamen tu scis, quod plures Parisiis ipsam publice tenent et defendunt
et docent, et ita de multis aliis. Ebend. c. 21: Eaccommunicantes potestatem, quam
non habebant, indebite usurpaverunt. Andere specielle Beispiele unten Anm. 791, 802,
828, 839, 871, 1039, besonders aber 964.
734) Hauptsächlich ist es das ,,Centilogium theologicum“ (gedruckt als Anhang
des Commentares zum Sententiarius), in welchem Occam dieses Verfahren durch
gängig übt und hiedurch den Forscher zu einer Vergleichung mit Abâlard's „Sic
et Non“ reizt. Derjenige aber, welcher jene Schrift Occam's in geschichtlichem
Interesse zum Gegenstande eines speciellen Studiums machen wollte, müsste un
umgänglich vorerst sich mit Petrus Hispanus und den oben vorgeführten Erwei
terungen der byzantinischen Logik völlig vertraut gemacht haben; denn dort allein
liegt der syllogistische Schlüssel aller im Centilogium anfgethürmten Beweise und
Gegenbeweise. - -
735) S. Abschn. XIV, Anm. 43 ff.
736) S. Abschn. XVII, Anm. 552.
XIX. 0ccam (Schriftem). 329
bunden waren, ebenso kamm aus demselben in litterarischer Beziehung
noch durchaus kein „Verfall der Scholastik* geschlossen werden.
Unter den zahlreichem Schriften 0ccam's gehören hieher: der Com
mentar zum Petrus Lombardus 737), die Quodlibeta 7°°), und insbesondere
zwei Bearbeitumgen der Logik, nemlich die Eaepositio aurea super artem
veterem, (den Porphyrius, die Kategorien und De interpret. enthaltend),
welche wir in einer jüngeren Redaction besitzen 7*"), und die Summa
totius logicae, welche uns gleichfalls mur in einer Form überliefert ist,
die von späterem 0ccamistem herrührt 740). Indem aber 0ccam in all sei
737) Das Titelblatt lautet: Tabulae ad diversas huius operis magistri Guilhelmi
de 0ckam super quatuor libros sententiarum annotationes et ad Centilogii theologici
eiusdem conclusiones facile reperiendas apprime conducibiles. Nach diesem Register
aber folgen ohne neues Titelblatt: Argutissimi atque ingeniosissimi tam philosophi
carum quam theologicarum difficultatum disquisitoris magistri Guilhelmi de 0ckam
anglici super quatuor libros sententiarum subtilissimae quaestiones etc. Gedruckt ist
das Ganze Lugduni 1495. fol.
738) Ohne Titelblatt: Venerabilis inceptoris fratris Guilhelmi de 0ckam anglici,
sacrae theologiae magistri, veritatum scrutatoris acerrimi, de materiis plurimis gram
maticalibus, logicalibus, phisicalibus, mathematicalibus, metaphisicalibus et potissime
theologicalibus Quotlibeta numero septem feliciter initium sumunt. Am Schlusse Ar
gentinae 1491. fol.
739) Eaepositio aurea et admodum utilis super Artem veterem edita per venera
bilem inceptorem fratrem Guilielmum de 0ccham cum quaestionibus Alberti parvi de
Saaconia. Bononiae 1496. fol. Jedoch am Schlusse des Buches lesen wir: Et sic
est finis tum eæpositionum super totam artem veterem secundum mentem venerabilis
inceptoris Guilielmi de 0ccham ...... tum profundissimarum quaestionum Alberti
parvi etc., und es ist hierans nach der üblichen Bedeutung der Worte ,,ad mentem“
zu schliessen, dass das Ganze micht aus erster Hand von 0ccam herrührt (vgl. ob.
Amm. 529), sondern allenfalls auf nachgeschriebenem Heften beruht; auch wird ja
in jenen Theilen des Commentares, welche micht dem Albert de Saxonia angehörem,
öfters der „venerabilis inceplor* oder „venerabilis eæpositor 0cham** selbst genannt
(z. B. Praedicam. c. 3 zweimal), und bei der arbor Porphyriana (Praedicab., De
specie) lesem wir die ergötzlichen zwei Disticha: Sum litis genitriae, solis sed nola
peritis, Per me quam plures erubuere viri; Sed decus et splendor nitidissimus 0cham
Ingenio claram me facit esse suo. — Uebrigens ist der Druck nicht paginirt, und
ich kann daher nur im Grossen mach Capiteln citirem. *: •
740) Der älteste Druck ohne Titelhlatt beginnt: Quam magnos veritatis secta
toribus afferat fructus etc. Am Schlusse vor der Capitel-Uebersicht steht: Eaplicit
tractatus logicae fratris Guillermi 0ckam divisus in . tres partes et unaquaeque pars
per capitula distincta est. Impressum est hoc opus Pari. in vico clauso Brunelli.
1488. fol. Der dort gedruckte Text erscheint nun durchgängig wörtlichst identisch
in den jüngeren Ausgaben, nemlich in Summa totius logice Magistri Guielmi [sic]
0ccham Anglici logicorum argutissimi nuper correcta; am Schlusse: Eaeplicit maqna
constructio logicae fratris Guielmi 0ccham etc. Venetiis 1508. 4, und desgleichen in
Logicorum aculissimi summa tolius logicae magistri Guilelmi de 0ccham etc. am
Schlnsse wie so eben. Venetiis 1522. fol. (ebenso aueh Venetiis 1591. 4; selbst
Hauréau, De la phil. scol. II, p. 421, macht ganz falsche Angaben, denn es existirt
nicht neben einer Summa logices noch eine Maior Summa logices, sondern der Text
dieser sämmtlichen Drucke ist schlechthin identisch). Aber wenn der anfmerksame
Leser alsbald entdeckem muss, dass dieser Text ummöglich in seiner Totalität so
aus 0ccam's Händen hervorgegangen sein kann, so gebem nur die genannten jün
geren Drucke (in dem Dedicationem und am Schlusse) den Aufschluss, dass wir eine
Ueberarbeitung der ächten Summa 0ccam's vor uns haben, welche gegen Ende des
15. Jahrh. in 0beritalien veranstaltet wurde, als dortselbst sich eine förmliche
Schule des occamistischem ,,Nominalismus** etablirte. Man druckte ja damals in
solchen Dingen nur dasjenige, was man brauchte und wie man es brauchte, d. h.
330 XIX. 0ccam (Schriften).
nen Schriften sich selbst ausserordentlich oft wiederholt umd dabei in die
Wiederholumgen wieder anderweitige Gesichtspunkte einflicht, welche an
derwärts abermals wiederholt sind, so bietet die Darstellung seiner Logik
bezüglich des Quellen-Nachweises eigenthümliche Schwierigkeiten dar, wel
chen ich nur durch manigfache Wor- und Rückweise einigermaassen ab
helfen kann, so dass der Leser, welchem es um die Sache zu thun ist,
hiemit gebetem sein mag, diesen wechselseitigen Werweisungen wirklich
nachzugehen. Jedenfalls jedoch wird es das Geeignetste sein, wenn ich
vorerst Occam's Auffassung aller damaligen Controverspunkte (d. h. in
tentio, conceptus, species intelligibilis, Universalien , Princip der Indivi
duation u. dgl.) collectiv aus sämmtlichen einschlägigen Schriften darzu
stellen versuche, und erst hernach die einzelnen Theile und Lehren der
eigentlichen Logik folgen lasse, wobei ich mich an die Anordnung der
Summa totius logicae werde halten müssem. -
Vor Allem schliesst sich Occam denjenigen an, welche die Logik zu
den praktischen Disciplinen zählten (s. Roger Baco Abschn. XVII, Anm.
561 , Gratiadei ob. Anm. 667 f. und besonders Aureolus ob. Anm. 698,
häufig ohne mit diplomatischer Treue ein älteres 0riginal als solches reproduciren
zu wollen (sogar manche Drucke plautinischer und terentianischer Comödiem welche
man damals in 0beritalien wirklich aufführte, dienen hiefür als Beispiel). Kurz es
zeigt sich (s. z. B. die Kehrseite des Titelblattes und den Schluss, d. h. f. 81 v. B,
der Ausgabe v. 1522), dass der Cölestiner Marcus de Benevento, „inter eos,
quos nominales vocant, minimus“ das Werk 0ccam's, welcher als „Inceptor (vgl.
vorige Anm.) sacrae scholae invictissimorum Nominalium“ galt, neu redigirte; denn
während er derjenige genannt wird, „qui aetate nostra veram Nominalium academiam
in Italia suscitavit“, sagt er selbst in der an Johannes Antonius de Albergatis B0
noniensis gerichteten Dedication: „Quia huius veridici dogmatis princeps Magister
Guilelmus de 0ccham eæ ordine fratrum minorum Summam quandam lotius logicae
mira doctrina miroque ordine composuit, ideo eam tibi proposui, quam iuxta modu
lum mei ingenioli tibi lucidam feci; ..... certe laborem non mediocrem humeris meis
imposui, quem tamen pro te volui tolerare, et si hinc aliquam utilitatem iuvenes
asportaverint, non mihi, sed tibi gratias habeant etc.“, Won diesem Marcus von
Benevent rührt nun nicht bloss jener Prolog her („Quam magnos veritatis“ etc.),
welcher in allen Ausgaben voramgestellt ist, sondern auch sämmtliche Titelüber
schriften der einzelnen Capitel und ausserdem manigfache Erweiterungen des Lehr
stoffes, welche sich bald deutlicher bald, undeutlicher als spätere Zusätze verrathen.
Wenn wir z. B. I, 10, f. 5 r. B lesen „Nunc de alia divisione nominum, quibus
scholastici frequentur wluntur, est dicendum“, so kann dies unmöglich Occam selbst
geschrieben haben; oder wenm III, 3, 38, f. 70 v. A gesagt wird „Ideo ad istius
summae completionem, quae de omni modo arguendi generalem tradit notitiam, sunt
aliqua perscrutanda et primo disserendum est de obligationibus“, so bedarf es nach
solchem Geständnisse keines weiteren Beweises, dass die dort eingereihten 0bliga
tiones und Insolubilia eine spätere Interpolation sind. Aber wenn ich somit in
der Darstellung der Summa lotius logicae mit möglichster Worsicht verfahren und
vorerst kritisch das Spätere ausscheidem soll, so bleibt, wie die Dinge einmal
liegen, zur Beantwortung der Frage, ob Etwas noch von 0ccam selbst herrühren
könne oder nicht, häufig nur das Kriterium des subjectiven Gefühles übrig ; und
wenn auch der Leser hoffentlich zu mir das Wertrauen hegt, dass ich mich in
diese ganze Litteratur hinreichend hineingelebt habe, um mein Gefühl möglichst zu
schàrfen, so möge doch bei mangelnden äusseren Zeugnissen hiemit meine Irr
thumsfähigkeit ausdrücklich vorbehalten sein. Entzogem aber soll dem Leser darum
Nichts werden, sondern was ich für unächt halte, wird eben später in Abschn. XX
bei den übrigen Interpolationen seine Darstellung finden. (Uebrigens citire ich die
Summa mach der Ausgabe von 1522.) -
XIX. 0ccam (Parteistellung). 331
theilweise auch Aegidius oh. Anm. 365; die gegnerische Ansicht aber bei
Herveus ob. Amm. 395); es liege nemlich in sämmtlichen drei sog. ser
mocinalen Wissenschaften, d. h. in Grammatik, Rhetorik und Logik, we
sentlich eine Richtschnur der willkürlichen Thätigkeiten des Intellectus,
welche sich von der Aufgabe der Ethik mur dadurch unterscheide, dass
die letztere als dictativa sage, dass Etwas gethan oder nicht gethan wer
den solle, während die sermocinale Richtschmur als ostensiva eine An
leitung gebe, wie das Werk des Geistes zu werrichten sei 741); denn um
„Werke“, wenn auch nur um die inneren geistigen, d. h. um die inten
tiones, handle es sich in der Logik jedenfalls 742), und mur insoferme
diese Werke wesentlich in den Urtheilem, d. h. in „sermones“, beruhen,
könne man sagen, dass jener Bruchtheil der Logik, welcher nicht die Ur
theile, sondern die Begriffe (Kategorien) zum Gegenstande habe, nicht
praktisch, sondern speculativ sei "**), — eine Sonderstellung der Katego
rien, welche uns sehr entschiedem an Burleigh (ob. Anm. 593), an Ar
mand (ob. Anm. 643) und an Gratiadei (ob. Anm. 670) erinnert.
Indem aber so dem 0ccam die Logik eine wissenschaftliche Bestim
mung innerer geistiger Vorgänge ist, und er sie sonach in üblicher Weise
(s. Abschn. XVII, Anm. 362 u. ob. Anm. 87, 629) als rationalis den rea
len Wissenschaften gegenüberstellt und ausdrücklich ihre formale und
doctrinelle Unabhängigkeit von denselben betont 74*), nimmt er in ächt
741) Sent. Prolog. qu. 4, 11 N: Logica, rhetorica et grammatica sunt vere no
titiae practicae et non speculativae , quia vere dirigunt intellectum in operationibus
suis, quae sunt mediante voluntate in sua potestate, sicut logica dirigit inlellectum
in syllogizando, discurrendo et sic de aliis. Potest tamen distingui de practica, quia
quaedam est dictativa et quaedam tantum ostensiva; prima est illa, quae determinate
dictat, aliqiiid esse faciendum vel non faciendum, ..... et isto modo nec logica nec
rhetorica est practica nec etiam ars quaecumque mechanica, quia nulla earum dictat,
quod domus est facienda ....... 0stensiva non dictat aliquid fugiendum aut perse
quendum, sed tantum ostendit, quomodo opus fieri potest; ..... et eodem modo logica
et aliae artes sunt tantum ostensivae et non dictativae, sunt tamen directivae, habent
que tales artes frequenter non praacim pro obiecto, sed obiectum praacis. Hiezu
Amm. 820.
742) Eaepos. aur. Prooem.: Logica est dicenda practica , quia, cum scientia
logicae traclet de syllogismis, propositionibus et huiusmodi, quae nonnisi a nobis fieri
possunt, sequitur, quod est de operibus nostris, non quidem eaeterioribus, nisi forte
secundario, sed de intentionibus, quae vere opera nostra sunt; et per consequens illa
scientia practica est, et non speculativa.
743) Ebend. Praedicam. Prooem.: Iste liber (d. h. Categoriae) pro aliqua sui
parte est speculativus et pro alia sui parte est practicus, cuius ratio est, nam aliqua
pars est de operibus nostris, sicut illa, quae est de sermonibus, qui sunt opera nostra
(Näheres über sermo s. unten Anm. 754, 769 ff., 777 f., 792, 797), et illa est
practica; alia pars non est de operibus nostris et illa est speculativa. Et inter
omnes libros logicae Aristotelis iste est minus practicus et magis speculativus, et ideo
quod dictum est in libro Porphyrii (vorige Anm.), quod logica est magis practica,
est intelligendum quantum ad maiorem sui partem , non autem quantum ad omnem
sui partem, accipiendo logicam, sicut tradila est ab Aristotele; nec est inconveniens,
aliquam partem logicae esse practicam et aliam speculativam, cum multa eae practicis
e speculativis dependeant.
744) Eaepos. aur. Prooem.: Ista scientia (d. h. logica) dicitur rationalis, ceterae
aulem ..... reales, quia determinat de his, quae sine ratione esse non possunt, aliae
autem scientiae de rebus eætra animam earistentibus determinant. Summa tot. log.
III, 2, 22, f. 53 r. A: Polerit aliqualiter apparere, ..... ad quam scientiam debeant
332 XlX. 0ccam (Parteistellung).
aristotelischem Geiste dem Standpunkt eim, dass das Erkennem in einem
Werwirklichungsprocesse vom Potentiellen zum Actuellen fortschreite, wor
nach der Mensch Nichts singuläres denkend erfassen könne, ohne zugleich
die Real-Potenz der Universalität mitzubesitzem 7*°). So erkennt er am,
dass für (len erkennemdem Menschen auf Erdem (im Unterschiede wom
Jenseits) die sinmliche Erkenntmiss des Einzelnem , welche er ausdrücklich
als intuitiva bezeichnet, nicht überflüssig sei 7*°), sondern im Zusammen
hange mit dem Gedächtnisse eine unerlässliche Woraussetzung des denken
den Erkennens bilde 7*7), welche selbst mit unmittelbarer Evidenz ausge
rüstet sei "**) und zu ihrer distinctivem Deutlichkeit nicht erst eines de
finitorischen Allgemein-Begriffes bedürfe 74*). Kurz, wir befinden uns bei
0ccam auf der Basis eines aristotelischem Empirismus, welcher mit dem
Zugeständnisse, dass alles menschliche Wissen von der Sinneswahrneh
mung und von dem Einzeln-0hjectem anhebt, zugleich die Forderung ver
knüpft, dass jede Wissenschaft als solche nur von Universellem handle,
eine grundsätzliche Auffassung, welche in byzantinische Terminologie ein
gekleidet ist, wenn 0ccam sagt, dass allerdings die Bestandtheile der Ur
theile mittelst suppositio an Stelle singulärer Individuen stehen, aber für
die Wissenschaft doch nur die termini universales werthvoll sind *°°).
pertinere tales „Homo est species, Rationale est differentia hominis, Album est acci
dens“ et huiusmodi. Videtur enim, quod tales ad logicam non pertinent, ..... cum
tales sciri non possunt, nisi perfecte sciatur natura significati per subiectum ......
Sequeretur etiam, quod, si tales propositiones per se ad logicam pertinerent, ' logicus
n0n p0sset perfecte scire logicam, nisi cognosceret naturam omnium rerum, imo etiam
nisi c0gn0sceret omnes conclusiones et omnia principia omnium scientiarum.......
Propterea dicendum est, quod de talibus propositionibus non se habet logicus intro
mittere nisi forte gratia, eaeempli; potest enim logicus de talibus bene eæemplificare
in tradendo notitiam logicae, sed non pertinet ad logicum, scire eas, Hiezu untem
Anm. 797 u. der Schluss der Amm. 843.
745) Sent. I, Dist. 3, qu. 5 BB: Intellectus procedit de potentia ad actum,
..... unde non est aliquis, qui intelligat aliquam rem singularem quamcunque, quin
statim intelligat vel possit intelligere ens communissimum. -
746) Sent. Prolog. qu. 1 Y: Sola notitia intuitiva inlellectiva non sufficit ad
iudicium tanquam causa proæima, ita quod intellectus ita habet cognoscere singu
laria..... Et ideo sensitiva non superfluit, quamvis sola nolitia intuitiva intellectiva
sufficeret, si esset possibile, eam naturaliter esse pro statu isto sine nolitia intuitiva
sensitiva, sicut est in angelis et anima separata. S. Anm. 786.
747) Ebend. qu. 1 LI.: Intellectiva est memoria et actus recordandi proprie
dictus, supposito, quod intellectus non tantum cognoscat universalia, ..... sed etiam
intuitive cognoscat illa, quae sensus cognoscit...... 0mnis cognitio intellectiva prae
supponit necessario imaginationem sensitivam tam sensus eæterioris quam interioris.
748) Ehend. qu. 1 E: Si aliquis videat intuitive Socratem et albedinem eæisten
tem in Socrate, potest evidenter scire, quod Socrates est albus; si autem tantum
cognoscit Sncratem et albedinem eæistentem in Socrate abstractive, sicut aliquis potest
imaginari in absentia eorum, non sciret evidenter, quod Socrates esset albus, et ideo
non est propositio per se nola.
749) Sent. I, Dist. 3, qu. 7 : Utrum singulare posset distincte cognosci ante
cognitionem entis vel cuiuscunque universalis ...... Dico, quod res potest distincte
cognosci sine ratione eius diffinitiva.
750) Erpos. aur. Praedicab. De specie : 0mnis disciplina incipit ab individuis
...... Eae sensu, qui non est nisi singularium, fit memoria, eæ memoria eæperimen
tum, et per eæperimentum accipitur universale, quod est principium artis et scientiae,
et ita sicut omnis cognitio nostra ortum habet a sensu, ita omnis disciplina ortum
habet ab individuis, licet nulla doctrina tractare debeat de singularibus signanter seu
XIX. 0ecam (Parteistellung). 333
D. h. 0ccam vertritt durchaus nicht einen sensualistischen Empirismus,
somdern erkennt die ideale Function des Intellectus an , welche vom Er
fahrung zu Wissensehaft führt und schliesslich darauf beruht, dass der
lntellectus das Vermögem ist, durch welches wir auch Nicht-Simnliches
erfassen 781).
Aber innerhalb einer jeden Stufe jenes Ueberganges von potentiellem
Wissen zum actuellem erblickt 0ccam (auf Grundlage der allgemein reci
pirtem arabischem Tradition) einen wesentlichen Untersehied, je nachdem
entweder in erster Linie eime beifällige Zustimmumg und eim Wissen mur
auf incompleaea, d. h. auf die Bestamdtheile eines Urtheiles, gerichtet ist,
oder in zweiter Linie compleaea, d. h. Urtheile , zum Gegenstande hat;
und zwar solle mur dieses Letztere, welches stets eine innere Gedanken
Werknüpfung involvire, im eigentlichen Sinne ein „Wissen* (— res eaetra
non scitur —) genannt werdem "°*). Nemlich ein blosses Erfassen (actus
apprehensivus) finde sowohl betreffs der incompleaca als auch auf
Grundlage dieser betreffs der comple.ca statt, hingegen seien es aus
schliesslich mur compleaca, bei welchen die höher liegende Thätigkeit
des Urtheilens (actus iudicativus) eintrete und eine Beistimmung bei
Wahrem oder Nichtbeistimmung bei Falschem mit sich bringe '°°); und
somit ergebe sich ein „Wissen* nur bei compleaca, und zwar auch bei
diesen mur damn, wenn der objective Thatbestand der Werbindung mit der
-nulla scientia proprie dicta est de individuis, sed de universalibus pro individuis
...... Licet quarumlibet propositionum scientiarum realium pro maiori parte tam
subieeta quam praedicala supponant pro rebus singularibus, tamen magis illae pro
positiones sunt notae et etiam uliles, quae componunlur eæ terminis universalibus.
751) Sent. Prol. qu. 1 HH: Inlellectus noster pro statu isto non tantum c0
gnoscit sensibilia, sed etiam in particulari et intuitive cognoseit aliqua intelligibilia,
quae nullo modo cadunt sub sensu, ..... cuiusmodi sunt intellectiones, actus volun
tatis, delectatio, tristitia et huiusmodi, quae potest homo eæperiri inesse sibi, quae
tamen non sunt sensibilia nobis. (Diese Unterscheidung zwischen dem Gebiete des
Sinnlichen und jenem des Willens hat Aehnlichkeit mit Kant's Grundsätzen.)
752) Quodl. lII, 6: Actus assentiendi est dupleæ sicut aclus sciendi: unus qu0
aliquid scitur esse vel non esse, sicut scio, quod lapis non est asinus et tamen nec
scio lapidem nec asinum ; ...... alius est actus, quo aliquid scitur de aliquo, de
quo habetur scientia...... Loquendo de ipso assensu dico, quod ille actus non habet
pro obieclo complevum ..... Loquendo vero de actu secundo sciendi vel assentiendi
dico, quod ille actus est proprie complevivus, ..... quia ille actus est, qu0 aliquid
verum scitur, sed res eætra non scitur, non enim scio lapidem vel asinum. Vgl.
ebend. W, qu. 6. -
753) Sent. Prolog. qu. 1 0: Inter aclus intellectus sunt duo actus, quorum unus
est apprehensivus et est respectu cuiusque, quod potest terminare actum potentiae
intellectivae, sive sit complearum sive incompletum, quia non solum apprehendimus
incompleaea, sed etiam pr0p0sitiones, demonstrationes, tam necessarias quam p0ssi
biles, et etiam universaliter omnia, quae respiciuntur a potentia intellectiva. Alius
actus potest dici iudicativus, quo intellectus non tantum apprehendit obiectum, sed
eliam illi assentit vel dissentit, et ille actus est tantum respectu compleaci, quia nulli
assentimus per inlellectum, nisi quod verum eristimamus, nec alicui dissentimus, nisi
falsum reputamus. Et sic patet, quod respectu complevi potest esse dupleæ actus,
sc. apprehensivus et iudicativus (so findet das traditionelle boethianische Wort
„iudicium“ — s. z. B. ob. Anm. 330 u. 368 — allmälig eine manigfachere Ver
wendung) ...... (T) Non omnis actus iudicalinus praesupponit in eadem potentia
notitiam incompleacam terminorum, quia praesupponit actum apprehensivum, et actus
apprehensivus praesupponit respectu alicuius complevi notitiam incompleaeam termino
rum. Vgl. auch Anm. 893. -
334 XIX. 0ccam (Parteistellung).
subjectivem Beistimmung des Intellectus in Einklang steht "°*); denn auch
bei dem Werstehen eines Syllogismus sei Ein und derselbe Act des Den
kens einerseits ein Wissen, insoferne er auf die Schluss-Verbindung und
hiedurch mittelbar auch auf die verbundenem Begriffe gerichtet, sei, und
andrerseits zugleich nicht ein Wissem, insoweit er nur die Begriffe als
unverbundene zum Gegenstand habe7°°).
Ersehen wir nun schon hieraus, dass für, 0ccam's Auffassung der
Logik das Urtheil ein principielles Uebergewicht besitzen muss, so wird
uns ein ziemlich verschlungener Weg, welcher den Denkact überhaupt
betrifft, an manigfachem Punkten wieder die gleicle Perspective zeigen.
Betreffs aber all jener Fragen, welche sich um die Denkthätigkeit selbst
drehen, geht 0ccam mit obiger (Anm. 744) Scheidung der rationalem und
der realem Disciplinen grundsätzlich so weit, dass er die Erörterung über
die Exislenzweise der geistigen Erzeugnisse, d. h. die Besprechung der
Frage, ob die intentiones, termini, Urtheile, Schlüsse u. dgl. in der Seele
gegenständlich oder vorstellungsweise existiren, geradezu der Metaphysik
zuweist "°") und somit für die Logik als solche einem reinen selbststän
digen Boden gewinnen will, welcher von Metaphysik ebenso unberührt
bleiben soll als von Theologie (welcher Art. dieser positive Boden der
eigentlichen Logik als solcher sei, wird sich unten, Amm. 780 ff., zeigen).
Aber trotzdem lässt er selbst in seinen logischen Schriften aus prakti
schem Bedürfnisse sich dazu hinreissen, über derartige Fragen zu spre
chen, indem er sich mit den zu seiner Zeit bestehenden Parteistellungen
auseinandersetzen will; und ausserdem geben für uns, die wir uns ge
rade um diese Controverspunkte zu allermeist interessiren müssen , die
übrigem Schriften 0ccam's ein hinreichendes Material.
Kurz also, wenn auch an sich es Aufgabe des Metaphysikers sei,
die Existenzweise der psychischen Vorgänge und Werke zu bestimmem,
so sei doch jedenfalls unbedingt daran festzuhaltem, dass es sich hiebei
nicht um äussere Gegenstände (res eaetra animam), sondern um etwas
Inneres in der Seele handle; und wenn nach Einer Meinung (offenbar
Aegidius, s. oh. Anm. 376 f.) eine blosse qualitas animae zu Grunde ge
legt werde, welche auf einer zur suppositio des Singulären befähigten
754) Sent. lII, qu. 4 R: Hoc nomen „scientia“ vel „conceptus“ significat non
tantum ipsqm qualitatem in anima, sed etiam coevislentiam obiecti et conformitatem
obiecli ad scientiam, obiecti inquantum compleaci, non incompleri , ita quod ad hoc,
quod illa qualitas sit in anima, sive sit actus assenliendi sive sit habitus eæ actibus
assentiendi, non denotatur scientia, nisi quando illud eomplevum, respectu cuius est,
habet esse eo modo, quo intellectus sibi assentit.
755) Ebend. I, Dist. 1, qu. 1 L: Intellectus uno actu scil conclusionem, et per
consequens non tantum intelligit conclusionem illo aclu , sed etiam terminos illius
conclusionis; et tamen illo actu scit conclusionem et illo actu non scit aliquid in
compleacum illius conclusionis; et ita idem actus respectu conclusionis dicitur scientia
et respectu termini non dicitur scientia.
756) Evpos. aur. Prooem.: Ista scientia (d. h. logica) principaliter tradit noti
tiam conceptuum et inlentionum per animam fabricatarum non eætra se, quomodo fa
bricantur res artificiales, sed intra se. ' Verumtamen qualia sint talia fabricala, sc.
cuiusmodi sint syllogismi, propositiones, termini et huiusmodi, an sc. sint subiective
in anima earistentes an aliquo alio modo, non ad logicam, sed ad metaphysicam
pertinet, et ide0 hinc est pertranseundum. Das Nemliche wird auch von den Univer
salien gesagt, s. untem Anm. 777, 780 f.
XIX. 0ccam (Parteistellung). 335
similitudo rei beruhe, während eine andere Ansicht (d. h. Scotus, s. ob.
Anm. 1 10 ff.) von einer eigemen species repraesentans spreche , so ent
halte die letztere Annahme sicher etwas völlig Ueberflüssiges (hierüber
sogleich Näheres), und es empfehle sich am meisten eine dritte Meinung
(es ist die des Durand , ob. Amm. 551 u. 556 ff., und des Armand , ob.
Anm. 630, welche hierim den Herveus, ob. Anm. 393, bekämpfen), mem
lich dass man einfach , mur auf actus intelligendi zu recurrirem brauehe,
denn in diesem liege es begründet, dass beim Erkennen vorerst ein Ein
zeln-Gegenstand ergriffem (apprehendi) und als psychisches Moment (pas
sio animae) festgehalten werde, welches bereits an und für sich, nemlich
ohne willkürliche Fixirung eines bestimmten. Wortes, geeignet sei, durch
suppositio sich auf das Einzeln-Ding zu beziehem "°"). Sowie schon Du
rand die scotistische species intelligibilis als „überflüssig* bezeichnet hatte
(s. ob. Anm. 561) und auch Aureolus dieselbe entschiedem bekämpfte (ob.
Anm. 707 ff.), so verbindet 0ccam gewissermaassen die Ansichten beider;
denn frage man, ob eine dergleichen species, sei es als der Denkthätig
keit. vorhergehend oder als durch dieselbe hervorgerufen (non sine actu
<intelligendi), anzunehmen sei, so sei zu bedenken, dass man überhaupt
nie ohne Noth eine Mehrheit statuiren dürfe, eine Nöthigung aber hierin
nicht vorliege; hingegen zweifelhaft könne noch bleiben , ob etwa nehen
dem Denkacte (praeter actum intelligendi) dennoch ein anderweitiges Mo
ment angenommen werden müsse, wenn auch die Wahrscheinlichkeit da
für spreche, dass es ein sogenanntes „idolum“ als ein dem äusseren Ge
genstande Aehnliches sei, in welchem (in quo) letzterer, sei es gegen
ständlich oder vorstellungsweise, erkannt werde "°°). Doch äussert sich
757) Ebend. Perierm. Prooem.: Qualis autem sit ista passio animae, an sc. sit
res eaetra animam vel aliquid ens fictum eæistens obiective in anima , vel aliquid exi
stens realiter in anima tantum, non pertinet ad logicum, sed ad metaphysicum. Ve
rumtamen aliquas opiniones, quae circa istam difficultatem ponuntur, volo recitare.
Posset autem esse una opinio talis, quod ..... est aliqua qualitas animae (über qua
litas animae s. Anm. 762 u. 865), distincta realiter ab aclu intelligendi, quae est
obiectum intellectus lerminans actum intelligendi, ..... et illa qualitas est tera simi
litudo rei eaclru, propler quod repraesentat ipsam rem et pro ipsa supponit eae natura
sua, sicut v0æ supponit pro rebus eæ institulione..... Alia posset esse opinio, quod .....
est aliquid subiicibile vel praedicabile, eae quo componitur proposilio in mente, quae
correspondet propositioni in voce, et quod illa passio est species rei, quae naturaliter
repraesentat rem et potest in propositione pro re naturaliter supponere. Sed haec opinio
videtur magis irrationabilis, quam prima, quia talis species non est ponenda propter super
fiuitatem ..... Alia posset esse opinio, quod passio animae est ipse aclus intelligendi.
Ista: videtur mihi probabilior omnibus opinionibus ..... Qui vult tenere praediclam opinio
nem, polest supponere, quod intellectus apprehendens rem singularem elicit unam c0gnitionem
in se, quae est tantum illius singularis, quae vocatur passio animae potens eae natura sua
supponere pro illa re, unde ..... sicut voa, eae inslitutione pro re supponit, ita intentio
-ipsa eae natura sua supponit sine omni inslilulione pro illa re, cuius est (über diese
,,institulio* s. Näheres untem Amm. 774, 781, 782, 791, 806)......Illas tres opiniones
•reputo probabiles ; quae tamen sit vera vel falsa, studiosi disculiant. Hoc, tamen
apud me est omnino certum , quod nec passiones animae nec universalia aliqua sunt
res , eaetra animam et de esse rerum singularium, sive sint conceptae sive non.
, 758) Sent. I, Dist. 27, qu. 2 J : Manifestum est, in intellectu esse actum intel
ligendi et etiam habitum, sed utrum species aliqua praevia aclui sit ponenda in
anima vel non, est dubium. Utrum etiam praeter actum intelligendi sit aliquis con
ceptus formatus per actum intelligendi vel etiam sit aliquis conceptus habens tantum
esse obiectivum, est dubium. Utrum etiam sit aliqua species in intellectu, quae non
336 XIX. 0ccam (Parteistellung).
0ccam auch wieder weit zuversichtlicher, wenm er unter Wiederholung
des Motivs, dass die species intelligibilis für das unmittelbare sensuale
Erkennem (intuitio, s. oben Anm. 746) eine unnöthige Wervielfältigung sei,
emtschiedem hervorhebt, dass für den Fortschritt zum abstracten Erkennem
ein Mittelglied nothwendig sei, welches man aber nicht in einer species
intelligibilis suchen dürfe, sondern in einem psychischen Besitze (habi
tus) anerkennen müsse, da der Intellectus aus dem Sinnes-Eindrucke ein
(ìebilde (fictum) als Bleibendes erzeuge (vgl. Anm. 768), was, jedenfalls,
möge man es idolum oder simulacrum oder imago oder phantasma
mennem, nur vorstellungsweise, (obiective), nie aber gegenständlich (sub
iective) existire, und daher auch, nicht reell von den äusseren Dingen ge
trennt sei, sondern gerade die. Dinge selbst, auch wenn sie nicht mehr
gegenwärtig sind, bezeichnet "°°). Ja, diese Kraft des Intellectus, nach
vorhergegangenem Sinnes-Eindrucke etwas dem Gegenstande Aehnliches
(simile, imago) vorstellungsweise zu bildem (fingere), sei der Objectivität
derartig adäquat, dass der Intellectus, wenn er eine reale Schöpferkraft
besässe, das nemliche Ding als objectives erzeugen würde 7°9); und so
wie der ausübende Künstler über die bloss vorstellungsweise Existenz
posset esse sine actu intelligendi, est dubium. De primo dubio et tertio dico, quod species
neutro modo dicta est ponenda in intellectu, quia nunquam ponenda est pluralitus sine
necessitate (vgl. folg. Anm. u. 768), sed ..... quidquid potest salvari per talem speciem,
potest salvari sine ea aeque faciliter..... Sed de secundo dubio est mihi magis dubium,
hoc lamen est mihi probabile, quamvis non affirmem, quod in inlellectu praeter ipsum
actum intelligendi, quando inlelligit aliquid commune ad plura, est aliquid vel subiec
tire vel obiective , quod est aliquo modo simile rei eætra intellectae, quod a multis
vocalur quasi quoddam idolum, in qu0 ipsa res c0gn0scitur, quamvis rem singularem
c0gn0sci in illo n0n aliud sit, quam ipsum idolum c0gn0sci. Die Lösung dieses
Zweifels s. Anm. 768.
759) Ebend. lI, qu. 15 C: Est una opinio, quae ponit, quod necessarium est ponere
speciem impressam intellectui ad hoe, quod intelligat; quod probatur multipliciter
(folgen acht Motive)...... (0) Ad cognitionem intuitivam habendam non oportet ali
quid ponere praeter inlellectum et rem cognitam, et nullam penitus speciem, .... quia
| frustra fit per plura, quod polest fieri per pauciora, sed per intelleclum et rem eo
} gnitam sine omni specie potest fieri cognitio intuitiva..... (Q) Ad habendum notitiam
i abstractivam oporlet necessario ponere aliquid primum praeter obiectum et inlellectum;
£t..... aliquid in virtule phantastica relinquitur medianle cognitione intuiliva sensus
'particulâris, qu0d prius n0n fuit, quia aliter in absentia rei sensibilis non posset
$phantasia habere actum circa illud ..,.., (R) lllud, quod relinquilur, non est species,
V jsed habitus (vgl. Anm. 784)..... (SS) Quando dicitur, quod intelleclus agens facit
;universale in actu, verum est, quod facit quoddam esse fictum et producit quendam
{conceptum in esse obiectivo ..... et nullo modo subiective. Ebend. qu. 17 S: In
phantasia aliquid manet, sed illud n0m est obieclum aclus, sed habitus quidam in
clinans ad phantasiandum obiectum prius sensatum ..... Simulacra, phanlasmala,
'idola, imagines, non sunt aliquu realiler dislincta a rebus evlra, ..... sed dicunt rem
ipsam, secundum quod terminat ipsum actum sensus interioris in absentia rei sensi
bilis. Zu letzterem Anm. 765. . - -
760) Ebend. I, Disl. 13, qu. 1 J : lntelleclus noster primo intelligit intuitive \t; singulare realiter eæistens , quo intellecto potest idem intellectus fingere ali
lquid consimile prius intellecto, sed illud sic fictum non poterit habere esse subiecti
?vum, sed tantum esse obiectivum, ..... et ideo illud sic fictum est tantum tale, quale
'fuit prius intellectum in esse obiectivo et non est in esse subiectivo, sed erit quasi
imago simillima rei prius intellectae in esse obiectivo, in tantum quod si intellectus
haberet vim productivam realem, sicut habet vim fictivam, illud productum vere esset
eiusdem rationis cum illo praeinlellect0. Hiezu Anm. 803J
XIX. 0ccam (Parteistellung). 337
z., B. des Hauses, welches er ersinnt, auch hinausschreitem und dasselbe
reell herstellen könne ""'), so erfasse auch der Intellectus in denjenigen
seiner Gebilde, welchen ein äusserer Gegenstand entspricht, denselben mit
soloh adäquatester Aehnlichkeit, dass ein solches Gebilde in höherem Grade
durch suppositio sich auf die Einzelndinge beziehen und dieselben ge
meinsam umfassen kann, als diess eine angebliche blosse qualitas animae
könnte 762). a ;
Hiemit, aber sind wir bereits in das Gebiet eines, bedenklichen
Schwankens eingetreten, welehes bei 0ccam sogar im Gebrauche der ent
scheidemden Partei-Stichworte, erscheint. Nemlich wenn wir auch den
ächt aristotelischen Geist anerkennen, welcher dem Werwirklichungsprocess
des Wissens vom Sinnes-Eindrucke beginnen lässt und durch Gedächtniss,
Phantasie und psychische Gebilde hindurch zum Erfassen des Allgemeinen
führt, so ist bei 0ccam demnoch jener Begriff „fictum“ ein gar zweischnei
diges Ding, und sowie er selbst die doppelte Möglichkeit offen liess, dass
das idolum sowohl subjectiv als auch ol)jectiv existiren könne (Anm. 758),
so- lenkt er auch die entschiedene Behauptung, dass es nur vorstellungs
weise existire (Anm. 759), durch die Erwägung jener völligen Congruenz,
welche zwischen , dem psychischen Gebilde und dem äusseren Dinge be
stehe , und mit Benützung der byzantinischen suppositio (welche freilich
für ihn das Hauptmoment ist) selbst wieder dahim hinüber, dass wir mit
telst der idola die Dinge so, wie sie sind, erfassem und folglich „gegen
ständlich* denken (Amm. 762). So werdem wir nicht bloss das gleiche
unentschiedene 0ffenlassem jener zwei Möglichkeiten wieder betreffs der
Universalien finden (Anm. 810), sondern wir werden uns auch nicht wun
dern dürfen, wenn Oceam anderwärts geradezu behauptet, dass die inten
tiones, oder, Universalien u. dgl. eine gegenständliche (subiective) Existenz
haben 7°°). Der Sinn hievon ist dann allerdings mieht etwa das'Bekennt
niss eines Realismus, sondern nur das so'eben Gesagte, d. h. die uns
sehr an Aureolus (Anm. 713 f.) erinnernde Betrachtung, dass die psychi
schem Vorgänge völlig der Aussenwelt adäquat sind und somit das Sub
jective objectiv ist und umgekehrt""*). , i . • , ,
i - * * -
761) Evpos. aur. Perierm. Prooem.: Artificem eaecogitare domum, antequam pro
ducat eam, non est, artificem habere domum in esse obiectivo; tanlum, sed est, ipsum
habere artem vel scienliam domus, quae est vere qualitas menlis, et talis scientia
„domus“ vocatur. - -
762) Ebend.: Est distinguendum de fictis, quia quaedam sunt ficta, quibus in
re eaetra non polest cousimile correspondere, sicut chimaera ...... ; ; aliqua dicuntur
ficta, quibus in esse reali correspondent, vel correspondere possunt consimilia, et huius
modi vocantur universalia ...... Universale fictum vel idolum plus dislinguitur a re,
quum quaecumque res una ab alia, et tamen in esse intenlionali magis, sibi assimi
' latur, in tanlum quod, si p0sset realiler produci, sicut , polest fingi, esset sibi con
simile postea ad eaclra, et per eandem ralionem magis potest supponere pro re et
esse communis et esse id, in qu0 res intelligitur, quam intenlio vel aliqua alia qua
litas. Vgl. Anm. 809 u. besonders Anm. 865.
763) Es ist eigenthümlich, dass die letztere Anschauungsweise gerade in dem
Quodlibeia am den beiden Stellen, welche allein hierüber sprechen, festgehalten
wird (s. Anm. 768 u. 812); neben die andere Ansicht hingestellt findet sie sich
auch im Commentar zum Sententiarius (s. Anm. 787 u. 810). • .
764), So sehen wir, dass anch ein so bedeutender Mann, wie 0ccam immerhiil *,
in seiner Zeit war, von den eigentlich, philosophischem Grundfragen keinen klaren '
PRANTl, Gesch. III. 22
338 XIX. 0ccam (Parteistellung).
Dieses Zusammentreffen der subjectivem Auffassung/und des objectivem
Thatbestandes, liegt mach. 0ccam's Ansicht schliesslich im actus, intelligendi
(Amm. 757), und sowie er schon betreffs. der worstellungsweisen Existenz
der entia, rationis behauptet, dass dieselben allerdings weder, die äusserem
Dinge selbst, moch aber, auch reell von ihnem geschiedem seiem 7"°), so
erinnert er daran, dass das, ens rationis. als in der Seele auftretend ebem
doch existire und somit in diesem Sinne ein ens reale heissen könne?%'),
ja er nemnt die, dem , sachlichen Befunde richtig emisprechende qualitas
mentis (gelegentlich einer Aeusserung überi die. Gegensätze) ausdrücklieh
sofort eine „res" ""*). Aber er fasst diese res nur als, eine, in der Denk
werkstätte erzeugte; memlich das obige Bedenken (Anm. 758), ob , neben
dem Denkacte , noch etwas Anderweitiges anzunehmen sei, löst er dahim,
dass die von Mehrerem (und, wie wiri sahem, auch von ihm · selbst) ge
theilte Annahme eines , eigenen Gebildes (fictum) genau genommen als
eine zwecklose Vervielfältigung überflüssig-sei, da es, genüge, dem actus
intelligendi als solchen festzuhaltem ; denn dieser sei am ; sich hereits die
similitudo der Gegenstände und als eim signum rei : (oder: als intentio
oder passio. animae, oder conceptus, vgl. folg. Anm.) sowohl zur Namen
bezeichnung als auch zur suppositio geeignet, und jede, intentio , über
haupti, sei wahrhaft ebem eim actus intelligendi undi in sachgemässer
Uebereinstimmung mit der 0bjectivität ein ens reale (s. Anm. 766); oder
eine , qualitas animae, welcher eine gegenständliche (subiective) Existenz
zukomme7°°). . . • • • , • * ; -
i . i - , • i
Begrifrhat,' und somit auch er ebensowenig als z. B. scotus (s. olei hei Anm. 104)
ein ,,Philosoph** gemannt werden kànn. ^ Allerdings miissen wir hiebei amch be
denken, i dass gerade über Subjectivität und 0bjeetivitát kaum Jemand umklarer war,
als Schelling; aueh Hegel's Taschenspieler-Kunststück wird hierim, jetzt wohl keinem
besonnenen Denker mehr fäuschen. ,,, .1 i , ! i. -
765) Sent. Prolog. qu. 1, 3 M: „Ens rationis nec est idem cum re nec distingui
tur realiter; et hoc secundum opinionem, quae'ponit entia rationis obieclive in' anima.
Hiezu Ahm. 759 gegen Ende.… i' • * . ! i • • ' * * ... /
766) Quodl. V, qu. 21: Ens reale aliquando accipitur pro omni vera re, eaeistente
in rerum natura, et sic ens rationis est ens reale ; aliquando accipitur pro ente
eæistente solum eaetra animam, et sic ens rationis non est ens reale. Hiezu der
Schluss der Amm. 865. '. . . .* .v, v. . . . . . ' i • * .
767) Ebend. qu. 17: Omnis oppositio realis est, inter res, quia , si sit eaelra
animam, est inter res eaetra animam; si sit in anima, est inter res in anima, sive
sit inter signa compleaca sive incompleaca; semper enim est inter res, quia inter verus
qualitates mentis. • V ** - - , • • i t i * ,
768) Ehend. IV, qu. 19: … Dicunt aliqui, quod intentiones primae , et, secundae
sunt quaedam entia ficta, quae tantum sunt obiective in mente , et, nullibi subiective.
Contra : Quando propositio verificatur pro rebus, si duae res sufficiunt ad eius veri
tatem, superfluum est ponere aliam rem; ..... praeterea tale fictum impedit cognitio- -
nem rei, ergo non est ponendum propter cognitionem ...... praeterea a tale fictum non
est ponendum, ut habeatur subieetum et praedicatum in propositione universali, quia
actus intelligendi sufficit ad hoc ...... s Ideo dico, quod lam intentio prima quam
secunda est vere actus intelligendi, quia per actum potest salvari, quidquid , salvatur
per fictum; eo enim, quod actus est : similitudo subiecti, potest significare et supponere
pro rebus , eaetra, potest , esse , subiectum et praedicatum in propositione, potest esse
genus et speeies, sicut fictum. Er quo patet, quod intentio prima et, secunda realiter
distinguuntur, quia intentio prima est actus intelligendi, significans res, quae non sunt
signa; intentio secunda est actus ' significans, intentiones primas (über diese. Unter
scheidung der intentio s. untem Anm. 776. ff.)...... Patet eae , dictis, quod , tam in
i i i ii , . , . , , i '1
XIX. Occam (Parteistellung). 339
, , Getreu aher , dem Standpunkte , . dass die wesentliche Aufgabe der
Logik die sermones seiem (Anim. 743), verlegt Occam den actus intelli
gendi grundsätzlich in das Urtheil, und zwar spricht er dabei, uns an
Armand's und Gratiadei's verbum mentale erimnernd (s. ob. Anm. 630, u.
675), von einer „propositio , mentalis“.. Nemlich. vor dem in Wortem
ausgesprochenen, Urtheile gehe stets ein inneres von jedem speciellem
Sprach-Idiome unabhängiges Urtheil voraus, dessen Bestandtheile dasjenige
seiem, was bald similitudo bald intentio bald qualitas mentis bald im
tellectus bald conceptus heisse?""), und in diesem innerem Urtheile, —
im Unterschiede, vom gesprochenen oder geschriebemen Urtheile —, halte
der Intellectus vorstellungsweise Subject und Prädicat auseinander, wäh
remd er dieselben zugleich auf, Ein und das Nemliche , beziehe, ähnlich
wie man zwei Zeichem für Ein bezeichnetes wählen könne 77"), d. h.
z., B. „allgemeiner Mensch* und , „einzelner Mensch* seien essentiell mur
im , Urtheile Eins, weil Ersteres von Letzterem wesentlich ausgesagt
werde 77'); und es werde auch die Wahrheit eines ausgesproehemen Ur
theiles erst dadurch erprobt, dass nach Anhörung desselben eine ent
sprechende propositio mentalis als wahr erkannt werde"*). Besitzt aber
hiemit, jenes innere Urtheil. eine grundsätzliche Priorität gegenüber dem
tentiones 'primae quam' secundae sunt vere entia realia et sunt vere qualitates sub
iective eæistentes in anima. Summa t. log. I, 12, f. 6 r. A : lntentio animae, vocatur
quoddam ens in anima natum significare aliquid ..... lllud autem eacistens in anima,
quod est signum rei, eae quo propositio mentalis componitur (s. Amm. 777 f.) ad
nodum, , quo propositio vocalis componitur eæ vocibus, , aliquando vocatur, intentio
animae, aliquando conceptus animae , aliquando passio animae, aliquando similitudo
rei...... Sed quid est in anima id, quod est tale signum ? Dicendum est, quod circa
istud sunt diversae opiniones. Aliqui enim dicunt, quod non est nisi quoddam fictum
per animam; alii, quod est quaedam qualitas subiective eæistens in anima, dislincta
ab actu, intelligendi; alii dicunt, quod est actus intelligendi. Et pro istis est, ratio
illa, quod frustra, fit per plura, quod potest, fieri per pauciora (vgl. ob. Anm. 758);
omniâ autem, quae salvantur poiiendo aliquid distinctum ab actu intelligendi, possunt
salvari sine tali distincto, eo quod supponere pro alio et significare aliud ita potest
competere actui intelligendi sicut illi ficto ; ergo praeter actum intelligendi non oportet
ponere aliquid aliud. - - • • *
769) Summa t. log. I, 12, f. 6 r. A: Quando aliquis profert propositionem voca
lem, prius format interius propositionem unam mentalem, quae nullius idiomatis est,
intantum quod multi formant frequenter interius propositiones aliquas, quas tamen
propter defectum idiomatis eaeprimere nesciunt. Partes lalium propositionum mentalium
vocantur conceptus, intentiones, similitudines, inlellectus. Sent. Prolog. qu. 1, 2 Y :
0mne subiectum propositionis in mente est intellectio vel aliqua qualitas inhaerens
menli. Vgl. Anm. 797 gegen Ende u. Anm. 809. -
770) Sent. I, Dist. 2, qu. 3, D: Possunt esse aliqua nomina vel conceptus, quae
distinguunt subiectum et praedicatum, quae nata sunt esse in intellectu obiective, quia
solus intellectus potest facere propositionem praeler propositionem prolatam et scriptum
et alia huiusmodi; et ita in intellectu distinguuntur, quae tamen reducuntur ad unum
in esse, sicut du0 signa reducuntur ad aliquod unum signatum, quae tamen non sunt
realiter illud unum signatum. t
771) Ebend. qu. 4 EE : Haec est falsa de virtute sermonis „homo universalis et
homo particularis sunt unum essentialiter“, ...... sed sunt unum essentialiter, quia
unum essentialiter praedicatur de reliquo et importat essentiam alterius, nec tamen est
realiter de essentia alterius. -
772) Quodl. III, qu. 11: Propositio vocalis est vera, quando eae eius prolatione
auditor est matus concipere et formare propositionem mentalem veram; hoc autem
solum est in fine prolalionis et non, in principio nec, in medio. . . , ,
22*
340 XIX. 0ecam (Parteistellung).
in Worten ausgesprochenen Urtheile, so liegt diese mach 0ccam's Ansicht
darin begründet, dass die Zusammenfassung im Urtheile eine geistige ist
und aus Begriffem (conceptus oder intentiones) hervorgeht, und wir
könntem somit 0ccam als einen''Conceptualisten des Urtheiles bezeichnen,
imdem er emtschieden (im Gegensatze gegen Thomistem, ob. Amm. 289,
gegem Burleigh, ob. Amm. 586 u. 599, und gegen Gratiadei, ob. Anm. 676)
daran festhält, dass res non de re praedicatur, und ihm die sprachlichen
Bestandtheile des Urtheiles mur als Zeichem gelten, welehe an Stelle einer
bezeichmetem Sache stehen778). Die Worte memlich seiem im eigentlichem
Simne durchaus micht Zeichem der Begriffe, somlerm ursprünglich und
primär bezeichne der Begriff oder ein psychischer Worgang die Dinge auf
„matürlichem* Wege (— dieses Motiv einer natürlichen Einwirkung, auf
welches Occam immer wieder zurückkommt, hatte schon Herveus hervor
gehohen, s. ob. Anm. 395 —), und erst secundär bezeichne das Wort
in Folge eimer willkürlichen Einrichtung (voluntaria institutio, vgl. Anm.
781 f., 791, 806) jene nemlichen bereits von der intentio bezeichnetem
Dinge, so dass hiemit aus einer Aenderung der Bezeichnung eines Be
griffes nothwendig eine entsprechende Aenderung der Wortbezeichnung
folge, hingegen umgekehrt ein Wort durch Willkür in seiner Bezeichnung
geändert werden könne, ohne dass hiedurch der entsprechende Begriff
sich ändere '"*); und wolle mam etwa hiegegen die Syncategoreumata
oder , die negativen Worte , als Einwand benützen, da diese micht auf
773) Ebend. qu. 5: Videndum, an sit propositio mentalis; ..... ,quod probo sie,
quia, ubicunque est compleacio sive composilio vera vel falsa, ibi est pr0p0sitio; sed
in mente est huiusmodi complevio.... . Propositio mentalis non componitur , ea rebus
eaetra animam, sed eae conceptibus ...... Si aliqua propositio componeretur ea rebus
eaetra, aliqua posset componi eæ anima intellectiva et corpore, et sic aliqua propositio
posset esse homo ..... In ista propositione ,,canis comedit panem“ (vgl. die Stelle
aus Seneca, Ep. 48, Abschn. VIII, Anm. 66) subiectum vere comederet praedicatum;
et similiter est in ista propositione „Rupertus persequitur Johannem“ (ähnliche Bei
spiele s. bei Burleigh, ob. Anm. 599)...... 0mnis propositio componilur eæ nomine
et verbo, .... sed nomina et verba non sunt res eætra animam, sed signa rerum.....
0mnis propositio vera affirmativa et vera per identitalem rei significatae per subiectum
et praedicatum, ..... quia utimur vocibus pro rebus el terminis non pro se, sed pro
re, quam significant, ..... quia intellectus, licet intelligat res eaetra, tamen non com
ponit res eætra, ...... sed intenliones rerum ad invicem non pro se, sed pro re
significata.
774) Summa t. log. I, 1, f. 2 r. B: Dicimus, voces esse signa subordinata con
ceplibus vel intentionibus animae, non quia proprie accipiendo hoc vocabulum ,,signum“
ipsae voces significent ipsos conceptus primo et proprie, sed quia voces imponuntur
ad significandum illa eadem, quae per conceptus mentis significantur, ita quod con
ceplus primo naturaliter aliquid significat et secundario voac illud idem significat, in
tantum quod voce instituta ad significandum aliquid significatum per conceptum mentis,
si conceptus ille mutaret significatum suum, eo ipso ipsa voae sine nova institutione
suum significatum permutaret ...... Conceptus sive passio animae naturaliter (vgl.
Amm. 776, 778, 781 f., 784, 788, 791, 810) significat, quidquid significat; terminus
autem prolatus vel scriptus nihil significat nisi secundum voluntariam institutionem
(vgl. Anm. 757, 781);'ea, quo sequitur alia differentia, sc. quod terminus prolatus
vel scriplus ad placilum potest mutare suum significatum, terminus autem conceptus
non mutat suum significatum ad placilum cuiuscunque. Eaepos. aur. Perierm. Prooem.:
Prim0 passio significat res el postea v0æ non passionem animae, sed ipsas res, quus
passio significat, significat, ita quod si passio significata mutaret, et voæ sua mutaret
significata. Die gegentheilige Ansicht des Scotus s. Amm. 126.
—l
XIX. 0ccam (Parteistellung). 341
natürlichem Wege durch Abstraction von äusseren Dingen begrifflich ge
wonnen und zu realer Bezeichnung verwendet werden können, so sei zu
erwiedern, dass in diesen Fällen dennoch gleichfalls eine Abstraction und
eine Begriffsbildung stattfinde, nur dieselbe gemeiniglich von den bereits
üblichen Worten selbst ausgehe77°). - -
Durch diese Erwägungen über den Sprachausdruck ist, nun bei
0ccam auch dasjemige bedingt, was er über impositio und intentio, deren
Wechselbeziehung wir schon bei Burleigh (Anm. 584) und bei Armand
(Amm. 629) trafen, in zahlreichen Wiederholumgen erörtert. Nemlich wenn
durch die Worte entweder Dinge oder subjective Auffassungen oder auch
Worte selbst ihre Bezeichnung (significare) finden können, so sollen Worte
secundae impositionis diejenigen heissem, durch welche im Sinne der
Grammatik die Worte selbst bezeichnet werden, oder vielmehr in genauerer
Fassung diejenigen, durch welche willkürlich gebildete Zeichen (im Gegen
satze gegen die natürlichen Zeichen, welche die intentiones sind, s. Anm.
774) bezeichnet werden. Alle übrigen Worte seien primae impositionis
im weiterem Simne, so dass damn auch sämmtliche Syncategoreumata den
selben beizuzählen seien; hingegen in engerem Sinne dürfe man zu den
Worten primae impositionis nur die categorematischen zählen (d. h. jene,
welche wesentliche Bestandtheile des Urtheiles sind , s. die beiden folg.
Anm.); eben dieselben aber seien entweder primae intentionis, wenn sie
ein Ding, oder secundae intentionis, wenm sie eine subjective Auffassung,
nemlich einen conceptus oder eine intentio u. dgl. hezeichnen 77"). Wie
775) Sent. I, Dist. 2, qu. 8 K: Diceretur, quod conceptus syneategoreumatici et
connotativi et negativi non sunt conceptus abstracti a rebus eae natura sua supponentes
pro rebus vel ipsas modo distincto significantes; ...... verumtamen possunt tales
conceptus imponi vel conceptus abstrahi a vocibus, et ita fit de facto vel semper vel
communiter ..... tunc ab istis vocibus sie significantibus abstrahit intellectus conceptus
communes praedicabiles de eis.
776) Sent. I, Dist. 22, qu. 1 C: Quaedam nomina primo significant res eaetra,
quaedam significant primo conceptus mentis, quaedam ..... ipsas voces significativas;
et est antiqua distinctio, quod nomina quaedam sunt primae impositionis, quaedam
sunt nomina secundae impositionis. Nomina secundae impositionis sunt illa, quae
imponuntur ad significandum nomina ipsa, ..... cuiusmodi sunt ista „nomen, verbum“.
...... Nomina primae impositionis quaedam sunt nomina primae intentionis et quae
dam nomina secundae intentionis : prima sunt illa, quae significant veras res, ......
secunda sunt illa, quae significant conceptus mentis, sicut „genus, species, universale“.
Summa t. log. I, 11, f. 5 v. B: Nominum ad placitum significantium quaedam sunt
nomina primae impositionis, quaedam sunt nomina secundae impositionis. Nomina
secundae impositionis ...... sunt huiusmodi „nomen, pronomen, coniunctio, verbum,
casus, numerus, modus, tempus“ et huiusmodi, accipiendo illa vocabula illo modo,
quo utitur eis grammaticus ...... Stricte autem dicitur nomen secundae impositionis
illud, quod non significat nisi signa ad placitum instituta, ita quod non potest com
petere intentionibus animae, quae sunt naturalia signa ; cuiusmodi sunt talia „figura,
coniugatio“ et huiusmodi ...... Nomen primae impositionis potest dupliciter sumi.
Large, et sic omnia nomina, quae non sunt nomina secundae impositionis, sunt nomina
primae impositionis; et sic talia signa syncategorematica „omnis, nullus, aliquis, qui
libet“ et huiusmodi sunt nomina primae impositionis. Aliter potest accipi stricte, et
tunc sola nomina categorematica, quae non sunt nomina secundae impositionis, vocantur
nomina primae impositionis. Nomina autem primae impositionis stricte accipiendo sunt
in duplici differentia, quia quaedam sunt nomina primae intentionis, et quaedam sunt
nomina secundae intenlionis. Nomina secundae intenlionis dicuntur illa, quae praecise
imposita sunt ad significandum intentiones animae, quae sunt signa naturalia et alia
342 XIX. Occam (Parteistellung).
sehr aber 'hiebei das grundsätzliche Gewicht wieder'auf das Urtheil, tihd
zwar im Gewande byzantinischer Doctrin (nemlich betreffs der suppo
sitio, s. auch Anm. 798), falle, ersehen wir daraus, dass Occam von der
secunda intentio, derem reale oder micht-reale Geltiing er auch hier dem
Metaphysiker überlässt (s. Anm. 756), nur die in der' Seele liegende
Aussagbarkeit fordért, wormach Begrilfe wie z. B. genus auf die Namen
der Dinge angewendet werdem, und zwar"mittelst der suppositio simpleae
(s. Afschn. XVII, Anm. 203), d. h. für einen Gemeinbegriff und nicht für
das vom ihm Bezeichnete , während hingegem durch die intentio prima
mur mittelst der suppositio personalis die bezeichnetem Dinge selbst, d. h.
abgesehen von jener Aussagbarkeit, erfässt werden?7?). Noch deutlicher
und scliärfer' drückt sich Occam wiederholt dahin aus, dass intentio über
haupt jenes psychische Moment sei, welclies als suppositionsfähig " ein
Bestandtheil eines innerem Urtheiles sein könne ;' 'und zwar uiiifasse die
intentio prima in weiterem Simne nicht hlöss dié'categorematischen
geistigem Zeichem der Dinge, sondern auch die imnere Aüffassumg iler
Syncategoreumata; hingegen im engeren Sinne erstrecke sich dieselbe
nur auf die wesentlichen Bestandtheile' des Urthêiles, insoferne dieselben
sich, durch suppositio auf Dihge, hicht aber auf Zeichen, beziehem; uiid
ehenso umfasse die intentio secunda, welche wesentlich iii den Zeichen
der intentiones primae liege, im weiterem Sinne sowohl die iiatürlichen
(s. Anm. 774), als auch die in dem Symcategoreumata ausgesprochenem
willkürlichen Zeichem, 'so dass in solchem Simne die'intentio ' seeunda
nur im Wortausdrucke beruhe; aber in engerem Simne bedeute sie mur
die auf natürlichem Wege gewonnenem Zeichen, welche von dem, inten
tiones primae ausgesagt werdem77*). Darum dürfe man auch nicht sagen,
• \ - \ , \ , - · · · · · · , • , . • • *. w , \ , * -
w
signa ad placitum inslitula (Näheres s. Anm. 778) vel consequenlia lalia signa; et
taliâ nomina sunt „genus, species, universale, praedicabile“ et huiusmodi, quid talia
nomina non sunt nisi intentiones animae, quae sunt, signa naturalia, aut signa volun
tarie instituta. Ein Beispiel hievom Quodl. VII, qu. 16: „Persona“ est nomen primae
intentionis, quia significat res, quae non sunt signa ...... Tam nomen secundae in
tentionis quam primae intentionis est nomen , primae impositionis, et ideo quamvis
„persona* sit nomen primae impositionis, cum hoc stat, quod sit primae, intentionis.
777) Sent. I, Dist. 23, qu. 1 D: Intentio prima vocatur res realiter eaeistens,
intentio autem secunda vocatur aliquid in anima rebus ! £j; praedicabile de
nominibus rerum, quando non habent supposilionem personalem, sed simplicem, sicut
sunt „species, genus“...... Utrum autem talia sint realiter et subiective in anima an
obiective tantum, non refert ad propositum nec hoc sp ctat determináre ad logicum,
qui tamen principaliter distinctionem inter nomina primae et secundae intentionis habet
considerare, quia logicus praecise habet dicere, quod in ista propositione „homo est
species“ subieótum supponit pro uno communi et non pro aliquo' significato süo ; utrum
autem, illud commune sit reale vel non sit reale, nihil ad eum, sed ad metaphysicum.
..... Nomen secundae intentionis est illud, quod imponitur ad significandum talia de
nominibus rerum praedicabilia, quando supponunt simpliciter et non pro suis signi;
ficatis ..... (J) Haec est differentia inter nomina primae intentionis et secundae, quod
nomina primae intenlionis sunt illa, quae, quando supponunt, personaliler,' praecise
stänt prò rebus non inquantum praedicabiliâ de aliis; nomina secundae inientionis
slant pro aliquibus praédicabilibüs de rebus. Vgl. Anm. 781 u. 796. ' .
' 778) Quodl. IV, qu. 19: Large dicitur intentio prima esse signum intensibile
existens, in anima, quod non significat intentionem vel conceptus ih anima vel alia
signa praecise;'..... et isto modo hon solum categoreumata inentalia, quae significan!
res, % non sunt jf*#; sed etiam syncategoreumata mentalia et verba et
coniunctiones et huiusmodi dicuntur primae intentiones..... Sed stricte dicitur prima
XIX. 0ccam (Parteistellung). 343
dass kurzweg die , Kategoriem sämmtlich intentiones primae seien. (wie
die allgemein recipirte Annahme lautete), sonderm, wenn man bei , den
Kategorien aucli an das Verhältniss einer Ueber- und Unter-0rdnung, d. h.
ebem , an eine Urtheilsverbindung, denke, zeige sich, dass in- einigen Be
ziehungen eine Kategorie als gemeinsamere Gattung , einer anderent über
geordnet werden könne, welch erstere dann darum , als secunda intentio
zu bezeichnen sei; , denm das Entscheidemde bleibe, immer, dass die in
tentio prima Dinge, nicht aber Zeichem, hingegem die intentio secunda
nur solehe Dinge, welche Zeichen sind, bezeichnet 7*°). - -
Sind somit die, intentiones secumdae, wie sieh im Anschlusse an die
allgemein geltende, arabische Tradition von- selbst versteht, nichts Anderes
als die i U nive r salien, so liegt in demjenigen, was wir , bisher betrach
tetem, bereits der 'inmerste Kern jener Auffassungi verborgen, welehe 0ccam
in der Universalienfrage in bunt versehlungeneri Ausführung. vertritt. , Fas
sen wir memlich rückblickend, alle diejemigem bisher angeführten Stellen,
in Eins zusammen, in welchem 0ccam dem: byzantinischem Begriff der sup
positio heizieht (Anm. 750, 757, 762, 768, 773, 777, 778), so erken
f*) : , ,. , , !• fi
et supponere pro
• , , , , , , ' . * i '. . , * , * , , , ;; • j * * - 1 1 . . . . ? ? 11 : ■ • ■ ,
intentio, nomen mentale praecise natum esse eætremum propositionis
re , quae non est signum ...... Similiter large accipiendo , dicitur intentio secunda
aninùe conceptus, qüae sunt naturalia signa rêrum, cüiusmodi sunt intentiones primae,
striete acceptae, sed etiam prout signa mentalia ad placitum significantia, signa syn
categoreumatica mentalia;, et isto modo forte non habemus nisi , vocale correspondens
intenlioni, secundae. , Stricte autem accipiendo dicitur intentio secunda conceptus, qui
praecise significat intentiones naturaliler significativas, cuiusmodi sunt genus, species,
'jìà et alia huiusmodi ..... Ita de intentionibus' primis, quae supponunt pro'
rebus, praedicatur unus ' conceptus ; communis, qui est' intentio secunda. 8umma t.'
log. I, 12, f. 6 r., B:i Sufficiat, qu0d intenlio est, quoddam in anima, quod est, signum
naturaliter, significans, aliquid, pra, quo ; potest supponere, vel, quod potest, esse pars,
propositionis, mentalis. Tale autem dupleæ est. , Unum, quod, est signum alicuius rei,
quáe non est tale, signum, ..... et illud vocatur intentio prima ...... Large'' dicitur
intentio prima omne signum intentionale existeris' in anima ,' quod non significüt 'in
tentiones vel signa praecise, ..... et illo modo verba mentalia, et , syncategoremata ,
mentalia, adverbia, c0niunctiones et huiusmodi possunt, dici, intentiones primae. Stricte
autem vocatur, intenlio prima momen menlale , natum pro suo significato, supponere.
Intentio autem secunda est illa, quae est signum talium intentionum primarum, cuius
modi sunt tales intentiones' „genus, species“ et huiusmodi. ' Hiezu die betreffende'
Stelle* im Anm. • 768. , , • • - - -
,,, 779) Quodl. V, qu. 21: Utrum quodlibet praedicamentum, sit prima intentio vel.
secunda....... Praedicamentum dicitur dupliciter: uno modo accipitur pro, primo et
communissimo in linea praedicamentuli; et isto modo quodlibet praedicamentum est
prima intentio vel nomen primae intentionis ..... Alio modo accipitur pro toto ordine
aliquorum ordinatorum secundum superius et inferius, et sic praedicamentum compo
nitur ea, incompleacis, ea, quibus propositiones affirmativae , et negativae natae sunt,
constitui...., Et sic loquendo de, praedicamentis in e0 sunt, aliquae intentiones primae
et aliquae intentiones secundae; nam in praedicamento qualitatis et relationis est hoc
commune genus qualitas, nam omne, quod genus est, est qualitas mentis secundum
rei veritatem; similiter hoc commune genus est conceptus relativus et ideo est in
genere relationis .. ... Intentio prima bene est superior ad intentionem secundam, nam
ens in communi est intenti0 prima et tamen est superior ad intentionem secundam,
quia omnis intenlio secunda est ens et non e convers0 ...... Ad intentionem primam
sufficit, qu0d, significet aliquas res, quae non sunt : signa, licet cwm hoc significet
multas res, quae sunt, signa. Intentio autem secunda non significat aliquam rem,
quae non, est, signum (über „res“ in, diesem Sinne s. Anm. 767). Ein Duplicat dieser
ganzen Stelle s. untem Amm. 865, , v, \ - -
j
344 XIX. 0ccam (Parteistellung).
nen wir sofort, dass 0ccam das Wesen der Allgemeinbegriffe in der
Suppositions-Fähigkeit erblickt (s. unten bes. Anm. 781, 797 f., 800, 806),
in welcher ihm ja auch die Differenz zwischem subiective und obiective
gleichsam als getilgt erscheint (s. Anm. 762—764). Und diese riprinci
pielle Unterordnung der Universalienfrage unter den byzantinischen Be
griff terminus ist die besondere Eigenthümlichkeit der Ansicht Occam's;
denn dass die Universalien wenigstens in eimer dualistischen Nebemstellung
nehem einem realem Sein auf subjectiver Seelenthätigkeit beruhen und im
Urtheile prädicativ auftreten, hatten schon Alexander v. Alessandria (Anm.
248), Radulph Brito (Amm. 258), auch Aegidius (Anm. 403), Johannes
Jamdun (Anm. 426, 432), Antonius Andreas (Anm. 457) und Baconthorp
(Amm. 690) hervorgehoben ; ferner' dass diese subjective Seite an dem
Universalien- das Entscheidemde sei, trafen wir bereits bei Durand (Amm.
560), Burleigh (Anm. 597), Armandº (Amm. 632) und Gratiadei (Anm.
669); und ' endlich dass die subjective Function wesentlich im Sprach
ausdrucke und der Namenbezeichnung wirke, hatten schon Durandi, und
Arinand wenigstens , zugegehen (Anm. 551 u. 634), sodann aber Aureo
lus förmlich als Princip ausgesprochen (Anm. 697). Somit können wir
in all diesen letzteren Wendungen bei 0ccam Nichts erheblich neues fin
den, wenn auch spätere Nachkommen, welche den thatsächlichen geschicht
lichen Werlauf nicht kannten oder ignorirtem, , sich einzig gerade diese
Seite aus 0ccam herauslasen und denselben so , als den wahren Hort eines
machmals sogenanntem „Nominalismus“ (s. z. B. Anm. 782) verehrten,
woraus dann eine theologische Polemik gegen den 0ccamismus erwuchs,
welche unbemerkt bis zum heutigen Tage auf die Geschichtschreibung der
Philosophie. einen bedingenden Einfluss ausübte. Hingegen der wahre
geschichtliche Thatbestand liegt darim, dass 0ccam das Haupt der „Termi
nisten* war (— wir werden später diesem Parteinamen als eimen übli
chen finden —), und nur dadurch hat er sowohl einen wirklich neuen
Standpunkt eingenommen, als auch auf den weiteren Verlauf der Logik
einflussreich gewirkt. -
Da die Universalien für die Logik nichts Anderes sind als „termini“
der Urtheile (vgl. Anm. 777 f. 797 u. bes. 798), so sind dem Logiker
eigentlich alle anderweitigen Fragen über die Existenzweise derselben
völlig gleichgültig "°"). Aber wenn auch dergleichen Untersuchungem nur
den Metaphysiker berühren (Anm. 756 u. 777), so muss doch zur Wermei
dung schlimmer Irrthiimer auch die Logik hierauf eingehen, und in die
ser Beziehung ist daran festzuhalten, dass alles äusserlich Existirende
schlechthin singulär ist (— diesen Grundsatz, welchen wir schon bei Her
veus, Amm. 400 f., und bei Durand, Anm. 560, trafen, wiederholt 0ccam
unäblässig —), und daher das Universale nie zu den äusserem Dingen
gehören noch, auch ein Theil eines Dinges sein kann, sondern nur eine
unkörperliche psychische Veranstaltung (institutio oder intentio oder con
ceptus formatus) ist, welche die äusserem Dinge bezeichnet und zur sup
v. , , , ' **• * * * \ , , , •* v
780) Sent." I, Dist. 2, qu. 4 AA : Purus * logicus non habet disputare, utrum uni
versalia, quae sunt termini propositionum, sint res eaetra animam vel tantum in anima
vel in voee vel in scripto; et ideo non distinguit, sed aliquando attribuit rei, quod
convenit universali termino propositionis et aliquando 'e converso. "*' • -i^ i ' i.
XIX. 0ecam (Parteistellung). 345
positio für das Bezeichnete (nicht aber, für sich selbst, vgl. ' Anm. 777,
796 u. 877) fähig ist, ähnlich wie auch in den Worten eine solche Ver
anstaltung der Bezeichnung liegt, nur mit dem Unterschiede, dass* die
Worte, welche gleichfalls das von der intentio Bezeichnete bezeichnen
(Amm. 774), aus einer lediglich willkürlichen Weranstaltung , hervorge
hem '*'), so dass man in diesem Sinne auch von einem doppelten Uni
versale sprechen kann, nemlich von einem natürlichen (naturale, vgl.
Anm. 757 u. 774 f.) und einem willkürlichen , welches in den Worten
liegt 7**). - - - • i,
Die Werkstätte der Natur beabsichtigt nur singuläre Dinge (s. Her
veus, ' Amm. 401, und Durand, Amm. 560, sowie die, gegnerische 'Ansieht
Burleigh's, Anm. 590), indem nur solche ursprünglich und , an sich er
zeugt werden 7*°). Im Denken aber entstehen die : Universalien , indem
durch die Gegenstände auf lediglich „natürlichem* , Wege , ohne , eigenes
Zuthun- des Intellectus oder des Willens ausi dem ersten., Erfassen: und
Festhalten , (habitus, vgl. Amm. 759), (les Gegenstandes bei; ungehindertem
Gedankenlaufe von ' selbst ein zweiter Denkactº veranlasst wird, (causatur,
vgl. Scotus, ob. Anm. 116, und Herveus, 'ob. Anm. 408), welcher vor
- - , t , • • ' . . • , • • 1 , 1 • !. i, , ' - - - - ; ■ • • .
t 1 ; - , : - / ! n _ • •
781) Eaepos. aur. Praedicab. Prooem.: Quamvis praedictae quaestiones ..... m0m.
ad logicum, sed ad metaphysicum sint pertinentes, quia tamen ev earum ignorantia
multi moderni in multiplices errores in logica sunt elapsi, ideo de ipsis quidi sit.....
dicendum, est docendum ...... Quaelibet res imaginabilis ezistens per se sine omni
additione est res singularis et una numero, ..... quia omnis res per se vel est eadem
vel diversa ab alia ..... Nullum universale est eaetra animam , eaeistens realiter in sub
stantiis individuis nec est de substantiu vel esse earum, sed universaliter est tantum
in anima vel est universale per institutionem, quomodo vox prolata .... est univer
salis, quia de pluribus est praedicabilis non pro se, sed pro rebus, quas significat.....
Non sunt nisi quaedam intentiones vel conceptus formati per intellectum eaeprimentes
esse rerum et significantes eas, et non sunt ipsae res, sicut signum non est suum
significatum, nec sunt partes rerum (s. Anm. 794 f.), non plus, quam vov , est pars
significati sui, sed sunt quaedam praedicabilia de rebus non pro se, quia . . . . non
supponunt pro se, sed pro suis significatis, quae sunt res singulares ...... Praeter
ista ipsae voces correspondentes possunt aliquomodo genera vel species appellari pro
tanto, quia omne illud, quod significatur per intentionem vel conceptum, in anima
significatur per vocem et e converso; tamen hoc non est nisi ad placitum instituentis.
- - - - - Universalia non sunt corporalia, quia non sunt nisi in mente, in qua non est
aliquod corporale. - -
782) Summa t. log. I, 14, f. 6 v. B: Universale dupleæ est. Quoddam est uni
versale naturale, quod est signum naturale praedicabile de pluribus ad modum, quo
fumus naturaliter significat ignem et gemitus infirmi dolorem et risus interiorem lae
titiam; et tale universale non est nisi intentio animae, ita quod nulla suhslanlia eætra
animam nec aliquid accidens eaetra animam est tale universale; et de tali loquar in
capitulis sequentibus (also ist dieses das logische Universale). Aliud est universale
per voluntariam institutionem, et sic voæ prolata, quae est vere qualitas una numero,
est universalis, quia est signum voluntarie institutum ad significandum plura ; unde
sicut voae dicitur communis, ita potest dici universalis, sed hoc non habet eae
natura rei, sed tantum eæ placito instituentium. Ebend. 22, f. 9. v. A: De tali
universali, quod est universale ad placitum, non loquor, sed de illo , quod eae
nalura sua habet, quod sit universale. • So also steht es mit dem angeblichen
„Nominalismus* Occam's derartig, dass ihm das Sprachliche nur ein secundäres
Willkürliches ist. , • a w , - w • a, - a*
783) Senl. I, Disl. 2, qu. 4 X: Agens naturale in agendo intendit veram rem
singularem, quia illud' intendit, quod per se et primo producitur, sed res singularis
per se et primo producitur. * ι ι ,
346 - XIX. 0ccam (Parteistellung).
i
stellungsweise , auf ein Sein gerichtet, ist, welehes dem vorher gegenständ
lich. ergriffenen Sein adäquai ist 7**). So fällt die thomistischè, reflerio*
(ähnlich wie bei Scotus, Anm. 124), bei riehtiger Erwägung des intuiti
ven- Erfassens (s. Anm. 746) von sélbst hinweg 7°°);, denn bezüglich der
Reihenfolge : der, Entstehung-ist, das, erste Erkannte stetsi ein Singuläres,
d. h. ein concretes, Ding, nicht aber ein Zeichem (wie z. B. ein Begriff
oiler ein Wort), da es ausserhalb der, Seele, mur , singuläre Dinge gibt;
aber auf diese ersté intuitive Erkemintmiss folgt ummittelbar, eim erstes ab
stractes Erfassen, welches bereits den Charakter der Gemeinsamkeit trägt,
undi soweit , dánn * dieses Gemeinsame idem , Singulärem adäquat isl, tritt
das Erkannte vals , ein Universale , mit , diesem nihm, gebürenden Worrange
auf "*"). iWerstehti mani- unter abstractem Erfassen eim Absehen von der
vielheitlicheiii. Singularität, und folgt mam der wahrscheimlichem, Annahme,
dass die Universalien eine , gegenständliche Existenz in der Seele haben
(s. Anm. 763 iu. 768), so wird, in Folge dessen,' dass das, Universale idem
Singulärem adäquat ist, das, abstracte. Erkennen, und dasy sinnlichi inituitive
Erkennem dasi memliche, sein ; hingegen , wenn man- Abstractionals, ein Ab
sehen iwóni* ExisteAz oder Nibht-Existent, desi- Gggehstandes mimmt, so un
terscheidet sich dieselbe vom intuitiven Erfassem, da letzteres auf ein
jeweilig Existirendes gerichtet ist; aler demnoch liegt auch dann der Un
** • • , , - • • • • \ , ,• v • , , • . •, .• t • ,* , ι ι , a - a \ * ,
—–, ', , , , ' w , '
784) Ebend. II, qu. 25 P: „Universalia et intentiones secundae, causantur. natura
liter sine , omni , uclivitate , intellectus et voluntatis, a notitiis incompleacis, terminarum
per islam , viam, quia primo cognosco aliqua, singularia in particulari intuitive vel
abstraclive, et hoc causatur (vgl. Anm. 806) ab obiecl0 vel habitu derelicl0 , eav, primo
aetu, et habita notitia stalim ad eius praesenliam, si non sit impedimentum,, sequitur
naturaliter alius actus distinctus a prim0 , terminatus ad, aliquid, tale esse , obiectivum,
quale prius, vidit in esse, subiectivo, et ille aetus \ secundus, producit universalia, et in
tentiones, secundas.\\ \\, , , , , , , , , , , w ι * • • , \, , , *v , f
ω 785) Sent. Prolog. qu. 1 UU: Proprie loquendo et stricte nulla est , intelleclio
refleaca, quia reflezio stricte sumptu | includiti necessario ad minus duo, .sicut patet in
motu locali refle30 ; accipiendo* tamen refleacionem large concedo, quod illa intelleclio
est refleaca, cum hoc tamen stat, quod est , intuitiva. - - - . -
i 786) Quodl. I, qu. 13: … Utrum, primum cognitum ab intelleclu, primitate, genera
tionis sit singulare. Et videtur , primo, quod non, quia, universale est primum et
• • • • • • .
proprium obiectum intellectus ...... ln , 0pp0situm: ldem, omnino est, obiectum sensus
et intelleclus; sed singulare est primum obiectum, sensus tali primitate..... Sciendum
est, quod hic capitur singulare ..... pro re, quae est unum numero et non est signum,
.... quomodo diclio scriptu, conceptus et v0a) :...... Seeundo sciendum est, quod non
intelligitur ista quaestio de quacunque cognitione singularis, quiu quaecumque, cognitio
universalis sic esl singularis, ..... sed de c0gnitione propria simplici et singulari....
Dico , tunc primo, quod singulure praedict0 modo accipiendo ..... est, prim0 c0gnitum,
.v... quia res eaetra animam, quae non est signum, tali cognitione primo intelligitur,
sed omnis res evtrù animam est; $ingulare,!...... Secundo dico, quod c0gnitio simplea;
et propria singularis et prima , tali primitate est, intuitiva...... Tertio dico, quod
cognitio prima abstractiva primuitate generationis, et, simplev non, est cognitio , propria
singularis, sed communis, ..... sicut de veniente a remotis patet, qu0d causat sensa
tionem, virtute: cuius p0ssum tantum iudicare, qu0d illud visum est ens; manifestum
est, quod in illo casu cogniti0\ abstractiva, quam habeo primo primitate , generationis,
est/lcognitio entis* et inullius inferioris, et per consequens non, est conceptus, proprius
singularis... ... Inluitiva est propria * cognitio singularis, non propter maiarem assimi
lationem uni quam alteri, sed quia naturaliter ab uno et non ab alter9 causatur.....
Conceptus generis nunquam abstrahitur ab uno individuo... :: Universale est, obiectum
primum primitate adaequationis, non primitate generatiunis.,, Vgl., Anm. 806, u. 810
- .
-
--:…
a. Ende. „ „ — -----
a * •
XIX. 0cdam (Parteistellung)./ 347.
tersehied, heider Erkenntnissweisen- fiur , in- ihnen , selbst, d.'h.'* mur in- der
geistigem Function, nicht aber etwa in den 0bjecten derselben **').
Das Universale ; istº somit keimenfalls , eine,!ausserhalbri der, Seele exi
stirende Einzeln-Substaiiz,' demn ausserdem könnte jedes conerete Wesen
ein Universale sein, sowie auch mit der Wernichtung eines Individuums so
fort die ganze Gattnng untergehen müsste;isondern i das Universale isti mur
einelpsychische intentio, und wenn ! man diese nachº- riehtiger Auffassung
mit actus intelligendi, identifibirt (Anm.' 757 fu.-768), so ist sie ein na
türliches Zeichen,' welches ebenso, wie , z. B. , durch , Seufzen Schmerz be
zeiclinet wird, als Bestandtheil eines innerem Urtheiles, d. h. mahs terminus,
einen tôiusserem Gegenstand' bezeichnet » und hiemit nur der prädicativen
Aussage dient, während Substanzen als solche, wiei sicli von selbst ver
steht, nicht Prädicat oder Subject eines Urtheiles sein können, wenn man
nicht auf sophistische Spielereiem verfalleri i will "**). • • Die, Gemeinsamkeit
aber (eommunitas), welche dabei den Universalien als ausgesagten zu
- - - • * * - - - - *• a. : ** , , 1 t • •, •, • • * * * * • • i - , • ,'., - *, i, , ; ,-'
i , . ." ., ....' '. ' ' .' * v. ' . . . . ..'.. '' ir • . '
787) Sent. Prolog. qu. 1 Z: Notitia, abstraclivà potest accipi dupliciter: uno modo,
quod sit respectu alicuius abslracti a multis singularibüs; et sic cognitio àbstrdctita
non est nisi cognitio alicuius universalis abstrahibilis a multis, ..... et si 'unibersale
sit vera qualitas eaeistens in anima subiective } quod potest teneri probabiliter, conc4
dendum est, quod illud universale possit videri intuitive et quod eadem est notitia
intuitiva, et abstractiva..... Aliter, accipitur cognitio abstractiva, secundum quod abs
trahit ab'ecistentia et non-eaeistentia ....... Notitia intuitiid est talis, quòd .....'si
Socrătes in rei veritate'sit albus, ..... potest evidenter cogiiosci, quod Socrales est
albus;'* et universaliter omnis notitia , incompleaca termini vel-terminorum, seu reiiwel
rerum, virtute cuius potest evidenter cognosci aliqua veritas,, gontingens,, maæime, de
praesenti, est notitia intuitiva. Abstractiva autem est ista, virtute cuius de re con
tingenti non potest sciri evidenter, utrum sit vel non sit, et per illum modum abstrahit
ab existentia et non-eaeistentia ....... Aliquando propter imperfeetionem' hottliae in
tuilivae ..... potest accidere, quod nullae vel paucae veritates eontingentes de re sit
intuitive cognita possint cognosci....... (CC) 0mne illud et sub eadem ratione, quod
erit obiectum intuitivae, potest esse obiectum abstractivae, et manifestum est , quod
quidquid reale potest cognosci abstractive, potest etiam cognosei intuitive ...... (GG)
Ideo dico, quod notitia intuitiva et abstrúcliva se ipsis differunt, et non penes obiecta
et penes causas suas quascunque, quamvis naturaliter notitia intuitiva non possit esse
sine eæistentia rei, ...... notitia autem abstractiva' potest esse naturaliter ipsa' re sim
pliciter destructa. ' - - - • * • • * . -
788) Summa t. log. I, 15, f. 6 v. B: Quod nullum universale sit aliqua sub
stantia extra animam eæistens, evidenter probari potest ..... Nullum universale est
substantia singularis et una numero; si enim diceretur, quod sic, sequitur; quod
Socrales erit aliquod universale, quia non est maior 'ratio, quod unum universùle sit
una substanlia singularis, quam aliu ...... Sequeretur, quod deus non posset unum
individuum simpliciter annihilare, nisi cetera individua destrueret, quia, si annihilaret
aliquod individuum, destrueret totum, quod est de essentia illius ...... Nullum uni
versale est substantia, qualitercunque consideretur; unde consideratio intellectus non
facit, quod aliquid sit, substanlia vel non-substantia, quamvis significatio termini
faciat, quod de illo, non pro se, praedieetur hoc nomen „substantia* vel non prae
dicetur...... Quodlibet universale est intentio animae, quae secundum unam proba
bilem opinionem ab actu intelligendi non distinguitur; unde dicunt, quòd intentio,
qua intelligo homines, est signum naturale significans hominem, ita naturale, sicut
gemitus est signum infirmitatis vel doloris; et est tale signum, quod potest stare pro
hominibus in propositionibus mentalibus, sicut vox polest stare pro rebus in propo
sitionibus vocalibus ......., Quod autem substantia non sit nata praedicari, patet,
qiiia, si sic, sequeretur, quod propositio componeretur ev substantiis' partidulâribus
et per consequens subiectum erit Romae et praedicatum '0æoniae (bezüglich des Letz
teren vgl. Ann. 599).' * * * • • • , , , • * • • , n.
348 XIX. 0ccam! (Parteistellung).
kommt, ist nicht etwa eine objective Wesens-Identität des Universalem und
des Singulärem, sondern beruht lediglich auf dem Begriffe des „Zeichens“
(signum), welehes ja- als solches mehrerem Bezeichneten gemeinsam ist 7°°);
und ' daher wird bei Erkenntniss eines Universale hinwiederum nicht aus
schliesslich oder einseitig bloss der geistige Begriff erkannt, sondern zu
gleich mit ihm gemeinsam auch das Singuläre, auf welches er sich be
zieht '""). Aber dabei dürfe man sich durch das Wort,,singularis“ nicht
täuschen lassen, denn dasselbe habe einen doppelten Sinn : nemlich einer
seits bedeute ,,singulare“ dasjenige, was Eines und nicht Wieles ist, und
in diesem Sinne sei Alles nnd Jedes ein Singuläres, mag es ein Ding
oderein Zeichen oder eine intentio oder ein Universale sein, imdem auch
letzteresi irgend Ein bestimmtes psyehisches Moment ist, und somit gebe
es in diesem Sinne, da für die Philosophie Nichts zugleich Eines und
Vieles ist (--- anders in der Theologie, welche ja lehrt, dass 1 = 3 ist,
vgl. Anm. 733* —), überhaupt. gar kein Universale; hiegegen andrerseits
hedeute ,,singulare“ dasjenige, was in der Einheit seines Seins auch nur
Eines (nicht aher Wieles) „bezeichnen“, kann, und in diesem Sinne bestehe
ein Unterschied oder selbst ein Gegensatz zwischen dem Singulären und
dem Universale, insoferne letzteres, während es allerdings Eines ist, zu
gleich wesentlichst dem Beruf hat, Mehreres zu bezeichnen, und somit
gebe es von Natur aus sowohl singuläre als auch universelle intentiones
animae, eine Unterscheidung, welöhe bei den Wortem mur auf willkürli
cher Einrichtung (Anm. 757, 774, 781) beruhe, daher auch die Singu
larität, vermöge deren ein Wort „terminus discretus“ ist, als dritte Be
deutung des „singulare“ genominen werden könne ""').
789) Evpos. aur. Praedicab. de genere: Illud, quod praedicatur de pluribus
differentibus specie, non est aliqua res, quae sit de esse illorum, de quibus praedi
catur, sed est una intentio, in anima naturaliter significans omnes illas res, de qui
bus praedicatur ..... Et ideo genus non est commune pluribus per identitatem in eis,
sed per quandam communitatem signi, quomodo idem signum est commune ad plura
signata...... Divisio praedicabilium non est divisio primo rerum, quae sint in ge
nere substantiae, sed est divisio nominum vel conceptuum vel intentionum in anima.
790) Sent. I, Dist. 2, qu. 4 Q: Secundum unam opinionem intellectus intelli
gendo hominem, non intelligendo aliquem hominem singularem, non intelligit rem
unam de genere substantiae, sed tantum , intelligit quendam conceptum mentis ......
Sed secundum aliam , opinionem vere intelligitur quilibet homo singularis, non cogni
tione propria nec aequivalenti, sed communi tantum.
791) Eaepos. aur. Perierm. C. 5: Vox est singularis in se, sc. quia est una res
et non plures ; potest tamen esse universalis per significationem et praedicationem.
- - - - - Singulare accipitur dupliciter: uno m0d0 pro e0, quod est unum et non plura,
et isto modo quaelibet res, sive sit signum sive signatum sive vov sive conceptus, di
citur singularis, et sic nulla res est universalis, ..... quia , nihil est unum et plura
secundum philosophos, quamvis secundum theologos posset concedi, sed de hoc non
est modo curandum (d. h. die Trinitäts-Lehre liegt ausserhalb der Philosophie)....
Alio modo accipitur pro e0, quod non est praedicabile et quod non significat plura,
et universale dicitur per oppositum illud, quod praedicatur de pluribus et est signum
plurium et, plura significat, quamvis ipsum in rei veritate sit unum et non plura,
et islo modo secundo accipiendo singulare et universale non esl idem ....... Inten
tionum animae, quaedam sunt universales et quaedam singulares, voces autem non
sunt singulares nec universales nisi , per institutionem sive ad placitum. Summa t.
log. I, 14, f. 6 v. B: ' Singulare potest, sumi dupliciter. . Uno modo hoc nomen ,,sin
gulare“ significat illud, quod est unum et non plura; et hoc m0d0 tenentes, qu0d uni
versale est quaedam qualitas mentis praedicabilis de pluribus, non tamen pro se, sed
XIX. 0ccam (Parteistellung). 349
Kehrt somit. 0ccam betreffs der Universalien, ebenso wie, ibei , intentio
(Amm. 778), immer wieder auf, die Aussagbarkeit, auf, ,,dici, de pluribus“,
und somit grundsätzlich (vgl. Anm. 768) auf das Urtheil, zurück ""*), so
ist es schliesslich. ebem dieser nemliche Standpunkt, welchem, er in peinli
cher Ausführlichkeit. und - unter , scrupulöser, Formulirung , aller, möglichen
Fragen, aller' Gründe und Gegengründe, bei der Discussion über die, Uni
versalienim Commentar zu Petrus Lombardus vertritt. Folgen ; wir dem
dortigem Werlaufe (einige anderweitige, Belegstellen aus, anderem. Schriftem
bei, einzelnen Punkten nicht vernachlässigend), ' so, begegnet ; uns. als, erste
die Frage, ob die Universalien wirkliche Dinge , ausserhalb der Seele seien,
welche dem einzelnen Dingen, deren gemeinsame Prädicate sie sind, we
sentlich innem einwohnen, währemd sie von denselben , real, verschiedem
sind; und indem num gegenüber dem Standpunkte der subjectiv psychi
schem, Auffassung diese Frage demnoch im Hinblicke auf die Wesens-Ein
heit, gleichnamiger Individuem und auf die Unvergängliehkeit , der Allge
meinbegriffe manigfach bejaht werde "°°), bemerkt hiegegen Oecam vorerst,
-— ---- -
pro illis pluribus, dicere habent, qu0d quodlibet universale est vere et realiler singu
lure (diess heruht auf einer schon von Middleton, ob. Anm. 230, benützten Stelle
Avicenna's)..... Aliter accipitur nomen „singulare“ pro omni eo, quod est unum el
est signum alicuius singularis nec est natum esse signum plurium. Et sic nullum
universale est singulare, quia quodlibet universale * natum est esse signum plurium.
...... Unde vocando universale aliquid, quod non est unum numero, quam, acceptio
nem multi tribuunt universali, dico, quod nihil est universale, nisi, farte, al)uletur, ww
cabulo dicendo, populum non esse unum numero et, esse, universale; sed puerile esset.
Dicendum est igilur, quod quodlibet universale est una res, singularis, et, ideo npn est
universale nisi per significationem, quia est signum plurium..... Forma, quamvis, in
comparutione individuorum sit universalis, tamen in comparalione, animae , singularis,
in qua imprimitur, est individua, ipsa, enim est una eae formis, quae sunt, in, intel
lectu. Quodl. V, qu. 12: Utrum universale sit singulare ..... , Logice loquando tri
pliciter accipitur singulare et individuum. Uno modo dicitur singulare,, quod est, unu
res numero et non plures res; , alio m0d0 dicitur singulare, res , eaetra, animam, quue
est una et non plures nec est signum alicuius;, tertia, m0d0 ..... signum proprium
uni, quod vocatur terminus discrelus ...... , Universale est , singulare, et individuum
primo modo, quia vere est una qualitas menlis singularis, et non, est, plures, qualila
tes. Sed secundo modo non est singulare, quia nullo m0d0 , est, res extra, animam
quodcunque universale; similiter , universale non est singulare terlio modo, quia, uni
versule esl signum naturale vel voluntarium commune , pluribus et (non tantum , uni.
S. Amm. 839. - \ • • • , - ,w *
792) Eaepos. aur. Praedicab. de specie: , 0rdo praedicamentalis non componitur
eae rebus eaetra animam, sed ev conceptibus et inlentionibus , in anima, quae non ha
bent aliquem ordinem, nisi quod unum est communius et dicitur, de pluribus et illud
vocalur superius, el aliud est minus commune et dicitur, de paucioribus et illud est
inferius ..... Species conlinet individua non sicut quoddam totum, de cuius essentia
sint individua, ...... sed contineri , hic idem est quod de pluribus praedicari.
793) Senl. I, Dist. 2, qu. 4 A: Quaero, uirum illud, quod immediate et pro
arime denominatur ab intentione universalis et, univoci sit aliqua vera res , eaetra ani
mam inlrinseca et essentialis illis, quibus est univoca et communis, distincta, realiter
ab illis. Primo, quod sit vera res. essentialis et, intrinsecu illis, quibus est commune,
videtur, quia ...... isti du0 homines, universalis et, particularis scilicet, cui , accidit
univocatio, sunt unum essenlialiter; sed illud, quod est unum essentialiter, cum ali
quo enle reali eaclra animum, est vere res et essentialis alicui rei ..... Secundo, quod
sit res distincta realiter, videtur, quia impossibile est, eandem rem esse corruptibilem
et incorruptibilem; sed universalia sunt incorruptibilia, ..... ergo, non sunt eaedem
res cum singularibus. Ad oppositum: ...... unum et ens sunt eae relius universali
bus, quae non habent esse eaclra animam ..... Ad istam quaestionem est una, opinio,
350 XIX. 0ccam, (Parteistellung).
\
dass. bei sólcher Anmahme diei Universalieii, bereits. singularisirt,, d.ih. zu
concretem Einzelm-|)ingen gemacht.seiem, bei ; welchen einelangel)liche com
*nunicabilitasi (tliomistische, Ansicht,) s. Abschn,, XWII, Anm. 380-392 u.
494), einerseits zweifelhaft bleibe und andrerseits eine Singularisirung oder
örtlichei Vervielfältiguiig, dochi nicht, ausschliesse ; ferner, dass diei. Univer
saliem damni mur. Summanden oder Theile (vgl. Anm. 781, 799 f.), des We
sens der Einzelndinge sein könntem, wormaeh in einem Individuum elyenso
viele, ,,resf* stecken, müssten, als Universalien vom ihm ausgesagt werdem;
ausserdem dass das Universale micht Gegensätze in sieh aufnehmen könne,
was, dooh^ bekanntlich bei Substanzem , wesenllich / der Fall, sei; endlich
*dass mit der Vernichtung Eines, Individuums , der Untergang der ganzen
(}aitung verbundem sein müsste 7"*). Ueberhauptja sei die Annahme einer
derartigem Existenz der Universalien weder zur Erklärung ides , Urtheiles
möthig, oder zulässig, , weil „ der.Theil , (--- Theile aber seiem , in solchem
Simne die Universaliem —) nicht wesentlich vom Ganzen prädicirt werdem
könne, noch bedürfe man derselben zum , Behufe der realem Disciplinem,
weil für diese das Urtheil allein genüge (s. sogleich Anm. 797 f.), noch
auch endlich zum, Behufe der Definition ,, da diese immer etwas , vom de
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quod quodlibet universale univocum est quaedam 'res, eavistens eaetra animam realiter
in quolibet singulari et de esséntia cuiuslibet singularis distincta realiter, a quolibet
singnlari et a quolibet alio universali..... • Pro , illa opinionew arguunt , multipliciter,
d. h. es. werdem nnn dreizehn Gründe afür dieselben angeführt. , , , ww , w, ov
w 794) Ebend. D: Ista opinio est simpliciter falsa et absurda ; ideo arguo contra
eam primo sie: »Nulla. una res, numero non variata nec multiplicata est , in , pluribus
' suppositis^ vel singularibus nec etiam quibuscunque individuis creatis simul et semel,
sed talis res, si poneretur, esset una numero, ergo non esset in pluribus singularibus
; nee de wessentia illorum ....... Sed res singularis et universalis per se .sunt duae res
' distinctae realiter et aeque simplices, vel res universalis est magis simpleae, nec maio
rem pluralitatem rerum intrinsecam includit una quam alia, sc. res wniversalis quam
singularis ; igitur si res singularis est una numero,” res universalis verito una numero.
..... , ' Si dicitur, quod \illa res univérsalis est realiter communicabilis multis et est
realiter in multis, non sic autem res singularis, et ideo, quamvis non includat intrin
sece maiorem pluralitatem rerum, non tamen est una numero sicut res singularis, con
tra quaero, quomodo est communicabilis multis et quomodo est in multis ...... Si di
citur, quod ipsa non variata, in se nec multiplicata communicatur multis et distincta
remanet realiter ab illis , talis communicabilitas vel eacistentia in multis non eaccludit
wnitatem numeralem ...... 0mnis res faciens, numerum cum alia re. distincta est una
res numero, vel plures res numero; sed talis res universalis si ponatur, vere facit nu
merum eum re singulari; ergo ipsa est una res numero vel plures res mumero; sed
non est plures res numero;..... ergo est una numero ..... Si dicitur, quod illa res
vniversalis est de essentia Socratis ei non tota essentia Socratis, quia tunc non esset
res alia a Socrate, ergo \ est, pars essentialiter Socratis, eæ illo . sequuntur multa ab
surda...... Sequeretur, quod tot essent res realiter distinetae in quolibet , singulari,
quot sunt universalia praedieabilia • univoce de eodem ..... 0mnis res eætra animam
in genere subslantiae est, susceptiva contrariorum; ergo si sit aliqua substantia , uni
versalis, vere erit suscepliva contrariorum; sed nullum universale est susceptivum com
trariorum; ergo nullum tale universale est res realis in genere substantiae., Summa t.
log. II, 2, f. *25. v. B: Si humanitas sit alia res a singularibus et sit de essentia
singularium ;' ergo idem non variatum esset in pluribus, et ita unum non variatum
numeraliter esset in • diversis locis; quod est falsum. • Similiter , idem non variatum
damnatum win Juda et salvatum in Christo, et ita aliquid esset damnatum et miserum
in Christo; * quod est absurdum. Similiter tunc deus non posset aliquid individuum
annihilare, nisi destrueret omnia ihdividua eiusdem generis. •* • .
XIX. 0ccam (Parteistellung)! 351
finiiitem Gegenstande Werschiedemes· ist 7°°). Hiezu aber fügt er noch einen
anderem, Einwand, welcher mach , der Lehre vom consequentia formulirt ist
und , auf der Theorie der suppositio beruht (vgl. Anm. 777, u. 781)5 mem
lich, falls- das Universale in dem angegebemem , Simne, eine „res“, wäre,
d., h. nicht bloss. ein Zeichen für ein Bezeichnetes, so misste es befähigt
sein, für sich selbst supponirt zu werden; dann aber käme mani bei der
Folgerung „Mensch ist eine Species, also , ist/Thier eine. Species*** oder, l)ei
dem Urtheile „Die miederste Species, istheine Substanz“, zu falschen , Be
hauptungen, sowohl wenn man nach suppositio personalis,iials.auch weam
mani nach , suppositio simpleae , verfährt;, also. könne, das | Universale, nicht
eine res sein """). Ausserdem müsse um der logisch Ungeübten willem
bemerkt werdem, dass der Bestand, der realem isciplinen durchaus micht
einen Einwand gegen die Subjectivität der psychisch erfässtem Universa
lien in sich schliesse (wie Burleigh gemeint hatte, s. ob. Amm. 591 u. 598);
demm vor Allem habe jede Wissenschaft, möge sie real oder rational sein,
mur Urtheile' zum Gegenstande, weil Urtheile affein es seiem, welche „ge
wusst“ werden (s. Anm. 754), wobei es, für die, Währlieit des Urtheiles
gleichgültig sei, ob es aus Geschriebenem oder, aus, gesprochenem Wortem
oder inmerlich aus Begriffem bestehe;, Worte ja seien bei jeder Wissen
sehaft fiblich, der Unterschied hingegem liege nmr darim, dass bei dem
reálem Disciplinem die Worte (oder termini) durch suppositio auf coii
crete, einzelne I)inge, bei, dem rationalem durch, suppositio auf, Begi ille,
und bei , den, grammatischen, Theorien durch suppositio , auf, Worte selbst
, , w w , \ \ \ \ . \\w,,, ,,, , , \\, \. , , , , *» ' \\ \^ \ • • • • • • w • \ .
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v, 795) Sent. I, a., a. 0. :, Ideo dico , qliler ad, quaeslionem, quod nulla res realiter
distincta a singularibus rebus et intrinseca, eis est universalis et conmunis eis, quia
talis res, non esset ponenda , nisi ad salvandam praedicationem essentialem, unius, de
altero vel ad salvandam scienliam de rel)us et diffinitiones rerum, quas, omnes, innu
unt arguentes pro opinione Platonis., Sed primum non, valet, quia, eo a ipso, quod
ponitur intrinseca ibi et distincta a re singulari, 0p0rtet, quod sit pars, rei, sed, pars
n0n. potest praedicari essentialiter de re....... Nec propter, secundum oportet, ponere,
quia ad habendum scientiam realem sufficit habere propositiones per se, quae possunt
haberi sine, tali alia re ..... Nec 0p0rtet. lalem rem ponere propler tarlium,...... (F)
quia numquam diffinitio et diffinitum sunt, eadem res ; sicut enim non sunt, idem ter
minus, ita non sunt eadem res, ho6 non obstante, quod pro, eadem re supponunt (letz
teres ebenso Summa t. log. I, 20, f. 8. v.. B..und. hiezu Anm.:848). ' * r, ,
, 796) Ebend. Ab inferiori , ad, superius est bona consequentia, (s. Abschn., XVII,
Amm. 623), quando, sc. superius, et inferius supponunt pro rebus , celeris, quamvis, non
sequitur, quando supponunt pro se, ipsis ; ergo sequitur „homo est. species, ergo ani
*mal est species*; quaero ergo, quomodo supponit, „animal“; aut personaliter, et tunc
haec est falsa, quia, nullum , animal, est species; aut, simpliciter, et tunc est falsa,
quia lunc animal supponit, pro illo communi, et illa res communis, non est , species
specialissima, sed genus..... Praeterea si haec sit vera „species , specialissima , est
subslantia“, aut substantia supponit simpliciter aut personaliter: si simpliciter, tunc
haec est falsa, quia tunc species specialissima essel genus generalissimum; si personaliter,
adhue est falsa, quia tunc supponit, pro suppositis et singularibus, et per, consequans
species specialissima esset aliquid, singulare. . Ideo dico, quod nulla res talis, est, quae
sit, universalis , et inlrinseca illis, quibus est communis. , Summa t. log. I, 66, f., 21
v. B; Supposilio simpleae est, quándo terminus supponit, pro intentione animae, (s. l
untem Anm. 877 u. 879), quae aliquando est, communis pluribus per praedicationem,
aliquando vero esl. propria uni; et ratio huius est, quod nihil est a parle rei, quando
sit, simpliciter singulare. Unde error, illorum, qui credebant, aliquid esse in re prae
ter, singulare, et quod humanitas, distineta ansingularibus, est aliquidi in lindividuis et
de essentia eorum, induaeit eos in illos errores et multos alios logicales. , , i ,,.,,, ,
352 XIX., 0ccam (Parteistellung),
sich beziehen , (vgl. Anm. 776); jene innerem iUriheile, aber, welche, allem
ausgesprochenem Urtheilen zu Grunde liegen (Anm. 769), seiem, eben, uur
aus solchem termini zusammengesetzt, welche Begriffe, sind 7°7). , Darum
solle , mam auch , mit Sophistereien, welche dem juristischen Gebiete der
Stipulation entnommen sind (s. ob. Anm. 590), nicht weiterem Unfug trei
ben ; demm sowie jene derartigem Beispiele sich einfach durch suppositio
confusa tantum, (s. Abschn. XVII, Anm. 205 ff.) lösen, so komme über
haùpt in den Urtheilen Alles, auf die suppositio an, deren Kemntniss, in
allem Detail allerdings Sache, des Logikers sei7°°). • • !
Die zweite Frage, welche dahin geht, ob die Universalien als wirkliehe
' 797) Sent. a. a. 0. qu. 4 M: Scientia realis non est semper de rebus tanquam
de illis, quae immediate sciuntur, sed de ' aliis pro rebus tantum supponentibus .....
tfygt aliquos ineæercitatos in logica sciendum est, quod scientia quaelibel, sive sit
l reulis 'sive, rationalis, est, tanlum de prop0sitionibus, tanquam de illis, quae , sciunlur,
(quia solae propositiones sciuntur ..... Sicut propositio prolata vere componitur eae
\ocibus et proposilio scripta vere componitur eae scripturis, ita propositio tantum
] concepta componitur tantùm eæ intellectionibus'vel conceptibus seu intentionibus ani
t mae ..... Sicut'propositio prolata scitur, ...... ita propositio in menle, quae nullius
linguae, est, vere scitur ..... Scientia aliquarum lalium propositionum prolatarum est
realis, el aliquarum, rationalis, et tamen, illa, scita et omnes, partes istorum vere sunt
voces, quia, cum partes aliquarum supponunt et stant non pro se ipsis vocibus, sed
prò rebus eaetra, puta pro' sübiectis,'ideo illarum propositionum scientia dicilur realis;
aliae autem partes aliarum propositionum stant pro ipsis conceplibus mentis, ideo scientia
illárum potest dici; rationalis vel logicalis; et istarum proposilionum prolalarum, e. 9.
,,h0m0 est v0ae bissyllaba“, potest dici grammatica. Et tamen omnes propositiones tales
et partes earum sunt voces, et solum dicuntur ad diversas scienlias pertinere, quia
partes pro diversis supponunt, quia aliquae supponunt prò rebus, aliquue pro conceptibus
mentibus, et aliquae pro ipsis vocibus. Ergo eodem m0d0 proportionabiliter de proposi
tionibus in mente, quae vere possunt sciri a nobis, quia omnes termini illarum sunt
[tantum conceptus, et non sunt ipsae, substanliae eaetra..... In ista propositione in
| mente „omne corpus componitur eæ materia et forma singulari“ non fit suppositio
| pro aliquo corpore universali, quia nullum tale corpus est, .... sed scientia isto modo
lest de rebus singularibus, quia pro ipsis singularibus termini supponunt. Ebend. N:
iNihil refert ad scientiam realem, an termini propositionis scitae sint res eætra ani
lmam vel. tantum sint in anima, dummodo stent, et supponant pro ipsis rebus eaetra ;
et, ita propter scientiam realem non opporlet ponere tales res uniuersales distinctas
realiter a rebus singularibus. Hiezu Amm. 843, a. Ende.
798) Ebend. X: Si proterviatur,...... quod haee est vera „aliquis promitlil, se
dulurum alteri aliquem equum“, tunc quaero: aut iste promittit alteri rem aliquam
singularem aut , universalem aut conceptum. Non rem , singularem, quia non plus
unam, quam aliam, et ita vel nullum equum promittit et ita possel tenere promissum
nullum equum dando, vel promittit quemlibet equum et ita non posset tenere promis
sum nisi dando quemlibet equum. Si promillat rem universalem, habetur proposilum.
Si eonceptum, hoc non est verum, quia promittit veram rem ...... Ista cavillalio non
esset hic ponenda, nisi quia aliqui putantes, se scire logicam, ponderarent talia pue
rilia, propter quae ponuntur multa absurda circa suppositionem terminorum...... Est
fallacia figurae dictionis commulando unum modum supponendi in alium ...... In
ista propositione ,,equum“ supponit confuse tantum vel aliquo modo consimili, quia
non supponit confuse et distributive ...... Saepe terminus praedicatus habet supposi
tionem comfusam tanlum vel aliquam, quantum ad praedicala , consimilem cum signo
distributivo praecedenti; verumlamen utrum vi sermonis habeat suppositionem confusam
tanlum vel non, ad praesens non curo, et ideo ista omittamlur, quiai pertinent ad lo
gicos. Ignorantia tamen istorum facit multa. difficilia et in theologia, el in aliis scien
tiis realibus, quae, si ista puerilia essent perfecte scitu, essent\ valde facilia. Hiezu
d. Schluss d. Anm. 879; vgl. auch Anm. 806; die logische Lösung aber des juri
stischen Beispieles s. untem Amm. 885.. - - - - - -
• •• ' •* • . ** , ,
XIX. 0ccam (Parteistellung). 353
äussere Dinge, in den Individuen, von welchen sie , reell verschieden
seien, mittelst einer Wervielfältigung reell existiren, liegt eigentlich näher
an der Controverse über das Princip der Individuation, wurde aber jeden
falls nur vom Halb-Thomistem auf Grundlage Albert's (s. Abschn. XVII, Anm.
378, 381 f., 393) bejaht; denn soweit unsere Kenntniss der verschiede
men Parteistellungem reicht, finden wir diese Ansicht hauptsächlich von
Herveus (ob. Anm. 411 u. 416), theilweise auch von Gottfried von Fom
taines (ob. Anm. 66) und von Aegidius (ob. Anm. 382 f.) vertretem; Occam
aber bekämpft dieselbe darum, weil im Hinblicke auf die Werschiedenheit
der Individuen dann zuletzt ebenso viele niederste Artem statuirt werden
müsstem, als es Individuem gibt, und weil auch hier das Universale zu
eimem real , verschiedenem wesentlichem Theile des Einzeln-Dinges gemacht
werde, während das Bestehen eines Theiles im Wesen, wenn überhaupt
zulässig, nur in der prädicativem Aussage der Artbegriffe im Vergleiche
mit den Gattungsbegriffen gefunden werden könne """), sowie* man bei
Allem stets das Verhältniss der Aussage und der Suppositions-Fähigkeit
als einzig richtiges im Auge behalten müsse *"").
Die Beantwortung hingegen der dritten Frage, welche gleichfalls in
das Princip der Individuation hinüberspielt, nemlich ob die Universalien
etwas ausserhalb der Seele Bestehendes seiem , welches mur formaliter
(nicht aber real) vom Individuum verschieden sei, ist direct gegen Scotus
799) Sent. I, Dist. 2, qu. 5 A: Quaero secundo, utrum universale et univocum
sit vera res eætra animam realiter distincta ab individuo, in eo tamen realiter eaeistens
realiter multiplicata et variata ..... (B) Est una opinio, quae imponitur doctori sub
tili a quibusdam, sicut ab aliis opinio recitata in praecedente quaestione (d. h.
Anm. 793) sibi imponitur (somach bestanden damals sogar darüber Meinungsver
schiedenheiten, was Lehre des Scotus sei nnd was nicht; jedenfalls aber waren die
beiderseitigen Referentem, auf welche sich hier 0ccam beruft, ziemlich unwissende
Menschen, wahrscheinlich ächte Thomisten); et est opinio, quod universale est vera
res eætra animam distincta realiter ab una differentia contrahente, realiter tamen
multiplicata et variata per talem differentium contrahentem. Sed ista opinio videtur
esse simpliciter falsa, quia...... (C) humanitas Socratis realiter distinguitur a diffe
rentia contrahente illam humanitatem (d. h. wenn zum Universale die Individuation
als etwas Werschiedenes hinzutreten soll)...... Si humanitas sit alia et alia, erg0
tot erunt species specialissimae, quot sunt individua ...... (D) Dico ad quaestionem,
quod in individuo non est aliqua natura universalis realiter distincta a differentia
contrahente, quia non posset ibi poni talis natura, nisi esset pars essentialis ipsius
individui ..... Similiter si in individuo essent talia duo realiter distincta, non videtur
includere contradictionem, quin unum istorum posset esse sine altero, et tunc posset
esse gradus individualis sine natura contracta vel e converso, quorum utrumque est
ubsurdum..... . Universale aliquo modo significat partem, quando est genus ad multa
composita distincta formis specificis; ...... et ideo universale non est realiter pars,
et ide0 non 0p0rtet, quod realiter multiplicetur.
800) Eaepos. aur. Praedicab. De specie: Sicut genus non est de esse speciei nec
pars eius, ita species non est de esse individui, sed est quaedam inlenlio in anima
significans ipsa individua, et est praedicabilis de eis non pro se, sed pro ipsis indi
viduis, quia ..... praedicatum non supponit pro se, quia tunc denotaretur, quod S0
crates esset hoc praedicatum commune „homo“, quod est manifeste falsum, sed ,,homo“
supponit pro ipsis individuis ..... Ideo species non est realiter in individuo. Summa
t. log. I, 20, f. 8 v. A: Genus non est aliqua res eaetra animam eæistens de essentia
illorum, de quibus praedicatur, sed est quaedam intenlio animae praedicabilis de
multis, non quidem pro se, sed pro rebus, quas significat.
PRANtl, Gesch. III. 23
354 XIX. 0ccam (Parteistellung).
gerichtet *"'). Und zwar wendet Occam gegen denselben ein, dass es im
Umkreise der natürlichen Dinge überhaupt keime formale Unterscheidung
ohne eine reale geben könne (anders verhalte es sich freilich bei der
Trinität, vgl. Anm. 791), dass der äussere Gegenstand, welcher als sol
cher singulär ist, nicht zugleich gemeinsam sein könne, dass es (wie oben
Anm. S00) Zuletzt so viele Artem als Individuen geben müsste, oder dass
entweder alles Singuläre ein Universale wäre oder es kein Universale
gäbe (wie oben Amm. 794) und somit der Unterschied der Individuem ge
tilgt werde, dass von Natur aus nicht das Allgemeine als das Frühere
beabsiehtigt werde, sondern gerade das Singuläre (ob. Anm. 783), emdlich
dass in den Urtheilen das Prädicat zugleich sein eigenes Subject wäre,
weil ja der höhere und der niedere Begriff real das Nemliche seien *"*).
801) Sent. 1, Dist. 2, qu. 6 A: Quaero terlio, ulrum aliquid, quod, est univer
sale et univocum, sit realiter eaetra animam eae natura rei distinctum ab individuo,
quamvis non realiter...... Dicitur, quod in re eætra animam est natura eadem rea
liter cum differentia contrahente ad determinatum individuum, distincta tamen forma
liter, quae de se nec est universalis nec particularis, sed incomplete est universalis
in re, et complete secundum esse in intellectu. ' Et isla opinio est, ut credo, opinio
subtilis doctoris, qui alios' in subtilitate iudicii eæcellebat (s. ob. Anm. 100, 102,
121 f.)......*' Et est de intentione istius doctoris, quod praeter unitatem numeralem
est unitas realis minor unitate numerali (Amm. 141)..... Non est ergo ista entitas
materia vel forma vel compositum, inquantum quodlibet istorum est natura, sed est
ultima realitas entis, quod est materia, et entis, quod est forma, et entis, quod est
compositum (Amm. 147)..... (D) Pro conclusione, principali istius multipliciter (folgen meum Gründe). opinionis arguitur - . i *.
802) Ebend. E: Contra istam opinionem potest argui duplici via. Primo, quod
impossibile est, in creaturis aliqua differre formaliter, nisi distinguantur realiler (s.
Anm. 817)...... (F) Secunda via potest argui contra praedictam opinionem, quod
non est vera, eliam posit0, qu0d esset talis distinctio ; primo sic : quandocunque cpn
venit alicui realiter unum 0pp0situm, ..... reliquum opposilorum sibi non c0nvenit
realiter; ..... sed per te omnis res eætra animam est realiter, singularis una numero,
• • • . • • ergo nulla res eætra animam est realiter communis , nec una unitate opposita
unitati singularitatis ...... (G) Secundo principaliter iuaeta istam viam argu0 sic,
quia, si natura islo m0d0 esset communis, sequeretur, quod tot essent species et
genera, quot sunt individua ..... (H) Si dicatur, quod res non est complete univer
salis, sed solum secundum quod est considerata ab intellectu, contra quaero de illo,
quid immediate denominatur universale. Aut est praecise una res eætra animam, aut
erit praecise ens ralionis, aut est aggregatum ev ente reali et ente rationis. Si detur
primum, habelur, qu0d res singularis est simpliciler complete universale , contra dictum
proprium ...... Si delur secundum, sequitur, quod nulla res est universalis nec c0m
pletive nec inchoative ..... Si detur tertium, ..... slabit, quod quot sunt individua,
tot erunt genera generalissima ...... (J) Tertio arguo sic: humanitas in Socrate et
humanitas in Platone realiter distinguuntur, ergo utraque illarum , est realiter una
numero, et per consequeus neutra est communis ...... (M) Quae sunt una res in
creaturis, non sunt alterius et alterius rationis; sed differentia individualis et natura
c0ntracta sunt una res ...... Socrates includeret aliquid alterius rationis ab illo, qu0d
est in Platone, quod falsum est, quia tunc Socrates et Plato non essent simpliciter
eiusdem rationis ....... (0) Quod natura est prior naturaliter hac entitate, ut haec
est, hoc non est verum ....... (R) Illud, quod est universale et univocum, non est
aliquid realiter eæ parte rei, distinctum formaliter ab individuo, ...... quia lunc
quandocunque praedicatur superius de inferiori, praedicaretur idem de se, quia supe
rius et inferius essent eadem res (in Bezng auf Letzteres vgl. Anm. 812). Summa
t. log. II, 2, f. 26 r. A : Nec valet dicere, quod humanitas Socralis non distinguitur
a Socrate realiter, sed formaliter tantum; quia talis distinctio non est ponenda in
creaturis, quamvis aliquo modo posset poni in divinis; et hoc, quia in crealuris im
• • . i . .
.XIX.: 0ccam (Parteistellung). [355
Die gleichen Einwände richtet. 0ccam auch anderwärts gegen die Scoti
sten mit specieller Bezugnahme auf das Princip der Individuation, bezüg
lich dessen er in ganz, ähnlicher Weise, wie Durand (ob. Amm. 569), und
Burleigh (ob. Anm. 603) im Gegensatze gegen die Häcceität des Scotus, an
eine, materia particularis in Verbindung : mit einer forma particularis
denkt*"*), woraus folgt, dass Individuem gleieher Art lediglich mittelst
ilhrer selbst in einem Gemeinsamen zusammentreffen, was , durch die im
tentio in einem Zeichen des Wesens ausgedrückt wird , ; sei es als ein
Substantielles oder sei es als, eine der übrigem meum Kategorien; deum
dass mam das Universale selbst auch ein Accidens mennen könne, betreffe
nur das psychische Auftreten desselben, nieht aber das Wesem des durch
die intentio Bezeichneten *"*).
I)urch die vierte Frage werdem die vorhergehendem drei Zusammen
allgemeiner dahin formulirt, ob das Universale überhaupt in irgend einer
Weise , sachlich ausserhalb der Seele existire; und aus , einer Aufzählung
possibile est dare aliquam rem unam numero, quae sit realiter plures res et quae
libet illarum, sicut est in divinis, nam divina essentia est tres personae etc.
803) Summa t. log. I, 16, f. 7 r. B: Videtur tamen aliquibus, quod universale
aliquo modo est eætra animam et in individuis, rion quidem distinctum ab his rea
liter, sed tamen formaliter; unde dicunt, quod in Socrate est natura humana, quae
contrahitur ad Socratem per unam differentiam individualem, quae ab illa natura
non distinguitur realiter, sed formaliter, unde non sunt duae res, una tamen non est
formaliter alia. Sed haec opinio videtur esse irrationabilis, quia in creaturis non
potest esse aliqua distinetio qualitercunque eætra nnimam, nisi ubi sunt res distinctae.
- - - - - - Item eadem res non est communis et propria ..... Item si natura communis
esset eadem realiter omni differentiae individuali, ergo tot essent realiter naturae
communes, quot sunt differentiae individuales ...... Item quaelibet res se ipsa, et
non per aliud, distinguitur, a quocunque distinguitur..... (v. A) Dicendum est igitur,
quod in ereaturis nulla est talis distinctio formalis ...... Et ideo non est imaginan
dum, quod in Socrate sit humanitas vel natura humana distincta a Socrate quocunque
modo, cui addatur una differentia individualis contrahens illam naturam, sed quidquid
imaginabile substantiale eæistens in Socrate vel est materia particularis vel forma
particularis vel aliquid compositum eæ his, et ideo omnis essentia et quidditas et
quidquid est substantiae, si sit realiter eaetra animam, vel est simpliciter et absolute
materia vel est forma vel compositum eae his.
804) Ebend. 17, f. 7 v. A: Multis non parvae auctoritatis viris videtur, quod
•universale aliquo modo sit eaetra animam et de essentia substantiarum particularium,
ad quod probandum nonnullas rationes, et auctoritates adducunt. Unde dicunt, quod,
quando aliqua realiter conveniunt et realiter differunt, per aliud conveniunt et per
aliud differunt, ..... ergo includunt aliqua praeter ista, quibus distinguuntur.... . .
Item plus conveniunt Socrates et Plato, quam Socrates et 'asinus (s. ob. Anm. 99),
ergo in aliquo conveniunt Socrates et Plato, in quo non conveniunt Socrates et asinus.
- - - - - - Item si universale non esset substantia, omne universale esset accidens ......
Et ad istas rationes respondeo ...... Concedendum est, quod Socrates per idem con
venit specifice cum Platone et differt , numeraliter, ab eodem, ..... sed sufficit, quod
se, ipsis conveniant...... Loquendo de vi vocis et secundum proprietatem sermonis
concedendum est, quod nullum universale est de essentia cuiuscunque substantiae ;
omne enim universale est intenlio , animae vel aliquod signum voluntarie institutum,
tale autem non est de essentia substantiae ... ... Sed magis proprie loquendo debet
concedi, qu0d universale eaeprimit vel explicat essentiam substantiae, h. e. naturam,
quae est substantia....... Habent dicere- illi, qui ponunt, intentiones animae esse
qualitales mentis, quod omnia universalia sunt, accidentia, non tamen , omnia univer
salia sunt signa accidentium, sed aliqua sunt signa substantiarum tantum et illa
constituunt praedicamentum substantiae, alia autem constituunt alia praedicamenta.
(Betreffs des Letzteren vgl. Anm. 812.)
23 *
356 XIX. 0ccam (Parteistellung).
verschiedemer Meinungen, wobei wir deutlich nicht. bloss den Thomismus
umd den Scotismus, sondern auch Baconthorp, Aegidius, Durand, Burleigh,
Mayron, Herveus und Aureolus wiedererkennen, liest sich 0ccam in sei
ner Weise heraus, dass Alle eben doch in irgend eimer Beziehung das
Universale mit dem Singulären identificirem und somit dem ersteren einem
sachlichen Charakter beilegem °''°). Hingegen mach seiner eigenen Ansicht
müsse durchweg , daran festgehalten werdem, dass in der Aussenwelt
schlechthin nur Singuläres existire (s. Anm. 781 u. 783) und dass dieses
unserem Intellectus , reize („movet“, vgl. Amm. 784), welcher danm den
Gegenstand vorerst verworrem und hierauf deutlich (confuse und distincte,
vgl. Anm. 786 f.) erfasse ; und es liege somit alle Universalität lediglich
im subjectiven Intellectus, wie schon Aristoteles mit Recht gegen Plato
bemerkt habe, und mur durch willkürlichen Sprachgebrauch (voluntaria
institutio, s. Anm. 757 u. bes. 782) könne eine äussere Substanz als uni
versell bezeichnet , werden; denn das, richtige Verhältniss des Gemeinbe
griffes zu dem emlsprechenden äusseren Einzelndinge liege immer mur
(vgl. Anm. 798) in der suppositio personalis *"").
S05) Sent. I, Dist. 2, qu. 7 A: Quarto quaero, utrum illud, quod est universale
et commune univocum, sit quomodocunque realiter a parte rei eætra animam . . . ...
(B) 0mnes, quos vidi, concordant dicentes, quod natura, quae est aliqu0m0do uni
versalis, saltem in polentia et incomplete (diess bei Baconthorp, s. ob. Anm. 689),
est realiter in individuo, quamvis aliqui dicant, quod distinguitur realiter (so die
strengen Thomisten und auch die Mehrzahl der Halbthomisten), aliqui, quod tantum
formaliter (so die Scotisten), aliqui, quod nullo modo eæ natura rei, sed tantum
secundum rationem vel per considerationem intellectus (s. bei Aegidius, Anm. 379, bei
Durand, Anm. 559 f., und bei Burleigh, Anm. 588). Unde dicunt aliqui , quod in
creaturis est quaedam forma, quae secundum rem et naturam nullam unitatem habet
in se omnino, sed in se est naturaliter divisa et habet solum unitatem secundum in
tellectum rationis (s. bei Mayron, Anm. 509 u. 515)..... (C) Vult ergo ista opinio,
quod forma generis non est simpleæ eæ se, sed eæ se est divisa, sed forma speciei
eae se est una simplea: et ut sic est universalis, sed ipsa forma ut signata in hoc
supposito est particularis; ita qu0d ista opinio ponit, quod tam forma generis quam
speciei subsistit in ipsis singularibus, quamvis aliter et aliter. Alii autem ponunt,
qu0d res secundum esse suum in effectu est singularis et eadem res secundum esse
suum in intellectu est universalis (s. bei Herveus, Anm. 402)...... (E) Alii autem
moderni ponunt, quod eadem res sub uno conceptu est universalis et sub alio con
ceptu est singularis (s. bei Aureolus, Anm, 706) ....... (F) Sic ergo omnes istae
opiniones ponunt, quod, universale et singulare sunt eadem res realiter nec differunt
nisi secundum rationem; ..... omnes conveniunt in hoc, qu0d universalia sunt aliqu0
modo a parte, rei, ita, quod sunt universalia realiter in ipsis singularibus. Pro ista
conclusione potest argui multipliciter (d. h. es, folgem num zweiundzwanzig Gründe).
806) Ebend. F: 0mnis res positiva eætra animam eo ipso est singularis, et haec
res sic singularis est apta nata movere intellectum ad concipiendum ipsam confuse et
ad concipiendum ipsam distincte. Et voco conceplum confusum, quo intelleetus non
distinguit unam rem ab alia, et sic Socrates movet inlellectum ad concipiendum
; hominem, et per illum intellectus non dislinguit nec distincte cognoscit Socratem a
; Platone ; ..... etiam movet intellectum ad concipiendum ipsum modo non confuso, et
* sic dico, quod hic Socrates est homo ...... (G) Non videtur, quod aliqua res eætra
animam sit substanlia universalis, nisi forte per voluntariam institutionem ......
(S) Nulla res eætra animam, nec per se nec per aliquid additum reale vel rationis
nec qualitercunque consideretur vel intelligatur, est universalis, quia tanta est im
possibilitas, quod aliqua res sit eaetra animam quocunque modo universalis, nisi
; forte per institutionem voluntariam, quomodo ista vox „homo“ est singularis et uni
versalis, quantu est impossibilitas, quod homo per quamcunque considerationem vel
XIX. 0ccam (Parteistellung). 357
Gilt, hiemit als feststehend, dass die Universaliem nicht ausserhalb der
Seele existiren, so ist endlich als Gegenstand einer fünftem Frage noch
die Erörterung übrig , ob dieselben eine vorstellungsweise oder eine ge
genständliche Existenz in der Seele. haben; und indem 0ccam auch hier
wieder verschiedene Meinungen aufzählt, welche uns nach Maassgabe un
serer Kenntniss der Parteien auf Aureolus, auf die Scotisten, auf Burleigh
und auf Durand zurückweisen, und dabei bemerkt, dass man nicht vor
schnell conceptus und intellectio identificiren solle (s. Amm. 753), dass
die Annahme einer species intelligibilis überflüssig sei (Anm. 758), fer
ner dass die Universalien ebensowenig Dinge (Amm. 784) als etwa bloss
willkürliche Veranstaltungen (Anm. 781 f.) seien *""), so wendet er sich
zunächst äusserst entschiedem gegem die Annahme eines gegenständlichem
Seins (subiective) der Universalien, indem er mit, dem gleichen Motiven,
ja mit den memlichen Wortem, wie oben (Anm. 759 f.), im Interesse der
vorstellungsweisen Existenz der Universalien den Begriff des „Fictums“
festhält *"*), und abermals darauf hinweist, dass in dem inneren, von
secundum quodcunque esse sit asinus ..... (T) Philosophus primo probat, quod uni
versalia non sunt substantiae, secundo, quod non sunt talia eaeemplaria, qualia posuit
Plato..... (Y) Res potest intelligi non tantum confuse, sed etiam perfecte et distincte
nullo superiori intellecto; et quando dicitur, quod Socrates non potest intelligi nisi
intellecto animali, dico, quod ista potest distingui, .... quia „animali“ potest sup
ponere simpliciter, et tunc est falsa, quia tunc denotat, qu0d Socrates, non potest
intelligi nisi intellecto hoc communi animali, et hoc est simpliciter falsum; vel potest
supponere pro re et personaliter, et sic concedo. * * ,
807) Sent. I, Dist. 2, qu. 8 A : Quinto quaero, utrum universale univocum sit
aliquid reale eæistens alicubi subiective, .... quia universale primo movet intellectum.
...... Possent esse diversae opiniones, quarum multas repulo simpliciter falsas .....
Prima opinio posset esse, quod universale est conceplus mentis et quod iste conceptus
est realiter ipsa intellectio (s. bei Aureolus, Anm. 706 u. 716)...... Contra istam
opinionem potest argui, quia ..... conceptus non est ipsa intellectio..... (C) Secunda
opinio potest esse, quod universale est species aliqua, quae, quia aequaliter respicit
omne singulare, dicitur universale, et ita est universale in repraesentando et tamen
singulare in essendo (so die Scotisten). Sed ista opinio videtur esse falsa, quia....
talis species non est necessaria ...... (D) Alia posset esse opinio, quod aliqua est
vera res sequens actum intellectus, qui esset similitudo rei el propter hoc esset uni
versalis, quia aequaliter omnia respiceret (s. bei Burleigh, Anm. 585 ff.). Sed.....
nulla talis est ponenda..... (E) Quarta posset esse opinio, quod nihil est universale
eae natura sua, sed tantum eae inslitutione illo m0d0, qu0 v0æ est universalis, quia
nulla res eæ natura sua habet supponere pro alia re nec vere praedicari de alia re,
sicut nec voae, sed tantum ea, institutione voluntaria (s. bei Durand, Anm. 551).....
Sed haec opinio non videtur vera, quia tunc nihil eae natura sua esset species vel
genus nec e converso.
808) Ehend. E: Universale non est aliquid reale habens esse subiectivum nec in
anima nec eaetra animam, sed tantum habet esse obiectivum in anima et est quoddam
fictum habens esse tale in esse obiectivo, quale habet res , eaetra in esse subiectivo,
et hoc per istum modum, qu0d intellectus videns aliquam rem eaetra animam fingit
consimilem rem in mente, ita qu0d, si, haberet virtutem productivam, talem rem in
esse subiectivo, numero distinctam a priori, pr0duceret eaetra, et, esset consimiliter
et proportionabiliter sicut est de artifice ...... `Et isto, modo universale non est per
generationem, sed per abstractionem, quae non est nisi, fictio quaedam. (F) Figmenta
habent esse in anima et non subiectivum, quia tunc essent verae res; ....,ergo sunt
aliqua, quae tantum habent esse obiectivum. Similiter propositiones,, syllogismi et
huiusmodi, de quibus est logica, non habent esse subiectivum; ergo tantum habent
esse obiectivum, ita quod eorum esse est eorum cognosci; ergo sunt talia entia ha
bentia tantum esse obiectivum ...,.. . Similiter. omnes quasi distinguunt intentiones
|
T 358 XIX. 0ccain '(Parteistellung).
speciellen Sprachidiomen umabhängigem, Urtheile (Anm. 769) nur Begriffe,
nicht aber Dinge, als Subject oder Prädicat auftreten (Ann. 788), sowie
dass der vom Intellectus gebildete Begriff von Natur aus universell sei,
während die Worte hiezu einer willkürlichen Veranstaltung bedürfen
(Anm. 781 f. u. 791), und endlich dass jenes subjeetive Gebilde nicht
ohne Realität sei (Amm. 762), sondern ihm ein adäquates Wirkliches ent
spreche °"°). Aber unmittelbar hernach spricht er mit der nemliehen
Unentschiedenheit, welehe wir schon oben (Anm. 758) trafen, von der
Möglichkeit, dass die Universalien dennoeh auch eine gegenständliche Exi
stenz haben, indem ihnen auch damn jene „natürliche“ (s. Amm. 774) Be
fähigung der Bezeichnung und der Supposition u. dgl. im Vergleiche mit
der willkürlichen Sprachbedeutung immerhin zukomme; und er sagt aus
drücklich, dass ihm principiellº mur daram liege, die Universalien im Ge
gensatze gegen die äusseren Einzelndinge, aus welchen sie geschöpft
werden, als psychische Erzeugnisse festzuhalten, mögen sie damn als sol
che gegenständlich oder vorstellungsweise existiren *'"), obgleich ihm an
derwärts hinwiederum das erklärliche Bedenken aufsteigt, dass bei ge
genständlicher Geltung die Universalien sehr. nahe an die platonische
Ideenlehre (vgl. Anm. 806) gerückt würden *1!). Aber sowie wir schon
secundas ab intentionibus primis non vocando intentiones secundas aliquas reales
qualitates in anima; ergo cum non sint realiter eætra, non possunt esse nisi obiective
in anima.
809) Ebend. F: Idem est subiectum in propositione universali et particulari
non tantum in propositionibus in voce, sed etiam in propositionibus in mente, quae
nullius linguae sunt; et in illis non subiicitur aliqua res ; ergo tantum conceptus;
posset ergo dici, quod sicut voae est universalis et genus et species et tantum per
inslitulionem, ila conceptus sic fictus et abstractus a rebus singuluribus praecognilio
est universalis ea, natura sua; et potest aliquis uti isto modo loquendi vocando con
ceptum et universale sic fictum ....... Illud sic fictum vere est obiectum cognitum ab
intellectu, et propter ista potest esse terminus propositionis et supponere pro omnibus
illis, quorum est imago vel similitudo,' et hoc est esse universale et commune ad
illa...... (H) Universale non est figmentum tale, cui non correspondet aliquid con
simile in esse subiectivo, quale illud fingitur in esse obiectivo ....... Si fingatur
domus in mente, antequam producatur, non est figmentum sicut chimaera vel ali
quid tale. - -
810) Ebend. Q: Cui non placet ista opinio de talibus fictis in esse obiectivo,
potest tenere, quod conceptus et quodlibet universale est aliqua qualitas eæistens sub
iective in mente, quae et natura sua est signum rei eaetra, sicut vov est signum rei
ad placitumi 'iristituentis, et' tunc potest 'dici, quod per omnem modum, sicut voces et
signa voluntarie instituta significant'-..... et consignificant ..... , ita sunt quaedam
qualitates eæistentes in mente subiective, quibus eæ natura sua competunt talia, qualia
competunt vocibus per voluntariam institutionem ...... * Et secundum istam opinionem
debet concedi, quod quodlibet universale et genus generalissimum est vere res singu
laris eæistens res determinati generis, est tamen universalis per praedicationem non
pro se, sed pro rebus, quas significat...... Verumtamen ista opinio posset diversi
mode poni ....... Quamlibet istarum opinionum reputo probabilem, sed quae illarum
sit verior, relinquo iudicio aliorum. Hoc tamen teneo, quod nullum universale, nisi
forte sit universale per voluntariam institutionem, est aliquid eæistens quocunque
modo eætra animam, sed omne illud, quod est universale praedicabile de pluribus
eæ natura swa, est in mente vel subiective vel obiective ...... (R) Illud, quod
novet (s. Anm. 784 u. 806) intellectum primo, non est universale, sed singulare,
et ideo singulare intelligitur primo primitate generationis (über Letzteres das
Nähere Anm. 786).
' 811) Sent. I, Dist. 35, qu. 5 G: Generis et differentiae et aliorum universa
XIX.; 0ccam (Parteistellung). 359
oben bemerken musstem (Amm. 763 f.), dass es in diesem Punkte bei
0ccam an der nöthigen Klarheit gebreche, so stützt er einmal sogar aus
drücklich die gegenständliche Existenz der Universalien gegen Einwände,
welche er selbst gegen Scotus und dessen Anhänger erhobem hatte: nem
lich wenm gesagt werde, dass damn die Universalien als, Qualitäten des
Denkens nur accidentell wären, so erwidert er in gleicher Weise wie
(lort (s. Anm. 804); oder wenn man entgegenhalte, dass nicht das Nem
liche von verschiedenem Kategorien ausgesagt werden könne, so hilft ihm
wieder die Lehre von der Supposition aus der Klemme, denn das Urtheil
„die Substanz ist eine Qualität* bestehe zu Recht, sobald das Subject
desselben nach suppositio materialis oder simpleae gelte, nicht hingegen,
wenn nach suppositio personalis; oder emdlich wenn mam einwende,
dass dann das Nemliche zugleich niederer und höherer Begriff wäre
(s. Anm. 802), so verweist er darauf, dass ja auch z. B. das Wort
„dictio“ ein Nomen sei und doch zugleich als Begriff höher liege, als
der Begriff des Nomens *1*).
Clauben wir hieinit Occam's Auffassung der Universaliem in genii
gender Weise dargelegt zu haben, so ist durch dieselbe die Entscheidung
anderer Controversen folgerichtig von selbst bedingt. So mussten wir
schon oben die Frage über das principium individuationis nicht bloss
nebenbei berühren (Amm. 799), sondern eigentlich im Sinne 0ccam's be
reits beantwortem (Amm. 802—804); und in völliger Uebereinstimmung
mit dem dort Angeführten erklärt 0ccam, das Princip der Individualisi.
rung liege lediglich darim, dass die Individuen sich durch sich selbst (se
ipsis) unterscheidem, und ebenso verhalte es sich auch mit demjenigen,
worin sie unter sich zusammentreffen, denn genau genommen solle man
nicht sagen , dass sie „in“ Etwas (in aliquibus) zusammentreffen, son
dern richtiger „durch* Etwas (aliquibus), und diess seien eben die Im
dividuen selbst, indem sie durch sich selbst (se ipsis) zusammentreffem;
eben dadurch ja könne der abstrahirende lntellectus Universalien erfas
sen, welche nicht etwa erdichtete Gebilde (purum figmentum, vgl. Anm.
762), sondern, suppositionsfähig seien *'*). Indem aber so die Singulari
lium non sunt ideae, nisi poneretur, quod universalia essent quaedam res subiective
existentes in anima et solum communia rebus eaetra per praedicationem. -
812), Quodl. V, qu. 13 : Universale solum est in anima, et non obiective tan
tum, sicut prius ostensum est (s. Anm. 768); ergo subiective ; ergo est qualitas
mentis..... Sed contra : quia hoc dato tunc omnia praedicamenta essent accidentia ;
, • • • • • • praeterea idem non praedicatur de diversis praedicamentis; ...... praeterea
sequitur, quod idem sit superius ad se...... Ad primum istorum concedo, quod om
nia universalia sunt accidentia; tamen non sunt omnia signa accidentium, sed aliqua
universalia sunt signa substantiarum ..... Ad aliud dico, quod idem non praedica
tur de diversis praedicamentis, quando praedicamenta stant personaliter et significa
tive ; sed quando supponit materialiter aut simpliciter, non est inconveniens, idem
praedicari de diversis praedicamentis. Unde si in ista propositione „substantia est
qualitas“ subiectum supponit materialiter vel simpliciter, ' illa est .vera;, et similiter
ista „quantitas est qualitas“; sed si supponant personaliter, tunc, hon sunt verae....
Äî î dico, quod eadem difficultas est hic, sicut de isto nomine „dictio“ et hoc
nomine „nomen“, quia hoc nomen „dictio“ est unum contentum sub nomine, quia est
nomen et non omne nomen est hoc nomen „dictio“, et tamen hoc nomen „dictio“ est
quodammodo superius ad omnia nomina. , ' .
813) Sent. I, Dist. 2, qu. 6 EE: Ad illud, quod innuilur, ...... quod si omnis
360 XIX. Occam (Parteistellung).
tät dem Singulären unmittelbar von selbst und ohne allen anderweitigen
Zusatz zukommt *!*), so könne man auch dem Begriff der Quiddität in
dem Sinne nehmen, dass er das ganze aus Stoff und Form bestehende
Wesen bedeute, wornach z. B. zwischen „Mensch* und „Menschheit* mur
ein sprachlicher Unterschied (mittelst eines Syncategoreuma) hestehe, wäh
remd andrerseits, wenn mam unter der Quiddität mur die Form verstehe,
allerdings zwischen ihr und ihrem Träger unterschieden werden müsse,
wenn auch für die Angelologie wieder der Worbehalt nöthig sei, dass
die Quiddität eines Engels identisch mit dem betreffenden Engel selbst
ist *'°). Nimmt man aber in jenem ersterem Sinne essentia und eæistentia
als gleichbedeutend ° 1°), so sind die scotistischen „formalitates“ eigent
lich im Principe von vorneherein schon weggefallem, da nach 0ccam's
Auffassung, wie wir auch schon oben (Anm. 802) sahen, Nichts formell
diversitas esset numeralis, non plus posset intellectus abstrahere a Socrate et Platone
aliquid commune, quam a Socrate et linea, et quodlibet universale esset purum fig
mentum intellectus (s. die nemlichen Worte bei Scotus, ob. Anm. 99), dico ad pri
num, quod ea, hoc ipso, quod Socrates et Plato se ipsis differunt solo numero et
Socrates per substantiam suam est simillimus Platoni, omni alio circumscripto intel
lectus potest abstrahere aliquid commune Socrati et Platoni, quod non erit commune
Socrati et albedini ; nec est alia causa quaerenda nisi quia Socrates est Socrates et
Plato est Plato et uterque est homo ..... De virlute sermonis non debet concedi, quod
Socrates et Plato in aliquo conveniunt nec in aliquibus, sed quod conveniunt aliquibus,
quia se ipsis, et quod Socrates convenit cum Platone non in aliquo, sed aliquo, quia
se ipso. Si tunc dicatur, quod Socrates et Plato conveniunt in homine, dico, quod
„homine“ potest supponere vel simpliciter vel personaliter. Primo modo potest concedi,
quia hoc non est aliud dicere, quam quod homo est quoddam commune praedicabile
de Socrate et Platone. Si autem „homine“ supponit personaliter pro alia re, sic est
simpliciter falsum, quia in nullo homine communi nec in alia re conveniunt, sed con
veniunt rebus, quia hominibus, quia se ipsis.
814) Ebend. P: Quaelibet res singularis se ipsa est singularis, ..... quia sin
gularitas immediate convenit illi, cuius est..... Sicut illud, qu0d est singulare, se
habet ad esse singulare, ita quod est universale, se habet ad esse universale ; ergo
sicut illud, quod est singulare, non potest per aliquid additum sibi fieri universale
vel commune, ita illud, quod est commune, non potest per aliquid sibi additum fieri
singulare; ergo quidquid est singulare, per nihil additum est singulare se ipso ......
0mnis res eaetra animam est realiter singularis et una numero.
815) Sent. IV, qu. 11 E: Quidditas uno modo accipitur pro omnibus, quae sunt
de essentia rei, quae faciunt unum per se, et isto modo quidditas est unum compo
situm praecise eae materia et forma, ...... nec est aliqua differentia inter hanc huma
nitatem et hunc hominem vel humanitatem et hominem, nisi quia humanitas includit
aliquod syncategoreuma eae usu loquendi aequivalenter vel virtualiter, propter quam
inclusionem potest aliquid praedicari de homine, quod non de humanitate. Alio modo
accipitur quidditas pro forma ultima, qua aliquid differt ab alio, quod non est idem
cum illo ; et de quidditate sic accepta est verum, quod quidditas differt ab eo, cuius
est quidditas, et quod in separatis (d. h. z. B. bei den Engeln) est idem quidditas
cum eo, cuius est quidditas. Quodl. II, qu. 7: Essentia angeli nunquam distingueba
tur al) eius eæistentia. Uebrigens war auch die oben (Anm. 13) erwähnte Verur
theilung derjenigen Sätze, welche für die Angelologie Anstoss erregten, schon im
J. 1325 in Paris zurückgenommen worden; s. D'Argentre, Coll. iudic. de nov. error.
I, p. 208 u. 217. - - -
816) Quodl. II, qu. 7: Sicut existentia potest esse eæistentia et potest non esse
ezistentia, ita essentia potest esse essentia et potest non esse essentia. Unde idem
omnino significatur per unum et consignificatur, quod per reliquum ..... Evistentia et
essentia idem omnino significant. Summa tot. log. Ill, 2, 27, f. 53 v. B: Utrum
esse et eæistentia rei sint duo eaetra animam distincta inter se? mihi videtur, quod
non sunt talia duo, nec esse eæistentiae aliquid significat distinctum a re.
XIX. 0ccam (Begrifr). 361
untersehiedem werden kamn , was micht real verschieden ist, noch auch
umgekehrt, und somit identitas und distinctio völlig gleichmässig in das
individuelle Wesem selbst verlegt werden *17). — Bezüglich der Frage
über unitas formae kanm und muss sicli 0ccam in Folge seines Con
ceptualismus an Diejenigen anschliessen (s. Gottfried v. Fontaines, Anm.
70, Johannes v. Paris, Anm. 74, Alexander v. Alessandria, Amm. 254,
Aegidius, Anm. 384, und Herveus, Anm. 421), welche eine letzte total
abschliessende Einheit neben einer durch sie verbundenem Wielheit der
Formen anerkanntem *'°), sowie er desgleichen die intensio et remissio
formarum nicht in die Form selbst, sondern in den Grad der Receptions
fähigkeit des concreten Wesens verlegt*1°).
Ist uns somit durch das Bisherige der Standpunkt, welchen 0ccam
in den damaligen logischen Controversen einnahm, möglichst nach allem
Seiten ersichtlich gewordem, so möge nun noch desselben umfassendes
C omp en diu m d e r L o gik zur Darstellung kommen, in welchem wir
wohl eine Summe gar manigfacher Bestrebumgen erblicken dürfen, die auf
successive Forthildung der byzantinischen Logik gerichtet waren ; denn
dass in dem sämmtlichen Detail der vielen Unterabtheilungen des Ganzen
alles Einzelne ein persönliches Erzeugniss 0ccam's sei, ist nicht nur nicht
machweisbar, sondern geradezu unglaublich. 0ccam benützte, wie sich
von selbst versteht, die damals umlaufende Theorie der Logik, welche
seinem grundsätzlichen Standpunkte adäqual war, und mag dieselbe, wäh
rend er sie zu einem grösseren Compendium verarbeitete, in manchen
Punkten präciser formulirt, ja gewiss auch bereichert haben ; aber hierin
überall auszuscheidem, was 0ccam's und was Anderer Eigenthum sei, ist
uns nach Maassgahe der vorhandenen Quellen nicht verstattet; ja es läuft
unlemgbar in den gedruckten Textem auch manches Spätere mitunter (s.
Anm. 739 u. 740), was uns Worsicht in der Darstellung gebietet. Indem
ich aber die in der Summa totius logicae vorliegende Anordnung
und Reihenfolge des Stoffes sicher für eine von 0ccam selbst her
rührende halten muss, folge ich hiemit dem Werlaufe der Capitel der
selben und füge an einzelnen Stellen , wo es nöthig ist, anderweitige
Belege aus der Eaepositio aurea oder den beidem anderen Werken
0ccam's bei. - •
817) Eaepos. aur. Praedicab. De genere: proprie et stricte loquendo nihil distin
guitur ab aliquo per aliquid nisi per se ipsum vel intrinsecum sibi, sieut homo non
distinguitur ab asino nisi per se ipsum vel per aliquam partem essentialem sui.
Sent. I, Dist. 2, qu. 3, B: Nihil reale potest distingui nec esse idem ratione cum
aliquo reali, ita quod, sicut distinctio rationis et identitas rationis se habet ad en
tia rationis, ita differentia realis et idenlitas realis se habet ad entia realia, et hoc
forte non excludendo distinctionem formalem et identitatem, ubi debet poni. Ideo dico,
quod nulla res nec a se ipsa nec a quacunque alia poterit distingui vel esse eadem
ratione. Vgl. Anm. 828.
- 818) Quodl. II, qu. 10: Hominis est tantum unum esse totale, sed plura esse
partialia. Sent. II, qu. 9 CC: Secundum opinionem, quam reputo peram, in homine
sunt plures formae substantiales, saltem forma corporeitatis et anima intelleetiva. Vgl.
ebend. qu. 22 H, u. IV, qu. 7 E.
_ _ 819) Sent. I, Dist. 17, qu. 4 C: Forma non suscipit magis et minus, quia forma
nihil recipit, sed magis in aliquo recipitur realiter. Vgl. Sent. III, qu. 6 D u. R, sowie
Eaepos. aur. Praedicám. C. 9.
362 XIX. 0ccam (Begriff).
Nach einem kurzen Proömium, in welchem die Logik als eim im
Gebrauche sicli steigerndes Werkzeug (s. Anm. 741) bezeichnet wird **"),
beginnt 0ccam, wie wir nicht anders erwartem durftem (s. Anm. 780 und
iueine dort vorhergehenden Bemerkungen), sofort mit der Erörterung über
te r m i n u s **'), bei dessen Eintheilung, welche jener des Urtheiles
(Amm. 770) parallel geht , das Hauptgewicht , auf terminus conceptus,
d. h. intentio oder dergleichen (Amm. 768 f.) gelegt wird ***) ; demn um
ter drei Heleutumgen des terminus sei diejenige die eigemtliche und prä
cise, dass derselbe als ein „Bezeichnendes* entweder Subject oder Prä
dicat eines Urtheiles sei (vgl. Anm. 773 u. 778), daher die Syneategoreu
mata oder die Interjectionem u. dgl. in diesem Sinne nicht termini seien,
und auch andere Fragem, wie z. B. über die Casus obliqui, nicht der
Logik, sondern der Grammatik anheimfallen *°°). Insoweit aber jener
geistig , innerliche Begriff (terminus mentalis) von , dem , ausgesprochemen
(terminus vocalis) unterschieden werde, habe letzterer mit ersterem den
noch eimige Eigenschaftem gemeinsam, wie z. B. Casus oder Numerus,
währemd andere Eigenthümlichkeitem, z. B. grammatisches Geschlecht oder
Conjugation, nur dem letzterem angehören ***). Aus der hierauf folgen
820) Summa t. log. Prooem., f. 2 r. B: Logica enim est omnium artium aptissi
mum inslrumentum, sine qua nulla scientia perfecte haberi potest, quae non more
materialium instrumentorum usu , crebro consumitur, sed per cuiuslibet alterius arlis
vel scienliae studiosum eacercitium continuum recipit incrementum. -
821), I, 1, f. 2 r. B: 0mnes logicae tractatores intendunt adstruere, quod argu
menla et syllogismi eae propositionibus et propositiones eæ terminis c0mp0nuntur;
unde lerminus aliud non est, quam pars propinqua propositionis.
822) Ebend.: Tripleae est terminus: scriptus, prolatus, conceptus ..... Terminus
kyngepii; est intentio seu passio animae aliquid naturaliter significans vel consigni
ficans nata esse pars propositionis mentalis. Die hierauf folgende längere Stelle
über das Verhältniss zwischen Wortausdruck 'und Begriff habe ich bereits oben,
Anm. 774, angeführt.
823) C. 2, f. 2 v. A: Terminus tripliciter accipitur. Uno modo ..... . pro
omni eo, quod potest esse copula vel eætremum propositionis categoricae ..... Aliler
- - - - - omne incompleacum vocatur terminus ..... Tertio modo accipitur praecise et mu
gis slricte pro illo, quod significative sumptum potest esse subiectum vel praedicatum
alicuius pr0p0silionis ; et hoc mqydo nullum verbum nec coniunclio nec adverbium nec
interiectio est terminus ; multa etiam nomina non sunt termini, ut nomina syncalego
rematica, quia talia, quamvis possint esse eætrema propositionis, si sumantur male
rialiter vel simpliciter, tamen, quando sumuntur significutive, non p0ssunt esse eae
trema...... Quomodo autem , et respectu quorum verborum obliquus potest esse sub
iectum, et respectu quorum non, pertinet ad grammaticum, cuius est , constructiones
vocum considerare. -
824) C. 3, f. 2 v. B:. Accidentia communia convenientia tam nominibus : menta
libus quam vocalibus et scriptis , sunt casus, et numerus..... Accidenlia vero propria m0
minibus vocalibus et scriplis sunt genus et figura ; talia enim accidentia nominibus
propter necessitatem significationis non conveniunt ...... (f. 3 r. A) Similiter, de ver
borum accidenlibus est, dicendum, Accidentia communia sunt modus, genus, numerus,
tempus et persona..... Accidentia autem propria verbis ad placitum institulis sunt
coniugatio et figura. Ebeuso Quodl. V, qu. 8: Utrum omnia, accidenlia grammatica
lia terminorum vocalium competant mentalibus..... 0mne, quod accidit termino meri
tali, accidit termino vocali, sed non e converso, quia aliqua accidunt lerminis voca
libus propter necessitatem significationis et eaepressionis (darunter versteht er Casus,
Numerus und Comparativform der declinirbaren Worte, sowie Modus, Genus, Tem
pus, Persona, Numerus der Verba), et illa conveniunt, terminis mentalibus ; alia ac
cidunt terminis vocalibus propter ornatum sermonis vel propter congruitatem (nemlich
XIX. Occam (Begriff). 363
den , Unterscheidè]g zwischen Categoreumata und Syncategoreumata mag
hervorgehoben werden, dass 0ccam die letzterem mit den Ziffern ver
gleicht, deren Werth durch ihre Stellung sich ändert *°°). Ilernach reihl
sich I ein längerer Excurs an über die seit Scotus (ob. Amm. 128) in der
Logik eingebürgerlen Begriffe „concretum“ und ,,abstractum”, welchen
wir für ächt occamisch halten müssen, da dem hauptsächlichem Kerne mach
das, Neimliche , auch anderwärts bei 0ecam vorkümmt **"): nemlich der
wesentliche Unterschied zwischem concretem und abstracten Wortem liege
in der suppositio derselben, in welcher sie verschiedentlich entweder
sich gegenseitig berühren oder von einander abweichen könnem **") ;
jedoch seien sie vom Standpunkte der Bezeichnung aus. zuweilem auch
wahre Synonyma ***), was in manchen Fällen durch Werbindung des con
Genus und Figura der declinirbaren Worte und Conjugatio und Figura der Verba),
et, illa nom, conveniunt terminis mentalibus.
825) Summa t. log. I, 4, f. 3 r A: Terminorum quidam sunt categorematici et
quidam syncategorematici, ..... qui non habenl finitam significationem et certam nec
significant aliquas res distinctas a rebus significatis per categorema, sicut in alg0
rismo cifra per se posita nihil significat, sed addila alteri 'figurae , facit eam signi
ficare. -
826) Quodl. V, qu. 9: Aliqua sunt concreta et abstracta, quae sic se habent,
quod concretum significat aliquam rem et supponit pro illa, quam nullo modo abstrac
tum significat nec pro illa supponit : ezemplum est de iusto et iustitia ..... Secun
dus modus principalis est, quando concretum et abstractum sunt synonyma, ut calor
et caliditas ...... Tertius modus est, ...... quando abstracta ad placitum instituen
tium vel eae usu loquentium includunt aliqua syncategoreumata vel , determinationes
' adverbiales, ..... ut ,,humanitas“ tantum valet sicut „homo, inquantum hómo“..... -
Quartus modus est, quando abstracta non supponunt nisi pro mullis simul sumptis,
concreta autem supponunt pro uno solo; eaeemplum „populus“ ...... et „popularis“.
- - - - - - Concretum et abstractum primo et tertio et quarto modis ita conveniunt nomi
nibus mentalibus, sicut vocalibus, et per consequens talia mentalia variantur per con
crela et abstracta..... Sed secundo modo solum variant nomina voculia, et non men- '
talia. Vgl. auch Anm. 885 u. 918.
i , 827) Summa t. log. I, 5, f. 3 r B: Concretum et abstractum sunt nomina con
simile principium secundum vocem habentia, sed non consimililer terminantia.....
Quandoque concretum aliquam rem significat vel connotat sive importat sive dat in
'telligere, pro qua etiam supponit, quam abstractum nullo modo significut nec aliquo
modo supponit pro eodem, ut „iustus“ et „iustitia* ..... Sunt aulem , ad praesens
talium nominum tres differentiae, quasi tres species inferiores. Prima est, quando abs
-tractum supponit pro accidente vel forma quacunque realiter inhaerente subiecto, et
coneretum supponit pro subiecto eiusdem accidentis vel formae, vel e eohverso ; primo
modo est de talibus „albedo, album“..... e converso autem „ignis, igneus“..... Se
σunda differentia est, quando concrelum supponit pro parte et abstractum pro tol0
vel e converso, sicut in istis „anima, animatum“..... Tertia differentia est, quando
concretum et abstractum supponunt pro distinctis, quorum tamen neutrum est subiec
lum nec pars alterius..... Tales termini quandoque se habent, sicut causa et effec
tus, ...... quandoque, sicut signum et signatum, ...... quandoque, sicut locus et l0
catum.
828) C. 6, f. 3 v. A: Nomen concretum et abstractum quandoque'' sunt syno
nyma. C. 7, f. 4 r. A: Sic se habent adinvicem homo et humanitas, s sicut se habent
Socrates et Socrateitas ; hanc enim ponunt consimiliter fingentes tale abstractum de
hoc nomine „Socrates“ sicut de hoc nomine „homo“; sed „Socrates“ nullam rem di
stinctam 'realiter nec formaliter (vgl. Anm. 817): significat, quae non significatur per
hoc nomen „Socrateitas“ secundum sic fingentes, nec e converso; ergo . . . . . mihil
significatur per hoc nomen „homo“, quin significetur per hoc nomen: „humanitas“, et
e converso ...... Sed quamvis haec fuerit intentio Aristotelis, tamen secundum verita
tem' theologorum non est sic dicendum (d. h. besonders betreffs der Trinität, s.
364 XIX. Occam (Begrif).
creten Wortes mit einem Syncategoreuma (z. B. mit „ßtus“) bewerkstel
ligt werde, zugleich aber dann zu Sophismen und unnöthigen spraehlich
logischen Schwierigkeiten führen könne ***), sowie andrerseits auch
quantitative Momente des durch die Worte Bezeichneten in Frage kom
men können **"). Wenn aber sodann mit einleitenden Worten, welche
dem Stempel der Unächtheit an der Stirne tragen, noch ein Unterschied
zwischen „absoluta“ und „connotativa“ erörtert wird, so ist möglicher
Weise auch inhaltlich das Ganze nur ein Zusatz des späterem Herausge
hers, wenn uns auch der Begriff „connotatum“ in der Fortbildung der
byzantinischen Logik schon früher (Absehn. XVII, Amm. 598) begegnete,
und selbst 0ccam anderwärts eine solehe Distinction , und zwar im rei
cherer Gliederung (s. Anm. 846 u. bes. 917 ff.) berücksichtigt *81). Jedefi
falls bespricht hernach 0ceam noch als Momente der willkürlichen Sprach
einrichtung zunächst die schon oben angeführten Unterschiede zwischen
prima und secunda impositio ***), woran sich als Incidenzpunkt prima
und secunda intentio anschliesst *°°), und sodann die Verhältnisse des
Anm. 733). Vgl. Sent. I, Dist. 2, qu. 3, F: Quaedam sunt synonyma, quia simpli
citer idem significant et connotant, ita qu0d nihil significalur et connotatur per unum,
quin eodem modo significetur et connotetur seu consignificetur per reliquum ; et sic
deitas et deus, homo et humanitas, et multa talia sunt synonyma...... Aliter homo
et humanitas non sunt synonyma, et hoc, quia reliquerunt in dubio, quantum est eae
impositione istorum nominum, an haec sit vera „homo est humanitas“ vel falsa.
829) C. 8, f. 4 v. B: Sunt quaedam nomina abstracla vel esse possunt ad placi
tum instituta ..... ita , quod abstractum in significando aequivaleat concreto sumpto
cum aliquo syncategoremate vel cum aliqua alia dictione vel dictionibus...... In
talibus magis puto difficultatem vocalem dependentem eae logica, quam realem, propter
quod nesciens logicam quaternos innumeros circa talia inutiliter repleret faciens diffi
cultatem, ubi nulla est ..... (f. 5 r. A): Sic enim concedunt eruditi in logica, quod
hoc signum „totus“ includit suum distribuibile, ut aequivaleat isti „quaelibet pars“,
quando sumitur syncategorematice; unde illa ,,Totus Socrates est minor Socrate“
aequivalet isti „Quaelibet pars Socratis est minor Socrate“ (s. Abschn. XVII,
Anm. 252).
830) C. 9, f. 5 r. B: Quaedam sunt abstracta, quae non supponunl nisi pro
multis simul sumptis, concreta autem pro uno solo verifieari possunt, sicut se habent
„populus“ et „popularis“.
831) C. 10, f. 5 r. B: Postquam de nominibus concretis et abstractis discussum
est, nunc de alia divisione nominum, quibus scholastici frequenter utuntur, est dicen
dum (s. ob. Anm. 740). Unde sciendum est, quod nominum quaedam sunt mere ab
soluta, quaedam sunt mere connotativa. Mere absoluta sunt illa, quae non significant
aliquid principaliter et aliud vel idem secundario, sed quidquid , significatur per tale
nomen , aeque primo significatur, sicut patet de hoc nomine „animal“...... Nomen
autem connotativum est illud, quod significat aliquid primario et aliquid secundario;
- - - - - huiusmodi sunt omnia nomina relativa, ..... omnia nomina pertinentia ad genus
quantitatis, ...... etiam talia nomina „unum, bonum, verum, intellectus, potentia,
actus etc.“
832) C. 11, f. 5 v. B: Positis divisionibus, quae possunt competere , tum terminis
naturaliter significantibus quam terminis ad placitum institutis, dicendum, est, de qui
busdam divisionibus competentibus terminis ad placitum institutis. Est igitur prima
divisio talis: nominum ad placitum significantium quaedam sunt nomina primae im
positionis, quaedam secundae impositionis. Das Weitere ist schon oben, Anm. 776,
angeführt. t
833) C. 12, f. 6 r. A: Quia dictum est in praecedenti capitulo, quod quaedam
sunt nomina primae inténlionis et quaedam secundae intenlionis, et quia ignorantia
vocabulorum multis est errandi occasio, ideo incidentaliter videndum est, quid sit
XIX. 0ccam (Begriff). 365
Synonymen und Homonymen *°*), womit der Abschnitt De divisionibus
terminorum seinen Schluss findet. -
Ein nichtssagender Uebergang, — sei es dass er vom 0ccam oder
vom Herausgeber herrühre —, führt danm vorerst zu den termini se
cundae intentionis, d. h. zu den Universa li en ***), bezüglich deren
die, allgemeimen Erörterumgem , welche den sämmtliche fünf umfassendem
Gemeinbegriff ,,Universale* betreffen **"), bereits oben ihre . Verwen
dung gefundem haben *°7). Nachdem die Fünfzahl der Universalien
in üblicher Weise begründet worden ***), treten dennoch wieder Be
merkungen über individuum, singulare, suppositum (vgl. bei Mayron,
Anmerk, 548) voraus, welche drei Begriffe für die Logik, nicht aher
für die Theologie, synonym seien *°°). Aus der Erläuterung der einzel
nem fünf Universalien, welche in der Eaepositio aurea weit ausführ
licher ist und sich mehr Satz für Satz am dem Commentar Avicenna's
anschliesst, als, in der Summa, mag höchstens die aueh ander
wärts wiederholte Bemerkung hervorgehoben werden, dass der Gat
tungsbegriff nicht als Materie des Artbegriffes zu betrachten sei **");
intentio, et quid prima , quid secunda. Das Weitere s. gleichfalls obem, Anm.
768 f. u. 778.
834) C. 13, f. 6 r. B: Sola v0v vel aliquod signum ad placitum institutum est
aequivocum vel univocum ..... Est autem illa v0a: aequivoca, quae significans plura
non est signum subordinatum uni conceptui ...... Unum est aequivocum a casu, ....
aliud est aequivocum a consilio ...... Univocum autem dicitur omne illud, quod est
subordinatum uni conceptui. Vgl. Quodl. IV, qu. 16. u. E.vpos. aur. Praedicam. De
aequiv., woselbst auch die Unterscheidung zwischen aequivocans und aequivoca
tum (s. bei Antonius Andreas, Anm. 483, und bei Burleigh, Anm. 617) aufge
nommen ist.
835) C. 14, f. 6 v. B: Cum igitur non sufficiat logico tanlum generalis notitia
terminorum, sed oporteat cognoscere terminos in speciali magis, ideo postquam de
divisionibus generalibus terminorum tractatum est, de quibusdam eontentis sub aliqua
illarum ' divisionum persequendum est. Est igitur primo tractandum de terminis se
cundae intentionis, ...... et ideo de illis, quae ponuntur quinque universalia, est
modo dicendum.
836) Ebend.: Primo tamen dicendum est de hoc communi „universule“, quia
praedicatur de omni universali et etiam de singulari (vgl. Armand, ob. Anm. 651).
Erpos. aur. Praedicab. Prooem.: Universale dicitur subiectum libri Porphyrii, non
quia ipsum vere sit subiectum, sed quia ipsum praedicatur de subiectis, sc. de genere,
specie etc. Vgl. Burleigh, ob. Anm. 610.
837) C. 14—17; s. ob. Anm. 782, 788, 791, 803 f.
838) C. 18, f. 8 r. A.
839) C. 19, f. 8 r. B: Apud logicos haec nomina convertibilia sunt: individuum,
singulare, supp0situm; quamvis apud theologos singulare et suppositum non conver
tantur (s. Anm. 733), ..... sed in hoc capitulo dicendum est de istis nominibus illo
fm0d0, qu0 logici utuntur eis. Apud logicum tripliciter accipilur individuum etc.,
d. h. es folgt nun die nemliche Aufzählung dreier Bedeutungen, welche wir oben
(Amm. 791) aus einer Stelle der Quodlibeta betreffs des „singulare“ trafen.
840) C. 20, f. 8 v. A: Genus non est pars speciei .... nec genus importat ma
teriam..... Improprie tamen utendo vocabulo potest dici, quod genus dicit aliquando
nmateriam, quod non est aliud, quam dicere, quod in quolibet significato per tale genus
invenitur materia eiusdem rationis. Evpos. aur. Praedicab. Prooem.: Falsum est, quod
communiter dicitur a modernis, quod genus dicit partem materialem et differentia,
dicit partem formalem, quia de ratione generis non est plus significare partem mate
rialem, quam formalem, sed totum, differentia vero aliquando dicit partem materialem.
Sent. I, Dist. 8, qu. 2 0: Genus non est proprie materia, sed dicitur materia meta
366 XIX. Occam (Begriff).
denn alles Uebrige bewegt sieh nur in dem gewöhnliehsten Fahr.
wasser °41). - , v , * • .
Mittelst eines auf die Schüler berechmeten Ueberganges, weleher in
solcher , Form vielleicht , auf Rechnung des Herausgehers fällt, kommen
num noch anderweitige termini secundae intentionis et secundae imposi
tionis an, die Reihe, welche entweder allen Universalien oder einigen
oder einer Werknüpfiing einiger oder nur Einem Universale bezüglich
eines anderen zukommen können (— eine Eintheilumg, welche mns einiger
maassem an Armand, Amm. 648 ff., erinnert —); und zwar sollent zuerst
diejenigen- folgen, welche , bei eimer Werknüpfung mehrerer Umiversalien
in Betracht kommen, nemlich definitio und descriptio ***). Betreffs der
Definition , auf welche wir untem, Anm. 1012 ff. , noeh einmal zurück
kommen müssen, unterseheidet 0ccam auf aristoteliseh-arabiseher Grund
lage eine sachliche (quid rei) und eine sprachliche (quid nominis); die
erstere bedeute im engerem Simme ein Urtheil, welches in Kürze lediglieh
das natürliche Wesem in seiner Totalität ausdrücke , und dieselbe könne
entwgder imit Beihilfe einiger Casus obliqui ausgesproehen werdem und
sei damn definitio naturalis, oder ohne solche Sprachmittel, in welchem
Falle sie definitio metaphysicalis sei; keinenfalls aber dürfe neben diese
beiden Artem eine definitio logicalis als dritte gestellt werdem, denn die
Logik (s. Am. 744 ii. 797) habe es nur mit Zeichen, nicht, alier iiiit
Dingen, zu thum und schreibe nur die Verfahrungsweise vor ***); die
v * . v , • • • • .•
plorice, quia sicut materiae praeeaeistenti advenit forma et facit unum cum ea, ita
generi advenit differentia .... , et facit unam diffinitionem cum ea proprie dictam, vel
per additamentum. Eaepos, aur. Praedicab. De differ.: In diffinitione genus est loco
inaleriae respeclu differentiae, i. e. habet respeciü differentiäe aliquam, conditionem
materiae, quia, sicut materia est prior ipsa forma et forma advenit, materiae, ita in
diffinitione genus, quod est quaedam intentio sive conceptus in anima, praecedit diffe
ventiam et differentia advenit sibi. . * -
841) Wie z. B. die Erörterungen über die Relativitat der Gattungs- und Art
begriffe c. 22, f. 9, r. A, vgl. Erpos. aur. Praedicab. De specie und Sent. I, Dist. 8,
qu. 3 f. oder ebend. II, qu. 9 KK: Non est differentia inter genus et speciem quan
tum ad significare totum, quia tam genus quam species significant,totum, ..... sed
genus significat plura tota, quam species. , • ** ,, , a -
' 842) C. 26, f. 10 r. B: Quoniam logici non solum utuntur praedictis vocabulis
secundae inlentionis, sed etiam multi termini alii secundae intentionis, et secundae
impositionis in usum logicorum veniunt, et ne sludiosi per ignorantiam, significationis
eorum in inquisitione veritatis retrudantur, volo nunc compendiose, de , aliquibus, eorum
ad instructionem simplicium pertractare. Terminorum autem, , quibus, utuntur logici,
quidam sunt communes omnibus universalibus, quidam sunt proprii aliquibus, eorum,
quidam competunt aliquibus eorum simul acceptis, quidam competunt uni respectu al
terius. Termini vero, qui competunt pluribus simul acceptis, sunt diffinitio, descriptio
et alia huiusmodi. * , , , • , av ,
843) Ebend.: Diffinitio dupliciter accipitur, quia quaedam est diffinitio ezpri
mens quid rei, et quaedam quid nominis. Diffinitio eæprimens quid rei, dupliciter ac
cipitur: uno modo large, et sic comprehendit diffinitionem stricte sumptam et, diffini
tionem descriptivam; aliter accipitur stricte, et sic est sermo compendiosus eaeprimens
totam naturam rei nec aliquid evtrinsecus rei declarans. Hoc autem potest fieri du
pliciter. Nam quandoque in tali sermone ponuntur casus obliqui eaeprimentes partes
rei essentiales, sicut si diffiniam hominem sic dicendo „homo est substantia composita
eae corpore et anima intellectiva", ..... et illa potest vocari diffinitio naturalis. Alia
est diffinitio, in qua nullus casus obliquus ponitur; ..... lalis est illa diffinitio ho
minis „substantia animata sensibilis , rutionalis“, .,... et ista polest vocari metaphy
XIX. 0ccam (Begriff). 367
sprachliche Definition hingegen sei nur eine erklärende Erweiterung. eines
Wortausdruckes ***). Anderwärts reducirt er diese beidem Artem der
Definition auf die schom bei Albert (Abschn. XVII, Anm. 478) vorkom.
mende Unterscheidumg einer definitio formalis und materialis 845), oder
er zieht hinwiederum auch eine Eintheilung der Worte in absoluta, com
notativa (s. Amm. 831 u. 917 ff.), possibilia, impossibilia, relativa, ad
verbia u. dgl. bei **"). Das Wesen der Beschreibung (descriptio) liege
in der Angabe accidenteller umd eigenthümlicher Merkmale, und , in der
„beschreibendem Definition“ seien dieselben mit dem substantiellen Eigen
thümlichkeiten vermischt **"). Jedenfalls aber sei das definitum michi
als real identisch mit definitio zu nehmen (s. ob. Anm. 795 am Schluss),
da mam nur sagen könne, dass beide reell das Nemliche bezeichmen 84*),
und darum sei das Definirte ein Begriff, welcher mit der Definition in
einem rein umkehrbaren Urtheile beliebig die Stelle tauschen könne,
währemd in anderem Sinne genommen allerdings das Definirte niehts
Anderes als eine singuläre äussere Sache sei *4°).
sicalis ...... Eae quo patet, falsum esse, quod aliqui dicunt, quod hominis quaedam
est diffinitio logicalis, quaedam naturalis, quaedam metaphysicalis, quia logicus, cum
non tractat de rebus, quae non sunt signa, non tractat de homine nec habet hominem
diffinire, sed habet docere, quomodo aliae , scientiae tractantes de homine ipsum diffi
mire habemt. .' ! -
844) Ebend. f. 10 v. A: Diffinitio autem eaeprimens quid nominis est oratio ea
plicite declarans, quidquid per unam dictionem importatur implicite , sicut si quis
volens alium docere , quid significet hoc nomen ,,album“, dicat, quod idem significat
quod haec oratio „aliquid habens albedinem“. - -
845) Sent. Prolog. qu. 2, 6 L : Diffinitio aliquando datur per principia essen
tialia, et illa est formalis ..... Aliae autem diffinitiones datae per alias causas sunl
diffinitiones materiales ..... et istae ut in pluribus sunt diffinitiones eaeprimenles quid
nominis, non eaeprimentes quid rei. Vgl. ebend. I, Dist. 8, qu. 5 f. , Eine ganz andere
Bedeutung der formalen und. der materialem Definitiom s. untem Amm. 1015.
846) Quodl. V, qu. 19: Diffinitio proprie dicta , (d. h. eaeprimens quid rei) est
oratio longa composita eae genere proprio et differentiis essentialibus significantibus
partes essentiales diffiniti..... Diffinitio erprimens quid nominis est oratio eæplicite
declarans, quid per unam dictionem importatur. Höchst ausführlich wird hierauf
über die Unterschiede dieser beiden Definitionem gehandelt:' erstere. nemlich sei
solum nominum absolutorum (z. B. homo, leo), ferner solum possibilium und solum
nominum sumptorum significative; hingegen letztere könne auch connotalivorum et
relativorum, sowie , impossibilium und ebenso verborum, adverbiorum, coniunctio
num sein. -
847) Summa t. l. I, 27, f. 10 v. B: Descriptio est , sermo compendiosus compo
situs eae accidentibus et propriis, ..... v. gr. „homo est : erecte ambulativus lalos
habens ungues“...... (c. 28) Descriptiva autem diffinitio est mivla eae substantialibus
et accidentalibus, v. gr. „homo est animal rationale mortale erecte ambulans latos
habens ungues“. .
848) C. 26, f. 10 v. A : Diffinitio non est , eadem cum diffinito, quia secundum
omnes diffinitio est sermo mentalis, vocalis , vel scriptus, et per consequens non est
eadem realiter cum diffinito sive cum re nec cum una dictione; tamen diffinitio signi
ficat idem cum diffinito, et sic intelligunt recte loquentes, quando dicunt, quod diffi
nitio et diffinitum sunt idem realiter, h. e. significant idem realiter.
849) C. 29, f. 10 v. B: Diffinitum dupliciter accipitur: uno modo pro illo, cuius
partes vel essentia per diffinitionem eaeprimuntur, et sic diffinitio est , ipsarum rerum
singularium ..... et substantia particularis diffinitur. Alio modo accipitur diffinitum
pro aliquo convertibili cum diffinitione, de quo diffinitio adaequate praedicatur, et sic
diffinitum est una dictio convertibilis cum diffinitione significans illud idem praecise,
368 XIX. 0ccam (Begriff).
Hierauf nun sollem jene termini secundae intentionis et secundae
impositionis folgen, welche sämmtlichen Universalien zukommen *°"). S0
wie jedoch nicht ersiehtlich ist, warum dem so sei, so werden auch die
übrigen Gesichtspunkte obiger (Amm. 842) Eintheilung nicht weiter be
rücksichtigt , und wir findem in einer umorganischen Reihemfolge, für
welche vielleicht 0ecam selbst nicht verantwortlich ist, eine Erörterung
mehrerer in der Logik überhaupt üblicher Termini. Nemlich zuerst wird
an dem Begriffe „subiectum“ die reale und die logische Bedeutung un
terschiedem und letztere vom einem weiteren Sinne durch einen engen
und engeren bis zum engsten verfolgt *°'), worauf das Gleiche mit „prae
dicatum“ geschieht, während die Frage über das Verhältniss der Copula
zum Prädicate als eine bloss sprachliche bei Seite gesehoben wird ***);
hingegen folgt die entschiedene Betonung des Grundsatzes, dass es sich
beim Prädicate für die Logik nie um reale Inhärenz, sondern eben mur
um das Verhältniss der Aussage handle *°°). Dann , reiht sich plötzlieh
,,significare“ an, dessen mehrere Bedeutumgen in die sehr lockere Ver
bindung mit dem Universaliem kommem , dass letztere stets Mehreres be
zeichnen *°*), und schwerlich ist der Zusammenhang ein innigerer, wenn
quod significat diffiniti0. (Fast wörtlich ebenso Quodl. V, qu. 20)..... Sicut dictum
est de diffinito, ila dici debet de descripto. - -
850) C. 30, f. 11 r. A: Dicto de terminis, qui non competunt alicui universali,
cuiusmodi sunt diffinitio et descriptio et huiusmodi (quia nullum universale esl diffi
nitio vel descriptio, sed quaelibet diffinitio vel descriptio eæ pluribus universalibus
est composita) dicendum est nunc de terminis convenientibus omnibus universalibus,
cuiusmodi sunt subiectum, praedicatum et huiusmodi.
851) Ebend.: Subiectum dupliciter accipitur : hoc quidem ad ea istentiam, hoc
autem ad praedicationem. Ad eæistentiam ..... dicitur aliquid, quod realiter sub
sistil alteri rei inhaerenti sibi et advenienti realiter ...... Dicitur subiectum per '
praedicutionem, quod est pars propositionis praecedens copulam; ...... et subiectum
sic acceptum potest multipliciter accipi. Primo large .... omne illud, quod potest in
quacunque propositione vera vel falsa subiici...... Secundo stricte ..... , quod sub
iicitur alleri in praedicatione directa..... Tertio strictius pro illo, quod est subiectum.
in conclusione demonstrata, quae scitur vel est nata sciri..... Strictissime pro aliquo
prim0 primilale, aliqua inler talia subiecta.
852) C. 31, f. 11. r. A: Sicut subiectum dicitur, illa pars propositionis, quae
praecedil copulam, ita illa pars, quae sequitur, dicitur praedicatum. , Volunt tamen
aliqui dicere, quod praedicatum est copula cum illo, quod sequitur copulam ; qualiler
cunque tamen sit, quia hoc dependet eae sumptione vocabuli, qu0d est ad placitum,
ideo pertranseo. Praedicatum tamen • multipliciter dicitur u. s. f.; memlich diese
Distinction des Prädicates. entspricht genau jeneri des Subjectes. • * ••• ••
853) C. 32, f. 11 r. B: Sicut autem praedicatum praedicalur de subieclo, -ita *
praedicatum dicimus esse , in subiecto, convenire , subiecto el inhaerere, subiecto- et
huiusmodi, quae non sunt intelligenda, acsi praedicatum realiter inhaereret subiecto
illo modo, quo albedo inhaeret parieti, sed omnia talia significant idem, quod prae
dicari, nec aliter accipienda sunt; ...... accidenlia omnia;..... possunt dicit esse in
substantia sicut in subiecto non quidem per realem inhaerenliam secundum opinionem
multorum, sed per praedicationem veram.
854) C. 33, f. 11 r. B: Significare multipliciter accipitur apud , logicos. Nam
uno modo dicitur signum aliquid significare, quando supponit vel natum est pro
aliquo supponere, ita quod de pronomine demonstrante illud medianle hoc, verbo „est“
idem nomen praedicatur; ..... haec enim vera est „ille est albus“. demonstrando So
cratem...... Aliter accipitur significare, quando illud signum in aliqua propositione
de praeterito vel praesenti vel futuro vel in alia propositione vera , de modo potest
pro illo supponere, et sic ullum..... significat etiam illud, quod potest esse album.
XIX. 0ccam (Begriff). 369
hierauf „dividi* nach älterer Tradition erörtert wird *°°). Ebenso wenig
vermögen wir einzusehen, warum nun ,,totum“ und „pars“ in realem
und in logischem Sinne folgen *°°), oder aus welchen Motiven sodann
die Erklärung der „opposita“ hieher gestellt sei, betreffs deren zu be
merken ist, dass hier von einer dritten Art der Entgegensetzung der
Urtheile gesprochen wird, welche eintrete, wenn die Subjecte zweier
Urtheile, derem Qualität verschieden , ist, im Werhältnisse einer Subalterna
tion , stehem *°')., Endlich in umerklärlicher Verbindung werden noch
einige Worte über , die, logische Bedeutung des , Begriffes „passio“ an
geknüpft °°°)., -
Jedenfalls mahm 0ccam hierauf dem Uebergang zu den, termini pri
1mae intemtionis, , d. h. , zu den Kat ego rie n , bei welchen es sich zu
mächst, — abgesehen von ihrer logischen oder realem Geltung — , um
zwei Begriffe handle, welche allen Kategorien gemeinsam seien, nemlich
um ens und unum *°°)., Dass „ens" nur homonym, nicht, aber synonym,
--------------- ; - ***
...... Aliter accipitur, quando illud dicitur significari, a quo ipsa v0æ imponitur vel
primo significatur per conceptum principalem vel vocem principalem, et sic dicimus,
quod album significat albedinem..... Quarto m0d0 accipitur significare communissime,
quando aliquod signum, quod natum est esse pars propositionis vel natum est esse
oralio vel propositio, aliquid importat sive principaliter sive secundario...... Signi
ficare igitur secundum aliquam sui significationem competit universali cuilibet; uni
versale enim secundum Damascenum in logica sua (s. Abschn. XI, Anm. 50, denn
nur Porphyrius ist es, aus welchem Damascenus geschöpft hat; s. ebend. Anm. 171)
est, quod mulla significat; ..... omne enim universale vel significat plura primo modo
vel secundo modo, ..... alia vero universalia significant plura tertio vel quarto modo,
855) C. 34, f. 11 v. A: Non autem, solum universale significat plura, sed etiam
dividitur in plura. Sed sciendum est, quod dividi multipliciter accipitur........
Sunt autem secundum Damascenum in logica sua octo modi , dividendi (s. ebend.
Anm. 170). - - *.
856) C. 35, f. 11 v. B: Totum multipliciter dicitur. Uno modo dicitur totum
aliquid complectens plures partes, sine quibus in rerum natura esse non potest......
Aliter accipitur tolum pr0 aliqu0 communi ad multa, ..... et sic logici communiter
uluntur...... Et quot modis dicitur lolum, tot modis dicilur proportionabiliter pars.
857) C. 36, f. 11 v. B: Post praedicta dicendum est de oppositis. Et sciendum
est, quod hoc nomen „opposita“ significat tam res eætra animam quam in anima
quam signa rerum. Sed omnes res eaetra animam, quae non sunt signa, si sint op
positae, non opponuntur nisi contrarie vel secundum unam opinionem aliquae res
relative opponunlur..... Sed si loquamur de oppositione, quae est inter signa rerum,
cuiusm0di sunt conceptus et, voces et scripturae, sic secundum peripateticos hoc nomen
„opposita“ dicitur tam de complezis quam incompleacis. Compleacorum aulem oppo
sitorum potest tripleæ modus assignari. Quaedam enim opponuntur contradictorie.....
Aliquae propositiones opponuntur contrarie..... Tertii modi oppositionis non habemus
nomen impositum;, est autem, quando aliquae propositiones non sunt contradictoriae
neque contrariae, sed inferunt propositiones contradictorias vel una infert , contra
dictoriam, alterius et propter h0c nullo m0d0 p0ssunl simul esse, verae, sicut.... :
,,Nullum animal currit, Aliquis, h0m0 currii*...... 0ppositorum autem incompleacorum
quatuor modi ponuntur u. s. f. (d. h. es, folgen. die traditionellen vier Arten).
858) C. 37, f. 12 r. B: Restat nunc de uno vocabulo, quo logici tractando de
demonstratione (s. Abschn. XVII, Anm, 475) frequenter utuntur, disserere, sc. de hoc
vocabulo , „passio“...... Secundum quod logici loquuntur de passione, sciendum est,
quod passio non est, aliqua res eaetra animam inhaerens alicui, cuius dicitur passio,
sed passio est quoddam praedicabile mentale vel vocale vel scriptum ...... Passio
semper supponit pro illo eodem, pro quo sul)ieetum supponit, , quamvis aliquid aliud
ab illo significet aliquo modo.
859) C. 38, f. 12 v. A ; Dicto de, terminis quibusdam secundae intentionis et de
PRAntl, Gesch. III. 24
370 XIX. 0ecam (Begriff).
von Allem ausgesagt werde, und in solchem Simne versehiedemen , Einthei
hungem unterliege *"'); erörtert, er auch anderwärts unter Beiziehung der
Lehre- von der Supposition °° '); und desgleichen bespricht, er ,,unum“,
welches als passio entis mehrere übliehe Bedentumgen habe ***), an einer
anderen Stelle auf gleicher Grundlage betreffs- seines Wechselverhältnisses
zu ens, da nur bei suppositio personalis diese beiden' Begriffe sachlieh
identiseh seien***). Indem danmi^ die Erklärung der Kategorien selbst
folgen soll *"*), erörtert'0eeani in einer längerem Stelle, von welcher
wir éin eanderweitigesiDmplicat' bereits obem; Anm. 779; trafen,' die Be
deutung des Begriffs praedicamentum; nemlich nach Einer Meinung: be
deute Kategorie das Verhältniss eiher wechselseitigent Ueber- rund Unter
Ordnung (es ist 'diess die Auffassuiig, welchewir seit. Albert, Absehn.
XVII, Anm. 429, bei Pseudo-Thomas, ob. Ahm. 311, bei Mayrbn, Anm. 520,
und bei Burleigh, Ahm. 616, recipirt fändem ; * dass Oceam sie verwirft,
s. sogleich untem Anm. 868), wobei dann dasjenige, was* am sieh intentio
prima sei, um der Aussage willen als intentio secunda bezeichnet wer
den, könne, vwohingegen. naeh einer anderen, Amsicht, die Kategorien mur
als die erste gemeinsame Grundlage jener, Aussagen, , welche eine Unter
oder Ueber-Ordnung enthaltem, genòmmen werden (s. gleichfalls Amm. 868);
jedeùfalls aber müsse daran festgehalten, werden, dass die Kategorién
ehenso wie alle, übrigen „Denkopérationem, während sie entia rationis
sind, in Wahrheita wirklich existirem °°°). Nur ist bei Letzterem, wie
t 1 . i-luul--i-- • • i • '*• " ' - , ... … •! • • • •, .• ! • i •; i -i •! • • • 11./
quibusdam secundae impositionis, videndum est de terminis primae intentionis. Primo
tamen dicendum est de quibusdam communibus ' omnibus,' sive sint res, quae non sunt
signa, sive sint res , quae sunt signa (vgl. ob. Anm.'779), cuiusniodi sunt ens
et tumum.' . - - • • .• - ** , + *• T^ t . . - •* \ \ * a
.1, , ,* 860) Ebend.: "Accipitur hoc nomen „ens**, * secundum , quod sibi correspondet
unus conceptus communis omnibus rebus praedicabilibus in quid ...... Tamen
nomeh „en$*' est aequivocum, quia non praedicatur de omnibus sibi subiitibilibus,
quando significative sumitur; secundum unum conceptum, sed sibi diversi conceptus
respondent ..... Ens dividitur, quia hoc quidem est secundum accidens, illud vero
secundum ' se ...... Similiter philosophus dividit ens .... in ens in potentia et ens
in actu. - i • v -wv , w * :.:; : ;-.- r--;--- -
“861) Quodl. V, qu. 14: Huic nomini „ens* correspondet unus coneeplus com
munis praedicabilis ' de^ omnibus rebus...... 'Hoc nomen ,,ens*' est aequivocum, quia
licet praedicetur univoce 'de 'omnibus subiicibilibus, * et hoc,' sive 'supponat simpliciter
sive personaliter, tamen non praedicatur de omnibus subiicibilibus significative acceptis
secundum unum conceptum, sed huic nomini diversi conceptus * correspondent. Eaepos.
aur. Praedicab. De specie: Ens non dicitur univoce de decem. praeditamentis, sed
aequivoce. * • • • \ . \ , ι , ι , ι ι ι •,• '• , , . ' . *• v •. • • , ,.• • vna •
' 862) "Summa t. log. I, 39, f. 12 v.-B : Unum autem est, passio entis, quia.....
signifieat aliquid, quod non' eodem modo signifieatur per ens, quamvis aliquo modo
* • • • • • • • • ••. • • • • • 1 •
significatur per ens...... Unum tamen multipliciter dieitur; ..... tamen ad praesens
sufficiat, ponere tres modos unius, quibus logici utuntur frequenter, d. h. es folgem
nun- \imùm numero,'' unum speeie,''unum genere. . * * * • • \ • • • • wwwww wv, ,
- 868) sent, I, 'Dist.2, qu. 3, K:: Ensi et 'uniim, si ! syppiant persgaiite; polius
sunt una' res et una natura, quam dicant eandem natürani, et si §io supponánt, non
aliter distinguuntur ens et unüm, quam ensi et ehs, 1'et' unum et unum. Si autem
supponant simpliciter vel materialiter, sic non sunt una res nec una natura, sed dieunt
eandem naturam et distinguuntur inter se, sicut duo coneeplus vel duo nomina, quae
non sunt synonyma. ' '^ Υ , ' \ * * * * * * * y • , \ • • • • * • a ,, ,.,, , •,, \. , ,
»* * 864) Summa t. log. I, 40, f. 13 r. A : Post, praedicta restat dicere , de inferioribus
ad ens, quae sunt decem praedicamenta. v • •.*• • • * - - , • • •
nen secundae impositionis
. • 1 u . •! • • • * * * .
'865) Ebend.: Hoc nomen „praedicamentum“ est^ nom
XIX. Occam (Begriff). 371
sich für 0ccam von selbst, versteht, nicht von der äusseren , Existenz der
concreten Dinge, welche als solehe stets singulär sind, die Rede, sondern
bei den Kategoriem handelt es sich um bezeichnende Worte und somit
um Denkauffassumgen undi Begriffe , welche gemeinsam von Allem , was
unter sie fällt, ausgesagt werdem °°°), und zwar derartig, dass Ein und
der , nemliche Gegenstand durch mehrere Kategorien bezeichnet werdem
kamm *°7). Eben jene Auffassung aber, wornach mam bei den Kategoriem
einseitig auf das Verhältniss einer Ueber- oder Unter-0rdnung blickte,
müsse , nicht bloss zu einer missbräuchlichen Erweiterung des Begriffes
„Gattung“, sondern aueh zu der Uebertreibung führen, dass man für die
Kategorie des Wamn eine quandeitas oder für jene des Wo eine ubeitas
ersamn -und in gleicher Weise auch bei allem , Adverbien, Präpositionem u.
dgl., verfahreni musste, während nach * der richtigem und ursprünglichen
----------+++ . i. • I - - , , . . i ! • , .'* 1 1 ', *' *.
vel, intentionis, sicut,hoc nomen, „genus“, quamuis illa, de, quibus praedicatur, sint
incompleta, primae intentionis. ,Verumtamen praedicamentum dupliciter accipitur: uno
modo pro toto ordine aliquorum ordinatorum secundum superius et inferius; alio
nmodo dccipitur pro primo et communissimo in tali ordine. Et hoc secundo modo
accipiendo „praedicamenlum“ quodlibet praedicamenlum est unum incompleacum primae
intentionis, et hoc quia significat , res, quae non sunt signa. Accipiendo autem „prae
dicamenlum“ primo modo potest dici, quod in aliqua tali ordinatione sunt incompleta
primae inlenlionis et in aliqua incompleaea secundae intentionis, vel potest dici, quod
aliqua talia sunt primae intentionis et aliqua secundae intentionis, sicut secundum
opinionem, quae ponit, quod intentio vel conceptus est qualitas subiective eæistens in
mente, (betrefis dieser Meinung vgl. Anm. 757 u. 762), tunc hoc commune „genus“
est, in praedicamento qualitutis vel relationis ; nam omne genus est qualitas secundum
illam , opinionem, et hoc commune „genus“ est , secunda intentio vel nomen secundae
intenlionis, hoc, autem commune „color* est prima intentio, et similiter de multis
aliis...... (B) Verumtumen sciendum, quod secundum opinionem, quae ponit, quod
intenlio vel conceptus , sive passio animae est qualilas mentis, non ideo aliquid dici
tur ens, rationis, quia non est vera res existens in ' rerum natura, sed ideo dicitur
ens rationis, quia non est nisi in ratione, qua mens utitur pro alio vel intelligitur
aliud;, et sic omnes, propositiones et consequentiae et termini mentales sunt entia ra
tionis,* et tamen sunt, vere et realiter eacistentia in rerum natura et entia perfectiora
et realiora, quam qualitas quaecunque corporalis (über diese objective Realitat der
logischen, Functionen. s. oben Anm. 764 u. 766 ff.). • ww
866) Evpos. aur. Praedicam. Prooem.: .In hoc opere. (d. h. Categoriae) haec
inlentio est, de, primis rerum mominibus et de vocibus res ' significantibus dispulare,
non ideo, quod secundum aliquam proprietatem figuramque formantur, sed in eo quod
significantes.. sunt....... In • grammatica determinatur de vocibus ..... determinando
congruilalem, et, incongruitatem, in oratione..... » In libro vero Praedicamentorum , de
terminalur de, vocibus, quales res, significent, ostendendo....... Et ignorantia inten
tionis, Aristotelis , in hoc libro facit multos modernos errare credentes multa hic dicta
pro rebus, quae • lamen pro solis vocibus } et proportionabiliter pro intentionibus seu
conceplibus, in anima 'vult intelligi. Ebend. Cap.4: Ista non est divisio rerum eaetra
animam, quia , res extra animam, non praedicantur, de pluribus, non enim praedicatur
nisi v0ae vel conceplus vel aliquod signum ad placitum institutum; sed ista est divisio
vocum, sive conceptuum sive intentionum in anima ....... Nulla est, substantia realiter
eaetra animam nisi solum substantia particularis (s. Anm. 781). » Et isla est divisio
incompleacorum, eae quibus componuntur propositiones et ea, quibus lineae praedicamen
tales \ componuntur. Ebenso Cap. 7. Ebend. Praedicab. De specie : Non dicit (sc.
Aristoteles) decem praedicamenta esse decem res intrinsecas omnibus aliis rebus, sed
tanlum quod sunt, decem principia, i. e. decem communia , praedieabilia de aliis con
tentis sub se, non pro se, sed pro aliis. , , , • w • v * w* , a* -
867), Ebend. , Praedicam. Cap. 7: • Praedicamenta sunt distincta, non tamen con
simililer distinguuntur, res significatae per ipsa, sed eadem res, saltem aliqua, signi
ficatur per diversa praedicamenla, quamvis non eodem modo. - - - • -
24*
372 XIX. 0ccam (Begriff).
(d. h. eigentlich, wie wir oft, genug sahem, arabischen) Ansicht die , Kale
gorien als incompleaea Nichts weiteres, als die einfachem Grundlagen und
Bestandtheile der Urtheile seien *°°).
Die Zehnzahl der Kategoriem motivirt 0ccam in seinem Compendium
völlig nach der allgemein üblichen Weise °°°); aber an einem anderem
0rte erhebt er sich zu der wahrhaft merkwürdigem Höhe der einzig rich
tigem Auffassung, dass es in objectiver Hinsicht überhaupt nur drei Kate
gorien gebe, nemlich Substanz, qualitative Bestimmtheit und Relation **").
Ja auch in der Einzeln-Erörterung der Kategorien, welche im Uebrigen
Nichts bemerkenswerthes enthält, blickt hauptsächlich im ('ompendium die
ser grundsätzliche Gedanke überall insoferne durch, als 0ccam stets mach
zuweisen sucht, dass für die Philosophie im Sinne des Aristoteles, d. h.
abgesehen von dem Interessen der christlichem Dogmatik, keine der übri
gen meum Kategorien eine selbstständige von der Substanz unterschiedeme
Sache sei, sondern jede derselben mur den Wortausdruck einer Inhärenz
enthalte *7'). Mit erklärlicher Worliebe stützt er einzelne Begründungen
868) Summa t. log. I, 41, f. 13 r. B: Ponuntur autem ab omnibus auctoribus
decem praedicamenta; sed in modo ponendi, ut mihi videlur, multi moderni discordant
ab anliquis; nam multi ponunt, qu0d in praedicamento sunt multa ordinata secundum
superius et inferius; ..... unde, ut talem praedicationem habeant de adverbiis, fingunt
nomina abstracta, sicut de „quando“, „ quod est adverbium, fingunt , tale abstraclum
„quandeitas“, de „ubi“ „ubeitas“ et sic de aliis. Sed antiqui non posuerunt talem
ordinem in quolibet praedicamento, et ideo hoc nomine „praedicamentum“ et similiter
Valibus nominibus „genus, species“ et consimilibus minus large utebantur, quam
faciunt multi moderni, unde ipsi dicentes, semper superius praedicari de ' inferiori,
eaclendebant praedicari ad verba, ..... eaetendebant etiam praedicationem ad praedica
tionem adverbiorum et propositionum...... Intentio antiquorum mihi videlur rationa
bilior....... (v. A) Secundum intentionem antiquorum eæistentia in praedicamentis
non sunt nisi quaedam incompleæa, ea, quibus affirmatio et negatio ..... natae sunt
constitui.
869) Ebend. f. 13 v. A: Sumitur autem distinctio illorum praedicamentorum....
distinctione interrogationum de substantia sive de individuo substantiae...... (B) Aliu
autem incompleaca non sunt in aliqu0 praedicamento, propter quod coniunctiones et
syncateg0reumata in nullo praedicamento reponunlur; per talia enim ad nullam quae
stionem respondetur. Vgl. Quodl. V, qu. 22.
870) Sent. I, Dist. 8, qu. 2 D: Quaedam sunt genera, quae significant res sim
pliciter et absolute sine omni connotatione; et si ita esset, posset dici, quod sunt
tanlum tria genera generalissima, sc. substanlia, qualitas et respectus..... Alio modo
dicitur genus omne praedicabile prim0 modo dicendi per se et in abstracto de alio,
isto modo possunt, dici decem genera generalissima. - Dass ich meinerseits jene Drei
zahl der Kategorien unbedingt für die einzig mögliche philosophische Construction
der aristotelischen Kategorien halte, glaube ich im I. Bande genügend dargelegt zu
haben ; und auch die Bemerkumgen, welche Fr. Brentano (Von der mannigfachen
Bedeutung des Seienden nach Aristoteles. Freiburg 1862. S. 74 n. 183) dagegen
richtete, schienem mir nicht geeignet, meine Ansicht umzustossen.
871) So z. B. , bezüglich der Quantität Summa t. log. I, 44, f. 15. v. A: Est
alia opinio, quae mihi videtur de mente Aristotelis, sive sit haeretica sive catholica,
quam volo nunc recitare, quamvis nolim asserere; et ideo, quia istam opinionem
posui, quando scripsi super philosophiam, non scripsi eam tanquam meam, sed tan
quam Aristotelis eæposilioni magis consonam, ut mihi videtur, et eodem modo sine
assertione nunc recitabo eam. Est igitur illa opinio, quam mulli catholici ponunt et
theologi tenent et tenuerunt, quod nulla quantitas esl ' realiter dislincta a substanlia
et qualitate, sive tales propositiones „substantia est quantitas*' vel „quantitas est
qualitas“ sint concedendae sive nom. Oder betreffs der Kategorie des "Wann ebend.
c. 59, f. 20 r. B: Secundum viam Aristotelis, ut mihi videtur, hoc praedicamentum
XIX. Occam (Begriff). 373
auf die Lehre von der Supposition *7*); den Gilbertus Porretanus aber
betreffs der sechs letzten Kategorien beizuziehen, hält auch 0ccam (wie
Scotus, ob. Anm. 176) mit Recht für unnöthig *7°).
Den letzten Abschnitt des ersten Haupttheiles bildet hierauf die aus
führliche Lehre von der s u p p o sit i o, welche hier gewissermaassen als
ein Mittelglied zwischen Begriff und Urtheil erscheint, insoferne sie eine
proprietas terminorum ist, welche dem terminus eben nur in der Satz
verbindung zukommt *"*). Die ganze Darstellung aber beruht sichtlich
auf einem längeren Betriebe und einer manigfachen Umarbeitung des by
zantinischen Stoffes (s. z. B. untem Amm. 922), und wahrscheinlich müs
sen wir diesem Umstande es auch zuschreiben, dass hier die übrigen
proprietates terminorum mit Einschluss der Eaeponibilia erst bei der
Lehre vom Urtheile zur Sprache kommen und mit derselben innig ver
woben werden (s. untem Anm. 906 ff.); denn dass diese Gruppirung des
Stoffes erst von 0ccam selbst ersonmen sei, möchte ich bezweifeln. Nur
die appellatio (vgl. Abschn. XVII, Anm. 64, 129, 228 u. 601) will 0ecam
nicht als ein Gegenstück der Supposition (wie bei Petrus Hispanus) gel
ten lassen, sondern dieselbe derartig in die letztere verflochten wissen,
dass sowohl die Subjects- als auch die Prädicats-Begriffe dieser „Suppo
sition im weiterem Sinne* anheimfallen *7°). An die genauer formulirte
Definition der Supposition reiht sich die besondere Warnung, dass die
wahrhaft sachgemässe Aussagbarkeit in keiner Weise verletzt werde *"°).
„quando“ non , importat aliquam rem distinctam a substantia et qualitate, sed im
portat illas easdem res, quamvis non nominaliter, sed adverbialiter tantum. Auch
führt Occam überall sowohl für diese aristotelische als auch für die gegnerische
Auffassung die Motive und ebenso die Folgerungen am; insoferne aber dabei auch
theologische Fragen mitspielen und insbesondere bei der Kategorie der Relation
das Trinitäts-Gezänke hereinragt („filiatio und „paternitas“, womit sich auch 0ccam
abquält), so mögen all diese Dinge ohne Neid dem Theologen überlassen bleiben,
welche für ihr eigenthümliches Gebiet auch in anderen Schriften 0ccams Manches
über Quantität (Quodl. IV, qu. 30 u. 32), über Relatioh (ebend. qu. 16 u. 22 f. und
VII, qu: 5), über die sechs letzten Kategorien (ebend. VII, qu. 9—12) und deren
Verhältniss zur Relation (Sent. I, Dist. 30, qu. 2 u. 3) benützen könnten.
872) Z. B. Eaepos. aur. Praedicam. Cap. 12: Hoc nomen „ad aliquid“ vel „re
lativum“ si praecise supponeret personaliter et pro rebus et non pro signis rerum,
haec esset falsa „Hoc nomen scientia est relatio“; ..... sed supponit praecise pro
nominibus ipsis vel signis rerum. Vgl. ebend. c. 17.
873) Summa t. log. I, 57 ff. Auch in der Expositio aurea verzichtet er auf
diese Ergänzung.
874) Summa t. log. I, 63, f. 20 v. B: Dicto de significatione terminorum restat
dicere de suppositione, quae est proprietas conveniens termino, sed nunquam nisi in
propositione.
875) Ebend.: Suppositio accipitur dupliciter, sc. large et stricte, Large accepta
non distinguitur contra appellationem, sed appellatio est unum contentum sub suppo
sitione; aliter accipitur stricte, secundum quod distinguitur contra appellationem; sed
sic non intendo loqui de suppositione, sed primo modo; et sic tam subiectum quam
praedicatum supponit.
876) Ebend.: Dicitur autem suppositio, i. e. pro aliis positio, ita quod, quando
terminus in propositione stat pro aliquo, utimur illo termino pro, illo, sc. de , quo
sive pronomine demonstrante ipsum ille terminus vel rectus illius termini, si sit
obliquus, verificatur ...... (f. 21 r. A) Est autem una regula generalis, quod nun
quam terminus in propositione, saltem quando significative μccipitur, supponit pro
aliquo, nisi de quo praedicatur vere; eae , qu0 sequitur, quod falsum est, quod aliqui
ignorantes dicunt, quod concretum a parte praedicati supponit pro forma, sc. quod
374 XIX. Occam (Begriff)!
In der Eintheilung der Supposition schliesst sich Occam völligam die jiln
gere Formation deri byzantinischem Logik an (s. Abschn. XVII, Anm. 596);
nur die Unterabtheilung derº suppositioi, confusa erscheint ' bei ihm · in
jener memlichem Weise, welche wir bei Shyreswood, trafen (s. ebend.
Amm. 61); auch ist in dem Wortlaute der Definitionem: der, drei obersten!
Hauptarten der Einfluss jener zahlreichem Erörtefungen ersichtlich, welche
über significatum (suppositio personalis), über-intentio (supp. simpleae)
und über,' voae (supp. r materialis) üblichti und nothwendig geworden
warem *7?). - Während aber aus diesen Definitionen folgt, dass jeder Be
griff, in jedem. Urtheile zur suppositio personalis befähigt sein kann, hin
gegen suppositio simpleae und imaterialis mur umter gewissen regelmässi
gen Bedingungen statihaft sind *7°), knüpfen sich hieran äusserst scrupulöse
Controversen über die Art der Suppositions-Fälligkeit in einigen traditio
mellen Beispielen; zu derem Lösung 0ccam auch die den- späterem Autoren
(s. Abschn. XVII, Anm. 605) angehörende , Unterscheidung zwischen eaeer
citum und signatum verwendet***)..... . . . / ,,,'. i !, .£ , ov'
—-' … i; . ■ , , … - · · · · · · · · · · · · } , ***, -i, ju*» i4;
in illa „Socrates est albus* littera „albus“ supponit pro albedine, num haec est sim
pliciter falsa.,,albedo , est alba*. ' Die metaphorische, Supposition^ s. ünten Amm. 891.
•,• , .877) C. 64, f, 21 r. A : Suppositio primo, dividitur in, suppositionem simplicem,
personalem et, materialem., Supposilio, personalis universaliter est illa,, quando, tern
*minus supponit, pro suo significáto, sive illud significatum sit res eaetra 'aniniani sive
por site'intentiô animiae' sivé scriplum sibe quòdeiinque' aliud imaginábile, ita quod,
quandocunque subieclum sive praedicatum propositionis supponit pro suo significato
(vgl. 'Anm. 781), ila , qu0d significalive tenetur, semper, est \ suppositio personalis.....
Suppositio, simpleas est, quando terminus supponit pr0 , intentione a animae , sed non
tehetur significatiue, e. g. „homo' est species“....... Ex hoc patet; falsitas opinionis
communiter dicéntium, quod suppositiori simplex, ' est,u quando terminusi supponit prò
suo i significato, quia '.'.... intenlio animae proprie non est significatum termini, quia
talis terminusi signifieat: veras res et. non intenliones animae. Suppositio materialis
est, iqudndo-terminus non supponit significative, sed suppoiiit vel pro voce vel pro
scripto, 'sieut. „homo est nomen**. ' . gi ; ., , , , ; : : - ' ; -
iri, 878) C. 65, f. 21. r. B: Terminus in quacumque propositiohe. ponatur, potest habere
suppositionem personalem, inisi eae volunlate, ulentium i arctetur ad aliam, sicut ter
minus aequivocus' in- quacunqùe pr0p0sitioné: polest supponere, pro,'quolibet significato,
nisi arctetur w et voluntale ^ulentium : âd significalum , eertum... Sed tefmihus' non in
omni propositione, potest \ habere suppositionem, simplicem, vel malerialem, sed tunc
tandum,' quandò talis terminus comparatur, alteri extrem0y) quod respicitw intentionem
animae vel vocem vel scriptum ... ... Potesl ) ergo' regula isla dari, quod quando ter
minus polen$ habere istam triplicem, suppositionem, coinpafatur.veátremo commuiii-voci
bus prolatis sive scriptis, tunc pr0p0sitio, in qua ponitur, est distinguenda, eô quod
talis terminus potest habere suppositionem personiilem , vel , materialem; quando^ vero
comparatur eætremo significanti intenlionem ánimae, est, distinguenda, eo quod potest
habere suppositionem personalem vel simplicem; quando vero comparaturo eztremo,
communi omnibus praedictis, tùn0° est 'dislinguenda, eo quodopotest háberé'{supposilio
nem personalem, simplicem vel materialem. v , w w ' \ \ ww w w ^ * ' • , • * ••
' ^ 879) C. 66, f. 21 v. A: ' Sed contra praedicta potest obiiciw multipliciter, Primo
sic: haec est vera „Homo est dignissima, creaturarum** (s. Abschn, XVII, Anm. 206);
quaero, quam suppositionem habeat littera ,,homo“; non personalem, quia quaelibet
singulqris hest falsa. (d. h; es ' gibt hier keimen, descensus ad singularia!,i s.* ebend.
u. ausführlicher w im byzantinischen Originale Abschn., XV, Anm. 73); ergo habet
simplicem;sed si suppositio simpleæ esset, pr0 intentione animae, illa esset falsa, quia.
intenlio non est dignissima creaturarum. . . ..\ . ' Praeterea : Haec, est, vera ,,Color est
primùm oobiectum visus“, et quaelibet singularis est, falsa, ergo habel simplicem sup
positionem; sed, si supponeret pro animae intentione, illa esset fals&..... Praeterea:
Voa, non praedicatur de voce nec intentio de intentione ...... • Ad primum istorum
\ • , • ' * , ,
* <* , , : • • ' ■ •, • , , , * a * ,
XIX. 0ccam (Begriff). 375
.,, ,, Die, Einzeln-Erörterung., beginnt mit der supp. materialis, welche
folgerichtig auch auf ganze Sätze ausgedehnt, aber mit unnöthiger Spitz
findigkeit, in zwei Artem unterschieden wird **'); sodann folgt in glei
cher Tragweite, supp. simpleae **'), und hierauf supp. personalis, welche
einer ausführlicheren., Besprechung unterworfen wird. Nemlich vorerst
scheidet 0ccam von dieser Supposition alle Syncategoreumata ; und alle
Verba aus und weist darauf hin, dass zusammengesetzte Subjecte oder
Prädieate, nicht in ihre Bestandtheile aufgelöst werden dürfen ***). Nach
dem er sodann durch Definitionem lie Eintheilung in discreta und com
munis, welch letztere in determinata und confusa, undi deren letztere
abermals in, confusa, tantum und, confusa et, distributiva zerfällt, festge
stellt hat *°°), erörtert er, mit., Uebergehung, der discreta diese, einzelnen
—„ . , , , , , , „ , ,. , ;,, . , ' , , : , ;! , • • , , , ;:•; ' ' • • • • • , ,
dicendum, quod opimio dicentium, quod in illa, „Hom0 est, dignissima creafurarum“ sub
iectum habet suppositionem simplicem, est falsa; imo habet tantum suppositionem per
sonalem ....... Ad secundum dicendum est, quod omnes tales „Color est primum
obiectum visus“..... , et ceterae, tales multae sunt simpliciter falsae de virtute sermo
nis, tamen illae, quas intendebat philosophus, per eas, sunt verae,...., Philosophus, et
mulli alia accipiunt..... frequenter actum ezercitum pro actu signato, et e, converso.
..,. , Est autem, actus , evercitus, qui importatur, per hoc verbum „est“ vel aliud
huiusmodi; ..... actus, autem signatus est ille, qui per hoc verbum „praedicari“ im
portatur vel , per hoc verbum „subiici“ vel ,,verificari“ vel ,,competere“ vel aliq od
huiusmodi ...... (es folgt sodann die schon oben, Anm. 796,. angeführte Stelle über
suppositio simpleá).,.... Ad tertium dicendum est, quod voae praedicatur de voce et
iniéntio de intentione, non tamen pro se, sed pro re (s. Amm. 788 f.)...... Si autem
adhuc obiiciatur, quod haec est vera „Piper `venditur hic et Romae“, „ et tamen nulla
singularis est vera, nisi, secundum , quod supponit simpliciter et non pro , intentione
animae, ...... dicendum est, quod ..,.. nullus , yult emere illud commune piper, ....,
sed quilibet intendit emere remi singularem (s. Anm. 798 u. 885). „_, , , w ww \ , • . • • • i •
, 880), C. 67, f. 22 r. A: , De suppositione materiali...... sciendum est, quod .....
cuilibet, quod potest esse pars propositionis, competere potest; omne enim tale potest
esse, eaelremum propositionis et prò voce vel pro scripto supponere. Et de, nominibus
quidem manifesium est; .... hoc etiam idem patet de adverbiis, verbis, pronominibus,
coniunctionibus, praepositionibus et, interiectionibus, sicut „Bene, est, adverbium“;.....
similiter aulem propósitiones et orationes talem suppositioiiem habere possunt, quod
patet in istis „Homo est, animal“. est propositio vera ,, .....; Potest; autem dividi,
suppositio ; materialis, quia quaedam est, quando. vii'iüäitä suppofit pro se,
sicut „Homo est nomen“; ..... quandoque, autem voæ vel scriptum vel conceptus, non.
suppoiiit pro se, sed pro voce, vel scripto, quam tamen vocem vel scriptum, non signi
ficat, sicut ... „Animal praedicatur de homine“. ,, „ „, ,. „, . . . „ , , , , „?
, 881) C. 68 ebd.: Sicut aùtem cuilibet complevo potest, competere suppositio,
nalerialis, ita cuilibet complexo vel incomplexo. significativo vel consighificativo potest
competere supp0sitio simpleae. ; • ' • • , , . . . . * ' ' . . . . . , . '
|| 882) C.69 ebd.: Nunc accedendum est ad suppositionem personalem, circa quam
sciendum est, quod categorema solum, quod est ea tremum propositionis, significative
sumptum supponit personaliter, Per primum evcluduntur omnia syncategoremata......
Per secundum, eaecludilur omne verbum, quia nunquam verbum potest esse eaetremum
propositionis, quando accipitur significative..... Per tertium excluditur pars eætremi,
quantumcunque sit nomen et categorema, sicut hic ,,Hom9 albus est animal“, nec liltera
„homo“ supponit nec littera „albis“, sed totum eætremum,.... Per quartum excludunlur
categoremata talia, quando supponunt simpliciter vel materialiter. , , , , , , , , , , ,
[883), C. 70, f, 22 r. B: Suppositio auiem personalis potest dividi primo, in, suppo
sitionem discretäm, et communem. Suppositio discreta est, in qua, supponit nomen
proprium alicuius vel pronomen demonstrativum significative sumptum, et talis, supp0
íitio reddit propositionem, singularem.... Suppositio personalis communis est, quando
terminus communis supponit;..... dividitur in suppositionem confusam, et, determina-,
lani., Sijpositio deteriiinata est, quando contingit äéscendere per âliquam disiunctitam,
376 XIX. 0ecam (Begrift).
Artem, insoweit bei demselben keine „relativen“ Begriffe verwendet wer
den (dieselben folgen weiter unten, s. Anm. 890); und zwar beschränkt
er die supp. determinata auf jene Urtheile, welche weder ein distribui
rendes Zeichen der Allgemeinheit noch eine Negation enthalten 8°4); da
bei aber erhebt er bezüglich einiger Beispiele wieder haarspaltende Be
denken,' indem er z. B. bei Sätzen, welche sich um den juristischen Be
griff der Stipulation drehen (vgl. ob. Anm. 798), betreffs der Supposition
einem wesentlichen Unterschied zwischen „Equus tibi promittitur“ und
„Promitto tibi equum“ herausgrübelt, oder z. B. in Bezug auf die Sup
positions-Fähigkeit der abstraéten Wörte und der ihnen entsprechendén
concretem Ausdrücke, welch beide zuweilen wirklich synonym sein kön
nem (s. ob. Anm. 826 ff.), sich auf dem Unterschied der Bezeichnung stützt,
je nachdem durch dieselbe das Ding selbst oder eine intentio getroffen
wird *°°). Die hierauf folgende supp. confusa tantum ist ihm nur durch
, , , , , , '•'• - * * •. * * * . , , , * \ :
•, •
ad singularia ...... Suppositio personalis confusa est suppositio personalis termini
communis, quae non est determinata; et illa dividitur, quia quaedam est suppositio
confusa' tantum et' quaedam est confusa et distributiva. Suppositio confusa tantum
est, quando terminus, communis supponit personaliter et non contingit descendere ad
singularia per disiunctivam nulla variatione facta a parte alterius eætremi, sed per
propositionem de disiuncto extremo, et contingit eam inferri eae quacunque singulari,
.'.'... Suppositio'' confusa ' et distributiva est, quando contingit aliquo modo descendere
£g£*, si terminus communis habeat 'multa contenta et eae nullo uno formaliter
¢ r. • • • • • . - - - ' . ' * .
mf. '884) C. 71, f. 22 v. A: Istis visis videndum est, quando est, quod terminus habet
unam suppositionem personalem et quando aliam; et primo videndum est de terminis
non relativis, secundo de relativis (vgl. Abschn, XVIi, Amm. 202)........ Est ergo
primo sciendum, quod, quando in propositione categorica nullum signum universale
idistribuens totum eaetremum propositionis additur termino communi nec mediate nec
immediate, i. e. nec a parte eiusdem extremi nec eae parte extremi praecedentis, nec
negatio praecedit nec aliqua dictio includens aequivalenter negationem, semper talis
terminus *gt;i! determinate. ' ' • • , ,
885) C. 72, f. 22 v. B: Circa praedicta potest dubitari primo, qualiter supponit
littera „homo* in ista ,,Socrates fuit homo“, ' posito quod Sócrates hon sit ..... Se
cundo est dubium de istis „Homo albus est homo“, ...... posilo quod nullus sit al
bus ...... Tertio, qualiter $ubiectum supponit in talibus „Equus tibi promittitur*......
Similiter quarta'dübitatio est de talibus',,Ille privatur visu* ..... . Quinta est, qua
lem'suppósitionem habet praedicatum in illa ,,Genus et species sunt substantiae“.....
Seacta est de istis „Actio est res eætra animiâm*..... Septima est de istis „Ille bis
füit 'albiis*.....'Ad primum illorum dicendum est, quod in omnibus talibus' termini
supponunt personaliter, pro quo est notandum, quod tunc terminus supponit persona
liter, quando pro significatis suis, quae sunt, vel pro his, quae fuerunt significata vel
erunt vel possunt esse, Ä“óíí 'eigentlich der Lehre von der ampliatio
anheim, s. Abschn. XVII, Anm. 225)..... (f. 23 r. A) Ad secundum dubium dicéndum
est, quod de virtute sermonis concedendum est, si nullus homo est albus, ..... qu0d
subiecta pro nullo supponunt, et tamen sumuntur significative ..... Ad tertium di
cendum est, quod talés propo$itiones ,,Equus tibi promittitur“ et similes de virtute
sermo is, sunt falsae, quia quaelibet singularis est fälsa ..... et non contingit deseen
dere ad singularia disiunctive, sed tantum per disiunctum praedicatum ..... (B) Stricte
loquendo de virtute sermonis littera ,,equus“ non supponit confuse tantum, quia non
supponit,' cum sit pars 'extremi; .....' quia in illâ ,,Equis libi promittitu* littera
„equus“ est subiectum, et non est pars subiecti, et ideó oportet, quod supponat de
ideo oportet, qupdjntingat descendere ad singularia disiunctive. Sed in illa „Pro
mitto iibi equiin* littera „equum* non est extremum, sed est pars extremi, quia illud
totum est praedicatum „promittens tibi equum“, quia illae aéquivalent „Promitto tibi
£;,cum neque signum nec negatio nec aliquid includens iale práecedat, et.
e.
XIX. Öccam (Begrifr). 377
die Stellung des Zeichens der Allgemeinheit bedingt, so , dass hier der
Spraehgebrauch eine ehtscheidendere Rolle spielt, als die logisch hegriff.
liche Bedeutung der Satztheile *°°). Bei der supp. confusa et distribu
tiva hdlt eri'erst hier die Eintheilung derselben in mobilis und immobilis
mach (s. Abschm. XVII, Amm. 61), und verlegt die erstere in jene allge
meinen Urtheile, sowohl bejahende als auch verneinende, welche weder
Exceptiv- moch , Exclusiv.Sätze sind noeh auch durch die Stellung der Ne
gatiom eim Hinderniss enthalten, und um des negativen Gehaltes willen
zieht er auch die Ausdrücke „differt, aliud“ zu dieser Art der Supposi
tion bei 887) ; die letztere aber, d. h. die immobilis, wird auf die Sub
equum“ et „Ego sum promittens tibi equum“, ..... et ita non oportet, quod sup
ponat determinate ...... Ad quartum dicendum est, quod in talibus ,,llle privatur
visu*' littera „visu“, quod est pars eaetremi, non proprie supponit; ..... supponit
enim confuse et distributive aliquo modo et aliquo determinate, sc. pro illis , quae
aliquando fuerunt, quia aequivalet isti „Ille nullum visum habet et aptus natus est
habere visum** ...... (v. A) Ad quintum dicendum est, quod de virtute sermonis haec
est falsa',,Genera et species sunt substantiae“ et tunc litlera ,,substantiae“ supponit
personaliter et determinate, quia hoc nomen ,,substantia“ non imponitur ad signifi
candum intentiones animae, sed veras substantias (s. Anm. 774)...... Ad seactum
dicendum est, quod diversi diversimode utuntur talibus abstractis; nam aliquando
utuntur eis pro rebus, aliquando pro nominibus ; si primo modo, debet dici, quod
supponunt*pro illis, pro quibus supponunt sua concreta. ..... Proprie loquendo talia
concreta et abstracta, si abstracta imponantur ad significandum praecise res, sunt
nomina synonyma ..... (B) Alii autem dicunt, quod omnia talia nomina abstracta
significant relationes 'rationis et pro illis supponunt. (Auch anderwärts kommt Occam
auf diese Unterscheidung zm sprechen, memlich Erpos. aur. Praedicam. Cap. 17:
Est regula logicorum, quod terminus secundae, — d. h. ein Abstractum wie z. B.
caecitas —, si supponit personaliter, supponit pro terminis, quorum est naturale
signum vel ad placitum institutum, si supponit pro se ipso ..... Si supponit simpli
citer, supponit pro intentione, cui subordinatur in significando.) ..... Ad septimum
dubium dicendum est, quod in illa .,Socrates bis fuit albus'* ponitur una dictio aequi
valenter includens negationem, sc. ..... primo fuit albus et aliquo tempore post non
erat albus et postea fuit albus, ..... et ideo nec subiectum nec praedicatum supponit
determinate.
886) C. 73, f. 23 v. B: Videndum est de suppositione confusa tantum, circa
quam diversae regulae dantur. Una est: Quando terminus communis sequitur signum
universale affirmntivum mediate, tunc stat confuse tanlum, i. e. semper in universali
affirmativa praedicatum stat confuse tantum;..... sed quantumcunque signum uni
versale ponitur : a parte subiecti, si tamen propositio , non sit universalis affirmativa
nec signum universale distribuit totum subiectum, praedicatum non supponit confuse
tantum ..... Alia regula datur, quando signum universale vel includens aequivalenter
signum universale praecedit terminum a parte eiusdem eætremi, ita tamen, quod non
determinat totum praecedens copulam, • facit illud, quod sequitur a parte eiusdem,
stare confuse tantum ..... Sed utrum illud sit tenendum de virtute sermonis vel non,
non euro ; tamen secundum usum loquentium, propter quem multum valet talia scire,
oportet sic dicere ..... (f. 24 r. A) Tertia regula potest dari, quod semper subieetum
ezclusive affirmative supponit ronfuse tantum,
'887) C. 74, f. 24 r. A: Circa ' suppositionem confusam et distributivam dantur
regulae diversae, et primo de suppositione confusa et distributiva mobili : quarum
prima est, quod in omni propositione universali affirmativa et negativa, quae non est
eaeclusita nec eaeceptiva, stat subiectum confuse et distributive mobiliter ..... Secunda
est, quod in omni tali universali negativa praedicatum, si sit distributive non impe
ditum, stat confuse et distributive. Tertia est, quod, quando negatio determinans
compositionem * principalem praecedit * praedicatum, stat confuse et distributive,.....
Quarta regula est: illud, quod sequitur immediate hoc verbum ,,differt“ vel hoc ver
bum ,,distinguitur“ vel participia eis' correspondentia vel hoc nomen „aliud* vel ei
378 XlX. 0ccam,(Begriff).
jecte der Exeeptiv-Sätze : bbschränkt, und zwar nur. für „den , Fall,- dass
diese Supposition nicht als, einet absoluta, sonderi, als eine, limitata, zu
nehmen ist *°°). „Doch, drängem sich ihm auch hiebei, wieder, spitzfindige
Zweifel über: die, Supposition , deri Prädicate, auf, falls, in einem;iUrtheile
diei Worte ,,bis“ oder , ,,incipit, desinit“ , vorkommen/ (s. Abschn. XVII,
Anm. 254 u.,263), und er, fiudet, dass, hier einefeigene Art. der Suppo;
sition obwaltg, welche, keinen, technischen, Namem-habe, und nur, theilweise
mit, der. confusa tantum verwandt sei, wast er jedoch an. einer anderen
Stelle, durch eine , anderweitige, Distinction. wieder., sehr,, modificirt 33''),
Indem, sollanm , die Supposition „der , relativen Begriffe, folgt (vgl. Abschn.
XVII, Anm. 212—220), gibt er kurz die Eintheilung und die charakteri
aequivalens, stat confuse et distributive (s. Abschn. XVII, Anm. 266)..... Est igi
tur universaliter dicendum, quod, quidquid facit terminum stare confuse et distribu
tive, est signum universale vel megatio vel aliquid uequivalens negalioni.,
888) Ebend, f. 24 r. B: Circa suppositionem confusam et distributivam immobi
lem , est, sciendum, , quod semper subiectum talem supposilionem habet in propositione
eacceptiva... Hiezu II, 18, f. 31 r. B: Dislinguendum est de supposilione, confusa et
distributiva, quia quaedam est, absoluta, sc. quando, terminus distribuitur pro quolibet
su0 content0, ita quod non plus pro uno, quam pro altero; et talem supp0sitionem
confusam, et distributivam non habet terminus sive subiectum in propositione eaeceptiva.
Alia est limitata, et articulata, quando sc. terminus pro aliquo contento distribuitur,
et hoc non accidit nisi quando illa propositio categorica aequivalet, uni copulativae
eompositae eae una, affirmaliva, et alia negativa, sicut accidit in propositione eæceptiva.
Si autem illa eaeceptiva fuerit negativa ,, tunc tam subiectum quam praedicatum sup
ponunt, confuse et, distributive, sed limitate.. S. unten , Anm. 935. \ _ * * • *• , ,
889) I, 75, f. 24 r. B: Potest autem, dubitari de, talibus,,,..,, .,,Socrates desinit
esse albus, Socrates : bis fuit, Romae, Socrates incipit esse grammaticus“ et huiusmodi,
quomodo praedicata, in eis, supponunt;, quia enim non supponunt, determinate, patet,
quia non contingit descendere per disiunclivam ..... Potest dici, quod terminus prae
dicatus in talibus propositionibus vel etiam illud, quod sequitur verbum adieclivum,
vel substantivum, non habet suppositionem nec determinatam, nec confusam et distri
butivum, sed unam, aliam, pro, qua tamen, nomen non habemus ...... Illa supposilio
convenit, cum, confusa tantum, quia, „sicut quando terminus, supponit confuse tantum,
a quolibet pronomine demonstrante aliquid singulare contentum sub subiecto ad termi
num , communem contingit adscendere, sic contingit, in proposit9 ; . .... differt autem a
supposilione, confusa, tantum, quia non, contingit descendere ad disiunclum eae nomini
bus propriis tantum illorum, pro, quibus, terminus, communis supponit; non enim. se
quitur ,,Socrates incipit esse, grammaticus, ergo Socrates ';'''', ille vel ille“. de
monstrando omnes grammaticos. Jedoch II, 19, f. 31 y. Blesen, wir : Difßcultas est.
de suppositione, praedicati, (d. h. bei incipit und desinit); et est sciendum, quod prae
dicatum in tali proposilione universali , affirmativa supponit confuse tantum ; ......
similiter etiam in universali negativa stat, confuse et distributive; sed in propositione
non universali , stat, determinale. Verumtamen .,.... suppositio, determinata et comfusa
et, distributiva dupleæ est. Una est, quando contingit descendere ad illa , pro quibus
terminus supponit vel, supponere potest, per pronomina demonstrativa, sicut in ista
„Homo currit“ littera „homo“ supponit pro hoc homine et pro illo, ..... et sequitur
bene „Homo currit, igitur hoc currit'' demonstrato illo homine et ,,illud currit“ de
monstrato alio ...... Aliquando autem contingit , descendere , ... ,. per pronomina
demonstrativa simul sumpta cum illo communi, sub quo debet, esse, descensus. Prim0
modo non supponit praedicatum determinate; non enim sequitur „Socrates incipit esse
albus, igilur incipit esse hoc vel hoc“, quocunque demonstrato ..... Secundo modo prae
dicatum supponit, determinate; nam , bene sequitur ,,Socrates, incipit esse albus, erg0
incipit, esse, hoc album vel illud album“,...... Et si, dicatur, quod ,,hac album et hoc“
demonstrando , idem convertuntur, igitur ab uno, ad reliquum est, bona consequenlia,
dicendum est, quod haec regula, quod, ab uno convertibili ad reliquum, est bona c0n
sequentia, habet multas, instantias., , S. unten, Amm. 938. ,-, ** ** • ** ,, ,,*
*
XIX. Occam (Begriff, Urtheil). 379
stisehem Merkmale * derselben an; es handelt , sich , nemlich zuerstrium die
relativa substantiae, welehe entweder identitatis oder diversitatis sein
können, deren erstere entweder non reciproca, oder reciproca sind, und
sodamm mm ' die relativa accidentis *°"). Endlich noch wirfi , er, wie
auch schon Andere* getham , hatten. (s. Abschn. XVII, Amm. 596), eimen Blick
auf die „uneigentliche* Supposition, welche auf Metapher, und Synekdoche
oder Antonymie oder dgl. heruhe und bei kritischer , Lectüre der Autoren
häufig beachtet, werden müsse *°'1). • • , , ', , , . ■ , ' *
- Den, zweitem Haupttheil mimmt die Lehre vom , Urtheile ein, deren
wesentliche Gliederung 0ccam darin- erblickt, dass, zuerst über die, ver
schiedemen, Eintheilungen des Urtheiles, hierauf j über die Wahrheit der
sämmtlichen. Artem desselbem, und zuletzt über die Umkehrung derselben
gehandelt werden soll *°°). Dabei aber müssen wir : von , vorneherein
als höchst beaehtenswerth hervorhebem , dass 0ccam , währendi er in- der
Eæpositio aurea eine sorgfältige und getreue Worterklärung des aristote
lischeh, Buches darbietet, hier in seinem , ausführlichem Compendium die
Lehre des Aristoteles völlig bei Seite schiebt und die, ganze Darstellung
des Urtheiles durch vdas Material! der , byzantinischen, Logik absorbiren
lässt. Diese letztere hatte sieli sonach, allmälig zu einer derartigen Gel
tung emporgerungen, dass man. die üblichen Haupt-Themata der aristoteli
schen Tradition, wie z. B., (lie conträre und - eontradictorische Entgegen
setzung, nun für unwichtig bezüglich der Lehre; vom: Urtheile haltem und
------—-——— '•, . , i ■ ' ' ,! i • • • . , . ' • • , • , ') , i ••*• *•••.•• !• n • . , i*. . .:!
- 890) I, 76, f. 24 v. A: Videndum est de suppositione relativorum, non accipiendo
relativum illo modo, quo logicus accipit, sed quo grammaticus, ...... quod relativum
est rei ante latae recordativum ...... Quoddam vocatur relativum substantiae et quod
dam accidentis; relativum substantiae' vocatur „is, ille,' idem“ (das Pronomen',,qui*,
welches machi üblicher Traditiom hieher gerechnet wurde, behandelt Occam bei den
corinotativen Begriffen, s. Anm. 922); relativum accidentis ..... ,,talis , tot*' et, hu
iusmodi... Relativorum substantiae quaedam sunt identitatis,, quaedam diversilalis; re
lativorum identitatis quaedam sunt reciproca, quaedam non reciproca. Non reciproca
..... semper supponuit 'pro illo, pro'quo suj)ponunt' sua antecedentia ;'... . sicut
,,Socrates'currit 'et ille disputat“...... unde sciendum, quod tale relativum humquam
debet poni in eadem categorica cum suo antecedente ...... Circa relativa identitatis
reciproca est sciendum, quod differunt in hoc ab aliis, quia possunt poni in eadem
calegorica cum suo antecedente et in alia, sicut patet. de istis „se, suum“, nam bene
dicituri,,Socrates videt se“ ...... Semper tale relativum habet, talem , suppositionem
et supponit pro eis, pro, quibus supponit suum antecedens ...... (B) Circa \relativum
diversitatis est sciendum, quod dicitur ideo, quia non verificatur pro eodem, pro qu0
suum antecedens, sicut ..... ,,Alterum illorum est verum et reliquum falsum“ littera
,,reliquum“ verificatur pro, illo, pro quo non verificatur hoc anteeedens „alterum“.....
Circa relaliva accidentium ..... est sciendum, quod tale relativum non supponit nec
verificatur pr0 illo, pro quo suum antecedens supponit, sed, pro aliquo simili vel
aequali, sicut ..... ,,Socrates est albus et talis est, Plato“. -
891) C. 77, f. 24 v. B: 0p0rtet autem cognoscere, quod, sicut est suppositio pro
pria, sc. quando terminus supponit praecise pro e0, quod significat proprie, ita sup
positio , impropria est, quando terminus accipitur improprie. Multiplex, autem est sup
positio impropria, sc. ant0nomatica, ...... alia , est synecdochica, ..... alia est meta
phorica ..... Multum utile est, cognoscere, quando terminus accipitur proprie, .....
quia viæ invenitur a aliquod vocabulum, quin in diversis libris sanctorum et philoso
phorum aequivoce accipiatur. - . , *•', . . . i **, *', • i . .
… 892) II, 1, f. 25 r. A: Postquam dicta sunt aliqua de terminis, nunc dicendum
est, de propositionibus; et, primo, ponendae sunt aliquae divisiones, secundo videndum
est de veritate, propositionum, quid requiritur, et sufficit, tertio de conversione pro
positionum. i! 1 i {' a. f ,• •, in;i ^ ., , -, ,
380 . ' XlX. Occam (Urtheil).
dafür die byzantinischem , proprietates terminorum mit Einschluss der Er
ponibilia zum eigentlichen Gegenstande der Erörterungen über das Urtheil
machem konnte ; dass man statt dessem all jene Dinge in die Lehre von
Consequentia hineinschoh, wird , sich unten zeigen, s. Anm. 1029. , Für
0ccam liegt hierim allerdings mach , Allem, was wir im 0bigen sahem, eine
strenge Folgeriehtigkeit; denn sowie er überhaupt (auch in den Partei
Controversen) , grundsätzlich vom terminus und von der Suppositions.
Fähigkeit desselben ausgegangen war, so ist ihm auch bei allen Punkten,
welche betreffs des Urtheiles in Frage kommen, zuletzt die Supposition
der entscheidende Grund-Ton, so dass er alles Uebrige anderwärts unter
hringen muss, — ein Verhältniss, von welchem wir uns , alsbald bei
jedem Schritte überzeugen werden. Nur hat die Supposition, wie , er
anderwärts ausdrücklich hervorhebt, hier im Urtheile eine andere Function,
als bei den Kategoriem (vgl. ob. Aum. 866), indem bezüglich der Satzver.
bindung die Worte nicht so fast für die Dinge supponiren, sondern über
wiegend für Worte, d. h. insoferne aus denselben als Worten Wahrheit
oder Falschheit hervorgeht *°°).
Unter dem Eintheilungen der Urtheile führt 0ccam zuerst die Schei
dung in kategorisches und hypothetisches Urtheil am, bei welch letzterem
er aus der jüngeren byzantinischen Tradition (s. Abschn. XVII, Anm. 583 f.)
die Vermehrung der Unterarten desselben, jedoch mit Ausnahme der pro
positio localis, aufnimmt *°*). Hierauf lässt er die Eintheilung. in In
härenz. und modale Urtheile folgen , und bei letzterem schliesst er sich
gleichfalls beifällig an jene spätere Wermehrung der modalen Ausdrücke
an (s. ebend. Anm. 588), ja er fügt noch aus dem Umkreise seiner eige
nen beliebten Dislinctionem die Begriffe conceptum, prolatum, scriptum
hinzu, indem er überhaupt meint, dass Aristoteles nur um, der Kürze
willen sich auf vier Formem der Modalität beschränkt habe *9°). Die
gleiche Einwirkung der damaligem jüngerem Litteratur (s. ebend. Anm. 604,
und bei Scotus, ob. Anm. 186) zeigt sich auch in der hiernach folgenden
Unterscheidung, dass einige categorische Urtheile, d. h. memlich sämmtliche
*
*** 893) Eaepos. aur. Praedicam. Prooem.: In libro Perihermenias determinatwr de
voeibus, secundum quod veritatem vel falsitatem propositionis sunt causativae. Ebend.
Perierm. Prooem.: Philosophus hic loquitur principnliter de vocibus snpponentibus pro
vocibus, quamvis forte incidenter determinat de voeibus supponentibus pro rebus. Vgl.
Anm. 753.
894) Summa t. l. a. a. 0.: Una divisio propositionum est, quod propositionum
alia est categorica alia hypothetica : ..... hypothetica ..... dividitur in quinque spe
cies secundum opinionem communem, sc. in copulativam', disiunctivam, conditionalem,
causalem et temporalem. S. untem Anm. 955—961.
895) Ebend.: Alia divisio propositionum est, quod quaedam est propositio de
inesse et quaedam modalis ..... Et est seiendum , quod quasi omnes sophistae con
cordant in hoe, quod tantum sunt quatuor modi, sc. necessarium, impossibile, contin
gens et possibile (s. Abschn. XVIf, Anm. 161); ..... sed tales modi sunt, plures,
quam quatuor praedicti, nam .... nlio propositio est vera, alia est scita, alia est
falsa, alia ignota, alia scripta, alia prolata, alia concepta (über die letzteren drei
s. ob. Antm. 769 f. n. 797), similiter alia est credita, alia opinata, alia dubitata,
et sic de aliis ....:* Et si quaeralur, quare philosophus non tractavit de istis nec
illas connúmeravit inter propositiones modales,' dicendum est, quod philosophus brevi
tati studens, 'quia illa, quae de aliis dicit, possunt istis applicari, noluit de istis
pertractare. S. untem Anm. 914 ff.
XIX. 0ccam (Urtheil). 381
exponiblen Sätze , äquipollent mit hypothetischen seien *""). Wenn aber
sodamn über die Eintheilung in Bejahung und Werneinung hier nur mit
zwei Worten hinweggeeilt wird *°°), so finden wir bei 0ccam anderwärts
einige Bemerkungen, welche überraschend richtig simd und wahrhaft einen
tieferen Einblick in das Wesen der Negation beurkundem; er hält nemlich
nicht nur getreu seinem allgemeinem Standpunkte daran fest, dass auch
sämmtliche Negationen auf ltechnung der subjectiven Auffassung zu setzen
seien *"*), sondern er erkennt auch die affirmative Bedeutung der negati
ven Begriffe am °""), und dass er dieselbe wenigstens bei jenen Wortem,
welche mit dem privativen „in" zusammengesetzt sind, nicht in die um
endliche Weite schweifen lässt, erhellt daraus, dass er z. B. für las
Prädicat „ungerecht* als logische Woraussetzung die reale Möglichkeit des
Gerecht- oder Ungerecht-Seins fordert, sowie hinwiederum aus der Unter
scheidung einer dreifachen Function der privativem Ausdrücke '""). Die
Eintheilung der Urtheile nach der Quantität gibt er in jener Wollzähligkeit
an, welche in der byzantinischen Logik üblich war, nimmt aber dabei
auch Gelegenheit, betreffs einiger Beispiele die Controverse zu entschei
den, zu welcherlei Quantität dieselben zu rechnen seien °"'). Ausserdem
896) Ebend.: Terlia divisio propositionum categoricarum potest esse illa,, qttod
aliu pr0p0sitio calegorica est aequivalens propositioni hypotheticae, ..... alia non ;
..... istae proposiliones sunt ezclusivae et eaeceptivae et reduplicativae et quaeduin
aliae. , S. untem Anm. 917 ff. - - - '
897) Ebend. f. 25 r. B: Alia divisio propositionum esl, quod quaedam est af
firmativa et quaedam negaliva. * * • . • .
898) Eaepos. aur. Praedicam. Cap. 17: Privationes et etiam negationes non sunt
a parte rei distincte a rebus posilivis, quia nihil est a parte rei eaetra animam nisi
res, el ideo si privatio vel negatio non sit res, non esl a parte rei.
899) Quodl. V, qu. 7: Conceptus negativus aliquid significat negative, aliquid
affirmalive ; ezemplum: „non albedo“ significat negative albedines, de quibus non
verificatur nec pro illis supponit; affirmative autem significat omnia alia ab albedine
et de illis praedicatur affirmalive et pro illis supponit, quia quocunque ali0 demon
stralo ab albedine huec est vera „hoc est non albedo''.
900) Eaepos. aur. Perierm. lI, c. 1 : Differentia , est inter praedicatum infinilum
et inter praedicatum privativum. Nam praedicalum infinitum dicitur de pluribus, sc.
de omnil)us existentibus, de quibus non dicitur nomen privativum, sicut „iniustum“
non potest dici de quolibet, quod non, est iustum, quia non dicitur, de asino, sed
tanlum de hominibus. El de lali praedicato privativ0 tales regulae sunt, Ab affirma
tiva de praediculo finil0 sequitur negaliva de praedical0 privativo ..... Al) affirmativq
de praedicato, privalivo sequitur neguliva de praedicato finito. Summa t. log. III, 3,
9, f. 60 v. A: Nomina privaliva sunt in triplici differenlia. Aliquod enim , .... prae
cise dicit privalionem formae et carentiam in subiecto, cui additur, et ..... aequiva
lei nomini infinilo, sicut ,,incorruptibile“ ..... Alia sunt, quae imp0rtanl formam in
aliquo connotando determinalum subiectum, ...... sicut ,,iniustus“...... , Alia sunt,
quae important, non esse in aliquo formam talem, nec esse posse connotundo deter
minatum subiectum, ..... sicut ,,caecus“. - - -
901) Summa t. l. II, 1, f. 25 r. B: Alia divisio est, quod quaedam est univer
salis, quaedam, parlicularis, quaedam indefinita, quaedam singuluris ..... Tumen de
nultis propositionibus potest esse dubium, quantae , sint ..... Illu est singuluris ,,lsli
currunl“, quia subiectum est pronomen demonstrativum vel terminus communis sumplus
cum pronomine demonstrativo ..... Haec est indefinita. ,,Alterum illorum currit“, sicut
illa est, universalis „Utrumque illorum currit“..... , Quando relalivum refert nomen
discrelum, tunc reddit propositionem singularem; quando refert nomen commune, tunc
reddit indefinitam; et ideo , illa ,,Socrates currit et ille, disputat“ est singularis, sed
secunda pars islius copulalivae ,,Homo currit et, ille disputat''. est. indefinila ....,
« •
382 XIX. 0ecam (Urtheil).
führt er noch eine Eintheilumg am, welehe auf dem Tempus des Verbums
beruht und somit der ainpliatio angehört *'"*), und endlich eine läppisehe
Eimtheilung je mael, easus reetus oder casus obliquus *"*). *' u ' '
In den zweitem Gegenstandº der Lehre, vom Urtheile, nemlich in die
Frage über die Wahrheit iderselben, verflicht , nun 0ccam sámmtliche
proprietates terminorum, sowie den ganzen' Umkreis der Eaeponibilia.
Während nemlich das singuläre Urtheil einfach auf den Begriff der Suppo
sition*' (im Gegensatze gegem , objectiv , reale Identität oder Inhärenz) be
gründet wird 904), und das Gleiche auch beim particularem und beim um
bestimmten Urtheile geschieht, insoferne diese beidem naeh i suppositio
personalis, nicht jedoeh nach supp. materialis oder- simpleae, unter sich
logiseh synonym sind "''°), stellt sich filim schon bei der Erörterung des
allgemeinem Urtheiles das Gebiet der distributio, eim (s. Abschn. XVII,
Anm. 238—255), in welehes theilweise auch die restrictio (ebend. Anm.
231 ff.) hereinspielt, Demn als das Wesentliche, des allgemeinen Urtheiles
hetrachtet, er- die distributiven „Zeiehen der Allgemeinheit*, deren Ein
theilung' bei ihm /im Vergleiche mit Petrus Hispanus (ebend. Anm. 239)
• ■ • , ■, ■ ,- • 1 /. … *' fi*i*« , I,,. ,. . . \ . • i • , , i : • . • 1** ;*! , , , . • * ■ • .-,'.
Illge sunt particulares ,,Non omnis homo curril“ et „Nonnullus homo est animal“.....
De talibus propositionibus ,,Homo est species“ ...... et universaliter, quando terminus
supponi! materialiter vel simpliciter (s. Anm. 877), potest dici, quod sunt singulares
vel indefinitae. • Uebrigens vist zu beachten, dass 0ccam die Memorial-Werse der
byzantinischen Logik (s. Abschn. XVII, Anm. 108 u.. 153); verschmäht; vgl. Anm.
941 u. 955. •• •• v • • • , , '* • • w •••* • • • - - - '* « .. . . ..,** .* • • '
902) Ebend. f. 25 v. A: Est etiam alia divisio propositionum, quia quaedam
propositiones sunt de praesenti, ..... quaedam , de praeterilo,...... quaedam devfuturo,
..... quaedam secundum formam vocis sunt, de praesenti et tamen aequipollent pro
positionibus de praeterito vel de futuro, ut tales ,,Hoc est praeteritum, hoc est futu
rum**. S.'. Anm. 912. !• • , , - • • • i .v, , , , ,,v , * *a.•
903) Ebend.: Alia divisio est, quod quaedam propositiones, sunt de recto et
quaedam de obliquo; et quandoque , obliquus ' ponitur , a parte subiecti, ut ,,Hominem
videt asinus“, , quandoque , a parte praedicati, , ut „Asinus , est hominis“. S. Anm.
913, 942, 971. - • • • • • • -
» * 904) C. 2, f. 25 v. B: Ad veritatem propositionis singularis, quae non aequivalet
multis propositionibus, non requiritur, quod subiectum et praedicatum sunt idem rew
liter, nec quod praedieatum a parte rei sit in subiecto vel insit realiter ipsi subiecto,
net quod uniatur ipsi subiecto, a parle rei eætra animam; ..... sed sufficit et requi
ritur, 'quod subiectum et praedicatum , supponant pro eodem. Ebenso Evpos. aur.
Praedicab. De genere: Per istam propositionem ,,Socrales est albus“ non denotatur,
quod Socrales sit voæ, quantumcunque voæ hic praedicelur,..... sed denotatur in tali
propositione, quod illud, pro quo subiectum supponit, sit illud, pro quot praedicatum
supponit..... Quando subiectum et praedicatum habent suppositionem personalem et
supponunt non pro se ipsis, sed pro suis significatis, tunc non requiritur, quod sub
iectum et praedicalum sint idem, sed oportet, quod supponant pro eodem. v * .
905) C. 3, f. 26'r. A: Videndum est, quid requiritur ad meritatem indefinitae et
particularis ..... Si non vocetur propositio indefinita vel particularis, nisi quando ter
minus supponit personaliter, tune semper indefinita: et partitularis convertuntur.....
Et ad veritatem talis sufficit , quod subiectum , et praedicatum supponant pro, aliqu0
eodem, si sit proposilio, affirmativa et non addatur' signum universale a parte prae
dicali; ..... ' sed si talis sit negativa, requiritur quod, subiectum et praedicatum non
supponant pro omni eodem ..... Sed secundum aliam. opinionem aliter debet dici.....
Qui ponit, quod omnis propositio est indefinila, in qua subiicitur terminus communis
sine signo, sive supponat , simpliciter sive personaliter, sive materialiter, debet conse
quenter dicere, quod non semper particularis et indefinita eonvertuntur, ..... sicut
illae non convertuntur : „Homo est species“ et „Aliquis homo est speeies*. , . ,
• • • ,• ,
XIX. Occam (Urtheil). 383
einigermaassen'- modifieirt erscheint, namentlich durch eine spitzfindige
- - *- • • • . !. - - • ... . . * -
Unterscheidung, wormaeh mam bei den distributiven Wortem der 'Acciden
tien nur an eine disjunctive oder eopulative Distribution von Art-Formen
oder dgl. (vgl. ebend. Anm. 253 u. 589) denken dürfe °"°). Indem so
damna znerst die rumfassendereni distributiven Zeiehen „ommis, nullus“ und
defen Synonyma an die Reihe kommen, wird eime allgemeine Bemerkung
über ; den syneategorêumatischem Charakter derselben, sowie eine ziemlich
einfältige grammatisehe Unterscheidung zwischen ,,omnis“ und „quilibet“
vorausgeschiekt*"*), und hierauf die Regel der Wahrheit der allgemeinem
Urtheile angegeben, welche abermals lediglich auf der Supposition'beruht,
worant sich, polemische, Erörterumgenoiüber,idie Annalime, dass ,,0mnis“
sich stets iwenigstens, auf drei 0bjecte beziehen müsse , undi- über, einige
traditionelle Beispiel-Sätze) miti Einschluss les Gründsatzes, dass „omnis“
nieht im Prädicate stehen könne, anknüpfen *°°). n Dann folgt über „uter
-—-——-*' '*** ***'• I , ι : o-rj / ; ,',,',. i 11: , i , , ,*, . ti;, •* ■ ' ■ '
-, , , , ; 906) 'C. 4, f. 26 v.'A:'Propositiones universales' sunl in multiplici differentia se
eundum multitudinem $ignorum universalium. Sunt' enim aliqua' signa “universuliâ
distributiva indifferenter tam pro substantia quam pro accidente, sicut „0mnis, qui
libet, nullus, quisque, uterque, neuter“ et sic de aliis; alia sunt distributiva pro acci
dente, ut „quaelibet (zu lesen „qualislibel*, s. Absehn. XVII, Anm. 239 u. 253),
quoliescunque* et si forte sint aliqua alia talia. Sed ista distinctio potest intelligi
bene et male ; si enim intelligatur, quod ,,quaelibet“ (ebenso) sit signum distributivum
pro accidente, sicut „omnis“ vel aliquod tale pro substantia et accidente, falsum est;
si autem intelligatur, quod sit, aliquo modo distributivum, sc. disiunctive sub dis
iunclione vel copulatione inter species vel aliquo modo tali, p0test concedi. - Alia
ponitur, distinctio signorum universalium, quod quaedam sunt distributiva pro partibus
subiectivis et quaedam pro partibus- essentialibus vel integralibus; prima sunt, sicut
„omnis, nullus, uterque, neuter**, secunda sunt, sicut „totus“..... Alia ponitur divisio
signorum, quod quaedam possunt distribuere pro quocunque, sicut ,,0mnis, nullus“, et
huiusmodi, quaedam pro duobus tantum, sicut ,,neuler, uterque“. - *• , • ,
· · 907) Ebend.: Primo ergo dicendum est de illis, quae distribuunt pro substantia
et accidente et pr0 partibus subiectivis et pro quoeumque..... -Nullum signum per se
significat aliquid, nec imponitur ad significandum aliquid delerminate, sed sic. insti
tuitur, ut faciat illud, , cui additur, stare pro ormnibus suis significatis et non pro
aliquibus tantum; et ideo dicitur syncategoreuma...... Hoc signum ,,omnis“ differt
ab istis ,,quilibet, unusquisque“, quia hoo signum „omnis“ non potest addi nisi ter
mino consimilis casus; ...... sed illa signa , quilibet, unusquisque“ , possunt addi
termino consimilis casus et dissimilis, ..... unde bene ' dicitur ,,Quilibet homo currit“
et ,,Quilibet illorwm curri/*. ... w , w , uir V , 2 1- • . at ' -
908) Ebend.: Ponendae sunt aliquae regulae communes istis signis ...... Est
primo »sciendum, quod ad veritatem, talis universalis non requiritur, quod subiectum
et praedicatum sint idem realiter, sed requiritur, quod praedicatum supponat pro
omnibus illis, pro quibus supponit subiectum ..... ' Ea, hoc patet , falsitas quorundam
dictorum, quae a quibusdam ponuntur: unum est, quod hoc s signum ,,omnis“ exigit
tria, appellata (vgl. Abschn. XVII, Anm. 241); nam ponatur, quod , unus solus angelus
intelligat, et nullus: homo; tunc . est vera ,,omne intellectivum creatum est angelus“.
... ... Aliqui , solvunt male. hoc sophisma ,,0mnis phoeniae est“ (s. ebend. Anm. 242)
dicentes, istam esse, falsam eo quod littera „omnnis“ eæigit tria appellata ......* Eae
istis . etiam sequitur, quod falsum est, quod aliqui dicunt, quod si sit unum album
tantum et tantum: unum nigrum , et tantum unum medium, quaelibet istarum est falsa
,,0mne album est, 0mne nigrum est , 0mne medium est“...... (f. 27 r. A) Patet,
quod omnes tales, de virlute sermonis sunt falsae ,,0mne animal est sanum“, posito
quod wunus leo sit sanus et, unus los et unus homo, et sic de aliis, , similiter et ista
,,0mne w animal. fuit in arca Noae“ (s. ebend. Anm. 235), et sic de multis aliis,
quia habent) multas, singulares falsas, nec praedicatum competit omnibus , illis, pro
quibus supponit subiectum ..... Secundo sciendum, quod omnis propositio universalis,
384 XIX. 0ccam (Urtheil).
que" und „neuter" (vgl. ebend. Anm. 248 f.) die selbstverständliche Regel
der Wahrheit und die ausdrückliche Bemerkung, dass dieselben stets zwei
0bjecte erfordern °"°), worauf bei „totus“ (ebend. Anm. 252 u. 267) der a »
Unterschied des categoreumatischem , und des syncategoreumatischem Ge
brauches dieses Wortes, welches überhaupt sehr verschiedene Amwendun
gem finde, hervorgehoben und in Kürze das hiebei übliche Sophisma be
sprochen wird ° '"). Die distributiven Zeichen der Accidentien (s. ebend.
Amm. 253 ff.) fertigt 0ccam äusserst schnöde ab , indem sie einerseits
eigentlich gar keine selbstständigen Zeichen seien und andrerseiy auch
selten Anwendung fänden "!!).. -
Hierauf lässt er jeme Urtheile folgen, deren Verbum im Futurum oder
Präteritum steht (s. ob. Anm. 902). Dieselbem bilden , mach álterer und
jüngerer byzantinischer Tradition (s. Abschn. XVII, Anm. 226 f. u. 600)
eigentlich mur einen Bruchtheil der Lehre von der Ampliation; aber s0
wie 0ccam sich der technischen Ausdrücke „ampliatio“ oder „ampliati
vus“ u. dgl. überhaupt nicht bedient, so behandelt er hier auch nur jene
Seite, welche sich auf das Tempus, der Werba bezieht, Anderes anderswo
, ' v. - , •, * -
in qua praedicalum sumitur universaliter, est falsa, si praedicalum et subiectum ve
rificetur de pluribus contentis; si aulem praedicatur praecise de uno solo contento et
similiter subiectum , tunc posset, esse propositio vera, sicut,, si non esset nisi unum
animal, puta unus, homo, haec esset vera ,,0mnis luomo est omne animal“ (dieser
formalem Spielerei, lässt sich eine vernünftige Wemdung geben, z. B. ,,Alle, Körper
sind sämmtliches Schwere“) ...... Tertio sciendum, quod hoc signum „omnis“.....
potest accipi distributive vel colleclive: si tenetur distributive, ..... sicut ,,0mnes
apostoli dei sunt duodecim'* (vgl., ebend. Anm. 240), denotatur, quod hoc praedica
tuhm , ,,duodecim“ vere dicilur de, quolibet, de qu0 vere praedicalur hoc subiectum
,,apostoli"..... Si aulem tenetur collective, tunc denotatur, quod praedicatum .....
competat omnibus simul sumptis.; , *
909) C. 5, f. 27 r. B: Consequenter determinandum est de signis distribulivis
non pro quibuscunque, sed pro duobus lanlum , cuiusmodi sunt ,,uterque“ et „neu
ter“ ..,.. Ad veritatem talis, requirilur, qu0d praedicatum vere competat utrique ill0
rum demonstratorum, si sit affirmaliva, vel negetur ab utroque, si sit negativa .....
Differt proposilio universalis, in qua ponitur h0c signum ,,ulerque“, ab illa, in qua
p0nitur hoc signum ,,0mnis“, „quia nunquam polest talis universalis, in qua ponitur
„ulerque“ a parte subiecti, esse vera, ubi ponitur praedicatum universaliter sumplum.
..... Causa huius diversitalis est, quia hoc signum ,,0mnis“ potest addi termino ha
benli unum suppositum (s. vorige Anm.), sed littera ,,uterque“ requirit semper duo
supposita. - - *} ,
910) C. 6, ebend. : De signo, distributivo pro parlibus inlegralibus, cuiusmodi
ponitur „totus“, est sciendum, qu0d hoc signum potest aliquando sumi categoreuma
tice , vel syncategoreumatice. Si, sumatur categoreumatice , sic significat idem qu0d
„perfeclum“...... Si autem lenetur syncalegoreumatice, sic est unum signum dis
tributivum ....... pro parlibus proprie dictis importalis per terminum, cui additur, ut
ista propositio ,,Totus Socrates est minor Socrate“ (s. Abschn. XVII, Anm. 252) aequi
valet isti ,,Quaelibet pars Socratis est minor Socrate“...... (v. A) Verumtamen est
sciendum, quod aliquando, sive ea, usu sive eæ usu sermunis vel ea, beneplacito ulen
lis, ,,totus“ tantum dislribuit pr0 parlibus inlegralibus, non pro essenlialibus, .....
quandoque autem distribuit pro omnibus partibus, sive sunt essentiales sive integrales
sive qualescunque. -
911) Ebend. f. 27 v. A: De signis autem, quae sunl distributiva accidentium,
cuiusm0di sunt „qualecunque, quantumlibet“, est sciendum, quod huiusmodi non sunt
proprie signa, sed sunt aequivalentia uni composito eae aliis signis, sicut ,,quafilumi
libet“ idem est quod ,,habens de omni specie quanlitatis , aliquam quantitatem“..... -
Ista autem signa non sunt multum usitata in theologia, ideo pertranseo de eis.
XIX. 0ccam (Urtheil). 385
unterbringend. (s. unten Anm. 937—939). „ Die betreffenden Regeln. lie
gen näher, an, der, jüngeren Formation dieser Lehre *'*). ; Bei den Urthei
len, derem Subject oder Prädicat, ein casus obliquus, ist (ob. Anm. 903),
verzichtet er schliesslich, selbst darauf, sichere Regeln ihrer Wahrheit auf
zustellen ° 18). - * . . • • . •
„, , Während sodann das hypothetische Urtheil, welches hier seine pas
sendste Stelle gefundem hätte, erst am Schlusse dieses ganzen Haupttheiles
erscheint (s. Anm. 955 ff.), reihen , sich die modalem Urtheile , an, in derem
Eintheilung er abermals, der jüngerem Tradition folgt, (s. Abschn. XVII,
Amm., 585, und bei, Scotus ob. Anm. 187); nur substituirt er die Ter
minologie ,,cum dicto'' . und ,,sine dicto“ „und setzt den sensus divisus
der modalen cum dicto als synonym mit- dem modalen sine dicto "'*).
Indem er, auch hier die , schon oben. (Anm. 895). erwähnte Vermehrung
der, modalem; Ausdrücke benützt, knüpft er beim 8ensus, compositus dieser
Urtheile, die Regel, ihrer Wahrheit einfaéh , an die Begriffe der hetreffen
den Modalitäten, selbst, weist aber zugleich, in äusserster Spitzfindigkeit
auch, auf Beispiele allgemeiner modaler Urtheile , hin, welche : wahr, sind,
obwohl „die ihnen entsprechendem singulären unrichtig ; sind °'°). ; Beim
——---—-—--— ,, , , , , , , • • • i • • • , , . • ' • • - - - - , , , • • • • • • • • • , •.• i • i • • • • .
" 912) C. 7,'ebeiid.: Videndum est de propositionibus de praeterito et futuro. Pro
quo sciendum est, quod ..... subiectum pòtest supponere prò eo, quod est, vel pro'
e0, qu0d fuit, sissil propositi0 de. praeterit0; aut pr0 e0, qu0d est, vel pro e0, qu0d
erit, si sit propositio de fuluro; et sive sic sive sic, si pr0p0sitio sit affirmativa,
requirilur, quod praedicelur sub propria forma, i. e. praedicatum, praedicelur de eo,
pro quo supponit subiectum . .,.. Unde illa, est, differentia inter, jjropositiones de prae-.
senti et propositiones de praelerilo , et fuluro, quod praedicatum, in propositione de
praesenti, stat eodem modo, quo stat subiectum, nisi, aliquod additum, impediat;, sed
in proposilione de praeteriù et futuro est variatio, quia praedicatum non tanlum
supponit ro illo vel illis, pro quo vel quibus verificatur in propositionibus, de prae
tefiio et Å, ..... sed requiritur, quod ipsum praedicatum, verificetur, de illo, pro
quo $ubiectgm, suppgit. • . : „ . • - . i ., ■ ' ' • i .
'913) C. 8, f. 27 y. B:. Ad veritalem proposilionis , cuius alterum extremum est
terniinus obliquus, requiritur, quod subiectuiii ei praedicatum non supponunt pro eodem
vel sallem, non pro omni eodem; aliquando tamen possunt supponere pro, eodem se
cundum diversitatem verborum et regiminis, casus obliqui; ,..,. nec est, facile, in his
generalem regulam et certam dare. . ' „ ' , , , ,. ,•, , , , , - -
914) C. 9, ebend.: Aliquando dicitur proposilio de modo,, quia accipitur dictum,
talis propositionis cum tali niodo, sicut potest de istis „0mnem hominem esse animal,
est, necessarium“..... , . Alia autem dicilur propositio modalis, in qua pwnitur nodus
sine tali dicto propositionis. Propositio modalis primo modo dicla semper, est distin
guenda secundum compositionem et divisionem. I Et, in sensu, composito, denotatur
semper, quod talis modus verificatur de propositione illius dicti, sicut .... denotatur,
qugd ille, modus „necessarium“ verificetur de. illa, proposilione. „0mnis homo est
ánimal*. .... Sed sensus divisus talis propositionis, semper aequivalet, tali proposi
tioni aggei*e £ùm jod, sine tali, digij, $icut,.,.. ista in seiisu, jtig,»Sociat;
esse animal, £st, scilum'' aequivalet, isti ,,Socrales, scilur esse, animal“, Etwas modi
ficirt ünd mit einer âlteren Tradition verfiochten (§. Ahschn. XVlI, Anm. 43) er
scheint diese Eintheilung Evpos. aur. Perierm, II: Aliqua, propositio est, modalis modo
nominali , sicut „Possibile est, omnem hominem currere“......;, aliqua est modalis,
modo verbali, sicut „0mnis, homo, potest, currere“..,..;, aliqua est, m0dalis modo ad
verbiali, sicut „Homô necessario cürrii*....... Si propositiò, sit nodalis modo, nomi
nali,,;;;. gisliuguitur, secundium gotiigosiiiqiens, et divisionem, u. 5, f._, , ,
915) Summâ t.'l. a. a. 0. f. 28 r. A': 'Talis universalis, de necessario poterit
esse necessaria et veru, quamvis tamen quaelibet, eius singularis sit contingeus, vel,
falsa, sicut haec esl, vera et necessaria in sensu composito „0mne verum contingens
Phanti, Gesch. III. 25
386 XIX, 5 0ccam, (Urtheil).
sensus, divisus, d. h. ; bei den modalem Urtheilen sine dicto bestehe die.
ses, letztere, Verhältniss nicht, die Erprobung ihrer Wahrheite aber sei
ebem doch mur mach dem sensus, compositus vorzunehmen, da res sich
darum handle, ob die betreffende Modalität wirklich von dem ganzen Satze
ausgesagt werden könne "'"). . ' . ,. • • • • ■ \
Mit- jenem Urtheilen num, * welche äquivalent mit hypothetischen sein
sollem (s. Anm. 896), kommen die Evponibilia am die Reihe ; 0ccam aber,
eder: vielmehr wahrscheinlich eine ivom ihm schon vorgefumdene reiehere
Pflege dieses Zweiges, vermehrt dieselben sofort durch den Begriff dei
termini, connotativi et relativi "*"), idessem erste Keime uns wohl in
dunkler Spur, schon oben bei jüngeren Formen der byzantinischen Logik
im sog. connotatum, begegneten , (Abschn. XVII, Anm. 598). Es sollem
memlich coiinotative oder relative Begriffe zunächst diejenigen sein, welehe
einer Werdeutlichung, (eaepositio) : durch eine sog. Wort-Definition bedürfem
(z. B. „Weiss ist, was Weisse hat*), indem ein concretes Wort durch
Benützung des ihm ■ entsprechendent abstracten exponirt * werden' soll
(— dass das Verhältnissizwischen „abstract* und „concret*, gleichsam ein
Lieblingsthema, 0ccam's , war; s. ob. Anm. 826. ff., u. 885 —); und zwar
sefen zur Exposition eines solchen Urtheiles stets zwei Urtheile erforder.
lich, z. B. der Satz „Sokrates ist weiss** werde exponirt dureh „Sokrates
ist* ünd durch „dem Sokrates haftet die Weisse än*; ja aüch diè Aus.
drücke „incipit, desinit“ , u. dgl. seien eigentlich hieher zu rechnen "1°).
————— —---— . - \ , \ , › - - - - - , , , . v *
esse verum, est necessarium“, vet tamen quaelibet singularis est falsa...... Similiter
aliquando est talis propositio universalis impossibilis, et tamen quaelibet singularis
est possibilis et contingens, sicut patet de ista ,,Utrumque istorum esse verum, est
verum* demonstratis duabus contradictoriis contingentibus....... Sufficit scire, 'quid
requiritur ad veritatem talium propositionum, in sciendo, quid requiritur ad hoc,
quod, aliqua propositio sit necessaria, et ad hoc, quod sit contingens vel vera vel
impossibilis vel scita vel ignota vel credita, et sic de aliis. - - -
916) C. 10, f. 28 r. B: Circa propositiones modales sine dicto propositionis, qùae
omnino aequivalent, pr0p0sitionibus sumptis , cum dicto' in sensu divisionis, ..... est
sciendum, quod' tales non eonvertuntur cum primis, imo potest una illarum 'esse vera
sine alias et e converso..... Ad veritatem talium propositionum requiritur,'quod 'prae
dicatum sub propria forma competat illi, pro quo subiectum supponit, vel pronomini
demonstranti illud, pro quo subiectum supponit, sc. quod modus eaepressus , in luli
propositione vere praedicetur de tuli propositione de inesse, in qua ipsummet prae
dicalum praedicatur de pronomine demonstrante illud, pro quo subieclum supponit .....
(v. A) Secundo notandum, ' quod tales propositiones de modo consimiliter se habent
ad suas singulares, sicut pr0p0sitiones de inesse..... Praedicta eliam sunt intelligendù
de aliis propositionibus * m0dalibus, sicut de istis „0mnis homo scitur a te esse
animal'*.*) • • • • • • - -
917) C. 11, f. 28 v. A: Dicendum est de propositionibus aequitalentibus prop0
sitionibus hypotheticis..... Quaelibet categorica, eae qua sequuntur plures propo$itiónes
categoricae tanquam eæponentes eam, i. e. eaeprimentes, quid illú propósitio de sua
forma importat, polest dici aequivalens propositioni hypotheticae; huiusmodi sunt....
eaelusivae, ezceptivae et reduplicativae, et huiusmodi sunt eliùffi 'propósiliones,' iii
quibus ponunlur termini connotativi et relativi, sicut sunt illae „Aliquid' a!bum currit,
0mne album est corpus, 0mne agens producit aliquid, 0mnis. quamiiitas ' est in loco“.
..... De istis primò est dicendum. Vgl. Amm. 831 u. 846. *"'« ' .
* 918) Ebend.: Terminus proprie dicitur eonnolativus vel relativus, qui habet quid
nominis, i. e. diffinitionem ezprimentem quid nominis, ila quod non pötest sciri quid
nominis ipsius, nisi habendo orationem, quae significat alijuid primärio et aliud' se
cundario, sicut diffinitio albi eaeprimens qwid nominis est „habens albedinem“.......
Ita quando aliquid per aliquem terminum connotatur vel eonsignificatur, pro quo lamen
IIH iij- , , ,i ■ / , '
XIX. 0ccam (Urtheil). 387
Fermer sollem die negativem Begriffe, z. B. „Nicht-Memseh*, als connotative
gelten, welche durch zwei oder mehrere Urtheile exponirt werdem "1°),
sowie die privativen, z. B. „blind“, welche wenigstens dreier exponirender
Urtheile bedürfen **"), und desgleichen die erdichtetem Begriffe, bei derem
Exposition das Eine der beidem Urtheile stets ein unwahres sein müsse "*!).
Endlich sogar das Pronomen „qui“, welches in der früherem Tradition
zur 'suppositio relativorum gehört hatte (s. Abschn. XVII, Anm. 212 ff. u.
vgl. ob. Anm. 890), wird nun diesen connotativen Begriffem beigezählt;
die Regeln der Exposition dieser Relativ-Sätze beruhen auf einer Unter
scheidung der Quantität derselben, wobei 0ceam auf dem möglichen Dop
pelsinn der allgemeinem Urtheile, welche „qui* enthalten; hinweist und
zugleich- deutlich davon Zeugniss. gibt, dass mit solcher Umbildung des
byzantinischen Materiales sieh schom. Wiele vor ihm heschäftigt hattem ***).
Anderes noch über die connotativen Begriffe s. untem Amm. 1015.
talis, lerminus supponere non potest, quia de tali non verificatur, semper talis ter
minus vel est connotativus vel relativus, ut ille terminus „album“; ..... similiter est
de simo, cabo (s. Abschn. IV, . Anm. 482)...... Quaelibet propositio, • quae habet
talem terminum, est ' habens eaeponentes eaeprimentes, quid importatur per talem pro
positionem ..... Sufficit dicere de aliquibus, ut per illas sciri possit proportionabiliter
de aliis, quomodo eæponuntur...... Quandocunque ponitur in propositione concretum,
cui correspondet abstractum importans rem informantem aliam rem, semper ad veri
tatem talis propositionis requiruntur duae propositiones, quae possunt vocari ev
ponentes eius, et una debet esse in recto et alia in obliquo, sicut ad verilatem istius
„Socrates est albus“ requiritur, quod haec sit vera „Socrates est“, et quod haec sit
vera ,,Socrati inest albedo“...... (f. 29 r. A) Et de talibus propositionibus sunt etiam
omnes ' propositiones, in quibus ponitur hoc ' verbum „incipit“ vel „desinit“, similiter
etiam, ubi ponitur casus ablativus absolutus et ubi ponitur numerus pluralis, 'et sic
de multis aliis, de quibus foret longum pertractare. Jedoch über incipit und desinit
s. ob. Amm. 889, und bes. untem Amm. 937 ff. -
919) C. 12, f. 29 r. A: Etiam propositiones, in quibus ponuntur termini conno
tativi privativi et infiniti, sunt aequivalentes propositionibus hypotheticis; et etiam
omnes , tales , sunt vere , connolativi, eo quod in eorum diffinitionibus ea primentibus
quid nominis debet poni , aliquid in recto et aliquid in obliquo vel in recto eum
negatione praecedente ..... . Quaelibet autem talis propositio, in- qua' ponitur talis
terminus, duas ad minus habet eaeponentes et aliquando plures, quod, faciliter patet;
..... ista „Asinus est non homo“ aequivalet istis ,,Asinus est aliquid“ et „Asinus
non est homo“. - '• . '. -
920) C. 13, f. 29 r. B: Propositiones affirmativae, in • quibus ponuntur termini
privativi, qui non , sunt aequivalentes terminis infinitis, plures habent eæponentes,
quam duas. Unde ista ,,Iste est coecus“ habet istas eaeponentes : ,,Iste est aliquid“
et „Iste est natus videre“ et „Iste nunquam poterit videre“. , • • '
921). C. 14, ebend. : Propositiones, in quibus ponuntur termini ficti, quibus nihil
correspondet , in re, quale fingunt significare, plures habent eæponentes; tales enim
termini vere sunt , conmotativi...... (v. A) Illa est falsa de virtute sermonis „Chimaera
est non ens“ et quaelibet consimilis, • quia , quaelibet talis habet tales exponentes
,,Chimaera est aliquid“ et „Illud est non ens“, quarum prima est'falsa. *Et si dieatur,
numquid ista est vera „Chimaera esl ohimaera“, et videtur, quod sit vera, quia prae
dicalur idem de se, ^..... dicendum est, quod de virtute vocis illa est falsa, si ter
minus supponat significative, eo quod falsum implicatur.' - .
922) , C. 15, f. 29 v. A: In quacunque propositione, quae secundum vocem est
categorica, ponitur hoc relativum „qui“, pro illa dandae sunt plures eæponentes, quia
quaelibet talis aequivalet uni copulativae ...... Quando talis propositio est singularis,
indefinita vel particularis, semper illa propositio aequivalet uni copulativae c0mp0
sitae eæ anteeedente et hoc pronomine relalivo „illud“ vel nomine proprio et altero
eactremo, .... sicut „Homo, qui est albus, currit“ aequivalet isti „Homo est albus et
* ,
25 *
388 XIX. 0ecam (Urtheil).
Hierauf folgen jene Eaeponibilia, welche , schon bisher üblich waren,
und zwar zuersi die Reduplicativ-Sätze, wobei sich, 0ccam der späteren
Tradition anschliesst (s. Abschn. XVII, Amm. 608 f.), indem er nebên dem
eigentlich reduplicativen Gebrauche der Worte „inquantum' u. dgl. auch
einen „specificativen* anerkennt"**). , Ausserdem kommt ; hier noch neu
die Unterscheidung hinzu, dass die Aussage , in diesen Urtheilem entweder
auf blossem begleitenden Umständem (concomitantia) oder, auf einem Cau
salnexus beruhen kann, und nach diesem Gesichtspunkte werden nun die
älterem und neueren Regeln der Reduplication modificirt, wobei, bezüglich
(ler bejahendem Urtheile auch die Lehre von der Consequentia, beigezogen
wird "**). Bei den verneinenden, Urtheilen, gestaltem, sich, die, Regeln
verschieden, je nachdem die Negation zum Prädicate gehört ***), oder vor
dem Reduplicativ-Zeichen steht *°°)., , Die specificative Bedeutung aber, die
—— .'* i * • i . • * i
ille currit“...... Sed si talis propositio est universalis, est distinguenda secundum
amphibologiam, quia potest, habere, duplicem , sensum., Unus sensus, est, par quem
denolatur, quod, de quocunque dicitur, illud, totum, quod praecedit verbum, principale,
de eodem praedicalur primum, et non plus denotatur; et, ille sensus, vocatur a wullis.
sensus c0mp0sitionis vel convertil)ilis cum tali sensu. ,,Alius sensus est, per quem
denotatur, quod, illud, quod sequitur, hoc incompleaeum, „quod“ vel „qui“, praedicatur
universaliter de antecedente, et quud , sequitur praedicatum, universaliter verificatur
de eodem., V. gr. per istam ,,0mnis homo., qui est, albus, currit“, in uno sensu de
notatur, quod, aliquis homo est alvus et quod, quilibet talis currit; in alio vero sensu
denotatur, quod illae duae, sunt verae, „0mnis homo est albus'' et „0mnis, homo
currit“. , , , , ,, . , „,, , . , , , , , , , , * a* • • *• , ,
, 923) C. 16, ebend. ; Propositio vocatur reduplicativa, in, qua ponitur haec diclio
„inquantum“, vel aequivalens (als Synonyma des „inquantum“, werden weiter untem,
f. 30. r. A, genannt:, secundum quod und ut und sub ratione) et tenetur reduplicu
live, quia secundum, aliqu0s, pqlest, teneri specificative, et, sic non facit propositionem
reduplicativam, et aliquando potest teneri reduplicalive ..... Reduplicalio aliquand0
est affirmativa, quando sc. negatio non praecedit, eam, ut „Socrales, inquantum, homo,
non currit“, et aliquando est negata, quando sc. negatio praecedit eam, ut ,,Socrates
non currit, inquantum, homo“ (das, negativ , reduplicative , Urtheil, war bei Petrus
Hispanus weit richtiger gefasst, s. Abschn. XVII, Anm. 262). , - -
, 924) Ebend, f. 29 v. B: Propositio, affirmativa reduplicativa ..... potest distin
gui, , eo quod potest reduplicutio fieri gralia concomilantiue vel gratia causae. , .Si
fiat gralia, concomitanliae, [tunc ad verilatem illius requiruntur qualuor pr0p0siliones
tanquam eæponentes: . . . . . v. gr. ad veritatem islius „Socrates, inquuntum homo,
esl coloratus“, requiritur veritas istius, „Socrates est coloratus“ et istius „Socrates
est homo“ et istius „0mnis homo est coloratus“, et istius „Si, aliquid est homo, ali
quid est coloratum“ ...... Si aulem fiat reduplicatio, gralia causae, tunc ad verila
lem ..... praeter quatuor, praedictas eaeponentes requiritur, quod illud, super quod
cadit reduplicatio, ea primat , causam rei importatae per praedicalum ...... , Colligi
potest regula talis, quod a propositione reduplicativa ad suam praeiacentem est sem
per, consequentia formalis...... Alia, regula, quod, arguendo ab inferiori ad superius
sine distributione, a parte subiecti principalis est bona, consequentia. , , …,
., 925), Ebend. f. 30 r. A:, Reduplicativa negativa, in qua reduplicalio non est ne;
gata, cuiusmodi sunt tales propositiones „Homo, inquanlum risibilis, non est asinus“,
I..... gralia concomitantiae habet quatuör eaeponentes ..... istas „Homo est risibi
lis, Homo non est asinus, Nullum risibile est asinus, ,, Si aliquid est risibile, ipsum
non est asinus“..... Si autem fiat, reduplicatio gratia, causae, ( sic requiritur, quod
praedicatum principale priùs vel primo negetur ab illo, super, quod cadit reduplicatio,
quam a pronomine demonslrante, illud, pro quo subiectum principale supponit. ,'
926), Ebend. ; Reduplicativa, in quâ reduplicatio, negatur, ...... est contradictoria
talis , reduplicativae, in qua reduplicatio est, affirmata....... Unde ad veritatem istius
„Socrates non est homo, inquuntum albus“ su/ficit verilas , istius „Socrates non es!
*
.
XIX.'0ccam (Urtheil). 389
ser Urtheile wird in das Verhältniss der Unterordnungi verlegt, in 'wef.
ehem der reduplicirende Begriff zum Subjecte steht "°7).
Aehnlich verhält es sich betreffs der Exclusiv-Sätze, indem 0eeam
auch hier überwiegend der jüngeren Formation folgt (s. Abschn. XVII,
Anm. 606; vgl. ebend. Anm. 260), zugleich aber manche noch neuere
Erweiterung aufnimmt. So hebt er bei der Eintheilung der Exclusiv.
Worte (tantum, solum) mieht bloss dem Unterschied der categoreumati
schen und der syncategoreumatischem Bedeutung hervor, sondern substi
tuirt auch für eihe friihere Dreitheilung ' eine Zweitheilung, indem er es
nicht mehr als besondere Unterart gelten lässt, dass die Exclusiv-Partikel
zur, Copula gehöre ; auch unterscheidet , er grundsätzlich? zwischem : einer
ursprünglichem und einer secundären Bedeutung jener Partikeln °°°). Die
Regeln, der Expositiom jener, Urtheile, in: welchen. die Partikel zum Sub
jecte gehört, stimmen, soweit es sich ; um die , ursprüngliche Bedeùtung
handelt, mit der üblichen Tradition überein °°°); wenn aber sodann die
secundäre Bedeutung in drei Fälle zerlegt wird, so zeigen die hiefür
aufgestellten Regeln mehr Ünsinn als Scharfsinn °°°). Auch bei jemen
, , : , , ■** *** , , , , , ,,! ,, , ■',. ',' ' *, i , , i • • • - in n i' , • vt
, , , , ; ' . • i • ' 1 m , ; : ; ' , , !i . , , • , , !• ' • ' ' ' * . r;; • i t, , , , , , ,
homo** et istius „Socrates non est albus“ et istius „Aliquid album non esi homo“ et
istius „Non, si Socrates est, album est* (dieses Gafize ist so dumm, dass wir défi
sonst §charfsinnigen Occam kaum durch die überwältigende Macht einer herrschen
den Schul-Tradition entschuldigen können). - • , •' • '
927) Ebend.: Si autem talis diclio non tenetur reduplicative, sed specificatipe,
tune non requiritur, quod illud, cui additur talis diclio ,,inquantum“, subiiciatur
universaliter praedicatô prineipali, sed requiritur, quod illud, super quod cadit re
duplicatio, importet illud ,' ratione cuius competit praedicatum principale primo 'sub
iecto. V. gr. in ista ,,Ignis , inquantum calidus , calefacit* ..... specificative ......
,,calidus“. importat calorem, per quem ignis' calefacit primo. · · · · · ·
» 928) C. 17, f. 30 r. B: “Illae dictiónes „tantum, solum“ faciunt propositiones eae
clusivas ; s sciendum tamen, quod haec dictio „solum“ aliquando accipitur syncatego
reumatice et tunc est dictio evclusiva, aliquando tenetur categoreumatice et tunc .....
importat, illud, quod importatur per terminum sibi additum, esse solitarium ..... Ali
quando dictio exclusiva ponitur a . parte subiecti et aliquando a parte praedicati sive
a parte compositionis ...... Dictio eaeclusiva aliquando significat vel habet unum
officium eae primaria institutione, aliquando aliùd er secundâriâ institutione. ' .
929) Ebend.: Quandocunque dictio exclusiva tenetur 'secundum primariam insti
tutionem et ponitur a parte subiecti,'semper denotat, quod praedicatum vere praedi
catur de subiecto et removetur ab omni illo, de quo non praedicatur subiectum, i. e.
si pr0p0sitio sit affirmativa ; ..... et ideo habet duas eaeponentes, ...... sicut ista
,,Tantum homo est animal* habet istas „Homo est animal“ et „Nihil aliud ab ho
mine est animal“. Si autem sit negativa, ..... sicut ista „Tantum homo non est
asinus“, habet istas eæponentes ,,Homo non est asinus“ et „0mne aliud ab homine
est asinus“.*' ' ' ' ' *"* ' t:. * ■ , , , • • . ' '
' 930) Ebend. f. 30 v. A: Dictio- eaeclusita secundum'' suam secundariam 'imposi
tionem : sive institutionem ...... potest triplet esse: 'una' est,' quae praecise eaecludit
praedicatum ab omni distributo, de quo non dicitur subiectum ; alia, qudndo prae
cise eaecludit ea, quae non importantur, per ea, quae importantur per subiectum, nec
sunt partes eorum; tertia est, quando praecise eaecludit maiorem pluralitatem, quam
sit eaepressa per subiectum ..... Unde ista ,,Tantum omnis hómò currit** ..... potest
sumi improprie ...... et tunc habet istas eaeponentes „0mnis homo currit“ et ,,Ali
quis bos currit“..... Juæta secundam acceptionem impropriam ..... huius proposi
tionis ,, Tantum Socrates est albus'* ..... eaeponentes ,,Socrates est albus** et ,;Nihil
aliud a Socrate extrinsecum est album“ duae possunt simul stare. (B) Juxta tertiam
acceptionem impropriam "..... de illa ,,Tantum vinum animal est hómo** ..... eae
ponentes sunt istae ,,Unum est“ et „Non sunt plura, quam unum“.. Solehe Beispiel
390 XIX. 0ccam. (Urtheil).
Urtheilen, in welchen die, Exclusiv-Partikel' zum Prädicate gehört, ist die
Reglung der uneigentlichen Bedeutung neben der eigentlichen entweder
überflüssig oder einfältig°°'). Ein Ersatz von zweifelhaftem Werthe ist
es hiefür, wenn sodann die Suppositions-Fähigkeit der Subjecte und Prä
dicate dieser Urtheile untersucht wird ***); und wollends wenn sodann
noch drei Regeln folgen, deren erste der Lehre von Consequentia ange
hört, während die zweite eine unnöthige Wiederholung enthält und die
dritte sogar eine Combination , der Exclusiv-Sätze mit den , Formem , der
Modalität versucht, so möchte ich hiefür lieber dem Herausgeber 0ccam's,
als diesen selbst verantwortlich machen*'°°). : -
Bei den Exceptiv.Sätzen, betreffs deren ein paar spraehliche Bemer
kungen über „nisi“ und „praeter“ vorausgeschickt werden, sind die
üblichen Regeln, welche in neuerer und älterer, Tradition auftratem (s.
Abschm. XVII, Anm. 607, vgl. ebend. Anm. 261), ziemlich kurz erledigt***);
... - * : * * . • * * * • , • •
! - • • • ; : •* , • , ; , * * *
sätze, wie „Tantum omnis homo currit“ oder obiger ,,Tantum hoiho noh est dsi
nus“, sollte man allerdings von einem vernunftbegabten Menschen nicht erwarten;
mam hätte ja statt des Letzteren z. B. auch sagen können „Nur die edlen Metalle
rostem, nicht* oder sonst dergleichen. ; Aber der Leser, mittelalterlicher. ,,Philoso
phie'', (!) muss eben gar Wieles ertragen können. • . • •* * * *
931), Ebend. f. 30 v. B: Dict0 de dictione eaeclusiva, quando ponitur ta- parle
subiecti, dicendum est de ea, quando ponitur a parte, praedicati.,, Et sciendum est,
quod potest accipi proprie et improprie. , Si proprie, tunc, denotatur, quod praedica
tum dicitur de subiecto , et quod omne illud, de quo non verificatur praedicatum,
removetur a subiect0, sicut, per istam ,,Homo est tantum , animal“ denotatur, qu0d
homo sit animal et qu0d non sit aliud ab animali. ,,Quando vero accipitur improprie
et transsumptive, tunc eaecludit omne aliud verbum a subiecto, . ,..,., sicut per istam
,,Homo tantum videt“ denotatur, quod homo videt et non audit , nec, percipit.
932) Ebend.: Qualiter, termini supponant, in propositionibws evelusivis, est scien
dum , quod , quando dictio eaeclusiva ponitur a parte subiecti, et subiectum : sumitur
sine distributione et est, terminus communis, tunc , subiectum supponit confuse tan
tum ..... (f. 31 r. A) Quando eacclusiva est negativa, subiectum , supponit, sicut in
eacclusiva affirmativa, et praedicatum similiter,..... Quando dictio eaeclusiva, ponitur
a parte praedicati . ..... subieclum supponit, in illa, sicut in sua praeiacente ' (über
,,praeiacens“ s, Abschn. XVII, Anm. 260), et idem est, de praedicato.
933) Ebend. f. 31 r. A : Ab , eacclusiva, ad universalem de terminis transpositis
est, bona consequentia et e converso ..... (B) Quaelibet earclusiva habet duus eaep0
nentes, unam affirmativam et, aliam negativam ; et ide0 0pp0sita eaeclusivae habet duas
causas veritatis, quia veritas utriusque eaeponentis est causa, veritalis , negativae e£
clusivae ..... Quando dictum propositionis evclusivae ponitur respectu alicuius modi
facientis propositionem modalem, illa, propositio est, distinguenda, sicut ista „Tanlum
.hominem esse , Socratem, est verum“, , quia littera ,,tantum“ potest , continue proferri
cum toto vel discontinue. Auf solchem Wege gibt es kaum ein Ende in Combina
tionem des byzantinischen , Wustes; denn warum , soll man nicht, auch bei dem re
duplicativem oder bei dem exceptiven Urtheilen oder bei „incipit, desinit“, u. s. f.
dié Modalitátem des necessarium, possibile, verum, scitum, opifiatum u. s. f. unter
suchen. Oder hat vielleicht Einer der modernen, Lobredner des Mittelalters Lust.
hiezu ? - - - - - -
• 934) C. 18, f. 31 r, B:, Talia syncateg0reumata .,,praeter, nisi“ et similia fa
ciunt propositiones, in quibus ponunlur, esse g*eptivas ..... Littera „nisi“ aliquando
tenetur ezecutive et tunc facit propositionem hypothelicam ..... Dictio „praeter“ ali
quando tenetur diminutive, sicut „Decem praeter quinque sunt quinque“...... , Ad
veritatem, eacceptivae requiritur, quod praedicatum removeatur a parte, ertra capla, el
qu0d insit cuilibet alio contento, sub subiecto, si sit affirmativ4;, si, sit, negativa, se
quitur oppositum ..... Habet duas ezponentes,,,.. ... siout ista.,,0mnis homo prae
XIX., 0ccam, (Urtheil). 391
hingegen wird die Suppositions-Fähigkeit. der , in solchen Urtheilen vor
kommenden Begriffe casuistisch erörtert, und hiedurch. findet eine obige
(Anm. 888) Angabe über die Supposition ihre, Ergänzung"°°). Ausser
dem ist auch hier eine Anzahl Regeln hinzugefügt, derem, Autorschafi mir
gleichfalls , nicht sicher festzustehen scheint; dieselben betreffem theils
die Lehre von Comsequentia, theils sind sie selbstverständliche und, über
flüssige Folgerungen aus dem Wesen der Exceptiv-Urtheile*°°).
| Indem aber 0ccam hierauf die Worte, „incipit, desinit“ aiireiht, folgt
er, doch, wieder der älteren Tradition (s. Abschn. XVII, Anm. 263), ob
gleich er dieselben theilweise schon zur Supposition beigezogen latte (ob,
Anm. 889), ja andrerseits sogar geneigt zu, sein schien (ob. Anm. 918),
sie grundsätzlich zu den connotativen Begriffen zu rechnen;, nach der
jüngeren Tradition hätte er sie jedenfalls bei der ampliatio erörtern
müssen (s. Abschn. XVII, Anm. 600), wenn er die letztere. nicht über.
haupt sehr wesentlich beschränkt hätte (s. ob., Anm. 912). Die Unter:
scheidung, welche man früher bei jenen Begriffen angenommen hatte, je
nachdem die Veränderung allmälig oder sofort bleibend eintrete, lässt er
als, eine gleichgültige fallen, wiederholt aber die üblichen Regeln, nur
mit dem Zusatze, lass „incipit", wenn es in weiterem Sinne genommen
werde, ein bereits vorhergehendes Dasein des betreffenden Zustandes
nicht völlig ausschliesse **"). Was über die Supposition des Subjectes
* * . *, i ; , , • • • • ' * • • ', . . , , '' ; ? . •!• , •; • • • , •
ter Socratem currit“ habet istas „Socrates non currit“ et „0mnis homo alius a So
crate currit“. - *. - - ;
'935) Ebend.: Praedicatum in eaeceptiva affirmativa habet suppositionem confu
sam tantum, ..... sed subiectum habet suppositionem confusam et distributivam; ftu
men distinguendum est u. s. f.; es folgt nemlich nun die schon obem, Anm. 888,
angeführte Stelle.
„936) Ebend. y. A: Tales regulae, quod a superiori distributo ad suum inferius
est bona consequentia, et ab universale ad singulare est bona consequentia, non sunt,
generaliter verae, sed oportet addere, quod illud inferius non $it ezlra captum .....
Si praeiacens eæceptivae sit vera, ezceptiva est, falsa ..... Nunquam eacceptiva est
propria,, nisi eius praeiacens sit universalis ...... Non semper ab universali ad inde
finitam vel particularem est bona consequentia, ..... Non cuilibet propositioni univer
sali contradicit propositio indefinita nec particularis .. ..... Sunt aliquae propositiones
universales contrariae, quae tàmen non habent aliquas propositiones categbricas sub
contrarias .... Semper illud, quod eaecipitur in eacceptiva, debet esse aliquid conten
tum sub subiecto ...... Quando illud, super quod cadit exceptio, est commune, ad
veritatem talis ezceptivae non requiritur, quod praedicatum insit universaliter illi,
super quod cadit ea ceptio, si sit eæceptiva negativa, vel quod removeatur universali
ier, si sit affirmativa. - - ι
937) C. 19, f. 31 v. A: 0mnis propositio, in qua ponitur aliquod istorum ver
borum ,,incipit, desinit“, habet diversas eaeponentes, , quia quaelibet aequivalet uni
eopulativae. « Tamen , ab aliquibus (vgl. Abschm. XWII, Anm. 263) diversimode assi
gnanlur exponentes respectu diversorum, unde dicunt, quod aliter eaeponitur respectu
successivorum et permanentium. Sed quamvis sic posset esse ad voluntatem wlentium,
non tamen videtur multum, rationabile; ideo dico, quod respectu cuiuslibet possunt
habere easdem eæponentes ..... Propositio, in qua ponitur hoc verbum ,,incipit“, ha
bet , duas ezponentes, quarum una est, de praesenti affirmativa, et alia de praeterito
negativa, sicut eaeponentes, istius , „Sacrates incipit esse albus“ sunt istae , ,,Socrates
est albus“ et „Socrates ante immediate non erat albus“..... . Hoc verbum „incipit“
potest dupliciter accipi, sc. stricte et proprie , et tune eæponitur, sicut dictum est;
aliter potest accipi large, et improprie,, et tunc sic ezponitur „Est et non diu ante
fuit“, „sicut dicimus,„quod haec, arbor incipit, florere ......, Illa, propositio, in qua
ponitur hoc verbum „desinit“,, duas habet e;rponentes;., una est, propositio, de prae
392 XIX. Occam (Urtheil). -
und Prädicates soleher Urtheile gesagt wird, dient gleichfalls zur Er.
gänzung dessen, was wir oben (Amm. 889) bezüglich der Suppositiom
sahem °°°). Endlich werden als völlig parallel mit incipit und desinit
laufend auch die Formen des Verbums „fieri" besprochen "°°), welchen
aus späterer Formation dieser Lehre (s. bei Scotus ob. Anm. 186) leicht
noch viele andere verba hätten beigefügt werden können. , ' '
. . Der dritte Theil der Lehre vom Urtheile soll sonach über die Um
kehrung handeln (s. Anm. 892), und es werden dabei, all die nemlichen
Arten der Urtheile wieder vorgeführt, für welche so eben die Gesichts
punkte der Wahrheit festgestéllt worden waren. Bei sämmtlichen aber
wird es dem aufmerksamem, Leser nicht, entgehen, dass in den Beispiel
Sätzen demi umzukehrenden Urtheile das ümgekehrte stets mit „ergo"
öder „igitur“ angefügt, wird, und somit Occam sicli auf dem Standpunkte
Derjenigen befindet, welche schon friiher die Umkehrung iiberhaupt zur
Consequentia gerechnet hätten (s. Abschn. XVII, Anm. 616, und Scotiis
ob. Aiim. 194). " Nach der üblichen Eintheilung" der Umkehrung in, sim
pler, per accidens und per contrapositionem, wobei zu ' bemerken ist
ôlass ā; auch von einer Umkehrung „im weiteren, Sinne“ spright"*"),
kommen zuerst die einfachen Inhärenz Urtheile an die Reihe, héi ę;
jedoch 0ecam trotz besonderer Beriicksichtigung der singulären, und;iiii:
hestimmteii Urtlieile demnoch von dem 'sciiàrfinnigen bénierkungen "des
Scotus (ob. Anm. 196—199) keinen Gebrauch macht, sondern z. B. un
gestört der traditionéllem Lehre folgt, dass das ' particular verneiiiende
Urtheil,gar, nicht umgekehrt, werden, könne '*'). „Hingegem, mit, Scotus
(Anm. 200) widmeter besondere Erörterumgen ienem Urtheilen, in welchen
. '•'^ ',, f . 11', ' ; ti • ' - yi'- :m ', '1****** 1: ••! - i ' : ••! • :. . . . ii \^ ^ ww. •!!• •!•w* w•}\,^vl'nº,'a ^,
'... cum * hot additamento ; imme
wv • • , w • , • • • • -
senti affirmativa, et alia de futuro negativa .
diate post“. , \, • • - - -
938) Ebend. f. 31 v. B: Circa suppositionem terminorum in talibus propositioni
bus est sciendum, quod subiectum taliüm propositionum supponit eodem modo, sicut
in suis praeiacentibus., Sed difficultas est de suppositione praedicati u. s. f. ' Diess
wurde schon oben, Anm., 889, angeführt., ., , , , . \ ' • , , ;
939) C. 20, f. 32 r. B: Sic etiam propositio, in qua ponitur hoc, verbum „fit"
vel ei aequivalens, quale est hoc verbum „factus est“ vel „factum est“ vel huius
nodi, , habet duas ea ponentes , quarum una est de praesenti et alia de praeterit0 vel
de fuluro. ,,,,,, , .,, , , * * * * * . . - - -
940), C. 21, f. 32 v. A: ' Conversio est tripleæ, sc. simpleæ, per accidens, et per
transpositionem seu contrapositionem terminorum ..... Potest magis large, sumi con
versio simpleæ, *..... quando , est mutua conversio, .... /. . situt. quando singularis
convertitur in particularem, et e eonverso ..... • Potest aliter vocari conversio per ac
cidens, sc. quando non, est cóntersio mutua, sicut bene sequitur „0mnis homo esl
albus, igitur album est homo“...... Conversio per conlrapositionem est, quando ter
mini finiti , mutantur , in terminos infinitos. ', ,^, . • • , ' w ,., . , ***• , •
941) Ebend.: Üniversalis negativa de recto eonvertitur simpliciter large accipiendo
conversionem simplicem ...... Similiter singularis affirmativa convertitur in particu
larem et indefinitam et singularem..... Similiter singularis negativa convertitur in
universalem negativam vel singularem negativam ...... Similiter tam indefinita quam
singularis sive particularis affirmativa convertitur tam in particularem quam singu
larem vel indefinitam .....:' Universalis affirmativa' convertitur' per acçidens .......
Particularis negativa non convertitur neque per accidens nee sinpliciter...... Eodem
modo indefinilâ non conrertitur. Auch' hiei verschmäht Occam' die byzantinischen
Biichstabem und Memorialverse; vgl. 'Anm. 901 u. 955. ' "
XIX.' 0€cam (Urtheil). 393
eifi Casus obliquus vorkommt°4*). ' Sodahn folgen jeme Urtheile, deren
Copula oder Werbum im Präteritum oder Futurum steht, und es werden
auch hiefür eigene Regeln der Umkehrumg 'aufgestellt, welche auf den
6bigem Regeln der Ampliation (Amm. 912) beruhen *'**). Indem hierauf
die Umkehrung der exponiblen Sätze erörtert werden soll, womit sich
gleichfalls schon Scotus beschäftigt hatte (s. Anm. 196), fimden wir hier
zunächst eine ziemlich nichtssagende allgemeine Bemerkung***), und dann
die hetreffenden Regeln für die' reduplicativen Urtheile°4°), hierauf für
die, exclusivem*'*") und für die exeepliven°47) und hzuletzt auch für''die
Urtheile mit incipit und desinit *4*). , , ; : ' il. ' ' ':, iii ,,-ii-.;• , • • w
*' *'t t , * . - .* ; 1'. . . . . :i . . . ;• , ,•
" 942) Ebend.: De propositiónibus in obliqüo, non est eodem, modo dicendiim, sed
in 'illis oportet frequenter mutationem facere ex parte vocis präeter transmutationem
terminorum, et cum hoc additur frequenter participium , verbi, sicut sic arguendo
„Nullus homo est in domo, ergo nullum eæistens in domo est homo“.....,, Quando, in
tali, proposilione ponitur, adverbialis delerminatio, ,,.., illa in conversa, non debet esse
determinatio verbi, sed potius participii eiusdem verbi, et sic „Creans semper est
deus, ...... ergo aliquid, quod semper est^ deus, est creans*' Vgl. Anffi. ' 903,
913; 971. ''' ' ' ' '-' ' ' ' ' . * * * . . i ·· 11* • „ , , • • i • ■
** *** 943) C. 22, f. 32 v. B: , Circa conversionem de praeterito et, de futuro, .... quando
subiectum supponit personaliter, i. e. significative, sciendum, est, ,quod, quando; sub
iectum supponit pro eo, quod est, tunc illa propositio delet, converti in aliquam pro
positioneni de prâesenti accepto subiecto cum hoc verbo „fuit“ et hoc pronomine „qüi“,
et noh in propositionem de praelerito. Unde ista conversio- n6n valet „Nullum album
fuit homo, ergo nullus homo fuit albus“, ..... sed sic : ,,ergo nullus, qui fuit h0m0,
est albus“...... Si autem subieclum pr0p0sitionis accipitur pro e0, quod fuit, sic est
simpliciter convertibilis in unam de praeterito...... Ista autem, quae dicta sunt de
propositione de praeterito, applicanda sunt proportionabiliter, propositioni de fuluro.....
Si subiectum sit terminus communis vel ineludens terminum communem cum, pronomine
demonstralivo, et praedicatum sit, pronomen demonstrativum,sine, addito vel proprium
nomen, tunc, si subiectum accipitur pro eo, quod est, convertitur , in iwnam de prae
senli, sine alia mutatione, sicut sequitur „Album erit , Socrates, ergo, Socrates , est
albus*;'...... si autem accipitur subieclum , pro eo, quod, verit, vel fuit, convertitur
absolute de praeterito vel de fuluro, et est mulua conversio., , ,,.. ,v, , , , , ,,,• ,•, Ava,
'. 944) C. 23, f. 33 r. A: Propositio habens exponenles habet, consimilem eonversio
nemi' cum suis eaeponentibus, et si omnes etponentes eodem modo conpertuntur, ita
eaeposita eodem modo convertetur; si autem una , eaeponehs eonverlatur uno modo et
alia alio modo, tunc habebit ' conversionem consimilem cum conversione unius et n
ciim conversione alterius. Tamen magis in speciali videndum est de istis. ' ' ' • •
945) Ebend. : Propositio reduplicativa non convertitur in reduplicativam, sed in
unam non reduplicativam, cuius subiectum erit unum aggregafum, eae praedicato prioris
et illo super quod cadit reduplicatio, cum reduplicatione' mediante hoc pronomine
„juùd", sicut ista „Animal, inquantum homo, est risibile* convertitur in istam „Ali
quid,, quod, inquantum homo, est risibile, est animal“. , ' . '
„ 946), Ebend.: Evclusiva non convertitur in eaeclusivam; non enim sequitur
„Tanlum, animal est homo, ergo tantum homo est animal“, sed ista convertitur in
universalem, sicut sequitur ,.Tantum animal est homo, ergo omnis homo est animal“.
........ Et, sicut dictum est de conversione propositionum de praeterito et futuro, ita
dicendum est de conversione eaeclusivarum de praeterito, et futuro. -
*••• 947) Ebend, B: , Excepliva non convertitur in eaeceptivam, ...... sed in unam
non eæceptivam, cuius subiectum erit unum aggregatum eae , praedicato eæceptivae, et
parte eætra , capta mediante, hoe toto „quod non est“, sicut ,,0mnis homo praeter S0
cratem currit“ convertitur in istam ,,Currens, quod non est Socrates, est homo“.
* • 948) Ebend.: Propositiones, in . quibus ponuntur haec verba „incipit, desinit“,
non convertuntur in similes, ..... sed dantur tales propositiones sie commerti ,,Aliquis
homo incipit esse albus, ergo aliquid, quod incipit esse album, est homo“. ' • * • • •
394 XIX. 0ccam (Urtheil).
Mit, besonderer, Ausführlichkeit behandelt 0ccam die Umkehrung, der
modalen Urtheile, welcher wir, auch schon, bei der jüngerem, Formation
der byzantinischen Logik und bei Scotus begegnet waren (s. Abschn, XVII,
Anm. 587 f. u. ob. Anm. 201). , Dass dabei überall jener Unterschied
zwischen sensus compositus und sensus divisus (s. ob. Amm. 914) zu
Grunde gelegt, wird, versteht sich von selbst; ausserdem aber kehrt auch
stets, die Regel wieder, dass, was in Bezug auf Modalität von dem, um
zukehrendem Urtheile gelte, in gleicher Weise von dem umgekehrtem Ur
theile, gelte, So, seiem : die Nothwendigkeits-Urtheile im sensus c0mp0
situs ebenso umkehrbar wie die Inhärenz-Urtheile (anderer Meinung , war
Scotus), hingegen im sensus divisus könne die Umkehrung nur durch
eine Abänderung der Worte bewerkstelligt werden"*°). Ebenso verhalte
es, sich bei, den Möglichkeits-Urtheilem, insoferne man „possibilis“, im
Sinne von „mon , impossibilis“ melmme und - bei Gemein- Begriffen, die
Suppositions-Fähigkeit derselben beachte °°°). Die Umkehrung der Un
möglichkeits-Urtheile sei im sensus compositus die nemliche wie bei den
Inhärenz-Urtheilen, aber im sensus divisus treffe sie mit jener der Noth
wendigkeits-Urtheile zusammen "°'). Die Zufälligkeits-Urtheile („contin
gens“, welches somit hier nicht: als synonym mit possibile genommen
wird, wie bei Petrus Hispanus, s. Abschn. XVII, Anm. 165) seien zu
unterscheidem, je nachdem bei der Umkehrung die Qualität unverändert
bleibe oder geändert werde; im ersteren Falle trefte die, Umkehrung beim
sensus compositus mit jener der , Inhäremz- Urtheile zusammen, während
949) C. 24, f. 33 r. B: Videndum est, quomodo propositiones modales conver
tuntur, et primo de conversione propositionum de necessario..... Quando modus po
nitur cum dicto, pr0p0sitio est distinguenda secundum compositionem et divisionem
(s. ob. Amm. 914)..... In sensu composito . ... tales propositiones converluntur, sicut
suae de inesse, quia in conversione talium arguitur semper per istam regulam ,,Si
unwm eonvertibilium est necessarium, et reliquum erit necessarium“ vel per istam. „Si
antecedens est necessarium, et consequens erit necessarium“..... Sciendum , est \etiam,
quod philosophus in, prim0 Priorum probat , tantum, istas de necessario converti in
sensu composito, vel eis aequivalentes et non alias (vgl. hingegen unten Anm., 985,
und bei Scotus, ob., Anm. 201)..... Circa conversionem propositionum de, necessario
sumptarum, in sensu, divis0 est sciendum, qu0d non sunt c0nvertibiles nulla mutatione
facta ea parte vocis praeter transpositionem terminorum; non enim sequitur per na
turum conversionis „Nullus h0m0 de necessitate est asinus, ergo nullus asinus de
necessitate est ì'. - - -
950) C. 25, f. 33 v. A: Circa conversionem propositionum de possibili est primo
sciendum, quod in hoc capitulo accipiendum est semper possibile, quod est commune
ad necessarium et ad contingens., quod non est, necessarium, ut possibile, sit idem
quod non impossibile ..... Sic autem accipiendo possibile est sciendum, quod eaedem
regulae , quae dictae sunt, de conversione , propositionum de necessario, 'accipiendae
sunt circa conversionem pr0p0sitionum de possibili; nam ..... sumpta in sensu com
posito est eodem modo convertenda sicut sua de inesse, quia ..... si unum conver
tibile est possibile, et reliquum...... Quando subiectum propositionis de possibili est
terminus communis vel includens terminum communem, propositio est distinguenda, eo
quod subiectum , potest supponere pro his, quae sunt, vel pro eis, quae possunt esse
(vgl. Abschn. XVII, Anm. 225 ff.). - •*
951) C. 26, f. 33 v. B: Propositiones de impossibili acceptae in sensu, composito
convertuntur sicut suae de inesse, quando illae de inesse convertuntur simpliciter,
quia ...... si unum convertibile est impossibile, et reliquum ....... Si awtem ; propo
sitio, de impossibili sumatur in sensu divisionis, ..... tunc convertibilis est sicut illa
de necessario. : - - - - - · · · · · · ·
XIX. 0ccam (Urtheil). 395
beim sensus divisus es auf die Suppositions-Fähigkeit der Begriffe an
komme°°*); im letzteren Falle könne es sich mur um den sensus divisus
handeln °°°). Endlich bei den übrigen Modalitäten (scitum, opinatum
u. s. f.) sei zu untersuchem, ob dieselben in dem umzukehrenden Urtheile
bedingt, seiem durch ihre Zulässigkeit im umgekehrtem Urtheile, oder ob
das umzukehremde hierin vom umgekehrten unablhängig sei; beim sensus
compositus könne im ersteren Falle : keine simpleae conversio, im , letz
teren Falle aber gar keine Umkehrung stattfindem; hingegen beim sensus
divisus treffe die Umkehrung solcher Urtheile wieder mit jener, der
Inhärenz-Urtheile zusammen °°*). - . . . . , , * ' ,; , , , ,
Da aber mum mit der Lehre von der Umkehrung eigentlich die Auf
gahen erledigt sind, welche von Anfang für die Lehre vom Urtheile * vor
gesteckt waren (ob. Anm. 892), so macht es allerdings dem Eindruck
eines misslichen Nachhinkehs, wenn nun doch noch besondere Erörterun
gen über das hypothetische Urtheil, und dessem Unterartem folgen. Warum
diese Gruppe nicht schon oben vor den modalem Urtheilen (d. h. nach
Anm. 913) ihre angemessene Stelle gefundem habe, ist schlechterdings
nicht einzusehen, und ich glaube, dass diese Wersehiebung des richtigem
Zusammenhanges mur der arrangirendem Hand des Herausgebers zuzu
schreibem ist, welche ohnediess hiebei deutlich genug hervortritt (s. so
gleich : Anm. 961 f.). Das hypothetische Urtheil wird vorerst, in jene
nemlichen fünf Unterartem wie schon oben ' eingetheilt (d. h. wieder mit
Weglassung der propositio localis, s. Anm. 894), und die Bemerkung
hinzugefügt, dass scheinbare ' andere Arten sich auf jene zurückführen
.
\
,952) C. 27, ebend.: Capiendum est contingens ad utrumlibet, ut, illa sola pro
positio dicatur contingens, quae nec est necessaria nec impossibilis...... . Talis pro
positio habet duas conversiones, unam in terminis et aliam per oppositas qualitates;
ideo primo videndum est de prima .... Propositiones de contingenti, sumptae in sensu
compositionis et eius aequivalentes convertuntur sicut suae de inesse, quando suae de
inesse, converlunlur, simpliciler ; et hoc est, quia ...... si vinum , convertibile- est con
tingens, et reliquum..... Si autem illa de contingenti sumatur in sensu diviso, tunc,
si illa propositio habeat pro subiecto terminum communem vel aliquid includens ter
minum communem ...... vel etiam participium vel aequivalens ei, illa proposilio est
distinguenda, e0 quod , subiectum potest supponere pro his, quae , sunt, vel pro his,
quae contingent esse.
953) C. 28, f. 34 r. B: De conversione propositionum de contingenti per oppositas
qualitales est, sciendum, quod quaelibet propositio de contingenti ad utrumlibet, si
sumatur in sensu divisionis, convertitur per opposilas qualilates, i. e. affirmativa in
negalivam, et e converso, sicut sequitur...... ,,0mnis homo contingenter currit, ergo
omnis , homo contingenter non currit“. -
954) C. 29, f. 34 v. A: Restat dicere de conversione propositionum modalium,
quae non ab omnibus conceduntur esse modales, quae tamen: vere sunt modales, sicut
dictum est prius (s. Anm. 894); et quia sunt quasi innumerabiles, ideo non intendo
dicere de omnibus in speciali, sed volo dare aliquas regulas generales...... Quando
aliquod nomen modale non potest verificari de uno convertibili sine hoc, quod veri
ficetur de reliquo, talis propositio modalis sumpta in sensu composito non convertitur
simpliciter, quamvis sua de inesse convertatur simpliciter; si autem possit verificari
de antecedente sine hoc, quod verificetur de consequente, talis propositio sumpta in
sensu c0mp0sito , non convertitur, ,.,.. quia ista regula non est generaliter vera ,,Si
unum convertibilium est scitum, ergo reliquum est scitum“..... Propositiones modales
in sensu diviso et eis aequivalentes convertuntur sicut illae de inesse, ubi : aliqua
-
adverbialis determinatio additur verbo. - *, . , £,*.!
396 XIX. Occam' (Urtheil).
lassem, wie z. B. die Prohibitiv-Sätze auf causale°°°). Indem sodann'die
genauere Erörterung deri propositio conditionalis auf die Lehre' von
Consequentia verschoben wird °°°), unterliegem die übrigen vier' Artem
einer ; ziemlich ungleichmässigen Behandlung, da die Casuistik ' der Moda
litátem in willkürlicher Unvollständigkeit durchgeführt'und dort oder da
ein beliebiges Bruehstück aus den Consequentiae eingestreut wird; in
solcher Weise , folgem unter Angabe der Regeln der Wahrheit zuerst
die propositio copulativa***), damnº disiunctiva"°°), hierauf causalis98°)
und zuletzt temporalis''""). Wenn aber sodamm dennoeh, d. h. trotz der
ausdrücklichen Angabe in Amm. 894 u. 955, alsº sechste Unterart die
localis, besprochen wird *'"'), welche allerdings von Anderem noch beige
zegem, worden , war (s. Abschm. XVII, Anm. 583 f.), so muss ich diess-eben
darum entschiedens als , eine Interpolations des Herausgebers bezeichnen.
Und das, Gleiche gilt mir von einigen am Sehlusse angehängtem Bemer
kungen über Adverbien und Conjunctionem*"*). !• . ■ ' , ■ • ' ' iu *
.
955) C. 80, f. 34 v. B: Postquam transcurrendo de propositionibus categoricis
et de,'proprietatibus 'earum, est tractatum, nunc de propositionibus' hypotheticis et
praprietqtibus earum sunt, aliqua, pauca, addenda... ,. , Propositionum , hypotheticarum
quinque assignantur, species: conditionalis, copulativa, disiunctiva, causalis, temporalis
(hier wie oben, Anm. 894, ist, — abgesehen von der, gleichlautenden Aufzählung
der fünf Artem '-, das Wort „quinqiie* nicht als Ziffer, sondern'mit Buchstabei
gedruckt, undi'sonach' ein Driickfehler, nicht wahrscheinlich)....... * Sunt * multae
propositiones hypothelicae praeter , praedictas, quae • tamen ... . . ad i praedictas reduci
debent, unde ista, „Socrates, philosophatur,, ne,,sit igngrans“, aequivalet , isti, „Quia.
Socrates non vult esse ignorans, Socrates philosophatur“.
956) C. 31, f. 35 r. A: Quia conditionalis aequivalet uni consequentiae, ita quod
tunc conditionalis est vera, quando antecedens infert consequens et non aliter , ideo
differatur usque ad tractatüm de oonsequentiis (s. Amm. 1016 ff.).....'Est' aliquando
conditionalis necessaria, et quaelibet pars eius est impossibilis, sicut ,,Si Socrates est
asinus, Socrates est rudibilis**. a .* * • - - -
957) C. 32, ebend.: Ad veritatem copulativae requiritur, quod utraque pars sit
vera,…..... et ad. necessitatem eopulativae requiritur, quod utraque pars" sit neces
saria u. s. w.* Ehenso bei possibilitas und - impossibilitas..... , A copulativa ad utram
que partem \ est bona consequentia ..... Quandoque ab altera parte copulativae ad
totam potest esse bonn consequentia gratia materiae. -
958) C. 33, f. 35 r. B: Ad veritatem disiunctivae requiritur, quod altera pars
sit vera; et hoc est intelligendum, quando propositiones sunt de praesenti et non de
futuro nec aequivalentes propositionibus de futuro ..... Ad possibilitálem disiuncti
vae sufficit, quod altera pars sit possibilis; sed ad hoc quod disiunctiva sit impos
sibilis, requiritur , quod utraque pars sit impossibilis ..... 0pposita contradictoria
disiunctivae est una copulativa composita eae contradictoriis partium ipsius disiuncti
1)0le . . . . . ' Ab aliqua parte disiunctivae ad totam est bonum argumentum , et e con
verso est fallacia consequentis ...... A disiunctiva cum negatione alterius partis ad
alteram partem est bonum argumentum. ' ' ' ; i • • - • • -, . .
959) C. 34, ebend.: Ad veritatem causalis requiritur, quod quaelibel pars sit
vera, et simul cum hoc, quod antecedens sit causa consequentis ..... Ad necessita
tem causalis requiritur necessitas utriusque partis ; sed ad impossibilitatem causalis
non requiritur impossibilitas nec falsitas nlicuius partis, sed sufficit, quod antecedens
non possit esse eausa consequentis. - . · · · · * • •
960) C. 35, f. 35 v. A: Ad veritatem temporalis requiritur veritas utriusque par
tis vel pro eodem tempore vel pro divers0'..... Ad necessitatem temporalis requiritur
necessitas wlriusque parlis ..... Ad impossibilitatem temporalis non requiritur im
possibilitas^ alicuius e partis, sed suffieit, quod partes sint incompossibiles. ''**"
t 961) C. 36, ebend. • • • w • • • .** w • • • • · · · · ·
962) C. 37, f. 35 v. B. ... ** , . . v . \ • • • • , , , • t*, • u
XIX. 0gcam (Argumentation). 397
/
„ Den dritten Hauptlheil des, Compendiums bildet, die Lehre . von der
A rgu mentation, welche in yier, Unterabtheilungen zunächst, die eigentliche
Syllogistik, dann , die, aristotelische Lehre vom definitorischen Wissem,
hierauf die Topik, mit . Einschluss, der Consequentiae und Zuletzt die So
phistik , enthält., Occam, bleibt dabei seiner , ganzen grundsätzlichen Stel
lung, welche ier, für, die Logik überhaupt. eingenommen, hatte, nur gelreu,
wenn er in der ersten, und dritten dieser Unterabtheilungen wiederiim
möglichst, reichem, Maasse das Material der byzantinischen Logik mit der
aristotelischen Lehre durchgängig verflicht. Nur drängt, sich , uns auch
hier abermals die Bemerkung, auf, dass Solclies sicher, nicht individuelle
Erfindung,, des. 0ccam allein ; sei,, sondern schon „gar Manche, vor , ihum,
welche, sich, unserer Forschung entziehen, Bausteine zu dieser Gestaltung
der, Lehre von der Argumeutation geliefert haben, müssen. i,., , … ;
0ccam unterscheidet vom Syllogismus im engeren Sinne, wornacli
derselbe der edelste und grundlegende Theil der Argumentation ist""*),
den Syllogismus im weiterem Sinhe, welchen er somit in eimen eigent.
lichen demonstrativen, einen topischen wahrscheinlichem, unà 'eiiienjìácli
Form oder Inhalt verfehlten eifitheilen kann; dabei abër mächt, er gele
gentlich dem wissenschaftlichen Betriebe, das ; unübertreffliche, Zugeständ
niss, dass Glaubens-Artikel für diejenigen Philosophen, welehe Weltkinder
sind (sapientes mundi), micht mur nicht als Beweisgründe gelten, sondern
nicht eiiimal Anspruch auf Wahrscheinlichkeit habeii"*)., Er wendet sich
num sofort, zu dem Formen des kategorischen Schlusses, wobei er, an. der,
Dreizahl der Figurem, festhält und die Berechtigung einer- vierten Figur
aus dem hemlichen Grunde wie Scotus (ob. Amm. 207) abweist °°°). Die
Ahleitung der Modi der einzelnen Figuren stützt er, wie schon Albert
mach arabischem, Vorbilde, gethan „hatte (Alsch. \, AR; 463), auf
die mathematisch möglichen Combinationen zweier Urtheile°°°). • » •
\ , • • • • \ \ , ' v , • • • , \ \ • • - • • * . • •* • • • • • • • * • • •' * •*. • us ,,v • . *
* , *• • w, i, • • • • • , • • • • , , , • ,• • • i • v • * , ww w ww w ' • , ,
··963), III, 1, C. 1, f. 36. r. A: Nunc ad tertium tractatum de vargumentis est, ac
cedendum, et quia inter omnes species argumentationis syllogismus , obtinet principa
tum, ideo de syllogismo est primo dicendum. .• • • • • • . • • • • • • • ..• . ••'.' -
" ' 964) Ebend.: Syllogismus accipitur aliquando pro uno éommuni omiii syllo
gismo, ita quod ..... syllogismorum quidam sunt demonstrativi, quidam topici, qui
dam nee topiciº nec demonstrativi ..... Demonstrativus est ille, in quo eae proposi
tionibus necessariis evidehter notis potest accipi primâ notitia conclusionis ......
Topicus 'est syllogismus' eae probabilibus, quae videntur omnibus vel pluribus pel ma
a'ime supientibus; ..... et sic articuli' fidei non sunt principia demonstrationis nec
conclusionis, nec sunt probabiles, quia omnibus vel pluribus vel sapienlibus apparent:
falsi, et hoc accipiendo sapientes pro sapienlibus mundi et praecipue innitentibus ra
tioni naturali, quia illo modo accipitur sapiens in desrriptione scientiae vel philoso
phiae (vgl. bb. Anm. 733) ...... Syllogismus, qui nec est demonsträtivus nee topicus,
potest dividi, quia quidam'est' ev improbabilibus, quidam non et improbabilibus, sine'
quidam peccat in materia, quidam non peccat in materia. ' ' ' '"* *** ***'**
' 965) C. 2, f. 36 r. B: Tantum sunt tres figurae, : . et non est apponendâ
quarta figura, quia, si medius terminus praedicatur in prima propositione et $ubiicitur
in secunda, non erit nisi transpositio propositionum positarum in prima figura, et
ideo iiom sequitur, aliqua conclusio, quam illa, quae séquitur eae praemissis' t dispositis
* V. l
in prima figura. * , ι , ι' ο ι , • . w* w , . w • • ;.'. .\, \ • ••• • • \ *' •*. …, \ **, •*
966) C. 3, f, 36 v. A: Erunt seaedecim, combinaliones,.quarum duodecim pecca
bunt contra praedicta, principia (d. h. gegen die bekannten Grundgesetze, der, ersten,
Figur) ..... Palet, qu9d lantum, sunt, quatuor modi utiles, sive wtilium, combinatio
398 XIX. 0ccam (Argumentation).
Nachdem er betrefis der ersten ' Figur thervorgehoben, dass die
Schlussfähigkeit ihrer Modi immer zuletzt auf dem sog. Dictum de omni
et de nullo beruhe und dabei nur eine Zweideutigkeit des Ausdruckes
eim Hindermiss bereite, wofür man sogar Regeln aufstellen könne, welche
im Ganzem anf die bekannte spätere Formulirung „Tum re tum sensu
tripleæ modo terminus esto“, hinauslaufen *'"?), zählt er die indirectem
Sehlussweisen dieser Figur auf, fügt aber hiebei zu dem fünf theophrasti
schem, welche er auf. Umkehrung und Umstellung der Prämissen zurück
führt, noch vier- neue hinzu, welche auf vollständiger Ausmützmmg des
Schluss-Satzes beruhen , und mach der üblichen Gestaltung der Nomenclatur
die Namen Barbari, Barbaris, Celaront, Celantos (— wenn ich um der
Kürze- willem mich so ausdrückem- darf —) tragen müsstem 9°°); auch
weist er nach der^ Besprechumg einiger Sophismen, welche- kaum Erwäh
' ti • • • // , , , , , , .*. · · · ι ι • • • 1 • - . . . • i • - ... * * . * -
;^ : ut n ■ ■ ' t ' . , , ; v • • • • • . * . . . . . ; ; .
num, , Ehenso, bei der zweiten Figur, C., 10,. f. 39 r. A, sowie. bei der, dritten,
C. 14, f. 39 v. B. - - · · · · · · - -
967) C. 4, f. 36 v. B : Quando praemissae disponuntur in niodo et figura,'.....
semper est “bonus 'syllogismus, nisi *£* ' impediat vel 'amphibologia. * Als
Beispiele folgeiì , danm Sätze, der Theologie, besonders ; betreffs , der Trinität, und
hierauf (C. 5, f.37v, B) mehrere Regeln der Vorsicht:, Ad videndum, quando; discur
sus non, regulalur per dici de omni, vel de nullo, intelligendae sunt hae, regulae:
- - - - - Quandocunque minor habet aliquam eaeponentem negalivam, talis discursus non
potest regulari per dici de omni vel de nullo.....' Quandocunque in minore denotatur,
praedicatum dici de subiecto, eum aliquo modo delerminanle compositioneiii nom ev
presso in maiore, qui, modus p0situs, vel, non, positus; variat, propositionem quantum.
ad veritatem vel falsitatem, talis discursus, non regulalur,..,,,. (f. 38, r., A), Quand0
cunqué per maiorem, non denotatur, praedicalum vere affirmari vel vere negari, de
pronórhine'demonstränte quodcunque,'quod 'est' realiter' idem cum significato per sub
iectum, tunc uoeipiendo , subieotum^ aliquid ' tale t non erit syllogismus regulatus ......
Quando in minore ponitur aliquis modus , qui denotatur competere* toti , propositioni,
si in maiore hoc non denotetur, non semper talis discursus regulabitur...... Alia
regula est, quod nullus lerminus in praemissis vel in conclusione sumatur aequivoce.
...... (B). Alia, regula est, quod, nullum syncategoreuma, nisi, forte. isignum univer
sale, vel particulare additum subiecto, addatur vel auferalur in minore, vel conclusione
praeter illa, quae sunt in maiore. ., .,• . r, , w • • , ' ' o •' ' , • • • w * *
968), C. 6, f. 38 r. B: Istae, conclusiones (d., h. die vier aristotelischen, ersten
Modi) sunt, primo sequenles, eae praemissis; mediate tamen , et secundario sequuntur
aliae conclusiones.,, ' Nam in primo , modo praeter universalem, conclusionem sequitur
conclusio particularis et, conversa conclusi0nis , universalis;, et ita , tres cqnclusiones
sequuntur in primo modo, et ultima conclusio ponitur sequi in illo, modo, qui dicitur
Baralipton. Ex praemissis autem disp0sitis in secundo modo sequuntur qualuor con
clusiones : prima universalis negaliva, ..... secunda conversa, illius universalis,, et tunc
habetur ille modus, qui dicitur Celantes; tertia est particularis subalterna primae uni
versalis; quarta, est particularis et negaliva , de terminis, transpositis, quae, est, sub
alterna secundae conclusionis universalis. Ev praemissis vero, in tertio modo sequuntur
duae conclusiones, sc. particularis directa , et secundario, conversa illius , et, tunc
habetur ille modus, qui dicitur Dabilis. Eae, praemissis in quarto modo , non sequitur
nisi una conclusio, quia particularis negativa non convertitur ; sed illa eadem con
clusio particularis negativa sequitur eae universali affirmativa de terminis transpositis
ipsius minoris et universali negativa conversa maioris ipsius, proposilionibus trans
positis concludenlibus conclusionem indirectam ; similiter eae conversa maioris et mi
horis transpositis praemiissis et indirecte concludenlibus; et tunc habentur illi duo
modi Fapesmo et Frisesomorum. 0mnia autem praedicta probantur per istas regulas,
quae semper sunt verae „Quidquid sequitur ad consequens,' sequitur ad dntecedens“
et ,,0aidquid sequilur ad eonsequens eum addita propositione, sequitur ad antecedens
cum eadem propositione*. ' Vgl. Pseudo-Thomas, ob. Anm. 342. ' ' * .
- XIX. 0ccam (Argumentation). 399
riumg 'verdienem °°°), mit Recht darauf hin,^ dass. der 0bersatz in der
ersten Figur 'unter Umständen aueh ein singuläres Urtheil sein kann°7").
Ferner aber veranlasst' ihn seine Fürsorge für jene. Urtheile, in welehem
ein Casus obliquus vorkommt (vgl. Anm. 903, 913, 942), nun auch zu
untersuchen, ob und wann in der ersten Figur* mittelst solcher fUrtheile
geschlossen werden könne, und er findet, dass diess der Fall sei, wenn
det Casus obliquus im 0bersatze steht , und in der nemlichen Stelle, in
welcher er* dort ist, im Schlusssatze wiederkehrt, sowie-ausserdem noch
bei ' vier anderweitigen besonderen Gonstellationen der Begriffe 97 !). - Bei
der zweiten ' Figur denkt er gleichfalls an die möglichste Ausbeutung des
hegativen Sehlusssatzes und fügt somit 'noch- mehr neue Modi, als Pseudo
Thömas (ob. Anm. 342), zu den aristotelisehem hinzu, nemlich vier Schluss.
weisen, welche Cesares, Camestros, Cesaro, Cesaros heissen müssten*'7*),
während er bezüglich der Reduction der üblichen Modi auf die erste
Figur bei Baroco dem traditionellen Standpunkte folgt ''*). Die, Casus
obliqui liegen ihm aber auch hier wieder so sehr am Hözen, lass er
,* • * * • . , , - · · · ·
'''' 969) C. 7, ebend.: Per praedicta possunt solvi' mulla argumenta ...... (z. B.)
,,0mine animal, si est sensibile, est corpus animatum ; lapis est animal, si est sen
sibile; ergo lapis est corpus animatum“..... (die Lösung) Maior, est distinguenda
secundum compositionem et divisionem (s. Anm. 914 u. 949) vel secundüm' amphi
bologiam. - - • • • • •••
' ' 970) C. 8, f. 38 v. A: Etiam sequitur evidenter, si maior sit singularis affir
mativâ vel fiegativa; bene enim sequiiur..... (z. B. beim vierten Modiis): „Socrates
nón eurrit, Aliquid album est Socrates, ergo aliquid album non currit“ (die Beispiele
fùr'' die ersten drei Modi sind ganz einfä'tig, wie beim ersten: „Socrates est albus,
0mnis homo est Socrates, ergo omnis homo est albus*)...... Ideò talis syllogismus
est bonus. sicut ilte, qui regulatur per dici de omni vel de' nullo, quia ..,.. etiam
subiectum singulare sùpponit pro omni suo significato. '' - u • * * • • • , , • -
"' 971), C. 9, ebend.: Circa syllogismum de obliquis est sciendum, * quod, quando
maior “est de obliquo et minor de recto, semper* sequitur' conclusio de 'obliquo et re
gulatur per dici `de omni vel de nullo, dummodo obliquitas cadat a parte eiusdem
eætremi in conclusione, a parte cuius cadit in maiore, ...... e. g. „0mnem hominem,
videt asinus, Socrates , est 'h0m0, ergo Socratem videt asinus“...... „Nullus homo
est asini, Socrates est homo, ergo Socrates non est asini“...... Praeter praediclos
módos ''regulatos'..... in quatuor casibus 'est bonus discursus : '...,. (ich will an
Stefle'der^larigathmigen Förmulirung für jeden ''der vier Falle nur Eihes' der 'Bei
spiele Occam's auswählen) „Nullius hominis est asinus , * Omne risibile est hominis,
ergo nullum risibile est asinus*..... .',,Nul us asinus videt hominem , ' 0mne risibile
videt asinus, ergo nullum risibile est homo“..... „0mnis homo est animal, Socra
tem videt homo, ergo Socratem videt animal“..... ,,0mnis homo currit, Socrates vi
det' hominem, ergo 'Socrates videt currentem**. ' • • i . i . . . . t • i . . *
' 972) C. 10, f. 39 r. B: Sicut eae praemissis in prima figura aliquando sequun
tur plüres conclusiones, ..... ita est eiiam in secúnda figurâ. Undé ex praefiiissis
syllogismorum universulium sequuntur quatuor conclusiones, sc. duae- directàe univer
sales negativae et suae subalternae (die Ausgabem haben „universalis negaliva et suu
subalterna“, es geht jedoch aus der Parallele 'mit der éfstem''Figuri iinzweifelhaft
hervor, was Occam wolle), et duae indirectae, sc. conversa primae conclusionis uni
versalis et subalterna eiusdem. Eae praemissis autem ' syllogismorum particularium
sequitur una sola conclusio, sc. particularis negativa, quia illa non est convertibulis
$. Anm. 941). Sed eae praemissis transpositis terminis non sequitur uliqua eonclu
s aut i • ,\
• • .
iù in secunda figura, quia' tunc praemissae essent in tertia figura dispositae."
' 973) C. 1i, f. 39 v. A: Quartus- modus reducitur'per impossibile` ...'..'ad pri
mum 'hodum primae figurae arguendo ea' contradictorio conclusionis et maiore, infe
rehdo' conlradictorium minoris. . *. v. * . \\ ,,,,*. • • ww , , , , , ,,^ ' i • • ,
- .
400 XIX. 0ccam. (Argumentation).
die sie betreffendem, fünf, Schlussweisem noch früher zu erwähnen sich
beeilt '"*), ehe , er den- jedenfalls, wichtigeren, Grundsatz nachweist, dass
auch iu der zweitem Figur aus bejahendem Prämissem ein Schluss. möglich
sei, wobeiier jedoch die. Saehe etwas ungeschickt, angreift '7°). . , Bei der
drittem , Figur , weist, er, wie Pseudo-Thomas (a. a. 0.) auf die Umkehr
barkeit ides, Schlusssatzes in, Darapti, Disamis und Datisi, hin *'7°), und
fügt , gleichfalls die heim , Workommen eines, Casus obliquus statthafiem
Schlussweisen, bei '7'). . Gleichsam als Anhang zu den drei, Figurem be
spricht er dem , syllogismus, eæpositorius, , aber, im, ganz anderer, Weise
als Scotus (ob. Amm. 206); denn 0ccam beschränkt denselben ausschliess
lich, auf die dritte Figur undistimmt mur darin theilweise mit der früherem
Tradition , überein ,,dass er zugleich Singularität beider Prämissen fordert
und negative Untersätze, ausschliesst"'*). Ausserdem noch, widmet er,
, … ii. n ,. . . r 1 . wo, 1 ; - ;',, , ■'• i •■ , ;u' / •
„*% 12, ehend.: Syllogismus ex obliquis valel' in secunda figura ..... Bei
spiefe “der 'fünf ''Fällè' sind: „Nullum equum `videt asinus, Omnem hominem videt
asinus, ergo nullus homo est equus“...... „Nullus asinus est hominis, 0mnis bos
est hominis, ergo nullus bos est asinus“..... ,,0mnis homo est animal, Nullus asinus
esl, animalis, ergo nullus asinus est, hominis“.....,,,0mnis, asinus, est, animal, Nullius
hominis, est animal, ergo nullius hominis est asinüs*..,.. Nullüs homo videt asinum,
Omne risibile est ásiniis, ergo nwllum risibile videt honio“. ' ' ' ' "''
, , 975) G. 13, f. 39 v, B: Quúmpis dictum sit superius, quod ea, affirmativis non
conlingit arguere in secunda figura, tamen ab illa regüla generali süni duo, casus
eaecipiendi. Primus, si medius terminus sit terminus discretus,...,,... siqut ,,0mnis
homo est Socrales, Plglo 'jj'*; ergo Plalo est homo'* (abgeschen Wön dër un
übersteiglichen Dummheit di - ieses Beispieles ist 0ccams Meinung überhaupt mur bei
singularem Urtheilen, Welcle , sich ufikehren, lassem, haltbar;] gesetzt' 7. B. maii,
'i;!\'.:;i! Irtheile trotz der in ihnen, liegenden üébértreibung als wahr,
gelten ,,A. !*„;$ „ berüht ursprünglich auf Lessing* und „Der grösste,
Genius dés vorigen Jahrhunderts ist Lessing“, §o, kgnnte mittelst der nöthigeii Wor
kehrungen, gayz normal geschlössem werden „Auf dem grösstem Genius desTyörigen
Jahrhuiiderís beruht alle moderne Kritik*)..'.. Secundüs casus est, quándo 'heiius,
terminus $umitur cum signo, universali, .... bene enim sequitur „0mnis *: est omne
risibile, Socrates, est, amie risibile, ergo Socrates est homó“ (we§entlich éhenso)......'
ln duobus praediclis casibüs, non, solum contingit arguere eae universalibus, affirma-,
tivis, sed eliani eæ omnibus affirmalivis particularibus. Ein Werdienst, Occamìs ist,
jedenfalls ágr Hinweis, aut die singularem Urtheile (vgl. Aùm, 970); nur müsste eine
Logik, welche, higtaiif. näher, eiúginge, auch, die Umkehrbarkeit dieser, sowie der.
particularem, Urtheile, prâciser ins. Auge fassem." ' ', .'., . .' '., , ' ' ' .
976) C., 14, f. 40 r. A: Sicut in prima figura aliqui modi concludunt indirectè,
ita etiam in tertia figura;, nam quilibet niodus àffirmativus concludit duas conc usiotiés,
sc. unam directam, et suam conversaiii;. modi autem negativi concludunt, tantum unam.
977) C. 15, f. 40 r. B, wosélbst , utiter meliréren Beispielem folgende, vor
kgitimet;, ;;0mnis $inus est hominis, giuis asinus est animal; ergo aliquod,animal
est hominis“....., „Qniiis asinus est, ánimal, 0mnis asinus'est fioiiinis, £rgo ';;;;;
est animu]*.,..., Nullus asinus est Socraiis, 0mnis asiiùs est Platóhis,"ergo Plaiò'
fu0m est Socrates“, u. , §• W. g.,,!,,,, ,;.,,;,,,..,, , i. • ' • 'v. -
. 978), C, 16, f. 40y, A; Syllogismus, e£ìosiigrius, est, quando arguitur eæ dua
bus singularibus in, tertia figura, quarum singulariuni äîï supponit pr9 aliquo,
uno numero,, quod non esi plures, res,,..,,.. hoc addito, quod minòr sit âffirmativa,
quid, si mingr sit negaliva, non £;/#, ...,. Unde omnes tales $yllogismi
$unt,hofti,Socrates, non est aggregatum per accidens, Socrates est homo albus, ergo
homp albus'fiop est aggregaturi per aggidens., (An eiiier änderea Stelle, II, 27, f. 34
r, A, polemisirt, 0gcìiii gegenjene Theologefi,yèlche dem syiiogismiis expositorius
íìberhaupt, al§, salchem.yeraeinem, indem, sie in.ihin stets irgehd'eiii 'Sophisthâ, er-,
blicken: Syllogismus eaepositorius est eae se evidens nec indiget, ulteriori probatione,
XIX. 0ccam (Argumentation). 401
entsprechend seinem Verfahren bei der Lehre vom Urtheile (s. Anm. 912
u. 943), denjenigen kategorischen Syllogismem eine besondere Erörterung,
in welchen Urtheile vorkommen, derem Verbum im Präteritum oder im
Futurum steht, und er zeigt durch die drei Figurem hindurch, in welcher
Weise und mit welcherlei Supposition derartige Schlüsse möglieh seien*'**').
In peinlichster Ausführlichkeit aber bespricht er die modalem Syllo
gismen, indem er auch hier sich bei der schlichten und doch umfassenden
Auseinandersetzung des Aristoteles (Abschn. IV, Anm. 558—578) nicht
begnügen zu können glaubt, sondern diese ganze Lehre durch seine be
liebte Unterscheidung zwischen sensus compositus und sensus divisus
(s. ob. Anm. 914 u. 949 fl.) umformem will. Wenn wir auch im Ver
gleiche mit den übrigen Autoren des Mittelalters, welche aus der ihnen
wohlbekannten Analytik des Aristoteles diese ganze schwierige Gruppe
hinwegliessen oder in oberflächlicher Kürze abmachten, bei 0ccam den
hingebenden Fleiss und die Verschwendumg eines einseitigen Scharfsinnes
anerkennen müssen, so hat derselbe dennoch gerade durch jenen byzan
tinischen Formalismus das Ganze derartig ertödtet, dass für eine be
sonmene Wissenschaftslehre oder Logik hieraus keinerlei Frucht erwachsen
kann, während die philosophische Basis, welche bei Aristoteles diesem
Formen-Getriebe im Begriffe der Möglichkeit einwohnt, vielleicht noch
heutzutage einer Wiedererweckung und Ausbeutung werth wäre (und
zwar in anderer Weise, als die ,,inductive Logik* thut, wenn sie diese
Fragen berührt oder streift). 0ccam verfährt bei seiner unfruchtbaren
Casuistik in Trennung des sensus compositus und des sensus divisus
und nöthigenfalls in Beiziehung der Suppositionsfähigkeit der ampliativen
Worte (vgl. Anm. 950 u. 952) derartig, dass er nicht die drei Schluss
figuren zum obersten Eintheilungsgrund macht, sondern sich nach den
Artem und Unterartem der modalem Schlüsse richtet und jede einzelne
derselben nach der Reihe der drei Figuren erörtert. So behandelt er
(— die Einzeln-Darstellung dieser ganzen Lehre darf ich wohl füglich in
dem Raum der Anmerkungen verlegen , da ich ausserdem im Texte nur
das Nemliche in deutscher Uebersetzung wiederholen müsste —) zuerst
et ideo multum errant, qui negant talem syllogismum in quacunque materia, nisi
possent ibi ostendere fallaciam; ..... et quia syllogismi eaepositorii , qui sunt eæ se
evidentes, frequenter negantur a modernis theologis, ideo contra tales non est dispu
tandum, cum negant per se nota.)
979) C. 17, f. 40 v. A: Videndum est, quomodo syllogizandum est eae propositio
nibus de praeterito et futuro ...... (In der ersten Figur) Quando medius terminus
est terminus communis, si subiectum maioris supponit pro his, quae sunt, minor debet
esse de praesenti ...... sic arguendo „0mne album fuit Socrates, Plato est albus,
ergo Plato fuit Socrates“...... Circa propositiones de futuro si subiectum maioris
accipilur pro his, quae erunt, minor debet esse de futuro; si accipitur pro his, quae
sunt, minor debet esse de praesenti...... C. 18, f. 40 v. B: Eae ambabus praemissis
de praeterito in secunda figura sequitur conclusio de praesenti, quando .... utriusque
subiectum supponit pro his, quae sunt, ..... sicut „Nullum album fuit homo, 0mne
nigrum fuit homo, ergo nullum nigrum est album“...... C. 19, f. 41 r. A: In tertia
figura , si subiectum utriusque praecise accipitur uniformiter, semper sequitur con
clusio de praeterito, subiect0 conclusionis accepto pro e0, quod fuit ...... Si autem
maior sit de praeterito et minor de praesenti, si subieclum maioris supponit pro his,
quae sunt, sequitur conclusio de praeterito, subiecto conclusionis sumpto pro his,
quae sunt.
PRAntl, Gesch. III. 26
402 XlX. 0ccam (Argumehtation).
jeme Syllogismen, welche aus zwei gleichartigem modalen Urtheilen gehildet
werdem, d. h. entweder aus zwei Nothwendigkeits-Urtheilen°°") oder aus zwei
Möglichkeits-Urtheilen '*') oder zwei Zufälligkeits-(contingit)Urtheilem 9s*)
980) C. 20, f. 41 r. B: Quando dictum propositionis ponitur cum modo , illa
pr0p0sitio est dislinguenda secundum compositionem vel divisionem vel secundum am
phibologiam...... Circa primam figuram est sciendum, quod, quando praemissae de
necessario sunt acceptae in sensu composito, ..., semper est bonus syllogismus inferens
consimilem conclusionem quantum ad sensum compositum ...... Sed quando omnes
pr0p0sitiones sumunlur in sensu diviso, tunc semper sequitur conclusio directa; .....
sed illi quinque modi primae figurae concludentes indirecte non concludunt in uniformi
conclusione de necessitate, praemissis sumptis in sensu diviso...... Si autem, maior
sumatur in sensu composito et minor in sensu diviso ,, sequitur conclusio in sensu
diviso ...... Si autem maior sumatur in sensu diviso et minor in sensu composito,
sequitur conclusio in sensu diviso et in sensu composito...... C. 21, f. 41 v. A:
Quando omnes propositiones de necessario in secunda figura sumuntur in sensu com
posito,..... semper sequitur conclusio, de necessario sumpta in sensu composito .....
Si autem omnes praemissae sumanlur in sensu diviso, non semper valet, syllogismus.
..... Si autem maior sumatur in sensu, composito et minor in sensu divis0, valet
discursus respectu conclusionis sumptae in sensu diviso ...... Si autem maior sumatur
in sensu diviso et minor in sensu composito, non sequitur conclusio in sensu com
posito..... C. 22, f. 41 v. B: In tertia figura, quando omnes praemissae sumuntur
in sensu c0mp0sito, tenel syllogismus sicut in, suis de inesse...... Si , autem , omnes
sumantur in sensu diviso, omnis discursus valet et syllogismus, quia illa de ne
cessario..... semper convertitur in illam de inesse ... .. Si autem maior sumatur in
sensu composito et minor in sensu diviso, non sequitur conclusio in sensu diviso nec
in sensu composito..... Si autem maior sumatur in sensu diviso et minor in sensu
c0mp0sito, semper sequitur conclusio in sensu divis0. - - -
981) C. 23, f. 42 r. A : Dicendum est de uniformi generatione, syllogismorum de
possibili, et accipio hic possibile pro possibili, quod est commune omni pr0p0sitioni,
quae non est impossibilis (vgl. Anm. 950)..... In omni figura, si accipiantur omnes
propositiones de possibili in sensu composito, .... non valet syllogismus, quia .... non
sequitur ,,0mne coloratum esse album, est possibile, 0mne nigrum esse c0l0ratum,
est possibile, Ergo omne nigrum esse album, est possibile“..... Sed si illa, de possi
bili sumatur in sensu diviso, ..... tunc est illa propositio distinguenda penes modum
aequivocationis (vgl. Abschn. XVII, Anm. 225 ff.), ..... quod, si subiectum maioris
accipitur pro his,' quae possunt esse, qualitercunque sumatur subiectum minoris,
semper est syllogismus uniformis bonus;....... si , autem subiectum maioris supponit
pro his, quae sunt, tunc talis syllogismus uniformis non valet..... . Si autem maior
sit de possibili in sensu composito et minor de possibili in sensu diviso, nulla se
quitur conclusio ...... Si autem maior accipitur in sensu diviso et minor in sensu
composito, non sequitur conclusio ...... C. 24, f. 42 r. B: In secunda figura, si sub
iecta utriusque supponant praecise pro his, quae sunt, syllogismus non valet ..... Si
autem subiectum utriusque accipitur pro his, quae possunt esse, sic non tenet syllo
gismus, ..... quia negativa de possibili non convertitur in negativam de possibili.....
C. 25, f. 42 v. A: In tertia figura, si utraque praemissarum sumatur in sensu diviso
et subiectum utriusque supponat pro his, quae sunt, sequitur conclusio , de possibili,
sumplo subiecto pro eo, quod potest esse ...... Similiter si subiectum utriusque sup
ponit pro his, quae possunt esse, sequitur conclusio de possibili, subiecto, sumpto pro
eo, qu0d potest esse ...... Si autem subiectum in maiore $umatur pro eo, qu0d est,
et in minore pro eo, quod p6test esse, et similiter e converso, tenet syllogismus.
..... Si autem maior sumatur in sensu diviso et subiectum supponat pro eo, quod
potest esse, et minor sit de possibili in sensu composito, -sequitur conclusio in sensu
diviso. ' ' ' ' i ' -i •*' ' ' ' \ , . , • i* * ,, \ ι ι ι , ι ) •
982) C. 26, f. 42 v. B: Circa uniformem generationem syllogismorum de contin
genti non necessario (vgl. Anm. 952) est primo sciendum, quod in nulla figura est
talis uniformis generatio conveniens, si omnes propositiones stimantur in sensu com
posito, ..... quia ea contingentibus potest sequi tam necessarium quam impossibile.
• • - - - - Sicut illa de possibili habet duplicem acceptionem, ita et illa de contingenti.
i i . 1 , • . * , , , ,., 'i
XIX. Occam. (Argumentation). 403
oder - aus , zwei . Unmöglichkeits - Urtheilen °°°) oder. aus zwei Ur
theilem, in , welchen anderweitige Ausdrücke der Modalität (z. B. sci
tum, opinabile und dergl., s. Anmerkung 895 und 954) vorkom
men ***). Danm aber folgt die lange Reihe der verschiedemen Combi
nationen, nemlich: eim Inhärenz - und ein Nothwendigkeits-Urtheil °°°),
,
Si subieclum maioris sumatur pro his, quae contingunt, uniformis est bonus respectu
conclusionis de contingenti, subiecto eodem m0d0 sumpto..... Si autem maior sumatur
in sensu composito et minor in sensu diviso, syllogismus non valet...... Similiter
si maior accipilur in sensu, diviso, et , minor in sensu comp0sito, non valet ......
C. 27, f. 43 r. A : In secunda figura uniformis generalio de contingenti non valet, et
hoc qualitercunque combinentur, propositiones, ...... quia universalis negativa de con
lingenli non est convertibilis in aliquum universalem...... C. 28, ebend.: ln tertia
figura, si ambae praemissae sumantur in sensu diviso et subiectum ulriusque supponat
pro his, quae sunl, sequitur conclusio de contingenti, subiecto sumpt0 pro eo, qu0d
conlingit,...... Similiter si sulriectum utriusque praemissae supponat pro his, quae
conlingunt, sequitur conclusio, de contingenti, subiecto sumpto pro his, quae conlin
gunt..... Similiter si subiectum in una supponat pro his, quae sunt, et in alia pro
his, quae contingunt, sequilur consimilis conclusio ...... Si maior accipitur in sensu
diviso et minor in sensu c0mp0sito, syllogi$mus non valet. Similiter si subiectum
propositionis acceptae in, sensu diviso supponat pro his, quae contingunt, non valet
syllogismus... -
, 983) C. 29, f. 43 v. A: De uniformibus propositionibus de impossibili .... est
sciendum, qu0d, si omnes propositiones sumantur in sensu composito, lalis discursus
non valet ...... Similiter si omnes propositiones , de impossibili sumantur in sensu
diviso, non valet talis discursus. -
984), C. 30, ebend.: Restal videre, quando ev aliis, modalibus contingit arguere.
..... Pr0 sensibus c0mp0sitis talium prop0sitionum est isla regula generalis, qu0d
quando aliquod tale nomen modale potesl verificari de praemissis absque hoc, quod
verificetur de conclusione, imo polest vere removeri a conclusione, uniformis eae talibus
in sensu composit0 non valet; .... quando autem de praemissis non potest verificari
talis, modus, nisi etiam verificetur de conclusione, uniformis eae talibus semper tenet,
sicut .... ,,0mnem hominem esse animal, est opinabile, Socratem esse hominem, est
opinabile, Ergo, Socratem esse animal, est, opinabile“...... Si autem tales praemissae
sumantur ambo in sensu diviso, in prima figura, semper est syllogismus regulalus.....
Si autem, maior lalis uniformis in prima figura sumatur. in sensu composito et minor
in sensu, diviso cum aliquo, modo, tenet respectu conclusionis in , sensu diviso ......
Sed, in secunda, figura pauci tales discursus valent, si omnes, praemissae sumantur in
sensu diviso..... In tertia figura, quando ambae praemissae sumuntur in sensu diviso
et modalis infert suam de inesse, semper sequitur conclusio in sensu diviso.
985) C. 31, f. 44 r. A: Dicendum est de syllogismo miacto eae propositione de
inesse et modali de necessario..... Ev maiori de necessario sumpta in sensu diviso
et min0re, de inesse semper sequitur conclusio de necessario in sensu diviso ..... .
Sed si conclusio sumatur, in sensu composito, discursus non valet...... (B) Si autem
maior in tali mixtione sumatur in sensu composito, non semper valet talis miaetio,
sed oportet, quod minor subsumpta sit de inesse simpliciter, quia. si minor est de
inesse ut, nunc, , non, valet miactio (die Unterscheidung zwischen inesse simpliciter
und. esse ut nunc fliesst aus der Lehre von Consequentia, s. Abschn. XVII, Anm.
618 f.)...... Si aulem, maior sumatur de inesse et minor de necessario in sensu
diviso vel aequivalenti ei, discursus, non valet..... Si autem minor sumatur in sensu
c0mp0sito, eliam non valet discursus;....... notandum est autem, qu0d si maior sit
de inesse simpliciter, talis miaetio valet..... Philosophus aliquando loquitur de illis
de mecessario in sensu diviso et aliquando in sensu composito (vgl. hingegen ob.
Anm. 949 und. bei Scotus Anm. 201)...... Sciendum est igitur, quod, si maior sit
de inesse simpliciter, mixtio tenet, sive minor sumatur in sensu diviso sive in sensu
composito ...... C. 32, f. 44 r. A: In secunda figura, si illa de necessario sumatur
in sensu composito, ad hoc quod miaetio, sit bona, requiritur, quod illa sit de inesse
simpliciter; si enim esset de inesse ut, nunc, qualiscunque fuerit de necessario, nom
26*
404 XIX. 0ccam (Argumentation).
ein Inhärenz - und ein Möglichkeits - Urtheil *°°), ein Inhärenz- und
eim Zufälligkeits-Urtheil ***), ein Inhärenz- und ein Unmöglichkeits
sequitur conclusio de necessario...... Quando negativa est de necessario et in affir
mativa accipitur sub medio aliquid inferius ad medium, .... semper discursus est
bonus ...... Sed si affirmativa sit de necessario in sensu composito et universalis
negativa de inesse, non sequitur conclusio de necessario.... In quarto modo secundae
figurae, sive propositio affirmativa sit de necessario sive negativa, non sequitur con
clusio de necessario..... C. 33, f. 45 r. A: Quando autem debet fieri miaetio in tertia
figura, .... si illa de necessario sumatur in sensu composito, miaclio non valet gene
raliter, sive maior fuerit de necessario sive minor..... Tamen si minor sit de inesse
simpliciter, tenet miaclio ..... Sed si illa de necessario sumalur in sensu diviso,
quando maior est de necessario et universalis, semper sequitur conclusio in sensu
diviso ..... Si autem maior sit particularis affirmativa, valet miaclio ..... Si autem
maior sit particularis negativa, discursus valet.
986) C. 34, f. 45 r. B: De miactione de inesse et de possibili ... in prima figura
... sciendum est, quod, si illa de possibili sumatur in sensu composito, sive maior
fuerit de possibili sive minor, non valet talis miactio universaliter..... Tamen si
minor sit de inesse simpliciter sive maior, valet miactio; similiter si in syllogism0
negativo sumatur aliquid inferius ad medium; .... sed in syllogismo affirmativo non
sufficit accipere inferius ..... Si autemh illa de possibili sumatur in sensu diviso,
aut maior est de possibili aut minor, aut subiectum stat pro his, quae sunt, vel pro
his, quae possunt esse; si primo m0d0 , semper est miaetio bona; ...... si autem
subiectum supponit pro his, quae possunt esse, adhuc miactio valet ......' Si aulem
minor sit de p0ssibili et maior de inesse, non valet miaclio ...... C. 35, ebend.: ln
sensu composito, sive fueril negativa sive affirmativa de p0ssibili, nulla sequitur con
elusio in secunda figura.... Si aulem illa de possibili in sensu diviso sumatur, non
valet talis miaetio..... C. 36, f. 45 v. A: Si autem in tertia figura illa de possibili
sumatur in sensu composito, sive fuerit affirmaliva sive negativa, non sequitur uni
versaliter aliqua conclusio de possibili...... Quando tamen utraque est affirmativa,
sequitur conclusi0 de p0ssibili sumpta in sensu diviso ..... Si autem maior sit de
inesse et minor de p0ssibili, si subiectum sumatur pro his, quae sunt, tunc valet
miaetio, si utraque fuerit universalis ..... Si autem minor de possibili fuerit particu
laris et subiectum sumatur pro his, quae possunt esse, non valet miactio.
987) C. 37, f. 45 v. A: Videndum est, quomodo valet miaetio eae de inesse et
contingenti non necessario, et primo in prima figura ..... Si illa de contingenti
sumatur in sensu composito, sive fuerit maior sive minor, non sequitur conclusio de
contingenti, ..... nec sequitur in sensu diviso ..... Quamvis maiore eæistente nega
tiva de possibili et sumpto in minore aliquo inferiori sub medio termino, sequitur
conclusio de possibili, non tamen illa regula est vera, si maior sit de conlingenti.
• - - - - - Si autem illa de contingenli sumatur in sensu diviso, si sit maior, aut sub
ieclum accipitur praecise pro his, quae sunt, aut pro eis, quae conlingunt: si primo
m0d0, est syllogismus regulatus;...... si autem subiectum maioris praecise supponit
pro his, quae contingunt, non valet miaclio; ..... si autem supponit tam pro his,
quae sunt, quam pro his, quae contingunt, sic est miztio bona .... Si autem minor
sit de contingenti, non sequitur universaliler conclusio ..... Tamen si maior sit de
inesse simpliciter, sequitur conclusio de contingenti, et hoc, si minor sit sumpla in
sensu composito vel diviso ; hoc tamen intelligendum est : si maior sit affirmaliva,
sequitur conclusio de contingenti; si autem maior sit negativa, sequitur conclusio
de possibili ...... C. 38, f. 45 v. B: Si illa de conlingenti fuerit negativa in secunda
figura et sumatur in sensu c0mp0sito, quamvis illa de inesse sit de inesse simplicu
ter, non sequitur conclusio de contingenti ..... Similiter si affirmativa fuerit de con
tingenti, non sequitur conclusio de contingenti in sensu composito ; similiter etiam,
quamvis affirmativa sit de inesse simpliciter ..... Si autem negativa fuerit de inesse
et affirmaliva de contingenli, non sequitur conclusio, de contingenti ..... Si aulem illa
de contingenti sumatur in sensu diviso, si negaliva fuerit de contingenli, non sequi
tur conclusio de contingenti ; ..... si autem affirmativa fuerit de contingenti, sequi
tur conclusio de possibili ..... C. 39, f. 46 r. A: Quando illa de contingenti in terlia
figura sumitur in sensu composito, non sequitur generaliler couclusio nec de contin
XIX. 0ccam (Argumentation). 405
Urtheil °°°), ein Inhärenz-Urtheil und ein Urtheil anderweitiger Moda
lität °°°), ein Nothwendigkeits- und ein Möglichkeits-Urtheil °°°), ein
genti nec de possibili in sensu composito ..... Tamen si utraque sit universalis affir
mativa et subiectum illius de contingenti supponit pro his, quae sunt in actu, et ac
cipitur in sensu diviso, sequitur conclusio de possibili in sensu diviso; ..... si autem
subiectum illius de contingenti sumatur pro his, quae contingunt, non sequitur con
clusio.
988) C. 40, ebend.: Videndum est, an eæ illa de inesse et de impossibili possit
fieri syllogismus miactus ..... Semper illa de impossibili aequivalet alicui proposi
tioni de necessario , et ideo eae praedictis circa miaetionem necessarii et de inesse
potest patere, quomodo potest argui eae propositione de inesse et de impossibili. Vgl.
Anm. 983.
989) C. 41, f. 46 r. B: Dicendum est de miactione propositionum de inesse et
de aliis propositionibus modalibus, ..... et primo in prima figura .... Quando ali
quis modus positivus accipitur, cuiusmodi sunt „scitum, notum, demonstrabile, per se
notum, verum“, raro vel nunquam, si maior sumatur in sensu composito et minor
de inesse, sequitur conclusio de tali modo in sensu composito, sive minor sit de in
esse simpliciter sive ut nunc ..... Videndum est, an talis modus possit competere
propositioni universali, et si competat, an cuilibet consequenti ad illam universalem,
vel non. Si non , nunquam talis discursus valet; huiusmodi autem sunt „scitum,
dubitatum, per se notum, creditum, opinatum, concessum“...... Si autem talis mo
dus non possit competere uni propositioni universali, nisi competat cuilibet conse
quenti, tunc tenet syllogismus ; talis autem modus est littera „verum“..... Si autem
talis modus sit negativus, ut littera „falsum“, tunc non valet talis miaetio. Sed si
illa de modo sumatur in sensu diviso, semper talis mictio valet respectu propositio
nis de consimili modo in sensu diviso ..... C. 42, f. 46 v. A: In secunda figura, si
talis de modo accipitur in sensu composito, raro vel nunquam valet syllogismus,
quando modus aliquid addit ultra istum modum „verum“, cuiusmodi sunt tales modi
,,scitum, demonstratum, per se notum“ ..... Si autem illa de modo accipitur in sensu
diviso, raro vel nunquam valet miaetio, sive affirmativa sive negativa fuerit de modo.
- - - • • Quamvis eae talibus propositionibus de modo sumptis in sensu diviso vel eis
aequivalentibus sit omnino idem modus arguendi in prima figura, sicut si omnes pro
positiones essent de inesse, non tamen sic arguendum est eae eis in secunda figura,
et ratio est, quia tales propositiones non convertuntur sicut illae de inesse ......
C. 43, f. 47 r. A: In tertia figura, si illa de modo sumatur in sensu composito, non
valet miaetio respectu conclusionis de modo consimili, addendo aliquid super hunc
modum „verum“ sumptum in sensu composito ..... Si autem illa de modo sumatur
in sensu diviso, si maior sit de inesse et minor de modo, non valet miactio;..... si
autem maior fuerit de modo et minor de inesse, si maior fuerit universalis, est miv
tio bona ; ..... similiter si maior fuerit particularis, valet miaetio ..... Ideo scien
dum est, quod in syllogismo eæpositorio (s. Anm. 978) semper, si maior sit de modo
et minor de inesse, valet miaetio; sed si maior fuerit de inesse et minor de modo,
non valet.
990) C.44, f. 47 r. B: De miaetione necessarii et possibilis in prima figura, quando
utraque sumitur in sensu composito, ...... si maior fuerit de necessario et minor de
possibili, sequitur conclusio de possibili in eodem sensu ; ..... et eodem modo, si
maior fuerit de possibili ..... Quando illa de necessario sumitur in sensu composito
et illa de possibili in sensu diviso, ..... si maior sit de necessario, sequitur con
clusio de possibili sumpta in sensu diviso; ..... similiter si illa de necessario sit
minor; ..... sed si subiectum maioris accipitur pro his, quae sunt, praecise, et sub
iectum conclusionis pro his, quae possunt esse, non valet talis miaetio ..... Quando
illa de necessario sumitur in sensu diviso et illa de possibili in sensu composito, ....
si maior sit de possibili, non sequitur conclusio de necessario nec de inesse, sed de
possibili sumpta in sensu composito ; ..... sed si maior sit de necessario, non valet
miaetio .....' Utraque praemissa sumpta in sensu diviso, ..... si maior fuerit de ne
cessario, non valet miactio ; ..... sed si maior fuerit de possibili, valet miactio .....
C. 45, f. 47 v. A: In secunda figura, si illa de necessario sumatur in sensu compo
sito, si negativa fuerit de necessario, sequitur conclusio de possibili ...... Similiter
406 XIX. 0ceam (Argumentatión).
Nothwendigkeits- und ein Zufälligkeits-Urtheil *'°'), ein Nothwendigkeits
und ein Unmöglichkeits-Urtheil "*'*), ein Nothwendigkeits- und) ein Urtheil
si utraque sumatur in sensu composito ..... Similiter si affirmativa fuerit de neces
sario ..... Similiter si illa de possibili sumatur in sensu composito ..... . ' Quando
illa de necessario sumitur in sensu diviso et illa de possibili in sensu composito, et
tunc sequitur conclusio de possibili ..... Similiter si utraque sumatur in sensu com
posit0 ...... C. 46, ebend.: In tertia figura, si illa de necessario sumatur in sensu
Κomposito et illa de possibili similiter, sequitur conclusio de possibili ...... Si
autem utraque sumatur in sensu diviso, si maior fuerit de necessario , non sequitur
conclusio de possibili, nisi subiectum conclusionis sumatur pro eo, quod potest esse;
..... si autem maior fuerit de póssibili, semper sequitur 'conclúsio: de possibili,
sumpto subiecto conclusionis pro eo, quod est ..... Si illa de necessario sumatur'in
sensu composito et sit minor, sequitùr conclusio de possibili;'..'... si ' autem illa de
necessario sit maior, sequitur conclusio de possibili in sensu diviso, subiecto sumpto
pro eo, quod potest esse. Si autem illa de possibili sumatur in sensu diviso et illa
de necessario in sensu' composito, si illa de' necessario fuerit maior, sequitur conclu
sio de possibili, subiecto sumpto pro eo, quod potest esse ; si autem illa de necessa
rio fuerit minor, sequitur conclusio de possibili. * . . . · · · · · -
- - - \ ,.", \ . • • • • • ***, • ,• , •
991) C. 47, f. 47 V. A: De miactione, necessarii , et „contingentis,..... in, prima
figura, ..... si utraque sumatur in sensu composito, ....., si maior fuerit de neces
sario , affirmativa et minor. de contingenti, , non sequitur, conclusio, de contingenti; ....
similiter, si maior fuerit, negativa de necessario; ..... sed, si in minore sumatur sub
iectum inferius ad subiectum maioris, semper sequitur conclusio ..... Si autem maior
fuerit de c0ntingenti, non sequitur ....., Quando , illa de, necessario sumitur in sensu
composito et illa de conlingenti in sensu diviso, ,..,.., si illa, de necessario, sit maior,
in syllogism0 , affirmativo, non sequitur conclusio, de contingenti; ...... si, maior fuerit
de contingenti, si subieclum maioris sumatur praecise , pro his, quae sunt, ..... valet
miælio;...... si sumatur, praecise pro his, quae, contingunt, non valet..... .Quando
illa de contingenti sumitur, in sensu composito , et, illa de necessario, in ,sensu diviso,
..... si illa de necessario fuerit maior,, non sequitur ; .... , si maior fuerit de c0n
tingenti, non valet miactio ..... Quando ulraque, sumitur , in sensu diviso,..... si
naior fuerit de necessario, non valet; ..... si, maior fuerit de, contingenti , semper
sequitur conclusio de contingenti..... C. 48, f., 48 r. A : In secunda figura, si ulra
que sumatur in sensu composito, non valet miaetio...... Quando illa de necessitate
sumitur in sensu composito, et illa de contingenli in sensu diviso, semper talis mixtio
n0n valet ..... - Quando illa de conlingenti sumitur, in, sensu composito et illa de ne
cessario in sensu diviso, ..... talis miatio non valet..... Quando utraque sumitur
in sensu divis0, .... si, negativa fuerit de necessario, , n0n sequitur conclusio;.....
si affirmativa fuerit de necessario, sequitur conclusio, de inesse, et de possibili, non
autem de contingenti ...... C. 49, ebend,: In tertia figura, quando, utraque sumitur
in sensu composito, ...... , semper sequitur conclusio de possibili, „sed non de c0n
tingenti ..... Quando illa de necessario sumitur in sensu composito et illa de, con
tingenli in sensu, diviso, ..... si illa, de necessario fuerit maior; si subiectum mino
ris supponat pro e0, quod est, non sequitur conclusio, de contingenti, sed de p0ssibili;
....., si sumatdr pro e0, qu0d conlingit, non sequitur; .... , si autem, maior fuerit
de contingenti, si subiectum maioris, supponat pro eo, quod est, sequitur conclusio
de contingenti; ..... si, pr0 e0, qu0d c0nlingit, non, sequitur ..... Quando illa de
contingenli sumitur in sensu c0mp0sito et illa de necessario in sensu diviso, ......
valet respectu eonclusionis , de p0ssibili...... Quando, utraque sumitur, in sensu di
vis0, ..... si maior fuerit de necessario, non sequitur, conclusio, de contingenti;....
si maior fuerit de c0ntingenti et subiectum maioris sumatur, pro e0, quod, est, se
quitur; ..... si autem , pro his , quae contingunt, non, sequitur conclusio de con
tingenti. ,\ - - - - , w • • ' • ■ , ' • , • • • ** w
w 992) C. 50, f. 48 r. A: Quod, sicut dictum est prius (vgl. Anmi. 983 u. 988),
quaelibet propositio de 'impossibili aequivalet alicui propositioni de' neeessario , video
ad sciendum, quando miaetio necessarii et impossibilis, valeat et quando noi,' opórtet
scire aequivalentiam propositionis de impossibili, et propositionis de necessario.
XIX, 0ccam (Argumentation). 407
anderweitiger Modalität °"°), ein Möglichkeits- und ein Zufälligkeits
Urtheil *'*'*), eim Möglichkeits- und ein Unmöglichkeits-Urtheil °°°), ein
Möglichkeits- und ein Urtheil anderweitiger Modalität'""), ein Zufälligkeits.
993) C. 51, f. 48 r. B: De miaetione prop0sitionum de necessario et de aliis
modis ab istis quatuor ...., in prima figura, quando ambae praemissae sumuntur in
sensu diviso (zu lesen composito), raro vel nunquam valet miaetio respectu conclusio
mis de alio modo, quam de necessario ..... Tamen, quando unus modus est inferior
ad necessarium , tunc semper sequitur conclusio de mecessario .. .. Quando aliquis
tnodus non potest competere antecedenti, nisi competat consequenti, tunc in tali miae
tione sequitur conclusio de tali m0d0 ; huiusm0di aulem sunt ,,c0gn0scibile, credibile,
apprehensibile“ ..... Si autem ulraque, sumatur in sensu diviso, semper valet syllo
gismus, quando illa de m0d0 infert suam de inesse, sicut in illis de inesse, respectu
conclusionis eiusdem modi, de qu0 est maior; ..... si autem illa de modo non in
ferat suam de inesse, tunc non valet miactio..... C. 52, ebend.: In secunda figura,
quando utraque propositio sumitur in sensu composito, raro vel nunquam valet , miv
tio, nisi modus sit inferior ad necessarium ..... Similiter si illa de necessario suma
tur in sensu diviso, non valet miaetio ...... Similiter 'si utraque sumatur in sensu
diviso ..... C. 53, ebend. : In tertia, figura, si utraque sumatur in sensu composito,
raro, vel nunquam valet talis, mivtio ..... Si aulem illa de necessario sumatur in
sensu diviso, n0n valet ..... Si , autem utraque sumalur in sensu diviso, si maior
sit de necessario et minor de alio, semper sequitur conclusio de necessario; ..... si
autem, maior fuerit de alio et minor, de necessario, sequitur conclusio de eodem modo,
de qu0 est maior.
,, 994) C. 54, f. 48 v. A:, De mixtione de possibili et contingenti •,.... in prima
figura, ..... si utraque sumatur in sensu c0mp0sito, nulla sequitur conclusi0, .....
nec etiam valel, si, altera sumatur in sensu c0mp0sito et altera in sensu diviso.....
Quando utraque, sumitur in sensu diviso, ..... si maior sit de possibili et minor de
contingenli, si subiectum maioris supp0nit pro his, quae possunt esse, et subiectum
minoris supponit tam pro, his, quae sunt, quam pro his, quae contingunt, sequitur
conclusio de, possibili; ...... si autem subieclum maioris supponat pro his, quae
sunt, praecise, non valet miaetio ..... Si maior sit de contingenti et minor de possi
bili, si subiectum maioris supponat lam pro his, quae sunt, quam pro his, quae
contingunt, valet syllogismus respeclu conclusionis de contingenti; si autem supponat
pro his, quae sunt, non valet ...... C. 55, ebend. : In secunda figura, si utraque
sumatur , in sensu comp0sit0, n0m valet miactio, ...... nec valet, si altera praemissa
rum , vel utraque sumatur in sensu diviso ...., C. 56, ebend. : In tertia figura , si
utraque pr0p0silionum sumatur in sensu, c0mp0sito, non valet miactio, ...... nec va
let , si altera sumatur in sensu composito et, altera in sensu diviso ..... Si aulem
utraque sumatur in sensu diviso, si subiectum illius de p0ssibili supponat pro his,
quae possunt esse, et sit maior, sequitur conclusio de possibili.
.995) C. 57, f. 48 v. B: De miaclione p0ssibilis et impossibilis ..... potest pa
tere eae , illis, quae dicta sunt circa miactionem necessarii et p0ssibilis. Vgl. Anm.
988 u. 992. -
996) C. 58, ebend.: De miactione propositionis de possibili et aliorum modo
rum, ..... in prima figura ..... talis miacti0 n0n valet, si ambae praemissae suman
tur in sensu c0mp0sit0 ..... Tamen quandocunque aliquis modus sumptus est inferior
ad necessarium, cuiusmodi sunt „demonstrabile, per se nolum“, semper ea, tali maiore
de m0d0 et minore de p0ssibili sequitur conclusio de p0ssibili, et si maior fuerit de
possibili ..... , Proportionabiliter dicendum est de illa miactione, quando altera sumi
tur in sensu diviso et altera in sensu composito. Si autem utraque sumatur in sensu
composito (zu lesen diviso), et, maior fuerit de possibili et minor de alio modo, qui
infert unam de inesse, ..... sequitur conclusio de possibili; ..... si autem illa de
possibili fuerit minor, raro vel nunquam valet miaclio ...... C. 59, ebend.: Si utra
que illarum propositionum sumatur in sensu composito , non valet miaetio, si ille
modus , non, sit inferior ad necessarium, in secunda figura ..... Similiter si altera
sumatur in sensu c0mp0sit0 et altera in, sensu divis0, si illa de m0d0 non inferat
illam de necessario, non valet mixtio; si, inferat eam, valet respectu conclusionis de
possibili. Si autem ulraque sumatur in sensu diviso et illa de modo non inferat
40S XIX. 0ccam (Argumentation).
und ein Urtheil anderweitiger Modalität °°7). Obwohl aber 0ccam mit
diesem letzteren die modalen Syllogismen ausdrücklieh abschliesst 9°°),
fand der Herausgeber noch eine Bemerkung über die Combinationen
der anderweitigen Modalitäten für nöthig 999).
Sodamm aber fügt 0ccam noch die exponiblen Schlüsse hinzu, und
er ist in der Geschichte der Logik, soweit uns bis jetzt die Quellen zu
gänglich sind, der Erste, welcher die Exponibilia in solcher Weise mit
dem categorischen Syllogismus verbindet. Nach einer allgemeinen maass
gebenden Bemerkung!""") führt er zuerst das Reduplicativ-Urtheil durch
die drei Figuren bezüglich der Schlussfähigkeit hindurch und zeigt, dass
in der ersten Figur bei reduplicativem Obersatze, dessen Reduplicativ.
illam de necessario, non valet ...... C. 60, ebend. : In tertia figura , si utraque
sumatur in sensu composito, si illa de modo non inferat illam de necessario, non
'valet miactio; ...... sed si inferat, miactio est bona ..... Si autem illa de possibili
sumatur in sensu composito et altera in sensu diviso, si illa de possibili fuerit maior,
non sequitur conclusio de possibili, si illa de modo non inferat necessariam; ......
similiter non valet, si minor fuerit de possibili ..... Si autem illa de possibili suma
tur in sensu diviso et illa de alio modo in sensu composito, si illa de possibili fue
rit maior , non sequitur eonclusio, ..... sed si illâ de possibili fuerit minor ......
Si autem utraque sumatur in sensu diviso, valet miaetio respectu conclusionis de
possibili.
997) C. 61, f. 49 r. A: De miaetione contingentis et aliarum modalium ..... in
prima figura, ..... si utraque sumatur in sensu composito, si illa de modo non in
ferat illam de necessario, miactio non valet ; ..... si autem inferat, miaetio est bona.
- - - - - ' Si autem illa de contingenti sumatur in sensu composito et alia in sensu di
viso, si illa de contingenti fuerit maior, non valet miactio ; ..... si autem illa de
modo inferat illam de necessario, miaetio est bona; similiter dicendum est, si illa de
contingenti sit minor. Si autem illa de contingenti sumatur in sensu diviso, si sit
maior, semper sequitur conclusio de possibili , quando minor infert suam de inesse.
..... Si autem utraque sumatur in sensu diviso, si maior fuerit de conlingenti, se
quitur conclusio de p0ssibili , quando minor infert suam de inesse; ..... si autem
illa de contingenti fuerit minor, non valet ..... C. 62, ebend.: In secunda figura,
si utraque sumatur in sensu composito, non valet miaetio, ..... nisi illa de alio modo
inferat illam de necessario; ..... si autem inferat, miactio est bona ..... Si aulem
illa de contingenti sumatur in sensu composito et illa de alio modo in sensu diviso,
si illa de contingenti fuerit negativa, non valet miaetio; ..... similiter si affirmaliva
fuerit de contingenti ..... Si autem illa de contingenti sumatur in sensu diviso et alia
in sensu composito, non malet miaetio, ..... et si utraque sumatur in sensu diviso,
etiam miaetio non valet ..... C. 63, ebend.: In tertia „figura, si utraque sumatur in
sensu composito, non valet miaetio, ..... nisi illa de alio modo inferat illam de ne
cessario ..... Consimiliter est dicendum, quando illa de contingenti sumitur in sensu
composito et alia in sensu diviso. Si autem illa de contingenti sumatur in sensu
diviso et subiectum supponat pro his, quae sunt, et fuerit universalis, et alia de
modo inferat suam de inesse, sequitur conclusio de conlingenli.
998) C. 63, ebend.: Et ista de miactionibus ad praesens sufficiant, quamvis
multa causa brevitatis sunt omissa (jedenfalls seit Anm. 980 eine hübsche brevitas).
999) C. 64, f. 49 r. B: Si autem miaetio fiat eae propositionibus modalibus alio
rum modorum, aut utraque propositio sumitur in sensu composito ..... aut sub alio
et alio sensu. Si primo modo, raro vel nunquam valet miaetio; ..... si autem prae
missae sumantur in alio sensu, tunc, si minor inferat suam de inesse, semper con
clusio sequitur de eodem modo, de quo est maior.
1000) C. 65, ebend.: Videndum est, quomodo syllogismus fit eae propositionibus
plures evponentes habentibus ...... Utendum est ista^ regula generaliter: Quandocun
que quaelibet eaeponens conclusionis vel ipsa conclusio sequitur et aliquibus eaepo
nentibus praemissarum vel eae una eaeponente unius praemissae et alia praemissa,
semper est bonus syllogismus et aliter non. * , -
XIX. 0ccam (Argumentation). 409
Partikel nicht mit einer Negation verbunden ist, stets eim reduplicativer
Schlusssatz erreicht wird, mag der Untersatz reduplicativ sein oder nicht;
dass hingegen in der zweiten Figur beide Prämissen Reduplicativ-Sätze
sein müssem, um einen reduplicativen Schlusssatz zu gewinnem, und dass
in der dritten Figur nur der Obersatz reduplicativ sein darf 1""'). Dann
folgen die Exclusiv-Urtheile, welche 'nur in der ersten Figur bei paar
weiser Combination einen, exclusiven Schlusssatz geben, hingegen weder
in der zweiten noch in der dritten 1""°). Was endlich die Exceptiv
Urtheile betrifft, so gilt ein exceptiver Schlusssatz nur dann als zulässig,
wenn in der ersten Figur der Untersatz allein exceptiv ist, während in
den beiden anderen Figurem überhaupt ein Exceptiv-Schluss nicht möglich
ist '""*). — Wenn aber danm trotz einer deutlichen Bezeichnung des
Abschlusses der Syllogistik'""*) doch noch ein paar nichtssagende Zeilen
über die hypothetischen Schlüsse folgen 1""°), so fällt diess natürlich
gleichfalls auf Rechnung des Herausgebers.
Ueber die zweite Unterabtheilung des dritten Haupttheiles darf ich
mich sehr kurz fassen, denn 0ccam entwickelt dort 1'"°) nur den Inhalt
der zweiten Analytik des : Aristoteles in getreuer und verständiger Para
phrase, so dass auch die seit den Arabern und Albertus Magnus beson
ders hervortretenden Fragen über per se 1007), über causa 1008), über
passiones und dignitates '""°), über demonstratio quia und demon
1001) Ebend.: Ex isto patet, quod semper in prima figura eae maiore redupli
cativa et minore reduplicativa vel non reduplicativa sequitur conclusio reduplicativa,
sicut sequitur „0mnis homo, inquantum rationalis, est susceplivus disciplinae ; Animal
est homo, inquantum rationale; Ergo animal, inquantum rationale, est susceptivum
disciplinae“..... Quae aulem dicta sunt, intelligenda sunt, quando reduplicatio su
mitur proprie et manet non negata ; si enim reduplicatio fuerit negata in maiore et
affirmata in conclusione, non valet discursus..... In secunda figura , quaecunque
praemissa sumatur cum reduplicatione et alia sine, non sequitur conclusio redupli
cativa; ..... sequitur tamen conclusio, in qua negatur reduplicatio; ..... si autem
omnes praemissae sint reduplicativae, ita quod in utraque reduplicatio cadens super
idem sit affirmativa, sequitur conclusio reduplicativa. In tertia autem figura, si maior
universulis fuerit reduplicativa et alia non, sequitur conclusio reduplicativa ; .... sed
si minor fuerit reduplicativa, non sequitur.
1002) C. 66, f. 49 v. A: Circa eaeclusivas sciendum est, quod in prima figura
eae omnibus eacclusivis contingit inferre eacclusivam; ..... sed eae maiore universali et
minore exclusiva sequitur conclusio particularis, sed non erclusiva. In secunda figura
eæ omnibus ezclusivis non sequitur eaeclusiva ..... In tertia figura eac omnibus eae
clusivus non sequitur eaeclusiva.
1003) C. 67, ebend.: Circa eacceptivas est sciendum, quod eæ omnibus eæceptivis
in prima figura non sequitur conclusio ezceptiva...... Similiter eae maiore eacceptiva
et minore non eæceptiva sive de inesse non sequitur generuliter conclusio..... Simi
liter in secunda, figura et tertia non valet.
1004) Ebend.: Et ista de syllogismis ad praesens sufficiant.
1005) C. 68, ebend.: Dicto de syllogismis categoricis dicendum est de syllo
gismis hypothelicis u. s. f. (es folgt aber nur die Angabe des sog. modus ponens
und modus tollens beim conditionalen Urtheile). Dass die hypothetischen Syllo
gismen ihre Erledigung erst bei der Lehre von Consequentia finden sollen, sahen
wir schon oben Amm. 956.
1006) III, 2, C. 1—41, f. 49 v. B — 56 v. B.
1007) C. 7, f. 50 v. A; vgl. Abschn., XVII, Anm. 473.
1008) C. 15, f. 51 v. B.
1009) C. 12, f. 51 r. B, m. C. 35 ff., f. 55 f.; vgl. ebend. Anm. 475.
410 XIX. 0ceam (Argumentation).
stratio propter quid '"'"), sowie über die Demonstrirbarkeit der, Defini
tionem '"'') hier nichts Bemerkenswerthes darbietem. Nur, ist hervor
zuhebem, dass 0ccam bezüglich der Definition selbst, welehe er schon
oben bei der Lehre vom Begriffe , erörtert hatte. (s. Anm. 842 ff.), nun
das dort Gesagte theils modificirt theils erweitert. Nemlich hier unter
scheidet :er : nicht bloss die sachliche Definition (quid rei), welche für
Wort-Disputationen gleichgültig sei, von der sprachlichen (quid nominis),
welche bei, connotativen Begriffen (s. Anm. 917 ff.) ihre passende Wer
wendung finde, sondern er zerlegt auch die erstere in diejenige, welche
ausser, dem innerstem , Wesen ihres Gegenstandes keinen weiterem, Zusatz
enthält, und in jeme, welche : mittelst eines äusserlichen Zusatzes (per
additamentum) ausgesprochen wird 104*); bei ersterer gibt er die be
kannte Regel, dass Gattungsbegriff : und artmachender Unterschied, die
wesentlichen, Bestandtheile bilden {''*), bei letzterer weist er auf, die
Verschiedenheit der Denkauffassumg des ursprünglichem! Begriffes und
jenes Zusatzes , hin 4"'*). Die Definition aber der connotativen Begriffe
unterscheidet, er abermals , je, machdem derselben wirkliche i Dinge ent
sprechen oder- micht, und, im- ersteren Falle sei streng genommen über
haupti nur eine sprachliche, Definition möglich, welehe zuweilen von
Einigen als formalis bezeichmet werde, während eine sachliche, Definition
derselben, welehe, mam danm materialis nenne, nur als eine uneigentliche
1010) C. 19 f., f. 52 r. B; vgl. ebend. Anm. 477.
1011) C. 30 f., f. 54 v. A u. B. •v* , • , .', u' ',' ' , • i 1 i
1012) C. 28, f. 54 r. A: Diffinitionum quaedam est diffinitio ezprimens , quid
nominis, et quaedam est diffinitio quid rei. Diffinitio eaeprimens quid rei ..... non
est necessaria disputanti scienli significatum vocabuli, ..... quia, talis diffinilio non
tantum eaeprimit, quid nomen significat, sed eæprimit etiam, a quid res est. Talis
autem diffinitio duplex, est; quaedam enim talis est, quae nihil, importat ea trinsecum
rei alio m0d0, quam importat\ rem; et, talis diffinilio vocatur diffinitio propriissima
dicta, quae n0n p0test esse nisi substantiarum ..... Alia est diffinilio importans quid
rei, quae simul cum hoc, quod importat rem, importat vel eaeprimit , aliquid aliud,
quod n0n est de essentia rei, sicut est diffinitio animae, quae est ista ,,Anima est
actus corporis physici organici“ (Arist. de an. II, 1, p. 412 a 27), quae importat
animam et corpus, quod non est pars animae; ...... et isla vocatur diffinitio per
additamentum, et tales diffinitiones importanles quid rei converluntur cum nominibus
mere absolulis affirmativis. • Aliae sunt diffinitiones importantes quid: nominis, i quae
non sunt nisi orationes eaeprimentes, , quid nomina significant; et tales diffinitiones
propriissime sunt nominum negalivorum, et connotativorum et respectivorum.
, 1013) C. 29, f. 54 r.) B: Diffinitio eæprimens quid rei, non data , per addita
mentum, semper continet pro prima parte aliquod genus diffiniti et pro alia parte vel
aliis , partibus , continet ' differenliam , vel differenlias essentiales , vel , aliquos , obliquos
significantes per se et primo^ partes rei. • • a s ,
w , 1014) C. 32, f. 55 r. A: Diffinitio data per additamentum non solum eæplicat
essentiam rei, sed etiam simul cum hoc eæplicat aliquid aliud a re , et hoc vel ne
gative vel affirmative ; et ideo talis diffinitio non solum componitur ea, aliquo prae
dicabili per , se , ...... sed etiam componitur eae aliquibus praedicabilibus, .....i quae
sunt passiones diffinili, , Et ideò ad sciendum, quomodo diffinitio talis , scilur de dif
finito, videndum est, quomodo diversae partes diversimode sciuntur, de eodem ......
V. gr. sii-liáec sit diffinitio, albedinis- „color disgregalivus visus“ (Arist. Top. III, 5,
p. 119 a 29), prima particula, quae est genus albedinis, nullo modo, potest, demon
strari de albedine, sed tantum potest fieri, evidenter: nota per notitiam , intuitivam et
non per syllogismum (s. ob. ' Amm.; 748 f.), secunda autem particula potest fieri nota
per eæperientium, si enim nullus eæperiatur, albedinem disgregare viswm , nullus sci
ret, an albedo i esset, disgregativa visus. . .T : - s () !'
XIX. 0ecam (Argumentatiom). 411
betrachtet, werden dürfe ; im letzteren., Falle, d. h. bei erdichteten , Be
gpiffen, könne natürlich ohnediess , von einer sachlichen Definition keine
Rede sein 101°). ,, ,,,,, , , , • - • * • i -
Die dritte Unterabtheilung, in welcher jene Argumentation besprochen
werden soll, derem Form, nicht eine streng syllogistische ist, beginnt so
fort mit der Lehre vom Consequentiae, welche 0ccain, wie wir sahem,
auch , schon in dem Bisherigen zuweilen berücksichtigt hatte (s. Anm. 924,
933, 936). Zweifellos aber ist, es, dass er auch diese Gruppe auf Grund
lage einer reicherem Litteratur , darstellte, welche bis zu seiner Zeit aus
früheren Anfängen erwachsen war ; denn wenm schon dasjenige, was wir
oben (Abschn. XVII, Amm. 610—624) sahem, eine gewisse sehulmässige
Durchbildung , dieses Stoffes verräth, so zeigem sich * hier. Modifieationem
und Erweiterungen jener Lehre, welche von 0ccam offenbar als allgemein
bekannte benützt, und verarbeitet werdem. So befindet sich 0ccam schon
bezüglich der Eintheilungo der consequentia auf einer vergleichsweise
neuen Basis; er stellt, nemlich die, Unterseheidung der consequentia sim
pleae und consequentia ut nunc an die Spitze : und lässt hiedurch i alle
übrigem Eintheilungen gekreuzt werden; diese letzterem beruhen zunächst
darauf, dass die consequentia entweder bereits durch das- logische Verhält
niss der in einem Urtheile enthaltenem Begriffe gegeben ist, — consequen
tia per medium intrinsecum —, oder dass sie sich erst auf anderweitige
allgemein geltende Gesetze der Logik berufen muss, — consequentia, per
medium eaetrinsecum—; ferner wird hiemit wieder die Eintheilung in com
sequentia formalis md consequentia materialis derartig in Verbindung
gebracht, dass die erstere entweder mur auf medium extrinsecum oder
auf einer Werflechtung der beidem media beruhen, soll, während letztere
gar keines Mediums, sondern nur der im Urtheile vorkommenden Begriffe
selbst hedürfe ; ausserdem' noch seien die Unterschiede vder Suppositiom
der Begriffe und der Quantität, Qualität und Modalitât der Urtheile als
Eintheilungsmotive der Consequenzen zu betrachten '"'"). 'Doch dass gerade
* v • * - - • * • •
1015), C. 33, f. 55 r. B: Non, solum autem diffinita absoluta diffiniuntur, sed
etiam diffinita connotativa; et illa, sunt in duplici differentia; quaedam enim sunt
talia, de quibus significative sumptis imp0ssibiliter praedicatur esse , cuiusm0di sunt
„chimaera, hircocervus, vacuum“, et , huiusmodi; alia sunt, de quibus non impossibi
liter praedicatur esse, sicut „album, nigrum, risibile, calefactivum“..... • Prima ha
bent praecise diffinitiones ea primentes quid nominis ..... Alia autem connotativa....
possunt habere duplicem diffinitionem : i umam, quae, evprimit quid nominis tantum, et
aliam, quae eaeprimit quid rei; illa aulem, quae ea primit quid nominis, tantum, , est
propriissima diffinitio talis diffiniti, propter quod vocalur a nonnullis diffinitio forma
lis et diffiniti0 secundum speciem; alia eaeprimens quid rei non esl propriissima, ....
quia lale connotativum non habet nisi diffinitionem , eaeprimentem, quid nominis', tan
tum, ...... et propter hoc talis diffinitio vocatur diffìnilio malerialis ab aliquibus. . .
,,,, 1016) III, 3, 1, f. 57 r. A : Habito de syllogismo ...... demonstrativo agendum
est, nunc de argumenlis et consequentiis, quae non habent formam syllogisticam....,.
Et primo praemittendae sunt quaedam distincliones, de consequentiis ..... Consequen
tiarum quaedam est ut nunc et quaedam est simpleæ ...... Aliquando consequentia
tenet per medium intrinsecum, ....., quando, tenet virtute alicuius propositionis for
matae ea, eisdem terminis, sicut ista consequentia ,,Socrates currit, ergo homo currit“
tenet virtute istius, mediae „Socrates est homo“;..... sed tunc tenet consequentia per
medium eaetrinsecum, quando' tenet per aliquam regulam generalem, quae. non plus
respicit, illos, terminos, quam alios ..... ,Consequentiarum quaedam est materialis et
quaedam formalis : consequentia formalis, est dupleæ, quia, quaedam tenet, per medium
412 XIX. 0ccam (Argumentation).
über diese Eintheilung eine bunte Manigfaltigkeit der Theorie in den
Schulen umlaufen mochte, bezeugt uns 0ccam selbst, indem er anderswo
eine ganz abweichende Unterscheidung der consequentia formalis an
führt 1"'"). Die zahlreichen Regeln aber, welche sodann 0ccam über die
verschiedenem consequentiae vorführt, zeigen uns ebenso wie die ältere
Formation dieser Lehre (Abschn. XVII, Anm. 623) einen grundsätzlichen
Hinblick auf den Umkreis der Topik in Benützung der Begriffe der De
finition, Beschreibung, Interpretation u. dgl., sind aber zugleich für Jeden,
der die gewöhnliche Lehre vom Urtheile inne hat, so selbstverständlich,
dass man es als ein überflüssiges Unternehmen bezeichnen möchte, die
selben in solcher Ausführlichkeit zu registriren (ich verzichte daher auch
hier darauf, den Inhalt der Anmerkungem im Haupt-Texte zu wieder
holen).
Diese Regeln beziehen sich zuerst auf die consequentiae per medium
intrinsecum; diese aber können entweder aus einem allgemein bejahenden
auf ein allgemein bejahendes Urtheil schliessem, sei es dass sie von den
Prädicaten jeder Art gelten !'''*), oder dass sie nur bei gewissen relativen
extrinsecum, quae respicit formam propositionum, ..... et quaedam tenet per medium
intrinsecum immediate et mediate per medium eaclrinsecum respiciens conditiones ge
nerales propositionum ..... Consequentia materialis dicitur, quando tenet praecise ra
tione terminorum et non ratione alicuius medii ..... Aliquando concluditur praecise
praedicatum de subiecto non determinato, an praedicatum sit genus vel species vel
differentia; ..... aliquando concluditur cum tali determinatione ...... Aliquando in
fertur consequens, in quo subiectum supponit personaliter et significative, et aliquando
infertur consequens, in quo subiectum supponit simpliciter vel materialiter ...... Ali
quando infertur consequens, quae est propositio universalis, et aliquando propositio
particularis ...... Aliquando infertur propositio affirmativa et aliquando negativa.....
Consequentiarum quaedam est eae antecedente affirmativo et consequente affirmativo,
quaedam ea, utroque negativo, quaedam eæ antecedente affirmatiro et consequente ne
gativo, quaedam e converso ..... Aliquando consequens est propositio de inesse, ali
quando est propositio de necessario et sic de aliis.
1017) Sent. I, Dist. 4, qu. 1 K: Consequentia formalis est dupleæ : aliquando
tenet ratione compleacorum, et talis consequentia est syllogismus, quia ubicunque et
eae quibuscunque terminis fiat syllogismus habens tales praemissas sic dispositas, ibi
est bonus syllogismus. Similiter ab eaeclusiva ad universalem de terminis transposi
tis est bona consequentia, similiter a copulativa ad alteram partem ..... Aliquando
consequentia est formalis praecise ratione terminorum, quia scilicet termini ipsi se
habent ad invicem sic vel sic, et isto modo ab universali ad singularem est bona
consequentia ...... quia terminus unus continetur ab alio.
1018) Summa t. l. a. a. 0. c. 2, f. 57 r. B: Dicendum est..... primo de re
gulis, per quas tenent consequentiae, quae tenenl per medium intrinsecum, et circa
hoc primo ...... de regulis, per quas tenent consequentiae concludentes conclusionem
universalem affirmativam eæ affirmativa, in qua termini supponunt significative et per
sonaliter ..... A superiori distributo ad inferius distributum est bona consequentia ;
...... quando praedicatio superioris de inferiori est necessaria, tunc est consequentia
simpleae; quando autem praedicatio est contingens , tunc est consequentia ut nunc ;
- - - - - verumtamen ..... quando tam antecedens quam consequens sunt de possibili vel
contingenti, accepto subiecto utriusque pro eo, quod est, vel pro eo, quod contingit,
... est generaliter consequenlia simpleae ..... A diffinito distributo ad diffinitionem
distributam est bona consequentia et e converso ...... A descriptione distributa ad
deseriptum distributum est bona eonsequentia et e converso ...... A nominis inter
pretatione , distributa ad nomen , interpretatum distributum est bona consequentia et e
eonverso ..... Ab uno convertibilium distributo ad reliquum distributum est bona
consequentia et e converso...... Praedictae regulae intelligendae sunt in propositio
nibus de inesse et de modo in sensu diviso, ...... non in illis de modo sumptis
XIX. 0ccam (Argumentation). 413
Prädicaten stattfinden 1"'°), oder sie enthalten einen Schluss aus einem
allgemein verneinendem Urtheile auf ein allgemein verneinendes, und zwar
abermals entweder bei jedwedem Prädicate 1"*'') oder nur bei relativem
Begriffen !"*!), oder endlich sie schliessen aus Bejahendem auf Wer
neinendes oder umgekehrt, welch beides einer näheren Aufzählung der
Regeln nicht hedürfe ; hingegen ist noch die Abfolge particularer und
unbestimmter Urtheile durch besondere Regeln zu normiren 10**). Hierauf
in sensu c0mp0sito; in talibus enim ...... videndum est, an modus possit competere
antecedenti, nisi competat consequenti; et tunc est bona consequentia et cum modo
veritatis tenet, non autem cum modo necessitatis vel possibilitatis, quia in conse
quentia ut nunc ev necessario potest sequi contingens et ea possibili impossibile.
...... A differentia superiori distribula ad inferius distributum est bona conse
quentia ...... A converlibili cum superiori distribulo ad inferius distribulum .....
A diffinitione superioris et descriptione et nominis interpretatione distributa ad in
ferius distribulum ..... Quando contingit inferre diffinitum vel descriptum vel in
lerprelatum cum distributione, contingit inferre diffinitionem et descriptionem et nominis
interpretationem cum distributione.
1019) C. 3, f. 57 v. B: Dicendum est de regulis, per quas infertur universalis
affirmativa non respectu omnium praedicalorum, sed respectu aliquorum ..... Ab uno
relativorum, quae sunt simul natura, distributo ad reliquum distributum respectu huius
verbi „est“ est bona consequentia et non respectu aliorum praedicatorum, unde bene
sequitur „0mnis paler est, ergo omnis filius est“..... A toto distributo ad partem
distributam respectu huius verbi „est“ est bona consequentia, sicut sequitur ,,0mnis
domus est, ergo omnis paries est“..... Si concretum praedicalur de concreto distri
bulo, et abstractum praedicabilur de abstracto distributo, sicut ,,0mne iustum est b0
num, ergo omnis iustitia est bona (zu lesen bonitas)“. -
1020) C. 4, ebend.: Regulae, per quas tenent consequenliae inferentes universa
lem negativam ea, negativa ..... respectu quorumque praedicatorum ..... A supe
riori distribulo ad inferius distril)utum negative est consequentia simpleae, ..... ,,Nul
lus h0m0 currit, ergo nullus homo albus currit“..... A diffinitione ad diffinitum
cum distributione etiam negative et a descriptione ad descriptum, et e converso .....
A differentia superioris ad inferius et a differentia superioris ad inferius negative
cum distribulione tenet consequentia.
1021) C. 5, f. 58 r. A: Non respectu quorumcunque praedicatorum deserviunt
regulae tales: Ab uno relativorum, quae sunt simul natura, ad reliquum negative cum
distributione est bona consequentia ...... A nomine partis distributo ad nomen totius
distribulum..... Si concrelum negatur universaliter de concreto, et abstractum de
abslracto..... A negatione prioris distributi ad negationem posterioris, sicut ,,Nulla
subslantia est, ergo nullum accidens est“...... A negatione subiecti seu denominali
ad negationem denominantis, ..... sicut „Nullum corpus est, ergo nullum album est“.
1022) C. 6, ebend.: Restat dicere, quomodo universalis affirmativa infertur eae
negativa et e converso; sed quia ista possunt patere eae praedictis, ideo dicendum
est de consequentiis inter particulares et indefinitas, quia ..... particularis et inde
finila convertuntur semper, quando termini supponunt personaliter et significative (vgl.
Anm. 901)...... A diffinitione ad diffinitum est bona consequentia a parte subiecti et
etiam a parte praedicati affirmative et e converso ..... A descriptione ad descriptum
et e convers0 ..... A nominis interpretatione ad nomine interpretatum..... Ab inferiore
ad superius est bona consequentia sine distributione et affirmative , et talis est sim
pleæ..... Ab inferiori ad superius postposita negatione est bona consequenlia, sed non
simpleae, nisi quando praedicatio superioris de inferiori est necessaria ..... Ab uno
converlibilium ad reliquum ...... Ab aliquo sumpto cum determinatione ad ipsum
sumptum sine determinatione; ..... tamen aliquando de toto aggregato eae determi
natione et delerminabili praedicatur altera pars , aliquando utraque pars, aliquando
neutra, v. gr. de illo toto „homo albus“ praedicatur ulraque pars ...... A proposi
tione sumpta cum adverbio determinante operationem ad ipsam sine determinatione
sumptam valet consequentia affirmative, sicut „Socrates velociter currit, ergo Socrates
currit“...... A propòsitione universali affirmaliva ad quamlibet indefinitam, particu
414 XIX. 0ceam (Argumentation).
folgen die consequentiae per medium eaetrinsecum, und zwar sowohl
wenn Bejahendes aus Bejahendem '"*°), alsi auch wenn Werneinendes aus
Werneinendem 1"**), als auch wenn , Bejahendes aus Werneinendem oder
umgekehrt geschlossen wird 1"°°). Sodann werden specielle Regeln , der
consequentia betreffs der modalem Urtheile formulirt, wobei matürlich
wieder, wie schon früher (s. Anm. 950 ff. u. 980 ff.), in der Unterschei
dumg des sensus compositus und des sensus divisus das hauptsächliche
Motiv liegt; zuerst wird der Fall ins Auge gefasst, dass die Modalität
des Urtheiles im Schliessem unverändert bleibt, d. h. dass z. B. von einem
Nothwendigkeits-Urtheile nur wieder- auf ein Nothwendigkeits-Urtheil ge
schlossen wird "*"); sodann folgen die Schlüsse, welche vom einem mo
- - - - - * * *\ , , , , v - -
larem vel singularem affirmativam, de cuius subiecto vere praedieatur subiectum uni
versalis, est bona consequentia respectu eiusdem praedicati, nulla variatione eæistente
a parte determinationis ..... A nomine numerali respectu huius. verbi „est* ad nomen
partis, ..... sieut',,Quatuor ' sunt, ergo duo sunt“...... A nomine collectivo ad nomen
partis..... Quando sunt duae contrarietates, si unum eaetremum unius contrarietatis
praedicatur de uno eætremo alterius contrarietatis, reliquum • extremum praedicabitur
ide reliquo, sicut „hustitia est virtus, ergo iniustitia ést vitium“... ... Si generatio
alicuius bona est, ipsum quoque bonum est; feraer ebenso beim Prädicate „malus“
und beim Subjecte „corruptio*. • • • • • , w • *• , , ' , *' • .
1023) C. 7, f. 59 r. A: Dieendum est nunc de regulis v inferentibus affirmativam
eae affirmativa per medium eaetrinsecum..... Si principale de principali, et coniugatum
de coniugato et casus de casu et e converso ; . et vocatur coniugatum concretum et
principule " abstractùm, ..... si concretum et abstractum significant, idem (s. Anm.
826 ff., 885, 918)...... Si aliqua consequentia sit bona , eodem addito utrobique
adhuc * erit bona ..:'..'.' Quod dicit sapiens, est verum; ...... sed istai regula: non est
generalis nisi de autore, qui errare non potest ..... Si simpliciter ad simpliciter, et
magis ad magis et' maæime Vad mazime..... Si singulare de singulari, et plurale de
plurali..':.. Si ' plurale' de ' plurali, et singulare de singulari. v
1024) C. 8, f. 59 v. B:' De regulis, per quas tenent consequentiae inferentes
negativam eæ negativa. Et est una regula complectens multas, quae est talis: A dif
finitione ad diffinitum, a descriptione ad descriptum, a nominis interpretatione ad in
terpretatum, ab uno convertibili ad reliquum, et e converso teneti consequentia, sive
praeponatur sive postponatur negalio....... Ab inferiori , ad superius postposita ne
gatione est bona consequentia ..... A negatione inferioris ad negationem superioris
sumpti cum signo universali affirmativo vel stante immobiliter est bona. consequentia,
sicut „Socrates non est , iste homo, ergo Socrates non est omnis »homo“..... Si „dif
ferre; esse aliud, distingui* significent idem quod „non esse idem“, tales consequen
tiae sunt bonae; ..... verumtamen potest distingui de . „esse non idem“, quia uno
modo potest esse' terminus relativus, alio modo terminus mere infinitus ....... A nega
tione alicuius ad negationem eiusdem cum aliqua determinatione est bona consequen
tia, sicut „Socrates non est homo, 'ergo Socrates, non est homo albùs“., v.
' 1025) C. 9, f. 60 r. B: De regulis deservientibus consequentiis inferentibus ne
gativam eæ affirmativa et, e converso .....… Ev affirmatione contrarii sequitur negatio
alterius contrarii.... A negatione contrarii ad positionem alterius est bona consequen
tia ..... 'A positione habilus sequitur negatio privationis et e converso (dann folgt
die schon oben, Anm. 900, angeführte Stelle) .......… Ab affirmativa de praedicato
infinito ad negativam de praedicato finito ...... • Ad affirmativam de praedicato. finito
sequitur negativa de praedicato infinito..... Ad negativam de praedicato finito sequi
tur affirmativa de praedicato infinito ..... Ad negativam de praedicato infinito sequi
tur affirmativa de praedicato 'finito ...... Ab affirmativa de specie , specialissima ad
hegativam de alia specie specialissima condividente est, bona \ consequenlia ..... Ab
affirmativa de uno genere ad negativam de alio genere non subalterno est bona con
sequentia. $• ' av w • . •* . - - - - - -
' " 1026) C. 10, f. 61 r. A: ' Nunc dicendum est de quibusdam , regulis deservien
tibus' consequentiis eae 'propositionibus' de mòdo ..... De consequentiis , eae propositio
XIX. ; 0ceam (Argumentation). 415
dalen Urtheile auf ein Inhärenz-Urtheil übergehen 1"°"), und zuletzt die.
jenigen, welche von Eimer Modalität auf eine andere Modalität hinüber
schliessen 102°). . . . . . • • • • . : - -
Sowie aber ersichtlich ist, dass die bisher angeführten Regeln der
consequentia michts, Anderes enthaltem y als was die aristotelische Tra
dition in Bezug ) auf Umkehrung , Entgegensetzung und Aequipollenz der
Urtheile , dargeboten hatte 10**), so reiht nun auch 0ceam betreffs der
modalen Urtheile wirklich sofort die Aequipollenz und Entgegensetzung
derselben ' am, wie wenn Solches unbedingt mur, zur Lehre von , conse
quentia gehören könnte. Nachdem er zu diesem Behufe eine Eintheilung
\ - * * 1 * * . - * a * , ; :
nibus de necessario ..... est una regula talis: . Ab inferiori ad superius sine distri
bulione, tam a parte subiecti quam, a parte praedicati, affirmative est bona conse
quenlia, sicut „Socrates, de necessitate, est homo, ergo Socrates, de necessitate est ani
mal*, ..... quando necessarium sumitur in sensu diviso ....... Semper ab illa de
necessario in sensu composito vel ei aequivalenli ad. aliam, de necessario , in sensu, di
viso vel ei aequivalentem est, bonu consequenlia et e converso, ...... sicut „Socrates
de necessitate est h0m0, erg0}haec, est necessaria ,,,,Socrates est homo““ et e converso“.
..... Circa consequentias, quae fiunt eæ pr0p0sitionibus. de possibili est sciendum, quod
singulare de subiecto, qu0d est nomen proprium vel, praecise pronomen demonstrativum,
sumplum in sensu divis0 infert illam de p0ssibili, sumptam in sensu, composito , et e
converso ;..... si subieclum ..... fuerit terminus communis, ..... si stat, pro e0, quod
est, ...... consequenlia non valet, sicut n0n sequitur „Hoc album potest esse nigrum,
ergo haec est possibilis ,,Hoc album est nigrum“;...... si aulem stet pro, eo, quod
p0tesl esse, ab illa in sensu diviso ad, aliam in sensu composito , non valet conse
quentia,..... Circa propositiones de contingenti sciendum est, quod illa, de contin
genti sumpta in sensu composito et secunda, in sensu diviso convertuntur, si subiectum
sit pronomen demonstrativum vel nomen proprium; ..... si autem subiectum, sit, ter
fminus communis, ..... non oportet ..... Circa illam de , impossibili sciendum est,
quod, quando subiectum est pronomen demonslrativum, illa in sensu composito et illa
in sensu diviso convertuntur;..... sed si subiectum sit, terminus communis, ......
non aequivalent ..... Circa alias modales u. s. f., némlich genau dasselbe wie bei
conlingens und impossibile. - * , '
, 1027), C. 11, f. 61 v. B: Circa consequentias eae una de inesse et alia de modo.
., .,, Illa de necessario, sive sumilur in sensu diviso, sive, in sensu composito, sem
per infert illam de inesse, sed non e converso ...... Illa, de possibili, sive sumatur
in sensu diviso sive in sensu composito, non infert suam de inesse ..... , Illa de
contingenli, si sumatur in sensu, composito, ....., non , infert suam de inesse ; ......
similiter si sumatur in sensu diviso ..... Illa de impossibili in sensu composito non
infert suam, de inesse, sed semper contradictoriám suae de inesse;..,,.. simililer si
sumatur in, sensu diviso ..... Circa alias modales sciendum est, quod raro vel nun
quam illae de inesse inferunt illas de modo, ..... tamen frequenter illae de modo
inferunt illas de inesse;..... si sit talis modus, qui non potest competere, nisi pro
positioni verae, consequentia est bona al) illa de modo ad suam, de inesse. , : -
1028) C. 12, f. 62 r. A: Videndum est de consequentiis eae júniis di
versorum modorum ..... Illa de necessario semper infért illam de possibili ..... Illa
de necessario non infert illam de contingenti, modo contingentiae `manente affirma
tivo, nec e converso..... Illa de necessario infert contradictorium illius de i possi
bili..... Multae propositiones de aliis modis inferunt illas de necessario, sed non e
converso," sicut sequitur ,,0mnem hominem esse risibile, est demonstrabile; ergo
omnem hominem esse risibile, est necessarium“...... Illa de possibili 'non' ihfèrt
illam, de contingenti, sed e converso ...... 0mnis propositio, in qua ponituri alius
modus, qui non potest competere nisi propositioni verae, infert illam de possibili.
...... Regula generalis est: A propositione de uno modo ad propositionem de alio
est semper bona consequenlia, quando modus consequentis praedicatur de modo ante
cedentis universaliter sumpto. - - . - -
1029) S. oben bei Anm. 892.
416 XIX. 0ccam (Argumentation).
der Modalitäten in widersprechende (repugnantes), subalternirende (se
cundum superius et inferius) und disparate (impertinentes), sowie die
nöthige Berücksichtigung der Quantität und Qualität vorausgeschickt'°°"),
bespricht er ziemlich lückenhaft und in willkürlicher Auswahl einige
Momente der Aequipollenz der Nothwendigkeits-Urtheile'"°'), hierauf der
Zufälligkeils-Urtheile 1"**) und zuletzt der Unmöglichkeits-Urtheile '°°°).
Diese Mängel der Darstellung ergänzen sich uns allerdings durch Das
jemige, was Occam über diesen Gegenstand in der Eæpositio aurea
entwickelt, woselbst er durch die Erklärung des aristotelischen Textes
1030) C. 13, f. 62 r. B: Circa propositionum modalium aequipollentias et re
pugnantias sunt variae difficultates...... Modorum quidam sunt repugnantes, quidam
sunt superius et inferius se habentes, quidam sunt impertinentes. Repugnantes sunt,
sicut necessarium et impossibile, possibile et impossibile, necessarium et contingens,
ad utrumlibet et impossibile, necessarium et inopinabile, demonstrabile et indemonstra
bile, et tales multi ; secundum superius et inferius se habentes sunt, sicut necessa
rium et possibile, ..... necessarium et scibile, necessarium et demonslrabile ; imper
linentes sunt, sicut dubilabile et possibile, et huiusmodi..... Modorum repugnantium
quidam sunt immediuli, ..... sicut se habent possibile et impossibile, quia omnis
propositio vel est possibilis aut impossibilis; quidam sunt mediati, sicut necessarium
et impossibile ..... Modorum quidam sunt simpliciter affirmativi, sicut necessarium,
..... quidam simpliciter negativi, sicut impossibile, ..... quidam non simpliciter af
firmalivi nec simpliciter negativi, sicut contingens ..... In m0dalibus quaedum sunt
propositiones simpliciter primae, quarum aequipollentiae n0n sunt quaerendae, el sunt
omnes propositiones, in quibus ponuntur modi simpliciter affirmativi vel non simpli
citer affirmativi, tamen non negativi; ...... de aliis propositionibus modalibus quae
rendae sunt aequipollentiae...... In propositi0nibus , quandoque modus affirmalur et
quandoque negatur. · · · · · ` - -
1031) C. 14, ebend.: Primo autem dicendum est de propositione, in qua ponitur
ille modus „necessarium“, de qua dicendum est, quod necessarium aut non negat
modum aut negal modum. Si. primo m0d0, semper talis prop0sitio aequivalet alicui
propositioni de necessario, ..... sicut ista ,,Necesse est, non omne animal esse ho
minem“ aequivalet isti ,,Necesse est, aliquod animal non esse hominem“...... Si
aulem modus necessitatis negatur et non signum (der gedruckte Text gibt ganz Wer
kehrtes, sowie überhaupt gegen den Schluss des Buches sich die Druckfehler in
bedenklicher Weise vermehren); tunc modus necessitatis mutandus est in modum,
quem infert, sc. in possibilem affirmativum, et residuum in contrarium, sicut ista
„Non necesse est, omne animal esse hominem“ aequivalet isti „Possibile est, aliquod
animal non esse hominem“. Si aulem modus non negetur, sed signum solum, modus
mutabitur in possibilem affirmativum, unde ista „Nullus homo de necessitate est ani
mal“ aequipollet isti ,,0mnis homo potest non esse animal“..... Sicut dictum est de
propositionibus de necessario respectu propositionum de possibili, ita dicendum est
proportionabiliter de propositionibus de possibili respectu propositionum de necessario.
1032) C. 15, f. 62 v. A: Istarum propositionum ,,Contingit, omnem hominem
esse animal“..... non est aequipollentia quaerenda, quia sunt primae; possunt tamen
tales propositiones eæponi, ...... sicut ista aequivalet isli „Possibile est, omnem ho
minem esse animal, et possibile est, nullum hominem esse animal“..... Ideo semper
affirmaliva et negativa de contingenli, m0d0 contingenti remanente affirmativo, con
vertuntur ...... Quando autem dictum propositionis de contingenti mutatur in con
tradictorium, tunc particularis aequivalet uni disiunctivae.'
1033) C. 16, f. 62 v. B: Propositionum de impossibili ..... quaelibet aequiva
let opposito alicuius de possibili;..... et cum dicitur, quod „impossibile“ aequivalet
isti „non possibile“, faciliter potest sciri per praedicta, cui aequivalet propositio de
impossibili..... Quando nulla negatio negat m0dum impossibilitatis, tunc illa de im
possibili aequivalet uni de necessario ..... Si autem modus impossibilitatis sit ne
gatus, tunc mutabitur modus impossibilitatis in modum possibilitatis.
XIX. Occam (Argumentation). 417
.veranlasst, war, die erforderliche Casuistik erschöpfender durchzuführen ;
und somit darf ich wohl zur Wervollständigung auf. seine dortigen An
gaben über die Aequipollenz der modalen Urtheile*"*), sowie wenigstens
auf die versinnlichende Darstellung der Entgegensetzung derselben hin
weisen 1088). '
... Indem aber 0ccam, als einen Gegenstand der consequentia auch noch
diejenigen Urtheile beizieht, bei deren Begriffen nicht eine suppositio
personalis, sondern eine suppositio simpleae oder materialis obwaltet
1034) Eaepos. aur. Perierm. II (gegen Ende): Circa propositiones modales sunt
duo videnda: primum est de aequipollentia, secundum de repugnantia..... Aequi
pollentia' habetur, quando per additionem negationis tota propositio negativa redditur
alterius quantitatis vel qualitatis vel modi, quam fuerit propositio praecedens ..... .
De possibili .... modus aliquando negatur, aliquando non negalur. Quando non ne
gatur,, aequipollentia accipienda est sicut in illis de inesse ..... Si autem modus
negatur, tunc aut negatio praecedit tam modum quam signum, aut, unum eorum.....
i primo modo, aut signum illud est universale aut particulare. Si sit universale
et modus negatur, sic aequipollet uni particulari de necessario..... Si autem signum
sit particulare, tunc aequivalet uni universali negativae de necessario et uni particu
lari de impossibili...... Si autem negatio tantum praecedit talem modum, sc. possi
bile, ....., tunc, si propositio sumatur in sensu divisionis et sit universalis, aequipol
let universali negativae, de necessario; ..... si sumatur in sensu c0mp0sito, tunc ae
quipollet uni parliculari negativae de necessario ..... Si autem signum ' sit particu
lare, tunc in sensu diviso aequipollet uni particulari de necessario; ...... sed in
sensu composito aequivalet, uni universali negativae de necessario ..... Si autem ne
gatur modus necessitatis,, tunc si negatio praecedit modum et, sit, signum particulare,
in sensu diviso aequivalet uni particulari, negativae de necessario;...... in sensu
composito aequipollet uni universali negativae de possibili ..... Si autem signum sit
universale, tunc in sensu diviso aequipollet universali negativae de possibili; ......
in sensu eomposito aequivalet uni particulari negativae de possibili ..... Si autem
negetur modus impossibilitatis, tunc si signum , sit universale, in sensu: diviso aequi
valet uni universali negativae de possibili;..... in sensu composito aequivalet uni
universali de possibili ..... Si autem signum sit particulare, consimiliter aequivalet
particulari de possibili tam in sensu composito quam in diviso. . Et ista ad praesens
sufficiant de aequipollentia propositionum mòdalium, quamvis multa alia dici ' pos
sent. Die byzantinischen Memorial-Werse bleiben auch hier nnberücksichtigt, vgl.
Anm. 901 u. 941. -
' 1035) Ebend.: Circa repugnantiam propositionum nodalium est sciendum, qu0d
u. s. f. Nemlich die weitschweifigen Regeln concentrirt Occam in folgende drei
Figuren: vn
Necess. omne A est B contrar. _ Necess. nullum A est B
I 1
T- •. dictor*
|
v ,;., § j
, , § comlr0T *… 4ictori, j
- , **
•*, -
Aliqu. A potest esse B subcontr. Aliqu. A pot. non esse B
Ferner ebenso : - •i. .'• • •
Imposs. est, omne A e. B Imposs. e., nullum A e. B
Possib. est, aliqu. A non e. B Possib. e., aliqu. A e. B
und desgleichen:
- 0mne ' A Potest e. B 0mne A pot. non e. B
• ,• Aliqu. A necess. e. B ; - Aliqu. A necess. non e. B
Phanti, Gesch. III. 27
418 XIX. Occam (Arguinentatión).
(s. ob. Amm. 877), d. h.'' Urtheile, ih welchem die Universalien* oder
§onstige intentiones' secundae ausgesagt werdeii '"*') ,'so fiat 'er
hiemii einen zwar sehr eigenthümlichen, aber', doch' nicht uiiiiiotivirtem,
Uebergang zur Topik gewöhnen, insoferne in' dieser in der That die
ursprüngliche Quelle der Quinque voces liegt (s. Abschm. IV, 'Anm.
707, ff., Abschn. V, Anm. 83 f., Abschn. XII, Anm. 167). i; Und indem
er- so, von der Verbindung der consequentia » mit der Topik , eineh
umfassenderen Gebrauch macht, als die Früherem (Abschn. XVIl, Amm.
618), bespricht er zunächst völlig an der Hand der aristotelischem
Topik in grosser Ausführlichkeit die Begriffe genus, proprium, defi
nitio, species, differentia, idem * et diversum '"*'), und wird " dann
durch die gleiche Quelle auch auf inductio geführt, bezüglich deren
wir ihm , das ehrende Zeugniss nicht versagen dürfen, dass er we
migsteus , eine Ahnung von dem Werthe des Inductions-Beweises, in
sich trug, sowie er ja auch grundsätzlich sich in ächt aristotelischem
Geiste über die Erkenntniss des Singulären äusserte (s. oben Anm,
745) oder dem singulären Urtheile selbst eine Stelle im kategorischen
Syllogismus, vorbehaiten wissen wollte (ob. Anm. 970). ' Dié, Bemer
kung, welche, er einmal anderswo macht, dass der Erfahrungs-Beweis
dem Syllogismus ebenbürtig sei 1"°°), erhält somit bei ihm eine etwas
bestimmtere Form, insoferne er wenigstens im Stile der Regeln der con
sequentia den Versuch macht, (las logische, Verhältniss, welches zwischen
einem allgemeinen Urtheile und den unter dasselbe fallenden , singulärem
Urtheilen, besteht, in eine formulirte Fassung zu bringen; und indem er
diess zunächst bei den gewöhnlichem Inhärenz-Urtheilem und denjenigen,
deren Verbum im Präteritum oder Futurum steht, unternimmt, erhebem
sich ihm nur theologische Schwierigkeiten bezüglich des zukünftig Mög
lichen 1"°°); für die modalen Urtheile aber gilt ihm der Uebergang vom
- ' .' ... v • . •.•• •, na* •*• •* ••'•• . . . ' -* - - - v • , • , •*, • w ww • • • • **•*
- - ,* , • - .• , wv w • • • • * w ,
1036)' Summa t. i. a. a. 0. C. 17, f. 63 r. A: Nunc videndum est de conse
quentiis ea, propositionibus, in quibus, aliquis, terminus, supponit simpliciter vel male
fialiter, ut sunt consequenliäe inferentes táles conclusiones Album esi, accideris Sacra
tis, Homo est species talis generis, Risibile est proprium hominis, Substanlia animata
sensibilis est diffinitio animalis, Canis est aequivocum“ et huiusmodi ..:.., Est, igitur
regula' generalis'lalis: Illud * contingenter' verificatur de aliquo, ergo est 'acéidens eius,
..... Alia regula: Hoc verificatur de hoc et non est proprium illius nec genus' nee
differënlia nec species nec diffinitio nec' aliquid commune omnibus,* ergo est 'accidens
eiu
• • • •,,•• •• Tw, w, , , , , ,,* - at •
8.
1037) C. 18—30, f. 63 r. A — 68 r. B.
1038). Quodl. V, qu. 2: Eadem conclusio non solum specie sed numero potest
evidenler sciri per demonstrationem et eaeperienliam eto per eundem habitum numero.
Hoc probo, quia per ea perientiam acquiritur aliquis habitus veridicus conclusionis et
nullus alius a scientia, ..... et per demonstrationem acquiritur scientia eiusdem con
clusionis. - .'et , w . ww '**. \\ syz. v.' *.'
1039) Summa t. l. a. a. 0. C. 31, f. 68 r. B: Inductio est , a singularibus
ad universale progressio ; ad hoc autem, quod fiat inductio, requiritur, quod tam' in
singularibus quam in universalis sit idem praedicatum et solum sit variatio a parte
subiectorum ....... Sunt igitur islae regulae: .......* Quaelibet, universalis affirmativa
vera de praesenli, non aequivalens propositioni de futuro, et de inesse,habet aliquam
singularem, veram ..,... Si omnes singulares alicuius propositionis sint verae, univer
salis est vera ..... Si universalis affirmativa sit falsâ, oportet, quòd aliqua singularis
sit falsa..... Circa universalem de praeterito sunt regulae inlelligendae sicut de uni
- , i, 1!',.•• • • , , , • * • i
XIX, 0ccam (Argumentation). 419
Singulären zum „Allgemeinen. nur , beim, sensus „divisus als überhaupt
statihaft, während,,beim , sensus, compositus ,,nur, die Notbwendigkeits
Urtheile einem solchen Inductions-Schluss zulassen 4"*"). „Nachdem er
aber, hierauf aus der aristotelischem, Topik noch , den, Begriff, des, Homo
V$e,gligert, |'''), fissº, et %y Alschlus: „Roch.$ At
zahl allgemeiner „Regeln der, consequentia, zusammen!'**), welche uns
allerdings an die ältere Formation dieser Lehre (Abschn. XVII, Anm.
621) erimnern und in dieser fym vielleicht auch nur eine Zigale des
Herausgebers simd. .:! . r . f • A t : V .1 , • t - ! . • .f .}1 i ' I ■ , , f
Wenn aber hierauf in einer Weise, welche unwerkennbar den Inter
polator verräth (s. die schon oben, Amm. 740, angeführte Stelle), noch
als ergänzender Anhang die Lehre von Obligationes und Insolubilia bei
gefügt wird *"**), so muss ich diese kleine Gruppe dem folgenden Ab
schmitte vorbehaltem, in welchem wir überhaupt manigfache Erweiterungen
der byzantinischen Logik treffen werden, wenn ich auch nicht in Abrede
stellen will, dass 0ccam sich mit diesen Dingen, derem erste Keime ja
bereits vorlagen (s. Abschn. XVII, Anm. 625 f.), wirklich selbst beschäf
tigte. In der Form, in welcher sie in dem Compendium Occam's gedruckt
erscheinen, sind sie jedenfalls späteren Ursprungs.
versali de praesenti. Sed circa inductionem propositionis universalis de futuro est primo
sciendum, quod dicendum est eodem modo de inductione propositionis de futuro neces
sariae et impossibilis, sicut de illis de praesenti et de praeterito. Sed circa inductionem
propositionis universalis de futuro in materia contingenti aliter dicendum est secundum
veritatem et fidem, et aliter secundum intentionem Aristotelis;..... nam Aristoteles
ponit, quod nulla propositio contingens de futuro est vera nec aliqua contingens de
futuro est falsa (s. Abschn. IV, Anm. 239); ...... sed veritas fidei ponit, quod con
tingentia futura sunt scila a deo u. s. w. (auch in Eaepos. aur. Perierm. entwickelt
0ccam gelegentlich der propositiones futurae contingentes eimen langen Excurs über
praedestinatio und praescientia dei, welchen wir ebenfalls den Theologen überlassen).
1040) C. 32, f. 68 v. B: Circa inductionem propositionum universalium de
modo est primo sciendum, qu0d si propositiones universales accipiuntur in sensu di
viso, ..... eodem modo inducuntur, sicut universales de inesse , et ideo omnes tales
inductiones sunt bonae ..... C. 33, f. 69 r. A: Videndum est, quomodo omnes sin
gulares de modo sumptae in sensu c0mp0sito ..... se habent ad universales de modo
sumptas in sensu composito ...... Semper singulares de necessario tales inferunt uni
versales de necessario, nisi in singularibus subiiciantur pronomina dem0nstrativa
sumpta cum subiecto pr0p0sitionis universalis ..... C. 34, f. 69 r. B: Circa induc
tionem universalium de possibili est sciendum, quod eae singularibus non sequitur
universalis ..... C. 35, f. 69 v. A: Singulares de contingenti non inferunt univer
salem de contingenti.
1041) C. 36, f. 69 v. A.
1042) C. 37, f. 70 r. A: Nunc ponendae sunt regulae generales consequentiis
deservientes ..... Eae vero nunquam sequitur falsum..... Eae falsis potest sequi ve
rum ..... Si aliqua consequentia sit bona, eæ opposito consequentis sequitur 0pp0
situm antecedentis.... Quidquid sequitur ad consequens, sequitur ad antecedens;....
non tamen quidquid sequitur ad antecedens, sequitur ad consequens ..... Quidquid
stat cum antecedente, stat cum consequente ..... Quidquid repugnat consequenti, re
pugnat antecedenti..... Ev necessario non sequitur contingens ..... Eae possibili non
sequitur impossibile ..... Et istae duae regulae sunt intelligendae de consequentia
simplici; ..... tamen consequentia ut nunc bene poterit sequi ..... Ad impossibile
sequitur quodlibet ..... Necessarium sequitur ad quodlibet.
1043) C. 38—45, f. 70 v. A — 71 v. B.
27 *
420 XIX. Occam (Argumentatión).
Endlich die letzte Unterabtheilung' der Lehre von " der Argumen
tation 1°**) enthält eine getreue Darstellung der aristotelischen Sophistici
Elenchi, welche nichts Bemerkenswerthes für uns darbietet.
Welch grossem Einfluss aber 0ccams Parteistellung und seine ganze
Entwicklung der Logik auf die nächsten Generationen ausgeübt habe,
werdem die folgenden Abschnitte deutlich darthun können. - -
1044) III, 4, c. 1—18, f. 72 r A — 81. v. B. ' ' . ,
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Abano Petrus de 243. ' ' ' „ ' ' '
absolute Kategorien, 252, 282. • - ir. ,
absoiuium 323, 364, 367. TT * * *
abstractio 100, 212, 2δδ, 268, 293, 343.
abstractum — concretum '215, 242, 265,
J279, 293, 308, 321, 363, 356.
accidens s. Isagoge. ' , ' . -
accidens logicum 244., j, '.. ',
actus , apprehensivus 332. .' - ' '
isti gig; an, w, sas, ' ' ' -' 338, 347. ' ' ' ' . . .
rationis 206, 292. ' •
adminiculativa logica 258, 274. ·
adunatio 101. „ . * ' * ' ' ' ' ' '
ad utrumlibet 131. ' ' '
Aegidius v. Lessines 195 f.
Romanus 257 ff.
aequiparantia 153, 282, 310. ,
aequivocum 46, 282, 306, 365. -;• 1 ', ; : ;
* * • * -.
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aggregatum 209, 234., - •
Albertus, ' ' MdeagSnauxson8i9a. 2'03'.' * * * *.** • •
Alexander Alesius 75.
v. Alessandria 240 f.
alietas 137, 310. ' - .
alius. 53, 72, 377., ',
'Amalric von Ben 6. ' . '
impiiìiio 13,31, 56, 89, 134, 186, 227,
382, 384, 393. , i , dum. 24. - v ' . • _ • *•
analogon 93, 103, 306. ..… tq^ /^
Analytik erste 105 f., 230 f. (. . ,
ôéìe'§5 í,'iîôï, 118, 232,
„ . 234, 409. _ T . .
Ancona Augustinus von 274 ff. , .
Andly Heinrich '%%
Andreas Antonius 276 ff. . ,. ,. .
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351, 395Ì,' άδδ,'3i%'3ii. 36j.
anima, in gmima. u. ettra animam 260,
273, 279, 284 f., 334. ' ' ' ' .
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antijlatonische Richtung 125, 236, 240,
33, 2-a , * sis, ais; sas,
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AAnnttoolniiu4s..And,reas 27_6 f_f.' ,'.,'',',' " ' } i ;;
apparens,' apparitio 323 f. ''* '
appellatio 19, 31; 57, 83, 106, 135, 373.
appeto 134. • • • •
applicare 204. -
aptitudo 100. - - - .
Armand von Beauvoir 306 ff.' ' ' ' '
Ascoli Joh. Gratiadei von, 3f3'ff. '
Augustinus Triumphus y, Ancona 274 ff.
Aureolus Petrus v. Verberia-3i9 fr. , • •
Auvergne, Petrus von 238 ff.' ' ' " '
.Wilhelm von 35 T. ' . .
Auxerre Lambert von 25 fr., '' '
Avendeath Johannes 3. . , ° . '" ''''
Baconthorp Johannes 318.'.'. , '
Baco Rogéf 120 ft.*' T*^* ;
Balduin 8. ■ ■ ■
Barbara, %'% u. $. f. 15 f, 49, 84,
154, 230, 398., ' ' , ' i ,
Basingsfökes 'joiiàiiies'5. ' ' ' ' '
Beauvais Vincenz von 7Tf,., .
Beauvoir Armand yon 306. fr. ' ' " '
Ben Amalric von 6. ' . ,', ,., '.
Beneyento Marcus de 330;'
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Vis, 133, 378. , , - -
Bológna' Gerhard. yon 241. ' ' ' ' '
Bonaventura 119 f. ' ' " ' , ' ' '
Brabant Heinrich von §. ,
Siger yg 234 f.',','''''.'
Brito, Heryëis 264 ff.T"'' ''' ' '
Tolijier 201. XI., . ' ' ,
- ' Ra ulph 241 f.' ^ aiº, ot
Burleigh £?%£m. -
byzantinische Logik 10 fr., 129 m., 224 m.
• \
v
Capito íôïert 85 m, 12f. p.
caret 133. ; .-' . •
casus obliqui 230, 362, 332, 385, 393,
399 , -it. .u'.t. -
causâïíìz9, 253, 396. '.'. '
###ïssa, agris,
278, 299, 309. ' ' ' , ' .,,
causis de 8 f. 3. * * * * * * ** :
422 Register.
ceteri 225.
Clapwel Richard 199.
cognosco, scio 226.
collectio 101, 110, 190, 210.
Colonna Aegidius de 257 ff.
communicabilitas 100, 350.
communis natura 126.
communitas 110, 213, 347.
comparare 212.
Comparativ 71.
complexum – incomplexum 78, 93, 307,
310 f., 332.
comprehensio 323.
concepta res aliter et aliter 199.
conceptio 324.
Conceptualismus 206, 237, 278, 299,
344 f. ti , i
conci 206.340 259, 361, 2si,
i 338 ff., 357,
formatus 344. º
obiectivus 322 f. i
primus et secundarius 302.
concomitantia 388. : i ,
concretum s abstraclun., i
conformitas 326 , mi - .
º" , g - , "I - i f.
Conjunctionen 23, 396. ,
connotativus 364, 367, 386, 410. -
connotatum i l o 1 a 1
consecutiv 23. A
consequentia 137 f., 154 f., 1st, 22if,
254, 282, 351,388, 390, 392,396,
411 ff.
onsideratio 261. -
"i 58 f., º sº - .
contingens 14, 44, 10 i 132, 394, a
contingenter 22,44 , i
continue "s i -
convenientia 126, 250,
Copula 12, 42, 252 "sa º "
copulatio 18, 3 5
o i
1- 2 - º
il i
227, 32.
copulativ 24, 226, 396. . .
Correctorium fratris Thomae 189, 243
corrumpi-generari 226. -
credibile 131. . . .
Curtraco s" , º i -
David von Dinant 6 , i
Defensorium fratris Thomae 200, 243.
Definition 89, 107,290, 366 , 410.
demonstratio potissima 107, 119, 232,257.
a 1 n e, quia el propter quid 107,
153, 4 -
5 - i , e
"denominativºum 46. º º i i
denudare. 212, 250 o
descriptio 296, 366 f." " ,
desidero 133. . . - - -
º" 22, 70, 135, 226,
377, 391, 393. -
Dialektik 26.
i
i 1, 1 i
º , a
a e
i -
ictum 336 ff
dictio, locutio 324, 359.
differentia s. Isagoge.
differt 72, 133, 378.
dignitates 107, 119, 232, 257, 409.
Dinant David von 6.
disjunctiv 24, 396.
dispositio 100.
disputatio 143.
disquiparantia 290.
distincte 356.
distinctio 290 f., 361.
if ! 1 e distinctum formaliter 220 f.
distinguitur 133.
distributio 20, 31, 60 ff., 83, 136, 186,
227, 229, 231 f., 382, 384.
diversimode intelligere 248. q . ,
divisio 290, 369 , , ,
Docking Thomas 201. I
Dominikaner u Franziskaner 233.
Duns Scotus 202 ff.
Durand v. Pourgain 292 ff
Elenchi sophistici 19, 30, 50, 85, 107,
118, 155, 232, 235, 420.
ens 101, 224, 252,288, "f.
i rationis i" 274f, 292, 298,
- 313 f., 317, 319, 321, 338.
reale 338. . . .
enthymematicus 138.
entitas actualis 212.
determinativa º,
positiva 218 f., 32
quidditativa 219 f.
enuntiabilitas 60. º l
i", a
Erings Bewei Ais
esse diminutum 19 g. - - - - - -
essentiae u etistentiae 217, 261,
268 f., 294
formale, u materiale 268.
intentionale 293, 323.
signatum 237. . . . . .
essentia – ea istentia 116, 193, 217,268 f,
294, 360, e i
esl 22.
a
. I
6. . . . . i
i , i
- 8. º e
-
et 24, 232. t', i , a --
exceptiv 21, 69, 137, 228, 390, 393.
silo -iº 34 º
esclusivi, ise, 22, 228, 389,393.
Syllogismus 409, .
exercitum –"- 136 279.
esistenti s..ci """
#asris, ma onibilia 22, 67 f., 135 f., 152, 226,
eri º
siaos m.
extraneum et intraneum principium 270.
falsum, verumi14, "
ciones intellectus 207
; 3; "
anza ohim von iº f -
Register. 423
fieri 135, 392. · · · ·
figmenta 275. • ' '
flatus vocis 327. t, , , .','. , , , ,
Fontaines Gottfried vom 196 ff. ' '
Forlivio Jacobus de 305. * , ,
forma particularis 355.' , . . .
specularis 323. ' ' ' '
formae intensio et remissio 223, 263,
- 278 f., 281, 297, 304, 309,
312, 319, 327, 361. -
' unitas 96, 185, 188 f., 194*f,
ijjî32ïí,'2§3%i,3ííií,
251, 263, 271 f., 297, 304,
- 309 312, 326, 361. ' * '
formalis logięô." " " - -
Formalisten 181. . . . ' -
formalitates 220 f., 241, 245, 272, 288ff.,
326, 360. , . ,. .,. „Tt • i
formaliter 216, 248, 280, 353. • ,
Franciscus Mayron*283'ff. '. ' ' '
Franziskaner ü. Dominikaher'233. ' ' ' !
Futurum 56, 135, 385, 393, 401, 418.
Galenische Söhlussfigúr30, 106, 231,
264, 397. ^,, ' ' ' '
generari — corrumiji* 135, 226. .
Gent Heinrich von 190 ff.' ' '
genus s. Isagoge;'* · · ·
nalurale et logicum 267, 274, 278,
18 • * * - • t ... -
... , '*
i ,
318. -
Gerhard von Bologna- 241. ' ' "''''
Gilberlus Porretanus 29, 81, 103, 252,
263, 317.* *' **' '' .
Göthals Heinrich 190 ff. ''''*
Gottfried von Fontaines 196 ff. '. : a
Gratiadei, Job.* von Ascoli'313 ff. * **"'
Grosseteste 'Robert 85 fr, 121, ,. ' ;
Gundisalvi 3. ''* *'* *^* ••' '-'
habitudo 110, 308. ' ' - -
habilus 345. *■ . , 1**{*), 'i
haecceitas 219, 269, 280 f., 286, 290;
296, 317. ' ' ' ' '
Halberstadt Konrad vdn 201. ' ' ' ' , ,
- -
Halesius Alexänder 75. ' ' , eº
Hammer der erste 264. ' ' ' ' ' \
Heinrich von Andly 180.' » ,
von Brabant' 5.' , , , ,
Göthals. v. Gent'190 ff.
Herveus NáìåííÝêá íŸ -
hic et nunc 115, 262. . :^* É',
hoc 128. - '; … .ie y*w,
homonyiii s: gequivocum; in ut -
hypóstasis'291. '^- -,• • w , ,
hyppthétisch §. Syllogismus u. Urtheil.
;£';;;;;';;"
Ê':
Janáú íií$on. í:
ideâ %?' m* ******.
È33, 320 f. '** ' ' *
idehtitas' 53, 361.' ' '
adaequata 221. · · infhlogi,
identitas formalis 220, 291. * * *
idolum 335 ff. ' ' - y • • • • • • • • •
ignoro 226. ' • * -** -''' • i • i • -i.
ille 53. , i , ',. . i, /.
iniágo 336. i^ . i . ': . . i * ,. . . r, /i
immediate 133. - - - - ->
implicatio * 58. -* -* i** •''. *
impositio prima et secunda 149, 151, 299,
307, 341, 364 f. * • i
impóssibile-possibile 14, 44, 105, 132,
153, 235, 394. ^ i ' a • • • • • • •. i. ...
incertitudinalis' logica, 249. '' '** ***-:
incipit s. desinit.' '^' "*' ' ' • i • 'i u..i
incómmunicabile 115, 237. - ' ' ' '•-!
incompleaeum ' s. oomplevum. ' • •* !
indifferens 100, 110. * * ' ' ' ' ' '
indifferentia: 235. ' ' ' ' * ' ' '** ***** * *
indirecte Schlussweiseh 255, 398 f. -
Individuatidn §. principium individualionis:
individuùm*'365. j. . ■ '..'iii .ii uo
• i * : • i ' vagum 101, 253, 325.
inductio 418 f. ..' 1' i :,
lnfiiitatioh 104.'- • . • .•• • *.• • .•
infinitus 20, 66, 71.'-'- -^'*':
inquantum 70, 137, 388. * .
insolubilia 419. ' ' w wv \ \ , .
institutio voluntaria 340 ff., 856 ff.
intellectio* 324, 357.*' 1 * * * * *
intellectus agens * et possibilis 294, 300. i
intensio et remissio formae 8.'i formae. i*.'
intentio prima et secunda, 91, 100, 112,
149, 154, 199, 204, 208 f.,
214, 235, 242, 244 f., 248 f,
259, 264, 265 ff., 273, 275;
*** 279, 285 f, 293, 298 f., 302,
· · · · · 307 f., 314if., 319 fr., 381;
338 ff., 355, 364f., 1376.
universalitatis 110 f., 247, 275,
316: . i ■ ii , ii. 1 1 . . .,,ii
intentionalis 277, 308: …-''*'*^ .^ .-' ••!
intentionalitas 265, 299. - - - - - •
intraneum et eaetraneum principium 270.,
infrinsecus modus 286, 289, 296. » • •
intuilivus 332, 336, 1346.** *** *****
inventio -il iudicium 253 f. • • • •
medii 105, 419, 154, 256.
•* ' - terminorum 49. i'.t .
Johannes Avendeath 3.* - - - -
Baconthorp 318. •• ;
Basingstokes 6. -^ *** ***
Duns Scotus' 202. ff. i* * * *
v. Fidanza 119 fi v* * * •
Gratiadei v. Ascoli 313 ff. i : si
v. Jandum 273 f.*' * * *ti *i*w*s *,
v. Neapel 274 *** * * * '
Parisiensis 200. . i : ** a
Peccam 188. viit, iiol '****
irradiatio 87., 1 *. .': .i ■ , , , , • • • • •
Isagoge 15, 28, 46, 80, 100 ff., 151 f.,
523 f., 244, 250f., 281, j84, 306, 365.
424 Register,
iudicativus 332.), n •* .\t • neuter 21, 64, 384. .;.;; ., '. !
iudicium — inventio 253 f. ,, , , ;; nihil 64.
-
Juristisches 301, 352, 376.
Kabbala 155 f. *.,
Kategorien 15, 29, 46, 81, 102, 116,
224, 252, 287, 302, 305,
310, 314, 321,2,331, 343,
• , ,, , , 369 ff. * • . .
Dreizahl der 372.
. ;; ■ , , relative und absolute 252, 282.
Kilwardby Robert 185 ff. , . . ., , '
Konrad von Halberstadt 201. „ „ ,,,.
Lamarre Wilhelm 189 f. • .• , , •
Lambert von Auxerret 25 ff.,
Lessines Aegidius von 195 f.
Liber de causis 8 f. ., , , , , , ,
-
Lincoln Robert von 85 ff., 121.
localis, propositio 129,253, 395.
Logik adminiculatiua 258, 274. . . .
alte u. neue 4, 26, 206, 276.
byzantinische 10 ff., 129 ff., 224 ff.,
379 ff. .• -• • 1
docens et utens 204 f., 258, 277,
298, 320; ; .,,, „.
formalis 239. ..; , ; , , , , ,,
incertitudinalis 249. u, , …
natürliche, 122.
--
praktische 122, ;313, 320, 330.
Lullus Raimundus 145 ff. • , \^ \ ' • \
Marcus, v. Benevento 330. , , ,, , ,
Marsilius, y.. Padua, 273. ' , ,
naleriú particularis 355. . ; ;
, £. signata 115.): . ■ , ;
Mayron Franciscus 283 ff., s.
medii inventio. 105, 119, 154, 256.
Memorial-Werse 13 ff.,. 27, 41, 43 f., 46,
48. f., 117, 252. ff.,305.;
mentalis, 286, 307, 315, 339, 362.
Middleton Richard von 235. ff.
modal, s. Syllogismus: u, , Urtheil.,,,.,,,,
moderni 255, 299, 302., *•* • .
modi indirecti 255, 398 f. . ,, „, ,
modus adverbialis u., nominalis 14, 130.
intelligendi 215. f.: … .,., ,.
intrinsecus 286, 289, 296. „,.„,,„,
Procedendi 109, 266., ,,
sciendi 121, 204, 239, f., 258 f.,
277, 313 ff., 319, f. .,,,„„„,
significandi 215. f.,i,234,
Moses Ben Nachman 156. , ; , , ,
notio intellectius, 268,,,,,, .,,.,,
multiplicabile 100. , , , , , , ,
Murbeka. 5. ,,,,. , . , ;,, , , ,,,,,
Natalis Herveus 264 ff., , , , ,
natura formalis 400, ,,,,,,/ ,
*me 24. .'**- • i- • ..*.
Neapel Johannes von 274, , , ,
necessarium 14, 22, 44, 132. , , ,
nacessitas , diminuta. 232. . . , .
Negation 381. ;,-. , ,,,, … . i ! ' . i i.:::
*
nisi 23, 390.
-
-
Nominalismus, u. Realismus 99, 344 f.
non 22.
notitia obiectiva 323.
nullus 21, 63 f., 383. .
numerositas essentiae 269.
obiective—subiective. 208, 249, 251, 279,
285, 292, 295, 302, 336 f., 357.
obligatoria 143 f., 155, 306, 419.
Occam Wilhelm 327 ff. , ,
occasionaliter 211, 278.
Olivier Brito 201. - - - '•
omnis 20, 61 ff., 136, 225, 252, 383. ,
opinabililer 59.
-• - • . !
opinor, opinatwm 131, 231, 380, 395,
407 f.
-
opus rationis 313, 320, 331.,
Padua Marsilius von 273. . .
Paludanus Petrus 311 f. , ,
Paris Johannes von 200. , , ,
passio 107, 232, 261, 369.
animae 335, 338. ,,
intentionalis, 211.
Peccam Johannes 188.,
perfectiones diversae 272.
perseitas 232. . ' • , •
persona 291, 293. • . . .
Petrus v. Abano, 243. . . „ . . .,
… Aureolus v. Verberia 319 ff.
- - - .
v. 'Auvergne 238 ff. , .,'
Hispanus 33 ff. , , ,
I Ę; É} 'iss
- Platonismus 125, 191, 283. , . _ _.
pluralitas formarum 188 f, 194, 199 f.,
221 ff., 238, 242, 245 f., 263, 271,
281, 287, 326 f., 361., ,,
-
ii ' • ' . .
Porphyrius s. Isagoge.
Porretanus s., Gilbertus.
possibile s. impossibile. ., , ,
-
postpraedicamenta, 103.__ . , , : ,
Pourgain Dürand wgm 292 ff. , .' ,
praedicabile 46. _,., . ,. ,. ,
praedicabilitas 192., . ,
praedicando s. causando.
praedicatwm, 368. . ._ , ,
primum 107. • n /
praemissa 48. '1. .¢. ' 1 • •
praeter 21, 69, 390. T ' .-i . :
Prateritum 56, 135, 385, 393,401, 418. jìiììáíôïíáöï'3f5.
,,,,,, , individuationis 97, 115, 119,
- 128, 184 f., 189, 194, 198,
2ÖÀïíïýôïýíôáíôï,
251, 262, 269. ff., 280 f.,
286f., 295 f., 304, 309, 312,
317 f., 326, 353 ff., 359f.
intraneum et eztraneum 270.,
Prohibitiv-Sätze 396. '''"' ''''
**. • * .• * •.
- -, , , •!•
Register. 425
promitto 133 f., 376.
propositio s. enuntiatio u. Urtheil.
causalis, temporalis, localis, ra
tionalis 129, 253, 395,
1mentalis 339.
proprium s. Isagoge.
Psellus 10 ff. ,
Pseudo-Thomas 118 f., 244 ff.
qualiséibet 20, 66, 72.
qualitas animae 334, 337 ff.
substantialis 100.
quandeitas 371.
quantus 53.
quantuslibet 20, 66, 72.
qui 53, 226, 387.
quidam 253. -
quidditas 88, 95, 100, 289, 310.
quilibet 383.
quin 23.
quiqueliquique 180.
quotiescunque 66.,
Radulph Brito 241 f.
Raimundus Lullus 145 ff.
ratio universalitatis 207.
ratiocinalis — realis 203, 331, 351.
* propositio 129, 253.
Ravanis Jacobus de 201. ,
realis s. ratiocinalis. -
— sermocinalis 79, 91, 122, 331.
Realismus s. Nominalismus.
reduplicativ 70, 137, 226, 228, 256, 290,
388, 393.
Syllogismus 408 f.
referre 260. -
reflevio 111, 191, 213, 275, 280, 302,
346. , , ι , '
relatio 32, 53 ff.
Relativa 53 ff., 226, 379, 386.
relative Kategoriem 252, 282.
repraesentando 235.
repraesentantia 308.
repraesentatio. 315.
res de re non praedicatur 248, 298, 303,
340. -
rationis 338.
secundae intentionis 248, 298, 303.
universalis 316, 338, 350, f.
— v0a, 206. - - -
respectus 247, 285, 290.
restrictio 19, 31, 56, 58 ff., 83, 131, 136,
186, 227, 232, 382.
Richard Clapwel 199.
W. Middletom 235 ff.
Robert Capito 85 ff., 121.
Kilwardby 185 ff.
Roger Baco 120 ff.
scio, c0gn0sc0 226, 231, 395, 408.
Scotus Duns 202 ff.
secundo intellecta 109.
secundum quod 70, 137.
PRANTL, Gesch. III.
sensus c0mp0situs et divisus 130. f.,.. 152,
226, 230 f., 385 f., 394 ff., 401 ff.,
414.
sermo 104, 149, 331, 339.
sermocinalis, s. realis.
Shyreswood Wilhelm 10 ff.
si 23, 138.
Siger von Brabant 234 f.
signabilitas passiva 324,
signatum s. eacercitum.
significatio 17, 31, 51, 83, 124, 215, 234,
298, 315, 320, 341, 368.
significatum 374. - -
signum rei 338 ff., 348.
Simeon Ben Jochai 156.
similitudo 100, 237, 260 f., 268, 276,
302, 335, 338 f.
simulacrum 336. - , , *
singularis 348, 365. n,' ' ' '. , f
singuli 225. - • • • • • .
sive 24. - •
solus 21, 232.
Sophistici Elenchi s. Elenchi.
species s. Isagoge.
acquisita 211. .
informans 210, 214, 260. -
intelligibilis, 111, 113, 210 ff.,
237, 246, 248, 251, 261,
265 ff., 276, 279 f., 285, 294,
307, 312, 316, 323 f., 335 f.,
357. -
repraesentans 335. , ,
sensibilis 294. ., ., , ,
- singularis et universalis
specificative 137. . !
spondeo 133. - i : » * * .
126. ,,,,:,
Stephan Tempier 184f.'
Stipulation 301, 352, 376.
subiective s. obiective. , , , • * •
subiectum 368. . . . }
subsistentia — substantia 291, 310.
substantiale 103. ,
substantialitas singularis 218.
substratum 325.
sui, sibi, se 53.
Summulae 25, 225.
Superlativ 71. -
suppositio 17 f., 31, 51 ff., 83, 131 ff.,
186, 332, 334, 337 f., 342 f., 345,
351 ff., 363, 370, 373 ff., 380,
382 f.
suppositum 209, 241, 285, 291, 293, 365.
Syllogismus 15 f., 29 f., 48 f., 84, 227,
230 f., 253 ff., 397 ff.
conversivus 254.
conversus 106.
exceptiver 409.
exclusiver 409.
exponibler 408 f.
eaepositorius 142, 231, 400.
27 **
426 Register.
Syllogismus Figuren Combination der 105,
397.
vierte 30, 106, 231,
- 64, 397.
hypothetischer 117, 231, 256,
409
modaler 231, 401 ff.
Modi theophrastische
105 f, 255.
reduplicativer 408 f.
syncategoreumata 12, 19 ff., 67 ff., 83,
89, 117, 224, 341, 363 f.
synolon 97, 217.
synonym 93, 103, 365.
tabula rasa 261, 281.
talis 53. -
tamen 21.
tantum 68.
Tempier Stephan 184 f.
temporalis propositio 129, 253.
tendere 265, 321.
ler 133.
terminatio 265.
Terministen 181, 344.
terminorum proprietates 17 ff., 31 ff.,50ff.,
82 f., 132 ff., 153.
terminus 150, 344, 347, 351 f., 362 ff.
conceptus 362.
discretus. 142, 229, 348.
mentalis 362.
transcendens 106, 254.
universalis 332. -
vocalis 362. ,
theophrastische Schlussmodi 48, 105 f.,
255. ę.
Thomas von Aquino 107 ff. ''
Pseudo- 118 f., 244ff.
Docking 201. , • *
Topik 3. 30, 50, 84, 107, 155, 412,
41 ..”
48,
totus '20, 65, 72, 369.
transcendenlia 245, 257, 286, 289, 310.
Trilia Bernhard von 196.
Triumphus Augustinus 274 ff.
ubeitas 371.
Uebersetzungen aus d. Griechischen u.
Arabischen 3 ff. -
Umkehrumg s. Urtheil.
v.
unitas communitatis. 267.
formae s. formae.
signata 218.
universale 46.
accidit 110.
naturale 345.
Universaliem 76, 79 f., 87 f., 93ff., 109 ff.,
124 ff., 182, 192 f., 207 ff., 234ff.,
239 f., 246 ff., 250 f., 260 ff., 268,
278 fr., 284 ff., 293 ff., 31 1 , 316
318, 325 f., 343 ff., 365 f.
universalitas 100, 110, 285, 293.
univocum 46, 93, 103, 365.
unum 370. -
Urtheil 12 ff., 27 f., 42 ff., 81 ff., 103 f.,
117, 152, 224 ff., 252, 282,
379 ff.
Aequipollemz 13, 28, 43, 82, 104,
253, 415 f.
conditionales 104.
copulatives 104.
disjunctives 104.
hypothetisches 13, 27, 43, 82,
117, 129 f., 152, 253, 380,
395 ff.
modales 13 f., 28, 44, 82, 104 f.,
117, 130 ff., 152, 227, 230,
253 f., 282, 306, 380 f., 385ff.,
394 ff., 414, 416, 419.
singuläres 390, 418. . ; '
Umkehrung 15, 27, 43, 82, 152,
228 f., 254, 392 fr.
*ut 137. -
uterque 21, 64, 383 f.
vel 24.
Werberia Petrus Aureolus won 319 ff.
verbum mentale 307, 315.
veritas 280, 318.
Werse s. Memorial.
verum, falsum 14, 44, 380.
Vincenz von Beauvais 77 ff.
v0æ eæpressiva conceptus 319.
— res 206, 340.
Walter Burleigh 297 ff.
Wilhelm von Auvergne 75 ff.
Lamarre 189 f.
0ccam 327 ff.
Shyreswood 10 ff.
* • * • Druck von C. P. Melzer in Leipzig.